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315,747 | lg-dortmund-1983-05-04-6-o-76082 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
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"city": 407,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 6 O 760/82 | "1983-05-04T00:00:00" | "2019-03-13T15:12:59" | "2019-03-27T09:42:19" | Urteil | ECLI:DE:LGDO:1983:0504.6O760.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Die Kosten des Rechtsstreits trägt die</p>
<p> Klägerin.</p>
<p></p>
<p> Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung</p>
<p> in Höhe von 2.400,-- DM vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>T a t b e s t a n d</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin kaufte am 7.11.1980 bei der Firma Daimler Benz</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">AG in E einen fabrikneuen Mercedes Benz Combiwagen</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Typ 230 TE nebst Zubehör zum Nettopreis von 30.438,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Wagen wurde von der Beklagten zur Versicherungs-Nummer</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">############ diebstahlsversichert.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit Schadensanzeige vom 7.10.1981 meldete die Klägerin den</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Wagen als am 3.10.1981 auf der L-straße in X</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">gestohlen. Die Beklagte lehnte unter dem 19.8.1982 einen</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Versicherungsschutz unter anderem mit der Begründung ab, die</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Klägerin habe bisher einen Diebstahl des Fahrzeugs nicht</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">nachgewiesen. Wegen des weiteren Inhalts des Schreibens wird</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">auf Blatt 16 der Akten Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin, die den Kaufpreis für den Mercedes bei der</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">C in E finanziert hat, wurde</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">von dieser mit rechtskräftigem Vollstreckungsbescheid</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">unbekannten Datums auf Zahlung von 17.777,00 DM nebst 18 %</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Verzugszinsen von 16.264,05 DM seit dem 21.12.1981 in</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Anspruch genommen. Den etwaigen Ersatzanspruch im Falle eines</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Diebstahls hat die Klägerin an die Kreditbank abgetreten.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin behauptet unter näherer Darlegung, der vorbestrafte</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">I habe den Wagen gestohlen. Die Originalfahrzeugschlüssel</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">habe die Beklagte erst deshalb am</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">11.12.1981 zugesandt erhalten, weil zwei der drei Originalschlüssel</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">zu sorgfältig weggelegt worden seien. Die Klägerin</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">ist im übrigen der Auffassung, die Beklagte habe ihr nicht</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">nur den Schätzwert des Wagens, den die Beklagte angesichts</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">der Kilometerleistung von ca. 45.000 zu niedrig veranschlagt</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">habe, sondern den Neuwert zu erstatten, da sie sich ein</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">gleichwertiges Neufahrzeug anschaffen wolle.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen,</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">1) an die C, E zu</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">dem Aktenzeichen ########## für sie 17.777,00 DM nebst 18 % Zinsen von</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">16.264,05 DM seit dem 10.2.1982 und</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">2) an sie weitere 12.661,00 DM nebst</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">5 % Zinsen seit dem 14.1.1983 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Sie stellt ihre Leistungspflicht in Abrede und behauptet</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">unter Bezugnahme unter anderem auf eine polizeiliche Aussage</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">des I, der Mercedes Combi sei im Einverständnis mit</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">den Gesellschaftern der Klägerin, Frau B und Herrn</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">T, am Abend des 2.10.1981 Herrn I übergeben worden,</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">damit dieser das Fahrzeug nach Polen überführe. Im übrigen</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">habe die Klägerin auch vorsätzlich falsche Angaben bezüglich</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">des Kilometerstandes des Fahrzeuges, gemacht, weshalb ihr der</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Versicherungsschutz zu versagen sei. Schließlich ist die</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Beklagte der Auffassung, gem. § 61 VVG von ihrer Leistungspflicht</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">freigeworden zu sein, da die Klägerin durch das</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">unstreitige Zurücklassen des Fahrzeugscheins im Handschuhfach</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">grob fahrlässig den Versicherungsfall herbeigeführt habe.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Ein Zahlungsanspruch aus der bei der Beklagten abgeschlossenen</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Diebstahlsversicherung steht der Klägerin nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin ist der Versicherungsschutz zwar nicht wegen</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">bewußt falscher Angaben in der Schadensanzeige hinsichtlich</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">des Kilometerstandes zu versagen. Nach den von ihr zu den</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Akten gereichten Inspektionsrechnungen kann nicht davon</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">ausgegangen werden, daß die Klägerin bei der Schadensmeldung</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">vorsätzlich falsche Angaben zu Kilometerleistung ihres</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Fahrzeuges gemacht hat.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist jedoch gem. § 61 VVG von ihrer Leistungsverpflichtung</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">freigeworden, da die Klägerin</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">- unterstellt, es hat tatsächlich ein Fahrzeugdiebstahl</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">stattgefunden - den Versicherungsfall grob fahrlässig</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">herbeigeführt hat. Die Klägerin hat nämlich den Fahrzeugschein</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">im Handschuhfach des Mercedes Combi verwahrt. Wenn</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">dadurch auch der Diebstahl an sich nicht begünstigt oder</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">provoziert worden ist, so wurde aber der eingetretene Schaden</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">durch das Zurücklassen des Fahrzeugscheins im Wagen erheblich</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">vergrößert. Bei Fahrzeugkontrollen wird, jedenfalls so lange</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">das Fahrzeug noch nicht als gestohlen gemeldet und zur</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Fahndung ausgeschrieben ist, der Dieb ungehindert weiterfahren</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">können, da er aufgrund der Tatsache, daß er den</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Kfz-Schein bei sich führt, als zum Führen des Fahrzeugs</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">berechtigt angesehen wird. Es ist daher für einen Dieb ein</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Leichtes, das Fahrzeug über die Grenze zu bringen, wo es dem</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">unmittelbaren Zugriff der Deutschen Polizei entzogen ist und</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">es in dritte Länder zu schaffen. Der Absatz des Fahrzeuges</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">wird dem Dieb dabei aufgrund des vorhandenen Kfz-Scheines</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">erleichtert.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Das Zurücklassen des Kfz-Scheins im abgestellten Wagen</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">begründet den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit im Sinne des</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">§ 61 VVG. Grob fahrlässig im Sinne der vorgenannten Bestimmung</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">handelt derjenige Versicherungsnehmer, der wußte</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">oder doch wissen mußte, daß sein Verhalten geeignet war, den</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Eintritt des Versicherungsfalles oder die Vergrößerung des</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Schadens zu fördern (vgl. Pröls/Martin § 61 VVG, Anm. 4).</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin mußte mit der Möglichkeit rechnen, daß ihr</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">abends unbewacht abgestelltes Fahrzeug von einem Dieb</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">aufgebrochen werden konnte und daß dieser den Kfz-Schein im</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Handschuhfach finden und benutzen würde. Das Kennenmüssen der</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Klägerin bzw. ihres gesetzlichen Vertreters wird auch nicht</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">dadurch ausgeschlossen, daß der Kfz-Schein im angeblich</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">verschlossenen Handschuhfach aufbewahrt worden sein soll. Es</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">dürfte jedem Fahrzeughalter bekannt sein, daß sich ein</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Handschuhfach ohne größere Schwierigkeiten aufbrechen läßt,</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">wobei sichtbare und auffällige Beschädigungen in der Regel</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">nicht auftreten.</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat daher durch das Zurücklassen des Kfz-Scheins</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">einem möglichen Dieb die Arbeit besonders leicht gemacht und</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">mußte auch wissen, daß eine solche Verhaltensweise geeignet</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">ist, die Vergrößerung des Schadens zu bewirken (vgl.</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Landgericht München VersR. 81, 545 f).</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat sich somit zu Recht auf den Wegfall ihrer</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Leistungsverpflichtung gem. § 61VVG berufen. Die Klage war</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">demnach mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">auf § 709 ZPO.</p>
|
315,748 | olgham-1983-05-03-2-uf-20082 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 UF 200/82 | "1983-05-03T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:00" | "2019-03-27T09:42:19" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1983:0503.2UF200.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 16. März 1982 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Essen (XXX) Ziffer IV und V abgeändert:</p>
<p>Der Antragsteller wird verurteilt, an die Antragsgegnerin eine monatliche Unterhaltsrente von 4.283,41 DM zu zahlen und zwar monatlich im voraus, beginnend mit dem auf die Rechtskraft des Scheidungsausspruchs folgenden Monats abzüglich monatlich freiwillig gezahlter 3.160,- DM.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Unterhaltsklage bleibt abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des ersten Rechtszuges werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens werden zu 9/10 dem Antragsteller und zu 1/10 der Antragsgegnerin auferlegt.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien, beide XXX Jahre alt, sind seit XXX miteinander verheiratet. Sie haben drei erwachsene Kinder im Alter von XXX, XXX und XXX Jahren.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller arbeitete zu Beginn der Ehe als Assistent bei der Firma XXX. Später war er bei der Firma XXX beschäftigt. Seit XXX ist der Antragsteller bei der Firma XXX ordentlichem Vorstandsmitglied er mit Wirkung vom XXX bestellt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin ist gelernte Bürogehilfin. Sie war während der Ehe - mit Ausnahme weniger Monate nach Eheschliessung bis November 1952 - nicht berufstätig.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Durch das angefochtene Verbundurteil, auf dessen Tatbestand im übrigen und auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht die Ehe geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt und die Unterhaltsklage der Antragsgegnerin abgewiesen; mit ihr wurde ein Mehrbetrag von 1.340 DM über freiwillig gezahlte 3.160 DM hinaus geltend gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Dagegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin. Soweit sie gegen den Versorgungsausgleich gerichtet war, hat sie das Rechtsmittel zurückgenommen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">den Antragsteller zu verurteilen, an sie ab Rechtskraft des Scheidungsausspruchs folgenden monatliche Unterhaltsbeträge zu zahlen:</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Elementarunterhalt 3.000,- DM</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Kosten einer angemessenen</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Versicherung für den Fall</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">der Krankheit 469,43 DM</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Kosten einer angemessenen</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Versicherung für den Fall</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">des Alters 813,98 DM</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">insgesamt monatlich 4.283,41 DM</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">abzüglich</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">freiwillig gezahlter monatlich 3-160,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Parteien wiederholen und ergänzen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Hierzu wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin hat Anspruch auf nachehelichen Unterhalt in Höhe von insgesamt 4.283,41 DM.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Anspruchsgrundlage für die Unterhaltsforderung sind §§ 1569, 1571, 1578 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Nach §§ 1569, 1571 BGB kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen Unterhalt verlangen, sobald von ihm im Zeitpunkt der Scheidung wegen seines Alters eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann. Eine Erwerbstätigkeit kann der 57 Jahre alten Antragsgegnerin, die während der über 30-jährigen Ehe - mit Ausnahme weniger Monate zu Beginn - nicht berufstätig war, nicht zugemutet werden. Hierzu bedarf es keiner weiteren Ausführungen. Für die Beurteilung der ehelichen Lebensverhältnisse sind nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. FamRZ 82/575 m.w.N.) alle Tatsachen einzubeziehen, die die Einkommens- und Vermögensverhältnisse bis zur Auflösung der Ehe (§ 1564 Satz 2 BGB) beeinflußt haben. Demgemäß hat der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden, daß für den nachehelichen Unterhalt regelmäßig die Einkünfte im Zeitpunkt der Scheidung maßgebend sind. Die ehelichen Lebensverhältnisse waren geprägt von der beruflichen Stellung und den Einkünften des Antragsstellers zuletzt als Vorstandsmitglied bei der XXX. Soweit er geltend macht, daß die ehelichen Lebensverhältnisse von den mit der Bestellung zum Vorstandsmitglied verbundenen wesentlich erhöhten Bezügen nur noch in zeitlich untergeordnetem Umfang beeinflußt worden seien, ist dem entgegenzuhalten, daß bereits seit den 70iger Jahren - wie die vorgelegten Einkommenssteuerbescheide und die von der Antragsgegnerin gefertigte Aufstellung, die der Antragsteller nicht spezifiziert bestritten hat, ergeben - ein verhältnismäßig hohes Einkommen mit regelmäßig steigender Tendenz zu verzeichnen ist. Die wirtschaftlichen Verhältnisse hatten zunehmend eine günstige Weiterentwicklung erfahren, deren Voraussetzungen bereits vor der Trennung vom 1. Juli 1978 begründet waren. Der Antragsteller errechnet - bezogen auf das Jahr 1981 - nach Abzug von Steuern und Kirchengeld XXX von Unterhaltsleistungen an die Antragsgegnerin in Höhe von monatlich 3.160,- DM und an die drei Kinder in Höhe von monatlich 600,- DM für die Tochter XXX und je 750,-- DM für die Söhne XXX und XXX weiter nach Abzug eigener Krankenversicherungs- und Altersvorsorgeversicherungsbeiträge sonstiger Versicherungsbeiträge sowie Zinszahlungen und Zahlungen an Bausparkassen einen ihm verbleibenden Betrag von 7.500,- DM monatlich. Es kann unterstellt werden, daß die Parteien - wie der Antragsteller vorträgt - gemessen an seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen einen verhältnismäßig bescheidene jedenfalls keinen aufwendigen Lebensstil gepflegt und den monatlichen Bedarf für den Lebensunterhalt, was Nahrung und Bekleidung - mit Ausnahme derjenigen des Antragstellers - und dergleichen angeht, für einen 4-Per-sonen-Haushalt noch im Jahre 1978 mit rund 3.600,- DM bestritten haben. Berechnet man die Kosten für Wohnung die Parteien bewohnten ein ihnen je zu 1/2-Miteigentumsanteil gehörendes Einfamilienwohnhaus - für Winter- und Sommerurlaube den Privatgebrauch eines Pkw - die Antragsgegnerin verfügte über einen eigenen Pkw - und für diverse Hobbys des Antragstellers wie Fliegen und Segeln hinzu, dürfte ein Betrag von 6.000,- bis 7.000,-- DM monatlich für die Lebenshaltung insgesamt, bezogen auf den 4-Personen-Haushalt, nicht übersetzt sein. Um einen an der bisherigen Lebensführung orientierten angemessenen Unterhalt der Antragsgegnerin sicherzustellen, hält der Senat deswegen als Elementarunterhalt einen Betrag von 3.000,- DM monatlich für notwendig. Im Verhältnis zu dem für die frühere gemeinsame</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Lebens- und Haushaltsführung -anzusetzenden Betrag mag diese Summe für die Antragstellerin allein zwar nicht gering erscheinen. Es ist jedoch eine Erfahrungstatsache, daß getrennt zu finanzierende Haushalte und Lebensbedürfnisse höhere Kosten verursachen. Von dem Betrag von monatlich 3.000,- DM ist im Hinblick auf die ihr zugeflossene Summe von tatsächlich rund 275.000,- DM im Rahmen der Vermögens- und Zugewinnauseinandersetzung zu Lasten der Antragsgegnerin ein Abzug nicht vorzunehmen. Der Antragsgegnerin es nicht verwehrt, eine Eigentumswohnung zu erwerben. Hierfür das gesamte Kapital einzusetzen, war sie nicht gehalten. Vielmehr war ihr unbenommen, den Kauf - wie geschehen - nur zum Teil mit Eigenmitteln, im übrigen mit einem Bauspardarlehen zu finanzieren, und einen weiteren Teil des ihr vom Antragsteller gezahlten Kapitals für sonstige mit der Einrichtung eines neuen Hausstandes verbundene Unkosten zu verwenden. Daß sie im Zusammenhang mit dem Umzug aus einer nach der Trennung zunächst angemieteten Wohnung in die Eigentumswohnung und mit der Einrichtung des neuen Hausstandes insgesamt Ausgaben in einer Größenordnung um 50.000,-- DM gehabt und darüber hinaus 10.000,- DM für die Anschaffung eines Pkw ausgegeben hat, bestreitet der Antragsteller nicht. Diese Ausgaben sind auch nicht als unverhältnismäßig hoch anzusehen. Der Antragstellerin ist darüberhinaus eine gewisse Rücklagenbildung zuzubilligen. Nach ihren vom Antragsteller nicht spezifiziert bestrittenen Angaben im Termin sind ihr nach Abzug der vorstehenden Ausgaben einschließlich derjenigen für die Eigentumswohnung etwa 50.000,- DM verblieben. Soweit der Antragstellerin daraus Kapitaleinkünfte zufließen, stehen diesen Einkünften Zins- und Tilgungsleistungen für das Bauspardarlehen in Höhe von 150.000,- DM gegenüber, die sich monatlich auf 1.000,- DM belaufen. Zwar ist einzuräumen, daß die Tilgungsleistungen der Vermögensbildung dienen. Auf Seiten des Antragstellers fallen nach seinem Vortrag aber ebenfalls neben Zinszahlungen XXX Leistungen XXX zur Kapitalbildung an, die seinen angemessenen Unterhalt nicht tangieren. Da die Antragsgegnerin für die Eigentumswohnung Zinszahlungen sowie Betriebskosten und Instandhaltungsrücklagen monatlich aufzubringen hat, ist auch kein den Elementarunterhalt mindernder Wohnwert für die Eigentumswohnung zu veranschlagen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Über die Unterhaltsrente von 3.000,- DM monatlich hinaus, die als erforderlich aber auch ausreichend anzusehen ist, um ihr eine den bisherigen Lebenszuschnitt angepaßte Lebensführung zu gewährleisten, stehen der Antragsgegnerin die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit zu (§ 1578 II BGB). Die von ihr hierfür beanspruchten 469,43 DM monatlich hat der Antragsteller der Höhe nach nicht bestritten. Darüberhinaus kann die Antragsgegnerin auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters gemäß § 1578 III BGB verlangen. Die hierfür geforderten 813,98 DM monatlich entsprechen einem Bruttoeinkommen von 4.399,89 DM monatlich. Sie liegen somit unter dem höchstmöglichen Betrag für die Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung für das Jahr 1983.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Daß die Antragsgegnerin mit diesem Betrag einem Rentenanspruch in der gesetzlichen Rentenversicherung oder in einer Lebensversicherung nicht mehr begründen kann, der auch nur annähernd die Höhe des derzeitigen Elementarunterhaltsanspruchs erreicht, enthebt den Antragsteller nicht von seiner Zahlungsverpflichtung.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 515 ZPO; diejenige über die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10 ZPO.</p>
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315,749 | olgham-1983-04-22-20-u-32982 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 329/82 | "1983-04-22T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:02" | "2019-03-27T09:42:19" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1983:0422.20U329.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das am 23. Juni 1982 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum abgeändert.</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 12.200,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15. März 1982 zu zahlen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hatte für ihren Pkw Mercedes 230 bei der Beklagten eine Kaskoversicherung abgeschlossen, aus der sie die Beklagte wegen eines Unfalls in Anspruch nimmt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 8.3.1981 gegen 4.00 Uhr morgens erlitt die Klägerin mit diesem Pkw in ... einen Unfall. Nach einer Betriebsfeier wollte die Klägerin nach Hause fahren; beim Einbiegen von der ... in die ...geriet der Pkw ins Rutschen, stieß gegen die Bordsteinkante und danach gegen einen Laternenmast.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin wurde um 4.50 Uhr eine Blutprobe entnommen, die eine Blutalkoholkonzentration von 0,97 %o ergäbe. In dem örtlichen Bericht zur Entnahme der Blutprobe heißt es unter anderem:</p>
<br /><span class="absatzRechts">5</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td><i>"Gans (geradeaus): sicher, plötzliche Kehrtwendung nach vorherigem Gehen: sicher, Sprache: deutlich, Denkablauf: geordnet, Verhalten: beherrscht."</i></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hatte seit dem 22.8.1980 die Fahrerlaubnis.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der von der Klägerin gefahrene Pkw hatte Winterreifen. Die Straße war naß, in dem Straßenbett befanden sich Straßenbahnschienen und im Bereich der Schienen war Kopfsteinpflaster verlegt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 12.200,- DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Klägerin habe den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt, so daß die Beklagte gemäß §61 VVG von der Leistungspflicht frei sei. Dies ergebe sich auch aus dem Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 14.7.1981, das die Klägerin wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 25,- DM verurteilt und in den Gründen ausgeführt hat, die Klägerin habe infolge ihrer alkoholischen Beeinflussung die Gewalt über das Fahrzeug verloren.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Weiterhin hat sich die Beklagte darauf berufen, daß sie von der Pflicht zur Leistung frei sei, weil die Klägerin in der Schadensanzeige vorsätzlich falsche Angaben gemacht habe: In der Rubrik Blutprobe sei anstelle des Kästchens vor dem Ja das Wort Nein durchgestrichen und in der dazugehörigen Rubrik "Ergebnis" ein Strich gemacht worden.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat demgegenüber geltend gemacht, sie habe keine falschen Angaben gemacht; beim Ausfüllen der Schadensanzeige sei ihr ein Bekannter, der ..., behilflich gewesen, der für sie das Formular ausgefüllt habe.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und in den Gründen ausgeführt, die Beklagte sei aufgrund von §61 VGG frei, weil die Klägerin den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeiführt habe. Im einzelnen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Mit der Berufung wendet sich die Klägerin gegen die Annahme der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls und wiederholt ihr Vorbringen aus erster Instanz.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 12.200,- DM nebst 4 % Zinsen seit Zustellung der Klage zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Auch sie wiederholt ihr Vorbringen aus erster Instanz.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat im Senatstermin vom 22.4.1983 persönlich nach §141 ZPO erklärt:</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Schadensanzeige habe der ... geschrieben, sie selber habe nur unterschrieben. Sie sei zuvor bei dem Vertreter der Beklagten, dem Versicherungsvertreter Palm, gewesen, habe den Schaden gemeldet und dem Versicherungsvertreter erklärt, daß sie auf der Rückfahrt von einer Betriebsfeier gewesen sei. ... habe ihr erklärt, für Betrunkene zahle die Versicherung sowieso nicht. Sie habe das Formular von diesem Vertreter mit nach Hause genommen und den ... aufgesucht, der ihr bei der Ausfüllung geholfen habe. Sie habe dem Zeugen Kost sogleich gesagt, daß ihr eine Blutprobe entnommen worden sei, da sie von einer Betriebsfeier auf dem Weg nach Hause gewesen sei. Bei der Ausfüllung des Formulars sei ziemlich viel Betrieb im Büro des ... gewesen. Sie habe nicht gemerkt, daß das Formular möglicherweise mißverständlich ausgefüllt worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der ... hat im Senatstermin vom 22.4.1983 ausgesagt: Er sei seit drei bis vier Jahren mit der Klägerin bekannt, diese sei mit einem Formular zu ihm gekommen und er habe nach Angaben der Klägerin die Schadensanzeige ausgefüllt. Die Klägerin habe ihm erklärt, daß ihr eine Blutprobe entnommen worden sei. Er wisse nicht, weshalb in der Rubrik Blutprobe nicht das Kästchen vor dem "Ja" durchgestrichen worden sei, sondern das Wort "Nein". Er habe die Art der Ausfüllung des Fragebogens nicht gewählt, um zu vertuschen, daß der Klägerin eine Blutprobe entnommen worden sei. Möglicherweise sei dies darauf zurückzuführen, daß im Büro ziemlich viel Betrieb gewesen sei und deshalb nicht die nötige Sorgfalt auf die Ausfüllung der Schadensanzeige verwendet worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist begründet, weil die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch aus der Kaskoversicherung hat. Die Beklagte ist weder nach §61 VVG noch nach den §§7 Abs. 5 Nr. 4 AKB in Verbindung mit §6 Abs. 3 VVG von der Leistungspflicht frei.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat nicht den ihr obliegenden Beweis erbracht, daß die Klägerin den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Zwar wäre grobe Fahrlässigkeit der Klägerin zu bejahen, wenn sie den Unfall durch den Alkoholgenuß verursacht hätte. Die Klägerin hatte 0,97 %o Alkohol im Blut.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Ansicht des Landgerichts, aus dem Unfallverlauf ergebe sich, daß eine typische alkoholbedingte Enthemmung zu der unfallursächlichen Fahrweise geführt habe, kann aber nicht gefolgt werden. Es lagen nämlich eine Reihe von weiteren Risikofaktoren vor, die die Ursächlichkeit des Alkoholgenusses für den Unfall zweifelhaft erscheinen lassen. Da die von der Klägerin befahrene Straße naß war, Straßenbahnschienen mit Kopfsteinpflaster vorhanden und der Pkw der Klägerin, ein Mercedes 230, mit Winterreifen versehen war, war die Rutschgefahr besonders groß. Wenn die Klägerin dies nicht in ausreichendem Maße bei ihrer Fahrweise berücksichtigt hat, muß dieser Fehler nicht auf den Alkoholgenuß zurückzuführen sein. Die Klägerin hatte nämlich erst seit gut 7 Monaten die Fahrerlaubnis. Außerdem war die Klägerin zur Zeit des Unfalls vermutlich übermüdet, da sie nach einer Betriebsfeier um 4.00 Uhr morgens nach Hause fuhr. Gegen die Annahme der Verursachung des Unfalls durch den Alkoholgenuß kann schließlich auch das Ergebnis des Untersuchungsberichts des Arztes sprechen, der die Blutprobe entnommen hat: Danach sind keine Ausfallserscheinungen im Verhalten der Klägerin festgestellt worden.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Insgesamt ist somit angesichts der nicht geklärten Frage, worauf der Unfall sicher zurückzuführen ist, nicht bewiesen, daß die Klägerin den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist von ihrer Pflicht zur Leistung auch nicht nach den §7 Abs. 5 Nr. 4 AKB in Verbindung mit §6 Abs. 3 VVG frei geworden.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die von der Klägerin unterschriebene Schadensanzeige ist zwar möglicherweise insofern mißverständlich, als in der Rubrik Blutprobe das Wort "Nein" durchgestrichen ist, während in anderen Fällen in diesem Fragebogen das Kästchen vor dem "Ja" durchgekreuzt ist.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung der Klägerin selbst scheidet aber aus, weil die Klägerin die Schadensanzeige nicht selbst ausgefüllt, sondern nur unterschrieben hat.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Nach ihren glaubwürdigen Angaben im Senatstermin vom 22.4.1983 hat die Klägerin den Zeugen ... einen befreundeten Versicherungsvertreter, gebeten, die Anzeige auszufüllen und dabei auch erklärt, daß eine Blutprobe entnommen worden sei. Dies hat der Zeuge ... bestätigt. Daß die Klägerin bei dem Unterschreiben der Schadensanzeige nicht bemerkt hat, daß die Frage nach der Blutprobe möglicherweise mißverständlich beantwortet worden war, kann allenfalls den Vorwurf der Fahrlässigkeit begründen, der jedoch wegen Folgenlosigkeit nicht zur Leistungsfreiheit der Beklagten führt.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Auch in der Person des Zeugen ... der der Klägerin beim Ausfüllen der Schadensanzeige behilflich war, kann kein Vorsatz festgestellt werden: Er hat in glaubwürdiger Weise geschildert, wie es zu der Ausfüllung der Schadensanzeige gekommen ist; daß er die Absicht gehabt hätte, zugunsten der Klägerin falsche Angaben zu machen, kann danach nicht angenommen werden. Einleuchtend war insbesondere die Erklärung des Zeugen, daß ihm als Versicherungsvertreter natürlich bekannt sei, daß die Versicherung insbesondere bei mißverständlichen Angaben sofort die Ermittlungsakten beiziehen würde.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Im übrigen brauchte die Klägerin, die dem Zeugen Kost zutreffende Angaben gemacht hat, sich nicht dessen davon vorsätzlich abweichende Ausfüllung der Schadensanzeige zurechnen zu lassen, da der ... nicht als Vertreter aus eigenem Wissen Erklärungen abgab, sondern Hilfsperson der Klägerin war (vgl. BGH Versicherungsrecht 1968, 185; NJW 1981, 1952).</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Zinsen waren der Klägerin aufgrund von §291 BGB zuzusprechen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Wert der Beschwer beträgt 12.200,- DM.</p>
|
315,750 | olgk-1983-04-12-21-uf-19382 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 21 UF 193/82 | "1983-04-12T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:04" | "2019-03-27T09:42:19" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1983:0412.21UF193.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Antragsgegners und die Anschlußberufung der Antragstellerin wird das am 14. Juli 1982 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln (305 F 305/81) unter Zurückweisung der Rechtsmittel im übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Die Scheidungsanträge beider Parteien werden zurückgewiesen. Den Parteien wird die Trennung von Tisch und Bett gestattet.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T A T B E S T A N D :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin, Jugoslawin, und der Antragsgegner, Italiener,</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">haben am 21. Juli 1972 in M. die Ehe geschlossen,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">aus der keine Kinder hervorgegangen sind. Ihr letzter gemeinsamer</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Wohnsitz war M.. Seit dem 31. Dezember 1976 leben</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Parteien nach ihrem übereinstimmenden Vorbringen ununterbrochen</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">getrennt. Während sich die Antragstellerin seit drei</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Jahren ständig in U. aufhält und dort einer Erwerbstätigkeit</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">nachgeht, lebt der Antragsgegner in L.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die am 21. Juli 1972 vor dem Standesbeamten M. geschlossene Ehe der Parteien zu scheiden;</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">1) das Getrenntleben von Tisch und Bett zu gestatten,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">2) die Schuld an der Trennung dem Antragsgegner anzulasten.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die am 21. Juli 1972 vor dem Standesbeamten in M. - Heiratsregister Nr. 377/1972 - geschlossene Ehe der Parteien zu scheiden;</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">das Getrenntleben von Tisch und Bett zu gestatten und die Schuld an der Trennung der Antragstellerin anzulasten.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Durch das hiermit in Bezug genommene Urteil vom 14. Juli 1982</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">hat das Amtsgericht die Scheidungsanträge beider Parteien</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">zurückgewiesen, und zwar im wesentlichen mit der Begründung,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">die Scheidungsanträge beider Parteien seien unzulässig, weil</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">die nach § 70 Ziffer 2 der italienischen Zivilprozeßordnung unverzichtbare</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Beteiligung der Staatsanwaltschaft am Verfahren</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">aus Rechtsgründen unmöglich sei und demzufolge die Anerkennung</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">eines deutschen Trennungsurteils in Italien nicht erwartet werden</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">könne (§ 606 b Nr. 1 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses - beiden Parteien am 23. Juli 1982 zugestellte -</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, und zwar der</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Antragsgegner am 19. August 1982 und die Antragstellerin am 23.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">August 1982. Während der Antragsgegner sein Rechtsmittel nach</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 15. November 1982 am</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">11. November 1982 begründet hat, ist die Berufungsbegründung</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">der Antragstellerin nach Verlängerung der Begründungsfrist bis</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">zum 15. November 1982 am 12. November 1982 bei Gericht eingegangen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach den erstinstanzlichen Schlußanträgen des Antragsgegners, jedoch ohne Schuldausspruch, zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Antragsstellerin stellt keinen Gegenantrag und beantragt ihrerseits,</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter Abänderung des Urteils des Familiengerichts nach den erstinstanzlichen Anträgen der Antragstellerin, jedoch ohne Schuldausspruch, zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Auch der Antragsgegner stellt keinen Gegenantrag.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Generalstaatsanwaltschaft Köln zu der mündlichen</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Verhandlung am 1<b>. </b>März 1983 geladen. Der zur mündlichen</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Verhandlung erschienene Vertreter des Generalstaatsanwalts hat</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">keine Anträge gestellt.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Parteien angehört und einen Sühneversuch unternommen,</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">der gescheitert ist. Hinsichtlich der Erklärungen</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">der Parteien wird auf die Sitzungsniederschrift vom 1. März</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">1983 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks"><b><u>E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Die in formeller Hinsicht einwandfreien Rechtsmittel beider</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Parteien sind teilweise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">I.)</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die haupt- und hilfsweise gestellten Anträge beider Parteien</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">sind zulässig. Ihre Zulässigkeit scheitert nicht an der Vorschrift</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">in § 606 b Nr. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Dabei kann uner6rtert bleiben, ob diese Vorschrift, indem sie</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">lediglich an das Heimatrecht des Mannes anknüpft, gegen Art. 3</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Abs. 2 GG verstößt und daher nichtig ist (vgl. hierzu Baumbach/</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Anm. 2 B a zu § 606 b).</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Die deutsche Entscheidung wird sowohl in der Heimat des Antragsgegners</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">(Italien) als auch in der Heimat der Antragstellerin</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">(Jugoslawien) anerkannt werden, so daß sich ein etwaiger</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 GG im vorliegenden Fall nicht auswirken</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">würde (vgl. BGH in FamRZ 1983/255).</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">1) Die Anerkennung in Italien ergibt sich aus dem deutsch/italienischen</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">9. März 1936 (RGBl. 1937 II 145), das seit dem 1. Oktober</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">1952 wieder anwendbar ist (BGBl. II 986). Nach Art. 1 und 3</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">dieses Abkommens ist die Anerkennung eines deutschen Trennungs-</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">oder Scheidungsurteils in Italien grundsätzlich gewährleistet,</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">wenn die Parteien ihren Wohnsitz in Deutschland</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">hatten. Das ist hier der Fall. Jedenfalls seit ihrer Eheschließung</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">am 21. Juli 1972, also seit mehr als zehn Jahren,</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">halten sich beide Parteien ständig ln der Bundesrepublik</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Deutschland auf und gehen hier einer Erwerbstätigkeit nach.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Dieser Umstand rechtfertigt die Feststellung, daß sich sowohl</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">die Antragstellerin als auch der Antragsgegner in</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Deutschland "in der Absicht ständiger Niederlassung" aufhalten</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">(Art. 13 Nr. 1 des Abkommens).</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Allerdings wäre die Anerkennung in Italien gefährdet, wenn</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">das deutsche Urteil gegen den italienischen ordre public</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">verstieße (Art. 4 Abs. 1 des Abkommens, Art. 796f. Cpc). In</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">diesem Punkte stellt sich hier die Frage, ob die Beteiligung</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">der Staatsanwaltschaft am Verfahren unabdingbare Voraussetzung</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">für die Anerkennung ist und ob die Beteiligung der</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">deutschen Staatsanwaltschaft an einem Eheverfahren vor dem</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Familiengericht zulässig ist und für die Anerkennung in Italien</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">ausreicht. Diese Frage ist zu bejahen.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">In Rechtssprechung und Schrifttum wird überwiegend die Auffassung</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">vertreten, daß die Staatsanwaltschaft am Ehetrennungs-</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">oder Ehescheidungsverfahren beteiligt werden muß, um</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">die Anerkennung der deutschen Entscheidung in Italien zu gewährleisten</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">(vgl. OLG Düsse1dorf in FamRZ 1981/146; OLG Hamm</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">in NJW 1981/2649; OLG München in IPRax 1982/204; OLG Stuttgart</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">in IPRax 1982/204; AG München in FamRZ 1979/815; AG Besigheim</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">in NJW 1981/2647 = IPRax 1982/73; AG Frankfurt in</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">IPRax 1982/79; AG Köln in IPRax 1982/204; Staudinger-Gamillscheg,</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">10./11. Auflage 1973, RdNr. 494 zu § 606 b ZPO;</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">MünchKomm-Lorenz, Art. 17 EGBGB, RdNr. 170; Palandt-Heldrich,</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">BGB,42. Auflage, Anm. 6 a zu Art. 17 EGBGB; Baumbach/</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 41. Auflage, Anm. 3 B</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Stichwort "Italien"; Fleig, Die Ehescheidung im italienischen</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Recht, S. 235; Grunsky, Italienisches Familienrecht,</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">2. Auflage 1978, S. 88; Jayme in NJW 1973/934 f.; Hausmann</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">in FamRZ 1979/816 ff.; Luther in NJW 1981/2605 ff.; A.A.: AG</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">München in IPRax 1982/204; OLG Karlsruhe in IPRax 1982/75</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">für den Fall der gerichtlichen Bestätigung einer einverständlichen</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Trennung von Tisch und Bett). Dieser Auffassung</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">ist zuzustimmen. Dafür sprechen insbesondere Auskünfte, welche</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">das italienische Justizministerium im Rahmen des Europäischen</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Rechtsauskunftsübereinkommens vom 7. Juni 1968 (BGB1.</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">1974 11 937) deutschen Gerichten erteilt hat (vgl. AG Besig-</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">heim in NJW 1981/2647 IPRax 1982/73). Zutreffend weist</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Jayme (IPRax 1982/56 ff.) darauf hin, daß es im Interesse</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">einer Anerkennung deutscher Trennungs- und Scheidungsurteile</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">in Italien geboten ist, von der Notwendigkeit der Beteiligung</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">der Staatsanwaltschaft auszugehen, solange die italienischen</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">Gerichte über die Frage der Mitwirkung eines</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">ausländischen Staatsanwaltes noch nicht entschieden haben.</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Die hiernach gebotene Beteiligung der Staatsanwaltschaft am</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Ehetrennungs- oder Ehescheidungsverfahren ist auch vor den</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">deutschen Familiengerichten zulässig, obwohl die Vorschrift</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">in § 607 ZPO a.F.<b>, </b>welche die fakultative Beteiligung der</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Staatsanwaltschaft am Eheverfahren vorsah, durch das 1.</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">EheRG ersatzlos gestrichen worden ist. Der Grundsatz, daß</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">jeder Richter das Prozeßrecht seines Staates, die lex fori,</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">anzuwenden hat, kennt zahlreiche Ausnahmen (vgl. hierzu</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">Stein-Jonas-Schumann, ZPO, 20. Auflage, Einleitung, RdNr.</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">737; Zöller-Geimer, IZPR, Anm. C –S. 30-42-). Die kraft internationalen</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Privatrechts angeordnete Anwendbarkeit ausländischen</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">materiellen Rechts kann den deutschen Richter zwingen,</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">auch Prozeßinstitute dieses fremden Rechts anzuwenden,</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">wenn vergleichbare deutsche Prozeßvorschriften fehlen und</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">sonst das ausländische Recht nicht vollzogen werden könnte;</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">denn der Grundsatz der lex fori darf nicht zur Rechtsverweigerung</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">im materiellen Recht führen (Stein-Jonas-Schumann,</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">a.a.O.,<b> </b>RdNr. 743). Das gilt auch, wenn ausländisches Eherecht</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">anzuwenden ist. Deshalb dürfen deutsche Gerichte, obwohl</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">im deutschen Prozeßrecht nicht oder nicht mehr vorgesehen,</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">die Trennung von Tisch und Bett aussprechen oder die</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">Schuld an der Scheidung feststellen, wenn das fremde Recht</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">diese Entscheidungsformen vorsieht (vgl. BGRZ 47/324 = NJW</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">1967/2109; OLG München in NJW 1978/1117; OLG Ramm in FamRZ</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">1978/511; OLG Ramm in NJW 1978/2452; OLG Frankfurt in FamRZ</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">1979/813; OLG Frankfurt in IPRax 1982/22 mit zustimmender</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">Besprechung von Henrich in IPRax 1982/9 ff.; Stein-JonasSchlosser,</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">ZPO, 20. Auflage, RdNr. 16 vor § 606; Zöller-Geimer,</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">ZPO, Anm. IX 2 zu § 606 b). In seinem Urteil vom 22.</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">März 1967 hat der Bundesgerichtshof (NJW 1967/2109) entgegen</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">der bisherigen Praxis die Klage auf Trennung von Tisch und</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">Bett mit den Wirkungen des jeweiligen ausländischen Rechts</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">für zulässig erachtet und diese Entscheidung überzeugend mit</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">der Erwägung begründet, daß die zunehmenden internationalen</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">Verflechtungen und die fortschreitende Fluktuation der Bevölkerung</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">der verschiedenen Länder sowie die Achtung fremder</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">Rechtsanschauungen und die Notwendigkeit, Ausländern im Inland</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">Rechtsschutz zu gewähren, es gebieten, Ausländern ihre</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">eigenen Rechtseinrichtungen auch im Inland so weit wie möglich zur Verfügung zu stellen; die Grenze liege dort, wo</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">solche Rechtseinrichtungen den deutschen Rechtsvorstellungen</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">so fremd seien, daß durch deren Anerkennung oder Verwirklichung</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">als untragbar empfundene Zustände rechtlich sanktioniert</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">würden (Art. 30 EGBGB), oder wo die damit deutschen</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">Gerichten aufgegebene Tätigkeit von den sonstigen richterlichen</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">Aufgaben so wesensverschieden wäre, daß sie völlig aus</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">dem in Deutschland dem Richter obliegenden Aufgabenbereich</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">heraus fiele. Die Verwirklichung dieser Grundsätze einerseits und andererseits die Notwendigkeit, die Anerkennung</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">des inländischen Urteils im Heimatstaat des Ausländers zu</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">gewährleisten, rechtfertigen es, ausländisches Verfahrensrecht,</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">welches dem ausländischen ordre public angehört, im</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">deutschen Verfahren zu beachten und anzuwenden, soweit dem</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks">nicht im Einzelfall der deutsche ordre public entgegensteht</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">(vgl. Grasmann in ZZP 83 <1970> 214 ff., 220). Im Blick darauf</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">bestehen nach Auffassung des Senates keine durchgreifenden</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks">Bedenken, die Staatsanwaltschaft an Verfahren in einer</p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks">Ehesache zu beteiligen, wenn das Heimatrecht einer Partei</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks">dies erfordert (ebenso OLG Düsseldorf in FamRZ 1981/146;</p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks">OLG Hamm in NJW 1981/2648; OLG München in IPRax 1982/204;</p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks">OLG Stuttgart in IPRax 1982/204j AG München in FamRZ 1979/</p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks">815; Ad Lüneburg in NdsRpfl 1980/ll0~ AG Frankfurt in IPRax</p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks">1982/79; MünchKomm-Lorenz, Art. 17 EGBGB, RdNr. 170; Hausmann</p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks">in FamRZ 1979/816 ff.; Luther in NJW 1981/2605 ff.;</p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks">Jayme in IPRax 1982/56 ff.; A.A.: AG Besigheim in NJW 1981/</p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks">2647 = IPRax 1982/73; AG München in IPRax 1982/204; AG Köln</p>
<span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks">in IPRax 1982/204; Rahm-Liermann-Breuer, VIII. Kap. RdNr.</p>
<span class="absatzRechts">189</span><p class="absatzLinks">180). Wie die bis 30. Juli 1977 gültige Vorschrift in § 607</p>
<span class="absatzRechts">190</span><p class="absatzLinks">ZPO a.F. sowie die unverändert geltenden Vorschriften in §§</p>
<span class="absatzRechts">191</span><p class="absatzLinks">632, 634 ZPO und in § 24 EheG erkennen lassen, ist die Beteiligung</p>
<span class="absatzRechts">192</span><p class="absatzLinks">der Staatsanwaltschaft an Verfahren in einer Ehesache</p>
<span class="absatzRechts">193</span><p class="absatzLinks">dem deutschen Recht nicht so fremd, daß einer solchen</p>
<span class="absatzRechts">194</span><p class="absatzLinks">Beteiligung in einem Ehetrennungs- oder Ehescheidungsverfahren</p>
<span class="absatzRechts">195</span><p class="absatzLinks">vor den deutschen Familiengerichten der deutsche ordre</p>
<span class="absatzRechts">196</span><p class="absatzLinks">public entgegen stünde (vgl. OLG München und OLG Stuttgart</p>
<span class="absatzRechts">197</span><p class="absatzLinks">in IPRax 1982/204 mit zustimmender Anmerkung von Jayme; vgl.</p>
<span class="absatzRechts">198</span><p class="absatzLinks">auch Jayme in IPRax 1982/56 ff., 58). Eine derartige Beteiligung</p>
<span class="absatzRechts">199</span><p class="absatzLinks">verbietet sich entgegen den Ausführungen des Familienrichters</p>
<span class="absatzRechts">200</span><p class="absatzLinks">in dem angefochtenen Urteil auch nicht mit</p>
<span class="absatzRechts">201</span><p class="absatzLinks">Rücksicht auf die Vorschrift in § 170 Satz 1 GVG. Die an</p>
<span class="absatzRechts">202</span><p class="absatzLinks">diese Vorschrift geknüpfte Schlußfolgerung des Familienrichters, die Staatsanwaltschaft könne schon deshalb nicht an</p>
<span class="absatzRechts">203</span><p class="absatzLinks">der mündlichen Verhandlung in einer Ehesache beteiligt werden,</p>
<span class="absatzRechts">204</span><p class="absatzLinks">weil diese nicht öffentlich sei, setzt voraus, was erst</p>
<span class="absatzRechts">205</span><p class="absatzLinks">bewiesen werden soll die Unzulässigkeit der Beteiligung</p>
<span class="absatzRechts">206</span><p class="absatzLinks">der Staatsanwaltschaft - und erweist sich so als Trugschluß</p>
<span class="absatzRechts">207</span><p class="absatzLinks">(petitio principii): Ob die Beteiligung des Staatsanwaltes an</p>
<span class="absatzRechts">208</span><p class="absatzLinks">der Verhandlung einer Ehesache gegen das Gebot der Nichtöffentlichkeit</p>
<span class="absatzRechts">209</span><p class="absatzLinks">in § 170 Satz 1 GVG verstößt, hängt von der Beantwortung</p>
<span class="absatzRechts">210</span><p class="absatzLinks">der vorrangigen Frage ab, ob die Beteiligung der</p>
<span class="absatzRechts">211</span><p class="absatzLinks">Staatsanwaltschaft an Verfahren in einer Ehesache überhaupt</p>
<span class="absatzRechts">212</span><p class="absatzLinks">zulässig ist; ist eine solche Beteiligung - wie dargelegt -</p>
<span class="absatzRechts">213</span><p class="absatzLinks">zulässig, so gehört der Staatsanwaltschaft wie jeder andere</p>
<span class="absatzRechts">214</span><p class="absatzLinks">Verfahrensbeteiligte auch nicht zur Öffentlichkeit im Sinne</p>
<span class="absatzRechts">215</span><p class="absatzLinks">von § 170 Satz 1 GVG.</p>
<span class="absatzRechts">216</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligung der deutschen Staatsanwaltschaft ist für die</p>
<span class="absatzRechts">217</span><p class="absatzLinks">Anerkennung einer deutschen Entscheidung in Italien auch</p>
<span class="absatzRechts">218</span><p class="absatzLinks">ausreichend. Das folgt aus der von Luther (NJW 1981/2605 ff.</p>
<span class="absatzRechts">219</span><p class="absatzLinks">Fußnoten 7 und 29) mitgeteilten Entscheidung des italienischen</p>
<span class="absatzRechts">220</span><p class="absatzLinks">Kassationshofes vom 22. Dezember 1978 (Cass.</p>
<span class="absatzRechts">221</span><p class="absatzLinks">6152/1978). In diesem Fall war vom Generalstaatsanwalt beim</p>
<span class="absatzRechts">222</span><p class="absatzLinks">Oberlandesgericht Triest vergeblich gerügt worden, daß vom</p>
<span class="absatzRechts">223</span><p class="absatzLinks">Delibationsgericht ein deutsches Scheidungsurteil anerkannt</p>
<span class="absatzRechts">224</span><p class="absatzLinks">worden ist, obwohl von der deutschen Staatsanwaltschaft im</p>
<span class="absatzRechts">225</span><p class="absatzLinks">Eheverfahren keine Anträge gestellt worden waren. Daraus muß</p>
<span class="absatzRechts">226</span><p class="absatzLinks">man schließen, daß die italienische Rechtssprechung die Beteiligung</p>
<span class="absatzRechts">227</span><p class="absatzLinks">der deutschen Staatsanwaltschaft am Verfahren für</p>
<span class="absatzRechts">228</span><p class="absatzLinks">eine Anerkennung genügen läßt.</p>
<span class="absatzRechts">229</span><p class="absatzLinks">Der Anerkennung der deutschen Entscheidung in Italien steht</p>
<span class="absatzRechts">230</span><p class="absatzLinks">schließlich nicht entgegen, daß der Vertreter des General-</p>
<span class="absatzRechts">231</span><p class="absatzLinks">staatsanwaltes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat</p>
<span class="absatzRechts">232</span><p class="absatzLinks">keine Anträge gestellt hat. Wie sich ebenfalls aus der vorbezeichneten</p>
<span class="absatzRechts">233</span><p class="absatzLinks">Entscheidung des Kassationshofes vom 22. Dezember</p>
<span class="absatzRechts">234</span><p class="absatzLinks">1978 ergibt, genügt es nach der ständigen Rechtssprechung</p>
<span class="absatzRechts">235</span><p class="absatzLinks">dieses Gerichtes, wenn der Staatsanwalt die Möglichkeit</p>
<span class="absatzRechts">236</span><p class="absatzLinks">gehabt hat, seine gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen,</p>
<span class="absatzRechts">237</span><p class="absatzLinks">wobei es weder auf den Inhalt seiner Anträge und auf seine</p>
<span class="absatzRechts">238</span><p class="absatzLinks">Anwesenheit in den Sitzungen noch darauf ankommt, daß er</p>
<span class="absatzRechts">239</span><p class="absatzLinks">mündlich oder schriftlich irgendwelche Anträge gestellt hat</p>
<span class="absatzRechts">240</span><p class="absatzLinks">(vgl. Luther in NJW 1981/2605 ff., 2607 f.;i ebenso Grunsky,</p>
<span class="absatzRechts">241</span><p class="absatzLinks">Italienisches Familienrecht, 2. Auflage 1978, S. 88, Fußnote</p>
<span class="absatzRechts">242</span><p class="absatzLinks">80). Dem entspricht die Rechtsauskunft, welche das Ministerium</p>
<span class="absatzRechts">243</span><p class="absatzLinks">für Gnadenwesen und Justiz der Republik Italien nach</p>
<span class="absatzRechts">244</span><p class="absatzLinks">dem Europäischen Übereinkommen vom 7. Juni 1968 mit Schreiben</p>
<span class="absatzRechts">245</span><p class="absatzLinks">vom 6. Juli 1981 auf ein entsprechendes Auskunftsersuchen</p>
<span class="absatzRechts">246</span><p class="absatzLinks">des Oberlandesgerichts Ramm (5 UF 192/80 = 15 F 211/79</p>
<span class="absatzRechts">247</span><p class="absatzLinks">AG Iserlohn) erteilt hat. Darin heißt es u.a.:</p>
<span class="absatzRechts">248</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">"Das Einschreiten der Staatsanwaltschaft kann sowohl in schriftlicher als auch mündlicher Form erfolgen, und</p>
<span class="absatzRechts">249</span><p class="absatzLinks">zwar je nach Maßgabe der Notwendigkeit. Dazu können Beweismittel,</p>
<span class="absatzRechts">250</span><p class="absatzLinks">Unterlagen und Anträge im Rahmen der von den</p>
<span class="absatzRechts">251</span><p class="absatzLinks">Parteien eingebrachten Anträge vorgebracht werden. Die</p>
<span class="absatzRechts">252</span><p class="absatzLinks">Staatsanwaltschaft braucht jedoch nicht solche Beweismittel</p>
<span class="absatzRechts">253</span><p class="absatzLinks">bei Fehlen von Anträgen der Parteien vorlegen.</p>
<span class="absatzRechts">254</span><p class="absatzLinks">Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß aufgrund</p>
<span class="absatzRechts">255</span><p class="absatzLinks">der bestehenden italienischen Rechtssprechung der Gesetzeswille</p>
<span class="absatzRechts">256</span><p class="absatzLinks">(§ 70 Abs. 2 ZPO) bereits durch die Anwesenheit</p>
<span class="absatzRechts">257</span><p class="absatzLinks">der Staatsanwaltschaft in dem Verfahren erfüllt</p>
<span class="absatzRechts">258</span><p class="absatzLinks">ist; auf der anderen Seite ist es jedoch nicht erforderlich,</p>
<span class="absatzRechts">259</span><p class="absatzLinks">daß sie im Falle einer Teilnahme am Verfahren</p>
<span class="absatzRechts">260</span><p class="absatzLinks">irgendwelche Anträge vorbringt oder eigene Anträge auf</p>
<span class="absatzRechts">261</span><p class="absatzLinks">sämtliche Anträge und Begehren der Parteien vorbringt</p>
<span class="absatzRechts">262</span><p class="absatzLinks">(Urteil des Kassationshofes Nr. 188 vom l7.l.l978)."</p>
<span class="absatzRechts">263</span><p class="absatzLinks">Die dem widersprechende Auskunft des italienischen Justizministeriums</p>
<span class="absatzRechts">264</span><p class="absatzLinks">vom 21. Februar 1981, auf welche das Amtsgericht</p>
<span class="absatzRechts">265</span><p class="absatzLinks">Besigheim (NJW 1981/2647 = IPRax 1982/73) seine Entscheidung</p>
<span class="absatzRechts">266</span><p class="absatzLinks">gestützt hat, vermag nicht zu überzeugen, weil sich diese</p>
<span class="absatzRechts">267</span><p class="absatzLinks">Auskunft ohne jede Begründung über die ständige Rechtssprechung</p>
<span class="absatzRechts">268</span><p class="absatzLinks">des Kassationshofes hinwegsetzt (vgl. Luther in NJW</p>
<span class="absatzRechts">269</span><p class="absatzLinks">1981/2605 ff., 2608; Jayme in IPRax 1982/56 ff.).</p>
<span class="absatzRechts">270</span><p class="absatzLinks">2) Die Anerkennung in Jugoslawien ergibt sich aus dem am 1. Januar</p>
<span class="absatzRechts">271</span><p class="absatzLinks">1983 in Kraft getretenen jugoslawischen IPR-Gesetz (Gesetz</p>
<span class="absatzRechts">272</span><p class="absatzLinks">zur Lösung von Gesetzeskollisionen mit den Bestimmungen</p>
<span class="absatzRechts">273</span><p class="absatzLinks">über das Verhältnis zu ausländischen Staaten, deutsche Über-</p>
<span class="absatzRechts">274</span><p class="absatzLinks">setzung in IPRax 1983/6 ff.). Danach werden ausländische</p>
<span class="absatzRechts">275</span><p class="absatzLinks">Entscheidungen in Jugoslawien grundsätzlich anerkannt, es</p>
<span class="absatzRechts">276</span><p class="absatzLinks">sei denn, daß eine ausschließliche Zuständigkeit der jugos-</p>
<span class="absatzRechts">277</span><p class="absatzLinks">lawischen Gerichte besteht (Art. 89 Abs. 1 des IPR-Gesetzes).</p>
<span class="absatzRechts">278</span><p class="absatzLinks">Eine solche ausschließliche Zuständigkeit besteht</p>
<span class="absatzRechts">279</span><p class="absatzLinks">für Ehestreitigkeiten nur, wenn der beklagte Ehegatte die</p>
<span class="absatzRechts">280</span><p class="absatzLinks">jugoslawische Staatsangehörigkeit besitzt und seinen Wohnsitz</p>
<span class="absatzRechts">281</span><p class="absatzLinks">in Jugoslawien hat (Art. 61 Abs. 2 des 1PR-Gesetzes).</p>
<span class="absatzRechts">282</span><p class="absatzLinks">Dieser Ausnahmetatbestand liegt hier nicht vor, weil das</p>
<span class="absatzRechts">283</span><p class="absatzLinks">vorliegende Verfahren von der Antragstellerin eingeleitet</p>
<span class="absatzRechts">284</span><p class="absatzLinks">worden ist, diese also nicht als "beklagter Ehegatte" im</p>
<span class="absatzRechts">285</span><p class="absatzLinks">Sinne von Art. 61 Abs. 2 des IPR-Gesetzes angesehen werden</p>
<span class="absatzRechts">286</span><p class="absatzLinks">kann.</p>
<span class="absatzRechts">287</span><p class="absatzLinks">II)</p>
<span class="absatzRechts">288</span><p class="absatzLinks">In der Sache selbst sind nur die von beiden Parteien hilfsweise</p>
<span class="absatzRechts">289</span><p class="absatzLinks">gestellten Anträge auf Gestattung des Getrenntlebens begründet,</p>
<span class="absatzRechts">290</span><p class="absatzLinks">während die beiderseits gestellten Hauptanträge auf Ehescheidung</p>
<span class="absatzRechts">291</span><p class="absatzLinks">unbegründet sind und abgewiesen werden mußten.</p>
<span class="absatzRechts">292</span><p class="absatzLinks">1) Die Sachanträge der Parteien sind nach italienischem Recht</p>
<span class="absatzRechts">293</span><p class="absatzLinks">zu beurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">294</span><p class="absatzLinks">Folgt man der bisherigen Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes,</p>
<span class="absatzRechts">295</span><p class="absatzLinks">wonach Art. 17 Abs. 1 EGBGB nicht gegen Art. 3 Abs. 2</p>
<span class="absatzRechts">296</span><p class="absatzLinks">GG verstößt (vgl. NJW 1954/837, 1964/2013 und 1967/2109), so</p>
<span class="absatzRechts">297</span><p class="absatzLinks">ergibt sich die Anwendbarkeit italienischen Rechts unmittelbar</p>
<span class="absatzRechts">298</span><p class="absatzLinks">aus der Vorschrift in Art. 17 Abs. 1 EGBGB, weil der Antragsgegner</p>
<span class="absatzRechts">299</span><p class="absatzLinks">die italienische Staatsangehörigkeit besitzt.</p>
<span class="absatzRechts">300</span><p class="absatzLinks">Nichts anderes gilt, wenn man mit dem Urteil des Bundesgerichtshofes</p>
<span class="absatzRechts">301</span><p class="absatzLinks">vom 8. Dezember 1982 (FamRZ 1983/255 = IPRax</p>
<span class="absatzRechts">302</span><p class="absatzLinks">1983/81 mit Anmerkung von Firsching) davon ausgeht, daß Art.</p>
<span class="absatzRechts">303</span><p class="absatzLinks">17 Abs. 1 EGBGB wegen Verstoßes gegen das Gleichberechtigungsgebot</p>
<span class="absatzRechts">304</span><p class="absatzLinks">in Art. 3 Abs. 2 GG verfassungswidrig ist, soweit</p>
<span class="absatzRechts">305</span><p class="absatzLinks">für das anzuwendende Recht in einer gemischt-nationalen Ausländerehe</p>
<span class="absatzRechts">306</span><p class="absatzLinks">an die Staatsangehörigkeit des Mannes angeknüpft</p>
<span class="absatzRechts">307</span><p class="absatzLinks">wird. Die hiernach gebotene verfassungskonforme Auslegung</p>
<span class="absatzRechts">308</span><p class="absatzLinks">der Vorschriften in Art. 17 EGBGB führt dazu, daß sich</p>
<span class="absatzRechts">309</span><p class="absatzLinks">Scheidung und Scheidungsfolgen einer solchen Ausländerehe</p>
<span class="absatzRechts">310</span><p class="absatzLinks">nach dem Recht des Staates bestimmen, dem die Ehegatten gemeinsam</p>
<span class="absatzRechts">311</span><p class="absatzLinks">angehören oder dem sie während der Ehe zuletzt gemeinsam</p>
<span class="absatzRechts">312</span><p class="absatzLinks">angehört haben und dem einer von ihnen weiterhin angehört</p>
<span class="absatzRechts">313</span><p class="absatzLinks">(vgl. BGH in FamRZ 1983/255). Danach ist hier ebenfalls</p>
<span class="absatzRechts">314</span><p class="absatzLinks">italienisches Recht anzuwenden, weil die Antragstellerin</p>
<span class="absatzRechts">315</span><p class="absatzLinks">durch die Eheschließung mit dem Antragsgegner dessen</p>
<span class="absatzRechts">316</span><p class="absatzLinks">italienische Staatsangehörigkeit gemäß Art. 10 Abs. 2 Satz 1</p>
<span class="absatzRechts">317</span><p class="absatzLinks">des Gesetzes Nr. 555 vom 13. Juni 1912 über die italienische</p>
<span class="absatzRechts">318</span><p class="absatzLinks">Staatsangehörigkeit erworben hat, also beide Parteien (auch)</p>
<span class="absatzRechts">319</span><p class="absatzLinks">die italienische Staatsangehörigkeit besitzen.</p>
<span class="absatzRechts">320</span><p class="absatzLinks">2) Nach italienischem Recht ist das beiderseitige Scheidungsbegehren</p>
<span class="absatzRechts">321</span><p class="absatzLinks">der Parteien unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">322</span><p class="absatzLinks">Als Scheidungstatbestand kommt nach dem Parteivorbringen nur</p>
<span class="absatzRechts">323</span><p class="absatzLinks">die Vorschrift in Art. 3 Nr. 2 b des Gesetzes Nr. 898 vom 1.</p>
<span class="absatzRechts">324</span><p class="absatzLinks">Dezember 1970 über die Regelung der Fälle der Eheauflösungen</p>
<span class="absatzRechts">325</span><p class="absatzLinks">in Betracht. Danach kann eine Ehe nur geschieden werden,</p>
<span class="absatzRechts">326</span><p class="absatzLinks">wenn eine gerichtliche Trennung zwischen den Ehegatten durch</p>
<span class="absatzRechts">327</span><p class="absatzLinks">rechtskräftiges Urteil ausgesprochen oder eine einverständliche</p>
<span class="absatzRechts">328</span><p class="absatzLinks">Trennung gerichtlich bestätigt worden ist oder wenn</p>
<span class="absatzRechts">329</span><p class="absatzLinks">eine tatsächliche Trennung besteht, sofern diese tatsächliche</p>
<span class="absatzRechts">330</span><p class="absatzLinks">Trennung wenigstens zwei Jahre vor dem Inkrafttreten des</p>
<span class="absatzRechts">331</span><p class="absatzLinks">Gesetzes (18. Dezember 1970) begonnen hat, und wenn in allen</p>
<span class="absatzRechts">332</span><p class="absatzLinks">vorgenannten Fällen die Trennung zwischen den Ehegatten ununterbrochen</p>
<span class="absatzRechts">333</span><p class="absatzLinks">mindestens fünf Jahre bestanden hat, wobei diese</p>
<span class="absatzRechts">334</span><p class="absatzLinks">Fünfjahresfrist in den beiden ersten Fällen mit dem Erscheinen</p>
<span class="absatzRechts">335</span><p class="absatzLinks">der Ehegatten vor dem Vorsitzenden des Gerichts im</p>
<span class="absatzRechts">336</span><p class="absatzLinks">Trennungsverfahren und im dritten Fall mit der tatsächlichen</p>
<span class="absatzRechts">337</span><p class="absatzLinks">Beendigung des Zusammenlebens der Ehegatten beginnt. Keiner</p>
<span class="absatzRechts">338</span><p class="absatzLinks">dieser Scheidungstatbestände liegt hier vor, weil bisher weder</p>
<span class="absatzRechts">339</span><p class="absatzLinks">die gerichtliche Trennung der Parteien ausgesprochen</p>
<span class="absatzRechts">340</span><p class="absatzLinks">noch eine einverständliche Trennung gerichtlich bestätigt</p>
<span class="absatzRechts">341</span><p class="absatzLinks">worden ist und die faktische Trennung der Parteien auch</p>
<span class="absatzRechts">342</span><p class="absatzLinks">nicht zwei Jahre vor dem Inkrafttreten des Scheidungsgesetzes</p>
<span class="absatzRechts">343</span><p class="absatzLinks">(18. Dezember 1970), sondern erst am 31. Dezember</p>
<span class="absatzRechts">344</span><p class="absatzLinks">1976 begonnen hat.</p>
<span class="absatzRechts">345</span><p class="absatzLinks">Entgegen den Rechtsausführungen der Parteien kann ihr beiderseitiges</p>
<span class="absatzRechts">346</span><p class="absatzLinks">Scheidungsbegehren nach italienischem Recht</p>
<span class="absatzRechts">347</span><p class="absatzLinks">nicht allein damit gerechtfertigt werden, daß die Parteien</p>
<span class="absatzRechts">348</span><p class="absatzLinks">inzwischen länger als fünf Jahre von einander getrennt leben.</p>
<span class="absatzRechts">349</span><p class="absatzLinks">Eine rein faktische Trennung, die ohne Mitwirkung des</p>
<span class="absatzRechts">350</span><p class="absatzLinks">Gerichts eingetreten ist, stellt nach italienischem Recht</p>
<span class="absatzRechts">351</span><p class="absatzLinks">prinzipiell keinen hinreichenden Scheidungsgrund dar, und</p>
<span class="absatzRechts">352</span><p class="absatzLinks">zwar auch dann nicht, wenn am Gescheitertsein der Ehe keine</p>
<span class="absatzRechts">353</span><p class="absatzLinks">Zweifel bestehen (vgl. Grunsky, a.a.O., S. 75). Eine Ausnahme</p>
<span class="absatzRechts">354</span><p class="absatzLinks">von diesem Grundsatz gilt nach dem insoweit eindeutigen</p>
<span class="absatzRechts">355</span><p class="absatzLinks">Wortlaut des Gesetzes sowie nach dessen Sinn und Zweck</p>
<span class="absatzRechts">356</span><p class="absatzLinks">nur für Ehegatten, die sich bereits am 18. Dezember 1968</p>
<span class="absatzRechts">357</span><p class="absatzLinks">oder früher getrennt haben (vgl. Jayme in FamRZ 1971/221</p>
<span class="absatzRechts">358</span><p class="absatzLinks">ff., 222). Da getrennt lebende Ehegatten vor diesem Zeitpunkt</p>
<span class="absatzRechts">359</span><p class="absatzLinks">wegen des damals geltenden Grundsatzes der Unauflöslichkeit</p>
<span class="absatzRechts">360</span><p class="absatzLinks">der Ehe häufig keinen Grund für die Legalisierung</p>
<span class="absatzRechts">361</span><p class="absatzLinks">ihrer Trennung sahen, war in Italien die Zahl derjenigen</p>
<span class="absatzRechts">362</span><p class="absatzLinks">Ehegatten, die ohne gerichtliche Mitwirkung getrennt lebten,</p>
<span class="absatzRechts">363</span><p class="absatzLinks">seinerzeit außergewöhnlich groß. Lediglich um diesen Ehegatten,</p>
<span class="absatzRechts">364</span><p class="absatzLinks">die teilweise schon sehr lange getrennt gelebt hatten,</p>
<span class="absatzRechts">365</span><p class="absatzLinks">eine Scheidung ihrer Ehe ohne vorheriges Trennungsverfahren</p>
<span class="absatzRechts">366</span><p class="absatzLinks">zu ermöglichen, hat der italienische Gesetzgeber die faktische</p>
<span class="absatzRechts">367</span><p class="absatzLinks">Trennung als Scheidungsgrund für eine Übergangszeit anerkannt</p>
<span class="absatzRechts">368</span><p class="absatzLinks">(vgl. Fleig, a.a.O., S. 171; Grunsky, a.a.O., S.</p>
<span class="absatzRechts">369</span><p class="absatzLinks">75). Da dieser Scheidungsgrund mithin eine Ausnahmeregelung</p>
<span class="absatzRechts">370</span><p class="absatzLinks">darstellt, ist er einer erweiternden Anwendung nicht fähig.</p>
<span class="absatzRechts">371</span><p class="absatzLinks">3) Dagegen sind die hilfsweise gestellten Anträge beider</p>
<span class="absatzRechts">372</span><p class="absatzLinks">Parteien gemäß Art. 151 Abs. 1 des italienischen Zivilgesetzbuches</p>
<span class="absatzRechts">373</span><p class="absatzLinks">(cc) vom 16. März 1942 in der Fassung des Reformgesetzes</p>
<span class="absatzRechts">374</span><p class="absatzLinks">vom 19. Mai 1975 begründet.</p>
<span class="absatzRechts">375</span><p class="absatzLinks">Nach dieser Vorschrift kann jeder Ehegatte die gerichtliche</p>
<span class="absatzRechts">376</span><p class="absatzLinks">Trennung von Tisch und Bett beantragen, wenn sich - auch unabhängig</p>
<span class="absatzRechts">377</span><p class="absatzLinks">vom Willen eines oder beider Ehegatten eingetretene</p>
<span class="absatzRechts">378</span><p class="absatzLinks">- Tatsachen ergeben, welche die Fortsetzung des Zusammenlebens</p>
<span class="absatzRechts">379</span><p class="absatzLinks">unerträglich gestalten. Danach ist ein Antrag auf Trennung</p>
<span class="absatzRechts">380</span><p class="absatzLinks">von Tisch und Bett begründet, wenn die Ehe unheilbar</p>
<span class="absatzRechts">381</span><p class="absatzLinks">zerrüttet ist, ohne daß es auf ein Verschulden des einen</p>
<span class="absatzRechts">382</span><p class="absatzLinks">oder des anderen Ehegatten oder beider Ehegatten ankommt</p>
<span class="absatzRechts">383</span><p class="absatzLinks">(vgl. Grunsky, a.a.O., S. 59 f.). Diese Voraussetzungen für</p>
<span class="absatzRechts">384</span><p class="absatzLinks">eine gerichtliche Trennung liegen hier vor. Die Parteien haben</p>
<span class="absatzRechts">385</span><p class="absatzLinks">sich am 31. Dezember 1976 im Streit getrennt und seitdem</p>
<span class="absatzRechts">386</span><p class="absatzLinks">keinerlei eheliche Kontakte mehr miteinander gepflogen, le-</p>
<span class="absatzRechts">387</span><p class="absatzLinks">ben also inzwischen länger als sechs Jahre endgültig voneinander</p>
<span class="absatzRechts">388</span><p class="absatzLinks">getrennt. Während sich die Antragstellerin seit drei</p>
<span class="absatzRechts">389</span><p class="absatzLinks">Jahren ständig in U. aufhält und dort bei der Firma</p>
<span class="absatzRechts">390</span><p class="absatzLinks">G. N. GmbH einer Erwerbstätigkeit nachgeht,</p>
<span class="absatzRechts">391</span><p class="absatzLinks">lebt der Antragsgegner in L.. Der Versuch des Senates, die</p>
<span class="absatzRechts">392</span><p class="absatzLinks">Parteien wieder zu versöhnen, ist gescheitert. Beide Parteien</p>
<span class="absatzRechts">393</span><p class="absatzLinks">haben erklärt, daß sie es schon mit Rücksicht auf die inzwischen</p>
<span class="absatzRechts">394</span><p class="absatzLinks">eingetretene tiefgreifende Entfremdung ablehnten,</p>
<span class="absatzRechts">395</span><p class="absatzLinks">die eheliche Lebensgemeinschaft wieder aufzunehmen. Angesichts</p>
<span class="absatzRechts">396</span><p class="absatzLinks">all dieser Umstände ist der Senat davon überzeugt,</p>
<span class="absatzRechts">397</span><p class="absatzLinks">daß die Ehe der Parteien gescheitert ist.</p>
<span class="absatzRechts">398</span><p class="absatzLinks">Einer Entscheidung gemäß Art. 151 Abs. 2 cc darüber, welcher</p>
<span class="absatzRechts">399</span><p class="absatzLinks">Partei wegen ihres mit den ehelichen Pflichten nicht zu vereinbarenden</p>
<span class="absatzRechts">400</span><p class="absatzLinks">Verhaltens die Trennung anzulasten ist, bedurfte</p>
<span class="absatzRechts">401</span><p class="absatzLinks">es nicht, da beide Parteien ihre Schuldanträge in der Berufungsinstanz</p>
<span class="absatzRechts">402</span><p class="absatzLinks">fallen gelassen haben.</p>
<span class="absatzRechts">403</span><p class="absatzLinks">Ob die gerichtliche Trennung von einem deutschen Familiengericht</p>
<span class="absatzRechts">404</span><p class="absatzLinks">nur ausgesprochen werden darf, wenn nach deutschem</p>
<span class="absatzRechts">405</span><p class="absatzLinks">Recht auf Scheidung erkannt werden könnte (Art. 17 Abs. 4</p>
<span class="absatzRechts">406</span><p class="absatzLinks">EGBGB; vgl. hierzu OLG Frankfurt in FamRZ 1979/813), kann</p>
<span class="absatzRechts">407</span><p class="absatzLinks">unerörtert bleiben, weil die Voraussetzungen für eine Scheidung</p>
<span class="absatzRechts">408</span><p class="absatzLinks">der Parteien nach deutschem Recht angesichts der</p>
<span class="absatzRechts">409</span><p class="absatzLinks">mehr als drei Jahre währenden Trennung ohne weiteres zu bejahen</p>
<span class="absatzRechts">410</span><p class="absatzLinks">sind (§§ 1565 Abs. 1, 1566 Abs. 2 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">411</span><p class="absatzLinks">Demnach mußte das angefochtene Urteil in dem aus dem Tenor ersichtlichen</p>
<span class="absatzRechts">412</span><p class="absatzLinks">Umfang abgeändert werden.</p>
<span class="absatzRechts">413</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 93 a ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">414</span><p class="absatzLinks"><u>Gebühren-Streitwert des Berufungsverfahrens: 4.000,-- DM.</u></p>
|
315,751 | olgk-1983-03-25-3-ss-51182 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 3 Ss 511/82 | "1983-03-25T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:05" | "2019-03-27T09:42:18" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1983:0325.3SS511.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>I. Der Zulassungsantrag wird als offensichtlich unbegründet verworfen.</p>
<p></p>
<p>II. Die Rechtsbeschwerde gilt damit als zurückgenommen.</p>
<p></p>
<p>III. Die Kosten des Verfahrens vor dem Beschwerdegericht trägt die Betroffene.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 80 Abs. 1 OWiG). Der Einzelfall gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzustellen, Gesetzeslücken rechtschöpferisch auszufüllen oder schwer erträglichen Unterschieden in der Rechtsprechung entgegenzuwirken (BGH VRS 40, 134, 137).</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die durch das angefochtene Urteil und den Zulassungsantrag aufgeworfenen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung geklärt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Es ist anerkannt, daß auch die Zeugenaussage eines Polizeibeamten, er könne sich an den von ihm angezeigten Vorfall nicht mehr erinnern, er schließe aber einen Irrtum aus, der freien Beweiswürdigung des Tatrichters unterliegt (BGHSt 23, 213; BGH NJW 1970, 1558). Der Zeuge muß aber bereit sein, die Verantwortung für die Richtigkeit des Inhalts seiner Anzeige zu übernehmen; in der Regel wird es auch geboten sein, die näheren Umstände zu klären, unter denen der Vorgang beobachtet und zur Anzeige gebracht worden ist (st. Senatsrechtsprechung, vgl. Beschluß vom 26. Mai 1981 - 3 Ss 360/81 - m.w.N.; ferner: OLG Köln, 1. Strafsenat, VRS 61, 360 und NStZ 1981, 76; OLG Düsseldorf VRS 62, 282 und ZfS 1981, 387; OLG Hamm JMBl NW 1979, 150). Wird ein Polizeibeamter vernommen, der nicht Anzeigenerstatter ist, der insbesondere als Beobachtungs- und nicht als Anhalteposten bei der Feststellung einer Verkehrsordnungswidrigkeit tätig war, so kann er allerdings für die Richtigkeit des Inhalts der Anzeige nur dann die Verantwortung übernehmen, wenn er an der Anzeigenerstattung mitgewirkt hat; es muß sichergestellt sein, daß seine Beobachtungen mit dem Inhalt der Anzeige übereinstimmen (st. Senatsrechtsprechung, vgl. Beschluß vom 5.11.1982 - 3 Ss 506/82 - und vom 26.5.1981 - 3 Ss 360/81 -; vgl. ferner OLG Köln, 1. Strafsenat, VRS 60, 205; OLG Hamm VRS 52, 431; 53, 40; 54, 138; 55, 134). Dies kann z.B. der Fall sein, wenn der Beobachtungsposten beim Abfassen der Anzeige mitgewirkt hat oder sie später durchgelesen und auf ihre Richtigkeit überprüft hat (vgl. OLG Köln, 1. Strafsenat, Beschluß vom 9.1.1981 - 1 Ss 1107/80 -).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Dem angefochtenen Urteil kann nicht entnommen werden, ob der Polizeibeamte, der als Anhalteposten tätig war und die Anzeige aufgenommen hat, die Verantwortung für die Richtigkeit der Anzeige übernommen hat. Es fehlt auch die Feststellung, ob die beiden Beamten, die als Beobachtungsposten eingesetzt waren, an der Anzeigenerstattung mitgewirkt haben, und was sie überhaupt konkret ausgesagt haben.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Insoweit kommen aber nur Rechtsfehler im Einzelfall in Betracht, die die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht gebieten.</p>
|
315,752 | olgham-1983-03-24-7-wf-12583 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 7 WF 125/83 | "1983-03-24T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:07" | "2019-03-27T09:42:18" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1983:0324.7WF125.83.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird zurückgewiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind seit dem ... rechtskräftig geschieden. In dem vorliegenden Verfahren verfolge die Klägerin einen Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns. Sie berühmt sich einer Ausgleichsforderung in Höhe von 10.000,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Familiengericht Prozeßkostenhilfe in der Annahme versagt, daß eine rechtskräftige Scheidung noch nicht vorliege. In der Nichtabhilfeentscheidung hat das Familiengericht die Versagung damit gerechtfertigt, daß im vorliegenden Fall eine Ausgleichsforderung im Hinblick auf § 1378 Abs. 2 BGB ausscheide.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist gem. § 127 ZPO zulässig, aber nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach § 1378 Abs. 2 BGB wird die Höhe der Ausgleichsforderung durch den Wert des Vermögens begrenzt, das nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung des Güterstandes vorhanden ist. Das Familiengericht geht zu Recht davon aus, daß der Güterstand der Zugewinngemeinschaft im vorliegenden Fall mit der Rechtskraft der Scheidung aufgehoben worden ist (vgl. allgemein hierzu Palandt-Diederichsen, 42. Aufl., § 1372 BGB Anm. 2). Dieser Zeitpunkt ist im Rahmen von § 1378 Abs. 2BGB auch dann maßgeblich, wenn für die Berechnung der Ausgleichsforderung gem. § 1384 BGB auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags abzustellen ist. Das entspricht der nahezu einhellig vertretenen Auffassung (vgl. hierzu die Nachweise bei Gernhuber, Familienrecht, 3. Aufl., S. 516, 517 sowie Münchener Kommentar - Gernhuber, § 1378 Anm. 7; abweichend vor Inkraftreten des 1. Eherechtsgesetzes im wesentlichen nur Ziege NJW 1964, 2394). Dies folgt nach der vom Senat geteilten herrschenden Meinung daraus, daß § 1378 Abs. 2 BGB eine Schutzvorschrift zugunsten der Gläubiger darstellt. Nur in besonders gelagerten Fällen geht nach dem Willen des Gesetzes das Recht auf Zugewinnausgleich anderen Forderungen vor (vgl. hierzu § 1390 BGB). Auf der Grundlage des 1. Eherechtsgesetzes hat allerdings D. Schwab (Handbuch des Scheidungsrechts, Randnummer 785) die Auffassung vertreten, aus dem Wesen des Verbundes sei abzuleiten, daß der Stichtag gem. § 1384 BGB auch maßgeblicher Stichtag im Sinne von § 1378 Abs. 2 BGB sein müsse. Anderenfalls könne im Verbund die Zugewinnforderung nicht zutreffend festgestellt werden. Mit dieser Argumentation übersieht Schwab aber, daß die von ihm aufgezeigte Schwierigkeit nicht nur dann besteht, wenn über den Zugewinn im Verbund zu entscheiden ist. Ähnliche Schwierigkeiten ergaben sich schon vor 1977 (und auch jetzt) dann, wenn vorzeitiger Zugewinn gem. §§ 1385, 1386 BGB vorzeitig begehrt wird. Dann endet der Güterstand der Zugewinngemeinschaft gem. § 1388 BGB mit Rechtskraft des Urteils, das den vorzeitigen Zugewinnausgleich regelt. Auch in derartigen Verfahren kann sich also die Notwendigkeit ergeben, eine Verschuldung, die in der Zeit zwischen dem Berechnungszeitpunkt für die Ausgleichsforderung und dem zukünftigen Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes entstanden ist, zu berücksichtigen. Die Einführung des Verbundprinzips durch das 1. Eherechtsgesetz gibt daher keine Veranlassung, die bisherige Rechtsprechung zu § 1378 Abs. 2 BGB aufzugeben.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Stichtag gem. § 1384 BGB ist im vorliegenden Fall der 10. Oktober 1980. Der Antragsgegner hat im Scheidungsverfahren eingehend dazu vorgetragen, daß nach dem Stichtag eine erhebliche Verschuldung daraus erwachsen ist, daß er versucht hat, zusammen mit Arbeitskollegen die zusammengebrochene Firma ihres Arbeitgers fortzuführen (vgl. nierzu den Schriftsatz vom 1.12.1981, GA Bl. 56, 57 des Scheidungsverfahrens, sowie das Protokoll vom 16.12.1981, GA Bl. 59 des Scheidungsverfahrens). Diesem Vortrag ist die Antragstellerin weder in dem früheren Scheidungsverfahren noch im jetzigen Verfahren entgegengetreten. Es ist deshalb davon auszugehen, daß bei dem Antragsgegner nach dem 10.10.1980, aber vor dem 2.12.1982 eine Verschuldung eingetreten ist, die die Höhe des behaupteten Ausgangsvermögens von 20.000,- DM weit übersteigt. Bei dieser Sachlage hat das Familiengericht Prozeßkostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussichten zu Recht versagt.</p>
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315,753 | olgk-1983-03-21-2-w-1383 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
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"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 W 13/83 | "1983-03-21T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:08" | "2019-03-27T09:42:18" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1983:0321.2W13.83.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 21. Januar 1983 gegen den Beschluß des Land­gerichts Köln vom 21. Dezember 1982 wird zu­rückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten der sofortigen Beschwerde trägt der Kläger.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gründe:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind geschiedene Eheleute und waren zu je 1/2 Mit­eigentümer eines Grundstücks. Die Beklagte ließ auf dem Anteil des Klägers eine Sicherungshypothek in Höhe von 9.133,-- DM eintragen, um auf diese Weise Unterhaltsansprüche gegen den Kläger zu sichern.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Kurz darauf tilgte der Kläger seine Verbindlichkeiten und bat die Beklagte, die Löschung der Sicherungshypothek in die Wege zu leiten. Die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten erklärten dazu ihre grundsätzliche Bereitschaft, wiesen aber darauf hin, daß der Kläger die Kosten für die notarielle Löschungsbewilli­gung zu tragen habe.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Parteien anschließend über zwei Jahre in dieser Sa­che keinen Kontakt mehr gehabt hatten, forderte der Prozeßbe­vollmächtigte erster Instanz des Klägers die Beklagte unter Fristsetzung und Androhung gerichtlicher Schritte auf, in ge­höriger Form in die Löschung des Grundpfangrechts <strong>einzuwilligen. </strong>Demgegenüber berief sich die Beklagte auf andere, angeblich of­fenstehende Forderungen gegen den Kläger.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Daraufhin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 21. September 1981, eingegangen bei Gericht am 24. September 1981, Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, in die Löschung der Sicherungshypothek einzuwilligen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Beklagte mitgeteilt hat, daß ihr durch Beschluß vom 22. September 1981 das Grundstück in der Teilungsversteige­rung zugeschlagen worden ist, hat der Kläger andere Klageanträge angekündigt. Zuletzt hat er beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß die Sicherungshypothek eine Eigentümergrundschuld ist, die ihm zu­steht,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, zu bewilligen und zu beantragen, daß die Sicherungshypothek als Eigentümergrundschuld für ihn eingetragen wird.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Sie hat sich bereit erklärt, falls der Kläger einen Grundbuchbe­richtigungsantrag stellen sollte, diesen anzuerkennen, aller­dings unter Verwahrung gegen die damit verbundenen Kosten. Während des Rechtsstreits hat die Beklagte es abgelehnt, die Bewilligung in einer vom Kläger vorbereiteten notariellen Ur­kunde zu erteilen, da die Kosten für die Urkunde und deren Durch­führung nach dem Entwurf von den Parteien gesamtschuldnerisch getragen werden sollten.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Beklagte im Termin vom 25. November 1982 eine no­tarielle Berichtigungsbewilligung vorgelegt hat, wonach der Kläger die Kosten der Bewilligung zu tragen hat, haben die Par­teien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, und wechselseitige Kostenanträge gestellt. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 21. Dezember 1982, zugestellt am 14. Januar 1983, dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt mit der Begründung, er habe den Rechtsstreit veranlaßt, da er nicht bereit <em>gewesen </em><strong><em>sei, </em></strong>die Kosten der Bewilligung zu tragen, obwohl er dazu gemäß § 897 BGB verpflichtet gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Beschluß hat der Kläger mit einem am 22. Januar 1983 eingegangenen Schriftsatz vom 21. Januar 1983 sofortige Beschwerde eingelegt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Er beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">den Beschluß des Landgerichts aufzuheben und die Kosten der Beklagten aufzuerlegen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat den Kläger zu Recht mit den Kosten des in der Hauptsache für erledigt erklärten Rechtsstreits belastet (§ 91 a Abs. 1 ZPO). Bei Berücksichtigung des bisherigen Sach­und Streitstandes sind die Kosten nach billigem Ermessen dem Kläger aufzuerlegen, da er bei dem voraussichtlichen Ausgang des RechtsstreitS unterlegen wäre (Gedanke des § 91 Abs. 1 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">1.             </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Feststellungsantrag war unzulässig.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Diesem Klageantrag fehlte das Rechtsschutzbedürfnis, da er voll im Leistungsantrag enthalten war. Zwar hätte der Kläger wegen § 22 GBO anstelle der Leistungsklage eine Feststellungsklage erheben können, da er mit dem Feststellungsurteil ohne weiteres die Grundbuchberichtigung hätte bewirken können. Es bestand je­doch kein berechtigtes Interesse des Klägers daran, die Fest­stellungsklage <u>zugleich</u> mit der weitergehenden Leistungsklage zu erheben.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">2.             </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Leistungsantrag wäre - nach berichtigender Auslegung dahin­gehend, daß der Kläger die Eintragung der Sicherungshypothek als Fremdgrundschuld erstrebte- erfolglos gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte durfte gegenüber dem Anspruch des Klägers auf Ab­gabe der Berichtigungsbewilligung ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen wegen der Pflicht des Klägers, die Kosten der Bewilligung zu tragen. Nur darüber stritten die Parteien.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Kläger konnte von der Beklagten gemäß §§ 1167, 1144 BGB die Abgabe der Berichtigungsbewilligung verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Nach § 1144 BGB kann der Grundstückseigentümer vonm Gläubiger Zug um Zug gegen Befriedigung die zur Berichtigung des Grund­buchs erforderlichen Urkunden verlangen. Dazu zählt auch die nach Grundbuchrecht erforderliche Bewilligung. Sofern der Grundstückseigentümer oder der persönliche Schuldner den Gläu­biger bereits befriedigt hat, gewährt § 1144 BGB das Recht, auf Aushändigung der dort bezeichneten Urkunden zu klagen (Eichmann im Münchener Kommentar zum BGB, § 1144 Anm. 30; Staudinger­Scherübl, BGB, 12. Auflage, § 1144 Anm. 17).</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte durfte die von ihr geschuldete Bewilligung der Grundbuchberichtigung gemäß § 273 Abs. 1 BGB verweigern.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Sie hatte aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem ihre Verpflichtung beruhte, einen Anspruch <em>gegen </em>den Kläger auf Er­stattung der Kosten der Berichtigungsbewilligung nach § 897 BGB, der mit Erbringung ihrer eigenen Leistung entstanden wäre.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts gegenüber dem Anspruch aus § 1144 BGB war auch nicht ausgeschlossen. Grundsätzlich kann sich zwar der Hypothekengläubiger gegenüber dem Anspruch aus § 1144 BGB nicht wegen anderer als der durch die Hypothek ge­sicherten Forderungen auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen (BGHZ 71, 19 ff, 22 f; Soergel-Baur, BGB, 11. Auflage, § 1144 Anm. 4; Erman-Räfle, BGB, 7. Auflage, § 1144 2umn. 3). Die Vor­schrift des § 1144 BGB soll dem Grundstückseigentümer ein un­eingeschränktes Recht auf Aushändigung der bezeichneten Urkunden gewähren, weil die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes tatsächlich bewirken würde, daß der Gläubiger sonst wegen an­derer persönlicher Ansprüche durch die Hypothek gesichert wäre. Zu den durch ein Zurückbehaltungsrecht nicht sicherungsfähigen Ansprüchen zählen jedoch nicht die Ansprüche wegen der Bewilli­gungskosten. Diese Kosten stehen im unmittelbaren und notwendi­gen Zusammenhang mit der Bewilligung der Grundbuchberichtigung. Sie sind gemäß § 897 BGB, wenn nichts anderes vereinbart ist, von demjenigen zu tragen, der die Berichtigung verlangt. Es ist daher sachgerecht, wenn der Hypothekengläubiger die Abgabe der Berichtigungsbewilligung bis zur Erstattung der damit verbun­denen Kosten verweigern kann. Das grundsätzlich uneingeschränkte Recht auf Aushändigung der in § 1144 BGB genannten Urkunden wird insoweit durch die besondere Vorschrift des § 897 BGB einge­schränkt.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, die Grundbuchberich­tigung zu beantragen. Zu einem solchen Antrag wäre sie zwar nach Grundbuchrecht berechtigt gewesen. Es fehlt aber eine Rechts­vorschrift, nach der sie einen solchen Antrag hätte stellen müs­sen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: Die Summe der gerichtlichen und außergerichtli­chen Kosten des Rechtsstreits erster Instanz.</p>
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315,754 | lg-essen-1983-03-17-16-o-4483 | {
"id": 809,
"name": "Landgericht Essen",
"slug": "lg-essen",
"city": 417,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 16 O 44/83 | "1983-03-17T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:10" | "2019-03-27T09:42:18" | Urteil | ECLI:DE:LGE:1983:0317.16O44.83.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat die 16. Zivilkammer des Landgerichts Essen </p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 1983</p>
<p>durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. O.</p>
<p>den Richter am Landgericht C. </p>
<p>und die Richterin am Landgericht W.</p>
<p>für R e c h t erkannt:</p>
<p></p>
<p>Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin</p>
<p></p>
<p>1. 229,32 DM (i. W• zweihundertneunundzwanzig 32/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit 11. April 1982 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>2. ein weiteres Schmerzensgeld von l.000,-- DM</p>
<p>(i. W. eintausend Deutsche Mark) zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 2/3 und die Beklag-ten zu 1/3 zu tragen.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.300,--DM abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor in glei-cher Höhe Sicherheit leistet, die Klägerin ist wegen der Kostenvoll-</p>
<p>streckung der Beklagten bei Sicherheitsleistung in Höhe von 500,-- DM in gleicher Weise befugt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin, die Eigentümerin des Pkw Renault R 5 mit dem amtlichen Kennzeichen: war, hatte ihr Fahrzeug am 29.06.81 auf dem Parkstreifen der dort 5,40 m breiten Fischerstraße in Gelsenkirchen-Horst etwa 10 m nördlicher der Einmündung Rothemannstraße geparkt. Als sie nach Beendigung ihres Dienstes in der ärztlichen Praxis Dr. Q. nach Hause fahren wollte, stieß ihr Fahrzeug kurz nach dem Anfahren mit dem entgegenkommenden Pkw BMW des Beklagten zu 1) mit dem amtlichen Kennzeichen zusammen, der bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist. Das Fahrzeug der Klägerin drehte sich infolge des Unfalls um die eigene Achse und stand nachher in der Fahrtrichtung des Beklagten zu 1). Der Klägerin entstand bei dem Unfall unstreitig Sachschaden in Höhe von 1.375,91 DM. Hierauf hat die Beklagte zu 2) nach Klageerhebung 458,64 DM (1/3) gezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin, die erst seit dem 25.04.81 in Besitz einer Fahrerlaubnis ist und zum Unfallzeitpunkt keinen Sicherheitsgurt angelegt hatte, wurde bei dem Unfall verletzt. Sie erlitt eine ausgedehnte skalpierende Stirnplatzwunde, beginnend in der Schläfe und durch die Augenbraue bis über die Nasenwurzel hinauslaufend. Wegen der weiteren Schnittverletzungen im einzelnen, die sämtlich Stirn und Augenoberlid der Klägerin be-treffen, wird auf den vorgetragenen Inhalt des Arztberichtes von Dr. K. vom 22.05.82 (Bl. 6 und 7 d. Gerichtsakten) verwiesen. Die Klägerin befand sich mehrere Wochen in stationärer und operativer Behandlung. Sie war bis zum 03.08.81 erwerbsunfähig. Während die Schnittwunden zwischenzeitlich verheilt sind, ist es im obersten Abschnitt des Wundgebietes zu Keloidbildungen gekommen, so daß eine chirurgische Narbenkorrektur zur Verbesserung des kosmetischen Ergebnisses angezeigt ist.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zur Ausgleichung des von der Klägerin begehrten Ersatzes des immateriellen Schadens hat die Beklagte zu 2) im Laufe des Rechtsstreits 2.000,--DM gezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin behauptet, sie sei im spitzen Winkel vom Parkstreifen nach links auf die Fahrbahn gefahren, um die Fahrt geradeaus fortzusetzen; dabei sei sie nicht über die Fahrbahnmitte hinausgeraten. Der Wagen des Beklagten zu<b> </b>1) sei mit überhöhter Geschwindigkeit entgegengekommen, der Beklagte zu 1) habe dann spontan gebremst, sein Wagen sei über die Fahrbahnmitte hinausgeraten und habe dort das Fahrzeug der Klägerin erfaßt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in Höhe von 485,64 DM und 2.000,-- DM für erledigt erklärt haben, beantragt die Klägerin,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:85px">1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 1.375,91 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11.04.82 abzüglich 458,64 DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:85px">2. ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen, abzüglich 2.000,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Klage abzuweisen, soweit sie nicht für erledigt erklärt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Sie machen geltend, die Klägerin sei beim Verlassen des Parkstreifens über die Fahrbahnmitte hinausgeraten, der Zusammenstoß habe sich auf der Fahrbahnhälfte des Beklagten zu 1), die dieser nicht verlassen habe, ereignet, der Beklagte zu 1) sei auch nicht schneller als 50 km/h gefahren.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und ihrer Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen I. und Q. Das Gesicht der Klägerin ist in Augenschein genommen worden. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Wegen des Inhalts der Aussagen und des Ergebnisses der Augenscheinseinnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 17.03.83 (Bl. 31—39 der Gerichtsakten) Bezug genommen. Die Strafakte 17 Ds 32 Js 11O7/81) Staatsanwaltschaft Essen (Amtsgericht Gelsenkirchen-Buer) war Gegenstand des Beweises der mündlichen Verhandlung. Auf ihren Inhalt wird verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u>:</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Klageantrag zu 1) ist in Höhe des erkannten Betrages begründet.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin kann die Beklagten gemäß der §§ 7, 17 StVG, 3 Pflichtversicherungsgesetz in Höhe der Hälfte des ihr entstandenen Schadens in Anspruch nehmen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Beide Parteien haben den Unfall verschuldet.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Zwar kann nicht festgestellt werden, welches der beteiligten Fahrzeuge über die Fahrbahnmitte hinausgeraten ist. Der Zeuge Q. konnte keine Angaben dazu machen, ob der Beklagte zu 1) die gedachte Mittellinie überfahren hat. Die Aussage der Zeugin I.,sie meine, daß sich die beiden linken Räder des BMW bereits auf der Fahrbahnhälfte der Klägerin befunden hätten, reicht für eine diesbezügliche Feststellung nicht aus. Die Fahrbahnmitte ist nicht mit einer Mittellinie markiert, die Beurteilung, ob die Mitte überschritten wurde, ist mithin besonders schwer. Demgemäß hat die Zeugin auch nur bekundet, daß dies ihr Eindruck gewesen sei, als feststehend hat sie es nicht dargestellt. Da die Zeugin auch in dem polizeilichen Anhörungsbogen hierzu nichts geschildert hat, reicht ihre Aussage mehr als 1 1/2 Jahre nach dem Unfall in diesem Punkt zur Überzeugungsbildung des Gerichts nicht aus.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Desgleichen kann nicht festgestellt werden, daß die Klägerin beim Anfahren aus der Parklücke die gedachte Mittellinie der Fahrbahn überschritten hat. Der Zeuge Q.hat das Fahrzeug der Klägerin vor dem Unfall nicht wahrgenommen. Die Zeugin I. hat zwar bei ihrer polizeilichen Anhörung 4 Tage nach dem Unfall erklärt, der Wagen der Klägerin sei zu weit vom Parkplatz ausgeschert; sie hat dies im Termin zur mündlichen Verhandlung auf einen entsprechenden Vorhalt des Prozeßbevollmächtjgten der Beklagten mit einer Handbewegung verdeutlicht, die ein Überschreiten der Fahrbahn der Klägerin anzeigen könnte. Bei ihrer zusammenhängenden Unfallschilderung zu Beginn ihrer Aussage hat die Zeugin aber bekundet, die Klägerin sei ganz spitzwinklig vom Parkstreifen abgefahren, ihr Wagen sei bereits eingeordnet gewesen und habe sich auch schon geradeausbewegt, als sich der Wagen des Beklagten zu 1) genähert habe. Da auch die polizeiliche Unfallskizze keinen eindeutigen Schluß zuläßt, kann nicht festgestellt werden, daß ein Überschreiten der Fahrbahnmitte durch die Klägerin unfallursächlich geworden ist.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Dagegen hat die Beweisaufnahme ergeben, daß der Beklagte zu 1) unter Verstoß gegen § 3 Abs. 3 und § 2 Abs. 2 StVO mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren ist und sich dabei auch nicht soweit rechts wie möglich gehalten hat. Er hat damit zur Verursachung des Unfalls nicht unerheblich beigetragen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Zeugin I. und der Zeuge Q. schätzen die von ihm gefahrene Geschwindigkeit unabhängig voneinander nahezu übereinstimmend auf 70—80 km/h bzw. 80 km/h. Zwar ist einzuräumen, daß die Geschwindigkeit vorbeifahrender Fahrzeuge ohne technische Hilfsmittel von Passanten nur schwer zu schätzen ist und solchen Passanten, die nicht selbst im Besitz einer Fahrerlaubnis sind, häufig die Erfahrungswerte für eine Schätzung fehlen werden.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Vorliegend wird aber die nahezu übereinstimmende Beurteilung der Zeugen dadurch gestützt, daß sie, wie sie übereinstimmend bekundet haben, ein lautes Fahrgeräusch vom BMW wahrgenommen haben, wodurch der Zeuge Q. auf den Wagen überhaupt aufmerksam geworden ist. Desgleichen steht nach den glaubhaften Bekundungen der Zeugen I. und Q. fest, daß der Beklagte zu 2) nicht so weit rechts gefahren ist, wie es möglich gewesen und angesichts der nur 5,40 m breiten Straße auch erforderlich gewesen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Auch die Klägerin trifft an dem Unfall ein Verschulden. Wer von einem Parkstreifen auf die Fahrbahn einfahren will, hat sich dabei so zu verhalten, daß eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist, § 10 StVO. Die Klägerin mußte sicherstellen, daß auch entgegenkommende Fahrzeuge nicht gefährdet würden, dazu hätte sie den entgegenkommenden Wagen des Beklagten zu 1) erforderlichenfalls passieren lassen müssen, bevor sie mit dem Ausscheren begann.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Das Maß der beiderseitigen Verursachung wiegt in etwa gleich schwer, so daß das Gericht eine Schadensteilung auf hälftiger Grundlage für gerechtfertigt erachtet. Der Beklagte zu 1), der im Strafverfahren selbst eingeräumt hat, die Klägerin aus einer Entfernung von etwa 50 m gesehen zu haben, hätte sein Fahrzeug früher abbremsen müssen, um einen Zusammenstoß zu vermeiden; demgegenüber war die Klägerin beim Anfahren vom Parkstreifen zu besonderer Vorsicht verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Von dem unstreitig in Höhe von 1.375,91 DM entstandenen materiellen Schaden haben die Beklagten somit 687,95 DM zu tragen. Abzüglich des Betrages von 458,64 DM, um den die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ergab sich der auf den Klageantrag zu 1) erkannte Betrag von 229,32 DM, den die Beklagten gemäß der §§ 288 I, 284 I BGB mit 4 % zu verzinsen haben.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Schmerzensgeldanspruch der Klägerin ist gem. § 847 BGB in Höhe von weiteren 1.000,-- DM begründet.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die zum Unfallzeitpunkt 18 Jahre alte Klägerin ist bei dem Unfall erheblich verletzt worden, so daß sie mehrere Wochen stationär — auch operativ — behandelt werden mußte und 7 Wochen arbeitsunfähig war. Wie die Augenscheinseinnahme ergeben hat, sind die Narben im Gesicht der Klägerin im Bereich der Stirn und der linken Augenbraue noch deutlich sichtbar. Sie bedeuten eine fühlbare Beeinträchtigung ihrer körperlichen Integrität und lassen ihren Wunsch nach operativer Behandlung verständlich erscheinen, selbst wenn die Klägerin bei der von ihr derzeit gewählten Haartracht einen Teil der Narben bedeckt hält. Unter weiterer Berücksichtigung der Einbuße an Lebensfreude und der Heftigkeit der Schmerzen hält das Gericht einen Schmerzensgeldbetrag von 8.000,-- DM für angemessen, der jedoch wegen des mitwirkenden Verschuldens der Klägerin zu mindern ist, § 254 BGB. Dabei war zu berücksichtigen, daß die Verletzungen der Klagerin, die unstreitig unter Zuwiderhandlung gegen § 21 a StVO die Sicherheitsgurte nicht angelegt hatte, dem typischen Verlauf nach dadurch entstanden sind, daß sie mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe geriet. Dies ergibt sich auch aus dem von der Klägerin eingereichten Arztbericht des Dr.K. vom 22.05.82. Insoweit hält das Gericht einen Abzug von 25 % für gerechtfertigt. Von den verbleibenden 6.000,-- DM ist die Hälfte wegen des bereits erörterten Mitverschuldens der Klägerin bei dem Zustandekommen des Unfalls abzuziehen, so daß sich abzüglich des übereinstimmend für erledigt erklärten Betrages von 2.000,-- DM eine noch zu zahlende Summe von </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">1.000,-- DM ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Ziff. 11, 711 ZPO.</p>
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315,755 | lg-bonn-1983-03-17-5-t-3583 | {
"id": 804,
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"city": 394,
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} | 5 T 35/83 | "1983-03-17T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:11" | "2019-03-27T09:42:18" | Beschluss | ECLI:DE:LGBN:1983:0317.5T35.83.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1.)</p>
<p>Die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes vom 25. Januar 1983 wird aufgehoben.</p>
<p>2.)</p>
<p>Das Grundbuchamt wird angewiesen, die beantragte Löschung nicht aus den Gründen der Zwischenverfügung zu versagen.</p>
<p>3.)</p>
<p>Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.</p>
<p>4.)</p>
<p>Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">G r ü n d e :</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><strong>I.</strong></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdeführer haben mit Schreiben vom 24. Januar 1983 unter Vorlage einer Löschungsbewilligung des C die Löschung der zu Lasten der betroffenen Grundstücke unter lfd. Nr. 2 in Abteilung 2 des Grundbuchs eingetragenen Grundschuld beantragt. Dieser Löschungsantrag ist durch den Ortsbürgermeister der Gemeinde T, einer in Rheinland Pfalz gelegenen Verbandsgemeinde, beglaubigt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Durch Verfügung vom 25. Januar 1983 hat die zuständige Rechtspflegerin die Beschwerdeführer gebeten, den Antrag in einer durch einen Notar beglaubigten Form vorzulegen. Eine Fristbestimmung enthält diese Verfügung nicht. Durch Schreiben vom 11. Februar 1983 hat der Beschwerdeführer zu 1.) für beide Antragsteller "Beschwerde" eingelegt und sich auf das Gesetz für die Beglaubigungsbefugnis vom 21. Juli 1978 des Landes Rheinland Pfalz und darauf berufen, daß er in der Gemeinde T Grundbesitz habe.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die zuständige Rechtspflegerin und der Abteilungsrichter haben der Erinnerung nicht abgeholfen. Die Rechtspflegerin hat in ihrer Entscheidung ausgeführt, die Beglaubigung reiche zur Löschung der Grundschuld nicht aus, weil die Beschwerdeführer nicht in der Gemeinde T wohnen bzw. dort ihren ständigen Aufenthaltsort haben.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"><strong>II.</strong></p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die als "Beschwerde" bezeichnete Eingabe des Beschwerdeführers zu 1.) ist als Erinnerung beider beteiligten Antragsteller gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes vom 25. Januar 1983 anzusehen. Es ist davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer zu 1.) auch für seine Ehefrau die Erinnerung einlegen wollte.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die seit Vorliegen der Nichtabhilfeentscheidungen des Amtsgerichts gemäß § 11 Abs. 2 Rechtspflegergesetz nunmehr als Beschwerde anzusehende Erinnerung ist gemäß § 71 Abs. 1 GBO zulässig und auch begründet.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Verfügung war bereits deswegen aufzuheben, weil sie in der Sache eine Zwischenverfügung gemäß § 18 GBO darstellt, ohne deren Formanforderungen zu genügen. Es fehlt an dem gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO zwingend vorgesehenen Erfordernis der Fristsetzung.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Aber auch in der Sache ist die Verfügung zu Unrecht erfolgt, weil die vorliegende Beglaubigung der Unterschrift beider Beschwerdeführer zur Löschung der Grundschuld ausreicht. Dies ergibt sich aus §§ 129 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 39 ff, 63 Beurkundungsgesetz und dem Landesgesetz für die Beglaubigungsbefugnis des Landes Rheinland Pfalz, Gesetz und Verordnungsblatt für das Land Rheinland Pfalz 1978, Seite 597.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Bei Vorliegen einer auf § 63 Beurkundungsgesetz beruhenden einschlägigen landesrechtlichen Bestimmung für die Zuständigkeit bei öffentlichen Beglaubigungen sind neben den in § 129 Abs. 1 BGB erwähnten Notaren auch die in dem Landesgesetz aufgeführten Stellen in den gesetzlich vorgesehenen Fällen zur öffentlichen Beglaubigung befugt. Dies ist daraus herzuleiten, daß die Verfahrensweise der öffentlichen Beglaubigung im einzelnen im Beurkundungsgesetz geregelt ist (§§ 39, 40 Beurkundungsgesetz) und das Beurkundungsgesetz in § 63 die Möglichkeit anderweitiger Zuständigkeitsverteilung durch die Länder vorgesehen hat. Entsprechend wird in der Literatur zum Teil ausdrücklich auf die Möglichkeit der anderweitigen Zuständigkeit im Falle des § 129 BGB hingewiesen (z. B, Jansen, FGG, 2. Aufl., Band III, § 63 Beurkundungsgesetz Anm. 1 und 2, Staudinger- Dilches, BGB, 12. Aufl., § 129 Anm. 9) und im übrigen in der Kommentierung zu § 129 Abs. 1 BGB regelmäßig ausgeführt, daß "grundsätzlich" der Notar zuständig sei und sich die Einzelheiten aus dem Beurkundungsgesetz ergeben (z. B, RGRK-Krüger- Nieland, BGB, 12. Aufl., § 129 Anm. 3; Soergel-Hefermehl, BGB, 11. Aufl., § 129 Anm. 5, der ausdrücklich andere Zuständigkeiten erwähnt; Palandt-Heinrichs, BGB, 42. Aufl., § 129 Anm. 2; anders anscheinend Münchener Kommentar Förschler, BGB, § 129 Anm. 7 und 8; unerwähnt bei Erman-Brox, BGB, 7. Aufl. § 129 Anm. 3).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Löschung der Grundschuld steht nicht entgegen, daß keiner der Antragsteller in der Gemeinde T seinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthaltsort hat. Die Regelung des § 4 in dem vorerwähnten Landesgesetz, wonach nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung eine Beglaubigung erfolgen "soll", stellt sich als Ordnungsvorschrift dar, deren möglicher Verstoß der Wirksamkeit der im übrigen ordnungsgemäß erfolgten Beglaubigung nicht entgegensteht.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die auf rheinland pfälzischem Landesrecht beruhende öffentliche Beglaubigung ist auch nicht etwa nur zur Vorlage in Rheinland Pfalz geeignet. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, daß öffentliche Beglaubigungen, die gemäß § 63 Beurkundungsgesetz auf landesrechtlichen Regelungen beruhen, im ganzen Bundesgebiet den gesetzlichen Anforderungen an eine öffentliche Beglaubigung genügen. Der Gesetzeswortlaut des Beurkundungsgesetzes gibt für eine Einschränkung der Verwendungsmöglichkeit der auf diese Weise erlangten öffentlichen Beglaubigung nichts her. Auch dem vorrangigen Sinn der gesetzlichen Regelung, nämlich in erster Linie den Ländern die Möglichkeit zu geben, überkommene Zuständigkeiten aufrechtzuerhalten (vgl. Jansen a.a.O. Anm. 3 mit Nachweisen) entspricht es, die Verwendbarkeit der auf diese Weise öffentlich beglaubigten Urkunden nicht auf die Landesgrenzen zu beschränken.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, weil an der Angelegenheit nicht "mehrere Personen" im Sinne des § 13 a Abs. 1 FGG beteiligt sind.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Gerichtsgebührenfreiheit beruht auf § 131 Abs. 1 Satz 1 KostO.</p>
|
315,756 | lg-essen-1983-03-16-1-s-5783 | {
"id": 809,
"name": "Landgericht Essen",
"slug": "lg-essen",
"city": 417,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 1 S 57/83 | "1983-03-16T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:12" | "2019-03-27T09:42:18" | Urteil | ECLI:DE:LGE:1983:0316.1S57.83.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Essen</p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 16. März 1983 </p>
<p>durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. H.,</p>
<p>den Richter am Landgericht Dr. N. und den Richter </p>
<p>am Landgericht X. für R e c h t erkannt:</p>
<p></p>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23. Dezember 1982 verkündete Urteil des Amtsgerichts Essen - 10 C 698/82 - abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Absatz 1 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:161px"><u>Entscheidungsgründe</u>:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Grundsätzlich ist anerkannt, daß der Unfallgeschädigte von dem Unfallschädiger auch den Schaden nach § 823 Absatz 1 BGB ersetzt verlangen kann, der ihm aufgrund der Inanspruchnahme seiner Kaskoversicherung in Form des Verlustes des Schadensfreiheitsrabatts entsteht. Denn dieser Schaden gehört - anders als bei der Haftpflichtversicherung - zu dem aus der Verletzung des Eigentums des Unfallgeschädigten resultierenden Sachfolgeschadens (BGH VersR 1976, 1066,(1067); LG Gießen, DAR 1975, 268; Geigel- Schlegelmilch, Haftpflichtprozeß, 18. Auflage, Kapitel 13, Rdn. 74; Jagusch, Straßenverkehrsrecht, 26. Auflage, § 12 StVG, Rdn.29; Klimke, Versicherungsrecht 1977, 134 (135); Weyert, Versicherungsrecht 1968, 133 (134))</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB wird allerdings die Berechtigung der Inanspruchnahme der Kaskoversicherung dann zu prüfen sein, wenn der Schädiqer dem Geschädigten voll haftet (vgl. BGH Versicherungsrecht 1976, 1066 (1067); Geigel-Schlegelmilch, a. a. 0.; Klimke a. a. 0.). Hierbei ist anerkannt, daß dem Geschädigten ein Verstoß gegen seine Schadensminderungspflicht jedenfalls nicht vorzuwerfen ist, wenn der Schädiger bzw. seine Versicherung den Schaden nicht unverzüglich reguliert. Davon ist aber im vorliegenden Fall nicht auszugehen. Vielmehr hat der Kläger seine Kaskoversicherung nur deshalb in Anspruch genommen, weil durch die besondere Gestaltung seines Versicherungsvertrages er mehr ersetzt erhielt, als ihm aufgrund der haftungsrechtlichen Bestimmungen gegenüber der Haftpflichtversicherung zustand. Dadurch hat er dann den Verlust des Schadensfreiheitsrabattes bewirkt. Dies kann aber nicht dem Schädiger angelastet werden, der auch nicht durch die Inanspruchnahme günstiger gestellt wird. Denn nach § 67 VVG geht der Anspruch des Geschädigten auf seine Kaskoversicherung über, die von dem Schädiqer, da dieser insoweit voll haftet, zumindest den Wiederheschaffungswert zurückverlangen könnte. Dazu käme dann noch der Rabattverlust, ohne daß der Schädiger zu einer solchen Verfahrensweise Anlaß gegeben hätte. Deshalb kann in diesem Fall der Geschädigte, hier der Kläger, von der gegnerischen Haftpflichtversicherung den Schadensfreiheitsrabattverlust in der Kaskoversicherung nicht ersetzt verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.</p>
|
315,757 | olgham-1983-03-14-15-w-2083 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
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"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 15 W 20/83 | "1983-03-14T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:14" | "2019-03-27T09:42:17" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1983:0314.15W20.83.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p>Der Beteiligte zu 2) hat dem Beteiligten zu 3) die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu erstatten.</p>
<p>Der Gegenstandswert der sofortigen ersten - insoweit in Abänderung des angefochtenen Beschlusses - und der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf je 5.000,- DM festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><b>1)</b></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 3) ist am 27. April 1933 als ... und Kind des Landwirts ... und der ... geb. ... geboren worden.
Seine Geburt ist in dem Geburtseintrag Nr. 21/1933 des Standesamts ... (jetzt ...) beurkundet.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Witwe ... geb. ... in ... und der Beteiligte zu 3) haben mit notarieller Verhandlung vom 28. August 1980
(Urkundenrolle Nr. 666/1980 des Notars ... in ... beim Vormundschaftsgericht Wenden gemäß § 1768
Abs. 1 BGB beantragt, die Annahme des volljährigen Beteiligten zu 3) durch die Witwe ... auszusprechen. In
der Verhandlung, an der auch die Ehefrau des Beteiligten zu 3) teilgenommen hat, heißt es, daß Frau ...
beabsichtige, ihrem Adoptivsohn den in ... gelegenen Hof, dessen Hoferbin sie sei, zu übertragen. Die Urkunde
enthält sodann den Satz:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"><i>"Mit Zustimmung aller Erschienenen führt Herr ... den Namen ...."</i></p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Ausdrücklich ist in der Verhandlung gegenüber dem Vormundschaftsgericht nur der Antrag formuliert,
die Annahme Herrn ... als Kind der Frau ... auszusprechen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der beurkundende Notar hat diesen Annahmeantrag nebst anderen Unterlagen mit Begleitschreiben vom 23. Dezember
1980 beim Vormundschaftsgericht Menden eingereicht. Nach Anhörung des Jugendamts der Stadt Menden hat das
Vormundschaftsgericht mit Beschluß vom 11. Februar 1981 - wirksam seit dem 13. Februar 1981 - die Annahme
des Beteiligten zu 3), der als ... bezeichnet wird, durch Frau ... ausgesprochen (6 XVI 84). Eine zusätzliche
Aussage über die Familiennamensführung des Beteiligten zu 3) enthält dieser Beschluß nicht.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 1) hat in der Folgezeit die Auffassung vertreten, daß die in den Annahmeanträgen
gewählte Namensführung unzulässig sei, und am 27. Februar 1981 einen Randvermerk im Geburtsregister
eingetragen, wonach der Beteiligte zu 3) nunmehr den Geburtsnamen ... führe. Mit einer Antragsschrift zum
Amtsgericht Arnsberg vom 14. Januar 1982 hatte der Beteiligte zu 3) die Änderung dieser Beischreibung dahin
begehrt, daß der Name ..., hilfsweise ... laute (11 III 5/82 AG Arnsberg), diesen Antrag jedoch mit Schriftsatz
vom 27. August 1982 ... zurückgenommen, nachdem eine andere Entwicklung eingetreten war.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Inzwischen hatte der Beteiligte zu 3) nämlich mit Schriftsatz vom 5. Mai 1982 beim Amtsgericht Menden beantragt,
gemäß § 1757 Abs. 2 BGB die Änderung des Namens in ... zu beschließen. Das Amtsgericht Menden
hatte daraufhin mit seiner rechtskräftigen Entscheidung vom 24. Juli 1982 den die Annahme aussprechenden
Beschluß dieses Gerichts vom 11. Februar 1981 dahin ergänzt, daß der Angenommene künftig den
Familiennamen "Stratmann-Holte" führt.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><b>2)</b></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Unter Einschaltung des Beteiligten zu 2) hat der Beteiligte zu 1) im vorliegenden Verfahren am 16. September 1982
gemäß § 45 Abs. 2 PStG um gerichtliche Entscheidung gebeten, ob der Inhalt des Ergänzungsbeschlusses
des Amtsgerichts Menden vom 24. Juli 1982 als Randvermerk zum Geburtseintrag des Beteiligten zu 3) beigeschrieben
werden könne. Er hat hieran Zweifel, weil er meint, die in dem Antrag auf Annahme als Kind vom 28. August 1980
vorgesehene Doppelnamensführung des Angenommenen könne nicht als Antrag im Sinne von § 1757 Abs. 2
BGB gewertet werden. Mit dem Annahmebeschluß vom 11. Februar 1981 habe das Vormundschaftsgericht den Namen
des Beteiligten zu 3) konstitutiv und für jedes Gericht bindend festgelegt. Der Gesetzeswortlaut "mit
dem Ausspruch der Annahme" schließe in Verbindung mit § 56 e Satz 3 FGG eine nachträgliche,
d.h. außerhalb des Annahmedekrets vollziehbare Namensänderung des Angenommenen aus. Die vom Angenommenen
gewünschte Namensänderung könne nur auf öffentlich-rechtlichem Wege erreicht werden.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Durch Beschluß vom 23. November 1982 hat das Amtsgericht Arnsberg verfügt, daß dem Geburtseintrag
des Beteiligten zu 3) folgender Randvermerk beizuschreiben sei:</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><i>"Auf Anordnung des Amtsgerichts Arnsberg vom 23. November 1982 - 11 III 73/82 - wird der Randvermerk
vom 27. Februar 1981 dahin berichtigt, daß das Kind nunmehr den Familiennamen ... führt."</i></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 10. Dezember 1982 ist durch Beschluß
des Landgerichts vom 20. Dezember 1982 zurückgewiesen worden.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 2) mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde vom 29. Dezember 1982.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das Rechtsmittel der Aufsichtsbehörde ist form- und fristgerecht eingelegt und auch sonst zulässig
(§§ 48 Abs. 1, 45 Abs. 2 Satz 2, 49 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 FStG, 22 Abs. 1, 27, 29 FGG). Sachlich bleibt
es indessen ohne Erfolg, weil die angefochtene Beschwerdeentscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes
beruht (§§ 48 Abs. 1 PStG, 27 FGG).</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><b>1)</b></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Nach § 45 Abs. 2 PStG kann der Standesbeamte "in Zeifelsfällen" von sich aus die Entscheidung
des Amtsgerichts darüber herbeiführen, ob eine Amtshandlung vorzunehmen ist. Für das weitere Verfahren
gilt dies als Ablehnung der Amtshandlung, ein Fall, in dem nach Absatz 1 derselben Vorschrift den Beteiligten und der
Aufsichtsbehörde gleichfalls das Recht zur Anrufung des Amtsgerichts eingeräumt ist.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Falle hat der Standesbeamte in ... das Amtsgericht zur Entscheidung darüber angerufen, ob auf
Grund des erwähnten Ergänzungsbeschlusses vom 24. Juli 1982 dessen Inhalt als Randvermerk zum Geburtseintrag
des Beteiligten zu 3) beigeschrieben werden kann. Er hat damit die Ablehnung einer Amtshandlung im Sinne des § 45
Abs. 2 PStG zum Ausdruck gebracht. Zu dieser Ablehnung war er aber nicht berechtigt, weil seine Zweifel unbegründet
sind.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><b>2)</b></p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 PStG hat der Standesbeamte einen Randvermerk im Geburtenbuch (§ 21 PStG)
einzutragen, wenn der Name des Kindes geändert wird. Eine solche Namensänderung ist durch den Beschluß
des Vormundschaftsgerichts Wenden vom 24. Juli 1982 auf der Grundlage des § 1757 Abs. 2 BGB vorgenommen worden.
Eine Nichtigkeit dieses Beschlusses, die ausnahmsweise seine Bindungswirkung beseitigt und ein Prüfungsrecht
des Standesbeamten eröffnet, ist nicht feststellbar. Die Voraussetzungen, unter denen das BayObLG (StAZ 1980,
65 = BayObLGZ 1979, 346) die Nichtigkeit eines Ergänzungsbeschlusses festgestellt hat, der auf Grund eines
<u>nach</u> dem Wirksamwerden des Annahmebeschlusses gestellten Antrags ergangen war, liegen hier nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Mit dem BayObLG (a.a.O.; vgl. auch Senatsbeschluß vom 21. Mai 1979 - 15 W 74/79; von Bar, StAZ 1980, 67)
ist davon auszugehen, daß das Vormundschaftsgericht durch den Annahmebeschluß den Namen des Adoptivkindes
nach § 1757 Abs. 2 BGB konstitutiv und bindend für jedes Gericht festlegt. Eine solche Bindung tritt
demgemäß auch für jedes andere Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit und damit für die
Gerichte des gegenwärtigen Rechtszuges ein. Die Bindung entfällt nur dann, wenn der die Namensfrage
regelnde Beschluß nichtig ist (Keidel/Kuntze/Winkler, FG, 11. Aufl., Rz. 13 a zu § 1 FGG). Das
Vormundschaftsgericht bestätigt unter der Herrschaft des Dekretsystems nicht mehr lediglich einen
Adoptionsvertrag der Beteiligten, sondern spricht die Annahme als Kind selbst aus. Teil des Annahmebeschlusses
ist die Festlegung des Namens für das Adoptivkind nach Antrag, wie § 1757 Abs. 2 BGB deutlich zu
erkennen gibt. Denn nach dieser Vorschrift kann das Vormundschaftsgericht nur <u>mit dem Ausspruch der Annahme</u>
dem neuen Familiennamen, den das Adoptivkind gemäß § 1757 Abs. 1 Satz 1 BGB kraft Gesetzes vom
Annehmenden erhält, den bisherigen Familiennamen hinzufügen. Damit ist gesetzlich festgelegt, daß
über einen Antrag auf Namensänderung nur im Zusammenhang mit dem Ausspruch der Annahme entschieden
werden kann (KG, OLGZ 1978, 135 = StAZ 1978, 182). Im Zusammenwirken mit § 56 e Satz 3 Halbsatz 2 FGG,
wonach das Gericht den Beschluß über die Annahme als Kind nicht ändern kann, ergibt sich, daß
eine nachträgliche Namensgebung durch das Vormundschaftsgericht unzulässig ist. Denn sie würde eine
inhaltliche Abweichung vom Annahmebeschluß bedeuten und damit entgegen § 56 e Satz 3 Halbsatz 2 FGG
seine Änderung bewirken (von Bar, a.a.O.). Soweit das OLG Köln (StAZ 1982, 278) die Bindungswirkung
des Annahmebeschlusses nicht zugleich auf die mit ihm geregelte Namensführung des Kindes erstreckt, weil
es die Namensbestimmung als keinen deranwesentlichen Bestandteil des Annahmeverhältnisses beurteilt, daß
der Ausspruch über die Kindesannahme und die Namensgestaltung nur durch einen einheitlichen Beschluß
vorgenommen werden könnte, kann dieser Ansicht nicht zugestimmt werden. Denn das Gesetz weist in § 1757
Abs. 2 BGB die Namensregelung dem Inhalt des Annahmebeschlusses zu, die "mit dem Ausspruch der Annahme"
geschehen soll. Eine vergleichbare gesetzliche Regelung ist in § 1355 Abs. 2 BGB enthalten, wonach die
Ehegatten "bei der Eheschließung" durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten zum
Ehenamen den Geburtsnamen des Mannes oder der Frau bestimmen können, und bei unterbliebener Bestimmung
der Geburtsname des Mannes Ehename wird. Dieses Wahlrecht für den Ehenamen ist an den Zeitpunkt der
Eheschließung gebunden. Eine Erklärung erst nach Vollzug der Eheschließung ist nach anerkannter
Auffassung nicht mehr zulässig (vgl. z.B. Münch-Komm-Wacke, Rz. 11 zu § 1355 BGB; Palandt/Diederichsen,
BGB, 42. Aufl., Anm. 2 c bb zu § 1355 BGB; Soergel/Hermann Lange, BGB, 11. Aufl., Rz. 12 zu § 1355 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen kann vorliegend die fehlende Verbindlichkeit des
Ergänzungsbeschlusses vom 24. Juli 1982 nicht festgestellt werden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob
tatsächlich die Nichtigkeitsfolge eintritt, wie sie das BayObLG (a.a.O.) bei einem Ergänzungsbeschluß
angenommen hat, der auf einen erst nach Wirksamwerden des Annahmebeschlusses gestellten Namensantrag gemäß
§ 1757 Abs. 2 BGB ergangen war. Gegen ein derart weitgehendes Urteil in diesem Falle werden gewichtige Bedenken
angemeldet (von Bar, a.a.O.). Die Nichtigkeitsfolge hat das BayObLG angenommen, weil es allgemein an einer
gesetzlichen Ermächtigung für eine solche nachträgliche ergänzende Gestaltung des
Annahmebeschlusses fehle; ein derartiger Ergänzungsbeschluß könne daher den Standesbeamten
nicht binden. Dem wird entgegengehalten (von Bar, a.a.O.; vgl. auch KKW, Rz. 40 ff. zu § 7 FGG), daß
es bei der Nichtigkeitsfolge nicht darauf ankomme, ob die Entscheidung in concreto einer gesetzlichen Grundlage
entbehre - das sei bei jeder rechtswidrigen Entscheidung so -, sondern darauf, ob der Vormundschaftsrichter
etwas verfügt habe, was völlig außerhalb der ihm vom Gesetzgeber zugewiesenen Kompetenzen liege.
Eine falsche Auslegung der Worte "mit dem Ausspruch der Annahme" in § 1757 Abs. 2 BGB und
"ändern" in § 56 e FGG erscheine nicht zwingend als offenkundig falsche Kompetenzanmaßung
mit Nichtigkeitsfolge, sondern deute eher auf eine schlichte unrichtige Rechtsanwendung. Einer Stellungnahme des
Senats zu diesem Streitpunkt bedarf es nicht, weil vorliegend der Antrag des § 1757 Abs. 2 BGB nicht erst
<u>nach</u> Wirksamwerden des Annahmebeschlusses gestellt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Mit einer verbreiteten Meinung (OLG Düsseldorf, DAVorm. 1983, 87; AG Kaiserslautern, StAZ 1983, 17; AG
Köln, StAZ 1982, 178; Bassenge/Herbst, FGG, 3. Aufl., Anm. 1 c zu § 56 e FGG; KKW, Hz. 27 zu § 56 e
FGG; dahingestellt von BayObLG, a.a.O.), der der Senat zustimmt, ist es als zulässig anzusehen, die auf Antrag
vorzunehmende Bestimmung nach § 1757 Abs. 2 BGB, die im Annahmebeschluß trotz rechtzeitigen Antrags
fehlerhafterweise unterblieben ist, in einem späteren Beschluß nachzuholen, wobei die Namenswirkungen erst
ab Wirksamwerden des späteren Beschlusses eintreten und der Ausspruch der Annahme hiervon unberührt bleibt.
Eine derart fortwirkende Entscheidungszuständigkeit des Vormundschaftsgerichts ist eröffnet, weil es im
Annahmebeschluß über den ihm zugefallenen Teil des Verfahrensgegenstandes keinen Ausspruch getroffen,
diesen Verfahrensantrag also nicht beschieden hat. Wenn dergestalt eine Entscheidung über den Antrag auf
Namensbeifügung noch nicht vorliegt, ist der Annahmebeschluß in diesem Punkte in entsprechender Anwendung
des § 321 ZPO zu ergänzen (OLG Düsseldorf, a.a.O. mit Nachweisen).</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Ein Verfahrensantrag gemäß § 1757 Abs. 2 BGB (KKW, Rz. 3 zu § 12 FGG) ist in der notariellen
Verhandlung vom 28. August 1980 über die Annahmeanträge gestellt worden. Zu diesem auch von der Vorinstanz
vertretenen Ergebnis gelangt der Senat auf Grund der ihm als Rechtsbeschwerdegericht zustehenden Befugnis,
verfahrensrechtliche Erklärungen der Beteiligten, die (wie die Anträge) verfahrensgestaltende Wirkung
haben, uneingeschränkt nachprüfen und auslegen zu können (Jansen, FGG, 2. Aufl., Rz. 22 zu §
27 FGG; KKW, Rz. 49 zu § 27 FGG). Der in der Annahmeverhandlung enthaltene Satz, daß der Beteiligte zu
3) mit Zustimmung aller Erschienenen den Namen ... führe, bringt hinreichend deutlich den von der Zustimmung
des Beteiligten zu 3) getragenen Willen der Annehmenden zum Ausdruck, dem neuen Familiennamen des Adoptivsohnes
den bisherigen Familiennamen beizufügen. Mögen die Beteiligten vielleicht sogar irrtümlich davon
ausgegangen sein, daß ein eigenständiges Recht für die Wahl des Doppelnamens wie nach altem
Rechtsvorstand (vgl. § 1758 Abs. 4 BGB) gegeben sei, so mußte das Adoptionsgericht diesen
geäußerten Willen doch als Begehren für eine Regelung auffassen, die nach neuem Recht allein
dem Gericht obliegt. Unter den gegebenen Umständen hatte es einen vorliegenden Antrag als Voraussetzung
für sein Tätigwerden in einer Antragssache gemäß § 1757 Abs. 2 BGB (Verfahrensantrag)
anzunehmen (KKW, Rz. 9 zu § 12 FGG). Auf den ihm zugefallenen Verfahrensantrag hätte es der Antragstellerin
Gelegenheit geben müssen, die nach seiner Meinung bestehenden Mängel des Antrags zu beseitigen und einen
sachentsprechenden Antrag zu stellen (KKW, Rz. 13 zu § 12 FGG). Hierzu gehörten auch Mängel des vom
Verfahrensantrag unterscheidbaren Sachantrags, nämlich über die Sache in einem bestimmten Sinne zu
entscheiden. Angesprochen ist hiermit die immer noch umstrittene Frage, ob das Wort "hinzufügen"
in § 1757 Abs. 2 Satz 1 BGB sowohl voran- als auch nachstellen oder aber nur nachstellen bedeuten kann (vgl.
dazu: LG Regensburg, StAZ 1978, 247; von Bar, StAZ 1979, 318; Fachausschuß Bundesverband der Standesbeamten,
StAZ 1978, 191; Münch-Komm-Lüderitz, Ergänzung zu § 1757 BGB Rz. 9; Palandt/Diederichsen,
Anm. 2 zu § 1757 BGB; Soergel/Roth-Stielow, BGB, 11. Aufl., Rz. 16 zu § 1757 BGB). Einer Sachentscheidung
zu dieser Streitfrage bedurfte es im Ergänzungsbeschluß des Vormundschaftsgerichts vom 24. Juli 1982
schließlich nicht mehr, nachdem die Annehmende ihren Sachantrag dahin geändert hatte, daß der
bisherige Familienname des Angenommenen, wie es jedenfalls zulässig ist, nachgestellt werde. Da der
Annahmebeschluß hier keinerlei Andeutung über einen gestellten Antrag auf Namensbeifügung
enthält, konnte aus dem Umstand, daß die Namensbeifügung nicht ausgesprochen worden ist, als
Hindernis für einen späteren Ergänzungsbeschluß nicht geschlossen werden, daß überhaupt
eine Entscheidung über den Antrag im Annahmebeschluß getroffen werden sollte (OLG Düsseldorf, a.a.O.).
Die unterbliebene Erwähnung des § 1757 BGB im Annahmebeschluß (im Gegensatz zu den zitierten
§§ 1767, 1768, 1770 BGB) ist im Gegenteil ein deutlicher Hinweis dafür, daß dieser Antrag
übergangen worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 3) führt mithin auf Grund des Ergänzungsbeschlusses vom 24. Juli 1982 den
Familiennamen ... Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2) ergeben sich daraus keine Schwierigkeiten
für die Ehenamensführung. Die Ehefrau des Beteiligten zu 3) hat in der notariellen Verhandlung vom
28. August 1980 ausdrücklich sowohl der Namensänderung ihres Ehegatten als auch dem Hinzufügen
seines bisherigen Familiennamens zugestimmt. Ist aber der Angenommene verheiratet und ist sein ursprünglicher
Geburtsname - wie hier - Ehename geworden, so ändert sich der Ehename (mit Wirkung für die Ehefrau;
für die Kinder vgl. §§ 1757 Abs. 1 Satz 4, 1617 Abs. 1-4 BGB) nur, wenn der Ehegatte gerade hierin
einwilligt (§ 1757 Abs. 1 Satz 3 i.V. mit § 1749 Abs. 2 BGB). Diese Einwilligung, die neben dem neuen
Familiennamen des Ehemannes selbstverständlich als das Weniger auch die Hinzufügung des bisherigen
Familien- und Ehenamens umfaßt, liegt hier vor. Der vom Amtsgericht gewählte Inhalt des Randvermerks
ist mit der Verwendung des Begriffes "Familienname" nicht zu beanstanden. Auch unterliegt die
ausgesprochene Anweisung zur Berichtigung des bisherigen Randvermerks keinen rechtlichen Bedenken.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">e)</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der Senat war befugt, die §§ 1757 Abs. 2 Satz 1 BGB, 56 e Satz 3 Halbsatz 2 FGG in der geschehenen Weise
auszulegen, ohne gemäß § 28 Abs. 2 FGG zur Vorlage der weiteren Beschwerde an den Bundesgerichtshof
verpflichtet zu sein. Er weicht in der entscheidungserheblichen Rechtsfrage, daß dem bereits mit dem Annahmeantrag
gestellten und im Annahmebeschluß nicht beschiedenen Antrag auf Namensbestimmung gemäß § 1757
Abs. 2 BGB später noch in einem Ergänzungsbeschluß stattgegeben werden könne, von keinem anderen
Oberlandesgericht ab. Die Entscheidung des BayObLG vom 12. Oktober 1979 (a.a.O.) befaßt sich nur mit der Frage,
ob dem <u>nach</u> Wirksamwerden des Annahmebeschlusses gestellten Antrag die Unanfechtbarkeit dieses Beschlusses
entgegensteht. In der Entscheidung des BayObLG vom 1. Dezember 1978 (StAZ 1979, 121) wird der vom Senat geteilte
Standpunkt vertreten, daß der vormundschaftsgerichtliche Beschluß über den Namen des Kindes - mag
er richtig sein oder nicht - den Standesbeamten bindet. Der Entscheidung des OLG Köln vom 18. Dezember 1981
(StAZ 1982, 278), die die Bindungswirkung des Annahmebeschlusses nicht auf die Festlegung des Vor- und/der
Familiennamens des Kindes erstrecken läßt, weil sie die Namensbestimmung entgegen dem Wortlaut des
§ 1757 Abs. 2 BGB nicht als Inhaltsbestandteil des Annahmebeschlusses ansieht, kann der Senat zwar nicht
zustimmen. Aber auch dieser oberlandesgerichtliche Beschluß betrifft nicht die hier entschiedene Frage, ob
der schon vor Wirksamwerden des Annahmedekrets aus § 1757 Abs. 2 BGB gestellte und im Dekret nicht beschiedene
Antrag nachträglich noch vom Vormundschaftsgericht bearbeitet werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks"><b>3)</b></p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die sofortige weitere Beschwerde ist unter diesen Umständen zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Der Ausspruch des Senats über die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens folgt aus
§ 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG. Nach dieser Vorschrift sind einem Beteiligten die außergerichtlichen Kosten
aufzuerlegen, wenn er sie durch ein unbegründetes Rechtsmittel <u>oder</u> durch grobes Verschulden veranlaßt
hat. Außer im Falle groben Verschuldens ordnet das Gesetz demnach bei unberündetem Rechtsmittel die
Auferlegung der Kosten zwingend an. Für diesen Kostenausspruch kommt es allein auf die Erfolglosigkeit des
Rechtsmittels an; keinesfalls braucht das Rechtsmittel offensichtlich unbegründet zu sein (Jansen, Rz. 12 und
14 zu § 13 a FGG; KKW, Rz. 33 zu § 13 a FGG). Sowohl die sofortige weitere als auch die sofortige erste
Beschwerde des Beteiligten zu 2) sind erfolglos geblieben, so daß allein diese Ergebnisse der Rechtsmittelverfahren
die Kostenentscheidungen der beiden Rechtsmittelgerichte auf der Grundlage des § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG
rechtfertigen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Wertfestsetzung für die Rechtsbeschwerdeinstanz beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 3, 2 KostO.
Mangels hinreichender tatsächlicher Anhaltspunkte für einen niedrigeren oder höheren Wert, die
besonderer Darlegung bedürften, legt der Senat den Ausgangswert des § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO zugrunde.
Der ohne Begründung vom Landgericht für seine Instanz niedriger angenommene Wert ist gemäß
§ 31 Abs. 1 Satz 2 KostO von Amts wegen zu ändern.</p>
|
315,758 | olgk-1983-03-03-5-u-20182 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 U 201/82 | "1983-03-03T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:15" | "2019-03-27T09:42:17" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1983:0303.5U201.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin und unter Zurück­weisung der Berufung im übrigen wird das am 21. Juli 1982 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Land­gerichts Köln - 24 0 110/82 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Es wird festgestellt, daß das Versicherungsver­hältnis zwischen den Parteien (Krankenhaustage-</p>
<p></p>
<p>geld und Krankenhauskostenversicherung, Versicherungs­schein-Nr. 205 7305 xxx.x vom 9.1.1981) mit Wirkung vom 9.11.1981 fortbesteht und durch die Rücktritts­erklärung der Beklagten vom 1.12.1981 nicht aufge­hoben worden ist.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 45/100, die Beklagte 55/100.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs.1 ZPO abgesehen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung ist bezüg­lich des Feststellungsantrages weitgehend begründet, im übrigen unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Versicherungsverhältnis der Parteien (Behandlungskosten-und Krankenhaustagegeldversicherung) besteht mit Wirkung vom 9.11.1981 fort. Die Klägerin hat gemäß § 256 ZPO ein recht­liches Interesse an der Feststellung dieses Rechtsverhältnis­ses; der Urteilsausspruch stellt ein sich streitwertmäßig ­nicht auswirkendes "Minus" zu ihrem ursprünglichen Antrag dar.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist zunächst von dem am 16.12.1980/9.1.1981 geschlossenen Versicherungsvertrag mit Schreiben vom 28.10. 1981 wirksam zurückgetreten, weil die Klägerin im Antrag vom 16.12.1980 gefahrerhebliche Umstände - ständige ärztliche Behandlung mit regelmäßiger Medikamenteneinnahme wegen einer Schilddrüsenerkrankung - verschwiegen hat. Es handelt  sich bezüglich dieser Krankheit um einen gefahrerhöhenden erheb­lichen Umstand im Sinne von § 16 VVG, und zwar nach § 16 Abs. 1 Satz 3 VVG allein deshalb, weil die Beklagte im For­mularantrag ausdrücklich nach allen Krankheiten und Beschwerden, die in den letzten fünf Jahren bestanden haben, gefragt hat. Die Klägerin bestreitet nicht, daß sie an der Schilddrüsenerkrankung (jedenfalls an einem "Kropf") gelitten hat und dies nicht in den Antrag aufgenommen worden ist. Sie beruft Sich lediglich darauf, der Versicherungsvertreter der Beklag­ten, I., habe ihr gesagt, sie brauche diese Krankheit nicht anzugeben. Da die Kenntnis des Vermittlungsagenten I. gemäß § 44 VVG der Beklagten nicht zuzurechnen ist, kann diese Behauptung nur insoweit erheblich sein, als, ihre Rich­tigkeit unterstellt, mangelndes Verschulden der Klägerin im Sinne von § 16 Abs. 2 VVG in Betracht kommt. Die Klägerin, die für mangelndes Verschulden beweispflichtig ist, hat indes keinen Beweis für eine solche Auskunft des Agenten I. angetreten. Die unter Beweis gestellte Tatsache, der Zeuge C. , ein anderer Vertreter der Beklagten, habe mit Rück­sicht auf den sichtbaren "Kropf" die Aufnahme des Antrags ab­gelehnt, beweist nicht, daß der Zeuge I. der Klägerin gesagt hat, sie brauche die Krankheit nicht anzugeben. Selbst wenn er dies getan hätte, wäre die Klägerin nicht entschuldigt, weil der Zeuge C. ihr das Gegenteil erklärt hatte und sie dies in dem eindeutig formulierten Antragsformular be­stätigt gefunden hat. Unter diesen Umständen durfte sie einer unrichtigen Auskunft des Zeugen I. nicht ver­trauen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist auch rechtzeitig binnen der in § 20 VVG ge­nannten Monatsfrist ab Kenntnisnahme von dem verschwiegenen Umstand zurückgetreten. Die Beklagte hat von der Schilddrüsenerkrankung der Klägerin durch Schreiben des M. vom 10.10.1981, eingegangen bei der Beklagten am 12.10.1981, erfahren. Die Rücktrittserklärung vom 28.10.1981 ist also rechtzeitig erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Nach Auflösung des Vertrages durch den Rücktritt vom 28.10. 1981 haben die Parteien jedoch die Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses vereinbart. In dem Rücktrittsschreiben vom 28.10.1981 hat die Beklagte der Klägerin ein unter Bezug­nahme auf ein mündliches Angebot ihres Mitarbeiters I. dahingehendes Angebot unterbreitet, welches die Klägerin mit Erklärung vom 6.11.1981, der Beklagten zugegangen am 9.1101981, angenommen hat. Die Erklärung der Beklagten vom 28.10.1981 ist trotz des scheinbar anders lautenden Wortlauts Fortführung des Vertrags dahin auszulegen, daß das Versicherungsverhältnis mit Wirkung ex nunc (9.11.1981) zu unveränderten Bedingungen zu­standekommen sollte, unter Einschluß des Schilddrüsenleidens, aber ohne daß die Beklagte für die Erkrankung vom 24.7. -18.8.1981 die (hier eingeklagte) Versicherungsleistung erbringen sollte.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Denn beide Parteien vertreten die Vereinbarung vom 6./9.11.1981 übereinstimmend dahin, daß die Beklagte für den Klinikaufenthalt in X. keine Leistungen erbringen sollte, das Versicherungsverhältnis aber fortzuführen sei. Bezüglich der Klägerin ergibt sich dies aus dem Klagevorbringen, mit dem vorgetragen ist, das Angebot der Beklagten habe dahin gelautet, der Vertrag solle in unverändertem Zustand fortlaufen, wenn die Klägerin auf Leistungen für den Klinikaufenthalt verzichte. Was die Beklagte angeht, so sprechen Interessenlage und ihr Verhalten dafür, daß sie die Vereinbarung ebenfalls so gewollt hat: Wenn sie für die Zeit vor dem 9.11.1981 hätte Leistungen erbringen wollen, hätte es eines Rücktritts nicht bedurft, andererseits waren für die Zukunft wegen der erfolgreichen Strumaoperation keine weiteren Schilddrüsenerkrankungen zu erwarten, die Fort­setzung des Versicherungsverhältnisses also unbedenklich. Das von beiden Parteien übereinstimmend gewollte Ergebnis ließ sich nach erfolgtem Rücktritt durch eine Neubegründung des Versicherungsverhältnisses zu den bisher geltenden Bedingungen erreichen. Als solche ist die Vereinbarung der Parteien vom</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">6./9.11.1981 aufzufassen, ein vom gemeinsam Gewollten abweichender Wortlaut ( "falsa demonnstratio" ) steht dem nicht entgegen (Palandt, BGB, 41. Auflage, § 155 Anm. 2 b).</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Leistungen wegen des Krankenhausaufenthaltes in X. standen nach dem Rücktritt der Beklagten vom 28.10.1981 der Klägerin nicht zu (§ 20 VVG), den Kausalitätsgegenbeweis nach § 21 VVG kann die Klägerin angesichts des engen medizinischen Zusammenhangs zwischen Schilddrüsenleiden und Strumaoperation mit Sicherheit nicht führen. Diese Feststellung kann der Senat aufgrund eigener Sachkunde aus zahlreichen ähnlich gelagerten Fällen treffen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Nach alledem ist das Versicherungsverhältnis der Parteien mit Wirkung vom 9.11.1981 fortgesetzt worden und ist der von der Klägerin geltend gemachte Zahlungsanspruch unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der abermalige Rücktritt der Beklagten vom 1.12.1981 war nicht berechtigt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat im Schreiben vom 1.12.1981 die Rücktritts­erklärung darauf gestützt, daß die Klägerin, wie sie im Schreiben vom 6.11.1981 mitgeteilt habe, seit 1976 an Gallensteinen leide. Sicherlich ist auch das Vorhandensein von Gallensteinen ein gefahrerheblicher Umstand im Sinne von § 16 VVG, welcher der Anzeigepflicht unterliegt. Objektiv liegt, weil die Klägerin im Antragsformular keine Gallensteine erwähnt hat, eine Verletzung der Anzeigepflicht vor. Nach § 16 Abs. 2 VVG ist jedoch der Rücktritt ausgeschlossen, wenn die Anzeige ohne Verschulden des Versicherungsnehmers unterblieben ist. Im zu entscheidenden Falle hat die Klägerin unwidersprochen vorgetragen, daß sie wegen der Gallensteine niemals Beschwerden gehabt habe und nie ärztlich behandelt worden sei. Wenn ihr bei irgendeiner Gelegenheit vier Jahre vor Antragstellung einmal mitgeteilt worden ist, sie habe Gallensteine und wenn sie  deswegen nie Beschwerden hatte, konnte sie als medizinischer Laie der Meinung sein, es lägen keine Krankheiten bzw. Beschwerden vor, die der Beklagten anzugeben seien. Es erscheint überdies glaubhaft, daß die Klägerin, wie von ihr vorgetragen, im Augenblick der Antragstellung <em>gar </em>nicht an die Gallensteine, die ihr keine Beschwerden bereiteten, gedacht hat.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Versagung von Vollstreckungsschutz beruhen auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Streitwert <em>für </em>das Berufungsverfahren:              8.623,80 DM</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Wert der Beschwer der Klägerin:              3.960,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Wert der Beschwer der Beklagten:              4.663,80 DM</p>
|
315,759 | olgham-1983-02-21-15-w-8782 | {
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"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 15 W 87/82 | "1983-02-21T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:16" | "2019-03-27T09:42:17" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1983:0221.15W87.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.</p>
<p>Auf die - erste - Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) vom 26. Januar 1981 wird der Beschluß des Amtsgerichts - Rechtspflegers - vom 19. Januar 1981 aufgehoben. Das Amtsgericht wird angewiesen, die Befreiung des persönlich haftenden Gesellschafters ... und des Prokuristen ... von den Beschränkungen des § 181 BGB antragsgemäß in das Handelsregister einzutragen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Durch Urkunde vom 4. Juni 1980 haben die Beteiligten zu 1) und 2) sowie der zum 31.12.1980 aus der Gesellschaft ... ausgeschiedene weitere Komplementär ... zum Handelsregister des Amtsgerichts ... Abteilung Nr. ..., unter anderem angemeldet, daß - mit Wirkung ab 1. Januar 1981 - der nunmehrige alleinige persönlich haftende Gesellschafter, der Beteiligte zu 1), und der Prokurist (zugleich Kommanditist) ..., der Beteiligte zu 2), von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit seien.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Notar ..., der u.a. die Unterschriften der drei Genannten beglaubigt hat, hat die gesamte Anmeldung am 20. Dezember 1980 beim Registergericht zum Vollzug eingereicht.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Registergericht - Rechtspfleger - hat die übrigen angemeldeten Veränderungen im Handelsregister eingetragen, jedoch durch Beschluß vom 19. Januar 1981 die beantragte Eintragung der Befreiung des Komplementärs und des Prokuristen von den Beschränkungen nach § 181 BGB abgelehnt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der hiergegen durch den Notar eingelegten Erinnerung naben der Rechtspfleger und der Richter des Amtsgerichts nicht abgeholen. Das mit der Vorlage als Beschwerde geltende Rechtsmittel ist durch Beschluß des Landgerichts vom 10. Februar 1982 als unbegründet zurückgewiesen worden.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die vom Notar unter dem 17. Februar 1982 eingelegte weitere Beschwerde.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><b>1.)</b></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die weiters Beschwerde ist formgerecht eingelegt worden und auch sonst zulässig nach §§ 27, 29 FGG. Als Beschwerdeführer sind die Beteiligten zu 1) und 2) anzusehen. Da der Notar nämlich bei Einlegung des Rechtsmittels nicht ausdrücklich erklärt hat, in wessen Namen er handele, ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, daß er die weitere Beschwerde namens aller Beschwerdeberechtigten eingelegt hat (Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 11. Aufl. - künftig: KKW -, § 129 FGG Rdnr. 6; Jansen, FGG, 2. Aufl., § 129 Rdnr. 10). Das Beschwerderecht steht in Handelsregistersachen den Anmeldeberechtigten bzw. Anmeldeverpflichteten zu (Jansen, § 128 FGG, Rdnr. 33). Anmeldeberechtigte sind im vorliegenden Fall, der - wie noch zu zeigen sein wird - eine Änderung in der Vertretungsmacht des Komplementärs wie auch des Prokuristen betrifft, gemäß §§ 161 Abs. 2, 125 Abs. 4, 49-53 HGB sämtliche Gesellschafter der KG, also hier seit dem 1.1.1981 nur noch der Beteiligte zu 1) und der Beteiligte zu 2) in seiner Eigenschaft als einziger Kommanditist.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><b>2.)</b></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, weil die angefochtene Beschwerdeentscheidung und gleichermaßen der Beschluß des Registergerichts vom 19.1.1981 auf einer Verletzung des Gesetzes beruhen, § 27 FGG. Die Befreiung des persönlich haftenden Gesellschafters und des Prokuristen von den Beschränkungen des § 181 BGB ist - entgegen der Rechtsauffassung der Vorinstanzen - als eine eintragungsfähige Tatsache anzusehen und daher im vorliegenden Falle antragsgemäß in das Handelsregister einzutragen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Von einer nach §§ 19, 20 FGG zulässigen Erstbeschwerde ist das Landgericht - ohne diese Voraussetzung zu erörtern - zutreffend ausgegangen. Als Beschwerdeführer waren auch bei diesem Rechtsmittel, wie bei der weiteren Beschwerde, die Beteiligten zu 1) und 2) anzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Soweit es sich um die Befreiung eines <u>Prokuristen</u> von den Beschränkungen des § 181 DGB handele, ist dem Beschwerdegericht zuzugeben, daß die Eintragungsfähigkeit dieser Tatsache im Gesetz - HGB - nicht ausdrücklich normiere, ist. Mag daraus auch gefolgert werden können, daß eine Eintragungspflicht mangels ausdrücklicher Vorschrift nicht besteht, so läßt sich doch damit allein die Eintragungsfähigkeit noch nicht ausschließen (vgl. dazu Kirstein, Rpfleger 1964, 82, der in seiner Anmerkung zur dort abgedruckten Entscheidung des OLG Karlsruhe, S. 81/82, zutreffend, hervorhebt, daß das HGB beispielsweise in den §§ 3 Abs. 2, 25 Abs. 2, 174 und 175 die Eintragung bestimmter Tatsachen erlaubt, aber nicht vorschreibt). Der Senat folgt vielmehr der eingehend und überzeugend begründeten Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (Beschluß vom 14.7.1980, veröffentlicht in BayObLGZ 1980, 195 = Rpfleger 1980, 428 = GmbH-Rdsch 1981, 14), daß die einem Prokuristen in dieser Eigenschaft erteilte allgemeine Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) auf gehörige Anmeldung hin in das Handelsregister einzutragen sei.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Diese Rechtsauffassung, deren tragende Gründe an dieser Stelle nur in knapper Zusammenfassung wiederholt werden sollen, geht zunächst von dem allgemein anerkannten Grundsatz aus, daß nur diejenigen Eintragungen in das Handeisregister zulässig sind, die das Gesetz entweder ausdrücklich anordnet oder wenigstens zuläßt. Sie berücksichtigt sodann, daß das Gesetz auch ohne besondere Anordnung erkennbar die Prokura so eingetragen wissen will, wie sie erteilt wurde, also mit einer rechtlich zulässigen Beschränkung oder Erweiterung. Dies ergibt sich bereits daraus, daß in § 50 Abs. 3 HGB die Beschränkung der Prokura auf den Betrieb einer von mehreren Niederlassungen für zulässig erklärt, gleichwohl aber weder in § 53 HGB noch an anderer Stelle ausdrücklich angeordnet ist, daß eine solche Beschränkung der Prokura anzumelden und in das Handelsregister einzutragen ist. Ferner besteht in der obergerichtlichen Rechtsprechung seit langem Einigkeit darüber, daß die Prokura, auch in der Weise erteilt werden kann, daß der Prokurist im Rahmen der Prokurageschäfte an die Mitwirkung einer Persongehunden wird, die dem gesetzlichen Vertretungsorgan der Gesellschaft angehört oder dieses allein repräsentiere. Hierbei handelt es sich nicht um eine Gesamtprokura i.S. des § 48 Abs. 2 HGB, sondern um eine <u>besondere Art</u> der Prokura, die zwar im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt ist, deren Zulässigkeit aber insbesondere aus den §§ 48 Abs. 2 und 50 HGB hergeleitet wird. Obwohl das Gesetz keine ausdrückliche Vorschrift enthält, welche die Anmeldung dieser modifizierten Prokura ausdrücklich anordnet, wird die Zulässigkeit einer solchen Anmeldung und Eintragung bejaht. Schließlich wird - nunmehr nahe zu einhellig - von Rechtsprechung und Schrifttum auch die Eintragung der Befugnis des Prokuristen zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken (§ 49 Abs. 2 HGB) für zulässig erachtet, obwohl das Gesetz auch insoweit keine ausdrückliche Anordnung enthält.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Auch die allgemeine Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens nach § 181 BGB stellt eine Inhaltsänderung der Prokura dar, und zwar eine Erweiterung der Befugnis des Prokuristen. Die Beschränkungen des § 181 BGB sind einer jeden Vertretungsmacht immanent; das Verbot des Selbstkontrahierens gilt also für Vertretungen jeglicher Art, sowohl für gewillkürte als auch für gesetzliche und damit auch für die Prokura, deren Umfang im übrigen in den §§ 49 ff. HGB gesetzlich geregelt ist. Wird nun das Verbot des § 181 BGB durch die allgemeine Gestattung des Selbstkontrahierens beseitigt, so bedeutet dies eine inhaltliche Erweiterung der Vertretungsmacht, und zwar in der Weise, daß der Bevollmächtigte - hier: der Prokurist - für den Vollmachtgeber diejenigen Rechtsgeschäfte, zu denen er im Ranmen der ihm erteilten Vertretungsmacht (Prokura) befugt ist, aufgrund der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB nunmehr auch mit sich selbst im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten wirksam vornehmen kann. Die allgemeine Gestattung des Selbstkontrahierens ist mithin keine besondere Vollmacht neben einer anderen Vollmacht, sondern Teil ihres Inhalts, wenn nicht im konkreten Einzelfalle etwas anderes gewollt ist.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Demnach muß die Eintragung der allgemeinen Befreiung eines Prokuristen von den Beschränkungen des § 181 BGB ebenso wie die anderen, oben erwähnten Erweiterungen bzw. Beschränkungen der Prokura auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung als zulässig erachtet werden.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Mag auch das Verbot des Selbstkontrahierens weder dazu bestimmt noch überhaupt geeignet sein, Gläubiger vor den durch Insichgeschäfte drohenden Nachteilen zu bewahren, so kann die Eintragung der allgemeinen Befreiung von diesem Verbot dem Geschäftspartner und Gläubiger doch zumindest wesentliche Aufschlüsse vermitteln und ihn mittelbar schützen, worauf das Bayerische Oberste Landesgericht. (vgl. Rpfleger 1980, S. 429, letzter Absatz) zutreffend hingewiesen hat (vgl. auch LG Augsburg, Rpfleger 1983, 28).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Falle sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, daß dem Prokuristen etwa eine Sondervollmacht für Insichgeschäfte, die den Rahmen der Prokura sprengen würden, erteilt werden sollte. Vielmehr kann aufgrund der eingereichten Anmeldung davon ausgegangen werden, daß dem Prokuristen ausschließlich in dieser seiner Rechtstellung das Selbstkontrahieren gestattet worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Da sämtliche Gesellschafter der eingangs bezeichneten Gesellschaft die hier erörterte Anmeldung in notariell beglaubigter Form bewirkt haben, womit den Erfordernissen der §§ 161 Abs. 1, 108 Abs. 1 und 12 Abs. 1 HGB genügt ist, und da auch sonst kein Eintragungshindernis zu erkennen ist, waren die Entscheidungen der Vorinstanzen in diesem Punkte aufzuheben und das Amtsgericht anzuweisen, die beantragte Eintragung vorzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Das gleiche gilt für die Befreiung des persönlich haftenden Gesellschafters, des Beteiligten zu 1), vom Verbot des Selbstkontrahierens.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Zu der Rechtsfrage, ob die Befreiung eines Komplementärs bei der Kommanditgesellschaft (oder der offenen Handelsgesellschaft) von den Beschränkungen des § 181 BGB in das Handelsregister eingetragen werden kann oder nicht, ist eine obergerichtliche Entscheidung, soweit ersichtlich, bisher nicht ergangen. Das Landgericht Berlin hat die Frage verneint (Rpfleger 1982, 427), das Landgericht Augsburg hat sie bejaht (Rpfleger 1983, 28). Der Senat hält die letztgenannte Auffassung für zutreffend.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Auszugehen ist davon, daß eine Kommanditgesellschaft gemäß §§ 161 Abs. 2, 170 i.V.m. §§ 125-127 HGB von ihren persönlich haftenden Gesellschaftern vertreten wird, soweit diese nicht durch den Gesellschaftsvertrag von der Vertretung ausgeschlossen sind. Auch diese gesetzliche (organschaftliche) Vertretungsmacht des Komplementärs unterliegt, wie jede andere gesetzliche oder vertragliche, dem Verbot des Selbstkontrahierens. Die Befreiung von dieser Beschränkung erweitert die Vertretungsmacht; sie gehört zu deren Inhalt und ist keine daneben erteilte rechtsgeschäftliche Sondervollmacht. Insoweit besteht kein Unterschied zwischen den vom Bayerischen Obersten Landesgericht überzeugend dargelegten, oben erörterten Rechtsfolgen der Befreiung beim Prokuristen einerseits und beim Komplementär andererseits.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Das Gesetz (HGB) enthält zwar - wie bezüglich der Prokura - keine ausdrückliche Regelung darüber, ob <u>diese</u> Erweiterung der Vertretungsmacht in das Handelsregister einzutragen ist. Immerhin bestimmt es aber in § 125 Abs. 4 HGB, der gemäß § 161 Abs. 2 auch für die Kommanditgesellschaft gilt, unter anderem, daß "jede Änderung in der Vertretungsmacht eines Gesellschafters" zur Eintragung in das Handelsregister von sämtlichen Gesellschaftern anzumelden ist. Mag hierbei auch primär an andere Änderungen, etwa die in § 125 Abs. 2 und 3 geregelten, gedacht sein, so kann es doch keinem Zweifel unterliegen, daß die Befreiung eines Komplementärs vom Verbot des Selbstkontrahierens unter den Begriff "Änderung in seiner Vertretungsrecht" fällt. Daher läßt sich nach Auffassung des Senats die Eintragungsfähigkeit der in Rede stehenden Befreiung eines Komplementärs unmittelbar aus § 125 Abs. 4 HGB herleiten.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Diese Auffassung steht auch im Einklang mit dem allgemein anerkannten Grundsatz, daß das Registerrecht die Eintragung einer der gesetzlichen Regel entsprechenden Vertretungsmacht eines Gesellschafters als überflüssig verbietet und lediglich die Eintragung der zulässigen <u>Ausnahmen</u> von der Regel der Vertretung gestattet (vgl. etwa KGJ 37 A 138 ff., 141; Fischer in GroßKomm. HGB, 3. Aufl., § 125, Rdnr. 28). Die Befreiung eines Vertretungsberechtigten von den Beschränkungen nach § 181 BGB stellt eine derartige Ausnahme von der gesetzlichen Regel dar. Daraus, daß der genannte Grundsatz des nationalen deutschen Registerrechts im Interesse der Koordinierung des Gesellschaftsrechts in den Europäischen Gemeinschaften bei Kapitalgesellschaften nunmehr durchbrochen ist (auch die gesetzliche Regelvertretung muß offengelegt werden, vgl. dazu bezüglich des GmbH-Rechts: EuGH, Rpfleger 1975, 15), ist für die hier erörterte Frage nichts zu entnehmen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Wie beim Prokuristen, so kann auch beim Komplementär die Eintragung der allgemeinen Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens sinnvoll und nützlich für den Handelsverkehr sein, indem sie dem Geschäftspartner und Gläubiger zumindest wesentliche Aufschlüsse vermittelt und ihn mittelbar schützt.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Hinzu kommt, daß die Eintragungen im Handelsregister über die Vertretungsverhältnisse zugleich der <u>Legitimation</u> der Vertreter der Gesellschaft, besonders im Grundbuchverkehr, dienen, § 9 Abs. 3 Satz 2 HGB, §§ 32 und 34 GBO. Der Nachweis der Vertretungsbefugnis kann durch ein Zeugnis des Gerichts über die Eintragung oder durch eine beglaubigte Abschrift des Handelsregisters geführt werden. Ist das Gericht: (das Grundbuchamt) zugleich das Registergericht, so genügt die Bezugnahme auf die Registerakten. (vgl. dazu Fischer, a.a.O., § 125 HGB Rdnr. 31; Schlegelberger-Geßler, HGB, 3. Aufl., § 125 Rdnr. 30). So kann sich beispielsweise ein Komplementär (oder Prokurist), solange seine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB im Handelsregister eingetragen ist, dem Grundbuchamt gegenüber durch das Handelsregister legitimieren, wenn er eine Grunabucheintragung aufgrund eines Insichgeschäfts unter Beteiligung der Gesellschaft beantragt.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Durchgreifende Bedenken gegen die hier vertretene Auffassung vermag der Senat nicht zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Soweit der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 6.10.1960 (NJW 1960, 2285, 2286) ausgeführt hat, die Befreiung vom Verbot des § 181 BGB werde nicht ins Handelsregister eingetragen und nicht öffentlich bekanntgemacht, gibt diese Entscheidung keine Veranlassung für eine Vorlegung der hier zu entscheidenden Sache an den BGH nach § 28 FGG. Abgesehen davon, daß der BGH die Ansicht in seinem späteren Urteil vom 19.4.1971 (NJW 1971, 1355) nicht wiederholt hat, ist sie im Urteil vom 6.10.1960 nur <u>beiläufig</u> und lediglich im Hinblick auf den Geschäftsführer einer <u>GmbH</u> geäußert worden, wogegen im vorliegenden Falle die Rechtslage bei einer Personenhandelsgesellschaft zur Beurteilung stand (vgl. auch BayObLG Rpfleger 1979, 310, 311, zu Ziff. 2 c letzter Absatz).</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 2.10.1963 (Rpfleger 1964, 81), wonach die Befreiung des Geschäftsführers einer GmbH von den Beschränkungen des § 181 BGB nicht in das Handelsregister eingetragen werden kann, begründet ebenfalls schon deswegen keine Vorlagepflicht aus § 28 FGG im vorliegenden Falle, weil sie nicht die Rechtsverhältnisse bei einer Kommanditgesellschaft zum Gegenstande hat. Sie Vermag auch im übrigen nicht zu überzeugen, wie bereits das Baverische Oberste Landesgericht (Rpfleger 1979, 310 ff.) dargelegt hat.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Argumentation mit ungewöhnlichen, als unangemessen angesehenen Folgerungen aus § 15 HGB, die später das LG Berlin (a.a.O.) auch in Bezug auf den Komplementär einer Kommanditgesellschaft angestellt hat, läßt - wie bereits Zirstein (a.a.O.) zutreffend dargelegt hat - den Unterschied zwischen eintragungspflichtigen und lediglich eintragungsfähigen Tatsachen außer acht. Da das Gesetz die Eintragung der allgemeinen Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens an keiner Stelle ausdrücklich anordnet, ist nach Auffassung des Senats zwar die Eintragungsfähigkeit, aber keine Eintragungspflicht für diese Tatsache zu bejahen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Da schließlich auch hinsichtlich der vorstehend erörterten Anmeldung die Erfordernisse nach den §§ 161 Abs. 1, 108 Abs. 1 und 12 Abs. 1 HGB erfüllt und keine sonstigen Eintragungshindernisse ersichtlich sind, mußten die Entscheidungen der Vorinstanzen insoweit gleichfalls aufgehoben und das Registergericht zur Vornahme der beantragten Eintragung angewiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Eine Kostenerstattungsanordnung (nach § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG) und eine Festsetzung des Gegenstandswertes (nach §§ 131 Abs. 2, 30 KostO) waren unter den hier gegebenen Umständen nicht veranlaßt.</p>
|
315,760 | olgk-1983-02-17-5-u-19082 | {
"id": 822,
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"slug": "olgk",
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"jurisdiction": null,
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} | 5 U 190/82 | "1983-02-17T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:18" | "2019-03-27T09:42:17" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1983:0217.5U190.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das am 9. Juni 1982 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 0 576/81 - abgeändert und die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">- Von der Darstellung des TATBESTANDES wird gemäß § 543 Abs.1 ZPO abgesehen. -</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</span></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung ist auch in der Sache selbst begründet.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung des Landgerichts stehen der Klägerin Ansprüche aus dem von ihrem verstorbenen Ehemann im Jahre 1964 abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Eine Bezugsberechtigung der Klägerin aus diesem Vertrag ist nicht gegeben. Im Antrag vom 1.2.1964 hat der verstorbene Ehemann, der damals noch mit einer anderen Frau verheiratet war, unter Ziffer 6 (Begünstigung) angegeben: "Im Todesfall Ehefrau". Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, daß diese Begünstigungsklausel nicht dahin ausgelegt werden kann<sub>,</sub> die jeweilige Ehefrau, d.h. diejenige, mit der der Versicherungsnehmer im Zeitpunkt seines Todes verheiratet ist, sei bezugsberechtigt. Dies gilt auch dann, wenn - wie im Streitfall - die erste Ehe des Versicherungsnehmers inzwischen geschieden worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Benennt ein Versicherungsnehmer in einer Lebensversicherung seinen Ehegatten als Bezugsberechtigten, so ist dessen Bezugsrecht nicht ohne weiteres auflösend bedingt durch die Scheidung der Ehe. Auch § 2077 BGB findet im Fall der Scheidung keine analoge Anwendung (vgl. BGH VersR 1975, 1020; OLG Düsseldorf, VersR 1975, 918; OLG Hamm, VersR 1981, 228; Prölls-Martin<sub>,</sub> VVG, 22.Aufl. Anm.3 zu § 167 m.w.Nachw.).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Entscheidend ist der bei der Festlegung des Bezugsberechtigten vorhandene und der Versicherung gegenüber zum Ausdruck gekommene Wille des Versicherungsnehmers, wobei es keine Rolle spielt, ob der Bezugsberechtigte namentlich benannt oder wie hier lediglich allgemein mit "Ehefrau" umschrieben ist (vgl. BGH aa0.). Unter den gegebenen Umständen ist die Erklärung des Versicherungsnehmers im Antrag vom 1.2.1964 eindeutig dahin auszulegen, daß er nicht die Klägerin, sondern seine damalige Ehefrau als Begünstigte eingesetzt hat. Eine gegenteilige Auslegung hieße dem Willen des Versicherungsnehmers Gewalt antun, der sich in der Regel bei der Festlegung des Bezugsberechtigten überhaupt keine Gedanken über den Fortbestand seiner Ehe macht (vgl. BGH aaO.). Daß hier ausnahmsweise etwas anderes gilt, dafür ist nichts vorgetragen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Es ist schließlich auch ohne Bedeutung, wenn die frühere Ehefrau des Versicherungsnehmers in einem im Zusammenhang mit der Scheidung geschlossenen Vergleich auf Unterhalt, auch auf Notunterhalt<sub>,</sub> und den Ausgleich des Zugewinns verzichtet hat, wie dies vorliegend der Fall ist (vgl. dazu LG Düsseldorf aa0.<sub>,</sub> 919). Daß die frühere Ehefrau darüber hinaus auch auf die Anwartschaft für das Bezugsrecht verzichtet hätte, dafür sind im Streitfall keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Entgegen der in der Berufungserwiderung vertretenen Auffassung kann die Klägerin aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs 79,295 VersR 1981,326 eine für sie günstigere Beurteilung hinsichtlich der Bezugsberechtigung nicht herleiten. Der dortige Sachverhalt ist mit demjenigen im Streitfall nicht vergleichbar. Er weist entscheidungserhebliche Besonderheiten und Unterschiede auf, so daß die dortige Entscheidung nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Es handelte sich in dem vom BGH entschiedenen Fall um eine Lebensversicherung im Rahmen der Alters- und Hinterbliebenenversorgung der selbständigen hauptberuflichen Versicherungsvertreter eines Versicherers. Anders als hier war die Bezugsberechtigung dort unwiderruflich festgelegt, weil sich der Versicherungsnehmer den entsprechenden Bedingungen unterworfen hatte, in denen von vorneherein der Kreis und die Reihenfolge der Bezugsberechtigten bestimmt war (vgl. BGH aaO).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Vorliegend konnte der Versicherungsnehmer hingegen die Bezugsberechtigung nach § 14 Nr.1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) bis zum Eintritt des Versicherungsfalles widerrufen. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind im Antrag vom 1.2.1964 ausdrücklich in Bezug genommen und Vertragsbestandteil geworden. Der Widerruf ist nach § 14 Nr.4 AVB der Gesellschaft gegenüber nur und erst dann wirksam, wenn ihn der bisherige Verfügungsberechtigte dem Vorstand schriftlich angezeigt hat. Weiter ist in § 13 Nr.3 AVB bestimmt, daß Willenserklärungen und Anzeigen gegenüber der Gesellschaft der Schriftform bedürfen und von ihr nur dann als rechtswirksam angesehen zu werden brauchen, wenn sie dem Vorstand der Gesellschaft zugegangen sind. Rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der genannten Regelungen bestehen nicht.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Im Streitfall ist ein schriftlicher Widerruf des Bezugsrechts der früheren Ehefrau des Versicherungsnehmers unstreitig nicht erfolgt. Ebensowenig ist dem Vorstand der Beklagten eine schriftliche Erklärung des Versicherungsnehmers zugegangen des Inhalts, die Klägerin sei nunmehr Bezugsberechtigte aus dem im Jahre 1964 geschlossenen Vertrag.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht hat das Landgericht angenommen, der Versicherungsnehmer habe die Bezugsberechtigung seiner früheren Ehefrau rechtswirksam durch konkludente Erklärung gegenüber dem Versicherungsvertreter T widerrufen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn man einmal den Standpunkt der Berufungserwiderung verfolgt, es sei fraglich, ob der Versicherungsnehmer die in §§ 13 Nr.3, 14 Nr.4 AVB liegende Beschränkung der nach § 43 Nr.2 VVG bestehenden Vertretungsmacht des Versicherungsvertreters gegen sich gelten lassen müsse (vgl. § 47 WG) und auch ein mündlich erklärter Widerruf gegenüber dem Versicherungsvertreter möglich sei, liegt im Streitfall ein rechtswirksam erklärter Widerruf der Bezugsberechtigung der früheren Ehefrau des Versicherungsnehmers nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat einen Widerruf schon nicht schlüssig behauptet. Das Vorbringen in Zusammenhang mit dem Besuch des Versicherungsvertreters T am 26.1.1976 und der Abschluß einer weiteren Lebensversicherung reichen hierfür nicht aus. Die Klägerin trägt selbst vor, daß der Versicherte die damalige Begünstigung der Ehefrau nicht ausdrücklich und wörtlich widerrufen hat. Auch von einem konkludenten Widerruf kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Ein solcher käme überhaupt nur dann in Betracht, wenn der Versicherungsvertreter T bei der Verhandlung im Januar 1976 gewußt hätte, daß der Versicherungsnehmer geschieden und die Klägerin seine zweite Ehefrau war. Davon kann ebenfalls nicht ausgegangen werden. Dem Vorbringen der Beklagten, der Versicherungsvertreter T sei von der Wiederverheiratung nicht unterrichtet gewesen, ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten<sub>,</sub> sondern hat lediglich vorgetragen, dies treffe "in dieser Formulierung" nicht zu. Ein substantiiertes Vorbringen, in welcher Form der Versicherungsvertreter T unterrichtet worden ist, fehlt, geschweige denn ist der Gesprächsverlauf zu diesem Punkt konkret wiedergegeben. Die Klägerin beschränkt sich auf das Vorbringen, die Beteiligten seien als selbstverständlich davon ausgegangen, daß die Klägerin aus beiden Versicherungen im Todesfall des Versicherten berechtigt gewesen sei, also auch aus dem im Jahre 1964 geschlossenen Vertrag. Dieses Vorbringen reicht nicht aus, einen konkludenten Widerruf anzunehmen. Deshalb kommt eine Vernehmung des Zeugen T hierzu nicht in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Läßt sich aber nicht feststellen, daß der Zeuge T von der Wiederverheiratung des Versicherungsnehmers gewußt hat, kann aus dem Umstand, daß eine Erhöhung der Versicherung Gegenstand des Gesprächs am 26.1.1976 gewesen ist, ein konkludenter Widerruf der Bezugsberechtigung der früheren Ehefrau des Versicherungsnehmers nicht hergeleitet werden.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Klage müßte aber auch aus einem weiteren Gesichtspunkt der Erfolg versagt bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Nach § 47 VVG muß der Versicherungsnehmer die durch §§ 13 Nr.3, 14 Nr.4 AVB vorgegebene Beschränkung der Vollmacht des Versicherungsagenten, nämlich daß der Widerruf schriftlich zu erklären sei und dem Vorstand der Beklagten zugehen muß, nur dann gegen sich gelten lassen, wenn er die Beschränkung bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Letzteres ist hier jedenfalls gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt gröblich, in hohem Grade außer Acht läßt. Das ist zu bejahen, wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und das nicht beachtet wird, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten mußte (RGZ 141<sub>,</sub> 131; BGHZ 10, 16). Im Versicherungsantrag ist auf die AVB ausdrücklich Bezug genommen. Es hätte nichts näher gelegen, daß der Versicherungsnehmer, wollte er die Bezugsberechtigung seiner früheren Ehefrau widerrufen, sich zunächst in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen informierte, wie und in welcher Form der Widerruf zu erklären war. Das war auch unschwer möglich, umfassen doch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen im Streitfall nur 4 Seiten. Sie sind somit weder besonders umfangreich noch unübersichtlich. Die Regelung der §§ 13 Nr.3 und 14 Nr.4 AVB ist klar und unmißverständlich gefaßt und in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen unschwer aufzufinden. Der Versicherungsnehmer handelte grob fahrlässig, wenn er sich nicht vor Erklärung des Widerrufs in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen über die einschlägigen Bestimmungen informierte.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Dem Umstand, daß der Versicherungsschein des Vertrages von 1964 nicht bei der früheren Ehefrau, sondern bei der Klägerin lag, kommt unter den vorliegenden Umständen keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. In der Regel verbleibt der Versicherungsschein beim Versicherungsnehmer. Es war nur natürlich, daß sich die Klägerin als Ehefrau des Versicherungsnehmers nach dessen Tod im Besitz des Versicherungsscheins befand.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">5.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr.10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">6.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Anregung der Klägerin, die Revision zuzulassen, ist der Senat nicht gefolgt, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen, §              546 Abs.1 Satz 2 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer der Klägerin:</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">3.500,-- DM.</p>
|
315,761 | olgham-1983-02-02-6-uf-52482 | {
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} | 6 UF 524/82 | "1983-02-02T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:20" | "2019-03-27T09:42:17" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1983:0202.6UF524.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Beklagten gegen das am 16. September 1982 verkündete Teilurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Lemgo wird zurückgewiesen.</p>
<p>Auf die Anschlußberufung der Klägerin wird der Beklagte weiter verurteilt, der Klägerin den am 27. März 1980 gültigen Sozietätsvertrag der Anwaltssozietät ... und ... vorzulegen.</p>
<p>Die Kosten der Berufungsinstanz werden dem Beklagten auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die am 24. Februar 1967 geschlossene Ehe der Parteien ist durch Urteil des Familiengerichts Lemgo vom 31. März 1981 rechtskräftig geschieden worden. Der Scheidungsantrag ist am 27. März 1980 zugestellt worden. Die Klägerin ist Lehrerin, der Beklagte Rechtsanwalt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Klägerin zunächst einen Antrag auf Zahlung von 150.000,- DM Zugewinnausgleich schriftsätzlich angekündigt hatte, hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht zunächst lediglich noch beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zur Erteilung der Auskunft über sein Endvermögen am 27. März 1980 unter Einschluß der auf seinen Sozietätsanteil entfallenden Sachwerte sowie des in den Jahren 1978, 1979 und 1980 (bis 27. März 1980) auf seinen Sozietätsanteil entfallenden Anteils an Umsatz, Kosten und Gewinn zu verurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht hat dem Auskunftsantrag durch das angefochtene Teilurteil vom 16. September 1982 stattgegeben. Es hat den Beklagten insbesondere für verpflichtet erachtet, im Rahmen seiner Auskunftspflicht über das Endvermögen auch über den Wert des Sozietätsanteils an der von ihm und Rechtsanwalt ... betriebenen Anwaltssozietät Auskunft zu erteilen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses am 20. September 1982 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 15. Oktober 1982 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 6. Dezember 1982 an diesem Tage begründet.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist der Meinung, für eine gesonderte Auskunftsklage fehle der Klägerin das Rechtsschutzinteresse, da sie bereits schriftsätzlich einen Zahlungsantrag erhoben und den Sozietätsanteil unter Beweisantritt selbst beziffert habe. Er habe außerdem vollständig Auskunft erteilt. Der Streit über die Wertangaben könne nicht im Auskunftsverfahren geklärt werden. Nach den mit seinem Sozius getroffenen Vereinbarungen habe der Sozietätsanteil jedenfalls zu Lebzeiten des Sozius keinen realen Wert. Wäre er am Stichtag für die Berechnung des Zugewinnausgleichs aus der Praxis ausgeschieden, hätte ihm kein Abfindungsguthaben zugestanden. Folglich falle der Sozietätsanteil nicht in den Zugewinn, so daß auch insoweit eine Auskunftspflicht nicht bestehe. Die Einbeziehung der Mitgliedschaft in einer Anwaltssozietät in den Zugewinnausgleich berühre letztlich die wirtschaftliche Existenzgrundlage des Anwalts und seine anwaltliche Unabhängigkeit. Außerdem stünden die schutzwürdigen Interessen seines Sozius einem Auskunftsbegehren entgegen. Sollte jedoch eine Auskunftspflicht bestehen, mache er ein Zurückbehaltungsrecht geltend, solange die Klägerin ihrerseits nicht vollständig Auskunft erteilt habe.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des Teilurteils die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Im Wege der Anschlußberufung beantragt sie,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, den am 27. März 1980 gültigen Sozietätsvertrag vorzulegen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Den weitergehenden Antrag auf Vorlage einer Fotokopie des Sozietätsvertrages hat die Klägerin zurückgenommen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">die Anschlußberufung der Klägerin zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin weist darauf hin, daß der Sozietätsanteil des Beklagten sehr wohl in den Zugewinnausgleich falle, da sowohl der Mandantenstamm als auch das Praxisinventar einen realen Wert darstellten. Außerdem sei auch der innere Wert des Anteils an der Rechtsanwaltspraxis zu berücksichtigen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig, nachdem der Senat den Wert für die Berufung auf 7.000,- DM festgesetzt hat. Sie ist jedoch sachlich nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat gem. § 1379 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Auskunft über das Endvermögen des Beklagten zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags. Dieser Anspruch besteht auch dann, wenn gleichzeitig eine Leistungsklage angekündigt wird. In der Leistungsklage kann die Klägerin zum Beispiel einen Mindestbetrag geltend machen und eine Klageerweiterung von dem Ergebnis der gleichzeitig beantragten Auskunft abhängig machen. Selbst wenn sie in einer Leistungsklage den nach ihrer Ansicht zutreffenden Wert des Endvermögens schätzt und beziffert, bleibt die Auskunftsklage zulässig, soweit die Klägerin über den genauen Wert des Endvermögens keine Gewissheit hat.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Auskunftsanspruch ist auch noch nicht teilweise erfüllt, da eine geordnete und übersichtliche Zusammenstellung in Form eines Vermögensverzeichnisses (§ 260 Abs. 1 BGB; vgl. BGH in FamRZ 1982, 683 und OLG Hamm in MDR 1979, 1022) bisher nicht übergeben worden ist. Es reicht insbesondere nicht aus, daß der Beklagte in verschiedenen Schriftsätzen verstreut Einzelangaben über den Wert bestimmter Vermögensgegenstände gemacht hat. Insbesondere fehlen Angaben über den Wert des Sozietätsanteils. Dabei geht es nicht nur um einen Streit über die Höhe des Wertes, sondern darum, daß der Beklagte erst einmal Vermögensgegenstände, wie etwa Inventar, Außenstände usw. nennt, die am Stichtag den Wert seines Sozietätsanteils ausmachten. Daß die Unterzeichnung der Steuererklärung für das Jahr 1979 nicht gleichzeitig bedeutet, daß die Klägerin die zum Endvermögen des Beklagten gehörenden Vermögensgegenstände kennen muß, bedarf keiner weiteren Erörterung.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Auffassung des Beklagten, angesichts der vertraglichen Vereinbarungen habe sein Sozietätsanteil am Stichtag für die Berechnung des Endvermögens keinen realen Wert gehabt, teilt der Senat nicht. Der Sozietätsanteil hat ganz sicher für den Fall einen Wert, daß der Beklagte seinen Sozius überlebt. Ob eine Wertminderung deshalb anzunehmen ist, weil bei einem vorzeitigen Ausscheiden des Beklagten ein Abfindungsguthaben angeblich nicht ausgezahlt wird, braucht im vorliegenden Auskunftsverfahren nicht geklärt zu werden.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Neben den beim Stichtag vorhandenen Sachwerten fällt auch der über den reinen Substanzwert hinausgehende innere Wert der Beteiligung, der sogenannte "good will" in den Zugewinnausgleich. Ein solcher innerer Wert ist nicht nur bei Unternehmensbeteillgungen gegeben (BGH FamRZ 1980, 37 ff.) Auch bei einer freiberuflichen Praxis ist es denkbar, daß der Verkehrswert den reinen Substanz- oder Liquidationswert übersteigt, weil der Wert der Praxis im Verkehr höher eingeschätzt wird als es dem reinen Sachwert der zur Praxis gehörenden Vermögensgegenstände entspricht (vgl. BGH in NJW 1973, 98, 100 für eine Rechtsanwaltspraxis; BGH FamRZ 1977, 38 ff. für die Praxis eines Vermessungsingenieurs und OLG Koblenz, FamRZ 1982, 280, 281 für eine Zahnarztpraxis). Zur Berechnung dieses inneren Werts der Sozietätsbeteiligung kann die Klägerin entgegen der Auffassung des Beklagten auch Auskunft über den Anteil des Beklagten in den Jahren 1978 bis zum Stichtag an Umsatz Kosten und Gewinn der Anwaltssozietät verlangen (BGH NJW 1973, 98, 100).</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Inwiefern Rechtsanwälte im Gegensatz zu anderen Bürgern der Auskunftspflicht gem. § 1379 Abs. 1 BGB nicht unterliegen sollten, vermag der Senat nicht zu erkennen. Er vermag ebenso wenig nachzuvollziehen, daß die Erteilung einer Auskunft über seinen Sozietätsanteil den Beklagten in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet oder gar seine anwaltliche Unabhängigkeit berührt.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Anschlußberufung, mit der die Klägerin in Erweiterung ihrer Klage nunmehr auch die Vorlage des Gesellschaftsvertrages begehrt, ist begründet. An sich besteht im Zugewinnausgleichsverfahren im Gegensatz zum Unterhaltsverfahren gem. den §§ 1379, 260 BGB keine Pflicht zur Vorlage von Belegen. Es ist jedoch in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, daß der Ausgleichsberechtigte auch im Zugewinnausgleichsverfahren dann die Vorlage, von Geschäftsunterlagen verlangen kann, wenn er anderenfalls nicht in der Lage ist, den Wert des Endvermögens selbst zu berechnen (BGH FamRZ 1980, 37, 38; OLG Koblenz FamRZ 1982, 279 ff.). Normalerweise gehören hierzu die Unterlagen, aus denen die Ertragslage der Gesellschaft hervorgeht. Wenn aber - wie im vorliegenden Fall - der Ausgleichsberechtigte die Absprachen über die Beteiligung des Beklagten am Gewinn und Verlust der Gesellschaft nicht kennt und außerdem der Ausgleichsverpflichtete hieraus ein Geheimnis macht, in dem er einerseits behauptet, der Gesellschaftsvertrag sei nicht mehr vorhanden, andererseits aber Bruchstücke aus diesem Vertrages zitiert, gehört zur ordnungsgemäßen Unterrichtung der ausgleichsberechtigten Klägerin auch die Vorlage des vollständigen Gesellschaftsvertrages, aus dem sich die Beteiligung des Beklagten ergibt (vgl. das Urteil des erkennenden Senats in MDR. 1979, 1022).</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Interessen des Sozius des Beklagten haben hinter den vorrangigen Belangen der Klägerin zurückzustehen. Im Rahmen einer Beweisaufnahme über den Wert der Gesellschaftsbeteiligung müßten sowohl das Beteiligungsverhältnis wie auch die Ertragslage der Gesellschaft ohnehin offengelegt werden. Es ist daher nicht einzusehen, warum die Klägerin nicht bereits im vorbereitenden Auskunftsverfahren einen Anspruch auf Erteilung der entsprechenden Auskünfte haben soll. Entgegen der Ansicht des Beklagten hat der Bundesgerichtshof (FamRZ 1982, 680, 682) die Offenbarung der Gesellschaftsverhältnisse und die Vorlage von Geschäftsunterlagen nicht nur für gewerbliche Unternehmensbeteiligungen bejaht, bei denen ohnehin eine Pflicht zur Offenlegung ihrer Jahresabschlüsse besteht. Er hat vielmehr festgestellt, daß die Pflicht zur Auskunft und zur Vorlage von Belegen grundsätzlich für jeden Gesellschafter gilt und daß eine Einschränkung für eine GmbH umso weniger gelten könne, als diese bereits kraft Gesetzes zur Offenlegung ihrer Jahresabschlüsse verpflichtet sei.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten besteht nicht. Es kann dahingestellt bleiben, ob man gegen die Pflicht zur Auskunftserteilung überhaupt ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen kann (verneinend: RG 102, 110; BGH in WPM 1969, 591; 1978, 461 ff., 465; OLG Hamm FamRZ 1976, 633; Palandt-Heinrichs, BGB, 42. Aufl., Anm. 5 c zu § 273; bejahend: OLG Stuttgart FamRZ 1982, 282, 283; MünchKommGernhuber, RdNr. 32 zu § 1379). Im vorliegenden Fall hat Jedenfalls die Klägerin in der Klageschrift eine geordnete Zusammenstellung der zu ihrem Endvermögen gehörenden Gegenstände geliefert. Hinsichtlich der noch fehlenden Gegenstände hat sie Ihre Auskunft im Verhandlungstermin vor dem Senat ergänzt. Damit ist die Klägerin Ihrer Auskunftspflicht vollständig nachgekommen, so daß ein Auskunftsanspruch des Beklagten, mit dem er ein Zurückbehaltungsrecht Begründen könnte, nicht mehr besteht, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob er die Richtigkeit der Auskunft der Klägerin überprüfen konnte oder nicht.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 92 Abs. 2, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Rücknahme des Antrags der Klägerin auf Vorlage einer Kopie des Gesellschaftsvertrages hat keine besonderen Kosten verursacht.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat entgegen der Anregung des Beklagten die Revision gemäß den §§ 621 d, 546 Abs. 1, Satz 2, 3 ZPO nicht zugelassen. Für den Senat ist die Pflicht eines Rechtsanwalts, auch über seine Sozietätsbeteiligung im Rahmen des Zugewinnausgleichsverfahrens Auskunft zu erteilen, eine Selbstverständlichkeit und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Das Urteil weicht auch nicht von einer Entscheidung des Bundesgerichtshof ab.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Verkündet am 2. Februar 1983</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Reisdorf, Justizobersekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts</p>
|
315,762 | lg-duisburg-1983-02-02-4-t-37182 | {
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 T 371/82 | "1983-02-02T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:21" | "2019-03-27T09:42:17" | Beschluss | ECLI:DE:LGDU:1983:0202.4T371.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige Beschwerde der Drittschuldnerin gegen den Beschluss</p>
<p> des Amtsgerichts Wesel vom 18.11.1982 wird als unbegründet zurück-</p>
<p> gewiesen.</p>
<p></p>
<p> Das Beschwerdevorbringen gibt zu einer anderen Beurteilung des</p>
<p> Sachverhalts keinen Anlaß.</p>
<p></p>
<p> Die Kosten der Beschwerde hat die Drittschuldnerin zu tragen.</p>
<p></p>
<p> Wert des Beschwerdeverfahrens: 5.201,00 DM.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Gründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Gläubiger hat die Pfändung des Kindesgeldanspruches des Schuldners in Höhe des Zählkindvorteils gegenüber dem Arbeitsamt beantragt. Das Amtsgericht hat die Pfändung in Höhe eines monatlichen Betrages von 52,50 DM für zulässig erklärt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Drittschuldnerin.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die sofortige Beschwerde der Drittschuldnerin ist zulässig, aber unbegründet. Das Amtsgericht hat den pfändbaren Teil der Forderung zutreffend berechnet. Die Kammer verbleibt bei ihrer schon in den Beschlüssen - 4 T 53/81, 4 T 163/81, 4 T 309/81, 4 T 312/82 und 4 T 320/82 - vertretenen Auffassung, daß dem Schuldner so viel zu belassen ist als er zur gleichmäßigen Befriedigung aller gleichrangig berechtigten Gläubiger benötigt (vgl. OLG München NJW 1980, 894 f. mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Auch nach Überprüfung der Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 25.03.1982 - 10/ 8 b RKg 17/80 und 10/8 b RKg 22/80 - sowie der Entscheidung des Bundesgerichtshofes in DER Rechtspfleger 1981, 347, 348 hält die Kammer an ihrer Rechtsprechung fest. Diese Entscheidungen stehend der Rechtsauffassung der Kammer nicht entgegen. Denn sie hatten sich nicht mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Zählkindvorteil gemäß § 54 Abs. 3 Nr. 1 SGB I gepfändet werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Bundesgerichtshof (Rpfleger 1981, 347,348) hatte über die Frage zu entscheiden, in welchem Umfang der Zählkindvorteil beim Ausgleich der Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen ist. Das Bundessozialgericht hatte über die Frage zu entscheiden, ob der Kindergeldanspruch des Schuldners an den Gläubiger abgetreten werden kann und ob gemäß § 48 Abs. 1 SGB I bei Verletzung der Unterhaltspflicht eine Auszahlung an unterhaltsberechtigte Kinder des Leistungsberechtigten in Betracht kommt. Auf die Frage der Pfändbarkeit des Zählkindvorteils ist weder der Bundesgerichtshof noch das Bundessozialgericht in den zitierten Entscheidungen eingegangen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kammer hält deshalb nach wie vor an ihrer ständigen Rechtsprechung fest, wonach der Kindergeldanspruch des Schuldners von gleichrangig Berechtigten Unterhaltsgläubigern so weit gepfändet werden kann, daß alle gleichrangig berechtigten Gläubiger gleichmäßig befriedigt werden. Die Tatsache, daß Kindergeld nach den Vorschriften des Bundeskindergeldgesetzes nur an Zahlkinder gezahlt wird, steht der Pfändbarkeit des Kindergeldanspruches durch ein Zählkind nicht entgegen. Kindergeld ist gemäß § 25 Abs. 1 SGB I eine Sozialleistung, die gemäß § 54 Abs. 3 Nr. 1 SGB I für Unterhaltsgläubiger wie Arbeitseinkommen gepfändet werden kann. Auf die Zweckbestimmung der Leistung kommt es dabei nicht an. In der Zwangsvollstreckung sind Zählkinder wie Zahlkinder zu behandeln und können deshalb den Kindergeldanspruch des Schuldners so weit pfänden, daß sie den übrigen Kindern gleichstehen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Gesamtkindergeldbetrag von 610,00 DM ergibt für jedes Kind des Schuldners einen Kindergeldbetrag von 152,50 DM. Nach Abzug der Kindergeldzahlungen, die der Gläubiger bereits erhält (100,00 DM), verbleibt deshalb noch eine pfändbare Forderung von 52,50 DM.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die sofortige Beschwerde der Drittschuldnerin war daher zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Landgericht, 4. Zivilkammer</p>
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315,763 | lagk-1983-02-02-5-sa-112282 | {
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} | 5 Sa 1122/82 | "1983-02-02T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:22" | "2019-03-27T09:42:16" | Urteil | ECLI:DE:LAGK:1983:0202.5SA1122.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der beklagten B   gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 29.9.1982 -3 Ca 2145/82 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Streitwert: unverändert.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand</p><span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Urlaubsabgeltung für 6 Urlaubstage (346,48 DM brutto), während der die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt war und die nach der Vorstellung der Klägerin nicht als Krankheitstage auf den Urlaub nach § 47 BAT angerechnet werden sollen</p><span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Ende 1982 aus den Diensten der Beklagten ausgeschiedene Klägerin befand sich in der Zeit vom 3. bis 25. 6. 1982 in genehmigtem Erholungsurlaub in Griechenland. Dort erkrankte die Klägerin unwidersprochen in der Zeit vom 8. bis 17. 6. 1982 bettlägerig laut ärztlicher Bescheinigung eines griechischen Arztes aus dem Ort Skiathos vom 14. 6. 1982 (Bl. 3 d.A.). Nach Wiederantritt ihrer Arbeit beantragte die Klägerin unter Vorlage dieser ärztlichen Bescheinigung die Nichtanrechnung der Krankheitszeit auf den Urlaub, was die Beklagte mit der Begründung ablehnte, die Klägerin habe ihre Erkrankung nicht unverzüglich im Sinne des § 47 Abs. 6 BAT mitgeteilt.</p><span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren unstreitigen Tatbestandes, der von beiden Parteien in erster Instanz vorgetragenen und der von ihnen gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Bonn vom 29. 9. 1982 verwiesen, §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 543 ZPO.</p><span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Durch das erwähnte Urteil hat das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von 346,48 DM brutto verurteilt und im übrigen die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, bei der Auslegung des Begriffs "unverzüglich" in § 47 BAT sei nicht von der Legaldefinition in § 121 Abs. 1 BGB auszugehen, sondern</p><span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">es sei auf Sinn und Zweck der Tarifbestimmung des § 4? BAT abzustellen und das Interesse des Arbeitgebers an einer unverzüglichen Mitteilung der Erkrankung während des Urlaubs auszuloten. Danach solle die tariflich vorgesehene Sanktion der Nichtanrechnung der Krankheitstage dann nicht durchgreifen, wenn sich die Erkrankung auf den Wiederantritt der Arbeit nicht auswirke, weil etwa der Arbeitnehmer rechtzeitig bei Urlaubsende wieder die Arbeit antrete.</p><span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses der Beklagten am 4. 11. 1982 zugestellte Urteil ist mit einer am 2. 12. 1982 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schrift Berufung eingelegt und diese mit einem weiteren am 3. 1. 1983 beim LAG eingegangenen Schriftsatz begründet worden.</p><span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit der Berufung macht die Beklagte zunächst geltend, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei der Begriff "unverzüglich" in Anlehnung an die Legaldefinition in § 121 BGB auszulegen. Demnach müsse die Klägerin "ohne schuldhaftes Zögern" ihre Arbeitsunfähigkeit mitteilen, wie dies hier nicht geschehen sei. Der Sinn des § 47 Abs. 6 BAT erschöpfe sich auch nicht darin, als Arbeitgeber gegebenenfalls andere Dispositionen treffen zu können, sondern der Arbeitgeber solle so früh als möglich über die Krankheit des Arbeitnehmers Bescheid wissen. Genau dies sei hier nicht der Fall gewesen, denn die Klägerin habe ohne weiteres telefonisch oder telegrafisch von ihrer Erkrankung Mitteilung machen können. Da sie dies nicht getan habe, habe sie auch keinen Anspruch auf Abgeltung der den Krankheitstagen entsprechenden Urlaubstage.</p><span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p><span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.</p><span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p><span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p><span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Sie verteidigt die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und meint, es sei eine Überforderung, einen telefonischen oder telegrafischen Anruf aus Anlaß einer Erkrankung zu fordern, die sich auf den Wiederantritt der Arbeit nicht auswirke. Ein solches Begehren sei z.B. bei Fernreisen nicht möglich; so habe sie zunächst Schwierigkeiten gehabt, von dem behandelnden Arzt ein Attest zu erlangen, das sie im übrigen unmittelbar nach Wiederantritt der Arbeit dem Arbeitgeber vorgelegt habe.</p><span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze ebenso verwiesen wie auf die zu den Akten gereichten Urkunden und Fotokopien.</p><span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p><span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten ist an sich kraft Zulassung durch das Arbeitsgericht statthaft; sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden, damit zulässig. In der Sache selbst konnte die Berufung keinen Erfolg haben.</p><span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Berufungsgericht tritt der Rechtsfindung des Arbeitsgerichts im Ergebnis bei; allerdings ist der Beklagten darin Recht zu geben, daß für den in § 47 Abs. 6 BAT verwendeten Begriff "unverzüglich" die Legaldefinition in § 121 BGB gilt.Das Gesetz bestimmt in dieser Anfechtungsvorschrift den Begriff "unverzüglich" als Klammerzusatz</p><span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">dahin, daß er für "ohne schuldhaftes Zögern" steht. Diese Legaldefinition gilt für das gesamte bürgerliche und öffentliche Recht, wie die Vorschriften der §§ 377 Abs. 1 und Abs. 3 HGB, 92 Abs. 1 AktG, 216 Abs. 2 ZPO, 68b Abs. I Nr. 8 StGB und 23 Abs. 21 1,3 VwVfG zeigen. Es ist anerkannt (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB-Komm., 42. Aufl., Anm. 2 zu § 121), daß diese Legaldefinition im Zweifel auch dann maßgeblich ist, wenn der Begriff in einem anderen rechtsgeschäftlichen Zusammenhang verwandt wird. Das muß nach Auffassung der Berufungskammer auch für die tarifliche Vorschrift des § 47 Abs. 6 BAT gelten, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil dessen Tarifpartner dem öffentlichen Dienst nahestehen und deshalb davon auszugehen ist, daß sie die allgemein bekannte Legaldefinition des § 121 BGB kannten. So legt auch die einschlägige BAT-Kommentar-Literatur diese Legaldefinition zugrunde (vgl. u.a. Clemens-Scheuring-Steingen, BAT, Bd. l, Anm. 9b zu § 47). Demgemäß ist auch das LAG Nürnberg in einem Urteil vom 31. 8. 1981 - 6 Sa 67/79 -gleichsam als selbstverständlich davon ausgegangen, daß der Begriff "unverzüglich" im Sinne des § 47 Abs. 6 BAT in Anlehnung an die Legaldefinition des § 121 BGB auszulegen ist. Dem tritt das erkennende Gericht bei.</p><span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Demnach ist die unverzügliche Anzeige der Erkrankung notwendige Voraussetzung für die Rechtsfolge, daß die nachgewiesenen Krankheitstage nicht auf den Urlaub angerechnet werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Gericht hier Jedoch der Auffassung, daß die Klägerin ihre Erkrankung "ohne schuldhaftes Zögern" mitgeteilt hat. In dem erwähnten Fall des LAG Nürnberg lagen zwischen der Erkrankung der dortigen Klägerin ab 21. 9. 1978 und der entsprechenden Mitteilung hierüber an den Arbeitgeber am 27. 11. 1978 mehr als zwei Monate. Damit ist der vorliegende Fall nicht zu vergleichen: Die Klägerin ist -</p><span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">wie unstreitig ist - am 8. 6. 1982 erkrankt, hat hierüber am 14. 6. 1982 ein Attest ausgestellt erhalten und hat dieses unmittelbar nach Antritt der Arbeit bei Beendigung des Urlaubs am 25. 6. 1982 dem Arbeitgeber vorgelegt. Es kann hier nach Auffassung des Gerichts unerörtert bleiben, ob die Zeitspanne seit dem ersten Tag der Erkrankung (8. 6. 1982) oder seit Vorliegen des Attestes (14. 6. 1982) bis zur Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit maßgebend ist. Denn die verzögerliche Mitteilung muß nach dem Inhalt der Legaldefinition schuldhaft sein. Davon geht das Gericht im vorliegenden Fall nicht aus, weil dem Anfechtungsberechtigten in Anwendung der Legaldefinition eine angemessene Überlegungsfrist zusteht, zumal unverzüglich nicht gleichbedeutend mit "sofort" ist (vgl. Palandt-Heinrichs, Anm. 2 aaO.). Bei der Fristberechnung sind allerdings die Interessen des Gegners (Arbeitgebers) zu berücksichtigen. Diese bestehen nach Auffassung des Gerichts nicht nur darin, daß der Arbeitgeber im Hinblick auf die Mitteilung über die Erkrankung soll disponieren können, sondern es wäre auch denkbar, daß der Arbeitgeber Zweifel an der behaupteten Arbeitsunfähigkeit hat und wegen deren Nachprüfung rechtliehezulässige Schritte unternehmen will. Hier spricht zunächst einiges dafür, daß die Klägerin die rechtzeitige Mitteilung ihrer Erkrankung verzögert hat, denn die Klägerin hat während dieser Zeit auch eine Eigenkündigung zum 31. 8. 1982 ausgesprochen, wobei allerdings mangels näherer Angaben der Prozeßbevollmächtigten nicht aufzuklären war, wann genau und von welchem Ort aus diese Kündigung schriftlich ausgesprochen worden ist. Das Gericht hält aber der Klägerin eine Verzögerung wegen der Krankheitsmitteilung wegen eines Irrtums darüber zugute, daß sie ihre Erkrankung nicht vom Urlaubsort aus der Beklagten mitgeteilt hat, sondern davon ausging, dies genüge bei Wiederantritt der Arbeit nach Ablauf des genehmigten Urlaubs.</p><span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Einen solchen Irrtum hält das Gericht jedenfalls dann für entschuldbar, wenn diese Mitteilung so kurzfristig - wie hier - nach Ablauf der Erkrankung erfolgt. Die Klägerin war hier bis zum 17. 6. 1982 bettlägerig krankgeschrieben - dies hat die Beklagte nicht bestritten -, so daß sie unmittelbar nach Beendigung des Urlaubs am 25. 6. 1982, also eine knappe Woche später, ihre Arbeitsunfähigkeit mitgeteilt hat. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist auch der Irrtum der Klägerin darüber entschuldbar, daBQsie eine Absendung des Attestes von Skiathos/ Griechenland aus für nicht so sicher wie die eigene Überbringung des Attestes hielt. Angesichts der knappen Zeitdifferenz mag der Klägerin ein entsprechender Irrtum in diesem Falle als entschuldbar zugute gehalten werden. Deshalb geht das Gericht nicht von einem <span style="text-decoration:underline">schuldhaften</span> Zögern aus. Demnach durften die nachgewiesenen Krankheitstage nicht auf den Urlaub angerechnet werden.</p><span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO; der Streitwert ist unverändert geblieben (§69 Abs. 2 ArbGG). Die Voraussetzungen fUr eine Zulassung der Revision (§72 ArbGG) lagen nach Auffassung der Kammer nicht vor, weil das Gericht von der anerkannten Legaldefinition des § 121 BGB ausgeht und daran anknüpfend nur eine Einzelfallentscheidung getroffen hat.</p><span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Rechtsmittelbelehrung:</span> Die Revision wurde nicht zugelassen weil die Voraussetzungen hierfür (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nach Auffassung der Kammer nicht vorliegen. Deshalb ist ein <span style="text-decoration:underline">Rechtsmittel</span> gegen diese Entscheidung nicht gegeben (§ 9 Abs. 5 ArbGG). Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach §§ 72, 72a ArbGG als <span style="text-decoration:underline">Rechtsbehelf</span> wird hingewiesen.</p>
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315,764 | lg-dortmund-1983-01-26-4-o-64382 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": 407,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 O 643/82 | "1983-01-26T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:23" | "2019-03-27T09:42:16" | Urteil | ECLI:DE:LGDO:1983:0126.4O643.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung</p>
<p>gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 1.300.—DM</p>
<p>abzuwenden, wenn nicht der Beklagte</p>
<p>Sicherheit in dieser Höhe leistet.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><u>Ta t b e s t a n d</u></strong></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien schlossen am 29.7.1982 einen Kaufvertrag über</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">den Wallach N den der Beklagte bislang als Spring- </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">pferd genutzt hatte und der Kläger als Springpferd weiterbenutzen</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">wollte. Der Kaufpreis wurde mit 8.000,-- DM vereinbart.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">In den Vertrag, der schriftlich abgefaßt wurde, wurde der</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Satz aufgenommen:</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">"Das Pferd ist fehlerfrei."</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Kaufpreis wurde noch am 29.7.1982 gezahlt und das Pferd</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">an diesem Tag dem Kläger übergeben.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Im September 1982 zeigte sich bei dem Pferd eine Stützbeinlahmheit</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">am rechten Vorderbein, worauf der Kläger durch</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 23.9.1982 die Wandelung</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">des Kaufvertrages erklärte.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet, die Lahmheit des Pferdes sei eine</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">chronische Erkrankung und habe bereits bei Abschluß des</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Kaufvertrages vorgelegen. Damit sei eine zugesicherte</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Eigenschaft, die Fehlerfreiheit des Tieres, nicht gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der vollzogenen Wandelung müsse der Beklagte den</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Kaufpreis zurückerstatten und zudem Schadensersatz für die</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">tierärztliche Behandlung sowie die entstandenen Transport- ,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Telefon- und Fütterungskosten leisten.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an ihn</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">8.428,71 DM nebst 14% Zinsen seit dem</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">24.9.1982 zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Er beruft sich auf eingetretene Verjährung eventueller</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Ansprüche des Klägers und ist im übrigen der Ansicht, daß das</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Pferd bei Übergabe gesund und fehlerfrei gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Wegen des Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf den </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Inhalt der beiderseitig gewechselten Schriftsätze nebst</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks"><strong><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</u></strong></p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Klage war als nicht begründet abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Es kann dahinstehen, ob die Lahmheit des Pferdes bereits bei</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Abschluß des Kaufvertrages und bei der Übergabe vorgelegen hat,</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">in jedem Fall würden Ansprüche des Klägers -voraus- </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">gesetzt sie hätten bestanden - nicht mehr bestehen, weil die</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Einrede der Verjährung durchgreift.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Bei der Vertragsinhalt gewordenen Formulierung "Das Pferd ist</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">fehlerfrei" handelt es sich um eine zugesicherte Eigenschaft,</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">nämlich um die Zusicherung der Abwesenheit eines Fehlers,</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">wovon im übrigen auch der Kläger selbst ausgeht. Nicht nur</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">weil das Pferd als Reit- und Springpferd Verwendung finden</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">sollte, ist die Hervorhebung der Fehlerfreiheit als Zusicherung</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">einer Eigenschaft zu sehen.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">(vgl. Staudinger-Honsell, § 459  Anm. 51,60 ff)</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Da es sich bei dem behaupteten Mangel des Pferdes nicht um</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">einen Hauptmangel im Sinne von § 482 Abs. 2 BGB handelt,</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">gelten für die Verjährung die §§ 492 Satz 1 und Satz 2, 490</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Abs. 1 Satz 1 BGB. Eine Gewährfrist war nicht vereinbart,</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">so daß die Verjährung mit der Ablieferung des Pferdes am</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">29.7.1982 begann. Die Verjährungsfrist beträgt 6 Wochen von</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">diesem Zeitpunkt an gerechnet, was auch der herrschenden</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Meinung entspricht (vgl. Staudinger-Honsell, § 492 Anm. 10).</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Der von Westermann vertretenen Auffassung (vgl. Münchener</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Kommentar, § 490 Anm. 3), daß bei Nichtvereinbarung einer</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Gewährfrist die 6-monatige- Verjährung gemäß §§ 490 Abs. 1</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Satz 2, 477 BGB gelten solle, vermag sich die Kammer nicht</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">anzuschließen, wobei anzumerken ist, daß Westermann</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">in seiner Kommentierung zu § 492 Anm. 8 die Möglichkeit</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">der kurzen 6-wöchigen Verjährung bei Nebenmängeln ohne</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Vereinbarung einer Gewährfrist durchaus offen läßt.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Da die Klage erst am 4.11.1982 eingereicht worden ist, greift</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">die Einrede der Verjährung somit durch.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">die Abwendungsbefugnis folgt aus §§ 708 Ziffer 11, 711 ZPO.</p>
|
315,765 | olgham-1983-01-11-10-u-15882 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 10 U 158/82 | "1983-01-11T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:25" | "2019-03-27T09:42:16" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1983:0111.10U158.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das am 7. Mai 1982 verkündete Urteil der 3. Zivilklammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind die einzigen Kinder des am 9. Juli 1980 verstorbenen Erblassers xxx und dessen am 30. November 1979 vorverstorbenen Ehefrau xxx. Der Erblasser, dessen Ehefrau und der Beklagte hatten am 7.1.1978 einen notariellen Übertragungsvertrag über ein Grundstück in xxx geschlossen. In § 11 dieses Vertrages haben der Erblasser und seine Ehefrau letztwillig und wechselseitig für den Fall ihres Ablebens unter anderem bestimmt, daß der Überlebende den Vorversterbenden allein und unbeschränkt beerben und Erbe des Letztversterbenden der Beklagte sein solle.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">In § 12 des notariellen Vertrages haben der Erblasser und seine Frau unter anderem Ausführungen dazu gemacht, daß die Klägerin vom elterlichen Vermögen abgefunden sei und haben dabei die ihr zugeflossenen Leistungen im einzelnen aufgeführt. Sie haben angeordnet, daß die Klägerin sich die erhaltenen Leistungen anrechnen lassen müsse, falls sie eventuelle Pflichtteilsansprüche geltend mache. § 12 dieses Vertrages enthält dann die folgende Erklärung, die den Streitpunkt des vorliegenden Rechtsstreits bildet:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">"Unsere Tochter führt gegen unseren Willen und trotz unserer wiederholten Ermahnungen einen ehrlosen und unsittlichen Lebenswandel. Trotz bestehender Ehe lebt sie mit einem anderen Mann zusammen und begeht mit diesem ständig Ehebruch. Wir entziehen deshalb unserer Tochter xxx den Pflichtteil nach uns, den Erschienenen zu 1) und 2)."</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin verlangt mit der vorliegenden Klage von dem Beklagten Auskunft über den Bestand des Nachlasses des Vaters. Sie hat die Ansicht vertreten, sie sei Pflichtteilsberechtigte geworden, die Entziehung des Pflichtteils sei unwirksam. Sie hat hierzu behauptet, sie habe mit ihrem früheren Ehemann, dem Zeugen xxx bis zu dessen Auszug aus der ehelichen Wohnung Mitte 1979 zusammengelebt. Sie habe zwar Beziehungen zu einem anderen Mann, dem Zeugen xxx unterhalten, mit dem sie sich ab und zu getroffen habe. Diese Beziehungen seien von ihrem damaligen Ehemann wohl als belastend, aber nicht als ehezerstörend empfunden worden. Die Beziehungen zu dem Zeugen xxx seien im übrigen nur von kurzer Dauer und wenige Zeit vor dem Tod des Erblassers so weit eingeschränkt gewesen, daß man sie als beendet habe betrachten können. Der Entziehungsgrund, daß sie trotz bestehender Ehe mit einem anderen Mann zusammengelebt und mit diesem ständig Ehebruch begangen habe, sei daher unrichtig. Ende 1980 sei es dann - das ist zwischen den Parteien unstreitig - zur Scheidung von dem Zeugen xxx gekommen. Die Klägerin hat bestritten, seitens des Erblassers wegen ihres Verhaltens abgemahnt worden zu sein. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">den Beklagten zu verurteilen, Auskunft über den Bestand des Nachlasses des am 9.7.1980 verstorbenen Vaters der Parteien xxx zu erteilen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Er hat behauptet, die Klägerin habe trotz elterlicher Ermahnungen und Abmahnungen bis Januar 1981 mit dem Zeugen xxx in eheähnlicher und ehebrecherischer Gemeinschaft zusammengelebt. Das Verhältnis habe bis Januar 1981 angedauert, bis der Zeuge xxx aus der Ehewohnung der Klägerin ausgezogen sei. Der Beklagte hat weiterhin behauptet, daß der Zeuge sich noch während der bestehenden Ehe der Klägerin wiederholt in deren Wohnung aufgehalten habe. So sei im November 1978, als der Zeuge xxx in einen Kurzurlaub gereist sei, der Zeuge xxx unverzüglich in die Wohnung der Klägerin gezogen. Obwohl er - der Beklagte - seinerzeit sofort mit dem Erblasser zur Wohnung der Klägerin gefahren sei, um dieser Vorhalte zu machen, habe diese jedes Gespräch abgelehnt, den Erblasser vielmehr mit Hilfe von Polizeibeamten aus dem Haus weisen lassen. Der Beklagte hat bestritten, daß es im Zeitpunkt des Todes des Erblassers Anhaltspunkte für eine Abkehr der Klägerin von der vom Erblasser beanstandeten Lebensführung gegeben habe. Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, daß die Pflichtteilsentziehung wirksam sei.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil die Klage abgewiesen. Es hat den Entziehungsgrund des § 2333 Nr. 5 BGB für gegeben erachtet, wonach der Lebenswandel der Klägerin als ehrlos und unsittlich i.S. dieser Vorschrift bewertet werden müsse. Der Pflichtteilsentzug sei auch nicht gemäß § 2336 Abs. 4 BGB unwirksam geworden, weil nicht genügend Anhaltspunkte dafür erkennbar seien, daß die Klägerin zum Zeitpunkt des Erbfalls von dem ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel sich dauernd abgewandt habe.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren ursprünglichen Klageantrag weiter. Sie stellt in Abrede, ein fortgesetzt ehebrecherisches Verhältnis zu dem Zeugen xxx unterhalten zu haben, zu dem vielmehr eine lose Beziehung mit gelegentlichem Ehebruch bestanden habe. Sie behauptet, ihr früherer Ehemann, der Zeuge xxx habe diese Beziehungen zwar als eine Belastung, jedoch nicht als ehezerstörend angesehen. Die Beziehungen hätten sich grundsätzlich außerhalb der ehelichen Wohnung abgespielt und seit Mitte 1979 an Intensität verloren. Seit dieser Zeit habe sie sich nur noch gelegentlich mit dem Zeugen xxx getroffen. In Anbetracht der Wandlung der moralischen Vorstellungen und der rechtlich durchsetzbaren Sittlichkeitsnormen könne ein solches Verhalten nicht mehr unter § 2333 Nr. 5 BGB subsumiert werden. Im übrigen seien die Beziehungen im Januar 1980 beendet worden.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels. Er verteidigt das angefochtene Urteil und hält unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens an seiner Auffassung fest, daß das Verhalten, das von der Klägerin weitgehend eingeräumt werde, die Entziehung des Pflichtteils durch die Eltern der Parteien nach § 2333 Nr. 5 BGB rechtfertige.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat zur Frage, ob die Klägerin im Zeitpunkt des Todes des Vaters (9.7.1980) die Beziehungen zum Zeugen xxx endgültig aufgegeben gehabt habe, die Klägerin selbst befragt, die die Beendigung des Verhältnisses im Januar 1980 behauptet hat, und sodann den Zeugen xxx uneidlich vernommen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge xxx hat bekundet:</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beziehungen zur Klägerin haben bis zum 17.1.1981 gedauert. An diesem Tage bin ich in den Urlaub gefahren. Auf Vorhalt: Es war nicht 1980, sondern 1981. Ich weiß das deshalb genau, weil ich damals in Urlaub gefahren bin. Ich hatte damals eine Fahrt nach xxx gebucht.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat außerdem die Akten 178 F 221/78 AG Dortmund zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Ein Anspruch der Klägerin auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses nach § 2314 BGB besteht nicht, da der Klägerin ein Pflichtteilsanspruch nicht zusteht.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, daß der Klägerin der Pflichtteil nach § 12 des Übertragungsvertrages vom 7.11.1978 wirksam entzogen worden ist. Die von der Klägerin mit ihrer Berufung gegen die vom Landgericht vorgenommene Wertung des Entziehungsgrundes des § 2333 Nr. 5 BGB gerichteten Angriffe, daß sich die Moralvorstellungen geändert hätten und daß die Entscheidungsfreiheit des Individuums den moralischen und sozialen Interessen der gesamten Familie vorgehe, greifen nicht durch. Zwar ist nicht zu leugnen, daß der Gesetzgeber aus durchaus anerkennenswerten Motiven zunehmend bemüht ist, die Gestaltung der Beziehungen von Ehepartnern untereinander und auch zu Dritten möglichst diesen, ohne gesetzgeberische Regelungen, zu überlassen. So mag auch das eheähnliche Zusammenleben unverheirateter Partner nach heutigen Wertvorstellungen der Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr zu beanstanden sein. Aus dieser Liberalisierung kann jedoch nicht auf eine Sanktionierung des Ehebruchs geschlossen werden. Der Hinweis der Klägerin auf Art. 2 des Grundgesetzes, der ihr das Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit einräume, geht fehl, da andererseits nach Art. 6 des Grundgesetzes die Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung steht. Es kann letztlich dahinstehen, inwieweit bei der weitgehenden Liberalisierung der sexuellen Beziehungen im allgemeinen auch Beziehungen von verheirateten Ehepartnern mit Dritten vom Staat und der Gesellschaft toleriert werden, da nicht außer Betracht bleiben kann, daß § 2333 Nr. 5 BGB nicht so sehr auf das Wertgefühl der Allgemeinheit zu beziehen ist, sondern in erster Linie nach den für den Lebenskreis des Erblassers geltenden Ehe- und Sittengesetzen zu beurteilen ist. Dabei ist darauf abzustellen, daß es um Vermögenswerte geht, die der Erblasser erworben hat, und die er im Erbfall nach seinen Vorstellungen verteilt sehen will. In diesem Zusammenhang gesehen beschränkt sich die Aufgabe des Gesetzgebers darauf, durch entsprechende gesetzliche Regelungen Ungerechtigkeiten zu vermeiden. Das kann aber nicht dazu führen, daß die Bewertung eines Verhaltens als ehrlos und sittenwidrig, das auch heutzutage noch nicht als die Regel, sondern als ein mißbilligter Ausnahmefall angesehen wird, dem Erblasser genommen wird. Es unterliegt nach Auffassung des Senats keinem Zweifel, daß ein ehebrecherisches Verhältnis einen ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel im Sinne des § 2333 Nr. 5 BGB darstellt, wobei die Intensität dieses Verhältnisses dahinstehen kann, da vorliegend bereits aufgrund der langen Zeitdauer von einem fortgesetzten ehebrecherischen Verhältnis gesprochen werden muß. Dabei kann nicht außer Betracht bleiben, daß der Ehemann der Klägerin bereits im September 1978 die Ehe-Scheidungsklage erhoben hat und er durch Schreiben vom 20.9.1978 den Zeugen xxx sich aufgefordert hat, das Grundstück und das Haus der Parteien nicht mehr zu betreten. Allein dieses Schreiben zwingt zu dem Schluß, daß die Beziehungen der Klägerin zum Zeugen xxx nicht nur außerhalb der Ehewohnung abgespielt haben und daß darüber hinaus, entgegen der anderslautenden Behauptung der Klägerin, ihre Beziehungen zum Zeugen xxx ihren Ehemann durchaus belastet haben.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Entziehung ist auch nicht nach § 2336 Abs. 4 BGB unwirksam geworden, da die Klägerin im Zeitpunkt des Erbfalles ihre Beziehungen zu dem Zeugen xxx noch nicht aufgegeben hatte. Der Zeuge hat bei seiner Vernehmung unmißverständlich und absolut glaubwürdig bekundet, daß das Verhältnis zur Klägerin bis zum 17. Januar 1981 angedauert habe.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10 ZPO</p>
|
315,766 | lg-essen-1983-01-10-42-ho-22376 | {
"id": 809,
"name": "Landgericht Essen",
"slug": "lg-essen",
"city": 417,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 42 HO 223/76 | "1983-01-10T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:26" | "2019-03-27T09:42:16" | Urteil | ECLI:DE:LGE:1983:0110.42HO223.76.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 355.728,00 DM (i.W.: dreihundertfünfundfünfzigtausendsiebenhundertachtundzwanzig Deutsche Mark) nebst 5 % Zinsen seit dem 10. November 1975 zu zahlen. </p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 2/5 und die Beklagte zu 3/5. </p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung der Klägerin in Höhe von 485.000,00 DM vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Inhaber der Klägerin ist ein bei dem zuständigen Handelsministerium der Volksrepublik J (im folgenden "J" genannt) registrierter Handelsvertreter. Er ist ferner als "Kaufmann" in das Register der Handelskammer C eingetragen. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Durch Telefonanruf vom 10.9.1975 aus M wies der Inhaber der Klägerin die Beklagte auf ein Beschaffungsprojekt der staatlichen Elektrizitätsorganisation des J (im folgenden "T" genannt) hin. Dieses Projekt, das der Beklagten bereits aufgrund der fernschriftlichen Anfrage der T vom 19.8.1975 (Referenz-Nr. .........) bekannt war, sah die Lieferung von 8 Gasturbinen zur Elektrizitätserzeugung mit einer Leistung von 5 -10 Megawatt (MW) je Turbine vor. Da Turbinen dieser Leistungsstärke nicht zu ihrem Herstellungsprogramm gehörten, hatte die Beklagte keine Tätigkeit zur Erlangung eines entsprechenden Auftrags entfaltet. Als der Inhaber der Klägerin ihr bei dem vorerwähnten Telefonat vom 10.9.1975 und mit anschließendem FS vom gleichen Tage mitteilte, dass Turbinen bis zu 20 MW akzeptiert werden könnten - letztere gehörten zum Herstellungsprogramrn der Beklagten und waren von ihr bereits für das Projekt N an die T geliefert worden -, vereinbarten die Parteien einen Besprechungstermin für den 12.9.1975 im Hause der Beklagten. Hier übergab die Beklagte dem Inhaber der Klägerin ein von ihr unter dem 12. 9. 1975 erstelltes Angebot über die Lieferung von 2 Gasturbinen Modell PG 5341 (P) zur Einreichung bei der T. Gleichzeitig übergab sie dem Inhaber der Klägerin unter der Referenz-Nr. ....... eine schriftliche Provisionszusage, die in der Übersetzung wie folgt lautet: </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">"Für das oben erwähnte Projekt sind 3 % des Wertes von Material und Ausrüstung FOB Nordseehafen als Provision für Ihre Gesellschaft eingeschlossen." </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Inhaber der Klägerin reichte das Angebot der Beklagten am 16. 9. 1975, dem letzten Tag der Ausschreibungsfrist, bei der T in C ein. Daraufhin kam es am 22. 9. 1975 zu Besprechungen zwischen der T und Vertretern der Beklagten in C mit der Folge, dass die Beklagte der T unter dem 23.9.1975 ein neues Angebot unterbreitete, welches nunmehr neben der Lieferung auch die schlüsselfertige Aufstellung von zwei 20 MW-Gasturbineneinheiten, Modell PG 5341 (P), beinhaltete. Mit FS vorn 29.9.1975 kündigte die Klägerin der Beklagten die baldige Bestellung von 2 Turbineneinheiten an und teilte mit dem weiteren FS vom 1. 10. 1975 mit, die T werde den Kauf von 2 Einheiten unmittelbar bestätigen. Die Beklagte beantwortete die beiden letztgenannten FS mit der am 3. 10. 1975 aufgegebenen telegrafischen Mitteilung, die T habe mittels FS vom 16.9.1975 erklärt, dass das Angebot der Beklagten (vom 10.9.1975) nicht geeignet sei; bezüglich der jetzigen Verhandlungen über andere Projekte auf Schlüsselfertig-Basis bestehe keine Vereinbarung mit der Klägerin. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Am 10. 11. 1975 wurde zwischen der T und der Beklagten ein verbindlicher Vertrag über die Herstellung, Lieferung, Montage und Indienststellung einer aus zwei 20 MW-Gasturbinen, Modell PG 5341 (P), bestehenden Anlage auf der Grundlage des Angebots der Beklagten vorn 23.9.1975 und des ergänzenden Angebotes vom 18.10.1975 über zusätzliche Materiallieferungen und Dienstleistungen geschlossen. Der Auftragswert beläuft sich auf insgesamt 23.236.000,00 DM. Der Vertrag ist inzwischen von beiden Seiten erfüllt worden. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin verlangt die Zahlung der vereinbarten Vermittlungsprovision von 3 %. Sie legt ihrem Provisionsanspruch den Lieferwert der von der Beklagten gelieferten Turbinen und sonstigen Gegenstände auf der Basis FOB Nordseehafen zugrunde. Diesen Wert schätzt sie, ausgehend von dem Angebotspreis für 2 Turbinen in Höhe von 14.822.000,00 DM auf mindestens 19 Mio DM, so daß sich ein Provisionsbetrag von 570.000,00 DM ergibt. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt demgemäß, </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zur Zahlung von 570.000,00 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 10.11.1975 zu verurteilen. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Hilfsweise beantragt sie ferner, </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zur Rechnungslegung darüber zu verurteilen, welcher Betrag bei dem mit der T geschlossenen Vertrag vom 10.11.1975 als Wert von Material und Ausrüstung FOB Nordseehafen anzusetzen ist, </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">sowie die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin die dieser nach der Rechnungslegung zustehende Leistung - 3 % des Wertes von Material und Ausrüstung FOB Nordseehafen - zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Sie ist der Ansicht, dass auf die Rechtsbeziehungen der Parteien die Bestimmungen des J- Rechts anzuwenden seien. Danach unterliege jeder J- Handelsvertreter, Agent oder sonstige Vermittler, um rechtswirksam Verträge mit ausländischen Firmen schließen zu können, dem Erfordernis der Genehmigung und Registrierung durch die zuständige staatliche Behörde. Darüber hinaus bedürfe im J auch jeder Vertrag eines J- Handelsvertreters oder Maklers mit einer ausländischen Firma der Genehmigung und Registrierung durch die staatliche Genehmigungsbehörde, was hier ebenfalls nicht gegeben sei. Nur aus einem in dieser Weise registrierten Vertrag könne nach J- Recht ein Anspruch auf Provisionszahlung geltend gemacht werden. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Im Übrigen stehe der Klägerin sowohl nach deutschem als auch nach J- Recht eine Provision nur zu, wenn sie den zwischen der Beklagten und der T abgeschlossenen Projektvertrag vermittelt hätte. Dies sei jedoch nicht der Fall, da der Vertrag vom 10.11.1975 über die Lieferung, Montage und schlüsselfertige Übergabe der von der T bestellten Turbinenanlage unabhängig von den Bemühungen der Klägerin allein aufgrund von Verhandlungen der Beklagten mit der T zustande gekommen sei. Demgegenüber habe sich die Provisionszusage an die Klägerin im Schreiben der Beklagten vom 12.9.1975 ausdrücklich auf die Lieferung von 8 Gasturbinen von je 5 - 10 MW bezogen, wie sich aus dem "Betreff" des Schreibens ergebe. Da ein solches Geschäft nicht zustande gekommen, sondern von der T wegen der zu langen Lieferzeit für Turbinen dieser Art ausdrücklich abgelehnt worden sei, komme ein Provisionsanspruch der Klägerin nicht in Betracht. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Aber selbst wenn man davon ausgehe, dass die Klägerin der Beklagten den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss des späteren Projektvertrages erbracht habe, so stehe ihr im Hinblick darauf, dass sie keinerlei Tätigkeit für das Zustandekommen des Vertrages entfaltet habe, nach J- Recht nicht die vertraglich ausbedungene, sondern nur eine auf einen angemessenen Satz reduzierte Provision zu. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin widerspricht den Ausführungen der Beklagten. Sie vertritt insbesondere die Auffassung, das Geschäft, mit dessen Vermittlung die Beklagte sie beauftragt habe, sei mit dem tatsächlich zustande gekommenen und ausgeführten Vertrag zwischen der Beklagten und der T wirtschaftlich identisch. Letzeres enthalte gegenüber dem ursprünglichen Angebot der Beklagten vorn 12.9.1975 lediglich zusätzliche Leistungen der Beklagten, nämlich den Transport und die schlüsselfertige Erstellung der Turbinenanlage einschließlich der Lieferung weiterer Ausrüstungsteile.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Wegen der sonstigen Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der damit überreichten Unterlagen verwiesen. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Es ist Beweis erhoben worden durch Einholung eines Rechtsgutachtens des Prof. Dr. L, Institut für Internationales und ausländisches Privatrecht der Universität L (Blatt 362 a -406). Auf den Inhalt des Gutachtens im Einzelnen wird Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nur in Höhe des zuerkannten Betrages von <i><b>355.728,00 DM</b></i> begründet. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Beklagten ist zunächst insoweit zu folgen, als sie die Anwendung J- Rechts für die Beurteilung des Streitverhältnisses der Parteien für geboten hält. Unbestritten haben die Parteien bei Abschluss des Provisionsvertrages, der seiner Rechtsnatur nach als <i><b>Maklervertrag</b></i> anzusehen ist, keine ausdrückliche Bestimmung darüber getroffen, welcher Rechtsordnung das Vertragsverhältnis unterliegen soll. Es fehlt auch an erkennbaren Anhaltspunkten, aus denen auf eine stillschweigende Vereinbarung der Parteien über die Wahl des anzuwendenden Rechtes geschlossen werden könnte. Lässt sich demnach insoweit ein realer Parteiwille über die Anwendbarkeit J- oder deutschen Rechts nicht feststellen, so ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157, 242 BGB) der mutmaßliche oder "hypothetische Parteiwille" zu ermitteln (Palandt BGB, Vorbem. vor Art. 12 EGBGB Anm. 2 a, cc). Dabei ist zu untersuchen, ob sich nach der Eigenart des Sachverhalts ein <i><b>Schwerpunkt</b></i> des Schuldverhältnisses bestimmen lässt, der auf eine bestimmte Rechtsordnung hinweist, insbesondere ob die verschiedenen räumlichen Beziehungen des Vertrages ein so verschiedenes Gewicht haben, dass eine von ihnen den Ausschlag gibt (Palandt a.a.O. m. w. N.). Eine solche Untersuchung führt im vorliegenden Fall zu der Feststellung, dass der Schwerpunkt des Schuldverhältnisses im J liegt. Dies ergibt sich nach der Auffassung der Kammer zwingend aus dem Umstand, dass der der Klägerin erteilte Maklerauftrag seinem Zweck und Inhalt nach allein auf die Vermittlung der Klägerin beim Zustandekommen des in Aussicht stehenden Projektvertrages der T, insbesondere zunächst auf die rechtzeitige Einreichung des Angebots der Beklagten innerhalb der am 16.09.75 auslaufenden Ausschreibungsfrist, darüber hinaus aber auch auf die etwa erforderliche weitere Vermittlertätigkeit der Klägerin ausgerichtet war. Dass dabei die berufliche Stellung des Inhabers der Klägerin, als in C ansässiger Handelsvertreter (manufacture's agent) und Makler (commission agent) mit internationalen Handelsverbindungen sowie seine offenbar guten geschäftlichen Kontakte zur T eine wesentliche Rolle gespielt haben, liegt auf der Hand. Gegenüber dieser das Vertragsverhältnis beherrschenden Leistung der Klägerin, die ausschließlich am Sitz der T, also im J zu erbringen war, treten alle übrigen räumlichen Bezugspunkte, die sich im Zusammenhang mit dem Provisionsvertrag anführen lassen, deutlich in den Hintergrund. Das gilt sowohl für den Abschlussort des Maklervertrages, die Tatsache, dass die Beklagte die wirtschaftlich stärkere Partei ist, als auch für die Frage, welchem Recht der später zwischen der T und der Beklagten geschlossene <i><b>Hauptvertrag</b></i> unterworfen worden ist. Nach allem ist damit von der Anwendung J- Rechts auf das streitige Vertragsverhältnis auszugehen. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Gegen das rechtswirksame Zustandekommen des zwischen den Parteien geschlossenen Maklervertrages bestehen keine Bedenken. Die Kammer schließt sich zu dieser Frage den Ausführungen im Rechtsgutachten Prof. Dr. L an, wonach der Vertrag der Parteien <i><b>nicht</b></i> gegen die zurzeit des Vertragsschlusses geltenden J-registergesetzlichen Bestimmungen verstieß. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Ebenso wenig lässt sich eine Nichtigkeit des Vertrages nach Art. 137 Ziff. 2 J.- ZGB (wegen Rechtswidrigkeit der causa) feststellen. Es mag dahingestellt bleiben, inwieweit die von der Beklagten zitierte Entscheidung des J.- OGH vom 12.11.1968, in welcher die Abweisung des Provisionsanspruchs eines J- Klägers gegen das ausländische Unternehmen u. a. mit dem Hinweis auf die Verletzung der "fiskalischen Interessen des Staates" und der "Redlichkeit der öffentlichen Ausschreibungen oder Versteigerungen" begründet wird, vom tatsächlichen Geschehen her mit dem hier vorliegenden Sachverhalt vergleichbar ist. Jedenfalls kann aus dem zitierten Urteil kein allgemeines Verbot für den Abschluss von Vermittlerverträgen zwischen J- Vertretern oder Vermittlern und ausländischen Unternehmen auf Provisionsbasis hergeleitet werden. Zumindest im Geschäftsbereich des Ministeriums für Industrie des J war im September 1975 die Tätigkeit solcher Vermittler auf der Grundlage der damals geltenden gesetzlichen Bestimmungen durchaus rechtens, wie in dem eingeholten Rechtsgutachten dargelegt wird. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Nach Art. 227 Ziff. 1 J.- HGB hat der Makler Anspruch auf Provision, wenn seine Tätigkeit zum Abschluss des Vertrages geführt hat. Dies ist hier der Fall. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">In diesem Zusammenhang ist zunächst klarzustellen, dass die schriftliche Provisionszusage der Beklagten vom 12.09.75 für den Fall des Vertragsschlusses zwischen der T und der Beklagten über die Lieferung von zwei 20 MW-Gasturbinen, Modell PG 5341/P, nach Maßgabe des Angebots der Beklagten vom gleichen Tage gegeben worden ist. Die abweichende Darstellung der Beklagten mit dem Hinweis, aus dem "Betreff" der Provisionszusage sei zu erkennen, dass der Klägerin die Provision für ein anderes Geschäft, nämlich für den Fall eines Auftrags der T über die Lieferung von 8 Gasturbinen von <i><b>je 5-10 MW</b></i> Stärke versprochen worden sei, ist nicht haltbar. Denn der gleiche "Betreff" befindet sich in dem Angebot der Beklagten vom 12.09.75 welches der Inhaber der Klägerin bis zum 16.09.75 der T zu überbringen hatte. Dieses Angebot, auf welches sich ohne Zweifel die Provisionszusage der Beklagten bezog, hatte aber die Lieferung von zwei 20 MW-Turbinen der oben bezeichneten Art zum Gegenstand. </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Für die Entstehung des Provisionsanspruchs der Klägerin ist es gleichgültig, ob der Beklagten die Gelegenheit zum Abschluss des Vertrages mit der T schon aus anderer Quelle bekannt war, bevor sie von der Klägerin durch deren Telefonanruf und FS vom 10.09.75 einen entsprechenden Hinweis enthielt. Denn wenn sie trotz der früheren Kenntnis von der Auftragsmöglichkeit die Dienste der Kläger in Anspruch nahm und ihr für den Fall des Erfolges ihrer Bemühungen die Zahlung der Provision versprach, so hat sie mit dem wirksamen Zustandekommen des Hauptvertrages ihr Provisionsversprechen einzulösen. </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die auftragsgemäße Einreichung des Angebotes der Beklagten vom 12.09.75 durch die Klägerin war auch ursächlich für den späteren Abschluss des Projektvertrages zwischen der T und der Beklagten. Denn erst aufgrund der Einreichung des Angebots innerhalb der bestehenden Ausschreibungsfrist kam es zu den anschließenden unmittelbaren Verhandlungen der Beklagten mit der T, die schließlich am 10.11.75 zur verbindlichen Unterzeichnung des Hauptvertrages durch beide Partner führten. Dass die Klägerin selbst bei diesen Verhandlungen nicht beteiligt war, vermag den Ursachenzusammenhang zwischen der Überbringung des Angebots und dem späteren Vertragsschluss mit der T nicht zu lösen. Im Übrigen war eine besondere Mitwirkungspflicht der Klägerin bei den weiteren Verhandlungen in C zwischen den Parteien nicht vereinbart worden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die maßgeblichen Vertragsverhandlungen mit der T ohnehin von den technischen und kaufmännischen Spezialisten der Beklagten geführt werden mussten, da nur sie über die hierfür erforderliche Sachkunde verfügten. Dies mag auch der Grund dafür gewesen sein, dass die Beklagte die Hinzuziehung der Klägerin zu den Besprechungen und Verhandlungen mit der T nicht für notwendig erachtete. Jedenfalls hat die Beklagte nicht dargetan, dass die Klägerin ihre Teilnahme an solchen Verhandlungen trotz Aufforderung durch die Beklagte verweigert habe. </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Schließlich steht der Entstehung des Provisionsanspruchs der Klägerin auch nicht entgegen, dass der am 10.11.75 unterzeichnete Hauptvertrag seinem Umfang nach über die ursprünglichen Angebotsleistungen der Beklagten erheblich hinausging. Zwar hat die Beklagte über die zunächst von ihr vorgesehene und der T angebotene Lieferung von zwei 20 MW-Turbinen nebst Zubehör FOB Nordseehafen hinaus im späteren Hauptvertrag den Transport des gesamten Materials zur Kundin sowie die schlüsselfertige Montage und Indienststellung der Turbinenanlage übernommen. Es bedarf hier keiner besonderen Begründung, dass diese Erweiterung des Auftragsvolumens, da sie bei Abschluss der Provisionsvereinbarung der Parteien nicht ins Auge gefasst worden war und allein durch die Verhandlungen der Beklagten mit der T zustande kam, im rechtlichen Sinne des Kausalzusammenhangs nicht mehr der Vermittlertätigkeit der Klägerin zuzuordnen ist. Insoweit macht die Klägerin auch keine Provisionsforderung gegen die Beklagte geltend. Hiervon wird jedoch die Provisionspflicht der Beklagten für die in ihrem Schreiben vom 12.09.75 angebotene Lieferung der beiden Turbinen nebst Zubehör (FOB Nordseehafen), die in dem Hauptvertrag vom 10.11.75 als ein wesentlicher Teil desselben enthalten ist, nicht berührt. Denn gerade für den Fall des Vertragsschlusses über diese Leistungen hat die Beklagte ihr Provisionsversprechen an die Klägerin gegeben. </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die der Klägerin zustehende Provision berechnet sich nach dem Wert der im Angebot der Beklagten vom 12.09.75 enthaltenen und in den Hauptvertrag übernommenen Leistungen. Dieser Wert beläuft sich auf 2 x 7.411.000,-- DM = 14.822.000,-- DM. Damit ergäbe sich auf der Grundlage des vereinbarten Provisionssatzes von 3 % ein Betrag von 444.660,-- DM. Die Höhe der Maklerprovision unterliegt jedoch der gerichtlichen Überprüfung. Nach Art. 229 J- HGB kann das Gericht die Provision des Maklers herabsetzen, wenn sie im Verhältnis zu der von ihm erbrachten Tätigkeit unproportional hoch ist. Die Kammer hat im vorliegenden Fall eine Herabsetzung der vereinbarten Provision um 20 %, d. h. um 88.932,-- DM auf <i><b>355.728,-- DM</b></i>, für angemessen gehalten. Für die Bemessung dieses Abzuges war einerseits maßgebend, dass die Klägerin, wie sie selbst einräumt, abgesehen von der Einreichung des schriftlichen Angebots der Beklagten bei der T nur in ganz geringem Maße für die Beklagte tätig geworden ist, da alle weiteren Besprechungen und Verhandlungen mit der T ohne Mitwirkung der Klägerin von den Vertretern der Beklagten geführt worden sind. Andererseits darf nicht übersehen werden, daß nach Lage der Dinge eine wesentliche, d. h. eine bei der Festlegung der technischen und kaufmännischen Einzelpunkte des Hauptvertrages maßgebliche Beteiligung der Klägerin an den Verhandlungen von vornherein nicht zu erwarten war, wie bereits oben ausgeführt worden ist. Hierüber konnte auch die Beklagte bei Abgabe ihres Provisionsversprechens nicht im Zweifel sein. Immerhin hatte die Klägerin jedoch, ihrem eigenen Vortrag zufolge, mit einer weiteren Inanspruchnahme als Beraterin der Beklagten bei bestimmten, in ihre Kompetenz fallenden Fragen und wegen ihrer Kenntnis der besonderen Verhältnisse am Verhandlungsort gerechnet. Da der Klägerin solche Beraterdienste bis zur verbindlichen Vertragsunterzeichnung am 10.11.75 nicht abverlangt worden sind, hielt die Kammer eine Verminderung der vereinbarten Provision um 20 % für gerechtfertigt und angemessen. </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Damit war der Klage in Höhe des zuerkannten Betrages stattzugeben, im Übrigen dagegen abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Abweisung erstreckt sich auch auf die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche auf Rechnungslegung und Zahlung des sich aus der Rechnungslegung ergebenden Betrages. Hier übersieht die Klägerin, dass der in dem Angebot der Beklagten vorn 12.09.75 enthaltene Gesamtpreis von 7.411.000,-- DM für die Lieferung <i><b>einer</b></i> Gasturbine FOB Nordseehafen bereits die dazugehörige Ausstattung und Ausrüstung umfasst. Für die Annahme, dass diese Leistung im Hauptvertrag vom 10.11.1975 (kalkulatorisch) eine höhere Bewertung erfahren habe, fehlt jeder Anhaltspunkt. Die später mit der T vereinbarte Lieferung <i><b>zusätzlicher</b></i> Geräte und Materialien ist, soweit ersichtlich, durch die Übernahme der schlüsselfertigen Montage der Gesamtanlage durch die Beklagte veranlasst worden und hat daher keinen Einfluss auf die Provisionsforderung der Klägerin. </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Über Grund und Höhe der von der Klägerin erhobenen Zinsforderung herrscht kein Streit zwischen den Parteien. </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die sonstigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.</p>
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315,767 | ag-essen-1983-01-10-105-f-4982 | {
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} | 105 F 49/82 | "1983-01-10T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:27" | "2019-03-27T09:42:16" | Urteil | ECLI:DE:AGE1:1983:0110.105F49.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die am 17.07.1970 vor dem Standesamt Essen III Heiratsregisternummer ###/### geschlossene Ehe der Parteien wird geschieden.</p>
<p>2. Die elterliche Sorge für das aus der Ehe der Parteien hervorgegangene Kind N. geb. am **.**.****, wird der Antragstellerin übertragen.</p>
<p>3. Der Versorgungsausgleich wird wie folgt durchgeführt: Von dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Bundesknappschaft– Versicherungsnummer: +++++++++ – wird auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der LVA Rheinprovinz – Versicherungsnummer: °°°°°° eine Rentenanwartschaft der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 211,35 DM monatlich, bezogen auf die Ehezeit vom 01.07.1970 bis zum 31.05.1982, übertragen.</p>
<p>4. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><u>Tatbestand und Entscheidungsgründe: </u></strong></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben am 17.07.1970 die Ehe geschlossen. Aus dieser Ehe ist das im Urteilstenor aufgeführte minderjährige Kind hervorgegangen. Die Parteien leben seit März 1981 getrennt. Die Antragstellerin verlangt unter Bezugnahme auf diese Trennung die Scheidung der Ehe mit der Begründung, dass diese gescheitert sei, und beantragt, die Ehe der Parteien zu scheiden. Der Antragsgegner beantragt deshalb ebenfalls, die Ehe der Parteien zu scheiden. Das Familiengericht hat die Parteien gemäß § 613 ZPO gehört. Ferner hat es das Kind N. L. persönlich angehört. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift hingewiesen. Das Scheidungsbegehren ist begründet, denn die Ehe der Parteien ist gescheitert, weil die Lebensgemeinschaft der Ehegatten seit über einem Jahr nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass diese sie wiederherstellen (§ 1565 Abs. 1 BGB). Das hat die Anhörung der Parteien ergeben. Die Parteien haben bei ihrer Anhörung glaubhaft und übereinstimmend erklärt, dass sie schon seit März 1981 voneinander getrennt leben und dass es zwischen ihnen wiederholt zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen ist. Im übrigen hat sich die Antragstellerin inzwischen einem anderen Mann zugewandt, mit dem sie zusammenlebt. Unter diesen Umständen ist nach der Überzeugung des Gerichts mit der Wiederherstellung einer auf Liebe, Achtung und Fürsorge gegründeten ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr zu rechnen. In der Folgesache betreffend die elterliche Sorge, über die nach § 623 ZPO gleichzeitig mit der Scheidung zu befinden ist, schlagen die Parteien übereinstimmend vor, die elterliche Sorge für ihre Tochter N. der Mutter übertragen. Eine von diesem Vorschlag abweichende Regelung ist zum Wohle des Kindes nicht erforderlich (§ 1671 BGB). N. befindet sich seit der Trennung der Parteien in der Obhut der Antragstellerin. Sie wird dort – wie auch aus dem eingeholten Bericht des Jugendamtes Essen hervorgeht – verantwortungsbewusst erzogen und versorgt. Das Jugendamt Essen hat deshalb die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Antragstellerin befürwortet. Auch N. selbst hat sich bei ihrer Anhörung für diese Regelung ausgesprochen und unter anderem erklärt, sie fühle sich bei der Antragstellerin wohl und wolle auch weiterhin bei ihr bleiben; auch mit dem Bekannten der Antragstellerin verstehe sie sich gut. Gemäß § 623 ZPO ist gleichzeitig mit der Scheidung zwischen den Parteien auch der Versorgungsausgleich nach den Vorschriften der §§ 1587 ff BGB durchzuführen. Aufgrund der eingegangenen Auskünfte hat das Gericht die Anwartschaften und Aussichten der Parteien auf Altersversorgung für die Ehezeit vom 01.07.1970 bis 31.05.1982 überprüft. Danach hat in dieser Zeit nur der Ehemann Anwartschaften auf Altersversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne des § 1587 a Absatz 2 Nr. 2 BGB erworben, und zwar in Höhe von monatlich 422,70 DM. Die Hälfte hiervon, also eine Anwartschaft in Höhe von monatlich 211,35 DM, wird deshalb auf das Versicherungskonto der Ehefrau übertragen (§§ 1587 a Absatz 1, 1587 b Absatz 1 BGB). Wie sich aus der Auskunft der LVA Rheinprovinz vom 10.08.1982 ergibt, hat die Antragstellerin während der Ehezeit keine für die Rentenversicherung erheblichen Zeiten zurückgelegt. Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 a ZPO. </p>
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315,768 | olgk-1982-12-30-21-wf-20782 | {
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"slug": "olgk",
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} | 21 WF 207/82 | "1982-12-30T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:28" | "2019-03-27T09:42:16" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1982:1230.21WF207.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln vom 11. November 1982 - 321 F 1/81 - wird verworfen. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Gründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde mußte verworfen werden, weil sie nicht statthaft ist; der Beschluß des Familiengerichts vom 11.11.1982 ist unanfechtbar.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Er beinhaltet eine in sinngemäßer Anwendung des § 620 e ZPO ergangene Vollziehungsaussetzung. Hat das Familiengericht eine einstweilige Anordnung (§ 620 ZPO) erlassen, und wird deren Abänderung gemäß § 620 b ZPO beantragt, dann kann das Gericht die Vollziehung der einstweiligen Anordnung bis zur Entscheidung über den Abänderungsantrag aussetzen. Gleiches muß gelten, wenn es nicht um die Abänderung einer einstweiligen Anordnung, sondern um die Abänderung eines im Verfahren der einstweiligen Anordnung geschlossenen Vergleichs gemäß § 620 b ZPO analog geht.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">So liegt es hier. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 11.06.1982 den Erlaß einer einstweiligen Anordnung gegen den Antragsgegner nachgesucht, durch die ihm aufgegeben werden sollte, an sie und das Kind der Parteien monatlichen Unterhaltsrenten in Höhe von insgesamt 1.510,45 DM zu zahlen. Mit Schriftsatz vom 17.08.1982 hat sie im gleichen Verfahren auf die Zuerkennung monatlicher Unterhaltsrenten in Höhe von insgesamt 1.593,90 DM angetragen. Zu einer Entscheidung des Familiengerichts über diese Anträge ist es noch nicht gekommen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 02.09.1982 haben die Parteien einen gerichtlich protokollierten Zwischenvergleich geschlossen, durch den der Antragsgegner sich verpflichtet hat, für die Zeit von September bis einschließlich Dezember 1982 für die Antragstellerin und das Kind der Parteien monatliche Unterhaltsrenten von insgesamt 1.200,- DM zu zahlen. Dieser Zwischenvergleich ist nach Auffassung des Senats nur zur - teilweisen - Beilegung des Verfahrens der einstweiligen Anordnung geschlossen worden. Er beinhaltet eine lediglich für 4 Monate ergangene Regelung und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 02.09.1982, in der dieser Vergleich geschlossen worden ist, trägt das Aktenzeichen des Verfahrens der einstweiligen Anordnung. Wird nun, wie das hier der Fall ist, im Verfahren der einstweiligen Anordnung zum Zwecke seiner ganzen oder teilweisen Beilegung ein Vergleich geschlossen, dann können die Parteien eine Abänderung dieses Vergleichs im Wege der einstweiligen Anordnung nach Maßgabe des § 620 b ZPO analog nicht schrankenlos, sondern nur bei wesentlicher Veränderung derjenigen Verhältnisse verlangen, die bei dem Abschluß des Vergleichs maßgeblich gewesen sind (vgl. Zöller-Philippi ZPO, 12. Auflage, § 620 b Anm. II 1 b mit Rechtsprechungsnachweisen). Auf diesen Grundsatz ist bei dem Abschluß des Vergleichs klarstellend Bedacht genommen worden, indem beiden Parteien das Recht vorbehalten worden ist, die - auch rückwirkende - Abänderung des Vergleichs zu verlangen, falls die vom Gericht noch einzuholende Lohnauskunft der Arbeitgeberin des Antragsgegners ein höheres oder niedrigeres Einkommen und demzufolge veränderte Unterhaltsansprüche der Antragstellerin und des Kindes der Parteien ergeben sollte. In Anknüpfung an diesen Vorbehalt hat der Antragsgegner kurze Zeit später beantragt, den Vergleich mit sofortiger Wirkung dahin abzuändern, daß eine Unterhaltszahlung für die Monate Oktober und November 1982 entfalle. Zur Begründung hat er hauptsächlich geltend gemacht, wegen Änderung seiner Steuerklasse von bisher III/2 in I/O sei er von seiner Arbeitgeberin im Monat September 1982 mit einer Überzahlung von 362,09 DM belastet worden und werde in den Monaten Oktober und November 1982 kein volles Gehalt ausgezahlt bekommen. Seinem Antrage, die Zwangsvollstreckung aus dem Zwischenvergleich bis zur Entscheidung über den Abänderungsantrag einstweilen einzustellen, hat das Familiengericht durch den von der Antragstellerin angefochtenen Beschluß stattgegeben. Dieser Beschluß ist indessen, wie bereits eingangs der Gründe ausgeführt wurde, weder mit der einfachen noch mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar, was für den Fall, daß das Familiengericht bis zur Entscheidung über einen Abänderungsantrag gemäß § 620 b ZPO die Vollziehung einer von ihm erlassenen einstweiligen Anordnung einstweilen aussetzt, einhellige Meinung ist (vgl. KG NJW 1971, 473; FamRZ 1981, 65; OLG Hamm FamRZ 1980, 174; OLG Schleswig SchHA 1978, 102; Stein-Jonas-Schlosser, ZPO, 20. Bearbeitung, § 620 e Anm. 2; Rolland, 1. EheRG, 2. Aufl., § 620 e Rz 1; Zöller-Philippi a.a.O., § 620 e Anm. 3; Thomas-Putzo, ZPO, 12. Aufl., Anm. zu § 620 e). Genau das Gleiche muß aber in sinngemäßer Anwendung des § 620 e ZPO gelten, wenn es, wie hier, darum geht, die Vollziehung eines im Verfahren der einstweiligen Anordnung geschlossenen Vergleichs bis zur Entscheidung über den Antrag, die vergleichsweise getroffene Regelung abzuändern, geht. Denn es geht nicht an, für Zwischenentscheidungen des Familiengerichts wie bei der Anordnung der einstweiligen Vollzugsaussetzung im Verfahren der einstweiligen Anordnung den Beschwerdeweg zu eröffnen, während die eigentliche Entscheidung - einstweilige Anordnung - abgesehen von den hier nicht einschlägigen Sonderfällen des § 620 c ZPO unanfechtbar ist. Nach alledem mußte die Beschwerde der Antragstellerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO verworfen worden. Beschwerdewert: 3.600,- DM.</p>
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} | 2 O 408/82 | "1982-12-29T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:30" | "2019-03-27T09:42:15" | Urteil | ECLI:DE:LGD:1982:1229.2O408.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:3px">Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Ersatz von Kreditnebenkosten und Zinsen geltend, die er zur Finanzierung seines Schadens aus einem Verkehrsunfall vom 30.10.1980 aufgewendet hat. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß die Beklagte den unfallbedingten Schaden des Klägers zu ersetzten hat. Mit Schreiben vom 14.11.1980 meldeten die Prozeßbevollmächtigten des Klägers dessen Schadensersatzanspruch bei der Beklagten an und wiesen gleichzeitig darauf hin, daß der Kläger nicht in der Lage sei, die unfallbedingten Aufwendungen aus eigenen Mitteln aufzubringen. Mit Schreiben vom 20.11.1980 erkannte die Beklagte ihre Ersatzpflicht an. Mit Schreiben vom 2.12.1980 bezifferten die Prozeßbevollmächtigten des Klägers gegenüber der Beklagten die Schadenersatzansprüche des Klägers, setzten eine Zahlungsfrist bis zum 12.12.1980 und wiesen darauf hin, daß der Kläger nach Ablauf der Frist Bankkredit in Anspruch nehmen müsse.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Am 15.12.1980 nahm der Kläger in Höhe der ihm entstandenen Schadenersatzforderung für Reparaturkosten, Mietwagen und Sachverständigenkosten einen Kredit auf. Am 22.12.1980 überwies die Beklagte die Schadenssumme entsprechend der Aufforderung der Prozeßbevollmächtigten des Klägers auf deren Konto. Diese leiteten den Betrag am 12.1.1981 an den Darlehensgeber des Klägers weiter.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Für das Darlehen mußte der Kläger Nebenkosten in Höhe von 59,-- DM und Zinsen in Höhe von 42,27 DM aufwenden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet, die Reparaturkosten habe er mittels eines zinslosen Darlehens des Inhabers der Mietwagenfirma G gezahlt. Die Rückzahlung des Darlehens sowie die Forderungen der Mietwagenfirma und des Sachverständigen seien ihm gestundet worden, nachdem er durch seine Unterschrift unter den Kreditantrag der D-Bank in E verbindlich erklärt habe, daß er im Falle des Eintritts des Zahlungsverzuges bei der Beklagten die Ansprüche durch Inanspruchnahme von Bankkredit abdecken werde.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:53px">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 102,27 DM nebst 4 % Zinsen von 59,-- DM seit dem 13.4.1981 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:53px">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte behauptet, eine Kreditaufnahme seitens des Klägers sei nicht notwendig gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px">Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze, sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:22px">Entscheidungsgründe :</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:22px">Die Klage ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Grundsätzlich hat zwar die Beklagte dem Kläger die Mittel für diejenigen Maßnahmen zur Schadensbeseitigung zur Verfügung zu stellen, die ein verständiger Fahrzeugeigentümer in der besonderen Lage des Klägers machen würde (vgl. BGH NJW197o, 1454). Zum Herstellungsaufwand im Sinne von § 249 Satz 2 BGB zählen neben den Instandsetzungskosten auch die Kosten für die Inanspruchnahme eines Kredits zur Finanzierung der Instandsetzung des Unfallfahrzeugs und zur Anmietung eines Ersatzwagens für die Dauer seines Ausfalles, soweit dem Geschädigten die Herstellung nur durch Aufnahme von Fremdmitteln möglich oder zuzumuten ist (BGH NJW 1974, 34, 35; Palandt-Heinrichs, BGB, 41. Aufl., S 249 Anm. 2 b).</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Der Geschädigte ist auch nicht verpflichtet, mit der Reparatur abzuwarten, bis der Schädiger die erforderlichen Mittel zur Verfügung stellt. Insbesondere gebietet das Interesse des Schädigers an der Geringhaltung der Herstellungskosten (zum Beispiel die Dauer der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs), daß Aufwendungen zur Beseitigung oder Minderung des Schadens schon gemacht werden, bevor etwa die dem Schädiger einzuräumende angemessene Frist zur Prüfung der Einstandspflicht verstrichen ist (vgl. BGH a.a.O.) Dem entspricht es auch, daß die Kosten einer solchen Finanzierung gemäß § 249 Satz 2 BGB dem Schädiger anzulasten sind, ohne daß der Geschädigte das Vorliegen der besonderen Voraussetzungen für einen Schuldnerverzug dartun müßte.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Ein hiernach grundsätzlich möglicher Anspruch des Klägers scheitert jedoch daran, daß der Kläger gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB) verstoßen hat. Da es dem Geschädigten grundsätzlich zuzumuten ist, die Kosten der Instandsetzung u.s.w. ohne Rückgriff auf einen Bankkredit aus eigenen Mitteln vorzustrecken, wenn dies ohne besondere Einschränkung der gewohnten Lebensführung möglich ist, sind für die Frage der Erforderlichkeit der Kreditaufnahme strenge Anforderungen angebracht. Das zunehmende Angebot von Organisationen und sonstigen Personen oder Firmen, sich der Finanzierung und Regulierung von Unfallschäden anzunehmen, ist kein Grund, die Inanspruchnahme derartiger Finanzierungshilfe von Rechts wegen als übliche Maßnahme der Schadensbeseitigung anzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">Zwar ist zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, daß die von ihm in Anspruch genommenen Unternehmen nicht verpflichtet waren, ihre Forderung gegenüber dem Kläger zu stunden. Selbst wenn diese aber im Hinblick auf die erwartete Kreditaufnahme ihre Forderungen gestundet haben, vermag dies gleichwohl die erst am 15.12.1980 erfolgte Kreditaufnahme nicht zu rechtfertigen. Dem insoweit ungenauen Vorbringen des Klägers ist zu entnehmen, daß er entweder mit den betroffenen Gläubigern bereits von Anfang an eine Stundung bis zum 15.12.1980 oder aber eine Stundung bis zur Leistungserbringung durch die Beklagte vereinbart hat. Was der Kläger insoweit tatsächlich vereinbart hat, kann jedoch dahingestellt bleiben. Im ersten Fall (Stundung bis zum 15.12.1980) ist dem Kläger vorzuhalten, daß er den Anspruch gegenüber der Beklagten erst mit Schreiben vom 2.12.1980 beziffert hat, obwohl er ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Kopie der Reparaturrechnung diese bereits am 18.11.1980 bezahlt hat. Es wäre ihm daher möglich und auch zuzumuten gewesen, seinen Schaden bereits zwei Wochen früher bei der Beklagten geltend zu machen. Berücksichtigt man, daß die Beklagte auf die Aufforderung des Klägers vom 2.12.1980 die Schadenssumme am 22.12.1980 angewiesen hat, so zeigt sich, daß bei einer dem Kläger möglichen früheren Anmeldung seines bezifferten Anspruches eine Zahlung durch die Beklagte bis zum 15.12.1980 ohne weiteres hätte erfolgen können. Soweit eine weitere Zahlungsverzögerung dadurch eingetreten ist, daß das Geld zunächst einer entsprechenden Aufforderung der Prozeßbevollmächtigten des Klägers noch auf deren Konto überwiesen worden ist, geht dies - ebenfalls unter dem Gesichtspunkt des Verstosses gegen die Schadensminderungspflicht -zu Lasten des Klägers. Es war von vornherein erkennbar, daß eine derartige Vorgehensweise den Zahlungseingang beim Kläger und damit die Tilgung seiner Verbindlichkeiten nur verzögern konnte.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">Hat der Kläger dagegen mit den von ihm beauftragten Unternehmern eine Stundung bis zur Leistung durch die Beklagte vereinbart, so war die Kreditaufnahme erst recht nicht erforderlich. Nachdem die Beklagte bereits mit Schreiben vom 20.11.1980 gegenüber den Prozeßbevollmächtigten des Klägers ihre Schadensersatzpflicht anerkannt und um Vorlage der entsprechenden Unterlagen gebeten hatte, konnte der Kläger von einer ungehinderten Schadensabwicklung ausgehen. Dabei mußte er aber mit einer Überschreitung der von ihm auf den 15.12.1980 gesetzten Frist rechnen. Diese erst mit Schreiben vom 2.12.198o gesetzte Frist war zu kurz bemessen. Dabei war nicht nur zu berücksichtigen, daß der Beklagten eine angemessene Frist zur Prüfung der Unterlagen einzuräumen war, sondern auch, daß es sich bei der Beklagten um eine Großbehörde mit verschiedenen Zuständigkeitsbereichen handelt. Der Kläger hätte daher bei der Fristsetzung berücksichtigen müssen, daß Prüfung und Überweisung der Schadenssumme verschiedenen Zuständigkeitsbereichen der Beklagten unterfallen würden und damit zwangsläufig eine verzögerte Erledigung zu erwarten war. Diesen Gesichtspunkten hat die Fristsetzung des Klägers nicht genügt.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Hieraus folgt zugleich, daß der Kläger die verlangten Aufwendungen auch nicht als Verzugsschaden nach S 286 BGB geltend machen kann. Infolge der unangemessenen Fristsetzung seitens des Klägers mangelt es an einem Verschulden der Beklagten (S 285 BGB). Verzug tritt erst nach Ablauf einer angemessenen Frist ein.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 713 ZPO.</p>
|
315,770 | olgk-1982-12-29-24-u-17282 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
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"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 24 U 172/82 | "1982-12-29T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:31" | "2019-03-27T09:42:15" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1982:1229.24U172.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 18. Juni 1982 verkündete Grundurteil der 30. Zivilkammer des Landgerichts Köln 30 0 551/81 - wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§ 543 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist verpflichtet, aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Wasserlieferungsvertrages ein Entgelt dafür zu entrichten, , daß die Klägerin Löschwasser für die gebäudeinterne Löschanlage der Beklagten vorhielt (§§ 305, 241 BGB). Die Parteien haben einen Wasserlieferungsvertrag geschlossen, der nach Darstellung der Beklagten dem von ihr überreichten Vertragsmuster entspricht. Nach diesem Vertrag verpflichtet sich die Klägerin, der Beklagten gegen­über bestimmte Wassermengen als Gebrauchswasser und zu Feuerlöschzwecken vorzuhalten und zu liefern (§ 1 Nr. 1 - 3 des Vertrags), und zwar gegen Zahlung des Wasserpreises, der sich nach § 2 des Vertrages aus </p><span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">dem Grundpreis, </p><span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">dem Bereitstellungspreis für Löschwasser, dem Arbeitspreis und</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">dem Schwachlastrabatt</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">zusammensetzt. Die Wasserlieferung erfolgt nach § 1 Nr. 5 des Vertrages zu den jeweils geltenden allgemeinen Versor­gungsbedingungen der Klägerin, die ihrerseits in § 10 Abs.2 vorsehen, daß "für die Vorhaltung von Reserve-, Zusatz- und Feuerlöschwasserversorgung. Bereitstellungspreise nach der jeweils gültigen Anlage B erhoben werden". Diese Anlage B setzt für die Bereitstellung von Löschwasser je m3/h Höchst­menge jährlich einen Preis von 36,-- DM fest.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Wasserlieferungsvertrag ist, soweit er einen Löschwasservorhaltepreis festsetzt, nicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB, § 1, 35 FSHG NW) nichtig. Zwar weist § 1 Abs. 1 FSHG NW den Gemeinden die Schadfeuer­bekämpfung als Aufgabe zu, verpflichtet diese, die Lösch­wasservorsorge zu treffen und auferlegt den Gemeinden und Kreisen die Kosten hierfür (§ 35 FSHG NW). Gleichwohl ent­halten die vorgenannten Normen des öffentlichen Rechts keinzwingendes Verbot für eine juristische Person des Privat­rechts, einer andern juristischen Person des Privatrechts aufgrund zivilrechtlicher Vereinbarung gegen Entgelt Löschwas­ser zu liefern oder vorzuhalten.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte kann der Klägerin auch nicht unmittelbar ent­gegenhalten, daß das Vorhalten von Löschwasser Aufgabe der Gemeinde sei, die diese unentgeltlich für den Bürger durch­zuführen habe, denn die Vorschriften des Feuerschutzhilfegesetzes für Nordrhein-Westfalen (§ 1 und § 3 ), aus denen sich die Kostentragungspflicht der Gemeinden über die Lösch­wasservorsorge ergibt, sind Normen des öffentlichen Rechts, die die Gemeinde als Hoheitsträger verpflichten. Diese Normen wirken nicht zwischen Personen des Zivilrechts wie den Parteien dieses Rechtsstreits, die durch eine zivilrechtliche Vereinbarung das Vorhalten von Löschwaser gegen Bezahlung vereinbart haben.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Vereinbarung über die zu entrichtenden Löschwasservorbehaltspreise verstößt auch nicht gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) oder den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Zwar könnten sich aus den vorgenannten rechtlichen Gesichtspunkten Bedenken gegen die Vereinbarung eines Lösch­wasservorhaltepreises der Klägerin dann ergeben, wenn sie - als juristische Person des Zivilrechts, die von der Stadt L. beherrscht wird oder deren Anteile sich überwiegend in der Hand der Stadt L. befinden die Wasserbezieher auf diesem Umwege zur Finanzierung der Löschwasservorsorge heranzöge, die die Stadt L. kraft gesetzlichen Auftrags unter Bezuschussung durch das Land NordrheinWestfalen (vgl. § 35 Abs. 4 FSHG NW) dem einzelnen Bürger bzw. der Allgemeinheit unentgeltlich zu leisten hat. So liegen die Dinge im vorliegenden Fall aber nicht. Die Stadt L. erfüllt ihre Aufgabe zur Löschwasservorsorge und Brandbekämpfung durch die von ihr unterhaltenen Löscheinrichtungen und die von ihr unterhaltene Feuerwehr. Sie gewährleistet eine allge­meine Brandbekämpfung. Daneben bleibt es jedem einzelnen Bürger überlassen, wie auf andern Gebieten öffentlicher Daseinsvorsorge, zusätzliche Vorsorgemaßnahmen und Vorkeh­rungen zu treffen. Hierzu gehört u.a. der Abschluß von zivilrechtlichen Verträgen, um den Brandschutz zu verbessern oder zu optimieren, weil die der Gemeinde zur Verfügung stehenden Mittel begrenzt sind und die Gewährleistung des Brandschutzes durch die Gemeinde nicht auf allerhöchstem Niveau möglich ist. Von dieser Möglichkeit privater Brand­schutzvorsorge hat die Beklagte Gebrauch gemacht, als sie den Löschwasseranschluß nahm und die Klägerin vertraglich verpflichtete, Löschwaser vorzuhalten und im Bedarfsfall zu liefern. Von einer Überbürdung der von der Stadt L. zu tragenden Löschwasservorhaltekosten auf Wasserbezieher der Klägerin kann daher keine Rede sein.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Aber auch aus einem weiteren Grunde kann sich die Beklagte nicht ihrer vertraglich übernommenen Zahlungsverpflichtung unter Berufung auf §§ 1, 35 FSHG NW entziehen. Die Verpflich­tung zur unentgeltlichen Löschwasservorsorge nach den ge­nannten Vorschriften des Feuerschutzhilfegesetzes ist näm­lich kein Monopolrecht oder eine Monopolverpflichtung der Gemeinden und Städte, sondern sie kann, wie sich aus den Vorschriften der Bauordnung des Landes Nordrhein-Westfalen ergibt, ebenso Aufgabe des Grundstückseigentümers und Bau­herren sein.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">So sind nach § 18 BauO NW</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten und instandzuhalten, daß der Entstehung und Ausbrei­tung von Schadfeuer vorgebeugt wird und bei einem Brand wirksame Löscharbeiten und die Rettung von Menschen und Tieren möglich sind.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">§ 4 Abs. 1 der Ausführungsverordnung zur BauO NW, legt fest, daß Hochhäuser mindestens eine Steigleitung haben müssen</p><span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">und daß auch eine nasse Steigleitung von der Baubehörde verlangt werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">In Abs. 5 der gleichen Ausführungsverordnung ist dann be­stimmt</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">"je nach Art, Nutzung und Beschaffenheit des Hochhauses können weitere Feuerlöscheinrich­tungen, wie selbsttätige Feuerlöschanlagen,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Ringwasserleitungen, Hydranten, Schlauchanschlüsse und Feuerlöscher sowie Feuermelde- und Alarmeinrichtungen, Rettungsgeräte, Rauchabzugseinrichtungen und Nachrichtenverbindungen, zu den</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Anschlüssen der Steigleitungen im Freien verlangt werden."</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Nach § 69 Abs. 1 Nr. 5 -bau0 NW können für bauliche Anlagen besonderer Art oder Nutzung zur Beseitigung von Gefahren besondere Anforderungen an den Brandschutz gestellt werden.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">§ 51 Abs. 1 BauO NW bestimmte daß Gebäude mit Aufenthalts­räumen nur errichtet werden dürfen,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">"wenn die Versorgung mit hygienisch einwandfreiem Trinkwasser dauernd gesichert ist. Zur Brandbekämpfung muß eine ausreichende Wassermenge zur Verfügung stehen; Ausnahmen können ... gestattet werden."</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Werden aufgrund der vorgenannten Vorschriften dem Bauherren und Grundeigentümer von der Baubehörde Auflagen zur Brand- -bekämpfung gemacht, so geschieht dies nicht in Erfüllung der kommunalen Aufgabe zur Brandbekämpfung sondern deshalb, weil der durch eine oftmals extreme bauliche Grundstücks­nutzung entstandenen erhöhten Brandgefährlichkeit eines Gebäudes durch den Eigentümer, dem auch die Vorteile der Grundstücksnutzung zufließen, begegnet werden muß. Es ver­steht sich daher von selbst, daß die Kosten der baulich veranlaßten Brandschutzanlagen und Einrichtungen ebenso wie ihre Unterhaltung vom Eigentümer zu tragen sind. Zu den Unterhaltskosten zählen aber nicht nur die Aufwendungen für die Wartung und Pflege der SprinkIeranlage sowie weiterer Einrichtungen, sondern auch die Kosten für das Vorhalten eines Wasservorrats. Dabei ist es unerheblich, ob dieser Wasservorrat durch eigene Wasserbecken und genehmigte Brunnen oder durch eine vertragliche Absprache mit einem Wasserliefe­ranten sichergestellt wird. Zutreffend hat daher die Beklag­te selbst ausgeführte daß dann, wenn einem Bauherrn die Errichtung weiterer selbständiger Feuerlöschanlagen auf­erlegt wird, diesen nicht nur die Installations- sondern auch die Folgekosten zur Last fallen. Dies bedeutet, auch nach Ansicht der Beklagten, in der Konsequenz, daß der Eigen­tümer, in dessen Gebäude sich eine Sprinkleranlage befindet, selbst für eine ausreichende Löschwasserversorgung Sorge zu tragen hat, d.h. die anteiligen Vorhaltekosten auf ihn abgewälzt werden können.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte, die sich mit den in ihrem Gebäude befindlichen Brandbekämpfungsanlagen, u.a. einer Sprinkleranlage, an das Leitungsnetz der Klägerin angeschlossen hat und für die von der Klägerin vereinbarungsgemäß bestimmte Lösch­wasservormengen vorgehalten werden, muß daher grundsätzlich diese Sonderleistung, wie vertraglich vereinbart, vergüten.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die getroffene Preisabsprache hinsichtlich der Löschwasser­vorhaltekosten ist auch nicht deshalb gem. § 138 BGB nichtig oder gem. § 315 Abs. 3 BGB unwirksam, weil Vorhaltekosten der Klägerin nicht entstehen. Zwar hat die Beklagte vorge­tragen, besondere Kosten entstünden der Klägerin durch das. Vorhalten ausreichender Wassermengen für einen möglichen Brandfall im Hause der Beklagten nicht. Darauf kommt es aber nicht entscheidend an. Auch wenn keine besonderen bau­lichen Maßnahmen oder andere Investitionen auf seiten der Klägerin für den Anschluß der Abnehmer mit Sprinkleranlagen erforderlich waren, so entstehen der Klägerin gleichwohl zusätzliche Aufwendungen dadurch, daß sie entsprechend den von ihr übernommenen Lieferverpflichtungen für Löschwasser größere Mengen von Wasser vorhalten, entsprechend dimensi­onierte Wasserrohre verlegen und unter Sicherstellung eines hinreichenden Wasserdrucks unterhalten muß. Diese zusätz­lichen Aufwendungen sind Vorhaltekosten. Soweit die Beklagte rügt, die Klägerin habe ihre Wasservorhalteanlagen durch den Anschluß der Sprinkleranlage der Beklagten nicht erwei­tern müssen, ist ihr Vorbringen unerheblich. Die Tatsache, daß die Klägerin vorausschauend so geplant hat, daß ohne Netzerweiterung Sprinkleranlagen angeschlossen werden können, kann der Beklagten nicht zum Vorteil gereichen, weil für die Preisfestsetzung eben nur maßgeblich ist, ob eine Gegen­leistung vertraglich zu gewähren ist und gewährt wird. Dies ist aber, wie oben ausgeführte der Fall.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Wasserlieferungsvertrag und die Preisvereinbarung ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam. Eine gegen Treu und Glauben verstoßende Benachteiligung des Kun­den läßt sich in dem Vertragswerk nicht feststellen. Es besteht nach dem Wasserlieferungsvertrag zwar die Verpflich­tung des Wasserbeziehers, seinen gesamten Wasserbedarf bei der Klägerin zu decken (§ 1 Nr. 4 des Vertrages). Die Klä­gerin hat aber zu erkennen gegeben( auf der Einhaltung die­ser Bezugsverpflichtung jedenfalls für den Bereich der Lösch­wasserversorgung nicht bestehen zu wollen. Sie hat der Be­klagten freigestellt, ihr Löschwasser aus anderer Quelle beziehen zu können, ein Angebot, auf das die Beklagte nicht eingegangen ist. Hält aber die Beklagte ihren Löschwasser­anschluß bei der Klägerin aufrecht, so ist es nicht unangemessen, wenn sie sich an den Löschwasservorhaltekosten be­teiligen muß.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Schließlich widerspricht die Preisvereinbarung hinsichtlich der Vorhaltekosten für das Löschwasser nicht der in § 3 des Wasserlieferungsvertrages getroffenen Regelung? nach der Änderungen des Vertrages nur unter besonderen Voraus­setzungen zulässig sind. Die Verpflichtung zur Entrichtung des Vorhaltepreises ist nicht neu entstanden, sondern war schon im Vertrage selbst (§ 2 des Vertrages) begründet. Allein aus der Tatsache, daß dieser Anspruch möglicherweise eine Zeitlang nicht verfolgt worden ist, läßt sich nicht herleiten? daß insoweit eine stillschweigende Vertragsänderung des Wasserlieferungsvertrages eingetreten ist, deren erneute Korrektur nur im Rahmen und unter den Voraussetzungen des § 3 des Vertrages möglich wäre. Lediglich das zeitweise Nichtgeltendmachen einer Forderung stellt ohne Hinzutreten besonderer Umstände keinen Verzicht über die nicht mehr weiterverfolgten Forderungen hinaus dar. Solche besonderen Umstände sind aber nicht dargetan noch ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Wert des Berufungsverfahrens und Beschwer der Beklagten:  12.404,96 DM,</p>
|
315,771 | olgham-1982-12-14-4-u-15582 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 U 155/82 | "1982-12-14T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:34" | "2019-03-27T09:42:15" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1982:1214.4U155.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28. Januar 1982 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 10.000,— DM abzuwenden, sofern die Beklagte vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Beschwer der Klägerin - zugleich Streitwert für den Berufungsrechtszug - beträgt 75.000,-- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist ein Verein, der satzungsgemäß u.a. Wettbewerbsverstöße verfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte, eine Kreissparkasse, veröffentlichte am 21.5.1981 in der Ausgabe xxx einer Tageszeitung die folgende Anzeige:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">"Verkauf von Sicherungsgut. In der 1. Etage unseres</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Hauses xxx werden am 22. und 25. Mai 1981 Orientteppiche, Brücken und Läufer fast aller orientalischen Provenienzen und Maße verkauft.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Öffnungszeiten</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">von 9 bis 16 Uhr Kreissparkasse</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">xxx</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Telefon xxx - "</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hält die Ankündigung eines Verkaufs von Sicherungsgut in der oben dargelegten Weise wie den Verkauf selbst unter den in den Entscheidungsgründen des vorliegenden Urteils behandelten rechtlichen Gesichtspunkten für wettbewerbswidrig.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat deshalb beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Beklagten wird bei Vermeidung von vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldern bis zu 500.000,— DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, künftig im geschäftlichen Verkehr für den Verkauf von Sicherungsgut (Orient-Teppiche, Brücken und Läufer) an Letztverbraucher in den Räumen in der Kreissparkasse xxx an bestimmten Tagen zu werben bzw. an diesen Tagen einen solchen Verkauf durchzuführen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Sie hält das von ihr angekündigte Verhalten nicht für wettbewerbswidrig.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil, auf das verwiesen wird, hat die Beklagte rechtzeitig Berufung eingelegt.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Sie wiederholt ihren Vortrag erster Instanz und ergänzt ihn.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Er verteidigt das angefochtene Urteil.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Bezüglich der Einzelheiten des Vortrages der Parteien wird auf deren Schriftsätzen, auf die zu den Gerichtsakten überreichten Unterlagen, sowie auf die unten folgenden Entscheidungsgründe verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig und begründet.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Es ist entgegen der Ansicht des Landgerichts unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte Sicherungsgut auf die im vorliegenden, Rechtsstreit in Rede stehende Weise verkauft.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">I. </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Ein Verstoß gegen § 1 UWiC; 1 EHG (Ges. über die Berufsausübung im Einzelhandel vom 5.8.1957, BGBl. I 1121) kommt entgegen der Ansicht des Landgerichts schon deshalb nicht in Betracht, weil das Gesetz über die Berufsausübung im Einzelhandel gem. Art. 9 Mr. 3 des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts vom 24.8.1976 (BGBl. I, 2445) außer Kraft getreten ist, soweit es sich nicht auf ärztliche Hilfsmittel bezieht.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">II. </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht des Landgerichts verstößt die im vorliegenden Rechtsstreit behandelte Tätigkeit der Beklagten auch nicht gegen § 1 UWG in Verbindung mit § 3 Sparkassengesetz MW vom 10.7.1970 (GVBl NRW 1970/604). Wenn in § 3 des Sparkassengesetzes die "kreditwirtschaftliche Versorgung der Bevölkerung" als Aufgabe der Sparkassen in den Vordergrund gestellt wird, sagt diese Umschreibung nichts darüber, wie die Sparkasse ihr Sicherungsgut zu verwerten hat.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">III. </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Auch § 34 b GewO und in Sonderheit Abs. 6 Mr. 5 a) und b) dieser Vorschrift stützen nicht die Ansicht des Landgerichts, die Beklagte handele auf die im vorliegenden Rechtsstreit behandelte Weise wettbewerbsrechtlich anstößig. Diese Vorschrift befaßt sich mit demjenigen (vgl. Abs. 1), der gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen oder Rechte versteigern will (Versteigerungsgewerbe). Gemäß Abs. 6 Mr. 5 a) und b) dieser Vorschrift ist es dem Versteigerer verboten, Sachen zu versteigern, an denen er ein Pfandrecht besitzt oder soweit sie zu den Waren gehören, die in offenen Verkaufsstellen feilgeboten werden und die ungebraucht sind oder deren bestimmungsgemäßer Gebrauch in ihrem Verbrauch besteht. Diese Vorschriften regeln Tatbestände, welche hier offensichtlich nicht vorliegen, und zwar schon deshalb nicht, weil die Beklagte nicht gewerbsmäßig damit befasst ist, fremde bewegliche Sachen oder Rechte zu versteigern, weil sie ferner im vorliegenden Fall unstreitig nicht zu versteigern angekündigt hat, d.h. nicht dazu auffordern wollte, nach (Meist-) Gebot Sachen zu erwerben, sondern unstreitig ihr zur Sicherheit anvertraute Teppiche in ihren Geschäftsräumen lediglich "normal" verkaufen wollte. Aber auch die entsprechende Anwendung der genannten Vorschriften oder darin zum Ausdruck kommender einzelner. Rechtsgedanken ist nicht geboten. Diese Vorschriften regeln, wie bereits angedeutet worden ist, innerhalb der Gewerbeordnung eine besondere gewerbliche Tätigkeit, nämlich die des Versteigerers. In Sonderheit Abs. 6 Mr. 5 a dieser Vorschrift will mögliche wirtschaftliche Konfliktsituationen des Versteigerers vermeiden (vgl. Landmann-Rohmer/Meindaus, GewO, 13. Aufl., § 34 b Rn 35); durch § 34 b Abs. 6 Nr. 5 b sollen Wettbewerbsnachteile für den Einzelhandel verhindert werden, die auftreten könnten, wenn Waren, die in offenen Verkaufsstellen feilgehalten werden und die ungebraucht sind, in unkontrollierbaren Mengen auf dem Wege der Versteigerung abgesetzt werden (vgl. BGH NJW 1973, 246). § 34 b Gewerbeordnung wendet sich also im allgemeinen Ansatz wie in den bezeichneten Einzelregelungen an einen bestimmten Gewerbetreibenden und regelt u.a. dessen Wettbewerbsverhältnis zum Einzelhandel. Die in § 34 b Gewerbeordnung geregelten besonderen Tatbestände lassen sich angesichts ihres allgemeinen Zwecks wie auch wegen ihrer wie oben dargestellten besonderen Zielrichtung nicht zu Lasten der Beklagten bei Tatbeständen wie dem hier behandelten verallgemeinern. Hinzu kommt schließlich, daß in dem hier behandelten Fall Waren nicht versteigert, sondern verkauft werden sollten. Auch dies bezeichnet einen Umstand, welcher den hier behandelten Fall von den erörterten Tatbeständen der Gewerbeordnung wesentlich unterscheidet. Denn es geht doch bei dem freihändigen Verkauf von Sicherungsgut um eine andere Form der Verwertung als durch Versteigerung, für die wie für die Möglichkeit der Versteigerung ein Bedürfnis bestehen kann (wie vergleichsweise etwa beim freihändigen Verkauf von Pfandstücken nach Maßgabe von § 1245 BGB), für die sich aber wegen einer anderen Ausgangssituation die für eine Versteigerung geltenden Regelungen nicht ohne weiteres übertragen lassen, auch nicht (siehe den Fall § 34 b Abs. 6 Nr. 5 b Gewerbeordnung) die den Wettbewerb zwischen dem Versteigerer und anderen Gewerbetreibenden regelnde Vorschrift. Weil deshalb § 34 b Gewerbeordnung für den im vorliegenden Rechtsstreit in Rede stehenden Fall schon im Ansatz nichts hergibt, braucht auf § 12 Abs. 1 Ziff. 3 VersteigerungsVO, eine Ausnahmevorschrift zu § 34 b Abs. 6 Nr. 5 b Gewerbeordnung, welche von den Parteien im vorliegenden Verfahren erörtert worden ist, nicht eingegangen zu werden.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">IV. </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Ein Verstoß gegen § 9 a UWG in Verbindung mit §§ 1, 2 AO RWM vom 4.7.1935 liegt ebenfalls nicht vor. § 1 AO bezieht sich, das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, auf Verkaufsveranstaltungen im Einzelhandel. Einzelhandel im überkommenen Sinn betreibt die Beklagte aber nicht. Die Beschränkung der genannten Normen auf Tätigkeiten im Einzelhandel läßt sich auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift erschließen: Es kam dem Verordnungsgeber darauf an, besondere im Einzelhandel aufkommende Verkaufsveranstaltungen bestimmter Art wie "weiße Wochen", "Aussteuertage" etc. zu verhindern (Baumbach-Hefermehl, UWG § 9 a Rn 1). Angesichts dessen kann nicht davon ausgegangen werden, nach dem Willen des Gesetzgebers habe etwa jedwede Warenumsatzgeschäfte betreffende Tätigkeit, und zumal auch eine solche, die lediglich der Verwertung von Sicherungsgut außerhalb von Einzelhandelsgeschäften oder -veranstaltungen) dient, in den Anwendungsbereich der hier erörterten Normen aufgenommen werden sollen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">V. </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Es bleibt deshalb allein die Frage, ob das Verhalten der Beklagten unter dem Gesichtspunkt eines etwaigen durch die Tätigkeiten der Beklagten bewirkten ruinösen Wettbewerbs gegen § 1 UWG verstößt. Diese Frage ist zu verneinen. Ein solcher Verstoß gegen § 1 UWG wird nicht deutlich.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Mit Geschäften der vorliegenden Art, mit denen sie im sachlichen Ergebnis als Konkurrentin von Teppichhändlern auftritt, handelt die Beklagte allerdings in einem weiteren Sinn zu Zwecken des Wettbewerbs (§ 1 UWG).</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Aus ihrer Aufgabenstellung versteht es sich von selbst, daß die Beklagte, die eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist (§ 2 Sparkassengesetz NW), als eine solche Körperschaft nicht ohne weiteres von privatwirtschaftlichen Tätigkeiten ausgeschlossen ist; im Gegenteil besteht ihre Aufgabe zu einem großen Teil gerade auch darin, mit "wirtschaftlich schwächeren Bevölkerungskreisen" (§ 3 Sparkassengesetz MW) auf dem Gebiet des Kreditwesens privatwirtschaftlich tätig zu sein.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben indes (im Anschluß an die Entscheidung des BGH zu "Brillenselbstabgabestellen" von xxx vgl. BGH GRUR 82, 425) erörtert, ob das Verhalten der Beklagten als einer Körperschaft des öffentlichen Rechts etwa deshalb wettbewerbsrechtlich anstößig ist, weil sie bei dem Verkauf von Sicherungsgut nicht den gleichen Wettbewerbsbedingungen wie ein Einzelhändler unterliegt, ob man im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Beklagten insgesamt von einem ruinösen Wettbewerb sprechen muß. Die Frage ist jedoch zu verneinen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Es ist zunächst klarzustellen, daß man die Fragestellung ohne sachliche Rechtfertigung verkürzt und verzerrt, wenn man das Augenmerk und den Schwerpunkt der Argumentation auf den Umstand legen wollte, daß es sich bei der Beklagten um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt; denn in Wahrheit stellt sich die hier behandelte Frage für alle öffentlich-rechtlichen wie privatrechtlichen Kreditinstitute gleichermaßen, welche privatwirtschaftlich tätig sind und Sicherungsgut zu verwerten haben.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Will man nach Maßgabe dessen dennoch mit dem oben gekennzeichneten Denkansatz fortfahren: Die Wettbewerbsbedingungen der Beklagten einerseits und von Einzelhändlern der jeweiligen Branche andererseits lassen sich mangels übereinstimmender kennzeichnender Grundmuster ihrer Tätigkeiten nur schwer vergleichen; nach Maßgabe dessen mag man jedoch im vorliegenden Zusammenhang von ungleichen Wettbewerbsbedingungen sprechen und anführen, das "unternehmerische Risiko" der Beklagten sei anders als beim Einzelhandel dadurch begrenzt, daß ihr Hauptziel in der Rückführung ihrer Kredite begründet liege, daß sie häufig ferner keinen Regreß zu fürchten brauche, wenn sie den Verkauf nicht mit äußerster Anstrengung und mit dem Ziel hoher Verkaufserlöse betreibe, sondern nur solche Preise ansetze und akzeptiere, die ihre Kreditforderungen abdecken. Auch wenn man dies alles in Rechnung stellt, wird ein Verstoß gegen § 1 UWG indes schon deshalb nicht deutlich, weil durch das Verhalten der Beklagten die Freiheit des Wettbewerbs nicht beeinträchtigt wird, weil ferner ein ruinöser Konkurrenzkampf nicht zu erwarten ist: für ein Unternehmen wie eine Sparkasse, aber auch für andere Kreditinstitute, welche regelmäßig in erster Linie daran interessiert ist, an der Prosperität ihrer Kunden teilzunehmen, bedeutet das hier behandelte Verwertungsgeschäft trotz derzeit angespannter Wirtschaftslage mit deutlichem Akzent nur eine Ausnahme. Die Branche, deren Produkte im Einzelfall als Sicherungsgut verwertet werden, wird angesichts der geschilderten theoretischen wie praktischen Ausnahmesituation nach den Beobachtungen des Senats nur unwesentlich beeinträchtigt; das ist u.a. auch auf die Zurückhaltung (im Interesse ihrer anderen gewerbetreibenden Kunden) der Kreditinstitute zurückzuführen, Sicherungsgut auf die hier behandelte Weise zu verwerten. Solche Verwertung dient andererseits der Erhaltung und der Leichtigkeit des Kreditverkehrs und damit letzten Endes auch den Interessen des Einzelhandels selbst. Insgesamt ist in keiner Weise eine Aushöhlung des Leistungswettbewerbs oder ein ruinöser Wettbewerb bei einer Verhaltensweise wie der hier erörterten zu befürchten. Auf die strukturellen Unterschieden zwischen den im vorliegenden Rechtsstreit ins Auge gefassten Branchen (siehe oben) braucht deshalb hier nicht näher eingegangen zu werden. Den von der Klägerin geäußerten Verdacht, hier werde manipuliert, der Verkauf von Sicherungsgut werde - durch Nichtzahlung provoziert - nur vorgeschoben, um einen verschleierten Hausverkauf abzuhalten, hat die Beklagte substantiiert zurückgewiesen und betont, sie verkaufe das Sicherungsgut nur soweit und so lange, bis ihre Forderung- gedeckt sei. Beweis für ihren gegenteiligen Verdacht hat die Klägerin nicht angeboten.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Mr. 10 ZPO.</p>
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"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 11 C 191/82 | "1982-12-14T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:35" | "2019-03-27T09:42:15" | Urteil | ECLI:DE:AGBN:1982:1214.11C191.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p><p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.</p><p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">T a  t b  e  s  t a  n d</span></strong></p><span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger erwarb für die Aufführung der Bühnen der Stadt C vom 24.10.1981 zwei Eintrittskarten zum Preis von je 18,-- DM. Mit seiner Klage fordert er diesen Eintrittspreis zurück.</p><span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 24.10.1981 wurde das Drama."Penthesilea, Trauerspiel von Heinrich von Kleist" gespielt.</p><span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist der· Ansicht, die Inszenierung des Stückes habe sich so stark vom Original unterschieden, daß es nicht wie oben wiedergegeben hätte angekündigt werden dürfen. Vielmehr hätte man einen Zusatz machen müssen, der auf die vom Original abweichende Bearbeitung hingewiesen hätte.</p><span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p><span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 36,-- DM zu zahlen. ·</p><span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p><span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p><span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p><span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</span></strong></p><span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Klage ist unbegründet·.</p><span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der zwischen den Parteien abgeschlossene Theaterbesuchvertrag ist in seinen wesentlichen Elementen als Werkvertrag anzusehen (vgl. die Entscheidung des Reichsgerichts RG 133, 388). Daher könnte der Kläger gem. §§ 633, 634 BGB Rückzahlung des Eintrittspreises verlangen, wenn der Aufführung eine zugesicherte Eigenschaft gefehlt hätte oder wenn die Aufführung mit Fehlern behaftet gewesen wäre, die den Wert der Aufführung aufgehoben hätten. Dies ist jedoch nicht der Fall.</p><span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Unstreitig ist in der vorliegenden Inszenierung der Penthesilea der Originaltext von Heinrich von Kleist rezitiert worden. Die vom Regisseur vorgenommenen Kürzungen und Regieanweisungen müssen dabei als zulässig angesehen werden.</p><span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Nach dem heutigen Kunstverständnis ist nämlich die Regiearbeit als künstlerische Arbeit anzusehen. Hierbei muß dem Regisseur eine gewisse Gestaltungsfreiheit eingeräumt werden, die seiner künstlerischen Eigenart entspricht und es ihm erlaubt, in seinem Werk seine individuelle Schöpferkraft und sein Schöpfenwollen zum Ausdruck zu bringen (vgl. die Entscheidung des Bundesgerichtshof BGH 19, 382).</p><span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Unverkennbar hat sich auf den deutschen Bühnen der Gegenwart eine starke Neigung zu einer aktualisierenden und kritischen Aufführungsweise von Stücken der Klassiker herausgestellt. Diese auch dem Kläger bekannte Tendenz bewirkt eine "Umfunktionierung" (B. Brecht) eines Textes, wobei unter neu zu bestimmenden ideologischen oder ästhetischen Gesichtspunkten neue Schwerpunkte gesetzt werden.</p><span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn es sich bei der Aufführung der Penthesilea vom 24.10.981 um eine solche kritische Umfunktionierung gehandelt haben sollte -dies wird von der Beklagten bestritten<img height="21" width="3" src="11_C_191_82_Urteil_19821214_0.png" alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." />- könnte hierin kein rechtlicher Mangel gesehen werden. Denn anders als bei Stücken moderner Autoren, die noch urheberrechtlich geschützt sind, deckt das heutige Regieverständnis für Klassiker selbst umfunktionierte Aufführungen.</p><span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Diese vom erkennenden Gericht vertretene Auffassung verstößt auch nicht gegen den vom Kläger vorgetragenen Gedanken des Verbraucherschutzes. Der interessierte Theaterbesucher hat nämlich vielfältige Informationsmöglichkeiten, insbesondere durch die Tagespresse. Wenn er von diesen Möglichkeiten Gebrauch macht, wird er durch eine solche umfunktionierte Aufführung sicherlich nicht überrascht sein und notfalls, falls er mit solchen Aufführungen nicht einverstanden ist, diese auch nicht besuchen.</p><span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen.</p>
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315,773 | olgham-1982-12-01-5-uf-18382 | {
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 UF 183/82 | "1982-12-01T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:37" | "2019-03-27T09:42:15" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1982:1201.5UF183.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das am 25. März 1982 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hagen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:</p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab 1. Januar 1982 monatlich 666,00 DM Unterhalt zu zahlen.</p>
<p>Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die weitergehende Berufung und die Anschlussberufung werden zurück-gewiesen.</p>
<p></p>
<p>Von den Kosten des ersten Rechtszuges trägt die Klägerin 29 %, der Beklagte 71 %; von den Kosten des zweiten Rechtszuges trägt die Klägerin 26 %, der Beklagte 74 %.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 19.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin in gleicher Höhe Sicherheit leistet.</p>
<p>Die Klägerin kann die Vollstreckung (wegen der Kosten) durch Sicherheits-leistung in Höhe von 1.500,00 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte in gleicher Höhe Sicherheit leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird zugelassen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die am 27.02.1947 geborene Klägerin und der am 09.12.1938 geborene Beklagte hatten am 17.11.1967 geheiratet. Die Ehe ist - nachdem die Parteien sich bereits im September 1977 durch den Wegzug der Klägerin getrennt hatten - durch Urteil vom 13.10.1981, rechtskräftig seit dem 22.12.1981, geschieden worden.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Sorgerecht für das gemeinsame Kind X, geboren am 26.02.1971, ist der Klägerin übertragen worden. Sie hat ein weiteres Kind - X2, geboren 1966 -, das seit dem Sommer 1981 bei der Mutter der Klägerin lebt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Im Scheidungsverfahren ist der Beklagte durch einstweilige Anordnung verpflichtet worden, an die Klägerin ab 01.11.1981 monatlichen Unterhalt von 780,00 DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin nachehelichen Unterhalt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat ihr durch das angefochtene Urteil von (noch) begehrten 942,00 DM monatlich ab 01.01.1982 500,00 DM zugesprochen. Es ist von einem - nach Abzug des Kindesunterhalts - anrechenbaren Einkommen des Beklagten von 2.120,00 DM ausgegangen. Von einem 3/7-Anspruch von rd. 910,00 DM hat es 410,00 DM als Versorgungsentgelt für den Zeugen T2 abgezogen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand nebst Verweisungen und die Entscheidungsgründe des amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit der Berufung begehrt die Klägerin (insgesamt, einschließlich des ausgeurteilten Betrages) für die Zeit vom 01.01. bis zum 31.03.1982 monatlich 800,00 DM, ab 01.04.1982 910,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Sie trägt vor: Sie habe bisher keine angemessene Tätigkeit gefunden, obwohl sie sich intensiv bemüht habe. Für die Monate Januar bis März 1982 lasse sie sich monatlich 110,00 DM für die Versorgung des Zeugen T2 anrechnen (nur Wäsche waschen). Ab 01.04.1982 habe sie die Versorgung eingestellt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">abändernd</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an sie für die Zeit vom 01.01. - 31.03.1982</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">eine Unterhaltsrente von monatlich 800,00 DM </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">und ab 01.04.1982 von 910,00 DM zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">ferner,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">die Anschlussberufung des Beklagten zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">auf die Anschlussberufung</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">abändernd die Klage insgesamt abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte erstrebt den völligen Wegfall seiner Unterhaltspflicht mit folgender Begründung:</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin habe im Frühjahr/Sommer 1977 hinter seinem Rücken ehebrecherische Beziehungen zu dem Zeugen T2 aufgenommen. Bis zu ihrer Rückkehr nach Hagen (Ende April 1980) habe sie sich um die Kinder überhaupt nicht gekümmert. Dann habe sie gemeinsam mit T2 in Hagen eine Wohnung bezogen und X zu sich genommen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte bestreitet die Bemühungen der Klägerin um einen Arbeitsplatz.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Wegen des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszuge im Einzelnen wird auf ihre inhaltlich vorgetragenen Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Akten 57 F 11/81 Amtsgericht Hagen waren informatorisch Gegenstand der mündlichen Verhandung.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Parteien gemäß § 141 ZPO angehört sowie den Zeugen T2 und die Klägerin als Partei eidlich vernommen. Dazu wird auf den Berichterstattervermerk verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; sie ist mithin zulässig. Sachlich ist sie zum Teil gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die (unselbständige) Anschlussberufung ist dagegen nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte schuldet der Klägerin nachehelichen Unterhalt in Höhe von 666,00 DM monatlich, § 1570 BGB. Der Anspruch ist nicht wegen grober Unbilligkeit ausgeschlossen, § 1579 Abs. 1, Nr. 4, Abs. 2 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Da die Klägerin den gemeinsamen, inzwischen 11 (fast 12) Jahre alten Sohn X betreut, kann sie vom Beklagten nachehelichen Unterhalt verlangen (§ 1570 BGB), solange und soweit von ihr wegen der Pflege und der Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Ein Unterhaltsanspruch besteht allerdings nicht, soweit die Inanspruchnahme des Beklagten grob unbillig wäre (hier: nach § 1579 Abs. 1 Ziffer 4 BGB), es sei denn, dass Abs. 2 der genannten Vorschrift eingreift.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">In diesem Zusammenhang (§ 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB) ist unter Umständen ein schweres Fehlverhalten des Unterhalt beanspruchenden Ehegatten zu berücksichtigen. Es kann insbesondere dann vorliegen, wenn sich ein Ehegatte gegen den Willen seines Ehepartners einem anderen Partner zuwendet und mit diesem in eheähnlicher Gemeinschaft zusammenlebt (BGH, u.a. FamRZ 1980, 665 ff.). Insoweit genügt indessen nur ein schwerwiegendes und klar bei <u>einem</u> der Ehegatten liegendes Fehlverhalten (BGH, u.a. FamRZ 1982, 463, 464, mit weit. Nachw.). Für die Frage der Einseitigkeit und Schwere ist das Verhalten des anderen, auf Unterhalt in Anspruch genommenen Ehegatten nicht ohne Bedeutung. Liegen Verfehlungen des unterhaltspflichtigen Ehegatten von einigem Gewicht vor, die dem Unterhalt begehrenden Gatten das Festhalten an der Ehe erheblich erschwert haben und dessen eigenes Fehlverhalten in einem milderen Licht erscheinen lassen, so führt das zur Unanwendbarkeit des § 1579 Abs. 1 Ziffer 4 BGB (vgl. u.a. BGH, FamRZ 1982, 779 ff.). Aus der grundsätzlichen Abkehr des Gesetzgebers vom Schuldprinzip ist indessen zu folgern (so auch: BGH, FamRZ 1982, 463, 464), dass im Rahmen der Prüfung der Einseitigkeit des Fehlverhaltens nicht jeglichen Vorwürfen nachzugehen ist, die gegen den unterhaltspflichtigen Ehegatten erhoben werden, sondern dass nur <u>konkret vorgebrachte</u> Verfehlungen <u>von einigem Gewicht</u> Bedeutung erlangen können.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Betrachtet man unter diesen Gesichtspunkten das Verhalten der Parteien, das zu ihrer Trennung geführt hat, so ergibt sich zur Überzeugung des Senats Folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist aus einer im Wesentlichen intakten oder jedenfalls wieder intakt gewordenen Ehe ausgebrochen. Das folgt aus dem Vorbringen der Parteien im Zusammenhang mit dem Ergebnis ihrer Anhörung und der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme. Anlass für die Trennung war, dass die Klägerin einige Zeit zuvor den Zeugen T2 kennengelernt hatte. Wenn es zwischen ihnen in dieser Zeit auch noch nicht zu ehewidrigen oder gar ehebrecherischen Beziehungen gekommen war, so war die Klägerin doch von der "Welt", in welcher der Zeuge lebte, fasziniert. Das kommt darin zum Ausdruck, dass die Klägerin sich sagte, was der Zeuge (als Lkw-Fahrer) mache, das wolle sie auch machen. Sie war (vor der Trennung vom Beklagten) mit T2 auch schon gelegentlich 1 - 2 Tage im Lkw unterwegs gewesen. So war es - aus dieser Faszination heraus - folgerichtig, dass die Klägerin nach der Trennung vom Beklagten zu dem Zeugen T2 in den Wohnwagen zog und - wie sie vor dem Senat erklärt hat - in derselben Firma wie er Arbeit, ebenfalls als Kraftfahrerin, fand.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Dass die Klägerin mit T2 nicht sogleich auch intime Kontakte aufnahm, steht - für sich gesehen - der Anwendung des § 1579 Abs. 1 Ziff. 4 BGB nicht entgegen; denn sie lebten im unmittelbaren Anschluss an die Trennung der Parteien eheähnlich zusammen (BGH, FamRZ 1980, 665); sie boten nach außen ganz das Bild eines wie Eheleute zusammenlebenden Paares (vgl. OLG Hamm, 4. FamS, FamRZ 1981, 162).</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Parteien lebten in der Zeit vor der Trennung im Wesentlaichen harmonisch zusammen. Sie boten nach außen (Aussage des Zeugen T den Eindruck, dass sie sich immer gut verstanden. Dass es ab und zu Streit wegen der Kinder gab, wenn es z.B. um den Zeitpunkt ihres Zubettgehens ging, liegt innerhalb eines normalen Eheverlaufs. Dass dieser Streit, sei es auch nur bisweilen, heftig geworden wäre, hat die Klägerin nicht behauptet.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Störungen ernsterer Art sind ersichtlich im sexuellen Bereich aufgetreten. Diese hatten ihre Ursache darin, dass die Parteien hinsichtlich der Ausführung des Geschlechtsverkehrs unterschiedliche Vorstellungen hatten. Die Klägerin hat jedoch eingeräumt, dass der Beklagte sie insoweit zu keinem bestimmten Verhalten gezwungen hat. Somit kann diesbezüglich nicht von einer <u>Verfehlung</u> des Beklagten die Rede sein; die Parteien hatten hierzu unterschiedliche <u>Auffassungen</u>. Es ist nicht hervorgetreten, dass die Auffassung einer der Parteien, etwa die des Beklagten, abnorm gewesen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Schließlich wirft die Klägerin dem Beklagten noch sein Verhalten anderen Frauen gegenüber vor. Insoweit hat sie erklärt, dass er mit X3 "öfter was gehabt" habe, auch noch nach 1973. Der Beklagte hat einen Vorfall unter Alkoholeinfluss eingeräumt, diesen zeitlich aber mit 1972/1973 eingeordnet und hinzugefügt, dass er jedenfalls in den letzten <u>drei</u> Jahren vor der Trennung nichts mit anderen Frauen gehabt habe.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Immerhin wird bei Beachtung der beiden letzten Gesichtspunkte (Störungen im sexuellen Bereich und - wenn auch zeitlich zurückliegende - außereheliche Kontakte des Beklagten) deutlich, dass die Klägerin jedenfalls nicht ohne jeden Anlass sich von dem Beklagten abgewandt hat. Hinzu kommt, dass die Klägerin aufgrund gemeinsamen Vorschlags der Parteien und gerichtlicher Sorgerechtsentscheidung das Kind der Parteien betreut.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Deshalb kann gegenwärtig im Ergebnis dahinstehen, ob die Voraussetzungen des § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB als erfüllt anzusehen sind oder nicht, weil nämlich nach § 1579 Abs. 2 BGB der Abs. 1 nicht anwendbar ist, solange und soweit von dem Berechtigten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Die Anwendung dieser Vorschrift auf den hier zu entscheidenden Fall ist nicht verfassungswidrig. Denn es liegt nach Überzeugung des Senats kein "besonders gelagerter Härtefall" i.S. der Entscheidung des BVerfG vom 14.07.1981 (FamRZ 1981, 745) vor. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Interessen des Beklagten, keinen Unterhalt zahlen zu müssen, deutlich die Interessen der Klägerin zum Erhalt des vollen Unterhalts überwögen und die vollständige oder teilweise Versagung des Unterhaltsanspruchs nach dem Gerechtigkeitsempfinden auch unter Berücksichtigung der Belange des Kindeswohls dringend geboten wäre (so zutreffend das KG, Urteil vom 01.10.1982 - 17 UF 144/82 -; die Entscheidung ist zur Veröffentlichtung in der FamRZ bestimmt). Davon kann unter den gegebenen Umständen nicht die Rede sein. Die Wahrung der Interessen des Beklagten macht es nicht dringend erforderlich, dass er auf jeden Fall von der Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt (ganz oder teilweise) freigestellt wird.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist nämlich auf den Betrag von monatlich 666,00 DM angewiesen, damit sie das gemeinsame Kind hinreichend betreuen und versorgen kann und nicht ihren Unterhalt insgesamt durch eigene Arbeitsanstrengungen sicherstellen muss, was zu einer Gefährdung des Kindeswohls führen könnte. Der Beklagte andererseits behält nach Abzug der 666,00 DM einen Betrag, der mit (2.120,00 DM - 666,00 DM =) 1.454,00 DM über seinem Eigenbedarf (angemessener Selbstbehalt = in der Regel 1.200,00 DM) liegt.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Hinzu kommt, dass - wie dargelegt - die Klägerin sich nicht ohne jeden Anlass vom Beklagten abgewandt hat. Somit ist - mag auch die grobe Unbilligkeit i.S. des § 1579 Abs. 1 BGB zu bejahen sein - jedenfalls ein "besonders gelagerter Härtefall" (BVerfG, FamRZ 1981, 745) nicht gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Mangels besonders gelagerten Härtefalles ist § 1579 Abs. 2 BGB nach Auffassung des Senats weiterhin voll anwendbar, weil er insoweit nicht verfassungswidrig ist und auch vom BVerfG insoweit nicht für verfassungswidrig erklärt worden ist (so auch: KG, a.a.O.; Soergel/Häberle, 11. Aufl., Anm. 21 zu § 1579 BGB; vgl. auch: Bosch, FamRZ 752 und 1064). Soweit der Senat früher (in seiner in FamRZ 1982, 492 abgedruckten Entscheidung) eine andere Auffassung (bei Verneinung eines besonders gelagerten Härtefalles Abwägung im Rahmen des § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB) vertreten hat, hält er daran nicht fest.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin steht somit Unterhalt nach § 1570 BGB zu. Der ausgeurteilte Betrag von monatlich 666,00 DM entspricht dem Ausmaß der Bedürftigkeit der Klägerin und der Leistungsfähigkeit des Beklagten. Der Bedarf der Klägerin wird mit dem Betrag von 666,00 DM nicht voll gedeckt. Sie ist aber in dem mit dem Kindeswohl zu vereinbarenden Maße gehalten, durch eigene Tätigkeit hinzuzuverdienen. Das mag teilweise durch Versorgung des Zeugen T2 geschehen (insoweit ist die Klägerin in ihrer Disposition frei), im Übrigen durch Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung. Diese ist angesichts des Alters des Kindes zumutbar (vgl. BGH, u.a. FamRZ 1981, 17), unter den gegebenen Umständen nach Auffassung des Senats auch in Form einer - wenigstens vorübergehenden - Putztätigkeit, die die Klägerin zu Unrecht als unzumutbar ablehnt. Sie hat den Beruf eines Tankwarts erlernt und war in der Zeit nach der Trennung vom Beklagten längere Zeit ganztägig als Kraftfahrer beschäftigt. Es erscheint zumutbar, dass sie wenigstens bis zum Finden einer von ihr gesuchten Stelle (Halbtagstätigkeit als Tankwart oder Kraftfahrer) als Putzfrau arbeitet. Eine solche Stelle hätte sie nach der Überzeugung des Senats längst finden können; es ist davon auszugehen, dass ihr eine solche Beschäftigung einen Betrag von etwa 500,00 DM monatlich netto eingebracht hätte.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Auf Seiten des Beklagten ist von dem vom Amtsgericht mit - nach Abzug des Kindesunterhalts - 2.120,00 DM zugrunde gelegten Betrag auszugehen. Dieses Durchschnittseinkommen für 1982 bestimmte auch bereits die ehelichen Lebensverhältnisse im Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung (22.12.1981); jedenfalls ist nichts dafür ersichtlich, dass es in diesem kurz vor Beginn des Jahres 1982 liegenden Zeitpunkt wesentlich nach unten abgewichen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Wegen der grundsätzlich gebotenen gleichmäßigen Teilhabe beider Ehegatten an dem die ehelichen Lebensverhältnisse bestimmenden Einkommen ist von einem Bedarf der Klägerin - für die hier zu beurteilende Zeit - in Höhe von monatlich 1.166,00 DM auszugehen. Dieser Betrag ergibt sich, indem wegen der notwendigen Mehraufwendungen durch Trennung und Scheidung (getrennte Haushaltsführung u.a.) ein Zuschlag auf die an sich hälftige Beteiligung am Einkommen gemacht wird. Diesen hat der Senat unter den gegebenen Umständen so vorgenommen, dass er als Bedarf der Klägerin 55 % von 2.120,00 DM zugrunde gelegt hat (= 1.166,00 DM). Das ist angemessen. Die Klägerin hat zwar jetzt eine relativ hohe Miete von 590,00 DM, wie sie im Senatstermin angegeben hat. An dieser muss sich der Zeuge T2, der die Wohnung jedenfalls an den Wochenenden mitbenutzt, jedoch beteiligen. Sonstiger Mehraufwand ist von der Klägerin nicht konkret vorgetragen worden. Deshalb ist ein höherer Zuschlag hier nicht angebracht.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Von dem Betrag von 1.166,00 DM hat der Senat den der Klägerin (fiktiv) zuzurechnenden Ertrag einer zumutbaren Arbeit in Höhe von 500,00 DM abgesetzt und ist so zu dem Unterhalt von 666,00 DM gelangt. Da die Klägerin im Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung nicht erwerbstätig war und wohl auch noch nicht sein musste, hat der Senat zur Ermittlung des Urteilsbetrages vorliegend die Anrechnungs-(Subtraktions-)Methode, nicht die sog. Differenzmethode für richtig gehalten.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Soweit der Beklagte im Senatstermin geltend gemacht hat, seine Leistungsfähigkeit werde durch Fortfall von Sonntagsfahrten vermindert, hat er noch keine zuverlässigen Angaben über eine evtl. Einbuße machen können. Solche konnten deshalb bei der Entscheidung noch nicht berücksichtigt werden. Sollten sie eintreten und wesentlich sein, mag der Beklagte nach § 323 ZPO vorgehen.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Der nachgereichte Schriftsatz der Klägerin vom 29.11.1982 gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der im Zusammenhang mit § 1579 BGB stehenden Rechtsfragen hat der Senat die Revision zugelassen.</p>
|
315,774 | lg-dortmund-1982-11-24-14-ii-qs-2282 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
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} | 14 (II) Qs 22/82 | "1982-11-24T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:38" | "2019-03-27T09:42:15" | Beschluss | ECLI:DE:LGDO:1982:1124.14II.QS22.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß gegen</p>
<p>den Zeugen C -Beschwerdeführer- ein Ordnungsgeld von</p>
<p>100, --DM, ersatzweise 2 Tage Ordnungshaft, festgesetzt wird.</p>
<p>Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Verfahrens.</p>
<p></p>
<p>Von den notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers trägt die</p>
<p>Staatskasse 3/4; 1/4 trägt der Beschwerdeführer selbst.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.)</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">In dem Strafverfahren 9 Ls 11Js 66/81 ist der Drogenabhängige</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">E am 1.6.1981 vom Amtsgericht -Schöffengericht- Unna wegen fortgesetzten Erwerbs von Heroin zum Eigenverbrauch, in zwei </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Einzelfällen i n Tateinheit mit</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Handeltreiben mit Heroin in besonders schwerem Fall, zu einer</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt worden. Die Vollstreckung</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Als</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Bewährungsauflage hat das Amtsgericht dem Verurteilten</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">aufgegeben, sich bei der Drogenhilfe in I zu melden und</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">jeder Anweisung der Drogenberater Folge zu leisten. Bei der</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Drogenhilfe I handelt es sich um den Arbeitskreis für</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Jugendhilfe e.V., Beratungsstelle für Drogenfragen und</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Krisenhilfe, I. Zwischenzeitlich</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">sind Anerkennungsverfahren für Drogenberatungsstellen</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">durchgeführt worden, denen auch die Drogenhilfe I unterworfen</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">worden ist. Als Betreuer für den Verurteilten wurde</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">der Beschwerdeführer, von Beruf Sozialarbeiter, eingesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Da der Amtsrichter sich ein Bild über das Bewährungsverhalten</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">des Verurteilten machen wollte, forderte er von der Drogenhilfe</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">I im Rahmen der Bewährungsüberwachung einen Bericht</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">an. Mehrere Aufforderungen zur Abgabe dieses Berichts blieben</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">jedoch erfolglos.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Erst mit Schreiben vom 10.2.1982 übersandte der Verurteilte</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">an den Amtsrichte r ein Schreiben folgenden Inhalts: </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">"Am 2.11.1981 habe ich meine Therapie bei C</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">nach knapp 3 Monaten abgebrochen, weil ich mich nicht richtig</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">in die<i> </i>Gruppe integrieren konnte. Ich fühlte mich dort als</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Außenseiter. Trotzdem meine ich, daß die Therapie mir einiges</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">gebracht hat, weil ich seitdem nicht wieder rückfällig</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">geworden bin.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Ich habe am 19.11.1981 eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme vom</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Arbeitsamt beim Kreis Unna bekommen, die aber schon am</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">8.1.1982 auslief. Seitdem bemühe ich mich beim Arbeitsamt um</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">eine Umschulung bzw. Lehrstelle. Da aber die Lehrstellen zur</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Zeit sehr knapp sind und mein Antrag für die Umschulung noch</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">nicht endgültig bearbeitet ist, kann ich darüber noch nichts</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">genaueres sagen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Auch im privaten Bereich komme ich gut klar. Ich habe eine</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">neue Freundin und einen neuen Freundeskreis, mit<i> </i>denen ich</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">öfter Sport treibe. Außerdem habe ich noch regelmäßigen</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Kontakt mit der Drogenberatungsstelle in I."</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Dieses vom Verurteilten unterschriebene Schreiben ist vom</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Beschwerdeführer mitunterzeichnet worden.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Da dem Amtsrichter nach eigenen Angaben der Inhalt dieses</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Schreibens zur Beurteilung des Bewährungsverhaltens des</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Verurteilten nicht ausreichte, beraumte er einen Vernehmungstermin</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">an, indem der Beschwerdeführer förmlich, als</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Zeuge vernommen werden sollte.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Der Beschwerdeführer erschien zu diesem Termin in seiner</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Eigenschaft als Zeuge. Er weigerte sich jedoch, zur Sache</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Auszusagen. Insbesondere lehnte er es ab, selbst die Frage zu</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">beantworten, ob der Verurteilte überhaupt Kontakt mit dem</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Arbeitskreis für Jugendhilfe aufgenommen habe. Der Beschwerdeführer</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">erklärte vielmehr, grundsätzlich zur Sache</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">nichts aussagen zu wollen. In diesem Zusammenhang berief er</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">sich auf eine Schweigepflicht, die sich die Mitarbeiter der</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Beratungsstelle selbst auferlegt hätten.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht erließ daraufhin den angefochtenen Ordnungsgeldbeschluß,</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">durch den dem Beschwerdeführer wegen seiner</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Weigerung, als Zeuge auszusagen, die Kosten auferlegt wurden,</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">die durch seine Weigerung entstanden sind. Zugleich wurde</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">gegen den Zeugen ein Ordnungsgeld in Höhe von 4oo,--DM,</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">ersatzweise 8 Tage Ordnungshaft festgesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Mit dem zulässigen Rechtsmittel der Beschwerde wendet sich</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">der Zeuge als Beschwerdeführer gegen den vorerwähnten</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Beschluß. Zur Begründung trägt er vor, ihm habe ein Zeugnisverweigerungsrecht</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">zugestanden. Dazu führt der Beschwerdeführer</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">aus, die Vorschriften über das Zeugnisverweigerungs-</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">recht aus §§ 53, 54 StPO würden zwar nicht ausdrücklich</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Sozialarbeiter und Drogenberater nennen; hier komme jedoch</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">eine analoge Anwendung in Betracht. Interessenlage und</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Schutzzweck seien vergleichbar mit den in § 53 Abs. I Ziffer 3</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">a StPO aufgeführten Mitarbeitern von Beratungsstellen nach §</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">218 b Abs. II Ziffer 1 StGB.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Er ist im übrigen der Auffassung, daß ihm ein Zeugnisverweigerungsrecht</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">direkt aus den verfassungsrechtlichen</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Prinzipien des Persönlichkeitsschutzes aus Artikel 1 in</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Verbindung mit Artikel 1 Abs. I GG sowie nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">zustehe. Beide Artikel des Grundgesetzes</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">würden sowohl die Einrichtung und das bestimmungsgemäße</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Wirken von Drogenberatungs-und Therapieeinrichtungen wie auch</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">die Intim-und Privatsphäre der Personen schützen, die diese</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Einrichtungen aufsuchen würden. Ergebe eine Abwägung der</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">beiderseitigen Interessen im konkreten Fall einen unverhältnismäßigen</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Eingriff des Staates in den Schutzbereich des</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Betroffenen bei überwiegenden Interessen des Betroffenen, so</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">werde die Durchsetzung der Zeugnisverpflichtung unzulässig.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">In diesem Zusammenhang weist der Beschwerdeführer auf die</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 44, 372</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">ff. hin.</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Im Hinblick auf die in dieser Entscheidung niedergelegten</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Grundsätze vertritt er die Ansicht, daß durch die Nichtabgabe</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">des Zeugnisses die Ermittlung und Strafverfolgung erkennbar</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">nicht beeinträchtigt werde. Zur Begründung führt er an, daß</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">das Strafverfahren in dem vorliegenden Fall bereits zu einem</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">rechtskräftigen Abschluß gekommen sei. Im übrigen, so führt</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">der Beschwerdeführer weiter aus, habe das Amtsgericht</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">wissentlich auf die Möglichkeit der Zeugniserlangung durch</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">die<i> </i>Bewährungshilfe verzichtet. Schließlich weist der</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Beschwerdeführer darauf hin, daß das Amtsgericht mi t dem</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Schreiben des Probanden vom 10.2.1982 über den Bewährungs-</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">verlauf unterrichtet gewesen sei. Er folgert hieraus, daß aus</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">diesem Grund kein Anlaß für die Erzwingung des Zeugnisses</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">über die Beweisgegenstände gegeben sei.</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Der Beschwerdeführer ist ergänzend durch den Berichterstatter</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">der Kammer zu den Gründen, die ihn veranlaßt haben, das</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Zeugnis vor dem Amtsgericht zu verweigern, gehört worden. Er</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">hat hierzu u.a. angegeben, von vornherein den Klienten, die</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">zu ihnen in die Drogenberatung kämen, absolute Verschwiegenheit</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">zuzusichern. Dies gelte auch dann: wenn ein Proband die</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Drogenberater von der Schweigepflicht entbinden würde. Auch</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">in diesem Fall würden keine Informationen herausgegeben. Der</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Beschwerdeführer äußerte in diesem Zusammenhang seine</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Hoffnung, daß bei Bekanntwerden von Zeugnisverweigerungsfällen</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">der vorliegenden Art möglicherweise ein Gesetzentwurf</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">zur Normierung eines Zeugnisverweigerungsrechts auch für</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Drogenberater eingebracht werden wird.</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">Der Verurteilte hat in der vorerwähnten Anhörung erklärt,</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">sein schriftlicher Bericht vom 10.2.1982 entspreche den</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Tatsachen. Insbesondere habe er nichts verschwiegen. Er sei</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">zwar nicht damit einverstanden gewesen, daß sein Drogenberater</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">im Termin vor dem Amtsgericht eine Aussage mache.</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Dies habe jedoch darauf beruht, daß er nicht habe Veranlassung</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">geben wollen, daß Angelegenheiten von früher aufgedeckt</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">würden.</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Anhörung wird auf den</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 18. November 1982 (Blatt</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">179 bis Blatt 182 der Akten) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">II.)</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist nur aus dem, sich aus dem Tenor der</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">Entscheidung ergebenden Umfang begründet.</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">Die generelle Weigerung des Beschwerdeführers in seiner</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Eigenschaft als Zeuge, jegliche Angaben über das Bewährungsverhalten</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">des Verurteilten zu verweigern, ist ohne gesetz-</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">lichen Grund im Sinne des § 70 Abs. I Satz 1 StPO erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Dies hat die zwingende gesetzliche Folge, daß dem Beschwerdeführer</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">gem. § 70 Abs. I StPO ein Ordnungsgeld aufzuerlegen war.</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Beschwerdeführer ein</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">Zeugnisverweigerungsrecht hinsichtlich bestimmter, das</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">Persönlichkeitsrecht des Verurteilten tangierender Fragen</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">zusteht . Eine pauschale Verweigerung jeglicher Angaben ist</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">jedenfalls weder durch ein ausdrückliches Zeugnisverweigerungsrecht</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">noch auf Grund verfassungsrechtlicher Grundsätze im vorliegenden Falle gedeckt.</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">Die vorab erwähnte Auffassung der Kammer beruht auf folgenden</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">Erwägungen :</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">A.)</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">1.) Der Beschwerdeführer gehört nicht zu dem Personenkreis,</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">dem in § 53 StPO ein Zeugnisverweigerungsrecht zugebilligt</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">wird, Weder sein Beruf als Sozialarbeiter noch seine konkrete</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">Tätigkeit als Drogenberater begründen für den Beschwerdeführer</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">ein generelles Zeugnisverweigerungsrecht im Sinne der</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">vorgenannten Vorschrift. Dabei ist in diesem Zusammenhang</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">insbesondere zu berücksichtigen, daß nach der grundlegenden</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19.7.1972</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">(Band 33 Seite 367) die Nichtaufnahme von Sozialarbeitern in</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">den Katalog des § 53 StPO nicht verfassungswidrig ist. Die</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">Kammer schließt sich dieser Auffassung an.</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">2.) Es kann dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer in</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">seiner Eigenschaft als Drogenberater unter den Personenkreis</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">des § 203 Abs. I Nr. 4 StGB fällt. Selbst wenn der Beschwerdeführer</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">ein Geheimnisträger im Sinne dieser Vorschrift sein</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">würde, so ist anerkannt, daß derartigen Personen ohne das</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">Hinzutreten weiterer Umstände ein Zeugnisverweigerungsrecht</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">nicht zusteht. (vgl. auch Kleinknecht, Kommentar zur StPO</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">34. Aufl., Anm. 20 zu §53). Ein den "Mitgliedern oder</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach § 218 b</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">Abs.II Nr. 1 des Strafgesetzbuches" in § 53 Abs. I Nr. 3 a</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">StPO eingeräumtes Zeugnisverweigerungsrecht ist den Drogenberatern,</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">die ihrerseits Geheimnisträger im Sinne von § 203</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">Abs. I Nr. 4 StGB sind, gerade nicht eingeräumt. Grundsätzlich</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">müssen daher derartige Geheimnisträger trotz ihrer</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">Verschwiegenheitspflicht aussagen ( so auch Dreher-Tröndle,</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">Kommentar zum StGB, 40 . Auflage, § 203 Anm. 30). Es kann</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks">somit auch offenbleiben, ob die Drogenhilfe I eine</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">öffentlich anerkannte Institution im Sinne von § 203 Abs. I</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">Nr. 4 StGB ist .</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks">3.) Eine analoge Anwendung des § 53 StPO auf den Beschwerdeführer</p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks">kommt nicht in Betracht. Eine Analogie setzt eine</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks">Gesetzlücke voraus. Eine solche besteht aber nicht, denn dem</p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks">Gesetzgeber ist die vorstehende Problematik seit längerem</p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks">bekannt. Dies geht aus der Bundestagsdrucksache 7/2989</p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks">hervor. Danach sind die Beratungen im Rechtsausschuß über den</p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks">Entwurf der Bundesregierung vom 10.5.1974 (Bundestagsdruck-</p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks">sache 7/2526), nach dem der zur Zeugnisverweigerung berech-</p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks">tigte Personenkreis des § 53 Abs . I Nr . 3 auf Sozialarbeiter,</p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks">Sozialpädagogen und Psychologen mit staatlich anerkannter</p>
<span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks">Ausbildung ausgedehnt werden sollte, zurückgestellt worden.</p>
<span class="absatzRechts">189</span><p class="absatzLinks">Aus einer schriftlichen Auskunft der Bundesregierung vom</p>
<span class="absatzRechts">190</span><p class="absatzLinks">12.8.1977 (Bundestagsdrucksache<i>) </i>geht überdies hervor,</p>
<span class="absatzRechts">191</span><p class="absatzLinks">daß nicht beabsichtigt ist, die Beratungen über den Regierungsentwurf</p>
<span class="absatzRechts">192</span><p class="absatzLinks">vom 10.5.1974 im Hinblick auf eine Erweiterung</p>
<span class="absatzRechts">193</span><p class="absatzLinks">des zur Zeugnisverweigerung berechtigten Personenkreise s nach</p>
<span class="absatzRechts">194</span><p class="absatzLinks">§ 53 Abs. I Ziff. 3 a StPO wieder aufzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">195</span><p class="absatzLinks">Es mag in diesem Zusammenhang zwar widersprüchlich erscheinen,</p>
<span class="absatzRechts">196</span><p class="absatzLinks">daß Zeugen, die unter Umständen von der Tötung</p>
<span class="absatzRechts">197</span><p class="absatzLinks">ungeborenen Lebens in ihrer Eigenschaft als Berater gem. §</p>
<span class="absatzRechts">198</span><p class="absatzLinks">218 b StGB Kenntnis haben, ein Zeugnisverweigerungsrecht</p>
<span class="absatzRechts">199</span><p class="absatzLinks">zusteht, Drogenberatern hingegen dieses Recht nicht eingeräumt</p>
<span class="absatzRechts">200</span><p class="absatzLinks">wird. Das allein aber reicht zur Annahme einer Gesetzeslücke</p>
<span class="absatzRechts">201</span><p class="absatzLinks">nicht aus. Vielmehr ist gerade im Hinblick auf</p>
<span class="absatzRechts">202</span><p class="absatzLinks">die Neufassung des Betäubungsmittelgesetzes vom 1.1.1982</p>
<span class="absatzRechts">203</span><p class="absatzLinks">davon auszugehen, daß der Gesetzgeber diese Problematik</p>
<span class="absatzRechts">204</span><p class="absatzLinks">gekannt hat und gleichwohl den Drogenberatern bewußt kein</p>
<span class="absatzRechts">205</span><p class="absatzLinks">generelles Zeugnisverweigerungsrecht eingeräumt hat. </p>
<span class="absatzRechts">206</span><p class="absatzLinks">4.) Der Beschwerdeführer gehört in seinem konkreten Tätig-</p>
<span class="absatzRechts">207</span><p class="absatzLinks">keitsbereich auch nicht zum Kreis der in § 53 a StPO ge</p>
<span class="absatzRechts">208</span><p class="absatzLinks">nannten "Berufshelfer " ,da nicht ersichtIich ist, daß er bei</p>
<span class="absatzRechts">209</span><p class="absatzLinks">seiner Beratung als Mitarbeiter einer Person tätig geworden</p>
<span class="absatzRechts">210</span><p class="absatzLinks">ist, die ihrerseits zu den in § 53 StPO geschützten Berufsgruppen</p>
<span class="absatzRechts">211</span><p class="absatzLinks">zählt.</p>
<span class="absatzRechts">212</span><p class="absatzLinks">5.) Der Beschwerdeführer fällt auch nicht unter den in § 54</p>
<span class="absatzRechts">213</span><p class="absatzLinks">StPO geschützten Personenkreis. Er ist Angehöriger eines</p>
<span class="absatzRechts">214</span><p class="absatzLinks">eingetragenen Vereins und damit nicht Angehöriger des</p>
<span class="absatzRechts">215</span><p class="absatzLinks">öffentlichen Dienstes. Zwar ist nach herrschender Meinung</p>
<span class="absatzRechts">216</span><p class="absatzLinks">(vgl. die Nachweise bei Löwe-Rosenberg-Meyer StPO 23. Aufl., §</p>
<span class="absatzRechts">217</span><p class="absatzLinks">54 Randnummer 9) davon auszugehen, daß auch nicht dem</p>
<span class="absatzRechts">218</span><p class="absatzLinks">öffentlichen Dienst angehörige Personen unter § 54 StPO</p>
<span class="absatzRechts">219</span><p class="absatzLinks">fallen können, wenn nur ihre Amtsfunktion mit der einer</p>
<span class="absatzRechts">220</span><p class="absatzLinks">Behörde im weitesten Sinne in Zusammenhang steht. Dies mag</p>
<span class="absatzRechts">221</span><p class="absatzLinks">für eine Drogenberatungsstelle, die in gewissem Maße mit</p>
<span class="absatzRechts">222</span><p class="absatzLinks">Strafvollstreckungsbehörden zusammenarbeitet, noch bejaht</p>
<span class="absatzRechts">223</span><p class="absatzLinks">werden können. Erforderlich ist jedoch auf jeden Fall, daß</p>
<span class="absatzRechts">224</span><p class="absatzLinks">der Verein seinerseits behördlich oder zumindest behördenähnlich</p>
<span class="absatzRechts">225</span><p class="absatzLinks">organisiert ist. Dies aber läßt sich für die Drogenhilfe</p>
<span class="absatzRechts">226</span><p class="absatzLinks">I nicht feststellen.</p>
<span class="absatzRechts">227</span><p class="absatzLinks">B.) Da kein ausdrückliches gesetzliches Zeugnisverweigerungsrecht</p>
<span class="absatzRechts">228</span><p class="absatzLinks">für den Beschwerdeführer besteht, kommt nur ein solches</p>
<span class="absatzRechts">229</span><p class="absatzLinks">aus verfassungsrechtlichen Grundsätzen (Artikel 1 und 2 <i>GG)</i></p>
<span class="absatzRechts">230</span><p class="absatzLinks">in Betracht. Daß im Einzelfall ein sich aus dem Grundgesetz</p>
<span class="absatzRechts">231</span><p class="absatzLinks">ergebendes Zeugnisverweigerungsrecht gegeben sein kann, hat</p>
<span class="absatzRechts">232</span><p class="absatzLinks">das Bundesverfassungsgericht bereits in seiner Entscheidung</p>
<span class="absatzRechts">233</span><p class="absatzLinks">vom 19.7.1.972 angedeutet und in der Entscheidung vom</p>
<span class="absatzRechts">234</span><p class="absatzLinks">24.5.1977 (Band 44 Seite 372 ff.) grundlegend dargelegt.</p>
<span class="absatzRechts">235</span><p class="absatzLinks">Danach ist von folgenden Grundsätzen auszugehen.</p>
<span class="absatzRechts">236</span><p class="absatzLinks">I.) Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz gewährleistet dem eingetragenen</p>
<span class="absatzRechts">237</span><p class="absatzLinks">Verein der Drogenhilfe I den Schutz seiner</p>
<span class="absatzRechts">238</span><p class="absatzLinks">allgemeinen Handlungsfreiheit (vgl. BVerfGE 29<i>, </i>260 ff.).</p>
<span class="absatzRechts">239</span><p class="absatzLinks">Dieser Schutz umfaßt nicht nur die Einrichtung der Beratungsstelle</p>
<span class="absatzRechts">240</span><p class="absatzLinks">als solche, sondern auch deren bestimmungsgemäßes</p>
<span class="absatzRechts">241</span><p class="absatzLinks">Wirken im Rahmen der Gesetze. Den Klienten der</p>
<span class="absatzRechts">242</span><p class="absatzLinks">Beratungsstelle, zu denen auch der Beschwerdeführer zählt,</p>
<span class="absatzRechts">243</span><p class="absatzLinks">steht das Grundrecht auf Achtung ihrer Intim-und Privatsphäre</p>
<span class="absatzRechts">244</span><p class="absatzLinks">zu (Artikel 2 Abs. I i.V. mit Artikel 1 Abs. I GG<i>). </i>Die</p>
<span class="absatzRechts">245</span><p class="absatzLinks">Gespräche, Tests, therapeutischen Maßnahmen und die eigenen</p>
<span class="absatzRechts">246</span><p class="absatzLinks">Schriftlichen Äußerungen des Klienten betreffen zwar nicht</p>
<span class="absatzRechts">247</span><p class="absatzLinks">die unantastbare Intimssphäre , wohl aber den privaten</p>
<span class="absatzRechts">248</span><p class="absatzLinks">Bereich. Sie nehmen damit teil an dem Schutz, den das</p>
<span class="absatzRechts">249</span><p class="absatzLinks">Grundrecht aus Artikel 2 Abs. I i.V. mit Artikel 1 Abs. 1 GG</p>
<span class="absatzRechts">250</span><p class="absatzLinks">dem einzelnen vor dem Zugriff der öffentlichen Gewalt gewährt</p>
<span class="absatzRechts">251</span><p class="absatzLinks">(vgl. BVerfG 32, 373).</p>
<span class="absatzRechts">252</span><p class="absatzLinks">Staatliche Eingriffe in den Schutzbereich der vorgenannten</p>
<span class="absatzRechts">253</span><p class="absatzLinks">Grundrechte sind dagegen nicht schlechthin. ausgeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">254</span><p class="absatzLinks">Insbesondere kann grundsätzlich dem schutzwürdigen Interesse</p>
<span class="absatzRechts">255</span><p class="absatzLinks">drogenabhängiger Personen an der Geheimhaltung von Informationen</p>
<span class="absatzRechts">256</span><p class="absatzLinks">aus ihrem Intim-oder Privatbereich kein Vorrang vor</p>
<span class="absatzRechts">257</span><p class="absatzLinks">anderen Interessen, insbesondere denjenigen des Staates</p>
<span class="absatzRechts">258</span><p class="absatzLinks">zuerkannt werden (BVerfG Entscheidung a.a.O. Seite 378).</p>
<span class="absatzRechts">259</span><p class="absatzLinks">Andererseits überwiegen die Belange einer funktionstüchtigen</p>
<span class="absatzRechts">260</span><p class="absatzLinks">Strafrechtspflege im Bereich der Bekämpfung des Drogenmißbrauchs</p>
<span class="absatzRechts">261</span><p class="absatzLinks">und das öffentliche Interesse an der Suchtkrankenberatung</p>
<span class="absatzRechts">262</span><p class="absatzLinks">ebenfalls nicht generell. Wäre ein Überwiegen strafrechtlicher</p>
<span class="absatzRechts">263</span><p class="absatzLinks">Belange und damit Eingriffe des Staates in dem</p>
<span class="absatzRechts">264</span><p class="absatzLinks">Bereich der Suchtkrankenberatungsstellen unter den in der</p>
<span class="absatzRechts">265</span><p class="absatzLinks">Strafprozeßordnung normierten Voraussetzungen stets zulässig,</p>
<span class="absatzRechts">266</span><p class="absatzLinks">so würde dies im Regelfall die für die Arbeit der betroffenen</p>
<span class="absatzRechts">267</span><p class="absatzLinks">Stellen notwendige Vertrauensbasis zerstören und zugleich die</p>
<span class="absatzRechts">268</span><p class="absatzLinks">Tätigkeit aller anderen Beratungsstellen gefährden. Dies kann</p>
<span class="absatzRechts">269</span><p class="absatzLinks">im Interesse einer leistungsfähigen Gesundheitsfürsorge auf</p>
<span class="absatzRechts">270</span><p class="absatzLinks">dem Gebiet der Suchtkrankenberatung nicht hingenommen werden.</p>
<span class="absatzRechts">271</span><p class="absatzLinks">Die generelle Abwägung beider Interessen ergibt vielmehr, daß</p>
<span class="absatzRechts">272</span><p class="absatzLinks">das zum Gewährleistungsbereich des Staates gehörende Interesse</p>
<span class="absatzRechts">273</span><p class="absatzLinks">an einer leistungsfähigen Strafjustiz in den vorstehenden</p>
<span class="absatzRechts">274</span><p class="absatzLinks">Interessen eines Drogenabhängigen zumindest gleichwertig ist.</p>
<span class="absatzRechts">275</span><p class="absatzLinks">2.) Eine Verletzung von Grundrechten der Betroffenen kann in</p>
<span class="absatzRechts">276</span><p class="absatzLinks">diesem Zusammenhang nur dann angenommen werden, wenn durch</p>
<span class="absatzRechts">277</span><p class="absatzLinks">den staatlichen Eingriff die gesundheitsfürsorgerischen</p>
<span class="absatzRechts">278</span><p class="absatzLinks">Belange in einem solchen Maße beeinträchtigt werden, daß der</p>
<span class="absatzRechts">279</span><p class="absatzLinks">durch den Eingriff verursachte Schaden außer Verhältnis zu</p>
<span class="absatzRechts">280</span><p class="absatzLinks">dem mit dem Eingriff angestrebten und erreichbaren Erfolg</p>
<span class="absatzRechts">281</span><p class="absatzLinks">steht. Bei dieser Abwägung unter dem Gesichtspunkt des</p>
<span class="absatzRechts">282</span><p class="absatzLinks">Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist allgemein zu berücksichtigen:</p>
<span class="absatzRechts">283</span><p class="absatzLinks">a.) das generelle Interesse der Allgemeinheit an der</p>
<span class="absatzRechts">284</span><p class="absatzLinks">ordnungsgemäßen Durchsetzung von Strafansprüchen des Staates,</p>
<span class="absatzRechts">285</span><p class="absatzLinks">b.) die Möglichkeit zur Erlangung desselben Beweisergebnisses</p>
<span class="absatzRechts">286</span><p class="absatzLinks">über andere Beweismittel</p>
<span class="absatzRechts">287</span><p class="absatzLinks">c.) der Wert des angestrebten Beweismittels für das weitere</p>
<span class="absatzRechts">288</span><p class="absatzLinks">Verfahren</p>
<span class="absatzRechts">289</span><p class="absatzLinks">d.) die Erheblichkeit des dem Verfahren zugrundeliegenden</p>
<span class="absatzRechts">290</span><p class="absatzLinks">Delikts und das konkrete Strafverfolgungsinteresse der</p>
<span class="absatzRechts">291</span><p class="absatzLinks">zuständigen Behörde und</p>
<span class="absatzRechts">292</span><p class="absatzLinks">e<i>.) </i>die Schutzwürdigkeit der Institutionen, von der das</p>
<span class="absatzRechts">293</span><p class="absatzLinks">Beweismittel abgefordert wird.</p>
<span class="absatzRechts">294</span><p class="absatzLinks">II.) Unter Zugrundelegung der Vorstehend ,aufgeführten</p>
<span class="absatzRechts">295</span><p class="absatzLinks">Grundsätze war für die Entscheidung der Kammer im vorliegenden</p>
<span class="absatzRechts">296</span><p class="absatzLinks">Fall folgendes zu berücksichtigen:</p>
<span class="absatzRechts">297</span><p class="absatzLinks">1.) Der Verurteilte ist wegen fortgesetzten Erwerbes von</p>
<span class="absatzRechts">298</span><p class="absatzLinks">Heroin zum Eigenverbrauch in zwei Fällen in Tateinheit mit</p>
<span class="absatzRechts">299</span><p class="absatzLinks">Handeltreiben mit Heroin in besonders schwerem Fall zu einer</p>
<span class="absatzRechts">300</span><p class="absatzLinks">Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt worden. Der Strafanspruch</p>
<span class="absatzRechts">301</span><p class="absatzLinks">des Staates ist von daher gesehen, auch wenn es sich</p>
<span class="absatzRechts">302</span><p class="absatzLinks">bei dem Delikt bereits um eine Verwirklichung eines gesetzlichen</p>
<span class="absatzRechts">303</span><p class="absatzLinks">Qualifikationsmerkmales handelt, vielleicht noch als</p>
<span class="absatzRechts">304</span><p class="absatzLinks">verhältnismäßig gering anzusehen, zumal es hier nicht vorwiegend</p>
<span class="absatzRechts">305</span><p class="absatzLinks">um die Verfolgung eines Dealers, sondern eines</p>
<span class="absatzRechts">306</span><p class="absatzLinks">Drogenabhängigen ging.</p>
<span class="absatzRechts">307</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hätte außerdem zur Erlangung des erstrebten</p>
<span class="absatzRechts">308</span><p class="absatzLinks">Beweisergebnisses sich anderer Mittel bedienen können. Es</p>
<span class="absatzRechts">309</span><p class="absatzLinks">hätte einen Bewährungshelfer einschalten können; auch wäre</p>
<span class="absatzRechts">310</span><p class="absatzLinks">es möglich gewesen, den Verurteilten selbst zu hören und</p>
<span class="absatzRechts">311</span><p class="absatzLinks">dadurch den Informatinsstand, wie er sich aus dem Schreiben</p>
<span class="absatzRechts">312</span><p class="absatzLinks">vom 10.2.1982 ergab, zu überprüfen.</p>
<span class="absatzRechts">313</span><p class="absatzLinks">Auf der anderen Seite war jedoch zu berücksichtigen, daß der</p>
<span class="absatzRechts">314</span><p class="absatzLinks">Wert des angestrebten Beweismittels ist aber für das weitere</p>
<span class="absatzRechts">315</span><p class="absatzLinks">Verfahren durchaus bedeutend gewesen ist. Der Beschwerdeführer</p>
<span class="absatzRechts">316</span><p class="absatzLinks">hätte aufschlußreiche Angaben über das Bewährungsverhalten</p>
<span class="absatzRechts">317</span><p class="absatzLinks">des Verurteilten abgeben können. Zwar haben sich keine</p>
<span class="absatzRechts">318</span><p class="absatzLinks">Anhaltspunkte für ein Bewährungsversagen des Verurteilten</p>
<span class="absatzRechts">319</span><p class="absatzLinks">ergeben. Das Amtsgericht war jedoch gehalten, in regelmäßigen</p>
<span class="absatzRechts">320</span><p class="absatzLinks">Abständen von amtswegen das Bewährungsverhalten des Verur-</p>
<span class="absatzRechts">321</span><p class="absatzLinks">teilten zu überprüfen. Im übrigen hat die Anhörung des</p>
<span class="absatzRechts">322</span><p class="absatzLinks">Beschwerdeführers vor der Kammer gezeigt, daß es ihm kaum um</p>
<span class="absatzRechts">323</span><p class="absatzLinks">eine Konfliktlösung im Einzelfall ging, sondern ganz über-</p>
<span class="absatzRechts">324</span><p class="absatzLinks">wiegend um eine politische Aktion, zur Erstreitung eines</p>
<span class="absatzRechts">325</span><p class="absatzLinks">generellen Zeugnisverweigerungsrechts für bestimmte Berufsgruppen.</p>
<span class="absatzRechts">326</span><p class="absatzLinks">So hat er bei der Anhörung vor dem Berichterstatter</p>
<span class="absatzRechts">327</span><p class="absatzLinks">der Kammer darauf hingewiesen, daß er sich ziemlich sicher</p>
<span class="absatzRechts">328</span><p class="absatzLinks">sei, daß bei einer vermehrten Anzahl von Beschwerdeverfahren</p>
<span class="absatzRechts">329</span><p class="absatzLinks">der vorliegenden Art ein neuer Gesetzentwurf zur Erweiterung</p>
<span class="absatzRechts">330</span><p class="absatzLinks">des Zeugnisverweigerungsrechts für bestimmte Berufsgruppen</p>
<span class="absatzRechts">331</span><p class="absatzLinks">eingebracht werden würde. Mit seiner Unterschrift unter das</p>
<span class="absatzRechts">332</span><p class="absatzLinks">Schreiben vom 10.2.1982 hat er sich bereits in Widerspruch zu</p>
<span class="absatzRechts">333</span><p class="absatzLinks">dem von ihm selbst geschilderten Prinzip, grundsätzlich keine</p>
<span class="absatzRechts">334</span><p class="absatzLinks">Angaben über das Klientenverhalten zu machen, gesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">335</span><p class="absatzLinks">2.) Es kann dahingestellt bleiben, ob Fragen des Amtsgerichts</p>
<span class="absatzRechts">336</span><p class="absatzLinks">über die in dem Schreiben vom 10.2.1982 angegebenen Daten</p>
<span class="absatzRechts">337</span><p class="absatzLinks">hinaus bereits in den schutzwürdigen Intim-und Privatbereich</p>
<span class="absatzRechts">338</span><p class="absatzLinks">des Verurteilten eingegriffen hätten. Eine Abwägung ergibt</p>
<span class="absatzRechts">339</span><p class="absatzLinks">jedenfalls, daß ein schutzwürdiges Interesse des Betroffenen</p>
<span class="absatzRechts">340</span><p class="absatzLinks">sowie des Beschwerdeführers an der Geheimhaltung von</p>
<span class="absatzRechts">341</span><p class="absatzLinks">"Rahmendaten der Therapie" (wie z.B. Beginn, Umwandlung in</p>
<span class="absatzRechts">342</span><p class="absatzLinks">eine Therapieform, Ende und Nachbetreuung) nicht vorliegt.</p>
<span class="absatzRechts">343</span><p class="absatzLinks">Der staatliche Eingriff zur Erlangung derartiger Daten sowie</p>
<span class="absatzRechts">344</span><p class="absatzLinks">darüber hinaus zur Erlangung der in dem Schreiben vom</p>
<span class="absatzRechts">345</span><p class="absatzLinks">10.2.1982 niedergelegten Angaben ist derart geringfügig , daß</p>
<span class="absatzRechts">346</span><p class="absatzLinks">ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Interessen des</p>
<span class="absatzRechts">347</span><p class="absatzLinks">Betroffenen bzw. des Beschwerdeführers nicht gegeben ist.</p>
<span class="absatzRechts">348</span><p class="absatzLinks">Derartige Angaben liegen überdies in der gegebenen Situation</p>
<span class="absatzRechts">349</span><p class="absatzLinks">auch im dringenden Interesse gerade des Betroffenen, denn</p>
<span class="absatzRechts">350</span><p class="absatzLinks">eine pauschale Verweigerung jeglicher Auskunft hätte zur</p>
<span class="absatzRechts">351</span><p class="absatzLinks">Folge, daß Strafverfolgungsbehörden mangels einer Kenntnis</p>
<span class="absatzRechts">352</span><p class="absatzLinks">darüber, ob beispielsweise eine Therapie überhaupt abge-</p>
<span class="absatzRechts">353</span><p class="absatzLinks">schlossen wurde, gegebenenfalls härtere Maßnahmen ergreifen</p>
<span class="absatzRechts">354</span><p class="absatzLinks">müßten.</p>
<span class="absatzRechts">355</span><p class="absatzLinks">3.) Damit steht fest, daß dem Beschwerdeführer ein Zeugnisver-</p>
<span class="absatzRechts">356</span><p class="absatzLinks">we igerungsrecht jedenfalls insoweit nich t zustand, als von</p>
<span class="absatzRechts">357</span><p class="absatzLinks">ihm Angaben über äußere Therapiedaten und darüber, ob die</p>
<span class="absatzRechts">358</span><p class="absatzLinks">Therapie erfolgreich abgeschlossen werden kann, begehrt</p>
<span class="absatzRechts">359</span><p class="absatzLinks">wurden.</p>
<span class="absatzRechts">360</span><p class="absatzLinks">Der Umstand, daß dem Amtsgericht aus dem vorgenannten</p>
<span class="absatzRechts">361</span><p class="absatzLinks">Schreiben bereits Informationen zugegangen waren, rechtfertigt</p>
<span class="absatzRechts">362</span><p class="absatzLinks">keine andere Beurteilung; denn es steht nicht im</p>
<span class="absatzRechts">363</span><p class="absatzLinks">Ermessen eines Zeugen zu bestimmen, welche Fragen an ihn</p>
<span class="absatzRechts">364</span><p class="absatzLinks">gestellt werden. Dem Amtsgericht steht es frei, bereits</p>
<span class="absatzRechts">365</span><p class="absatzLinks">beantwortete Fragen gegebenenfalls zu wiederholen. Auf welche</p>
<span class="absatzRechts">366</span><p class="absatzLinks">Art und Weise dies erfolgt, ob durch schriftlichen Bericht</p>
<span class="absatzRechts">367</span><p class="absatzLinks">oder durch eine Zeugenaussage, liegt allein im Ermessen des</p>
<span class="absatzRechts">368</span><p class="absatzLinks">Gerichts.</p>
<span class="absatzRechts">369</span><p class="absatzLinks">Der Beschwerdeführer handelte auch schuldhaft. Der Gesamtzusammenhang</p>
<span class="absatzRechts">370</span><p class="absatzLinks">des Verhaltens des Zeugen wie auch die insoweit</p>
<span class="absatzRechts">371</span><p class="absatzLinks">zu beachtenden Stellungnahmen der Berufskollegen des Beschwerdeführers</p>
<span class="absatzRechts">372</span><p class="absatzLinks">ergeben vielmehr, daß er hier -in Kenntnis</p>
<span class="absatzRechts">373</span><p class="absatzLinks">der derzeitigen gesetzlichen Regelung- ein allgemeines</p>
<span class="absatzRechts">374</span><p class="absatzLinks">Zeugnisverweigerungsrecht reklamieren will, welches in der</p>
<span class="absatzRechts">375</span><p class="absatzLinks">geltend gemachten generellen Form und insbesondere in dem</p>
<span class="absatzRechts">376</span><p class="absatzLinks">Umfang nicht besteht.</p>
<span class="absatzRechts">377</span><p class="absatzLinks">4.) Bei der Höhe des festzusetzenden Ordnungsgeldes war zu</p>
<span class="absatzRechts">378</span><p class="absatzLinks">berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer erstmals das</p>
<span class="absatzRechts">379</span><p class="absatzLinks">Zeugnis verweigert hat und daß die Kammer den Ordnungsverstoß</p>
<span class="absatzRechts">380</span><p class="absatzLinks">des Beschwerdeführers vorliegend ausschließlich auf die</p>
<span class="absatzRechts">381</span><p class="absatzLinks">generelle Verweigerung und auf die Nichtabgabe von Rahmendaten</p>
<span class="absatzRechts">382</span><p class="absatzLinks">der Therapie gestützt hat. Bei dieser Sachlage erschien</p>
<span class="absatzRechts">383</span><p class="absatzLinks">es angemessen, das festgesetzte Ordnungsgeld in der erkannten</p>
<span class="absatzRechts">384</span><p class="absatzLinks">Form zu reduzieren.</p>
<span class="absatzRechts">385</span><p class="absatzLinks">5.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs.IV StPO.</p>
|
315,775 | olgk-1982-11-24-13-u-3982 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
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"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 13 U 39/82 | "1982-11-24T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:39" | "2019-03-27T09:42:15" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1982:1124.13U39.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des beklagten Landes wird das am 27. Januar 1982 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Aachen -4 0 560/81- abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Anschlußberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Klägerin.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheits­leistung oder Hinterlegung von 3.300,-- DM abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in der selben Höhe leistet. Dem beklagten Land wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer Großbank oder öffentlichen Sparkasse, die ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hat, zu erbringen.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird zugelassen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">T a t b e s t a n d </p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">In den Jahren 1979/1980 errichtete das beklagte Land den Neu­bau eines Parkhauses an der X.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Bauschein für diesen Neubau enthielt u. a. folgende Forderung:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">"Im Bereich der Einfahrt ist ein Überflurhydrant.... erforderlich. Die für den Überflurhydranten erfor­derliche Druckstufe.... ist mit der T. abzustimmen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der genaue Aufstellungsort des Überflurhydranten ist mit dem Amt für Feuerschutz und Rettungsdienst B..... und mit den sonstigen zuständigen Ämtern vor Inbetrieb­nahme der Garage festzulegen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Wasserlieferung des Hydranten muß mindestens 1200 l pro Minute betragen."</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 15. August 1979 wandte sich das Staatshoch­bauamt X.(im folgenden: Staatshochbauamt) an die Klägerin und bat diese darum, "sicherzustellen, daß die notwendigen Rohrverlegungsarbei­ten für o. a. Zweck im Zusammenhang mit dem Straßenbau.... rechtzeitig durchgeführt werden". Unter dem Datum des 20. Februars 1980 übersandte die Klägerin dem Staatshochbauamt ein "Angebot zur Herstellung der Löschwasseranschlußleitung für den bauseits zu stellenden Überflurhydranten". Zugleich wies die Klägerin darauf hin, daß jährliche Bereitstellungs­kosten von damals 360,-- DM für die noch zu erstellende Anschlußleitung zur ungemessenen Entnahme von Löschwasser zu zahlen seien. Mit Schreiben vom 5. März 1980 teilte das Staatshochbauamt der Klägerin mit, daß bezüglich der Zahlung eines Baukostenzuschusses und der jährlichen Bereitstellungs­gebühr eine Überprüfung durch die vorgesetzte Dienststelle erforderlich sei. Nach dem Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleistung bei Unglücksfällen und öffentlichen Not­ständen (FSHG) vom 25. Februar 1975 (G\1131NW 1975, Seite 213) seien derartige Kosten von den Gemeinden zu tragen. Am 18. April 1980 lehnte das Staatshochbauamt sowohl eine Beteili­gung des beklagten Landes an den Rohrnetzkosten für die An­lage des Überflurhydranten als auch eine Zahlung von jähr­lichen Bereitstellungsbeträgen für die Löschwasserversorgung unter Hinweis auf das FSHG ab. In ihrem Schreiben vom 14. Mai 1980 bestand die Klägerin, die im April 1980 den Lösch­wasseranschluß zum Anschluß eines Überflurhydranten erstellt hatte, auf der Zahlung beider Beträge seitens des beklagten Landes und teilte mit, daß die Inbetriebsetzung der Anlage erst nach Bezahlung der ermittelten Kosten erfolgen werde. Am 28. Mai 1980 wies das Staatshochbauamt u. a. darauf hin, daß "sämtliche Schäden, die nach Inbetriebnahme des Park­hauses durch das Nichtvorhandensein von Löschwasser in diesem Hydranten auftreten," zu Lasten der Klägerin gehen müßten. Zugleich wiederholte es die Bitte, den Überflurhydranten in Betrieb zu setzen. Dies geschah Anfang Juni 1980. Im September 1980 leistete das beklagte Land für die Herstellung des direkten Hausanschlusses an die Klägerin eine Abschlagszah­lung von 2.500,-- DM. Weitere Zahlungen erfolgten nicht. Am 3. Dezember 1980 stellte die Klägerin die von ihr ausgeführ­ten Arbeiten mit insgesamt 8.785,44 DM in Rechnung, so daß nach Abzug der Abschlagszahlung ein Restbetrag von 6.285,44 DM verblieb.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das beklagte Land sei zur Zahlung des restlichen Baukostenzuschusses zuzüglich des anteiligen Bereitstellungsbetrages für das Jahr 1980 von 210,-- DM verpflichtet. Die Vorschriften des FSHG könnten keine Anwendung finden, weil dort lediglich die Kostentra­gungspflicht zwischen Gemeinden, Kreis und Land geregelt sei. Im vorliegenden Falle sei jedoch zwischen den Parteien eine bürgerlich-rechtlicher Versorgungsvertrag zustande ge­kommen, auf den die Regelungen des FSHG nicht anwendbar seien. Die Klägerin hat behauptet, die von ihr geltend ge­machten Kosten seien tatsächlich entstanden.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">1.      das beklagte Land zu verurteilen, an sie 6.495,44 DM nebst 9,5 % Zinsen seit dem 24. Februar 1981 zu zah­len;</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">2.      festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, jeweils am 1. Januar eines Jahres für das zurücklie­gende Jahr, beginnend mit dem 1. Januar 1982 für 1981, für die Dauer von 20 Jahren, für die Bereitstellung von Löschwasser für das Parkhaus X.Straße in B. die jeweils allgemein festgesetzten Bereitstellungsbeträge an sie zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das beklagte Land hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Es hat sich auf die §§ 1 Abs. 2, 35 FSHG berufen und gemeint, eine Zahlungsverpflichtung der Klägerin gegenüber bestehe nicht. Bereitstellungskosten für Löschwasser seien nicht ent­standen; der Anschluß des Hydranten an das Wasserrohrnetz habe ebenfalls keine besonderen Aufwendungen verursacht.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstan­des wird auf die in I. Instanz gewechselten Schriftsätze sowie auf die von den Parteien überreichten Unterlagen Be­zug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Es hat einen vertraglichen Zahlungsanspruch gem. § 433 Abs. 2 BGB sowie ein Feststellungsinteresse der Klägerin bejaht und ist von der Billigkeit der geforderten Beträge im Sinne der §§ 315, 316 BGB ausgegangen. Die An­wendbarkeit des FSHG hat es verneint. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Gegen das am 27. Januar 1982 verkündete und ihm am 8. Fe­bruar 1982 zugestellte Urteil hat das beklagte Land am 8. März 1982 Berufung eingelegt und diese nach zweimaliger Ver­längerung der Begründungsfrist, zuletzt bis zum 8. Juni 1982, am 8. Juni 1982 begründet.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das beklagte Land bestreitet nach wie vor die Höhe des geltend gemachten Anspruchs und ist der Meinung, zwischen den Parteien sei ein Vertrag nicht zustande gekommen. Für einen Vertragsschluß habe auch keine Veranlassung bestanden, weil die Gemeinde nach § 1 Abs. 2 FSHG verpflichtet sei, eine ausreichende Löschwasserversorgung zu gewährleisten und die dadurch entstehenden Kosten zu tragen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Das beklagte Land beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">hilfsweise ihm für den Fall der möglichen Sicherheits­leistung zu gestatten, diese auch durch selbstschuld­nerische Bürgschaft einer Westdeutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Sachvortrag, tritt den Behauptungen und Rechtsansichten des beklagten Landes entgegen und schließt sich den Ausführungen des angefoch­tenen Urteils an. Darüberhinaus macht sie im Wege der An­schlußberufung geltend, sie könne teilweise höhere Zinsen als die vom Landgericht zugesprochenen 9,5 % verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin stellt den Antrag,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">1.    das beklagte Land zu verurteilen, an sie 6.495,44 DM sowie folgende Zinsen auf diesen Betrag zu zahlen: 9,5 % vom 24.2.1981 bis zum 31.8.1981,</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">10,25 % vom 1.9.1981 bis zum 31.7.1982 und 9,75 % seit dem 1.8.1982;</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">2.    festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, jeweils am 1. Januar eines Jahres für das zurücklie­gende Jahr, beginnend mit dem 1. Januar 1982 für 1981, für die Dauer von 20 Jahren, für die Bereitstellung von Löschwasser für das Parkhaus X.Straße in B. die jeweils allgemein festgesetzten Bereitstellungsbeträge an sie zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Das beklagte Land beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">die Anschlußberufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Es ist der Auffassung, die von der Klägerin vorgelegten Zins­bescheinigungen seien nicht geeignet, den Zinsanspruch zu rechtfertigen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks"><img src="13_U_39_82_Urteil_19821124_0.png" alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." height="18" width="613" /></p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Berufung und Anschlußberufung sind zulässig. Die Berufung des beklagten Landes hat auch in der Sache Erfolg, während die Anschlußberufung der Klägerin unbegründet ist.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht der Klägerin weder ein Zahlungsanspruch noch ein Feststellungsanspruch gegen das beklagte Land zu, so daß die Klage abzuweisen war. </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Es kann dahinstehen, ob zwischen den Parteien einen Vertrag über die Versorgung mit Wasser aus dem Versorgungsnetz der Klägerin zustandegekommen ist, so daß diese ihren Anspruch auf die §§ 3 Nr. 5 und 9 ihrer Allgemeinen Vertragsbedingun­gen stützen könnte, oder ob zwischen den Parteien ein ver­tragsloser Zustand bestanden hat, in dem sich die von ihnen erbrachten und zu erbringenden Leistungen nur nach den Vorschriften der §§ 812 ff. BGB über die Herausgabe einer un­gerechtfertigten Bereicherung beurteilen würden. Jedenfalls stehen dem Anspruch der Klägerin die Vorschriften des FSHG entgegen mit der Folge, daß sie von dem beklagten Land we­der einen Baukostenzuschuß zu den Rohrnetzkosten noch Be­reitstellungskosten für die Vorhaltung von Löschwasser ver­langen kann.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">§ 1 Abs. 2 FSHG bestimmt u. a., daß die Gemeinden für eine ausreichende Löschwasserversorgung sorgen. Gem. § 35 Abs. 1 FSHG haben die Gemeinden und Kreise die Kosten für die ihnen nach dem FSHG obliegenden Aufgaben zu tragen. Damit hat der Gesetzgeber nach der Auffassung des Senats eine eindeutige Regelung dahingehend getroffen, daß für Maßnahmen der vor­liegenden Art keine Kosten von dem einzelnen Anschlußneh­mer verlangt werden können.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die Verpflichtung der Gemeinde, eine "ausreichende" Lösch­wasserversorgung sicherzustellen, beinhaltet - entgegen der Auffassung der Klägerin - außer der Bereitstellung des so­genannten Grundschutzes auch den über den Grundschutz hin­ausgehenden, objektbezogenen Brandschutz, den sogenannten Objektschutz. Anhaltspunkte dafür, daß eine ausreichende Löschwasserversorgung allein den Grundschutz umfassen soll, lassen sich dem Wortlaut des FSHG nicht entnehmen. Viel­mehr ist § 36 FSHG, der den Kostenersatz bei Einsätzen der öffentlichen Feuerwehren regelt, zu entnehmen, daß der Ge­setzgeber sich durchaus bewußt gewesen ist, daß es Fälle gibt, in denen auch eine Kostenersatzpflicht von Privatpersonen in Betracht kommen kann. Wenn der Gesetzgeber gleich­wohl in § 1 Abs. 2 FSHG nicht zwischen Grundschutz und Ob­jektschutz unterschieden hat, dann macht dies nach der Auf­fassung des Senats deutlich, daß er eine Beteiligung pri­vater Anschlußnehmer an den Kosten der ausreichenden Lösch­wasserversorgung - sei es für den Grundschutz, sei es für den Objektschutz - nicht gewollt hat.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin kann sich zur Stützung ihrer Rechtsmeinung nicht auf den Inhalt des von ihr vorgelegten Arbeitsblattes W 405 berufen. Denn dieses Arbeitsblatt enthält lediglich technische Regeln des. Deutschen Vereins des Gas- und Was­serfaches e. V. (DVGW), mithin eines privaten Vereins, und ist bereits aus diesem Grunde mangels eines entsprechenden erkennbaren Willens des Gesetzgebers nicht geeignet, einer im Sinne der Klägerin einschränkenden Auslegung von § 1 Abs. 2 FSHG als Grundlage zu dienen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Gemeinde nach dem FSHG eben­falls verpflichtet ist, entsprechend den örtlichen Verhält­nissen eine leistungsfähige Feuerwehr zu unterhalten. Die insoweit entstehenden Kosten fallen der Gemeinde selbst dann zu Last, wenn sie infolge der Errichtung von Objekten mit erhöhtem Brand- und/oder Personenrisiko (wie z. B. von Parkhäusern, Krankenhäusern, Hotels, Hochhäusern) gezwun­gen ist, die bereits vorhandene Feuerwehr auszubauen. Denn das FSHG sieht eine Kostenbeteiligung der jeweiligen Inha­ber oder Eigentümer der betreffenden Objekte nicht vor. Ist eine Gemeinde jedoch finanziell nicht in der Lage, die Kosten für die ihr nach dem FSHG obliegenden Aufgaben zu tragen, dann mag sie ihre Bauleitplanung so anlegen, daß sie mit der Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben Schritt halten kann. Jedenfalls kann sie die ihr nach dem FSHG entstehenden Kosten nicht -auch nicht teilweise- auf die privaten Anschlußnehmer abwälzen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Diese Kosten muß die Gemeinde selbst tragen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Daß das FSHG unmittelbar die Aufgabenverteilung und die Kostentragungspflicht zwischen Gemeinden, Kreisen und dem Land regelt, vermag den von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche nicht zum Erfolg zu verhelfen. Vielmehr ist die Klägerin als das einzige Wasserversorgungsunternehmen in B. gehalten, die Vorschriften des FSHG gegen sich gel­ten zu lassen. Denn der Stadt B. als der nach dem FSHG ansich zuständigen Gemeinde ist es verwehrt, sich der An­wendbarkeit dieses Gesetzes dadurch zu entziehen, daß sie die ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben und Kostenlasten auf eine privatrechtliche Aktiengesellschaft überträgt, deren Gesellschafterin sie zudem ist.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die von der Klägerin angeführte Entscheidung des OLG Hamm vom 26. Juni 1978 - 2 U 350/77 - vermag eine andere Beur­teilung nicht zu rechtfertigen. Dieses Urteil enthält zu 1 Abs. 2 FSHG lediglich eine - vom erkennenden Senat nicht geteilte - Feststellung, ohne indes eine nähere Begründung hierfür zu geben.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Besteht mithin kein Zahlungsanspruch der Klägerin gegen das beklagte Land, so können die mit der Anschlußberufung ver­langten weiteren Zinsen ebenfalls nicht zuerkannt werden. Das Anschlußrechtsmittel war daher zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat nach § 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO die Revi­sion zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeu­tung hat. Es ist zu erwarten, daß die Frage nach der Ausle­gung von § 1 Abs. 2 FSHG, auf der dieses Urteil beruht, auch künftig wiederholt auftreten wird. Im übrigen hat das OLG Hamm in der oben genannten Entscheidung eine von der Auffas­sung des Senats abweichende Meinung geäußert.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Streitwert der Berufung und Wert der Beschwer der Klägerin: 13.695,44 DM              6.495,44 DM + 7.200,-- DM).</p>
|
315,776 | olgk-1982-11-19-1-ss-49582 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 1 Ss 495/82 | "1982-11-19T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:41" | "2019-03-27T09:42:14" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1982:1119.1SS495.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird mit seinen Feststellungen aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Köln zurückverwiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Urkundenfälschung,
Vergehens nach dem Pflichtversicherungsgesetz und Hinterziehung von Kraftfahrzeugsteuer zu einer Geldstrafe
verurteilt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nach den Feststellungen befuhr der Angeklagte am 19.5.1980, gegen. 23.30 Uhr, mit einem nicht zugelassenen
Pkw-Opel, an dem für einen anderen Pkw des Angeklagten ausgegebene amtliche Kennzeichen befestigt waren,
in K. die M.straße, als er beim Einbiegen in die G. Straße wegen seiner Fahrweise der Besatzung
eines Funkstreifenwagens auffiel. Bei der anschließenden Verfolgung gelang es den Polizeibeamten nicht,
das Fahrzeug mit dem Angeklagten als Fahrer zu stellen. Das Amtsgericht hat seine Überzeugung von der
Identität des Angeklagten mit dem Fahrer des Pkw-Opel u.a. auf die Aussage von Polizeibeamten gestützt,
wonach der Angeklagte, als er in der Nacht zum 20.5.1980 in der Wohnung seiner Eltern abgeholt wurde, ebenso wie
der Fahrer des Pkw-Opel einen roten Pullover getragen hatte. Der Verteidiger hat in der Hauptverhandlung vor
seinem Schlußvortrag beantragt, eine Ortsbesichtigung zum Nachweis dafür vorzunehmen, daß eine
von einem Polizeibeamten für den Tatort bekundete Entfernungsangabe unrichtig war. Außerdem hat er
noch die Vernehmung einer Zeugin (S.) beantragt. Zu beiden Anträgen heißt es im Hauptverhandlungsprotokoll:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><i>"Der Verteidiger wird darauf hingewiesen, daß über die Beweisanträge durch Urteil
entschieden wird."</i></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">In den Urteilsgründen wurden die Anträge sodann abgelehnt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Revision des Angeklagten hat aufgrund der Verfahrensrüge, das Amtsgericht habe den Antrag auf
Ortsbesichtigung nicht in der Hauptverhandlung beschieden, (vorläufig) Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Verfahren des Amtsgerichts stellt sich hinsichtlich des Antrages auf Ortsbesichtigung als Verstoß
gegen § 244 Abs. 6 StPO dar, wonach es zur Ablehnung eines Beweisantrages eines in der Hauptverhandlung
zu verkündenden und zu begründenden Gerichtsbeschlusses bedarf (§§ 34, 35 Abs. 1 StPO;
SenE VRS 49, 183, 184; Herdegen in KK, § 244 StPO Rn. 64). Etwas anderes gilt nur für Hilfsbeweisanträge,
über die nach dem Willen des Antragstellers erst im Zusammenhang mit der Urteilsfindung entschieden werden
soll, bei denen also auf die Mitteilung der Ablehnungsgründe vor der Urteilsverkündung verzichtet wird
(vgl. Gollwitzer in Löwe-Rosenberg, 23. Aufl., § 244 StPO Rn. 131 f., Herdegen a.a.O. Rn. 54, je m.w.N.).
Diese Voraussetzung lag bei dem Antrag auf Ortsbesichtigung schon wegen seiner Bezeichnung als
"Haupt-Beweisantrag" nicht vor. Zudem war der Beweisantrag nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit
dem Antrag auf Freisprechung oder sonst im Rahmen der Schlußausführungen gestellt, so daß auch
deswegen seine Behandlung als Hilfsbeweisantrag nicht gerechtfertigt war (vgl. OLG Hamm GA 72, 59 m.w.N.; BGH
NJW 68, 1339 = BGHSt 22, 124). Allein der Umstand, daß ein Beweisantrag noch nach Schluß der
Beweisaufnahme gestellt wird, genügt nicht für die Annahme, daß über ihn nach dem Willen des
Antragstellers erst im Zusammenhang mit der Urteilsfindung entschieden werden soll, zumal Hauptbeweisanträge
bis zur Urteilsverkündung gestellt werden können (KG JR 54, 192; RGSt 3, 116, 117; RG JW 1912, 946;
Herdegen a.a.O. Rn. 52; KMR-Paulus, 7. Aufl., § 244 StPO Rn. 408). Der Mangel, der in der fehlenden Bekanntgabe
der Ablehnungsgründe noch in der Hauptverhandlung besteht, kann durch die ablehnende Bescheidung in den
Urteilsgründen nicht geheilt werden, auch wenn die Ablehnung nach § 244 Abs. 3, 5 StPO nicht zu
beanstanden gewesen wäre; denn ein solches Verfahren nimmt dem Antragsteller die Möglichkeit, sein
weiteres Prozeßverhalten entsprechend den Ablehnungsgründen einzurichten (BGHSt 19, 24 = NJW 63,
1788; BGH NJW 51, 368; Gollwitzer a.a.O. Rn. 120, 142; KMR-Paulus a.a.O. Rn. 408 m.w.N.). Auf diesem Mangel
kann das Urteil auch beruhen (s. BGH bei Dallinger MDR 71, 18; Herdegen a.a.O. Rn. 69).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Soweit der Verteidiger ferner die Vernehmung der Zeugin S. dazu beantragt hat, daß der Angeklagte
"am 19.5.1980 bzw. 20.5.1980 nicht einen roten sondern einen weißen Pullover getragen hat",
gibt dies Anlaß, auf folgendes hinzuweisen: Ein Beweisantrag setzt das Verlangen eines Verfahrensbeteiligten
voraus, daß zum Nachweis einer <u>bestimmten</u> Tatsache (durch Gebrauch eines bestimmten Beweismittels)
Beweis erhoben wird und die Tatsache die Grundlage des Sachurteils betrifft (BGHSt 6, 128, 129; Herdegen a.a.O.
Rn. 48; Gollwitzer a.a.O. Rn. 72 f.; KMR-Paulus a.a.O. Rn. 371), wobei eine <u>bestimmte</u> Beweistatsache
lediglich behauptet zu sein braucht. Hier enthielt der Antrag auf Vernehmung der Zeugin S. nicht die Behauptung
einer <u>bestimmten</u> Beweistatsache, denn die Formulierung, daß der Angeklagte "am 19.5.1980 bzw.
20.5.1980" nicht wie angegeben gekleidet war, ließ offen, ob die Behauptung für den 19.5.1980
oder für den 20.5.1980 oder für beide Tage zusammen aufgestellt werden sollte. Selbst wenn die
Behauptung nur auf den 19.5.1980, den Tattag, bezogen wurde, fehlte dem Antrag die Behauptung einer die
Grundlage des Schuldspruchs <u>konkret</u> betreffenden Tatsache. Denn es blieb unklar, ob die Beweistatsache
für die von den Zeugen bekundete Tatzeit (gegen 23.30 Uhr am 19.5.1980) oder für eine sonstige Zeit
des Tattages behauptet wurde, der Antragsteller sich also möglicherweise schon daraus Schlüsse gegen
eine Identität des Angeklagten mit dem von den Zeugen beobachteten Fahrer des Pkw-Opel erhoffte. Die
in der Unklarheit oder Mehrdeutigkeit der Beweisbehauptung begründete Mangelhaftigkeit eines Beweisantrages
rechtfertigt allerdings nicht schon ohne weiteres seine Ablehnung. Vielmehr obliegt es grundsätzlich dem
Gericht (§ 244 Abs. 2 StPO), durch Befragung des Antragstellers zu klären, ob er den Inhalt des Antrages
klarstellen oder die Beweisbehauptung in tatsächlicher Hinsicht ergänzen kann (RG JW 28, 2988 Nr. 24 u.
JW 32, 3102 Nr. 55; BGH NJW 59, 396 und GA 60, 315; OLG Celle GA 62, 216, 217; Herdegen a.a.O. Rn. 50; Gollwitzer
a.a.O. Rn. 93; KMR-Paulus a.a.O. Rn. 371). Die Verpflichtung des Gerichts zur Nachfrage ergibt sich insbesondere
in Fällen, in denen der Sachverhalt die Vermutung nahelegt, daß der Antragsteller aus Ungeschick,
ungenügender Überlegung, infolge eines Versehens oder aus ähnlichen Gründen den Beweissatz
nicht so genau und vollständig gefaßt hat, als er dazu in der Lage sein würde (RG HRR 1932 Nr.
407; Alsberg-Nüse, Der Beweisantrag im Strafprozeß, 2. Aufl., S. 402; Herdegen a.a.O. Rn. 50; Gollwitzer
a.a.O. Rn. 94). Führt die Nachfrage nicht zu einer Behebung des Mangels, so kann der Antrag durch zu
begründenden Beschluß (§ 34 StPO) abgelehnt werden.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><b>IV.</b></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Für die neue Hauptverhandlung wird darauf hingewiesen, daß ein Fall notwendiger Verteidigung
(§ 140 Abs. 2 StPO) nicht vorliegt; die insoweit wegen zeitweiliger Abwesenheit des Verteidigers auf den
absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO gestützte Rüge ist daher unbegründet. Wegen
der Schwere der Tat, die sich hauptsächlich nach der zu erwartenden Rechtsfolgenentscheidung richtet (vgl.
SenE NJW 72, 1432; Laufhütte in KK, § 140 StPO Rn. 21 m.w.N.), war die Mitwirkung eines Verteidigers
nicht geboten, da nach Lage der Sache lediglich eine Geldstrafe in Betracht kam. Eine "Schwere der Tat"
ergab sich hier auch nicht aus der Möglichkeit, Sicherungsmaßregeln nach §§ 69, 69 a StGB zu
verhängen. Abgesehen davon war die Verhängung einer solchen Maßregel auch nicht zu erwarten, da
die Anklage eine solche nicht beantragt hat und auch in der Hauptverhandlung kein entsprechender Hinweis erfolgt
ist (§ 265 Abs. 1 StPO, vgl. Kleinknecht, StPO, 35. Aufl., hierzu Rn. 8). Der Umstand, daß das Gericht
bei den Akten befindliche Urkunden zu Beweiszwecken oder zu Vorhalten verwertet, begründet für sich allein
noch keine "Schwierigkeit der Sachlage" (vgl. auch Laufhütte a.a.O. Rn. 22). Die "Rechtslage"
bietet nicht schon deswegen besondere Schwierigkeiten, weil die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat tateinheitlich
gegen mehrere Strafvorschriften verstieß.</p>
|
315,777 | olgham-1982-11-15-3-u-14982 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 3 U 149/82 | "1982-11-15T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:42" | "2019-03-27T09:42:14" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1982:1115.3U149.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 26. Februar 1982 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.</p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsmittels.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der am ... geborene Kläger litt seit 1965 an einer Hiatushernie. Wegen ausgeprägter Magenbeschwerden begab er sich 1972 in die Behandlung der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. ... in ... Eine Röntgenuntersuchung vom September 1974 bestätigte den schon 1965 erhobenen Befund einer Hiatushernie. Wegen verstärkter Beschwerden wies Frau Dr. ... den Kläger am 7. November 1975 in des von der Beklagten zu 1) getragene Städtische Krankenhaus ... ein. Dort diagnostizierte der Beklagte zu 2), Chefarzt der chirurgischen Abteilung, eine "axiale Hiatushernie" und entschloß sich, wie von der Hausärztin des Klägers empfohlen, zu einem operativen Eingriff im Sinne Hiatoplastik (Verengung des Hiatus) mittels einer sog. Ventiloperation. Zweck des Eingriffes war es nicht nur, den Eintritt des Magens in den Brustraum, sondern vor allem, den Rückfluß von Speisen aus dem Magen in die Speiseröhre zu verhindern. Die Operation wurde vom Beklagten zu 2) am 24. November 1975 ausgeführt und wird vom Beklagten zu 2) ebenso wie der postoperative Verlauf als komplikationslos geschildert, über das Ergebnis einer Röntgenkontrolluntersuchung vom 5. Dezember 1975 kam es zwischen dem Beklagten zu 2) und dem Röntgenologen Dr. ... zu einer Kontroverse. Während Dr. ... auf den Röntgenaufnahmen eine Resthernie oder gar ein Hernierezidiv festzustellen glaubte, meinte der Beklagte zu 2), die Röntgenuntersuchung lasse nur eine kleine epiphrenische Glocke erkennen. Weder dem Kläger noch seiner Hausärztin wurde eine Mitteilung von dieser unterschiedlichen Deutung gemacht, vielmehr wurde ihnen erklärt, daß die Operation erfolgreich verlaufen sei. Das traf auch insoweit zu, als der Kläger beschwerdefrei blieb, bis er Ende Januar 1976 die Schonkost aufgab. Sodann suchte er wegen der gleichen Beschwerden wie vor der Operation wieder Frau Dr. ... auf, die ihn konservativ mit Magentherapeutica wie Maaloxan behandelte. Im September 1978 wurde bei dem Kläger anläßlich einer röntgenologischen Untersuchung ein Hiathushernierezidiv festgestellt. Frau Dr. ... überwies den Kläger wieder in die chirurgische Abteilung des Städtischen Krankenhauses ..., wo während einer stationären Behandlung die Diagnose abgesichert werden sollte. Dazu kam es aber nicht, weil der Kläger das Vertrauen zu dem Beklagten zu 2) verloren hatte. Der Kläger suchte im Frühjahr 1979 ein anderes Krankenhaus auf. Dort wurde ihm von einer erneuten Operation abgeraten. Der Kläger hat bis heute keine Operation zur Linderung seiner Beschwerden ausführen lassen, sondern nimmt regelmäßig das Medikament Maaloxan forte.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit der im August 1980 erhobenen Klage hat der Kläger von beiden Beklagten ein angemessenes Schmerzensgeld verlangt (ursprüchliche Vorstellung 10.000,- DM, berichtigt später auf 5.000,- DM). Er hat es als Behandlungsfehler bezeichnet, daß ihm nicht bei seiner Entlassung aus der stationären Behandlung im Dezember 1975 Mitteilung über das Ergebnis der Röntgenuntersuchung gemacht worden sei. Er hat behauptet, diese habe eindeutig den Mißerfolg der von dem Beklagten zu 2) durchgeführten Operation erkennen lassen. Damals sei eine unverzügliche Nachoperation erforderlich und mit viel weniger Risiko sowie Schmerzen durchführbar gewesen als später, da nunmehr mit Verwachsungen zu rechnen und er älter geworden sei. Hatte er den Mißerfolg der Operation gekannt, so wäre er in der Folgezeit anders ärztlich behandelt worden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben das Auftreten eines Hernierezidivs vor 1978 ebenso bestritten wie die Notwendigkeit einer Nachoperation und größere Schwierigkeiten bei deren zeitlich späterer Durchführung. Sie haben behauptet, die Operation habe den mit ihr bezweckten Erfolg gehabt, nämlich den Rückfluß von Speisen in die Speiseröhre zu verhindern. Sie haben weiter die Ansicht vertreten, eine Verpflichtung zur Aufklärung des Klägers über den Röntgenbefund vom 5. Dezember 1975 habe nicht bestanden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die 21. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. ... von der Chirurgischen Klinik ... vom 9. März 1981 (Bl. 56 f. d.A.) nebst Ergänzungen vom 26. Mai 1981 (Bl. 75 f. d.A.) und vom 3. November 1981 (Bl. 104 f. d.A.), die sie von Dr. ... noch hat mündlich erläutern lassen; die Kammer hat außerdem den Röntgenologen Dr. ... als Zeugen vernommen und Kläger sowie Beklagten zu 2) persönlich gehört. Sodann hat das Landgericht die Klage abgewiesen mit der Begründung, zwar sei der Beklagte verpflichtet gewesen, den Kläger über den Befund und mögliche Zweifel vollständig aufzuklären, aber der Kläger habe den ihm obliegenden Beweis nicht geführt, daß der unterlassene Hinweis ursächlich für seine weiteren Beschwerden gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil, auf das im übrigen gemäß § 543 ZPO Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen Schmerzensgeldanspruch weiter verfolgt. Er greift das Sachverständigengutachten an und bezieht sich dabei auf schriftliche Äußerungen des Röntgenologen Prof. Dr. Dr. ... von den Städtischen Kliniken in ... Mit dem Landgericht ausgehend von einer Verletzung der nach operativen Mitteilungspflicht des Beklagten zu 2) meint der Kläger, es sei nicht seine Aufgabe, den Beweis der Kausalität zwischen dem Unterlassen der Mitteilung und der Fortdauer seiner Beschwerden zu führen. Der Kläger wiederholt seine Behauptung, er hätte die Operation sofort noch einmal vornehmen lassen, wenn er alsbald von ihrem Mißerfolg in Kenntnis gesetzt worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, und eine Verzinsung des ausgeurteilten Betrages von 4 % seit Klagezustellung auszusprechen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die gegnerische Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Sie verteidigen das Ergebnis des landgerichtlichen Urteils, wehren sich aber gegen die Feststellung der postoperativen Aufklärungspflicht.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst den überreichten Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat den Kläger ergänzend gemäß § 141 ZPO gehört, dabei hat er erklärt:</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Er habe sich bis heute nicht nachoperieren lassen und nehme seither etwa eine 3/4 Stunde nach jeder Mahlzeit - er müsse fünfmal am Tage etwas essen eine Tablette Maaloxan forte. Wenn er die Tabletten nicht nehme, müsse er mit furchtbaren Schmerzen rechnen, obwohl sein Magen nachweislich in Ordnung sei. Er leide unter Mundgeruch und müsse nachts mit Ausfluß aus dem Mund rechnen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus am 6. Dezember 1975 sei er mit der Kost zunächst vorsichtig gewesen. Da habe er keine Beschwerden gehabt. Als er Ende Januar 1976 nicht mehr diät gelebt habe, seien die Beschwerden, nämlich Sodbrennen und Erbrechen wie früher gewesen. Daraufhin sei er wieder zu seiner Hausärztin gegangen, die die Krankenunterlagen (Operationsbericht) habe anfordern wollen. Später habe sie ihm erklärt, nach den Berichten sei bei ihn alles in Ordnung.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Senat hatte die Krankenunterlagen vorliegen, hat zusammen mit dem Sachverständigen Dr. ... die Röntgenaufnahmen in Augenschein genommen und den Sachverständigen Dr. ... ergänzend vernommen:</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">der Sachverständige erklärte:</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Bei Operationen der Art, wie sie am 24. November 1975 bei dem Kläger vorgenommen worden ist, kommt es bei etwa 10 % zu Rezidiven. Bei der Auswertung der Röntgenaufnahmen vom 5. Dezember 1975 läßt sich die unterschiedliche Beurteilung durch die beiden Ärzte daraus erklären, daß der Übergang der Schleimhäute von Magen und Speiseröhre oft schwierig abzugrenzen ist. Ich bleibe bei meiner Diagnose der epiphrenische Glocke.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Nach Schätzungen leiden 30-50 % der Bevölkerung an einer Hiatushernie, wobei die meisten Meschen keine Beschwerden klagen. Die Indikation zur Operation ist gering und wird durch eine endoskopische Untersuchung abgeklärt. Das von dem Kläger geschilderte Sodbrennen ist typisch für ein Refluxleiden. Das Erbrechen deutet mehr auf Gastritis oder Ulcus hin.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Bei der Hiatushernie kennt man drei Schweregrade. Die erste und zweite Stufe werden erfolgreich mit Medikamenten konservativ behandelt, während nur die letzte Stufe in der Regel operiert wird. Bei dem vom Kläger geschilderten langjährigen Tablettenkonsum sind Nebenwirkungen nicht zu erwarten.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Diagnostisch sicher ist im Falle des Klägers nur eine endoskopische Untersuchung. Nur wenn die Beschwerdefreiheit nicht konservativ erreicht werden könnte, würde ich zur Operation raten. Dieses Wohlbefinden scheint der Kläger mit Maaloxan erreichen zu können, was angesichts der nicht unbeträchtlichen Lebenserwartung des Klägers auf Dauer anzustreben ist.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Im Hinblick auf die Möglichkeit von Verwachsungen kam keine generell Aussage gemacht werden, denn Verwachsungen können schon alsbald nach der Erstoperation entstehen oder auch fehlen. Bei einer Hiatusoperation, besteht auch die Möglichkeit der Umgehung über den Brustraum, die zum Teil von den Patienten sogar besser vertragen wird.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Landgericht hat die Klage zutreffend abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf Schmerzensgeld nachgewiesen hat.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte zu 2) hat zwar pflichtwidrig unterlassen, dem Kläger oder dessen Hausärztin von der nicht eindeutigen Beurteilung der Röntgenaufnahmen vom 5. Dezember 1975 Mitteilung zu machen; der Kläger hat Jedoch nicht nachgewiesen, daß ihn infolge dieses Unterlassens ein Schaden entstanden ist.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte zu 2) schuldete dem Kläger keinen bestimmten Heilerfolg, sondern nur bestes Bemühen hierum unter Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaft. Mißlingt bei einem Chirurgen wie dem Beklagten zu 2) der Eingriff oder bestehen Zweifel an seinem Erfolg, so ist der Arzt verpflichtet, davon dem Patienten oder dessen (einweisenden) Hausarzt zu unterrichten, damit der weiterbehandelnde Arzt Hinweise für die anschließende sachgerechte Beratung und Therapie erhält. Dieses Versäumen der gesundheitlichen Aufklärungspflicht steht einem Behandlungsfehler gleich (Nachweise bei Laufs in NJW 1978, 1181; Wittmann in Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 1, 1982, Rdnr. 42 zu § 823 [xxxxx] BGB). Die Beweislastverteilung richtet sich nach den Grundsätzen, die für Behandlungsfehler entwickelt worden sind, das heißt grundsätzlich keine Beweislastumkehr zugunsten des Patienten (Nachweis bei Franzki, Die Beweisregeln im Arzthaftungsprozeß, 1982. S. 40 f.). Unstreitig ist bei der Röntgenkonferenz am 11. Dezember 1975 die Auswertung der Röntgenaufnahmen zwischen dem Beklagten zu 2) und dem Röntgenarzt Dr. ... kontrovers erörtert worden, und hat der Beklagte zu 2) weder die Hausarzt in Dr. ... noch den Kläger hiervon unterrichtet. Dieses Geschehen bietet aber keinen Anlaß, einen groben Behandlungsfehler des Beklagten zu 2) anzunehmen oder in entsprechender Anwendung der Grundsätze, die der Senat beim Unterdrücken von Krankenunterlagen anwendet, dem Kläger als Patienten Beweiserleichterung zukommen zu lassen. Ein besonders gewichtiger Verstoß gegen die ärztlichen Pflichten liegt nicht vor. Der Zeuge Dr. ... hat bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht bekundet, er habe bei dem Gespräch mit dem Beklagten zu 2) nicht ausdrücklich von einem Mißerfolg der Operation gesprochen, sondern lediglich gesagt, es erfolge zwar kein Rückfluß vom Magen in die Speiseröhre mehr und die Verlagerung des Magens in den Thoraxbereich sei verhindert, doch sei eine Resthernie verblieben. Der Sachverständige Dr. ... hat konstant die Ansicht vertreten, auf den Röntgenaufnahmen vom 5. Dezember 1975 sei kein krankhafter Befund einer Resthernie festzustellen, zu erkennen sei vielmehr eine sog. epiphrenische Glocke, die keinen Krankheitswert besitze. Dazu hat er ergänzend erklärt, eine sichere Diagnose sei nur mittels einer endoskopischen Untersuchung gewährleistet; denn die Abgrenzung in dem Bereich Magen/Speiseröhre sei auf einem Röntgenbild recht schwierig auszumachen. Bei diesem Sachverhalt kann nur ein geringer Verstoß gegen die ärztliche Sorgfaltspflicht angenommen werden, der auch von der Interessenlage nicht mit dem bewußten Vorenthalten von ärztlicher Dokumentation gleichgesetzt werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Das rechtswidrige Unterlassen ist aber nicht Ursache des Wiederauflebens der Beschwerden beim Kläger. Ein Unterlassen ist in der Regel dann ursächlich, wenn mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bei einem pflichtgemäßen Tun die Schadensentstehung verhindert worden wäre und wenn die erste Ursache generell geeignet ist, die Schädigung herbeizuführen. Der Sachverständige Dr. ... hat vor dem Senat ausgeführt, daß bei Operationen der Art, wie sie beim Kläger am 24. November 1975 ausgeführt worden ist, eine Rezidivrate von etwa 10 % besteht. Demgemäß ist es nicht unwahrscheinlich, daß bei dem Kläger ein Fall in diesem Risikobereich vorliegt, wie durch die Diagnose vom September 1978 nahegelegt wird. Das bei dieser Untersuchung festgestellte Hiatushernierezidiv hat der Kläger bisher nicht operativ behandeln lassen; vielmehr ist er mit konservativer Behandlung so beschwerdefrei gewesen und geblieben, daß er vortragen läßt, er habe sich mit seiner Situation abgefunden.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Aber auch für die Zeit von Februar 1976 bis September 1978 hat der Kläger keine ursächlichen Nachteile bewiesen. Das Unterlassen der Mitteilung <u>kann</u> zwar Einfluß auf die weitere Behandlung und die Entschließung des Klägers sowie seiner Hausärztin gehabt haben, muß es aber nicht. Bei einer Aufklärung über den kontroversen Befund will der Kläger nach seiner Behauptung zwar einer sofortigen Operation den Voerzug gegenüber dem weiteren Medikamentenkonsum eingeräumt haben, das weitere Geschehen, nämlich keine Änderung seines Verhaltens trotz der Diagnose im September 1978, spricht aber dagegen. Dieser Entschluß zur Operation im Frühjahr 1976 wird noch dadurch unwahrscheinlich, weil der Befund des Zeugen Dr. ... nur eine Resthernie auswies, die Operation im übrigen, insbesondere dem Primärzweck erfolgreich verlaufen war. Letztlich ist trotz der vergangenen Zeit nach den überzeugenden Angaben des Sachverständigen Dr. ... das Operationsrisiko beim Kläger nicht nennenswert gestiegen, so daß auch hier kein ursächlicher Nachteil anzunehmen ist.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Nach alledem war die Berufung des Klägers mit den Nebenentscheidungen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713, 546 ZPO zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Das Urteil beschwert den Kläger mit 5.000,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Verkündet am 15. November 1982</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts</p>
|
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} | 15 W 151/81 | "1982-11-13T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:43" | "2019-03-27T09:42:14" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1982:1113.15W151.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">A</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die jetzt 23 Jahre alte Beteiligte zu 2), ... wurde am 30. Juni 1959 von ihrer jetzigen Vormünderin nichtehelich
geboren. Ihr Vater ist ... der die Vaterschaft urkundlich anerkannt hat. ... lebt seit dem 2. August 1966 im Haushalt ....</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligte zu 2) ist durch Beschluß des Amtsgerichts ... vom 22. Mai 1978 (11 C 173/78) wegen
Geistesschwäche entmündigt worden. Der Entmündigung liegt u.a. ein Gutachten des nervenärztlichen
... zugrunde, wonach bei ... eine Geistesschwäche vom Grade einer Debilität als Folge einer frühkindlichen
Hirnschädigung festgestellt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kindesmutter, die am 7. November 1978 zum Vormund ihrer ... bestellt wurde, hat am 30. Oktober 1980 beim
Vormundschaftsgericht beantragt, die Durchführung einer Tubenunterbindung bei ihrer ... zu genehmigen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung dieses Antrages hat sie ein ärztliches Attest des Arztes für Allgemeinmedizin
Dr. med. ... vom 13. Oktober 1980 vorgelegt. Darin heißt es, daß bei ... ein frühkindlicher
Hirnschaden mit Schwachsinn und häufigen epileptischen Anfällen bestehe und ärztlicherseits eine
Sterilisierung für erforderlich gehalten werde, weil ... sicher nicht in der Lage sei, ein Kind zu erziehen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Vormundschaftsrichter hat zunächst die Ansicht vertreten, im vorliegenden Falle seien die Vorschriften
des Gesetzes über die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden vom 15. August 1969 (künftig:
Kastrationsgesetz) entsprechend anzuwenden (so auch: LG Berlin, FamRZ 1971, 668 und Henke, NJW 1976, 1773,
<u>1776</u>). Er hat dementsprechend die Einholung eines medizinischen Gutachtens der Gutachterstelle (§ 5
des Kastrationsgesetzes) beschlossen. Die damit befaßte Ärztekammer Westfalen-Lippe in Münster
hat jedoch die Auffassung vertreten, die Vorschriften des Kastrationsgesetzes könnten auf Sterilisationen
nicht entsprechend angewandt werden; sie hat deshalb die Erstattung eines Gutachtens abgelehnt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat daraufhin durch Beschluß vom 21. April 1981 den Antrag der Vormünderin auf
Erteilung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung zur Sterilisierung des Mündels zurückgewiesen.
Es hat dazu mit ausführlicher Begründung dargelegt, daß eine Rechtsgrundlage für die
beantragte vormundschaftsgerichtliche Genehmigung weder ausdrücklich im Gesetz normiert sei, noch aus
allgemeinen Rechtsgrundsätzen hergeleitet werden könne.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Gegen die Entscheidung hat die Vormünderin mit ihrer Eingabe vom 11. Mai 1981 Beschwerde eingelegt,
der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat. Eine weitere Eingabe der Vormünderin hat folgenden Inhalt:</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><i>"Da ich meine Beschwerde näher begründen soll, muß ich sagen, wie kann ein Mädel,
die nichts verdient und nie verdienen wird, sowie morgens sehr oft selbst angezogen werden muß, Tage nicht
ansprechbar ist, epileptische Anfälle bekommt und geistig nicht mitkommt, wie soll so ein Mädel ein Kind
bekommen und erziehen. Sie hat jetzt die Spirale, muß aber entfernt werden, da sie die Spirale nicht
verträgt. Tabletten kommen nicht in Frage, da sie ihre nicht nimmt. Ich bitte Sie, sagen Sie mir, wie
es weitergehen soll."</i></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Mit Beschluß vom 5. Juni 1981 hat sich das Landgericht der Rechtsauffassung des Amtsgerichts in jeder
Hinsicht angeschlossen und die Beschwerde der Vormünderin als unbegründet zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Hiergegen wendet sich die Vormünderin mit ihrer weiteren Beschwerde, die zunächst am 20. Juli 1981
nicht formgerecht eingelegt, jedoch durch Anwaltsschriftsatz vom 24. August 1981 näher begründet worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gründe der vorinstanzlichen Entscheidungen
und auf den sonstigen Akteninhalt verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">B</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die nicht fristgebundene weitere Beschwerde der Vormünderin ist - da die Begründung durch
Anwaltsschriftsatz einer formgerechten Neueinlegung gleichkommt - in gehöriger Weise eingelegt worden und
auch sonst zulässig nach §§ 27, 29 FGG. In der Sache bleibt sie jedoch ohne Erfolg, weil die
angefochtene Beschwerdeentscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht, § 27 FGG.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht, das mit einer ebenfalls zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) befaßt war,
hat sich in rechtlich nicht zu beanstandener Weise den Erwägungen angeschlossen, mit denen das Amtsgericht
die Zurückweisung des Antrages der Vormünderin im einzelnen begründet hat.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Sterilisation einer Frau - d.h. die Ausschließung der Empfängnisfähigkeit durch Unterbindung
der Eileiter (Tubenligatur) - stellt (unbeschadet ihrer strafrechtlichen Beurteilung, vgl. BGHSt 20, 81;
Schönke/Schröder/Eser, StGB, 21. Aufl., § 223 Rnr. 59 bis 62, m.w.N.) einen Eingriff in die
körperliche Integrität und damit <u>zivilrechtlich</u> tatbestandsmäßig eine Körperverletzung
im Sinne von § 823 BGB dar, für deren Rechtmäßigkeit es auf einen besonderen Rechtfertigungsgrund
ankommt (BGH NJW 1976, 1790 m.w.N.). Als Rechtsfertigungsgrund kommt insbesondere eine wirksame Einwilligung des
Betroffenen in Frage (BGH NJW 1976, 1790). Bei der Einwilligung zu einem Eingriff in die körperliche
Integrität handelt es sich nicht um eine Einwilligung im Sinne des § 183 BGB, nicht um die Zustimmung
zu einem <u>Rechtsgeschäft</u>, also nicht um eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, sondern
um die Gestattung oder Ermächtigung zur Vornahme tatsächlicher Handlungen, die in den Rechtskreis des
Gestattenden eingreifen (BGHZ 29, 33, <u>36</u> m.w.N.). Die Vorschriften der §§ 107 ff BGB, die
rechtsgeschäftliche Willenserklärungen betreffen, sind daher auf die Einwilligung zu einem ärztlichen
Eingriff nicht unmittelbar anzuwenden. Es kommt deshalb weder auf die Volljährigkeit noch auf die zivilrechtliche
Geschäftsfähigkeit, sondern darauf an, ob der Betroffene die natürliche Einsichts- und
Urteilsfähigkeit besitzt, d.h. ob er nach seiner geistigen und sittlichen Reife aufgrund einer entsprechenden
Risiko- und Folgenaufklärung die Bedeutung und tragweite des körperlichen Eingriffs - hier der Sterilisation
- hinreichend zu erkennen und seinen Willen danach zu bestimmen vermag (BGHZ 29, 36; Schönke/Schröder/Eser,
a.a.O., m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Falle ergibt sich somit - wie das Amtsgericht zutreffend dargelegt hat - aus der durch die
Entmündigung wegen Geistesschwäche gemäß § 114 BGB folgenden beschränkten
Geschäftsfähigkeit der Beteiligten zu 2) unmittelbar noch nichts für die Frage, ob letztere in
die Sterilisation wirksam einwilligen kann oder nicht. Es ist Sache des behandelnden Arztes zu überprüfen,
ob die Beteiligte zu 2) bei entsprechender Aufklärung über das Risiko und die Folgen einer Sterilisation
- insbesondere auch im Hinblick auf die möglichen psychischen Auswirkungen und auf die Tatsache, daß
sich eine Unfruchtbarmachung nur in relativ wenigen Fällen wieder rückgängig machen läßt
- die Bedeutung und Tragweite dieses körperlichen Eingriffs hinreichend abzuschätzen und ihren Willen
danach zu bestimmen vermag. Kommt der Arzt dabei zu dem Ergebnis, daß die erforderliche volle natürliche
Einsichtsfähigkeit vorliegt, so kann die Beteiligte zu 2) selbst wirksam in die Sterilisation einwilligen.
Für eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung ist dann kein Raum.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Allerdings mag manches dafür sprechen, daß die Beteiligte zu 2) wegen eines frühkindlichen
Hirnschadens mit Schwachsinn vom Grade einer Debilität die erforderliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit
<u>nicht</u> besitzt.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Ob es in einem solchen Falle ergänzend der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zur Sterilisation und
zusätzlich der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung dazu bedarf oder nicht, und ob der Mündel zumindest
nach seinem natürlichen Willen mit dem Eingriff einverstanden sein muß, darüber gehen die Meinungen
in Rechtsprechung und Schrifttum weit auseinander (vgl. etwa Schönke/Schröder/Eser, a.a.O.; Henke, a.a.O.;
Röhmel, JA 1977, 183, 184 ff; LG Berlin, LG Zweibrücken, MDR 1979, 758; LG Düsseldorf FamRZ 1981, 95
und AG Kaiserslautern, MDR 1981, 229).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Eine gesetzliche Regelung hat diese Problematik bisher nicht gefunden. Sie war zwar vorgesehen im Regierungsentwurf
eines Fünften Gesetzes zur Reform des Strafrechts (BT-Dr. VI/3434 sowie 7/1981 und 7/1982), betreffend den
Schwangerschaftsabbruch und die freiwillige Sterilisation. Der Entwurf sah vor, die freiwillige Sterilisation von
Personen, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, strafrechtlich freizugeben und sie für Personen unter 25
Jahren an Beschränkungen (entweder medizinische oder genetische Indikation oder Vorhandensein von 4 Kindern,
außerdem Beratung durch eine Beraterstelle) zu knüpfen. Der Entwurf ist aber seinerzeit zurückgestellt
worden und bisher nicht Gesetz geworden.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht Berlin hat (a.a.O.) die Auffassung vertreten, die Sterilisation einer geistesschwachen Frau zur
Verhütung weiterer Schwangerschaften sei auch gegen ihren Willen zulässig, und der Wirkungskreis des
Gebrechlichkeitspflegers "Zustimmung zur Heilbehandlung" umfasse auch das Recht, einer Sterilisation
zuzustimmen. Es hat in der entsprechenden Anwendung des § 4 Abs. 2 in Verbindung mit § 6 des
Kastrationsgesetzes die Rechtsgrundlage für eine unter bestimmten Voraussetzungen zu erteilende
vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Zustimmung des Pflegers gesehen. Das Landgericht Zweibrücken
hat (a.a.O.) gleichfalls eine entsprechende Anwendung des Kastrationsgesetzes - allerdings des §<u>3</u>
(in Verbindung mit § 6) - als zulässig erachtet, um unter bestimmten Voraussetzungen die Einwilligung
eines Pflegers in die Sterilisation einer Frau vormundschaftsgerichtlich zu genehmigen, wenn die Sterilisation aus
medizinischen oder eugenischen Gründen vorgenommen werden soll, die Frau aber nicht fähig ist, die
Bedeutung des Eingriffs voll einzusehen und ihren Willen hiernach zu bestimmen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber vertritt das Landgericht Düsseldorf (a.a.O.) die Ansicht, der medizinische Eingriff der
Sterilisation sei im gegenwärtigen Recht nicht von der Erteilung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung
abhängig. Es hat zur Begründung u.a. ausgeführt: Zunächst lasse sich die Notwendigkeit einer
vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nicht aus dem Kastrationsgesetz herleiten. Während dessen §§
1 bis 3 die Kastration, d.h. die Unfruchtbarmachung des <u>Mannes</u>, zum Gegenstand hätten, befasse sich
die Vorschrift des § 4 ("andere Behandlungsmethoden") auch mit der Behandlung einer <u>Frau</u>.
Dabei dürfe es sich allerdings nur um eine gegen die Auswirkungen eines abnormen Geschlechtstriebes
gerichtete ärztliche Behandlung einer Frau handeln, mit der nicht beabsichtigt sei, die Keimdrüsen
dauernd funktionsunfähig zu machen, die aber eine solche Folge haben <u>könne</u> (§ 4 Abs. 1
Satz 1 des Kastrationsgesetzes). Demgemäß stelle die Sterilisation einer Frau, mit der ihre dauernde
Unfruchtbarmachung gerade <u>beabsichtigt</u> sei, keine "andere Behandlungsmethode" dar; unter diesem
Begriff seien z.B. insbesondere medikamentöse Behandlungen zu verstehen. Darüber hinaus scheide aber
auch eine <u>analoge</u> Anwendung der Vorschriften des Kastrationsgesetzes aus. Denn eine Analogie liefe dem
eindeutigen Willen des Gesetzgebers zuwider, die Sterilisation der Frau in einem besonderen Gesetz zu regeln.
Während die beabsichtigte Unfruchtbarmachung des Mannes durch das Gesetz vom 15. August 1969 geregelt worden
sei, lägen zur Frage der Sterilisation bisher lediglich Entwürfe und Gesetzesvorschläge vor.
Wenn der Gesetzgeber die Voraussetzungen für die Durchführung des medizinischen Eingriffs der
Sterilisation so wie bei der Kastration hätte regeln wollen, so hätte er dies im Kastrationsgesetz
zum Ausdruck gebracht. Es könne nicht Sache der Rechtsprechung sein, den andersartigen Vorstellungen des
Gesetzgebers im Bereich der Sterilisation durch eine analoge Anwendung des Kastrationsgesetzes entgegenzuwirken.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Dieser Auffassung, der sich beide Vorinstanzen angeschlossen haben, stimmt auch der Senat zu. Die eng begrenzte
Zweckrichtung des Kastrationsgesetzes - auch in § 4 -, die Auswirkungen eines <u>abnormen Geschlechtstriebes</u>
eines Mannes oder einer Frau durch ärztliche Behandlung zu beheben oder zu vermindern, läßt eine
Ausdehnung im Wege der Analogie auf körperliche Eingriffe zu ganz anderen Zwecken, insbesondere zur
beabsichtigten Unfruchtbarmachung, nicht als zulässig erscheinen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Dies gilt um so mehr, als in der Rechtsprechung und im Schrifttum mit beachtlichen Gründen die Ansicht
vertreten wird, ein so "höchstpersönlicher Eingriff" wie die Unfruchtbarmachung dürfe
einem Menschen niemals ohne oder gar gegen seinen natürlichen Willen aufgezwungen werden, es sei denn,
daß die Sterilisation zur Abwehr einer <u>lebensbedrohlichen Gefahr</u> geboten erscheine; weitergehende
Zwangseingriffe müßten dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben (so z.B. LG Düsseldorf und
Schönke/Schröder/Eser, jeweils a.a./.). Selbst nach dem schon erwähnten <u>Gesetzentwurf</u>
zur Regelung der Sterilisation sollten derartige weitergehende Zwangseingriffe nicht erlaubt sein, sondern
die Unfruchtbarmachung ohne oder gar gegen den natürlichen Willen der betroffenen Frau nur zugelassen
werden, wenn die Behandlung notwendig ist, um von der Frau eine anders nicht abwendbare Gefahr des Todes
"oder des völligen Verfalls ihrer Gesundheit" abzuwenden. Die amtliche Begründung führt
hierzu u.a. aus:</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><i>"Aus der ärztlichen und gerichtlichen Praxis sowie der Sozialarbeit ist der Wunsch nach einer
Vorschrift laut geworden, die die Sterilisation schwachsinniger Frauen auch dann zuläßt, wenn die
strafrechtliche Einwilligungsfähigkeit infolge des Schwachsinns ausgeschlossen ist. Schwachsinnige Frauen
werden nicht selten von Fremden geschwängert; es gibt eindrucksvolle Berichte über die Probleme, die
sich in solchen Fällen für die Schwangere, ihrer Angehörigen und das aus der Schwangerschaft
hervorgehende Kind stellen. Das Kind ist meist auf Heimerziehung angewiesen; vielfach ist es aufgrund Erbschadens
in seiner psychischen Gesundheit geschädigt ...</i></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"><i>Unter Umständen kann die Zulässigkeit der Sterilisation Einwilligungsunfähiger auch Schwierigkeiten
bereiten, wenn zwei psychisch schwer geschädigte Patienten verschiedenen Geschlechts den Wunsch bekunden,
zusammen zu leben: Für den Vormund der Frau und den Anstaltsleiter stellt sich dann die Frage, ob diese an
sich positiv bewertete Beziehung nicht deswegen gelöst werden muß, weil sie die Gefahr einer schwer
geschädigten Nachkommenschaft begründet.</i></p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><i>Der Entwurf untersagt trotzdem die Sterilisation Einwilligungsunfähiger in allen Fällen, in denen
die Gesundheitsgefahr nicht die Voraussetzungen des § 226 b Abs. 4 Nr. 1 (nämlich Gefahr des Todes
oder des völligen Gesundheitsverfalls) erfüllt. ... Zwar besteht ein Unterschied zwischen der gegen
den Willen des Betroffenen durchgeführten Zwangssterilisation und der Sterilisation eines Einwilligungsunfähigen.
Beiden Fällen gemeinsam ist aber der Umstand, daß die Sterilisation nicht auf dem freien Willen des
Betroffenen, sondern auf fremdem Entschluß beruht. ... In der Bundesrepublik besteht jedoch angesichts
der Erinnerung an die nationalsozialistische Herrschaft eine besondere, mit den Verhältnissen in anderen
Ländern nicht vergleichbare Situation. Es kann auch nicht verkannt werden, daß eine Zulassung der
Sterilisation Einwilligungsunfähiger die Gefahr des Mißbrauchs begründet. ... Gegen eine Zulassung
der Sterilisation Einwilligungsunfähiger spricht schließlich auch die Erwägung, daß
hinsichtlich des Schwachsinns zur Zeit neue Methoden der ärztlichen Behandlung entwickelt werden, die
möglicherweise manchen Patienten die heute noch fehlende Einwilligungsfähigkeit zurückgeben
oder neu verschaffen können. Es empfiehlt sich nicht, in einer solchen Zeit des Übergangs die
Sterilisation Schwachsinniger in größerem Umfang zuzulassen. ...</i></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks"><i>Nach § 3 Abs. 3 des Kastrationsgesetzes ist für Zustände, die zwischen voller und
fehlender Einwilligungsfähigkeit liegen, eine Sonderregelung vorgesehen. Sie eignet sich nicht
dazu, für die Sterilisation übernommen zu werden. Das besondere Interesse, das Betroffener
und Gesellschaft an der Kastration haben müssen, besteht im Falle des § 226 b nicht. Um so schwerer
wiegt dann das Argument, daß jeder, der nicht über die volle Einwilligungsfähigkeit verfügt,
fremden Einflüssen ausgeliefert ist. Mag eine derartige Einflußnahme auch das Wohl des Betroffenen
anstreben: Sie stellt jedenfalls die Selbstbestimmung dessen, der unter einem solchen Einfluß mit einer
Sterilisation einverstanden ist, in Frage ..."</i></p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Diese Erwägungen haben zwar, da der Entwurf nicht Gesetz geworden ist, bisher keinen Niederschlag im
geltenden Recht gefunden. Sie lassen es aber geboten erscheinen, große Zurückhaltung sowohl hinsichtlich
einer analogen Anwendung des Kastrationsgesetzes als auch bei der Heranziehung allgemeiner Rechtsgrundsätze
als Grundlage für die hier in Rede stehende vormundschaftsgerichtliche Genehmigung zu üben.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Ob diese Genehmigung zu erteilen wäre, wenn die Sterilisation der Beteiligten zu 2) zur Abwendung einer
<u>lebensbedrohlichen</u> Gefahr erforderlich wäre, bedarf keiner Entscheidung. Denn für eine derartige
Gefahr bietet der Sachverhalt, wie er sich nach dem Akteninhalt darstellte, keinen Anhaltspunkt.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Ohne Rechtsfehler haben die Vorinstanzen des weiteren - ebenso wie das LG Düsseldorf (a.a.O.) - angenommen,
auch die Vorschriften über das Personensorgerecht des Vormundes (§ 1793 in Verbindung mit § 1631 BGB)
stellten keine geeigneten Rechtsgrundlage für die hier beantragte vormundschaftsgerichtliche Genehmigung dar.
Allerdings kann das Vormundschaftsgericht nach § 1631 Abs. 3 die Eltern (oder den Vormund) auf Antrag bei
der Ausübung der Personensorge in geeigneten Fälle unterstützen. Die Unterstützung ist aber
im wesentlichen für Maßnahmen im Rahmen der Erziehung, Beaufsichtigung und Aufenthaltsbestimmung
gedacht (vgl. dazu MüKo/Hinz, BGB, § 1631, Rnr. 30, 31 sowie Ergänzungsband Rnr. 22 ff, m.w.N.).
In diesen Bereich fällt die Zustimmung zu einer medizinischen Behandlung nicht; sie gehört vielmehr zur
"Pflege" des Kindes bzw. Mündels, die als Bestandteil der Personensorge in § 1631 Abs. 1 BGB
besonders genannt ist und die <u>körperliche Betreuung</u> betrifft (Palandt/Diederichsen, BGB, 40. Aufl.,
§ 1631 Anm. 2 am Ende). Ob eine vormundschaftsgerichtliche Unterstützungsmaßnahme nach § 1631
Abs. 3 BGB im Bereich der <u>körperlichen Betreuung</u> (Pflege) überhaupt in Betracht kommt, kann schon
zweifelhaft erscheinen. Jedenfalls würde eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Zustimmung des
Vormundes zur Sterilisation des Mündels nach Ansicht des Senats den Rahmen bloßer
Unterstützungsmaßnahmen im Sinne des § 1631 Abs. 3 BGB überschreiten, zumal das Gesetz auch
sonst für vormundschaftsgerichtliche Genehmigungen <u>ausdrückliche Normen</u> aufstellt, z.B. in §
1631 b für eine mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung des Kindes oder Mündels und in den
§§ 3, 4 und 6 des Kastrationsgesetzes für eine Kastration oder eine "andere
Behandlungsmethode".</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Für die von der Vormünderin begehrte vormundschaftsgerichtliche Genehmigung läßt sich
auch sonst keine rechtliche Grundlage finden, wie das Amts- und das Landgericht zutreffend angenommen haben.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsprechung ist - zumindest in den Fällen, in denen keine lebensbedrohliche Gefahr abgewendet
werden muß- nicht berufen, dem Gesetzgeber vorzugreifen in der äußerst umstrittenen Frage, unter
welchen Voraussetzungen bei einer nicht voll einsichtsfähigen, unter Vormundschaft stehenden Frau eine
Sterilisation ohne oder gar gegen ihren natürlichen Willen zulässig sein soll. Der von Henke (a.a.O.,
S. 1775) bereits 1976 geäußerten Bemerkung, daß ein Nichteinschreiten des Gesetzgebers nicht
länger vertretbar erscheine, kann der Senat nur beipflichten. Der Gesetzgeber ist aufgefordert, den
unbefriedigenden Rechtszustand durch Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes möglichst bald zu regeln.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Da die angefochtene Beschwerdeentscheidung auch sonst, insbesondere hinsichtlich des vom Landgericht
eingehaltenen Verfahrens, nicht auf einer Gesetzesverletzung beruht, mußte die weitere Beschwerde
zurückgewiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Zu einer Kostenerstattungsanordnung nach § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG bestand keine Veranlassung, zumal
die Beteiligten zu 1) und 2) im vorliegenden Verfahren keine einander widerstreitenden Interessen verfolgt haben.</p>
|
315,779 | olgham-1982-11-08-4-uf-34182 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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"jurisdiction": null,
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} | 4 UF 341/82 | "1982-11-08T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:45" | "2019-03-27T09:42:14" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1982:1108.4UF341.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p>Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin erstrebt Prozeßkostenhilfe für eine Klage, mit der sie den Beklagten verpflichten möchte, auf seine Kosten eine notarielle, mit Vollstreckungsunterwerfungsklausel versehene Urkunde über seine im übrigen unstreitige Unterhaltsverpflichtung herstellen zu lassen. Das Amtsgericht hat dieses Prozeßkostenhilfegesuch mit der Begründung abgewiesen, ein Anspruch für die erstrebte Verurteilung bestehe nicht, zudem sei die erhobene Klage mutwillig, weil eine wirtschaftlich denkende Partein angesichts der freiwilligen Unterhaltsleistungen des Beklagten diesen Rechtsstreit nicht führen würde. Gegen diese Prozeßkostenhilfeverweigerung richtet sich die Beschwerde der Klägerin. Zur Begründung des Rechtsmittels führt sie aus, der Beklagte habe nach Aufforderung vom 26. April 1982 den Unterhalt für Mai nur mit erheblicher Verspätung, nämlich Ende Mai 1982 geleistet und hierdurch Grund zu der Annahme gegeben, er werde auch in Zukunft den Unterhalt nicht pünktlich zahlen. Zudem sei zu bedenken, daß sie den denkbar billigsten Weg einer Titulierung ihrer Unterhaltsrechte gewählt habe. Demgegenüber weist der Beklagte darauf hin, daß er in der Vergangenheit immer pünktlich Unterhalt gezahlt habe, der Unterhalt für Mai nur deshalb verspätet geleistet worden sei, weil der Zahlbetrag nach dem Erhöhungsverlangen der Klägerin vom 26. April 1982 zunächst nicht ziffernmäßig festgestanden habe, und daß er im übrigen schon durch Schreiben seiner Anwälte vom 2. Juni 1982 seine Bereitschaft erklärt habe, an der von der Klägerin gewünschten Titulierung mitzuwirken, wenn die Klägerin bereit sei, die hierdurch entstehenden Kosten zu tragen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde der Klägerin ist nach § 127 ZPO zulässig. In der Sache ist sie jedoch unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zwar ist der Klägerin nach Rechtsprechung des Senats grundsätzlich ein Anspruch auf Titulierung ihrer Unterhaltsrechte nicht zu versagen, insbesondere das Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Klage selbst bei pünktlichen Zahlungen des Unterhaltsschuldners nicht zu verneinen, weil der Unterhaltsgläubiger ein berechtigtes Bedürfnis hat, eine verläßliche Grundlage für seine Unterhaltsberechtigung mit jederzeitiger Vollstreckbarkeit in der Hand zu haben. Ein solcher Anspruch besteht jedoch nicht <u>auf Kosten des Unterhaltsschuldners</u>, wenn dieser im übrigen seine Unterhaltspflichten zuverlässig erfüllt. In diesem Falle hat vielmehr der Unterhaltsgläubiger die Kosten selbst zu tragen, wenn er über die zuverlässige Erfüllung der Unterhaltspflichten hinaus in äußerster Vorsorge auch noch für den Fall der Nichterfüllung eine vollstreckbare Urkunde in Händen haben möchte. Das Unterhaltsrecht verpflichtet den Unterhaltsschuldner nur zur regelmäßigen Zahlung von Unterhalt und nicht auch noch, falls er diese Pflichten erfüllt, zur Tragung der für die Titulierung erforderlichen Kosten. Auch aus sonstigen Rechtsgründen ergibt sich keine Anspruchsgrundlage zur Überbürdung dieser Kosten auf den Unterhaltsschuldner. Vorliegend hat der Beklagte - wie zwischen den Parteien unstreitig ist - in der Vergangenheit im wesentlichen regelmäßig seine Unterhaltspflichten erfüllt. Er hat darüber hinaus mit Ausnahme des Einzelmonats Mai 1982, in dem es nach Aufforderungsschreiben der Klägerin vom 26. April 1982 zu einer Neuberechnung des Unterhalts gekommen ist, auch in der jüngsten Vergangenheit regelmäßig Unterhalt gezahlt. Allein der Umstand, daß der Beklagte im Zeitpunkt der Korrespondenz über die Erhöhung der Unterhaltsansprüche kurzfristig den Erhöhungsbetrag zurückgehalten hat, gibt der Klägerin noch keinen Anlaß zur Titulierung ihrer Ansprüche <u>auf Kosten des Beklagten.</u> Das Amtsgericht hat daher zutreffend Prozeßkostenhilfe für die erhobene Klage mangels Erfolgsaussicht verweigert.</p>
|
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<p>Die Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p>Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin erstrebt Prozeßkostenhilfe für eine Klage, mit der sie den Beklagten verpflichten möchte, auf seine Kosten eine notarielle, mit Vollstreckungsunterwerfungsklausel versehene Urkunde über seine im übrigen unstreitige Unterhaltsverpflichtung herstellen zu lassen. Das Amtsgericht hat dieses Prozeßkostenhilfegesuch mit der Begründung abgewiesen, ein Anspruch für die erstrebte Verurteilung bestehe nicht, zudem sei die erhobene Klage mutwillig, weil eine wirtschaftlich denkende Partein angesichts der freiwilligen Unterhaltsleistungen des Beklagten diesen Rechtsstreit nicht führen würde. Gegen diese Prozeßkostenhilfeverweigerung richtet sich die Beschwerde der Klägerin. Zur Begründung des Rechtsmittels führt sie aus, der Beklagte habe nach Aufforderung vom 26. April 1982 den Unterhalt für Mai nur mit erheblicher Verspätung, nämlich Ende Mai 1982 geleistet und hierdurch Grund zu der Annahme gegeben, er werde auch in Zukunft den Unterhalt nicht pünktlich zahlen. Zudem sei zu bedenken, daß sie den denkbar billigsten Weg einer Titulierung ihrer Unterhaltsrechte gewählt habe. Demgegenüber weist der Beklagte darauf hin, daß er in der Vergangenheit immer pünktlich Unterhalt gezahlt habe, der Unterhalt für Mai nur deshalb verspätet geleistet worden sei, weil der Zahlbetrag nach dem Erhöhungsverlangen der Klägerin vom 26. April 1982 zunächst nicht ziffernmäßig festgestanden habe, und daß er im übrigen schon durch Schreiben seiner Anwälte vom 2. Juni 1982 seine Bereitschaft erklärt habe, an der von der Klägerin gewünschten Titulierung mitzuwirken, wenn die Klägerin bereit sei, die hierdurch entstehenden Kosten zu tragen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde der Klägerin ist nach § 127 ZPO zulässig. In der Sache ist sie jedoch unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zwar ist der Klägerin nach Rechtsprechung des Senats grundsätzlich ein Anspruch auf Titulierung ihrer Unterhaltsrechte nicht zu versagen, insbesondere das Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Klage selbst bei pünktlichen Zahlungen des Unterhaltsschuldners nicht zu verneinen, weil der Unterhaltsgläubiger ein berechtigtes Bedürfnis hat, eine verläßliche Grundlage für seine Unterhaltsberechtigung mit jederzeitiger Vollstreckbarkeit in der Hand zu haben. Ein solcher Anspruch besteht jedoch nicht <u>auf Kosten des Unterhaltsschuldners</u>, wenn dieser im übrigen seine Unterhaltspflichten zuverlässig erfüllt. In diesem Falle hat vielmehr der Unterhaltsgläubiger die Kosten selbst zu tragen, wenn er über die zuverlässige Erfüllung der Unterhaltspflichten hinaus in äußerster Vorsorge auch noch für den Fall der Nichterfüllung eine vollstreckbare Urkunde in Händen haben möchte. Das Unterhaltsrecht verpflichtet den Unterhaltsschuldner nur zur regelmäßigen Zahlung von Unterhalt und nicht auch noch, falls er diese Pflichten erfüllt, zur Tragung der für die Titulierung erforderlichen Kosten. Auch aus sonstigen Rechtsgründen ergibt sich keine Anspruchsgrundlage zur Überbürdung dieser Kosten auf den Unterhaltsschuldner. Vorliegend hat der Beklagte - wie zwischen den Parteien unstreitig ist - in der Vergangenheit im wesentlichen regelmäßig seine Unterhaltspflichten erfüllt. Er hat darüber hinaus mit Ausnahme des Einzelmonats Mai 1982, in dem es nach Aufforderungsschreiben der Klägerin vom 26. April 1982 zu einer Neuberechnung des Unterhalts gekommen ist, auch in der jüngsten Vergangenheit regelmäßig Unterhalt gezahlt. Allein der Umstand, daß der Beklagte im Zeitpunkt der Korrespondenz über die Erhöhung der Unterhaltsansprüche kurzfristig den Erhöhungsbetrag zurückgehalten hat, gibt der Klägerin noch keinen Anlaß zur Titulierung ihrer Ansprüche <u>auf Kosten des Beklagten.</u> Das Amtsgericht hat daher zutreffend Prozeßkostenhilfe für die erhobene Klage mangels Erfolgsaussicht verweigert.</p>
|
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} | 265 F 147/82 | "1982-11-05T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:47" | "2019-03-27T09:42:14" | Urteil | ECLI:DE:AGD:1982:1105.265F147.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat das Amtsgericht – Familiengericht – Düsseldorf</p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 1. Oktober 1982</p>
<p>durch den Richter am Amtsgericht X</p>
<p></p>
<p>für R e c h t erkannt:</p>
<p></p>
<p>1) Der Beklagte wird verurteilt,</p>
<p>a) an die Klägerin zu 1) 476,-- DM nebst 4 % Zinsen von 178,-- DM </p>
<p>seit dem 15. März 1982 und ab 1. Oktober 1982 über die bisher</p>
<p>gezahlten 243,-- DM hinaus weitere 59,50 DM, insgesamt also</p>
<p>302,50 DM, monatlich als Unterhalt zu zahlen;</p>
<p></p>
<p>b) an den Kläger zu 2) 364,-- DM nebst 4 % Zinsen von 136,50 DM seit </p>
<p>dem 15. März 1982 und ab 1. Oktober 1982 über die bisher gezahlten </p>
<p>207,-- DM hinaus weitere 45,50 DM, insgesamt also 252,50 DM, monatlich</p>
<p>als Unterhalt zu zahlen.</p>
<p> </p>
<p> Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>2) Die Gerichtskosten tragen zu je 1/20 die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) und zu 9/10 der Beklagte.</p>
<p>Der Beklagte trägt zu je 9/10 die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 2) und zu 9/10 seiner eigenen außergerichtlichen Kosten. </p>
<p>Die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) tragen zu je 1/20 ihre eigenen außergerichtlichen Kosten und zu je 1/20 die des Beklagten.</p>
<p></p>
<p>3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar</p>
<p>Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung von 1.200,-- DM abwenden, es sei denn die Kläger erbringen diese Sicherheit.</p>
<p></p>
<p>Die Kläger können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 150,-- DM abwenden, es sei denn der Beklagte erbringt diese Sicherheit.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px"><u>T a t b e s t a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Kläger sind die ehelichen Kinder des Beklagten. Die Ehe der Eltern ist geschieden. Die Kläger leben im Haushalt ihrer Mutter, die Inhaberin der elterlichen Sorge ist. Im Haushalt der Mutter, die wieder verheiratet ist, leben zwei weitere Kinder.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Kläger ließen mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 8. Januar 1982 den Beklagten auffordern, an sie einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 340,-- DM bzw. 250,-- DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Beklagte hat unstreitig im Januar 1982 einen Unterhaltsbetrag von 370,-- DM ab Februar 1982 einen solchen von 450,-- DM gezahlt, von denen die Klägerin zu 1) 54 % auf sich und der Kläger zu 2) 46 % auf sich verrechnet.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Parteien gehen übereinstimmend von einem unterhaltsrelevanten Einkommen des Beklagten von ca. 2.000,--DM aus. Sie streiten über die Höhe des Kindergeldes und der Anrechnungsbeträge. Das Kindergeld wird an die Mutter der Kläger bzw. den Ehemann gezahlt. Strittig ist weiter der evtl. Rückstand für den Monat Januar 1982 (Verzug?).</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Kläger beantragen, </p>
<span class="absatzRechts">7</span><ol class="absatzLinks"><li>den Beklagten zu verurteilen, jeweils zu Händen der Mutter</li>
<li>an die Klägerin zu 1) 102,70 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10.1.1982,</li>
<li>an den Kläger zu 2) 82,30 DM, nebst 4 % Zinsen seit dem 10.1.1982,</li>
<li>an die Klägerin zu 1) 178,50 DM nebst 4 % Zinsen, und zwar jeweils auf einen Betrag von 59,50 DM seit dem 1.2., 1.3. und 1.4.1982, </li>
<li>an den Kläger zu 2) 136,50 DM nebst 4 % Zinsen, und zwar jeweils auf einen Betrag von 45,50 DM seit dem 1.2., 1.3. und 1.4.82 zu zahlen;</li></ol>
<span class="absatzRechts">8</span><ol class="absatzLinks" start="2"><li> den Beklagten zu verurteilen, zu Händen der Mutter </li>
<li>an die Klägerin zu 1) zum 28.5.82 über den bisher gezahlten Unterhaltsbetrag von 243,-- DM hinaus einen weiteren Betrag von 59,50 DM für Mai 1982,</li>
<li>an den Kläger zu 2) zum 28.5.1982 über den bisher gezahlten Unterhaltsbetrag von 207,-- DM hinaus für den laufenden Monat Mai 1982 einen weiteren Betrag von 45,50 DM zu zahlen; </li></ol>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:92px"></p>
<span class="absatzRechts">10</span><ol class="absatzLinks" start="3"><li>den Beklagten zu verurteilen, zu Händen der Mutter</li>
<li>an die Klägerin zu 1) – beginnend mit dem 1.6.82 – als monatliche Unterhaltsrente über die bisherigen gezahlten Beträge von 243,-- DM weitere Beträge von 59,50 DM monatlich im voraus,</li>
<li>an den Kläger zu 2) – beginnend mit dem 1.6.1982 – als monatliche Unterhaltsrente über die bisher gezahlten Beträge von 207,-- DM weitere Beträge von 45,50 DM monatlich im voraus zu zahlen; </li></ol>
<span class="absatzRechts">11</span><ol class="absatzLinks" start="4"><li> hilfsweise wird zu Ziff. 3a) und b) für den Fall, dass der Beklagte im Mai 1982 noch keine Zahlung an die Klägerin geleistet hat, beantragt, </li></ol>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:74px">diesen zu verurteilen, zu Händen der Mutter</p>
<span class="absatzRechts">13</span><ol class="absatzLinks" type="a"><li>an die Klägerin zu 1) zum 28.5.1982 einen Unterhaltsbetrag für den laufenden Monat Mai 1982 in Höhe von 302,50 DM,</li>
<li>an den Kläger zu 2) zum 28.5.1982 für den laufenden Monat Mai 1982 einen Unterhaltsbetrag von 252,50 DM,</li></ol>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:92px">zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Wegen des Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf den Akteninhalt verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Klage ist bis auf den rückständigen Unterhalt für den Monat Januar 1982 begründet.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Kläger haben gegen den Beklagten, ihren Vater, Unterhaltsansprüche nach §§ 1601 ff, 1610 BGB. Beide Parteien gehen von einem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen des Beklagten von etwas über 2.000,-- DM aus und kommen entsprechend der "Düsseldorfer Tabelle" (Gruppe 3) übereinstimmend zu folgenden Unterhaltsbeträgen für</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">die Klägerin zu 1) 340,-- DM (3. Altersstufe),</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">den Kläger zu 2) 290,-- DM (2. Altersstufe).</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Hierauf ist das anteilige Kindergeld anzurechnen, über dessen Höhe und Anrechnungsweise die Parteien streiten:</p>
<span class="absatzRechts">24</span><ol class="absatzLinks" type="a"><li>Nach dem BKGG i.d.F. vom 21. Januar 1982 (BGBI I S. 13) - § 10 – beträgt das Kindergeld für das 1. Kind 50,-- DM, für das 2. Kind 100,-- DM, für das 3. Kind 220,-- DM und für das 4. Kind sowie jedes weitere Kind 240,-- DM.</li>
<li>Unstreitig wird an die Mutter der Kläger bzw. deren Ehemann Kindergeld für 4 Kinder, also 610,-- DM (und nicht 650,-- DM bzw. 720,-- DM) gezahlt. In Bezug auf den Beklagten kann jedoch nur ein Kindergeldbetrag von 50—DM + 100,-- DM = 150,-- DM anteilig mit je 37,50 DM berücksichtigt werden; nur dieser Betrag ist von dem monatlichen Unterhaltsbetrag abzuziehen, so dass sich für </li></ol>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">die Klägerin zu 1) 307,50 DM als Unterhalt und für </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">den Kläger zu 2) 252,50 DM</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">ergeben.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Denn nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung partizipiert der Beklagte nicht an dem Zahlkindervorteil (vgl. u.a. BGH, FamRZ 1981, 26 u. 651; OLG Düsseldorf, FamRZ 1982, 82; AmtsVorm. 1982, 913). Der BGH hat in den vorgenannten Entscheidungen ausgesprochen, dass das anteilige Kindergeld sich ausschließlich auf das für diejenigen Kinder beschränkt, denen gegenüber die Eltern gemeinsam unterhaltspflichtig und – vorbehaltlich der Rangfolge des § 3 BKGG – bezugsberechtigt sind. Das sind aber nur die beiden Kläger. – Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die weiteren Kinder jünger oder älter als die Kläger sind (evtl. Kinder aus der 1. Ehe des Ehemannes der Mutter). – </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Das Gericht vermag sich der Ansicht des 5. Familiensenates des OLG Düsseldorf (AmtsVorm. a.a.O.) nicht anschließen. Dieser folgt zwar im Grundsatz der Rechtsprechung des BGH, will jedoch die effektiv für die gemeinsamen Kinder gezahlten Kindergeldbeträge aufteilen. – Wäre dies richtig, so könnte die Frage, </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">ob die beiden anderen Kinder jünger oder älter als die Kläger sind, nicht offen bleiben. – </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Das führt aber im Ergebnis dazu, dass doch ein Zählkindervorteil berücksichtigt wird. Das gerade soll aber nach der Rechtsprechung des BGH nicht geschehen. der Hinweis des 5. Senates, dass dann eine doppelte Berücksichtigung des Zählkindervorteils stattfinde – einmal vom Staat; ein weiteres mal durch den Beklagten wegen des höheren Unterhaltes -, ist nicht überzeugend. Die von dem 5. Senat insoweit angeführten Beispiele zur Begründung eienr Unbilligkeit können das Gegenteil nicht erweisen:</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Rechnet man nach der Meinung des 5. Senates für den Fall, dass die Kläger die jüngeren Kinder sind, so ergäbe sich: 220,-- DM + 240,-- DM = 460,-- DM; also ein Anteil von je 115,-- DM. Dabei wird aber außer acht gelassen, dass die höheren Kindergeldbeträge für das 3. und 4. Kind vom Staat gezahlt werden, um den Eltern von 4 Kindern die Unterhaltslast zu erleichtern; der Beklagte ist aber nur 2 Kindern zum Unterhalt verpflichtet, während die Mutter der Kläger diese Verpflichtung für 4 Kinder trifft.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Rechnet man – wie nach n. M. vor den Entscheidungen des BGH – den Kindergeldanteil nach Kopfteilen aus, so ergäbe sich hier ein Betrag von je 76,25 DM (50,-- DM + 100,-- DM + 220,-- DM +240,-- DM = 610,-- DM : 8). Aber gerade diese Berechnungsmethode ist von dem BGH wegen der Berücksichtigung eines Zählkindervorteils abgelehnt worden. Wäre die Meinung des 5. Familiensenates des OLG Düsseldorf richtig, so stünde sich der Beklage noch besser als nach der vom BGH abgelehnten Berechnungsmethode.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Darüberhinaus wären die Ergebnisse, errechnet entsprechend der Meinung des 5. Familiensenates des OLG Düsseldorf rein zufällig, denn sie hängen davon ab, welche Stelle die gemeinsamen Kinder in der Rangfolge aus verschiedenen Verbindungen einnehmen. Je nach Lage des Falles hätte der unterhaltspflichtige Elternteil einen Anteil an der Progression des Kindergeldes oder nicht.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Es wäre daher unbillig und mit dem Sinn und Zweck des Kindergeldes nicht vereinbar, wenn der Beklagte dadurch entlastet und besser gestellt würde, dass die Mutter der Kläger für zwei weitere Kinder zu sorgen hat. Vielmehr würden die Kläger einen Nachteil haben, dass infolge des Vorhandenseins weiterer Geschwister bzw. Stiefgeschwister weniger Unterhalt vom Beklagten erhalten würden, als wenn sie allein mit ihrer Mutter lebten. Lebten die Kläger noch bei dem Beklagten und ihrer Mutter – als wären diese nicht geschieden – so würden an diese auch nur ein Kindergeldbetrag von insgesamt 150,-- DM zur Entlastung ihrer Unterhaltspflicht zur Verfügung gestellt. Das muss im Grundsatz beibehalten bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Kläger können die Mehrbeträge, d.h. die höheren Unterhaltsbeträge von 305,50 DM bzw. 252,50 DM erst ab Februar 1982 fordern (§ 1613 BGB). Der Beklagte ist erst mit dem Schreiben vom 8. Januar 1982 zur Zahlung der Mehrbeträge aufgefordert worden, so dass er erst nach Zugang dieses Schreibens in Verzug gekommen ist (§ 284 BGB). Zu diesem Zeitpunkt war der Unterhalt für Januar 1982 bereits fällig.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Beklagte verschuldet daher:</p>
<span class="absatzRechts">38</span><ol class="absatzLinks"><li> ab 1. Oktober 1982 den laufenden Unterhalt von 302,50 DM bzw. 252,50 DM;</li></ol>
<span class="absatzRechts">39</span><ol class="absatzLinks" start="2"><li> für die Zeit davor, d.h. 1. Februar 1982 bis 30. September 1982 rückständigen Unterhalt. Er hat in diesem Zeitraum statt insgesamt 555,-- DM nur 450,-- DM gezahlt. Der Beklagte hat die von den Klägern vorgenommene Aufteilung der 450,-- DM nicht beanstandet, nämlich 54 % für die Klägerin zu 1) (= 243,-- DM) und 46 % für den Kläger zu 2) (= 207,-- DM). Das Gericht sieht daher keinen Grund von dieser Aufteilung abzuweisen. </li></ol>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Kläger hatte daher zu zahlen an:</p>
<span class="absatzRechts">41</span><ol class="absatzLinks" type="a"><li>die Klägerin zu 1) 8 x 302,50 DM = 2.420,-- DM</li></ol>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:41px">8 x 243,-- DM = <u>1.944,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:41px">Rest 476,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">44</span><ol class="absatzLinks" type="a" start="2"><li>den Kläger zu 2) 8 x 252,50 DM = 2.020,-- DM</li></ol>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:41px">8 x 207,-- DM = <u>1.656,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:41px">Rest 364,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Entsprechend dem Antrag hat er diese Restbeträge für die Monate Februar, März und April 1982 zu verzinsen (§§ 284, 288 BGB). Das Gericht hat einen mittleren Zinstag angenommen.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 8, 1, 711 ZPO.</p>
|
315,782 | olgham-1982-10-28-28-u-14982 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 28 U 149/82 | "1982-10-28T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:49" | "2019-03-27T09:42:14" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1982:1028.28U149.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das am 12. März 1982 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Beschwer für die Klägerin beträgt 14.390,- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin kann von der Beklagten Zahlung des Kaufpreises und Abnahme des angebotenen Fahrzeuges gemäß § 433 Abs. 2 BGB nicht verlangen, da die Beklagte von ihrer Verpflichtung aus dem auf der Bestellung mit Datum vom 11. April 1981 beruhenden Kaufvertrag freigeworden ist.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Leistungsverweigerungsrecht kann die Beklagte allerdings nicht auf die in der Ablehnung der Abnahme des angebotenen Fahrzeuges zusehende Rücktrittserklärung stützen. Denn ein Rücktrittsrecht gemäß Ziff. VI Abs. 4 der zwischen den Parteien vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf von fabrikneuen Kraftfahrzeugen und Anhängern (AGB der Klägerin) in Verbindung mit § 326 BGB hat der Beklagten nicht zugestanden. Die Beklagte hat den ihr obliegenden Beweis dafür, daß sie der in Verzug befindlichen Klägerin zur Bewirkung der Leistung eine angemessene Nachfrist mit der Erklärung gesetzt hat, daß sie die Annahme der Leistung nach Ablauf der gesetzten Frist ablehne, nicht erbracht. Deshalb kann dahinstehen, ob der vereinbarte Liefertermin "Mitte Juli 1981" als verbindlich vereinbart worden ist. Denn die Vereinbarung als verbindlich bedeutet nach der Auslegungsregel des § 192 BGB (Palandt-Heinrichs, BGB 40. Aufl. § 192 Anm. 1), daß unter Mitte des Monats der fünfzehnte des Monats Juli 1981 zu verstehen ist. Somit endete mit Ablauf dieses Tages die Frist für die Lieferung (§ 188 Abs. 1 BGB) mit der Folge, daß die Klägerin mit Ablauf des 15. Juli 1981 in Verzug geriet, da für ihre Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt war (§ 284 Abs. 2 Satz 1 BGB). Die Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung hat jedenfalls bei einer kalendermäßig bestimmten Frist für die Leistung nach Ablauf der Frist zu erfolgen, weil in diesem Fall die Leistung überhaupt auch erst an dem Kalendertag fällig wird. Anders ist es nur dann, wenn eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist. In diesem Fall kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen (§ 271 Abs. 1 BGB), d.h. auf Leistung klagen und durch Mahnung den Verzug herbeiführen (Palandt-Heinrichs a.a.O. § 271 Anm. 1 d). Deshalb kann es auch nur bei der sofortigen Fälligkeit der Leistung ausnahmsweise zugelassen werden, die den Verzug begründende Mahnung mit der Fristsetzung zu verbinden (Palandt-Heinrichs a.a.O. § 326 Anm. 5 a bb).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Von der Richtigkeit der erstmals in der mündlichen Verhandlung aufgestellten Behauptung der Beklagten, sie habe am 17. Juli 1981 die Klägerin zur Lieferung spätestens bis zum 28. August 1981 aufgefordert und für die Versäumung der Frist die Abnahmeverweigerung angedroht, vermag sich der Senat nach der Aussage des Zeugen ... nicht zu überzeugen. Der Zeuge hat zwar die Daten 16. bzw. 17. Juli 1981 genannt. Er hat aber weiter bekundet, der Anruf seitens der Klägerin sei erfolgt, als er gerade von der Arbeit nach Hause gekommen sei. Das Ende der Arbeitszeit am Freitag hat der Zeuge ... mit 13.15 Uhr angegeben. Gegen 17 Uhr sei angerufen worden. Noch am gleichen Tage habe man die Klägerin aufgesucht. Der Zeuge hat dann nach Hinweis auf die zeitliche Unstimmigkeiten - insoweit nicht im Berichterstattervermerk festgehalten - eingeräumt, die Aufforderung zur Lieferung bis spätestens 28. August 1981 könne nicht am Freitag, dem 17. Juli 1981 erfolgt sein. Dies zeigt die Unsicherheit im Erinnerungsvermögen des Zeugen an einen bestimmten Tag. Deshalb kann auch nicht mit der erforderlichen Sicherheit angenommen werden, die entscheidende Fristsetzung durch die Beklagte sei am 16. Juli 1981 erfolgt. Hat danach die Beklagte den ihr obliegenden Beweis der Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung nach dem 15. Juli 1981 nicht geführt, so hat ihr ein Rücktrittsrecht nicht zugestanden.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist aber deshalb von ihrer vertraglichen Verpflichtung frei geworden, weil der Klägerin die ihr obliegende Leistung auf Lieferung der vertraglich vereinbarten Kaufsache gemäß § 275 BGB unmöglich geworden ist. Dies hat zur Folge, daß die Klägerin den Anspruch auf die Gegenleistung, nämlich auf Zahlung und Abnahme des Fahrzeuges verloren hat (§ 323 Abs. 1 1. Halbsatz BGB). Unstreitig war vereinbart, daß die Klägerin an die Beklagte das Fahrzeug in der Farbe "türkis, Code 34" zu liefern hatte, wobei allerdings die Parteien übereinstimmend ersichtlich davon ausgehen, daß auch die Farbe "türkis metallic, Code 31" als der vertraglich vereinbarten Farbe entsprechend anzusehen ist. Zur Lieferung eines solchen Fahrzeuges ist die Klägerin unstreitig nicht in der Lage. Da sie weder nach ihren AGB berechtigt war, eine Leistungsbestimmung dahin zu treffen, das Fahrzeug in der Farbe "silbergrün metallic, Code 41" als vertragsgerecht zu liefern noch den Beweis einer nachträglich erfolgten Vereinbarung über die Farbänderung geführt hat, ist es bei ihrer Verpflichtung zur Lieferung des Fahrzeuges in der ursprünglich vereinbarten Farbe geblieben. Die Folge ist die Unmöglichkeit der ihr obliegenden Leistung.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Für die Frage der vertragsmäßigen Beschaffenheit, somit der Festlegung des Leistungsinhalts ist maßgebend der Vertragsinhalt sowie die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen erwähnten Angaben (Reinking/Eggert Der Autokauf 1979 Rdn. 124). Hält sich danach der Verkäufer im Rahmen der ihm durch seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen eingeräumten Rechte zu Abweichungen im Leistungsinhalt, so bleibt auch die abgeänderte Leistung die vertraglich geschuldete. Die Beurteilung hat vorliegend gemäß Ziff. VI Abs. 6 und 7 der AGB der Klägerin zu erfolgen. Beide Bestimmungen greifen nicht ein. Ziff. VI Abs. 7 AGB ist nicht anwendbar. Die Ausgestaltung der Farbe wird vom Begriff "Annäherungswert" nicht erfaßt. Denn diese Bezeichnung bezieht sich lediglich auf technisch bedingte Schwankungen der industriellen Serienfertigung, nicht aber auf die vom Hersteller gewollten Änderungen (Reinking/Eggert a.a.O. Rdn. 143 3. Abs.).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Dem trägt Ziff VI Abs. 6 der AGB der Klägerin Rechnung. Diese Bestimmung verhält sich nicht über die Zulässigkeit von Annäherungswerten, sondern enthält einen Änderungsvorbehalt hinsichtlich nicht erheblicher <u>und</u> dem Käufer zumutbarer Änderungen. Die Konsequenz ist, daß in diesem Rahmen Änderungen der Leistung noch die dem Verkäufer obliegende vertragliche Leistung darstellen. Ziff. VI Abs. 6 der AGB trifft somit eine Interessenabwägung zwischen dem Händler als Verkäufer und dem Käufer. An Hand der konkreten Umstände des Einzelfalles ist zu entscheiden, ob durch die Änderung die Grenze der Erheblichkeit erreicht und die der Zumutbarkeit für den Käufer überschritten wird. Eine erhebliche Änderung - auch wenn zumutbar - braucht der Käufer nicht hinzunehmen, eine unerhebliche nur dann, wenn diese ihm zugemutet werden kann (Reinking/Eggert a.a.O. Rdn. 144, 184).</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Darlegungs- und Beweislast für die in diesem Sinne vorgenommene Interessenabwägung trifft den Verwender der AGB. Auszugehen ist dabei vom Interesse des Kunden an der versprochenen Leistung (vgl. Ulmer-Brandner-Hensen, AGB 3. Aufl. § 9 Rdn. 53, § 10 Nr. 4 Rdn. 9). Der Verwender der AGB muß ein erhebliches Interesse darlegen, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abweichen zu dürfen. Grundsätzlich ist dieses Interesse nur beachtlich, wenn und soweit die Änderung oder Abweichung für einen vertragstreuen Schuldner im Hinblick auf die Besonderheit des Leistungsgegenstandes oder auf sonstige Umstände unvermeidbar ist oder den Vertragspartner besserstellt (z.B. technische Verbesserungen). Gründe der Kalkulation und der Kostensteigerung sind unbeachtlich. Selbst bei Vorliegen eines beachtlichen Interesses des Verwenders der AGB ist die Änderung nicht zumutbar, wenn dadurch das Äquivalenzverhältnis der beiderseitigen Leistungen nicht nur ganz unwesentlich gestört wird oder der geänderte Leistungsgegenstand bei verständiger Würdigung dem Interesse des Vertragspartners nicht entspricht. Je geringer die Änderung das Interesse des Vertragspartners beeinträchtigt, desto eher greift das Interesse des Verwenders der AGB durch (Ulmer-Brandner-Hensen a.a.O. § 10 Nr. Rdn. 9).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Ausgehend von diesen Erwägungen greift zu Gunsten der Klägerin Ziff. VI Abs. 6 ihrer AGB nicht ein. Es kann dahinstehen, ob die Berufung hierauf der Klägerin nicht schon deshalb verwehrt istf weil ihrem Vortrag nicht zu entnehmen ist, warum die Farbänderung erfolgt ist, ob sie also überhaupt eine Interessenabwägung vorgenommen hat. Denn nach Ansicht des Senats ist die Farbänderung jedenfalls erheblich mit der Folge, daß die Interessenabwägung zu Gunsten der Beklagten zu erfolgen hat. Die Augenscheinseinnahme der zu den Akten überreichten Farbmuster zeigt, daß die Farbe gemäß der Bestellung der Farbpalette "Blau" angehört, die gemäß der Abänderung der Farbpalette "Grün". Die Enscheidung eines Käufers wird im Regelfall von seinem bestimmten Farbwunsch für ein Fahrzeug ausschlaggebend beeinflußt. Mag auch die Farbänderung, die nur graduell unterschiedlich in derselben Farbpalette verbleibt, unerheblich und zumutbar sein. Eine andere Farbe entspricht aber bei verständiger Würdigung nicht mehr dem Interesse des Käufers an dem vereinbarten Leistungsgegenstand.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Schließlich kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Beklagte habe sich am 15. Juli 1981 mit der Farbänderung einverstanden erklärt. Denn die Klägerin hat nicht bewiesen, daß diese nachträgliche Vertragsänderung gemäß den §§ 241, 305 BGB nur die Farbänderung zum Inhalt hatte und nicht auch unter der Bedingung erfolgt ist, daß die Auslieferung des Fahrzeuges mit der anderen Farbe spätestens am 28. August 1981 zu erfolgen hatte. Zu Gunsten der Klägerin ist allerdings davon auszugehen, daß sich die Beklagte mit der angebotenen Vertragsänderung einverstanden erklärt hat. Denn die Beklagte räumt ein, daß sie dem Geschäftsführer der Beklagten gegenüber die Lieferung spätestens bis zum 28. August 1981 verlangt hat. Nach Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte war daher die Beklagte aus der Sicht der Klägerin, auf dies es ankommt (§§ 133, 157 BGB), mit der Farbänderung einverstanden. Jedoch behauptet die Beklagte weiter die Vereinbarung eines bestimmten Liefertermins als Bedingung für ihr Einverständnis. Dies hat im übrigen nicht nur der Zeuge ... bekundet. Auch der Zeuge ... hat angegeben, wegen der Lieferzeit habe er die Beklagte an die Geschäftsführung verwiesen, da er selbst verbindliche Absprachen nicht habe treffen können. Hieraus folgt im übrigen, daß das Gespräch zwischen dem Zeugen ... und der Beklagten über die Farbänderung und zwischen dieser und dem Geschäftsführer der Beklagten über den Liefertermin Bestandteile einer einheitlichen Vereinbarung gewesen sind. Ihre Behauptung, die Beklagte sei mit der Farbänderung einverstanden gewesen ohne Lieferfrist bis spätestens 28. August 1981, hat die Klägerin nicht bewiesen. Sie ist danach beweisfällig. Denn wer aus einem Rechtsgeschäft Rechte herleitet, trägt die Beweislast dafür, daß das Rechtsgeschäft ohne aufschiebende Bedingung vorgenommen worden ist (Palandt-Heinrichs a.a.O. vor § 157 Anm. 7 m.w.N.), somit sofort vollwirksam geworden ist. Entsprechendes gilt wegen der Verweisung in § 163 BGB auch für eine Zeitbestimmung.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Ziff. 10 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Verkündet am 28. Oktober 1982</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Nettebrock, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts</p>
|
315,783 | olgham-1982-10-18-2-w-2982 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 W 29/82 | "1982-10-18T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:50" | "2019-03-27T09:42:13" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1982:1018.2W29.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.</p>
<p>Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 10.000,- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">In den Jahren 1977-1980 unterhielt die Beklagte - eine belgische Firma - mit den Rechtsvorgängern
der Klägerin und später mit der Klägerin eine Geschäftsverbindung. Die Beklagte wurde
mit Türzargen beliefert und erhielt aufgrund des Schreibens vom 25.5.1977 für Belgien und
Luxemburg das Alleinvertretungsrecht, wobei das Jahr 1977 als Probejahr dienen sollte. Bei ihren
Bestellungen verwendete die Beklagte Auftragsformulare, die die Rechtsvorgänger der Klägerin
in Abstimmung mit der Beklagten gedruckt hatten. Die Vordrucke waren mit dem Zusatz versehen: "Für
diesen Auftrag gelten unsere allgemeinen Verkaufs-, Lieferungs- und Zahlungsbedingungen". Dieser
Hinweis bezog sich auf die AGB der Rechtsvorgänger der Klägerin. Nachdem die Beklagte jeweils
die Auftragsformulare ausgefüllt, unterzeichnet und übersandt hatte, wurden die Formulare von
der Klägerin - oder ihren Rechtsvorgängern - gegengezeichnet und ein Überstück mit
den beigefügten AGB an die Beklagte zurückgesandt. Auf den für die einzelnen Lieferungen
erteilten Rechnungen sind im übrigen die AGB der Klägerin abgedruckt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage hat die Klägerin rein rechnerisch unstreitige Kaufpreisrestansprüche in
Höhe von 119.780,40 DM nebst Zinsen geltend gemacht. Demgegenüber hat die Beklagte Mängel
eingewendet und den Kaufpreis in Höhe von 23.240,- DM und 2.785,- DM gemindert. Daraufhin hat die
Klägerin die Klage um beide Teilbeträge auf 93.755,40 DM ermäßigt. Zwischen den
Parteien ist nur noch eine von der Beklagten zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung von 940.000,- DM
im Streit. In dieser Höhe hat die Beklagte am 29.1.1981 gegen die Rechtsvorgänger der Klägerin
beim Handelsgericht Brüssel Zahlungsklage mit der Begründung erhoben, ihr stehe nach fristloser
Kündigung des Eigenhändlervertrages und nach Entzug des Alleinvertriebsrechtes gemäß
dem Belgischen Vertragshändlergesetz ein Ausgleichsanspruch zu. Die Klägerin, die die Voraussetzungen
eines Ausgleichsanspruchs bestreitet, hält den in diesem Rechtsstreit erhobenen Aufrechnungseinwand
schon deswegen für unbegründet, weil ihre AGB (Ziff. 5) folgende Klausel enthalten:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><i>"Die Aufrechnung ist nur mit unstreitigen Gegenforderungen zulässig ...."</i></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat durch den angefochtenen Beschluß den Rechtsstreit gemäß Art. 22
EuG-ÜbK bis zur rechtskräftigen Entscheidung des beim Handelsgericht Brüssel anhängigen
Verfahrens ausgesetzt und zur Begründung unter anderem ausgeführt, die in den AGB der Klägerin
enthaltene Aufrechnungsklausel verstoße gegen § 11 Nr. 3 AGBGB.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Klägerin ist zulässig (§§ 252, 567 ZPO) und
begründet.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen für eine Aussetzung gemäß Art. 22 EuG-ÜbK liegen nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Das EuG-ÜbK ist allerdings anwendbar. Das Übereinkommen gilt für die sechs ursprünglichen
EWG-Staaten, also auch für Belgien und die Bundesrepublik Deutschland, wo die Parteien ihren Sitz haben.
Gemäß Art. 22 EuG-ÜbK i.V.m. § 148 ZPO (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann,
Kurzkommentar zur ZPO, 40. Aufl. 1982, Bem. zu Art. 21-23 EuG-ÜbK) muß die fremde Entscheidung
- hier des Handelsgerichts Brüssel - aber vorgreiflich sein. An dieser Voraussetzung fehlt es.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Eine Vorgreiflichkeit ist schon dann zu verneinen, wenn die Klage als unzulässig abgewiesen werden
muß (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann a.a.O. § 148 Bem. 1 E). Die Klage ist indessen
zulässig. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gericht ist gegeben. Dies folgt aus Ziff. 7
AGB - Gerichtsstand für die entstehenden Streitigkeiten ist Münster in Westfalen - i.V.m. Art. 17
EuG-ÜbK. Ob das Schriftformerfordernis des Art. 17 Abs. 1 EuG-ÜbK gewahrt ist, kann in diesem
Zusammenhang offenbleiben. Jedenfalls kann sich die Beklagte nach Treu und Glauben auf eine fehlende
Schriftform nicht berufen. Diese ist bei einer laufenden Geschäftsverbindung zwischen Kaufleuten
entbehrlich (EuGH NJW 1977, 495; OLG Stuttgart AWD 1980, 365). Das belgische Vertragshändlergesetz
steht einer Zuständigkeitsvereinbarung in AGB hinsichtlich der zwischen den Vertragspartnern geschlossenen
Einzellieferungsverträge nicht entgegen (Martiny, Deutsch-belgische Vertriebsverträge, AWD 1973, 375).</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die beantragte Entscheidung des Handelsgerichts Brüssel ist jedoch deswegen nicht vorgreiflich,
weil der von der Beklagten geltend gemachte Gegenanspruch wegen des Aufrechnungsausschlusses in den AGB
der Klägerin in diesem Rechtsstreit unberücksichtigt bleiben muß und somit die Gefahr
widersprechender Entscheidungen der belgischen und deutschen Gerichte nicht besteht.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die AGB der Klägerin sind Vertragsbestandteil geworden.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Diese Frage richtet sich nach deutschem Recht, wenn die Rechtsbeziehungen der Parteien - auch ohne Anwendung
der AGB - dem deutschen Recht unterstehen (vgl. Erman/Hefermehl, Kommentar zum BGB, 7. Aufl., 1981, § 2
AGBG Rnr. 7). Das ist nach dem hypothetischen Parteiwillen zu bejahen. Haben die Parteien - wie hier - nur
Vorschriften des deutschen Rechts angeführt und erörtert und sich auch nicht dagegen gewendet, daß
das Landgericht nach deutschem Recht entschieden hat, so kann hierin ein entscheidender Anhaltspunkt für die
Annahme gesehen werden, die Anwendung deutschen Rechts entspreche dem mutmaßlichen Willen der Vertragspartner
(vgl. BGH NJW 1962, 1005; WM 1977, 478; VersR 1978, 177; OLG VersR 1978, 918; Senat, Urteil vom 31.1.1980
- 2 U 185/79 -). Nur die Gegenforderung wird hier von der Beklagten (vgl. Schriftsatz vom 4.2.1982, S. 8)
nach belgischem Recht beurteilt. Ob insoweit die belgische Rechtsordnung gilt (vgl. Martiny a.a.O. AWD 1973,
375), kann hier offenbleiben. Die Voraussetzungen der Aufrechnung und ihre Wirkung sind nach dem Recht zu
bestimmen, dem die Forderung, gegen die aufgerechnet wird, untersteht (Palandt/Heldrich, Kurzkommentar zum
BGB, 41. Aufl. 1982, Art. 12 EGGBG, Vorb. 4). Nach den allgemeinen Grundsätzen des deutschen Rechts für
die Einbeziehung von AGB unter Kaufleuten (dazu vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O. § 2 AGBGB Bem. 6) sind die AGB
der Klägerin Inhalt des Vertragsverhältnisses geworden. In den Bestellformularen, die die Beklagte
selbst verwendet und unterzeichnet hat, wird auf die AGB hingewiesen. Diese wurden dem jeweils von der Klägerin
- oder ihren Rechtsvorgängern - zurückgesandten Formular beigefügt. Die Klägerin hat im Rahmen
der laufenden Geschäftsbeziehungen der Parteien hinreichend ihren Willen zum Ausdruck gebracht, die
Einzellieferungsverträge nur zu ihren AGB abzuschließen. Damit hat sich die Beklagte einverstanden
erklärt, und zwar schon durch ihr Angebot, im übrigen aber auch durch die widerspruchslose Annahme
des zurückgesandten Formulars und durch die Annahme und weitere Verwendung der gelieferten Ware. Der bei
Verträgen mit Auslandsberührung im Interesse des Ausländers nötige verständliche
Hinweis auf die AGB (Hefermehl a.a.O.) ist deswegen zu bejahen, weil die Verhandlungssprache der Parteien
- wie der Schriftwechsel, die Bestellformulare und Rechnungen zeigen - deutsch war. Für die Einbeziehung
der AGB sind allerdings vorrangig die Sonderregeln des EKG und des EAG zu beachten. Die Anwendbarkeit der
einheitlichen Kaufgesetze wird durch die Vereinbarung von AGB nicht ohne weiteres ausgeschlossen. Dies gilt
auch im Falle einer in AGB enthaltenen Gerichtsstandklausel (LG Münster AWD 1977, 647). Die Voraussetzungen
des Art. 1 Abs. 1 a EKG sind erfüllt. Damit ist auch das EAG (§ 1) anzuwenden. Der Umstand, daß
die Verkäuferin nicht nur Verpflichtungen aus einem Kaufvertrag eingegangen ist, sondern darüberhinaus
auch ein Eigenhändlervertrag infrage kommt, ändert daran nichts (vgl. Dolle/von Caemmerer, Kommentar
zum Einheitlichen Kaufrecht, Art. 56 EKG Rnr. 7). Für die Frage der Einbeziehung von AGB gehen nach
Einheitlichem Kaufrecht die Art. 4, 6, 7 EAG vor (Hübner NJW 1980, 2607). Hieraus folgt aber im vorliegenden
Fall keine abweichende Beurteilung. Inhalt der Angebote der Beklagten (Art. 4 Abs. 1 EAG) waren auch die in
Bezug genommenen AGB. Die Klägerin und ihre Rechtsvorgänger haben die jeweiligen Angebote angenommen.
Selbst wenn davon ausgegangen wird, die Annahmeerklärung der Verkäuferin enthalte wegen der
beigefügten AGB eine Abweichung und damit ein neues Angebot (Art. 7 Abs. 1 EAG). So hat die Beklagte
dieses jeweilige Angebot schlüssig angenommen (Art. 6 Abs. 2 EAG), indem sie nicht widersprach, die Ware
entgegennahm und weiterverkaufte.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die AGB der Klägerin sind aber auch dann Vertragsbestandteil geworden, wenn entgegen der Auffassung des
Senats ein für die Anwendung des deutschen Rechts sprechender hypothetischer Parteiwille verneint und die
dann infrage kommende Regelung des deutschen internationalen Privatrechts angewandt wird, wonach für die
gültige Rechtsordnung beim Vertragshändlervertrag (Palandt/Heldrich a.a.O. Art. 12, EGBGB Vorbem. 6
g), und auch hinsichtlich der zugrundeliegenden Einzellieferungsverträge (Palandt/Heldrich a.a.O.; Martiny
AWD 1972, 168 f) der Sitz des Vertragshändlers entscheidend ist. In dem Fall beurteilt sich die Frage der
Einbeziehung der AGB nach belgischem Recht (vgl. bei einem Auslandsgeschäft mit einem französischen
Vertragshändler: BGH NJW 1972, 391 ff), da für die Einbeziehung auf das Recht des Sitzes des Annehmenden
abzustellen ist, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben (BGH a.a.O.; Hübner NJW 1980, 2607); es
gelten wiederum die Einheitlichen Kaufgesetze, wonach die AGB der Klägerin Vertragsgrundlage sind. Bestandteil
des belgischen Rechts ist auch das EAG, dessen Art. 4, 6, 7 der allgemeinen nationalen Regelung vorgehen
(Hübner a.a.O.; vgl. oben Ziffer 3 a). Wird demgegenüber das allgemeine nationale belgische Recht
zugrundegelegt, so ist die Rechtslage im Ergebnis nicht anders. Für die dann auch anzunehmende Einbeziehung
der AGB ist deren Abdruck auf den von der Klägerin und ihren Rechtsvorgängern im Rahmen der laufenden
Geschäftsbeziehung erteilten Rechnungen maßgeblich. Anders als nach deutschem Recht sind Vermerke auf
Rechnungen für den Inhalt des Vertrages und dessen Auslegung von entscheidender Bedeutung (De Vel, Vereinbarung
und Inhalt von Lieferbedingungen in Belgien, AWD 1973, 184). Die widerspruchslose Annahme von Rechnungen mit
aufgedruckten Geschäftsbedingungen ist unter Kaufleuten im Rahmen einer laufenden Geschäftsverbindung
nach belgischem Recht grundsätzlich als Einverständniserklärung des Käufers zu werten,
besonders wenn die AGB - wie hier - schon in vorangegangenen Rechnungen enthalten waren; einmal als gültig
vereinbarte Lieferbedingungen sind ohne weitere Erklärung auch späteren Lieferungen zugrundezulegen
(De Vel a.a.O.). Allerdings dürfen die Klauseln weder überraschend noch in einer für den Käufer
unverständlichen Sprache abgefaßt sein (De Vel a.a.O.). Diese Ausnahmen kommen hier nicht in Betracht.
Die Verhandlungssprache der Parteien war deutsch. Die Aufrechnungsklausel ist weder nach ihrem Inhalt noch nach
ihrem äußeren Erscheinungsbild - sie ist Bestandteil der Zahlungsbedingungen in Ziffer 5 - ungewöhnlich.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><b>4.</b></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die mithin Vertragsbestandteil gewordene Aufrechnungsklausel in den AGB der Klägerin ist wirksam.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Für die Wirksamkeitskontrolle gilt das Recht der Forderung, gegenüber der die Aufrechnung
erklärt wird, also das deutsche Recht (Ziff. 3 a). Die Anwendung der deutschen Rechtsordnung ergibt
sich aus dem hypothetischen Parteiwillen (dazu vgl. Ziff. 3 a). Sie ist im übrigen, nachdem die
vertragliche Einbeziehung der AGB der Klägerin bejaht worden ist (Ziff. 3 b), aus der Anwendung der
deutschen AGB herzuleiten. Die Bestellung des ausländischen Käufers auf einem vom deutschen
Verkäufer gestalteten Formular und die Billigung der Verkäufer-AGB gestatten den Schluß auf
eine stillschweigend erklärte Vereinbarung deutschen Rechts als Vertragsstatut (OLG Karlsruhe AWD 1979,
642). Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie hier - ein ausländischer Vollkaufmann als Besteller auf
einem Formular mit dem Hinweis, daß dem Auftrag die AGB das Verkäufers zugrundeliegen, unterschreibt,
auch wenn die AGB nicht auf der Rückseite des Bestell-Formulars aufgedruckt sind, aber von dem Verkäufer
seiner Annahmeerklärung beigefügt werden (OLG Karlsruhe a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Unter Zugrundelegung der deutschen Rechtsordnung und der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BB [xxxxx]
814) vor Geltung des AGBG ist die in den AGB der Klägerin enthaltene Aufrechnungsklausel unter Kaufleuten
zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Seit dem Inkrafttreten des AGBG - dem 1.4.1977 - müssen aber Aufrechnungsklauseln den Anforderungen
des § 11 Nr. 3 AGBG entsprechen. Sie dürfen dem Vertragsgegner nicht die Befugnis nehmen, mit einer
unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen (§ 11 Nr. 3 AGBG). Dies gilt
seit der Geltung des AGBG auch im kaufmännischen Geschäftsverkehr. § 11 Nr. 3 AGBG ist wegen
§ 24 Nr. 1 AGBG zwar nicht unmittelbar, aber gemäß § 9 AGBG entsprechend anwendbar
(Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen, Kommentar zum AGBG, 4. Aufl. 1982, § 11 Nr. 3 Rnr. 12; Coester-Waltjen
in Schlosser/Coester-Waltjen/Graba, Kommentar zum AGBG, 1977, § 11 Nr. 3 Rnr. 21; Palandt/Heinrichs a.a.O.
§ 11 AGBG, Bem. 3 a).</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Wird unter Anwendung dieser Grundsätze (Ziffer 4 b) entsprechend der Ansicht der Beklagten die
Aufrechnungsklausel als teilunwirksam angesehen, weil sie nicht die Aufrechnung mit rechtskräftig
festgestellten Gegenansprüchen zulasse, so ist die gesamte Klausel nichtig. Die neuere Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofes (NJW 1982, 2309 = Betrieb 1982, 1821; NJW 1982, 2311; zu beiden Entscheidungen vgl.
auch Bunte, Zur Teilunwirksamkeit von AGB-Klauseln, NJW 1982, 2298) hat der bislang streitig gewesenen (BGH
a.a.O. m.w.Nachw.) geltungserhaltenden Reduktion eine Absage erteilt (Bunte a.a.O.). Die Teilunwirksamkeit
hat die Unwirksamkeit der gesamten Klausel zur Folge. Das Gericht darf, um eine teilweise gegen das AGBG
verstoßende Klausel auf bestimmte Fallgestaltungen zu beschränken, durch Zusätze weder den
Wortlaut noch den Sinn einer AGB-Klausel verändern (BGH NJW 1982, 2311).</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Ansicht der Beklagten, die Aufrechnungsklausel in den AGB der Klägerin enthalte teilweise einen
Verstoß gegen § 11 Nr. 3 AGBG, kann indessen nicht gefolgt werden. Es fehlt zwar ein ausdrücklicher
Hinweis auf die Möglichkeit einer Aufrechnung mit rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen.
Diese Möglichkeit sollte aber dem Vertragsgegner nicht genommen werden, wie die auch bei AGB zulässige
(BGH NJW 1981, 2257) Auslegung - hiervon ist die sog. ergänzende Vertragsauslegung zur
Lückenausfüllung zu unterscheiden, die bei AGB allenfalls in begrenztem Umfang infrage kommt
(BGH NJW 1982, 2309 = Betrieb 1982, 1821; Bunte a.a.O.) - ergibt. Die Klausel gestattet die Aufrechnung
mit unstreitigen Gegenforderungen. Dazu gehören auch solche, die Inzwischen unstreitig geworden sind.
Dabei ist unerheblich, ob den Gegenansprüchen überhaupt keine Einwendungen entgegengehalten werden
oder ob diese grundlos und unsubstantiiert sind (Staudinger/Schlosser, Kommentar zum BGB, 12. Aufl., § 11
Nr. 3 AGBG Rnr. 5). Eine weitere Möglichkeit kommt bei rechtskräftig festgestellten Forderungen ohnehin
nicht infrage, weshalb sie letztlich nur ein Sonderfall unstreitiger Ansprüche sind. Etwaige Einwendungen,
die den durch das Urteil festgestellten Gegenanspruch selbst betreffen, sind im Wege einer Vollstreckungsabwehrklage
geltend zu machen und der Prüfung des hierfür ausschließlich zuständigen Prozeßgerichtes
des ersten Rechtszuges vorbehalten (§§ 767 Abs. 1, 802 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"><b>5.</b></p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der wirksamen Aufrechnungsklausel greift die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit
dem streitigen Ausgleichsanspruch nicht durch. Damit fehlt die für eine Aussetzung nötige
Vorgreiflichkeit. Auf das Bestehen der Gegenforderung kommt es nicht an. Dies kann sich zwar im Falle
einer rechtskräftigen Entscheidung des Handelsgerichts Brüssel ändern; für eine
Aussetzung gemäß § 148 ZPO - und dementsprechend gemäß Art. 22 EuG-ÜbK -
genügt aber nicht, daß der an sich entscheidungsreife Rechtsstreit durch den anderen Prozeß
gegenstandslos werden könnte (Thomas/Putzo, Kommentar zur ZPO, 11. Aufl. 1981, § 148 Anm. 2 a).</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Der angefochtene Beschluß war daher aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"><b>6.</b></p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Eine Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren war nicht zu treffen, da ein sogenanntes Zwischenverfahren
vorliegt (Zöller/Schneider, Kommentar zur ZPO, 13. Aufl. 1981, § 575 Anm. VIII 2; Senat, Beschluß
vom 8.3.1982 - 2 W 2/82 -).</p>
|
315,784 | olgham-1982-10-15-19-u-17082 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 19 U 170/82 | "1982-10-15T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:52" | "2019-03-27T09:42:13" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1982:1015.19U170.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten wird auf die Anschlußberufung der Klägerin das am 1. Februar 1982 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Essen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.848,07 DM nebst 21 % Zinsen für die Zeit vom 1. Juli 1981 bis 20.12.1981,</p>
<p>20 % für die Zeit vom 21.12.1981 bis 16.3.1982,</p>
<p>19,5 % für die Zeit vom 19.3. bis 5.5.1982,</p>
<p>19 % vom 6.5.1982 bis 31.8.1982</p>
<p>sowie 18,5 % ab 1.9.1982 abzüglich am 10.9.1981 gezahlter 400,- DM zuzüglich 5,- DM vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.</p>
<p>Es wird ferner festgestellt, daß der Rechtsstreit in Höhe von 400,- DM mit Rücksicht auf die Zahlung vom 10.9.1981 erledigt ist.</p>
<p>Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreit.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Berufung der Beklagten mußte der Erfolg versagt bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Vergeblich rügt der Beklagte, die Klägerin habe entgegen § 289 BGB Zinseszinsen berechnet. Er übersieht dabei den schon vom Landgericht angewendeten § 355 HGB, der es den Banken erlaubt, vom Periodenabschlußsaldo wieder Zinsen zu erheben. Es genügt, daß auch nur eine Partei Kaufmann ist, hier die Klägerin (Palandt, 40. Aufl., Anm. 1 b zu § 248 BGB; Baumbach-Duden, 20. Aufl., Anm. 5 C zu §§ 355 ff HGB). Im Grundsatz ist das völlig unumstritten.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Es gibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, daß die für das 1. und 2. Quartal 1981 berechneten Zinsen überhöht waren. Es ist zwar kein guter Stil, daß Angaben über die Zinshöhe in den vom Beklagten vorgelegten Kontoauszügen fehlen. Wenn man aber die geschuldeten Beträge mit den berechneten Zinsen vergleicht, kommt man zu dem Ergebnis, daß für das 1. Quartal etwa 14 % und für das 2. Quartal etwa 16 % Zinsen berechnet worden sind. Das war der damals übliche Satz.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat auch ab 1.7.1981 keine überhöhten Zinsen berechnet. Die Gesamtzinsen setzen sich zusammen aus dem üblicherweise verlangten Prozentsatz, der etwa im September 1981 in der gesamten Bundesrepublik seinen Höchststand erreicht hat und dann allmählich wieder gefallen ist, und aus der gemäß Ziff. 18 i.V.m. Ziff. 14 Abs. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken verlangten Überziehungsprovision von zusätzlich 4,5 %. Wegen der Höhe der Überziehungsprovision beruft sich die Klägerin auf ein Leistungsbestimmungsrecht gemäß § 315 BGB. Mit diesem Leistungsbestimmungsrecht haben sich Rechtsprechung und Literatur schon wiederholt befaßt. Statt vieler sei hier zitiert Ulmer-Brandner-Hansen, AGB-Kommentar, 4. Aufl., Rn. 163 des Anhangs zu §§ 9-11 AGB-Gesetz und dort die Fußnote 37. Die Rechtsprechung hat diese Klauseln in den Geschäftsbedingungen der Banken der Inhaltskontrolle unterzogen und nicht beanstandet, weil die Bank im Streitfall beweisen muß, daß ihre Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht. Der Senat sieht eine Überziehungsprovision in Höhe von 4,5 % jährlich nicht als unbillig an. Diese Provision, die in Wirklichkeit einen Anspruch auf höhere Zinsen darstellt, ist aus zwei Gründen gerechtfertigt. Einmal hat sie eine Warnfunktion. Der Bankkunde soll wissen, daß er einen höheren Zins zu zahlen hat, wenn er einen ungenehmigten Kredit in Anspruch nimmt. Diese Funktion erfüllt schon dann ihren Zweck, wenn der Kunde den Kreditrahmen nur vorübergehend überschreitet. Die Überziehungsprovision wird dann allerdings nur von dem Betrag erhoben, der über den Kreditrahmen hinausgeht. Ist dann der gesamte Kredit gekündigt, wird die Provision vom vollen geschuldeten Betrag berechnet. Die weitere Bedeutung liegt darin, daß der Schuldner, der sich nicht im Rahmen des ihm zugebilligten Kredits hält, als weniger sicher gilt als der Normalkunde. Für ein erhöhtes Sicherheitsrisiko wird allgemein auch ein höherer Zins verlangt, wie dem Senat aus seiner Praxis insbesondere mit ungesicherten Teilzahlungskrediten bekannt ist. Die Ausfallquote der Gläubiger ist bei solchen Kunden besonders hoch.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit ihrer Anschlußberufung hat die Klägerin ihren Zins teilweise noch etwas erhöht, teilweise aber auch um bis zu 1 1/2 % jährlich ermäßigt. In der Ermäßigung sieht der Senat eine Klagerücknahme. Die Erhöhung im Wege der Anschlußberufung ist berechtigt, weil der Normalzins für Kontokorrentkredite bis zum 20.12.1981 bei 16,5 % gelegen hat.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Auch die Zubilligung von 5,- DM für vorgerichtliche Mahnkosten ist berechtigt. Die Mahnkosten sind entstanden, weil sich der Beklagte in Verzug befunden hat. Der Verzugsschaden ist dem Gläubiger gemäß § 286 Abs. 1 BGB zu ersetzen. Die Absetzung und Versendung eines kurzen Schreibens, wie es die Klägerin in Ablichtung eingereicht hat, kostet leider unter Berücksichtigung des Materialwerts, des Portos und der anteiligen Personalkosten nicht weniger als 5,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Auf die Anschlußberufung mußte daher das Urteil, wie aus der Urteilsformel ersichtlich, abgeändert werden.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO. In der Hauptsache hat der Beklagte mit seinem Rechtsmittel keinen Erfolg gehabt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 708 Ziff. 10 ZPO ist das Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt worden. Der Wert der Beschwer beträgt 1.067,41 DM.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Verkündet am 15. Oktober 1982</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">, Justizassistentin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle</p>
|
315,785 | olgk-1982-10-12-1-ss-55382-273 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 1 Ss 553/82 (273) | "1982-10-12T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:53" | "2019-03-27T09:42:13" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1982:1012.1SS553.82.273.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Revision des Angeklagten wird auf seine Kosten verworfen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">G  r  ü n d e :</p><span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Schöffengericht und Landgericht haben den Angeklagten wegen Betruges zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 30,-- DM verurteilt. Die Revision des Angeklagten, mit der die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gerügt wird, hat keinen Erfolg.</p><span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">I.</p><span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat u.a. folgende Feststellungen getroffen:</p><span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Angeklagte trat im Jahre 1973 als Studienreferendar - Beamter auf Widerruf - in den Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen ein. Mit dem Bestehen der 2. Staatsprüfung endete das Beamtenverhältnis am 31.1.1975. Anschließend fand der Angeklagte an einem Gymnasium eines kirchlichen Ordens eine Anstellung als Lehrer, die er seitdem inne hat. Bereits im Februar 1975 teilte die Schulbehörde die Beendigung des Beamtenverhältnisses des Angeklagten dem Landesamt für Besoldung und Versorgung NordrheinWestfalen mit. Dort verfügte die zuständige Sachbearbeiterin in den Akten, daß die weitere Zahlung der Bezüge des Angeklagten zu "stoppen" sei. Diese Verfügung gelangte aus nicht mehr zu klärenden Gründen nicht in die computergesteuerte Datenverarbeitung, so daß dem Angeklagten durch das Landesamt bis einschließlich April 1978 die Bezüge eines Beamten auf Widerruf weitergezahlt wurden. Der Angeklagte bemerkte spätestens mit dem Weihnachtsgeld 1975 den unberechtigten fortlaufenden Gehaltsempfang. Er fühlte sich zwar verpflichtet, die bisherigen Überzahlungen dem Landesamt für Besoldung mitzuteilen, unterließ die Aufdeckung aber, weil er befürchtete, bei den schon in beträchtlicher Höhe angesammelten Beträgen nicht nur in finanzieller Hinsicht zur Rechenschaft gezogen zu werden. Erst im Frühjahr 1978 wurden die unberechtigten Zahlungen bei einer Sonderkontrolle im Landesamt für Besoldung und Versorgung aufgedeckt.</p><span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat angenommen, daß der Angeklagte sich des Betruges zum Nachteil des Landes Nordrhein-Westfalen durch Unterlassen schuldig gemacht habe, indem er durch Verschweigen der unberechtigten Weiterzahlung den bei dem Landesamt für Besoldung und Versorgung bestehenden Irrtum, an ihn werde wegen seines Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis nichts mehr gezahlt, aufrecht erhalten habe.</p><span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Unbegründet ist die Aufklärungsrüge, mit der beanstandet wird, das Landgericht habe es unterlassen, die zuständige Sachbearbeiterin zu vernehmen, die seinerzeit für die Datenverarbeitung die Einstellung der weiteren Zahlungen verfügt habe. Selbst wenn nämlich diese, wie mit der Verfahrensbeschwerde behauptet wird, die Weiterleitung der Verfügung "vergessen" hätte, wäre die Weiterzahlung auf Grund eines bestehenden und vom Angeklagten bewußt aufrechterhaltenen Irrtums erfolgt (vgl. dazu Abschnitt III).</p><span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Auch die Sachrüge greift nicht durch.</p><span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die getroffenen Feststellungen des Landgerichts tragen den Schuldspruch und lassen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht erkennen.</p><span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Dies gilt zunächst für die Feststellung, daß aufgrund eines Irrtums an den Angeklagten weitergezahlt und damit zum Schaden des Landes Nordrhein-Westfalen über dessen Vermögen verfügt wurde. In dem vom Landgericht der Schuldfeststellung zugrunde gelegten Zeitraum ab Dezember 1975 konnte die Vermögensverfügung, je nach der Verfahrensorganisation bei dem Landesamt für Besoldung und Versorgung, einmal dadurch erfolgen, daß der zuständige Sachbearbeiter, in dessen Verantwortungsbereich Besoldungszahlungen an den Angeklagten fielen, es unterließ, die Einstellung der Weiterzahlung anzuordnen. In Rechtsprechung und Lehre ist anerkannt, daß die Vermögensverfügung auch in einem Unterlassen bestehen kann, wobei sich der Verfügende des Eingriffs in das Vermögen nicht bewußt zu sein braucht (vgl. Lackner in LK, 10.Aufl., § 263 StGB, Rn. 97, 98, Dreher/Tröndle, 40. Aufl., § 263 StGB Rn. 25, je m.Nw.). Zum anderen konnte die Vermögensverfügung aber auch in der jeweiligen Anordnung bestehen, die Zahlungsanweisungen entsprechend den in der EDV-Anlage gespeicherten Daten auszuführen, wenn die Zahlung der Bezüge noch eine solche besondere, monatlich zu erneuernde Anordnung voraussetzte.</p><span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">2.  </p><span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Keinen rechtlichen Bedenken begegnet die Feststellung des Landgerichts, daß die Weiterzahlung der Bezüge an den Angeklagten durch einen Irrtum veranlaßt worden ist. Das Landgericht erblickt den - möglicherweise unbewußten - Irrtum in der Fehlvorstellung, daß an den Angeklagten wegen seines Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis nichts mehr gezahlt werde. Darin ist nach dem Zusammenhang der Urteilsgründe die Feststellung inbegriffen, daß die Weiterzahlung der Bezüge an den Angeklagten durch die Fehlvorstellung des zuständigen Sachbearbeiters veranlaßt worden ist, die Zahlung der Bezüge an die seinem Verantwortungsbereich unterstehenden Besoldungsempfänger erfolge entsprechend der Rechtslage. Bezogen auf die Person des Angeklagten hat das Landgericht insoweit mit Recht einen unbewußten Irrtum als ausreichend angesehen. Denn für den Irrtum als Widerspruch zwischen Vorstellung und Wirklichkeit ist nicht ein aktuelles Bewußtsein des Vorstellungsinhalts erforderlich, vielmehr reicht dazu auch ein unreflektierter Bewußtseinsinhalt aus (vgl. Cramer in Schönke/Schröder, 21. Aufl., Rn. 39, Lackner aa0. Rn. 77, 84, Dreher/Tröndle, Rn. 18 a, je zu § 263 StGB).</p><span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, ob die Sachbearbeiterin, die ursprünglich die Einstellung der Weiterzahlung in den Akten verfügte, mit dem Sachbearbeiter identisch ist, der je nach der konkreten Verfahrensorganisation bei dem Landesamt für Besoldung und Versorgung die die Weiterzahlung der Bezüge bewirkende Vermögensverfügung durch Tun oder Unterlassen getroffen hat. Im Falle der Identität wäre die Sachbearbeiterin von der ordnungsgemäßen Ausführung der Einstellungsverfügung ausgegangen, hätte sich also bereits insoweit in einem Irrtum befunden. Hatte die Nichtausführung der ursprünglichen Einstellungsverfügung ihren Grund in einem "Vergessen" der Sachbearbeiterin, wie mit der Aufklärungsrüge behauptet wird, wäre das "Vergessen" lediglich die Ursache der auf den Angeklagten bezogenen Fehlvorstellung gewesen, die Zahlung der Bezüge entspreche der Rechtslage. An der Tatsache der Fehlvorstellung und ihrer Kausalität für die Vermögensverfügung hingegen hätte das "Vergessen" nichts geändert.</p><span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Keinen Rechtsfehler weist auch die Feststellung des Landgerichts auf, daß der Angeklagte durch Unterlassen den für die Vermögensverfügung ursächlichen Irrtum unterhalten hat, indem er einer bestehenden Aufklärungspflicht zuwider die unberechtigte Weiterzahlung der Bezüge gegenüber dem Landesamt für Besoldung in der Zeit ab Dezember 1975 verschwiegen hat. Nach ständiger Rechtsprechung kann die Täuschungshandlung auch durch Unterlassen einer Aufklärung begangen werden, wenn der Täter eine Rechtspflicht zur Aufklärung hat (vgl. Senatsentscheidung NJW 1980, 2366; Cramer in: Schönke/Schröder, § 263 StGB Rn. 18 ff. m.w. N.), wobei es genügt, daß der Garant, wie im vorliegenden Fall, lediglich einen bereits bestehenden Irrtum nicht beseitigt (vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Lackner a.a.O., § 263 StGB, Rn. 58).</p><span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht ist mit Recht davon ausgegangen, daß den Angeklagten eine Garantenpflicht zur Aufdeckung der unberechtigten Weiterzahlung aufgrund seiner früheren Stellung als Beamter traf. Die Aufklärungspflicht ergab sich hier für den Angeklagten als Nachwirkung der Treuepflicht aus dem früheren Beamtenverhältnis. Für ein bestehendes Beamtenverhältnis ist anerkannt, daß durch das Treueverhältnis eine Verpflichtung des Beamten begründet wird, seinen Dienstherren auf Überzahlungen hinzuweisen, die von dem Beamten als solche klar erkannt sind und auf einem Berechnungsirrtum beruhen. So sieht es das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG. 32, 228, 231) als mit der beamtenrechtlichen Treuepflicht für unvereinbar an, wenn der Empfänger von Dienst- oder Versorgungsbezügen einen von ihm erkannten, sich zu Lasten der öffentlichen Kassen auswirkenden Berechnungsfehler dem Dienstherren vorenthält. Ähnlich verhält es sich beim Erhalt einer Beihilfeleistung, wenn nachträglich der Rechnungsbetrag gemindert wird oder der Arzt auf einen Teil der Forderung verzichtet; hier ist der Beamte aufgrund der ihm dem Dienstherren gegenüber obliegenden Treuepflicht verpflichtet, schon den teilweisen nachträglichen Wegfall des Rechtsgrundes der Beihilfeleistung anzuzeigen (OLG Hamm in OLG St S. 169 zu § 263 StGB). Nichts anderes gilt, wenn der Beamte nach seinem Ausscheiden auf Grund seiner früheren Dienststellung zu Unrecht Gehaltszahlungen in Empfang nimmt, die ihm nicht und nunmehr erstmals zur Aufklärung verpflichtet war. Hinsichtlich der in der Vergangenheit zu Unrecht erhaltenen Bezüge lag noch kein strafbares Unterlassen der Aufklärung vor. Soweit der Angeklagte in der Folgezeit die Aufklärung unterlassen hat, entfällt die Zumutbarkeit deswegen nicht, weil er sich selbst in die Gefahr der Strafverfolgung durch Unterlassen der bereits früher möglichen Aufklärung gebracht hat (vgl. BGH NJW 1964, 731, 732 u. BGHSt 11, 353, 355; Street a.a.O., vor §§ 13 ff. Rn. 155).</p><span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">5.  </p><span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Mit Recht ist das Landgericht schließlich davon ausgegangen, daß das Unterlassen der Aufklärung hier einer Täuschungshandlung, also der Verwirklichung des Betrugstatbestandes durch ein Tun, entsprach (§ 13 Abs. 1 StGB). Wegen der besonderen Handlungsmodalitäten des Betrugstatbestandes muß das Unterlassen der Aufklärung denselben sozialen Sinngehalt aufweisen wie das im Tatbestand beschriebene positive Tun, ihm dadurch im Handlungsunwert entsprechen (vgl. Rudolphi in SK, Rn. 18, Stree in Schönke/Schröder, Rn. 4, Lackner, 14.Aufl., Anm. 4, je zu § 13 StGB; ähnlich Dreher/Tröndle, hierzu Rn. 17). Angesichts der speziellen Aufklärungspflicht, die unberechtigte Weiterzahlung der Bezüge dem Landesamt für Besoldung und Versorgung gegenüber aufzudecken und dadurch auf die Beseitigung des dort bestehenden Irrtums hinzuwirken, entsprach das Verschweigen der Weiterzahlung in seinem Unrechtsgehalt einer Täuschungshandlung durch positives Tun.</p><span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">6.  </p><span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Soweit das Landgericht für den der Schuldfeststellung zugrunde-liegenden, die Weiterzahlungen ab Januar 1976 erfassenden Zeitraum einen <span style="text-decoration:underline">fortgesetzten</span> Betrug annimmt, geht es ohne Rechtsfehler davon aus, daß den Angeklagten jeweils monatlich er neut die Verpflichtung traf, dem Landesamt für Besoldung und Versorgung die unberechtigte Weiterzahlung anzuzeigen. Durch sein Unterlassen hat der Angeklagte den monatlich jeweils folgenden mit der Weiterzahlung bewirkten Schaden herbeigeführt. Soweit im angefochtenen Urteil nähere Feststellungen zu einem Gesamtvorsatz des Angeklagten fehlen (zum Gesamtvorsatz vgl. Stree in Schönke/Schröder, Rn. 47 f., 58 vor §§ 52 ff. StGB), ist der Angeklagte nicht beschwert. Die Verjährungsfrist von 5 Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 i.Verb. m. 263 Abs. 1 StGB) ist durch die Anordnung der verantwortlichen Vernehmung des Angeklagten durch die Staatsanwaltschaft vom 5.11.1980 unterbrochen worden, § 78 c Abs. 1 Nr. 1 StGB (B1. 17 Rücks. d.A.). Durch die Verjährungsunterbrechung wird daher bereits der Zeitraum umfaßt, in dem erstmals - Januar 1976 - ein tatbestandsmäßiger Erfolg eingetreten ist.</p><span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">7.</p><span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Auch die Strafzumessung des Landgerichts, bei der von der Milderungsmöglichkeit nach § 13 Abs. 2 StGB Gebrauch gemacht ist, gibt keinen Anlaß zu rechtlichen Beanstandungen. Insbesondere hat das Landgericht dem Umstand Rechnung getragen. - und dies zugunsten des Angeklagten berücksichtigt -, daß die Hauptursache für die Weiterzahlung der Bezüge im Verantwortungsbereich des Landesamtes für Besoldung und Versorgung lag.</p><span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.</p><span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung entspricht dem Antrag des Sitzungsvertreters der Generalstaatsanwaltschaft.</p>
|
315,786 | olgham-1982-10-07-27-u-16182 | {
"id": 821,
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} | 27 U 161/82 | "1982-10-07T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:54" | "2019-03-27T09:42:13" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1982:1007.27U161.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 5. März 1982 verkündete Urteil des Einzelrichters der 15. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.</p>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das oben bezeichnete Urteil so abgeändert:</p>
<p>Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 4.481,59 DM, nebst 13 % Zinsen seit dem 21. April 1981 sowie 13 % Mehrwertsteuer auf die Zinsen zu zahlen.</p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Von den Kosten des Rechtsstreits der 1. Instanz tragen der Kläger 25 % und die Beklagten 75 %.</p>
<p>Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 8 % und die Beklagten 92 %. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Es beschwert den Kläger in Höhe von 369,36 DM und die Beklagten um 4.481,59 DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz auf Grund eines Verkehrsunfalls, der sich am 14. März 1981 gegen 14.35 Uhr auf der ... in ... innerhalb geschlossener Ortschaft zugetragen hat.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger befuhr mit seinem Pkw Porsche 930 die 7,30 m breite ... in westlicher Richtung. Die Beklagte zu 1) parkte mit dem bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversicherten Pkw Mini Cooper der Beklagten zu 2) auf dem ... straße in Höhe des Hauses Nr. 41 und wollte sich in den fließenden Verkehr einordnen, um die ... straße in westlicher Richtung zu befahren. Hierbei kam es zu einer Kollision zwischen beiden Fahrzeugen, bei der das Fahrzeug der Beklagten zu 1) vorne und an der linken Seite total beschädigt und der Pkw des Klägers rechtsseitig beschädigt und eingedrückt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat vollen Schadensersatz verlangt. Nachdem er zunächst einen Betrag in Höhe von 6.359,45 DM geltend gemacht hatte, hat er seine Ansprüche später auf 5.910,15 DM berechnet. Im einzelnen hat er folgende Schadenspositionen geltend gemacht:</p>
<br /><span class="absatzRechts">5</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td>1.)</td>
<td>Kasko-Selbstbeteiligung</td>
<td>1.000,-</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>2.)</td>
<td>Sachverständigenkosten</td>
<td>613,35</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>3.)</td>
<td>Mietwagenkosten</td>
<td>6.271,69</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>4.)</td>
<td>merkantile Wertminderung</td>
<td>3.552,-</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>5.)</td>
<td>Anwaltsgebühren für die Inanspruchnahme des Kasko-Versicherers</td>
<td>1.124,24</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>6.)</td>
<td>Abschleppkosten</td>
<td>123,45</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>7.)</td>
<td>Anwaltskosten für die Inanspruchnahme des Haftpflichtversicherers</td>
<td>1.161,30</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>8.)</td>
<td>Allgemeine Unkostenpauschale</td>
<td><u>30,-</u></td>
<td><u>DM</u></td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td> </td>
<td>13.876,03</td>
<td>DM</td>
</tr>
</table><br />
<br /><span class="absatzRechts">6</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td>abzüglich vorprozessual gezahlter</td>
<td><u>7.965,88</u></td>
<td><u>DM</u></td>
</tr>
</table><br />
<br /><span class="absatzRechts">7</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td> </td>
<td>5.910,15</td>
<td>DM.</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat behauptet: Die Beklagte zu 1) sei auf die Fahrbahn der ... straße aufgefahren, als er sich unmittelbar hinter ihr befunden habe. Dabei habe sie nicht einmal den Fahrtrichtungsanzeiger betätigt. Ihm sei es nicht mehr möglich gewesen, rechtzeitig abzubremsen. Auch ein Ausweichen sei nicht in Betracht gekommen, da auf dem südlichen Teil der ... straße Fahrzeuge abgestellt gewesen seien.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben behauptet, die Beklagte zu 1) habe zunächst den Fahrtrichtungsanzeiger nach links betätigt und sich vergewissert, daß der rückwärtige Bereich der ... straße frei gewesen sei, soweit sie im Hinblick auf die abknickende Führung der ... straße habe eingesehen werden können. Erst danach sei die Beklagte zu 2) langsam vom Bordstein heruntergefahren. Der Unfall sei vielmehr auf die überhöhte Geschwindigkeit des Klägers zurückzuführen. Der Kläger habe zudem auch auf die südliche Fahrbahn ausweichen können, da sich dort keine geparkten Fahrzeuge befunden hätten.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Höhe nach haben sich die Beklagten gegen die Berechtigung der Anwaltskosten für die Inanspruchnahme des Kasko-Versicherers und des Haftpflichtversicherers sowie gegen die Abschleppkosten gewandt. Bei den Mietwagenkosten haben sie einen Abzug in Höhe einer 15 %-igen Eigenersparnis verlangt und von der geltend gemachten Wertminderung nur 1.500,- DM anerkannt.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat zwei Zeugen vernommen. Es hat der Klage in Höhe von 1.674,71 DM stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Beklagte zu 1) habe den Unfall allein verschuldet. Ihr falle ein Verstoß gegen § 10 StVO zur Last, indem sie ohne die Vorfahrt des Klägers zu beachten vom Gehweg auf die Fahrbahn der ... straße gefahren sei. Ein Mitverschulden des Klägers, insbesondere eine zu hohe Geschwindigkeit sei nicht bewiesen. Aus der Aussage des Zeugen ... ergebe sich vielmehr, daß der vor dem Zeugen fahrende Kläger mit etwa 40 km/h gefahren sei. Eine etwaige Betriebsgefahr trete bei der Abwägung zurück, da die vom Fahrzeug der Beklagten ausgehende Betriebsgefahr durch das grobe Verschulden der Beklagten zu 1) erhöht sei. Hinsichtlich der Höhe hat das Landgericht bei den Mietwagenkosten einen Abzug von 15 % vorgenommen, die Wertminderung hat es gemäß § 287 ZPO auf 1.500,- DM geschätzt. Die Abschleppkosten und die Anwaltskosten wegen der Inanspruchnahme des Kasko-Versicherers hat es nicht anerkannt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil, auf dessen vorgetragenen Inhalt gemäß § 543 ZPO Bezug genommen wird, wendet sich die Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten. Der Kläger wendet sich dagegen, daß das Landgericht die Rechtsverfolgungskosten gegenüber der Kasko-Versicherung nicht und die Wertminderung nicht in der geltend gemachten Höhe von 3.552,- DM anerkannt hat. Er macht geltend: Die Kosten, die ihm durch die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts für die Durchsetzung seiner Ansprüche gegenüber dem Kasko-Versicherer entstanden seien, seien als Sachfolgeschäden zu ersetzen, weil ihn die Beklagte selbst aufgefordert habe, die Kasko-Versicherung in Anspruch zu nehmen. Zu Unrecht habe das Landgericht ohne jede nähere Begründung lediglich eine Wertminderung in Höhe von 1.500,- DM angenommen. Da sich der Pkw Porsche 930 im zweiten Zulassungsjahr befunden habe, betrage der Minderwert 4 % der Summe aus Zeitwert und Reparaturkosten. Da der Zeitwert des Porsche 65.500,- DM und die Reparaturkosten 15.882,11 DM betragen hätten, belaufe sich die Wertminderung auf 3.552,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<br /><span class="absatzRechts">14</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td>1.)</td>
<td>das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 5. März 1982 teilweise abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn weitere 3.176,21 DM nebst 13 % Zinsen seit dem 21. April 1981 sowie 13 % Mehrwertsteuer auf die Zinsen zu zahlen,</td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td>2.)</td>
<td>die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<br /><span class="absatzRechts">16</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td>1.)</td>
<td>die Berufung des Klägers zurückzuweisen,</td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td>2.)</td>
<td>das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Sie sind der Auffassung, der Kläger habe den Unfall mitverschuldet, zumindestens aber müsse er sich die Betriebsgefahr seines Wagens mit einer Quote von 25 % anrechnen lassen. Der Kläger sei zur Unfallzeit mit einer für die Verkehrslage überhöhten Geschwindigkeit gefahren. Außerdem habe er auch nach links ausweichen können.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Sachvorbringens der Parteien im einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Die Akten 80 Js 841/81 Staatsanwaltschaft Dortmund lagen dem Senat vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Der Senat hat den Kläger und die Beklagte zu 1) gemäß § 111 ZPO gehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Inhalt des der Sitzungsniederschrift vom 7. Oktober 1982 als Anlage beigefügten Vermerks des Berichterstatters Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Klägers hat zum überwiegenden Teil Erfolg. Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils dahin, daß die Beklagten dem Kläger 4.481,59 DM nebst 13 % Zinsen seit dem 13. April 1981 sowie 13 % Mehrwertsteuer auf die Zinsen zu ersetzen haben. Dagegen ist der Berufung der Beklagten der Erfolg zu versagen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der zum Schaden des Klägers führende Verkehrsunfall hat sich beim Betrieb des Kraftfahrzeugs der Beklagten zu 2) ereignet. Daraus ergibt sich deren Haftung gemäß § 7 Abs. 1 StVG. Die Beklagte zu 1) haftet als Fahrzeugführerin gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 StVG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 StVG, während die Beklagte zu 3) als Haftpflichtversicherer gemäß § 3 Pflichtversicherungsgesetz für die Unfallfolgen einzustehen hat. Seitens des Klägers sind die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG ebenfalls erfüllt, da auch sein Fahrzeug an dem Unfall beteiligt war. Der Unfall stellt sich für keinen der beteiligten Fahrzeugführer als ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 7 Abs. 2 StVG dar. Da der dem Kläger entstandene Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht worden ist, hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Unfall von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist (§ 17 Abs. 1 StVG). Die danach gebotene Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge ergibt, daß der Kläger seinen gesamten Schaden ersetzt verlangen kann.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Unfall ist nämlich durch ein schuldhaft verkehrswidriges Verhalten der Beklagten zu 1) verursacht worden. Ihr fällt ein Verstoß gegen § 10 StVO zur Last. Nach dieser Vorschrift hat sich derjenige, der von anderen Straßenteilen auf die Fahrbahn einfahren will, dabei so zu verhalten, daß eine Gefährdung anderer <u>ausgeschlossen</u> ist. Diesen Sorgfaltsanforderungen ist die Beklagte zu 1) nicht gerecht geworden, weil sie beim Anfahren vom Bürgersteig der ... straße den Vorrang des fließenden Verkehrs nicht in ausreichendem Maße beachtet hat. Daß sich der Unfall beim Einfahren auf die Fahrbahn ereignet hat, ergibt sich aus der Aussage des Zeugen ..., nach der sich das Heck des Fahrzeugs der Beklagten im Zeitpunkt der Kollision noch auf dem Bürgersteig befand. Dies wird im übrigen auch belegt durch die Unfallschäden am Mini Cooper der Beklagten. Der Anstoß erfolgte nämlich gegen die Fahrertür des Mini Coopers.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Dagegen ist ein schuldhaftes Fehlverhalten des Klägers nicht bewiesen. Eine überhöhte Geschwindigkeit kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden. Zwar hat die Beklagte zu 1) bei ihrer Anhörung vor dem Senat angegeben, daß sie den Unfall nur darauf zurückführen könne, daß der Kläger zu schnell gefahren sei. Da die Beklagte zu 1) den Kläger nicht hat herankommen sehen, beruht ihre Schlußfolgerung auf einer Vermutung, die schon deshalb falsch sein kann, weil die Beklagte zu 1) ihren Angaben zufolge wegen der geringen Bodenfreiheit des Chassis des Mini Coopers sehr langsam vom Bürgersteig heruntergefahren ist. Darüberhinaus stehen den Angaben der Beklagten zu 1) die Aussage des Zeugen ... und die Angaben des Klägers gegenüber. Der Zeuge ... der die ... straße hinter dem Kläger in der gleichen Richtung befuhr, hat bekundet, daß der Kläger wie er selbst eine Geschwindigkeit von ca. 40 km/h gefahren sei. Es besteht kein Anhaltspunkt, der Aussage dieses neutralen Zeugen nicht zu folgen. Auch der Kläger hat eine höhere Geschwindigkeit als 50 km/h ausgeschlossen, einmal weil er gerade erst eine Wegstrecke von ca. 150 m zurückgelegt hatte und zum anderen kurz hinter der Unfallstelle die Vorfahrt einer von rechts einmündenen Straße zu achten hatte. Da sich kein Anhaltspunkt für eine überhöhte Geschwindigkeit des Klägers ergeben hat, die Beklagte zu 1) den Kläger nicht einmal hat herankommen sehen, sind die Voraussetzungen für eine Parteivernehmung der Beklagten zu 1) von Amts wegen gemäß § 448 ZPO nicht gegeben. Dem Kläger kann auch nicht vorgeworfen werden, daß er nicht auf die Gegenfahrbahn ausgewichen ist. Es steht schon nicht fest, daß die Gegenfahrbahn frei war. Darüberhinaus fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, daß das Manöver der Beklagten zu 1) für den Kläger so frühzeitig erkennbar war, daß der Kläger überhaupt hätte reagieren können.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Dagegen hat der Kläger nicht bewiesen, daß der Unfall für ihn ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 7 Abs. 2 StVG gewesen ist, daß der Unfall also auch bei Anwendung höchst möglicher Sorgfalt nicht zu vermeiden gewesen wäre. Die nach § 17 Abs. 1 StVG vorzunehmende Abwägung der beiderseits gesetzten Verursachungsbeiträge ergibt, daß der Unfall in erster und überwiegender Weise von der Beklagten zu 1) verursacht worden ist. Der durch das gravierende Verschulden der Beklagten zu 1) gesteigerten Betriebsgefahr steht die normale Betriebsgefahr des Wagens des Klägers gegenüber. Der Unfall hat seine wesentliche Ursache in dem Fehlverhalten der Beklagten zu 1). Demgegenüber behält die vom Fahrzeug des Klägers ausgehende Betriebsgefahr kein anspruchminderndes Eigengewicht. Die Beklagten haben daher für den Schaden voll einzustehen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht entgegen der Auffassung des Landgerichts auch ein Anspruch auf Erstattung der durch die Inanspruchnahme der Kasko-Versicherung entstandenen Anwaltskosten zu. Die Schadensersatzpflicht der Beklagten erstreckt sich nicht nur auf die Sachschäden selbst, sondern auch auf die Folgeschäden, die mit dem schädigenden Ereignis in einem adäquaten Zusammenhang stehen. Dies gilt insbesondere für die Kosten der Rechtsverfolgung. Hierunter fallen zunächst die Kosten, die dem Geschädigten durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts für die Verhandlung mit dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer entstanden sind. Diese Ersatzpflicht gilt grundsätzlich auch für die Kosten der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe für die Verhandlungen mit dem Kasko-Versicherer; denn auch diese Kosten sind adäquat auf das Schadensereignis zurückzuführen (Palandt-Heinrichs, 40. Aufl., § 249 Anm. 2 e; KG-Versicherungsrecht 73, 927). Diese Auffassung rechtfertigt sich daraus, daß der Geschädigte nicht mit höheren, jedenfalls nicht mit wesentlich höheren Kosten belastet wird, als in den Fällen, in denen der Kasko-Versicherer nicht eingeschaltet wird. In diesen Fällen ist, da die Entschädigung des Kasko-Versicherers entfällt, der Streitwert für die Gebührenrechnung des für die Verhandlungen mit dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer beauftragten Rechtsanwalt entsprechend höher. Daraus folgt, daß es keinesfalls unbillig ist, den Schädiger mit diesen Kosten zu belasten. Bei der Einnahme eines gegenteiligen Standpunktes würde der Haftpflichtversicherer aus dem Abschluß der Kasko-Versicherung durch den Geschädigten sogar Vorteile ziehen. Grundsätzlich ist daher eine Erstatungspflicht auch für solche Kosten zu bejahen. Zwar greift diese Begründung hier nicht ein, da der Kläger zunächst die Beklagte zu 3) auf Ersatz des vollen Schadens in Anspruch genommen hat, da er seine eigene Kasko-Versicherung zur Schadensregulierung gar nicht heranziehen wollte. Er hat demgemäß das Anwaltshonorar für den außergerichtlichen regulierten Schadensersatzanspruch - sei es durch die Beklagte zu 3), sei es durch die Kaskoversicherung - geltend gemacht und vom Landgericht zugesprochen erhalten. Erst auf Veranlassung der Beklagten zu 3) wurde der reine Fahrzeugschaden gegenüber dem Kasko-Versicherer geltend gemacht. Auch die insoweit entstandenen Anwaltskosten sind als adäquate Folge des Schadensereignisses anzusehen. Eine Erstattungspflicht ist zu bejahen, weil die Inanspruchnahme des Kasko-Versicherers auf Veranlassung der Beklagten zu 3) erfolgte. Daß der Kläger sich hierzu anwaltlicher Hilfe bedient hat, kann ihm nicht vorgeworfen werden. Darüberhinaus handelte es sich gebührenrechtlich um eine andere Angelegenheit.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Gebührenrechnung ist nicht zu beanstanden; insbesondere ist die in Ansatz gebrachte 7,5/10-Gebühr in Höhe von 507,80 DM berechtigt, da seit dem 1. Januar 1981 neue Gebührensätze gelten. Auch aus § 12 Abs. 2 BRAGO ergeben sich keine Bedenken. Zwar handelt es sich um eine Rahmengebühr; die Beklagten wenden sich jedoch nur gegen die Erstattungspflicht als solche, nicht gegen die in Ansatz gebrachten Mittelgebühren von 7,5/10. Allerdings kann der Kläger die Mehrwertsteuer nicht ersetzt verlangen, da er vorsteuerabzugsberechtigt ist. Demgemäß kann er nur einen Betrag von 1.055,60 DM erstattet verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht ferner ein merkantiler Minderwert in Höhe von 3.255,28 DM. Der Senat folgt bei der nach § 287 ZPO vorzunehmenden Schätzung der Methode von Ruhkopf-Sahm (Versicherungsrecht 62, 539, abgedruckt bei Palandt, 40. Aufl., § 251 Anm. 4 b). Danach ist der Minderwert ×-Prozent der Summe von Wiederbeschaffungswert und Reparaturkosten, wobei × tabellarisch festgelegt ist unter Berücksichtigung des Alters des Fahrzeugs und des Verhältnisses von den Reparaturkosten zum Wiederbeschaffungswert. Nach dieser Berechnungsmethode ergibt sich vorliegend ein Minderwert von 3.255,28 DM (Zeitwert 65.500,- DM + Herstellungskosten 15.882,14 DM = 81.382,14 DM × 4 %). Soweit der Kläger einen Betrag von 3.552,- DM verlangt, ist ihm offensichtlich ein Rechenfehler unterlaufen. Der Bundesgerichtshof hat die Berechnungsmethode von Ruhkopf-Sahm in der Entscheidung NJW 80, 281 jedenfalls für den Normalfall ausdrücklich gebilligt. Eine Überprüfung nach der Methode des OLG Hamburg (DAR 81, 388) ergibt ein ähnliches Ergebnis. Nach dieser Berechnungsmethode wird ein nach der Kilometerleistung abgestufter Prozentsatz von 10-30 % der Reparaturkosten zugrundegelegt. Danach würde sich ein Minderwert von 3.176,43 DM (15.882,14 DM × 20 %) ergeben. Dagegen sind die Bemessungsvorschläge des 13. Deutschen Verkehrsgerichtstages, wonach bei jeder Reparaturrechnung in minderwerterhebliche und minderwertunerhebliche Kostenteile zu trennen ist, vom BGH mangels Praktikabilität verworfen worden (BGH a.a.O.). Nach alledem ist die Methode von Ruhkopf-Sahm jedenfalls bei einer normalen jährlichen Kilometerleistung wie im vorliegenden Fall eine geeignete Schätzungsgrundlage. Danach ergibt sich ein Minderwert in Höhe von 3.255,28 DM.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Schadensersatzanspruch des Klägers errechnet sich nach alledem wie folgt:</p>
<br /><span class="absatzRechts">29</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td>1.)</td>
<td>Selbstbeteiligung</td>
<td>1.000,-</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>2.)</td>
<td>Gutachterkosten</td>
<td>613,35</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>3.)</td>
<td>Mietwagenkosten</td>
<td>5.330,94</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>4.)</td>
<td>Wertminderung</td>
<td>3.255,28</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>5.)</td>
<td>Anwaltskosten für die Inanspruchnahme</td>
<td> </td>
<td> </td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td>des Haftpflichtversicherers</td>
<td>1.161,30</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>6.)</td>
<td>Anwaltskosten für die Inanspruchnahme</td>
<td> </td>
<td> </td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td>der Vollkasko-Versicherung</td>
<td>1.056,60</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>7.)</td>
<td>Allgemeine Unkostenpauschale</td>
<td><u>30,-</u></td>
<td><u>DM</u></td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td> </td>
<td>12.447,47</td>
<td>DM</td>
</tr>
</table><br />
<br /><span class="absatzRechts">30</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td>abzüglich gezahlter</td>
<td><u>7.965,88</u></td>
<td><u>DM</u></td>
</tr>
</table><br />
<br /><span class="absatzRechts">31</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td> </td>
<td>4.481,59</td>
<td>DM</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286, 288 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Ziffer 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Verkündet am 7.10.1982</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">, Justizobersekretärin as Urkundsbeamter der Geschäftsstelle</p>
|
315,787 | olgham-1982-09-29-15-w-27482 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 15 W 274/82 | "1982-09-29T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:55" | "2019-03-27T09:42:13" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1982:0929.15W274.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortigen weiteren Beschwerden werden zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Gegenstandswert dieses Rechtszuges beträgt 5.000,- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das eingangs bezeichnete Kind wurde am 3. Mai 1980 von der ledigen Beteiligten zu 2) in ... geboren. Amtspfleger dieses Kindes ist das Jugendamt der Stadt .../Westfalen. Die Kindesmutter hat nach ihren Angaben innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit nur mit dem Gärtnermeister ..., geboren am 15. März 1953, geschlechtlich verkehrt. Dieser ist am 30. März 1980 in Hamm tödlich verunglückt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Verfahren hat die Beteiligte zu 1) beim Amtsgericht - Vormundschaftsgericht - ... die Feststellung Beantragt, daß der verstorbene ... ihr Vater sei. Die Mutter des Verstorbenen, die Beteiligte zu 3), ist dem Antrage entgegengetreten.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Anhörung der Kindesmutter - der Beteiligten zu 2) - und durch Einholung eines Blutgruppengutachtens, das von dem Sachverständigen Dr. med. ... in ... am 11.6.1981 erstattet worden ist und in welches die Beteiligten zu 1) bis 4) sowie ein weiterer Bruder des Verstorbenen, nämlich der inzwischen ebenfalls verstorbene ... einbezogen wurden.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Durch Beschluß vom 7. Dezember 1981 hat das Amtsgericht antragsgemäß festgestellt, daß der am 15. März 1953 in ... geborene, am 30. März 1980 in ... verstorbene Gärtnermeister ... der Vater der Beteiligten zu 1) ist.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluß ist den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 3) am 14. Dezember 1981 gem. § 212 a ZPO förmlich zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 22. Januar 1982, beim Amtsgericht ... eingegangen am folgenden Tage, haben die genannten Verfahrensbevollmächtigten namens der Beteiligten zu 3) und 4) sofortige Beschwerde gegen den Beschluß vom 7.12.1981 eingelegt und gleichzeitig beantragt, der Beteiligten zu 3) die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zu gewähren.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages haben sie geltend gemacht: Dem am 14.12.1981 zugestellten Vaterschaftsfeststellungsbeschluß sei eine ausdrückliche Rechtsmittelbelehrung nicht beigefügt gewesen. Deshalb sei als Rechtsmittelfrist "die übliche Beschwerdefrist" mit Ablauf zum 14.1.1982 notiert worden. Bei der Wiedervorlage am 12.1.1982 sei dann anhand eines Kommentars die Fristversäumnis bemerkt worden. Unter den gegebenen Umständen liege ein Verschulden nicht vor, weil es sich um ein abgelegenes Rechtsgebiet handele, welches so ohne weiteres nicht bekannt gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht ist zunächst von der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde des Beteiligten zu 4) ausgegangen und hat weitere Ermittlungen angestellt. Alsdann hat es durch Beschluß von 21. Juli 1982 den Antrag der Beteiligten zu 3) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die sofortigen Beschwerden beider Beschwerdeführer als unzulässig verworfen. Hinsichtlich des Beteiligten zu 4) hat es die erforderliche Beschwerdebefugnis verneint.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Gegen diese, ihren Verfahrensbevollmächtigten am 29. Juli 1982 zugestellte Beschwerdeentscheidung wenden sich die Beteiligten zu 3) und 4) mit ihrer durch Anwaltsschriftsatz vom 9. August 1982 eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde. Sie sind der Ansicht, das Landgericht habe zu Unrecht hinsichtlich der Beteiligten zu 3) einen Wiedereinsetzungsgrund nach § 22 Abs. 2 FGG und hinsichtlich des Beteiligten zu 4) die Beschwerdebefugnis verneint.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die sofortigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 3) und 4) sind form- und fristgerecht eingelegt worden und auch sonst zulässig. Zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde berechtigt ist der Beteiligte zu 4) schon deswegen, weil seine Erstbeschwerde, einerlei aus welchem Grunde, erfolglos geblieben ist.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">In der Sache bleiben jedoch beide Rechtsmittel ohne Erfolg, weil die angefochtene Beschwerdeentscheidung auf keiner Verletzung des Gesetzes beruht, § 27 FGG.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 3) mit Recht als verspätet und daher unzulässig verworfen. Der angefochtene Beschluß legt im einzelnen und ohne Rechtsfehler dar, daß die hier gegebene Rechtsmittelfrist von 2 Wochen bei Eingang der sofortigen Erstbeschwerde am 23.1.1982 bereits verstrichen, daß die Versäumung der Frist nicht unverschuldet in Sinne des § 22 Abs. 2 S. 1 FGG war und daß der Beteiligten zu 3) das Verschulden ihres bevollmächtigten anwaltlichen Vertreters zuzurechnen ist (§ 22 Abs. 2 S. 2 FGG). Unverschuldet im Sinne dieser Vorschrift wäre die Fristversäumnis hier nur, wenn die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 3) diejenige Sorgfalt angewandt hätten, die man nach den Umständen dieses Falles verständigerweise von ihnen erwarten konnte. Das ist jedoch nicht geschehen, weil die Bevollmächtigten es unterlassen haben, sich unverzüglich Gewißheit über das in Betracht kommende Rechtsmittel zu verschaffen und die Einhaltung der Rechtsmittelfrist sicherzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 4) bleibt in der Sache gleichfalls erfolglos; der Senat teilt die Rechtsansicht des Landgerichts über das fehlende Beschwerderecht dieses Beschwerdeführers.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Nach § 55 b Abs. 3 FGG steht die Beschwerde gegen eine Verfügung, durch die das Vormundschaftsgericht - wie hier - die Vaterschaft feststellt, "den nach Absatz 1 zu hörenden Personen und dem Kinde" zu. Als zu hörende Personen nennt Abs. 1 "die Mutter des Kindes sowie, wenn der wann gestorben ist, dessen Ehefrau, Eltern und eheliche Kinder"; war der Mann nichtehelich, so braucht dessen <u>Vater</u> nicht gehört zu werden. Hiernach erstreckt sich also die Anhörungspfllcht - und damit das Beschwerderecht aus Abs. 3 - auch dann nicht auf <u>Geschwister</u> des verstorbenen Mannes, wenn solche wegen des Wegfalls anderer Personen als dessen gesetzliche Erben in Betracht kommen. Mit dem Landgericht und der auch sonst überwiegend vertretenen Meinung sieht der Senat in § 55 b Abs. 3 FGG eine abschließende und eng auszulegende Regelung des Beschwerderechts unter Ausschluß der allgemeinen Vorschrift des § 20 Abs. 1 FGG. Dafür spricht Insbesondere, daß eine auf Feststellung lautende Verfügung des Vormundschaftsgerichts gemäß Abs. 2 erst mit der Rechtskraft wirksam wird, daß die Rechtskraft bezüglich eines jeden Beteiligten vom Fristablauf nach förmlicher Zustellung abhängt und daß es deshalb dem Interesse der Rechtssicherheit dient, den Kreis der Beteiligten eng zu begrenzen, zumal andernfalls beispielsweise auch noch Testamentserben des Verstorbenen am Verfahren zu beteiligen wären. Auch erscheint das Interesse derjenigen Personen, die - wie die Erben des Verstorbenen - von der Entscheidung betroffen werden, durch die Herrschaft des Untersuchungsgrundsatzes in diesem Feststellungsverfahren genügend gewahrt. Die hier vertretene Ansicht wird geteilt von: Jansen, FGG, 2. Aufl., § 55 b Rn. 9 und 18; Keidel/Kuntze/Winkler, PO, 11. Aufl., § 55 b FGG Rn. 9: Bassenge/Herbst, FGG, § 55 b Anm. 3 a; Oderski, Nichtehelichengesetz, 4. Aufl., § 55 b FGG Anm. IV 2 d; Bökelmann, JR 1973, 204; LG Lübeck, JR 1973, 203; wohl auch: BGB-RGRK/Böckermann, 12. Aufl., § 1600 n BGB Rn. 39; Soergel/Gaul, BGB, 11. Aufl., § 1600 n Rn. 27 c: MüKo/Mutschler, BGB, § 1600 n Rn. 22.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Den Bedenken der Gegenmeinung (Kollhosser, FamRZ 1970, 625, 627: Bumiller/Winkler, FG, 3. Aufl., § 55 b FGG Anm. 5; Brühl/Göppinger/Mutschler, Unterhaltsrecht, Bd. TT 1976, Rn. 1842) vermag der Senat nicht au folgen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat somit die sofortigen Erstbeschwerden beider Beschwerdeführer ohne Rechtsfehler als unzulässig verworfen. Da die angefochtene Beschwerdenentscheidung auch sonst, insbesondere im Hinblick auf das vom Landgericht eingehaltene Verfahren, nicht auf einer Gesetzesverletzung beruht, mußten die sofortigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 3) und 4) zurückgewiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Eine Kostenentscheidung nach § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG war aus tatsächlichen Gründen nicht veranlaßt.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 131 Abs. 2 i.V.m. § 30 KostO.</p>
|
315,788 | olgham-1982-09-28-27-u-25381 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 27 U 253/81 | "1982-09-28T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:57" | "2019-03-27T09:42:13" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1982:0928.27U253.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Anschlußberufung des Beklagten gegen das am 11. Juni 1981 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.</p>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das genannte Urteil so abgeändert:</p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15. Mai 1981 zu zahlen.</p>
<p>Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den gesamten künftigen Schaden zu ersetzen, der ihm - dem Kläger - daraus entstehen kann, daß ihm der Beklagte am 1. April 1980 eine Bleikugel in den rechten Augenraum geschossen hat.</p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des ersten Rechtszuges hat der Beklagte zu tragen.</p>
<p>Von den Kosten des zweiten Rechtszuges werden dem Kläger 54 % und dem Beklagten 45 % auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Es beschwert den Kläger in Höhe von 10.000,- DM und den Beklagten um 8.600,- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger begehrt vom Beklagten die Zahlung eines Schmerzensgeldes und die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für zukünftig auftretende Schäden aus einem Vorfall vom 4.4.1980.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind befreundet. Am Abend des 4.4.1980 hielt sich der Kläger, der damals gerade 17 Jahre alt war, mit mehreren befreundeten Jugendlichen in der Wohnung der Familie ... auf. Gegen 20.25 Uhr kam auch der damals 16 Jahre und 9 Monate alte Beklagte hinzu. Er brachte seine CO 2 Gasdruck-Pistole ... Kaliber 4,5 mm, mit, die er einige Monate zuvor käuflich erworben hatte. Als er das Zimmer betrat, richtete er die Pistole auf den Kläger und forderte diesen auf und heraus, "feige" zu sagen. Dabei lachte der Beklagte. Der Kläger ging darauf ein und sagte: "feige". Daraufhin drückte der Beklagte ab. Er war der Annahme, die Pistole sei nicht geladen. Der Kläger wurde von dem "..." einer Bleikugel, im Bereich des rechten Augenraumes getroffen. Die Kugel drang durch das rechte Oberlid in die Augenhöhle, schlug schläfenwärts auf den Augapfel und drang, von diesem abgelenkt, in die Spitze der knöchernen Augenhöhle ein, wo sie heute noch steckt. Vom 4. bis zum 17.4.1980 wurde der Kläger stationär in der Augenklinik ... behandelt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat behauptet:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Sehkraft auf dem rechten Auge sei durch den Vorfall auf 35 % der Norm vermindert. Das im Augenraum steckende Bleigeschoß, dessen Entfernung zu riskant sei, könne jederzeit weiteren Schaden verursachen. Insbesondere sei zu befürchten, daß eine Entzündung des rechten Auges auf das gesunde linke Auge übergreifen könne.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat behauptet, der Kläger dramatisiere die Folgen der Schußverletzung. Eine nennenswerte Sichtbehinderung sei nicht eingetreten. Die in der Augenhöhle verbliebene Kugel könne auch keinen weiteren Schaden anrichten. Außerdem müsse sich der Kläger ein erhebliches Mitverschulden anlasten lassen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat den Beklagten unter Annahme einer Haftungsquote von 80 % zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 4.800,- DM verurteilt und festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger 4/5 aller Schäden zu ersetzen, die dieser in Zunkunft dadurch erleiden werde, daß sich durch den im Augenraum verbliebenen Bleikörper die Sehfähigkeit weiter vermindere, insbesondere durch den Verlust der Sehfähigkeit des linken Auges, aus welchen Gründen dies auch immer eintreten möge.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil, auf dessen vorgetragenen Inhalt gemäß § 543 ZPO Bezug genommen wird, hat der Kläger Berufung eingelegt, mit der er nunmehr die Zahlung eines Schmerzensgeldes von insgesamt 20.000,- DM und die Feststellung begehrt, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihm - dem Kläger - allen zukünftigen Schaden aus dem Vorfall vom 4.4.1980 zu ersetzen. Der Beklagte hat Anschlußberufung eingelegt, mit der er eine Reduzierung des zuerkannten Schmerzensgeldes anstrebt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen. Er behauptet, geltend, daß nach der letzten mündlichen Verhandlung in erster Instanz sich weitere Komplikationen ergeben hätten. Es sei ein Wundstar aufgetreten, der zu einer Trübung der Linse geführt habe, die immer weiter fortschreite und befürchten lasse, daß die Sehkraft auf dem rechten Auge vollständig ausfalle.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger wendet sich ferner gegen die Feststellung eines Mitverschuldens. Er habe niemals damit rechnen können, daß der Beklagte den Auslöser betätigen würde, erst recht nicht damit, daß der Beklagte sich zuvor nicht 100-prozentig darüber vergewissert haben könnte, daß die Pistole ungeladen sei. Auch wenn entgegen seiner Auffassung ein Mitverschulden anzunehmen sei, so sei dies doch so gering zu veranschlagen, daß es hinter dem leichtsinnigen Verhalten des Beklagten völlig zurücktreten müsse.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Das vom Landgericht zugebilligte Schmerzensgeld sei bei Augenverletzungen der hier vorliegenden Art unverhältnismäßig gering. Angesichts seiner Jugend und des Umstandes, sein ganzes Leben mit dieser Behinderung, insbesondere der Gefahr der völligen Erblindung, leben zu messen und der damit verbundenen ständigen seelischen Beeinträchtigung sei ein Schmerzensgeld von mindestens 20.000,- DM angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils</p>
<br /><span class="absatzRechts">14</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td>1.)</td>
<td>den Beklagten zu verurteilen, an ihn - den Kläger - ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, mindestens aber insgesamt 20.000,- DM nebst 1 % Zinsen seit Rechtshängigkeit,</td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td>2.)</td>
<td>festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihm - dem Kläger - den gesamten Schaden zu ersetzen, der ihm daraus entstehen kann, daß der Beklagte ihm am 4.4.1980 eine Bleikugel in das rechte Auge geschossen hat,</td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td>3.)</td>
<td>die Anschlußberufung zurückzuweisen.</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<br /><span class="absatzRechts">16</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td>1.)</td>
<td>die Berufung zurückzuweisen,</td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td>2.)</td>
<td>im Wege der Anschlußberufung das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen, als er zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von mehr als 3.000,- DM verurteilt worden ist.</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist der Auffassung, der vom Landgericht zugrunde gelegte Betrag von 6.000,- DM als volles Schmerzensgeld für die vom Kläger davongetragene Verletzung sei weit übersetzt. Er behauptet: Die Sehkraft auf dem rechten Auge sei nicht gemindert. Eine Verschlechterung des Zustandes sei nicht zu erwarten. Ein Wandern der Kugel, die im Übrigen von qualifizierten Fachärzten ohne Risiko entfernt werden könne, sei ausgeschlossen. Außerdem meint der Beklagte: Eine Mitschuld des Klägers könne nicht wegdiskutiert werden. Statt "feige" zu sagen, hätte die sachgerechte Reaktion des Klägers in der Gegenaufforderung bestehen müssen, den "Ouatsch zu lassen" oder "das Ding wegzunehmen".</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheit des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen augenfachärztlichen Gutachtens durch den Direktor der Abteilung für Mikrochirurgie und Traumatologie der Augenklinik der ... Wegen des Ergebnisses wird auf das Gutachten vom 17.5.1982 verwiesen. Die Strafakten Ls 61 Js 551/80 jug. Staatsanwaltschaft Essen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Berufung hat teilweise Erfolg. Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils dahin, daß der Beklagte dem Kläger 10.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15.5.1981 zu zahlen hat und zur Feststellung, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den gesamten zukünftigen Schaden aus dem Vorfall vom 4.4.1980 zu ersetzen. Der Anschlußberufung des Beklagten ist dagegen der Erfolg zu versagen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus den §§ 823 Abs. 1, 847 Abs. 1 S. 1 BGB. Der Beklagte hat rechtswidrig und fahrlässig eine Körperverletzung begangen, indem er die Pistole auf den Kläger richtete, abdrückte und dadurch die schwere Augenverletzung des Klägers verursachte. Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Tat sind nicht vorhanden. Dem Beklagten ist aber grobe Fahrlässigkeit anzulasten, da er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Es ist offenkundig und leuchtet jedermann ohne weiteres ein, daß der Beklagte die Schußwaffe auf keinen Fall ohne besondere Nachprüfung für ungeladen halten, daß er auch nicht zum Scherz in Richtung von Menschen zielen und daß er schon gar nicht abdrücken durfte. Diese selbstverständlichen Vorsichtsmaßnahmen im Umgang mit Schußwaffen waren dem am 1.4.1953 geborenen Beklagten bewußt, der vorher schon Schießübungen mit der Waffe durchgeführt hatte, und bei seiner verantwortlichen Vernehmung durch die Polizei eingeräumt hat, daß ihm sogar bekannt gewesen sei, daß schon bei einer ungeladenen Waffe allein durch den Gasdruck eine Verletzungsgefahr gegeben ist. Der Beklagte hat nicht in Abrede gestellt, die Schußwaffe vorher nicht untersucht zu haben. Er ist davon ausgegangen, daß die Waffe ungeladen gewesen sei, obwohl er nicht mehr wußte, ob er die Waffe in ungeladenen Zustand weggelegt hatte.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Allerdings trifft den Kläger ein Mitverschulden, da er diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch unter den gegebenen Umständen zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden gehalten ist. War die große Gefährlichkeit des Abdrückens einer auf einen Menschen gerichteten Pistole auch offenkundig, mag es deshalb nicht wahrscheinlich gewesen sein, daß der Beklagte die Ankündigung abzudrücken wahr machen werde und ganz unwahrscheinlich, daß er dergleichen ankündigen und tun könne, ohne sich zuverlässig vergewissert zu haben, daß die Pistole ungeladen war, so bedeutete es gleichwohl eine Eigengefährdung des Klägers, auf dieses böse Spiel einzugegangen zu sein, denn ausgeschlossen war das bewiesene Versagen des Beklagten nicht und der Kläger gab sich so ohne weiteres eigene Überprüfungs-, Kontroll-, Abhilfemöglichkeit ganz in die Hände des Beklagten. Die richtige Reaktion hätte anders ausgesehen. Sie hätte darin bestanden, daß der Kläger den Beklagten etwa mit den Worten: "Mach keinen Quatsch! Daß den Unsinn! Leg die Pistole weg!" von dem Schußwaffengebrauch abgehalten hätte. Dies stellt keine unangemessene Anforderung an den zur Vorfallzeit 16 Jahre und 9 Monate alten Kläger dar. Ihm war die Gefährlichkeit von Schußwaffen allgemein und der Gasdruck-Pistole speziell bekannt, da er mit dieser Schußwaffe schon selbst Schießübungen durchgeführt hatte. Es ist auch nicht zu verkennen, daß die Wiederholung des Wortes "feige" eine gewisse Aufforderung zum Abdrücken war und dadurch die Hemmschwelle beim Beklagten herabgesetzt werden konnte.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Bei der haftungsbestimmenden Abwägung nach § 254 BGB ist darauf abzustellen, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die Initiative für den Wortwechsel vom Beklagten ausgegangen war, und daß bei ihm auch die eigentliche Tatherrschaft lag. Der Verursachungsbeitrag des Klägers erscheint demgegenüber sehr gering. Er ging zwar auf das Spiel des Beklagten ein, glaubte aber arglos, sich auf den Beklagten verlassen zu dürfen. Diesem Beitrag kommt gegenüber dem grob leichtsinnigen Fehlverhalten des Beklagten kein anspruchsminderndes Eigengewicht zu. Der Beklagte hat daher dem Grunde nach für den Schaden voll einzustehen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 847 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Kläger für die erlittenen immateriellen Schäden eine billige Entschädigung in Geld verlangen. Ausgangspunkt für die Bemessung der Höhe des angemessenen Schmerzensgeldes sind die Verletzungen des Klägers, Art, Dauer und Heftigkeit der Schmerzen, Ausmaß einer etwaigen dauernden Beeinträchtigung und die Sorgen vor der Zukunft. Nach dem ausführlichen Gutachten des Sachverständigen ... vom 17.5.1982 können insoweit folgende Festsellungen getroffen werden:</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Kläger war aufgrund der Schußverletzung vom 4. bis zum 17.4.1980 in stationärer Behandlung in der Augenklinik der ... Danach wurde er noch mehrfach ambulant untersucht, letztmalig am 11.8.1980. Bei der Einlieferung befand sich ein erheblicher Bluterguß am Ober- und Unterlid des rechten Auges. Die Bindehaut zur Schläfe war erheblich geschwollen, während die Hornhaut unverletzt war. In der Vorderkammer befand sich etwas Blut. Die leicht entrundete Pupille reagierte träge auf Licht. Am Augenhintergrund befand sich zur Schläfe hin eine große Blutung vor der Netzhaut, ferner befand sich zur Schläfe hin ein Netzhautödem. Bei der operativen Wundversorgung wurde lediglich die Hautwunde versorgt. Das Geschoß ist schläfenwärts auf den Augapfel geschlagen und von diesem in den tieferen Teil der Augenhöhle abgelenkt worden.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Bei der Einlieferung betrug das Sehvermögen auf dem rechten Auge nur 10 %. Durch eine Aufklarung der Glaskörperblutung und Rückbildung des Netzhautödems verbesserte sich das Sehvermögen bis zur Entlassung am 17.4.1980 auf 40 % wobei Trübungen im Glaskörper vor der Netzhaut als Folge der Blutung veranwortlich für die Begrenzung des Sehvermögens waren. Bis zum August 1980 verbesserte sich das Sehvermögen mit einer Korrektur durch ein Glas auf 80 %. Wegen dieser Besserung wurde auf eine operative Entfernung des Blutes aus dem Auge verzichtet. Die Entfernung des Geschosses aus der Augenhöhle unterblieb wegen eines mit einer derartigen Oparation verbundenen hohen Risikos.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Bei der Untersuchung am 13.5.1982 wurde eine Sehkraftminderung von 50 % festgestellt; dies entspricht einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 5 %. Diese Sehkraftminderung beruht auf einer unfallbedingten Linsentrübung. Es ist eine Zunahme des grauen Stars zu erwarten, der dann aber operiert werden kann. Danach ist mit Korrektur durch eine Kontaktlinse ein gutes Sehvermögen auf dem verletzten Auge zu erwarten. Zurückgeblieben sind ferner ein nicht entstellender Verlust eines sehr geringen Teils der Wimpern des Oberlids, eine Netzhaut und Aderhautnarbe in der Netzhautperipherie und eine Glaskörpertrübung schläfenwärts und unten in der Peripherie. Nach den Feststellungen des Gutachters ist davon auszugehen, daß das nach wie vor in der Augenhöhle befindliche Geschoß fest vernarbt ist und für die Zukunft unschädlich in der Spitze der Augenhöhle liegt. Das übergreifen einer Entzündung auf das unverletzte Auge kann nicht eintreten, weil das primär geschädigte Auge durch die Verletzung nicht eröffnet wurde. Eine operative Entfernung des Geschosses ist nur unter großem Risiko möglich und kann nur in einer entsprechenden Fachklinik in Amsterdam oder London durchgeführt werden.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen ... steht fest, daß die Unfallfolgen ganz beträchtlich sind und das körperliche und seelische Wohlbefinden des Klägers erheblich beeinträchtig haben und beeinträchtigen. Hier sind an erster Stelle die köperlichen Schmerzen zu nennen, die der Kläger aufgrund der Verletzung mit der Folge eines 14-tägigen stationären Krankenhausaufenthalts davongetragen hat und die sich nach den glaubhaften Angaben des Klägers anläßlich der Untersuchung am 13.5.1982 heute noch in Form von zeitweisen Kopfschmerzen und einer größeren Empfindlichkeit der linken Augenpartie bemerkbar machen. Weiter fällt ins Gewicht, daß die Sehkraft auf dem geschädigten Auge deutlich herabgesetzt ist. Nach der Schußverletzung betrug die Sehkraft nur noch 10 %; sie verbesserte sich im Laufe der Zeit von zunächst 40 % auf 30 %. Inzwischen ist es jedoch aufgrund eines fortschreitenden Wundstars zu einer Herabsetzung des Sehvermögens auf 50 % gekommen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Beachtlich ist weiterhin die seelische Beeinträchtigung des Klägers. Die Sorge und die Angst, insbesondere in der ersten Zeit nach der Verletzung, das Augenlicht auf dem rechten Auge völlig zu verlieren, ein Übergreifen der Entzündung auf das gesunde, rechte Auge befürchten zu messen und die latente Gefahr, daß von dem in der Augenhöhle verbliebenen Geschoß weitere Komplikationen ausgehen kannten, fällt bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ins Gewicht. Bedeutsam ist zudem, daß der noch jugendliche Kläger einen fortwirkenden Schaden infolge einer unfallbedingten Linsentrübung davongetragen hat, der sich zur Zeit mit einer Sehkraftminderung von 50 % bemerkbar macht. Die Linsentrübung macht nur noch ein unklares und vernebeltes Sehen möglich. Eine weitere Zunahme der Linsentrübung ist zu erwarten, die dann eine Operation am sogenannten Grauen Star erforderlich machen wird. So ist allein die Erwartung, sich einer derartigen Operation unterziehen zu müssen, eine Belastung für den Kläger. Auch ist nach einer solchen Operation nur noch mit Hilfe der Korrektur durch eine Kontaktlinse ein verwertbares Sehvermögen auf diesem Auge zu erwarten.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Schließlich muß der Kläger voraussichtlich Zeit seines Lebens mit dem 4,5 mm Geschoß in der rechten Augenhöhle leben. Eine Entfernung dieses Fremdkörpers scheidet wohl wegen des Risikos, durch einen solchen Eingriff Schaden anzurichten, aus. Wenn auch nach dem Gutachten von ... davon auszugehen ist, daß die Bleikugel fest vernarbt ist und in Zukunft keine Schäden mehr verursachen wird, sind Komplikationen damit doch nicht völlig ausgeschlossen. Dies bedeutet für den heute 10 Jahre alten Kläger eine seelische Belastung und legt ihm trotz der günstigen Prognose des Gutachters Zurückhaltung bei vielen Betätigungen sportlicher und sonstiger Art auf, verringert also mit anderen Worten die Lebensfreude. Dabei schmälert die Erwartung, daß die Entzündung nicht auf das linke, gesunde Auge übergreifen wird, die Höhe des Schmerzensgeldes nicht wesentlich.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Unter Berücksichtigung all dieser Erwägungen, auch des Umstandes, daß der Beklagte in hohem Maße leichtsinnig gehandelt hat, hält der Senat ein Schmerzensgeld von 10.000,- DM für erforderlich aber auch für ausreichend, um die immateriellen Verletzungsfolgen für den Kläger angemesen zu entschädigen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Auch der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet. Die Zulässigkeit ergibt sich aus § 256 ZPO. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der Feststellung, daß der Beklagte verpflichtet ist, auch den in der Zukunft entstehenden Schaden zu ersetzen. Der in zweiter Instanz umfassender formulierte Feststellungsantrag ist vom Senat als sachdienlich zugelassen worden. Er ist auch begründet, da nach dem Ergebnis des ärztlichen Gutachtens in Zukunft noch Schäden eintreten werden.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 284, 288, 291 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Aus alledem folgt, daß die Anschlußberufung zurückzuweisen ist.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Verkündet am 28. September 1982</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">, Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle</p>
|
315,789 | olgk-1982-09-23-1-u-1382 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
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} | 1 U 13/82 | "1982-09-23T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:58" | "2019-03-27T09:42:13" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1982:0923.1U13.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das am 22. Dezember 1981 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts</p>
<p></p>
<p>Bonn - 11 0 251/81 - wie folgt abgeändert und neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 25.000,-- DM nebst 11 3/4 % Zinsen seit dem 1. Juli 198o zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge werden dem Beklagten auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Dem Beklagten wird die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten.</p>
<p></p>
<p>Zur Durchführung des Nachverfahrens wird die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.</p>
<p></p>
<p>Von der Darstellting des Tatbestandes wird gemäß</p>
<p></p>
<p>§ 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die keinen förmlichen Bedenken begegnende Berufung der Klä­gerin hat Erfolg. Ihre Klage ist im Urkundenprozeß statthaft. Sie ist auch begründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">A.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat sämtliche Tatsachen, die zur Begründung ihres gegen den Beklagten aus §§ 778, 765 BGB hergeleiteten, schlüssig begründeten Anspruchs auf Zahlung von 25.ooo,-- DM nebst 11 3/4 % Zinsen seit dem 1.7.198o erforderlich sind, durch Urkunden bewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat die Voraussetzungen einer Haftung des Be­klagten nach §§ 778, 765, 767 BGB schlüssig dargetan.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nach ihrem Vortrag hat ihr der Beklagte, vertreten durch Herrn Q. C. , durch Schreiben vom 5.2.198o den Auftrag erteilt, diesem einen Kredit in Höhe von 29.800,-- DM zu den gesondert mit Herrn Q. C. vereinbarten Bedingungen zu</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">gewähren. Zur Abgabe dieses auf Abschluß eines Kreditauftrags­vertrages im Sinne von § 778 BGB gerichteten Angebots war</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Herr Q. C. nach dem Vortrag der Klägerin durch einen zwischen ihm und dem Beklagten unter dem Datum vom 5.2.198o geschlossenen Gesellschaftsvertrag bevollmächtigt. In § 11 dieses Vertrages hatte der Beklagte Herrn Q. C. aus­drücklich "ermächtigt" und damit bevollmächtigt, in seinem - des Beklagten-Namen der Klägerin einen Kreditauftrag des</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Inhalts zu erteilen, daß sie einen Kredit bis zum Betrag von 29.800,-- DM an Herrn Q. C. zu banküblichen Zinsen ge­währt. Das eigene wirtschaftliche Interesse des Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">an der Kreditgewährung ergibt sich bereits daraus, daß er sich in dem Vertrage in dem er Herrn. Q. C. zur Erteilung eines Kreditauftrages bevollmächtigte, mit diesem in einer</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">- 24 -</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">stillen Gesellschaft verband, aus der er finanzielle Vorteile ziehen sollte.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Verbindlichkeit des von Herrn Q. C. abgegebenen Ver­tragsangebots für den Beklagten gemäß § 164 Abs. 1 BGB steht nicht das Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) entgegen. Unabhängig von der Frage, ob § 181 BGB auf den hier zu ent­scheidenden Fall wenigstens entsprechend Anwendung findet, kann sich der Beklagte auf das darin ausgesprochene Verbot nicht berufen, da die Bevollmächtigung des Herrn Q. C. zugleich die Gestattung des Selbstkontrahierens enthält. Nach dem Wortlaut des § 11 des nach der Behauptung der Klägerin zwischen dem Beklagten und Herrn Q. C. geschlossenen Ge­sellschaftsvertrages sollte dieser Vertreter bei der Erteilung des Kreditauftrages und zugleich Kreditnehmer sein. In der Billigung dieser Regelung durch den Beklagten liegt zugleich eine Gestattung im Sinne von § 181 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Bei der Erteilung des Kreditauftrages ist Herr Q. C. auch nicht über die ihm erteilte Vollmacht hinausgegangen. Der im Kreditauftrag genannte Betrag von 29.800,-- DM ent‑</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">spricht dem Betrag, der in § 11 des Gesellschaftsvertrages ge­nannt ist. Das Angebot erstreckt sich auch nicht auf höhere als bankübliche Zinsen. In ihm wird auf gesondert mit Herrn Q. C. vereinbarte Kreditbedingungen Bezug genommen, die sich nach dem Vortrag der Klägerin aus ihrem an Herrn Q. C. gerichteten Bestätigungsschreiben vom 24.1.198o ergeben. Darin wird auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwiesen, die bankübliche Zinsregelungen enthalten. Weitere Ein­schränkungen enthält die Bevollmächtigung des Herrn Q. C. nicht. Die nach dem Schreiben vom 24.1.198o vereinbarten Bedingungen gehen nicht über das hinaus, was er nach dem Ge­sellschaftsvertrag als angemessen ansehen durfte.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat auch schlüssig dargelegt, daß sie das Angebot zum Abschluß eines Kreditauftragsvertrages gegenüber dem Be­klagten angenommen hat. Danach hat sie in einem an den Be­klagten gerichteten Schreiben vom 7.2.198o erklärt, daß sie</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">5</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">den Kreditauftrag über 29.800,-- DM angenommen habe.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn man davon ausgeht, daß Herr Q. C. vom Be­klagten zur Abgabe des der Klägerin gemachten Angebots auf Abschluß eines Kreditauftragsvertrages nicht bevollmächtigt war, hat die Klägerin dennoch schlüssig das wirksame Zustande­kommen eines Kreditauftragsvertrages zwischen ihr und dem Be­klagten dargelegt. Ihr an den Beklagten gerichtetes Schreiben vom 7.2.198o, das sie zum Gegenstand ihres Vortrages gemacht hat, stellt zugleich hinsichtlich der zwischen ihr und Herrn Q. C. geführten Vertragsverhandlungen ein kaufmänni­sches Bestätigungsschreiben dar. In ihm hat die Klägerin aus­drücklich unter Bezugnahme auf den zwischen dem Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">und Herrn Q. C. geschlossenen Gesellschaftsvertrag die Erteilung und Annahme eines Kreditauftrages über 29.800,-- DM gemäß einer beigefügten Durchschrift bestätigt, bei der es sich nach der Behauptung der Klägerin um eine solche des von</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Herrn Q. C. erteilten Kreditauftrages vom 5.2.198o gehan­delt haben soll. Da der Beklagte, der ebenso wie die Klägerin Kaufmannseigenschaft hat (§ 1 Abs. 2 Nr. 1, § 6 HGB), hierauf nach dem Vortrag der Klägerin geschwiegen haben soll, muß er sich an den Inhalt des Schreibens als Vertragsinhalt fest­halten lassen und zwar auch dann, wenn die Verhandlungen durch einen vollmachtlosen Vertreter geführt worden oder die von einem bevollmächtigten Vertreter abgegebenen Erklärungen über die ihm erteilte Vollmacht hinausgegangen sein sollten (OLG Karlsruhe WPM 1976, 887; OLG Gelle MDR 1967, 1o16; Schlegel­bergere HGB, 5. Aufl., 1973, Rdnr. 111 zu § 346). Daß die nach dem Kreditauftragsschreiben vom 5.2.198o zwischen der Klägerin und Herrn Q. C. vereinbarten Kreditbedingungen dem Bestätigungsschreiben nicht beigefügt waren, hindert nicht, daß sie ebenfalls Vertragsinhalt geworden sind, zumal sich der Beklagte die Kenntnis des Herrn Q. C. , dessen Auftreten als sein Vertreter er nicht widersprochen hat, zurechnen lassen muß (§ 166 BGB in entsprechender Anwendung).</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">trages im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Herrn Q. C. einen Kredit über 29.800,-- DM gewährt hat. Nach ihrem Vortrag hat sie einen entsprechenden Betrag auf Anweisung des Herrn Q. C. unter Bezugnahme auf den Kreditauftrag an die Firma R. KG überwiesen. Darlehensnehmer im Sinne von § 6o7 Abs. 1 BGB ist auch derjenige, auf dessen Weisung und in dessen Interesse die Auszahlung des Darlehensbetrages an einen Dritten erfolgt ist (BGH NJW 1977, 38 f; NJW 1978, 2294 f; Palandt-Heinrichs, BGB, 41. Aufl., Anm. 1 c zu § 6o7). Dies gilt auch für einen Kreditauftrag im Sinne von § 778 BGB. Das Darlehen ist dem Dritten gewährt, wenn der Auftragsnehmer auf dessen Anweisung die Valuta an eine andere Person überwiesen hat. Im hier zu entscheidenden Fall sahen die zwischen dem Be­klagten und Herrn Q. C. getroffenen Vereinbarungen inso­weit keine Beschränkung für die Verwendung des Kredits vor. Eine Zweckbindung ist nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Schließlich hat die Klägerin auch dargetan, daß eine noch offene Kreditforderung in Höhe von 25.000,-- DM fällig ist. Nach ihrem Vortrag hat sie den Restkredit gegenüber Herrn Q. C. vor Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen durch Schreiben vom 8.8.198o, nach der Konkurseröffnung gegenüber dem Konkursver­walter durch Schreiben vom 16.1o.1981 zur sofortigen Rückzah­lung gekündigt, und behauptet, daß die Kündigungsschreiben die­sen Personen zugegangen sind. Der sich aus der Konkurseröffnung ergebende Vermögensverfall des Herrn Q. C. rechtfertigt nach allgemeinen Grundsätzen, im übrigen aber auch nach Ziffer I Nrn. 17, 18 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, auf die sowohl das Kreditauftragsangebot als auch die Bestäti­gung der von ihr gegenüber Herrn Q. C. gegebenen Kredit­zusage durch Schreiben vom 24.1.198o Bezug nehmen, die soforti­ge Kündigung des Kredites.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Ihr Zinsbegehren hat die Klägerin ebenfalls schlüssig begründet. Nach ihrem Vortrag sind auf den Restkreditbetrag von 25.000,-- DM seit dem 1.7.198o keine Zinsen mehr bezahlt worden. Unter Be­rufung auf ihr an Herrn Q. C. gerichtetes Schreiben vom</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">7</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">5.5.198o behauptet <em>sie, </em>daß der vereinbarte Zinssatz von die­sem Zeitpunkt an bis zur Kündigung des Kredites 11 3/4 Prozent betragen habe. Mit diesem Schreiben, in dem sie Herrn Q. C. die Erhöhung des Zinssatzes auf 11 3/4 Prozent mitteilt, hat die Klägerin von ihrem in Ziffer I Nr. 14 Abs. 2 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinsichtlich der Zinshöhe geregelten Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB Gebrauch gemacht. Mindestens diese vertraglich vereinbarten Zinsen kann sie gemäß Ziffer I. Nr. 18 in Verbindung mit Nr. 14 Abs. 3 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch für die Zeit nach der durch die Kündigung herbeigeführten Beendigung der Ge­schäftsverbindung zu Herrn Q. C. verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat sämtliche zur Begründung des Anspruchs. erfor­derlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen, soweit diese Tat­sachen nicht unstreitig oder zugestanden sind; insoweit unter­liegen sie nicht der Beweisführung nach § 592 ZPO (HGZ 142,</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">306; BGHZ 62, 286; Zoller, ZPO, 12. Aufl., Anm. III 3 a zu</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">§ 592 mit weiteren Rechtssprechungs- und Literaturnachweisen).</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Echtheit der von der Klägerin überreichten Urkunden einmal unterstellt, sind alle klagebegründenden Tatsachen, soweit die­se beweisdürftig sind, urkundlich beweisbar und bewiesen. Zwar hat die Klägerin nur Ablichtungen der Urkunden vorgelegt. Da sich der Beklagte jedoch rügelos zum Inhalt der vorgelegten Ablichtungen erklärt hat, kann davon ausgegangen werden, daß die Existenz der Originale und die Übereinstimmung der Ablich‑</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">tungen mit ihnen von ihm nicht bestritten wird (Baumbach-Lauter­bach-Albers-Hartmann, ZPO, 4o. Aufl., Anm. 2 zu § 42o).</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Der Urkundenbeweis kann mdt allen Schriftstücken geführt wer­den, die Gedankenäußerungen in Schriftzeichen enthalten, gleichgültig, ob die Urkunden öffentlich, privat, unterschrie­ben oder nicht unterschrieben, gedruckt, maschinengeschrieben</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">8</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">oder handgeschrieben sind (Zoller, Anm. IV 1 b zu § 592). Dabei begründen Privaturkunden, die von den Ausstellern unterschrie­ben oder mittels beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, gemäß § 416 ZPO den vollen Beweis dafür, daß die in ihnen ent­haltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben worden</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">sind. Nicht unterschriebene Privaturkunden unterliegen insoweit der freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO (Zoller, Anm. 5</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">zu § 416).</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die Abgabe des Angebots auf Abschluß eines Kreditauftragsver­trages gegenüber der Klägerin ergibt sich aus dem von der Klä­gerin vorgelegten Schreiben vom 5.2.1980. In diesem Schreiben, das den von der Klägerin vorgetragenen Inhalt hat, wird er­klärt, daß der Klägerin vom Beklagten, vertreten durch Herrn Q. C. , der Auftrag erteilt wird, an letzteren einen Kre­dit in Höhe von 29.800,-- DM zu gewähren. Als Aussteller die­ses mit einer Unterschrift versehenen Schreibens wird Herr Q. C. bezeichnet. Die Bevollmächtigung des Herrn Q. C. zur Abgabe des Vertragsangebotes wird urkundlich belegt durch den Gesellschaftsvertrag vom 5.2.1980, den der Beklagte unstreitig unterzeichnet hat und der dort, wo die Unterschrift des Unternehmers vorgesehen ist, den Namenszug "C. " trägt. In der Gesellschaftsvertragsurkunde ist entsprechend dem Vor­trag der Klägerin unter § 11 die Ermächtigung des in dem Ver­trag als Unternehmer bezeichneten Herrn Q. C. zur Ertei­lung eines Kreditauftrages des Inhalts enthalten, daß die Klä­gerin ihm, Herrn Q. C. , einen Kredit bis zum Betrag von 29.800,-- DM zu banküblichen Zinsen gewährt. Der Zugang des Kreditauftragsangebots bei der Klägerin wird bewiesen durch ihr an den Beklagten gerichtetes Schreiben vom 7.2.1980. In ihm bestätigt die Klägerin. den Erhalt des Kreditauftrages über 29.800,-- DM. Dieses Schreiben beweist zugleich die Annahme des Angebots auf Abschluß eines Kreditauftragsvertrages, denn in ihm heißt es weiter, daß die Klägerin den Kreditauftrag an­genommen habe. Selbst wenn hierin nicht die Annahmeerklärung</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">selbst, sondern lediglich eine Mitteilung darüber liegen sollte, ist die Annahme des Angebots auf Abschluß eines Kreditauftrags‑</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">9</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">vertrages durch dieses Schreiben bewiesen, denn es genügt, wenn die Beweisurkunde zu streitigen Fragen nur Indizien enthält (Stein-Jonas, ZPO, 19./2o. Aufl., Rdnr. 15 zu § 592; Wieczorek, ZPO, 2. Aufl., Anm. C IV b zu § 592). Das Schrei­ben vom 7.2.198o, das als Ausstellerin die Klägerin bezeich­net, trägt zwei Unterschriften. Daß es ihm zugegangen ist, wird vom Beklagten nicht in Abrede gestellt, vielmehr sogar zugestanden.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Auch die Darlehensgewährung ist durch Urkunden mit hinreichen­der Gewißheit belegt, wobei zunächst weiterhin deren Echtheit unterstellt wird. Durch das mit zwei Unterschriften versehene Schreiben der Klägerin vom 24. Januar 198o ist bewiesen, daß die Klägerin Herrn Q. C. zur Zwischenfinanzierung der noch ausstehenden Einlagen der Apotheker auf die mit ihnen jeweils vertraglich vereinbarten stillen Unterbeteiligungen</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">am Gesellschaftskapital der Firma R. KG Barkredite bis zum Betrag von 25 Millionen DM zugesagt hat, wobei die Aus­zahlung der einzelnen Kredite in Höhe der jeweiligen Kredit­aufträge der Apotheker über Einzelkonten erfolgen sollte, die auf den Namen von Herrn Q. C. lauten sollten. Dement­sprechend ist die Klägerin durch ein Schreiben vom 5.2.198o, das als Aussteller Herrn Q. C. benennt und mit "C. " unterschrieben ist, angewiesen worden, Darlehen aus gleichzei­tig übersandten 16 Kreditaufträgen der Firma R. KG gutzuschreiben. Ausweislich einer Anlage zu diesem Schreiben gehört auch der Kreditauftrag des Beklagten dazu.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die den Kreditauftrag des Beklagten betreffende Darlehenssumme ist auch in. dem "Sammler für Überweisungseingänge" vom 7.2.198o, der als Aussteller die Firmenbezeichnung der Klägerin enthält, aufgeführt. Der Gesamtbetrag des Sammlers deckt sich mit dem Gesamtvolumen der 16 Kreditaufträge abzüglich eines Betrages</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">von 80.000,-- DM, Der Überweisungssammler beweist in Verbindung mit dem Auszug des Kontos Nr. 300000 der Firma R. KG vom 7.2.198o, daß der im Überweisungssammler genannte Gesamtbe­trag, der den hier streitigen Darlehensbetrag enthält, dem</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">- l0 -</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Konto der Firma C. mit Wert vom 7.2.198o anweisungsgemäß gutgeschrieben wurde. Ausweislich des Auszugs des auf den Namen Q. C. lautenden Kontos Nr. 650000 wurde unter diesem Da­tum das genannte Konto mit einem Betrag von 29.800,-- DM be­lastet. Die Verbindung zwischen dieser Belastung und der Gut­schrift auf dem Konto Nr. 300000 wird hergestellt durch einen Überweisungsträger der Kreditabteilung der Klägerin vom 7.2.198o, der zwei Unterschriften trägt. Der Überweisungsträger, der auf einen Betrag von 29.800,-- DM lautet, hat ausdrücklich zum Inhalt, daß der Auftraggeber Q. C. von. seinem Konto Hr. 65o000 auf das Konto der Firma R. KG <em>Nr. </em>300000, jeweils bei der Klägerin, gemäß Kreditauftrag vom 5.2.198o und Schreiben vom 5.2.198o einen Betrag von 29.800,-- DM überweist. In dem Überweisungsträger ist ausdrücklich auch der Name des Beklagten erwähnt.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Angesichts der eindeutigen, lückenlosen Verzahnung der Ur­kunden ist, der Beweis geführt, daß die Klägerin aufgrund des durch den Beklagten erteilten Kreditauftrages Herrn Q. C. einen Kredit gewährt hat, dessen Valuta entsprechend seiner Anweisung an die Klägerin der Firma R. KG zugeflossen sind. Zweifel daran, daß die Darlehensgewährung tatsächlich stattgefunden hat, ergeben sich nicht daraus, daß in dem das Konto 65o000 des Herrn Q. C. betreffenden Auszug vom 7.2.198o das Datum "04.o2." erwähnt ist. Zwar bleibt unklar, worauf sich dieses Datum bezieht. Angesichts der auf dem Konto­auszug vermerkten Wertstellung per 7.2.198o sowie der übrigen Urkunden ergeben sich daraus jedoch keine durchgreifenden Be­denken gegen eine Darlehensgewährung aufgrund des Kreditauf­trages des Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Kündigung des Darlehens ist durch das an den Konkursver­walter über das Vermögen des Herrn Q. C. , Rechtsanwalt Dr. T., gerichtete Schreiben der Klägerin vom 16.1o.1981 bewiesen. Die Kündigung nimmt Bezug auf die Darlehenszusage der Klägerin an Herrn Q. C. vorn 24.1.1980. Der Zugang dieses Schreibens beim Konkursverwalter wird durch einen von ihm unterschriebenen Vermerk bewiesen. Daraus, daß sich</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Rechtsanwalt Dr. T. darin als Konkursverwalter über das Vermögen des Q. C. bezeichnet, ergibt sich, daß zu die­sem Zeitpunkt über dessen Vermögen der Konkurs eröffnet war (vgl. § 110 KO). Dies macht auch die von der Klägerin über­reichte Zeitungsanzeige deutlich. Im übrigen bestreitet der Beklagte im Berufungsverfahren nicht mehr, daß über das Ver­mögen des Herrn Q. C. das Konkursverfahren eröffnet war.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Der Nachweis der anspruchsbegründenden Tatsachen für den gel­tend gemachten Zinsanspruch ist durch Vorlage des an Herrn Q. C. gerichteten Schreibens der Klägerin vom 24.1.198o, des an ihn gerichteten Schreibens der Klägerin vom 5.5.1980 sowie der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin ge­führt. Die Kreditzusage der Klägerin vom 24.1.198o, die Herr Q. C. ausweislich seines Schreibens vom 5.2.198o an­genommen hat, nimmt Bezug auf ihre Allgemeinen Geschäftsbe­dingungen. Durch das an Herrn. Q. C. gerichtete Schreiben der Klägerin vom 5.5.198o wird bewiesen, daß sie für das Kre­ditverhältnis für die Zeit spätestens ab Zugang dieses Schrei­bens den Zinssatz auf 11 3/4 Prozent gemäß dem ihr durch I Nr. 14 Abs. 2 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen einge­räumten Leistungsbestimmungsrecht festgesetzt hat. Daß dieses Schreiben Herrn Q. C. vor dem 1.7.198o, von dem an die Klägerin Zinsen begehrt, zugegangen ist, wird vom Beklagten nicht bestritten.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Es kann davon ausgegangen werden, daß alle von der Klägerin vorgelegten Urkunden echt sind, das heißt, daß sie von den­jenigen herrühren> die die Urkunden nach der Behauptung der Klägerin ausgestellt haben.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die Echtheit der Unterschriften unter dem an den Konkursver­walter gerichteten Schreiben der Klägerin vom 16.10.1981 hat sie ebenso wie die Echtheit der Unterschrift des Konkursver­walters über den Zugang des Schreibens durch notarielle Unter­schriftsbeglaubigungen vom 16.10.1981 bewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">- 12 -</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Soweit der Beklagte die Echtheit der übrigen von der Klägerin vorgelegten Urkunden bestreitet, läßt sich aufgrund einer Ge­samtwürdigung der Urkunden in ihrem Verhältnis zueinander und zum unstreitigen Sachverhalt gemäß § 286 ZPO ohne Beweiserhe­bung feststellen, daß sie von den jeweils in ihnen angegebenen Ausstellern herrühren.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Zwar ist die Urkundenechtheit, sofern sie der Gegner nicht anerkennt, grundsätzlich zu beweisen (§§ 439, 44o Abs. 1 ZPO), wobei die hierfür zulässigen Beweismittel im Urkundenverfahren einer Einschränkung unterliegen (§ 595 Abs. 2 ZPO). Indessen ist auch in der besonderen Prozeßart des Urkundenverfahrens der allgemeine Grundsatz des § 286 Abs. 1 ZPO zu beachten, wo­nach die Wahrheit eines streitigen Umstandes auch ohne Beweis­aufnahme anhand einer umfassenden Würdigung des gesamten Sach­und Streitstandes festgestellt werden kann. Dies gilt auch für die bestrittene Echtheit einer vorgelegten Urkunde. Auch inso­weit kann sich das Gericht ohne Rücksicht auf die Art des Pro‑</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">zesses von dem ihm durch § 286 ZPO zugebilligten freien Ermessen leiten lassen (RGZ 72, 291, 292; Sydow-Busch-Krantz, ZPO, 22. Aufl., Anm. 3 zu § 595; Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, Anm. 2 I zu § 44o; Wieczorek, Anm. C I b zu § 595; Zöller,</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Anm. 2 zu § 44ö; Stein-Jonas, ZPO, 2o. Aufl., Rdnr. 5 zu</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">595; Rosenberg-Schwab, Zivilprozeßrecht, 13. Aufl., § 122 III 1). Dem stehen weder der Wortlaut des § 595 Abs. 2 ZPO noch die besondere Verfahrenslage des Urkundenprozesses ent­gegen. Aus § 595 Abs. 2 ZPO wird deutlich, daß sich der Norm­bereich dieser Vorschrift in einer Beweismittelbeschränkung</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">für den Fall einer etwa erforderlichen Beweisführung erschöpft. Die Frage, oh eine Gesamtwürdigung gemäß § 286 Abs. 1 ZPO eine Beweisführung entbehrlich macht, liegt jedoch auf einer dem Normbereich des § 595 Abs. 2 ZPO vorgelagerten Ebene.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Auch der besondere Verfahrenszweck des Urkundenprozesses, der darin besteht, dem Kläger mittels Beschränkung der zulässigen Beweismittel einen beschleunigten Rechtsschutz zu gewähren, (Stein-Jonas, Rdnr. 2 vor § 592), gebietet keine Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 286 Abs. 1 ZPO). Der Urkundenpro‑</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">- 13 -</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">zeß erleidet dadurch, daß eine freie Überzeugungsbildung gemäß</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">§ 286 ZPO auch in Bezug auf die Echtheit der Urkunden zugelassen wird, keine Verzögerung. Kommt das Gericht auf diese Weise</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">zur Überzeugung von der Urkundenechtheit, werden auch weder Lücken in der Beweiskette durch bloße Wahrscheinlichkeiten ge­schlossen, noch wird dem Kläger die ihm obliegende Beweisfüh­rung abgenommen. Die Überzeugungsbildung setzt voraus, daß</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">ein sehr hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für die festzu­stellende Tatsache besteht. Ist dieser Grad erreicht, hat eine Beweiserhebung nicht mehr stattzufinden.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Im hier zu entscheidenden Fall kann unter Berücksichtigung des gesamten Streit- und Sachstandes und der einzelnen Urkunden</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">an der Echtheit der nicht anerkannten Urkunden kein Zweifel bestehen.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat sich vor dem Prozeß nicht auf die Unechtheit der Urkunden berufen. Er hat außerdem vorgetragen, daß Herr C. mit einer größeren Anzahl von Apothekern Gesellschafts­verträge mit einem Inhalt abgeschlossen hat, der demjenigen entsprach, den die Klägerin hier vorgelegt hat, und daß auf­grund dieser Gesellschaftsverträge von ihm Kreditaufträge</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">an die Klägerin erteilt wurden, deren Abwicklung wie im hier zu entscheidenden Fall erfolgte. Es ist keinerlei Anhaltspunkt dafür gegeben, daß die Unterschriften unter den entsprechenden</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Urkunden gefälscht worden sind. Dagegen, daß ein außenstehender Dritter die Unterschriften, die von Herrn Q. C. stammen sollen, gefälscht hat, spricht, daß kein nachvollziehbares Motiv für eine Fälschung ersichtlich ist. Kein anderer als Herr Q. C. oder die Klägerin konnten aus dem Auftrag einen Vorteil ziehen. Nach dem eigenen Vortrag des Beklagten war Herr Q. C. um den Abschluß und die Abwicklung von derartigen Ge­sellschaftsverträgen mit Apothekern bemüht. Er beruft sich sogar auf ein diesbezügliches Zusammenwirken zwischen Herrn. C. und der Klägerin. Wenn aber Herr Q. C. zum Abschluß und zur</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Durchführung der Verträge zur Verfügung stand und hieran dringend interessiert war, erscheint es unwahrscheinlich, daß ein Dritter oder gar die Klägerin die Unterschriften unter den Urkunden gefälscht haben, in denen Herr Q. C. als Aussteller bezeichnet ist. Ins Gewicht fällt auch, daß der Beklagte die Echtheit der Urkunden nicht mit substantiierten Einwendungen bestritten hat (vgl. RGZ 72, 292 und die hieran anknüpfenden, oben zitierten Literaturstellen).</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Auch bei den Schriftstücken, die die Klägerin als Ausstellerin bezeichnen, ist davon auszugehen, daß sie von ihr bzw. ihren Sachbearbeitern unterzeichnet worden sind. Sie stehen in völliger Übereinstimmung mit der Abwicklung der in § 11 des unstreitig nicht erst zu Prozeßzwecken gefertigten Gesell­schaftsvertrages getroffenen Regelung sowie den gesamten die Gewährung des Kredits betreffenden, vorgelegten Unterlagen. Hinzu kommt, daß das Schreiben der Klägerin vom 16.10.1981, dessen Unterschriften notariell beglaubigt worden sind, aus­drücklich auf das Schreiben vom 24.1.1980 Bezug nimmt. Auch bezüglich der zur banktechnischen Abwicklung der Darlehensge­währung vorgelegten bankinternen Urkunden ist von deren Echt­heit nach dem ersten Anschein auszugehen. Es besteht kein ver­nünftiger Zweifel daran, daß die Buchungsvorgänge in Ausfüh­rung der zwischen Herrn Q. C. und der Klägerin getroffe­nen Vereinbarungen von Sachbearbeitern der Klägerin vorgenommen worden sind. Auch hier ist zu berücksichtigen, daß nach dem eigenen Vortrag des Beklagten die Klägerin an der Abwicklung entsprechender Kreditaufträge interessiert war.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">B.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">- 15 -</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die in § 11 des Gesellschaftsvertrages getroffene Regelung nicht wegen Ver­stoßes gegen § 3 AGBG nichtig, wonach Bestimmungen in Allge­meinen Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil werden, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Er­scheinungsbild des Vertrages so ungewöhnlich sind, daß der Vertragspartner mit ihnen nicht zu rechnen brauchte. Gemäß</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">§ 23 Abs. 1 AGBG findet dieses Gesetz keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts. Nach herr­schender Auffassung gilt dies auch für Verträge, die - wie im hier zu entscheidenden Fall - die Gründung einer stillen</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Gesellschaft betreffen (Schlosser-Coester-Waltjen-Graba, AGBG, Rdnr. 5 zu § 23; Löwe-Graf-v.Westphalen-Trinkner, AGBG,</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Rdnr. 5 zu § 23; MünchKomm., Rdnr. 5 zu § 23 AGBG; Palandt, Anm. 2 a cc zu § 23 AGBG). Auch eine Inhaltskontrolle gemäß § 242 BGB, die auch bei Unanwendbarkeit des AGBG offensteht,</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">führt nicht zur Nichtigkeit des § 11 des Gesellschaftsvertrages, da diese Klausel weder eine unangemessene wirtschaftliche Be­nachteiligung des Beklagten noch sonst eine unzumutbare Be­einträchtigung erkennen läßt.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Die Behauptung des Beklagten, er habe den Gesellschaftsver­trag ohne Kenntnisnahme von der in § 11 getroffenen Rege­lung unterschrieben, die im übrigen hinsichtlich des Kredit­betrages nicht ausgefüllt gewesen, vielmehr nachträglich er­gänzt worden sei, ändert nichts daran, daß von einer wirk­samen Vollmachtserteilung auszugehen ist.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Sollte § 11 des Gesellschaftsvertrages bei der Vertragsunter­zeichnung durch den Beklagten unvollständig ausgefüllt ge­wesen sein, so muß sich dieser den dadurch erzeugten Rechts­schein einer Bevollmächtigung des Herrn Q. C. entspre­chend der vollständig ausgefüllten Klausel nach § 172 Abs. 2 BGB in entsprechender Anwendung gegen sich gelten lassen. Er müßte sich so behandeln lassen, als ob die - wenn auch abrede-widrige bzw. mißbräuchliche - Ausfüllung von ihm oder einem</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">- 16 -</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">dazu Ermächtigten herrührt (BGHZ 4o, 68; 4o, 304; MünchKomm. Rdnr. 22 zu § 172). Daß die Klägerin selbst die Vervollständi­gung vorgenommen hat, kann der hierfür darlegungspflichtige Beklagte - wie er selbst einräumt - nicht behaupten, ge­schweige denn mit den zulässigen Beweismitteln beweisen.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat auch nicht mit zulässigen Beweismitteln be­wiesen, daß die Klägerin von einer etwaigen abredewidrigen bzw. mißbräuchlichen Vervollständigung der Urkunde durch Herrn Q. C. Kenntnis hatte.</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Im Urkundenprozeß kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Beklagte den Gesellschaftsvertrag bzw. den Kreditauftrag wirk­sam angefochten oder gekündigt hat.</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat den von der Klägerin bestrittenen Sachver­halt, den er zur Begründung der von ihm behaupteten arg­listigen Täuschung (§ 123 BGB) über das mit dem Abschluß die­ser Verträge für ihn verbundene Risiko vorgetragen hat, nicht durch im Urkundenprozeß zulässige Beweismittel zu Beweis ge­stellt.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Sollte der Beklagte seine Unterschrift unter den Gesellschafts­vertrag gesetzt haben, ohne zuvor die in § 11 getroffenen Re­gelung gelesen zu haben, würde er hierauf mit Erfolg keine An-fechturig wegen Inhaltsirrtums (c 119 BGB) stützen können. Nach seinem eigenen Vortrag hat er diese Regelung gar nicht wahrge­nommene sich darüber keine, insbesondere keine unrichtigen Vorstellungen gemacht. Im übrigen kann sich der Beklagte wegen der durch seine Unterschrift gesetzten Rechtsscheinwirkungen gegenüber der Klägerin nicht auf eine etwaige Unwirksamkeit</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">der in § 11 des Gesellschaftsvertrages enthaltenen Bevollmäch­tigung des Herrn C. berufen (vgl. oben B b).</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Die nachträgliche fristlose Kündigung des Gesellschaftsver­trages läßt den der Klägerin erteilten Kreditauftrag unbe­rührt. Soweit die Anfechtungs- bzw. Kündigungserklärung des</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">- 17 -</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Beklagten als Widerruf des Kreditauftrages angesehen werden kann, hat dieser keine Wirkung, weil er erst nach der Darlehens­gewährung erklärt worden ist (Palandt, Anm. 1 c zu § 778).</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Dem Beklagten steht auch nicht die Einrede der Vorausklage gemäß § 773 Ziff. 3 BGB zu. Sollte das Konkursverfahren ent­sprechend der Behauptung des Beklagten im Berufungsverfahren inzwischen beendet worden sein, würde die Einrede der Voraus­klage nicht ohne weiteres wieder aufleben (BGB-RGRK, 12. Aufl., Rdnr. 4 zu § 773; Erman-Seiler, 6. Aufl., Rdnr. 4 zu § 773; Sörgel-Schmidt, 10. Aufl., Rdnr. 3 zu § 773). Der Konkurs</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">führt in der Regel zu einem anhaltenden Vermögensfall des Ge­meinschuldners. Der Beklagte hat nicht dargetan, geschweige den bewiesen, daß Herr Q. C. nach Konkursbeendigung wieder zu Vermögen gekommen ist. Daß die Firma R. Handels-GmbH oder eine Auffanggesellschaft zwischenzeitlich wieder als Liquidationsunternehmen tätig ist, gibt hierfür nichts her.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Im übrigen ist die Einrede der Vorausklage auch gemäß</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">§ 349 HGB ausgeschlossen. Beide Parteien sind Kaufleute. Der Kreditauftrag stellt sich für jede von ihnen als Handelsge­schäft (§§ 343, 344 HGB) dar. Das kann für die Klägerin als Kreditinstitut nicht zweifelhaft sein, gilt aber auch für den Beklagten. Dafür spricht bereits die Vermutung des § 344 HGB. Im übrigen steht der Gesellschaftsvertrag, der die Grundlage für den Kreditauftrag bildet, in einem engen Zusammenhang</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">mit dem Arzneihandel des Beklagten. Die Anwendbarkeit des</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">§ 349 HGB ist nicht gemäß § 351 HGB ausgeschlossen. Der Be‑</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">klagte hat nicht vorgetragen oder gar bewiesen, daß er zu den in § 4 HGB bezeichneten Gewerbetreibenden gehört. Insoweit obliegt ihm die Darlegungs- und Beweislast (Staub-Brüggemann, HGB, 3. Aufl., Anm. 1 zu              351; Schlegelberger, HGB, 5. Aufl.,Rdnr. 4 zu § 351; Baumbach-Duden, HGB, 24. Aufl., Anm. zu</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">§ 351)</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">- 18-</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">e)</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Soweit der Beklagte Gegenrechte daraus herleitet, daß die Klägerin den Kreditauftrag in Kenntnis einer hohen Verschul­dung der C. -Firmengruppe angenommen und ein entsprechendes Darlehen gewährt habe, ist davon auszugehen, daß er sie erst im Nachverfahren geltend machen will, da er sich hierfür in einzelne gehende Ausführungen vorbehalten, im übrigen auch keine im Urkundenverfahren zulässigen Beweismittel angeboten hat.</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">C.</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 599 Abs. 1 ZPO ist dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorzubehalten.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">In entsprechender Anwendung des § 538 Nr. 4 ZPO ist die Sache zur Durchführung des Nachverfahrene an das Landgericht - Kammer für Handeissachen ® zurückzuverweisen, um für den Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">die sachlich nicht gerechtfertigte Folge des Verlustes einer Tatsacheninstanz zu vermeiden (vgl. hierzu OLG München OLGZ 66, 36; Stein-Jonas, Rdnr. 26 zu § 538; Zoller, Anm. VI 4 zu § 538).</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">D.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf IH. 91, 7o8 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Der Streitwert für das Berufungsverfahren und die sich aus diesem Urteil für den Beklagten ergebende Beschwer betragen 25.000,-- DM.</p>
|
315,790 | olgk-1982-09-21-4-uf-25482 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 UF 254/82 | "1982-09-21T00:00:00" | "2019-03-13T15:13:59" | "2019-03-27T09:42:12" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1982:0921.4UF254.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>G r ü n d e :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien, die seit 1968 miteinander verheiratet sind, leben seit dem 21.03.1982 voneinander getrennt. Der Antragsgegner hat die Ehewohnung verlassen und eine neue Wohnung mit Frau I. T. bezogen, die ihrerseits von ihrem Ehemann getrennt lebt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die gemeinsamen Kinder der Parteien, D. N. (geb. 06.04.74) und J-S. K. (geb. 01.04.76), sind in der Ehewohnung, einem Einfamilienhaus, mit der Antragstellerin verblieben.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner beabsichtigt nach seiner Erklärung die Einreichung eines Scheidungsantrags nach Ablauf der Trennungsfrist. Ferner beabsichtigt er nach seiner Erklärung, später – nach beiderseitiger Scheidung von den jetzigen Ehepartnern – Frau I. T. zu heiraten. Die Antragstellerin erklärt, einem Scheidungsantrag widersprechen zu wollen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nachdem ursprünglich beide Parteien für die Zeit des Getrenntlebens eine Sorgerechtsübertragung auf sich beantragt hatten, hat der Antragsgegner nach Anhörung der Kinder im Termin des Familiengerichts vom 21.07.1982 diesen Antrag nicht aufrechterhalten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Nach Durchführung eingehender Ermittlungen (Einholung mehrerer Jugendamtsberichte über die jeweiligen häuslichen Verhältnisse, Anhörung der Kinder und der Beteiligten, Durchführung eines Hausbesuches in der früheren Ehewohnung und Anhörung der Kinder dort) hat das Familiengericht am 04.08.82 die elterliche Sorge für die Zeit des Getrenntlebens der Antragstellerin übertragen und gleichzeitig das Umgangsrecht für den Antragsgegner geregelt. Dabei hat es ausdrücklich angeordnet, daß der Antragsgegner mit den Kindern alle 14 Tage sonntags von 10.00 – 18.00 Uhr zusammen sein dürfe, "zunächst <u>aber ohne Anwesenheit seiner jetzigen Partnerin</u>". Eine Entscheidung über den Zeitpunkt des Wegfalls der Beschränkung des Umgangsrechtes hat es sich vorbehalten. In den Entscheidungsgründen ist dafür eine Zeitspanne "etwa bis November 1982" genannt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Kosten des Verfahrens hat es dem Antragsgegner auferlegt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Familiengericht ausgeführt, daß es das Wohl der Kinder derzeit gebiete, sie nicht mit der jetzigen Partnerin des Vaters zusammentreffen zu lassen. Angesichts der für die Kinder plötzlichen und nicht voll erfaßbaren Entwicklung der Ehe seien derzeit weitere Belastungen der Kinder durch Konfrontation mit der neuen Partnerin des Vaters gegen den Willen der Mutter zu vermeiden.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Gegen diese Beschränkung des Umgangsrechtes richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, der beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><ol class="absatzLinks"><li>Den angefochtenen Beschluß insoweit aufzuheben, als dem Antragsgegner nach Ziff II. ein Umgangsrecht nur mit der Maßgabe bewilligt wird, daß die Besuche nicht in Anwesenheit seiner jetzigen Partnerin durchgeführt erden,</li>
<li>Die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten, beiden Parteien (zu gleichen Teilen) aufzuerlegen.</li></ol>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung führt er aus: Eine Einschränkung des Umgangsrechts durch Ausschluß dritter Personen könne nur dann zum Wohl der Kinder erfolgen, wenn Tatsachen in dieser Person oder in ihrem Verhalten einen solchen Ausschluß gebieten. Dafür gebe es hier keinerlei Anhaltspunkte. Die Erkenntnis der Trennungsfolgen könnte den Kinder nicht erspart bleiben (OLG Hamm FamRZ 82, 94). Es sei (auch) Aufgabe der Antragstellerin, den Kindern diese Realitätserkenntnis zu vermitteln. Sie sei aber im Gegenteil bestrebt, den gegenwärtigen Zustand als mißbilligenswert darzustellen und die Existenz der neuen Lebensgefährtin möglichst zu verdrängen. Diese Haltung habe schon dazu geführt, daß die Kinder die neue Lebensgefährtin ablehnten. Wenn "die neue Lebensgefährtin zur Strafe für ihre Existenz keinen Kontakt zu den Kindern aufnehmen dürfe, würden die Beziehungen (der Kinder) zum Vater auf Dauer Schäden erleiden". Völlig unzumutbar sei es, daß der Vater infolge der Einschränkung des Besuchsrechts gezwungen sei, "aus seiner geräumigen neuen Wohnung mit den Kindern über Land zu ziehen und seine Kontakte bei auswärtigem Essen und auf Spielplätzen zu pflegen". Nach der Rechtsprechung (BGH Z 51, 224) ließen sich aber menschliche Beziehungen am unbefangensten im familiären Raum pflegen und das sei nun einmal die Wohnung des Antragsgegners und seiner Lebensgefährtin. Ein zuwarten bis November 1982 werde an den Trennungsfolgen nicht das geringste ändern, es werde aber die Chancen verringern, "daß die Kindern einigermaßen vorbehaltslos der Lebensgefährtin und damit auch dem neuen Lebensbereich des Antragsgegners gegenübertreten."</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdegegnerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Beschwerde zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die zulässige und rechtzeitig eingelegte und begründete Beschwerde (§ 621 e ZPO) ist in der Sache in vollem Umfang unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die vom Familiengericht verfügte Einschränkung des Umgangsrechtes (§ 1634 BGB) war geboten, da sie zum Wohl der Kinder erforderlich ist. Zwar ist das Umgangsrecht des nicht sorgeberechtigten Elternteils ein selbständiges Recht, so daß die Ausübung grundsätzlich nicht an Bestimmungen des sorgeberechtigten Elternteils gebunden ist (BGHZ 51, 219 ff.). Dem steht aber nicht entgegen, daß das Wohl der Kinder sachgemäße Anordnungen über Ort, Zeit und Art des Umfangs erfordern kann (BGH NJW 1980, 454). Dabei ist es möglich, daß es zum Wohl der Kinder erforderlich ist, bestimmte berechtigte Wünsche des sorgeberechtigten Elternteils hinsichtlich der Ausgestaltung des Umgangsrechts zu berücksichtigen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Hier ist es ein berechtigtes und zum Wohl der Kinder bei der Umgangsregelung zu berücksichtigendes Anliegen der Mutter, die Kinder jedenfalls vorerst nicht mit der neuen Partnerin des Vaters zusammenzubringen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist dabei zunächst, daß dem Wohl der Kinder in erster Linie die Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft der Eltern dient und sie soweit wie möglich aus dem Streit der Eltern herausgehalten werden sollen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Gesetzgeber sieht das Recht auf Fortbestand und Ungestörtheit der ehelichen Lebensgemeinschaft als eine gegenüber Dritten rechtlich geschützte Sphäre an (vgl. BGHZ 57, 229 (231)). Er hat weiter mit der Schaffung der Jahresfrist des § 1565 Abs. 2 BGB zum Ausdruck gebracht, daß sich beide Ehegatten genügend Zeit nehmen müssen, um die Folgen ihrer Trennung – auch im Verhältnis zu den Kindern – zu überdenken (vgl. Soergel-Roth-Stielow, 11. Aufl., § 1565, Anm. 323 m.w.N.). Der Gesetzgeber setzt damit auch einen zeitlichen Rahmen, der in erster Linie die vorschnelle Schaffung neuer Tatsachen verhindern und Raum für eine Wiederannäherung der Ehegatten schaffen soll.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Es ist daher in gar keiner Weise Sache der verlassenen sorgeberechtigten Mutter, dafür zu sorgen, daß die Kinder eine positive Einstellung zur neuen Lebensgefährtin des Vaters gewinnen, sondern im Gegenteil ihr gutes Recht, alles zu tun, was zur Wiederherstellung der bestehenden Ehe dienen kann. Demgemäß ist es ein berechtigtes und dem Wohl der Kindern dienendes Anliegen, nichts zu tun oder zu dulden, was der Festigung der neuen Partnerschaft und damit der Zerrüttung der Ehe dient. Daß das Bemühen, ein endgültiges Scheitern der Ehe zu verhindern, aber auf eine Widerherstellung einer ehelichen Lebensgemeinschaft hinzuwirken in besonderem Maße dem Wohl der Kinder dient, bedarf keiner näheren Begründung. Die vom Vater zur Rechtfertigung seines Beschwerdevorbringens auch angestellte Erwägung, "der frühere Familienverband ist aufgehoben und <u>beide</u> Eltern haben nunmehr die Freiheit gewonnen …, sich einem anderen Partner zuzuwenden beruht offensichtlich auf einer tiefgreifenden Verletzung des Wesens der Ehe auch nach neuem Familienrecht. Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen" und die Ehegatten sind "einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet": § 1353 Absatz 1 BGB. Demnach ändert die tatsächliche Auflösung des Familienverbandes bis zur Rechtskraft der Scheidung nichts an den Pflichten (Ausnahme § 1353 Absatz 2 BGB) und Bindungen der aus der Ehe folgen. Von einer "Freiheit", sich einem anderen Partner zuzuwenden, kann im Rechtssinne also schlechthin nicht die Rede sein. Daß die tatsächliche Möglichkeit besteht, unter Mißachtung ehelicher Pflichten sich anderen Partnern zuzuwenden, ist selbstverständlich, jedoch keine von Recht geschützte Freiheit und schon gar kein Ereignis, das bei Betrachtung des Wohls der Kinder eine sozusagen wertfreie Beachtung finden darf.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Solange eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft noch in Betracht kommt – innerhalb der Jahresfrist des § 1565 Abs. 2 BGB ist das zu vermuten – kann auch keine Rede davon sein, daß es dem Wohl der Kinder diene, mit der Realität der Trennungsfolgen vertraut gemacht zu werden.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung des OLG Hamm (FamRZ 1982, 93 f.), auf die der Beschwerdeführer sich beruft, bezieht sich auf die Regelung des Umgangsrechtes <u>nach</u> rechtskräftiger Scheidung. Es ist verfehlt, ja völlig abwegig, aus der Entscheidung zu schließen, die Erwägungen des OLG Hamm müssten auch für die Zeit vor der Scheidung oder gar für die Zeit vor Einreichung des Scheidungsantrags gelten. Der Leitsatz der Entscheidung mag insoweit mißverständlich sein, aus der Entscheidung geht aber mit unmißverständlicher Klarheit hervor, daß es um die Regelung des Umgangsrechts <u>nach</u> der Scheidung geht. Wenn das OLG Hamm – überzeugend – ausführt, daß den Kindern die Erkenntnis der Scheidungsfolgen nicht erspart werden könne und die <u>nach</u> der Scheidung beiderseits gewonnenen Freiheit, sich anderen Partnern zuzuwenden, respektiert werden müsse, so liegt auf der Hand, daß das alles vor Ablauf des Trennungsjahres und Einreichung des Scheidungsantrags nicht gilt. Um Gegenteil soll nach dem Willen des Gesetzgebers die "neue Realität" nicht vorschnell gefestigt und die bisherige Ehe aufgegeben werden.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Es kann dann auch nicht dem Wohl der Kinder im Alter von 8 und 6 Jahren dienen, wenn sie sich gegen den ausdrücklichen Willen der Mutter mit der neuen Partnerin des Vaters befassen müssen. Die daraus folgende seelische Belastung der Mutter wirkt sich zwangsläufig auch auf die Kinder aus. Und anders als nach der Scheidung oder sonst feststehender Zerrüttung der Ehe nach Einreichung des Scheidungsantrags ist es der Mutter keineswegs zumutbar, ihre und der Kinder Interessen hinter die Interessen des Vaters zurückzustellen. Es ist auch nicht zu verkennen, daß bei Kindern im Alter von 6 und 8 Jahren schon das Zusammentreffen mit der neuen Partnerin als solches zu seelischen Konflikten und Belastungen führt. Sie sind noch nicht in der Lage, sich eine eigene Meinung zu bilden. Die ihrem Wunsch, Vater und Mutter gleichermaßen nicht zu verletzen, können sie in ihrem Verhalten zur neuen Partnerin des Vaters in einen seelischen Zwiespalt geraten, da der Vater erwartet, daß die Kinder der neuen Partnerin freundlich und aufgeschlossen gegenübertreten, was die Kinder angesichts der Haltung der Mutter als "Verrat" an ihr empfinden müssen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Soweit in der Literatur (vgl. Weber, FamRZ 1973, 286 aber auch einschränkend) die Auffassung vertreten wird, der Ausschluß Dritter beim Umgangsrecht komme nur in Betracht, wenn Tatsachen in dieser Person oder in ihrem Verhalten einen Ausschluß gebieten, kann dem für Sachlagen der geschilderten Art nicht gefolgt werden. Hier kann schon die Belastung, die die objektive Situation des Zusammentreffend mit dem neuen Partner mit sich bringt, die Einschränkung des Umgangsrechts rechtfertigen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Zu berücksichtigen ist dabei allerdings das Alter der Kinder (vgl. KG FamRZ 1978, 729, OLG Düsseldorf, FamRZ 1979, 858), die Dauer der Trennung und das Verhalten des sorgeberechtigten Ehepartners. Nimmt er seinerseits Beziehungen zu einem anderen Partner auf, ist die Sachlage anders zu beurteilen, da sich dann in der Regel nicht die geschilderte Konfliktsituation für die Kinder ergibt. Dafür, daß auch die Antragstellerin Beziehungen zu einem anderen Mann aufgenommen hätte, ist aber nichts substantiiertes vorgetragen und es bestehen auch keine sonstigen Anhaltspunkte dafür.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die vom Familiengericht verfügte Einschränkung des Umgangsrechts beschneidet das Recht des Vaters auch keineswegs unzumutbar. Die neue Partnerin des Vaters kann sich während der Besuche der Kindern an einem anderen Ort aufhalten. Es ist dem Vater zumutbar, entsprechend auf sie einzuwirken. Von einer Notwendigkeit, das Umgangsrecht "im Umherziehen auszuüben", kann folglich ernsthaft keine Rede sein.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Auch die Kostenentscheidung des Familiengerichts ist zutreffend. Es kann dahinstehen, ob die Antragstellerin Vermögenseinkünfte hat. Die Billigkeit nach § 13 a FGG folgt schon daraus, daß der Vater Anlaß für das Verfahren gegeben hat. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren dem Beschwerdeführer gemäß § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG aufzuerlegen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><u>Beschwerdewert:</u> 5.000,-- DM.</p>
|
315,791 | olgk-1982-09-14-4-wf-17382 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 WF 173/82 | "1982-09-14T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:00" | "2019-03-27T09:42:12" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1982:0914.4WF173.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses wird der Klägerin Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlungen für die I.Instanz unter Beiordnung von Rechtsanwalt T., C., bewilligt.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die am 4.November 1943 geschlossene Ehe der Parteien, die im gesetzlichen Güterstand lebten, wurde durch Urteil des Landgerichts Bonn vom 23.November 1976 geschieden (9 R 92/76).</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Bereits im Jahr 1950 hatte der Beklagte das im Grundbuch von C.-Q. (Bd.67, Bl.1446) eingetragene Hausgrundstück U. 100 a gekauft. Zum Notartermin war nur der Beklagte erschienen, der in der notariellen Kaufvertragsurkunde als "K. D., Ehemann von B. D."</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">bezeichnet ist.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Am 12.09.1951 wurde der Beklagte als Alleineigentümer im Grundbuch eingetragen. Im Gegensatz zu dieser tatsächlichen Rechtslage gingen die Parteien in der Folgezeit aber immer (ohne Zweifel) davon aus, daß sie Miteigentümer zu je 1/2 seien. So trug der Beklagte in der Erwiderung auf die Scheidungsklage vor: "Es trifft auch zu, daß die Parteien zu je 1/2 Eigentümer des Hauses C., U.loo a, sind . .. " .</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Nach Beendigung des Scheidungsverfahrens kam es 1977 zu einem Unterhaltsrechtsstreit (24 F 108/77 AG Bonn), der am 11.10.1977 durch Prozeßvergleich beendet wurde. In diesem Vergleich ist unter Ziff.2) - 5) ausführlich Verwaltung, Nutzung und Ausbau</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">des "gemeinsamen" Hausanwesens geregelt und in der Folgezeit wurden die anteiligen Hauseinkünfte monatlich an die Klägerin ausgezahlt. Unter dem 28.03.1978 fertigten die Parteien ein von beiden Parteien eigenhändig unterschriebenes handschriftliches</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Testament, in dem es u.a. heißt: "Wir verfügen im Todesfall folgendes, daß der gemeinsame Besitz aus dem Hause und das Haus U. Nr.100 a jeweils an den Überlebenden</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">übergeht ... " Die sechs gemeinschaftlichen Kinder der Parteien waren sodann als Nacherben eingesetzt. Bis Ende 1981 zahlte der Beklagte regelmäßig den hälftigen Anteil an den Mieteinnahmen an die Klägerin aus.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Im Herbst 1981 erbat der Sohn der Parteien L. D. Finanzierungshilfe für den Kauf eines Hauses. Der Beklagte wollte eine entsprechende Grundschuld bestellen und bat die Klägerin um ihre Mitwirkung. Als die Parteien sich gemeinsam im Notariat einfanden, erfuhren sie zu ihrer Überraschung, daß nur der Beklagte als Alleineigentümer im Grundbuch eingetragen war. Anschließend ist das Grundstück vom Beklagten mit Grundschulden in Höhe von insgesamt 200.000,-- DM belastet worden. Die Klägerin</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">begehrt nunmehr Prozeßkostenhilfe für eine Zugewinnausgleichsklage; der Beklagte beruft sich auf Verjährung der Ansprüche. Er hält die Berufung auf die Verjährung nicht für rechtsmißbräuchlich, da es Sache der im Scheidungsverfahren anwaltlich vertretenen Klägerin gewesen sei, sich über die tatsächlichen Rechtsverhältnisse Gewißheit zu verschaffen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat den Prozeßkostenhilfeantrag der Klägerin mangels Erfolgsaussicht zurückgewiesen, da die Klage infolge der erhobenen Verjährungseinrede keine Aussicht auf Erfolg habe. Wegen der Einzelheiten der ausführlichen Begründung wird auf den</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">angefochtenen Beschluß Bezug genommen. Im Kern geht die Begründung dahin, daß der Arglisteinwand gegenüber der Erhebung der Verjährungseinrede voraussetze, daß der Verpflichtete Einfluß auf die Bildung falscher Vorstellungen beim Berechtigten genommen habe. Bei schlichtem beiderseitigem Irrtum könne dagegen die rechtlich ermöglichte Verjährungseinrede nicht mit Billigkeitserwägungen ausgeschlossen werden.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die zulässige (§ 127 Abs.2 S.2 ZPO) Beschwerde hat Erfolg, da nach Auffassung des Senats die Erfolgsaussicht der Klage nicht verneint werden kann und die Bedürftigkeit der Klägerin nach den vorliegenden Unterlagen - ein Prozeßkostenvorschußanspruch besteht nach der Rechtsprechung des Senats zwischen geschiedenen Ehegatten nicht - bejaht werden muß.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Angesichts der gemäß § 1378 Abs.4 BGB unzweifelhaft eingetretenen Verjährung der Ausgleichsforderung ist die einzige Frage, ob der Berufung auf die Verjährung der Gegeneinwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegensteht. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">In Rechtsprechung und Literatur wird dazu einhellig die Auffassung vertreten, daß unzulässige Rechtsausübung dann zu bejahren ist, wenn der Verpflichtete den Berechtigten durch ein Verhalten von der rechtzeitigen Klageerhebung abgehalten hat, das dem Berechtigten nach verständigem Ermessen ausreichenden Anlaß bot, die Klageerhebung aufzuschieben (vgl.BGHZ 9, 1 (5); BGHVersR 1977, 617 (619); BGHZ 71, 86 (96); Soergel-Augustin, 11.Aufl., § 222 Anm.6; Erman-Hefermehl, 7.Aufl., § 222, Anm.11;</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Erman-Sirp, 7.Aufl., § 242, A 156; Palandt-Heinrichs, 41.Aufl., vor § 194, Anm.3 a). Allgemein anerkannt ist aber auch, daß der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung auch dann durchgreifen kann, wenn der Verpflichtete den Berechtigten nur <u>unabsichtlich</u> an der rechtzeitigen Verjährungsunterbrechung gehindert hat (BGB VersR 1977, 617 (619); MK - von Feldmann, § 194, Anm. 10; Enneccerus-Nipperdey, Allg.Teil BGB, 2.Halbband, S.1431 m.w.N.). Es kommt nämlich nicht darauf an, ob das Verhalten des Verpflichteten, das zum Zuwarten des Berechtigten geführt hat, arglistig war, sondern darauf, ob seine jetzige Berufung auf den Ablauf der Verjährungsfrist angesichts seines</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">damaligen objektiven Verhaltens als Verstoß gegen Treu und Glauben anzusehen ist (vgl. RGRK, 12.Aufl., § 222, Anm. 11). Maßgebend dabei ist aber, daß die Untätigkeit des Berechtigten gerade auf das Verhalten des Schuldners zurückzuführen ist (BAG NJW 1967, 174).</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Den in Rechtsprechung und Literatur behandelten Fällen liegen dabei zumeist Sachverhalte zugrunde, in denen das Verhalten des Verpflichteten dazu geführt hat, daß der Berechtigte im Irrtum über den Zeitablauf war oder sonst davon ausgehen könnte,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">der Verpflichtete werde sich auf Zeitablauf nicht berufen. Hier handelt es sich dagegen um einen Fall, in dem aufgrund eines beiderseitigen Irrtums über den Anspruch selbst die rechtzeitige Geltendmachung versäumt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Bejahung einer unzulässigen Rechtsausübung könnte dabei zunächst entgegenstehen, daß es hier an einem Verhalten des Schuldners, das zur Untätigkeit des Gläubigers geführt hat, fehlt und der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nicht auf ein nur passives Verhalten des Schuldners gegründet werden kann (vgl.Staudinger-Weber, 11.Aufl., § 242, Anm.D 489 m.w.N.), sondern der Schuldner irgendetwas tun muß, was nach der Lebenserfahrung auf den Gläubiger einwirkt mit dem Ergebnis, daß er von</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">der Klage Abstand nimmt. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Dem ist an sich zuzustimmen, weil der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung ein widersprüchliches Verhalten (venire contra factum proprium) verlangt, an dem es bei bloßer Passivität fehlt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Im Streitfall ist aber in Betracht zu ziehen, daß der Beklagte während des Scheidungsrechtsstreits, im Unterhaltsrechtsstreit und auch in der gesamten Folgezeit hinsichtlich</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">der Ansprüche der Klägerin nicht bloß passiv geblieben ist, sondern diese mehrfach ausdrücklich anerkannt hat und die Klägerin auch finanziell so gestellt hat als sei sie Miteigentümerin des Grundstücks. Der Beklagte war es auch, der beim Notar war, um den Kaufvertrag seinerzeit zu beurkunden und er muß derjenige gewesen sein, der nach Vollzug des Kaufs die Grundbuchnachricht erhielt, daß nur er als Eigentümer eingetragen war. Und er - schließlich - muß es gewesen sein, der der ihm vertrauenden Klägerin, wenn auch unabsichtlich, die falsche Vorstellung von den Eigentumsverhältnissen vermittelt hat. Diese Handlungen haben die Klägerin objektiv davon abgehalten,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Ansprüche aus ihrem Miteigentum gerichtlich geltend zu machen. Dabei war es Ausfluß der beiderseitigen Fehlvorstellung über die Eigentumslage, daß die Klägerin ohne freiwillige Einräumung der Miteigentumsrechte durch den Beklagten diese vermeintlichen</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Rechte geltend gemacht hätte, nicht aber Ansprüche auf Zugewinnausgleich.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Dennoch hat sich das Verhalten des Beklagten mittelbar auch auf die Geltendmachung des Zugewinnausgleichsanspruchs ausgewirkt. Wäre er passiv geblieben, hätte die Klägerin bei einer auf Miteigentum gestützten Klage alsbald erfahren, daß ihr diese Rechtsposition nicht zustand mit der sich daraus ergebenden Folge, daß sie dann Zugewinnausgleichsansprüche geltend gemacht hätte.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Wegen dieser ursächlichen Verknüpfung handelt es sich auch in bezug auf den Zugewinnausgleichsanspruch nur um eine scheinbare Passivität des Beklagten. Sein Verhalten in bezug auf die vermeintlichen Miteigentumsrechte hat auch das Zuwarten der Klägerin hinsichtlich ihrer Zugewinnausgleichsansprüche entscheidend beeinflußt.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Das Erfordernis, daß die Untätigkeit des Berechtigten gerade auf das Verhalten des Schuldners zurückzuführen sein muß, ist auch bei einer derartigen mittelbaren Verursachung der Untätigkeit zu bejahen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung steht schließlich auch nicht entgegen, daß der Kläger hier nur den Irrtum über den Anspruch selbst, nicht aber einen Irrtum über die Notwendigkeit der rechtzeitigen Geltendmachung mitverursacht hat.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Vorwurf des widersprüchlichen Verhaltens trifft denjenigen, der den Irrtum über den Anspruch selbst hervorruft ebenso wie denjenigen, der (nur) den Irrtum über die Notwendigkeit alsbaldiger Geltendmachung hervorruft. Das gilt jedenfalls dann, wenn, wie hier, die Irrtumserregung unmittelbar die Versäumung der rechtzeitigen Geltendmachung des wirklich bestehenden Anspruchs zur Folge hatte. Entscheidend ist insoweit, daß der Entschluß, den Anspruch nicht geltend zu machen, aufgrund' eines vom Anspruchsgegner jedenfalls maßgeblich mitzuverantwortenden Irrtums nach Treu und Glauben verständlich erscheint oder gar - so liegt der Fall hier - notwendige Folge rechtlich vernünftiger Überlegung war. Die Richtigkeit dieses Ergebnisses ergibt sich auch aus dem Rechtsgedanken, den der Gesetzgeber in § 208 BGB zum Ausdruck gebracht hat. Danach wird die Verjährung unterbrochen, wenn der Verpflichtete dem Berechtigten gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">oder in anderer Weise anerkennt. Wenn der Verpflichtete – wie hier - durch derartige Handlungen das weitergehende Miteigentumsrecht laufend anerkannt hat, verstößt es gegen Treu und Glauben, wenn er sich nach Aufdeckung des Irrtums auf die Verjährung</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">des Zugewinnausgleichsanspruchs, der im Grunde nur ein Surrogat der Mitberechtigung ist, berufen will, da die Klägerin darauf vertrauen durfte, daß ihr im Ergebnis der hälftige Wert des Grundstücks, ohne weitere Rechtshandlungen vornehmen</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">zu müssen, zustünde. Daß der Beklagte das Haus inzwischen belastet hat, ändert an der rechtlichen Beurteilung nichts, da die Belastung in Kenntnis möglicher Ansprüche der Klägerin erfolgt ist. Unbeachtlich ist es auch, ob die Klägerin bei der Wahrnehmung ihrer Rechte alle Objektiv zu erwartende Sorgfalt (Prüfung des Grundbuchinhalts nach Scheidung?) beobachtet hat, da dem Beklagten selbst, dem von Beginn an bessere Erkenntnismöglichkeiten in bezug auf die Eigentumssituation am Grundstück eigneten, zumindest ein gleich gewichtiger Verstoß in der Wahrnehmung seiner eigenen Angelegenheiten zur Last fällt. Wenn zudem bedacht wird, daß dieser objektive Mangel in der</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Wahrung eigener Rechte gerade durch das eheliche Vertrauen auf damalige Darstellungen des Beklagten und das nacheheliche Vertrauen auf Rechtshandlungen des Beklagten ausgelöst worden ist, liegt es auf der Hand, daß ein solches Versagen der Klägerin</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">nach Treu und Glauben jedenfalls nicht dem Beklagten zu seinen Gunsten ausschlagen darf.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Dem Prozeßkostenhilfeantrag war daher stattzugeben; das gilt auch für die Auskunftsklage, die zur Feststellung der genauen Höhe des Zugewinnausgleichsanspruches erforderlich ist.</p>
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315,792 | olgham-1982-09-13-1-ws-30282 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
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} | 1 Ws 302/82 | "1982-09-13T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:01" | "2019-03-27T09:42:12" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1982:0913.1WS302.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Bestellung der Rechtsanwältin ... in ... zur Verteidigerin des Angeklagten wird aufgehoben. Insoweit wird der angefochtene Beschluß aufgehoben.</p>
<p>Die weitergehende Beschwerde wird verworfen.</p>
<p>Der Beschwerdeführer trägt die Kosten der Beschwerde; jedoch wird die Gebühr auf die Hälfte ermäßigt.</p>
<p>Die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers tragen dieser und die Staatskasse je zur Hälfte.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Dem in Untersuchungshaft befindlichen Beschwerdeführer wird in der Anklage vom ... vorgeworfen, sich des unerlaubten Handels mit Heroin und der räuberischen Erpressung zur Erlangung von Heroin schuldig gemacht zu haben. Nachdem sich Rechtsanwältin ... aus ... bereits im Ermittlungsverfahren mit Vollmacht vom 03. Januar 1982 als seine Verteidigerin gemeldet hatte und danach vom Amtsgericht zur Verteidigerin bestellt worden war, wurde ihre Beiordnung in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vor der Strafkammer am 25. Juni 1982 wiederholt. An der für den 02. Juli 1982 vorgesehenen Fortsetzung der Hauptverhandlung konnte sie wegen einer plötzlichen Erkrankung nicht teilnehmen. Der Fortsetzungstermin wurde deswegen aufgehoben. Mit Schriftsatz vom 08.07.1982 meldete sich Rechtsanwalt ... unter Überreichung einer Vollmacht des Beschwerdeführers vom 07.07.1982 als dessen Verteidiger. Der Beschwerdeführer selbst beantragte mit Schreiben vom 08.07.1982, ihm Rechtsanwalt ... unter Aufhebung der Bestellung von Rechtsanwältin ... als Verteidiger beizuordnen, da seine Verteidigungsansichten und diejenigen von Rechtsanwältin ... nicht mehr in Einklang zu bringen seien und eine Verteidigung durch sie deswegen nicht mehr möglich sei, weil das nötige Vertrauensverhältnis nicht mehr gegeben sei. In ihrem Schriftsatz vom 21.07.1982 bestätigte Rechtsanwältin ... daß keine gemeinsame Verteidigungslinie herzustellen sei, wobei ihr eine nähere Schilderung der divergierenden Ansichten über die Verteidigung nicht möglich sei, ohne die Schweigepflicht zu brechen und dem Beschwerdeführer Schaden zuzufügen; sie halte deswegen den Widerruf ihrer Verteidigerbestellung für zulässig, da aus der maßgeblichen Sicht des Beschwerdeführers eine Verteidigung durch sie nicht mehr möglich sei, weil das dazu erforderliche Vertrauensverhältnis nicht mehr bestehe.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Durch den angefochtenen Beschluß hat der Vorsitzende der Strafkammer den Antrag, die Verteidigerbestellung von Rechtsanwältin ... aufzuheben, mit der Begründung zurückgewiesen, der unsubstantiiert vorgetragene Hinweis auf das Fehlen eines Vertrauensverhältnisses reiche dafür nicht aus. Insbesondere sei der nicht näher begründete Hinweis, die unterschiedlichen Verteidigungsansichten seien nicht mehr in Einklang zu bringen und eine gemeinsame Verteidigungslinie sei nicht herzustellen, unbeachtlich; denn der Verteidiger sei ein auch von den Auffassungen seines Mandanten unabhängiges Organ der Rechtspflege und würde in vielen Fällen die ihm obliegenden Pflichten gröblich verletzen, wenn er sich die in aller Regel laienhaften Vorstellungen eines Beschuldigten über die Rechtslage oder die zu wählende Verteidigungsstrategie zu eigen machen würde.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit seiner dagegen gerichteten Beschwerde macht der Angeklagte geltend, der Zweck der Pflichtverteidigung sei wegen des fehlenden Vertrauensverhältnisses zu Rechtsanwältin ... nicht erfüllt und im übrigen stehe der beantragten Auswechselung der Pflichtverteidiger wegen des ausdrücklich erklärten Einverständnisses der Rechtsanwälte ... und ... nichts im Wege.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist begründet, soweit der Vorsitzende der Strafkammer die Rücknahme der Verteidigerbestellung von Rechtsanwältin ... abgelehnt hat. Die StPO regelt die Rücknahme der Bestellung nur für den Fall, daß ein anderer Verteidiger gewählt wird und dieser die Wahl annimmt (§ 143 StPO). Die Beiordnung des Pflichtverteidigers ist jedoch nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen dann aufzuheben, wenn ein wichtiger Grund dafür vorliegt (BVerfGE 39, 238, 243 = NJW 1975, 1015, 1016; Kleinknecht, StPO, 35. Aufl., Rz 22 zu § 140 und Rz 3 zu § 143). Das kann dann der Fall sein, wenn zwischen dem Verteidiger und dem Angeklagten kein Vertrauensverhältnis mehr besteht (Dünnebier in Löwe-Rosenberg, 23. Aufl., Rz 20; KK-Laufhütte, Rz 9 unter Hinweis auf BGH 2 StR 398/79 vom 07.11.1979; KMR-Müller, 7. Aufl., Rz 6, jeweils zu § 142; OLG Karlsruhe in NJW 1978, 1172 = AnwBl. 1978, 241; OLG Hamburg in MDR 1972, 799; OLG Frankfurt in NJW 1971, 1857; OLG Hamm in MDR 1967, 856). Dazu reicht allerdings der bloße Hinweis auf das Fehlen eines Vertrauensverhältnisses nicht aus (Laufhütte a.a.O. im Anschluß an BGH bei Holtz in MDR 1979, 108).</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Dagegen kann die Aufhebung der Bestellung dann angezeigt und geboten sein, wenn zwischen dem bestellten Verteidiger und dem Angeklagten eine auf bestimmte Tatsachen begründete, nicht mehr zu behebende und die sachgerechte Verteidigung dauernd hindernde Vertrauenskrise entstanden ist, die dazu führt, daß der bestellte Verteidiger oder der Angeklagte die Aufhebung der Bestellung beantragen (Laufhütte a.a.O. unter Hinweis auf BGH 2 StR 398/79 vom 07.11.1979).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Annahme einer solchen Vertrauenskrise steht hier nicht entgegen, daß der Beschwerdeführer in einem an die Zeugin ... gerichteten Schreiben vom 18.05.1982 sinngemäß zum Ausdruck gebracht haben soll, daß er von der Rechtsanwältin ... ganz gut verteidigt werde. Dieses Schreiben befindet sich, wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme unter Bezugnahme auf eine fernmündliche Auskunft des amtierenden Vorsitzenden der Strafkammer vom heutigen Tage mitteilt, bei den Sachakten, die der Strafkammer wegen des morgigen Hauptverhandlungstermins vorliegen. Wegen dieser Äußerung des Beschwerdeführers in dem bezeichneten Schreiben ist nach Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft die geltend gemachte Zerstörung des Vertrauensverhältnisses des Beschwerdeführers zur Rechtsanwältin ... lediglich als Vorwand anzusehen. Demgegenüber ist aber zu berücksichtigen, daß inzwischen die Hauptverhandlung am 25. Juni 1982 stattgefunden hat, die wegen der Erkrankung der Verteidigerin nicht abgeschlossen werden konnte und mit der deswegen morgen von neuem begonnen werden soll. Maßgebend für die Frage, ob es inzwischen zu einer nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses gekommen ist, welches sicher einmal bestanden hat, ist der gegenwärtige Stand des Verfahrens.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Insoweit liegt nicht nur eine einseitige Behauptung des Beschwerdeführers vor, daß dieses Vertrauensverhältnis nicht mehr bestehe, sondern auch die Bestätigung der Rechtsanwältin ..., daß sie das Vertrauen des Beschwerdeführers nicht mehr habe, weil ihre Vorstellung darüber, wie die Verteidigung geführt werden sollte, mit der diesbezüglichen Vorstellung des Beschwerdeführers nicht in Einklang zu bringen sei. Der dem angefochtenen Beschluß zugrundeliegenden Auffassung, daß derartige Meinungsverschiedenheiten über die Verteidigungslinie für die hier zu treffende Entscheidung grundsätzlich unbeachtlich seien, vermag der Senat in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen. Richtig ist zwar, daß der bestellte Verteidiger an Weisungen des Beschuldigten, dessen Verteidigung ihm übertragen worden ist, nicht gebunden ist, sondern die Verteidigung in eigener Verantwortung nach seinem pflichtgemäßen Ermessen in Einklang mit dem Gesetz und Standespflichten zu führen hat (BGH bei Dallinger in MDR 1967, 727; OLG Frankfurt NJW 1971, 1851; OLG Bremen in AnwBl. 1964, 288). Das besagt jedoch noch nicht, daß Meinungsverschiedenheiten über das Verteidigungskonzept schlechthin kein Anlaß für eine Auswechslung der Pflichtverteidiger sein können. Weigert sich der bestellte Verteidiger, die Verteidigung nach den Wünschen des Angeklagten zu führen, so ist dies stets Ausdruck unterschiedlicher Auffassungen über die unter den gegebenen Umständen sachgerechte Verteidigung und zugleich Ausdruck einer Vertrauenskrise, weil der Angeklagte nicht oder nicht mehr darauf vertraut, daß sein Verteidiger seine Belange in der gebotenen Weise wahrnimmt. Die dem angefochtenen Beschluß zugrundeliegende Auffassung liefe aber darauf hinaus, daß eine aus solchen Gründen im Laufe des Verfahrens eingetretene Störung des Vertrauensverhältnisses niemals ein wichtiger Grund zur Aufhebung der Beiordnung und zur Bestellung eines neuen Pflichtverteidigers sein könnte. Das entspricht nicht den bereits dargelegten und in der Rechtsprechung sowie im Schrifttum anerkannten Grundsätzen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß das Vertrauen, welches ein Angeklagter zu seinem Verteidiger nach Möglichkeit haben soll, nicht davon abhängt, ob dieser nach seinen anwaltlichen Vorstellungen über die Führung der Verteidigung die Interessen des Angeklagten objektiv am besten vertreten hat und auch weiter vertreten würde. Entscheidend ist vielmehr, ob vom Standpunkt eines vernünftigen und verständigen Beschuldigten aus das Vertrauensverhältnis zu dem bisherigen Pflichtverteidiger ernsthaft gestört ist (OLG Hamburg in MDR 1972, 799; OLG Hamm in MDR 1967, 856). Davon ist hier auszugehen, nachdem die Rechtsanwältin ... bestätigt hat, daß es zwischen ihr und dem Beschwerdeführer zu einer ernsthaften Vertrauenskrise gekommen ist. Ihren Ausführungen ist nicht nur zu entnehmen, daß zwischen ihr und dem Beschwerdeführer Meinungsverschiedenheiten über das Verteidigungskonzept entstanden sind, sondern auch, daß diese Meinungsverschiedenheiten die grundlegende Verteidigungskonzeption betreffen und der Beschwerdeführer ihr deswegen das Vertrauen, das er ihr zunächst als Anwältin seines Vertrauens gewissermaßen vorschußweise geschenkt hatte, nicht mehr entgegenbringt und aus seiner Sicht auch nicht mehr entgegenzubringen vermag. Zwar handelt es sich dabei um eine nicht durch nähere Tatsachenangaben belegte Beurteilung aus der Sicht der bisherigen Pflichtverteidigerin, deren Schweigepflicht sich auch auf die Umstände bezieht, auf denen die unterschiedlichen Auffassungen über die sachgerechte Verteidigung beruhen. Bei der gegebenen Sachlage sieht jedoch der Senat keine Veranlassung, dieser Beurteilung der Pflichtverteidigerin nicht zu folgen. Greifbare Anhaltspunkte dafür, daß der Beschwerdeführer aus sachfremden Gründen Meinungsverschiedenheiten provoziert hat, um einen sachlich nicht gebotenen Verteidigerwechsel zu erzwingen, sind nicht vorhanden und auch im angefochtenen Beschluß nicht dargelegt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Soweit der Vorsitzende der Strafkammer es ferner abgelehnt hat, Rechtsanwalt ... als neuen Pflichtverteidiger zu bestellen, war dies zwar die zwangsläufige Folge der Ablehnung des vorgreiflichen Antrags, Rechtsanwältin ... als Pflichtverteidigerin abzuberufen. Gleichwohl kann die Beschwerde mit dem Ziel der Beiordnung von Rechtsanwalt ... keinen Erfolg haben. Aus den dazu im angefochtenen Beschluß dargelegten Hilfserwägungen ergibt sich, daß Rechtsanwalt ... Verteidiger der Zeugin ... ist, die wegen fortgesetzten Erwerbs von Heroin durch ein noch nicht rechtskräftiges Urteil des Schöffengerichts ... zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, und daß im vorliegenden Verfahren der Frage nachzugehen sein wird, ob diese Zeugin möglicherweise vom Angeklagten Heroin erworben hat. Es könnte deswegen die Situation eintreten, daß Rechtsanwalt ... die Interessen des Beschwerdeführers nicht ohne Verletzung der ihm als Verteidiger der Zeugin ... dieser gegenüber bestehenden Pflicht, deren Interessen wahrzunehmen, vertreten kann.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Allein diese Möglichkeit rechtfertigt es, bei der nach § 142 Abs. 1 StPO zu treffenden Auswahl dem Begehren des Beschwerdeführers nicht zu folgen, Rechtsanwalt ... als seinen nunmehrigen Anwalt seines Vertrauens beizuordnen. Dabei kommt es nicht darauf an, wie stark der durch Vernehmung der Zeugin ... zu klärende Verdacht ist und ob die Bekundungen der Zeugin ... die zu dem Verdacht Anlaß geben, aus verfahrensrechtlichen Gründen unverwertbar sein sollen, wie Rechtsanwalt ... in der ergänzenden Beschwerdebegründung dargelegt hat. Ferner ist unerheblich, ob die Zeugin ... die in diesem Zusammenhang gegen sie erhobenen Vorwürfe bereits als unwahr bezeichnet hat. "Unsinnig" i.S.d. Ausführungen der ergänzenden Beschwerdebegründung ist es sicherlich nicht, daß beabsichtigt ist, die Frage durch eine Vernehmung der Zeugin ... vor der Strafkammer zu klären. Deswegen kann der aufgezeigte Interessenwiderstreit nicht ausgeschlossen werden, der eine Beiordnung von Rechtsanwalt ... als untunlich erscheinen läßt, obwohl es regelmäßig geboten ist, dem Beschuldigten den Anwalt seines Vertrauens als Pflichtverteidiger beizuordnen, wenn nicht besondere Gründe dagegen sprechen. Letzteres ist hier der Fall.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 4 StPO.</p>
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315,793 | sg-duisburg-1982-09-13-s-21-kr-581 | {
"id": 834,
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"slug": "sg-duisburg",
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"jurisdiction": "Sozialgerichtsbarkeit",
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} | S 21 KR 5/81 | "1982-09-13T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:04" | "2019-03-27T09:42:12" | Urteil | ECLI:DE:SGDU:1982:0913.S21KR5.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte von der Klägerin Sozialversicherungsbeiträge aufgrund einer Schätzung nachfordern darf.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist eine Firma, die im Baubereich von Januar bis September 1980 tätig war. Die Anzahl der bei der Beklagten gemeldeten Beschäftigten stieg in der Zeit von Januar bis Juli 1980 von 2 auf ca. 160. Es handelte sich dabei bis auf einige deutsche Angestellte ausschließlich um holländische Arbeitnehmer. Maschinen- oder Baugeräte mit Ausnahme einiger Kfz zur Beförderung der Arbeitnehmer, besaß die Klägerin nicht.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Berechnung der Beiträge zur Sozialversicherung für die Beschäftigten wurde vom Steuerberater der Klägerin vorgenommen. Dem Steuerberater wurden dafür Angaben über die Anschrift der Beschäftigten, den gezahlten Stundenlohn und die Zahl der gearbeiteten Stunden gemacht. Die Angaben über Stundenlohn und Zahl der gearbeiteten Stunden wurden auf Stundenzetteln gemacht, die jeweils die Angaben für einen Monat nachweisen. Auf den Stundenzetteln ist außerdem - überwiegend im Monat nur einmal - eine Baustelle eingetragen sowie häufig ein Auslösungsbetrag vermerkt. Die vorliegenden Stundenzettel sind alle mit der gleichen Handschrift ausgefüllt. Sie tragen keine Anzeichen davon, dass sie auf Baustellen ausgefüllt wurden und tragen auch keinen Vermerk, wer sie ausgefüllt hat.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Löhne der gewerblichen Arbeitnehmer wurden durchgehend bar ausgezahlt. Quittungen über die gezahlten Löhne liegen nicht vor. Von dem Konto der Firma wurden für Lohnzahlungen jeweils größere Beträge - zwischen 25 000,- und 50000,- DM - als Vorschusszahlungen abgebucht. Unterlagen darüber, wie die Vorschusszahlungen mit dem vom Steuerberater errechneten tatsächlichen Monatslöhnen verrechnet wurden, liegen nicht vor. Es liegen ebenso keinerlei Nachweise über die auf den einzelnen Baustellen ausgeführten Arbeiten vor.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beschäftigte in der ganzen Zeit einen Meister, der die Arbeiten auf sämtlichen Baustellen zu überwachen hatte. Arbeiten der Klägerin wurden auf zahlreichen Baustellen ausgeführt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte prüfte im September 1980 die vorgelegten Lohnunterlagen der Klägerin für die Zeit vom 10.01. bis 31.07.1980. Sie ging davon aus, dass die Klägerin - nicht genehmigten - Arbeitnehmerverleih betrieben habe.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Sie stellte anhand der Unterlagen einen Umsatz der Klägerin von 2 799 920,- DM fest. Von diesem Umsatz sah sie 66 2/3 % oder 1 866 613,33 DM als Lohnkosten an. Als Gesamtsozialversicherungsbeiträge setzte sie 638 381,76 DM fest. Unter Berücksichtigung bereits gezahlter Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 331 198,30 DM an die Beklagte und 22 100,88 DM an Ersatzkassen forderte sie mit Bescheid vom 17.09.1980 von der Klägerin 285 082,58 DM Gesamtsozialversicherungsbeiträge nach.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 09.10.1980 Widerspruch ein. Die Klägerin trug vor, dass sie nicht, wie von der Beklagten behauptet werde, als Verleihunternehmen tätig gewesen sei. Die Beitragsforderungen der Beklagten seien unspezifiziert und deshalb unberechtigt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.1980 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Beklagte führte zur Begründung aus, dass die Klägerin Hauptunternehmern Arbeitskräfte anbiete. Bei derartigen Unternehmen sei ein Lohneinsatz von 2/3 des Gesamtumsatzes anzunehmen. Das bei der Klägerin bestehende Missverhältnis zwischen den nachgewiesenen Löhnen und tatsächlich erzielten Umsatz sei von ihr nicht geklärt worden. Eine weitere Aufklärung sei nicht möglich gewesen, da nur der Steuerberater der Klägerin erreichbar gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Gegen den am 11.12.1980 zugestellten Bescheid hat die Klägerin am 12.01.1981 Klage erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin trägt vor, dass sie keinen Arbeitnehmerverleih betreibe wie es die Beklagte behaupte. Sie führe mit eigenen Kräften Dienst- und Werkverträge für Dritte durch. Im übrigen gebe es keinen Erfahrungssatz, dass bei Arbeitnehmerüberlassung 2/3 des Umsatzes als Lohneinsatz anzusehen sei. Die Lohnunterlagen seien von ihr ordnungsgemäß geführt worden. Eine Aufteilung der Stundenabrechnungen nach Baustellen, wie sie die Beklagte fordere, sei nicht notwendig. Die Auszahlung von Löhnen ohne Quittungen sei im Baugewerbe üblich. Dies könne der Steuerberater der Klägerin als Zeuge bestätigen. Die von ihr geführten Lohnkonten seien korrekt geführt worden. Weitere Löhne seien nicht gezahlt worden. Die Beklagte könne nicht die Vorlage von weiteren Unterlagen verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">den Bescheid der Beklagten vom 17.09.1980 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.12.1980 Aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte trägt vor, dass die Klägerin zu geringe Löhne bei den einzelnen Arbeitnehmern als gezahlte Löhne angegeben habe. Sie habe dies bei einer Befragung von einigen der holländischen Arbeitnehmern, die von der Klägerin gemeldet worden seien, erfahren. Diese hätten ihr mitgeteilt, dass sie weit höhere Löhne erhalten hätten, als die von der Klägerin der Beklagten gemeldeten Löhne. Es sei auch unüblich, Löhne ohne Quittungen auszuzahlen, wie es von der Klägerin jetzt vorgetragen werde. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen reichten nicht zum Nachweis dafür aus, dass nur Löhne in der tatsächlich angegebenen Höhe gezahlt worden seien. Die Differenz zwischen dem von der Klägerin tatsächlich erzielten Umsatz und den nachgewiesenen Löhnen sei von der Klägerin durch Vorlage von Rechnungen von Subunternehmern erklärt worden. Die - die Beklagte - habe festgestellt, dass die Klägerin zum Beispiel mit 2 Firmen Umsätze in Höhe von insgesamt über 1 000 000,- DM getätigt habe. Eine dieser Firmen hätte bei einem Umsatz von 700 000,- DM mit der Klägerin nach Meldung der zuständigen AOK in der Zeit von Januar bis Juli 1980 insgesamt nur 23 Arbeitnehmer, davon allein 11 Arbeitnehmer ausschließlich im Juli 1980 gemeldet gehabt. Die andere Firma, mit der im Juni und Juli 1980 angeblich ein Umsatz von 330 000,- DM getätigt worden sei, hätte bei der zuständigen AOK überhaupt keinen Arbeitnehmer gemeldet gehabt. Die angegebenen Umsätze hätten somit mit den genannten Firmen nicht erzielt werden können.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Als Zeugen hat das Gericht den Steuerberater der Klägerin, Herrn Q zur Frage der Erstellung durch Abrechnungen und der für die Klägerin geführten Unterlagen gehört. Wegen des Inhalts seiner Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift vom 03.06.1982 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Dem Gericht haben 12 Aktenordner mit den vom Steuerberater erstellten Lohnabrechnungen und den Stundenlohnnachweisen sowie ein Aktenordner mit dem Personalkostenkonto der Firma sowie den Meldebestätigungen der niederländischen Meldebehörden für die einzelnen Arbeitnehmer vorgelegen. Auf den Inhalt dieser Akten wird Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Von der Klägerin sind 3 Nachunternehmerverträge mit 3 verschiedenen Bauunternehmen über die Durchführung von Bauarbeiten durch die Klägerin vorgelegt worden. Auf den Inhalt dieser Verträge (Bl. 37 ff. d. Gerichtsakte) wird Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die beigezogenen Akten sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid nicht rechtswidrig beschwert, denn die Beklagte hat zu Recht Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 285 082,58 DM nacherhoben. Die Beklagte ist als Einzugsstelle nach §§ 393, 1399 RVO bzw. § 176 AFG zur Festsetzung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge - d. h. der Beiträge zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung - befugt. Die Höhe der von der Beklagten errechneten Gesamtsozialversicherungsbeiträge unter Berücksichtigung der von ihr angenommenen Lohnsummen ist rechnerisch richtig und auch von der Klägerin insoweit nicht beanstandet worden.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist auch befugt, von der Klägerin Gesamtsozialversicherungsbeiträge aufgrund einer geschätzten Gesamtlohnsumme von nachgewiesenen Umsatz zu erheben.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Zwar dürfen Beiträge zur Sozialversicherung grundsätzlich nur erhoben werden, soweit die Beitragspflicht eines einzelnen Beschäftigten nachgewiesen ist und auch die Lohnhöhe nachgewiesen ist.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Dieser Grundsatz gilt aber dann nicht, wenn vom Arbeitgeber die Aufzeichnungen über die bei ihm Beschäftigten und die gezahlten Löhne unrichtig oder unvollständig sind (vgl. BSG Urteil vom 28.04.1977 - 12 RK 25/76 - Urteilssammlung für die gesetzliche Krankenversicherung (USK) 77, 38). Das BSG hat es in der angegebenen Entscheidung für zulässig erklärt, dass dann, wenn Aufzeichnungen schuldhaft unrichtig geführt wurden, die Beiträge allein anhand der Höhe der tatsächlich gezahlten Löhne festgesetzt werden können, ohne dass in jedem einzelnen Fall die Beitragspflicht des beschäftigten Arbeitnehmers zusätzlich festgestellt werden muss. Nach Überzeugung der Kammer muss in Erweiterung dieser Rechtsprechung die Einzugsstelle nicht nur die Möglichkeit haben, unter Berücksichtigung der tatsächlich zweifelsfrei nach den Unterlagen nachgewiesenen Lohnsummen die Sozialversicherungsbeiträge bei unrichtiger Aufzeichnung der Beschäftigten zu schätzen. Die Einzugsstelle muss vielmehr auch die Möglichkeit haben, bei unvollständig und unrichtig geführten Buchern auch die Höhe der tatsächlich gezahlten sozialversicherungspflichtigen Löhne zu schätzen. Diese Befugnis der Beklagten ergibt sich daraus, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, die Aufzeichnungen für die Ermittlung der Sozialversicherungspflicht auch hinsichtlich der Lohnhöhe vollständig und richtig zu führen. Eine Beschränkung der Beklagten hinsichtlich der Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen auf die tatsächlich im Einzelfall nachgewiesenen Lohnsummen bevorteilte den Arbeitgeber, der völlig unzureichende Aufzeichnungen hat. Dieser Arbeitgeber brauchte nämlich nur die Betriebsausgaben nicht zu belegen, um somit jeden Nachweis darüber, ob und in welcher Höhe Lohnkosten entstanden sind, zu vereiteln. Die Einzugsstelle muss deshalb befugt sein, auch die Höhe der tatsächlich entstandenen Lohnkosten zu schätzen, soweit die Aufzeichnungen des Arbeitgebers über die tatsächlich entstandenen Lohnkosten unvollständig und unrichtig sind, die erzielten Umsätze mit den behaupteten Lohnkosten nicht in Übereinstimmung zu bringen sind und die Differenz zwischen den behaupteten Lohnkosten und den erzielten Umsätzen nicht durch andere Ausgaben nachgewiesen ist.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Zum einen sind die Unterlagen über die Lohnzahlungen so unvollständig, dass sich daraus nicht ergibt, ob die Löhne nur in der behaupteten Höhe tatsächlich gezahlt worden sind. Einmal sind schon die Unterlagen für die Lohnberechnung nicht ausreichend beweiskräftig. Grundlage für die Lohnberechnung durch den Steuerberater waren ausschließlich die Stundenzettel. Damit sind diese Stundenzettel die einzigen beweiskräftigen Unterlagen für die Höhe der Löhne. An der Richtigkeit dieser Stundenzettel bestehen erhebliche Zweifel, die von der Beklagten trotz der vom Gericht gegebenen Hinweise nicht ausgeräumt worden sind. Die Stundenzettel können nicht auf den einzelnen Baustellen ausgefüllt worden sein. Dies ergibt sich zum einen schon daraus, dass sie alle mit der gleichen Handschrift ausgefüllt worden sind. Zum anderen sind sie so sauber, dass es unwahrscheinlich ist, dass sie auf Baustellen ausgefüllt wurden. Darüber hinaus ist aus diesen Lohnzetteln überhaupt nicht ersichtlich, wer sie ausgefüllt hat und damit für die Richtigkeit der Ausfüllung verantwortlich ist.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Außerdem kann die Lohnzahlung nicht in der von der Klägerin behaupteten Art erfolgt sein. Von der Klägerin sind, wie sich aus den Abbuchungen vom Lohnkonto ergibt, zunächst an die Arbeitnehmer Lohnvorschüsse gezahlt worden. Es ist unverständlich, wie die Klägerin dann den endgültigen Lohn ausgezahlt hat, da nach ihrem eigenen Vorbringen keinerlei Quittungen über die Vorschusszahlungen erteilt wurden. Da die endgültige Höhe der Löhne für einen Monat erst am Anfang des nächsten Monats nach Berechnung durch das Büro des Steuerberaters feststand, musste aber jeweils zur Mitte des nächsten Monats eine endgültige Abrechnung der Löhne erfolgen. Selbst wenn man unterstellen wollte, dass es im Baugewerbe nicht üblich sei, Lohne nur gegen Quittungen zu zahlen, wäre der Klägerin bei bis zu 160 beschäftigten Arbeitnehmern eine Übersicht über die bereits gezahlten Abschlagzahlungen und die Höhe der tatsächlich zu zahlenden Löhne ohne Beleg darüber nicht möglich gewesen. Darüber hinaus ist es auch unwahrscheinlich, dass die Klägerin Löhne für 160 Beschäftigte ohne Quittung auszahlen ließ. Ein solches Verfahren mag im Baugewerbe bei kleinen Betrieben mit einer Stammbelegschaft üblich sein. In diesen Fällen kann ein Vertrauensverhältnis zwischen Geschäftsleitung und den einzelnen Arbeitnehmern bestehen, so dass die Unterzeichnung einer Quittung entbehrlich erscheint. Diese Voraussetzungen sind bei der Klägerin nicht gegeben gewesen, denn sie hat innerhalb weniger Monate ihre Beschäftigtenzahl praktisch von 0 auf 160 erhöht. Eine Vernehmung des Steuerberaters der Klägerin als sachverständigen Zeugen zur Frage, ob im Baubereich üblicherweise ohne Quittungen ausgezahlt wird, bedurfte es bei dieser Sachlage nicht. Die von der Klägerin erzielten Umsätze sind - obwohl Ausgaben für Sachaufwendungen praktisch nicht anfielen - weit höher als die behaupteten Lohnkosten.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die für die Differenz zwischen den behaupteten Löhnen und dem tatsächlich er- zielten Umsatz vorgebrachte Erklärung ist ebenfalls nicht überzeugend. Wenn man die Erklärung der Klägerin als wahr unterstellt, so hätte sie einen Umsatz mindestens in Höhe der tatsächlich gezahlten Löhne auch noch einmal mit Fremdunternehmen gehabt haben müssen. Dies bedeutet, dass auch noch einmal bis zu ca. 160 Beschäftigte für die Klägerin im Rahmen von Werkverträgen oder als Leiharbeitnehmer - wobei die Klägerin Entleiher gewesen wäre - gearbeitet haben müssten. Die Klägerin hat aber nach ihren eigenen Angaben lediglich einen Meister beschäftigt. Bei Richtigkeit der Angaben der Klägerin hätte dieser Meister nicht nur die ordnungsgemäße Erfüllung der von der Klägerin mit ihren eigenen Arbeitnehmern durchgeführten Werkverträgen überprüfen müssen, sondern auch noch die ordnungsgemäße Erfüllung von anderen Werkverträgen, an denen auch ca. 160 Beschäftigte beteiligt gewesen seien müssen. Es ist nicht erklärlich, wie ein Meister die Arbeit von ca. 300 Beschäftigten überwachen kann. Dies muss insbesondere gelten, weil die Klägerin sich angeblich zu einer Vielzahl von völlig unterschiedlichen Arbeiten im Baugewerbe verpflichtete, wie aus den vorgelegten Subunternehmerverträgen hervorgeht. Nach einem Vertrag hatte die Klägerin zum Beispiel Maurer-, Putz-, Schalungs-, Beton- und Abbrucharbeiten zu erbringen und außerdem Gerüste aufzustellen (vgl. Bl. 37 ff. d. G.-Akte). Der Umstand, dass 2 der Betriebe, mit denen die Klägerin hauptsächlich Fremdumsätze getätigt hat, selbst entweder keinerlei oder aber Arbeitnehmer in einem sehr geringen Umfang gemeldet habe, beweist nur, dass die mit diesen Firmen angeblich getätigten Umsätze nicht im Rahmen von normalen Werkverträgen getätigt worden seien können.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Dem Gericht erscheint demgegenüber die Erklärung der Beklagten für die Differenz zwischen behaupteten Löhnen und tatsächlich erzielten Umsatz überzeugend. Die Klägerin hat den Angaben der Beklagten, dass Arbeitnehmer der Klägerin der Beklagten gegenüber angegeben hätten, sie hätten weit mehr Lohn erhalten, als die Klägerin gegenüber der Beklagten angegeben hätte, nicht widersprochen. Wenn dieser Umstand zutrifft, so ist die Differenz zwischen behaupteter Höhe und tatsächlich erzielten Umsatz ohne weiteres zu erklären. Eine andere Erklärung für diese Differenzen gibt es auch nicht. Insbesondere hat die Klägerin Materialkosten nicht im nennenswerten Umfang gehabt. Dies ergibt sich auch schon aus den von ihr vorgelegten Werkverträgen. Nach diesen Werkverträgen wurden Material und Baugeräte von dem Hauptunternehmer gestellt und die Klägerin stellte lediglich die Arbeitnehmer zur Durchführung der Werkverträge. Es kann offen bleiben, ob die Klägerin überhaupt im Rahmen von Werkverträgen gearbeitet hat oder ob es sich bei den von der Klägerin durchgeführten Arbeiten nicht um Arbeitnehmerverleih gehandelt hat. In beiden Fällen ist die Klägerin jedenfalls zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen für die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Höhe der von der Beklagten aufgrund des Umsatzes geschätzten Gesamtsozialversicherungsbeiträge ist nicht zu beanstanden. Die Annahme der Beklagten, dass bei einem Betrieb, der lediglich Arbeitnehmer für die Durchführung von Bauarbeiten zur Verfügung stellt, 2/3 des Gesamtumsatzes als Lohnsumme anzusehen sei, ist richtig. Es sind keine wesentlichen Unkosten neben den Lohnkosten zu erkennen, die der Klägerin entstanden sein könnten. Der Umstand, dass keine wesentlichen Unkosten der Klägerin entstanden sind, ergibt sich auch schon daraus, dass vom Steuerberater als Unkosten neben den Lohnkosten z.B. Portokosten erwähnt worden sind. Es ist offensichtlich, dass Portokosten bei einem Gesamtumsatz von 2,7 Millionen DM kein wesentlicher Betrag sein können. Der Klägerin verbleibt bei einer Lohnquote von 66 2/3 % auch unter Berücksichtigung der von ihr zu tragenden Sozialversicherungsbeiträgen von ca. 16% ein Anteil von ca. 17% vom Umsatz für die Unkosten, die bei der Lohnabrechnung entstehen und als Gewinnanteil. Wenn berücksichtigt wird, dass die Lohnquote von 66 2/3 % sich zu einem großen Teil auf Nettolöhne beziehen muss, ist die Annahme der Beklagten sogar ausgesprochen günstig für die Klägerin. An sich müssten bei Nettolöhnen die Gesamtsozialversicherungsbeiträge und der Steueranteil hinzugerechnet werden, was theoretisch sogar einen Bruttolohn ergeben könnte, der höher als der Umsatz ist.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Eine Beiladung der von der Klägerin bei der Beklagten gemeldeten Arbeitnehmer nach § 75 Abs. 2 SGG zum Verfahren war nicht erforderlich. Die Beklagte hat nicht die Höhe der sozialversicherungspflichtigen Bezüge für einzelne Arbeitnehmer festgestellt, sondern Gesamtsozialversicherungsbeiträge nach dem Umsatz geschätzt. Diese Schätzung ist, wie das Gericht eben ausgeführt hat, zulässig. Für die Feststellung der für die einzelnen Arbeitnehmer tatsächlich zu entrichtenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge ist bei diesem Verfahren kein Anlass gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.</p>
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315,794 | lg-dusseldorf-1982-08-18-2-o-3182 | {
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"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 2 O 31/82 | "1982-08-18T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:05" | "2019-03-27T09:42:12" | Urteil | ECLI:DE:LGD:1982:0818.2O31.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 41.114,50 DM nebst 10,25 % Zinsen seit dem 1.12.1981 bis 9.3.1982 und 9,75 %Zinsen seit dem 10.3.1982 zu zahlen • </p>
<p>2. </p>
<p>Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte 2/3, die Kläge­rin 1/3. </p>
<p></p>
<p>3. </p>
<p>Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 46.400,--DM vorläufig voll­streckbar. Der Klägerin wird ferner nachgelassen, die Vollstreckung wegen der Kosten durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000,--DM abzuwenden, wenn die Beklagte nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. </p>
<p></p>
<p></p>
<p>Die Sicherheitsleistungen können auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer im Bundesgebiet ansässigen Großbank oder öffent­lich-rechtlichen Sparkasse erfol­gen. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tat b e s t a n d </p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist Eigentümerin der Bundeswasserstraße Rhein. Die Beklagte betreibt im Stadtgebiet Düssel­dorf Lande-und Ladeerrichtungen unter Benutzung dieser Bundeswasserstraße, nämlich: </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">a) ( … ) </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">b) ( … ) </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Für diese Anlagen sind der Beklagten von der Wasser­• und Schiffahrtsverwaltung des Bundes die notwendigen strom-und schiffahrtspolizeilichen Genehmigungen bis 1995, teilweise sogar bis zum Jahre 2000, er­teilt worden. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 25. November 1974 forderte die </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Klägerin die Beklagte zur Zahlung eines Entgeltes für die Inanspruchnahme des Eigentums der Klägerin im Rahmen der oben genannten Lande-und Ladeeinrich­tungen auf. Zwischen den Parteien kam es daraufhin zum Abschluß eines schriftlichen Nutzungsvertrages für die Zeit ab dem 1.7.1980. Für die Zeit ab dem 1.1.1975 bis zum 30.6.1980 lehnte die Beklagte die Zahlung eines Nutzungsentgeltes ab. Mit der Klage machte die Klägerin ursprünglich Nutzungsentgelt für diesen Zeitraum geltend: </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 8.2.1982 hat die Klägerin bean­tragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 61.694,50 DM nebst 10,25 %Zinsen seit dem 1.12.1981 zu zah­len. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">• </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 22.6.1982 hat sie die Klage in Höhe von 20.580,--DM zurückgenommen und macht nun­</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">mehr nur noch Nutzungsentgelt für die Zeit vom 1.1.1977 bis 30.6.1980 geltend. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei zur Zahlung eines Nutzungsentgeltes verpflichtet, da ihr </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">in der Zeit vom 1.1.1975 bis zum 30.6.1980 weder ein vertragliches noch ein gesetzliches Nutzungsrecht zugestanden habe. Die Beklagte könne sich auch nicht auf den Gemeingebrauch berufen, denn der Gemeinge­brauch sei auf das Befahren der Bundeswasserstraße mit Fahrzeugen beschränkt. Eine hafenmäßige Nutzung stelle sich als eine über den Gemeingebrauch hinaus­gehende Sondernutzung dar, für die der Gewässerei­gentümer ein Entgelt verlangen könne. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an sie 41.114,50 DM nebst 10,25 %Zinsen seit dem 1.12.1981 bis zum 9.3.1982 und 9,75 % Zinsen seit dem 10.3.1982 zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte meint, es handele sich um Gemeinge­brauch, den die Klägerin unentgeltlich zu dulden </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">habe. Darüber hinaus ergebe sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen schriftlichen Nutzungs­vertrag, daß Nachforderungen der Klägerin für die Zeit vor dem 1.7.1980 ausgeschlossen seien. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheit~n des Sach-und Streit­standes wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze, sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhand­lung waren, Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h eid u n g s g r ü n d e </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch gem. §§ 812 Abs. 1 Satz 1 </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">2. Alternative, 818 Abs. 2 BGB zu. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat die zur Errichtung der Lande-und Ladeeinrichtungen benutzten Teile der Bundeswasser­straße Rhein ohne rechtlichen Grund auf Kosten der Klägerin erlangt. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Eine Bereicherung liegt bei der Erlangung von Ge­brauchsvorteilen immer dann vor, wenn Aufwendungen erspart worden sind. Die Beklagte hätte bei ord­nungsgemäßem Vorgehen, nämlich bei Abschluß des ihr angetragenen Nutzungvertrages, der Klägerin das in diesem Vertrag festgesetzte Nutzungsentgelt zahlen müssen. Dieses hat sie erspart und damit zugleich der Klägerin entzogen (vgl. BGHZ 60, 365, 370; 20, 270, 275; RGZ 97, 310, 312). </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht der Beklagten gebühren die aus der Nutzung des Rheins für Lande-und Ladeeinrich­tungen gezogenen Vorteile der Klägerin. Ein be­reicherungsrechtlich geschütztes Rechtsgut liegt immer dann vor, wenn und soweit dem Berechtigten hinsichtlich des betreffenden Gutes ein Unterlas­sungsanspruch gegenüber Zugriffen Dritter zusteht (vgl. Reeb, Grundprobleme des Bereicherungsrechts, Seite 40). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt. Die Klägerin kann von der Beklagten verlangen, die Nutzung des Rheines als Lande-und Ladeplatz zu unterlassen, § 1004 Abs. 1 BGB. Die </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Klägerin ist -unstreitig -Eigentümerin der hier von der Beklagten genutzten Teile der Bundeswasser­straße Rhein, Art. 89 GG. Dieses Eigentumsrecht der Klägerin ist privatrechtlicher Natur (vgl. BGHZ 28, 34, 37; 49, 68; Soergel-Siebert-Hartmann, BGB, 10. AufI., Art. 65 EGBGB Rdn. 7; Model-Müller, GG. 9. AufI., Art. 89 Anm. 1). </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist nicht gern. § 1004 Abs. 2 BGB ver­pflichtet, die entschädigungslose Nutzung hinzuneh­men. </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Zwar schließen sich Duldung kraft Gemeingebrauch und vertragsgemäße Gestattung gegen Vergütung gegensei­tig aus (vgl. RGZ 132, 398 402; BGHZ 19, 85, 92). Die von der Beklagten in Anspruch genommene Be­nutzung des Rheines ist aber nicht durch den Gemein­gebrauch gedeckt. </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Dabei kann es weder auf die Vorschriften aus dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) vom 16.10.1976 noch auf die Bestimmungen der landesrechtlichen Wassergesetze ankommen, und zwar auch nicht, soweit in diesen </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Gesetzen der Gemeingebrauch am Wasser geregelt ist. Denn im Wasserhaushaltsgesetz des Bundes und den </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Landeswassergesetzen ist die Materie "Wasser" ledig­lich in ihrer Bedeutung für den menschlichen Ge­brauch und Verbrauch, also unter dem Gesichtspunkt der Wasserwirtschaft und der Landeskultur geregelt (vgl. Bundesverfassungsgerichts 21, 312, 321; OLG Bremen VersR 1977, 327, 328). Das Wasserhaushaltsge­setz und die landesrechtlichen Wassergesetze befas­sen sich nicht mit der Materie "Wasser" in ihrer Bedeutung als "Wasserstraße und Verkehrsweg". In dem hier zu entscheidenden Fall kommt es jedoch bei der Beurteilung des Gemeingebrauchs an der Bundeswasser­straße "Rhein" durch die Beklagte ausschließlich auf deren Bedeutung als "Wasserstraße und Verkehrsweg" an; denn es geht um die Benutzung der Wasserstraße "Rhein" als Verkehrsweg. Aus diesem Grund ist für die Bestimmung des Umfangs des Gemeingebrauchs am Rhein allein das Bundeswasserstraßengesetz (BWassStrG) maßgebend (vgl. OLG Bremen a.a.O.). </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">In den §§ 5 und 6 BWassStrG ist das Befahren der Bundeswasserstraßen mit Wasserfahrzeugen und der </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Gemeingebrauch an ihnen geregelt. Danach darf jeder­</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">mann im Rahmen der Vorschriften des Schiffahrts­rechts einschließlich des Schiffahrtsabgabenrechts sowie der Vorschriften des Bundeswasserstraßenge­setzes die Bundeswasserstraßen mit Wasserfahrzeugen befahren. Nach § 5 BWassStrG ergibt sich, daß der sogenannte Gemeingebrauch zur Schiffahrt begrifflich auf das Befahren mit Wasserfahrzeugen beschränkt ist, er schließt also nicht etwa die Errichtung von Lande-oder Ladeeinrichtungen in ihren Betrieb ein (Frieseke, BWassStrG, 2. Aufl. 1981, § 5 Rndr. 3). Ein besonderer Anliegergebrauch, wie ihn die Landes­wasserstraßengesetze und das Wasserhaushaltsgesetz kennen, findet nach dem Bundeswasserstraßengesetz nicht statt (vgl Frieseke, a.a.O., § 6 Rdnr. 2). Da es in dem hier zu entscheidenden Fall in Bezug auf den Rhein lediglich auf dessen Eigenschaft als Was­serstraße und als Verkehrsweg ankommt, können hier auch lediglich die Bestimmungen des Bundeswasser­straßengesetzes und nicht diejenigen der Landeswas­sergesetze und des Wasserhaushaltsgesetzes Anwendung finden. </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Der Beklagten steht auch nicht ein im geltenden </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">öffentlichen Recht wurzelndes Benutzungsrecht an der </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Bundeswasserstraße Rhein zu, aus dem die Beklagte den Einwand der Verwirkung gegenüber den Ansprüchen der Klägerin herleiten könnte. Die Beklagte behaup­tet selbst nicht, daß ihr ausdrücklich ein derarti­ges Benutzungsrecht am Rhein verliehen worden sei. Die Beklagte beruft sich in diesem Zusammenhang lediglich darauf, daß ihr die erforderlichen strom­und schiffahrtspolizeilichen Genehmigungen erteilt worden seien. Eine solche Gebrauchserlaubnis schafft aber kein bürgerliches Recht auf Wassernutzung; Privatrecht und verwaltungsrechtliche Genehmigung sind wie im Wegerecht so auch hier streng auseinan­derzuhalten (vgl. BGHZ 28, 34, 40). Die Beklagte kann aus dem Umstand, daß ihr die vorgenannten Ge­nehmigungen erteilt worden sind, nicht herleiten, daß ihr auch ein Benutzungsrecht an dem Rhein ver­liehen worden ist, welches sie einem auf § 1004 BGB gestützten Eigentumsfreiheitsanspruch mit Erfolg entgegensetzen könnte. </p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">• </p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">steht auch der Grundsatz der Sozialpflichtigkeit des Eigentums nicht entgegen. Zwar unterscheidet sich das Gewässereigentum nach Inhalt und Umfang vom Eigentum an anderen Grundstücken durch eine wesent­lich stärkere inhaltliche Beschränkung sowohl hin­sichtlich der positiven Sachherrschaft als auch hinsichtlich des Rechts, andere von jeder Einwirkung auszuschließen. Diese stärkere inhaltliche Beschrän­kung des Gewässereigentums ist geboten und gerecht­fertigt, weil das natürliche Angebot an Wasser nach Menge und Qualität für die wirtschaftliche Entwick­lung eines Landes und für die Erhaltung des Lebens überhaupt von entscheidender Bedeutung ist, und zwar mit der weiteren technischen Entwicklung und den steigenden Bedürfnissen eines jeden einzelnen im </p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">zunehmenden Maße (vgl. BGHZ 49, 68, 72). </p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">In dem ihr als Eigentümerin verbleibenden Verfü­gungsbereich darf und muß die Klägerin aber auch die vermögensrechtlichen Belastungen der ihr obliegenden Unterhaltung der Bundeswasserstraßen (§ 7 Abs. 1 Bundeswasserstraßengesetz) in Betracht ziehen. Die Geltendmachung eines Nutzungsentgeltes steht daher </p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">• </p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">tA </p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">13 </p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">• </p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">dem Grundsatz, daß die Klägerin aus ihrem Gewässer­eigentum kein privatwirtschaftlichen Nutzen ziehen soll (vgl. BGHZ 49, 68, 76), nicht entgegen. Die Klägerin ist durch die Sozialpflichtigkeit des Ei­gentums nicht gehalten, eine über den in §§ 5, 6 Bundeswasserstraßengesetz geregelten Gebrauch hin­ausgehende zusätzliche Nutzung ihres Eigentums ent­schädigungslos hinzunehmen. </p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Gem. § 818 Abs. 2 BGB hat die Beklagte Wertersatz für die von ihr erlangte Nutzung fremden Eigentums zu leisten. Dabei kommt es auf die Behauptung der Beklagten, sie habe keinen Nutzen aus der Inan­spruchnahme des Eigentums der Klägerin gezogen, nicht an. An einer Bereicherung bei der Inanspruch­nahme fremder Sachen fehlt es nur dann, wenn keine Aufwendungen erspart worden sind. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Die Klägerin ist nicht ver­pflichtet, die Inanspruchnahme ihres Eigentums in der hier geschehenen Art und Weise entschädigungslos zu dulden, so daß die Beklagte bei ordnungsgemäßem Vorgehen -Abschluß eines ihr angetragenen Nutzungs­vertrages -für die Benutzung eine Entschädigung </p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">.. </p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">.. </p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">hätte zahlen müssen. </p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Gegen die Berechnung und die Höhe des geltend ge­</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">machten Nutzungsentgeites hat die Beklagte Einwände </p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">nicht erhoben. </p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Sie kann sich ferner auch nicht mit Erfolg darauf </p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">berufen, daß der zwischen den Parteien geschlossene </p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Vertrag über die Nutzung ab dem 1.7.1980 Nutzungs­</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">forderungen für die davor liegenden Zeiträume aus­</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">schließt. Insoweit reicht ihr Vorbringen nicht für </p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">die Feststellung aus, daß die Klägerin mit Abschluß </p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">dieses Vertrages ausdrücklich oder stillschweigend </p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">auf die Geltendmachung von Forderungen aus der Zeit </p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">vor dem 1.7.1980 verzichtet hat. </p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 284, 286, 288 </p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">BGB. </p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentsche\idungen beruhen auf §§ 91, 269 Abs. </p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">3 Satz 2, 709 ZPo. </p>
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315,795 | olgk-1982-08-10-21-uf-16981 | {
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 21 UF 169/81 | "1982-08-10T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:06" | "2019-03-27T09:42:12" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1982:0810.21UF169.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird das am 24. September 1981 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln - 306 F 1262/79 - unter Aufrechterhaltung seines Tenors im übrigen zu Ziffer 3. seines Tenors geändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p>Die elterliche Sorge über das am 7. Juli 1973 geborene Kind Kat ja der Parteien wird dem Antragsgegner übertragen.</p>
<p>Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben am 12.5.1972 vor dem Standesamt Köln-Ost - Heiratsregister-Nr. 591/1972 - miteinander die Ehe geschlossen. Aus ihrer Ehe ist ein Kind, die am 7.7.1973 geborene Tochter L. hervorgegangen. Die Antragstellerin besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit; der Antragsgegner ist jugoslawischer Staatsangehöriger. Die Antragstellerin ist seit ihrem 13. Lebensjahr Vollwaise. Anschließend lebte sie</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">im Haushalt ihrer kinderlos verheirateten Tante – einer Schwester ihrer verstorbenen Mutter <b>-, </b>der die Vormundschaft über sie übertragen worden war. Im Alter von knapp 18 Jahren schloß sie ihre erste Ehe, womit es gemäß ihrer Darstellung folgende Bewandtnis hatte: die Antragstellerin war ab ihrem 15. Lebensjahr von ihrem Onkel - Ehemann ihrer vorgenannten Tante - fortwährend unsittlich belästigt worden und hatte zunächst nicht den Mut, dies ihrer Tante mitzuteilen. Als ihr Bruder heiratete, vertraute sie sich ihm an und bat ihn um Hilfe. Er vermittelte ihr die Bekanntschaft seines Freundes, der ihr nach Kenntnisnahme von dem Vorgefallenen seinen Beistand</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">versprach. Daraufhin faßte sie Mut und unterrichtete ihre Tante, worauf diese ihr zur Heirat mit dem Freund ihres Bruders riet. Diese Ehe wurde nach kurzer Zeit u. a.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">deshalb geschieden, weil ihr Ehemann, was sie erst nach der Heirat entdeckte, ein nichteheliches Kind hatte und die Beziehungen zur Mutter jenes Kindes auch nach seiner Verehelichung mit der Antragstellerin fortsetzte. Im Jahre 1964 heiratete die Antragstellerin ein zweites mal. Ein Jahr später legt ihr zweiter Ehemann die Meisterprüfung ab und beide gingen nach Südafrika, wobei abgesprochen war, daß man</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">nach zwei- bis dreijährigem Auslandaufenthait in die Bundesrepublik Deutschland zurückkehren werden. Da ihr Ehemann in der Folgezeit auf Dauer in Südafrika bleiben wollte und die Antragstellerin ihr Heimweh nicht überwinden konnte, trennten</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Eheleute sich vereinbarungsgemäß vorübergehend; die Antragstellerin kehrte allein nach Deutschland zurück, wobei im Verlaufe eines sog. Probejahres festgestellt werden sollte, ob die Ehe aufrechterhalten werden könne oder nicht. Kurz</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">vor Ablauf jenes Trennungsjahres kam ihr Ehemann in die Bundesrepublik Deutschland. Aufgrund einer Aussprache kamen beide überein, gemeinsam nach Südafrika zurückzugehen und dort die Ehe miteinander forzusetzen. Die Antragstellerin kündigte ihre Wohnung und ihr Arbeitsverhältnis und buchte den Rückflug. Anläßlich einer Abschiedsfeier mit ihren Freundinnen lernte sie den Antragsgegner kennen, der zunächst nur mit dem Ziel in die Bundesrepublik Deutschland gekommen war, so lange hier zu bleiben und zu arbeiten, bis er das für die Anschaffung eines PKW benötigte Geld zusammengespart haben werde. Nachdem die Parteien ihre Bekanntschaft gemacht hatten, verfestigten sich .ihre Beziehungen. Die zweite Ehe der Antragstellerin wurde geschieden und die Parteien heirateten. In der ersten Zeit lebten sie, auch nach der Geburt des Kindes im norddeutschen Raum, wo der Antragsgegner als Holzkaufmann beschäftigt war. Etwa ab Dezember 1974 bis etwa Mitte des Jahres 1975 war er vornehmlich im süddeutschen Raum berufstätig, während die Antragstellerin mit dem Kind weiterhin in Norddeutschland lebte. Sodann wechselte er seine Arbeitsstelle und ist seitdem als Leiter der Außenstelle Westerwald der Fa. I., des größten deutschen Holzexportunternehmens in J. tätig und ansässig. Ende des Jahres 1975 übersiedelte die Antragstellerin mit dem Kind nach J., wo die Parteien fortan in einer Mietwohnung zusammenlebten.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Seit dem 26.12.1977 leben sie infolge des Auszuges der Antragstellerin aus der ehelichen Wohnung dauernd voneinander getrennt. L. befindet sich seitdem in der Obhut ihrer Mutter.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">In der ersten Zeit der Trennung lebte die Antragstellerin mit dem Kind in M., wo sie eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit Küche, Diele und Bad angernietet hatte. Gleichzeitig nahm sie ihren nach der Heirat der Parteien nicht mehr ausgeübten Beruf als Sekretärin wieder auf. Während ihrer ganztägigen Tätigkeit war Kat ja in einem nahe gelegenen Kinderhort untergebracht. In der Folgezeit machte die Antragstellerin die</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Bekanntschaft der Zeugin T., woraus sich ein freundschaftliches Verhältnis entwickelte. Etwa im September 1979 übersiedelte sie mit L. von M. nach Q.-E., wo sie im Hause der Familie T. eine DreiZimmer-Wohnung mit Küche, Diele und Bad bezog. Am 5.8.1980 wurde L. eingeschult. Nach Schulschluß besuchte sie weiterhin einen Kinderhort. Ansonsten wurde sie von ihrer zunächst noch voll berufstätigen Mutter, im Bedarfsfalle auch von der Zeugin T. betreut. Im Spätsommer 1981 verzog die Antragstellerin mit L. von Q.-E. nach N.-X., wo sie im sog. W. Zentrum, einem Hochhausikomplex eine im 14. Stock gelegene Drei-Zimmer-Wohnung mit Küche, Diele und Bad angernietet hat, in der L. ein eigenes, kindgerecht eingerichtetes Zimmer zur Verfügung steht. Zur Zeit besucht L. die 2. Klasse der Albert-Schweitzer-Grundschule in X.. Im Anschluß an den Schulbesuch geht sie in einen Kinderhort, von wo aus sie in einer benachbarten Mensa ,das Mittagessen einnimmt. Die Antragstellerin hat die Dauer ihrer beruflichen Tätigkeit auf die Zeit von 8,30 Uhr bis 14,30 Uhr reduziert und holt L. nach Arbeitsschluß im Hort :ab. Etwa im Jahre 1980 hatte die Antragstellerin einen damals verheirateten Tunesier namens N., Angehörigen der Botschaft seines Landes in der Bundesrepublik Deutschland kennen, gelernt. Diese Beziehung ist gemäß ihren Angaben inzwischen beendet. Gegenwärtig unterhält sie ein eheähnliches Verhältnis zu einem verheirateten Ägypter namens G., der in der Bundesrepublik Deutschland als Versicherungskaufmann tätig ist, und den sie ggffls. nach dem Ausspruch der Scheidung seiner Ehe heiraten will.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Seitdem die Parteien dauernd voneinander getrennt leben, bestehen zwischen dem Antragsgegner und L. häufige Besuchskontakte, wobei die einzelnen Besuchszeiten einschließlich regelmäßiger gemeinsamer Urlaubszeiten des Antragsgegners und des Kindes bislang ohne gerichtliche Regelung nach jeweiliger Absprache der Eltern erfolgen. Im Juli 1979 hatte die Antragstellerin bei dem Familiengericht Köln - 307 F 1173/79 - den Antrag gestellt, ihr für die Dauer des Getrenntlebens gemäß § 1672 BGB die elterliche Sorge über L. zu übertragen. Nachdem in der Folgezeit das von beiden Parteien betriebene Ehescheidungsverfahren anhängig geworden war, ist das vorgenannte Verfahren als Verfahren der einstweiligen Anordnung im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens - 307 F 1269/79 EA - So - fortgeführt worden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17.12.1979 hat der Antragsgegner i sich damit einverstanden erklärt, daß der Antragstellerin für die Dauer des Getrenntlebens die elterliche Sorge über L. übertragen werde, worauf das Familiengericht mit Beschluß vom gleichen Tage zu ihren Gunsten eine auf jene Vereinbarung gestützte einstweilige Anordnung erlassen hat. Etwa ein Jahr später hat der Antragsgegner beantragt, nunmehr ihm für die Dauer des Getrenntlebens die elterliche Sorge über das Kind zu übertragen. Das Familiengericht hat diesen Antrag als Abänderungsantrag gemäß § 620 b ZPO aufgefaßt und durch Beschluß vom 13.7.1981 - 306 F 1269/79 b EA - So <b>-,</b> dessen Inhalt hiermit in Bezug genommen wird, zurückgewiesen. Die vom Antragsgegner gegen diesen Beschluß eingelegte sofortige Beschwerde ist durch Senatsbeschluß vom 10.9.1981- 21 WF 107/81 OLG Köln <b>-, </b>dessen Inhalt hiermit ebenfalls in Bezug genommen wird, verworfen worden. Im Verfahren betreffend die Regelung der nachehelichen elterlichen Sorge (Scheidungsfolgesache) haben beide Parteien mit einander widerstreitenden Anträgen die Übertragung der elterlichen Sorge zu ihren Gunsten erstrebt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht hat den Sachverhalt von Amts wegen aufgeklärt und zu diesem Zweck u<b>. </b>a. die Eltern und das Kind angehört, Berichte der verfahrensbeteiligten Jugendämter eingeholt und über die Frage, bei welchem Elternteil die Entwicklung</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">und Erziehung des Kindes auf Dauer besser gewährleistet ist, Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen psychologischen Sachverständigengutachtens, mit dessen Erstattung der Direktor des Psychologischen Instituts der Universität N., Professor Dr. rer. nat. V. beauftragt worden ist, der das Sachverständigengutachten am</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">11.3.1981 erstattet hat.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Durch am 24.9.1981 verkündetes Verbundurteil hat das Familiengericht die Ehe der Parteien geschieden, den öffentlich rechtlichen Versorgungsausgleich durchgeführt und die elterliche Sorge für L. für die Zeit nach rechtskräftiger Ehescheidung der Antragstellerin übertragen. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung der nachehelichen Sorgerechtsentscheidung hat das Familiengericht im wesentlichen ausgeführt, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden könne, daß einer der beiden Elternteile die eindeutig bessere Gewähr für das Kindeswohl biete, habe zugunsten der Antragstellerin das sog. Kontinuitätsprinzip den Ausschlag geben müssen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben in Ansehung dieses Verbundurteils mit Ausnahme der Sorgerechtsentscheidung auf die Einlegung von Rechtsmitteln, Anschlußrechtsmitteln und das Antragsrecht nach § 629 c ZPO verzichtet.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner hat gegen das ihm am 12.10.1981 zugestellte Urteil bezüglich der Sorgerechtsentscheidung, deren weiterer Inhalt hiermit in Bezug genommen wird, mit einer am 15.10.1981 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schrift</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Beschwerde eingelegt und das Rechtsmittel am 16.11.1981 - Montag - begründet.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils vom 24.9.1981 die elterliche Sorge über das Kind L.auf ihn zu übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">die Beschwerde zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">:Wegen des Vorbringens der Parteien wird auf den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst sämtlichen Anlagen ergänzend Bezug genommen. Der Senat hat weitere Amtsermittlungen durchgeführt. Zu diesem Zweck hat er ergänzende Berichte der verfahrensbeteiligten Jugendämter eingeholt, die Parteien, das Kind sowie die Vertreterin des Jugendamtes der Stadt N. angehört, die Zeuginnen T. und B. - letztere ist die derzeitige Lebensgefährtin des Antragsgegners - vernommen und den Sachverständigen Professor Dr. V. um Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens gebeten, die im Termin zur</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">mündlichen Verhandlung vom 16.2.1982 erfolgt ist. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Ferner hat der Senat auf der Grundlage der hiermit in Bezug genommenen Beschlüsse vom 2.3. und vom 22.6.1982 Beweiserhebung durch Einholung weiterer psychologischer Sachverständigengutachten (Hauptgutachten und Ergänzungsgutachten) angeordnet, mit deren Erstattung der Leiter des Gerichtspsychologischen</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Instituts der Universität C., Dr. D. oder dessen Vertreter im Amt beauftragt worden ist. Diese Gutachten, auf deren Inhalt verwiesen wird, sind am 12.5. und 20.7.1982 erstattet und von der Verfasserin, der am vorgenannten Institut tätigen Dipl. Psychologin Dr. U. in der mündlichen Verhandlung vom 27.7.1982 erläutert worden.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Wegen des Ergebnisses der sonstigen, im zweiten Rechtszuge durchgeführten Amtsermittlungen wird auf die Berichte der verfahrensbeteiligten Jugendämter vom 26.1. und vom 5.2.1982 nebst Anlagen und den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">27.7.1982 verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig (§§ 629 a Abs. 2 Satz 1,621 Abs. 1 Nr. 1, 621 e Abs. 1, Abs. 3,516, 519 Abs. 1, Abs. 2 ZPO) und sachlich gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung der Frage, welcher der beiden inzwischen rechtskräftig geschiedenen Parteien die elterliche Sorge über L. zu übertragen ist, beurteilt sich nach deutschem materiellen Recht. Das ergibt sich aus den Bestimmungen des Übereinkommens über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen - MSA - vom 5.10.1961 (BGBI 1971 11 217), wonach sich die internationale Entscheidungszuständigkeit der Gerichte und ebenso das von ihnen anzuwendende Recht bezüglich der Maßnahmen zum Schutz der Person und des Vermögens des Minderjährigen danach bestimmen, wo der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; Art. 1,2 MSA. Das Kind der Parteien hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, wo es seit seiner Geburt ständig lebt. Zu den Maßnahmen im Sinne des vorgenannten Abkommens rechnet auch die Entscheidung über die Regelung der nachehelichen</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">elterlichen Sorge (vergI. BGHZ 60, 68; BayOblGE 1974, 106; 1978, 115; KG FamRZ 1974, 144).</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Da die geschiedenen Eltern des Kindes L. keinen gemeinsamen, inhaltlich übereinstimmenden Vorschlag gemacht haben, muß der Senat von sich aus diejenige Regelung treffen, die dem Wohle des Kindes am besten entspricht, wobei seine Bindungen, insbesondere seine Bindungen an die Eltern zu berücksichtigen sind; § 1671 Abs. 2 BGB. Ferner bestimmt § 1671 Abs. 4 BGB, daß die nacheheliche elterliche Sorge abgesehen von dem hier nicht einschlägigen Sonderfall ihrer Aufteilung</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">(Aufspaltung) in Personen- und Vermögenssorge einem Elternteil übertragen werden muß. </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen mußte die nacheheliche elterliche Sorge dem Antragsgegner übertragen werden. Diese Regelung wird auf grund des Ergebnisses der gesamten Amtsermittlungen, vornehmlich der in beiden Instanzen eingeholten Sachverständigengutachten dem Wohle des minderjährigen Kindes L. gegenwärtig am besten gerecht.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Bereits die äußeren Lebensumstände des Vaters - Wohnlage und näheres Umfeld - sind dem Wohlergehen des Kindes dienlicher als die entsprechenden Lebensverhältnisse der Mutter, wenngleich diesem Gesichtspunkt bei der zu treffenden Entscheidung keineswegs ein ausschlaggebender Stellenwert beigemessen</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">werden kann, er hierfür vielmehr allenfalls von sekundärer Bedeutung ist. Der Antragsgegner bewohnt seit Juni 1981 ein von ihm am Stadtrand von J. neu erbautes</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Einfamilienhaus, zu dem ein Garten gehört, und das nahe am Wald liegt. Deshalb ist es gerechtfertigt, von mehr ländlichen als städtischen Wohn- und Umweltverhältnissen auf seiten des Antragsgegners auszugehen. Demgegenüber hat die Antragstellerin gegenwärtig eine im sog. Hochhauszentrum in N.-X. im 14. Stock gelegene Wohnung inne, so daß ihre Wohnverhältnisse einschließlich des näheren Umfeldes</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">von ausgesprochen städtischen Charakter sind. Diese unterschiedlichen äußeren Lebensverhältnisse beider Eltern mögen jeweils für sich eine Reihe einzelner Vor- und Nachteile bieten, die indessen im vorliegenden Fall keiner näheren Erörterung</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">und Abwägung bedürfen. Denn entscheidend ist, daß L. gemäß den gutachtlichen Feststellungen der Sachverständigen Dr. U. - vergI. etwa S. 11, 15 des Gutachtens</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">vom 12.5.1982 -, die sich gleichermaßen auf Beobachtungen des kindlichen Verhaltens und das Ergebnis etlicher psychologischer Testverfahren gründen, von ihrer gesamten Interessenlage her weit mehr ein Landkind als ein Stadtkind ist. Ihre Vorliebe</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">gehört der Beschäftigung mit allem Lebendigen - Tiere, Bäume, Blumen - in freier Natur, wo sie sich viel lieber aufhält und entsprechend beschäftigt als in der Wohnung. Daß so gesehen die äußeren Lebensverhältnisse des Antragsgegners dem Kind die ungehinderte Entfaltung und Betätigung seiner Neigungen besser ermöglichen, bedarf keiner weiteren Begründung. </p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Ausschlaggebendes Gewicht für die zu treffende Entscheidung kommt indessen der Beantwortung der Frage zu, welcher Elternteil angesichts seiner gesamten Persönlichkeit, vornehmlich seiner charakterlichen Veranlagung und Befähigung voraussichtlich in besserer Weise die Gewähr für die Beförderung des geistig-seelischen Teilbereiches des kindlichen Wohlergehens zu bieten vermag. Diese Frage ist nach Ansicht des Senats dahin zu beantworten, daß hierfür zur Zeit der Antragsgegner die bessere Gewähr bietet. Um diese für die Entscheidung letztlich ausschlaggebende Feststellung treffen zu können, mußte vornehmlich ergründet werden, wie die wechselseitigen Neigungen und Bindungen des Kindes und des jeweiligen Elternteils in quantitativer und qualitativer Hinsicht beschaffen sind und ob sich bei vergleichender Gegenüberstellung spürbare Unterschiede erkennen lassen. Art, Umfang und Intensität dieser wechselseitigen Neigungen und Bindungen, denen auch der Gesetzgeber gemäß § 1671 Abs. 2 BGB besonderes Gewicht zuerkannt hat, kommt für die Entscheidung aus dem Grunde maßgebliche Bedeutung zu, weil ein Kind nach gesicherten psychologischen Erkenntnissen und Erfahrungen jedenfalls auf Dauer gesehen nur dann von Schäden oder ernstlicher Gefährdung seines Wohlergehens bewahrt bleiben kann, wenn es sich in einer wechselbezüglichen, genügend tragfähigen und vor allem stetigen Bindung zu dem betreffenden Elternteil behütet und geborgen weiß und vermöge dieser Grundlage zu einem für die erfolgreiche Bewältigung, aller Probleme und Konflikte des Daseins genügend gerüsteten,</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">lebenstauglichen Menschen heranwachsen kann. Gleichermaßen ist auch eine erfolgreiche, für die Gewährleistung des Kindeswohls unerläßlich wichtige Erziehung ohne Erfüllung der vorgenannten Voraussetzungen auf Dauer nicht möglich; jede</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Erziehung, die dem Kind vornehmlich die für seine ordnungsgemäße, ungestörte Entwicklung notwendige Fähigkeit zur Integration in vielfältige soziale Gemeinschaften - Kindergarten, Hort, Schule, Spielgemeinschaften etc. - durch eigenes Verhalten vorleben und auf diese Weise vermitteln muß, weil sich ein Leben in unserem Kulturkreis nur innerhalb solcher Gemeinschaften bei notwendiger Befolgung der damit an den Einzelnen vorgegebenen Anforderungen in sinnvoller Weise vollziehen kann, ist für das Kind, soll sie von ihm angenommen und befolgt werden, mit Verzichtenmüssen verbunden.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Diese Verzichtsleistungen wiederum werden vom Kind in jungen Lebensjahren zunächst nur aus Liebe und Zuneigung zur Erziehungsperson erbracht; die rationale Bestätigung oder Ablehnung schließt sich erst in späteren Lebensjahren an Kinder,</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">die ohne stetige und genügend stabile wechselseitige Zuneigungen und Bindungen zwischen ihnen und dem erziehenden Elternteil aufwachsen, sind zur Erbringung derartiger Verzichtsleistungen nicht bereit, können es notwendigerweise auch nicht sein, weil ihnen die dafür erforderliche Liebe und Zuwendung der Erziehungsperson fehlt, die sich im steten Wechselspiel mit ihrer Annahme und Erwiderung durch das Kind vollziehen muß. Besteht ein solches Defizit, dann können diese Kinder die Bildung von Normen und Werten, vornehmlich Ein- und Unterordnung bezüglich der Anforderungen des Lebens in der Gemeinschaft, das ohne intakte ElternKind-</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Beziehung als gewissermaßen kleinster Nenner menschlicher Gemeinsamkeit nicht erfahren und erlebt werden kann, später auf rationalem Wege allein nicht mehr ausgleichen, was geradezu zwangsläufig zu Gefährdungen und letztlich auch Schäden des Kindeswohls bis hin zu schwerwiegenden Verhaltensstörungen führen muß.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Aus allen diesen Gründen spielen Art, Umfang und Intensität der wechselseitigen emotionalen Bindungen und Neigungen zwischen dem Kind und dem betreffenden Elternteil für die Sorgerechtsentscheidung eine besonders bedeutsame Rolle.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Aufgrund des ausführlichen, eingehend und sorgfältig begründeten Gutachtens der Sachverständigen Dr. U., das in seinem Kern mit den von dem Sachverständigen Professor Dr. V. getroffenen Feststellungen in Einklang steht, ist der Senat davon überzeugt, daß die wechselseitigen emotionalen Bindungen zwischen dem Antragsgegner und L. ebenso wie die beiderseitigen Neigungen stärker und auch stabiler sind als das auf Seiten und gegenüber der Antragstellerin der Fall ist. Daß es sich - jedenfalls zur Zeit - so verhält, ist das Ergebnis bestimmter Entwicklungsprozesse und der in ihrem Verlauf von Kat ja gewonnenen Erfahrungen, die durch die ihnen</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">zugrundeliegenden, unterschiedlichen Veranlagungen ihrer Eltern bestimmt worden sind. Der Antragsgegner hat eine außerordentlich enge Beziehung zu L., mit der er sich, nachdem das Kind dem Babyalter entwachsen war, gemäß den übereinstimmenden Angaben der Parteien gegenüber der Sachverständigen Dr. U. in vielfältiger Weise eingehend beschäftigt hat, was bei ihm im Laufe der Zeit zu einem besonders engen Verbundenheits- und Zusammengehörigkeitsgefühl mit dem Kind geführt hat, welches von dem Kind vorbehaltlos angenommen und in gleicher Weise erwidert wird. Für die intensive Beschäftigung des Antragsgegners mit dem Kind und ihre positiven Auswirkungen im vorgenannten Sinne legt abgesehen von</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">allem anderen insbesondere die Tatsache beredtes Zeugnis ab, daß L. von ihm die slowenische Sprache derart weitgehend erlernt hat, daß sie diese inzwischen perfekt beherrscht, wobei beide dieses spezifische Kommunikationsmittel gelegentlich ganz bewußt einsetzen, um einen nur ihnen verständlichen und folglich nur von ihnen erlebbaren Umgang miteinander pflegen zu können; von der Sachverständigen Dr. U. sehr anschaulich als sog. inselgleiche Kommunikation umschrieben. Ausfluß der sehr engen Vater-Kind-Bindung ist weiter, daß L. für den Antragsgegner eine geradezu dominierende Rolle spielt: zum einen findet er sich mit seinen Persönlichkeitsanlagen</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">und seinen Interessenschwerpunkten in seiner Tochter gleichsam widergespiegelt, was ein Erleben höher Übereinstimmung und Verbundenheit nach sich zieht. Zum anderen spielte das Kind für ihn in der Vergangenheit, nachdem die Ehe der Parteien bereits vor ihrem endgültigen Scheitern nicht mehr harmonisch verlaufen war, eine bedeutsame Rolle als Partnerersatz, was allerdings eine gewisse Gefährdung des angesichts seines Lebensalters mit dieser Rolle überforderten und hierdurch in eine zu starke Abhängigkeit vom Antragsgegner gedrängten Kindes besorgen ließ. Inzwischen ist diese Gefahr indessen ausgeräumt, nachdem der Antragsgegner, wie noch in anderweitigem Zusammenhang näher darzulegen sein wird, eine eheähnliche Beziehung zu einer anderen Frau, die er in Kürze heiraten wird, aufgebaut hat, was wiederum zur Folge haben wird, daß er das Kind aus der drohenden zu starken Bindung zu entlassen vermag. Die enge Bindung des Antragsgegners an das Kind wird von L. vorbehaltlos angenommen und erwidert, was nach den gutachtlichen Feststellungen nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen ist, daß L.das an geltenden Normen ausgerichtete, konservativer Einstellung entsprechende Erziehungsverhalten</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">des von ihr als echter Autoritätsperson erlebten und empfundenen Vaters voll akzeptiert. Nach alledem müssen die engen und stabilen wechselbezüglichen, zwischen dem Antragsgegner und dem Kind bestehenden emotionalen Bindungen und Neigungen und die Art der Erziehung, wie sie der Antragsgegner entsprechend seinen Vorstellungen und seiner gesamten Mentalität dem Kinde angedeihen läßt, als dem Kindeswohl förderlich und günstig bezeichnet werden: L. findet bei ihrem Vater Halt, Geborgenheit und Sicherheit; sie weiß sich ihm in gegenseitiger, liebevoller und vertrauender Zuwendung verbunden und empfindet ihn als Vorbild und Autoritätsperson, wobei er ihr vermöge seiner ausgeglichenen, genügend selbstsicheren Persönlichkeit und seines Festhaltens an bestimmten Wertvorstellungen und Prinzipien eine stete, konsequent durchgeführte Erziehung vermitteln kann.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Andererseits ist der Senat schon aufgrund des persönlichen Eindrucks, den er von der Antragstellerin gewonnen hat, davon überzeugt, daß auch sie dem Kind von Herzen zugetan und willens ist, sein Wohlergehen in der erforderlichen, vorstehend</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">näher beschriebenen Weise nach besten Kräften zu befördern. Zur Erreichung dieses Ziels ist sie jedoch, bedingt durch ihre andersartige, letztlich schicksalhaft geprägte Persönlichkeit nicht in gleichem Maße befähigt wie der Antragsgegner. Davon, daß es sich so unterschiedlich verhält, muß nach Ansicht des Senats auf grund des Ergebnisses der gesamten Amtsermittlungen, vornehmlich aufgrund des Ergebnisses</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">der in beiden Rechtszügen erstatteten Sachverständigengutachten ausgegangen werden. Das Erziehungsverhalten der Antragstellerin gegenüber dem Kind wird eher durch Nachgiebigkeit und gewährende Haltung bestimmt. Dies wiederum ermöglicht es L. nicht genügend, die Mutter als echte Autoritätsperson zu empfinden, gibt dem Kind das Gefühl des gelegentlichen Alleingelassenseins, der nicht immer genügend vorhandenen mütterlichen Zuwendung, wobei hinzukommt, daß L. in der Angst lebt, die Mutter zu verlieren: das Kind ist sich, auf einen kurzen Nenner gebracht, im Gegensatz zum Vater der Mutter nicht ganz sicher. Die maßgebliche Ursache dieses dem Kindeswohl in vergleichender Gegenüberstellung zur Gewährleistung dieser Voraussetzung durch den Antragsgegner weniger günstigen Umstandes dürfte nach den gutachtlichen Feststellungen beider Sachverständiger in der letztlich schicksalhaft geprägten Persönlichkeit der Antragstellerin geIegen sein, die einerseits nicht ohne einen Partner leben kann, andererseits aber Schwierigkeiten hat, im persönlichen Lebensbereich auf Dauer angelegte Partnerschaftsbeziehungen einzugehen</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">und durchzustehen. Dies zeigt sich unter notwendiger Zugrundelegung der zur Beurteilung ihrer Eignung als Trägerin der nachehelichen elterlichen Sorge gebotenen Gesamtschau und Gesamtwertung ihrer Persönlichkeit nicht nur an der Tatsache</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">ihrer drei gescheiterten Ehen, insbesondere daran, daß sie bei der außerehelichen Partnersuche und Partnerwahl solche Konstellationen bevorzugt, denen gleichsam von vornherein nur wenig Verläßlichkeit auf Bestandskraft beigemessen werden kann. Nach der Trennung der Parteien hat sie unter Zugrundelegung ihres eigenen Vorbringens nacheinander eheähnliche Beziehungen zu zwei jeweils verheirateten Ausländern angeknüpft, was mit Blick auf die Ungewißheit eines Ehescheidungsverfahrens und des dauernden Verbleibs des jeweiligen Partners in der Bundesrepublik Deutschland bzw. die im Falle von der Antragstellerin beabsichtigter Eheschließung mit einem solchen Partner ggffls. bestehende Notwendigkeit,</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">den inskünftigen Lebensmittelpunkt ins Ausland verlagern zu müssen, nicht unproblematisch ist. Soweit es die daraus erwachsenen Auswirkungen auf das Kindeswohl angeht, gilt im weiteren folgendes: L. hat die Mutter als den Elternteil erlebt und in Erinnerung behalten, der die Familie verlassen hat. Daraus und aus dem Verlauf der späteren Partnerschaften der Antragstellerin hat sich die Angst des Kindes entwickelt, es könne die Mutter verlieren. Um dieses Angstgefühl verdrängen zu können, hat L. bestimmte Abwehrmechanismen entwickelt, sie hat sich den Wünschen und Erwartungen der Mutter derart weitgehend angepaßt, daß die Antragstellerin in ihrer</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">subjektiven Vorstellung davon überzeugt ist, es handle sich jeweils um die eigenen Vorstellungen und Wünsche des Kindes, sie bewege sich, bildlich ausgedrückt, mit ihm auf einer Ebene, während aber das Kind in Wirklichkeit, von der Mutter unbemerkt, aus den angeführten Gründen seine wahren Wünsche und Vorstellungen nicht äußert. Wie wenig dienlich dieser Anpassungsprozeß dem kindlichen Wohlergehen ist, haben die psychologischen Feststellungen deutlich ergeben: L. vermeidet</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">mit ängstlicher Sorgfalt jede Konfliktsituation, ist nie agressiv und vermittelt so aller Welt den - täuschenden - Eindruck eines unbeschwerten, fröhlichen, allezeit ausgeglichenen und rundum zufriedenen Kindes. Daraus ist ein Unvermögen des Kindes zu befürchten, sich Konflikten erforderlichenfalls zu stellen, sich mit ihnen in der gebotenen Weise auseinanderzusetzen und sie auf diese Weise erfolgreich bewältigen zu können. Die Bindungsschwierigkeiten der Mutter bedeuten für das Kind desweiteren, daß ihm ein Vorbild fehlt, welches ihm die Befürwortung stetiger Bindungen mit dem erkennbaren Vorteil des eigenen Halts in derartigen Bindungen vermittelt. L. hat an ihrer Mutter keine solche Stütze, wie sie eine auf Dauer angelegte, in sich gefestigte Gemeinschaft ihren Mitgliedern zuteil werden läßt. Das Kind hat kein Vertrauen in die Dauerhaftigkeit von Bindungen zu entwickeln vermocht und kann sich der Unterstützung anderer nicht sicher fühlen - auch insoweit erklärt sich seine ständige Angst, die Mutter zu verlieren <b>-, </b>weil es in seinem unmittelbaren</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">kindlichen Lebensbereich derartige, auf Dauer angelegte Bindungen noch nicht erlebt und erfahren hat. Endlich wird auch der Wert derartiger dauerhafter Bindungen in den Augen des Kindes herabgesetzt, weil die Antragstellerin als die für seine bisherige Entwicklung maßgebliche Bezugsperson ihm diese nicht als ein erstrebenswertes Ziel vorzuleben vermocht hat. Aus den im persönlichen Bereich folgenden</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Unsicherheiten resultiert verständlicherweise auch ihre nachgiebige, gewährende Erziehungshaltung dem Kind gegenüber, was seinem Wohlergehen schon deshalb nicht förderlich sein kann, weil es auf diese Weise derjenigen Lenkung und Leitung</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">ermangelt, die es nach dem Ergebnis des vom Senat eingeholten Sachverständigengutachtens voll akzeptiert und auf sich angewendet wissen will: konsequente, genügend autoritäre Erziehung durch den maßgeblichen Elternteil. Dafür, daß im</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">persönlichen Lebensbereich der Mutter und ihrem gesamten Verhalten dem Kinde gegenüber in näherer Zukunft ein grundlegender Wandel eintreten könnte, ist gegenwärtig nichts ersichtlich. Eher muß nach den sachverständigen Feststellungen der Gutachter befürchtet werden, daß sie weiterhin auf der Suche nach Bindungen bleiben, hierauf einen nicht unerheblichen Teil ihrer Emotionalität und Lebensenergie verwenden, weiterhin Unruhe in das Leben des Kindes hineintragen und insbesondere seine Angst vor dem Verlust der Mutter nicht abbauen können wird.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Diese Verlustangst wiederum ist es, welche die Bindungen und Neigungen des Kindes gegenüber der Mutter jedenfalls zur Zeit maßgeblich bestimmt, verbunden mit seiner Hoffnung, daß die von L. bislang nicht immer als zureichend empfundene</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Beachtung und Erfüllung ihrer Vorstellungen und Wünsche ihr durch die Antragstellerin doch nocht zuteil werden würde, wenn die Beziehung zur Mutter aufrechterhalten wird. </p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Nach alle dem ist zur Überzeugung des Senats die Folgerung gerechtfertigt, daß die wechselseitigen Neigungen und Bindungen zwischen dem Kind und seinem Vater stärker, insbesondere erheblich stabiler, weil nicht mit Ängsten und Unsicherheiten</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">des Kindes belastet sind, wobei der Antragsgegner auch die bessere Gewähr für stetiges, konsequentes Erziehungsverhalten zu bieten vermag.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Dabei verkennt der Senat nicht, daß gerade bei noch jüngeren Kindern dem sog. Kontinuitätsprinzip, d. h. dem Grundsatz der Gewährleistung stetiger gedeihlicher Entwicklung und Erziehung eine ganz besondere Bedeutung zukommt. Gemessen daran wird bei solchen Kindern ein Wechsel der Person des sorgeberechtigten Elternteils ihrem Wohle in aller Regel abträglich und deshalb nur beim Vorliegen triftiger Gründe gerechtfertigt sein (OLG Köln, OLGZ 1973, 181; Farn RZ 1976, 32, 33 ff; Hinz im Münchener Kommentar zum BGB, § 1671, Rz 35; Palandt-Diederichsen, BGB, 41. AufI., § 1671 Anm. 3 b; Simitis, Kindeswohl, eine interdisziplinäre Untersuchung über seine Verwirklichung in der vormundschaftsgerichtlichen Praxis, S. 266; vergI. auch die amtl. Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge, BT-Drucks. 8/2788, S. 61).</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Auch unter diesem bedeutsamen Aspekt konnte der Beschwerde des Antragsgegners der sachliche Erfolg entgegen der Ansicht der Antragstellerin indessen nicht versagt bleiben. Der Umstand, daß L. sich seit der endgültigen Trennung ihrer</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Eltern (26.12.1977), also inzwischen seit über 4 1/2 Jahren abgesehen von ihren häufigen Besuchen beim Antragsgegner in der ständigen Obhut der Antragstellerin befindet, ist zunächst nur rein äußerlicher Natur und läßt sich vornehmlich nicht als Kontinuitätsprinzip in die Waagschale werfen, weil von diesem Prinzip und seiner Entscheidungserheblichkeit nur ausgegangen werden kann, wenn der betreffende</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Elternteil innerhalb einer längerfristigen Zeitspanne dem Kind eine stetige Entwicklung, Geborgenheit und konsequent durchgeführte Erziehung hat angedeihen lassen, die allein um ihrer Stetigkeit willen für das Wohl des Kindes förderlich und aus diesem Grunde nach Möglichkeit bei Bestand zu belassen ist. Gerade das ist hier aber nicht der Fall, vielmehr sind die Entwicklung und die Erziehung, die der Antragsgegner dem Kind angesichts seiner Persönlichkeit und LebenseinsteIlung</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">vermitteln kann, dem Wohlergehen des Kindes aus allen dargelegten Gründen dienlicher, wobei hinzukommt, daß L. mit ihrem Vater und seinem gesamten Lebensbereich bestens vertraut ist.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Schließlich hatte der Senat zu erwägen, wie es sich voraussichtlich auf das Wohlergehen des Kindes auswirken wird, daß der Antragsgegner inzwischen eine ehe ähnliche Partnerschaft mit der Zeugin B. eingegangen ist, wobei beide Ende Oktober 1982 die Ehe miteinander schließen wollen und ferner vorgesehen ist, daß die beiden minderjährigen, aus der geschiedenen Ehe der Zeugin hervorgegangenen Kinder fortan mit ihr und dem Antragsgegner in häuslicher Gemeinschaft leben sollen, wie es auch derzeit schon der Fall ist. Daß der Antragsgegner und die Zeugin B. sich ernstlich entschlossen haben, eine dauernde, auf alsbaldige Heirat angelegte und durch sie bestärkte Partnerschaft einzugehen, kann nach Ansicht des Senats nicht bezweifelt werden. Sie haben sich gemäß ihren inhaltlich übereinstimmenden, glaubhaften Angaben im Januar 1982 kennengelernt und leben seit Ende Juni 1982 mit den beiden Kindern der Zeugin im Hause des Antragsgegners. Daß es sich dabei um eine auf Dauer angelegte Wohn- und Lebensgemeinschaft handelt, ergibt sich nicht zuletzt auch daraus, daß die als Volksschullehrerin tätige Zeugin ausweislich der zu den Akten überreichten Bescheinigung der Bezirksregierung O. vom 26.7.1982 um die Versetzung ihres bisherigen Tätigkeitsortes X. nach P./Y. eingekommen ist und daß von der Bezirksregierung beabsichtigt ist, sie nach dort zu versetzen und zum nächstmöglichenZeitpunkt mit der Schulleitung zu betrauen.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Die Zeugin hat anläßlich ihrer Vernehmung durch den Senat einen positiven Eindruck hinterlassen. Nach Ansicht des Senats ist sie eine energische, lebensbejahende Frau, die genau weiß, was sie will, und welche die mit dem Erfordernis, an L. demnächst Mutterstelle vertreten zu müssen, zweifellos verbundenen Probleme bewußt annimmt und sie nach menschlichem Ermessen auch erfolgreich zum Wohle des Kindes bewältigen wird. Mit diesem Eindruck deckt sich das Ergebnis der sachverständigen Begutachtung der Zeugin. Danach verfügt sie über die Spontaneität und Flexibilität, die beim Antragsgegner nicht so ausgeprägt ist, so daß beide sich voraussichtlich gut ergänzen können. Ihre Beziehung zu L. ist von einer sehr positiven Einstellung getragen; die Zeugin B. ist kinderlieb, hat ein offenes und unbeschwertes, auch bei ihrer Vernehmung deutlich zu Tage getretenes Auftreten und ist, zumal sie in einem harmonischen Elternhaus aufgewachsen ist, zum kindgerechten Umgang mit Kindern gut befähigt. Wenngleich L. zur Zeit jeglicher Zuwendung ihrer</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Eltern an einen anderen Partner ablehnend gegenübersteht und der Zeugin B. aus diesem Grunde gegenwärtig noch reserviert begegnen mag, steht gleichwohl zu erwarten, daß es angesichts der sehr engen, gefestigten Bindung des Kindes an seinen Vater und der natürlichen Kontaktfähigkeit und Anpassungsbereitschaft der Zeugin B. alsbald gelingen wird, dem Kind den bleibenden Rückhalt einer echten familiären Gemeinschaft zu vermitteln. Bei alledem kann es für L. voraussichtlich auch nur von Vorteil sein, daß in diese Gemeinschaft zwei weitere Kinder integriert worden sind, weil auch dies dazu beitragen dürfte, daß einer zu starken Abhängigkeit</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">des Kindes von seinem Vater im Sinne einer zu starken Fixierung auf seine Person und seine Persönlichkeit vorgebeugt wird.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Die Versorgung, Beaufsichtigung und Betreuung des Kindes im väterlichen Haushalt bringt keine Schwierigkeiten mit sich, weil die Zeugin B. nur noch halbtags berufstätig sein wird und sich deshalb nach Schulschluß hinreichend um L. kümmern kann. Außerdem hält sich auch der Antragsgegner unbeschadet seiner beruflichen Obliegenheiten, die er zu einem nicht geringen Teil von seinem im Hause gelegenen Büro aus</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">erledigt, relativ viel zu Haus auf. Mit der Übersiedlung in den väterlichen Haushalt ist für L. ein neuerlicher Schulwechsel allerdings unumgänglich erforderlich. Daraus</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">erwachsen dem Kind nach Ansicht des Senats aber schon deshalb keine ernstlichen Schwierigkeiten, weil es gemäß dem Sachverständigengutachten über eine sehr gute Begabung verfügt, aufgeschlossen und wißbegierig ist, und nicht zuletzt auch von der als Lehrerin tätigen Zeugin B. in der erforderlichen Weise gefördert werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Nach alledem konnte der Beschwerde des Antragsgegners der sachliche Erfolg nicht versagt bleiben. </p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Abschließend sieht der Senat Veranlassung, die Parteien mit Nachdruck auf folgendes hinzuweisen:</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Beide Eltern müssen unbedingt darauf achten - dasselbe gilt natürlich in gleicher Weise für die Zeugin B. <b>-, </b>daß L. mit dem Inhalt und dem Ausgang des vorliegenden Verfahrens, insbesondere mit den eingeholten Sachverständigengutachten nicht vertraut gemacht wird, weil das in dem sehr sensiblen Kind gegenwärtig und auch in näherer Zukunft seinem Wohlergehen mit Sicherheit sehr abträgliche Schuldgefühle erzeugen würde, so gänzlich unangebracht diese objektiv auch sind.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Ferner muß der Antragsgegner der Antragstellerin ein ebenso großzügig bemessenes Umgangsrecht mit dem Kind einräumen und gewährleisten, wie es ihm bislang zuteil geworden ist. Darauf, daß dies geschieht, ist L., die sehr an ihrer Mutter hängt, aus Gründen ihres kindlichen Wohlergehens unerläßlich angewiesen. Der Antragsgegner mag sich schon jetzt vor Augen halten, daß es ein Grund für die Abänderung der vom Senat getroffenen Entscheidung bedeuten kann, wenn er der Antragstellerin dieses Recht aus von ihm zu vertretenden Gründen streitig machen oder dessen regelmäßige Ausübung in sonstiger Weise vereiteln oder nachhaltig erschweren sollte.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin sollte ihrerseits die Ausübung des Umgangsrechts mit dem Kind vornehmlich dazu nutzen, dem Kind die Angst vor dem Verlust der Mutter durch unbeschwertes, natürliches Verhalten und Verständnis und liebevolles Eingehen auf seine Vorstellungen und Wünsche nehmen. Auf diese Weise können beide Eltern nach Ansicht des Senats, wozu sie hiermit besonders aufgerufen sind, das zukünftige Wohlergehen ihres Kindes voraussichtlich am besten befördern.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 93 a ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: 5.000,-- DM.</p>
|
315,796 | olgk-1982-08-05-21-wf-13582 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 21 WF 135/82 | "1982-08-05T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:08" | "2019-03-27T09:42:11" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1982:0805.21WF135.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Familiengerichts Wermelskirchen vom 4. Juni 1982 - 2 F 7/82 - aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Das Verfahren wird zur neuerlichen Entscheidung über das Prozeßkostenhilfegesuch der Antragsgegnerin an das Familiengericht Wermelskirchen zurückverwiesen, wobei das Familiengericht angewiesen wird, der Antragsgegnerin Prozeßkostenhilfe nicht aus den Gründen des aufgehobenen Beschlusses zu versagen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist zulässig (§§ 127 Abs. 2, 569 ZPO) und sachlich gerechtfertigt; sie führt gern. § 575 ZPO unter Aufhebung des mit ihr angefochtenen Beschlusses</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">zur Zurückverweisung des Verfahrens zwecks neuerlicher Entscheidung über das Prozeßkostenhilfegesuch der Antragsgegnerin an das Familiengericht Wermelskirchen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Dem Familiengericht ist allerdings zuzugeben, daß der angefochtene Beschluß zumindest teilweise zu Recht ergangen wäre, sofern im vorliegenden Verfahren nur auf die Erfüllung der in § 114 ZPO normierten Voraussetzung abzustellen wäre, wonach einer Partei Prozeßkostenhilfe u.a. dann nur bewilligt werden darf, wenn die von ihr beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Diese Voraussetzung ist bezüglich der Antragsgegnerin, soweit es um das Ehescheidungsverfahren als solches geht, nicht erfüllt. Ihre Rechtsverteidigung ist auf die Abweisung des Ehescheidungsantrages des Antragstellers ausgerichtet, dem aber, gemessen am bisherigen Sach- und Streitstand, voraussichtlich stattzugeben sein wird:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Scheitern der Ehe wird gern. § 1566 Abs. 2 BGB unwiderleglich vermutet, weil die Parteien seit drei Jahren dauernd voneinander getrennt leben, und die Antragsgegnerin hat bislang nicht vorgetragen, was die Anwendung der sogenannten Härteklausel gern. § 1568 Abs. 1 BGB zu rechtfertigen vermöchte.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Bei seiner Entscheidung hat das Familiengericht indessen die Besonderheiten des Ehescheidungsverfahrens und die Auswirkungen dieser Besonderheiten auf die</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Bewilligung nachgesuchter Prozeßkostenhilfe unbeachtet gelassen. Unter gebotener Bedachtnahme auf diese Besonderheiten muß es für die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe - soweit es dabei um das Erfordernis hinreichender Erfolgsaussicht i.S. d. § 114 ZPO geht – letztlich ausreichen, wenn ein von der Rechtsordnung vorgesehenes</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Verfahrensziel verfolgt wird. Zu dieser Sicht, die auf eine einschränkende Interpretation des § 114 ZPO im dargelegten Sinne hinausläuft, nötigen folgende Erwägungen:</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Ehescheidungsverfahren wird unter der Geltung des jetzigen, neuen Rechts maßgeblich vom sogenannten Verbundprinzip geprägt und beherrscht; soweit in Familiensachen des § 621 Abs. 1 ZPO (sog~ Scheidungsfolgesachen) eine Entscheidung zu treffen ist und dies von einem der Ehegatten rechtzeitig begehrt wird, ist hierüber gleichzeitig und zusammen mit dem Scheidungsantrag zu verhandeln und, sofern dem Scheidungsantrag stattgegeben wird, zu entscheiden; § 623 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Soweit es</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">sich dabei um die Scheidungsfolgesachen der Regelung der nachehelichen elterlichen Sorge über ein eheliches, minderjähriges Kind und der Durchführung des Versorgungsausgleichs in den Fällen des § 587 b BGB handelt - eben diese beiden Scheidungsfolgesachen sind zur Zeit bei dem Familiengericht anhängig -, besteht sogenannter Zwangsverbund, der dadurch gekennzeichnet ist, daß es sich dabei um antragsunabhängige Scheidungsfolgesachen handelt; § 623 Abs. 3 Satz 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Nun bestimmt § 624 Abs. 2 ZPO, daß sich die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe für die Scheidungssache (automatisch) auf die (in diesem Zeitpunkt bei dem Familiengericht</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">anhängigen) Scheidungsfolgesachen erstreckt, sofern diese nicht ausdrücklich von der Bewilligung ausgenommen werden. Würde es dabei bewenden, daß Prozeßkostenhilfe <u>für das Scheidungsverfahren </u>zu versagen ist, wenn die insoweit beabsichtigte Rechtsverteidigung - hier: Stellung des Abweisungsantrages - keine hinreichende Aussicht auf</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Erfolg verspricht, dann hätte dies ein Ergebnis zur Folge, das ersichtlich nicht zu befriedigen vermöchte: Der Antragsgegnerin müßte unter der Voraussetzung ihrer sogenannten Prozeßarmut i.3. d. § 114 ZPO für die beiden zur Zeit anhängigen Scheidungsfolgesachen Prozeßkostenhilfe bewilligt werden, weil sich<u> insoweit</u> die hinreichende Erfolgsaussicht ihrer Rechtsverteidigung (besser: Rechtsverfolgung) nicht bezweifeln läßt. Dabei ist klarstellend darauf hinzuweisen, daß eine Partei, die -wie hier die Antragsgegnerin-Abweisung des gegnerischen Ehescheidungsantrages verlangt, nach Ansicht des Senats für den Fall, daß diesem Antrage stattgegeben wird, gewissermaßen hilfsweise darauf anträgt, daß in diesem Falle gleichzeitig liber die jeweils anhängigen Scheidungsfolgesachen mitentschieden wird, wie es im vorliegenden Fall bezüglich der beiden zur Zeit anhängigen Scheidungsfolgesachen gern. § 623 Abs. 3 ZPO ja ohnehin schon von</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Amts wegen zu geschehen hat. Also müßte der Antragsgegnerin für diese beiden Scheidungsfolgesachen in jedem Falle Prozeßkostenhilfe bewilligt werden. Da diese Verfahren gern. § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO dem Anwaltszwang unterliegen und da ferner das Familiengericht dem Antragsteller unter Beiordnung seines Prozeßbevollmächtigten Prozeßkostenhilfe bewilligt hat, müßte der Antragsgegnerin aus diesen beiden, voneinander unabhängigen Gründen, gern. § 121 ZPO mit der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe für die beiden Scheidungsfolgesachen ferner ihre Prozeßbevollmächtigte als anwaltliche Vertreterin beigeordnet werden, die alsdann lediglich im Bereich des eigentlichen Ehescheidungsverfahrens für sie nicht tätig werden, für sie nicht auftreten,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">keine Anträge stellen und nicht zur Sache verhandeln könnte, obwohl über die Scheidung und die Scheidungsfolgesachen im Verbund (hier: Zwangsverbund) zu verhandeln</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">und zu entscheiden ist. Daß dieses Ergebnis untragbar ist, liegt auf der Hand.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Würde ferner die Antragsgegnerin in erster Linie Abweisung des gegnerischen Scheidungsantrages und hilfsweise den Ausspruch der Scheidung auf eigenen Antrag hin beantragen , dann ließe sich bezüglich des Hilfsantrages die hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung auch im Bereich des eigentlichen Ehescheidungsverfahrens nicht bezweifeln und es müßte ihr alsdann, wieder unter der Voraussetzung ihrer Prozeßarmut, gemessen am wirtschaftlichen Endergebnis,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">uneingeschränkt Prozeßkostenhilfe bewilligt werden, weil dem Antrag auf Abweisung des Scheidungsantrages kein höherer Streitwert zukommt als dem hilfsweise</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">gestellten Scheidungsantrag. Damit hinge die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe letztlich von Zufälligkeiten ab, nämlich davon, ob nur der Scheidungsabweisungsantrag</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">oder zusätzlich auch ein Hilfsantrag im vorgenannten Sinne gestellt worden ist, was gleichfalls nicht befriedigen kann.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Letztlich wäre es auch ein mit dem Eheschutz des Art. 6 GG nicht zu vereinbarendes Ergebnis, dem der hilfsweise der Scheidung zustimmt, eine anwaltliche Vertretung zu bewilligen, dem dagegen, der sich gegen die Scheidung wehrt, nicht. Aus allen diesen Gründen darf einem Ehegatten nach nahezu einhelliger, auch vom Senat vertretener Auffassung Prozeßkostenhilfe nicht mit der Begründung versagt werden, seine Verteidigung gegen den Scheidungsantrag des anderen Ehegatten verspreche keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. OLG Hamm, MDR 1978,499: OLG Köln, NJW 1978, 2303; OLG Braunschweig, FamRZ 1979, 731; OLG Bamberg, Jur.Rüro 1980, 766; OLG Frankfurt, FamRZ 1980, 716; Zöller-Schneider, ZPO, 13. Aufl., § 114 Anm. VII,2 b.)</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Da aus den dargelegten Gründen der angefochtene BeschluIß einerseits nicht bestehen bleiben konnte, das Familiengericht aber andererseits über die Frage der für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zusätzlich erforderlichen Prozeßarmut der Antragsgegnerin noch nicht entschieden hat, war das Verfahren unter Aufhebung der ergangenen Entscheidung zum Zwecke neuerlicher Entscheidung an das Familiengericht zurückzuverweisen, das dem Antrag stattzugeben haben wird, wenn es zu dem Ergebnis kommt, daß die Antragsgegnerin arm im Sinne des Gesetzes ist.</p>
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315,797 | olgk-1982-08-02-21-wf-12882 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 21 WF 128/82 | "1982-08-02T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:09" | "2019-03-27T09:42:11" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1982:0802.21WF128.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln vom 28. April 1982 - 313 F 170/81 - wird, soweit darin über die Beiordnung eines Verkehrsanwaltes</p>
<p>entschieden worden ist, abgeändert und insoweit wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Der Antragsgegnerin wird im Wege ratenfreier Prozeßkostenhilfe Rechtsanwalt K. in 0000 N. als Verkehrsanwalt für das Scheidungsverfahren einschließlich des Versorgungsausgleichs-Verfahrens beigeordnet.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien, beide deutsche Staatsangehörige, haben am 13. September 1977 die Ehe geschlossen, aus der keine Kinder hervorgegangen sind. Jedenfalls seit April 1981 leben die Parteien getrennt. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 1. Oktober 1981 hat der Antragsteller bei dem Amtsgericht Köln die Scheidung seiner Ehe beantragt. Mit Schriftsatz vom 16. März 1982 hat die Antragsgegnerin, die nach wie vor in XXXX M. (Amtsgerichtsbezirk 0X0X F.) wohnt, ihrerseits die Ehescheidung beantragt und zugleich um Prozeßkostenhilfe zur Durchführung des Scheidungsverfahrens unter Beiordnung von Rechtsanwältin C. T. in O. als Prozeßbevollmächtigt.e und von Rechtsanwal-t K. in 0000 Moormerland als Verkehrsanwalt nachgesucht. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Durch den hiermit in Bezug genommenen Beschluß vom 28. April 1982 hat das Amtsgericht der Antragsgegnerin Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin C. T. bewilligt, die beantragte Beiodnung eines Verkehrsanwaltes jedoch abgelehnt,und</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">zwar mit der Begründung, die Sach- und Rechtslage sei einfach. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 9. Juli 1982, mit der sie ihren Antrag auf Beiordnung eines Verkehrsanwaltes weiter verfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Familienrichter hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten am 22. Juli 1982 dem Senat zur Entscheidung über die Beschwerde vorgelegt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht hat der Familienrichter es abgelehnt, der Antragsgegnerin gemäß ihrem Antrag auch einen Verkehrsanwalt im Wege der Prozeßkostenhilfe beizuordnen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 121 Abs. 3 ZPO kann einer hilfsbedürftigen Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Anwalt ihrer Wahl zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozeßbevollmächtigten beigeordnet werden, wenn besondere Umstände dies erfordern. Das ist</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">hier der Fall.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Dabei kann unerörtert bleiben, ob die Beiordnung eines Verkehrsanwaltes in einer Scheidungssache im allgemeinen notwendig ist (so Baumbach-Hartmann, ZPO, Anm. 4 B b zu § 121 unter Hinweis auf OLG Düsseldorf in FamRZ 1980/390; ebenso Zöller-Schneider, ZPO, Anm. IV, 3 c zu § 121). Die Beiordnung eines Verkehrsanwaltes ist wegen der gebotenen Gleichbehandlung von bemittelten und unbemittelten Parteien jedenfalls dann erforderlich, wenn die von einer bemittelten Partei für einen Verkehrsanwalt aufgewandten Kosten als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO anzusehen sind (vgl. OLG Köln in NJW 1975/1607). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Auch eine geschäfts- und schreibgewandte Partei muß Gelegenheit haben, ihren zum Prozeßbevollmächtigten bestellten Anwalt persönlich aufzusuchen, um ihm die zur Führung des Prozesses erforderlichen Informationen zu erteilen und mit ihm den Sach- und</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Streitstand des Prozesses sowie die sich daraus ergebende Rechtslage eingehend mündlich zu erörtern. Kosten, die eine auswärtige Partei für solche Informationsreisen zu ihrem Anwalt aufwendet, sind regelmäßig als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig anzusehen und daher gemäß § 91 Abs. 1 ZPO erstattungsfähig (vgl. Stein-Jonas-Leipold, ZPO, RdNr. 67 zu § 91). Verzichtet die Partei auf die an sich notwendigen Informationsreisen und bedient sich statt dessen eines Verkehrsanwaltes, so sind dessen Kosten jedenfalls in Höhe der ersparten Reisekosten der Partei als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig anzusehen. Dabei ist maßgebend für die Anzahl der fiktiven Informationsreisen die vorausschauende Beurteilung im Zeitpunkt der Beauftragung des Verkehrsanwalts. Die volle Verkehrsanwaltsgebühr</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">nach § 52 BRAGO ist als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig anzuerkennen, wenn die Partei vorausschauend damit rechnen konnte, daß die Kosten einer unmittelbaren Information ihres Prozeßbevollmächtigten die Kosten des Verkehrsanwalts nahezu erreichen oder gar übersteigen würden (vgl. Stein-Jonas-Leipold, zPO, RdNr. 71 zu § 91). So liegt die Sache hier. Ob die Kosten für eine oder für mehrere Reisen der Partei zu ihrem Prozeßbevollmächtigten als notwendig angesehen werden können, hängt von der Eigenart des Streitstoffes ab. Gerade Ehesachen sind dadurch gekennzeichnet, daß im Laufe des Verfahrens häufig Veränderungen auftreten, die eine wiederholte anwaltliche Beratung erforderlich machen, so daß sich die Zahl der notwendigen Informationsreisen im voraus schlecht übersehen läßt (vgl. OLG Koblenz in MDR 1977/233 und OLG Düsseldorf in FamRZ 1980/390). Nach Auffassung des Senates wird man selbst in einer verhältnismäßig einfach gelagerten Scheidungssache jedenfalls zwei Informationsreisen als erforderlich ansehen müssen, die erste zu Beginn des Verfahrens und die zweite vor dem eigentlichen Scheidungstermin, etwa wenn die zur Durchführung</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">des Versorgungsausgleiches benötigten Auskünfte der Versorgungsträger vorliegen und von der Partei mit ihrem Anwalt besprochen werden müssen. Durfte die Antragsgegnerin demzufolge davon ausgehen, daß sie mindestens zweimal zu ihrer Prozeßbevollmächtigten nach O. würde reisen müssen, um ihr Scheidungsverfahren</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">ordnungsgemäß führen zu können, so diente es durchaus einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, wenn die Antragsgegner in von vornherein die Dienste eines Verkehrsanwaltes in Anspruch nahm; denn dessen Kosten belaufen sich bei dem maßgebenden Streitwert von 5.000,-- DM (4.000,-- DM Scheidungssache + 1.000,-- DM Versorgungsausgleichssache) lediglich auf 344,36 DM (265,-- DM 10/10-Gebühr nach § 52 BRAGO + 39,75 DM Auslagenpauschale nach § 26 BRAGO + 13 % Mehrwertsteuer), auf einen Betrag also, den die Antragsgegnerin für zwei Reisen nach O. einschließlich unvermeidbarer Zehr- und übernachtungskoster schätzungsweise aufwenden müßte. Ist demnach die Beauftragung eines Verkehrsanwaltes auf seiten der Antragsgegnerin als notwendig im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO anzuerkennen, so kann der Antragsgegnerin auch die Beiordnung eines Verkehrsanwaltes gemäß § 121 Abs. 3 ZPO nicht versagt werden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Dabei verkennt der Senat nicht, daß die Notwendigkeit, einen Verkehrsanwalt zu beauftragen, verneint werden muß, wenn wegen der besonderen Einfachheit des Streitfalles oder wegen besonderer Fähigkeiten der Partei ausnahmsweise nicht einmal eine</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Informationsreise zu dem Prozeßbevollmächtigten als notwendig angesehen werden kann. Selbst eine einverständliche Scheidungssache stellt indessen nach Auffassung des Senates schon wegen der mit ihr verbundenen Rechtsfolgen, darunter stets der rechtlich komplizierte Versorungsausgleich, grundsätzlich keinen Streitfall von solcher Einfachheit dar, daß einem Ehegatten angesonnen werden könnte, über seinen Scheidungsprozeß mit seinem Anwalt lediglich einen Schriftwechsel zu führen. Im übrigen kann in diesem Zusammenha.ng auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß eine Ehescheidung in der Regel erst einverständlich durchgeführt wird, nachdem die Parteien ihre Ehesache sowie alle Folgen einer Scheidung mit den Anwälten ihres Vertrauens</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">eingehend erörtert haben.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Demnach mußte der angefochtene Beschluß in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang abgeändert werden. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt (§ 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO) .</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert <b>: </b>344,36 DM.</p>
|
315,798 | lg-duisburg-1982-07-30-10-o-7081 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 10 O 70/81 | "1982-07-30T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:11" | "2019-03-27T09:42:11" | Teilurteil | ECLI:DE:LGDU:1982:0730.10O70.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p> Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 275,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 22. April 1981 zu zahlen.</p>
<p> Es wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner ver- pflichtet sind, dem Kläger den weiteren Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Minderung einer Erwerbsfähigkeit entstanden ist und künftig entstehen wird, soweit diese Ansprüche nicht auf öffent- lich-rechtliche Versicherungsträger übergegangen sind. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000,-- DM zu zahlen. nebst 4 % Zinsen seit dem 17.4.1981 abzüglich am 15.7.1980 gezahlter 2.000,-- DM, ab- züglich am 15.7.1980 gezahlter 2.000,-- DM, abzüglich am 3.10.1980 gezahlter 5.000,-- DM und abzüglich weiterer am 5.11.1980 gezahlter 3.000 DM. Wegen des weitergehenden Schmerzensgeldantrages wird die Klage abgewiesen, ebenso hinsichtlich der unfallbedingten Mehrauf- wendungen. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, gegenüber dem Beklagten zu 1) jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 42.000,-- DM.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger befuhr am 23.4.1980 mit dem Motorrad seines Freundes gegen 22.30 Uhr die Straße in in östlicher Richtung. Ihm entgegen kam der Beklagte zu 1) mit seinem PKW, der bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte zu 1) wollte nach links in die Straße "" abbiegen. Hierbei kam es zum Zusammenstoß mit dem ihm entgegenkommenden Motorrad.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Durch den Zusammenprall wurde der Kläger durch die Luft geschleudert. Er hat folgende Verletzungen davongetragen:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">1) Bruch des rechten Unterschenkels,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">2) Bruch des linken Fußgelenks,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">3) Abriß Außenknöchel/Fuß links</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">4) Trümmerbruch Kniescheibe links</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">5) Sternbruch Kniescheibe rechts</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">6) Schock und Polytrauma</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">7) Handgelenksfraktur.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Kläger befand sich vom 23.4.80 - 25.6.1980, vom 2.12.1980 - 18.12.1980 und vom 27.2.1981 - 10.3.1981 in stationärer Krankenhausbehandlung. Bis zum 31.1.1981 war der Kläger zu 100 % arbeitsunfähig. Die dem Beklagten zu 1) entnommene Blutprobe ergab für den Unfallzeitpunkt eine mittlere Blutalkoholkon-zentration von 2,35 ‰.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Unstreitig ist zwischen den Parteien der Unfallhergang sowie der Umstand, daß der Kläger die Straße mit überhöhter Geschwindigkeit befahren hat.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beziffert seinen Schaden wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Motorradhelm 75,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Unkostenpauschale 200,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">unfallbedingte Mehraufwendungen 200,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Verdienstausfall <u>14.688,42 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">19</span><ol class="absatzLinks" type="a"><li><u> 15.163,42 DM</u></li></ol>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet: ohne den Unfall hätte er im April 1980 sein Fachabitur bestanden und sofort den von ihm erwählten Beruf eines Elektroingenieurs ergreifen können. Durch den Unfall habe er das Abitur erst später machen können, so daß der geltend gemachte Dienstausfall entstanden sei. Durch Fahrten zum Anwalt, Tele-fonate etc. seien Unkosten entstanden, die mit 200 DM zu veranschlagen seien.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Kläger meint: ein Schmerzensgeldbetrag von 60.000 DM sei unter Berücksich-tigung aller Umstände angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">
</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"> die Beklagten zu verurteilen, an ihn als Gesamtschuldner</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"> 15.163,42 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 22.4.1981 zu zahlen</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"> sowie festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner ver-</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"> pflichtet sind, dem Kläger den weiteren Schaden zu ersetzen, der </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"> aus der Minderung seiner Erwerbsfähigkeit, soweit noch nicht be-</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks"> ziffert, entstanden ist und künftig entstehen wird, </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"> sowie den Beklagten zu 1) zu verurteilten, an ihn ein Schmerzensgeld</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"> von 60.000 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen abzüglich</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks"> am 15.7.80 gezahlter 2.000 DM, abzüglich am 3.10.1980 gezahlter </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"> 5.000 DM und weiterer am 5.11.1980 gezahlter 3.000 DM.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks"> die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Sie behaupten: ein Verdienstausfall sei beim Kläger nicht eingetreten. Aufgrund seiner Noten wäre er nicht in der Lage gewesen, einen Arbeitsplatz zu finden, möglicherweise hätte er das Abitur im April 1980 nicht bestanden. Dauerschäden seien nicht zurückgeblieben.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Sie meinen: die geltend gemachte Unkostenpauschale sei überhöht, unfallbedingte Mehraufwendungen nicht gegeben, da sich der Kläger ersparte Aufwendungen anrechnen lassen müsse. Die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes entfalle, da der Beklagte zu 1) wegen des Unfalls strafrechtlich verurteilt worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitend gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß den Beweisbeschlüssen vom 27.5.81 </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">(Bl. 67 d. A.) und 24.11.1981 (Bl. 86 - 87 d A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 13.4.1982 (Bl. 120 - 126 </p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">d. A.) sowie auf das Sachverständigengutachten vom 15.1.1982 (Bl. 100 - 106 d. A.) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist im zuerkannten Umfang entscheidungsreif und begründet.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die grundsätzliche Eintrittspflicht der Beklagten ergibt sich aus den §§ 823, 847 BGB, 7 Abs. 1 StGV und 3 Pflichtversicherungsgesetz.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Nach Abschluß des Verfahren 5 C 374/80 AG Duisburg ist der Grund der Haftung der Beklagten unstreitig. Das Gericht hat sich in einer weiteren Anhörung des Sachverständigen davon überzeugt, daß in Ergänzung zu dem Gutachten des Sachverständigen in dem Verfahren 5 C 374/80 AG Duisburg der Unfall nicht auf die vom Sachverständigen festgestellte überhöhte Geschwindigkeit des Klägers zurückzuführen ist. Der Unfall hätte sich nach den Feststellungen des Sachverstän-digen, denen das Gericht folgt, auch bei einem verkehrsgerechten Verhalten des Klägers ereignet. Die Beklagten haben dann auch ihre Angriffe gegen den Sachver-ständigen fallengelassen, so daß die Einholung eines weiteren Gutachtens nicht erforderlich war.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">War danach der Unfall für den Kläger unvermeidbar, so entfällt eine Haftungsvertei-lung nach § 17 StVG.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben danach zunächst den materiellen Schaden des Klägers zu ersetzen. Den Zeitwert des Helms schätzt das Gericht auf 75,-- DM, Einwendungen gegen diesen schon vom Kläger angegebenen Wert haben die Beklagten nicht vorgebracht. Des weiteren kann der Kläger eine Unkostenpauschale geltend machen, deren Höhe das Gericht gem. § 287 ZPO auf 200 DM schätzt. Zwar hat der Kläger konkrete Nachweise zur Höhe insofern nicht erbracht. Der Kläger befand sich jedoch über einen langen Zeitraum in ärztlicher Behandlung, so daß zahlreiche Fahrten zur Heilgymnastik und zu den Rehabilitationsmaßnahmen erforderlich waren.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der geltend gemachten Mehraufwendungen war die Klage abzuweisen. Es kann zwar als richtig unterstellt werden, daß der Kläger Mehraufwendungen in Höhe von 200 DM gehabt hat. Der Kläger hat aber während seiner stationären Krankenhausaufenthalte die üblichen Aufwendungen für die Verpflegung zu Hause erspart und muß sich diese Ersparnis anrechnen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des Schmerzensgeldes hält das Gericht unter Berücksichtigung aller Faktoren ein solches von 40.000 DM für angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Berücksichtigt worden sind dabei die erheblichen Verletzungen, die der Kläger erlitten hat, sowie der Umstand, daß es sich bei dem Kläger um einen jungen Mann handelt, für den die erlittenen Verletzungen mit den noch heute verbliebenen und auch in Zukunft verbleibenden Einschränkungen besonders bedeutsam sind. Bei der Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldanspruches war weiter zu berücksichtigen, daß beim Kläger ein Dauerschaden zurückgeblieben ist. Schon im Gutachten des Prof. Dr. vom 25.8.1980 ist davon die Rede, daß anzunehmen ist, daß ein Dauer-schaden zurückbleiben werde. In dem vom Gericht eingeholten Gutachten der Universitätsklinik kommt der Sachverständige zu dem Schluß, daß an Unfallfolgen </p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">u. a. zu erkennen sind: Bewegungseinschränkung der rechten Hand, erhebliche Beugebehinderung am linken Knie mit Gelenkreiben und erheblicher Verformung der linken Kniescheibe, Formveränderungen an der rechten Kniescheibe und Beugebe-hinderung am rechten Knie sowie Gangbehinderung. Bei den dargestellten Beein-trächtigungen handelt es sich um Dauerschäden, ohne daß es dazu der Einholung eines weiteren Gutachtens bedurfte. Die Angriffe der Beklagten gegen das Gutach-ten der Universitätsklinik gehen fehl, der Dauerschaden ist eindeutig und zweifelsfrei festgestellt.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes war weiter zu berücksichtigen, daß der Kläger sich insgesamt ungefähr 3 Monate in stationärer Behandlung befunden hat. Allerdings haben sich größere Komplikationen nicht ergeben, nach dem eigenen Vortrag des Kläger ist vielmehr davon auszugehen, daß der Heilungsprozeß rei-bungslos verlaufen ist.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Bei einem besonderen Verschuldensgrad ist eine Erhöhung des Schmerzensgeldes vorzunehmen (vgl. BGHZ 18, 249). Hier fuhr der Beklagte zu 1) mit 2,35 ‰ im öffent-lichen Straßenverkehr. Damit ist ein erhebliches Verschulden gegeben. Demgegen-über können sich die Beklagten in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, daß bei einer Bestrafung des Täters die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes entfalle. Das ist zwar grundsätzlich richtig (vgl. OLG Düsseldorf NJW 74, 1289). Nach der Auffassung des Gerichts kann dies aber bei einem Verhalten wie dem des Beklagten zu 1) angesichts der Schwere des Verkehrsverstoßes nicht gelten.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Eine Erhöhung des Schmerzensgeldes war auch unter dem Gesichtspunkt der verzögerlichen Behandlung der Angelegenheit durch die Beklagten vorzunehmen. Die Beklagten haben unzureichende Vorschußzahlungen erbracht, obwohl die Schwere der Verletzungen und auch der Unfallhergang schnell abgeklärt waren. Natürlich konnten die Beklagten eine gerichtliche Klärung des Vorfalls und der damit verbundenen Ansprüche abwarten. Dies kann sich jedoch lediglich auf die endgültige Abrechnung mit dem Kläger beziehen, nicht auf angemessene Vorschußzahlungen.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger kann nicht darin beigepflichtet werden, daß seine Verletzungen mit denen vergleichbar sind, die sich aus den von ihm zitierten Beispielen aus der Schmerzensgeldtabelle von Hacks-Ring-Böhm ergeben. In den aufgeführten Beispielen handelt es sich um wesentlich schwerwiegendere Verletzungen, die zu höheren Schmerzensgeldbeträgen geführt haben.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Der Feststellungsantrag des Klägers ist ebenfalls begründet. Ein Dauerschaden ist eingetreten, bei dem noch nicht abzusehen ist, ob er auch noch in der Zukunft Auswirkungen auf die Erwerbstätigkeit haben wird.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kläger Ersatz von Verdienstausfall begehrt, ist die Sache noch nicht entscheidungsreif. Es bedarf noch weiterer Beweiserhebung.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ist aus § 291 BGB begründet.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.</p>
|
315,799 | olgk-1982-07-29-4-uf-21082 | {
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} | 4 UF 210/82 | "1982-07-29T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:12" | "2019-03-27T09:42:11" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1982:0729.4UF210.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses wird der Antrag der Antrag-stellerin vom 02. Juli 1982 zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der angefochtene Beschluß ist zu Unrecht ergangen. Der Antrag der Antragstellerin, ihr den persönlichen Umgang mit den Kindern B. und G in den Sommerferien für die</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Dauer von 4 Wochen zwischen dem 17. Juli 1982 und 13. August 1982 zu gestatten, ist unbegründet. Dem Antrag steht offensichtlich schon die Einigung der Eltern über den persönlichen Umgang in den Sommerferien entgegen. Entsprechend § 1671 III</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">BGB können Eltern auch eine Einigung über Art und Umfang des Umgangs des nicht sorgeberechtigten Elternteils mit den Kindern treffen, die eine vergleichbare Bindungswirkung hat (vgl. Senatsbeschluß vom 02.10.1978 - 4 UF 194/78 OLG Köln). Wenn</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">nämlich den Eltern ein mit Bindungswirkung ausgestatteter Vorschlag in Bezug auf das elterliche Sorgerecht gestattet ist, muß ihnen diese Möglichkeit auch für das Umgangsrecht, dem geringere Bedeutung beikommt, offenstehen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Eltern haben sich darauf geeinigt, das Besuchsrecht für die Sommerferien mit "mindestens drei Wochen" festzulegen. Der Zusatz "mindestens" bedeutet freilich nicht, daß die Mutter jederzeit einen längeren Sommerferienumgang ggf. gerichtlich sollte durchsetzen können. Dieser Passus ist vielmehr im Zweifel dahin auszulegen, daß es ihr freisteht, beim Vater um eine einverständliche Ausdehnung des Ferienumgangs nachzusuchen. Kommt darüber eine Einigung nicht zustande, bleibt es bei den drei Wochen, die ja an der oberen Grenze des üblichen Sommerferienumgangsrechts liegen. Ob und welche Umstände -"dringende" Gründe des Kindeswohls - eine gerichtliche Erweiterung</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">des Umgangs für die Sommerferien zulässig erscheinen lassen, bedarf hier keiner allgemeinen Erörterung.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Im hier zu entscheidenden Fall nämlich tritt zu der <u>allgemeinen</u> zwischen den Eltern vereinbarten Besuchsregelung eine <u>konkrete </u>Absprache der Eltern vom Juni 1982 über den Besuch der Kinder bei der Mutter in den Sommerferien 1982. Die Begründung, mit der das Familiengericht glaubt, sich über diese Einigung der Eltern hinwegsetzen zu können, um "im Einzelfall" eine Regelung für alle Beteiligten, insbesondere aber für die Kinder zu treffen, die lI akzeptabel ll erscheint, ist im Grundsätzlichen Ansatzpunkt und in der fallbezogenen Ausführung unhaltbar.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Dem Familiengericht steht entgegen seiner Darlegung gerade <u>nicht</u> die Befugnis zu, trotz Einigung der Eltern über den Umgang der Kinder im Einzelfall eine andere Regelung zu treffen, die <u>ihm</u> "akzeptabel" erscheint. Aus § 1671 III BGB, der entsprechend anwendbar ist, wie dargelegt, folgt, daß eine abweichende gerichtliche Regelung <u>nur</u> statthaft sein soll, wenn dies zum Wohl der Kinder "erforderlich" ist. Es genügt also</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">nicht, daß eine bessere Lösung, als die von den Eltern getroffene, an sich oder auch konkret denkbar ist, sie muß im Interesse des Kindeswohls "erforderlich" sein, also notwendig, um eine <u>erhebliche</u> Benachteiligung der Kinder abzuwenden.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Eltern selbst sind an die Umgangsregelung gebunden ohne das Recht einseitiger Lösung von der Vereinbarung zu haben. Ein solches Recht besteht nur, wenn erhebliche Gründe des Kindeswohls an einem Festhalten an der Einigung entgegenstehen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Grundsätzlich jedoch entfaltet eine Einigung Bindungswirkung, vor allem im Interesse der von der Einigung betroffenen Kinder, denen es im allgemeinen zum Wohle gereicht, auch im Umgang mit dem nicht sorgeberechtigten Elternteil eine verläßliche und kontinuierliche Gestaltung zu erfahren. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Erhebliche Gründe für eine Lösung von der Einigung mit dem Vater, sind von der Mutter auch in der Beschwerdeerwiderung nicht geltend gemacht worden. Daß zur Hochsommerzeit reges Treiben auf Flughäfen zumal in Feriengebieten herrscht, ist allgemein bekannt. Die Kinder sind dadurch jedoch in keiner Weise gefährdet, da sie ja individuell von Stewardessen, denen alle Umstände des Flugverkehrs auch im Hochsommer bekannt sein dürften, betreut werden.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Eingriffe des Staates in elterliche Umgangsregelungen sind nur gestattet, wenn anderenfalls das Kindeswohl erheblich gefährdet wäre.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Aus Artikel 6 II 1 ff folgt, daß Pflege und Erziehung "zuvörderst" eine den <u>"Eltern"</u> obliegende Pflicht ist. Dem Staat steht - Artikel 6 II 2 ff - nur ein "Wächteramt" zu, also keineswegs eine primäre, der Pflicht der Eltern vergleichbare Betätigung. Der Staat "wacht" nur über die Betätigung der Eltern in Bezug auf ihre Kinder. Die "primäre Entscheidungszuständigkeit" der Eltern beruht auf der Erwägung, daß die Eltern die Interessen des Kindes regelmäßig am besten wahrnehmen können, wobei die Möglichkeit in Kauf genommen wird, daß das Kind durch den Entschluß der Eltern wirkliche oder vermutliche "Nachteile" erleidet (BVG, FamRZ 1982, 567 (570) zu § 1666 BGB). Daraus folgt, daß es nicht zu den Wächteraufgaben und Befugnissen des Staates - im zu entscheidenden Falle wahrzunehmen durch die Familiengerichtsbarkeit - gehört, schon dann an Stelle der Eltern tätig zu werden, um eine "bestmögliche" Förderung des Kindes sicherzustellen (BVG a.a.O.). Der Staat hat insoweit vielmehr erst dann einzugreifen, wenn</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">die Gefahr besteht, daß vorrangiges Elternhandeln das Wohl der Kinder erheblich zu beeinträchtigen geeignet ist. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Von einer das Kindeswohl erheblich beeinträchtigenden Wirkung der Reisegestaltung (Rückflug am 9.8.82 von Italien aus) gemäß dem ursprünglichen Plan (Einigung) der Eltern (siehe Brief Mutter vorn 16.6.82 BI. 17 d.A.) kann jedoch begründet nicht einmal die Rede sein, wenn man nur die "Beeinträchtigung" prüft.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Mutter hat in ihrem bestätigenden Brief vom 16.6.1982 mit keinem Wort eine Gefährdung des Kindeswohls durch eine Flugreise mit der C. auch nur angedeutet, im Gegenteil verstärkend (<u>zugunsten</u> einer Flugreise) noch darauf hingewiesen, daß die Kinder ab 5 Jahren auch mit der M. "alleine fliegen" können.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Ebenso enthält die eidesstattliche Versicherung der Mutter vom 14. 07. 1982 keinerlei Gründe, die einen Rückflug der Kinder mit der C. am 09. 08. 1982 - und nur darum geht es letztlich - irgendwie gefährdend erscheinen läßt. Die in der eidesstattlichen Versicherung angegebenen Gründe für ein Abweichen von der verbindlichen Elterneinigung sind in Bezug auf das Wohl der Kinder völlig belanglos. Das gilt sowohl für die Verhinderung des Ehemannes der Mutter - die Kinder besuchen die Mutter, nicht deren Ehemann - als auch für die Verhinderung der Begleitperson, die ja ab 17. 07. 1982 zur Verfügung steht</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">und sich 3 Wochen lang - das ist die vereinbarte Ferienzeit - auch für die Kinder tätig sein kann.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Antragsschrift legt die Vermutung nahe, daß ein der Elternvereinbarung vom Juni 1982 widersprechender <u>vierwöchiger</u> Urlaub der Kinder mit der Mutter nicht zuletzt deshalb regellos wird, um dieser eine mit Lasten verbindenden Rückkehr der Kinder vor deren Urlaubsende der Mutter,zu ersparen. Daß sie bei vorzeitiger Rückkehr der Kinder, die <u>nur</u> deshalb erforderlich wird, weil der Ehemann am rechtzeitigen Antritt des geplanten Urlaubs verhindert war (und eine Begleitperson gleichfalls), eine "1 1 /2 stündige Fahrt" zum Flughafen machen muß, ist eine Bagatell-Last ohne jede Erheblichkeit für die hier zu entscheidende Frage.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Wieso - gemäß Vortrag in der Antragsschrift, ohne daß dort mehr dazu gesagt würde - für die Kinder "dieser Flug mit einer 80 minütigen Zwischenlandung nicht zu vertreten" ist, ist nicht verständlich, wenn man bedenkt, daß sie 2 Wochen zuvor, ohne daß sich am Flugablauf und seinen Bedingungen oder im Befinden der Kinder irgendetwas geändert hätte, den Rückflug zum 09.08.1982 ohne jeden Vorbehalt zugestimmt hat. Da der Senat davon ausgeht, daß die Mutter bei ihren Ferienabsprachen mit dem Vater in erster Linie das Wohl der Kinder im Auge hatte und darauf auch ihr Schreiben vom 16. 06. 1982 beruht, spricht vieles dafür, daß die spätere (lapidare) Behauptung, der Flug sei "nicht zu vertreten",ohne daß konkret ausgeführt wird warum nicht, eine eher vorgeschobene Begründung ist, um den Ferienbesuch der Kinder der infolge der Verhinderung vor allem des Ehemannes veränderten zeitlichen Urlaubsplanung anzupassen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Ob die mit der Beschwerdeerwiderung erstmals schriftsätzlich vorgetragenen konkreten Bedenken wirklich Hauptgrund der Lösung von der Urlaubsvereinbarung waren, kann letztlich aber dahinstehen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Objektiv unbegründet sind jedenfalls die Argumente, mit denen das Familiengericht die behaupteten "Bedenken" teilt. Wenn überhaupt, kann keinesfalls von einer erheblichen Gefährdung des Kindeswohls bei einer Flugreise ausgegangen werden. Wieso es das Kindeswohl berühren soll, wenn die Kinder in einem "fremden" Land die Flugmaschine besteigen und im "Ausland" jeweils individuell betreut von einer Stewardess die Maschine wechseln müssen, ist unerfindlich. Gerade eine der Landessprache kundige, auf solche Dienste vorbereitete, mit dem Flugbetrieb vertraute Stewardess der international tätigen und anerkannten italienischen Fluggesellschaft bietet alle Gewähr für eine angemessen gute Betreuung der Kinder während des Fluges und des Umsteigens. Da der sorgeberechtigte Vater erklärt, daß die Kinder "flugerfahren" sind und er die alleinige</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Verantwortung insoweit trägt, ist nicht ersichtlich, welche Bedenken sich überhaupt gegen eine solche Flugreise – abgesehen von der allgemeinen Unfallgefahr, die im Luftverkehr bekanntlich ungleich geringer als z.B. im Kraftfahrzeugverkehr ist - unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls in <u>diesem</u> Fall ergeben könnten.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Es geht nicht an, daß das Familiengericht eine Reiseentscheidung des sorgeberechtigten Vaters mit seinen subjektiven Erwägungen und Bedenken, die unzulässigerweise an die Stelle der Entscheidung des Vaters gesetzt werden, zunichte macht. Das Familiengericht hat nicht zu prüfen, wie es selbst, hätte es für die Kinder eine Reiseentscheidung treffen müssen, aus seiner Sicht entschieden hätte. Es hat lediglich zu fragen, ob die Vater-Entscheidung dem Wohl der Kinder <u>erheblich </u>widerspricht. Davon kann hier nicht entfernt die Rede sein. Die, wie anzunehmen ist, vom Vater überlegt und in voller</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Verantwortung für das Kindeswohl <u>im Einvernehmen mit der Mutter</u> im Juni 1982 getroffene Entscheidung zugunsten einer (betreuten) Flugreise der Kinder, verliert auch nicht dadurch an ihrer (für die Gerichte bindenden) Beachtlichkeit, daß das Familiengericht die <u>Tatsachen</u>mitteilung des Vaters, die Kinder seien "flugerfahren", mit der Bemerkung abqualifiziert "Kinder sind kein Frachtgut, das in eine Maschine verladen wird". Eine solche Feststellung (die inhaltlich Selbstverständliches wiedergibt) liegt offensichtlich und eindeutig jenseits dessen, was bei Ausübung des "Wächteramts" des Staates an herabsetzender Wertung, zu der hier keinerlei Anlaß bestand, von Rechts wegen gerichtlich verantwortungsbewußten Eltern gesagt werden darf.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Auch der letzte Absatz des angefochtenen Beschlusses läßt erkennen, daß das Familiengericht seine grundsätzlichen Befugnisse bei der Prüfung <u>vereinbarter</u> elterlicher Ferienmaßnahmen verkannt hat. Es war und ist das gute Recht des Vaters, in einem nicht von ihm eingeleiteten gerichtlichen Verfahren unbegründeten Versuchen Elternvereinbarungen über den Ferienumgang der Kinder ohne zureichenden Grund die Wirkung zu nehmen, entgegenzutreten. Es ist deshalb nicht rechtens, dieses erlaubte Vaterverhalten abwertend als "Behauptung rechtlicher Positionen" herabzumindern und ihm gegenüberzustellen einem vom Gericht für sich in Anspruch genommenes "Verständnis" und</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">"Einfühlungsvermögen" für die Kinder. Der Senat hat keinen Zweifel, daß im Regelfall Verständnis und Einfühlungsvermögen, das leibliche Eltern ihren ihnen aufs engste vertrauten Kindern gegenüber zu entwickeln imstande sind, naturgemäß Verständnis und Einfühlungsvermögen von Staatsorganen, denen als Fremde und Dritte lediglich Überwachungsaufgaben obliegen, deutlich überlegen sind. Das gilt ersichtlich auch für diesen Fall. Das Wohl der Kinder ist durch das einverständliche Elternhandeln im Rahmen der Ferienregelung so gut gewahrt, daß familiengerichtliche Anordnungen an Stelle elterlicher Maßnahmen ungesetzlich und-deshalb dem Kindeswohl nicht dienlich sind. Die Mutter wird deshalb zuverlässig dafür zu sorgen haben, daß die Kinder am 09. 08. 1982 zum Vater zurückkehren. Sie konnte nicht davon ausgehen, daß die angefochtene Entscheidung bestand haben würde.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 c FGG</p>
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315,800 | vg-munster-1982-06-25-2-k-207081 | {
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<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.</p>
<p></p>
<p>
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks"> T a t b e s t a n d :</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung B. Flur 00 Flurstück 000, das er nebst einem darauf zu errichtenden Wohnhaus mit Garage von der Firma U. GmbH erworben hat. Wohnhaus und Garage sind inzwischen fertiggestellt. Mit Bescheid vom 21. Juli 1981 forderte der Beklagte den Kläger unter Bezugnahme auf § 10 des Vermessungs- und Katastergesetzes auf, die Einmessung der errichteten Gebäude bei einem öffentlich bestellten Vermessungsingenieur oder dem zuständigen Katasteramt innerhalb von sechs Monaten zu beantragen. Mit Schreiben vom 24. August 1981 wandte sich der Kläger gegen diesen Bescheid mit der Begründung, nicht er, sondern die Firma U. GmbH sei für die Einmessung zuständig, da diese das Gebäude errichtet habe. Nachdem der Beklagte den Kläger unter dem 28. August 1981 über die nach seiner Ansicht gegenteilige Rechtslage unterrichtet und der Kläger dazu mit Schreiben vom 2. September 1981 erneut Stellung genommen hatte, wies der Regierungspräsident Münster mit Bescheid vom 28. September 1981 den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 28. Oktober 1981 hat der Kläger gegen die Einmessungsaufforderung des Beklagten Klage erhoben. Er ist der Auffassung, der Bescheid sei rechtswidrig, da die Einmessungspflicht nach § 10 Abs. 2 des Vermessungs- und Katastergesetzes demjenigen obliege, der das einzumessende Gebäude errichtet habe, denn dieser habe eventuelle Grenzverletzungen zu vertreten. Das öffentliche Interesse an der Richtigkeit des Liegenschaftskatasters sei gering, seit die Grundsteuer nicht mehr auf Grund des Katasters erhoben werde. Im übrigen seien im Kreis Borken viele in den Jahren 1980 errichteten Gebäude noch nicht eingemessen, so dass seine Heranziehung zur Einmessung eines später errichteten Gebäudes gegen das Gleichheitsgebot verstoße.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt sinngemäß,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">den Bescheid des Beklagten vom 21. Juli 1981 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidenten Münster vom 25. September 1981 aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">
Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"> die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Er trägt im wesentlichen vor, zur Einmessung sei nach dem Gesetz derjenige verpflichtet, der im Zeitpunkt der Aufforderung durch das Katasteramt Grundstückseigentümer oder Erbauberechtigter sei.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten wurden durch Verfügung der Berichterstatterin am 1. März 1982 bzw. 13. April 1982 auf die Möglichkeit der Entscheidung durch Gerichtsbescheid hingewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">
Die Kammer konnte über die Klage gemäß Art. 2 § 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978 - BGBl. I S. 446 - durch Gerichtsbescheid entscheiden, da sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klage zu zulässig, aber unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die angefochtene Verfügung des Beklagten vom 21. Juli 1981 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Ordnungsverfügung ist in einem ordnungsgemäßen Verfahren ergangen. Der Kläger ist zwar vor Erlaß der Ordnungsverfügung vom 21. Juli 1981 nicht, wie es § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen VwVfG NW - vom 21. Dezember 1976 (GVNW S. 438) vorschreibt, angehört worden; dieser Verfahrensfehler ist jedoch gemäß § 45 Abs. 1 Ziffer 3 VwVfG NW geheilt worden, da der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 28. August 1981 nach Einlegung des Widerspruchs und unabhängig von der Widerspruchsbegründung Gelegenheit zur Stellungnahme in der Sache gegeben hat. Der Kläger hat diese Möglichkeit auch mit Schreiben vom 2. September 1981 wahrgenommen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Ordnungsverfügung vom 21. Juli 1980 ist auch in der Sache rechtmäßig. Die an den Kläger gerichtete Aufforderung des Beklagten, sein neu errichtetes Gebäude vermessen zu lassen, findet seine Rechtsgrundlage in § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Landesvermessung und das Liegenschaftskataster vom 11. Juli 1972 (GVNW S. 193) - VermKatG -, wonach der Eigentümer auf seine Kosten die für die Fortführung des Liegenschaftskatasters erforderlichen Unterlagen zu beschaffen und der Katasterbehörde einzureichen hat, wenn auf seinem Grundstück ein Gebäude errichtet wird. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift - Errichtung eines Gebäudes auf dem Grundstück des Klägers - sind erfüllt. Der Beklagte hat die Einmessung auch zu Recht vom Kläger und nicht von dessen Rechtsvorgängerin, der U. GmbH gefordert. Nach § 10 Abs. 2 VermKatG obliegt die Verpflichtung, ein neuerstelltes Gebäude einmessen zu lassen, dem jeweiligen Grundstückseigentümer. Ist also - wie hier - im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs auf den Käufer diese noch nicht erfolgt, so geht die Verpflichtung zur Einmessung auf den Erwerber über.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"> Vgl. das Urteil der Kammer vom 29. September 1982
- Az: 2 K 1934/80 -</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Etwas anderes ergibt sich - im Gegensatz zur Auffassung des Klägers - auch nicht aus dem Wortlaut des § 10 Abs. 2 Satz 1 VermKatG; denn danach ist nicht der Bauherr, sondern - unabhängig von der Bauherreneigenschaft - der Eigentümer zur Einmessung verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Anhaltspunkte dafür, dass die den Kläger danach grundsätzlich treffende Verpflichtung zur Vermessung im vorliegenden Fall ausnahmsweise nicht besteht, fehlen. Nach § 10 Abs. 2 Satz 2 VermKatG besteht diese Verpflichtung dann nicht, wenn der Vorlage der Unterlagen bei der Behörde überwiegende private Interessen entgegenstehen. Solche Interessen, bei denen es sich z.B. um betriebliche Geheimhaltungsinteressen handeln kann, sind vom Kläger jedoch weder genannt noch sonst ersichtlich. Die Aufforderung zur Einmessung verstößt auch nicht gegen Art. 3 des Grundgesetzes, da es auf die sich aus dem Gesetz ergebende Verpflichtung des Klägers zur Einmessung ohne Einfluß ist, ob andere Grundstückseigentümer dieser Verpflichtung nachkommen oder nicht.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die dem Kläger vom Beklagten gem. § 10 Abs. 3 Satz 1 VermKatG eingeräumte Frist von sechs Monaten ist, da innerhalb dieses Zeitraums die Einmessung regelmäßig durchgeführt werden kann, angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Klage konnte nach allem keinen Erfolg haben.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 11, 711 i.V.m. § 173 VwGO.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
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} | 25 WF 51/82 | "1982-06-24T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:16" | "2019-03-27T09:42:11" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1982:0624.25WF51.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird zurückgewiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO statthafte Beschwerde hat keinen Erfolg, weil das Familiengericht der Antragstellerin im Ergebnis richtig gem. § 114 ZPO die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussicht ihres Scheidungsbegehrens</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">versagt hat.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Ein Scheidungsantrag gem. § 1565 Abs. 1 ZPO kann derzeit keinen Erfolg haben, weil die Parteien noch kein Jahr getrennt voneinander leben. Die Parteien haben sich im Februar 1982 getrennt, nachdem die zuvor gut 4 Monate lang nach Einreichung eines</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Scheidungsantrags Ende August 1981 zumindest in Versöhnungsabsicht in der Ehewohnung zusammenlebten. Dieses Zusammenleben hat die zuvor eingeleitete Trennungszeit unterbrochen, so daß seit Februar 1982 eine neue Trennungsfrist zu laufen beginnt. Ohne daß es darauf ankommt, ob eine wirkliche Versöhnung Ursache für das Zusammenleben der Parteien warp was für die Anwendung des § 1567 Abs. 2 BGB von vornherein keinen Raum ließe, greift diese Ausnahmeregelung hier schon darum nicht ein, weil mehr als vier Monate hier nicht mehr als "kürzere Zeit" im Sinne des § 1567 Abs. 2 BGB angesehen werden können. Mit Rücksicht auf die Bedeutung des Trennungsjahres als Indikator für das Scheitern einer Ehe kann nicht auf <i>ein </i>Drittel dieser Zeit<i> </i>wegen eines Versöhnungsversuchs verzichtet werden. Das gilt auch unter <i>Be</i>rücksichtigung des Zwecks der Vorschrift des § 1567 Abs. 2, die Ehegatten nicht aus Angst vor einer Unterbrechung des Fristablaufs von jeglichen Versöhnungsversuchen abzuhalten. Ehegatten, die einen solchen Versuch mehr als zwei bis drei Monate lang</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">unternehmen, geben in ihrer Lebensführung doch noch so viel Anlaß zur Annahme, daß ihre Abwendung voneinander nicht ernsthaft und gefestigt ist, als daß diese Zeit des Versöhnungsversuchs bei der Verwertung der Trennungszeit als entscheidendes</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Indiz für das Scheitern einer Ehe vernachlässigt ."werden könnte. Diese<i> </i>Wertung stimmt mit den Ergebnissen der überwiegenden Literaturmeinung überein (vgl. Gernhuber, Familienrecht, § 27 VII 6; MünchKomm-Wolf § 1567 Rdn. 60; Pal.-Diederichsen § 1567</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Anm. 3; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, Rdn. 124 ff).</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die abweichende - weitere - Auffassung von OLG Köln (21.Z.S.) FamRZ 79, 236 beruht auf einer besonderen Einzelfallkonstellation.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Es kann auch dahinstehen, ob das Vorbringen der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 18.3.82 und der Beschwerdebegründung schlüssig ist fUr eine Scheidung gem. § 1565 Abs. 2 BGB. Die Antragstellerin hat jedenfalls durch ihr Verhalten in diesem</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Beschwerdeverfahren gezeigt, daß ihr die Fortsetzung der Ehe während eines Trennungsjahres nicht unzumutbar ist. Die Antragstellerin ist von ihrem Prozeßbevollmächtigten zwei Mal zur Angabe notwendiger Tatsachen zur Förderung des Beschwerdeverfahrens aufgefordert worden, ohne darauf zu antworten. Selbst wenn dieses Untätigsein nicht Folge eines erneuten Versöhnungsversuchs ist, zeigt es doch, daß die Antragstellerin durch das von ihr behauptete Verhalten des Antragsgegners nicht so betroffen</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">ist, daß ihr eine Nichtfortführung des Scheidungsverfahrens unerträglich erschiene.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: 1.544,-- DM</p>
|
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} | 11 O 678/81 | "1982-06-18T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:17" | "2019-03-27T09:42:10" | Urteil | ECLI:DE:LGD:1982:0618.11O678.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits und des Streithelfers trägt die Klägerin.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist für den Beklagten gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 2.200,00 DM, für den Streithelfer ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung des Streithelfers gegen sie durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 1.200,00 DM abzuwenden, falls der Streithelfer nicht zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Sicherheiten können auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Ehemann der Klägerin war Inhaber des Reisebüros X in Köln. Dieses Reisebüro hat er am 16. Mai 1980, was der Beklagte bestreitet, an die Klägerin übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Der Ehemann der Klägerin beauftragte spätestens Ende 1975 - der genaue Zeitpunkt ist unter den Parteien streitig - den Beklagten mit der Buchführung, Finanzierung und Steuerberatung für das Reisebüro, und zwar für den Zeitraum vom 24. Mai 1974 bis 31. Dezember 1975.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte begann mit den ihm übertragenen Arbeiten im Jahre 1976 und schloß sie im Jahre 1977 ab.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Bereits mit Schreiben vom 8. September 1977 rügte der Ehemann der Klägerin, daß der Beklagte nach stichprobenhaften Überprüfungen mangelhaft gearbeitet habe. Er kündigte bereits in diesem Schreiben an, den Beklagten für etwaige Schäden in Anspruch zu nehmen und führte aus, daß erhebliche und zahlreiche Buchführungsmängel zu verzeichnen seien. Insbesondere sei die als Anhang zur Bilanz gefertigte Liste mit Kundenanzahlungen größtenteils unzutreffend und weise als Abschlußsumme eine falsche Zahl aus. Wegen des näheren Inhaltes dieses Schreibens wird auf Bl. 10 d. A. verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">In der Zeit vom 17. November bis 17. Dezember 1980 fand in dem Reisebüro X eine Betriebsprüfung für die Jahre 1974 bis 1978/79 statt. Diese Betriebsprüfung führte zu Beanstandungen der gesamten, unter anderem auch von dem Beklagten erstellten Buchführung. Die Ursachen für die fehlerhafte und unvollständige Buchführung in den Jahren 1974 und 1975 sind unter den Parteien streitig.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Die Klägerin verlangt mit der unter dem 15. Dezember 1981 erhobenen Klage von dem Beklagten Schadensersatz wegen mangelhafter Buchführungsarbeiten. Sie behauptet, der Beklagte habe eine nicht brauchbare Leistung erbracht, so daß ihr Ehemann im Rahmen der Außenprüfung die gesamte Buchführung habe überarbeiten müssen. Hierdurch sei ihr ein Schaden von 17.487,-- DM entstanden, weil ihr Ehemann etwa 200 Stunden benötigt habe, um die für die Steuerprüfung erforderlichen Unterlagen ordnungsgemäß zu ergänzen und aufzuarbeiten. Mit eingeschaltet gewesen sei der Steuerberater X, der für die Nacharbeiten ein Honorar von 2.396,25 DM verlangt habe. Weiterer Schaden sei schließlich dadurch entstanden, daß das Finanzamt für die Jahre 1974 und 1975 eine Steuerschätzung vorgenommen habe, die zu einer Steuernachzahlung von 4.587,95 DM geführt habe. Bei richtigter Arbeitsweise des Beklagten, so meint die Klägerin, wäre es nicht zu einer solchen Schätzung gekommen. Da die Steuerschätzung noch nicht bestandskräftig sei, weil sie, die Klägerin, gegen den Steuerbescheid Widerspruch erhoben habe, könne zunächst insoweit nur auf Feststellung geklagt werden.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:96px">1 .</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:96px">den Beklagten zu verurteilen, an sie DM 19.883,25 nebst 15 <i>% </i>Zinsen zuzüglich 13 <i>% </i>Mehrwertsteuer auf die Zinsen seit dem 15. Dezember 1981 zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:96px">2.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:96px">festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihr den über den im Klageantrag unter 1 . aufgeführten Betrag hinausgehenden Schaden aus dem von ihm mangelhaft ausgeführten Auftrag als Steuerbevollmächtigter zu ersetzen, insbesondere sich daraus ergebende Mehrsteuern für die Jahre 1974 und 1975.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt, und diesem Antrag hat sich der Streithelfer Volk angeschlossen,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:95px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Er beruft sich in erster Linie unter Hinweis auf § 68 Steuerberatungsgesetz auf die Einrede der Verjährung und vertritt hierzu die Auffassung, als Beginn der dreijährigen Verjährungszeit sei das Schreiben vom 8. September 1977 anzusetzen. Es komme im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob die Betriebsprüfung erst später stattgefunden habe, da aus dem genannten Schreiben eindeutig zu ersehen sei, daß die Klägerin bereits im Jahre 1977 von der angeblich mangelhaften Arbeit Kenntnis erlangt habe. Dies ergebe sich auch daraus, daß der Ehemann der Klägerin, wie die Klägerin selbst behaupte, so sachkundig gewesen sei, die etwaigen Mängel der Buchführung im Rahmen der Außenprüfung zu beseitigen. Aus diesen Gründen komme es nicht darauf an, ob der Ehemann der Klägerin als früherer Geschäftsinhaber über die technischen Möglichkeiten verfügt hätte, etwaige Fehlerquellen genauestens festzustellen. Hierzu habe die Klägerin spätestens nach dem Schreiben vom 8. September 1977 nach ihrem eigenen Standpunkt Anlaß gehabt.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenden Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Die Klage ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Die Klägerin kann Schadensersatzansprüche wegen etwaiger Vertragsverletzungen des Beklagten aus dem Steuerberatungsvertrag nicht mehr geltend machen. Gegenüber solchen Schadensersatzansprüchen der Klägerin greift die von dem Beklagten erhobene Einrede der Verjährung durch.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Nach § 68 Steuerberatungsgesetz in Verbindung mit § 198 BGB verjähren Schadensersatzansprüche gegen den Steuerberater in drei Jahren, beginnend mit der Entstehung des Anspruchs. Dabei kommt es auf die Kenntnis des Auftraggebers von der Schadensursache und dem Schadensfall grundsätzlich nicht an.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Nach einhelliger Auffassung ist ein Anspruch dann entstanden, wenn er klageweise geltend gemacht werden kann. Dabei reicht die Möglichkeit aus, eine Feststellungsklage zu erheben. Nicht erforderlich ist also, daß der eingetretene Schaden bereits genau beziffert werden kann. Es genügt, wenn die zu erwartenden Schadensfolgen vorhersehbar sind. Dies war hier spätestens am 8. September 1977 der Fall. Aus dem Schreiben vom 8. September 1977 ergibt sich eineutig, daß die Klägerin und der frühere Inhaber des Reisebüros X, der Zeuge Xl, zu diesem Zeitpunkt bereits davon ausgingen, daß der Beklagte die Buchführungs- und Bilanzarbeiten nicht zu ihrer Zufriedenheit erbracht hatte. Der Zeuge X rechnete auf Grund der von ihm beanstandeten Arbeitsweise des Beklagten schon zum damaligen Zeitpunkt, wie sich aus seinem Schreiben eindeutig ergibt, mit Nachforderungen durch das Finanzamt. Den Vorwurf der ungenauen Arbeitsweise konnte er bereits nach "anfänglichen stichprobenartigen Überprüfungen" erheben. Schon in dem genannten Schreiben bezeichnete er die Buchführungsmängel als erheblich und zahlreich. Er rügte ferner konkret die Liste mit "Kundenanzahlungen" als größtenteils unzutreffend und als in der Abschlußsumme falsch. Bei diesen ins einzelne gehenden Vorwürfen, die der Zeuge X nach nur stichprobenartigen Überprüfungen festgestellt hat, stand der klageweisen Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen, sei es auch nur im Rahmen einer Feststellungsklage, nichts entgegen. Der Zeuge X wäre vielmehr, nachdem er dem Beklagten schwerwiegende Pflichtverletzungen vorgeworfen hatte, gehalten gewesen, die Buchführung insgesamt zu Überprüfungen und das genaue Ausmaß etwaiger Nachforderungen festzustellen. Innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist hätte er genügend Zeit gehabt, sich die entsprechenden Hilfsmittel, etwa ein Datensichtgerät, zu beschaffen und die notwendigen Prüfungen anzustellen. Dies gilt umsomehr, als der Zeuge X nach der Behauptung der Klägerin so sachkundig ist, daß er selbst später die Buchführung des Beklagten korrigieren konnte.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin durfte mit der gerichtlichen Geltendmachung ihrer Schadensersatzansprüche auch nicht bis zu der Außenprüfung im Jahre 198O abwarten. Der Bundesgerichtshof vertritt zwar für den Fall, daß erst im Rahmen der Außenprüfung die mangelhafte Arbeit eines Steuerberaters erkennbar wird, wegen der Besonderheiten, die mit der üblichen Abwicklung von Steueransprüchen verbunden sind, die Auffassung, daß die Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen den Steuerberater erst mit der Schlußbesprechung im Rahmen der Außenprüfung beginne (vgl. grundlegend BGH NJW 1979, 1550 ff; ferner BGH NJW 1979, 2211). Im vorliegenden Fall kommen die auf einer grundsätzlichen Abwägung der Interessen des Auftraggebers gegenüber dem Steuerberater beruhenden Grundsätze nicht zur Anwendung. Denn hier steht fest, daß der Zeuge X als früherer Inhaber des Reisebüros schon lange vor der Betriebsprüfung die behaupteten Fehler und ihre nachteiligen Auswirkungen erkannt hat und gerichtlich durchsetzen konnte. Bei dieser Sachlage sind seine Interessen und die der Klägerin nicht in besonderem Maße schützenswert.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin konnte auch nicht mit der gerichtlichen Geltendmachung ihrer Ansprüche gegen den Beklagten deshalb bis zur Außenprüfung abwarten, weil der Beklagte etwa noch die Möglichkeit einer Berichtigung bis zum Abschluß der Außenprüfung gehabt hätte. In den Fällen, in denen ein Steuerberater bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses etwaige Fehler noch berichtigen kann, entsteht der Schadensersatzanspruch stets neu mit der Folge, daß die Verjährung erst mit Abschluß der Außenprüfung beginnt (BGH WM 1982, 515, 516). Dies gilt aber naturgemäß nur solange, als das Vertragsverhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Steuerberater zum Zeitpunkt der Außenprüfung noch besteht. Diese Vorausetzung liegt hier nicht vor, da das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien bereits im Jahre 1977 endete.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Streitwert:</p>
<span class="absatzRechts">27</span><ol class="absatzLinks"><li>bis zum 11. Mai 1982 DM 24.471,20;</li>
<li>ab dem 12. Mai 1982 DM: ----</li>
<li>für den Antrag zu 1. 19.883,25 DM</li>
<li>für den Antrag zu 2. 6.000,— DM.</li></ol>
|
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} | 16 Wx 29/82 | "1982-06-11T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:20" | "2019-03-27T09:42:10" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1982:0611.16WX29.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige weitere Beschwerde des Jugendamts der Stadt Aachen als Vor-mund der Betroffenen vom 19.3.1982 gegen den Beschluß des Landgerichts Köln vom 2.3.1982 - 1 T 118/81 - wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.</p>
<p></p>
<p>Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G R Ü N D E :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Betroffene wurde als jüngstes Kind der Beteiligten zu 3) und 4), der Eheleute X. geboren. Sie und ihre Geschwister sind weitgehend in Kinderheimen aufgewachsen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Bereits seit 1967 war die Familie X. dem zuständigen Stadtjugendamt B. wegen massiver häuslicher Probleme aufgefallen. Im Hinblick darauf ist den Beteiligten zu 3) und mit Beschluß des Vormundschaftsgerichts Aachen vom 26.11.1971 - W VIII 5087 - für die beiden älteren Geschwister der Betroffenen das Aufenthaltsbestimmungsrecht gemäß § 1666 Abs. 1 BGB vorläufig entzogen und dem Stadtjugendamt B. als Pfleger übertragen worden. In der nachfolgenden Zeit haben die Beteiligten</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">zu 3) und 4) mehrfach versucht, eine Aufhebung dieser Entscheidung zu erreichen; ihre diesbezüglichen Anträge sind jedoch mit der Begründung abgelehnt worden, daß eine Rückkehr der Kinder in die weiter bestehenden schlechten Häuslichen Verhältnisse nicht verantwortet werden könne.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Ehe der Beteiligten zu 3) und 4) wurde im Jahre 1976 aus ihrem beiderseitigen Verschulden geschieden. Im Anschluß daran ist die "elterliche Gewalt" über sämtliche Kinder, auch über die Betroffene, dem Stadtjugendamt B. als Vormund durch</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Beschluß des Amtsgerichts Aachen vom 13.4.1976 - W VIII 5087 - übertragen worden. Eine später von den Beteiligten zu 3) und 4) beantragte Abänderung dieser Entscheidung wurde ihnen mit der Begründung verweigert, daß sie nicht in der Lage seien, ihre Kinder selbst zu erziehen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1979 kam die Betroffene zu Pflegeeltern, den Beteiligten zu 5).<b> </b>Diese haben haben am 17.4.1980 beim zuständigen Vormundschaftsgericht Y. beantragt, die</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Adoption der Betroffenen durch sie auszusprechen. Die Beteiligten zu 3) und 4) haben dazu ihre Zustimmung ohne nähere Begründung verweigert. Das Vormundschaftsgericht Y.hat daraufhin die Einwilligung beider Kindeseltern, der Beteiligten zu 3) und 4), zu der Adoption der Betroffenen mit Beschluß vom 15.4.1981 - 6 XVI 4/80 - vormundschaftsgerichtlich ersetzt. In der Begründung dieses Beschlusses heißt</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">es u. a.: Die Kindeseltern hätten sich kaum um das Wohl der Betroffenen gekümmert, so daß die Voraussetzungen für eine Ersetzung der Einwilligung in eine Adoption gemäß § 1748 Abs.1 2. Alternative gegeben seien. Durch ein Unterbleiben der beabsichtigten Adoption würde der Betroffenen ein unverhältnismäßiger Nachteil entstehen. Wegen der weiteren Begründung wird auf den vorgenannten Beschluß (Bl. 35, 36 d. A.) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Gegen diese, den Beteiligten zu 3) und 4) jeweils am 29.4.1981 zugestellte Entscheidung hat der Beteiligte zu 3) am 4.5.1981 Beschwerde eingelegt. Diesem Rechtsmittel hat sich die Beteiligte zu 4) am 20.11.1981 angeschlossen. Das Landgericht hat dieses Rechtsmittel der Beteiligten zu 4) mit Beschluß vom 2.3.1982 - 1 T 118/81 - aus Fristgründen als unzulässig verworfen, auf die Beschwerde des Beteiligten zu 3) dagegen den Beschluß des Amtsgerichts Wipperfürth vom 15.4.1981 - 6 XVI 4/80 - aufgehoben. In den Gründen hat das Landgericht sowohl</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">eine besonders schwere als auch eine anhaltend grobe Pflichtverletzung des Beteiligten zu 3) im Sinne des § 1748 Abs. 1 Satz 2 und Satz 1 BGB verneint. Hinsichtlich des vom Amtsgericht herangezogenen Gesichtspunktes der Gleichgültigkeit des Beteiligten zu 3)<b> </b>gegenüber der Betroffenen hat das Landgericht ausgeführt, daß bei Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht mit der nötigen Sicherheit festgestellt werden könne, daß die von ihm geäusserte gefühlsmässige Bindung zur Betroffenen ein reines Lippenbekenntnis sei.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Beschluß, der dem Stadtjugendamt B. als Vormund der Betroffenen nicht förmlich zugestellt worden ist, richtet sich seine am 20.3.1982 beim Landgericht eingegangene weitere Beschwerde. Hierin rügt er vor allem, daß das Landgericht zu Unrecht eine anhaltende Pflichtverletzung und Vernachlässigung seitens des Beteiligten zu 3) verneint habe.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf BI. 85 - 88 d. A. verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des Sach- und Verfahrensstandes im übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Rechtsmittel ist zulässig. Statthaft war bei der hier gegebenen Sachlage gemäß § 29 Abs. 2 FGG die befristete "sofortige" weitere Beschwerde, weil durch die erstinstanzliche Entscheidung die zur Adoption notwendige Einwilligung des Beteiligten ersetzt wurde und hiergegen nach §§ 53 Abs.1 Satz 2, 53 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 60 Abs. 1 Nr. 6 FGG nur die sofortige Beschwerde gegeben war (vgl. Keidel-Winkler, FGG, 10. Aufl. § 53 Rdz. 6).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Da die Rechtsmittelfrist mangels einer förmlichen Zustellung des angefochtenen Beschlusses nicht in Lauf gesetzt wurde, ist das Rechtsmittel rechtzeitig eingegangen. Es wahrt auch die vorgeschriebene Form; denn das Jugendamt der Stadt B.- eine Behörde im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 3 FGG – ist als Amtsvormund befugt, die sofortige Beschwerde namens des Mündels durch den mit der Wahrnehmung der vormundschaftsgerichtlichen Obliegenheiten betrauten Beamten ohne Zuziehung</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">eines Rechtsanwaltes einzulegen (vgl. KG FamRZ 1966, 375).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde berechtigt ist das Jugendamt nicht im eigenen Namen, sondern nur namens des von ihm vertretenen Kindes. Kraft eigenen Rechts hätte es deswegen kein Beschwerderecht, weil diese Befugnis, soweit eine Verfügung nur auf Antrag erlassen werden darf und der Antrag - wie hier in 2. Instanz - zurückgewiesen worden ist, gemäß § 20 Abs. 2 FGG nur dem Antragsteller zusteht, hier also gemäß § 1748 Abs. 1 Satz 1 BGB dem Kind selbst. Da die</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Betroffene indessen das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, kann der Vormund das Beschwerderecht für sie ausüben (§ 59 Abs. 3 FGG). Daß die sofortige weitere Beschwerde im vorliegenden Falle namens des Kindes eingelegt sein soll, ist zwar nicht ausdrücklich erklärt worden, kann aber nach den gesamten Umständen angenommen werden.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Das somit zulässige Rechtsmittel bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Zwar mag der angefochtene Beschluß nicht rechtsfehlerfrei zustande gekommen sein; denn möglicherweise hat das Landgericht seine Aufklärungspflicht gemäß § 12 FGG verletzt, da es weder das Kind angehört noch ein jugendpsychologisches</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Gutachten eingeholt hat, um so alle Ermittlungsmöglichkeiten hinsichtlich der Feststellung der Gleichgültigkeit des Beteiligten zu 4) gegenüber der Betroffenen auszuschöpfen. Doch stellt sich die Entscheidung des Landgerichts selbst aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 27 FGG in Verbindung mit § 563 ZPO). Denn das Landgericht hat insgesamt rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen des § 1748 BGB verneint.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">In der Sache selbst darf der Senat als Rechtsbeschwerdegericht die angefochtene Entscheidung nur darauf nachprüfen, ob sie auf einer Verletzung des Gesetzes beruht oder beruhen kann (§ 27 FGG); das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist (§ 550 ZPO); die Nachprüfung tatsächlicher Umstände ist grundsätzlich ausgeschlossen; nach § 561 ZPO sind für die Entscheidung im Rechtsbeschwerdeverfahren die in der angefochtenen Entscheidung festgestellten Tatsachen maßgebend (Keidel-Winkler, a.a.O., § 27 FGG Rdz. 42).</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die in diesem Rahmen vorgenommene Nachprüfung ergibt hinsichtlich der Rechtsanwendung des § 1748 BGB keinen Rechtsfehler der angefochtenen Entscheidung. Das Landgericht hat mit Recht ein grobes Fehlverhalten des Beteiligten zu 3)<b> </b>im Sinne dieser Bestimmung nicht angenommen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Ein einmaliger, besonders schwerer Pflichtenverstoß des Beteiligten zu 3) gemäß § 1748 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt schon deshalb nicht vor, weil hierfür nur ein Fehlverhalten von besonders schwerem Ausmaß in Betracht kommt, das einem kriminellen</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Vergehen gleichkommt. Zu denken ist dabei insbesondere an die Gründe, die früher gemäß § 1676 BGB a. F. zur Verwirkung der elterlichen Gewalt geführt haben, sofern das Kind voraussichtlich nicht mehr der Obhut des Elternteiles anvertraut werden kann (vgl. Palandt-Diederichsen, 41. Aufl. § 1748 Anm. 2 a aa). Anhaltspunkte für einen solchen Pflichtenverstoß seitens des Beteiligten zu 3) sind nach den Feststellungen des Landgerichts nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Auch eine anhaltend grobe Pflichtverletzung des Beteiligten zu 3) gegenüber seiner Tochter, der Betroffenen, im Sinne von § 1748 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der erwähnte Rechtsbegriff muß im Hinblick auf das verfassungsmäßig geschützte Eltern-Kind-Verhältnis (Art. 6 des Grundgesetzes) so ausgelegt werden, daß er nur Fälle eines besonders schwerwiegenden, vollständigen Versagens der Eltern in ihrer Verantwortung dem Kind gegenüber erfaßt (vgl. Bundesverfassungsgericht FamRZ</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">1968, 578 f). "Grob" ist eine in besonderem Maße anstößige Verletzung der EIternpflichten (vgl. Kammergericht FamRZ 1966, 267). Eine grobe Pflichtverletzung liegt vor bei schwerer leiblicher oder seelischer Vernachlässigung, bei ständiger</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Mißhandlung oder grob liebloser Behandlung des Kindes (vgl. Palandt-Diederichsen § 1748 Anm. 2 a aa; OLG Frankfurt FamRZ 1971, 322, 323; LG Mannheim, DAVorm. 1973, 370). "Anhaltend" bedeutet, daß die Pflichtverletzung von gewisser Dauer, nicht aber auch für die Zukunft zu erwarten sein muß (vgl. BayObLG FamRZ 1976, 234 f, 238; OLG Hamm FamRZ 1976, 462 f).</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat zu Recht diese Voraussetzungen auf grund des von ihm festgestellten Sachverhalts verneint. Eine Vernachlässigung der Betroffenen ist nicht ersichtlich, da sie ordnungsgemäß in einer Pflegefamilie untergebracht und versorgt</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">ist, womit sich der Beteiligte zu 3) ausdrücklich einverstanden erklärt hat. Eine Verletzung der Unterhaltspflicht durch den Beteiligten zu 3) hat das Landgericht nicht festgestellt. Ein möglicher Alkoholmißbrauch des Beteiligten zu 3) dagegen reicht alleine nicht aus, eine grobe Vernachlässigung oder einen schwerwiegenden Sorgerechtsmißbrauch gegenüber der Betroffenen zu begründen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Auch die Voraussetzungen des § 1748 Abs. 3 BGB sind nicht erfüllt, wie das Landgericht rechtsfehlerfrei entschieden hat; denn es hat nicht festgestellt, daß der Beteiligte zu 3) wegen besonders schwerer geistiger Gebrechen zur Pflege und Erziehung der Betroffenen dauernd unfähig wäre. </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Schließlich hat das Landgericht im Ergebnis ohne Rechtsfehler die Voraussetzungen des vom Amtsgericht allein herangezogenen Gesichtspunktes der Gleichgültigkeit im Sinne des § 1748 Abs. 1 Satz 1 2.<b> </b>Alternative BGB als nicht erfüllt angesehen. Auch wenn das Landgericht möglicherweise bei der Feststellung des insoweit maßgeblichen Sachverhaltes seinen Ermittlungspflichten gemäß § 12 FGG nicht in ausreichendem Maße nachgekommen sein sollte, wie bereits ausgeführt wurde, so könnte auf die Gleichgültigkeit des Beteiligten zu 3) gegenüber der Betroffenen ohnehin nur dann die Ersetzung seiner Einwilligung in die Adoption der Betroffenen gestützt werden, wenn die weiteren, in § 1748 Abs. 2 BGB aufgestellten Voraussetzungen erfüllt</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">wären. Nach dieser Vorschrift darf wegen Gleichgültigkeit, die nicht zugleich eine anhaltende gröbliche Pflichtverletzung ist, die Einwilligung nur ersetzt werden, wenn der Elternteil, dessen Einwilligung ersetzt werden soll, vom Jugendamt vorher</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">über die Möglichkeit der Ersetzung belehrt und nach § 51 a Abs. 1 des Gesetzes für Jugendwohlfahrt beraten worden ist und seit der Belehrung wenigstens 3 Monate verstrichen sind.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Daß<b> </b>dies geschehen wäre, haben das Amts- und Landgericht nicht festgestellt. Nicht einmal der Beteiligte zu 3), das Jugendamt Aachen, hat dies behauptet.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Nach allem fehlt es an der gesetzlichen Voraussetzung für die Ersetzung der Einwilligung des Beteiligten zu 3) in die Adoption der Betroffenen, so daß die sofortige weitere Beschwerde des Amtsvormundes zurückzuweisen ist. Erst wenn er die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt hat, mag er erwägen, ob er einen neuen Antrag auf Ersetzung der Einwilligung des Beteiligten zu 3) beim zuständigen Vormundschaftsgericht stellen will.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 Abs. 3 KostO, § 13 a FGG.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: 5.000,-- DM (§ 30 Abs. 3 Satz 2 KostO).</p>
|
315,804 | ovgnrw-1982-06-09-4-a-85281 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
"slug": "ovgnrw",
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"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 4 A 852/81 | "1982-06-09T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:22" | "2019-03-27T09:42:10" | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1982:0609.4A852.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird geändert.</p>
<p>Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 11. Juli.1978 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidenten vom 15. März 1979 wird aufgehoben.</p>
<p>Der Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.</p>
<p>Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung<sub>.</sub> Sicherheit in derselben Höhe leistet.</p>
<p>Die Revision wird zugelassen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Tatbestand:</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist seit Oktober 1977 auf dem Grundstück     Straße in        mit dem Gewerbe "An- und Verkauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen, Kfz.-Ersatzteilen" gemeldet. Bei dem Betriebsgrundstück handelt es sich um ein ehemaliges Tankstellengelände mit einer Wartungshalle in einer Größe von ca. 8 m x 4 m und einem anschließenden Büro- und Verkaufsraum.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Anläßlich verschiedener Überprüfungen des Betriebes seit Januar 1978 wurde festgestellt; daß der Kläger an den von ihm gehandelten Fahrzeugen vor dem Verkauf Reparaturen vornahm und Lackierarbeiten ausführte. Der Beklagte teilte dem Kläger. mehrfach in persönlichen Gesprächen mit, daß es sich dabei um handwerkliche Tätigkeiten handele, die er ohne Eintragung in die Handwerksrolle nicht ausführen dürfe, und wies ihn auf die Folgen einer Fortsetzung der Tätigkeit hin. Da der Kläger darauf bestand, diese Arbeiten vornehmen zu dürfen, untersagte der Beklagte ihm durch Ordnungsverfügung vom 11. Juli 1978 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung ab sofort die Fortsetzung eines selbständigen<sup>.</sup>Betriebes des Kraftfahrzeugmechaniker- sowie des Maler- und Lackiererhandwerks auf dem genannten Grundstück. Gleichzeitig drohte er ihm für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,-- DM an. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Regierungspräsident     durch Widerspruchsbescheid vom 15. März 1979 mit der Maßgabe zurück, daß dem Kläger neben der Fortsetzung des Kraftfahrzeugmechanikerhandwerksbetriebes nicht die Fortsetzung eines Maler- und Lackiererhandwerksbetriebes, sondern nur die tatsächlich ausgeübte Teiltätigkeit, Lackierung von Fahrzeugen, untersagt werde.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">  Mit der am 22. März 1979 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht: Er führe die anfallenden handwerklichen Tätigkeiten nicht unberechtigt aus, weil er sie im Rahmen eines Hilfsbetriebes ausübe. Im Hauptbetrieb handele er. mit Gebrauchtwagen. Bei etwa 95 % der von ihm weiterveräußerten Gebrauchtwagen handele es sich um in Zahlung gegebene Kraftfahrzeuge, die er von einer Opel-Niederlassung beziehe. Hin und wieder kaufe er auch Gebrauchtwagen aus privater Hand oder nehme solche beim Verkauf eines Gebrauchtwagens in Zahlung. Der Anteil an unfallbeschädigten Wagen sei gering. An Reparaturen führe er mangeis entsprechender Einrichtungen und Gerätschaften nur technisch einfache aus. im übrigen nehme er an einem Teil der gekauften Fahrzeuge Lackier- und Verschönerungsarbeiten vor und übernehme im Rahmen seiner vertraglichen und gesetzlichen Gewährleistungspflicht aus dem Gebrauchtwagengeschäft noch Arbeiten einfacher Art aus Reklamationen. Die Reparaturkosten machten nur einen Bruchteil des späteren Verkaufspreises aus. Reparaturarbeiten im Auftrag bestimmter Kunden nehme er mit Ausnahme von Gewährleistungsarbeiten nicht vor. Er mache die Fahrzeuge lediglich für seinen Hauptbetrieb verkaufsfertig. Auch der Wert der Lackierarbeiten sei gegenüber dem späteren Verkaufspreis unbedeutend. Sollte der Betrieb nicht als Hilfsbetrieb eingestuft werden können, so Wäre er zumindest als eintragungsfreier Nebenbetrieb zu behandeln, weil die handwerklichen Tätigkeiten als unerheblich zu betrachten seien. Da die Leistungen nicht Dritten gegenüber abgerechnet würden, gebe es für sie keine gesonderten Umsatzaufzeichnungen. Er arbeite handwerklich an fünf Tagen in der Woche jeweils vier Stunden. Bei einem Arbeitslohn von 25,-- DM je. Stunde und 48 Arbeitswochen im Jahr errechne sich somit fiktiv ein Jahresumsatz von 24.000,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 11. Juli 1978 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidenten      vom 15. März 1979 aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Er hat vorgetragen: Die Annahme eines Hilfs- oder Nebenbetriebes scheitere bereits an dem Fehlen einer gewissen Eigenständigkeit innerhalb des Gesamtunternehmens. Von einem Hilfsbetrieb könne auch deshalb nicht gesprochen werden, weil der Kläger die Arbeiten für einen zukünftigen noch unbekannten Dritten, nämlich den Käufer, ausführe, um später einen höheren Verkaufswert zu erzielen. Der Einwand des Klägers, die handwerklichen Tätigkeiten fielen unter die Unerheblichkeitsgrenze, müsse als Schutzbehauptung gewertet werden. Bereits aus den eigenen Angaben des Klägers müsse entnommen werden, daß dieser in der Regel an einem Drittel der verkauften Fahrzeuge Arbeiten vornehme.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Ein Hilfs- oder Nebenbetrieb liege im Hinblick auf die handwerklichen Tätigkeiten nicht vor, weil es an der organisatorischen Trennung der verschiedenen Betriebsteile fehle. Da der Kläger nicht in der Handwerksrolle eingetragen sei, übe er die handwerklichen Tätigkeiten somit unbefugt aus und sei ihm ihre Fortsetzung zu Recht untersagt worden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Gegen die ihm am 18. März 1981 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 11. April 1981 Berufung eingelegt. Er wiederholt und vertieft seinen bisherigen Vortrag und führt ergänzend aus: Mit Wirkung vom 1. März 1981 habe er seinen Sohn als Verkäufer für den Bereich des Gebräuchtwagenhandels eingestellt. Damit entfalle die Argumentation des Verwaltungsgerichts, bei einem EinMann-Betrieb sei die Trennung in Haupt- oder Hilfsbetrieb nicht möglich.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag zu. erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Er verweist im wesentlichen auf sein bisheriges Vorbringen</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">und das von ihm für zutreffend erachtete Urteil des Verwaltungsgerichts.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Wegen des Sach- und Streitstandes im einzelnen wird auf den Inhalt-der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten und des Regierungspräsidenten Düsseldorf ergänzend Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe:</span></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die angefochtenen<sup>.</sup>Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">§ 16 Abs. 3 der Handwerksordnung idF vom 28. Dezember 1965, BGBl 1966 I 2 (Hw0), auf den der Beklagte die Untersagungsverfügung gestützt hat, kann nicht als Rechtsgrundlage herangezogen werden. Dessen Voraussetzungen sind nicht gegeben. Der Kläger übt den selbständigen Betrieb eines Kraftfahrzeugmechanikershandwerks und eines Maler- und Lackiererhandwerks (Teiltätigkeit: Lackierung von Fahrzeugen) nicht entgegen den Vorschriften der Handwerksordnung aus.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Zwar hat der Kläger im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügungen handwerksmäßig Arbeiten ausgeführt, die wesentliche Teiltätigkeiten der genannten HandWerkszweige darstellten (vgl. § 1 Abs. 2 Hw0). Wegen der Begründung im einzelnen kann insoweit auf das Urteil des Verwaitungsgerichts verwiesen werden. Soweit ersichtlich, ist diesbezüglich bis heute keine wesentliche Änderung eingetreten.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen des maßgeblichen Zeitpunkts bei Untersagungsverfügungen nach § 16 Abs. 3 HwO vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 18. Oktober 1979 - 5 C 12.79 -.Gewerbearchiv (GewArch) 1980, 61.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Letztlich stellt der Kläger auch nicht in Abrede, daß er insoweit einen Handwerksbetrieb führt.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist jedoch berechtigt, diese Arbeiten entgegen § 1 Abs. 1 HwO ohne Eintragung in die Handwerksrolle vorzunehmen. Insoweit handelt es sich nämlich entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts um einen Hilfsbetrieb im Sinne von § 3 Abs. 3 HwO.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Nach dieser Vorschrift sind Hilfsbetriebe unselbständige, der wirtschaftlichen Zweckbestimmung des Hauptbetriebes dienende Handwerksbetriebe, wenn sie Arbeiten für den Hauptbetrieb oder für andere dem Inhaber des Hauptbetriebes ganz oder überwiegend gehörende Betriebe ausführen (Nr. 1) oder im einzelnen aufgeführte Leistungen an Dritte bewirken (Nr. 2). Diese Voraussetzungen treffen hier zu. Der vom Kläger betriebene Handel mit gebrauchten Kraftfahrzeugen und Kfz-Teilen war und ist als Hauptbetrieb gegenüber der Handwerkstätigkeit anzusehen,</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">a.A. in einem offenbar ähnlich gelagerten Fall: Bayer. VGH, Urteil vom.I7. Dezember. 1979 - 177 XXII 78 - GewArch 1981, 208 (nur Leitsatz).</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Ihm kommt unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten im Rahmen des Gesamtunternehmens die überwiegende Bedeutung,zu. Nach dem Vortrag des Klägers - insoweit sind keine hinreichenden Anhaltspunkte vorhanden, an dessen Richtigkeit zu zweifeln, zumal auch der Beklagte hierzu nichts Konkretes vorgebracht hat - nimmt er im wesentlichen Arbeiten nur an solchen Kraftfahrzeugen vor, die später im Rahmen seines Gebrauchtwagenhandels verkauft werden. Insoweit bearbeitet der Kläger jedoch weniger als die Hälfte der Autos vor dem Weiterverkauf. Hinzu kommt, daß das Ausmaß der Arbeiten sehr unterschiedlich ist, unter Umständen also nur geringe Handwerkstätigkeiten erforderlich werden. Soweit darüber hinaus Handwerkstätigkeit im Rahmen von Gewährleistungsansprüchen anfallen, sind sie für die Frage des wirtschaftlichen Übergewichts unberücksichtigt zu lassen, weil sie unentgeltlich sind und somit nicht unmittelbar zum wirtschaftlichen Ergebnis beitragen. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, daß wirtschaftlich beim Handel das Schwergewicht liegt, während die Handwerkstätigkeit demgegenüber zurücktritt. Das kommt im übrigen auch in der Firmenbezeichnung zum Ausdruck, in der es lediglich heißt "GebrauchtWagen - An- und Verkauf".</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Qualifikation als Haupt- und Hilfsbetrieb scheitert nicht an einer fehlenden organisatorischen Trennung. Zwar wird man eine gewisse betriebliche Eigenständigkeit auch des Hilfsbetriebes für notwendig erachten müssen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Vgl. Baudisch, Zum Begriff des handwerklichen Nebenbetriebes GewArch 1965, 217, 218.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Jedoch hat das Verwaltungsgericht die Anforderungen insoweit überspannt. Bestehen bereits für die Abgrenzung zwischen Haupt--und Nebenbetrieb Bedenken dagegen, eine organisatorische Trennung für erforderlich zu halten, so gilt das im Hinblick auf die im Gesetz vorgesehene Unselbständigkeit des Hilfsbetriebes erst recht. Jedenfalls muß eine gewisse Eigenständigkeit der im Hilfsbetrieb zu erbringenden Leistungen oder Erzeugnisse als ausreichend angesehen werden.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Vgl. Baudisch aa0 S. 218, 219.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Dem wird hier Genüge getan. Die Leistungen beider Tätigkeitsbereiche sind in diesem Sinne hinreichend verschieden und rechtfertigen nicht die Annahme, bei dem einen handele es sich nur um eine unselbständige Filiale oder Abteilung des anderen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die handwerkliche Tätigkeit des Klägers dient auch dem wirtschaftlichen Zweck des Hauptbetriebes, des Gebrauchtwagenhandels. Sie soliden späteren Verkauf der Fahrzeuge erleichtern, dazu beitragen, daß wegen des besseren Zustandes ein höherer Preis erzielt werden kann, und die Einschaltung anderer Handwerksbetriebe, die notwendigerweise die eigenen Unkosten vermehren und voraussichtlich eine Gewinnschmälerung mit sich bringen würde, überflüssig machen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Auch die übrigen Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 HwO sind erfüllt. Soweit der Kläger angekaufte Kraftfahrzeuge repariert oder lackiert, bevor er sie seinen Kunden wieder zum Verkauf an-</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">bietet, fallen die Arbeiten unter § 3 Abs. 3 Nr. 1 HwO. Insofernwerden sie nämlich für den Hauptbetrieb und nicht für Dritte ausgeführt. Maßgebend ist insoweit in erster Linie die Feststellung, ob der handwerkliche Betriebsteil unmittelbaren Zugang zum Markt hat oder ob er nicht selbst am Wirtschaftsverkehr teilnimmt, sondern nach der gesamten Betriebsstruktur ausschließlich der wirtschaftlichen Zweckbestimmung des Hauptbetriebes zu dienen hat. Letzteres ist auch dann anzunehmen, wenn die Leistungen letztlich über den Hauptbetrieb einem- Dritten zugute kommen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Mai 1979 ‑ 5 C 16.79 ‑  GewArch 1979, 305, 307.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">So liegt der Fall hier. Zwar kommen die handwerklichen Leistungen des Klägers den späteren Käufern der Wagen zugute, sie werden jedoch nicht unmittelbar ihnen gegenüber erbracht. Nicht mit der handwerklichen Leistung tritt der Kläger seinen Kunden gegenüber, sondern als Verkäufer eines gegebenenfalls vorher reparierten und (teilweise) neu lackierten Fahrzeuges.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Soweit die handwerklichen Leistungen des Klägers unmittelbar Dritten gegenüber bewirkt werden, aber auf einer vertraglichen oder gesetzlichen Gewährleistungspflicht aus dem Verkauf des Kraftfahrzeuges beruhen, fallen sie unter § 3 Abs. 3 Nr. 2 d HwO und damit ebenfalls unter die für einen Hilfsbetrieb erlaubten Handwerkstätigkeiten.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Sonstige Arbeiten, die nicht den in § 3 Abs. 3 Nr. 2 a bis d HwO aufgeführten Leistungen zuzurechnen sind, hat der Kläger nach seinen Angaben vor Erlaß der angefochtenen Verfügungen nicht ausgeführt. Gegenteilige Hinweise sind weder aus den Verwaltungsvorgängen noch sonst ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Da der Handwerksbetrieb als Hilfsbetrieb im Sinne des § 3 Abs.3 HwO anzusehen ist; bedarf die Frage der erzielten Umsätze und der für die handwerkliche Tätigkeit aufgewendeten Arbeitszeit keiner weiteren Erörterung.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwG0. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozeßordnung.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die Revision ist zur weiteren Klärung der Abgrenzung von Haupt- und Hilfsbetrieb nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen worden.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0"><tbody><tr><td></td>
<td colspan="2"></td>
</tr>
<tr><td></td><td></td><td></td></tr>
</tbody>
</table>
|
315,805 | olgk-1982-06-08-21-wf-7882 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 21 WF 78/82 | "1982-06-08T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:23" | "2019-03-27T09:42:10" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1982:0608.21WF78.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Beschwerde des Antragstellers werden der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln vorn 11. Dezember 1981 und der Abhilfebeschluß</p>
<p>dieses Gerichts vom 5. Mai 1982 - 303 F 330/80 PKH - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu</p>
<p>gefaßt:</p>
<p></p>
<p>In teilweiser Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln vom 24. April 1981 - 303 F 330/80 PKH - werden die von dem Antragsteller zu zahlenden Monatsraten auf 40,-- DM, beginnend mit dem 1. Juli 1982, festgesetzt.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien, beide deutsche Staatsangehörige, haben am 30. April 1970 die Ehe geschlossen, aus der als einziges Kind der am 23. November 1970 geborene Sohn G. hervorgegangen ist. Seit Januar 1980 leben die Parteien getrennt, nachdem der Antragsteller damals die eheliche Wohnung verlassen hatte. Der Sohn G. lebt seit der Trennung der Parteien bei der Antragsgegnerin.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 16. Dezember 1980 hat der Antragsteller bei dem Amtsgericht Köln die Scheidung seiner Ehe beantragt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zugleich hat der Antragsteller um Bewilligung des Armenrechts für das Scheidungsverfahren nachgesucht.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nachdem der Antragsteller mit Schriftsatz vom 3. April 1981 die formularmäßige Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie eine Gehaltsbescheinigung für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 1981 vorgelegt hatte, ist ihm durch Beschluß vom 24. April 1981 unter Beiordnung von Rechtsanwältin Dr. I. Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlungen bewilligt worden.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Durch den hiermit in Bezug genommenen Beschluß vom 11. Dezember 1981 hat das Amtsgericht in Abänderung des Beschlusses vom 24. April 1981 gemäß § 120 Abs. 1 ZPO angeordnet, daß der Antragsteller ab 1. Januar 1982 monatliche Raten von 240,-- DM zu zahlen hat.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Beschluß hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom3. März 1982 Beschwerde eingelegt mit dem Antrag,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter Aufhebung des Beschlusses vom 11. Dezember 1981 dem Antragsteller die Rückzahlung der gewährten Prozeßkostenhilfe zu erlassen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Durch Beschluß vom 5. Mai 1982, auf den ebenfalls Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht der Beschwerde des Antragstellers nur insoweit abgeholfen, als die von dem Antragsteller zu zahlenden Monatsraten auf 120,-- DM ermäßigt worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers ist es gerechtfertigt, den Beschluß des Amtsgerichts vom 24. April 1981, durch welchen dem Antragsteller Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlungen bewilligt worden ist, gemäß § 124 Nr. 3 ZPO dahin abzuändern, daß der Antragsteller nunmehr monatliche Raten von 40,-- DM, beginnend mit dem 1. Juli 1982, zu zahlen hat.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Nach § 124 Nr. 3 ZPO kann die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe aufgehoben oder zu Lasten der Partei abgeändert werden, wenn die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozeßkostenhilfe nicht vorgelegen haben. Dieser Tatbestand</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">ist hier erfüllt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Wie sich aus der bereits mit Schriftsatz vom 3. April 1981 vorgelegten Verdienstbescheinigung des Antragstellers für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 1981 ergibt (BI. 11 d.A.), hat der Antragsteller damals im Monatsdurchschnitt rd. 2.155,-DM netto verdient. Daraus errechnet sich ein Einkommen im Sinne der Vorschrift des § 115 Abs. 1 ZPO in Höhe von 1.163,-DM, selbst wenn man die monatlichen Raten von rd. 567,-- DM, die der Antragsteller zur Tilgung des bei der W. AG in J. aufgenommenen Darlehens zu zahlen hat (BI. 27 d.A.), in vollem Umfang einkommensmindernd berücksichtigt (2.155,-- DM Nettoeinkommen ./. 255,-- DM Kinderunterhalt ./. 170,-- DM Ehegattenunterhalt ./. 567,-- DM Darlehensrate) . Dem Antragsteller hätte also von vornherein Prozeßkostenhilfe nur unter Festsetzung von monatlichen Raten in Höhe von mindestens 120,-- DM bewilligt werden dürfen. Die Bewilligung in dem Beschluß vom .24. April 1981 entspricht demnach nicht den wirklichen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Allerdings waren dem Amtsgericht die wirklichen Einkommensverhältnisse des Antragstellers bei Erlaß des Beschlusses vom 24. April 1981 bekannt, da der Antragsteller seine Verdienstbescheinigung für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 1981 bereits mit Schriftsatz vom 3. April 1981 (BI. 11 der Scheidungsakten) vorgelegt hat. Obwohl sich deshalb eine Aufhebung der ursprünglichen Bewilligung als eine Abänderung wegen bloßer Veränderung in der rechtlichen Beurteilung darstellt, ist eine solche Abänderung gemäß § 124 Nr. 3 ZPO zulässig, weil diese Vorschrift nach ihrem Wortlaut und Zweck auch die Fälle erfaßt, in denen das Gericht Prozeßkostenhilfe aufgrund einer rechtlich fehlerhaften Beurteilung der objektiven Sachlage bewilligt hat (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Anm. 1 zu § 124). Die gegenteilige Auffassung von Schneider, der ohne nähere Begründung meint, dem Gericht bei Bewilligung von Prozeßkostenhilfe bekannte, aber nicht zu Lasten des Hilfsbedürftigen berücksichtigte</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Bewertungsumstände könnten eine Aufhebung der Bewilligung nicht rechtfertigen (vgl. Zöller-Schneider, ZPO, Anm. III, 3 e zu § 124), findet im Gesetz keine hinreichende Stütze. Soweit es um die Hilfsbedürftigkeit der Partei im Zeitpunkt der Bewilligung</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">geht, stimmt die Vorschrift in § 124 Nr. 3 ZPO fast wörtlich mit der Vorschrift des § 121 ZPO a.F. überein. Nach dieser Vorschrift konnte das Armenrecht zu jeder Zeit entzogen werden, wenn sich ergibt, "daß eine Voraussetzung der Bewilligung nicht vorhanden war ... "Dabei war nicht zweifelhaft, daß das Armenrecht auch entzogen werden konnte, wenn das Gericht bei einer neuerlichen Prüfung des gleichgebliebenen Sachverhalts die</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Voraussetzungen für die Bewilligung des Armenrechts nunmehr anders beurteilte als zur Zeit der ursprünglichen Bewilligung (vgl. Stein-Jonas-Leipold, ZPO, RdNr. 1 und 6). Daß sich an dieser Rechtslage durch die insoweit fast gleichlautende Vorschrift in § 124 Nr. 3 ZPO etwas ändern sollte, ist nicht ersichtlich. Unzuträglichkeiten bei der Entziehung des Armenrechts wegen einer anderweitigen rechtlichen Beurteilung haben sich auch unter</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">der Geltung des § 121 ZPO a.F. nur ergeben, soweit die Voraussetzung der Erfolgsaussicht oder der fehlenden Mutwilligkeit infrage stand (vgl. hierzu Stein-Jonas-Leipold, ZPO, RdNr. 5 und 6). Diese Unzuträglichkeiten hat der Gesetzgeber dadurch beseitigt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">daß eine<i> </i>Aufhebung der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe wegen Fehlens ihrer sachlichen Voraussetzungen jetzt nur noch zulässig ist, wenn die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat (§ 124 Nr. 1 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die hiernach zulässige Abänderung des Beschlusses vom 24. April 1981 führt nach Lage des Falles zur Festsetzung von monatlichen Raten von 40,-- DM, beginnend mit dem 1. Juli 1982.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Nach § 124 ZPO "kann" das Gericht unter den in dieser Vorschrift im einzelnen beschriebenen Voraussetzungen die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe aufheben. Damit wird die Aufhebung in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht die Besonderheiten des jeweiligen Falles zu beachten und insbesondere die schutzwürdigen Interessen der hilfsbedürftigen Partei zu berücksichtigen (vgl. Schuster, Prozeßkostenhilfe, RdNr. 3 zu § 124 ZPO; Zöller, ZPO, Anm. IV, 1 zu § 124). Der davon abweichenden Auffassung, wonach das Wort "kann" in § 124 ZPO ebenso wie in § 121 ZPO a.F. nicht die Einräumung eines Ermessens, sondern bloße Zuständigkeitsregelung bedeutet (so Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Anm. 2 zu § 124), vermag der Senat nicht zu folgen. Abgesehen davon, daß schon die Vorschrift <i>in </i>§ 121 ZPO a.F. auch im Sinne einer Ermessensvorschrlft verstanden worden ist (vgl. SteinJonas-Leipold, ZPO, RdNr. 4 zu § 121), ergibt sich die Deutung der Vorschrift in § 124 ZPO als einer Ermessensvorschrift unzweifelhaft aus der mit dem Gesetzeswortlaut übereinstimmenden amtlichen Begründung des Gesetzes (vgl. BT-Drucksache 8/3068 Seite 31). Wenn Hartmann (a.a.O.) demgegenüber darauf hinweist, daß die Auslegung der Vorschrift in § 124 ZPO als Ermessensvorschrift den berechtigten Belangen des Prozeßgegners und insbesondere der Staatskasse zuwiderlaufe, muß er sich entgegenhalten lassen, daß in den Fällen des § 124 ZPO nur eine Ermesserisvorschrift den Richter in die Lage versetzt, im jeweiligen Einzelfall den Belangen aller Beteiligten gerecht zu werden. Nur wenn der Richter bei seiner Entscheidung auch die schutzwürdigen Interessen der hilfsbedürftigen Partei angemessen berücksichtigen kann, wird der Zweck der Prozeßkostenhilfe im Einzelfall gewährleistet. Dieser Zweck besteht darin, die prozessuale Stellung von Bemittelten und Unbemittelten weitgehend anzugleichen und auf diese Weise den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) sowie das Sozialstaatsprinzip der Verfassung (Art. 20 Abs. 1 GG) zu verwirklichen (vgl. BVerfG in NJW 1959/715 und 1960/331). Angesichts dessen gebietet auch der Grundsatz, Gesetze verfassungskonform auszulegen, die Vorschrift in § 124 ZPO als eine Ermessensvorschrift zu verstehen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Hier ist zu Gunsten des Antragstellers zunächst zu berücksichtigen, daß sich seine Einkommensverhältnisse seit Bewilligung der Prozeßkostenhilfe verschlechtert haben. Während der Antragsteller in den ersten drei Monaten des Jahres 1981 noch nach der</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Lohnsteuer-Klasse III/1 besteuert worden ist, ist er im späteren Verlauf des Jahres 1981 rückwirkend in die Lohnsteuer-Klasse I eingestuft worden. Das hat dazu geführt, daß sein monatliches Nettoeinkommen im Durchschnitt des gesamten Kalenderjahres 1981</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">nur rd. 1.898,-- DM betragen hat, wie sich im einzelnen aus seinem Lohnzettel für das Kalenderjahr 1981 ergibt (BI. 34 d.A.). Im übrigen kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Familienrichter dem Antragsteller zunächst Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlungen bewilligt und damit einen Tatbestand geschaffen hat, auf den der Antragsteller nach Lage des Falles vertrauen durfte. Denn wenn einer hilfsbedürftigen Partei, die - wie hier der Antragsteller - ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vollständig und wahrheitsgemäß angegeben hat, Prozeßkostenhilfe bewilligt worden ist, darf die Partei grundsätzlich auf den Bestand der erfolgten Bewilligung vertrauen und ihre finanziellen Dispositionen darauf einrichten. Angesichts dessen hält es der Senat für angemessen, die von dem Antragsteller zu entrichtenden Darlehensraten in vollem Umfang</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">als besondere Belastung in Rechnung zu stellen (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 ZPO), zumal der Antragsteller das zugrundeliegende Darlehen in dem bereits mit seinem Schriftsatz vorn 3. April 1981 überreichten Vordruck nach § 117 ZPO angegeben hatte (BI. 9 d.A.). Demnach verfügt der Antragsteller gegenwärtig über ein gemäß § 115 Abs. 1 ZPO zu berücksichtigendes Einkommen von 906,-- DM (1.898,-- DM Nettoeinkommen ./. 255,-- DM Kinderunterhalt ./. 170,-- DM Ehegattenunterhalt ./. 567,-- DM Darlehensrate) , so daß er nach der Tabelle in Anlage 1 zu § 114 ZPO an sich monatliche Raten von 60,-- DM zahlen müßte. Mit Rücksicht darauf, daß der Antragsteller sich inzwischen einer zahnärztlichen Behandlung unterziehen mußte und von den Kosten dafür einen Betrag von 1.400,-- DM selbst zu tragen hat, erscheint eine Herabsetzung der monatlichen Raten auf 40,-- DM geboten.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Demnach mußte der angefochtene Beschluß in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang abgeändert werden.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Eine Kostenentscheidung ist nicht vera:n.laßt (§ 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Wert der Beschwerde, soweit sie zurückgewiesen worden ist: 100,-- DM.</p>
|
315,806 | olgk-1982-06-05-4-wf-8482 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 WF 84/82 | "1982-06-05T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:25" | "2019-03-27T09:42:10" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1982:0605.4WF84.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Beschwerde wird der Aussetzungsbeschluß des Amtsgerichts</p>
<p>- Familiengericht - Bonn vom 14.04.1982 (47 F 43/82) aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Durch Verbundurteil des Familiengerichts Bonn vom 06.10.1981 wurde die Ehe der Parteien geschieden (47 F 5/81AG Bonn). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich, wonach der Kläger DM 39.626,11 zugunsten der Beklagten an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zu zahlen hat,</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Berufung eingelegt ist.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Parteien waren gemeinschaftliche Inhaber zweier bei der Sparkasse C. errichteten Sparkonten, wobei Verfügungsberechtigung jedes Ehepartners in Einzelzeichnung</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">vereinbart war. Seit Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft im Januar 1980 befanden sich die Sparbücher im Alleinbesitz der Beklagten. Ohne Einverständnis des Klägers hob die Beklagte davon folgende Beträge ab: am 04.08.1981 DM 10.000,--; am 05.08.1981: DM 33.000,--; am 02.09.1981: DM 520,--; am 14.10.1981: DM 2.000,-- und am 10.11.1981: DM 3.360,--. Danach verblieb auf beiden Sparbüchern zusammen nur ein Restbetrag von DM1 48,89. Seit Januar 1980 waren außer Zinsgutschriften keine Einzahlungen mehr erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit der am 02.12.1981 beim Landgericht Bonn eingereichten Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung von DM 24.400,-- (= die Hälfte der Abhebungen) in Anspruch</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">unter Berufung auf § 430 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat nicht bestritten, daß hinsichtlich der Sparkonten nichts anderes als die Berechtigung zu gleichen Teilen vereinbart war. Sie erklärt aber die Aufrechnung mit einer ihr zustehenden Zugewinnausgleichsforderung in Höhe von DM 14.270,23 und macht ein Zurückbehaltungsrecht wegen der Versorgungsausgleichsansprüche geltend. Der Kläger bestreitet das Bestehen einer Zugewinnausgleichsforderung und macht geltend, daß wegen des eigenmächtigen Verhaltens der Beklagten auch Aufrechnung und Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts ausgeschlossen seien.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">In der mündlichen Verhandlung vorn 10.02.1982 erklärte sich das Landgericht Bonn für unzuständig und verwies den Rechtsstreit auf Antrag der Parteien "zu dem Verfahren 47 F 5/81 AG Bonn", nachdem die Beklagte schon früher geltend gemacht hatte, das Familiengericht sei zuständig, da es sich um Zugewinnausgleichs- bzw. Versorgungsausgleichsfragen handele.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht Bonn übernahm den Rechtsstreit sodann unter dem Az. 47 F 43/82.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Nach Anhörung der Parteien setzte das Familiengericht das Verfahren gemäß § 148 ZPO aus bis zur Entscheidung des OLG in der Ehesache, da die Entscheidung des</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Rechtsstreits davon abhängig sei, in welcher Höhe der Beklagten gegenüber dem Kläger ein Anspruch aus dem Versorgungsausgleich zustehe, demgegenüber die Beklagte</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Zahlung infolge Aufrechnung oder eines Zurückbehaltungsrechts verweigern könne.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Klägers.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die gemäß § 252 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet, da die Voraussetzungen einer Aussetzung nach § 148 ZPO nicht erfüllt sind.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Senat ist zur sachlichen Entscheidung über die Beschwerde befugt, obgleich es sich materiell nicht um eine Familiensache handelt. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ist kein Anspruch aus dem ehelichen Güterrecht, sondern ein allgemeiner vermögensrechtlicher Anspruch (§§ 741 ff., 428, 430 BGB oder §§ 687, 823, 812 BGB) , der nicht dem abschließenden Katalog des § 23 b Abs. 1 S. 2 GVG zugeordnet werden kann. Ungeachtet dessen ist die Zuständigkeit des Familiengerichts aber durch die Verweisung des Landgerichts begründet worden (§ 281 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Es kann zunächst keinem Zweifel unterliegen, daß das Landgericht den Rechtsstreit an das <u>Familien</u>gericht verwiesen hat, da die Verweisung ausdrücklich zu einem familiengerichtlichen Aktenzeichen erfolgte und eine Verweisung an das Amtsgericht als allgemeines Zivilgericht schon wegen des Streitwerts nicht in Betrachtkam.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Nach der Rechtssprechung des BGH (FamRZ, 1980, 558)<i> </i>besteht die Bindung nach § 281 II S. 2 ZPO allerdings nur für das <u>Gericht</u>, an das verwiesen wird, nicht dagegen auch für Abteilungen und Spruchkörper innerhalb dieses Gerichts, wie es die Familiengerichte sind.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Dieser Entscheidung vermag der Senat nicht zu folgen. Er bejaht die Bindungswirkung der Verweisung an das Familiengericht mit der Folge der Rechtsmittelzuständigkeit des</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Famillensenats (ebenso vor Erlaß der Entscheidung des BGH: OLG Düsseldorf, Rpfl 1979, 431 und FamRZ 80, 139; OLG Stuttgart FamRZ 1980, 607; OLG Frankfurt FamRZ 1980, 471; OLG Karlsruhe FamRZ 1980, 139 und - unter Ablehnung der</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">BGH-Entscheidung - Kissel, GVG / § 23 b, Anm. 32).</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Entscheidend ist, ob unter "Gericht" im Sinne des § 281 ZPO auch das Familiengericht zu verstehen ist.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Interpretiert werden muß der Begriff nach dem gesetzgeberischen Zweck des § 281 ZPO, Verzögerungen und Verteuerungen des Prozesses zu vermeiden und ohne Rücksicht auf die Richtigkeit der Verweisungsentscheidung darüber keinen Streit aufkommen zu lassen. Insoweit stellt der Gesetzgeber die Prozeßwirtschaftlichkeit über die Ermittlung der wahren Zuständigkeit (vgl. auch BGHZ 63, 217).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Diesem Interesse an einer alsbaldigen und abschließenden Klärung der Zuständigkeit ist Genüge getan, wenn das Gericht, an das verwiesen wird, gebunden ist. Die interne</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Zuständigkeit innerhalb dieses Gerichts kann vom abgebenden Gericht regelmäßig nicht zuverlässig geklärt werden und ein Eingriff in die interne Geschäftsverteilung ist zum Beschleunigungszweck weder geboten noch zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Ob das Familiengericht "Gericht" im Sinne des § 281 ZPO ist, muß danach entschieden werden, ob der Beschleunigungszweck eine derartige Reichweite der Verweisung deckt.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Anders als zwischen den einzelnen Abteilungen des Amtsgerichts kann ein Zuständigkeitsstreit zwischen Familiengericht und Zivilabteilung nicht durch das Präsidium des Amtsgerichts entschieden werden, sondern es bedarf einer Entscheidung durch das Oberlandesgericht nach § 36 Nr. 6 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Anders als bei der Verweisung an eine bestimmte Zivilabteilung beruht auch die Verweisung selbst nicht auf eventuell fehlerhaften und jedenfalls überflüssigen Überlegungen zur internen Zuständigkeit, sondern auf einer rechtlichen Qualifikation als Familiensache. Das der Gesetzgeber derartigen Qualifikationen des Streitgegenstands</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">grundsätzlich Bindungswirkung beimißt, zeigt auch die Regelung dos § 17 GVG für die Verweisung zwischen den Gerichtsbarkeiten.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Mit Recht hebt Kissel weiter hervor, daß die Familiengerichte als Abteilungen der Amtsgerichte weitgehend verselbständigt sind (z.B<b>. </b>§ 23 b Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GVG, 23 c GVG - gemeinsames Familiengericht mehrer AG-Bezirke <b>-, </b>621, 621 a,628 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Entscheidend unter dem Aspekt der Verfahrensbeschleunigung ist weiter, daß der Rechtsmittelzug gegen Entscheidungen der Zivilabteilung und der Familiengerichte verschieden ist. Dieser unterschiedliche Rechtsmittelzug führt bei einer Verneinung der Bindung zu Schwierigkeiten und Verzögerungen, die dem Zweck des § 281 ZPO zuwiderlaufen. Der vorliegende Fall zeigt das deutlich. Angesichts der unbestrittenen Bindung jedenfalls des Amtsgerichts insgesamt an die Verweisung kann bei einer Verneinung der Bindung der Verweisung an das Familiengericht eine Entscheidung des wirklich zuständigen Gerichts ohnehin nicht mehr erreicht werden (vgl. auch Kissel a.a.O.)<b>. </b>Die Verneinung der Bindung führt aber dazu, daß das Rechtsmittelgericht nicht in der Sache selbst entscheiden kann, sondern die Sache an die nach der materiellen Rechtsnatur der Sache zuständige Beschwerdezivilkammer abgeben muß. Auch die kann aber auf die Beschwerde hin nicht etwa einen möglicherweise eintretenden negativen Kompetenzkonflikt zwischen Familiengericht und Zivilabteilung klären, sondern dafür wäre wiederum ein anderer als der erkennende Senat des Oberlandesgerichts zuständig. Mit Recht hat Bosch (FamRZ 1980, 1 (9)) in ähnlichem Zusammenhang hervorgehoben, daß das rechtsuchende Publikum für solche "prozessuale Finessen" kein Verständnis aufbringen kann.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Das Argument des BGH, das Gesetz habe die Familiengerichte nach § 23 b Abs. 1 S.<b> </b>1 GVG nur als Abteilungen der Amtsgerichte ausgestaltet, kann demgegenüber nicht überzeugen. Diese gerichts<u>organisatorische</u> Einbindung der Familiengerichte besagt nichts für den Willen des Gesetzgebers, einer Verweisung keine bindende Wirkung zuzusprechen. Dies zeigt sich deutlich an der Neufassung des § 18 HausratsVO, in dem ausdrücklich von einer Verweisung an das Familiengericht die Rede ist (daher bejaht das OLG Frankfurt die Bindung für diesen Fall, vgl. FamRZ 1981, 479). Daß der Gesetzgeber in diesem Fall anders aIs im Fall des § 281 7PO entscheiden wollte, kann</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">nicht angenommen werden. Das durch §§ 281 ZPO, 18 HausratsVO gleichermaßen geschützte Interesse an der Prozeßwirtschaftlichkeit verlangt hier wie da die Bindung. Ob auch im umgekehrten Fall - Verweisung einer Familiensache durch das Familiengericht an das allgemeine Zivilgericht - diese Bindung zu bejahen ist, braucht hier nicht entschieden zu werden. Nur in diesem Fall kann sich die Frage stellen, ob wegen der besonderen funktionalen Zuständigkeit der Familiengerichte etwas anderes gelten kann.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist begründet, weil eine Entscheidung des Oberlandesgerichts über den Versorgungsausgleich nicht vorgreiflieh ist. Zugewinnausgleichsansprüche begründen</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">schon deshalb keine Vorgreiflichkeit, weil solche gar nicht anhängig sind.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Soweit sich die Beklagte auf Gegenansprüche aus dem Versorgungsausgleich beruft, ist eine Aufrechnung ausgeschlossen, da im Rahmen des Versorgungsausgleichs 1ceine</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Barleistungen an die Beklagte selbst zu erbringen sind. Aber auch die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts (§ 273 BGB) ist insoweit ausgeschlossen. Zwischen den</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Parteien ist unstreitig, daß die Klägerin nach dem hier maßgebenden Innenverhältnis zwischen den Parteien (§ 430 EGB) nur zur Häfte aus vorhandenen Guthaben berechtigt war (vgl. auch KG NJW 1976, 807). Sinn und Zweck der "Oder-Konten" ist es allerdings, daß während der Ehe jeder Ehegatte jederzeit in beliebiger Höhe Abhebungen soll vornehmen können, so daß normalerweise bei zusammenlebenden Eheleuten eine Ausgleichspflicht nicht entsteht (insoweit ebenso OLG Düsseldorf, FamRZ 1982,</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Heft 6). Dies folgt aber nicht aus dem Bestehen der Ehe, sondern aus der Vereinbarung der Berechtigten des Oder-Kontos, die insoweit eine Regelung im Innenverhältnis</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">der Gemeinschaft (§§ 741 ff., 747 BGB) vorgenommen haben. Diese Vereinbarung über das Innenverhältnis besteht nach Auffassung des Senats (a.A. insoweit OLG</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Düsseldorf a.a.O.) aber in der Regel nicht mehr fort, wenn die Parteien getrennt leben und der Scheidungsantrag gestellt ist. Die Zweckbestimmung des Oder-Kontos liegt</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">in der Finanzierung der gemeinsamen Lebensführung; wenn diese gemeinsame Lebensführung - wie hier – endgültig aufgehoben ist, besteht eben dieser Zweck nicht mehr. Die Vereinbarung im Innenverhältnis ist daher so auszulegen, daß auf Ausgleichsansprüche nur insoweit verzichtet ist, als Abhebungen während des Zusammenlebens erfolgen. Je nach den Umständen kann allerdings auch dann etwas anderes vereinbart sein.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Dem Ausgleichsanspruch des Klägers gegenüber kann sich die Beklagte nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB) berufen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des dem Kläger zustellenden Hälfteanteils (§§ 430, 747 BGB) hat die Beklagte (im Innennverhältnis) ein Geschäft des Klägers geführt, obgleich sie wußte, daß</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">sie dazu nicht (mehr) befugt war. Der Kläger kann daher auch nach §§ 687 Abs. 2, 681, 666 BGB Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Gegenüber dem Anspruch auf Herausgabe des durch die unberechtigte Geschäftsführung Erlangten ist die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts aber aus der Natur des Rechtsverhältnisses ausgeschlossen (vgl. RGZ 160, 59; BGH LM § 313 Nr. 15). Das beruht darauf, daß die eigenmächtige Befriedigung (oder Sicherung) ihrer Ansprüche rechtlich nicht geschützt ist.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht ist daher ungehindert, über den Anspruch des Klägers ohne Rücksicht auf Versorgungsausgleichsansprüche der Beklagten zu entscheiden. Ihr etwa</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">zustehende Ansprüche auf Sicherung des Versorgungsausgleichsanspruchs muß die Beklagte in der gesetzlich vorgesehenen Weise durchsetzen.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: DM 4.880,-- (1/5 des Hauptsachwerts,</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">vgl. OLG Frankfurt JurBüro, 1072 (1073) m.w.N.).</p>
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 25 UF 220/81 | "1982-06-03T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:27" | "2019-03-27T09:42:10" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1982:0603.25UF220.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das Versäumnis-Urteil des Senats vom 4.März 1982 bleibt aufrecht</p>
<p>erhalten.</p>
<p></p>
<p>Der Antragstellerin werden auch die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens</p>
<p>auferlegt .</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben im April 1964 geheiratet. Aus ihrer Ehe ist die am 15. Mai 1971 geborene Tochter N.. hervorgegangen. Der Antragsgegner betreibt selbständig einen Handwerksbetrieb als Installationsmeister und Heizungs- und Lüftungsbaumeister. Die Antragstellerin ist im Büro des Geschäfts tätig. Beide Parteien leben bis heute in der Ehewohnung in dem der Antragstellerin geh6renden Hause T. 3 in E..</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Seit 1980 unterhält die Antragstellerin ein intimes Verhältnis zu einem anderen Mann, von dem der Antragsgegner im Januar 1981 erfahren hat. Der Antragsgegner hat erklärt, er sei bereit, der Antragstellerin zu verzeihen und die Ehe mit ihr fortzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin hat im Februar 1981 Scheidungsantrag gestellt. Etwa um die gleiche Zeit hat sie das eheliche Schlafzimmer verlassen und nächtigt seitdem im Wohnzimmer der Ehewohnung. Dieses wird jedoch weiterhin auch von dem Antragsgegner als Wohnzimmer benutzt. Die Antragstellerin ist der Auffassung, die Parteien lebten seit Februar 1981 innerhalb der Ehewohnung getrennt. Dazu ist folgendes unstreitig:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin ist an den Wochenenden fast regelmäßig nicht in der Ehewohnung, sondern verbringt diese Zeit bei ihrem Bekannten. Die tägliche Freizeit verbringen die Parteien weitgehend getrennt voneinander. Es ist jedoch seit Februar 1981 auch vorgekommen, daß die Antragstellerin gemeinsam mit Freunden und dem Antragsgegner Festlichkeiten besucht hat. Die Antragstellerin arbeitet weiterhin im Büro des Gewerbebetriebs des Antragsgegners. Sie erhält dafür ein Gehalt. Die Parteien nehmen die Mahlzeiten während der Woche weitgehend gemeinsam ein. Die Antragstellerin bereitet das Essen und Getränke dazu vor. Zur Vorbereitung des Mittagessens hat sie sich dahin eingelassen, sie habe schon immer sehr reichlich gekocht, um dann am nächsten Tag noch Essen vorbereitet zu haben, so daß sie nur alle zwei Tage kochen müsse. Davon mache der Antragsgegner regelmäßig Gebrauch, indem er sich von dem vorbereiteten Essen nehme, so daß sie dann am nächsten Tag wieder neu kochen müsse. Auch die Abendmahlzeit nehmen die Parteien gemeinsam ein, wenn der Antragsgegner zu den Essenszeiten n Hause ist. Ob die Antragstellerin das Gedeck für den Antragsgegner hinstellt, oder ob dies die gemeinsame Tochter tut, konnte nicht</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">geklärt werden. Der Antragsgegner findet jedenfalls einen auch für ihn gedeckten Tisch vor. Auch füt die Abendmahlzeit sind immer genügend Frischwurst und Brotvorräte für den Antragsgegner mit vorhanden. Die Parteien haben eine Vereinbarung getroffen, wonach die Antragstellerin einen Betrag von 220,-DM im Monat zur Verfügung gestellt bekommt, für den sie dem Antragsgegner Lebensmittel mit elnkaufen kann. Die Antragstellerin besorgt auch die Wäsche des Antragsgegners. Dieser legt seine schmutzige Wäsche in den Wäschekorb. Die Antragstellerin wäscht die Wäsche, sie bereitet sie schrankfertig zu und legt sie wieder in den Schrank. Der Antragsgegner schläft mit der Tochter der Parteien in dem ehelichen Schlafzimmer. Es steht ein Kinderzimmer in der Ehewohnung zur Verfügung. Die Antragstellerin putzt dieses Eheschlafzimmer. Sie bezieht auch regelmäßig das Bett des Antragsgegners mit frischer Wäsche.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner ist dem Scheidungsantrag entgegengetreten. Er hofft, daß die Ehe der Parteien wieder zu retten sei. Nachdem die Antragstellerin ihm erklärt habe, daß sie darum ein Verhältnis zu einem anderen Mann aufgenommen habe, weil er selbst niemals Zeit für sie gehabt habe, da er beruflich stark in Anspruch genommen gewesen sei durch den Aufbau des Geschäftes und er auch durch Mitgliedschaft im Handballverein und Kegelclub häufiger die Freizeit nicht mit der Antragstellerin gemeinsam verbracht hab,. sehe er ein, daß er seine Freizeitgestaltung ändern müsse. Er sei bereit, diese Verpflichtungen aufzugeben und sich mehr der Antragstellerin zu widmen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Das Famlilengericht hat durch Urteil vom 9. Oktober 1981 den Scheidungsantrag abgewiesen, weil die Parteien noch nicht ein Jahr getrennt leben und auch nicht festgestellt werden könne, daß die Ehe der Parteien gescheitert wäre.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Mit ihrer Berufung verfolgt die Antragstellerin ihr Scheidungsbegehren weiter. In der ersten mündlichen Verhandlung hat sie keine Anträge gestellt, so daß Versäumnis-Urteil gegen sie ergangen ist. Dagegen wurde form. und fristgerecht Einspruch eingelegt. In der darauf stattgefundenen Verhandlung hat der Senat die Parteien vernommen. Es wird dazu auf die Sitzungsniederschrift vom 13. Mai 1982 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die statthafte und auch im übrigen zulässige Berufung der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Die Ehe der Parteien kann derzeit gemäß § 1565 BGB nicht geschieden werden, weil die Parteien noch nicht ein Jahr in der in § 1561 BGB vorgeschriebenen Form getrennt leben.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Trennung der Eheleute hat nach der Konzeption des 1. EheRG für Begründung, Darlegung, Ausschluß und Verwirklichung eines Scheidungsrechts mit den §§ 1555 Abs. 2, 1566, 1568 Abs. 2 BGB und § 614 Aba. 2 und 4 ZPO zentrale Bedeutung. Aus</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">§ 1565 Abs. 1 und 2 BGB folgt unbestritten, daß eine Ehe ohne mindestens einjährige Trennung nicht scheidbar ist, wenn nicht der Antragsgegner Zerrüttungsgründe veranlaßt hat, die dem Antragsteller das Abwarten des Trennungsjahres unzumutbar sein</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">lassen. Solche Gründe des § 1565 Abs. 2 BGB macht die Antragstellerin im Berufungsverfahren nicht mehr geltend; sie kann sie auch schon darum nicht darlegen, weil sie selbst durch Aufnahme intimer Beziehungen zu einem anderen Mann gegen die</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Pflicht zur ehelichen Treue verstoßen hat und sie selbst damit erst durch diese Eheverfehlung die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft der Parteien herbeigeführt hat. Mag auch der Antragsgegner durch berufliche Inanspruchnahme und Engagement</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">für den Sportverein zu wenig auf die Interessen der Antragstellerin eingegangen sein, so rechtfertigt oder entschuldigt dies doch nicht die Aufgabe der ehelichen Gesinnung auf der Seite der Antragstellerin durch Aufnahme des auf Dauer angelegten intimen Verhältnisses zu einem anderen Mann. Die Antragstellerin würde bei einer solchen Situation aus eigener Rechtsverletzung Rechte herleiten. wenn sie ohne Einhaltung eines Trennungsjahres die Scheidung durchsetzen könnte. Solchen Rechtsmißbrauoh will gerade die Regelung des § 1565 Abs. 2 BGB - jedenfalls zeitlich befristet - ausschalten (vgl. BGH FamRZ 81, 127, 129 m.N.).</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Parteien leben noch nicht im Sinne des § 1567 BGB getrennt voneinander. Das steht aufgrund der eigenen Aussage der Antragstellerin bei ihrer Parteivernehmung fest.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 1567 Abs. 1 Satz 1 BGB leben Ehegatten getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und einer der Ehegatten sie auch nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Das Fehlen der häuslichen Gemeinschaft kann nach Satz 2 auch durch eine Trennung innerhalb derselben Wohnung ersetzt werden.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Hier liegen zwar die subjektiven Merkmale dieses Getrenntlebens vor, was schon allein darin zum Ausdruck kommt, daß die Antragstellerin mit ihrem schon im Februar 1981 gestellten Scheidungsantrag zeigt, daß sie eine eheliche Lebensgemeinschaft mit dem Antragsgegner ablehnt und sie von diesem auch den Auszug aus der Ehewohnung verlangt hat.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Eine Trennung innerhalb der Ehewohnung haben die Parteien bisher aber nicht herbeigeführt. Dieses äußere, Objektiv bewertbare Merkmal des Trennungsbegriffs ist nach dem Wortlaut des § 1561 BGB und der Bedeutung der Trennung für die Erkenntnis des Scheiterns einer Ehe außer der subjektiven Komponente des Getrenntlebens unerläßliche zusätzliche Voraussetzung (vgl. auch BGR FamRZ 1981, 127, 128).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Nach ganz überwiegender höchstrichterlicher Rechtsprechung und Literatur leben die Ehegatten innerhalb der Ehewohnung im Sinne des § 1567B1GB nur dann getrennt, wenn sie dabei das Höchstmaß einer Trennung in allen Lebensbereichen herbeigeführt haben, das nach den realen Möglichkeiten des Einzelfalles erreichbar ist ( BGH NJW 78, 1810 == FamRZ 78, 671; NJW 79, 105 == FamRZ 78, 884; FamRZ 79, 469 ==NJW 79, 1360; Brüggemann FamRZ 78. 91, 92; Palandt-Diederichsen § 1567 Bem. 2: Soergel-Siebert-Roth-Stielow Kommentar zum BGB § 1567 Bem. 3, 11, 21).</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Nach der Funktion des Getrenntlebens für die Feststellung des Scheiterns einer Ehe ist dabei entscheidend das äußere, objektive Erscheinungsbild der Absonderung von Lebensbereichen. Auch fortbestehende Gemeinsamkeiten müssen sich aus den objektiv erkennbaren äußeren Umständen erklären lassen. Auf Beweggründe für solche fortbestehenden Gemeinsamkeiten kommt es nicht entscheidend an (BGH NJW 78, 1810, NJW 79; 105).</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Es ist allerdings nur abzustellen auf die Trennung in allen den Lebensbereichen, die in dem räumlich gegenständlichen Lebensmittelpunkt der Ehewohnung befriedigt zu werden pflegen, so daß es unerheblich ist, daß die Parteien noch im Handwerksbetrieb des Antragsgegners zusammenarbeiten und dazu auch noch gemeinsam den in der Ehewohnung eingerichteten Büroraum nutzen (vgl. dazu Palandt Dederichsen § 1561Bem. 2; Gernhuber, Familienrecht, § 27 VII 5; Erman – Roth-Stielow § 1567 Bem. 3 a).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Innerhalb der Lebensbereiche haben die Parteien hier lediglich eine teilweise Trennung im Wohnbereich durchgeführt, indem die AntragsteIlerin nicht mehr im ehelichen Schlafzimmer, sondern im Wohnzimmer schläft. Dieses Wohnzimmer wird im übrigen aber</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">auch noch von dem Antragsgegner als Wohnzimmer genutzt. Hier steht das von beiden Parteien noch genutzte Fernsehgerät. Schon insofern liegt daher noch eine Gemeinsamkeit im Wohnbereich vor, die auch nicht bedingt ist durch beengte Wohnmöglichkelten in dem dreigeschossigen Wohnhaus.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">In den anderen Lebensbereichen des Haushaltens und Wirtschaftens liegt nur eine Einschränkung bisheriger gemeinsamer Haushaltsführung, keinesfalls aber eine Aufhebung vor; dies reicht aber für § 1567 Aba. 1 Satz 2 BGB nicht aus (vgl. BGH 79, 105). Die Antragstellerin versorgt den Antragsgegner auch noch zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, indem sie für ihn mitkocht, einkauft, seine Wäsche bereitet und putzt. Es sind dabei auch keinesfalls nur Reflexe eigener Haushaltsführung der Antragstellerin fur sich und das Kind, an denen der Antragsgegner profitiert, indem er sich von den</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">vorbereiteten Speisen und Getränken nimmt und keine Sorge für Wäsche und Wohnungspflege tragen muß. Selbst wenn nämlich die Antragstellerin in der ersten Zeit der von ihr gewollten Verwirklichung einer Trennung nur an Wochentagen darum so reichlich gekocht hat, um für sich und das Kind am nächsten Tag nicht wieder kochen zu müssen, so hätte sie, wenn allein dies das Motiv für<i> </i>das reichliche Kochen gewesen wäre, dieses Verhalten mit Sicherheit eingestellt, nachdem sie bemerkt hat, daß dieser Plan sich regelmäßig nicht verwirklichen ließ, weil auch der Antragsgegner sich von dem Essen nahm. Die Antragstellerin hat durch die Fortsetzung ihrer Kochgewohnheiten zumindestens stillschweigend zu erkennen gegeben, daß sie für den Antragsgegner weiterhin absichtlich kocht. Gleiches gilt für die Einkäufe, die sie regelmäßig so<i> </i>tätigte, daß auch für den Antragsgegner genügend Vorräte da waren. Daß dies im gegenseitigen Zusammenwirken geschah, und nicht nur der Antragsgegner sich gegen den Willen der Antragstellerin von diesen Vorräten nahm, wird daran deutlich, daß die Antragstellerin dafür sogar vom Antragsgegner Geldmittel erhielt. Auch im Bereich der Wäschepflege entlastet die Antragstellerin den Antragsgegner in vollem Umfang von eigener Sorge, indem sie nicht nur seine Wäsche mitwäscht, sondern sie auch noch Schrankfertig bereitet und wegräumt. Andererseits partizipiert auch die Antragstellerin</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">von Einkäufen des Antragsgegners für den Haushalt, indem sie insbesondere Getränke, die dieser kauft, mitverwendet.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Hier liegt nach allem ein Erscheinungsbild des Zusammenlebens von Ehegatten in der Ehewohnung vor, das nicht nur noch Restbestände einer früheren gemeinsamen Haushaltsführung erkennen läßt. Die Parteien nutzen die Ehewohnung nicht nur in einer</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Weise, die deutlich macht, daß sie bemüht sind, sieh einander aus dem Weg zu gehen. Ihre Gemeinsamkeiten stellen sich auch nicht nur dar als gelegentliches Zusammentreffen aufgrund bloßen räumlichen Nebeneinanderseins. Allein ein solches Zusammentreffen stände einer Trennung innerhalb der Wohnung nicht entgegen. (BGH FamRZ78, 671, 672; FamRZ 79. 4.69,. 470).</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Es handelt sich bei den noch bestehenden Gemeinsamkeiten der Haushaltsführung auch nicht ausschließlich um solche Gemeinsamkeiten der Lebensführung, die zum Wohl des im Haushalt der Parteien lebenden 11-jährigen Kindes einzuhalten wären und</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">die daher im Rahmen des § 1567 Abs. 1 Satz 2 zu tolerieren sein könnten ( offengelassen von BGH FamRZ 78, 884, 885; solche Gemeinsamkeiten werden zugelassen von OLG Karlsruhe FamRZ 80, 52; Münchener Kommentar - Wolf § 1567 Bem. 30;</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Palandt-Diederichsen § 1567 Bem. 2; Erman- Ronke, § 1560 Bem. 3 a; Gernhuber Familienrecht § 27 VII 5; ablehnend: Soergel- Siebert-Roth - Stilow § 1567 Bem. 23). Es mag gute Gründe dafür geben, daß Gemeinsamkeiten, die Ehegatten - auch einem objektiven Beurteiler nachvollziehbar – nur darum noch haben, weil damit Rücksicht auf die Erziehung eines Kindes genommen wird, der Annahme eines Getrenntlebens in der Ehewohnung nicht entgegenstehen, wenn die Ehegatten dafür in anderen Lebensbereichen eindeutige Trennungskonturen gezogen haben (zu letzterem vgl. auch BGH FamRZ 79, 469). Es kann nämlich auch im Rahmen ~ von § 1567 kaum von einern</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">verantwortungsbewußten Elternteil verlangt werden, daß er gegen seine Wertvorstellung und moralisches Empfinden das Kind miterleben läßt, wie etwa der Vater nach der Erwerbstätigkeit nach Hause kommt, sich selbst seine warme Mahlzeiten zu kochen hat, deren Zutaten er nicht von den häuslichen Vorräten nehmen darf, während Mutter und Kinder die in Ruhe und Sorgfalt von der Mutter vorbereitete Mahlzeit einnehmen. Es wird einem Kind in einer Weise, die dessen Wertvorstellungen nicht verbiegen kann, kaum klarzumachen sein, daß dies Verhalten aus rechtlichen Gründen erforderlich sein soll.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Abgesehen davon, daß die Antragstellerin bei ihrer Anhörung hier gar nicht ihre weitere Haushaltsführung für den Antragsgegner ausschließlich mit diesen Motiven der Rücksichtnahme auf die Erziehung des Kindes erklärt hat, erfordern solche Beweggründe auch nicht den gesamten Umfang der noch .fortbestehenden Gemeinsamkeiten. Es fehlt auch an zum Ausgleich dafür umso deutlicher gezogenen Trennungskonturen in anderen Lebensbereichen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Wäschepflege zum Beispiel wäre nicht nötig, um das Kind vor negativen Eindrücken zu bewahren. Da die Parteien in guten Einkommensverhältnissen leben, ist es auch nicht wirtschaftliche Not, die sie daran hindert, andere Lebensbereiche völlig voneinander zu trennen. So hätte die Antragstellerin zum Ausgleich dafür, daß sie im Interesse des Kindes den Antragsgegner nicht vom gemeinsamen Kochen und Essen ausschließen will, eine deutlichere Trennung im Wohnbereich durchführen können, indem sie einen der Räume des Hauses ausschließlich für sich als Wohn- und Schlafraum nutzte. Eine solche Regelung hätte sie auch im Wege des § 620<i> </i>Nr. 7 ZPO gegen den Willen des Antragsgegners durchsetzen können.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Nach allem kann die Ehe der Parteien derzeit nicht geschieden werden, auch wenn die Lebensgemeinschaft der Parteien nun schon über ein Jahr lang aufgehoben ist, was dokumentiert wird durch den Scheidungsantrag und den Betrieb dieses Verfahrens. Das Gesetz mutet es nämlich den Eheleuten mit Regelung des § 1565 Aba. 1 und 2 auch in Fällen, in denen die Ehe bereits mit Sicherheit gescheitert ist, die Partner aber noch nicht ein Jahr lang die häusliche Gemeinschaft aufgehoben haben, grundsätzlich zu, ein Trennungsjahr herbeizuführen (vgl. BGH FamRZ 81, 121, 129) . Die entsprechend lange Aufhebung der Lebensgemeinschaft kann diese in §§ 1565 Abs. 2:, 1567 BGB vorausgesetzte Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft nicht ersetzen (vgl. auch BGH aaO Seite 128). Bei letzterer handelt es sich um einen äußeren, für einen objektiven Beurteiler bewertbaren tatsächlichen Zustand (BGH FamRZ 1978, 671), der nach der Konzeption des 1. EheRG und seiner Bewertung der Trennung für das materielle Scheidungsrecht unerläßliche Voraussetzung für das Fundament der zur Beurteilung des Scheiterns einer Ehe erforderlichen Prognose ist (vgl. dazu auch OLG Schleswig FamRZ 77,t 805;<i> </i>OLG Frankfurt NJW 78, 892, 893; OLG Hamm FamRZ 79, 511, 512; Brüggemann FamRZ 78, 95, Schwab FamRZ 79, 19, 20; Münchener Kommentar - Ergänzungsband – Wolf § 1565 Rdn. 73). Nur die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft, nicht aber die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft, bei der vorwiegend abzustellen ist auf das subjektive Merkmal des Verbundenseins der Eheleute in ehelicher Gesinnung kann nach der Wertung des Gesetzes den notwendigen äußeren, einem objektiven Beurteiler zugänglichen Bewertungsrahmen abgeben für die Sichtbarmachung der Ernsthaftigkeit des Scheidungsbegehrens.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Diese Wertung des Gesetzes behält auch dann ihren Sinn, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft in Ausnahmefällen eindeutig seit mehr als einem Jahr aufgehoben ist, was auch nach außen durch das Betreiben des Scheldungsverfahrens und die Lebensführung der Parteien trotz eingeschränkter fortbestehender häuslicher Gemeinschaft dokumentiert wird. Schon darum kann nicht etwa - wie im Senat zunächst erwogen worden ist – in einer solchen Ehesituation durch erweiternde Auslegung des § 1565 BGB der gemäß § 1564 Satz 3 BGB 1. V. m. Art. 6 GG ohnehin richterlicher ausdehnender Anwendung nur eingeschränkt zugänglich sein dürfte, auf das Trennungsjahr verzichtet werden.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Zum einen könnte damit Rechtsmißbräuchen nicht begegnet werden, weil der sich rechtswidrig, einseitig aus der Ehe lösende Ehegatte durch alsbaldige Stellung des Scheidungsantrages dann ohne die materielle und immaterielle Belastung durch die Herbeiführung der Trennung doch genau das erreichen könnte, was er anstrebt.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Zum anderen werden in einer solchen Ehe, in der noch eine, wenn auch in eingeschränktem Umfang praktizierte häusliche Gemeinschaft besteht,. doch noch äußere Funktionen einer Ehe erfüllt, die im Einzelfall unter anderem für Kinder noch sinnvoll und</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">nützlich sein können (nur darum ist zum Beispiel die Kinderschutzklausel des § 1568 BGB, die ja erst bei gescheiterten Ehen aktuell wird, zu erklären). Wenn das Gesetz im Regelfall ein Scheidugsrecht erst bei Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft gibt, wäre es ungerechtfertigt, eine Ehe, in der noch diese Funktionen einer häuslichen Gemeinschaft vewirkklicht werden, vorzeitig ohne die Voraussetzungen des § 1565 Abs. 2</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">zu scheiden. Es handelt sich dann nicht einmal um eine sinnentsteIlte, inhaltslose, äußere Fassade einer Ehe. Es gibt eine große Zahl von Ehen, die ohne innere Bindung der Ehegatten nur noch funktional intakt sind ( Battes, FamRZ 77, 433, 439).</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Im übrlgen bleibt die Wertung des Gesetzes, nur die mindestens einjährige Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft sei sichere Erkenntnisgrundlage für die Prognose, auch sinnvoll, wenn im Einzelfall schon die einjährige Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft feststeht.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Ob ein Ehegatte sich endgültig und ernsthaft aus der Ehe lösen will und nicht mehr in eine Form des ehelichen Verbundenseins zurückfinden kann, kann mit größerer Zuverlässigkeit jedenfalls erst dann beurteilt werden, wenn er gezeigt hat, daß er auch die äußeren Erscheinungsformen einer Lebensgemeinschaft abzubrechen bereit ist und er es seelisch "verkraften" kann, den Partner in Zukunft sich selbst in seiner Sorge um die Bewältigung des Alltags und seiner persönlichen Lebensbereiche zu überlassen.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Berufungsstreitwert: 9.900,-- DM</p>
|
315,808 | olgham-1982-05-28-4-re-miet-1181 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 RE Miet 11/81 | "1982-05-28T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:28" | "2019-03-27T09:42:10" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1982:0528.4RE.MIET11.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das von einem Bevollmächtigten des (Wohnraum-) Vermieters (schriftlich) vorgebrachte Mieterhöhungsverlangen nach § 2 MHG ist gemäß § 174 S. 1 BGB unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmächtsurkunde nicht vorlegt und der Mieter aus diesem Grunde das Erhöhungsbegehren unverzüglich zurückweist.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht Duisburg hat dem Senat folgende Frage gemäß Art. III Abs. 1 des 3. MietRÄndG
zum Rechtsentscheid vorgelegt:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><i>Ist das Erhöhungsverlangen des Vermieters nach § 2 MHG (Art. 3 des zweiten Gesetzes über
Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum) ein einseitiges Rechtsgeschäft
mit der Folge, daß das von einem Bevollmächtigten vorgenommene Erhöhungsverlangen
gemäß § 174 BGB unwirksam ist, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde
nicht vorlegt und der Mieter das Erhöhungsverlangen aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist?</i></p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Vorlage liegt folgender Sachverhalt zugrunde:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die beklagten Eheleute sind Mieter des Klägers. Der vermietete Wohnraum ist nicht preisgebunden.
Mit Schreiben vom 12. September 1980 forderte der ... die Beklagten im Namen des Klägers unter Hinweis
auf den Örtlichen Mietspiegel auf, einer Erhöhung des Grundmietpreises von 6,30 DM/qm ab 1. Januar
1981 zuzustimmen. Eine Vollmachtsurkunde lag diesem Schreiben nicht bei. Die Beklagten wiesen das
Erhöhungsverlangen mit Schreiben vom 17. September 1980 unter Hinweis auf § 174 BGB wegen
Nichtvorlage einer Vollmachtsurkunde zurück. Das Amtsgericht hat die Beklagten auf die am ... bei
Gericht eingegangene Klage gemäß § 2 MHG mit der Begründung verurteilt, der vom
Kläger begehrten Mieterhöhung ab 1. Januar 1981 zuzustimmen, § 174 BGB greife nicht Platz,
weil es sich bei dem Aufforderungsschreiben des Vermieters nach § 2 MHG nicht um ein einseitiges
Rechtsgeschäft handele. Gegen dieses Urteil haben die beklagten Eheleute Berufung eingelegt. Das
Landgericht möchte sich dem Rechtsstandpunkt des Amtsgerichts anschließen und demgemäß
die Berufung zurückweisen, hat aber die Sache mit Rücksicht darauf, daß der in der Literatur
nicht einheitlich beantworteten Vorlagefrage grundsätzliche Bedeutung zukomme, dem Senat zum
Rechtsentscheid vorgelegt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><b>1.)</b></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Vorlage ist zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die zweifelsfrei entscheidungserhebliche Vorlagefrage ergibt sich aus einem Mietverhältnis über
Wohnraum. Ihr kommt grundsätzlich Bedeutung zu; sie ist - soweit ersichtlich - bislang von keinem
Oberlandesgericht durch Rechtsentscheid beantwortet worden.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><b>2.)</b></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Vorlagefrage ist wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich zu bescheiden.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">a.)</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Frage, ob das Erhöhungsverlangen des Vermieters nach § 2 MHG ein einseitiges Rechtsgeschäft
im Sinne des § 174 BGB ist, wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet. Während
Staudinger-Emmerich (Komm. z. BGB, 12. Aufl., 2. Bearb., § 2 MHG Rz. 46ff., insb. Rz. 48) §
174 GBG auf ein derartiges Begehren für unanwendbar halten, lassen andere (Barthelmess, Zweites
Wohnraumkündigungsschutzgesetz). Miethöhegesetz, 2. Aufl., § 2 Rz. 54; Schmidt-Futterer/Blank,
Wohnraumschutzgesetze, 4. Aufl, (C 81; Sternel, Mietrecht, 2. Aufl., III 143 + 146) insoweit § 174 BGB
- allerdings ohne nähere Begründung - Platz greifen. Der Senat schließt sich im Ergebnis
der letzteren Meinung an.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Senat geht mit Staudinger-Emmerich (a.a.O., § 2 MHG Rz. 47 + 97) davon aus, daß das
Erhöhungsverlangen des Vermieters nach § 2 MKG ein (besonders formalisierter) Antrag im Sinne
des § 145 BGB ist (im Ergebnis ebenso: Palandt-Putzo, BGB, 41. Aufl., § 2 MHG Bern. 3; Schmidt-
Futterer/Blank, a.a.O., C 85; denn § 2 MHG hat die Verwirklichung eins Erhöhungsverlanges immerhin
als Mieterhöhungs<u>vereinbarung</u> konzipiert (Sternel, a.a.O., III 143)), mag deren Abschluß
auch, sofern die Erhöhungsvoraussetzungen gegeben sind, im Klagewege erzwungen werden können.
Vertragsanträge als solche - wie demgemäß auch das Erhöhungsverlangen als Antrag auf
Abschluß eines Mieterhöhungsvertrages - sind zwar empfangsbedürftige Willenserklärungen,
sie sind Jedoch nach der Verträgskonstruktion des Gesetzes keine selbständigen einseitigen
Rechtsgeschäfte; sie sind vielmehr als Stufe zu dem (zweiseitigen) Rechtsgeschäft "Vertrag"
und als ein wesentlicher Bestandteil desselben anzusehen. Denn die vertraglichen Rechtsfolgen werden erst durch
den vollen Vertragstatbestand - also durch das Hinzukommen der Angebotsannahme - ausgelöst
(Enneccerus-Nipperdey, Allg. Teil des Bürgerl. Rechts, 15. Aufl., § 146 Fußn. 2 = S. 909;
Staudinger-Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 145 Rz. 1; Soergel-Lange/Hefermehl, BGB, 11. Aufl., § 145
Rz. 2). Demgemäß wird der bloße Vertragsantrag von § 174 BGB grundsätzlich nicht
erfaßt (Staudinger-Dilcher, a.a.O., § 174 Rz. 2.).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das Erhöhungsverlangen nach § 2 MHG erlangt auch nicht dadurch die Qualität eines
selbständigen (einseitigen) Rechtsgeschäfts, daß sein Zugang eine Überlegungsfrist
für den Mieter nebst anschließender Klagefrist für den Vermieter (§ 2 Abs. 3 S. 1 MHG)
und letztlich bei ungenutztem Ablauf der Klagefrist eine Sperrfrist für ein erneutes Erhöhungsverlangen
auslöst (§ 2 Abs. 3 S. 2 MHG). Denn diese Rechtsfolgen werden nicht, was allein die Annahme eines
selbständigen Rechtsgeschäftes rechtfertigen könne, durch den Willen des Handelnden, sondern
(ähnlich wie bei geschäftsähnlichen Handlungen auch, vgl. hierzu: BGHZ 47, 352/357) durch das
Gesetz bestimmt, mag das Erhöhungsverlangen auch im Bewußtsein der eintretenden Rechtsfolgen und
in der Absicht, zumindest einen Teil davon (Ablauf der Überlegungsfrist als Prozeßvoraussetzung
für die Erhöhungsklage) hervorzurufen, gestellt worden sein.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">b.)</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Gilt mithin § 174 BGB für das Erhöhungsverlangen nach § 2 MHG - weil es kein
selbständiges und damit auch kein einseitiges Rechtsgeschäft ist - nicht unmittelbar, so ist
doch diese Bestimmung auf die durch das Erhöhungsverlangen ausgedrückte Willenserklärung
entsprechend anwendbar. Denn in Bezug auf diese Erklärung ist die vom Gesetzgeber für § 174
BGB vorausgesetzte Interessenlage in gleicher Weise gegeben wie im Regelfall dieser Gesetzesnorm.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Es ist allgemein anerkannt, daß § 174 BGB wegen Gleichheit der Interessenlage auf einseitige
Rechtshandlungen (z.B. Mahnung) und auf bestimmte Willenserklärungen, die nur ein Teil eines aus mehrere
Willenserklärungen bestehenden Rechtsgeschäfts sind (z.B. Vertragsannahme), entsprechend anwendbar
ist, weil in diesen Fällen für den Gegner - obgleich § 180 S. 1 BGB nicht Platz greift -
dieselbe Ungewißheit besteht, vor der § 174 S. 1 BGB schützen soll (Enneccerus Nipperdey,
a.a.O., § 185 Fußn. 17 = S. 1141; Soergel-Schultze - v. Lasaulx, a.a.O. § 174 Rz. 5;
Staudinger-Dilcher, a.a.O., § 174 Rz. 2). Dies gilt allerdings nicht für das bloße
Vertragsangebot, da dieses frei abgelehnt werden kann und somit das für eine analoge Anwendung
des § 174 BGB erforderliche Klarstellungsbedürfnis fehlt (Soergel-Schultze- v. Lasaulx u.
Staudinger-Dilcher, jeweils wie vor). Das Mieterhöhungsverlangen nach § 2 MHG löst
indes, obwohl es der Konstruktion nach auch nur ein Vertragsangebot ist (das freilich von vornherein nicht
in dem vorstehend aufgezeigten Sinne "frei" abgelehnt, sondern im Klagewege durchgesetzt werden
kann), abweichend von der normalen Vertragsofferte aufgrund Gesetzes besondere Rechtsfolgen aus (§ 2
Abs. 3 S. 1 u. 2 MHG). Diese gesetzlichen Rechtsfolgen sind - jedenfalls auch - für den Erklärungsgegner,
den Mieter, von besonderer Bedeutung. Er hat nämlich ein starkes Interesse daran zu wissen, ob mit dem
Zugang des Erhöhungsschreibens nach § 2 MHG tatsächlich die zweimonatige Überlegungsfrist
des § 2 Abs. 3 S. 1 MHG läuft, ob er sich also bei Ablauf dieser Frist einer zulässigen
Erhöhungsklage aussetzt (§ 2 Abs. 3 S. 1 MHG), und ob bei ungenutztem Ablauf der sich an die
Überlegungsfrist anschließenden ebenfalls zweimonatigen Klagefrist die neunmonatige Sperrfrist
des § 2 Abs. 3 S. 2 MHG läuft, er mithin in dieser Zeit nicht mit Erfolg mit einem erneuten
Erhöhungsverlangen des Vermieters überzogen werden kann. Da der Mieter - anders als der Vermieter -
an der Auslösung dieser ihn treffenden Rechtsfolgen nicht mitwirkt, muß er, wenn das
Erhöhungsschreiben von einem Bevollmächtigten stammt, wenigstens Gewißheit darüber
verlangen können, daß der Vertreter des Vermieters befugt gehandelt hat. Sonst nämlich
wäre er im unklaren, ob die Erklärung im Verhältnis der Parteien des Mietvertrages Wirkung
Äußert. Damit besteht bezüglich des Mieterhöhungsverlangens nach § 2 MHG die
gleiche Interessenlage, namentlich das gleiche Klarstellungsbedürfnis des Erklärungsgegners wie
bei einem durch einen Bevollmächtigten vorgenommenen (vollendeten) einseitigen Rechtsgeschäft,
so daß es nach Ansicht des Senats gerechtfertigt und geboten ist, dem Mieter die Möglichkeit zu
geben, sich in entsprechender Anwendung von § 174 BGB schnell, einfach und sicher Klarheit darüber
zu verschaffen, ob für dieses Begehren Vollmacht des Vermieters vorliegt.</p>
|
315,809 | olgk-1982-05-24-16-wx-1982 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 16 Wx 19/82 | "1982-05-24T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:30" | "2019-03-27T09:42:09" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1982:0524.16WX19.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3) gegen den Beschluß des Land-gerichts Köln vom 4.12.1981 - 1 T 277/81 - wird auf seine Kosten als unzulässig</p>
<p>verworfen.</p>
<p></p>
<p>II. Der Prozeßkostenhilfeantrag der Beschwerdegegner wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Durch Beschluß des Amtsgerichts Bergisch Gladbach vom 13.10.1980 - 4 VIII S 945 - ist den Beteiligten zu 3) gem. § 1629 Abs. 2, 1796 BGB die elterliche Sorge über die Betroffenen entzogen worden, soweit die Wahrnehmung ihrer Interessen und ihrer Vertretung in der Firma der I. T. KG betroffen war; gleichzeitig ist für die Betroffenen eine Ergänzungspflegschaft mit diesem Wirkungskreis angeordnet worden.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nachdem der Beteiligten zu 2), der Mutter der Betroffenen durch Beschluß des Familiengerichts Bergisch Gladbach vom 10.3.1981 - 28 F 507/80 - im zwischenzeitlich anhängig gemachten Scheidungsverfahren das elterliche Sorgerecht für die Betroffenen übertragen worden war, hat das Landgericht Köln die Beschwerde des Beteiligten zu 3) gegen die Pflegschaftsanordnung des Amtsgerichts Bergisch -Gladbach vom 13.10.1980 mit Beschluß vom 3.August 1981 - 1 T 326/80 - als unzulässig verworfen~ da ihm ein eigenes Beschwerderecht nicht zustehe. In den Gründen hat das Landgericht ferner zum Ausdruck gebracht, daß damit noch keine Entscheidung über das Fortbestehen der materiellen Voraussetzungen der Pflegschaftsanordnung getroffen sei,<i> </i>die vielmehr dem Amtsgericht obliege.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Darauf gestützt hat der Beteiligte zu 3) beantragt, den Beschluß des Amtsgerichts Bergisch Gladbach vom 13.10,1981 aufzuheben. Mit Beschluß vom 14.10.1981- 4 VIII S 945 - hat das Amtsgericht Bergisch Gladbach den Antrag des Beteiligten zu 3) zurückgewiesen und in den Gründen ausgeführt, der Antrag sei lediglich als Anregung für eine von Amts wegen zu treffende Entscheidung zu werten, der nicht entsprochen werden könne,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">weil die materiellen Voraussetzungen für eine Pflegschaftsanordnung nach wie vor beständen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Beschluß des Amtsgerichts Bergisch Gladbach vom 14.10,1981 - 4 VIII S 945 - Bl. 160-162 d. A. verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 3) hat das Landgericht Köln mit Beschluß vom 4.12.1981 - 1 T 277/81 - als unzulässig verworfen, da es dem Beschwerdeführer an der erforderlichen Beschwerdebefugnis fehle. Hinsichtlich der weiteren</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Begründung wird auf den vorgenannten Beschluß (Bl.181 bis 183 d. A.) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Beschluß hat der Beteiligte zu 3) weitere Beschwerde erhoben, mit der er geltend macht, daß ihm entweder gemäß § 20 FGG oder gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 9</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">FGG eine Beschwerdebefugnis zustehe. Auch ohne Sorgerecht habe er als Vater der Betroffenen ein Beschwerderecht, zumal er als Unterhaltspflichtiger ein eigenes</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Interesse daran habe, daß nicht unnötige Kosten durch die Pflegerbestellung verursacht würden. Das Rechtsmittel sei auch begründet, weil die Voraussetzungen für die Pflegschaftsanordnung nicht erfüllt seien; denn die Beteiligte zu 2) habe aufgrund ihrer früheren Tätigkeit in der Firma I. T. KG genügend Erfahrung, um selbst die Interessen und die Vertretung der Betroffenen in der Firma wahrnehmen zu können.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdegegner haben für ihre Rechtsverteidigung Prozeßostenhilfe beantragt. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Verfahrensstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">II..</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts ist zwar an sich gemäß § 27 FGG statthaft und formgerecht gern.§ 29 FOG eingelegt worden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Sie ist dennoch als unzulässig zu verwerfen, weil es dem Beteiligten zu 3), wie auch das Landgericht entschieden hat, an der erforderlichen Beschwerdebefugnis fehlt.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Eine Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 3) gem. § 20 FGG scheidet aus, weil ihm ein eigenes Recht im Sinne dieser Vorschrift nicht zusteht. Nachdem das elterliche Sorgerecht für die Betroffenen durch Beschluß des Familiengerichts Bergisch- Gladbach vom 10.3.1981 allein auf die Beteiligte zu 2), die Mutter der Betroffenen, übertragen worden ist, besitzt der Beteiligte zu 3), der Vater der Betroffenen, grundsätzlich kein eigenes materielles Recht mehr an der elterlichen Sorge gemäß § 1626 BGB. Da das Recht auf Aufhebung der Ergänzungspflegschaft ausser dem Pflegebefohlenen</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">und dem Pfleger selbst nur dem Inhaber des Sorgerechts zustehen kann, entfällt eine selbständige Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 3) gemäß § 20 FGG Schutzwürdige Interessen der Beteiligten alleine reichen insoweit nicht aus, ein selbständiges Beschwerderecht zu begründen (vgl. Bassenge -Herbst, 3. Aufl. § 20 Anm. 2 b ).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Wenn der Beschwerdeführer meint, daß sich die Pflegschaft gerade auch auf seine Stellung als Komplementär in der Firma T. KG auswirke, so bandelt es sich hierbei allein um solche wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers, die nicht als Recht im Sinne</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">des § 20 FGG angesehen werden können.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Auch ist der Beteiligte zu 3) nicht gemäß 57 Abs. 1 Nr. 3 FGG zur Beschwerde befugt; denn im vorliegenden Falle richtet sich seine Beschwerde nicht gegen die <u>Ablehnung</u> oder die Aufhebung einer Pflegschaftsanordnung, sondern gegen die Anordnung einer Pflegschaft gemäß § 1909 BGB. Eine Pflegschaftsanordnung selbst wird indes vorn Beschwerderecht des § 57 Abs. 1 Ziff. 3 FGG nicht erfaßt.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Schließlich kann der Beteiligte zu 3) auch keine Beschwerdeberechtigung aus § 57 Abs. 1 Nr. 9 FGG herleiten.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Diese Vorschrift räumt das Beschwerderecht gegen eine Verfügung, die eine Entscheidung über eine die Sorge für die Person des Pfleglings betreffende Angelegenheit enthält, jedem ein, der ein berechtigtes Interesse hat, diese Angelegenheit wahrzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt. Zum einen geht es dem Beschwerdeführer ausschließlich um vermögensrechtliche Belange; denn sein Ziel ist es, fremde Einflüsse von der Firma T. KG fernzuhalten, nicht dagegen um Fragen, die die Personensorge für die betroffenen Kinder berühren.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Auch wenn er in seiner Beschwerdeschrift als Begründung seiner Beschwerdebefugnis anführt, als UnterhaItspflichtiger habe er ein eigenes Interesse, daß nicht unnötige Kosten, die auch den Kindesinteressen zuwiderliefen, verursacht würden, so geht es auch hierbei allein um vermögensrechtliche Belange.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Auch nicht nebenbei oder zumindest mittelbar sind hierbei Fragen betroffen, die die Sorge für die Person der Kinder berühren. Es geht vielmehr ausschließlich um Vermögensangelegenheiten, sei es der Kinder, sei es des Beschwerdeführers selbst. Das ergibt sich vor allem auch aus dem Wirkungskreis der hier angeordneten Ergänzungspflegschaft, die nur die Wahrnehmung der Interessen und der Vertretung der Kinder in der Firma T. KG umfaßt.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Soweit es sich aber ausschließlich um die Wahrnehmung vermögensrechtlicher Belange handelt, kann ein Beschwerderecht nicht auf § 57 Abs. 1 Nr. 9 FGG gestutzt werden (vgl. OLG Hamm JMB1. NRW 1963, 121; Keidl·~Winkler, 11.Aufl., § 57 FGG Rdn. 35; Bassenge-Herbst, 3.Aufl., § 57 FGG Anm. 8 b ).</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Hinzu kommt, daß der Beschwerdeführer nicht mehr Inhaber des Personensorgerechts für die Betroffenen ist. Durch die übertragung des elterlichen Sorgerechts auf die Beteiligte zu 2), die Mutter der Betroffenen, im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens ist ihm die Wahrnehmung der persönlichen Interessen der Kinder und damit auch die Befugnis, diese Interessen im Rechtsmittelweg zu verfolgen, genommen. Zwar hat der Bundesgerichtshof in der vom Beschwerdeführer zitierten Entscheidung in NJW 1956, 1755 (1756) dies ausdrücklich nur für die Entziehung der Personensorge gemäß § 1666 BGB entschieden. Nach den dort aufgestellten Grundsätzen ist jedoch kein vernünftiger Grund ersichtlich, den vorliegenden Fall anders zu beurteilen, da auch hier dem Beschwerdeführer das elterliche Sorgerecht durch die Übertragung auf die Beteiligte zu 2) im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens jedenfalls vorübergehend entzogen worden ist. Daß das Familiengericht diese Entscheidung zu s:einen Gunsten geändert hätte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Schließlich dient das Beschwerderecht gemäß § 57 Abs. 1 Ziff. 9 FGG ausschließlich dazu, die Interessen der Kinder wahrzunehmen (vgl. BGH NJ~ 1956, 1756; Josef Hess.Rechtsprechung 16, 223). Davon kann aber bei der vorliegenden Beschwerde des Beteiligten zu 3) nicht ausgegangen werden, da er mit ihr allein eigene vemögensrechtliche Interessen verfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Nach allem ist seine weitere Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG, §§ 2, 131 KostO.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">III.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Das Prozeßkostenhilfegesuch der Beschwerdegegner hatte keinen Erfolg, weil die Beschwerdegegner trotz gerichtlicher Auflage keine Unterlagen über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse, nicht einmal das vorgesehene Prozeßkostenhilfeforrnular ausgefüllt</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">überreicht haben, §§ 14 FGG, 114, 117 Abs. 2 und Abs.4, 118 Ab s. 2 Z PO .</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks"><u>Beschwerdewert: 3.000,-- DM.</u></p>
|
315,810 | lg-dusseldorf-1982-05-19-2-o-50281 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 2 O 502/81 | "1982-05-19T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:32" | "2019-03-27T09:42:09" | Urteil | ECLI:DE:LGD:1982:0519.2O502.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1.Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>2.Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.</p>
<p>3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung wegen der Kosten durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 75o,— DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer im Bundesgebiet ansässigen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin benutzte am 26. o1. 1981 gegen 1o:45 Uhr einen Bus der Beklagten von E nach I. Nach dem Lösen einer Fahrkarte wollte die Klägerin, die zwei Einkaufstaschen bei sich hatte, einen Sitzplatz im hinteren Bereich des Busses aufsuchen. Noch bevor die Klägerin einen Sitzplatz erreichte, kam sie beim Anfahren des Busses zu Fall.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Bei dem Sturz zog die Klägerin sich eine Prellung des linken Handgelenkes zu und mußte sich deswegen in ärztliche Behandlung begeben.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Sie behauptet, der Fahrer des Busses der Beklagten sei mit so starkem Ruck angefahren, daß sie trotz Festhaltens mit einer Hand hingefallen sei. Auch habe weder die Möglichkeit bestanden, sich an einem Griff am Sitz, noch an der Lehne des Sitzes, noch an einem Haltegriff an der Decke des Busses ordnungsgemäß festzuhalten.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Durch die bei dem Sturz erlittenen Verletzungen sei sie gehindert gewesen ihren Haushalt zu versorgen, so daß sie 490 DM für eine Haushaltshilfe habe aufwenden müssen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Sie beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">1. Die Beklagte zu verurteilen, an sie 49o,— DM nebst Zinsen seit Klage Zustellung zu zahlen;</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">2. die Beklagte zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen, welches den Betrag von 2.5oo,— DM nicht unterschreiten sollte.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:83px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">Die Beklagte behauptet, der Fahrer des Busses sei ganz normal angefahren. Die Klägerin sei nur zu Fall gekommen, weil sie zwei volle Einkaufstaschen bei sich getragen habe und sich daher überhaupt nicht habe festhalten können.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung von Zeugen. Auf die Sitzungsniederschrift vom 16. 3. 1982 (Bl. 69 ff d.A.) wird Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze, sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Die Klage ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Ein Anspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG ist nicht gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beweisaufnahme hat nicht den Nachweis erbracht, daß die Klägerin durch ein besonders ruckartiges Anfahren des Busses der Beklagten zu Fall gekommen ist.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Keiner der von den Parteien benannten Zeugen konnte in der Vernehmung am 16. 3. 1982 bestätigen, daß der Fahrer des Busses der Beklagten unsorgfältig und mit einem besonders starken Ruck angefahren ist.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Allein die Tatsache, daß die Zeuginnen T und H zu einem früheren Zeitpunkt in schriftlichen Äußerungen -die allerdings nicht einmal von den Zeuginnen selbst verfaßt worden sind - einen anderen Sachverhalt dargestellt haben, erbringt keinen Beweis für die Richtigkeit der Behauptung der Klägerin, sondern erweckt allenfalls Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeuginnen T und H. Sind diese Zeuginnen aber unglaubwürdig - wovon bei der Widersprüchlichkeit ihrer jetzigen Aussagen im Vergleich zu ihren schriftlichen Äußerungen auszugehen ist -, so vermögen ihre Bekundungen nicht die Äußerung des Busfahrers der Beklagten, des Zeugen C, zu widerlegen. Dieser hat bei seiner Vernehmung in Abrede gestellt, mit einem besonders starken Ruck angefahren zu sein. Diese Aussage erscheint dem Gericht auch glaubhaft; denn der Zeuge hat dargelegt, daß er zum Zeitpunkt des Unfalles keine Anschlüsse mehr erreichen mußte und daher auch nicht mehr unter Zeitdruck stand, so daß für ein schnelles und ruckartiges Anfahren kein Anlaß bestand.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Ein Amtshaftungsanspruch ist auch nicht deshalb gegeben, weil der Fahrer des Busses angefahren ist, ohne sich zu vergewissern, ob die Klägerin bereits einen Sitzplatz eingenommen hatte. Allein die Tatsache, daß beim Anfahren eines Busses ein leichter Ruck unvermeidbar ist, verpflichtet den Fahrer grundsätzlich nicht, sich vor dem Anfahren zu vergewissern, ob alle Fahrgäste Sitzplätze eingenommen oder zumindest einen festen Halt gefunden haben (vergl. BGH VersR 1972, 152; OLG Stuttgart VersR 1971, 674). Eine so weit gefaßte generelle Verpflichtung würde die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten eines im Liniendienst eingesetzten Busfahrers in unangemessener Weise überspannen. Der Fahrer eines Linienbusses, der seinen Fahrplan einhalten muß, darf darauf vertrauen, daß die Fahrgäste ihrer Verpflichtung, sich im Fahrzeug stets einen festen Halt zu verschaffen - diese Verpflichtung ergibt sich im Postreisedienst aus § 4 Abs. 3 Nr. 3 der Postreiseordnung - nachkommen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Etwas anderes könnte nur gelten, wenn auf Seiten der Klägerin ganz besondere Umstände - etwa eine jedem Dritten ohne weiteres auffallende körperliche Behinderung - vorgelegen hätten (vergl. BGH a.a.O. 153; LG Aachen VersR 1977, 66). Hierzu trägt die Klägerin aber selbst nichts vor.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Allein der Umstand, daß die Klägerin zwei schwere Einkaufstaschen bei sich trug, was der Fahrer des Busses auch wahrgenommen hat, rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung, Es war allein Sache der Klägerin, sich vor dem Anfahren des Busses einen sicheren Halt zu verschaffen und die Gefahr eines Sturzes zu vermeiden. Daß sie nicht in der Lage gewesen wäre, sich bereits vor dem Anfahren - mit dem sie jederzeit rechnen mußte – im vorderen Teil des Busses nach Abstellen ihrer beiden Taschen durch Festhalten an den in diesem Teil des Busses unstreitig vorhandenen Haltegriffen einen sicheren Halt zu verschaffen, kann schon aufgrund des Vorbringens der Klägerin nicht festgestellt werden.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">Dabei kommt es nicht auf die umstrittene Frage an, ob im vorderen Teil des Busses noch Sitzplätze frei waren oder nicht. Der zusteigende Fahrgast muß stets damit rechnen, daß er vor der Abfahrt keinen Sitzplatz mehr erreichen kann, sondern den unvermeidlichen Ruck beim Anfahren stehend überwinden muß.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">Die Beklagte haftet auch nicht nach § 7 Abs. 1 StVG. Diese Vorschrift findet hier zwar gemäß §§ 14 Postreiseordnung, 18 PostG, 8 a Abs. 1 StVG Anwendung, weil es sich um die Verletzung der Klägerin während eines entgeltlichen geschäftsmäßigen Beförderungsvorgangs durch die Beklagte gehandelt hat. Sie führt aber nicht zu einer Haftung der Beklagten, da selbst dann, wenn man das Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses für die Beklagte verneint, das eigene Verschulden der Klägerin die von der Beklagten zu vertretende Betriebsgefahr so sehr überwiegt, daß eine Schadensteilung zu Lasten der Beklagten nicht mehr gerechtfertigt ist (§ 254 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">Die Beklagte belastet lediglich die Betriebsgefahr eines anfahrenden Omnibusses. Ein Verschulden des Fahrers ist nicht feststellbar.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">Demgegenüber steht ein Verschulden der Klägerin kraft Anscheinsbeweises fest. Wenn jemand in einem normal anfahrenden Bus - ein ruckartiges Anfahren ist nicht bewiesen - zu Fall kommt, so ist dies in aller Regel auf den Mangel an Vorsicht des Fahrgastes zurückzuführen, zumal dann, wenn dieser - wie im vorliegenden Fall - versucht, einen Sitzplatz im hinteren Teil des Busses zu erreichen, statt sich sofort festen Halt zu verschaffen. Diesen gegen sie sprechenden Anscheinsbeweis hat die Klägerin nicht auszuräumen vermocht.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Hätte die Klägerin sich - wie sie selbst vorträgt - mit einer Hand festgehalten, ist damit noch nicht nachgewiesen, daß sie dies in der gehörigen Weise, notfalls unter Anlehnen an den Sitz und Anstemmen gegen den unvermeidbaren Ruck beim Anfahren getan hat.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Sie kann sich insoweit auch nicht mit der Behauptung entlasten, es seien keine Haltemöglichkeiten vorhanden gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Aus den insoweit übereinstimmenden Aussagen der Zeugen C und T folgt, daß auch im hinteren Bereich des Busses Haltemöglichkeiten an den Sitzen vorhanden waren. Daß diese Haltegriffe auch für einen Fahrgast, der sich auf den unvermeidlichen Ruck beim Anfahren eingestellt hat, keine hinreichende Haltemöglichkeit darstellen, kann allein aufgrund des Vorbringens der Klägerin nicht festgestellt werden.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Werden diese die Parteien jeweils belastenden Umstände gegeneinander abgewogen, so ergibt sich, daß der Unfall ausschlaggebend auf unzureichende Vorsichtsmaßnahmen der Klägerin zurück zuführen ist. Auf Seiten der Beklagten stehen dem an feststellbaren Schadensursachen lediglich Umstände gegenüber, die einmal über das übliche Maß, das der Fahrgast eines derartigen Verkehrsmittels einkalkulieren muß, nicht hinausgehen, und die zum anderen im Bereich derjenigen Gefahrenmomente liegen, die abzufangen einem Fahrgast zugemutet werden muß (vergl. OLG Düsseldorf v. 1o. 7. 1978 - 1 U 26/78). Andere Anspruchsgrundlagen zugunsten der Klägerin sind nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 7o8 Nr. 11, 711 ZPO.</p>
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315,811 | olgk-1982-05-13-24-u-1982 | {
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} | 24 U 19/82 | "1982-05-13T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:33" | "2019-03-27T09:42:09" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1982:0513.24U19.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 20. November 1981 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 16 0 44/81 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§ 543 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte, der nur aus positiver Forderungsverletzung hergeleitet werden könnte, steht dem Kläger nicht zu. Zwar ist sein Pkw in der von der Beklagten betriebenen Waschanlage im Dezember 1980 beschädigt worden. Es läßt sich aber nicht feststellen, daß die Beklagte hieran ein Verschulden trifft.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Darlegungs- und Beweislast für eine schuldhafte Schadensverursachung trägt die Klägerin. Zwar ist in Rechtsprechung und -lehre (vgl. Palandt-Heinrichs BGB 40. Aufl. § 282 Anm. 2 m.w.N.) allgemein anerkannt, daß dann, wenn aus einem dem Werkunternehmer zuzuordnenden Gefahrenkreis dem Besteller Schäden entstehen können, letzterem nicht zugemutet werden kann, Dinge darzulegen und zu beweisen, die seinem Gefahrenbereich und seiner Kenntnis entzogen sind. Vielmehr ist es in diesen Fällen Sache des Werkunternehmers darzutun und den Beweis dafür zu führen, daß ihn bzw. seinen Bediensteten kein Verschulden trifft. Diese Grundsätze der gefahrenbereichsbezogenen "Umkehr" der Darlegungs- und Beweislast finden aber im vorliegenden Fall keine Anwendung, weil das Fahrzeug des Klägers, das dieser selbst zur automatischen Waschanlage der Beklagten gebracht und, wenn auch angeblich nach Weisung eines Bediensteten der Beklagten, auf die Transportschiene der Waschanlage gesetzt hat, sich nicht im alleinverantwortlichen Gefahrenbereich der Beklagten befunden hat. Der Kläger behielt eine gewisse Einwirkungsmöglichkeit auf das Fahrzeug. Sein Handeln, z. B. das Abstellen des Fahrzeuges, konnte auf den späteren Unfall in der Waschanlage von Einfluß sein, ebenso die konstruktionsbedingten Besonderheiten seines Fahrzeugs. Die Anwendung der genannten Beweisregel (Umkehr der Beweislast) auf Sachverhalte der vorliegenden Art, erscheint jedenfalls dann nicht sachgerecht, wenn die beiderseitigen Gefahrenbereiche des Unternehmers wie des Bestellers bzw. Benutzers der Waschanlage sich in der Weise überlagern, daß der Schaden entweder aus dem Gefahrenbereich des einen wie auch aus dem Gefahrenbereich des anderen stammen kann. Hinzu kommt, daß nach den Feststellungen des Sachverständigenbüros T im Gutachten vom 28. September 1981 mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, daß der Wagen des Klägers deshalb aus der Führungsschiene gesprungen und hierbei beschädigt worden ist, weil die Konstruktion des P-Fahrzeugs unter Verwendung der größten im Handel erhältlichen Reifen sowie die Ausstattung des Fahrzeugs mit einer Servolenkung zu Reibungen. und Pressungen an der Führungsschiene geführt haben. Diese Kräfte sind plötzlich bei einem Sprung des Fahrzeugs aus der Führungsschiene freigeworden, wodurch der Wagen beschädigt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der konkrete Schadensverlauf steht damit fest, so daß mithin nur zu prüfen ist, ob der Beklagten aus dem Betrieb oder der Bedienung der Anlage ein Schuldvorwurf anzulasten ist. Dies ist zu verneinen, nachdem das Sachverständigenbüro T einen Fehler in der technischen Arbeitsweise der Waschanlage nicht feststellen konnte und auch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, daß die Waschanlage falsch bedient worden sein könnte. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf das Gutachten des Sachverständigenbüros T verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Ein Verschulden der Beklagten könnte nur damit begründet werden, daß sie den Kläger vor der Gefahr des Herausspringens seines Wagens aus der Führungsschiene nicht gewarnt hat. Ein solcher Schuldvorwurf setzt aber voraus, daß die Gefährlichkeit der Waschanlage allgemein oder dem Beklagten im besonderen bekannt oder doch für ihn erkennbar war. Das ist nicht erwiesen. Es kann zwar davon ausgegangen werden, daß, wie der Kläger behauptet,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">       bereits im Januar 1980 ein P E-Fahrzeug aus dem Führungskanal der Waschanlage herausgesprungen ist und hierbei beschädigt wurde (vgl. Verfahren 135 C 361/80 AG Köln) und</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">       daß es zu einem ähnlichen Unfall am 22. Dezember 1979 in der Waschanlage der Beklagten mit einem P B-Fahrzeug (vgl. Verfahren 135 C 215/80 AG Köln)</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">gekommen ist. Hieraus kann aber nicht geschlossen werden, daß der Beklagten bereits im Dezember 1980 die Ursache für diese Vorfälle bekannt oder doch erkennbar war, und sie somit verpflichtet war, auf die Gefährlichkeit der Waschanlage für P-E/P-B-Fahrzeuge hinzuweisen. Die Schadensursache der vorgenannten beiden Unfälle war zunächst unbekannt. Erstmals im Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. T2 vom 19. Februar 1981 (vgl. Akten 135 C 215/80 AG Köln) wurde die Beteiligung von P B-Fahrzeugen an Waschstraßenunfällen als signifikant erkannt, ohne daß es gelungen wäre, die Schadensursache exakt oder doch wahrscheinlich in dem dortigen konkreten Einzelfall festzustellen. Negativ konnte vom Sachverständigen jedoch ermittelt werden, daß Mängel in der Anlage oder Bedienung der Waschstraße als Unfallursache nicht in Betracht kamen. Zu dem gleichen Ergebnis kommt das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. A2 vom 19. November 1981 (vgl. Akten 135 C 215/80 AG Köln), das die Unfallursache nicht klären kann, Mängel der Waschanlage als Schadensursache aber verneint. Dementsprechend ist die Schadensersatzklage im Verfahren 135 C 215/80 des AG Köln abgewiesen worden. Im Verfahren 135 C 361/80 des Amtsgerichts Köln, das den Unfall vom Januar 1980 betraf, ist nach dem insoweit nicht substantiiert bestrittenen Vortrag der Beklagten ein Gutachten über die Schadensursache erst am 9. Juni 1981 erstattet worden, das die Grundlage für die Klageabweisung aus den gleichen Gründen bildete, auf die die Entscheidung im Verfahren 135 C 215/80 AG Köln gestützt ist. Unter Berücksichtigung dieser Sachlage hätte die Beklagte daher frühestens nach Kenntnisnahme des Gutachtens vom 19. Februar 1981 erkennen können, daß große P-Kraftfahrzeuge vom Typ E oder Typ B in der von ihr betriebenen Waschanlage beim normalem Betrieb Schaden nehmen konnten. Im Dezember 1980 war weder die Schadensursache noch die Schadensaffinität dieser P-Fahrzeuge in der Waschanlage für die Beklagte aufgrund der vorgenannten Einzelfälle erkennbar.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kläger erstmals im Berufungsverfahren generell die Behauptung aufstellt, es sei von je her allgemein bekannt gewesen, daß Fahrzeuge des Typs P E dazu neigen, aus dem Führungskanal der Waschanlage herauszuspringen, ist sein Vorbringen ohne ausreichende Substanz. So hat der Sachverständige T2 in seinem Gutachten vom 19. Februar 1981 ausgeführt, daß Unfälle der hier in Rede stehenden Art nicht sehr häufig sind, daß aber P B-Fahrzeuge signifikant häufig an diesen Vorfällen beteiligt seien. Das Gutachten von Prof. Dr. A2 vom 19. November 1981 enthält hierzu keine klaren Feststellungen. Das Gutachten des Sachverständigenbüros T vom 28. September 1981 spricht lediglich von anderen Unfällen gleicher Art, in die P E-Fahrzeuge verwickelt waren. Angesichts dieser differenzierten Aussage hätte der Kläger näher darlegen müssen, weshalb die Schadensneigung von P E-Fahrzeugen in Waschstraßen im Dezember 1980 schon allgemein bekannt war, obwohl den sachgebietsspezifischen Sachverständigen nur Einzelfälle oder eine Unfallhäufigkeit des P-B - Wagens zur Kenntnis gelangt waren.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn aber das Vorbringen des Klägers, es sei generell bekannt gewesen, daß P E-Fahrzeuge in Waschanlagen dazu neigen, aus dem Führungskanal zu springen, als hinreichend konkret angesehen würde, so wäre dieser neue Vortrag als verspätet zurückzuweisen (§, 523 Abs. 2 ZPO). Dieäe Behauptung ist von der Beklagten bestritten worden. Eine erforderliche Beweisaufnahme zu dieser Frage, die die Vernehmung von zwei Zeugen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens notwendig macht, würde die Entscheidung des Rechtsstreits verzögern. Die Verspätung im Klägervortrag beruht auch nach Ansicht des Senats auf grober Nachlässigkeit, denn wenn die Unfallanfälligkeit von P E-Fahrzeugen in Waschanlagen zumindest in Fachkreisen allgemein bekannt war, hätte der Kläger dies eher feststellen und vortragen können. Umstände, die die Verspätung im Klagevortrag rechtfertigen oder entschuldigen könnten, sind nicht ersichtlich noch behauptet.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wert des Berufungsverfahrens und Beschwer des Klägers: 3.007,50 DM.</p>
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315,812 | olgk-1982-05-13-7-u-14181 | {
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} | 7 U 141/81 | "1982-05-13T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:35" | "2019-03-27T09:42:09" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1982:0513.7U141.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung gegen das am 13. Mai 1981 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 1 0 86/81 - wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen den Grund des von der Beklagten geltend gemachten Entschädigungsanspruchs richtet.</p>
<p>Es wird festgestellt, daß die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten Entschädigung zu leisten wegen der Schäden, die an deren Haus C, F 18, durch Erschütterungen infolge der Bauarbeiten an der Autobahn B XX und infolge Bodensenkungen aufgrund der Errichtung der Autobahn entstanden sind.</p>
<p>Das angefochtene Urteil wird aufgehoben, soweit über die Höhe dieses Entschädigungsanspruchs und der Rechtsvertretungskosten erkannt ist. Insoweit wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens vorbehalten bleibt.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist Eigentümerin eines am F im Naturschutzgebiet F2 - T gelegenen größeren bebauten Grundbesitzes. Die Klägerin benötigte hieraus zum Bau der hangaufwärts gelegenen Autobahn B XX planfestgestellt 1973 - eine Teilfläche von 1.265 qm. Zur Vermeidung einer Enteignung schlossen die Parteien am 20.12.1974 einen Kaufvertrag, in dem sich die Klägerin zur Zahlung eines Abschlags von 250.000,-- DM auf die noch festzustellende Gesamtentschädigung verpflichtete. Im anschließenden Entschädigungsfeststellungsverfahren nahm sie eine Aufteilung dieser - im Januar 1975 erfolgten - Zahlung auf verschiedene Entschädigungspositionen vor, die im vorliegenden Rechtsstreit keine Rolle spielen. Durch Teil-Entschädigungsfeststellungsbeschluß vom 10.6.1978 setzte der Regierungspräsident die Entschädigung für alle Positionen mit Ausnahme von:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">a)        Wertminderung;</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">b)        Instandsetzungsarbeiten wegen angeblich durch den Bau der - inzwischen fertiggestellten - Autobahn hervorgerufenen Schäden am Wohnhaus der Beklagten;</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">auf 243.276,88 DM nebst darauf entfallender 7.95o,-- DM Rechtsvertretungskosten fest.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Durch inzwischen rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Bonn vom 18.9.1979 wurde der Hauptbetrag auf 235.664,49 DM (darauf anzurechnender Teil der Abschlagszahlung: 206.000,-- DM), die Vertretungskosten auf 7.568,4o DM herabgesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit Beschluß vom 28.8.1980, auf den wegen aller Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 11 bis 38 GA), setzte der Regierungspräsident die Entschädigung für Wertminderung (ohne Immissionen) auf 41.338,29 DM sowie für Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen wegen Bodensenkungen, die zu Schäden am Haus geführt haben, auf 126.032,76 DM fest. Über den letztgenannten Betrag streiten die Parteien, ferner über einen Teil der vom Regierungspräsidenten mit 3.421,30 DM in Ansatz gebrachten weiteren Vertretungskosten.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Autobahn ist im hier interessierenden Bereich in einem gegenüber dem ursprünglichen Geländeverlauf ca. 7 bis l0 m tiefen Einschnitt angelegt. Etwa in der Mitte der zum Grundstück der Beklagten hin gelegenen Böschung wurde bis zu einer Tiefe von ca. 15 m - gemessen am ursprünglichen Geländeverlauf - eine Bohrpfahlwand errichtet.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Regierungspräsident hat sich bezüglich der Bodensenkungen, was den Anspruchsgrund angeht, auf die vom Landschaftsverband eingeholte ingenieurgeologische Beurteilung der Rißschäden des Dr. E vom 23.11.1978 (B1. 39 bis 43 GA) gestützt, in der nach Darstellung der Untergrundverhältnisse im Bereich des Hauses im wesentlichen ausgeführt wird:</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Ein geschlossener Grundwasserspiegel befinde sich erst in sehr tiefem Niveau. Geotechnisch bedeutsam sei jedoch eine Sickerwasserführung an der Basis des Basaltschutts (d.h. in ca. 5 m Tiefe) infolge einer Versickerung von Oberflächenwasser in den oberen Hangbereichen. Das Sickerwasser habe vor Beginn des Autobahnbaus zu einer ständigen Durchfeuchtung der unterlagernden bindigen Schichtenfolge geführt. Mit dem Bodenaushub im Bereich Trasse sei die Schichtenfolge vom Sickerwasserzufluß abgeschnitten worden. Die betreffenden Schichten hätten infolge des Wasserentzugs im Lauf der Zeit eine Konsistenzänderung mit Schrumpfungserscheinungen erfahren, die zu Setzungen und Setzungsdifferenzen unter den Gebäudefundamenten geführt hätten. Zusätzliche ungünstige Auswirkungen auf die Schadensentwicklung hätten wegen der geringen Entfernung des Hauses von der Trasse die Erschütterungen während der Bauarbeiten gehabt. Der darauf zurückzuführende Anteil an den Gebäudeschäden sei jedoch nicht zuverlässig abzuschätzen. Aus der Tatsache, daß sich die Gebäudesetzungen und Rißbildungen auch nach Beendigung der besonders erschütterungsintensiven Rammarbeiten bei Herstellung der Pfahlwand verstärkt fortgesetzt hätten, könne jedoch geschlossen werden, daß im wesentlichen die Schrumpfungssetzungen infolge Veränderung der hydrogeologischen Verhältnisse im Gründungsbereich für die Gebäudeschäden verantwortlich seien.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Zur Höhe der Sicherungs- und Sanierungskosten hat sich der Regierungspräsident dem von ihm eingeholten Gutaachten des Sachverständigen L vom 18.10.1979 (in der beigezogenen Akte 27.1.1-600/73-829 RF Köln) angeschlossen, auf das wegen aller Einzelheiten verwiesen wird. Die dort genannten Beträge für</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">a)        Sicherungskosten              46.662,25 DM;</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">b)        Sanierungskosten              65.867,-- DM;hat er wegen einer zwölfprozentigen Kostensteigerung in der Zeit zwischen Gutachtenerstattung und seiner Entschädigungsfeststellung am 28.8.1980 auf 52.261,72 DM bzw. 73.771,04 DM, insgesamt also 126.032,76 DM erhöht.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Den ihr am 2.9.198o zugestellten Entschädigungsfeststellungsbeschluß hat die Klägerin mit ihrer am 20.2.1981 bei Gericht eingegangenen und am 28.2.1981 zugestellten Klage angefochten. Sie hat geltend gemacht, die Gebäudeschäden seien nicht auf die Beeinträchtigung einer durch Art. 14 GG geschützten Rechtsposition der Beklagten zurückzuführen. Wie sich aus der - oben wiedergegebenen - Stellungnahme des Dr. E ergebe, sei dem Grundstück der Beklagten kein dort früher vorhandenes Wasser entzogen worden, vielmehr sei durch den Bau der Autobahn der Zufluß des Sickerwassers unterbunden worden. Auf diesen Zufluß habe die Beklagte keinen Anspruch gehabt, auch nicht unter Berücksichtigung des § 909 BGB, denn auch diese Vorschrift setze - bei Beeinträchtigung der Standfestigkeit durch Änderung der Wasserverhältnisse - den Entzug von vorher auf dem betroffenen Grundstück vorhandenem Wasser voraus.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Ferner hat sie geltend gemacht, das Haus der Beklagten sei nicht nach den anerkannten Regeln der Technik errichtet worden; dies habe schon vor dem Autobahnbau zu Rißbildungen geführt. Hierzu hat sie sich auf das von ihr eingeholte Gutachten des Sachverständigen T2 vom 11.7.1975 bezogen; auf dieses wird verwiesen (Bl. 46 bis 61 GA).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Schließlich hat sie die Höhe der zuerkannten Entschädigung angegriffen, insbesondere mit der Erwägung, der Sachverständige L habe seine Berechnung selbst mit der Einschränkung versehen, daß eine Festlegung auf eine bestimmte Summe nicht möglich sei und Wesentliches erst bei Durchführung der Arbeiten selbst angegeben und bestimmt werden könne, und eine Herabsetzung der Rechtsvertretungskosten verlangt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Sie hat beantragt (soweit in der Berufungsinstanz noch interessierend),</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">die in dem EntschädigungsfeststellungsErgänzungsbeschluß des Regierungspräsidenten Köln vom 28.8.198o - 27.1.1-600/73-829 - festgesetzten Entschädigungen wie folgt herabzusetzen:</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">a)   Für Sicherungs- bzw. Sanierungsmaßnahmen wegen Bodensenkungen auf 0,-- DM;</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">b)     für Vertretungskosten auf 804,30 DM.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Sie hat vorgetragen, die aufgetretenen Schäden seien allein Folge des Autobahnhaus; das Haus sei vorher völlig einwandfrei gewesen. Verantwortlich für die Schäden seien die Erschütterungen durch die Bauarbeiten und die sich aus der Stellungnahme des Dr. E ergebenden hydrogeologischen Veränderungen, die dazu geführt hätten, daß das Grundstück seine "Wasserstabilität" und damit seine Stütze verloren habe. Es könne keine Rede davon sein, daß, die Klägerin durch ihre Baumaßnahme nur den Zufluß von Oberflächenwasser unterbunden habe, vielmehr habe sie nachteilig auf das Grundwasser eingewirkt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die vom Sachverständigen L ermittelten und vom Regierungspräsidenten unter Berücksichtigung der Baupreissteigerungen hochgerechneten Kosten seien zur Beseitigung der Schäden und zur Sicherung der Standfestigkeit des Hauses erforderlich. Hinzu kämen sogar noch erhebliche Folgekosten, weil während der Arbeiten, die mindestens mehrere Wochen in Anspruch nehmen würden, das Haus nicht bewohnt werden könne und teilweise von Einrichtungsgegenständen geräumt werden müsse.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Mit dem angefochtenen und hiermit in Bezug genommenen Urteil, das der Klägerin am 26.5.1981 zugestellt worden ist, hat das Landgericht die Klage abgewiesen, soweit es den oben wiedergegebenen Antrag betrifft. Hiergegen richtet sich die am 25.6.1981 eingelegte und nach entsprechender Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 12.10.1981, bei Gericht eingegangen am 26.10.1981 (einem Montag), begründete Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere macht sie geltend, das Sickerwasser, dessen Zufluß auf das Grundstück der Beklagten durch den Autobahnbau unterbunden worden sei, sei als wild abfließendes Niederschlagswasser, nicht als Grundwasser zu qualifizieren. Davon abgesehen habe die Beklagte auch keinen Anspruch auf den weiteren Zufluß von Grundwasser, weil der Schutz des Eigentums an der Grundstücksgrenze ende.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Zur Entschädigungshöhe trägt sie ergänzend vor, Sicherungskosten könnten schon deshalb nicht verlangt werden, weil nach den letzten Meßergebnissen des Dr. E laut dessen Stellungnahmen vom 18.8.1980 und 20.2.1981 (Bl. 176 bis 178 GA) die Setzungen inzwischen zur Ruhe gekommen und in Zukunft keine weiteren Setzungen zu erwarten seien. Sicherungsmaßnahmen seien daher überflüssig. Darüber hinaus seien die vom Sachverständigen L vorgeschlagenen Sicherungsmaßnahmen ungeeignet. Bei der Berechnung der Sanierungskosten habe der Sachverständige L sämtliche Risse berücksichtigt, also einschließlich derer, die nicht durch die Straßenbaumaßnahme entstanden, sondern schon vorher vorhanden gewesen seien. Diese Altschäden seien erheblich.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihren - oben wiedergegebenen - erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen und ihr</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">zu gestatten, zulässige oder erforderliche Sicherheiten auch durch Bürgschaft einer im Währungsgebiet ansässigen Bank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Auch sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor, der für die Bodenstabilität erforderliche Zufluß von Sickerwasser = Grundwasser sei nicht nur durch den den F auf einer Länge von 400 m durchquerenden Autobahneinschnitt unterbunden worden, sondern auch deshalb, weil im Bereich der die Böschung abstützenden Pfahlwand Drainagerohre oder sonstige der Entwässerung des angrenzenden Erdreichs dienende Einrichtungen verlegt worden seien.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Sie hält daran fest, daß Sicherungsmaßnahmen, wie vom Sachverständigen L vorgeschlagen, erforderlich seien und die Kosten für Sicherung und Sanierung des Gebäudes mindestens den zuerkannten Betrag ausmachen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt der beigezogenen Akten 27.1.1-600/73-829 des Regierungspräsidenten L2 verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung hat hinsichtlich des Anspruchsgrundes keinen Erfolg. Bezüglich der Entschädigungshöhe ist das angefochtene Urteil wegen eines dem Landgericht unterlaufenen Verfahrensfehlers aufzuheben und die Sache in die erste Instanz zurückzuverweisen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Der Bau der Autobahn - eine hoheitliche Maßnahme - hat zu erheblichen Schäden am Haus der Beklagten geführt. Das steht aufgrund der im Entschädigungsfeststellungsverfahren eingeholten Gutachten des Sachverständigen L vom 10.3.1978 und 18.10.1979 sowie der gutachtlichen Stellungnahme des Dr. E vom 23.11.1978 fest, wird von der Klägerin auch nicht bestritten. Die Frage, ob das Haus schon vor Beginn der Bauarbeiten ins Gewicht fallende Schäden aufwies, betrifft nur die Anspruchshöhe. Außer Zweifel steht jedenfalls, daß sich infolge des Autobahnbaus neue Risse gebildet und alte, sofern sie entsprechend der Behauptung der Klägerin vorhanden waren, vergrößert haben. Die Klägerin hat eingeräumt, daß der Straßenbau im naturwissenschaftlichen Sinn ursächlich bzw. mitursächlich für Risse am Haus war (Schriftsatz vom 20.2.1979 im Entschädigungsfeststellungsverfahren, Erklärung des Herrn C2, Fernstraßenneubauamt C, im Termin vor dem Regierungs präsidenten vom 15.1.1980, Seite 6 oben des Protokolls). Hiervon ist sie auch im Rechtsstreit nicht abgerückt. Der Streit der Parteien geht bezüglich des Anspruchsgrundes darum, ob die Beklagte in einer durch Art. 14 GG geschützten Rechtsposition betroffen ist. Das ist entgegen der Ansicht der Klägerin zu bejahen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Aus der Stellungnahme des Dr. E vom 23.11.1978, die beide Parteien zum Ausgangspunkt ihrer Argumentation machen, ergibt sich, daß der Autobahnbau in doppelter Weise Schäden am Haus bewirkt hat:</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Durch Erschütterungen während der Bau-, insbesondere Rammarbeiten;</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">durch die Unterbrechung des früher vorhandenen Zuflusses von Sickerwasser, das die tieferen Bodenschichten ständig durchfeuchtete und ihnen so Stabilität verlieh.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Eine exakte Aufteilung des jeweiligen Ursachenbeitrags hat Dr. E für ausgeschlossen gehalten; sie erscheint aber überflüssig, weil die Klägerin für beide Ursachen einzustehen hat.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Bezüglich der Erschütterungen geht die Beeinträchtigung der Beklagten deutlich über das hinaus, was sie nachbarrechtlich (§ 906 BGB) entschädigungslos hinzunehmen hätte. Das zeigt der vom Sachverständigen L festgestellte Schweregrad der Schäden. Die Beklagte hätte diese Beeinträchtigung nicht einmal dann entschädigungslos hinnehmen müssen, wenn die Autobahn entlang der ursprünglichen Grundstücksgrenze gebaut worden wäre. Um so mehr gilt das deshalb, weil wegen der Teilinanspruchnahme von 1.265 qm die Autobahn ca. 16 m näher zum Wohnhaus liegt, als das ohne Inanspruchnahme des Grundbesitzes der Beklagten der Fall gewesen wäre (S. l0 des Beschlusses des Regierungspräsidenten vom 28.8.1980, Bl. 20 GA). Die Klägerin erhebt gegen ihre Entschädigungspflicht wegen "Erschütterungsschäden" auch keine Einwendungen.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Problematisch ist nur die Entschädigungspflicht wegen der durch die Unterbrechung des Sickerwasserzuflusses hervorgerufenen Schäden. Insoweit ist der Klägerin zuzugeben, daß die im Beschluß des Regierungspräsidenten und im angefochtenen Urteil zum Ausdruck kommende Ansicht, sie habe dem Grundbesitz der Beklagten Grundwasser "entzogen" und damit den Tatbestand des § 909 BGB verwirklicht, nicht zweifelsfrei erscheint. Denn es geht nicht darum, daß durch den Autobahnbau dem Nachbargrundstück dort befindliches Wasser entzogen worden ist, vielmehr ist dessen weiterer Zufluß durch den Bau der Autobahn, insbesondere durch den hierzu erforderlichen tiefen Hangeinschnitt, unterbunden worden. Der Unterlieger hat jedoch grundsätzlich keinen Anspruch auf ungehinderten Wasserzufluß, gleichgültig, ob es sich um Oberflächen- oder Grundwasser handelt (BGH NJW 1977, 1700 ff.). Daß § 909 BGB in einem Fall der vorliegenden Art einschlägig ist, ergibt sich auch nicht aus der im Beschluß des Regierungspräsidenten und im angefochtenen Urteil zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, zumindest nicht hinreichend klar.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Andererseits hebt die genannte Vorschrift nicht auf einen "Entzug" von Wasser, speziell Grundwasser, ab, sondern auf eine Grundstücksvertiefung, durch die der Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verliert - ein Tatbestand, der hier unter Zugrundelegung der überzeugenden und von den Parteien akzeptierten Ausführungen des Dr. E dem Wortlaut nach verwirklicht ist. Die in der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vertretene Ansicht, das Grundstückseigentum umfasse auch das zum Erdkörper im Sinne des § 905 BGB zu rechnende Grundwasser, der Eigentümer, der auf seinem Grundstück Grundwasser fördere oder ableite, könne schon wegen seiner ausschließlichen Befugnis, über das auf seinem Grundstück befindliche Wasser zu verfügen, nicht fremdes Eigentum verletzen, auch wenn seine Maßnahmen dazu führen, daß dem Grundstück eines anderen Grundwasser entzogen wird, ist durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15.7.1981 (NJW 1982, 745 ff.) überholt. Danach unterstellt das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) - verfassungsrechtlich zulässig - das Grundwasser einer vom Grundeigentum losgelösten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung; diese gibt dem Grundstückseigentümer prinzipiell kein Recht, auf das Grundwasser zuzugreifen, sondern ordnet es der Allgemeinheit zu. übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet das, daß einerseits zwar der Wasserzufluß von den oberen Hanggrundstücken kein "Eigentum" der Beklagten im Sinne des Art. 14 GG darstellte, andererseits aber die Klägerin auch nur aufgrund besonderen Titels, nicht schon aufgrund ihres Eigentums am höhergelegenen Grundstück berechtigt gewesen wäre, auf das Grundwasser einzuwirken. Es liegt nicht fern, unter diesen Umständen § 909 BGB entsprechend seinem Wortlaut dahin auszulegen, daß es unabhängig von einem Recht auf Wasserzufluß des Unterliegers allein darauf ankommt, daß durch Vertiefung des Nachbargrundstücks sein Grundstück die erforderliche Stütze verliert.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Einer abschließenden Entscheidung dieser Frage bedarf es nicht, denn die Entschädigungspflicht der Klägerin folgt jedenfalls daraus, daß sie durch den Bau der Autobahn nachteilig auf das Grundwasser eingewirkt hat und hierzu einer wasserrechtlichen Bewilligung bedurft hätte, im Rahmen derer gemäß §§ 8 Abs. 3, 4 WHG, 17 LWG a.F. die Beklagte für die durch die Unterbrechung des Grundwasserzuflusses entstehenden Nachteile hätte entschädigt werden müssen, obwohl ihr kein eigentliches Recht auf Wasserzufluß zustand. Im einzelnen gilt folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Das Sickerwasser, das nach den Ausführungen des Dr. E durch den Bau der Autobahn abgeschnitten wurde und sich nun einen anderen Weg suchen mußte, eventuell - so die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung - ganz oder teilweise durch Drainage abgeleitet wurde, ist als Grundwasser zu qualifizieren. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 27, 176 ff.; DÖV 1969, 755) ist unter Grundwasser das gesamte unterirdische Wasser zu verstehen, gleichgültig, in welcher Tiefe es sich befindet (vgl. ferner Gieseke-WiedemannCzychowski, WHG, 3. Aufl., § 1 Rdnr. 9; Sieder-Zeitler, WHG § 1 Rdnr. 12). Diese weite Begriffsbestimmung mag zweifelhaft erscheinen, soweit es um das unmittelbar unter der Erdoberfläche befindliche, auf dem Grundstück niedergegangene und "auf dem Weg nach unten" befindliche Niederschlagswasser geht. Darauf kommt es hier indes nicht an, denn angesichts der von Dr. E festgestellten Tiefe der Sickerwasserführung kann von unmittelbar unter der Erdoberfläche befindlichem Niederschlagswasser schlechterdings keine Rede mehr sein. Das gilt nicht nur für die Verhältnisse im Untergrund des Grundstücks der Beklagten, sondern auch des "Autobahngrundstücks". Die Sickerwasserführung befindet sich an der Basis des Basaltschutts, d.h. in ca. 5 m Tiefe. Wie die von Dr. E gefertigte Skizze (Anlage 1 zu seiner Stellungnahme vom 23.11.1978, Bl. 44 GA) zeigt, lagerte der Basaltschutt im Bereich des Autobahngrundstücks gegenüber dem ursprünglichen Geländeverlauf eher in noch größerer Tiefe als im Bereich des Grundstücks der Beklagten. Danach kann ausgeschlossen werden, daß das Sickerwasser, das früher auf den Grundbesitz der Beklagten gelangte und dort die Standfestigkeit des Wohnhauses gewährleistete, ganz oder auch nur zu einem nennenswerten Teil aus dem auf dem (späteren) Autobahngrundstück niedergegangenen und wenige Zentimeter in das Erdreich eingesickerten Regenwasser stammte. Dafür trägt im übrigen die Klägerin auch nichts vor.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Offensichtlich stammte das Sickerwasser entweder allein oder doch zum ganz überwiegenden Teil aus Niederschlagswasser in den oberen Hangbereichen des F2. Dieses war im Bereich des Autobahngrundstücks schon in Grundwasser übergegangen. Daß sich ein geschlossener Grundwasserspiegel erst in tieferem Niveau befindet (Seite 2 unten der Stellungnahme des Dr. E vom 23.11.1978, Bl. 40 GA), ist belanglos, ebenso, daß das Wasser im oberen Teil der F2 als Regen niedergegangen, ursprünglich also Oberflächenwasser war - das entspricht dem natürlichen Wasserkreislauf.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Durch den Bau der Autobahn, der mit einem tiefen Einschnitt in den F verbunden war, wirkte die Klägerin auf dieses Grundwasser ein. Hierzu bedurfte sie gemäß §5 2, 3 WHG einer Erlaubnis oder Bewilligung. Zwar scheidet eine Benutzung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG (Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser) aus, denn wie die übrigen Alternativen des § 3 Abs. 1 WHG setzt Nr. 6 ein auf das Wasser zweckgerichtetes Verhalten voraus (Gieseke-Wiedemann-Czychowski, § 3 Rdnr. 2 und 9; Sieder-Zeitler, § 3 Rdnr. 3 a) an dem es hier fehlt. Die Einwirkung auf das Grundwasser war zufällige, von der Klägerin nicht gewollte Folge ihres Handelns.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Einschlägig ist aber § 3 Abs. 2 Nr. 1 WHG. Danach gilt als Benutzung auch das Aufstauen, Absenken und Umleiten von Grundwasser durch Anlagen, die ... hierfür geeignet sind. Die mit einem tiefen Hangeinschnitt verbundene Autobahn ist eine solche Anlage. Sie war geeignet, das Sickerwasser = Grundwasser umzuleiten und hat das auch tatsächlich getan, wie die Ausführungen des Dr. E zeigen. Ob der bloße Hangeinschnitt im Sinne einer Vertiefung / Abgrabung als "Anlage" im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 1 WEG zu qualifizieren wäre, kann dahingestellt bleiben, denn der Einschnitt ist Teil der einheitlichen Baumaßnahme. Es wäre lebensfremd, diese in den - die Grundwasserzufuhr unterbrechenden - Hangeinschnitt und die - für die Grundwasserzufuhr möglicherweise bedeutungslose - Errichtung der Fahrbahn aufzuspalten. Ohne den Bau der Autobahn war der Hangeinschnitt sinnlos.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Entgegen der im Schreiben des Regierungspräsidenten vom 22.2.1974 (B1. 191, 192 GA) vertretenen Ansicht, der sich die Klägerin angeschlossen hat, war eine Erlaubnis oder Bewilligung nicht entbehrlich, weil in §§ 35 WHG, 44 LWG a.F. Erdaufschlüsse besonders geregelt sind und nur einer Anzeigepflicht unterliegen. Diese Ansicht beruht auf einer Verkennung des Verhältnisses von §§ 35 WHG, 44 LWG a.F. zu §§ 2, 3 WHG. Die in den erstgenannten Vorschriften geregelten Erdaufschlüsse sind anzeigepflichtig, damit die Wasserbehörde die Arbeiten überwachen kann, um negative Auswirkungen auf den Wasserhaushalt rechtzeitig zu verhindern. Die Befugnisse der Wasserbehörde werden also erweitert. §§ 35 WHG, 44 LWG a.F. besagen dagegen nicht, daß ein als "Anlage" im Sinne des § 3 Abs. 2 WHG oder als Benutzung im Sinne des § 3 Abs. 1 WHG zu qualifizierender Erdaufschluß (was keineswegs für jeden Erdaufschluß zutrifft) nur anzeigepflichtig ist, jedoch keiner wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung bedarf (vgl. Sieder-Zeitler, WHG § 35 Rdnr. 1, 14; Gieseke-Wiedemann-Czychowski, WHG § 35 Rdnr. 1; Burghartz, WHG und Wassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl., Anm. 1 zu § 44 LWG).</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Ebensowenig zutreffend ist die Seite 2 des genannten Schreibens des Regierungspräsidenten vertretene Ansicht, Bewilligung oder Erlaubnis seien nach § 3 Abs. 3 WHG entbehrlich gewesen, da die geplante Straßenentwässerung eine Ausbaumaßnahme sei. Entscheidend ist hier nicht die Straßenentwässerung, wobei das auf der Autobahn niedergehende Wasser nicht einmal dem Anwendungsbereich des WHG unterfällt (§ 1 WHG), sondern die Unterbrechung und Umleitung des aus den oberen Hangbereichen stammenden und unterirdisch zum Rhein hinströmenden Grundwassers durch die infolge des Geländeeinschnitts in den tieferliegenden Bodenschichten verlegte Autobahn. Deren Bau stellte keinen Ausbau eines oberirdischen Gewässers im Sinne der §§ 3 Abs. 3, 31 WHG dar.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Die demnach erforderliche Erlaubnis oder Bewilligung ist der Klägerin nicht erteilt worden. Die 1973 erfolgte straßenrechtliche Planfeststellung ersetzte sie nicht. Dabei kommt es auf die sogenannte Konzentrationswirkung der Planfeststellung nach § 18 b FStrG nicht an, denn diese Vorschrift ist erst 1974</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">in Kraft getreten. Zwar sah auch schon § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG vom 6.8.1953 eine Konzentrationswirkung vor ("Die Planfeststellung ersetzt alle nach anderen Rechtsvorschriften notwendigen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Zustimmungen"), das erst später erlassene WHG enthielt jedoch in § 14 Abs. 1, 3 WHG eine Sonderregelung des Inhalts, daß bei Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens die Planfeststellungsbehörde über die Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung im Einvernehmen mit der für das Wasser zuständigen Behörde entscheidet. Danach implizierte die straßenrechtliche Planfeststellung nicht die etwa erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder Erlaubnis, vielmehr statuierte § 14 WHG nur eine besondere Zuständigkeit (so offenbar auch, allerdings nicht ganz klar, Marschall, Bundesfernstraßengesetz 3. Aufl., § 17 Rdnr. 3.5 und 10). Wenn heute mit Rücksicht auf den 1974 in Kraft getretenen § 18 b FStrG die Ansicht vertreten wird, die straßenrechtliche Planfeststellung mache die Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung entbehrlich, so beruht das darauf, daß § 18 b FStrG die gegenüber § 14 WEG jüngere Regelung ist (vgl. Gieseke-Wiedemann-Czychowski, WEG § 14 Rdnr. 2 c). Gerade das traf auf das 1973 maßgebende Verhältnis von § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG zu § 14 WHG nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat eingeräumt, daß ihr eine wasserrechtliche Bewilligung oder Erlaubnis nicht erteilt worden ist (S. 1, 2 des Schriftsatzes vom 2.2.1982, Bl. 185, 186 GA)</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Wie noch auszuführen sein wird, könnte ihr eine Bewilligung nur gegen Entschädigung der Beklagten für die durch die Umleitung des Grundwassers bewirkten Nachteile gemäß §§ 8 Abs. 3, 4 WEG, 17 LWG a.F. erteilt werden. Das bisherige Fehlen der Bewilligung führt nicht dazu, daß die Beklagte zunächst bis zum Abschluß eines etwaigen Bewilligungsverfahrens zuwarten muß, bevor sie Entschädigung beanspruchen kann. Nicht erst die Bewilligung beeinträchtigt sie, sondern der Bau der Autobahn, der längst abgeschlossen ist. Die ihr entstandenen Nachteile sind unabhängig davon, ob die Autobahn mit oder ohne wasserrechtliche Bewilligung errichtet worden ist. Eine Abhängigkeit der Entschädigung von der Erteilung der Bewilligung würde sie zudem unter Umständen rechtlos stellen, denn aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich, daß sie und die mit der Sache bisher befaßten Behörden eine wasserrechtliche Bewilligung nicht für erforderlich gehalten haben. Wenn die Klägerin an dieser Ansicht festhält und auch in Zukunft von der Einleitung eines Bewilligungsverfahrens absieht, erhielte die Beklagte nie einen Ausgleich für die ihr entstandenen Nachteile, denn sie kann die Klägerin nicht zu einem Bewilligungsantrag zwingen. Unter diesen Umständen ist sie so zu stellen, als ob seinerzeit der Klägerin eine Bewilligung erteilt worden wäre. Gegen eine entsprechende Anwendung der in § 8 Abs. 3 WHG getroffenen Entschädigungsregelung, auf die in § 8 Abs. 4 WHG Bezug genommen wird, bestehen um so weniger Bedenken, als seinerzeit die Einwirkung auf das Grundwasser offenbar nicht vorausgesehen wurde, sondern sich erst - und das zunächst noch unerkannt - im Zuge der Bauarbeiten ergab, d.h. zu einer Zeit, als der die Beklagte treffende Nachteil bereits manifest war.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">In einem Bewilligungsverfahren hätte die Beklagte sowohl nach § 8 Abs. 3 WHG, als auch nach § 8 Abs. 4 WHG in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Nr. 3 LWG a.F. Einwendungen gegen die Umleitung des Grundwassers erheben können. Daß diese Einwendungen den Bau der Autobahn verhindert oder wenigstens zu einer anderen Ausführungsart, durch die das Grundwasser nicht beeinträchtigt worden wäre, geführt hätten, kann nach Lage der Dinge ausgeschlossen werden. Im übrigen genügt es, daß jedenfalls jetzt, nachdem die Autobahn fertiggestellt ist, keine reale Aussicht darauf besteht, sie so zu verändern, daß der ursprüngliche Grundwasserzufluß wiederhergestellt wird. Davon abgesehen könnte eine solche Änderung die inzwischen eingetretenen Bodensenkungen nicht ungeschehen machen.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Eine zur Entschädigung verpflichtende Rechtsbeeinträchtigung im Sinne des § 8 Abs. 3 WHG durch Beeinträchtigung des Wasserzuflusses als solchem scheidet allerdings aus, da die Beklagte, wie oben ausgeführt, keinen Anspruch auf weiteren Zufluß des Grundwassers hatte und hat. Unabhängig hiervon ist eine Rechtsbeeinträchtigung im Sinne des § 8 Abs. 3 WHG jedoch dann zu bejahen, wenn die Einwirkung auf das Grundwasser seitens der Klägerin die Beklagte "schwer und unerträglich" beeinträchtigt; insoweit gewährt Art. 14 GG einen Mindestschutz gegen eine nachteilige Veränderung der vorgegebenen Situation, auch wenn der Betroffene kein subjektives Recht auf den Zufluß von Wasser hat (vgl. BVerwGE 36, 248 ff.; 41, 58, 66; Sieder-Zeitler, WHG § 8 Rdnr. 27 und § 2 Rdnr. 10 b; Gieseke-Wiedemann-Czychowski, WHG § 8 Rdnr. 13 am Ende).Unter Berücksichtigung der erheblichen Schäden, die durch das Abschneiden der Grundwasserzufuhr am Haus der Beklagten entstanden sind, ist eine "schwere und unerträgliche" Beeinträchtigung zu bejahen. Dr. E hat in seiner Stellungnahme vom 11.1.1980 (in der beigezogenen Akte des Regierungspräsidenten) ausgeführt, es seien Setzungen zwischen 26 mm und 35 mm aufgetreten. Daß Setzungen dieses Umfangs zu erheblichen Gebäudeschäden führen, liegt auf der Hand. Der gravierende Umfang ergibt sich aus den Feststellungen des Sachverständigen L in seinen Gutachten vom 10.3.1978 und 18.10.1979. Dr. E hat Seite 1 seiner erwähnten Stellungnahme vom 11.1.1980 ausgeführt, daß seine Feststellung bezüglich des Umfangs der Setzungen mit den beobachteten Gebäudeschäden übereinstimmt. Der der Beklagten zugefügte Nachteil geht deutlich über das hinaus, was ihr billigerweise entschädigungslos zugemutet werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Es kann dahingestellt bleiben, ob sie nach § 8 Abs. 3 in Verbindung mit § 20 WHG wegen aller Gebäudeschäden einen angemessenen Ausgleich ihres Vermögensschadens verlangen kann oder nur insoweit, als die Grenze der "schweren und unerträglichen" Beeinträchtigung überschritten ist. Denn es liegen gleichzeitig die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 WHG in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Nr. 3 LWG a.F. vor. Durch § 17 LWG a.F. hat der Landesgesetzgeber von der ihm in § 8 Abs. 4 WHG erteilten Ermächtigung Gebrauch gemacht. Danach kann gegen die Erteilung einer Bewilligung auch derjenige Einwendungen erheben, der, ohne in einem Recht beeinträchtigt zu sein, dadurch Nachteile zu erwarten hat, daß durch die Gewässerbenutzung die bisherige Benutzung seines Grundstücks beeinträchtigt wird (§ 17 Abs. 1 Nr. 3 LWG a.F., heute: § 27 Abs. 1 Nr. 3 LWG). Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 22.12.1976 (NJW 1977, 1770 ff.) ausgeführt, §§ 8 Abs. 4 WHG, 17 LWG regelten nicht allein das bei der Erteilung einer Bewilligung zu beobachtende Verfahren, sondern enthielten auch materielle Vorschriften zum Schutz des betroffenen Dritten, sie seien insoweit als Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB anzusehen (aa0, S. 1774). Diese Entscheidung hat in der Kommentarliteratur Zustimmung gefunden (vgl. Sieder-Zeitler, WHG § 8 Rdnr. 21 a; Gieseke-Wiedemann-Czychowski, WHG § 8 Rdnr. 9 und 13). Der Senat schließt sich dem an. Gewähren §§ 8 Abs. 4 WHG, 17 LWG a.F. eine materielle Fechtstellung und haben sie Schutzgesetzcharakter zugunsten des Betroffenen, so bestehen keine Bedenken, sie auch entschädigungsrechtlich und nicht nur schadensersatzrechtlich - mit dem letzteren hatte sich der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung zu befassen - zu berücksichtigen. Im übrigen wird dies unmittelbar bestätigt durch § 8 Abs. 4 WEG, denn nach dessen Satz 2 gilt in den vom Landesgesetzgeber bestimmten Fällen, in den nachteilige Wirkungen einen anderen zu Einwendungen berechtigen, § 8 Abs. 3 WHG entsprechend, d.h. auch die in § 8 Abs. 3 Satz 2 WHG letzter Halbsatz getroffene Entschädigungsregelung.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Angesichts der durch die Bodensenkungen hervorgerufenen erheblichen Gebäudeschäden bestehen keine Bedenken dagegen, daß die bisherige Benutzung des Grundstücks der Beklagten durch die Umleitung des Grundwassers im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 3 LWG a.F. beeinträchtigt worden ist. Daß das Haus einsturzgefährdet und unbewohnbar ist, ist nicht Voraussetzung für die Anwendung der genannten Vorschrift.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Unter den vorliegenden Umständen kann offenbleiben, ob auch die Tatbestände nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 LWG a.F. verwirklicht sind.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Ebenso kann - wie in dem vom Bundesgerichtshof am 22.12.1976 entschiedenen Fall - offen bleiben, ob §§ 8 Abs. 3, 4 WHG, 17 LWG a.F. bei Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis - statt einer Bewilligung - entsprechend anzuwenden sind. Da die Autobahn auf Dauer angelegt ist, kam und kommt ernsthaft nur die Erteilung einer Bewilligung im Sinne des § 8 WHG in Betracht, nicht einer Erlaubnis, denn diese gewährt nur die widerrufliche Befugnis, ein Gewässer zu einem bestimmten Zweck in einer nach Art und Maß bestimmten Weise zu benutzen (§ 7 WHG). Eine solche widerrufliche Befugnis würde den Interessen der Klägerin nicht genügen, wobei hinzukommt, daß nur die Bewilligung, nicht die Erlaubnis gegenüber Dritten wirkt und damit Gewähr dafür bietet, daß gegen den Bau und Betrieb der Autobahn nicht privatrechtlich vorgegangen werden kann (§ 11 WHG). Die Beantragung einer den Interessen der Klägerin offenbar nicht genügenden Erlaubnis statt einer Bewilligung könnte nur den Zweck haben, die in § 8 Abs. 3 WEG vorgesehene Entschädigung zu umgehen. Eine solche Absicht kann der Klägerin nicht unterstellt werden. Im übrigen wäre alsdann die entsprechende Anwendung der §§ 8 Abs. 3, 4 WEG, 17 LWG a.F. geboten.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Der Umfang der Entschädigung bemißt sich nach § 2o WHG. Danach kann die Beklagte einen angemessenen Ausgleich für ihren Vermögensschaden verlangen. Entgegen der Ansicht der Klägerin braucht die Beklagte sich kein Mitverschulden wegen angeblich nicht ordnungsgemäßer Gründung ihres Hauses entgegenhalten zu lassen. Ob schon vor Beginn des Autobahnbaues einige Risse vorhanden waren, ist eine Frage, die lediglich die Höhe des Anspruchs betrifft, nicht aber dazu führt, daß die gesamte Entschädigung der Beklagten wegen der in Rede stehenden Position um einen bestimmten Prozentsatz zu kürzen ist. Der Rechtsvorgänger der Beklagten, der in den zwanziger oder dreißiger Jahren das Haus errichtete, brauchte bei dessen Gründung nicht in Betracht zu ziehen, da?, oberhalb des Grundstücks später einmal eine Autobahn vorbeigeführt werden würde. Vor deren Bau war die Statik in Ordnung. Dies hat der Sachverständige L im Termin vor dem Regierungspräsidenten am 15.1.198o überzeugend ausgeführt unter Hinweis darauf, daß vorher kleine Risse vorhanden gewesen seien, aber selbst Kriegseinwirkungen durch eine Granate keinen statischen Schaden verursacht hätten (S. 5 unten des Protokolls). Da der Sachverständige L schon Ende 1974, d.h. vor Beginn des Autobahnbaus, das Grundstück besichtigt hatte, wie aus seinem Gutachten vom 21.11.1974 hervorgeht, war er zu einer solchen Beurteilung durchaus in der Lage.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der Entschädigunushöhe beruht das angefochtene Urteil auf einem wesentlichen Verfahrensmangel. Das Landgericht hat sich insoweit mit einer Bezugnahme auf den Beschluß des Regierungspräsidenten vom 28.8.198o begnügt (S. 14 des Urteils). Dessen Ausführungen sind aus sich heraus aber nicht verständlich, sondern setzen die Kenntnis des Gutachtens des Sachverständigen L vom 18.10.1979 voraus. Dieses Gutachten hat dem Landgericht ersichtlich nicht vorgelegen, so daß es zu einer Beurteilung der Entschädigungshöhe überhaupt nicht in der Lage war. Die Akten des Regierungspräsidenten, in denen sich das Gutachten befindet, sind ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 8.4.1981 (Bl. 89 GA) nicht zum Gegenstand der Verhandlung gemacht worden. Sie haben offenbar auch tatsächlich nicht vorgelegen. Zwar ist in der Terminsverfügung vom 20.2.1981 (B1. 67 GA) die Beiziehung der Akten angeordnet worden. Die Beiziehung ist aber unterblieben, weil vermutlich die Geschäftsstelle vermerkte, die betreffenden Akten seien bereits in dem früheren Rechtsstreit 1 0 447/78 beigezogen (B1. 67 GA). Die in jenem Rechtsstreit begezogenen Akten des Regierungspräsidenten, die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht im übrigen längst dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung über die Revision gegen das Senatsurteil vom 22.12.198o (7 U 2o9/79 - 1 0 447/78 LG Bonn) vorgelegen haben dürften, enthielten das Gutachten des Sachverständigen L vom 18.10.1979 jedoch nicht. Dieses befindet sich in der vom Regierungspräsidenten nach seinem früheren Teil- Entschädigungsfeststellungsbeschluß vom 10.6.1978 fortgeführten Akte 27.1.1-600/73-829, die der Senat unter dem 25.1.1982 beigezogen hat (B1. 184 R GA), nachdem sich herausgestellt hatte, daß die zum Verhandlungstermin vom 14.12.1981 (B1. 172 GA) vom Bundesgerichtshof beigezogene Akte des Regierungspräsidenten weder das Gutachten vom 18.10.1979 noch das Verhandlungsprotokoll vom 15.1.1980 enthielt.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Der Senat ist nicht in der Lage, aufgrund des ihm jetzt vorliegenden Gutachtens vom 18.10.1979 die Entschädigungshöhe abschließend zu beurteilen. Der Sachverständige L hat auf Seite 11 des Gutachtens ausgeführt, er habe die aufgeführten Arbeiten nur nach Erfahrungswerten angeben können; zur Festlegung tatsächlich zu ergreifender Maßnahmen sei nicht nur ein geologisch-statisches Gutachten notwendig, sondern auch das Öffnen der Konstruktion; Wesentliches könne erst bei Durchführung der Arbeiten selbst angegeben und bestimmt werden, da das Ausmaß der Schäden zum Teil gar nicht sichtbar sei; eine Festlegung auf eine bestimmte Summe sei daher nicht möglich; seine Kostenaufstellung könne nur eine ungefähre Größenordnung darstellen. Auch im Termin vor dem Regierungspräsidenten vorn 15.1.1980 hat er erklärt, eine exakte Schadensbeurteilung setze eine statische Berechnung voraus (S. 5 unten des Protokolls). Zu Recht hat die Klägerin schon Seite 8 der Klageschrift (B1. 8 GA) wegen dieses vom Sachverständigen gemachten Vorbehalts geltend gemacht, das Gutachten reiche für die abschließende Ermittlung der Entschädigungshöhe nicht aus. Der Senat ist nicht in der Lage, aufgrund eigener Sachkunde festzustellen, daß die vom Sachverständigen in Anschlag gebrachten Sanierungskosten das Minimum dessen darstellen, was für die Beseitigung des Schadens erforderlich ist. Aus dem Gutachten ergibt sich nicht, daß der erwähnte Vorbehalt nur dahin zu verstehen ist, daß die Schadensbeseitigungskosten eventuell höher, keinesfalls aber niedriger als veranschlagt sein können.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">In der Berufungsinstanz hat die Klägerin zudem geltend gemacht, die Setzungen seien inzwischen zur Ruhe gekommen, Sicherungsmaßnahmen, die der Regierungspräsident im Anschluß an das Gutachten des Sachverständigen L mit 52.261,72 DM angesetzt hat, seien deshalb überflüssig. Auch hierzu bedarf es der Einholung eines Sachverständigengutachtens. Der Sachverständige L konnte das angebliche Ende der Setzungen nicht berücksichtigen, denn er hat ausweislich seines Gutachtens vom 18.10.1979 die Örtlichkeit am 17.10.1979 besichtigt; nach der Behauptung der Klägerin, die sich hierbei auf die Stellungnahmen des Dr. E bezieht, sollen die Setzungen jedoch erst im Dezember 1979 zur Ruhe gekommen sein.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Da in erster Instanz eine Klärung der Entschädigungshöhe praktisch vollständig unterblieben ist, hält es der Senat für sachgerecht, wegen des o.g. Verfahrensmangels die Sache zur erneuten Entscheidung über die Höhe des Entschädigungsanspruchs an das Landgericht zurückzuverweisen, zumal unter Umständen auch noch eine Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen erforderlich sein kann zu der Frage, ob das Haus vor Beginn des Autobahnbaus gewisse Schäden aufgewiesen hat (Die Behauptung der Klägerin, der Sachverständige L habe in vollem Umfang die Altschäden in seine Berechnung einbezogen, ist allerdings falsch, wie ein Vergleich seines Gutachtens vom 28.10.1979 mit dem vom l0.3.1978 zeigt; so sind die von ihm als alt angesehenen Schäden an der Süd- und Westseite des Hauses in der Berechnung vom 18.10.1979 nicht berücksichtigt).</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Da die Höhe der zu entschädigenden Rechtsvertretungskosten davon abhängt, welcher Entschädigungsbetrag der Beklagten letztlich für Sanierungs- und (evtl.) Sicherungskosten zuzuerkennen ist, ist auch diese Entscheidung dem Landgericht vorzubehalten. In diesem Zusammenhang sei jedoch darauf hingewiesen, daß bislang eine hinreichende Grundlage für die Anerkennung von 316,60 DM Honorar an Rechtsanwalt T3 (S. 27 d. Beschlusses des Regierungspräsidenten vom 28.8.1980, Bl. 37 GA) nicht zu erkennen ist. Der Regierungspräsident ist davon ausgegangen, daß ein notwendiger Anwaltswechsel vorgelegen habe, weil Rechtsanwalt T3 verstorben sei. Dies hat die Klägerin bestritten (S. 9 der Klageschrift, Bl. 9 GA). Auch dem Senat ist von einem Tod des Rechtsanwalts T3 nichts bekannt.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens wird dem Landgericht überlassen.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erübrigt sich, da dieses Urteil keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Streitwert zweiter Instanz und Wert der Beschwer für beide Parteien:              126.032,76 DM.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">(Die streitigen Vertretungskosten bleiben gemäß § 4 ZPO außer Ansatz)</p>
|
315,813 | olgham-1982-05-12-6-wf-19282 | {
"id": 821,
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} | 6 WF 192/82 | "1982-05-12T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:36" | "2019-03-27T09:42:09" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1982:0512.6WF192.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p>Kosten werden nicht erstattet.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht hat durch den angefochtenen Beschluß den Antragsgegner die beantragte Prozeßkostenhilfe verweigert mit der Begründung, es liege erst ein Klageentwurf vor; dieser werde erst im Prozeßkostenhilfeverfahren geprüft, für das jedoch die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nicht in Betracht komme.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die nach § 127 ZPO zulässige Beschwerde ist sachlich ohne Erfolg. Das Familiengericht hat zu Recht die Bewilligung vor Prozeßkostenhilfe für die Anhörung des Antragsgegners im Prozeßkostenhilfeverfahren abgelehnt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">In § 114 ZPO ist die Gewährung von Prozeßkostenhilfe für die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung vorgesehen. Zur Rechtsverteidigung im Sinne von § 114 ZPO gehört nach ganz überwiegender Meinung in Literatur und Rechtsprechung nicht die Anhörung des Gegners im Prozeßkostenhilfeverfahren (vgl. OLG Nürnberg NJW 1982, S. 288 mit weiteren zahlreichen Hinweisen). Der Senat vertritt daher in Übereinstimmung mit der herrschenden Ansicht die Rechtsauffassung, daß es für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren keine Rechtsgrundlage gibt (so auch der 8. Senat für Familiensachen des OLG Hanna Beschl. v. 1.3.1982, 8 WF 93/82), gegen die jüngst veröffentlichte abweichende Meinung des 1. Senats für Familiensachen des OLG Hamm NJW 1982 S. 287.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Auffassung des Senats galt für § 114 ZPO alter Fassung und gilt fort auch nach dem Inkrafttreten des Prozeßkostenhilfegesetzes. Der Gesetzgeber hat nämlich in Kenntnis der früheren Streitfrage, ob das Armenrecht für das Armenrechtsprüfungsverfahren bewilligt werden kann, keine von der herrschenden Meinung abweichende gesetzliche Regelung getroffen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Ebensowenig läßt sich aus den Gesichtspunkt, wie er in § 121 Abs. II Satz 1, 2. Alternative ZPO zum Ausdruck kommt, wonach auch dem Gegner ein Anwalt beizuordnen ist, wenn der Antragsteller anwaltlich vertreten ist, ein zwingendes Argument für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das Prozeßkostenhilfeprüfungsverfehren herleiten. Denn § 121 ZPO regelt nur die Beiordnung eines Anwalts, verlangt zunächst aber unabhängig davon, daß die allgemeinen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe gegeben sind.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Von vorstehenden Erwägungen abgesehen war der Antragsgegner ohne weiteres in der Lage, such ohne anwaltliche Beratung sich zur Sache zu äußern. Seine Kinder machen Unterhaltsansprüche geltend, gegen die der Antragsgegner sich mit dem Einwand der Leistungsunfähigkeit wendet. Diese dazulegen dürfte im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit kaum Schwierigkeiten bereitet haben, zumal hierfür die Hilfe der Geschäftsstelle des Familiengerichts in Anspruch genommen werden konnte (§ 118 Abs. 1, Satz 2 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidung folgt aus. § 118 Abs. I S. 4 ZPO.</p>
|
315,814 | olgham-1982-05-06-20-u-36482 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 364/82 | "1982-05-06T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:39" | "2019-03-27T09:42:09" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1982:0506.20U364.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 29. Juli 1982 verkündete Urteil der 8. Ferienzivilkammer des Landgerichts Dortmund wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß das Urteil im Zinsausspruch abgeändert wird. Auf die Anschlußberufung des Klägers wird das Urteil abgeändert.</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.304,59 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 22.9.1980 zu zahlen.</p>
<p>Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger für die Zeit vom 20.8.1980 bis 23.2.1981 Zinsen von 18.600,- DM in Höhe von 1 % unter dem Bundesbankdiskontsatz, mindestens 4 %, höchstens 6 % zu zahlen.</p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die weitergehende Anschlußberufung wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 4 % und die Beklagte zu 96 %. Die Kosten der Berufungsinstanz werden dem Kläger zu 2 % und der Beklagten zu 98 % auferlegt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, der bei der Beklagten eine Gebäude- und eine Hausratsversicherung abgeschlossen hat, für die die Bestimmungen der VGB und die der VHB 74 gelten, nimmt die Beklagte wegen eines Brandschadens am 20.1.1980, bei dem Haus und Hausrat weitgehend zerstört wurden, in Anspruch. Die Parteien hatten sich beim Hausrat auf einen Neuwertanteil von 38.193,75 DM und bezüglich des Gebäudeschadens auf einen solchen von 48.600,- DM geeinigt.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist der Ansicht, diese Beträge seien verspätet von der Beklagten gezahlt worden. Er macht insoweit Zinsansprüche geltend.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Obwohl wegen des Hausrats die Ersatzbeschaffungsrechnungen am 23.12.1980 bzw. am 3.3.1981 der Beklagten zugeleitet worden seien, sei das Geld erst am 2.3. bzw. 24.3.1981 bei ihm eingegangen. Er verlangt danach Zinsen für die Zeit vom 24.12.80 bis 2.3.81 und vom 4.-24.3.1981 in Höhe von insgesamt 169,32 DM und 74,71 DM.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Bezüglich des Neuwertanteils für den Gebäudeschaden begehrt der Kläger Zinsen für den Zeitraum vom 20.8.1980 bis 23.2.1981 in Höhe von 1.482,30 DM. Hierzu ist folgendes unstreitig:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach der Zerstörung des 1949 errichteten Fertighauses (Nordmarkhaus) hatte der Kläger am 6.2.1980 eine Bauvoranfrage an die Bauaufsichtsbehörde (Stadt ...) gerichtet. Mit Bescheid vom 17.3.1980 stellte die Bauaufsichtsbehörde die Baugenehmigung in Aussicht. Am 4.6.1980 unterzeichnete der Kläger den Kaufvertrag über ein neues Fertighaus.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Insoweit wird auf die Fotokopie Bl. 100 ff. d.A. verwiesen. Die Bauanzeige vom 25.8.1980 wurde mit Bescheid vom 1.10.1980 genehmigt. Am 17.11.1980 erhielt die Beklagte die Mitteilung, daß die Baustelle für den Wiederaufbau des Hauses eingerichtet, die Ausschachtung der Kellerverbreiterung fertiggestellt und mit den Fundamentarbeiten begonnen worden sei. Das Fundament wurde am 22.12.1980 fertiggestellt. Mit der Aufstellung des Hauses wurde am 1.2.1980 begonnen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger macht weiter Bewachungskosten in Höhe von 5.304,59 DM geltend. Diese Kosten sind unstreitig bei der Bewachung des Grundstücks, auf dem sich noch die unzerstörte Sauna und ein unzerstörter überdachter Swimming Pool befanden, angefallen. Außerdem befanden sich in dem Keller des Hauses, der von dem Feuer nicht berührt war, noch Einrichtungsgegenstände und Geräte wie Möbel, zwei Kühltruhen, zwei Herde, ein Solarium, eine Spülmaschine und eine dort eingebaute Küche. Weiterhin waren die Gebäudereste einsturzgefährdet, so daß insbesondere wegen eines benachbarten Kinderspielplatzes Dritte gefährdet waren. Um dies zu vermeiden und um die verbleibenden Vermögenswerte zu sichern, habe er, so behauptet der Kläger, ein Bewachungsunternehmen beauftragt. Dies sei außerdem auch von den Beauftragten der Beklagten, dem Zeugen ... und ..., verlangt worden.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.033,72 DM nebst 12 % Zinsen aus einem Betrag von 5.304,59 DM ab 22.9.1980 sowie 12 % Zinsen für einen Betrag von 1.729,13 DM ab dem 17.5.1982 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat den Antrag gestellt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Zu den Zinsen des Neuwertanteils der Hausratsversicherung behauptet sie, der erste Nachweis über einen Teilbetrag von 14.940,34 DM sei erst am 9.2.1981 bei ihr eingegangen. Sie vertritt darüber hinaus die Auffassung, daß für die Rechtzeitigkeit ihrer Zahlung auf den Zeitpunkt ihrer Anweisung und nicht auf den des Eingangs beim Kläger abzustellen sei. Die Anweisungen sind unstreitig am 23.2. und 10.3.1981 erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Bezüglich des Neuwertanteils für den Gebäudeschaden sei die Wiederherstellung des Gebäudes im Sinne des §19 VGB erst nach dem tatsächlichen Beginn der Aufstellung des Hauses am 11.2.1981 sichergestellt gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Auch die Bewachungskosten könnten nicht verlangt werden. Aus ihrer Sicht habe dazu kein Anlaß bestanden, da ein versichertes Risiko nicht mehr bestanden habe. Eine entsprechende Äußerung ihrer Schadensbearbeiter sei nur als unverbindlicher Ratschlag gemeint gewesen und habe auch nur als ein solcher vom Kläger verstanden werden können. Ratsam sei eine Bewachung allein deshalb gewesen, weil auf den Kläger wegen des Zustandes der Brandstelle und insbesondere der Nähe des Kinderspielplatzes Haftpflichtansprüche hätten zukommen können.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben, sie aber abgewiesen, soweit Zinsen wegen des Neuwertanteils der Hausratversicherung verlangt wurden, da die Beklagte nicht erst nach Fälligkeit gezahlt habe. Bei der Gebäudeversicherung und Zinsen für die Zeit vom 01.12.80 bis 23.02.1981 zuerkannt wurden. Das Landgericht geht davon aus, daß die Wiederherstellung am 17.11.1980 sichergestellt gewesen sei. Die Bewachungskosten hat das Landgericht zugesprochen, weil der Kläger den Hinweis so habe verstehen können, daß die Bewachung von der Beklagten verlangt würde.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Im Wege der unselbständigen Anschlußberufung beantragt er weiterhin,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an ihn weitere 939,23 DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verlangt damit erneut die vom Landgericht abgewiesenen Zinsanteile. Zu den Bewachungskosten trägt er ergänzend vor, die Zeugen ... und ... hätten eine Bewachung anläßlich einer Begehung der Brandstelle unmittelbar nach dem Brand, an der von seiner Seite sein Beauftragter Rechtsanwalt ... teilgenommen habe, die Bewachung verlangt. Rechtsanwalt ... habe dann bei seinem Sohn und seiner Ehefrau angerufen - er selbst habe sich wegen der Verletzungen im Krankenhaus befunden - und auf die Notwendigkeit der Bewachung mit den Bemerken hingewiesen, die Versicherung verlange das.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte stellt den Antrag,</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">die Anschlußberufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen .... Dieser hat bekundet:</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><i>"Ich habe die Brandstelle erstmals bereits am Brandtage gesehen. Einen Tag später haben wir uns dort mit dem Zeugen ... und dem Zeugen Rechtsanwalt ... getroffen. Das Gebäude war einsturzgefährdet, und es lagen auf dem Grundstück auch Medikamente herum. Da ein Kinderspielplatz in der Nähe war, sah ich die Gefahr, daß hier der Kläger eventuell haftpflichtig werden könnte. Ich habe deshalb darauf hingewiesen, daß irgendetwas geschehen müsse. Ich habe eine Bewachung angeraten, dabei aber nicht an Interessen des Hausrats- oder Gebäudeversicherers, sondern an die Vermeidung von Haftpflichtansprüchen gegen den Kläger gedacht. Auf Bestehen der Haftpflichtansprüche habe ich meines Erachtens auch hingewiesen. Was im einzelnen mit dem Zeugen ... über die Hausratsversicherung gesagt worden ist, kann ich nicht angeben. Ich selbst war nur für die Gebäudeversicherung zuständig."</i></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist unbegründet, die Anschlußberufung weitgehend begründet.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks"><b>1)</b></p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des Neuwertanteils bei der Hausratsversicherung steht dem Kläger kein Zinsanspruch zu. Die Beklagte hat diese Beträge nicht erst nach Eintritt der Fälligkeit bezahlt. Es besteht kein Zinsanspruch nach §17 I 4 und 5 VHB 74.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Entscheidend für die Rechtzeitigkeit der Zahlung ist der Zeitpunkt, zu dem das Geld abgesandt wird, da die Zeitgefahr nicht unter §270 I BGB fällt. Ausreichend ist damit, daß die Beklagte die ihr obliegende Leistungshandlung rechtzeitig vornahm (OLG Hamm, VersR 76, 102/33; Palandt-Heinrichs, §270 Anm. 2 c; Martin, Sachversicherungsrecht, Y II 2). Diese Voraussetzungen sind hier eingehalten. Die Sicherstellung der Wiederbeschaffung bzw. der Wiederherstellung war gegenüber der Klägerin am 9.2.1981 (die behauptete frühere Zustellung der Ersatzrechnungen am 24.12.1980 hat der Kläger nicht bewiesen) und am 4.3.1981 nachgewiesen. Unstreitig hat die Beklagte am 23.2. und 10.3.1981 den Betrag angewiesen. Die Fristen wären am 23.2. und am 18.3.1981 verstrichen, so daß die Zahlungen insgesamt ... rechtzeitig waren.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Daß die materiell-rechtliche Erfüllung nach §362 BGB erst mit der Verbuchung auf dem Konto des Klägers eintritt, ist zutreffend, aber unerheblich. Die Regelung des §17 VHB 74, die die Fälligkeit um 14 Tage hinausschiebt, will damit dem Versicherer die Möglichkeit zu Erhebungen und eine Überlegungsfrist geben. Diese Frist würde erheblich und zudem kaum vorhersehbar verkürzt, wenn die Zeitgefahr zu Lasten des Versicherers ginge und die Zeit für den Überweisungsweg, der in der Regel nicht im Einflußbereich des Versicherers steht, von der Frist abginge. Deshalb reicht die Vornahme der Leistungshandlung bis zum Eintritt der Fälligkeit aus.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"><b>2.)</b></p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Nach Auffassung des Senats ist der unstreitige Neuwertanteil bei dem Gebäudeschaden ab 20.8. bis zur Zahlung vom 23.2.1981 gem. §§19 I, 7 III a VGB zu verzinsen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Für die Verzinsung des Neuwertanteils bei der Gebäudeversicherung ist nach diesen Vorschriften erheblich, zu welchem Zeitpunkt die Verwendung des Geldes zur Wiederherstellung des Gebäudes sichergestellt ist. Dabei kommt es nicht auf Verwendung gerade der Versicherungsleistungen an. Es reicht aus, wenn sichergestellt wird, daß das zerstörte Gebäude wiederhergestellt wird und daß dabei Kosten in Höhe der Versicherungsleistungen anfallen. Bei der Aufegung des Begriffes "Sicherstellung" ist davon auszugehen, daß an sich jede Neuwertversicherung ein Verstoß gegen das versicherungsrechtliche Bereicherungsverbot (§55 VVG) ist. Der Vermögensschaden durch den Brand entsteht an sich nur in Höhe des Zeitwertes. Dennoch ist die Zulässigkeit einer Neuwertversicherung in Verbindung mit einer Wiederherstellungsklausel anerkannt (Prölss-Martin, §55, Anm. 1 B m.w.N.). Deshalb ist es das Motiv der Wiederherstellungsklauseln, das durch die Neuwertversicherung erhöhte subjektive Risiko zu mindern, indem die Bereicherung zumindest nicht unmittelbar in Form von Bargeld, sondern möglichst nur in Sachwerten eintritt (Martin, a.a.O., R IV 5). Nach Martin (R IV 14), dem der Senat zustimmt, genügt es, wenn der Versicherungsnehmer die Wiederherstellung so vorbereitet hat, daß bei wirtschaftlich normalem Verlauf die Wiederherstellung in vollem Umfang erfolgen wird. Dieser Zeitpunkt ist mit dem Abschluß des Kaufvertrages vom 4.6.1980 gegeben. Dieser Vertrag war bindend. Der Kläger hatte nach Ziffer 3 der Leistungs- und Zahlungsbedingungen dieses Vertrages nur ein Rücktrittsrecht für den Fall der Versagung der Baugenehmigung. Diese Möglichkeit war im konkreten Fall fernliegend, da der Bauplatz nicht im Bauaußenbereich lag, das abgebrannte Haus schon an der gleichen Stelle stand und zudem auch ein Fertighaus war. Die Versagung der Baugenehmigung war auch deshalb ausgeschlossen, weil bereits eine Bauvoranfrage ohne wesentliche Vorbehalte positiv beschieden war. Die Genehmigung ist dann auch erwartungsgemäß erteilt worden. Die Beklagte hat auch nichts für erhebliche Zweifel an der Baugenehmigung vorgetragen. Bei normalem Ablauf führte damit der Kaufvertrag über das Fertighaus zwingend zur Wiedererrichtung des Hauses, da auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers keine Zweifel begründen. Natürlich besteht immer die Möglichkeit, daß ein Bauherr trotz abgeschlossener bindender Verträge von seinem Bauplan Abstand nimmt. Zu erwarten war das hier aber nicht, da der Kläger dann erheblichen Schadensersatzansprüchen der Verkäuferin ausgesetzt gewesen wäre (5.500,- DM + 13.896,34 DM). Deshalb reicht der Abschluß des Kaufvertrages zur Sicherstellung aus (so auch: Martin (R IV 14) für den Abschluß eines Bauvertrages).</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Folgt man der entgegengesetzten Auffassung der Beklagten, die Zahlung werde erst mit Aufstellung des Hauses fällig, wird praktisch die Sicherstellung der Wiederherstellung erst mit der Wiederherstellung selbst erreicht. Das widerspricht aber dem Wortlaut des §7 III a VGB, wo ausdrücklich diese beiden Möglichkeiten als Alternativen angeführt sind.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Soweit Prölss-Martin (§97 VVG, Anm. 5 unter Hinweis auf OLG Kiel in OLGE 8, 139) den Abschluß eines Bauvertrages nicht als ausreichend ansieht, kann der Senat diese Auffassung, die zudem von Prölss-Martin nicht begründet wird, nicht folgen. Die Entscheidung des OLG Kiel betrifft einen anderen Fall. Dort wird auf das Interesse des Hypothekars abgestellt, das bei dem Neuwertanteil nicht berührt wird.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Im übrigen entspricht das Ergebnis auch der herrschenden Meinung zu §13 X AKB, wo ebenfalls der Abschluß eines Reparatur- oder Kaufvertrages als ausreichende Sicherstellung angesehen wird (Stiefel-Hofmann, §13 AKB, Rn. 40; Prölss-Martin, nach §§149 ff. VVG, §13 AKB, Anm. 2 b; OLG Hamm, VersR 81, 273; LG Frankfurt, VersR 71, 617; LG München I VersR 75, 1142).</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Danach war die Wiederherstellung des Gebäudes am 4.6.1980 sichergestellt. Zumindest vom verlangten Zeitpunkt des 20.8.1980 an war damit das Verlangen von Zinsen gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks"><b>3.)</b></p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die unstreitig entstandenen Bewachungskosten hat die Beklagte dem Kläger gem. §63 VVG zu ersetzen, da der Kläger die Bewachung für geboten halten durfte.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Es ist schon nicht unzweifelhaft, ob die Bewachung des Grundstücks nicht auch objektiv im Interesse der Beklagten als des Hausrats- und Gebäudeversicherers lag. Insoweit überzeugt ihre Argumentation nicht, es habe für sie kein versichertes Risiko mehr bestanden. Da das Grundstück nicht mehr bewohnt und gesichert war, wären der überdachte Swimming Pool und das getrennt liegende Saunagebäude, die beide von dem Brand nicht berührt worden waren, den Zugriffen Dritter in erhöhtem Maße ausgesetzt gewesen. Gefährdet waren auch die unbeschädigten Gegenstände im Keller des verbrannten Hauses. Es mag sein, daß diese, da Dritte ungehindert Zugang hatten, nicht mehr durch Einbruch, sondern nur noch im Wege einfachen Diebstahls hätten entwendet werden können, der an sich nicht mehr unter die versicherte Gefahr nach §1 I b VHB 74 zu zählen ist. Es liegt jedoch nahe, daß die Beklagte für einen solchen Diebstahl, bei dem die Folgen eines Brandes und der dadurch entstehende Zustand ausgenutzt wurde, nach §1 II a VHB 74 einstandspflichtig gewesen wäre. Jedoch braucht diese Frage nicht endgültig entschieden zu werden. Für einen Ersatzanspruch nach §63 kommt es nicht auf die objektive Notwendigkeit, sondern darauf an, ob sie der Versicherungsnehmer vernünftigerweise für geboten halten durfte. Das liegt schon wegen der objektiven Lage hier nahe. Dafür spricht auch, daß die Regulierungsbeauftragten der Beklagten, die Zeugen ... und ... eine Bewachung angeraten haben. Es mag dabei sein, daß diese Zeugen mehr an Interessen des Klägers wegen der Gefahr eventueller Haftpflichtansprüche und nicht an die Interessen der Beklagten gedacht haben. Jedenfalls haben sie aber nicht klar und eindeutig erklärt, daß die Beklagte die Kosten der von ihnen angeratenen Bewachung nicht übernehmen werde. Das folgt schon aus der Darstellung des Klägers, ihm sei von seinem Vertreter, dem Rechtsanwalt ..., erklärt worden, die Beklagte verlange eine Bewachung des Grundstücks. Diese Behauptung wird durch den schriftlichen Bericht des Rechtsanwalts ... über die Verhandlung vom 12.2.1981 (es handelt sich dabei nicht um die hier fragliche erste Begehung) bestätigt, nachdem die Zeugen ... und ... eine Bewachung des Grundstücks zumindest angeraten hätten. Wenn aber im Rahmen einer Brandregulierung von den Beauftragten des Versicherers Ratschläge zur Bewachung des Grundstücks gegeben werden, muß der Versicherer auch für die dann entstehenden Kosten wenigstens dann eintreten, wenn nicht von Anfang an eindeutig geklärt wird, daß diese Bewachung nicht auf Kosten des Versicherers erfolgen soll, und wenn die Auffassung, die Bewachung diene auch dem Interesse des Versicherers nicht unverständlich und fernliegend ist. Gesichtspunkte der Klarheit und Eindeutigkeit verlangen, daß der Versicherer sich Erklärungen seiner Regulierungsbeamten zurechnen lassen muß, soweit sie sich im Rahmen der Regulierungsverhandlungen halten und dabei in der Regel anzusprechende Frage betreffen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks"><b>4.)</b></p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Zinsen beruhen auf Verzug. Der Kläger hat die Inanspruchnahme von Bankkredit und damit die Berechtigung höherer Zinsen als 4 % nicht nachgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §92 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Ein Ausspruch über die Vollstreckbarkeit erübrigt sich, da der Rechtsstreit nach Überzeugung des Senats nicht revisibel ist.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Der Wert der Beschwer beträgt für die Beklagte 6.786,89 DM und für den Kläger 128,01 DM.</p>
|
315,815 | olgk-1982-04-30-4-uf-31181 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 UF 311/81 | "1982-04-30T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:41" | "2019-03-27T09:42:09" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1982:0430.4UF311.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das am 26. November 1981 verkündete Urteil</p>
<p>des Amtsgerichts - FamiliengerichtsEuskirchen - 14 F 2/81 - wie folgt abgeändert:</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin folgenden Unterhalt zu zahlen:</p>
<p></p>
<p>a) für den Zeitraum von Oktober 1980 bis April 1981 monatlich weitere 58,11 DM über die zuerkannten 30,29 DM hinaus (= SaG je 88,40 DM) und für Mai bis Juli 1981 je 88,40 DM;</p>
<p></p>
<p>b) für den Zeitraum von August 1981 monatlich je 130,65 DM;</p>
<p></p>
<p>c) ab Januar 1982 monatlich je 162,22 DM, </p>
<p></p>
<p>fällig jeweils am dritten Werktag eines</p>
<p>jeden Monats, jeweils zuzüglich 4% Zinsen seit Fälligkeit.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klägerin mit der Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin 1/4 und die Beklagte 3/4,</p>
<p>von denjenigen des Rechtsstreits in zweiter Instanz tragen die Klägerin 1/5 und die Beklagte 4/5.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die am 31. Januar 1962 geborene Klägerin ist die eheliche Tochter der Beklagten. Die Ehe der Beklagten mit dem Vater der Klägerin ist geschieden. Bis kurz nach Erreichen ihrer Volljährigkeit wohnte die Klägerin zusammen mit der Beklagten und ihren beiden jüngeren Geschwistern V. (geboren 1965) und K. (geboren 1963) im Haushalt der Beklagten. Im Sommer 1980 zog sie dort aus und lebt seitdem mit ihrem Freund T.i zusammen in S.. Dort besucht sie seit dem 1. Juli 1980 die Glasfachschule. Ihre dortige Ausbildung wird sie im Sommer 1982 beenden. Die Klägerin beabsicht.igt, danach</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">ihre Ausbildung durch ein Fachhochschulstudium fortzusetzen. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Bis Juli 1981 bezog die Klägerin BAFÖG in Höhe von 518,- DM je Monat. Seit August 1981 beträgt der BAFÖG-Betrag, den sie erhält, monatlich 430,--. DM. Während eines Praktikums in der Zeit von Juli 1980 bis Januar 1981 erhielt sie monatlich 100,-- DM, sowie dreimal je 100,-- DM für zusätzliche Messearbeiten. Im August/September 1980, sowie zu Ostern 1981 verdiente die Klägerin als Aushilfe im Krankenhaus 208,80 DM und 201,60 DM.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Vater der Klägerin verdient seit dem 1. Januar 1981 monatlich 1. 799,15 DM netto. Er leistet der Klägerin Barunterhalt. Weiter zahlt er für die Tochter V. monatlich 200,--DM und für den Sohn K. ebenfalls monatlich 200,-- DM, bis auf die Zeit von April bis Oktober 1981, in der er monatlich nur 100,-- DM gezahlt hat.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte verdiente bis Anfang Mai 1981 als Angestellte bei der Gemeinde monatlich 1.703,25 DM; danach bezog sie infolge einer Herzerkrankung Krankengeld in Höhe von monatlich 1.794,60 DM, ab März 1932 in Höhe von monatlich 1.834,50 DM.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Unter dem 15. September 1980 forderte die Klägerin die Beklagte auf, ihr Barunterhalt zu leisten.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Unter dem 7. Mai 1981 erklärte die Beklagte ihre Bereitschaft, der Klägerin in ihrem Haushalt. Naturalunterhalt zu gewähren.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte schulde ihr seit Juli 1980 Unterhalt in Höhe von monatlich 105,85 DM und hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Unterhaltsrückstand von 740,95 DM für die Zeit von Juli 1980 bis einschließlich Januar 1981 und ab 1. Februar 1981 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag in HBhe von 105,85 DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat geltend gemacht, sie sei finanziell nicht in der Lage, der Klägerin Barunterhalt zu leisten, deshalb habe sie ihr die Leistung von Naturalunterhalt angeboten.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Mit dem angefochten Urteil hat das Amtsgericht – Familiengericht - Euskirchen die Beklagte unter Klageabweisung im übrigen verurteilt, an die Klägerin einen Unterhaltsrückstand in Höhe von 212,03 DM zu zahlen und hat dabei die Auffassung</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">vertreten, die Erklärung der Beklagten vom 7.<b> </b>Mai 1981 beinhalte eine wirksame unterhaltsrechtliche Bestimmung der Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses ihr am 30. November 1981 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einer am 30. Dezember 1981 eingegangenen Schrift Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihr gewährten Fristverlängerung mit einem am 1. März 1982 eingegangenen Schriftsatz begründet.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Beide Parteien wiederholen ihr erstinstanzliches Vorbringen und Beweiserbieten.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Klägerin zunächst beantragt hatte, die Beklagte zu verurteilen, an sie seit dem 1.<b> </b>Oktober 1980 monatlich 105,85 DM,<i> </i>ab August 1981 insgesamt monatlich 156,98 DM und ab 1<b>. </b>Januar 1982 insgesamt monatlich 194,77 DM an Unterhalt zu zahlen, hat sie später - entsprechend der ihr gewährten Prozeßkostenhilfe - den Antrag gestellt, </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter teilweiser Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie für die Zeit von Oktober 1980 bis April 1981 monatlich je 88,40 DM, für die Zeit von August bis Dezember 1981 monatlich je 130,65 DM und für die Zeit ab Januar 1982 monatlich je 162,22 DM zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">fällig jeweils am dritten Werktag eines jeden Monats, jeweils zuzüglich 4 % Zinsen seit der Fälligkeit</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen des Parteivorbringens im einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten, vorbereitenden Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u ng s g r ü n d e:</u></p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Klägerin ist an sich zulässig, sowie in der rechten Form und Frist eingelegt und begründe worden.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">In der Sache hat die Klägerin Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Gern. §§ 1601 ff. DGB kann die Klägerin als eheliche Tochter der Beklagten von dieser Unterhalt verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Unterhaltspflicht der Beklagten besteht auch für die Vergangenheit, und zwar ab Oktober 1980, da sie insoweit von der Klägerin durch deren Schreiben vom 15. September 1980 in Verzug gesetzt worden ist (§ 1613 Abs. 1 DGB). Die Klägerin ist derzeit Schülerin auf einer Fachschule. Sie beabsichtigt, nach dem Abschluß dieser Schulausbildung eine Fachhochschule zu besuchen. Es steht damit fest, daß sie aufgrund ihrer noch andauernden Berufsausbildung unterhaltsbedürftig ist (§ 1602 Abs. 1 BGB); sie ist nicht verpflichtet, neben ihrer schulischen Ausbildung noch eine entgeltliche Arbeit aufzunehmen, um ihren Lebensunterhalt ganz oder teilweise selbst zu bestreiten.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der der Klägerin zustehende Unterhalt ist von der Beklagten durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren (§ 1612 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, sie brauche der Klägerin statt Barunterhalt nur Naturalunterhalt zu leisten. Die von der Klägerin am 7. Mai 1981 allein ausgesprochene Erklärung, sie wolle der Klägerin Naturahmterhalt bieten, stellt keine wirksame Unterhaltsbestimmung iSd § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB dar. Zwar gibt diese Gesetzesbestimmung den Eltern auch gegenüber einem unverheirateten, volljährigen Kind grundsätzlich ein Bestimmungsrecht über die Art und Weise der Unterhaltsgewährung. Dabei geht das Gesetz jedoch, wie schon der Wortlaut zeigt, vom Normalfall des Zusammenlebens der Eltern aus. Aber auch im Fall des Getrenntlebens oder Geschiedenseins beider Elternteile können</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">diese ihr Bestimmungsrecht nur gemeinsam ausüben,<i> </i>jedenfalls dann, wenn sie - wie hier - beide für den Unterhalt des Kindes aufzukommen haben (vgl. hierzu: OLG Hamm in FamRZ 80, 192 und 81, 997, Erman-Küchenhoff BGB 7.Aufl., 2 zu § 1612; Brühl-Göppinger-Mutschler, Unterhaltsrecht, 4.Aufl., Rz.383; OLG Köln, Urteil vom 27.9.79 - 21 UF 39/79 -; <u>anders:</u> KG JW 1934,2999; in FamRZ 70, 415 (416); Korn in FamRZ 66,</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">392 (393); Palandt, 40.Aufl., 2 zu § 1612). Der Sinngehalt der Regelung in § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB besteht darin, den Eltern als Ausnahme vom Grundsatz des Barunterhalts das Bestimmungsrecht zur Sicherung ihres Einflusses auf die Lebens- und Handlungsweise des Kindes einzuräumen (vgl. KG JW 1934, 2999; BGB FamRZ 1969,205 (207); Göppinger, Unterhaltsrecht, 4. Aufl., Rdn. 378) und ihnen die Unterhaltsleistung zu erleichtern. Freilich ist bei getrenntlebenden oder geschiedenen Elternteilen eine solche Einflußnahme jedenfalls dann nicht schutzwürdig, wenn sie mit dem Ziel ausgeübt wird, das Kind der Einflußnahme des anderen, ebenfalls bestimmungsberechtigten Elternteils zu entziehen. Genau diesen Grund aber macht die Beklagte in ihrer Erklärung vom 7. Mai 1981geltend. Darüberhinaus ist zu berücksichtigen, daß der dem Bestimmungsrecht maßgeblich zugrundeliegende Gedanke der elterlichen Einflußnahme bei volljährigen Kindern nicht oder nicht mehr allein im Vordergrund stehen kann. Vielmehr ist die Eigenständigkeit des volljährigen Kindes zu berücksichtigen (vgl. dazu: Mutschler JR 1981,203 f; Schwerdtner JZ 1981,399). Dies gilt auch hier, insbesondere im Hinblick</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">auf das Vorbringen der Klägerin, sie könne in Rheinbach ungestört von den zwischen den Eltern bestehenden Spannungen und nahe ihrer Ausbildungsstätte eigenständiger leben und besser arbeiten. Soweit eine Naturalunterhaltsleistung für die Beklagte weniger belastender wäre als eine Geldleistung, geht diesem Interesse das Interesse des Unterhaltsgläubigers vor, nicht in einen Streit über die Art der Unterhaltung verwickelt</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">zu werden. Demzufolge vertritt auch Palandt a.a.O mit der wohl überwiegenden Meinung (vgl. Schwerdtner JZ 1981, 399; Erman-Küchenboff aaO; KG JW 1934,2999) die Ansicht., daß die Bestimmung jedenfalls den "gesamten Lebensbedarf" umfassen müsse. Das aber ist unstreitig bei der Bestimmung der Beklagten nicht der Fall.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Das von der Beklagten zitierte BGH-Urteil (in NJN 81, 574) geht von einem anderen Sachverhalt aus; dort lebte nur noch ein Elternteil, der deshalb alleine unterhaltsverpflichtet war und damit auch nur alleine bestimmungsberechtigt sein</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">konnte. Ähnlich war es in dem vom OLG Hamm,, FamRZ 81,997 2. Familiensenat entschiedenen Fall. Dort wurde die Bestimmung auch durch einen Elternteil für ausreichend erachtet, weil dieser bereit und imstande war, den gesamten Unterhalt dem volljährigen Kind in seiner Wohnung zu leisten (ebenso: OLG Köln, <i> </i>21. Zivilsenat,<i> </i>aaO). Im Gegensatz dazu kommt vorliegend auch der Vater der Klägerin für deren Unterhalt auf und ist somit an der Bestimmung zu beteiligen. Er hat der Bestimmung der Beklagten vom 7. Mai 1981 nicht zugestimmt. Diese ist daher nicht wirksam geworden.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Das Maß der von der Beklagten zu entrichtenden Geldrente bestimmt sich nach §§ 1610 Abs.1 und 2, 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB. Der Mindestbedarf der Klägerin als Schülerin beträgt monatlich 700,-- DM und ab 1. Januar 1982 monatich 765,--DM (so die Kölner Unterhaltsrichtlinien). Von diesen Bedarfssätzen sind die der Klägerin als verlorene Zuschüsse monatlich geleisteten BAFÖG-Beträge von 518,-- DM bis Juli 1981 und 430,-- DM ab August 1981 abzuziehen. Die Einkünfte der Klägerin während des von ihr abgeleisteten Praktikums und für die im Krankenhaus geleisteten Aushilfsarbeiten sind</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">als geringer, unregelmäßiger Verdienst aus Nebenarbeiten unberücksichtigt zu lassen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Auf Seiten der Klägerin ergibt sich damit ein Fehlbedarf von monatlich 182,--· DM für die Zeit von Oktober 1980 bis Juli 19B1, von monatlich 270,-- DM für die Zeit von August</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">1981 bis Dezember 1981 und von monatlich 335,-- DM seit Januar 1982. Diese Fehlbeträge sind nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB anteilig nach den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen zwischen der Beklagten und dem Vater der Klägerin aufzuteilen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Bei der danach vorzunehmenden Berechnung ist von den Bareinkünften beider Elternteile auszugehen. Dabei hat der Senat auf Seiten der Beklagten den Vermögenswert des Hausbesitzes und die ersparten Mietaufwendungen außer Ansatz gelassen und mit den Zinsbelastungen und Aufwendungen der Beklagten für die Geschwister der Klägerin verrechnet.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Für die Zeit von Oktober 1980 bis April 1981 standen sich somit Einkünfte der Beklagten von monatlich 1.703,25 DM und des Vaters der Klägerin von monatlich 1.799,15 DM gegenüber, was einem Anteil der Beklagten von etwa 17/35 am errechneten Gesamteinkommen beider Elternteile entspricht. Dieser Anteil ändert sich für die Zeit von Mai 1981 bis einschließlich Februar 1982 trotz einer Steigerung der Einkünfte</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">(Krankengeld) der Beklagten auf monatlich 1.734,60 DM nicht grundlegend, so daß es bei der Quotelung von 17/35 bleiben kann.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">In Bezug auf den weiter oben errechneten Fehlbedarf der Klägerin ergeben sich somit folgende Unterhaltsansprüche gegen die Beklagte:</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Für die Zeit von Oktober 1980 bis Juli 1981 </p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">17/35 von monatlich 182, -- DM monatlich 88,40 DM;</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">von August. bis Dezember 198 81</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">17/35 von monatlich 270,-- DM = monatlich 131,14 DM;</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">für die Monate ab Januar 1982</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">17/35 von monatlich 335,-- DM = monatlich 162,71 DM.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Dementsprechend war der Klägerin entsprechend ihrem ermäßigten Antrag Unterhalt zuzusprechen. Mit diesem ermäßigten Antrag hat die Klägerin ihren zuvor angekündigten höheren Zahlungsanspruch anteilmäßig zurückgenommen.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1 Satz 1,97 Abc. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 708 Nr. 8 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Berufungsstreitwert: 3.100,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">ab 2. April 1982: 2.700,-- DM</p>
|
315,816 | lg-bonn-1982-04-21-12-o-15481 | {
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} | 12 O 154/81 | "1982-04-21T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:42" | "2019-03-27T09:42:08" | Schlussurteil | ECLI:DE:LGBN:1982:0421.12O154.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das Versäumnisurteil vom 7.0ktober 1981 wird aufrechterhalten. </p>
<p>Die weiteren Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. </p>
<p>Das Urteil ist gegen eine Sicherheitsleistung von DM 12.500.-- vorläufig vollstreckbar. </p>
<p>Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien standen in Geschäftsbeziehungen. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung für Warenlieferungen in Anspruch. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin trägt vor, sie sei eine Einzelfirma Jschen Rechts. Aufgrund einer vorausgegangenen Bestellung habe sie aus ihrem Sortiment Textilien an die Beklagte ausgeliefert und unter dem 9.September 1980 mit DM 7.480,00 in Rechnung gestellt. Der Betrag sei vereinbarungsgemäß binnen zehn Tagen zur Zahlung fällig gewesen, bei einem Skonto von 4 %. Dieser Abzug sei bei der Rechnungssumme bereits berücksichtigt. Der volle Rechnungsbetrag laute über 7791,60 DM Trotz wiederholter Aufforderung habe die Beklagte keine Zahlung geleistet. Mit Schreiben vom 19.Dezember 1980 habe sie einen außerordentlichen Vergleich auf der Basis von 40 - 45 % angestrebt, was sie, die Klägerin, allerdings abgelehnt habe. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Auf die Beziehungen der Parteien finde das Einheitliche Kaufgesetz Anwendung. Demgemäß komme der Abnehmer ohne besondere Mahnung in Verzug. Die Ware sei spätestens am 15.September 1980 bei der Beklagten eingetroffen, so daß der Verzug mit dem 29. September 1980 eingetreten sei. Als Verzugsschaden könne sie 1 % über dem geltenden Jschen Diskontsatz verlangen. Zur Vorbereitung des Rechtsstreits hätten Erkundigungen eingezogen werden müssen. Dabei seien Auslagen von DM 11, -- entstanden. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Am 7.0ktober 1981 erwirkte die Klägerin ein Versäumnisurteil, durch das die Beklagte verurteilt wurde, </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:14px">an die Klägerin DM 7.791,60 nebst 17,5 % Zinsen vom 29. September 1980 bis zum 22.März 1981 und 20 % Zinsen seit dem 23.März 1981 sowie DM 11,-- vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nach Einlegung des Einspruchs durch die Beklagte beantragt die Klägerin, das Versäumnisurteil vom 7.0ktober 1981 aufrecht zu erhalten. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:14px">unter Aufhebung des Versäumnisurteils die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte trägt vor, das angerufene Gericht sei international und örtlich unzuständig. Auf der Auftragsbestätigung vom 9.Januar 1980 sei vermerkt, daß Erfüllungsort und Gerichtsstand der Ort der Niederlassung der Lieferfirma sei. Selbst bei Bejahung der Zuständigkeit des Landgerichts Bonn gehöre der Rechtsstreit vor eine Zivilkammer. Bei der Klägerin handele es sich nicht um ein kaufmännisches Unternehmen. Für einen solchen Fall müsse nämlich die vom Jschen Recht vorgeschriebene Nummer des Registergerichts der Firmenbezeichnung beigefügt werden. Das sei nicht der Fall. Im übrigen finde auf das Rechtsverhältnis der Parteien nicht das EKG Anwendung. In der Auftragsbestätigung sei die Anwendbarkeit Jschen Rechts für verbindlich erklärt worden. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert. Es handele sich nämlich um ein Kommissionsgeschäft, das von der Q als Kommissionär ausgeführt worden sei. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin habe im übrigen die Ware im Laufe des Monats Juli 1980, also spätestens bis zum 31.Juli 1980 zu liefern gehabt. Tatsächlich sei die Ware erst Ende September 1980 eingetroffen. Es habe sich um Ware für das Herbstgeschäft 1980 gehandelt. Die Ware sei bereits vorher weiterveräußert gewesen. Mit ihren Abnehmern habe sie Lieferung der Pullover bis Juli 1980 vereinbart gehabt. Als die Ware nicht eingetroffen sei, habe sie billigere Ersatzartikel anbieten müssen. In mindestens 5 Fällen sei von den Kunden die Lieferung von 246 Pullovern zurückgewiesen und die Zahlung des vereinbarten Kaufpreises verweigert worden. So habe sie den Weiterverkaufspreis von je DM 22,-- nicht erzielen können, was zu einem Schaden von DM 5.412,-- (22 x 246) geführt habe. Die verspätet eingetroffenen Pullover seien im regulären Geschäftsgang nicht mehr abzusetzen gewesen. Sie habe die Ware in kleinen und kleinsten Partien an Markthändler zum Einkaufspreis "verhökert". Somit sei ihr ein Gewinn von DM 3.484,-- entgangen. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Für die Umleitung der Sendung, die zusätzliche Zusammenstellung von kleinen und kleinsten Lieferungen sowie die Abwicklung von Ersatzlieferungen bei den Kunden seien weitere Aufwendungen von mindestens DM 3.000.-- entstanden. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen I. Der Zeuge L wurde mangels eingezahlten Vorschusses nicht geladen. Die Vernehmung des Herrn X als Zeugen verbot sich, weil er Mitgeschäftsführer der Beklagten ist. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und hinsichtlich des Vorbringens der Parteien im übrigen wird auf den Inhalt der Prozeßakten nebst den überreichten Urkunden verwiesen. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist zulässig und auch begründet. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Einrede der internationalen Unzuständigkeit des Landgerichts Bonn greift nicht durch. Es kann dahingestellt bleiben, ob zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits unter Hinweis auf Ziffer 5 der Verkaufsbedingungen, welche der Auftragsbestätigung vom 9.Januar 1980 auf der Rückseite aufgedruckt waren, die Zuständigkeit des Gerichts am Sitz der Klägerin wirksam vereinbart worden ist. Selbst wenn eine derartige Zuständigkeit von den Parteien vereinbart gewesen sein sollte, würden sich deren Wirksamkeit und deren Folgen nach dem Übereinkommen der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckungsgerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 richten. Es handelt sich insoweit um ein Spezialgesetz, das den nationalen Bestimmungen vorgeht (vgl. Löwe NJW 74, 473/475). Es findet auch auf die Parteien dieses internationalen Rechtsstreits Anwendung, da sowohl J als auch die Bundesrepublik Deutschland Vertragspartner des Übereinkommens sind. Nach Art.17 Absatz 1 EuG- Übk würde es sich bei der vereinbarten Zuständigkeit um eine ausschließliche handeln. Art. 17 Absatz 3 EuG-Übk sieht jedoch ausdrücklich vor, daß auch jedes andere Gericht angerufen werden kann, das auf Grund des Übereinkommens zuständig ist, sofern die Gerichtsstandsvereinbarung nur zugunsten einer Partei getroffen wurde. So liegt der Fall hier. Die Gerichtsstandsvereinbarung in Ziffer 5 der Verkaufsbedingungen begünstigte nur die Klägerin. Der Klägerin steht es deshalb frei, in Anwendung des Art.2 des Übereinkommens die Beklagte vor ihrem Wohnsitzgericht zu verklagen (vgl .LG Trier vom 30.10.1975, zitiert bei O, Internationales Zivilprozeßrecht, 1980, Rdnr. 81 zu Ziffer 111; Samtleben NJW 74,1590). </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Im übrigen ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Bonn aus § 12 ZPO. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen folgt aus § 95 Absatz 1 Ziffer 1 GVG. Es bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Kaufmannseigenschaft der Klägerin, da es sich nach der Firmenbezeichnung auf der Rechnung um eine Strickwarenfabrik (N) handelt. Auch die Angabe der Steuernummer auf der Rechnung spricht für den gewerblichen Charakter der Klägerin. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist auch zur Geltendmachung der Klageforderung aktiv legitimiert. Wie sich aus dem Text der Auftragsbestätigung, die von der Klägerin rechts unten unstreitig unterzeichnet ist, ergibt, wurde der streitige Auftrag Nr.5181 an die Klägerin erteilt. Die Firma Q ist lediglich als Vermittlerin des Auftrages aufgetreten. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist auch in der Sache selbst begründet. Die Beklagte ist auf Grund der an sie gemäß der Bestellung vom 9.<b> </b>Januar 1980 erbrachten Warenlieferung verpflichtet, an die Klägerin den Betrag von <u>DM 7.791,60</u> zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Zwischen den Parteien findet das Einheitliche Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen (EKG) Anwendung. Dieses Gesetz gilt nach Art.1 Absatz 1 a EKG bei einem Kaufvertrag über bewegliche Sachen zwischen Parteien, die ihre Niederlassung im Gebiet verschiedener Vertragsstaaten haben, und wenn nach dem Vertrag die verkaufte Sache zur Zeit des Vertragsabschlusses oder später aus dem Gebiet eines Staates in das Gebiet eines anderen Staates befördert wird. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Es trifft zwar zu, daß die Anwendung des Gesetzes ausdrücklich oder stillschweigend ausgeschlossen werden kann (Art. 3 EKG). Ein ausdrücklicher Ausschluß ist jedoch nicht vereinbart worden. Auch aus der Bestimmung in Ziffer 6 der Verkaufsbedingungen ("Für das Zustandekommen und für die Auslegung dieses Vertrages gilt das Recht der internationalen Republik") ergibt sich kein stillschweigender Ausschluß. Denn das EKG ist selbst Jsches Recht durch den Beitritt Js zu dem Übereikommen. Gerade die Klausel "es gilt Jsches Recht" führt zur Anwendbarkeit des EKG (vgl. Stötter, Internationales Einheits-Kaufrecht, 1975, Anm.2 c zu Art.3 EKG ; Dölle, Komm. z.<b> </b>EKG, Rdnr. 9 zu Art. 3 EKG; BGH NJW 79, 1779). </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Zahlungsverpflichtung der Beklagten ergibt sich aus Art. 56 EKG, wonach der Käufer gehalten ist, den Kaufpreis zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht der Beklagten ein Schadensersatzanspruch nicht zu. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Wie sich aus der von der Klägerin unterzeichneten Auftragsbestätigung vom 9.Januar 1980 ergibt, sollte die Lieferung ab Fabrik im Juli 1980 erfolgen. Mit dieser Regelung war der Zeitpunkt der Lieferung spätestens zum 31.Juli 1980 festgesetzt, so daß die Klägerin gemäß Artikel 20 EKG auch verpflichtet war, zu diesem Zeitpunkt die Auslieferung vorzunehmen. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin hat die von der Beklagten gekaufte Ware J aber erst am 9.September 1980 verlassen und hat die Beklagte frühestens Mitte September 1980 erreicht. Zufolge dieser verspäteten Anlieferung er- öffnete die Vorschrift des Artikel 24 EKG zugunsten der Beklagten vom Grundsatz her einen Schadensersatzanspruch. Nach dieser Bestimmung kann der Käufer nämlich auch Schadensersatz verlangen, wenn der Verkäufer seine Pflichten hinsichtlich der Zeit der Lieferung nicht erfüllt. Anders als nach deutschem Recht setzt der Schadensersatzanspruch nicht voraus, daß sich der Verkäufer etwa in Verzug befindet. Darüber- hinaus besteht der Schadensersatzanspruch auch dann, wenn der Käufer am Vertrage festhält (vgl. Dölle, aaO., Rdnr. 19 ff. zu Art.24 EKG; Stötter, aaO., Anm. zu Art. 24 EKG). Grundsätzlich hat in einem solchen Falle der Verkäufer den der anderen Partei entstandenen Verlust und den ihr entgangenen Gewinn zu ersetzen (Art. 82 EKG). </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Im konkreten Falle hat die Beklagte jedoch nicht den ihr obliegenden Beweis erbracht, daß ihr der behauptete Schaden infolge der verspäteten Anlieferung der Ware tatsächlich auch entstanden ist. Die Beklagte vermag einen Schadensersatzanspruch nicht mit der Behauptung begründen, mit ihren Abnehmern sei die Lieferung der Pullover für Juli 1980 vereinbart gewesen. Angesichts der mit der Klägerin getroffenen Regelung einer Lieferung ab Fabrik im Laufe des Monats Juli 1980 wäre es leichtfertigt gewesen, mit den eigenen Kunden bereits den Monat Juli als eigenen Liefertermin zu vereinbaren. Ein dadurch eintretender Schaden wäre auch für die Klägerin nicht voraussehbar gewesen, so daß insoweit eine Haftung entfällt (Art.82 EKG). Aber selbst wenn man mit dem Zeugen I davon ausginge, die Pullover hätten an die Kunden der Beklagten im August 1980 ausgeliefert werden sollen, ergeben sich aus der Bekundung dieses Zeugen im übrigen keine überzeugenden Anhaltspunkte für einen tatsächlichen Schadenseintritt bei der Beklagten. Dieser Zeuge vermochte keinerlei konkrete Angaben über abgeschlossene Geschäfte mit Drittabnehmern zu machen. Nach seiner Aussage will er nach Mitteilung über ein verspätetes Eintreffen der Ware mit der Firma H telefonische Rücksprache genommen haben, worauf diese die Abwicklung des Geschäftes über die Lieferung von 32 bis 48 Pullover abgelehnt habe. Diese Firma soll auch mit Rücksicht auf diesen Vorgang die Geschäftsbeziehungen zu der Beklagten überhaupt abgebrochen haben. Angesichts des geringen streitigen Geschäftsumfanges erscheint der Kammer eine derartige Reaktion der Firma H als wenig wahrscheinlich. Jedenfalls aber reicht die Bekundung des Zeugen I nicht aus, überzeugende Anhaltspunkte für einen der Beklagten dadurch im Ergebnis entstandenen Schaden zu gewinnen. Der Zeuge vermochte nämlich weder über sonstige Geschäftsbeeinträchtigungen Angaben zu machen noch konnte er bestätigen, daß die Beklagte Pullover der Klägerin nur unter Gewinnverlust hat absetzen können. Schließlich vermochte er auch den angeblichen Mehraufwand der Beklagten nicht zu bestätigen. </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist damit beweisfällig geblieben. Der weiterhin von ihr benannte Zeuge L konnte nicht vernommen werden, weil seine Ladung mangels eingezahlten Vorschusses unterblieben war. Der als "Zeuge" benannte Herr X konnte nicht vernommen werden, da sich zu Beginn seiner Anhörung herausstellte, daß er als Geschäftsführer der Beklagten den Status einer Partei hat. </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Es verbleibt deshalb bei dem Kaufpreisanspruch der Klägerin. </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch folgt aus Art.<b> </b>83 EKG und ist der Höhe nach belegt durch die Mitteilung der E Cbank vom 25. März 1981. </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 344, 709 ZPo. </p>
|
315,817 | olgk-1982-04-21-2-wx-1382 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 Wx 13/82 | "1982-04-21T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:44" | "2019-03-27T09:42:08" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1982:0421.2WX13.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 3.12.1981 -3 T 348/81 -wird zurückgewiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gründe</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Antragsteller haben die Eintragung von Wohnungseigentumsrechten entsprechend der unter UR- Nr. 1xxx/81 von Notar T. in B. beurkundeten Teilungserklärung beantragt. Der Rechtspfleger des Grundbuchamtes hat durch Zwischenver­fügung in einer Reihe von Punkten Beanstandungen erhoben, die sich durch das weitere Verfahren überwiegend erledigt haben. Zur Entscheidung des Senats stehen nur noch die Beanstandungen der Zwischenverfügung des Rechtspflegers zu d) und g). Es geht dabei um die Rechtsfragen,</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">zu d):</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">ob eine plattierte Terrassenfläche ohne jedwede Abgrenzung nach §§ 3, 5 Abs. 1 WEG, sondereigen­tumsfähig ist, und</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">zu g):</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">ob bei der Begründung von Wohnungseigentum mit dinglicher Wirkung, also durch Grundbucheintra­gung, festgelegt werden darf, daß die Teilungs­erklärung und die Gemeinschaftsordnung zukünftig</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">durch Mehrheitsbeschluß der Eigentümerversammlung, geändert werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat beide Fragen verneint. Mit der dagegen gerichteten weiteren Beschwerde verfolgen die Beschwerde­führer ihren Eintragungsantrag insoweit weiter.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde ist unbegründet. Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 78 GBO § 550 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">I.            </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Dem Landgericht ist darin zuzustimmen, daß eine Terrasse mit Plattenbelag ohne jedwede horizontale Abgrenzung kein Raum im Sinne der §§ 5, 3 WEG ist und deshalb auch kein Sondereigentum daran begründet werden kann. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 WEG soll Sondereigentum nur eingeräumt werden, wenn "Räume in sich abgeschlossen sind". Eine Ausnahme davon ist im Gesetz lediglich für Garagenstellplätze vorgesehen, die nach § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG als abgeschlossene Räume fingiert werden ("gelten als...."), wenn ihre Flächen durch dauerhafte Markierungen ersichtlich sind. Diese Ausnahme erklärt sich durch die Zweckbestimmung von Garagenstellplätzen, bei denen horizontale Abgrenzungen hinderlich wären. Zum Begriff des Raumes gehört die erkennbare Abgrenzung mach Länge, Breite und Höhe. Fehlt die vertikale Abgrenzung schlechthin, dann kann nicht mehr von einem Raum gesprochen werden, sondern nur noch von einer Fläche. Aus diesem Grunde werden auch im Schrifttum ebenerdige Terrassen ohne jede Höhenabgrenzung nicht als sondereigentumsfähige Räume im Sinne des WEG angesehen (vgl. Ermann/Ganten, BGB, 7. Aufl. 1981, § 5 WEG, Anm. 10; Röll im Münch. Komm., § 5 WEG Anm.5). Ein Platten­belag kann eine Fläche entgegen der Annahme der Beschwerde­führer nicht zum Raum machen. Diese Fläche steht vielmehr nach § 1 Abs. 5 WEG als "das Grundstück" zwingend im Ge­meinschaftseigentum.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">II.       </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Zuzustimmen ist dem Landgericht auch darin, daß Änderungen der Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung stets dem Einstimmungskeitsprinzip unterworfen sind, also auch dann, wenn sie nachträglich geändert werden sollen. Diese Regelung ist zwingend und unterliegt nicht der Vertrags­freiheit des Wohnungseigentümers. Die Eintragung der Regelung in § 11 der Gemeinschaftsordnung, wonach die Teilungserklärung und die Gemeinschaftsordnung zukünftig mit 3/4-Mehrheit der Wohnungseigentümer abänderbar sei, ist deshalb zu Recht abgelehnt worden. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">In Schrifttum und Rechtsprechung wird einhellig aus dem Gesetz die Unterscheidung zwischen Vereinbarungen und Be­schlüssen abgeleitet. Diese Formen der inneren Gestaltung unterscheiden sich dadurch, daß mit dem Begriff der Verein­barung die Einstimmigkeit, mit dem des Beschlusses das Mehrheitsprinzip verbunden wird.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Nach einhelliger Meinung müssen erstmals getroffene Verein­barungen stets einstimmig gefaßt werden. Es ist weiter einhellige Meinung, daß Vereinbarungen jedenfalls dann, wenn keine abweichende Regelung getroffen worden ist, auch für die Zukunft nur einstimmig abgeändert werden können.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Zweifelhaft kann daher nur sein, ob bei der ersten einstimmig getroffenen Vereinbarung festgelegt werden kann, daß spätere Änderungen dieser Vereinbarung mehrheitlich vorgenommen werden können. Diese Rechtsfrage ist hier ent­scheidungserheblich, weil die Grundordnung und die Teilungs­erklärung Regelungsgegenstände zum Inhalt haben, die erstmals immer nur durch Vereinbarung und damit einstimmig geregelt werden können. Würde die zukünftige Änderung von Vereinbarungen durch Mehrheitsbeschluß zugelassen, wäre das gleichbedeutend damit, daß der Begriff der Vereinbarung nicht mehr vom sachlichen Inhalt der Regelung her zu bestimmen wäre, sondern durch den Reglungswillen der Beteiligten. Diese könnten einstimmig vereinbaren, daß spätere Änderungen der Gemein­schaftsordnung und der Teilungserklärung ihres Charakters als Vereinbarungen entkleidet und in die Gestaltungsform von Beschlüssen der Wohnungseigentümer übergeführt würde.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">In der veröffentlichten Judikatur zum WEG ist diese Rechtsfrage bislang nicht behandelt worden. Auch das BayObLG hat in BayObLGZ 1978, 377 nur entschieden, daß zur Eintragung einer Vereinbarung oder deren Abänderung oder Aufhebung in das Grundbuchamt die Bewilligung aller Wohnungseigentümer in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO erforderlich ist. Mit der Rechtsfrage, ob einstimmige Ver­einbarungen zukünftig ohne Rücksicht auf ihren Inhalt dem Mehrheitsprinzip unterstellt werden können, hat sich das BayObLG nicht befaßt.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das Schrifttum behandelt diese Frage überwiegend überhaupt nicht. Erörtert wird sie von Röll im Münch.Komm., § 10 WEG, Anm. 22 sowie von Weitnauer in dessen Kommentar zum WEG bei § 10 Anm. 17 c. Beide Kommentatoren tendieren dahin, die Änderung von Gemeinschaftsordnung und Teilungserklärung durch Mehrheitsbeschluß zuzulassen. Der Senat vermag dieser Auffassung nicht zu folgen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Rölls Ausführungen sind in mehrfacher Hinsicht unvollständig und sogar widersprüchlich. Die Interessenlage wird von Röll nicht erörtert. Statt dessen argumentiert er unmittelbar mit dem "Grundsatz der Vertragsfreiheit". Hierin liegt, methodisch gesehen, indessen eine petitio principii. Denn zweifelhaft ist ja gerade, ob die grundsätzlich gegebene Vertragsfreiheit nicht ausgeschlossen ist, weil Vereinbarungen ihrem Wesen nach nur einstimmig getroffen und geändert werden können.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Rölls Ausführungen sind auch in sich widersprüchlich. Er führt zunächst aus, daß es zulässig sei, in der Gemeinschaftsordnung vorzuschreiben, eine Änderung der Gemeinschaftsordnung könne mit qualifizierter Mehrheit durch einen Wohnungseigentümer­beschluß erfolgen. Abweichend hiervon heißt es dann am Ende der Anmerkung, eine Änderung der Gemeinschaftsordnung durch Mehrheitsbeschluß sollte wegen der Benutzung des Sondereigen­tums nicht möglich sein. Röll stützt diese abweichende Auffassung mit Recht auf den Hinweis, daß ein Mehrheitsbeschluß bezüglich einer Änderung der Grundordnung folgenschwere Nachteile für einen einzelnen Wohnungseigentümer mit sich bringen kann<strong> </strong>und daß auch die Beleihungsfähigkeit von Eigen­tumswohnungen gefährdet wäre, wenn Banken fürchten müßten, daß die Eigentümer durch Mehrheitsbeschluß ihre Rechte verlieren könnten. Das alles ist zutreffend, spricht aber nur dafür, die zukünftige Änderung der Gemeinschaftsordnung durch Mehrheitsbeschlüsse nicht zuzulassen. Soweit Röll sich für seine zu Beginn der Anmerkung vertretene ab­weichende Ansicht auf Belege beruft (in Fußnote 28), handelt es sich um Literaturstellen, die nicht einschlägig sind.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Ausführlich erörtert wird die hier zur Entscheidung stehende Rechtsfrage in dem Kommentar von Weitnauer. Auch er hält es für zulässig, daß die Gemeinschaftsordnung spätere Änderungen durch Mehrheitsbeschluß vorsieht. Alle sodann folgenden Er­örterungen enthalten jedoch nur Argumente gegen diese Zulas­sung. Weitnauer weist mit Recht auf die Wichtigkeit des Ein­stimmigkeitsprinzips hin. Er befürwortet, von der Möglichkeit, zukünftige Änderungen dem Mehrheitsprinzip zu unterstellen, "nur mit größter Vorsicht Gebrauch" zu machen; praktische Gesichtspunkte sprechen "für äusserste Zurückhaltung, weil schon die Möglichkeit von Mehrheitsbeschlüssen Anlaß zu ständiger Unruhe in Wohnungseigentümergemeinschaften und zur Benachtei­ligung von Minderheiten führen kann, zu deren Lasten sich leicht eine Mehrheit finden läßt". Dem stimmt der Senat zu; nur folgt daraus, daß von der Interessenlage her die Bedenken dagegen, Vereinbarungen zukünftig hinsichtlich der Willens­bildung zur Disposition der Mehrheit zu stellen, so gewichtig sind, daß diese Dispositionsfreiheit zu verneinen ist.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Diese Auffassung wird für die entsprechende Regelung im Schweizer Recht auch vom schweizerischen Bundesgerichtshof vertreten. Dieser hat (Entscheidungen des schweizerischen Bundesgerichtshofs, Band 1o3, 76 ff.) das Einstimmigskeits­prinzip für Vereinbarungen durchgehend dem zwingenden Recht zugeordnet. Eine Revisionsklausel, wonach das Reglement, dem sämtliche Miteigentümer zugestimmt hatten, zukünftig mit einer Mehrheit abgeändert werden könne, hat der schweizerische Bundesgerichtshof als unzulässig angesehen. Maßgebend war auch für ihn die Interessenlage. Diese verbietet es auch, Regelungen des Rechts der Handelsgesellschaften auf Wohnungs­eigentümergemeinschaften zu übertragen. Grundordnung und Teilungserklärung sind so wichtige und fundamentale Voraus­setzungen für den Entschluß eines Einzelnen, Wohnungseigentum zu erwerben, das jedem Erwerber Bestandsschutz gesichert werden muß. Jeder Wohnungseigentümer muß darauf vertrauen können, daß sich am Grundstatut der Gemeinschaft gegen seinen Willen nichts ändert. Damit steht auch in Einklang, daß die Eintragung von Änderungen der Grundordnung und der Teilungserklärung grundbuchrechtlich der Bewilligung aller Miteigentümer bedarf (BayObLGZ 1978, 377).</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Bedenken in der Hinsicht, daß das Festhalten am Einstimmig­keitsprinzip auch für zukünftige Änderungen die Gefahr einer Erstarrung mit sich bringen könnte, greifen nicht durch. Weitnauer (a.a.O. § lo Anm.17 d) hat nämlich mit Recht darauf hingewiesen, daß eindeutig verfehlte Bestimmungen in der Gemeinschaftsordnung unter Wahrung des Einstimmigkeitsprinzip korrigiert werden können, weil aus der Treuepflicht der Wohnungseigentümer die Pflicht abgeleitet werden kann, einer Änderung der Gemeinschaftsordnung zuzustimmen, wenn diese dringend geboten ist und die Versagung der Zustimmung gegen Treu und Glauben verstossen würde. Damit sind auch bei Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzips für zukünftige Ände­rungen die Interessen aller Wohnungseigentümer hinreichend gewahrt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Senat schließt sich deshalb den vorstehend dargelegten Gründen der Auffassung des Landgerichts an mit der Folge, daß die weitere Beschwerde insgesamt zurückzuweisen ist.</p>
|
315,818 | lg-duisburg-1982-04-01-9-o-2682 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 9 O 26/82 | "1982-04-01T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:45" | "2019-03-27T09:42:08" | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1982:0401.9O26.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, gegenüber der zu erklären, daß er in die Übertragung der dort gespeicherten Daten der Firma in auf den Kläger oder einen von ihm zu bestimmenden Steuerberater einwilligt.</p>
<p> Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.</p>
<p> Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 16.800 DM,</p>
<p> welche auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der </p>
<p> Bundesrepublik Deutschland oder West-Berlin ansässigen Großbank erbracht werden kann, vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der Firma in , deren Steuerberater der inzwischen verstorbene Steuerbevollmächtigte aus gewesen ist. Die Stammdaten der Gemeinschuldnerin sind bei der , welcher der Steuerbevollmächtigte angeschlossen war, gespeichert. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit seiner Klage macht der Kläger nunmehr einen Anspruch auf Einwilligung in die Übertragung der Daten gegen den Beklagten geltend. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zwar ist zwischen den Parteien streitig, ob der Beklagte die Praxis des verstorbenen Steuerbevollmächtigten fortgeführt hat bzw. von der zuständigen Berufskammer zum Abwickler der Praxis bestellt worden ist. Unstreitig ist jedoch, daß die -Nummer des verstorbenen Steuerbevollmächtigten von dem Beklagten fortgeführt werden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger vertritt die Auffassung, daß der Beklagte verpflichtet sei, in die Übertragung der -Daten auf ihn einzuwilligen, nachdem feststehe, daß diese -Nummern auf ihn übertragen worden seien.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"> den Beklagten zu verurteilen, gegenüber der zu erklären, daß er in die </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"> Übertragung der dort gespeicherten Daten der Fa. in auf den Kläger</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"> oder einen von ihm zu bestimmenden Steuerberater einwilligt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"> die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Er vertritt die Auffassung, nicht passiv legitimiert zu sein. Soweit er die -Nummern des Erblassers fortführe, besitze er hiermit lediglich eine formell rechtliche Position nach aussen hin, die es ihm ermögliche, die erlangte Erklärung gegenüber der abzugeben. Sachlich berechtigt seien indes die Erben des verstorbenen Steuerberaters als dessen Rechtsnachfolger. Diese würden indessen die Zustimmung wegen noch ausstehender Honoraransprüche des Erblassers gegen die Gemeinschuldnerin nicht erteilen. Dies führe dazu, daß der Kläger die Erben auf Abgabe einer entsprechenden Zustimmungserklärung verklagten müsse.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wegen des Parteivorbringens im einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></b></p>
<br /><span class="absatzRechts">15</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td valign="top"></td>
<td valign="top"></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Anspruch des Klägers folgt aus § 117 KO.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Diese Vorschrift ist Anspruchsnorm für den Konkursverwalter, nach Eröffnung des Konkursverfahrens das gesamte zur Konkursmasse gehörige Vermögen des Gemeinschuldners in Besitz und Verwaltung zu nehmen und begründet daher einen Herausgabeanspruch des Konkursverwalters gegen besitzende Dritte (vgl. Böhle-Stamschröder/Kilger 13. Aufl., § 117 Anm. 2).</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Eine solche Position des besitzenden Dritten hat der Beklagte in Bezug auf die </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">-Nummern, unter welchen die Stammdaten der Gemeinschuldnerin gespeichert sind, weil er sie unstreitig nach dem Tode des früheren Steuerbevollmächtigten der Gemeinschuldnerin übernommen hat.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Diese unter den entsprechenden -Nummern gespeicherten Stammdaten gehören auch zum konkursbefangenen Vermögen der Gemeinschuldnerin, denn ihr Stand nach der Kündigung des Mandatsverhältnisses durch ihren damaligen Steuerberater ein Anspruch auf Herausgabe gem. §§ 675, 667 BGB zu, weil dieser alles herausgeben mußte, was er zur Ausführung seines Auftrages erhalten bzw. aus seiner Geschäftsbesorgung erlangt hatte. Hierzu gehörten indes auch die in einem Großcomputer gespeicherten Daten der Gemeinschuldnerin.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Einwand des Beklagten, dieser früher gegen den Steuerberater gerichtete Anspruch sei nunmehr nach dessen Tod gegenüber seinen Erben geltend zu machen, geht fehl, weil diese unstreitig die Verfügungsgewalt über die streitigen Daten nicht besitzen, nachdem der Beklagte selbst einräumt, daß die -Nummern auf ihn übertragen worden sind. Dies bringt ihn in die Stellung des besitzenden Dritten, demgegenüber gem. § 117 KO der Anspruch auf Herausgabe - hier auf Abgabe einer Einwilligungserklärung gegenüber der - begründet ist.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Diesem Anspruch des Klägers steht auch ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten nicht entgegen. Ein solches Recht scheitert zum einen schon daran, daß dem Beklagten Honorarforderungen gegenüber der Gemeinschuldnerin nicht zustehen und zum anderen daran, daß solche Forderungen nach herrschender Meinung ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Herausgabeanspruch des Konkursverwalters nicht begründen. (vgl. Mentzel-Kühn-Uhlenbruck, 9. Aufl., § 117 Rdnr. 8).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.</p>
|
315,819 | ag-solingen-1982-03-29-16-f-100080 | {
"id": 733,
"name": "Amtsgericht Solingen",
"slug": "ag-solingen",
"city": 493,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 16 F 1000/80 | "1982-03-29T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:47" | "2019-03-27T09:42:08" | Beschluss | ECLI:DE:AGSG:1982:0329.16F1000.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Antrag der Mutter, ihr die elterliche Sorge über ihre Kinder</p>
<p>M , geboren am , und</p>
<p>R , geboren am ,</p>
<p>zu übertragen, wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Verfahrens trägt jeder Elternteil zur Hälfte.</p>
<p></p>
<p>Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Elternteil selbst.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gründe:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die streitenden Elternteile sind ägyptische Staatsangehörige. Der Antragsgegner lebt und arbeitet seit 1962 in der Bundesrepublik. Aus der am mit der Antragstellerin christlich eingegangenen Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen: M , geboren am und R , geboren am . Die Eheleute lebten nach der Heirat bis zum August 1977 mit kurzen Unterbrechungen gemeinsam in der Bundesrepublik, wo auch die Kinder geboren und zunächst aufgewachsen sind. Bei einem Aufenthalt in Ägypten kam es im August 1977 zur Trennung der Familie. Während der Vater nach Deutschland zurückkehrte, bleiben die Mutter und die Kinder in Kairo. Der Vater hatte nach ägyptischem Recht zunächst durchsetzen können, daß der Mutter und den Kindern keine Ausreisegenehmigung erteilt wurde. Während des Aufenthalts in Ägypten wurden die Kinder von der Mutter versorgt. 1980 übergab die Mutter ihre Kinder zunächst der Familie des Vaters, als dieser sich vorübergehend in Ägypten aufhielt. Im Juni 1980 folgten die Kinder dem Vater nach Deutschland, wo sie seither in seinem Haushalt leben und von ihm und seiner jetzigen Lebenspartnerin versorgt werden. Im November 1980 reise die Mutter ebenfalls in die Bundesrepublik ein. Sie beabsichtigt, hier zu bleiben und hat, zur Zeit in Dortmund lebend, eine Aufenthaltserlaubnis beantragt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Bereits 1978 hatte der Antragsgegner, der zunächst zum protestantischen Glauben konvertierte, versucht, in Ägypten die Scheidung der Ehe herbeizuführen. Der ersten, nach islamischem Ritus erfolgten Verstoßung, versagte das Amtsgericht K in einem sich anschließenden Rechtsstreit die Anerkennung. Nachdem der Antragsgegner zum Islam übergetreten war, sprach er am erneut eine Verstoßung aus, die in das standesamtliche Scheidungsregister der Stadt K eingetragen wurde. Auf die Rechtsmittel der Ehefrau hat das Landgericht K am in zweiter Instanz die Scheidung bestätigt. Wie aus einer Bescheinigung der ägyptischen Justizbehörden hervorgeht, ist bei diesen gegen dieses Urteil keine Revision eingelegt worden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die praktische Versorgung von M und R ist jetzt tagsüber in der Form geregelt, daß der Vater und seine Lebenspartnerin die Kinder morgens im Wagen mit nach D nehmen, wo R die Kindertagesstätte der Firma (Arbeitgeber des Vaters) besucht und M die Hauptschule. Nach Unterrichtsschluß besucht auch M die Kindertagesstätte, die in der Nähe der Schule liegt. Beide Kinder essen dort zu Mittag; M erhält Hausaufgabenbetreuung.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Mutter bewohnt zur Zeit in D eine aus einer Wohnküche und einem Schlafzimmer bestehende 2-Zimmer-Altbauwohnung. Falls sie die elterliche Sorge über die Kinder erhält, will sie eine größere Wohnung anmieten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Wegen der vorläufigen und endgültigen Regelung des Umgangsrechts der Mutter mit ihren Kindern laufen vor dem hiesigen Gericht weitere Verfahren, die noch nicht abgeschlossen sind. Ein weiteres Verfahren ist wegen geltend gemachten Unterhalts hier anhängig.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin bringt vor: sie sei für beide Kinder die primäre Bezugsperson; dies gelte besonders für R , die ihren Vater – als er sie in die Bundesrepublik mitgenommen habe – noch nicht gekannt habe; die Bindung der Kinder an ihren Vater sei nicht besonders stark. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Sie beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">ihr über beide Kinder die elterliche Sorge zu übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Vater beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">diesen Antrag zurückzuweisen, hilfsweise</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">ihm die elterliche Sorge zuzusprechen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Er macht geltend: Die Mutter sei nach ägyptischem Recht nicht berechtigt, die elterliche Sorge für sich zu beanspruchen; nach ägyptischem Recht stünde die elterliche Sorge allein ihm, dem Vater, zu.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat die Eltern wie die Kinder richterlich gehört. Es hat ferner Berichte der Jugendämter und eingeholt.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Antrag der Antragstellerin ist zurückzuweisen, weil das Familiengericht Solingen nicht international zuständig ist.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die internationale Zuständigkeit richtet sich – wie unter Bezugnahme auf das Gutachten des Instituts für internationales und ausländisches Privatrecht der Universität zu Köln vom und die dort zitierte Literatur jetzt und weiterhin ausgeführt sei – nach dem MSA. Nach Artikel 13 Absatz I MSA ist das Abkommen auf alle Minderjährigen anzuwenden, die wie M und R ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem der Vertragsstaaten haben. Da die Bundesrepublik von dem Vorbehalt des Artikel 13 Absatz III MSA keinen Gebraucht gemacht hat, kommt es auf die Staatsangehörigkeit der Minderjährigen nicht an.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Nach Artikel 1 MSA sind die Gerichte des Aufenthaltsstaates für Maßnahmen zum Schutz der Person und des Vermögens der Minderjährigen international zuständig. Dabei ist der Begriff der Schutzmaßnahmen weit auszulegen. Er umfaßt alle Maßnahmen, die im Interesse des Kindes erforderlich sind. Dazu zählt auch die Übertragung der elterlichen Sorge nach Scheidung.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Nach Artikel 3 MSA haben die Gerichte des Aufenthaltsstaates Gewaltverhältnisse indes anzuerkennen, die nach dem Heimatrecht der Minderjährigen kraft Gesetzes bestehen. Dabei wird nach herrschender und zutreffender Meinung die Aufenthaltszuständigkeit durch ein gesetzliches Gewaltverhältnis nach dem Heimatrecht der Minderjährigen ausgeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Ein solches gesetzliches Gewaltverhältnis, in das aufgrund der Aufenthaltszuständigkeit nach Artikel 1 MSA nicht eingegriffen werden darf und auf das die Ehescheidung keinen Einfluß hat, besteht hier nach religiösem islamischem Recht hanefitischer Schule, das nach ägyptischem Recht maßgebend ist. Nach diesem Recht steht auch nach Scheidung die sogenannte "wil´`aya" das Recht für die Kinder alle rechtlich bedeutsamen Entscheidungen zu treffen, dem Vater zu, während der Mutter auch nach Scheidung allein die "had´`ana" zusteht, die tatsächliche Personensorge, die das Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht umfaßt. Dabei endet die "had´`ana" bei Mädchen mit Vollendung des 12. Lebensjahres, sofern sie nicht – was möglich ist – bis zur Heirat verlängert wird.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Anwendung des ägyptisch-muslimischen Rechts ist gerechtfertigt, weil beide Kinder Ägypter sind und als Muslime gelten. Ägypter sind sie nach Artikel 2 Nr. 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes Nr. 26/1975 der VAR. Hiernach haben sie als eheliche Kinder eines ägyptischen Vaters ägyptische Staatsangehörigkeit erworben. Als Muslime gelten die Kinder nach Artikel 130 Absatz II des "Gesetzbuches über das Personensorgerecht und die Erbfolge nach hanefitischem Ritus" infolge Übertritt des Vaters zum Islam. Im Verhältnis zur koptisch-orthodoxen Antragstellerin gilt ebenfalls muslimisches Recht, da nicht-muslimische religiöse Rechte nur anzuwenden sind, wenn alle Beteiligten derselben Religion und demselben Ritus angehören, was hier nicht der Fall ist.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Das gesetzliche Gewaltverhältnis islamischen Rechts ist von dem Gericht zu beachten und widerspricht nicht offensichtlich der deutschen Ordnung, dem sogenannten deutschen ordre public. Wie unter Bezugnahme auf BGH in NJW 70, 2161 und das schon genannte Gutachten ausgeführt sei, stellt die Regelung des islamischen Rechts, nach der die elterliche Sorge von einem bestimmten Alter der Kinder ab stets und uneingeschränkt dem Vater zusteht, als solche keinen Verstoß gegen den deutschen ordre public dar. Ein Verstoß gegen den ordre public wäre nur zu bejahen, wenn die Anwendung ägyptisch-islamischen Rechts unter den besonderen Umständen zu einem Ergebnis führen würde, das der deutschen Rechtsordnung in eklatanter Weise widerspräche. Davon kann hier offensichtlich nicht die Rede sein und dies macht auch keine Seite geltend, zumal ein solcher Verstoß bei der ägyptischen Staatsangehörigkeit der Eltern wie der Kinder generell nur sehr selten anzunehmen ist. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Auch eine Gefährdungszuständigkeit nach Artikel 8 MSA ist nicht gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Nach Artikel 8 MSA sind trotz eines bestehenden Gewaltverhältnisses im Sinne des Artikel 3 MSA Schutzmaßnahmen zugunsten Minderjähriger zulässig, wenn die Minderjährigen in ihrer Person oder ihrem Vermögen gefährdet sind. Dabei sprechen die Anforderungen für eine Gefährdung denen, die das deutsche Recht nach den §§ 1666 – 1669 BGB stellt. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Für eine solche Gefährdung bestehen hier keinerlei Anhaltspunkte. Nach den getroffenen Ermittlungen, insbesondere der Anhörung der Kindere und den Ermittlungen der beteiligten Jugendämter, werden die Kinder bei dem Vater gut betreut und ist der Vater emotional sehr mit ihnen verbunden. Dagegen haben sich bei Besuchen der Kinder bei der Mutter massive Schwierigkeiten ergeben. Diese Schwierigkeiten sind bei der älteren M so erheblich, daß das Kind seine Mutter am liebsten nicht einmal mehr besuchen möchte und jedenfalls ein Überwechseln in den mütterlichen Haushalt entschieden ablehnt. Da der Wille M’s bei ihrem Alter und ihrer Reife bei Entscheidung über die elterliche Sorge sehr eingehend zu berücksichtigen ist, wäre ohnehin nur ein Überwechseln der jüngeren R zur Mutter denkbar – wie dies die Mutter in ihrem Schriftsatz vom denn auch angeregt hat. Hiergegen spricht aber wiederum, daß dann die Kinder getrennt werden – was bei der innigen Geschwisterliebe schwerlich hinzunehmen ist. Früher hat die Mutter sich gegen ein solches Auseinandertrennen der Geschwister denn auch ausdrücklich ausgesprochen (siehe Bericht des Jugendamtes D vom ). Gegen einen Wechsel zur Mutter spricht schließlich der Grundsatz der Kontinuität der Erziehung: Eine Aufnahme in den Haushalt der Mutter würde einen erneuten Umgebungswechsel verursachen mit all seinen schädlichen Folgen für beide Kinder.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Soweit das gesetzliche Gewaltverhältnis nach ägyptisch-muslimischen Rechts durch den Aufenthalt der Mutter in D und den Aufenthalt des Vaters in S zu Unzuträglichkeiten führt und das Wohl der Kinder beeinträchtigt, kommen als gebotene Maßnahmen vor allem eine Regelung des Umgangsrechts in Betracht, das der Vater der Mutter indes grundsätzlich zusteht. Eventuell ist auch an eine Verlängerung der "had´`ana" zu denken. Hierüber ist jedoch in diesem Verfahren noch nicht zu entscheiden. Da wegen des Umgangsrechts ein weiteres Verfahren anhängig ist, kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß in diesem Verfahren hilfsweise entsprechende Maßnahmen beantragt sind.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Da das Gericht für eine Regelung der elterlichen Sorge somit international nicht zuständig ist, konnte dahingestellt bleiben, ob eine Entscheidung des Gerichts auch deshalb nicht zulässig ist, weil bereits bei einem ägyptischem Gericht ein entsprechendes Verfahren anhängig ist, was in diesem Verfahren nicht sicher aufzuhellen war und auch durch das eingeholte Gutachten nicht aufgeklärt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 94 Abs. III Satz 2 KostO. Für eine Anordnung nach § 13 a Absatz I FGG war kein hinreichender Anlaß.</p>
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315,820 | olgham-1982-03-26-20-u-27781 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 277/81 | "1982-03-26T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:48" | "2019-03-27T09:42:07" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1982:0326.20U277.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 24. Juni 1981 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert.</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.063,30 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 9. April 1981 zu zahlen.</p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 1/5 dem Kläger und zu 4/5 der Beklagten auferlegt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat 1975 bei der Beklagten eine Familien-Vielschutz-Versicherung, die auch eine Reisegepäck-Neuwertversicherung enthält, abgeschlossen. Bestandteil des Versicherungsvertrages waren die "Allgemeinen Bedingungen für die Reisegepäck-Neuwertversicherung (AVBR)". Wegen deren Inhalts wird auf die Fotokopie (Bl. 7 d.A.) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 30.6.1980 fuhr der Kläger mit seiner Ehefrau und seinen zwei Kindern nach ... um dort den Sommerurlaub zu verbringen. In der ersten Nacht übernachtete der Kläger in dem Hotel .... Da ihm diese Unterkunft nicht zusagte, zog er am nächsten Morgen wieder aus und suchte im Laufe des nächsten Tages ein neues Quartier.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat behauptet, wahrend dieser Zeit habe sein Pkw Golf auf dem Bahnhofsplatz in ... von 10.00 bis 17.30 Uhr ordnungsgemäß abgeschlossen und gesichert geparkt. Den Koffer, den er abends mit auf das Hotelzimmer genommen habe, habe er auf dem Vordersitz abgestellt. Als er um 17.30 Uhr zurückgekehrt sei, sei der Wagen aufgebrochen gewesen. Der Koffer und das Autoradio nebst Zubehör seien entwendet worden. In dem Koffer hätten sich die gesamten Urlaubsgarderobe und eine Fotoausrüstung mit einem Wert von etwa 1.500,- DM befunden. Insgesamt habe der Schaden 5.018,- DM betragen. Hinsichtlich des Kofferinhalts habe er noch am Abend nach dem Diebstahl eine Aufstellung zusammen mit seiner Ehefrau gefertigt. Die eingesetzten Preise habe er später anhand von Katalogen nachgetragen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat den Diebstahl bestritten. Zumindest sei davon auszugehen, daß er während der Nachtzeit stattgefunden habe. Außerdem ist sie der Auffassung, leistungsfrei zu sein, weil der Kläger den Diebstahl grob fahrlässig herbeigeführt habe. Er habe nämlich den großen Koffer nicht im Rahrgastraum unterbringen, sondern ihn im Kofferraum einschließen müssen. Die Beklagte hat außerdem den Inhalt dieses Koffers und den Wert der gestohlenen Gegenstände bestritten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hält es für grob fahrlässig, den Koffer offen im Fahrgastraum während einer längeren Parkdauer unterzubringen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Dagegen richtet sich der Kläger mit der Berufung. Beide Parteien wiederholen und ergänzen ihren erstinstanzlichen Vortrag in der Berufungsinstanz.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Kläger stellt den Antrag,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.018,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 9.4.1981 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Ehefrau als Zeugin. Diese hat bekundet:</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wir haben in der Nacht vom 30.6. zum 1.7.1980 im Hotel ... in ... übernachtet. Wir haben abends den Koffer mit auf das Zimmer genommen, da wir einige Sachen benötigten, die sich in dem Koffer befanden. Da uns dieses Hotes nicht gefiel, haben wir es am nächsten Morgen wieder verlassen und das Zimmer geräumt. Mein Mann hat den Koffer nach draußen getragen und ihn zum Wagen gebracht. Den Wagen hat er auf einem Parkplatz abgestellt. Dies habe ich beides nicht gesehen, er hat es mir aber so gesagt. Im Laufe des Nachmittags dieses Tages haben wir dann eine Pension, ich glaube sie trug den Namen ..., gefunden. Mein Mann ist dann zum Parkplatz gegangen, um den Wagen und den Koffer zu holen. Dabei hat er festgestellt, daß der Koffer gestohlen war. Noch an diesem Abend haben mein Mann und ich eine Aufstellung über den Inhalt des Koffers gemacht. Dabei sind wir nach bestem Wissen und Gewissen vorgegangen. Wir haben nichts hinzugetan. Über den Inhalt des Koffers wußte ich damals sehr genau Bescheid, da ich selbst gepackt hatte. Die Wertangaben sind später dazugeschrieben worden. Hierzu weiß ich nichts mehr genaues. Ich nehme an, das hat mein Mann anhand von Katalogen und Schätzungen gemacht. Von Fotosachen verstehe ich an sich nichts. Es ist ein Hobby meines Mannes. Ich weiß aber, daß er seine Fotosachen und auch Wechselobjektive eingepackt hatte. Er hatte natürlich auch seinen Rasierapparat mitgenommen. Bei den Kleidungsstücken handelte es sich um relativ neuwertige Gegenstände, die alle noch nicht mehr als 1-2 Jahre alt waren.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Berufung hat teilweise Erfolg. Die Beklagte ist zur Zahlung von 4.062,70 DM aus dem abgeschlossenen Versicherungsvertrag verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Versicherungsfall ist eingetreten. In dem Pkw des Klägers ist am 1.7.1980 zwischen 10.00 und 17.30 Uhr in ... eingebrochen worden. Bei dieser Gelegenheit ist ein Koffer mit dem vom Kläger behaupteten Inhalt gestohlen worden, der sich im Innenraum des Wagens befand.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Daß sich ein solcher Diebstahl ereignete, ist bewiesen. Die vorgefundenen Beschädigungen an dem Auto (zertrümmertes Ausstellfenster, Zustand nach Herausreißen einer Radioanlage) sind typische Hinweise auf einen Diebstahl. Dafür sprechen auch die vorgefundenen Spuren, d.h. die Splitter, die im Auto und auch auf dem Parkplatz dort vorgefunden wurden, wo nach Angaben des Klägers der Pkw gestanden habe soll. Weiterhin spricht für einen Diebstahl auch der Umstand, daß der Kläger und seine Familie den Urlaub abgebrochen haben. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, daß der Diebstahl nicht tagsüber, sondern nachts ereignet hat, wie die Beklagte in zweiter Instanz argwöhnt. Dies wird durch die Aussage der Ehefrau widerlegt, der Koffer sei mit auf das Hotelzimmer genommen worden. Das liegt auch deshalb nahe, weil besonders bei zwei kleinen Kindern nach einem Reisetag gewöhnlich frische Kleidungsstücke, die im Koffer verpackt sind, gebraucht werden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Gegenargumente der Beklagten sind nicht überzeugend. Der Kläger hat in der Klageschrift und auch schon in der Anzeige bei der Polizei am 2.7.1980 angegeben, daß er allein zu dem Auto zurückgekommen sei. Demgegenüber ist der Gebrauch des Wortes "wir" in der Schadensanzeige bei der Beklagten vom 27.9.1980 kaum bedeutsam. Auch der andere von der Beklagten aufgezeigte Widerspruch des Klägers wirkt konstruiert. In der ersten Schilderung vom 2.7.1980 vor der Polizei stehen keine Angaben dazu, wo sich der Koffer befunden haben soll. Weshalb dann in dem Ermittlungsvermerk der Polizei ... vom 2.7.1980 gesagt wird, der Koffer habe sich im Gepäckraum befunden, ist unklar. Möglicherweise ist der Verfasser des Vermerkes ohne nähere Nachfrage stillschweigend davon ausgegangen. Jedenfalls wurde bei der polizeilichen Vernehmung vom 9.9.1980 von dem Kläger von Anfang an angegeben, der Koffer habe sich auf dem Vordersitz befunden. Daß nach dem Schreiben der Kriminalpolizei ... vom 26.8.1980 der Kläger "trotz eindringlicher Fragen" das Bestehen einer Reisegepäckversicherung verneint hat, ist ebenfalls nicht bedenklich. Das war zwar objektiv falsch; es ist aber durchaus möglich daß der Kläger in dieser Situation nicht mehr daran gedacht hat, daß eine Reisegepäckversicherung in der fünf Jahre zuvor abgeschlossenen Familienversicherung enthalten war. Der Hinweis der Beklagten, der Kläger habe auch seine Kraftfahrzeugversicherung nicht angegeben, liegt neben der Sache. Danach scheint der Kläger nicht gefragt worden zu sein. Im übrigen wird von dem Bestehen einer Teilkaskoversicherung wohl auch als dem Regelfall ausgegangen werden können.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Kläger genießt für diesen Diebstahl auch Versicherungsschutz. Ihm ist keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen (§§ 61 VVG, 8 Ziff. 1 AVBR). Nach der Fassung der AVBR konnte er sein Verhalten, den Koffer im Fahrgastraum und nicht im Kofferraum unterzubringen, für erlaubt ansehen. Nach § 5 I AVBR ist nämlich Reisegepäck dann gegen Diebstahl versichert, wenn es im Innenraum oder im verschlossenen Kofferraum untergebracht ist und das Fahrzeug selbst ordnungsgemäß gesichert und verschlossen ist. Wenn dann in § 5 II AVBR für die Nachtzeit besondere Einschränkungen gemacht werden, kann nach zumindest vertretbarer Auslegung dieser Bestimmung das Verhalten des Klägers als gestattet angesehen werden. Es ist daher nicht grob fahrlässig (vgl. OLG Hamm, VersR 81, 276). Im übrigen wäre im konkreten Fall aber auch sonst die Annahme grober Fahrlässigkeit bedenklich. Immerhin handelt es sich um eine belebte Gegend, von der die Polizei und ihr folgend die Beklagte sogar annahmen, daß hier ein Diebstahl ausgeschlossen erscheine. Wenn man dieser Annahme auch nicht folgen kann, so scheint dieser Parkplatz doch einen recht sicheren Eindruck vermittelt zu haben. Dies wäre ein Umstand, der ebenfalls grobe Fahrlässigkeit ausschließen dürfte.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht aber nur ein Anspruch in der zugesprochenen Höhe zu.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Senat hält für bewiesen, daß sich in dem gestohlenen Koffer die einzeln aufgeführten Gegenstände befanden. Die Ehefrau hat als Zeugin bestätigt, daß sie die Schadensaufstellung noch am Abend nach dem Diebstahl richtig und zutreffend gefertigt habe. Gegen die Richtigkeit der Angaben bestehen keine Bedenken. Die Zeugin hatte den Koffer kurze Zeit vorher selbst gepackt und kannte dessen Inhalt daher. Soweit die Beklagte bis zum Senatstermin behauptete, es sei tatsächlich unmöglich, die angegebenen Sachen in einem Koffer zu verpacken, hat sie diese Bedenken nicht mehr aufrecht erhalten. Anders ist ihre Erklärung, sie verzichte darauf, daß der Kläger diese Möglichkeit vor dem Senat demonstriere, nicht auszulegen. Auch der Wert der Gegenstände dürfte richtig angegeben sein. Wenn der Kläger und seine Ehefrau sie aus Katalogen ermittelt haben, ist das nicht zu beanstanden. Eine andere Möglichkeit wird in der Regel für einen Versicherungsnehmer kaum bestehen, da Rechnungen für Waren dieser Art nicht aufbewahrt zu werden pflegen. Im übrigen hat die Beklagte die Wertangaben auch nicht substantiiert angegriffen, obwohl ihr dies zumindest bei den Fotogeräten, die detailliert bezeichnet sind, nach eigenen Ermittlungen durchaus möglich gewesen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Es ist keine 20 %-ige Selbstbeteiligung nach § 6 IV AVBR abzuziehen. Bei dem gestohlenen Koffer handelt es sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht um "lose mitgeführte (oder am Körper getragene) Gegenstände". Darunter sind bei verständiger Auslegung und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß es sich hier um eine Reisegepäckversicherung handelt, Gegenstände geringeren Umfanges zu verstehen, bei denen die Gefahr eines Verlustes oder eines Zugriffs Dritter relativ groß ist, da sie nur wenig gesichert sind. Dazu dürften Fotoapparate, Handtaschen, Schirme und andere Dinge dieser Art zählen. Keinesfalls kann das für einen im Auto verbleibenden schweren Koffer gelten. Diesen führt der Versicherungsnehmer nicht lose mit sich. Bei einer solchen Auslegung würde bis auf wenige Ausnahmen bei diesem Versicherungsverhältnis eine generelle Selbstbeteiligung von 20 % gelten, die nach der Fassung der Bedingung erkennbar nicht beabsichtigt ist.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Anspruch mindert sich aber nach § 6 I AVBR. Versicherungswert ist nur dann der Neuwert (Wiederbeschaffungswert), wenn der Zeitwert um nicht mehr als die Hälfte geringer ist. Dies ist bei dem geringen Verkaufswert getragener Kleidungsstücke zumindest bei der geringerwertigen Kleidung naheliegend, auch wenn sie relativ kurz vor dem Versicherungsfall gekauft worden sein mag. Dagegen ist ein solcher Wertverlust bei der Fotoausrüstung, dem Koffer selbst, dem Elektrorasierer, dem Haartrockner und der Toilettentasche kaum anzunehmen. Insoweit rechtfertigt sich der Ansatz des Neuwertes von 1.824,- DM. Dieser Betrag ist noch um 69,30 DM zu erhöhen, da das Teleobjektiv 519,30 DM und nicht 450,- DM gekostet hat, wie der Kläger zunächst in seiner Liste angab. Dies folgt aus der im Prozeß vorgelegten Rechnung. Die wertvolleren und erfahrungsgemäß länger zu tragenden Kleidungsstücke, die nach Angaben des Klägers und seiner Ehefrau ebenfalls kurz zuvor gekauft wurden, dürften nach Schätzung des Senats ebenfalls noch keinen 50 %-igen Wertverlust erlitten haben. Dies gilt für Röcke, Hosen, Pollover und Strickjacken in Höhe von 1.420,- DM. Die restlichen Kleidungsstücke machen einen Neuwert von 1.774,- DM aus. Der Senat schätzt ihren Zeitwert nach § 287 ZPO auf 750,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Gesamtbetrag, der von der Beklagten dem Kläger zu ersetzen ist, beläuft sich damit auf 4.063,30 DM.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die verlangten Zinsen sind nach § 291 BGB zuzusprechen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Ein Ausspruch über die Vollstreckbarkeit erübrigt sich, weil der Rechtsstreit nicht revisibel ist.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Wert der Beschwer beträgt für die beklagte 4.063,30 DM und für den Kläger 956,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Verkündet am 26. März 1982</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">,Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts</p>
|
315,821 | olgham-1982-03-26-20-u-30481 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 304/81 | "1982-03-26T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:50" | "2019-03-27T09:42:07" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1982:0326.20U304.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 19. Juni 1981 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund abgeändert.</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.431,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 31. Juli 1980 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger unterhielt seit dem 1. Juli 1973 bei der Beklagten eine Hausratsversicherung. Gegenstand des Versicherungsvertrages waren die Allgemeinen Bedingungen für die Neuwertversicherung des Hausrats (VHB 66). Am 19. Januar 1980 brannte ein Holzschuppen des Klägers, in dem dieser gerade Reparaturarbeiten am Kraftfahrzeug eines Bekannten ausführte, ab.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat vorgetragen: Er habe Spachtelarbeiten an dem Fahrzeug ausgeführt. Um die Trocknung der Spachtelmasse zu beschleunigen, habe er die reparierte Stelle mit einer Heizsonne angestrahlt. Versehentlich sei er an die Zuleitung geraten und habe den Heizstrahler umgerissen. Dadurch müsse der Teppichboden in Brand geraten sein. Bei dem Brand seien Werkzeug und sonstige Gegenstände im Wert von insgesamt 4.470,50 DM zerstört worden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.806,47 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 31. Juli 1980 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Sie hat vorgetragen: Sie sei aus verschiedenen Gründen leistungsfrei. Zunächst habe der Kläger seine Anzeigepflicht verletzt, denn er habe bei der Antragstellung nicht angegeben, daß seine Garage aus Holz gebaut sei. Außerdem liege eine Gefahrerhöhung vor. Der Kläger habe die Garage als Kfz.-Werkstatt genutzt und er habe in ihr feuergefährliche Materialien aufbewahrt (Nitroverdünnung, Teroson, Gasflaschen). Schließlich habe der Kläger den Schaden auch grob fahrlässig herbeigeführt. Es sei ein unerhörter Verstoß gegen Sorgfaltspflichten, unter solchen Umständen mit einer Heizsonne zu arbeiten.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger den Brand grob fahrlässig herbeigeführt habe.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Hiergegen hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Er wiederholt im wesentlichen sein Vorbringen erster Instanz und beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.806,47 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 31. Juli 1980 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte nimmt auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug und beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen. Die Ermittlungsakten 30 UJs 267/80 StA Bochum waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Der Senat hat den Kläger persönlich gehört und die Zeugin ... uneidlich vernommen. Wegen des Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk vom 5. März 1982 verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist im wesentlichen auch sachlich gerechtfertigt. Dabei geht der Senat davon aus, daß der Kläger lediglich die Zahlung eines Betrages von 4.470,50 DM begehrt. Der in beiden Instanzen verlesene Zahlungsantrag in Höhe von 4.806,47 DM ist offensichtlich unrichtig und muß daher einschränkend ausgelegt werden; er kommt dadurch zustande, daß der Kläger die Kosten des Mahnverfahrens in Höhe von 335,97 DM zur Klagesumme hinzurechnet.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann von der Beklagten aus der Hausratversicherung die Zahlung eines Betrages von 4.431,50 DM verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist nicht wegen einer Anzeigepflichtverletzung des Klägers leistungsfrei. Zum einen hat der Kläger nicht, wie die Beklagte meint, bei der Antragstellung verschwiegen, daß seine Garage aus Holz gebaut sei, denn er hat den Schuppen, den er im übrigen unwiderlegt gar nicht als Garage nutzt, erst im Jahre 1977 errichtet. Zum anderen ist die Beklagte nicht binnen Monatsfrist (§§7 I VHB, §§16 ff VVG) vom Vertrage zurückgetreten.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist ferner nicht wegen Gefahrerhöhung leistungsfrei (§§7 II VHB, 23 ff VVG).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Gefahrerhöhung ist eine nachträgliche Änderung der bei Vertragsschluß vorhandenen gefahrerheblichen Umstände, die den Eintritt des Versicherungsfalls oder eine Vergrößerung des Schadens wahrscheinlicher macht (Prölss-Martin, 22. Aufl., §23 Anm. 2 A). Gefahrerhöhung sind nach herrschender Meinung nur solche Gefährdungsvorgänge, die nicht die Gefahr als solche alsbald verwirklichen, sondern ihrer Natur nach geeignet sind, einen neuen Gefahrenzustand von so langer Dauer zu schaffen, daß er die Grundlage eines neuen natürlichen Schadensverlaufs bilden kann und damit den Eintritt des Versicherungsfalls generell zu fördern geeignet ist. Maßgebend für die Frage, ob ein Dauerzustand zu bejahen ist, sind subjektive Kriterien, entscheidend ist die Willensrichtung des Versicherungsnehmers (Prölss-Martin, 22. Aufl., §23 Anm. 2 A c). Ob die Änderung eines Umstandes die Gefahr (erheblich: §29 S. 1 VVG) erhöht, muß vom Standpunkt sachgemäßer vernünftiger Versicherungstechnik beurteilt werden; es kommt darauf an, ob die Veränderung dem Versicherer vernünftigerweise hätte Anlaß bieten können, die Versicherung aufzuheben oder nur gegen eine erhöhte Prämie fortzusetzen (Prölss-Martin, 22. Aufl., §23 Anm. 2 A d).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Bei Anwendung dieser Grundsätze läßt sich im vorliegenden Fall keine Gefahrerhöhung feststellen. Der Umstand, daß der Kläger sein Werkzeug in einem Holzschuppen verwahrt und dort auch verschiedene sperrige Gegenstände (Fahrrad, Skier, Campingliegen usw) untergebracht hat, stellt für sich allein keine Gefahrerhöhung dar, und zwar auch dann nicht, wenn der Kläger den Schuppen als Heimwerker-Werkstatt benutzt hat. Vom Standpunkt sachgemäßer vernünftiger Versicherungstechnik ist die dadurch verursachte Gefahr jedenfalls nicht erheblich höher, als wenn der Kläger - wie vermutlich vor der Errichtung des Schuppens - den Keller seiner Wohnung entsprechend genutzt hätte. Auch die Aufbewahrung von 5 lt. Verdünnung und Teroson, das im übrigen nicht feuergefährlich ist, ändert an dieser Betrachtung nichts, denn das Vorhandensein dieser Materialien wird vom Versicherer vernünftiger Weise von vornherein einkalkuliert. Ob in der Aufbewahrung der Gasflaschen eine Gefahrerhöhung lag, ist zweifelhaft, weil ungeklärt ist, um welches Gas und welche Mengen es sich gehandelt hat. Diese Frage kann jedoch dahinstehen, denn eine eventuelle Gefahrerhöhung hat sich nicht ausgewirkt, da die Gasflaschen unstreitig nicht explodiert sind (§25 III VVG). Eine Gefahrerhöhung wäre allerdings wohl dann anzunehmen, wenn der Kläger den Schuppen dauernd als Kfz.-Werkstatt genutzt hätte. Das läßt sich jedoch nicht feststellen; nach seinen Angaben hat der Kläger selbst sein eigenes Fahrzeug in aller Regel nicht in dem Schuppen repariert. Auch die Benutzung des Heizstrahlers stellt keine Gefahrerhöhung dar; es handelte sich - soweit sich feststellen läßt - lediglich um einen einmaligen Vorgang, denn der Kläger hatte sich das Gerät nur für dieser Fahrzeugreparatur von seiner Ehefrau ausgeliehen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist schließlich auch nicht dadurch leistungsfrei geworden, daß der Kläger den Schadensfall grob fahrlässig herbeigeführt hat (§§16 I VHB, 61 VVG).</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer in grober, geradezu unerhörter Weise gegen die im Verkehr erforderlichen Sorgfaltspflichten verstoßen hat. Diese Sorgfaltsverletzung muß sich auf einen konkreten, vom Versicherer zu beweisenden Geschehensablauf beziehen. Hier ist auf Grund der unwiderlegten Schilderung des Klägers davon auszugehen, daß der Brand dadurch entstanden ist, daß der Kläger versehentlich gegen das Zuleitungskabel des Heizstrahlers geraten ist und diesen dadurch umgerissen hat. An dem umgestürzten Heizstrahler hat sich dann der Teppichboden entzündet, wobei möglicherweise eine Rolle gespielt haben mag, daß der Kläger das Unfällen des Gerätes nicht sofort bemerkt hat. Alle anderen von der Beklagten aufgeführten Geschehensabläufe, wie z.B. die Entzündung explosiver Dämpfe, beruhen auf reinen Spekulationen. Diese Feststellungen reichen nicht aus, um das Verhalten des Klägers als grobe Fahrlässigkeit zu charakterisieren. Es ist weder grob fahrlässig, daß der Kläger den Heizstrahler auf den Teppichboden gestellt hat, noch daß er - vielleicht unbemerkt - gegen das Kabel gestoßen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Heizstrahler zur Verwendung in Wohnräumen, also auch in mit Teppichen ausgelegten Räumen, vorgesehen war. Irgendwelche Feststellungen dazu, daß der Kläger die Zuleitung besonders gefahrträchtig verlegt hatte, liegen nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger ist durch den Brand ein von der Beklagten zu ersetzender Schaden in Höhe von insgesamt 4.431,50 DM entstanden.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Auf Grund der glaubhaften Aussage der Zeugin ... ist davon auszugehen, daß bei dem Brande die Gegenstände zerstört worden sind, die die Zeugin in der Anlage zur Schadensanzeige aufgeführt hat. Dabei hat der Senat auch keine Bedenken, bei der Bestimmung des Ersatzwertes den Wertangaben der Zeugin zu folgen, soweit diese im wesentlichen mit dem schriftsätzlichen Vortrag des Klägers übereinstimmen und sich in der mündlichen Verhandlung keine Abweichungen ergeben haben. Die Zeugin hat überzeugend dargelegt, daß sie die Anschaffungspreise, die bei den fast ausschließlich noch ziemlich neuen Sachen maßgebend sind (vgl. §4 VHB), sorgfältig ermittelt hat. Im übrigen hat sie die Zeitwerte, soweit diese ausnahmsweise zu Grunde zu legen sind, ersichtlich maßvoll geschätzt. Danach sind folgende Schadenspositionen zu ersetzen:</p>
<br /><span class="absatzRechts">26</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="1">
<tr>
<td>Fahrrad</td>
<td>280,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Angelausrüstung (inkl. Gummianzug)</td>
<td>180,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Schlüsselsatz (60 Stück)</td>
<td>75,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Schleifmaschine</td>
<td>156,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Spritzpistole</td>
<td>170,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Werkbank</td>
<td>499,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Spaten</td>
<td>20,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Schaufel</td>
<td>20,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>2 Rollen Schleifpapier</td>
<td>125,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Gummistiefel</td>
<td>50,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>3 Wasserkräne/2 elektr. Pumpen</td>
<td>120,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Radio Blaupunkt</td>
<td>40,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Autobatterie</td>
<td>98,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Vorsatzkreissäge</td>
<td>55,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Kabelbox</td>
<td>24,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Fußluftpumpe</td>
<td>26,50 DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Reservered neu</td>
<td>55,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Werkstattlampe</td>
<td>23,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Abstützböcke</td>
<td>32,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Sicherheitsgurte</td>
<td>90,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Lötpistole</td>
<td>54,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Eckrohrzange</td>
<td>26,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>2 Schraubenzwingen</td>
<td>65,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Spannungsprüfer</td>
<td><u>18,- DM</u></td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td>2.301,50 DM</td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td> </td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Bei den nachfolgenden Schadenspositionen haben sich in der mündlichen Verhandlung Abweichungen gegenüber dem schriftsätzlichen Vortrag des Klägers ergeben.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Ansatz von 45,- DM für Schweißarmaturen im Schriftsatz vom 6. Mai 1981 beruht offenbar auf einem Schreibfehler. Auf Grund der Aussage der Zeugin ..., die die Armaturen in Übereinstimmung mit den jetzigen Angaben des Klägers in der Schadensanzeige mit 450,- DM bewertet hat, ist von einem Anschaffungspreis in dieser Höhe auszugehen. Auch bei dem Werkzeugschrank geht der Senat im Hinblick auf die Angaben der Zeugin in der Schadensanzeige von einem Anschaffungspreis von 499,- DM aus. Aus dem gleichen Grunde geht der Senat ferner davon aus, daß zwei Gartenliegen im Werte von 170,- DM verbrannt sind. Der Senat geht mit der dementsprechenden Verurteilung der Beklagten schon deshalb nicht in unzulässiger Weise über die Anträge des Klägers hinaus, weil davon auszugehen ist, daß dieser die in der mündlichen Verhandlung eingehend erörterten höheren Beträge jedenfalls hilfsweise zur Auffüllung des eingeklagten Betrages geltend macht.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, daß dem Kläger mehrere Bohrmaschinen gehört haben. Der Anschaffungspreis der Bohrmaschine des Klägers ist mit 180,- DM anzunehmen, da die Zeugin, deren Angaben der Senat - wie erwähnt - eine hohe Zuverlässigkeit beimißt, diesen Preis in der Schadensanzeige angegeben hat. Aus diesem Grunde können die beiden Wagenheber auch nur - statt mit 90,- DM - mit 36,- DM bewertet werden. Aus dem gleichen Grunde bemißt der Senat den Anschaffungspreis des Werkzeugkastens - statt mit 250,- DM - mit 19,- DM, zumal der Kläger in der mündlichen Verhandlung selbst erklärt hat, der Kasten sei nicht teuer gewesen. Auf Grund der Angaben der Zeugin in der Schadensanzeige geht der Senat schließlich auch davon aus, daß die 2 Paar Skier 280,- DM gekostet haben.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Preis des Winkelschleifers hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung selbst mit 268,- DM angegeben. Den Preis des gebraucht gekauften Philips-Autoradios hat er mit 80,- DM angegeben, das Universum-Autoradio hat er als wertlos bezeichnet.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Den Zeitwert des ca. 20 Jahre alten Heizstrahlers, der neu - wie sich aus der Aussage der Zeugin ... ergibt - 300,- DM gekostet hat, schätzt der Senat auf 30,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Gemäß §2 II VHB kann der Kläger auch Ersatz für die Gegenstände verlangen, die im Eigentum der Kirchengemeinde standen. Hierbei handelt es sich um einen Handrasenmäher und 20 m Schlauch. Der Senat schätzt den Wiederbeschaffungspreis dieser Sachen in Übereinstimmung mit den Angaben des Klägers auf 98,- DM und 20,- DM. Hinsichtlich der ferner im Eigentum der Kirchengemeinde stehenden Bohrmaschine fehlt jede Wertangabe.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Damit ergibt sich folgende Zusammenstellung des von der Beklagten zu leistenden Ersatzes:</p>
<br /><span class="absatzRechts">34</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="1">
<tr>
<td>Übertrag</td>
<td>2.301,50 DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Schweißarmaturen</td>
<td>450,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Werkzeugschrank</td>
<td>499,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>2 Gartenliegen</td>
<td>170,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Bohrmaschine</td>
<td>180,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>2 Wagenheber</td>
<td>36,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Werkzeugkasten</td>
<td>19,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>2 Paar Skier</td>
<td>280,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Winkelschleifer</td>
<td>268,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Autoradio</td>
<td>80,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Heizstrahler</td>
<td>30,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Rasenmäher</td>
<td>98,- DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Schlauch</td>
<td><u>20,- DM</u></td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td>4.431,50 DM</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beruft sich vergeblich darauf, der Kläger sei unterversichert gewesen. Ihr Vortrag, ein Versicherungsnehmer, der seinen Hausrat im Jahre 1973 mit 30.000,- DM zum Neuwert versichere, müsse heute unterversichert sein, ist nicht hinreichend substantiiert. Es läßt sich insbesondere nicht feststellen, welches Ausmaß die möglicherweise tatsächlich gegebene Unterversicherung erreicht. Die Beklagte wäre gut beraten gewesen, wenn sie seinerzeit. Wert und Umfang der zerstörten Sachen sowie des gesamten versicherten Hausrats hatte an Ort und Stelle überprüfen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die zugesprochenen Zinsen ergeben sich aus den §§288, 284 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §91 ZPO. Eine Entscheidung zur sofortigen Vollstreckbarkeit ist nicht erforderlich, weil die Revisionssumme nach dem Ermessen des Senats unzweifelhaft nicht erreicht wird.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Beschwer der Beklagten beträgt 4.431,50 DM, die Beschwer des Klägers 39,- DM.</p>
|
315,822 | ovgnrw-1982-03-22-2-a-158479 | {
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} | 2 A 1584/79 | "1982-03-22T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:51" | "2019-03-27T09:42:07" | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1982:0322.2A1584.79.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks R.
in .... Das Grundstück ist an einen Regenwasserkanal angeschlossen. Auf diese
Weise wird ein Teil des Daches - es handelt sich um eine Fläche von 44 qm -
entwässert. Im übrigen wird das Regenwasser zusammen mit dem Schmutzwasser in
eine genehmigte Klärgrube abgeleitet, soweit es nicht auf die Straße läuft. Der
Beklagte veranlagt die Klägerin zu Kanalbenutzungsgebühren für die
Regenwasserableitung. In einem Rechtsstreit über die Veranlagung für die Jahre 1976
und 1977 (9 K 1207/77 VG Köln) schlossen die Parteien einen Vergleich, nach dem
der Beklagte für diesen Veranlagungszeitraum die Hälfte der jeweiligen Gebühren
fordern kann. Dementsprechend setzte der Beklagte die Gebühren für 1976 und 1977
durch Bescheid vom 5. Dezember 1977 endgültig fest. Außerdem bestimmte er mit
diesem Bescheid, daß die von der B. Licht-, Kraft- und Wasserwerke GmbH (B.) für
das Jahr 1978 zu erhebenden Gebühren auf der Grundlage des halbierten
Gebührensatzes in Höhe von 0,21 DM vorläufig festgesetzt werden. Gegen diese
Bestimmung erhob die Klägerin Widerspruch, den der Beklagter durch
Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 1978 zurückwies.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Mit der am 13. Februar 1978 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht,
die Gebühr für die Ableitung des Regenwassers sei nach einem unzulässigen
Maßstab berechnet worden; der sogenannte Frischwassermaßstab sei jedenfalls im
Fall der ausschließlichen Ableitung von Niederschlagswasser kein geeigneter
Wahrscheinlichkeitsmaßstab.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">den Bescheid des Beklagten vom 5. Dezember 1977 und seinen
Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 1978 insoweit aufzuheben, als hierdurch die
Benutzungsgebühr für das Jahr 1978 vorläufig festgesetzt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat sich auf die Billigung des Frischwassermaßstabs durch die
Rechtsprechung auch für die Bemessung der Oberflächenentwässerungsgebühr
berufen und beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 2. Mai 1979 abgewiesen,
das den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 28. Mai 1979 zugestellt worden
ist.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Am 8. Juni 1979 hat die Klägerin die vom Verwaltungsgericht zugelassene
Berufung eingelegt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Durch Bescheid vom 10. Juli 1979 setzte der Beklagte die
Kanalbenutzungsgebühren für das Jahr 1978 endgültig auf 61,74 DM fest; dabei legte
er eine dem Grundstück zugeführte Wassermenge von 294 cbm und einen
Gebührensatz von 0,21 DM zugrunde. Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 14. Juli
1979 Gegenvorstellungen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Im Berufungsverfahren änderte die Klägerin die Klage dahin, daß nunmehr der
endgültige Bescheid für das Jahr 1978 vom 10. Juli 1979 (an Stelle des Bescheides
vom 5. Dezember 1977) angefochten werde. Der Beklagte hat in die Klageänderung
eingewilligt.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung der Berufung wiederholt die Klägerin ihr erstinstanzliches
Vorbringen und trägt ergänzend vors Sie könne schon nach der in der Beitrags- und
Gebührensatzung getroffenen Regelung nicht zu Gebühren herangezogen werden;
danach sei zwar auch für die Bemessung des in die Kanalisation eingeleiteten
Regenwassers die dem Grundstücks zugeführte Frischwassermenge maßgebend;
hiervon sei aber die nicht der Kanalisation zugeführte Wassermenge abzusetzen;
Demnach sei in ihrem Falle (wegen der Ableitung des Schmutzwassers in die
Klärgrube) die gesamte Frischwassermenge abzusetzen. Im übrigen gehe das
angefochtene Urteil zu Unrecht davon aus, daß in der Stadt B. ein einigermaßen
gesichertes Verhältnis zwischen der Inanspruchnahme der Schmutzwasser- und der
Regenkanalisation bestehe. Dem vom Verwaltungsgericht hervorgehobenen
Gesichtspunkt der Praktikabilität des Frischwassermaßstabes könne keine Bedeutung
zukommen, da die Stadt B. früher einen besonderen Maßstab für die Bemessung des
eingeleiteten Regenwassers gehabt habe.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">unter Änderung des angefochtenen Urteils den Heranziehungsbescheid des
Beklagten vom 10. Juli 1979 aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat auf eine Beteiligung an allen
Prozeßhandlungen mit Ausnahme des Rechts auf Einlegung von Rechtsmitteln
verzichtet.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Alle Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie der Verfahren 9 K 1207/77 und 9 K 1208/77
VG Köln sowie auf die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Berufung, über die der Senat gemäß § 101 Abs. 2 der
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist
unbegründet. Die Klageabweisung durch das Verwaltungsgericht ist auch unter
Berücksichtigung der im Berufungsverfahren erfolgten Klageänderung
aufrechtzuerhalten.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Klageänderung ist allerdings zulässig. Der Beklagte hat ihr zugestimmt. Damit
ist den Anforderungen des § 91 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
genügt. Die Einwilligung des Vertreters des öffentlichen Interesses ist nicht
erforderlich, da er (auch) auf die Beteiligung an dieser Prozeßhandlung verzichtet
hat.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist auch nach ihrer Änderung zulässig. Es bedurfte nicht der
Durchführung eines erneuten Vorverfahrens, da der endgültige Bescheid vom 10. Juli
1979 hinsichtlich der Begründung der Gebührenzahlungspflicht an die Stelle des
Bescheides vom 5. Dezember 1977 getreten ist; Grundlage der Verwirklichung des
Gebührenanspruchs im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 5 lit. a) des
Kommunalabgabengesetzes in der Fassung des A.O.-Anpassungsgesetzes vom 21.
Dezember 1976, GV NW 473, (KAG) in Verbindung mit § 118 Abs. 1 der
Abgabenordnung (AO 1977) und damit Rechtsgrund für die Gebührenzahlung ist nicht
mehr der Bescheid des Beklagten vom 5. Dezember 1977 (i.V.m. dem
entsprechenden Folgebescheid der B.), sondern der Bescheid vom 10. Juli 1979. Das
vor Erhebung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 5. Dezember 1977
durchgeführte Vorverfahren hatte dem Beklagten Gelegenheit gegeben, die
Rechtmäßigkeit der, vorläufigen Gebührenfestsetzung unter den gleichen rechtlichen
Gesichtspunkten zu prüfen, die nunmehr für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des
endgültigen Bescheides maßgebend sind. Ein erneutes Vorverfahren ist unter diesen
Umständen ebenso entbehrlich wie in den Fällen, in denen ein Verwaltungsakt einen im
Klagewege angefochtenen Verwaltungsakt ersetzt (aufhebt), und an seiner Stelle im
Wege der Klageänderung angefochten wird.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Vgl. hierzu, das Urteil des Senats vom 8. Dezember 1966 - II A 295/60 -,
Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte in Münster und Lüneburg (OVGE) 22,
125.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist aber nicht begründet, da der Bescheid des Beklagten vom 10. Juli
1979 rechtmäßig ist.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Maßgebend für die. Erhebung der Kanalbenutzungsgebühren für das Jahr 1978 ist
die Beitrags- und Gebührensatzung zur Satzung über die Entwässerung der
Grundstücke und den Anschluß an die öffentlichen Abwasseranlagen -
Entwässerungssatzung - in der Stadt B. vom 18. Dezember 1975, die am 1. Januar
1976 in Kraft getreten ist (BGS 1976). Diese Satzung ist formell gültig. Sie enthält
auch eine rechtswirksame Festsetzung der Gebührensätze.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Vgl. hierzu das Urteil des Senats vom 26. Februar 1982 - 2 A 1667/79 - (zur
Veröffentlichung bestimmt).</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Regelungen sind in § 8 BGS 1976
wie folgt getroffen:</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">(1) Die Gebühr wird nach der Menge der Abwässer berechnet, die der
öffentlichen Abwasserananlage von den angeschlossenen Grundstücken zugeführt
wird. Berechnungseinheit für Schmutz- und Regenwassergebühr ist der cbm
Abwasser.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">(2) Als gebührenpflichtige Abwassermenge gelten die dem Grundstück aus
öffentlichen und privaten Wasserversorgungsanlagen zugeführte und auf ihm
gewonnene Wassermenge abzüglich 20 %. Dieser Abzug ist die Wassermenge, die
üblicherweise auf dem Grundstück verbraucht oder zurückgehalten und deshalb der
Kanalisation nicht zugeführt wird. Ein darüber hinaus gehender Abzug kann von dem
Gebührenpflichtigen nur verlangt werden, wenn mit dem Antrag auf Ermäßigung die
durch anerkannte Meßvorrichtungen nachgewiesenen zurückgehaltenen
Wassermengen der Stadt angezeigt werden.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">...</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">(3) ...</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">(4) ...</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">(5) Die Benutzungsgebühr beträgt je cbm Abwasser:</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">a) beim Mischsystem 1,70 DM</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">b) beim Trennsystem </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"> aa) für die Einleitung in den Schmutzwasserkanal 1,28 DM</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks"> bb) für die Einleitung in den Regenwasserkanal 0,42 DM</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">(6) ...</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">(7) Die Benutzungsgebühr für Abnehmer die jährlich mehr als 1.800 cbm
über einen Zähler bezogenes. Frischwasser ableiten (Großverbraucher) ermäßigt sich
wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">...</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung der Klägerin werden von diesen Bestimmungen auch
Fälle der vorliegenden Art erfaßt, in denen nur Regenwasser in die Kanalisation
abgeleitet wird. Zwar gelangt das gesamte dem Grundstück zugeführte Frischwasser
nicht in die Kanalisation, wenn das Schmutzwasser (das zu Schmutzwasser
gewordene Frischwasser) nicht in die Kanalisation, sondern in eine Klärgrube
abgeleitet wird. Dieses Schmutzwasser ist aber nicht "die Wassermenge, die ... auf
dem Grundstück verbraucht oder zurückgehalten und deshalb nicht der Kanalisation
zugeführt wird."</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">"Verbraucht" wird das Frischwasser im Hinblick auf den Zweck dieser Bestimmung
nur dann, wenn es bei seiner Verwendung im Rahmen der Grundstücksnutzung so
verändert wird, daß es nicht mehr in einer Leitung abfließen und daher nicht mehr
abgeleitet werden kann, wenn es also insbesondere beim Besprengen des Rasens im
Gartenboden versickert oder beim Kochen verdampft. Wird das Frischwasser
dagegen nur so verwendet, daß es zu Schmutzwasser wird, welches noch in einer
Leitung abfließen kann, so liegt kein Verbrauch im Sinne des § 8 Abs. 2 BGS 1976
vor. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Schmutzwasser tatsächlich in die
Kanalisation oder in die Klärgrube abgeleitet wird. Entscheidend ist, daß es überhaupt
abgeleitet werden kann. Liegt aber kein Verbrauch im dargelegten Sinne vor, so
unterbleibt die Einleitung in die Kanalisation nicht - worauf die Satzung abstellt -
"deshalb", weil das Frischwasser auf dem Grundstück verbraucht wird.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">"Zurückgehalten" wird auf dem Grundstück nur die Wassermenge, die für einen
späteren Verbrauch bestimmt ist, also die Wassermenge, die später so verändert
werden soll, daß der Abfluß in einer Leitung nicht mehr möglich ist.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Nur diese Auslegung der zitierten Vorschrift wird der erkennbaren Absicht des
Ortsgesetzgebers gerecht, auch die Gebühr für die alleinige Einleitung von
Regenwasser in die Kanalisation nach der dem Grundstück zugeführten
Frischwassermenge (abzüglich der auf dem Grundstück verbrauchten oder
zurückgehaltenen Wassermenge) zu bemessen.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Diese Bemessungsregelung ist entgegen der Ansicht der Klägerin rechtlich
unbedenklich. Sie entspricht § 6 Abs. 3 KAG. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist die
Benutzungsgebühr nach der Inanspruchnahme der Einrichtung zu bemessen
(Wirklichkeitsmaßstab). Ist dies jedoch besonders schwierig oder wirtschaftlich nicht
vertretbar, kann nach Satz 2 a.a.O. ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab gewählt werden,
der nicht in einem offensichtlichen Mißverhältnis zu der Inanspruchnahme stehen
darf.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Der Frischwassermaßstab ist auch für die Bemessung der
Oberflächenentwässerungs- oder Regenwassergebühr ein zulässiger
Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Dies hat der Senat in ständiger Rechtsprechung
erkannt.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Vgl. u.a. die Urteile vom 12. März 1973 - II A 28/70 -, OVGE 28, 253 (274), vom
14. Dezember 1977 - II A 235/76 -, (insoweit nicht veröffentlicht) und vom 31. August
1978 - II A 1369/76 (insoweit n.v.).</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Der Anwendung dieses Maßstabs liegt die Wahrscheinlichkeitsannahme zugrunde,
daß zwischen den Mengen des abgeleiteten Schmutzwassers und des
Niederschlagswassers eine gewisse Relation besteht. Soweit diese Relation gestört
ist, weil einem verhältnismäßig kleinen Grundstück sehr viel Frischwasser zugeführt
wird, kann die Satzung die Benachteiligung solcher Grundstückseigentümer durch eine
Gebührendegression ausgleichen, an dieser durch das</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Bundesverwaltungsgericht, Beschluß vom 25. Februar 1972 - VII B 92.70 -
Kommunale Steuerzeitschrift (KStZ) 1972, 111 (112),</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">gebilligten Rechtsprechung hält der Senat fest, soweit sich die Zulässigkeit von
Wahrscheinlichkeitsmaßstäben allein nach § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG beurteilt. Eine
Überprüfung erscheint jedoch angebracht, wenn über die Gültigkeit eines Maßstabs
zur Abwälzung von Abwasserabgaben gemäß § 65 des Landeswassergesetzes vom
4. Juli 1979, GV NW 488 (LWG) zu entscheiden sein wird, weil in diesem Falle die -
möglicherweise bei Schmutz- und Regenwasser unterschiedliche - Schädlichkeit des
Abwassers von Bedeutung ist (§ 65 Abs. 3 LWG).</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Im sachlichen Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG erscheint jedoch
die Annahme, es bestehe eine gewisse Relation zwischen den Mengen des
abgeleiteten Schmutzwassers und des Niederschlagswassers, gerechtfertigt. Die
Menge des abgeleiteten Regenwassers hängt von der Menge des auf dem
befestigten Teil der Grundstücksfläche niedergehenden Regens ab. Die Größe des
befestigten Teils der Grundstücksfläche steht (noch) in einem gewissen
Zusammenhang mit der Zahl der Bewohner des Grundstücks, von der die Menge des
dem Grundstück zugeführten Frischwassers abhängt, die für die Bemessung des
abgeleiteten Schmutzwassers maßgebend ist. Soweit die Kritik an dieser
Rechtsprechung die Annahme einer gewissen Relation zwischen den Mengen des
Schmutzwassers und des Regenwassers als eine nicht bewiesene Behauptung
bezeichnet,</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">- so Dahmen/Driehaus/Küfmann/Wiese, Kommentar zum
Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl., § 4 RdNr. 72
(S. 195) -</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">wird offenbar vorausgesetzt, die Wahrscheinlichkeit, daß mit der Menge des
abgeleiteten Schmutzwassers auch die Menge des abgeleiteten Regenwassers steige
oder falle, müsse bewiesen werden. Das ist jedoch nicht der Fall. Es genügt, daß ein
solcher Zusammenhang in der dargelegten Weise denkbar und nicht offensichtlich
unmöglich ist. Die in § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG getroffene Regelung ist die Reaktion des
Gesetzgebers auf die vom erkennenden Senat zum früheren Recht vertretene
Auffassung, die Gemeinde müsse unter mehreren sich anbietenden
Wahrscheinlichkeitsmaßstäben denjenigen wählen, der der Wirklichkeit am nächsten
kommt.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Vgl. das Urteil des Senats vom 14. Mai 1969 - II A 687/67 -, KStZ 1969,
160.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Nach dem Willen des Gesetzgebers, der im Wortlaut der Vorschrift mit
hinlänglicher Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen ist, sollte die Gemeinde
demgegenüber auch einen weniger wirklichkeitsnahen Maßstab wählen können mit der
einzigen Einschränkung, daß er nicht in einem offensichtlichen Mißverhältnis zu der
Inanspruchnahme stehen darf.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Vgl. zur Entstehungsgeschichte des § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG das Urteil des Senats
vom 20. November 1979 - II A 1269/79 -, Städte- und Gemeinderat (StGR) 1980,
117 (118 f).</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Mit diesem Willen des Gesetzgebers ist es nicht zu vereinbaren, für die Annahme
der Wahrscheinlichkeit eines von der Maßstabsregelung vorausgesetzten
Zusammenhangs Beweise, etwa in Form von Sachverständigengutachten, zu
verlangen. Es ist lediglich (vom Ortsgesetzgeber) zu prüfen, ob kein offensichtliches
Mißverhältnis zur Inanspruchnahme vorliegt. Diese Prüfung hat die örtlichen
Gegebenheiten zu berücksichtigen. Ein offensichtliches Mißverhältnis zur
Inanspruchnahme muß auch von technischen Laien, die sich eingehend mit der Frage
befassen (also auch von den Mitgliedern des Rates), ohne weiteres erkannt werden
können. Läßt sich ein Mißverhältnis zur Inanspruchnahme erst aufgrund eines
Sachverständigengutachtens oder aufgrund umfangreicher oder komplizierter
Ermittlungen und Berechnungen feststellen, so ist das Mißverhältnis nicht offensichtlich
im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Falle durfte der Rat der Stadt B. demnach als
Bemessungsgrundlage auch für die sogenannte Regenwassergebühr den
Frischwassermaßstab einführen; er war nicht verpflichtet, an dem von der früheren
Stadt B. gewählten Maßstab der befestigten Grundstücksfläche, der
wirklichkeitsnäher erscheint, festzuhalten. Ein offensichtliches Mißverhältnis des
Frischwassermaßstabs zur Inanspruchnahme der Kanalisation hat der
Ortsgesetzgeber nur bei solchen Abnehmern angenommen, die jährlich mehr als 1.800
cbm Frischwasser ableiten. Für diese Benutzer der Kanalisation hat er eine
Gebührendegression vorgesehen. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats. Es
besteht bei Zugrundelegung dieser Rechtsprechung keine Veranlassung, die
Richtigkeit der vom Ortsgesetzgeber vorgenommenen Beurteilung der Verhältnisse in
der Stadt B. durch ein Sachverständigengutachten überprüfen zu lassen. Mit ihrem
hierauf gerichteten Verlangen geht die Klägerin offenbar davon aus, die Stadt müsse
einen der Wirklichkeit am weitesten entgegenkommenden Maßstab statuieren, und
Schmutzwassermengen und Regenwassermengen müßten in einem (in diesem Sinne)
annähernd gesicherten Verhältnis zueinander stehen (vgl. den Schriftsatz ihres
Prozeßbevollmächtigten vom 3. April 1978). Diese Auffassung ist mit dem Willen des
Gesetzgebers nicht vereinbar, den Gemeinden innerhalb der äußersten Grenzen, die
sich aus dem Äquivalenzprinzip und dem Gleichheitssatz ergeben, die freie Wahl des
Maßstabs zu überlassen. Soweit in Einzelfällen ein offensichtliches Mißverhältnis des
angewandten Maßstabs zur Inanspruchnahme der Kanalisation vorliegt, braucht die
Maßstabsregelung dies nicht zu berücksichtigen. Vielmehr ist in solchen Fällen zur
Vermeidung einer Verletzung des Äquivalenzprinzips und des Gleichheitssatzes gemäß
§ 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) KAG i.V.m. § 163 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 eine abweichende
Festsetzung aus Billigkeitsgründen vorzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Eine solche abweichende Festsetzung der Gebühr war im Falle der Klägerin
geboten, da nicht das gesamte auf dem befestigten Teil ihres Grundstücks
niedergehende Regenwasser in die Kanalisation abgeleitet wird. Der Beklagte ist
davon ausgegangen, daß etwa die Hälfte des Regens der Kanalisation zugeführt wird.
Er hat daher der Veranlagung die Hälfte des für die Einleitung in den
Regenwasserkanal vorgesehenen. Gebührensatzes von 0,42 DM, mithin 0,21 DM
zugrundegelegt. Die Ermessenserwägungen des Beklagten orientieren sich rechtlich
unbedenklich an dem im Vorprozeß 9 K 1207/77 abgeschlossenen Vergleich über die
Kanalbenutzungsgebühren für die Jahre 1976 und 1977, bei dem beide Parteien davon
ausgingen, daß die Hälfte der für die Regenwasserableitung bestimmten Gebühr als
angemessene Gegenleistung für die Inanspruchnahme der Regenwasserkanalisation
anzusehen sei.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Unter diesen Umständen konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Voraussetzungen für
eine Zulassung der Revision (§§ 132 Abs. 2, 137 Abs. 1 VwGO) liegen nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
315,823 | olgham-1982-03-12-20-u-34081 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 340/81 | "1982-03-12T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:54" | "2019-03-27T09:42:07" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1982:0312.20U340.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 31. August 1981 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger wurde wegen eines Wirbelsäulensyndroms von seinem Hausarzt ... am 14. Januar 1980 in das ... zur stationären Behandlung eingewiesen. Zur Behandlung wurden physikalische Maßnahmen (Bestrahlung, Wärme usw.) eingesetzt, die die aufgetretenen Schmerzen nach einer Woche so weit besserten, daß eine Entlassung aus der stationären Behandlung hätte erfolgen können. Da der Kläger aber stark übergewichtig war - er wog 127 kg - war ihm von der zuständigen Krankenhausärztin angeraten worden, den stationären Aufenthalt zur Reduzierung des Körpergewichts zu nutzen und zu verlängern, zumal als Folge des starken Übergewichts erhöhte Fett- und Cholesterinwerte im Serum festgestellt wurden. Aufgrund dieses Rates setzte der Kläger die nun zur Gewichtsreduzierung verordnete 800-Kalorien-Diät in stationärer Krankenhausbehandlung bis zum 13. Februar 1980 fort. Bis zu diesem Zeitpunkt verringerte er sein Körpergewicht um 10 kg.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Krankenhaustagegeldversicherungsvertrages hat der Kläger von der Beklagten, die mit Schreiben vom 21. April 1980 gegenüber dem Kläger Leistungen ablehnte, die Zahlung von (31 × 100,- DM =) 3.100,- DM verlangt. Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 700,- DM nebst 12,5 % Zinsen vom 25. April 1980 bis zum 6. Mai 1980 und nebst 13 % Zinsen seit dem 7. Mai 1980 zu zahlen, im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine stationäre Heilbehandlung sei lediglich für die Dauer einer Woche medizinisch notwendig gewesen, um das Wirbelsäulensysdrom zu behandeln. Hingegen sei es medizinisch nicht notwendig gewesen, die anschließend durchgeführte 800-Kalorien-Diät im Krankenhaus vorzunehmen. Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf dieses Urteil Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet, die stationäre Heilbehandlung sei auch während der letzten 24 Tage medizinisch notwendig gewesen. Sein Übergewicht habe Krankheitswert gehabt, zur Vermeidung von Spätschäden sei eine sofortige Reduzierung des Körpergewichts erforderlich gewesen. Seine in den letzten Jahren unter ärztlicher Aufsicht vorgenommenen ambulanten Abmagerungsversuche seien jeweils ohne Wirkung geblieben, dagegen hätten in den Jahren 1973 und 1975 durchgeführte stationäre Diätbehandlungen jeweils zur Reduzierung des Körpergewichts um 8 kg geführt. Wegen der gescheiterten ambulanten Diätbehandlungen sei nur eine stationäre Behandlung erfolgversprechend gewesen, weil nur dabei die Möglichkeit gegeben gewesen sein ihn durch ständige Gespräche seitens der behandelnden Ärzte und des Pflegepersonals zur strikten Einhaltung der Diät zu motivieren.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 2.400,- DM nebst 12,5 Zinsen vom 25. April 1980 bis zum 6. Mai 1980 und 13 % Zinsen seit dem 7. Mai 1980 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Sie ist der Ansicht, daß die dem Kläger verordnete 800-Kalorien-Diät ebensogut ambulant hätte durchgeführt werden können, weil sie mit körperlichen Risiken im Gegensatz zur sog. Nulldiät nicht verbunden sei und der Erfolg in der Kur nicht von der Art ihrer Durchführung, sondern allein vom Durchhaltewillen und Durchhaltevermögen des Klägers abhängig gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat den Kläger gem. §141 ZPO gehört und den Sachverständigen ... zur Erläuterung seines in erster Instanz schriftlich und mündlich erstatteten Gutachtens gehört.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, gem. §141 ZPO gehört, hat erklärt: "1973 bin ich wegen einer Magenblutung stationär in der Klinik behandelt worden. Ich habe bei der Gelegenheit die Stationsschwester von mir aus gebeten, mich für die Dauer der stationären Heilbehandlung auf eine 1000-Kalorien-Diät zu setzen. Das entsprach dem Vorschlag des Stationsarztes, ich solle doch die Gelegenheit des Krankenhausaufenthaltes benutzen, um etwas abzunehmen. Ich habe damals 8 kg abgenommen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Nach dem Krankenhausaufenthalt habe ich dann zuhause versucht, das Gewicht zu halten. Im Laufe der folgenden Jahre habe ich dann aber wieder voll zugenommen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">1975 bin ich wegen einer Handverletzung stationär in der Klinik behandelt worden. Bei dieser Gelegenheit habe ich mich erneut einer 800-Kalorien-Diät unterzogen und 8 kg abgenommen. Daheim habe ich dann aber das alte Gewicht nach einiger Zeit wieder gehabt. Das lag an meiner damaligen besonderen Situation. Meine Frau war unheilbar an Leukämie erkrankt und ist seit 1975 über 3 1/2 Jahre hin langsam und qualvoll gestorben. Das hat mich psychisch so stark belastet, daß ich fortgesetzt Magenbeschwerden hatte. Wenn ich aber Magenschmerzen habe, muß ich zwischendurch immer eine Kleinigkeit essen, sonst halte ich es nicht aus.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Ich bin in der Gastronomie tätig und trinke seit 10 Jahren zu Hause gar keinen und in der Gastwirtschaft nur ganz selten etwas Alkohol, z.B., wenn ein Gast aus besonderem Anlaß eine Runde gibt.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Nach dem letzten Krankenhausaufenthalt in Greven, aus dem der hier zu verhandelnde Streit entstanden ist, habe ich mein reduziertes Gewicht behalten, weil ich seither nicht mehr so sehr unter psychischem Druck stehe."</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Sachverständige ... hat erklärt:</p>
<br /><span class="absatzRechts">18</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td><i>"Adipositas ist eine Krankheit und muß behandelt werden. Ob stationär oder ambulant, ist Frage der Einzelfallentscheidung. Eine einheitliche wissenschaftliche Meinung über den jeweils richtigen Weg gibt es nicht. Für die "0-Diät" wird von verschiedenen Seiten die Meinung vertreten, sie solle im Regelfall stationär durchgeführt werden, weil mit ihr organische Risiken verbunden sind, die sorgfältiger und ständiger fachlicher Kontrolle bedürffen.</i>
<i>Für die 800-Kalorien-Diät sind im Regelfall solche organischen Risiken nicht zu befürchten, so daß dieser Grund für eine stationäre Behandlung im Regelfall nicht gegeben ist. Deswegen wird medizinisch auch nicht vertreten, daß aus diesem Grund eine stationäre Behandlung im Regelfall erforderlich sei. Jedenfalls kann ich dafür keine namhaften Stimmen nennen.</i>
<i>Allerdings kann es bei einer 800-Kalorien-Diät aus psychologischen Gründen vertretbar sein, eine stationäre Behandlung nicht nur für medizinisch nützlich, sondern auch für medizinisch notwendig zu halten. Adipositas ist, wie ich schon sagte, eine Krankheit und muß behandelt werden. Das ist in der Regel eine Langzeitbehandlung Nur langfristig kontrollierte Nahrungsaufnahme kann helfen. Langfristig kann daher die Adipositas nur ambulant durch Eigenbehandlung des Patienten, gegebenenfalls unter Beratung durch den Hausarzt, bekämpft werden. Es kann aber nützlich, im Einzelfall vertretbarer weise sogar als medizinisch notwendig erscheinen, daß dieser langfristigen Eigenbehandlung ein stationärer Aufenthalt mit einer 800-Kalorien-Diät vorgeschaltet wird, um den Patienten für die ambulante Weiterbehandlung richtig "einzuschwören" und zu motivieren, damit er sie dann nachher durchhält, also aus psychologischen Gründen."</i></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Streitig ist unter den Parteien nur noch der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Krankenhaustagegeld wegen der stationären Behandlung in der Zeit vom 21. Januar bis zum 13. Februar 1980. Ein solcher Anspruch steht dem Kläger gegen die Beklagte nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Gem. §1 Abs. 1 b der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Beklagten (die in allen hier interessierenden Punkten den MB/KK entsprechen) gewährt diese im Versicherungsfall in der Krankenhaustagegeldversicherung bei stationärer Behandlung ein Krankenhaustagegeld. Nach §1 Abs. 2 AVB ist Versicherungsfall die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen. Nach der von dem Senat geteilten Rechtsprechung des BGH (Versicherungsrecht 1979, 221 ff.) liegt eine notwendige Heilbehandlung in diesem Sinne jedenfalls auch dann vor, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Maßnahmen vertretbar war, sie als notwendig anzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Fall war es nicht vertretbar, eine stationäre Behandlung des Klägers in der Zeit vom 21. Januar bis zum 13. Februar 1980 für medizinisch notwendig zu erachten.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><b>1)</b></p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist während dieser Zeit wegen Adipositas behandelt worden. Adipositas ist - jedenfalls wenn ein solches Ausmaß wie hier vorliegt - nach dem den Senat überzeugenden Gutachten des Sachverständigen ... eine Krankheit und muß behandelt werden. Damit ist jedoch nicht die Frage beantwortet, ob eine stationäre Behandlung medizinisch notwendig oder ob eine nur ambulante Behandlung der Adipositas ausreichend ist. Diese Frage ist nicht generell zu entscheiden, sondern muß in jedem Einzelfall im Hinblick auf die konkret anzuwendende Therapie geprüft werden.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><b>2)</b></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Ob bei der sog. Nulldiät im Regelfall eine stationäre Behandlung erforderlich gewesen wäre, um die damit verbundenen organischen Risiken unter ärztlicher Kontrolle zu halten, ist, hier nicht zu entscheiden, da bei dem Kläger lediglich eine eingeschränkte (800-Kalorien) Diät angewendet wurde. Eine solche eingeschränkte Diät birgt in der Regel - so auch im vorliegenden Fall - keine so großen Risiken in sich, daß diese Risiken stationär ständig kontrolliert werden müßten.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><b>3)</b></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">In einem solchen Regelfall kann bei einer 800-Kalorien-Diät eine stationäre Behandlung daher allenfalls aus psychologischen Gründen medizinisch notwendig werden, um den Patienten richtig "einzustimmen", d.h. um ihn genügend zu motivieren, damit er anschließend die stationär erprobte richtige Ernährung in Eigenbehandlung - gegebenenfalls unter Kontrolle des Hausarztes - ambulant fortsetzt und auch durchhält Sie ist dann gewissermaßen als Initialzündung für den Beginn der nachfolgenden langfristigen Eigenbehandlung anzusehen. Dabei wird es sich aber immer um Ausnahmefälle handeln. Denn im Regelfall gilt folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Wenn ein Patient trotz mehrfacher stationärer Behandlungen anschließend die erforderliche Eigenbehandlung nicht durchgehalten hat, wird es im allgemeinen sinnlos erscheinen, einen weiteren Versuch zu unternehmen, den Patienten bei stationärem Krankenhausaufenthalt auf eine langfristige ambulante Weiterbehandlung richtig "einzuschwören". Ein solcher erneuter stationärer Versuch wäre angesichts der durch die früheren Fehlschläge erwiesenen Disziplinlosigkeit des Patienten vergeblich und darum auch medizinisch nicht mehr notwendig.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Wenn dagegen ein Patient zum ersten Mal eine 800-Kalorien-Diät durchführen soll, so wird es regelmäßig medizinisch noch nicht geboten und deshalb auch noch nicht notwendig sein, sogleich eine stationäre "Motivationsphase" vorzuschalten. Vielmehr wird es aus wirtschaftlichen Gründen geboten sein, eine solche Diät zunächst einmal ambulant - ggfs. unter Kontrolle des Hausarztes vorzunehmen. Denn unter zwei medizinisch zunächst möglichen Wegen der Behandlung wird in der Regel der weniger aufwendige zu wählen sein.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks"><b>4)</b></p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Allerdings können nach mehrfachen vergeblichen ambulanten Diätversuchen zur dauerhaft richtigen Ernährung weitere ärztliche Verordnungen für eine ambulante Diät sinnlos sein, weil sich gezeigt hat, daß der Patient allein nicht die nötige Willenskraft aufbringt, um die Diät durchzuhalten. Nach solchen mehrfachen ambulanten Fehlschlagen kann es möglicherweise angezeigt und jedenfalls vertretbar sein, eine stationäre Behandlung mit einer 800-Kalorien-Diät als vorgeschaltete Motivationsphase für eine langfristige ambulante Weiterbehandlung als medizinisch notwendig anzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Diese Voraussetzungen haben sich jedoch hier nicht feststellen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Ein "Motivations-Versuch" erschien allerdings nicht schon deshalb sinnlos, weil der Kläger schon zweimal stationär eine 100- bzw. 800-Kalorien-Diät erhalten und danach alsbald doch jeweils wieder bis zu seinem alten Gewicht zugenommen hatte. Denn die erste beschränkte Diät 1973 hatte der Kläger auf eigenen Wunsch und möglicherweise ohne hinreichende zusätzliche ärztliche Einstimmung erhalten. Negative Rückschlüsse auf die Erfolgsaussicht der hier streitigen stationären Behandlung können daraus demnach nicht gezogen werden. Daß der Kläger nach der zweiten stationären beschränkten Diät wiederum offenbar nach kurzer Zeit in seine alten, falschen Ernährungsgewohnheiten verfiel, hat er bei seiner Anhörung glaubhaft damit erklärt, daß er damals und in den folgenden Jahren unter starkem psychischem Druck gestanden habe. Seine Ehefrau sei nämlich an Leukämie erkrankt gewesen, und er habe von 1975 bis 1979 mit ansehen müssen, wie seine Ehefrau langsam eines qualvollen Todes gestorben sei. Dieses Leiden seiner Ehefrau hat den Kläger verständlicherweise derart seelisch belastet und in Anspruch genommen, daß er nicht noch zusätzlich die für eine Beschränkung der Nahrungsmittelaufnahme notwendige Willensstärke aufbringen konnte. Als der Kläger in dem hier streitigen Fall stationär auf eine beschränkte Diät gesetzt wurde, lag der Tod seiner Ehefrau schon eine Zeit lang zurück, so daß der durch das Leiden seiner Ehefrau ausgelöste psychische Druck inzwischen entfallen war. Deshalb gab auch der zweite mißlungene Versuch, den Kläger zunächst stationär mit einer Diätkur zu behandeln, um ihn dann auf die nachfolgende ambulante Weiterbehandlung einzustimmen, keinen Anlaß zu der Annahme, auch der hier streitige dritte Versuch werde wie der vorangegangene und der 1973 unternommene vergeblich sein. Vielmehr mußten zugunsten des Klägers die bisherigen stationären Abmagerungsversuche außer Acht bleiben, weil sie aus den genannten Gründen Rückschlüsse auf den Durchhaltewillen und das Durchhaltevermögen des Klägers nicht zulassen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Andererseits belegten aber auch die beiden 1978 und 1979 vom Kläger erfolglos unternommenen ambulanten Versuche, sein Gewicht durch beschränkte Diätkuren zu reduzieren, noch nicht, daß der Kläger allein aus eigener Willenskraft ohne die "Initialzündung" einer stationären Diätkur eine ambulante Diätkur nicht durchstehen konnte. Denn konsequenterweise muß insoweit ebenfalls berücksichtigt werden, diesmal jedoch zu Lasten des Klägers, daß er die beiden ambulanten Abmagerungsversuche zu einer Zeit unternommen hat, als er unter sehr starkem psychischem Druck stand und seine gesamte Willenskraft brauchte, um die mit der Krankheit seiner Ehefrau einhergehenden Belastungen durchzustehen.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Somit waren bei der Beurteilung der Frage, ob die notwendige Diät gleich mit einer stationären Initialzündung beginnen oder zunächst einmal ambulant versucht werden sollte, die vorangegangenen Diätkuren des Klägers - ambulant und stationär - gleichermaßen außer Acht zu lassen. Die Sachlage war somit derjenigen vergleichbar, in der jemand zum ersten Mal eine 800-Kalorien-Diät einhalten soll. In einem solchen Fall ist es aber - wie oben ausgeführt - in aller Regel nicht vertretbar, die kostenintensive stationäre Behandlung für medizinisch notwendig zu erachten, weil die weniger aufwendige Möglichkeit einer ambulanten Eigenbehandlung nach Weisung und unter Aufsicht des Hausarztes noch nicht ausgeschöpft ist. Bei der Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit hat der Arzt nämlich auch wirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Sind für die Behandlung einer Krankheit zwei gleichwertige Behandlungsmethoden möglich und kann beim Fehlschlagen der einen Methode ohne Nachteile für den Patienten anschließend die andere noch erprobt werden (z.B. ambulante oder stationäre Behandlung nacheinander), so ist es in der Regel nicht vertretbar, die wesentlich teuerere Methode sogleich als medizinisch notwendig anzusehen, solange die wesentlich kostengünstigere Methode nicht erprobt worden ist. Da relevante besondere Umstände beim Kläger nicht vorliegen, die eine Ausnahme von dem oben dargelegten Regelfall gerechtfertigt erscheinen lassen, war es auch im vorliegenden Fall nicht vertretbar, für die Durchführung der beschränkten Diät eine stationäre Behandlung des Klägers als notwendig anzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Klägers konnte daher keinen Erfolg haben. Die Kostenentscheidung beruht auf §97 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht, da die Revisionssumme unzweifelhaft nicht erreicht ist.</p>
|
315,824 | lg-dortmund-1982-03-12-3-o-54381 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": 407,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 3 O 543/81 | "1982-03-12T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:56" | "2019-03-27T09:42:07" | Urteil | ECLI:DE:LGDO:1982:0312.3O543.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.041,73 DM</p>
<p>(i.W.: dreitausendeinundvierzig 73/100 Deutsche Mark) nebst 4 %</p>
<p>Zinsen seit dem 26. März 1981 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>2. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der</p>
<p>Klägerin 2/3 der künftig notwendigen Leistungen für die Versicherte</p>
<p>U wegen der am 4. November 1978 erlittenen Hundebiß-</p>
<p>verletzungen zu erstatten.</p>
<p></p>
<p></p>
<p>3. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.</p>
<p></p>
<p>4, Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.900,-- DM</p>
<p>vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin macht gegen die Beklagte als Tierhalterin</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">einen nach § 1542 RVO übergegangenen Anspruch des</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">pflichtversicherten Kindes U geltend, und</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">zwar mit einem Zahlungs- und Feststellungsantrag.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Am 4. November 1978 übergab die Beklagte der damals noch</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">nicht ganz 8 Jahre alten U wieder: einmal den</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">ihrem damaligem Lebensgefährten C gehörenden und im</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">gemeinsamen Haushalt gehaltenen schwarzen Pudel namens</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">"B" zum Ausführen. Während dieses Ausführens wurde</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Diana von einem schwarzen Hund namens B am Arm und</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Oberschenkel gebissen. Infolge dieser Bisse wurde sie</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">vom 4. bis 24.11.1978 stationär im Krankenhaus und an-</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">schließend ambulant behandelt. Von den dadurch ent-</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">standenen und von ihr aufgewendeten Kosten von insgesamt</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">4.562,60 DM macht die Klägerin mit dem Bezahlungs- und Feststellungs-</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">antrag jeweils 2/3 geltend, weil die Beklagte in dem Recht-</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">streit des verletzten Kindes gegen sie - 4 0 176/79 LG Dortmund</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">im Vergleich vom 08.05.1980 vor dem OLG Hamm 2/3 der An-</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Sprüche des Kindes anerkannt und insoweit die Zahlung über-</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">nommen hat.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin trägt vor, zu den Bißverletzungen durch den</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">auch von der Beklagten gehaltenen Pudel sei es dadurch</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">gekommen, daß ein griechischer Junge das Tier abgeleint</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">und auf Diana gehetzt habe. Den Feststellungsantrag be-</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">gründet die Klägerin mit ihrer Leistungspflicht für etwa</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">noch erforderliche Narbenkorrekturen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">1 .) die Beklagte zur Zahlung von</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">3.041,73 DM nebst 4 % Zinsen</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">seit dem 26. März 1981 zu verurteilen;</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">2.) festzustellen, daß die Beklagte</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">verpflichtet sei, 2/3der jeweils zukünftigen </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">notwendigen Leistungen für die versicherte</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">U wegen der am</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">04.11.1973 erlittenen Hundebiß-</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">verletzungen zu erstatten.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Sie hat nach der am 13.10.81 zugestellten Verfügung gemäß</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">§276 ZPO mit einer Stellungnahmefrist von weiteren 4 Wochen</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">zwar rechtzeitig ihre Verteidigungsabsicht angezeigt, jedoch</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">erstmals mit dem am 24.02.1982 bei Gericht eingegangenen</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Schriftsatz zur Sache Stellung genommen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Sie will nicht bestreiten, Halterin des Pudels gewesen zu</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">sein, stellt das aber in die Überprüfung des Gerichts. Sie</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">bestreitet sodann "die Kausalität zwischen der Übergabe</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">des Hundes an U und dem eingetretenen Schaden ", und</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">zwar mit der Begründung, daß der Hund nicht leichtfertig</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">an U übergeben worden sei. Sie, die Beklagte, sei von</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">der Zustimmung der gesetzlichen Vertreter ausgegangen.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Das überlassen sei auch nicht Schadensursache. Es müsse</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">vielmehr von der ersten Schilderung U gegenüber den</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Polizeibeamten in dem Ermittlungsverfahren -22 Js 3154/78</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">StA Dortmund- ausgegangen werden. Dort habe U die -un-</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">vollständig wiedergegebene- Darstellung des im Schriftsatz</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">vom 22.02.1982 auf Seite 3 ( Blatt 27 der Akten ) angeführten</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Inhalts gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Der dort geschilderte Vorgang falle nicht unter die Tier-</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">halterhaftung.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Im übrigen werde ausdrücklich bestritten, daß die Bisse von</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">ihrem Tier stammten.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Vorsorglich erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">und den Einwand der Verwirkung. </p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Schließlich meint sie, U müsse sich als Ausfluß der</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Schadensminderungspflicht während des Krankenhausaufenthaltes</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">die ersparten Unterhaltskosten ihrer Eltern anrechnen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Für den Feststellungsantrag fehlt nach Ansicht der Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">das Feststellungsinteresse. </p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe </u></b></p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche sind nach</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">§§ 1542 RVO, 833 BGB schlüssig und begründet. Das Fest-</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">stellungsinteresse ( § 256 ZPO ) ist gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Das Vorbringen der Beklagten ist , unabhängig von der</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Frage der Nichtzulassung nach § 296 Abs. 1 ZPO, nicht ge-</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">eignet, den Vortrag der Klägerin zu erschüttern.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist Tierhalterin im Sinne von § 833 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Tierhalter ist, wer aus eigenem Interesse mit Besitzstellung</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">über die Betreuung und Existenz des Tieres entscheiden kann</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">( OLG Hamm, Versicherungsrecht, 63/1054 ). Ehepaare, die</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">gemeinsam ein Tier in der gemeinsamen Wohnung halten und</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">betreuen, sind beide Halter ( OLG Düsseldorf, Versicherungs-</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">recht 72/403 ). Gleiches gilt für die Partner einer freien</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Lebensgemeinschaft, mag auch der Hund rechtlich nur einem</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:18px">der beiden Partner gehören. Die Tierhaltereigenschaft wird</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">durch das tatsächliche Verhalten begründet und nicht</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">durch rechtliche Verhältnisse. Dieses tatsächliche Ver-</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">halten ist bei der Beklagten, die während der Abwesenheit</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">des Lebenspartners den Hund allein versorgt und über eine Aus-</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">händigung an Dritte entscheiden kann, gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Das bloße Bestreiten der Beklagten, daß der von ihr mit-gehaltene</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Hund dem Kinde U die Bisse zugefügt habe, reicht zu</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">einem gehörigen Bestreiten jetzt nicht mehr aus. Denn es ist</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">unstreitig, daß ein schwarzer Hund Bißverursacher war.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Der von der Beklagten mitgehaltene Pudel hat eine schwarze</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Farbe. Unstreitig ist ferner, daß dieser Pudel "B"</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">heißt. Unstreitig ist auch, daß die Beklagte in dem Hause</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">"auf der gegenüberliegenden Seite" wohnte, so wie U</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">es bei ihrer ersten polizeilichen Anhörung bekundet hatte.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Die weitere dort gemachte Angabe des Kindes, dass ein Junge sich</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">seinerzeit den Hund ausgeliehen habe, ist nach dem eigenen</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Vorbringen der Beklagten falsch und trägt deutlich die Tendenz</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">etwaiges Mitverschulden oder eine Mitverursachung von vornherein</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">von sich abzuwenden. Denn die Beklagte selbst hat nie be-</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">stritten, an jenem Tage dem Kinde U den Hund zum Aus-</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">führen überlassen zu haben. Hinzu kommt, daß die Beklagte</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">an ihr eigenes vorprozessuales Vorbringen im Schriftsatz</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 15.12.1978 ( Blatt 34 der</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">Beiakten 4 0 176/79 LG Dortmund ) gehalten werden muß.</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Schließlich hat sie im Termin vom 16.11.79 in dem dortigen</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Verfahren ( Blatt 37 der o.a. Beiakten ) nicht bestritten, daß</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">B U gebissen hat, wie die Gründe des dortigen</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Urteils ( Blatt 38 a.a.O. ) ausweisen .</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Hundebisse durch Aufhetzen seitens eines anderen Kindes</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">gehören, auch wenn das andere Kind den Hund zunächst ab-</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">leint, zu den typischen und zurechenbaren Tiergefahren</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">im Sinn von §§ 833 BGB, für die der Halter einzustehen</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">hat. Äußere Anreize auf Körper oder Sinne des Tieres</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">räumen die Haftung des Tierhalters für die Tiergefahr</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">regelmäßig nicht aus, wenn das Tier den Anreizen folgt.</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">Die Grenze ist lediglich dort zu ziehen, wo ein Tier</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">nicht mehr selbsttätig handelt, oder wo es unter menschlicher</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Leitung lediglich dem Willen des Leiters gehorcht. ( vgl.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">hierzu BGH NJW 52/1329 ). Ein solcher Fall liegt nicht</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">vor, wenn ein Junge aus Übermut den Hund von der Leine</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">löst, die ein Mädchen hält, und den Hund dann auf das</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Mädchen hetzt. Denn ein solcher Junge ist nicht "Leiter"</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">des Tieres im Sinne der Rechtsprechung.</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Die weiteren Ausführungen der Beklagten sind für die</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">Entscheidung des Rechtstreits unerheblich. Auf ihr</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">mangelndes Verschulden kommt es nicht an, weil die</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">Tierhalterhaftung eine Gefährdungshaftung ist.</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Die Tatsache der Übergabe an das Kind U beseitigt</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">weder die Gefährdungshaftung, noch hat sie etwas mit</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">der Kausalität zu tun. Die Übergabe zum Ausführen ist</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">weder eine Leihe noch ein Aufsichtsvertrag im Sinne von</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">§ 834 BGB, sondern von beiden Seiten eine Gefälligkeits-</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">handlung ohne rechtliche Bindungswirkung und Bindungs-</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">willen.</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">Ein Mitverschulden des Kindes nach § 254 Abs. 1 BGB in</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">Verbindung mit § 828 Abs. 2 BGB ist selbst dann nicht er-</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">sichtlich, wenn sie den Hund dem griechischen Jungen frei-</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">willig überlassen haben sollte. Sie brauchte jedenfalls im</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">Sinne einer zurechenbaren Veräntwortlichkeit nach § 828 Abs.2</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">BGB, nicht damit zu rechnen, daß der Junge dann den Hund auf</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">sie hetzte und daß das ansonsten friedliche Tier nun ausgerechnet</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">sie selbst, die es kennt, beißt. Im übrigen wäre mit der</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">Verminderung der Ansprüche auf 2/3 einem -hier nicht gege-</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">benen- Mitverschulden mehr als ausreichend Rechnung ge-</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">tragen worden.</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">Die Einrede der Verjährung greift nicht durch ( § 852 BGB ),</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">weil die Klage schon am 13. Oktober 1981 zugestellt worden</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">ist, die Verjährung aber frühestens am 04.11.1978 beginnen</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">und am 04.11.1981 ablaufen konnte.</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">Für den Einwand der Verwirkung fehlt es an jeglichem Sach-</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">vortrag.</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">Die Höhe ist nicht bestritten worden.</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">Eine Anrechnung der ersparte Eigenaufwendungen aus dem Ge-</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">sichtspunkt der Vorteilsausgleichung kommt nach Ansicht der</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">Kammer nicht in Betracht. Das Kind U ist vermögenslos</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">und hat keine eigenen Aufwendungen für den eigenen Unter-</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">halt. Es konnte folglich auch keine eigenen Ersparnisse</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">machen. Der vom OLG Celle ( NJW 69/1765 ff. ) vertretenen</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">Ansicht einer Anrechenbarkeit kann nicht gefolgt werden.</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">Das OLG geht von einem nicht zutreffenden Ausgangsargument</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">aus. Es berücksichtigt nicht, daß es sich hier um Unter-</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">haltsleistungen Dritter handelt. Solche Leistungen Dritter</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">sollen in der Regel einem Schädiger nicht zugute kommen.</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">Dann kann aber auch ein Ersparnis Dritter nicht zur Vorteils-</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">ausgleichung herangezogen werden. Geschädigter infolge</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">der Körperverletzung ist und bleibt das Kind. Die Eltern</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">als Unterhaltsverpflichtete sind allenfalls mittelbar Ge-</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">schädigte, die keinen eigenen Anspruch gegen die Schädiger</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks">haben.</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">Das Feststellungsinteresse ist gegeben, weil für die</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">künftige Beseitigung von Bißnarben eine schon jetzt be-</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks">gründete Pflicht der Klägerin besteht, die dazu erforder-</p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks">lichen Kosten zu begleichen. Da Narben verblieben sind,</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks">ist von der Beklagten nicht bestritten worden. Damit hat</p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks">die Klägerin nicht nur ein Interesse an der Feststellung,</p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks">sondern auch eine sachliche Berechtigung, denn der Anspruch</p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks">nach § 1542 RVO geht bereits mit der gegenseitigen oder</p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks">künftigen Leistungspflicht des Versicherungsträgers über.</p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 284 Abs. 1, 288 Abs. 1,</p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks">BGB gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.</p>
|
315,825 | vg-munster-1982-03-10-6-k-81681 | {
"id": 846,
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} | 6 K 816/81 | "1982-03-10T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:58" | "2019-03-27T09:42:07" | Urteil | ECLI:DE:VGMS:1982:0310.6K816.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Es wird festgestellt, daß die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 9.
Februar 1981 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidenten Münster
vom 27. März 1981 rechtswidrig gewesen sind.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist Viehhändler. Am 11. Dezember 1980 untersuchte der Beklagte 6
Kälber des zu diesem Zeitpunkt insgesamt 16 Tiere umfassenden Bestandes des
Klägers stichprobenweise auf Östrogen, wobei sich bei einem Tier ein positiver
Befund ergab. Bei den 16 Kälbern handelte es sich um sogen. Starterkälber im Alter
von ca. 8 Wochen, die der Kläger aus den Niederlanden importiert hatte. Am 18.
Dezember 1980 verhängte der Beklagte über den Bestand mündlich eine
Entfernungs- und Veräußerungssperre, die er durch Bescheid vom 23. Dezember
1980 schriftlich bestätigte. Bei einer Nachuntersuchung wies das Kalb, bei dem ein
positiver Befund festgestellt worden war, einen negativen Befund auf. Daraufhin
wurden Ende Januar dieses Kalb und die 5 weiteren Kälber, die zuvor untersucht
worden waren, freigegeben. Vier weitere Kälber wurden nach erfolgter
Rückstandsuntersuchung mit negativem Ergebnis im Schlachthof Bocholt
geschlachtet. Sodann erließ der Beklagte am 9. Februar 1981 die mit der
vorliegenden Klage angegriffene Ordnungsverfügung, in der es heißt:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">"In Abänderung meiner mündlichen Ordnungsverfügung vom 18.12.1980,
schriftlich abgefaßt am 23.12.1980, wird hiermit auf der Grundlage der §§ 14, 18 des
Ordnungsbehördengesetzes NW und des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b) und c) des
Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes i.V.m. der Verordnung über Stoffe
mit pharmakologischer Wirkung vom 3.8.1977 (BGBl. I Nr. 53 vom 10.8.1977, S.
1479) folgendes verfügt:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">1. Die aus dem am 11.12.1980 untersuchten Bestand von insgesamt 16 Kälbern
verbliebenen 6 Kälber mit den Ohrmarken Nr. 152946, 152947, 152948, 152949,
152950 und 152945 dürfen nur mit Zustimmung des Veterinäramtes des Kreises von
ihrem Standort in XXX entfernt werden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Sofern die Kälber zur Schlachtung abgegeben werden sollen, ist die
Schlachtstätte anzugeben. An der Schlachtstätte unterliegen die Tiere der
Rückstandsuntersuchung auf östrogenwirksame Stoffe nach näherer Anweisung des
zuständigen Veterinäramtes. Nur bei einem negativen Ergebnis der
Rückstandsuntersuchung wird das Fleisch für den menschlichen Verzehr
freigegeben.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Rückstandsuntersuchung im Schlachtbetrieb kann dadurch entfallen, daß auf
Ihren Antrag hin Rückstandsuntersuchungen vor der Schlachtung im Bestand
vorgenommen werden und deren Ergebnisse die Unbedenklichkeit des Bestandes
ergeben. Auch diese Untersuchungen sind nach weiterer Maßgabe des
Veterinäramtes des Kreises Borken durchzurühren.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Kosten dieser Untersuchungen sind von Ihnen zu tragen.
Die Kälber können mit Genehmigung des Veterinäramtes des Kreises in andere
Bestände zur Mast bis zur Schlachtreife als Schlachtbullen bzw. als Schlachtrinder
oder zu sonstigen Nutzzwecken verbracht werden, wenn sichergestellt wird, daß der
Verbleib der Tiere durch das Veterinäramt überwacht und erforderlichenfalls
Rückstandsuntersuchungen eingeleitet werden können. Biese Genehmigung wird
Ihnen ggf. auf Antrag hin erteilt."</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung heißt es u.a.: Für die verbliebenen 6 Kälber rechtfertigt sich die
Ordnungsverfügung aus dem Gesichtspunkt einer Gefahr für die öffentliche
Sicherheit gemäß § 14 OBG. Wenn in einem Bestand zumindest ein
östrogenverseuchtes Tier angetroffen wird, so besteht der dringende Verdacht, daß
auch andere Kälber des Bestandes verseucht sind. Hieran ändert auch nichts der
Umstand, daß bei weiteren Tieren ein negativer Befund erhoben worden ist oder daß
die Tiere nicht beim Mäster, sondern bei einem Viehhändler stehen. Eine Gefahr für
die öffentliche Sicherheit in Form der Gesundheit der Verbraucher und zu
befürchtender Verstöße gegen das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz
sowie die Verordnung über Stoffe mit pharmakologischer Wirkung ergibt sich daraus,
daß solche Tierbestände, in denen positive Befunde erhoben werden sind, als
verdächtig angesehen werden müssen. Da auch der Abbau von Östrogen bzw. die
Zeitdauer dieses Abbaues einerseits von der Medikamentation andererseits auch von
der Dosierung und der Eigenart des jeweiligen Tieres abhängt, ist auch stets der
Negativnachweis durch eine konkrete Rückstandsuntersuchung am jeweiligen Tier zu
fordern.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Nachdem die 6 Kälber geschlachtet worden waren, wobei Östrogen nicht
festgestellt wurde, und nach erfolglosem Widerspruch ("Widerspruchsbescheid des
Regierungspräsidenten Münster vom 27. März 1981, zugestellt am 31. März 1981)
hat der Kläger am 30. April 1981 Klage erhoben, zu deren Begründung er im
wesentlichen geltend macht:</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Ordnungsverfügung vom 9. Februar 1981 sei rechtswidrig gewesen, weil
eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nicht vorgelegen habe. Ihm
sei durch die Verfügung ein Schaden (Stall- und Fütterungskosten, entgangener
Gewinn) entstanden, dessen Ersatz er vom Beklagten verlangen wolle.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,
festzustellen, daß die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 9. Februar 1981 und
der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidenten Münster vom 27. März 1981
rechtwidrig gewesen sind.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung wiederholt und vertieft er die Ausführungen in den
angefochtenen Bescheiden.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Vertreter des öffentlichen Interesses beteiligt sich am Verfahren, äußert sich
aber nicht zur Sache.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen und des Sachverhalts im
übrigen wird auf die Gerichtsakte, nebst Beiakte, Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Klage ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">I. Das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse des
Klägers an der begehrten Feststellung, daß der durch die Schlachtung der 6 Kälber
erledigte Verwaltungsakt des Beklagten vom 9. Februar 1981 rechtswidrig gewesen
ist, ergibt sich aus der konkret dargetanen Absicht des Klägers, den Beklagten auf
Ersatz des durch die Fütterung entstandenen Schadens (Stall- und Fütterungskosten,
entgangener Gewinn)
in Anspruch zu nehmen, sowie aus Gründen der Wiederholungsgefahr und des
Rehabilitationsinteresses.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">II. Nach § 14 Abs. 1 OBG NW, worauf die angegriffene Ordnungsverfügung im
Kern gestutzt ist, können die Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen
treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit
oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren. Von dieser Vorschrift wird die Verfügung des
Beklagten vom 9. Februar 1981 nicht gedeckt.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">1) Eine Gefahr im Sinne des § 14 Abs. 1 OBG NW liegt vor, wenn eine Sachlage
oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden
Geschehens mit Wahrscheinlichkeit die öffentliche Sicherheit oder Ordnung
schädigen wird (Wolff, Verwaltungsrecht III, 3. Auflage, § 125 III a). Für diese
Wahrscheinlichkeit genügen einerseits nicht bloße Vermutungen oder die entfernte
Möglichkeit eines Schadens; andererseits ist nicht erforderlich, daß der Eintritt des
Schadens gewiß ist oder unmittelbar bevorsteht (Wolff, aaO, § 125 III b 1). Dabei
sind die Anforderungen an die Feststellung der Wahrscheinlichkeit geringer, wenn
besonders hochwertige Schutzgüter auf dem Spiel stehen (BVerwG, Urteil vom
26.6.1970 - IV C 99.67 - , NJW 1970, 1890, 1892; Wolff, aaO; Drews/ Wacke/ Vogel/
Martens, Gefahrenabwehr, 1.Bd., 8.Auflage, S. 178 f.).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Hier kann die vom Beklagten in seiner Ordnungsverfügung vom 9. Februar 1981
angenommene "Gefahr für die öffentliche Sicherheit in Form der Gesundheit der
Verbraucher" nur dann vorgelegen haben, wenn die 6 verbliebenen Kälber mit
Östrogen behandelt worden waren. Daß dies der Fall war, steht nicht fest. Vielmehr
spricht der Umstand, daß diese Kälber bei ihrer Schlachtung kein Östrogen
aufwiesen, dafür, daß zum entscheidenden Zeitpunkt des Erlasses der
Ordnungsverfügung objektiv eine Gesundheitsgefahr für die Verbraucher nicht
vorlag.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">2) Allerdings könnten die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht
aufrechterhalten werden, wenn die Behörde stets erst und nur dann zu einem
Einschreiten berechtigt wäre, nachdem sie das objektive Vorhandensein einer Gefahr
mit völliger Sicherheit festgestellt hat. Bei Zugrundelegen solch strenger Maßstäbe
könnten häufig Abwehrmaßnahmen nicht mehr rechtzeitig getroffen werden. Deshalb
ist anerkannt, daß in den Fällen der sogen. Anscheinsgefahr ein Einschreiten erfolgen
kann. Eine Anscheinsgefahr ist gegeben, wenn im Zeitpunkt des
ordnungsbehördlichen Einschreitens bei verständiger Würdigung objektive
Anhaltspunkte für eine Gefahr vorliegen, sich aber nachträglich ergibt, daß eine
Gefahr in Wirklichkeit nicht vorlag (OVG NW, Urteil vom 7.6.1976 - IV A 330/77 -
DVBl. 1979, 733, 734; Wolff, aaO,; Hoffmann-Riem, Anscheingefahr und
Anscheinverursachung im Polizeirecht, in: Festschrift für Wacke, 1972, S. 327 ff.;
Schleberger, Polizei- und Ordnungsrecht NW, 2. Auflage, S. 26 f.). Nach den
Umständen des vorliegenden Falles konnte aber bei verständiger Würdigung nicht
auf das Vorliegen, sondern nur auf die Möglichkeit einer Gefahr geschlossen
werden.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Als die Ordnungsverfügung vom 9. Februar 1981 erging, waren von den 16
ursprünglich im Bestand vorhandenen Kälbern 10 untersucht worden, wobei nur bei
einem Kalb zunächst ein positiver, bei einer Nachuntersuchung dann ebenfalls ein
negativer Befund festgestellt worden war. Der vom Beklagten in dieser Situation im
Anschluß an den Erlaß des Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des
Landes Nordrhein-Westfalen vom 20.Dezember 1979 (I C 4 - 3011 - 8587) gezogene
Schluß, sofern bei einem Tier eines Bestandes Östrogen festgestellt werde, bestehe
die Gefahr, daß der Bestand insgesamt mit Östrogen behandelt worden sei, mag
zwar bei einem Mastbetrieb gerechtfertigt sein. Denn wenn ein Mäster Stoffe mit
östrogener Wirkung mit dem Ziel einer Gewichtszunahme bei Tieren verwendet, tut
er dies nach der Lebenserfahrung nicht nur bei einem Tier, sondern bei sämtlichen
Tieren des Bestandes, oder doch jedenfalls bei den im Vergleich zum Durchschnitt
untergewichtigen Tieren. Diese Erwägungen greifen aber nicht bei einem
Viehhändler, der die Tiere nur kurze Zeit in seinem Besitz hat und geltend macht, die
Tiere seines Bestandes stammten aus verschiedenen Herkunftsbeständen. So lag der
Fall hier.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hatte vor Erlaß der angegriffenen Ordnungsverfügung in seinem
Widerspruch vom 9. Januar 1981 gegen die Ordnungsverfügung vom 23. Dezember
1980 u.a. ausgeführt (S. 2, 3):</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">"Auf dem Gehöft befinden sich jedoch regelmäßig in einem Verkaufsstall aus den
Niederlanden importierte oder aus anderen Gebieten der Bundesrepublik Deutschland
angelieferte Kälber, die in der Regel am Tage der Anlieferung oder im Höchstfalle mit
einer Aufstallungszeit von ein bis drei Tagen weiter verkauft werden. Wie bereits
ausgeführt, betreibt Herr XXX ausschließlich einen Viehhandel und keinen
Kälbermastbetrieb. Es liegt daher in dem beruflichen Interesse des Herrn XXX für
eine möglichst kurzfristige Aufstallungszeit Sorge zu tragen, um die anfallenden
Futterkosten der Kälber so niedrig wie möglich zu halten.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Da bei der Vielzahl der angelieferten Kälber im Einzelfall auch Tiere mit minderer
Qualität festgestellt und geliefert werden, können diese von Herrn XXX nicht mit der
übrigen einwandfreien Ware gemeinsam zu gleichen Preisen weiter verkauft werden,
sondern müssen kurzfristig in einem hierfür vorgesehenen besonderen Stall
aufgestallt werden. Sobald mehrere Tiere zusammengekommen sind, werden diese
dann zu einem Minderpreis veräußert. Bei dem von dem Veterinäramt am 11. oder
12. Dezember 1980 überprüften Kälberbestand handelt es sich um derartige Tiere
von minderer Qualität.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Auch diese Tiere verbleiben zumeist jedoch nur über das Wochenende in dem
Stall und haben eine Höchstverweildauer von im Höchstfall 4 bis 5 Tagen, da auch
insoweit nur ein Verkaufsaufenthalt im Stall gegeben ist."</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Diese Angaben hatte er in seiner dem Beklagten am 2. Februar 1981
zugestellten Antragsschrift wie folgt ergänzt (S. 4):</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">"Die dort aufgestallten Kälber sind, wie sich aus der
Widerspruchsbegründungsschrift ergibt, nahezu zufällig dort zusammengestellt
worden. Es handelt sich um Kälber der verschiedensten Lieferungen, die dort nur
wenige Tage bis zum Weiterverkauf aufgestallt wurden."</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Bei dieser Sachlage war die Annahme des Beklagten, es bestehe die Gefahr, den
verbliebenen 6 Kälbern seien östrogenwirksame Stoffe verabreicht worden, nicht
gerechtfertigt. Es bestand vielmehr nur die Möglichkeit, daß die 6 Kälber mit
Östrogen behandelt worden wären. Denn der Kläger hatte unwiderlegt vorgetragen,
daß die Kälber im Höchstfall 4 - 5 Tage in seinem Besitz verbleiben. Da kaum davon
ausgegangen werden kann, daß eine Östrogenbehandlung innerhalb einer so kurzen
Zeitspanne zu einer spürbaren Gewichtszunahme führt, war eine
Östrogenbehandlung der Kälber durch den Kläger selbst unwahrscheinlich. Bei
verständiger Würdigung konnte eine Östrogenbehandlung der 6 Kälber also nur vor
Ankauf durch den Kläger im Herkunftsbestand vorgenommen worden sein. Deshalb
war die Annahme des Beklagten, wenn einem Tier Östrogen verabreicht wurde,
bestehe die Gefahr, daß auch die übrigen Tiere mit Östrogen behandelt wurden, nur
gerechtfertigt, wenn die 6 verbliebenen Kälber aus demselben Bestand stammten,
wie dasjenige Kalb, bei dem Östrogen festgestellt worden war. Hier hatte der Kläger
jedoch unwidersprochen dargelegt, es handele sich um "Kälber der verschiedensten
Lieferungen", so daß nicht sicher und nicht wahrscheinlich war, die 6 Kälber
stammten aus demselben Herkunftsbetrieb wie das mit Östrogen behandelte Kalb.
Dies war nur möglich, nicht mehr. Deshalb war auch das Vorliegen einer
Gesundheitsgefahr, die von den 6 Kälbern ausgehen konnte, nicht
wahrscheinlich.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">3) Besteht die bloße Möglichkeit (der Verdacht) einer Gefahr, so ist die
Ordnungsbehörde nicht zur Untätigkeit verurteilt, sondern kann eingreifen. Allerdings
muß sich das Einschreiten der Ordnungsbehörde auf vorläufige Maßnahmen für die
Zeitspanne beschränken, bis über das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Gefahr
Klarheit geschaffen ist (BVerwG, Urteil vom 16.12.1971 - 1 C 60.67 -, BVerwGE 39,
190 ff., OVG NW, aaO.; Wolff, aaO., § 125 III a 2;
Rietdorf/Heise/Böckenförde/Strehlau, Ordnungs- und Polizeirecht in NW, 2. Auflage,
§ 1 OBG Rdnr. 13). Nur dann, wenn nach den Umständen einstweilige Maßnahmen
nicht in Betracht kommen und anders ein zu befürchtender schwerer Schaden für die
Allgemeinheit nicht abgewendet werden kann, muß sich die Ordnungsbehörde nicht
darauf beschränken, ein in der Entwicklung begriffenes Geschehen durch ihre
Maßnahmen einstweilen zu unterbrechen, um weitere Feststellungen treffen zu
können, sondern kann auch endgültig wirkende Eingriffe vornehmen (BVerwGE 39,
190, 196; Brews/Wacke, Vogel/Martens aaO., S. 179). Hier waren aber vorläufige
Maßnahmen zur Feststellung, ob die 6 "verdächtigen" Kälber tatsächlich mit Östrogen
behandelt worden waren, möglich.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist der Behauptung des Klägers, die Kälber stammten aus den
verschiedensten niederländischen Herkunftsbetrieben, nicht nachgegangen, obwohl
Nachforschungen über die Herkunft der Kälber - etwa mit Hilfe der niederländischen
Ohrmarken, die die Kälber trugen und/oder der vom Kläger vorgelegten
Grenzdokumente - möglich waren. Es hätte auf diese Weise geklärt werden können,
ob die 6 verbliebenen Kälber aus demselben Herkunftsbetrieb stammten wie das
Kalb, bei dem Östrogen festgestellt worden war. Vor allem aber bestand die
Möglichkeit, kurzfristig durch Untersuchung der 6 verbliebenen Kälber seitens des
Beklagten zu klären, ob tatsächlich von diesen Tieren für die Gesundheit der
Verbraucher eine Gefahr ausging. Eine Inanspruchnahme des Klägers wäre deshalb
etwa in der Weise gerechtfertigt gewesen, daß er Untersuchungen der 6 Kälber
durch die Behörde und ein Verbot, die Kälber von ihrem Standort zu entfernen, für
die notwendige Dauer der Untersuchungen durch die Behörde hätte dulden müssen.
Demgegenüber geht die angegriffene Verfügung, die ein endgültiges
Entfernungsverbot und Rückstandsuntersuchungen der 6 Kälber auf
östrogenwirksame Stoffe auf Kosten des Klägers anordnet, zu weit. Sie verletzt das
Übermaßverbot, weil sie sich nicht auf einstweilige Maßnahmen zur Feststellung des
Vorliegens einer tatsächlichen Gesundheitsgefahr beschränkt.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">III. Nach alledem war die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte
festzustellen, wobei zur Klarstellung darauf hingewiesen sei, daß diese Feststellung
sich nicht auf den Teil des Bescheids vom 9. Februar 1981 bezieht, der die
Ordnungsverfügung vom 23. Dezember 1980 - zu Recht - aufhebt.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 ZPO.
</p>
|
315,826 | olgk-1982-03-01-16-wx-982 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 16 Wx 9/82 | "1982-03-01T00:00:00" | "2019-03-13T15:14:59" | "2019-03-27T09:42:07" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1982:0301.16WX9.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 11. November 1981 - 1 T 250/81 - wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des weiteren Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdeführer.</p>
<p></p>
<p>Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Antrag des Notars Dr. D. aus M. vom 1. Juli 1981 - UR-Nr. 1226/81 - beantragten die Beteiligten zu 2), die Eheleute C., die Adoption der volljährigen Koreanerin K. N..</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Ehemann C. ist am 00.00.1944 und seine Ehefrau am 00.00.1935 geboren. Die anzunehmende Koreanerin, die Beteiligte zu 1), ist lt. Eintragung in das koreanische Familienregister am 0.00.1947 geboren, ledig und kinderlos.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Aus der Ehe der Beteiligten zu 2) stammt der am 14.7.1967 geborene Sohn T. C..</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die anzunehmende Frau K. N. lebt seit 1979 mit kurzen Unterbrechungen im Haushalt der Beteiligten zu 2). Sie hat dem Adoptionsantrag der Beteiligten zu 2) zugestimmt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Auf Anforderung des Vormundschaftsgerichts Wipperfürth haben die Beteiligten zu 2) ihren Antrag wie folgt begründet: Die Beteiligte zu 1) habe ihren Aufenthalt im Haushalt der Beteiligten zu 2) mehrfach unterbrechen müssen, da sie sich als Besucherin lediglich maximal drei Monate ununterbrochen in der Bundesrepublik Deutschland habe aufhalten dürfen. Die Bemühungen, eine längerfristige Aufenthaltserlaubnis zu erhalten, seien leider erfolglos geblieben. Die Beteiligte zu 1) habe sich zwischenzeitlich sehr gut in die Familie der Beteiligten zu 2) integriert und gehöre praktisch zu der Familie. Da die immer wieder erforderliche Unterbrechung ihres Aufenthaltes sehr unbefriedigend sei und zu immer größeren Schwierigkeiten führe, hätten sich die Beteiligten zu 2) entschlossen, die Beteiligte zu 1) als Kind anzunehmen, da sie ohnehin wie ihr Kind in ihrer Familie lebe. Nur hierdurch sei es möglich, daß sie ununterbrochen bei der Familie der Beteiligten zu 2) bleiben könne und diese ihr die erforderliche Hilfe für ihr weiteres Leben geben könne. Außerdem sei nur hierdurch sichergestellt, daß das zwischenzeitlich</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">entstandene "Eltern-Kind-Verhältnis" und die bereits entstandene geschwisterliche Beziehung zum leiblichen Sohn der Beteiligten zu 2) nicht unterbrochen werde.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Mit Beschluß vom 25. September 1981 hat das Amtsgericht - Vormundschaftsgericht - Wipperfürth den Antrag auf Adoption mit der Begründung zurückgewiesen, die Voraussetzungen des § 1767 BGB seien nicht erfüllt; denn bei dem Alter der zu Adoptierenden und der Beteiligten zu 2) könne nicht von einem Eltern-Kind-Verhältnis gesprochen werden und die beabsichtigte Adoption sei sittlich nicht gerechtfertigt, weil erkennbar eine</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Umgehung des Ausländerrechts beabsichtigt sei.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Mit der am 20.10.1981 beim Landgericht Köln eingegangenen Beschwerde haben die Beteiligten zu 2) ihr Adoptionsbegehren weiterverfolgt. Insbesondere haben ihre Verfahrensbevollmächtigten gerügt, daß das Amtsgericht nicht die vorgetragene Tatsache berücksichtigt habe, daß zwischen den Eheleuten C. und Frau N. bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden und Frau N. in die Familie C. integriert sei. Sie haben sich ausdrücklich eine weitere Begründung vorbehalten.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Ohne daß die Beteiligten zu 2) eine weitere Begründung ihrer Beschwerde eingereicht haben, hat das Landgericht mit Beschluß vom 11.11.1981 - 1 T 250/81 - die Beschwerde der Beteiligten zu 2) zurückgewiesen. In seiner Begründung hat das Landgericht ausgeführt, es könne das objektive Vorliegen eines Eltern-Kind-Verhältnis zwischen den Beteiligten zu 2) und der Beteiligten zu 1) und damit eine sittliche Rechtfertigung der beabsichtigten Adoption nicht feststellen. Darüber hinaus könne mangels Angaben nicht geprüft werden, ob überwiegende Interessen des ehelichen Kindes einer Adoption gemäß § 1769 BGB entgegenstehen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2), mit der sie die Verletzung des rechtlichen Gehörs und der richterlichen Aufklärungspflicht gemäß § 12 FGG rügen. Ferner tragen sie vor, daß die Beteiligte zu 1), wie sich aus der beigefügten eidesstattlichen Versicherung ihrer Schwester ergebe, erst am 00.00.1949 geboren sei; eine Korrektur des Familienregisters habe bislang nicht durchgesetzt werden können. Auch sei ihr Sohn T. C. mit der Adoption einverstanden, wie er in seinem eigenhändig verfaßten Schreiben zum Ausdruck gebracht habe. Schließlich haben die Beteiligten zu 2) insgesamt sechs Zeugenerklärungen eingereicht, darunter eine Erklärung des Oberpfarrers, L., wonach die Zeugen den Eindruck gewonnen haben, daß zwischen den Beteiligten zu 2) und der Beteiligten zu 1) ein Eltern-Kind-Verhältnis und zwischen dem Sohn T. C. und der Beteiligten zu 1) ein geschwisterliches Verhältnis entstanden sei.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Verfahrensstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist gemäß §§ 19, 27 FGG statthaft. Sie ist auch im übrigen zulässig, insbesondere in der Form des § 29 Abs. 1 FGG eingelegt worden.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 2) ergibt sich aus § 20 Abs. 2 FGG.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Sachlich ist das Rechtsmittel jedoch unbegründet. Das Landgericht hat die zulässige Erstbeschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluß des Amtsgerichts Wipperfürth zu Recht zurückgewiesene Amts- und Landgericht sind zutreffend davon ausgegangen, daß im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 1767 Abs. 1 BGB nicht erfüllt sind. Denn gemäß dieser Vorschrift ist die Adoption eines Volljährigen nur zulässig, wenn sie sittlich gerechtfertigt ist. Davon ist nach dem Gesetz insbesondere dann auszugehen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist. Bei der Beurteilung dieser Frage kann die es nicht auf die subjektive Ansichten und Einschätzungen der Beteiligten selbst ankommen; das Vormundschaftsgericht hat vielmehr aufgrund objektiver Kriterien eine solche geistig-seelische Dauerverbundenheit, wie sie zwischen Eltern un Kindern normalerweise besteht, bei den Beteiligten festzustellen. Dabei hat es eingehend zu prüfen, aus welchen Gründen das Annahmeverhältnis zu einem Volljährigen begründet werden soll; denn die Herstellung familienrechtlicher Beziehungen zwischen Volljährigen durch Adoption kann nicht der freien Disposition der Beteiligten überlassen bleiben (vgl. Bundestagsdrucksache 7/3061 S. 52).</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Falle haben das Amts- und Landgericht eine solche eingehende Prüfung vorgenommen und haben zu Recht begründete Zweifel gehabt, ob die Beteiligten die Absicht haben, eine solche Beziehung untereinander zu schaffen, die der zwischen Eltern und Kindern gleichkommt. Denn bei einem nur geringen Altersunterschied zwischen der anzunehmenden Beteiligten zu 1) und dem annehmenden Ehemann von etwas mehr als drei Jahren und der annehmenden Ehefrau von eben 12 Jahren müssen die Beteiligten besondere Gründe dartun, die eine solche enge familienrechtliche Beziehung als sittlich gerechtfertigt erscheinen lassen. Dazu reicht der bloße Hinweis der Beteiligten auf einen zweijährigen - noch dazu mehrfach unterbrochenen - Aufenthalt der anzunehmenden Beteiligten zu 1) im Haushalt der Beteiligten zu 2) und eine angeblich</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Integration in die Familie der Beteiligten zu 2) nicht aus. Dies gilt insbesondere, da die Beteiligten zu 2) als Grund für die Adoption u.a. angegeben haben, daß man sich zur Adoption auch deshalb entschlossen habe, weil die immer wieder erforderliche Unterbrechung des Aufenthalts der anzunehmenden Beteiligten zu 1). in der Familie der Beteiligten zu 2) sehr unbefriedigend sei und zu immer größeren Schwierigkeiten führe. Gerade dies läßt zumindest den Verdacht aufkommen, daß worauf das Amtsgericht zu Recht hingewiesen hat, zumindest auch Gründe des Ausländerrechts bei dem Adoptionsentschluß der Beteiligten zu 2) eine Rolle gespielt haben. Solche Gründe sind jedoch nicht geeignet, eine Erwachsenenadoption gemäß § 1767 Abs. 1 BGB zu rechtfertigen (vgl. Palandt-Diederichsen, 41. Aufl. 1982, § 1767 BGB Anm. 2; BayObLG DAVo-rni.SO, 503 und FamRZ 80, 1158; LG Hanau DAVorm 76, 526).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Obwohl die Beteiligten zu 2) zumindest nach der Entscheidung des Amtsgerichts Wipperfürth die Möglichkeit hatten, diesen Verdacht auszuräumen, haben sie dazu keinerlei neue Tatsachen vorgetragen; sie haben nicht einmal ihrer Ankündigung zufolge eine weitere Begründung ihrer Erstbeschwerde eingereicht, obwohl sie dazu ausreichend</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Zeit gehabt hätten; denn das Landgericht hat erst knapp einenMonat nach Eingang der Beschwerdeschrift über die Beschwerde der Beteiligten 2) entschieden. Waren die Beteiligten zu 2) nicht in der Lage, in der üblichen Frist von drei Wochen ihre angekündigte Beschwerdebegründung nachzureichen, so hätten sie beim Beschwerdegericht um eine entsprechende längere Frist nachsuchen müssen. Dies haben sie unterlassen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Weder das Amts- noch das Landgericht haben den Grundsatz des rechtlichen Gehörs gemäß Art.103 Abs.1 GG verletzt. Die Beteiligten zu 2) hatten vielmehr in erster und zweiter Instanz ausreichend Gelegenheit, sich zur Sache zu äußern. Aus dem Recht auf rechtliches Gehör folgt dagegen keineswegs notwendig ein Anspruch auf mündliche Anhörung. Soweit nicht das Gesetz ein solches Verfahren ausdrücklich vorschreibt, steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob es eine mündliche Anhörung der Beteiligten für erforderlich hält (vgl. Keidl-Winkler, FGG, 10. Aufl. 1972, § 12 Rdnr. 74 a). Im Annahmeverfahren einer Erwachsenenadoption gemäß § 1767 Abs. 1 BGB ist eine mündliche Anhörung der Beteiligten anders als im Verfahren, das die Aufhebung eines Annahmeverhältnis zum Gegenstand hat (vgl. § 56 f Abs. 1 FGG)/nicht vorgesehen. Auch besteht im vorliegenden Fall keine sonstige Pflicht zur mündlichen Anhörung der Beteiligten; sie kann sich u.U. im Einzelfall aus der besonderen Sachlage ergeben, z.B. bei Geschäftsunfähigen oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Personen, bei nicht vertretenen oder bei mangelnder Fähigkeit, sich schriftlich zu äußern. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor, zumal die Beteiligten zu 2) auch in erster Instanz durch einen Notar rechtkundig vertreten waren.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Dagegen können die<i> </i>Beteiligten zu 2) im weiteren Beschwerdeverfahren nicht mehr mit ihrem neuen Tatsachenvortrag und den entsprechenden Beweismitteln in ihrem Schriftsatz vom 23.2.1982 gehört werden. Denn im weiteren Beschwerdeverfahren können grundsätzlich keine neuen Tatsachen mehr vorgebracht und ermittelt werden, es sei denn, sie würden eine Wiederaufnahme rechtfertigen (vgl. Keidl-Winkler a.a.O. § 27 Rdnr. 43). So liegt es hier jedoch nicht; denn die Beteiligten zu 2) hätten den neuen Tatsachenvortrag und die Beweismittel bereits im Verfahren vor dem Amtsgericht, spätestens jedoch vor dem Landgericht vorbringen können.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Abgesehen davon könnten jedoch der neue Tatsachenvortrag und die entsprechenden Beweismittel in der Sache selbst auch zu keinem anderen Ergebnis führen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Soweit die Beteiligten zu 2) geltend machen, daß die anzunehmende Beteiligte zu 1) nicht 1947, sondern erst 1949 geboren sei, was die Schwester der Beteiligten zu 1) eidesstattlich versichert hat, so liegen keinerlei amtliche Unterlagen vor, die das im koreanischen Familienregister eingetragene Geburtsdatum als unrichtig erscheinen lassen. Die eidesstattliche Versicherung der Schwester der Beteiligten zu 1)würde allein zum Beweis für die Unrichtigkeit der amtlichen Eintragung ins koreanische Familienregister nicht ausreichen. Auch würde der Umstand, daß nach der eidesstattlichen Versicherung die Beteiligte zu 1) zwei Jahre jünger wäre, allein die Bedenken gegen die sittliche Rechtfertigung der beabsichtigten Adoption nicht ausräumen können.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Wenn die Beteiligten zu 2) nunmehr eine handschriftliche Einverständniserklärung ihres Sohnes mit der beabsichtigten Adoption vorlegen, so vermag diese die vom Landgericht erhobenen Bedenken gegen die Adoption aus dem Gesichtspunkt des § 1769 BGB nicht zu entkräften, da nicht das persönliche Einverständnis des leiblichen Kindes der Anzunehmenden maßgeblich ist; es dürfen vielmehr die objektiven Interessen des Kindes der beabsichtigten Adoption nicht entgegenstehen, deren Feststellung dem Vormundschaftsgericht selbst obliegt. Überdies stellen die Gründe aus § 1769 BGB im angefochtenen Beschluß lediglich Hilfserwägungen des Landgerichts dar; die tragenden Gründe beruhen auf § 1767 AbS.1 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Auch die von den Beteiligten zu 2) vorgelegten Zeugenerklärungen sind nicht geeignet, objektive Anhaltspunkte dafür zu geben, daß zwischen den Beteiligten tatsächlich ein Eltern-Kind-Verhältnis i.S. des § 1767 Abs. 1 Satz 2 BGB bereits entstanden ist oder zumindest eine dahingehende Absicht der Beteiligten besteht. Die Zeugen haben vielmehr in ihren Erklärungen lediglich eigene persönliche Eindrücke wiedergegeben, ohne konkrete, für das Vormundschaftsgericht nachprüfbare Tatsachen zu schildern, auf denen ihre Eindrücke beruhen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Schließlich ist auch kein Verstoß gegen § 12 FGG festzustellen. Denn es oblag den Beteiligten zu 2), alle Gründe und tatsächlichen Umstände, auf denen sie ihren Adoptionsantrag stützen <i>I </i>so rechtzeitig vorzubringen, daß spätestens das Beschwerdegericht als Tatsachengericht erforderlichenfalls hieran anzuknüpfende Ermittlungen hätte einleiten können. Weder das Vormundschaftsgericht noch das Beschwerdegericht waren gehalten, von sich aus, ohne jeden konkreten Anhaltspunkt Amtsermittlungen quasi "in's Blaue hinein" einzuleiten. Denn dem Vormundschaftsgericht obliegt im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach § 1767 Abs. 1 BGB lediglich die Mißbrauchskontrolle (vgl. Palandt-Diederichsen a.a.O. § 1767 Anm. 3). Es ist nicht erforderlich, die fehlende Absicht der Beteiligten, Beziehungen zu schaffen, die denen zwischen Eltern und Kindern gleichkommen, nachzuweisen; es genügen vielmehr begründete Zweifel hieran (vgl. RGZ 147, 220; BGH NJW 1957, 673; Palandt-Diederichsen a.a.O. § 1767 Anm. 2).</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Solche begründeten Zweifel haben die Beteiligten zu 2) durch den geringen Altersunterschied zwischen ihnen und der anzunehmenden Beteiligten zu 1) und durch ihre gegenüber dem Amtsgericht abgegebene Begründung ihres Adoptionsantrages selbst in das Verfahren eingeführt. Sie haben dagegen nicht rechtzeitig tatsächliche Gründe dargetan, die eine sittliche Rechtfertigung der beabsichtigten Adoption ergeben könnten.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Nach allem hat die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a FGG.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"><u>Beschwerdewert:</u> 5.000,-- DM</p>
|
315,827 | ag-hagen-1982-02-26-6-c-46181 | {
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} | 6 C 461/81 | "1982-02-26T00:00:00" | "2019-03-13T15:15:00" | "2019-03-27T09:42:06" | Urteil | ECLI:DE:AGHA:1982:0226.6C461.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p> Die Klage wird abgewiesen. </p>
<p></p>
<p> Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p> Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte wohnt als Mieterin in einem Haus der Klägerin. Seit Februar 1981 kürzt sie die monatliche Miete um stark 20,00 DM. Bis Juni 1981 ist ein Rückstand von 104,50 DM aufgelaufen. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Klägerin zunächst 163,90 DM eingeklagt hatte, hat sie später beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Beklagte zur Zahlung von 104,50 DM und 11 % Zinsen ab 16.07.1981 zu verurteilen. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Sie meint, zur Mietminderung von etwa 10 % berechtigt zu sein. Sie behauptet, seit Jahren ließen sich sämtliche Oberlichter in ihrer Wohnung nicht öffnen und putzen. Die Klägerin sei unter Ankündigung der Mietminderung aufgefordert worden, die Oberlichter wieder in Ordnung zu bringen. Trotz einer entsprechenden Zusage habe sie ihr Versprechen nicht eingehalten. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin behauptet, sie habe einen Schreinermeister beauftragt, die Oberlichter wieder gangbar zu machen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die auf § 535 BGB gestützte Klage ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat zwar unstreitig seit etlichen Monaten nicht die volle Miete gezahlt. Die Klägerin hat aber keinen Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrages, denn der Beklagten steht ein Mietminderungsanspruch zu. Unstreitig lassen sich die Oberlichter in der Wohnung der Beklagten seit Jahren nicht öffnen. Die Beklagte hat dies abgemahnt; die Klägerin hat die Beseitigung des Mangels zugesagt, ihr Versprechen aber nicht eingehalten. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Zu einer ordnungsgemäß vermieteten Wohnung gehört, dass alle Fenstern, und zwar auch die Oberlichter, zu öffnen und zu schließen sind. Die Oberlichter brauchen zwar nicht unbedingt zum Lüften geöffnet zu werden, sie müssen aber auf alle Fälle geputzt werden können. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wenn ein Vermieter trotz entsprechenden Abmachungen des Mieters und der Ankündigung einer Mietminderung derartige Mängel nicht beheben lässt, kann der Mieter dann monatlich Mietzins mindern. Eine von der Beklagten vorgenommene Mietminderung von etwa 10 % ist für diesen Fall angemessen. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708, 713 ZPO.</p>
|
315,828 | olgk-1982-02-25-10-uf-9081 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 10 UF 90/81 | "1982-02-25T00:00:00" | "2019-03-13T15:15:02" | "2019-03-27T09:42:06" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1982:0225.10UF90.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 12. Mai 1981 verkündete</p>
<p>Urteil des Amtsgerichts (Familiengericht) Aachen - 26 F 285/80 -</p>
<p>wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T A T B E S T A N D</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben 1970 geheiratet. Sie haben bis 1974 zusammengelebt. Im Juli 1974 ist die Beklagte wieder nach Gut W., dem Farniliensitz ihres 1962 verstorbenen</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">ersten Ehemannes zurückgekehrt. Sie wohnt dort mietfrei und lebte zunächst von Wertpapiererträgen, die zwischen ca. 13.000,-- DM im Jahre 1975 und knapp 10.000,-- DM im Jahre 1979 betrugen, sowie von Zuwendungen ihres ältesten Sohnes in Höhe von monatlich 500,-- DM. Der Kläger leistete anfänglich - außer einer einmaligen Zahlung von 10.000,-- DM im Jahre 1976 und geringer Steuerbeträge – keine Unterhalt. Durch Urteil des Senats vorn 24. Januar 1980 - 10 UF 101/79 - wurde der Beklagten ab Oktober 1978 Getrenntlebenden-Unterhalt in Höhe von monatlich 1.000,-- DM zuerkannt. Daraufhin verzichtete die Beklagte ab Oktober 1980 auf die Zuwendungen ihres ältesten Sohnes. Die Ehe der Parteien wurde durch Urteil des Familiengerichts Aachen vorn 3. Juni 1980 - 20 F 102/79 - geschieden; das Urteil ist seit dem 29. Juli 1980 rechtskräftig.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit der Widerklage - die Klage ist in der Hauptsache erledigt - hat die Beklagte den Kläger, gestützt auf §§ 1571, 1572 BGB, auf Geschiedenen-Unterhalt in Höhe von monatlich 1.000,-- DM ab Dezember 1980 in Anspruch genommen. Sie hat geltend gemacht, der Kläger schulde ihr Unterhalt mindestens in dem seinerzeit zuerkannten Umfange. Er verdiene inzwischen über 8.000,-- DM netto. Ihre Einnahmen aus Wertpapierbesitz seien dagegen auf 802,50 DM im Jahre 1979 gesunken. Hiervon müsse sie 256,60 DM monatlich an Versicherungen zahlen, so daß ihr nur ein Betrag von monatlich 545,90 DM verbleibe. Es könne ihr weder eigene Erwerbstätigkeit noch die Veräußerung des ihr gehörenden Inventars von Gut V. zugemutet werden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">den Kläger zu verurteilen, an sie einen monatlichen Unterhalt von 1.000,-- DM ab dem 1. Dezember 1980 zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">und zwar die Unterhaltsrückstände sofort, die zukünftig fällig werdenden Beträge monatlich im voraus nebst 4 % Zinsen von jeweils 1.000,-- DM ab dem jeweiligen Monatsersten von den jeweils bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Verhandlung fällig werdenden Rückständen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Widerklage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Er hat vorgetragen, die Beklagte sei nicht unterhaltsbedürftig. Ihr gehöre die gesamte Einrichtung des Gutes, die zum Teil museumswerten Charakter habe, so z. B. ein antiker Teppich im Werte von 100.000,-- DM, ein flämischer Gobelin im Werte von 50.000,-- DM, ferner Bilder, von denen allein ein Ölbild von Charles H. J. Leickert einen Erlös von 100.000,-- DM verspreche, antike Möbel, Silbergeräte im Werte von mindestens 250.000,-- DM usw. Die Klägerin könne ihren verständlichen Wunsch, den Familienbesitz für ihre Kinder zu bewahren, nicht dadurch verwirklichen, daß sie ihn, den Kläger, zu Unterhaltszahlungen heranziehe. Vielmehr müsse sie ihren Lebensbedarf dadurch sicherstellen, daß sie Teile des Inventars verkaufe.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Im übrigen stelle sie die Einrichtung ihrem ältesten Sohn für repräsentative Zwecke zur Verfügung. Der Wert dieser Leistung sei mit 500,-- DM gering bemessen. Ferner</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">habe die Beklagte ihren Abfindungsanspruch wegen Wegfalls ihres Altenteilanspruchs bisher nicht geltend gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Durch das am 12. Mai 1981 verkündete Urteil, welches der Beklagten am 19. Mai 1981 zugestellt worden ist, hat das Amtsgericht Aachen die Widerklage abgewiesen</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">mit der Begründung, die Beklagte habe ihre Bedürftigkeit nicht hinreichend dargetan. Sie habe nicht in Abrede gestellt, daß sie sich durch den Verkauf von Teilen des Inventars und durch die Anlegung des Erlöses selbst unterhalten könne. Die Verwertung dieses Vermögens sei nicht unbillig i.S.d. § 1577 Abs. 3 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Gegen diese Entscheidung, auf deren weitere Ausführungen vollinhaltlich Bezug genommen wird, hat die Beklagte am 11. Juni 1981 Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach Verlängerung der Frist bis zum 1. August 1981 an diesem Tage begründet.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Sie trägt vor, es sei - wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 24. Januar 1980 ausgeführt habe - unbillig, wenn man sie für verpflichtet halten wollte, nach und nach</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">den einen oder anderen Einrichtungsgegenstand zu veräußern, um damit ihren Unterhalt selbst zu verdienen. Sie verlange von dem Kläger lediglich ein Drittel des ihr an sich zustehenden Unterhalts. Es treffe daher nicht zu, daß der Kläger durch eine Unterhaltszahlung von 1.000,-- DM monatlich den Erhalt ihres Vermögens für ihre Kinder sicherstellen würde. Im übrigen sei die Einrichtung längst nicht so wertvoll, wie der Kläger angegeben habe.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter teil weiser Abänderung des angefochtenen Urteils den Kläger zu verurteilen, an sie ab 1. Dezember 1980 einen monatlichen Unterhalt von 1.000,-- DM zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">fällig jeweils am ersten Werktag eines jeden Monats im voraus nebst 4 % Zinsen seit dem jeweiligen Fälligkeitstag,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Revision zuzulassen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Er wiederholt und ergänzt sein erstinstanzliches Vorbringen nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze sowie der beigezogenen Akten 20 F 102/79<i> </i>- AG Aachen - und 20 F 36/79 - AG Aachen - = 10 UF 101/79<i> </i>OLG Köln verwiesen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><b><u>E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E</u></b></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung der Beklagten kann sachlich keinen Erfolg haben.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Beklagten steht gegenüber dem Kläger ein Unterhaltsanspruch weder aus § 1571 BGB, dessen persönliche Voraussetzungen von dem Familiengericht mit zutreffenden Erwägungen bejaht worden sind und die auch der Kläger nicht in Zweifel zieht, noch nach der Vorschrift des § 1572 BGB zu, auf welche sich die Beklagte hilfsweise stützt; denn gem. § 1569 BGB kann nach diesen Vorschriften ein Unterhaltsanspruch nur dann erhoben werden, wenn der geschiedene Ehegatte nicht selbst für seinen Unterhalt sorgen kann. Diese Unterhaltsbedürftigkeit ist von dem den Unterhalt Fordernden, hier also von der Klägerin, darzulegen und zu beweisen. Diesen Beweis hat die Beklagte jedoch nicht erbracht; vielmehr bestehen Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte über Einkünfte, geldwerte Ansprüche und verwertbares Vermögen in einem solchem Umfange verfügt, daß sie ihren angemessenen Lebensbedarf davon bestreiten kann.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat nach ihren eigenen Angaben Einkünfte aus wertpapierbesitz in Höhe von derzeit rund 800.-- DM monatlich. Soweit diese Wertpapiere nicht nur ihrem Nießbrauch unterliegen, sondern in ihrem Eigentum stehen, handelt es sich um Vermögen, welches nach § 1577 Abs. 1 BGB, zur Deckung des Unterhalts heranzuziehen ist.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Als Einkünfte zu behandeln sind auch das mietfreie Wohnen der Beklagten auf Gut V. sowie der Betrag von monatlich <i>500,-- </i>DM, dessen Zahlung -der älteste Sohn der Beklagten nach ihren eigenen Angaben erst auf ihre Veranlassung hin eingestellt hat. Es handelt sich dabei – wie der Senat schon in seinem Urteil vom 24. Januar 1980 ausgeführt hat - um ein Entgelt dafür, daß die Beklagte mit ihrer Mutter in dem Gut wohnt und damit dessen wertvolle Einrichtungsgegenstände verwahrt und erhält.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Sie erbringt hierdurch für ihren ältesten Sohn eine geldwerte Leistung, indem sie das Haus bewohnbar erhält, seinen gegenwärtigen Repräsentationsbedürfnissen dient und die Einrichtung für den künftigen Erbfall bewahrt.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der Beklagten steht ferner ein Abfindungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Satz 3 HöfeO gegen ihren ältesten Sohn als Hoferben zu. Nachdem ihr Altenteilsrecht durch die Eheschließung mit dem Kläger erloschen ist, kann sie nach dieser Bestimmung die Zahlung eines Kapitals verlangen, das dem Wert des Altenteils entspricht. Unzutreffend ist demgegenüber die Auffassung der Beklagten, daß ein derartiger Anspruch nicht mehr bestehe, weil ihr Sohn sie wieder unentgeltlich in dem Gut wohnen lasse; denn hierdurch ist der Wert des Altenteilsrechts nicht abgegolten. Fehl geht auch der im Termin vom 21. Januar 1982 erneut vorgebrachte Hinweis der Beklagten aus dem Verfahren 10 UF 101/79 (BI. 152 der Beiakten), der Abfindungsanspruch werde dadurch begrenzt, daß er den Wert des Erbanteils der Beklagten nicht übersteigen dürfe; dieser betrage nach § 1933 BGB i.V.m. § 12 HöfeO ein Viertel von 7/10 des Einheitswertes von 66.300,-- DM, also nur 11.570,-- DM. Nach § 12 Abs. 2 Satz 3 HöfeO können nämlich Zuschläge zu dem nachdem Einheitswert berechneten Hofeswert verlangt werden, wenn die besonderen Umstände in dem Hofeswert nicht genügend zum Ausdruck gekommen sind. Davon ist hier aber auszugehen; denn der Wert des Hofes ist um ein Vielfaches höher als der Einheitswert. Nach der Verkaufsbeschreibung vorn 30. November 1970 (BI. 182 a.a.O.), die eine Verhandlungsbasis von 550.000,-- DM nennt, hat allein der Park zu dem Schloß V. eine Größe von 13.380 qm. Daneben besteht nach den eigenen Angaben der Beklagten noch unbelasteter Grundbesitz von 280 ha, der teils mit Nadelhölzern, teils mit hundertjährigem Laubwald bewachsen ist. Danach erscheint die Angabe des Klägers, das Gut habe einen Verkehrswert von ca. 2,5 Mio. DM, jedenfalls der Größenordnung nach als zutreffend. Danach muß aber von einem wesentlich höheren Abfindungsanspruch der Beklagten ausgegangen werden.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Das der Beklagten selbst gehörende Grundstück von ca. 1.800 qm bis 2.000 qm ist letztlich ebenfalls als verwertbares Vermögen anzusehen; denn auch wenn es wegen einer Veränderungssperre derzeit nicht veräußerlich sein sollte, steht der Klägerin jedenfalls ein Entschädigungsanspruch zu.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Zu Recht hat das Familiengericht weiterhin festgestellt, daß die Beklagte auch auf das Vermögen zurückgreifen muß, das in dem der Klägerin gehörenden Inventar des GutesV. besteht.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat unter Hinweis auf die von der Beklagten erstellte Inventarliste im einzelnen dargelegt, daß die Beklagte - außer einer gehobenen Wohnungseinrichtung, welche ihr nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Aufrechterhaltung ihres Lebenszuschnitts ohnedies verbleiben muß - Sammlerstücke an Teppichen, Gemälden, Möbeln, Porzellan, Silber usw. von so beträchtlichem Wert besitzt, daß die Beklagte aus dem Erlös, möglicherweise sogar aus den Erträgnissen des Erlöses aus dem Verkauf eines Teiles dieser Gegenstände, ihren Lebensunterhalt bis an ihr Lebensende bestreiten kann. Dies hat die Beklagte - wie das Familiengericht hervorhebt - im ersten Rechtszug trotz Hinweises nicht in Abrede gestellt. Soweit sie nunmehr im Berufungsverfahren die Wertangaben des Klägers als übertrieben bezeichnet, genügt sie damit ihrer Darlegungslast nicht. Die Argumentation der Beklagten, daß der Preis für ein Kilogramm verarbeitetes Silber auf 667,40 DM gesunken sei, so daß sich für 30 kg Silbergeräte nur ein Gegenwert von rund 22.000,-- ergebe, geht am Kern der Sache vorbei; denn es kommt nicht auf den Materialwert der Gegenstände, sondern auf den möglichen Veräußerungswert an. Auch ihre Behauptung, der Kläger habe den antiken Teppich, dessen Wert er jetzt mit 100.000,-- DM angebe, früher selbst nur auf 20.000,-- DM geschätzt, sagt nichts darüber, wie hoch der mögliche Verkaufserlös ist. Hierzu hat die Beklagte eigene Angaben weder gemacht noch unter Beweis gestellt. Es ist daher nach wie vor von dem Vorhandensein eines beträchtlichen Sachvermögens auszugehen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die zumindest teilweise Verwertung dieses Vermögens ist auch nicht unbillig i.S.d. § 1577 Abs. 3 BGB. Zu Unrecht bezieht sich die Beklagte für ihre gegenteilige Auffassung auf die Entscheidung des Senats in dem früheren Unterhaltsverfahren. Damals war lediglich über den Unterhaltsanspruch der Beklagten für die Dauer des Getrenntlebens nach § 1361 BGB zu entscheiden. Nur für diesen Anspruch hat der Senat eine Verwertung des Sachvermögens als unbillig bezeichnet. Das ergibt sich aus der Begründung der Entscheidung in der es u.a. heißt: "Denn einerseits ist der Beklagte verhältnismäßig gut situiert und andererseits würde ein Angreifen des Vermögensstammes dem vorläufigen Charakter der Unterhaltsregelung nach § 1361 BGB</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">widersprechen. Denn es würde den bisherigen Status nachteilig verändern und die Spannungen zwischen den Ehegatten vertiefen". Diese Wertung entspricht dem Grundsatz, daß während des Getrenntlebens der bisherige Lebenszuschnitt auch deshalb aufrechterhalten werden soll, um eine mögliche Aussöhnung der Eheleute nicht zu erschweren (vgl. OLG Stuttgart, FamRZ 1978, 681 unter Hinweis auf den Regierungsentwurf, BJM-Broschüre, S. 12). Die Frage, ob ein vorhandenes Vermögen zu verwerten ist, ist jedoch nach erfolgter Scheidung anders zu beurteilen, weil dieser für den Unterhaltsanspruch aus § 1361 BGB entscheidende Gesichtspunkt weggefallen ist. Nunmehr geht das Gesetz <i>von </i>dem Grundsatz aus, daß jeder Ehegatte sich selbst unterhalten und dabei auch sein Vermögen einsetzen muß. Der Stamm des Vermögens ist nur insoweit nicht anzugreifen, als die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. Diese Frage hat das Amtsgericht mit zutreffenden Erlwägungen verneint. Für eine Unwirtschaftlichkeit der Verwertung bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Aber auch die Abwägung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse läßt eine Verwertung des Vermögensstammes nicht als unbillig erscheinen. Zwar verfügt der Kläger über eine überdurchschnittlich hohes Einkommen. Andererseits muß jedoch auch die Beklagte als vermögend bezeichnet werden. Soweit die Beklagte meint, die Auflösung dieses Vermögens sei unbillig, weil der Kläger ihren Unterhalt aus seinen laufenden Einkünften ohne Schwierigkeiten aufbringen könne, weist der Kläger mit Recht darauf hin, daß es auf die Form der Vermögensanlage nicht ankommen kann. Auch das eigene Affektionsinteresse der Beklagten und ihr Wunsch, das Inventar von Gut V. für ihre Kinder zu erhalten, läßt eine Verwertung nicht als unbillig erscheinen; denn es ist nicht einzusehen, warum dem Kläger eine Vermögenserhaltung für die Nachkommen der Beklagten zu Lasten der Vermögensbildung für seine eigenen Nachkommen zugemutet werden soll. Demgegenüber kommt es auf die Dauer der </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Ehe bzw. des Zusammenlebens nicht an; denn dieses Kriterium ist bei der Abwägung nach § 1577 Abs. 3 BGB nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht zu berücksichtigen. Es mag der Beklagten überlassen bleiben, einen Verkauf des Inventars an Dritte dadurch zu verhindern, daß ihr ältester Sohn, der offenbar in guten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, ihren Unterhalt übernimmt oder Vermögensgegenstände von besonderem Erinnerungswert zu Lebzeiten erwirbt.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten war danach zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlaß. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weicht auch nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Berufungsverfahren: 12.000,-- DM.</p>
|
315,829 | lg-duisburg-1982-02-24-10-o-17781 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 10 O 177/81 | "1982-02-24T00:00:00" | "2019-03-13T15:15:03" | "2019-03-27T09:42:06" | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1982:0224.10O177.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg</p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 03. Februar 1982 </p>
<p>durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht</p>
<p>den Richter am Landgericht und</p>
<p>die Richterin</p>
<p></p>
<p>für R e c h t erkannt:</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 20.000,00 DM zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 23.600,00 DM vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.) <u>T a t b e s t a n d </u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kläger machen gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch geltend, den sie darauf stützten, daß der Beklagte es versäumt habe, einen Schmerzensgeldanspruch des verstorbenen Ehemannes der Klägerin zu 1) und des Vaters der Kläger zu 2) und 3) rechtzeitig von der Versicherung anerkennen zu lassen oder rechtshängig zu machen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Ehemann bzw. Vater der Kläger befuhr am 23.09.1979 gegen 14.45 Uhr mit dem PKW seiner Arbeitgeberin die Schnellstraße in Richtung. Hinter ihm folgte als zweites Fahrzeug ein PKW des Fabrikats , an dritter Stelle fuhr ein Polizeibeamter mit dem PKW . Als der Ehemann bzw. Vater der Kläger sich fast in Höhe eines entgegenkommenden blauen Fahrzeuges des Fabrikats befand, kam hinter diesem plötzlich ein rotes Fahrzeug mit dem polizeilichen Kennzeichen hervor, dessen Fahrer </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">beabsichtigte, den " " zu überholen. Der rote PKW stieß sodann frontal mit dem vom Ehemann bzw. Vater der Kläger gesteuerten Fahrzeug zusammen, prallte zurück und schleuderte gegen den " ". Der Fahrer und der Ehemann bzw,. Vater der Kläger wurde mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert, wo der Fahrer bereits am 23.09.1979 um 16.50 Uhr verstarb. Der schwer verletzte Ehemann der Klägerin zu 1) wurde im</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Hospital 6 Stunden lang operiert und befand sich sodann bis zu seinem Todestag am 15.11.1979, also etwa 7 1/2 Wochen auf der Intensivstation dieses Krankenhauses. Durch den Unfall trug er entsprechend der Bescheinigung des Hospitals vom 30.10.1980 folgende Verletzungen und Verletzungsfolgen davon:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">"Polytrauma, Schocklunge, Ellenbogentrümmerfraktur links, Zustand nach Pneumothorax und Dauerbeatmung, mehrfache Pneumonien beiderseits, Zwerchfellruptur, Milzruptur, deutliche Hautabschürfungen im Bereich des Thorax und des Beckengebietes".</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Kläger behaupten, die Klägerin zu 1) habe bei der Mandatserteilung im Büro des Beklagten am 24.09.1979 klar und unmißverständlich darauf hingewiesen, daß für ihren Ehemann nach dem am 23.09.1979 erlittenen Verkehrsunfall Lebensgefahr bestehe. Der Zeuge habe im Büro des Beklagten Bilder, die er unmittelbar nach dem Unfall von dem zerstörten Fahrzeug gemacht habe, vorgelegt, um auf die Schwere des Unfalles hinzuweisen. Der Beklagte hätte sich daher aufgrund der Unfallschilderung, der vorgelegten Bilder und des Gutachtens des Kfz.-Sachverständigen zumindest mit der Versicherung umgehend in Verbindung setzen und sich von dieser einen Verzichtet auf den Einwand der Rechtshängigkeit bzgl. des Schmerzensgeldanspruches bestätigen lassen müssen. Für den Fall, daß dieser Verzicht nicht schriftlich von der Versicherung erklärt worden wäre, wäre es seine Pflicht gewesen, Klage zu erheben. Dadurch, daß der Beklagte den Schmerzensgeldanspruch nicht geltend gemacht habe, habe er fahrlässig gehandelt; er sei ihnen- den Klägern - zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den sie dadurch erlitten hätten, daß das Schmerzensgeld , welches andernfalls auf sie als Erben übergegangen wäre, nicht gezahlt worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Ihr verstorbene Ehemann bzw. Vater sei auch bis zu seinem Tode ansprechbar und bei Bewußtsein gewesen. Es wäre mit Sicherheit sein Wille gewesen, daß der Schmerzensgeldanspruch geltend gemacht und seiner Familie zugute gekommen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Im Hinblick auf die erlittenen Verletzungen des Erblassers sei ein Schmerzensgeld angemessen, das in einem vergleichbaren Falle mit 20.000,00 DM bemessen worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">den Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger als Schadensersatz ein der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Er behauptet: Die Klägerin zu 1) und ihr Begleiter, der Zeuge hätten bei ihrer Vorsprache am 24.09.1979 auf ernsthafte Verletzungsfolgen nicht hingewiesen. Es sei lediglich erwähnt worden, daß der später verstorbene Ehemann der Klägerin zu 1) im Gegensatz zu dem tödlich verunglückten Unfallverursache Glück gehabt habe, er läge im Hospital in . Der Erblasser sei bis zu seinem Tode testurfähig gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte behauptet weiter, die Versicherung des Unfallverursachers</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">, die , hätte gegen einen Anspruch nach § 847 BGB Einwendungen nicht erhoben, wenn die Schadensakte in seinem Büro geblieben wäre. Unter dem6.8.1981 habe er sich hinsichtlich der Abwicklung von Großschäden mit der auf folgende Formel geeinigt: "Wir sind uns darüber einig geworden, daß von uns aus subjektiv der Eindruck entstehen konnte, jedenfalls uns gegenüber werde sich in derartigen Fällen auf § 847 BGB nicht berufen."</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte trägt weiter vor: Der Vortrag der Kläger, der Erblasser sei "an den Unfallfolgen" gestorben, reiche zur Geltendmachung des vorliegenden Schadensersatzanspruches nicht aus. Streng kausalistisch betrachtet sterbe jemand immer dann "an den Unfallfolgen", wenn er wegen der Unfallfolgen im Krankenhaus liege und ihn dann - aus welchen Gründen auch immer - der Tod ereile. Angenommen, der Erblasser wäre an einer Thrombose wegen der langen Liegezeit gestorbenen, dann könnte man von ihm als Anwalt nicht verlangen, mit Rücksicht auf diese Entwicklung vorgreiflich beispielsweise einen Schmerzensgeldanspruch von 100.000,00 DM rechtshängig zu machen. Mit einer Feststellungsklage sei im Hinblick auf § 847 BGB nichts gewonnen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen , , und sowie durch Einholung einer schriftlichen Auskunft des Arztes . Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 07.12.1981 (Bl. 80 - 86 d. A.) und auf die schriftliche Auskunft (Bl. 78 d.A.) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Akten 40 Js 540/79 StA Duisburg lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><u> E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Klage ist sachlich gerechtfertigt. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, daß die Kläger als Erben des verstorbenen von dem Beklagten Schadensersatz in Höhe von 20.000,00 DM aus positiver Verletzung des zwischen dem Erblasser und dem Beklagten geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) verlangen können. Der Beklagte hat dadurch, daß er den dem Erblasser gegen den Schädiger</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">und dessen Haftpflichtversicherung zustehenden Schmerzensgeldanspruch nach §§ 823, 847 BGB nicht rechtzeitig von der hat anerkennen lassen oder rechtshängig gemacht hat, die ihm durch das Mandat übertragenen Pflichten als Rechtsanwalt in fahrlässiger Weise verletzt.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte bzw. seine beiden Angestellten und sind bei der Mandatserteilung am 24.09.1979 darauf hingewiesen worden, daß für den Erblasser nach dem am 23.09.1979 erlittenen Verkehrsunfall Lebensgefahr bestand. Dies folgt aus der klaren und glaubhaften Aussage des Zeugen , der bekundet hat, den Zeuginnen und seien Unfallhergang und Tragweite des Unfalls geschildert worden. Der Zeuge hat ausgeführt, er habe noch am Unfalltage sofort nach der Operation des Erblassers im Beisein der Klägerin zu 1) mit dem Oberarzt gesprochen. Dieser habe ihnen wenig Hoffnung gemacht und gesagt, Herr habe schwere innere Verletzungen und einen Trümmerbruch des linken Armes erlitten und dadurch bedingt, eine schwere Infektion; es bestehe Lebensgefahr. Mit dem Eindruck der Lebensgefahr seien die Klägerin und er - der Zeuge - am nächsten Tage zur Besichtigung des Unfallfahrzeuges und sodann direkt zum Büro des Beklagten gefahren. Den Angestellten sei dieser Eindruck vermittelt worden; sie seien darauf hingewiesen worden, daß Lebensgefahr bestehe, und seien selbst auch über die Tragweite des Unfalls entsetzt gewesen. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber haben die Zeuginnen und zwar bekundet, die Klägerin zu 1) und der Zeuge hätten Sie beim Eintragen der entsprechenden Daten in einem Unfallaufnahmebogen nicht darauf hingewiesen, dass Lebensgefahr bestehe; von einer Lebensgefahr sei nicht die Rede gewesen. Ob das Wort "Lebensgefahr" bei der Besprechung am 24.09.1979 gefallen ist oder nicht, kann aber dahingestellt bleiben. Aus den Aussagen der beiden Zeuginnen ergibt sich nämlich, dass ihnen jedenfalls die Schwere des vom Erblasser erlittenen Unfalls und der dadurch bedingten Verletzungen mitgeteilt worden ist. Wie u. a. auch aus dem von den Zeuginnen </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">und ausgefüllten Unfallaufnahmebogen hervorgeht, sind beide Zeuginnen darauf hingewiesen worden, daß es sich bei dem Unfall um einen Frontalzusammenstoß gehandelt hat. Beide Zeuginnen haben entsprechend ihrer eigenen Aussage gewußt, daß sich der Erblasser im Hospital in befand und der andere Fahrer tödliche Verletzungen erlitten hatte. Die Zeugin hat außerdem bekundet, es sei ihnen von Frau oder Herrn gesagt worden, daß sich der Erblasser auf der Intensivstation befinde. Darüber hinaus sind den Angestellten und nach den Bekundungen des Zeugen </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">auf Bilder vom Unfallfahrzeug des Ehemannes und Vater der Kläger vorgelegt worden, aus denen ebenfalls auf die Schwere des Unfalls und der von Herrn </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">erlittenen Verletzungen geschlossen werden konnte. Zwar haben die Zeuginnen und nach Vorlage der vom Zeugen aufgenommenen Bilder bei ihrer Vernehmung ausgesagt, sie könnten sich nicht mehr daran erinnern, daß ihnen die Bilder am 24.09.1979 gezeigt worden seien. Diese Bekundung steht jedoch nicht in Widerspruch zu der glaubhaften Darstellung des Zeugen </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">denn keine der beiden Angestellten des Beklagten hat positiv ausgeschlossen, daß Bilder bei dem Gespräch vorgelegt worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Ist demnach aber davon auszugehen, daß den Zeuginnen und aufgrund der vorgelegten Bilder und der vom Zeugen und der Klägerin zu 1) abgegebenen Unfalldarstellung sowohl Unfallhergang als auch der Umstand bekannt waren, daß der Vater und Ehemann der Kläger auf der Intensivstation im Hospital in</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">lag, so hätten sie sich angesichts der Schwere des Unfalls nicht mit der unter dem Punkt Schmerzensgeld gemachten Angabe im Unfallaufnahmebogen " </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Hospital" begnügen dürfen. Vielmehr hätten sie den Verkehrsunfall hinsichtlich der vom Erblasser erlittenen Verletzungen in allen Einzelheiten aufnahmen müssen, so daß der Beklagte bei der Durchsicht des Unfallaufnahmebogens auf die Tragweite des Unfalls und der Verletzungen sowie die Notwendigkeit der sofortigen Geltendmachung eines Schmerzensgeldanspruches hingewiesen wurde. Dadurch, daß die Zeuginnen und von einer detaillierten Schilderung der Verletzungen des Fahrers abgesehen haben, haben sie die dem Mandanten gegenüber bestehenden Sorgfaltspflichten zur umfassenden Sachverhaltsaufklärung verletzt, wobei ihr Verschulden gemäß § 278 BGB dem Beklagten zuzurechnen ist.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat darüber hinaus auch selbst gegen die ihm aus der Mandatserteilung ergebenden Verpflichtungen verstoßen. Der Beklagte hätte nämlich, wenn er schon seinen Angestellten die Aufnahme von Unfällen übertragen hat, entweder diese eindringlich darüber belehren müssen, daß in Hinblick auf § 847 Abs. 1 S. 2 BGB Art und Umfang der erlittenen Verletzungen aufzunehmen sind, oder er hätten den Unfallaufnahmebogen so fassen und sicherstellen müssen, daß die Angaben über Verletzungen von den Angestellten derart erfragt und niedergelegt wurden, wie es für seine Entscheidung hinsichtlich einer etwaigen sofortigen Geltendmachung eines Schmerzensgeldanspruches notwendig war. Der im Unfallaufnahmebogen angekreuzte Hinweis darauf, daß ein Attest nachzureichen ist, vermag demgegenüber insbesondere in Fällen, in denen - wie hier - ersichtlich Eilbedürftigkeit besteht, nicht die sofortige umfassende Sachverhaltsaufklärung ersetzen. </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Zumindest aber hätte der Beklagte, nachdem er aus dem Unfallaufnahmebogen immerhin entnehmen konnte, dass es sich um einen schweren Verkehrsunfall, und zwar um einen Frontalzusammenstoß handelte und der Fahrer im Krankenhaus lag, als erfahrener Anwalt weitere Rückfragen stellen müssen, um entscheiden zu können, ob die Notwendigkeit bestand, möglichst schnell Schmerzensgeldansprüche zu stellen. Dies gilt umsomehr, als der Erblasser nicht sofort verstorben ist, dem Beklagten daher noch genügend Zeit verblieben ist, um entsprechende Schritte zu ergreifen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">In diesem Zusammenhang kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Beklagte seinen ersten Schriftsatz an die Klägerin zu 1) ein Schreiben beigefügt hat, in dem gebeten wird, von zwischenzeitlichen Telefonaten Abstand zu nehmen und wichtige Fragen schriftlich einzureichen. Der Beklagte mußte deshalb damit rechnen, daß nach der Aufnahme des Unfalls die Klägerin zu 1) keine weiteren Maßnahmen ergreifen, sie sich vielmehr darauf verlassen würde, daß entsprechend dem Schreiben die Angelegenheit nach fachmännischen Gesichtspunkten und unter dem Bestreben, den größtmöglichen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen, bearbeitet werde.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hätte bei Beachtung der von ihm als Rechtsanwalt zu erwartenden Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die Art und die Schwere der Verletzungen sowie die bestehende Lebensgefahr entweder den Schmerzensgeldanspruch des später verstorbenen Herrn von der Versicherung des Unfallverursachers </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">schriftlich anerkennen lassen oder aber Klage zur Herbeiführung der Rechtshängigkeit erheben müssen. Eine derartige Klage wäre auch in der Form einer Leistungsklage möglich gewesen. Selbst wenn der Beklagte den Schmerzensgeldanspruch nicht sofort der Höhe nach hätte beziffern können, so hätte es ausgereicht, wenn er zunächst Unfallhergang und Art der Verletzungen dargelegt und die Schmerzensgeldforderung der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt hätte.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, daß die dann, wenn die Schadensakte in seinem Büro geblieben wäre, gegen einen Anspruch aus § 847 BGB Einwendungen nicht erhoben hätte. Vielmehr ist durch das unter dem 09.03.1981 an die Prozessbevollmächtigten der Kläger gerichtete Schreiben des für die tätigen Prokuristen bestätigt worden, daß der Versicherer die Zahlung eines Schmerzensgeldes ablehnt. In diesem Schreiben des zunächst vom Beklagten benannten Zeugen, auf dessen Vernehmung dann verzichtet wurde, ist ausgeführt, nach der überwiegenden Praxis der Haftpflichtversicherer genüge die -. meistens telefonisch - mit dem Anwalt getroffene Vereinbarung, den Schmerzensgeldanspruch als rechtshängig anzusehen, wenn der Verletzte zum Zeitpunkt dieser Vereinbarung noch lebe; im vorliegenden Fall stelle sich das Problem der mangelnden Rechtshängigkeit jedoch nicht, da eine Vereinbarung in der aufgezeigten Form nicht getroffenen worden sei. Der Beklagte hätte sich deshalb wenigstens telefonisch mit der Versicherung des Unfallgegners über das Schmerzensgeld abstimmen müssen. Nur in diesem Fall hätte er damit rechnen können, dass eine Klageerhebung sich erübrigte.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte kann sich auch nicht entlastend auf die mit der im Jahre 1981 getroffene Einigungsformel berufen, es habe von ihm aus subjektiv der Eindruck entstehen können, jedenfalls ihm gegenüber werde sich die Versicherung in derartigen Fällen nicht aus § 847 BGB berufen. Insoweit liegt nämlich nur ein Irrtum im Beweggrund vor, der aber nicht geeignet ist, sich gegenüber Dritten, und damit gegenüber den Klägern als Erben des Verstorbenen aus der Haftung zu befreien.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Das Versäumnis des Beklagten, den Schmerzensgeldanspruch von der </p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">anerkennen zu lassen bzw. diesen rechtshängig zu machen, ist ursächlich für den Verlust der Forderung geworden. Da der Erblasser laut Auskunft des Arztes ,</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">an dessen Sachkunde keine Zweifel bestehen, bis zu seinem Todestag wach und ansprechbar gewesen ist, hatte der Beklagte ausreichend Zeit, sich eine ausdrückliche persönliche Vollmacht für das Geltendmachen der Schmerzensgeldforderung geben zu lassen bzw. die Klägerin zu 1) dahingehend zu belehren, daß der Erblasser eine entsprechende Erklärung abgeben müsse. Daß der Erblasser in diesem Fall einen derartigen Willen geäußert hätte, entspricht der Lebenserfahrung, zumal die Klägerin zu 1) bereits am Tage nach dem Unfall das Anwaltsbüro des Beklagten aufgesucht und diesen mit der Vertretung ihres Ehemannes in dessen Namen beauftragt hat.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Das Unterlassen des Beklagten ist auch ursächlich für den Verlust des Schmerzensgeldanspruches. Der Ehemann bzw. Vater der Kläger ist entsprechend der Auskunft des Arztes "an den Unfallfolgen" gestorben. Selbst wenn man diese an sich klare Formulierung dahin deuten wollte, daß sie die Möglichkeit mitumfaßt, der Erblasser sei nicht unmittelbar an den Folgen des Verkehrsunfalls, sondern z.B. wegen der langen Liegezeit an einer Thrombose gestorben, so wäre nach der herrschenden Adäquanztheorie der Unfall immer noch - mittelbar - ursächlich für den später eingetretenen Tod (vgl. Palandt-Heinrichs, Vorbem. vor § 249 BGB, Anm. 5).</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Durch das Versäumnis der Beklagten ist den Klägern ein Schaden in Höhe in Höhe von 20.000,00 DM entstanden. Dies ergibt sich daraus, daß die Kläger als Erben des Verstorbenen im Falle des Anerkenntnisses oder der Rechtshängigmachung des Schmerzensgeldanspruchs eine entsprechende Forderung gegen den Unfallgegner und dessen Versicherung gehabt hätten. Der Fahrer hat nämlich durch überholen trotzt Gegenverkehrs in grob fahrlässiger Weise gegen die Vorschrift des § 5 StVO verstoßen und durch Verletzung von Körper und Gesundheit des Erblassers eine unerlaubte Handlung nach § 823 Abs. 1 und 2 BGB begangen. Die Kläger hätten vom Unfallverursacher bzw. von dessen Versicherung auch ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000,00 DM gemäß § 847 BGB verlangen können. Bei der Bemessung dieses Schmerzensgeldes war zu berücksichtigen, daß der verstorbene Vater bzw. Ehemann der Kläger durch den Unfall entsprechend der Bescheinigung des Hospitals vom 30.10.1980 schwerste innere Verletzungen erlitten und bis zu seinem Tode etwa 7 1/2 Wochen im Krankenhaus behandelt worden ist. Er ist laut Auskunft des Arztes bis zu seinem Todestag wach und ansprechbar gewesen und konnte selbst allein aus dem Umstand, daß er sich während der gesamten Behandlungszeit auf der Intensivstation des Krankenhauses befunden hat, auf die Gefahr eines nahen Todes schließen. Er mußte in den letzten Taten vor seinem Ableben von einem Respirator beatmet werden und war schließlich nur noch in der Lage, auf Fragen schriftlich Auskunft zu geben. Es war weiter zu berücksichtigen, daß der Unfall vom Schädiger in grob fahrlässigerweise herbeigeführt worden ist. Als Ausgleich für die infolge der erheblichen Verletzungen erlittenen Schmerzen, die lange Verweildauer auf der Intensivstation des Krankenhauses und die Beeinträchtigung des seelischen Wohlbefindens des Erblassers war ein Schmerzensgeldbetrag von 20.000,00 DM angemessene, den er bzw. seine Erben vom Unfallverursache und von dessen Versicherung hätten fordern können. Den Klägern ist daher ein Schaden in dieser Höhe entstanden, für den der Beklagte aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung einzustehen hat.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 20.000,00 DM.</p>
|
315,830 | olgk-1982-02-16-1-ss-73881 | {
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} | 1 Ss 738/81 | "1982-02-16T00:00:00" | "2019-03-13T15:15:06" | "2019-03-27T09:42:06" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1982:0216.1SS738.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Revision des Angeklagten wird auf seine Kosten verworfen.</p>
<p></p>
<p>Die Revision der Staatsanwaltschaft wird auf Kosten der Staatskasse verworfen, der auch die insoweit entstandenen Mehrauslagen des Angeklagten zur Last fallen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Gründe</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Strafrichter hat den Angeklagten wegen Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB) zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20,-- DM verurteilt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nach den Feststellungen schloß sich der Angeklagte am 18.August 1980 den "Besetzern" des Hauses L.-F., M. Str. 2 d, an. Das seit acht Jahren leerstehende Wohnhaus war von der Stadt L. erworben und zum Abriß bestimmt worden. Als nachmittags Polizei und eine Abbruchfirma anrückten, versammelte sich der Angeklagte mit den übrigen jungen Leuten auf dem Dach des Hauses. Aufforderungen der Polizei über Lautsprecher, das Haus zu räumen, ließen sie unbeachtet. Daraufhin wurde das Haus zwangsweise geräumt. Hierbei ließ sich der Angeklagte von der Polizei widerstands­los vom Dach holen und aus dem Haus führen. Eine Erlaubnis der Stadt L., das Haus zu betreten und sich dort aufzuhalten, hatte der Angeklagte nicht.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Berufung eingelegt, die er vor Eintritt in die Hauptverhandlung vor dem Berufungsgericht auf das Strafmaß beschränkt hat. Die Strafkammer hat den Angeklagten des Hausfriedensbruchs schuldig gesprochen, ihn verwarnt und seine Verurteilung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20,-- DM vorbehalten.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richten sich die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft. Während der Angeklagte mit einer Verfahrensrüge geltendgemacht, daß ein wirksamer Strafantrag fehle, rügt die Staatsanwaltschaft die Anwendung der Ver­warnung mit Strafvorbehalt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">A.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><u>Revision des Angeklagten</u></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">I.           </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Eine Oberprüfung des <u>Schuldspruchs</u> war dem Senat schon deshalb entzogen, weil der Angeklagte seine Berufung auf die Straffrage beschränkt hatte (BGHSt 24, 185,188;</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">BGHSt 29, 359). Diese Beschränkung war wirksam, weil die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils insgesamt den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat erkennen lassen und eine ausreichende Grundlage für die Beurteilung der Straffrage bilden. Der Senat hatte daher auf materiell-rechtliche Fragen zur Strafbarkeit von Hausbesetzungen</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">als Hausfriedensbruch von vornherein nicht mehr einzugehen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">II.     </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Revision des Angeklagten mußte erfolglos bleiben, weil der zur Ahndung der Tat als Hausfriedensbruch gemäß</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">§ 123 Abs. 2 StGB erforderliche <u>Strafantrag</u> vorliegend wirksam gestellt ist.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">1. Verfahrenshindernisse sind von dem Revisionsgericht selbständig zu prüfen, und zwar nach den Grundsätzen des Freibeweises (BGHSt 16,164,166; 21,81; BGH bei Dallinger, NDR 1955, 143). Dabei wäre ein Fehlen eines Strafantrages trotz der Beschränkung der Berufung auf die Straffrage noch zu beachten gewesen (Paulus in KMR, 7.Aufl., § 318 StPO Rn. 20,22 m.weit.Nachw. ).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">2. Wie der Senat bereits durch Urteil vom 22. Dezember 1981 - 1 Ss 739/81 - in anderer Sache (die aber den­selben Vorfall betraf) entschieden hat, ist der von der Stadt L. mit Schreiben vom 13. Oktober 1980 gestellte Strafantrag rechtswirksam. Dem am 23. Oktober 1980, also rechtzeitig, bei der Staatsanwaltschaft Köln eingegangenen Schreiben ist eine Namensliste beigefügt, unter deren Nummer 26 der Angeklagte aufgeführt ist.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">3.  Die Stadt L. war berechtigt, Strafantrag zu stellen. Sie war zur Tatzeit Eigentümerin des Grundstücks und damit Inhaberin des Hausrechts.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">4.  Der Strafantrag ist rechtswirksam gestellt worden.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">a)  Juristische Personen üben ihr Antragsrecht durch ihre Organe aus, die ihren Willen innerhalb der ihnen zugewiesenen Aufgaben bilden (Mösl LK, 9.Aufl., § 61 Rn. 18; Stree in Schönke/Schröder, 20.Aufl., § 77 Rn. 14 m.weit.Nachw.). Verfassungsmäßig berufe­nes Organ zur Vertretung der Stadt L. nach außen in Rechts- und Verwaltungsangelegenheiten ist der Oberstadtdirektor. Dies folgt aus § 55 GemO NW, der die äußere Vertretungsmacht der Gemeinde regelt (vgl. VVO zu § 55 sowie Anm. 1 bei Rauball/Pappermann/Roters, 3.Aufl.; s.a. Kottenberg/Rehn, GO NW zu § 55 Anm. I; OLG Köln DVBl 1960, 816).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">b)  Hatte der Oberstadtdirektor das Strafantragsrecht für die Stadt L. auszuüben, so brauchte er doch einen dahin­gehenden Antrag nicht persönlich zu unterzeichnen. Die Zu­lässigkeit einer Ausübung des Strafantragsrechts durch Be­dienstete folgt verwaltungsrechtlich aus dem in § 53 Abs. 1 Satz 1 GemO NW verankerten Organisationsrecht des Oberstadt­direktors und ist auch strafrechtlich stets zugelassen worden</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">(RGSt 41, 195; 67, 47 49; RG GA 65, 116; OLG Karlsruhe OLGSt 1 zu § 303 StGB, S. 11; OLG Celle NStZ 1981,223;OLG Karlsruhe OLGSt § 303 StGB, Bl. 4).</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">c)     Daß vorliegend der Sachbearbeiter X. beauftragt und ermächtigt war, für den Oberstadtdirektor den Strafan­trag der Behörde zu stellen, folgt für den Senat an sich schon aus den Schreiben des Oberstadtdirektors vom 8. und 22. Oktober 1981 (Bl. 116, 120 ff d.A.). In den persönlich unterzeichneten Schreiben erklärt der Oberstadtdirektor, daß jedenfalls nach langjähriger Verwaltungsübung "das Rechts- ­und Versicherungsamt verwaltungsintern beauftragt und damit auch nach außen berechtigt ist, Strafanzeigen zu erstatten und gegen Nichtbedienstete der Stadt L. Strafantrag zu stellen". Dementsprechend war vorliegend auch der Bearbeiter des Geschäftsvorfalles "Herr X. berechtigt, den Straf­antrag vom 13.10.1980 zu unterzeichnen". An der Wahrheit dieser dienstlichen Erklärungen bestehen keine Zweifel.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">d)  Die Richtigkeit der Erklärungen des Oberstadtdirektors wird zudem durch die bei den Akten befindlichen Zeichnungs­- und Geschäftsverteilungspläne der Stadt L. bestätigt:</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Aus 4.5.3 Abs. 1 Satz 2 der Allgemeinen Dienst- und Geschäfts­anweisung der Stadt L. (AGA, -vgl. Bl. 135 d.A.) i.V.m.Nr. 4 der Zeichnungsregelung für das Rechts- und Versicherungs­amt vom 30.8.1979 (Bl. 138 ff d.A.) folgt, daß - sofern nicht höhere Zeichnungsregelungen eingreifen, was vorliegend nicht ersichtlich ist - der "Bearbeiter des Geschäftsvorfalls" nach außen unterschriftsberechtigt ist. Die Vertretungsbefugnis nach außen folgt damit der verwaltungsinternen Zuständigkeit.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Sachbearbeiter des Rechts- und Versicherungsamtes X. war aber auch innerdienstlich zuständig.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Zunächst handelt es sich bei der Stellung eines Strafantrages für die Gemeinde um ein "einfaches Geschäft der laufenden Verwaltung" i.S.v. § 28 Abs. 3 GemO NW, das im Verhältnis zwischen Rat und Gemeindedirektor als auf den Gemeindedirektor übertragen gilt, soweit nicht der Rat sich oder einem Ausschuß die Entscheidung vorbehalten hat.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Vorliegend gehörte die Stellung des Strafantrages für die Stadt L. auch zu den "einfachen Geschäften der laufenden Verwaltung". Insoweit war allerdings mitzuberücksichtigen, daß sich der Strafantrag insgesamt gegen 59 meist jüngere Personen richtete und die Hausbesetzung vorliegend auch eine gewisse kommunalpolitische Bedeutung gehabt hat. Andererseits fiel ins Gewicht, daß es sich bei der Stadt L. um eine Groß­stadt mit hoher Einwohnerzahl, Finanzkraft und Bedeutung han­delt (vgl. zu diesen Kriterien BGH NJW 1980, 117 m.w.N.; Rauball/Pappermann/Roters aa0 § 28 Rn. 30). Für sie gehört die Stellung eines Strafantrages zur Sicherung ihrer Liegen­schaften zu den regelmäßig vorkommenden Verwaltungsgeschäften, deren Entscheidung keine größeren Schwierigkeiten bereitet und im Rahmen der kommunalen Verwaltungsübung erledigt wird (s.a. BayObLGSt 53, 185 zur Stellung des Strafantrages nach der BayGemO bei einer kleinen Gemeinde).</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">e) Kommt es danach allein noch darauf an, ob innerhalb der Behörde des Oberstadtdirektors die Aufgabe der Stellung eines Strafantrages <em>gegen </em>Nichtbedienstete dem Rechtsamt übertragen war, so folgt dies aus Nr. 3.5.4.5. AGA.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Nach dieser Vorschrift ist das Rechtsamt für die Stadt L. zuständig für die Stellung von Strafanträgen. Zwar besagt Absatz 1 Satz 1 wörtlich nur, daß das Rechtsamt befugt sei, Strafanzeigen zu erstatten.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Aus Absatz 1 Satz 2 folgt aber, daß das Rechtsamt grund­sätzlich die Dienststelle sein soll, der Anzeigesachen von anderen Dienststellen übersandt werden müssen. Dort sollen die Vorgänge ersichtlich tatsächlich und rechtlich geprüft und dann unter Federführung des Rechtsamtes von dort aus nach außen weitergeleitet werden. Schon diese Kompetenz schließt eine Zuständigkeit auch dafür ein, in diesen Sachen nach außen Erklärungen für die Stadt L. abzugeben.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Ausgenommen sind allerdings die Fälle, in denen wegen Körper­verletzung oder Beleidigung eines Amtsträgers gemäß § 194 Abs. und § 232 Abs. 2 auch der Dienstvorgesetzte einen eigenen Strafantrag stellen kann. Hier sind die Vorgänge dem Personalamt vorzulegen, das dann (gleichfalls) nicht nur für eine Strafanzeige, sondern ausdrücklich auch für den Straf­antrag zuständig ist ("mit einem Strafantrag ... verbunden werden können"). Die Kompetenzen sind danach zwischen Personal­amt und Rechtsamt aufgeteilt. Die Art der Aufteilung läßt den Rückschluß zu, daß sowohl das Personalamt als auch das Rechts­amt in den ihnen zugewiesenen Sachen zur Stellung von Straf­anzeigen und Strafanträgen zuständig sind.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Dem steht die Regelung in Absatz 1 Satz 2 nicht entgegen. Hier kommen Taten in Betracht, in denen zugleich sowohl ein Bediensteter der Stadt L. als auch diese selbst unmittel­bar verletzt worden sind und daher beide ein Antragsrecht haben. Schließlich gibt die Vorschrift auch für die Fälle einen Sinn, in denen lediglich der Bedienstete ein Straf­antragsrecht hat, die Tat aber gleichwohl dienstliche Be­lange berüht und daher eine Strafanzeige durch die Stadt L. in Betracht kommt. Jedenfalls geht auch diese Vorschrift dahin, daß das Rechtsamt die Stelle ist, die innerhalb der Stadtverwaltung für die Anzeigensachen abschließend zuständig ist und unter deren Federführung Erklärungen nach außen abgegeben werden sollen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Letztlich besagt Absatz 2, daß das Rechtsamt zur Erklärungeiner Zurücknahme des Strafantrages zuständig ist. Zusammen mit den vorgenannten Regelungen läßt dies wie­derum erkennen, daß das Rechtsamt bei den ihm zugewiesenen Fällen die umfassende Zuständigkeit für die Bearbeitung von Strafanträgen nach außen hat, - eine Kompetenz, die nicht nur die Rücknahme, sondern erst recht schon die Stellung derartiger Strafanträge einschließt.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Lediglich ein ergänzendes Indiz war danach, daß der Aufgabengliederungsplan der Stadtverwaltung nach der Tat für das Rechts- und Versicherungsamt in Nr. 14 "zur Klarstellung" dahin neugefaßt worden ist, daß jetzt die Erstattung von Strafanträgen dort auch wörtlich genannt ist.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">5. Im übrigen wird auf die zur Veröffentlichung bestimmte Senatsentscheidung vom 22. Dezember 1981 - 1 Ss 759/81 -Bezug genommen, die dem Verteidiger in vorliegender Sache bereits längere Zeit vor dem Verhandlungstermin übersandt worden war (Bl. 143, 144 d.A.).</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">B.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks"><u>Revision der Staatsanwaltschaft </u></p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Auch die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß die Strafkammer den Angeklagten unter Strafvorbehalt verwarnt hat (§ 59 StGB).</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">1.  Die formellen Voraussetzungen des § 59 StGB hat die Strafkammer beachtet. Ohne Rechtsfehler hat sie ferner die begründete Erwar­tung erlangt, der Angeklagte werde künftig auch ohne Verurteilung zu Strafe keine Straftaten mehr begehen (§ 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB).</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">2.  Auch soweit die Strafkammer "besondere Umstände, die in der Tat und der Persönlichkeit des Täters liegen", (§ 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB) bejaht hat, ist sachliches Recht nicht ver­letzt.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Verwarnung mit Strafvorbehalt ist statthaft, wenn mildernde Umstände von besonderem Gewicht vorliegen, welche die Tat jedenfalls in einer Hinsicht aus dem Kreis vergleichbarer, ge­wöhnlich vorkommender Durchschnittsfälle so deutlich heraus­heben, daß Verschonung von Strafe angezeigt ist (BayObLG JR 1976,511 m.Anm.Zipf). Es handelt sich um eine Ausnahmevorschrift, die eng auszulegen ist, gewöhnliche Strafmilderungsgründe genügen insoweit nicht (s.a. BGH bei Dallinger,MDR 1976,14; OLG KoblenZ BA 1978,207; SenE OLGSt § 59 StGB, S.1 und 9; ebenso SenE vom12.10.1976 - Ss 388/75-). Andererseits können an das Tatbe­standsmerkmal "besondere Umstände" in § 59 StGB nur geringere Anforderungen gestellt werden, als an das gleiche Merkmal in § 56 Abs. 2 StGB. Im Bereich des § 59 StGB geht es von vornherein nur um Straftaten von ver­hältnismäßig geringem Unrechts- und Schuldgehalt, wegen derer der Täter lediglich Geldstrafe bis zu 180 Tages­sätzen verwirkt haben kann (vgl. Dallinger a.a.O.; OLG Koblenz a.a.O.; Ruß LK,. 10.Aufl., § 59 Rn.5; Dreher/ Tröndle, 40.Aufl., § 59 StGB Rn. 5). Ebenso dürfen an § 59StGB nicht so hohe Anforderungen gestellt werden, daß eine Anwendung der Vorschrift praktisch nicht mehr in Betracht kommt und der gesetzgeberische Wille mißachtet würde (zur Kritik an einer zu restriktiven Auslegung vgl. Schöch, JR 1978, 74; Schreiber in Schaffstein-Festschrift, 290, Horn, NJW 1980, 106; Baumann, JW 1980, 464).</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Vorliegend genügen die Feststellungen den gesetzlichen Anforderungen. Der Staatsanwaltschaft ist zwar insoweit zuzustimmen, als das angefochtene Urteil teilweise allge­meine Ausführungen enthält, die für sich genommen eine Verwarnung mit Strafvorbehalt nicht tragen würden. So könnten "besondere Umstände" nicht generell stets schon darin gefunden werden, daß Hausbesetzungen eine "Zeiterscheinung" sind und als Reaktion, der Jugend auf wohnungspolitische Mißstände oder kommunale Fehlplanungen zu verstehen seien. Hierzu läßt die Staatsanwaltschaft aber außer Betracht, daß dahingehende Formulierungen des Urteils nicht isoliert verstanden werden können. Es handelt sich vielmehr um Wertungen, welche die Strafkammer auf der Grundlage der Feststellungen zum konkreten Tatgeschehen angestellt hat.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">So hat sich die Strafkammer hinsichtlich der festge­stellten Besonderheiten zur Persönlichkeit des Täters ersichtlich darauf gestützt, daß der Angeklagte ein zur Tatzeit erst 23jähriger Student war, der als Fakultätssprecher für die Medizinische Fakultät gesellschaftlichen Einsatz bewiesen hat und in keiner Hinsicht vorbestraft ist, Sein Motiv war uneigennützig und entsprang seiner Überzeugung, sich für die Schaffung und Erhaltung preisgünstigen Wohnraums einsetzen zu sollen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Zur T a t liegen festgestellte Besonderheiten darin, daß sich der Angeklagte nur wenige Stunden in dem Gebäude aufgehalten hat, daß es sich um ein nicht mehr bewohntes Haus handelte, das seit acht Jahren leerstand und nunmehr abgerissen werden sollte. Zudem habe der Angeklagte ein Mißverständnis zwischen Polizei und Stadtverwaltung für möglich gehalten; bis zuletzt habe er gehofft, die Stadt L. hätte eine Genehmigung zur Renovierung des Hauses durch die Besetzer doch erteilt oder werde eine Nutzung des Hauses noch stillschweigend dulden.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Danach wertet die Strafkammer die Tät zur Recht als an der unteren Grenze des in Fällen des Hausfriedensbruchs denkbaren Unrechts- und Schuldgehalts liegend. Im Vergleich mit anderen Störungen aus dem kriminologischen Erscheinungsbild des Hausfriedensbruchs - etwa dem Eindringen in bewohnte Häuser oder Wohnungen, dem unbefugten Verweilen in Geschäfts‑ oder Büroräumen, Bahnhöfen usw. - ist vorliegend die soziale Funktion des befriedeten Besitztums tatsächlich allenfalls noch minimal gestört worden. Dies gilt schon ohne Rücksicht auf unterschiedliche rechtliche Auffassungen hin­sichtlich des in § 123 StGB geschützten Rechtsguts (vgl.Schäfer LK, § 123 StGB Rn. 1 ff m.weit.Nachw.) oder neuen Tendenzen zu einer restriktiven Auslegung des Tatbestandsmerkmais "beriede­tes Besitztum" (hierzu Engels, DuR 1981,293 m.weit.Nachw.). Rein ordnungsbehördliche Gesichtspunkte der Tat hatten zur Frage des Schuldgehalts nach § 123 StGB ohnehin außer Betracht zu bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">3. Ohne Rechtsfehler ist die Kammer schließlich auch zu der Überzeugung gelangt, daß vorliegend die Verteidigung der Rechtsordnung die Verurteilung zur Strafe nicht gebietet (§ 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB). Dies wäre nur anzunehmen gewesen, wenn eine bloße Verwarnung bei Beachtung der Besonderheiten des Einzelfalles für das allgemeine Rechtsempfinden unverständlich erscheinen müßte und das Vertrauen der Bevölkerung in die Unver­brüchlichkeit des Rechts und in den Schutz der Rechts­ordnung erschüttert werden könnte (Ruß LK a.a.O., Rn. 7). Generalpräventive Erwägungen dürfen allerdings nicht dazu führen, bestimmte Tatbestandsgruppen schlechthin von der Möglichkeit einer Verwarnung mit Strafvorbehalt auszu­schließen (Dreher/Tröndle,40.Aufl, § 59 StGB Rn, 4; Ruß LK a.a.O. ; OLG Cello NsRpfl. 1977,90). Dies gilt auch hinsichtlich von Taten mit geringem Unrechts-und Schuld­gehalt, die von gesellschaftspolitisch motivierten Überzeugungstätern begangen werden.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Auch hier greifen Bedenken gegen die Urteilsgründe letztlich nicht durch. Insbesondere sieht der Senat keinen Rechtsfehler darin, daß die Strafkammer zu Beginn ihrer diesbezüglichen Ausführungen allgemein wiederholt hat, daß es bei der Tat "zu keinerlei Gewalttätigkeiten oder Beleidigungen gegenüber der Polizei gekommen ist". Die Staatsanwaltschaft weist zwar richtig darauf hin, daß in die Wertung nach § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB nur fallbezogene Umstände einfließen dürfen. Die der beanstandeten Formulierung nachfolgenden Sätze machen aber deutlich, daß die Strafkammer lediglich den "Hinter­grund, vor dem die Tat des Angeklagten zu sehen ist" hervorgehoben hat (UA S. 5). Der negativ formulierte Eingang soll danach lediglich den geringen Unrechtsgehalt der Tat herausstellen.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Insgesamt bringt die Strafkammer ihre auf der Grundlage der konkreten Feststellungen gewonnene Überzeugung zum Ausdruck, daß eine bloße Verwarnung mit Strafvorbehalt von einer über den Sachverhalt unterrichteten Bevölkerung verstanden würde. Einer solchen Wertung liegt letztlich eine tatsächlich Be­urteilung zugrunde, die vom Revisionsgericht bis zur Grenze des Vertretbaren zu respektieren ist(Ruß LK a. O. 2n. 12;s.a. BGH bei Holtz, MDR 1979, 987; s.a. BGH NJ7 1976, 1413; BGH NJW 1977, 639; BGH NStZ 1981, 434; OLG Schleswig SchlHA. 1977, 178).</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Diese Grenze ist vorliegend jedenfalls nicht überschritten.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">C.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1, 2, 3 StPO  (vgl.Schäfer in Löwe-Rosenberg, 23. Aufl., § 473 StPO Rn. 66).</p>
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315,831 | lg-bonn-1982-02-15-4-t-24782 | {
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} | 4 T 247/82 | "1982-02-15T00:00:00" | "2019-03-13T15:15:08" | "2019-03-27T09:42:06" | Beschluss | ECLI:DE:LGBN:1982:0215.4T247.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird zurückgewiesen. </p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer zu tragen. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Auf dem Grundstück der Gemarkung D Flur ## Nr. ### sowie auf dem Nachbargrundstück Nr. ### sind selbständige Wohnungseigentumsobjekte errichtet worden. Die Tiefgarage ist einheitlich unter den Parzellen ### und ### angelegt. Am #. #.1982 beantragte die Antragstellerin die Eintragung des Wohnungseigentums, des Gegenstandes und Inhalts im Grundbuch unter Bezugnahme auf die Teilungserklärung vom ##.11.1981 -UR.-Nr. #####/####-B-, auf deren Inhalt nebst Anlagen verwiesen wird. Danach ist mit den Wohnungen Nr. 1 bis 29 jeweils das dauernde Sondernutzungsrecht an einem Einstellplatz in der Tiefgarage verbunden, der dieselbe Nummer trägt. An den Einstellplätzen Nr. 30 und 31 soll Sondereigentum begründet werden. Diesbezüglich hat die Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht C der Antragstellerin durch die angefochtene Verfügung mitgeteilt, daß die Tiefgarage auf der Parzelle ### nicht in sich abgeschlossen sei, so daß die Einräumung von Sondereigentum an den Stellplätzen Nr. 30 und 31 nicht möglich sei. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die hiergegen gerichtete nunmehr als Beschwerde zu behandelnde Erinnerung ist gemäß § 11 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO zulässig, sachlich jedoch nicht begründet. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Grundbuchamt ist an die Abgeschlossenheitsbescheinigung des Bauordnungsamtes nicht gebunden, sondern hat die Frage der Abgeschlossenheit (§ 3 Abs. 2 WEG) selbständig zu überprüfen (OLG Frankfurt, RpfIeger 1977, 312). </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Einräumung von Sondereigentum an den Stellplätzen Nr. 30 und 31 ist grundsätzlich möglich. Dies folgt aus der Vorschrift des § 3 Abs. 2 WEG, wonach Sondereigentum nur eingeräumt werden soll, wenn die Wohnungen oder sonstigen Räume in sich geschlossen sind, Garagenstellplätze aber dann als abgeschlossene Räume gelten, wenn ihre Flächen durch dauerhafte Markierungen ersichtlich sind. Allerdings sind mit dem Begriff "Garagenstellplatz" in § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG nur Stellplätze in geschlossenen Garagen gemeint, die ihrerseits insgesamt in sich abgeschlossene Räume darstellen (OLG Hamm, Rpfleger 1975, 27). Die Kammer ist jedoch entgegen der Ansicht der Rechtspflegerin der Auffassung, daß auch in einem Fall, in dem die Tiefgarage sich unter mehreren Parzellen befindet, von der Abgeschlossenheit ausgegangen werden kann. Dies folgt aus § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG, der für Garagenstellplätze vom Erfordernis der Abgeschlossenheit absieht und diese für den Fall einer dauerhaft markierten Abgrenzung der Stellfläche fingiert. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, Missverständnisse über die den Sondereigentümern zustehenden Abstellflächen auszuschließen und eine Abgrenzung zu Gemeinschaftseigentum zu erreichen (Bärmann/ Pick, Wohnungseigentumsgesetz, 4. Aufl. 1980, § 3 Rdnr, 24). Wenn auch, wie ausgeführt, mit dem Begriff "Garagenstellplatz" in dieser Regelung nur Stellplätze in abgeschlossenen Garagen gemeint sind, so ist diesem Erfordernis auch dann Genüge getan, wenn die Stellplätze sich in einer abgeschlossenen, jedoch über mehrere Parzellen erstreckenden Tiefgarage befinden. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Voraussetzung für die Begründung von Sondereigentum an Stellplätzen ist jedoch auch in einem solchen Fall, daß die Stellplätze sich unter genauer Einhaltung der Grundstücksgrenze auf dem Grundstück befinden, auf welches sich die Teilungserklärung bezieht. Die Eintragung von Sondereigentum kommt also dann nicht in Betracht, wenn sich die Stellplätze Nr. 30 und 31 auch nur teilweise auf der Parzelle ### befinden. Den Nachweis darüber, daß vorliegend die Grundstücksgrenzen bei der Anlage der Einstellplätze exakt beachtet worden sind, hat die Antragstellerin bisher nicht erbracht. Den im Beschwerdeverfahren vorgelegten Lageplänen kann nicht mit Sicherheit entnommen werden, daß die Stellplätze Nr. 30 und 31 sich ausschließlich auf der Parzelle Nr. ### befinden. Eine entsprechende Versicherung des Eigentümers reicht hierzu nicht aus, so daß die Beschwerde zurückzuweisen war. Der Antragstellerin ist es allerdings unbenommen, den entsprechenden Nachweis in Zukunft zu führen. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><b><u>Wert des Beschwerdegegenstandes</u>: 2.000,-- DM. </b></p>
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315,832 | olgk-1982-02-09-4-uf-21481 | {
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} | 4 UF 214/81 | "1982-02-09T00:00:00" | "2019-03-13T15:15:09" | "2019-03-27T09:42:06" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1982:0209.4UF214.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das Teilurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn vom 1. September 1981 (48 F 36/81) wie folgt teilweise abgeändert und zur KlarsteIlung neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Unter Klageabweisung im übrigen wird der Vergleich vor dem Familiengericht Bonn vom 5. März 1980 (24 a F 126/79) dahin abgeändert, daß der Kläger für die Zeit vorn 1.Januar 1981 bis 31.August 1981 folgende monatlichen Unterhaltsbeträge an die Beklagte zu zahlen hat:</p>
<p></p>
<p>1 ) für Januar und Februar 1981 je 656,45 DM</p>
<p>2) für März 1981 676,45 DM</p>
<p>3) für April und August 1981 je 730,- DM</p>
<p>4) für Mai, Juni und Juli 1981 entfällt der Unterhaltsanspruch.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Entscheidung über die Kosten des ersten Rechtszuges bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.</p>
<p>Von den Kosten des Rechtsstreits im zweiten Rechtszug haben der Kläger 3/5 und die Beklagte 2/5 zu tragen.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 400,- DM, die Beklagte gegen Sicherheitsleistung</p>
<p>in Höhe von 1800,- DM abwenden, wenn nicht der jeweils andere Teil vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die am 18. Mai 1962 geschlossene Ehe der Parteien aus der die am 21. April 1965 geborene Tochter D. hervorgegangen ist, wurde durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn vom 5. März 1980, das am 15. März 1980 rechtskräftig geworden ist, geschieden.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 5. März 1980 haben die Parteien für den Fall der Rechtskraft der Scheidung einen Vergleich geschlossen, der auszugsweise wie folgt lautet:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:78px">Ziffer 2) "Der Antragsteller verpflichtet sich, an die Antragsgegnerin einen monatlichen Unterhalt von 936,-- DM, fällig im voraus bis zum 3.Werktag eines Monats, erstmals ab 1. März 1980 zu zahlen. Bis einschließlich Juni 1980 hat der Antragsteller lediglich 806,-- DM zu zahlen, da er für die Antragsgegnerin noch die Rate aus dem gemeinsamen Darlehen in Höhe von 130,-- DM zahlt. Ab 1. Juli 1980 beträgt demnach der monatliche Unterhalt wieder 936,-- DM."</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:78px">Ziffer 3) "Der Antragsteller verpflichtet sich, für das Kind D. zu Händen der Antragsgegnerin einen monatlichen Unterhalt von 310,-- DM, fällig im voraus bis zu jedem dritten Werktag eines Monats, erstmals ab 1. März 1980, zu zahlen. Das Kindergeld ist zur Hälfte berücksichtigt. Im übrigen steht der Antragsgegnerin das Kindergeld in Höhe von 50,-- DM zu. Der Berechnung des Kindesunterhalts und des Ehegattenunterhalts liegt die Düsseldorfer Tabelle (Stand 1.1.1980) zugrunde (Gehaltsstufe III)."</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Zur Zeit des Vergleichsabschlusses war die Beklagte nicht berufstätig. Eine Regelung über die Anrechnung eigenen Einkommens findet sich im Vergleich nicht. Die Tochter D.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">besuchte bis zum Ende des Schuljahres 1980/81 die Schule, danach ab 1. September 1981 begann sie eine Lehre.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte nahm nach einem Einführungskurs ab September 1980 wieder ihre Tätigkeit im erlernten Beruf als Zahnarzthelferin zunächst halbtags auf. Ab September 1980 erzielte sie ein Einkommen von zunächst 713,92 DM netto (bis Dezember 1980) und ab Januar 1981 von 708,88 DM netto. Der Arbeitsplatz wurde ihr zum 31. März 1981 gekündigt und im April 1981 bezog sie Arbeitslosengeld in Höhe von 111,60 DM wöchentlich. Ab Mai 1981 arbeitete sie ganztägig als Zahnarzthelferin und verdiente nun 1.308,07 DM netto. Da sie den Anforderungen nicht gewachsen war, wurde ihr die Stelle zum 31. Juli 1981 gekündigt für August 1981 bezog sie wieder Arbeitslosengeld von 111,60 DM wöchentlich.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 19. Januar 1981 wurde die Beklagte vom Kläger aufgefordert, Auskunft über ihr Erwerbseinkommen zu erteilen. Mit Schreiben vom 26. Januar 1981 teilte sie mit, daß sie ein Nettoeinkommen von 713,92 DM monatlich erziele.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Mit der am 9. März 1981 beim Familiengericht eingereichten und am 18. März 1981 zugestellten Abänderungsklage hat der Kläger mit Rücksicht auf das Erwerbseinkommen der Beklagten Herabsetzung des im Vergleich vom 5. März 1980 vereinbarten Unterhalts verlangt.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Er hat vorgetragen, ab Mai 1981 sei die Beklagte zur Ausübung einer Ganztagstätigkeit verpflichtet, da die Tochter D. am 21. April 1981 16 Jahre alt geworden sei.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Er hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">den Vergleich vom 5. März 1980 zu Ziffer 2) dahin abzuändern, daß der Kläger an die Beklagte ab 1. Januar 1981 nur noch einen monatlichen Unterhalt von 222,-- DM zu zahlen hat.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Sie hat darauf verwiesen, daß eine Abänderung des Vergleichs erst ab Klagerhebung möglich sei. Ihr Unterhalt sei durch ihre Erwerbstätigkeit auch nicht dauerhaft gesichert, da sie Schwierigkeiten habe, sich nach 16-jähriger Berufspause auf die veränderten Anforderungen in ihrem Beruf einzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Im übrigen sei auch das gestiegene Einkommen des Klägers zu berücksichtigen. Basis des Vergleichs vom 5. März 1980 sei ein Gesamteinkommen des Beklagten von 2.767,-- DM gewesen. Nach Abzug des Kindesunterhaltes in Höhe von 310,-- DM seien der Beklagten davon 2/5 zuerkannt worden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Durch das hiermit in Bezug genommene Teilurteil vom 1.September 1981 hat das Amtsgericht zunächst über die Abänderung für die Zeit vom 1. Januar bis 31. August 1981 entschieden. Es hat den Vergleich für Januar und Februar 1981 auf 656,45 DM;</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">für März auf 676,45 DM; für April auf 766,56 DM; für Mai bis Juli auf jeweils 436,77 DM und für August 1981 auf 766,56 DM abgeändert.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung hat es ausgeführt, eine Änderung ab 1. Januar 1981 sei möglich, da für den Vergleich § 323 Abs.3 ZPO nicht gelte. Von einer Inverzugsetzung ab Januar 1981 sei auszugehen. Beim Abschluß des Vergleichs vom 5. März 1980 sei davon ausgegangen worden, daß die Beklagte einer Arbeitstätigkeit nicht nachgehe. Ausgangspunkt zur Höhe sei gewesen, daß der Beklagten ein Anteil von 2/5 am Einkommen des Klägers zustehen sollte. Nachdem sie nun eigenes Einkommen erziele, sei der ihr zustehende Unterhalt dahin anzupassen, daß er nunmehr einen Anteil von 2/5 der Differenz der beiderseitigen Einkommen zu zahlen habe. Eine Anpassung an die jetzigen Verhältnisse</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">habe sich an dem zu orientieren, was jeder Partei damals vom Einkommen des Klägers zur Verfügung gestanden habe. Dieses Verhältnis könne nur dadurch gewahrt werden, daß das Einkommen der Beklagten in diese Berechnung einbezogen werde, d.h. die Differenz in den beiden Einkommen festgestellt und von dem sich dann ergebenden Unterschied 2/5 als Unterhalt für die Beklagte errechnet werde. Nach dieser Methode hat das Amtsgericht sodann die bereits genannten Einzelbeträge für die Monate Januar bis August 1981 errechnet.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Gegen diese Entscheidung richtet sich die frist-und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers, der eine weitere Herabsetzung des Unterhalts begehrt. Er behauptet, Ausgangspunkt des Vergleichs vorn 5. März 1980 sei ein Nettoeinkommen des Klägers in Höhe von 2.519,-- DM gewesen. Von dieser Berechnungsgrundlage sei auszugehen, auch wenn das Einkommen damals in Wirklichkeit höher gelegen habe. Da das Nettoeinkommen des Klägers im Jahre 1981 gegenüber 1980 nicht gestiegen sei, belaufe sich der Unterhaltsanspruch gemäß dem Vergleich weiterhin auf 936,-- DM. Auf diesen Unterhaltsanspruch sei jedoch das Einkommen der Beklagten in voller Höhe anzurechnen. Der Kläger bezieht sich insoweit auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">in FamRZ 1981, 539 (541) und 752 ff. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Vergleich <i>vorn </i>5. März 1980 (24 a F 126/79 AG (Familiengericht) Bonn dahin abzuändern, daß der Kläger an die Beklagte für die Zeit vom 1. Januar 1981 bis zum 31. August 1981 folgende Unterhaltsbeträge zu zahlen hat:</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">a) vom 1. Januar bis 31. März 1981</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">227,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">b) vom 1. April bis 30. April 1981</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">452,-~ DM,</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">c) vom 1. August bis 31. August 1981</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">452,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">und daß für die Zeit vom 1. Mai bis</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">31. Juli 1981 ein Unterhaltsanspruch</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">ganz entfällt.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">die Berufung des Klägers zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Sie behauptet, Ausgangspunkt der damaligen Vergleichsregelung sei das seinerzeit vom Kläger behauptete Einkommen gewesen. Davon seien der Klägerin 2/5 zugesprochen worden. Gegenüber diesem behaupteten Betrag sei das Einkommen in 1981 gestiegen. </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Eine volle Anrechnung des von ihr erzielten Einkommens sei nicht gerechtfertigt, da die Tochter D. bis zum 1.September 1981 noch der Betreuung bedurft habe und auch berufsbedingte Mehrkosten zu berücksichtigen seien.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Parteivorbringens im einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten vorbereitenden Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die Akten 25 a F 126/79 AG Bonn waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat in der Sache einen Teilerfolg.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">1. Unbegründet ist die Berufung, soweit der Kläger eine (weitere) Herabsetzung der im Prozeßvergleich vom 5. März 1980 vereinbarten Unterhaltsrente für die Monate Januar bis März 1981 verlangt, da der Prozeßvergleich gemäß § 323 Abs.4 i.V. mit § 323 Abs.3 ZPO nur für die Zeit nach Erhebung der Klage abgeändert werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Ob aus der in § 323 Abs. 4 angeordneten "entsprechenden Anwendung "der " vorstehenden Vorschriften 11 auch auf einen durch Prozeßvergleich gemäß § 794 Abso 1 Nr.1 ZPO geschaffenen Titel zu entnehmen ist, daß der Prozeßvergleich ebenso wie das Urteil gemäß § 323 Abs. 3 ZPO nur für die Zeit nach Erhebung der Klage abgeändert werden kann, ist eine seit langem umstrittene Frage. Der Senat bejaht die entsprechende Anwendung des § 323 Abs.3 ZPO auf Prozeßvergleiche (ebenso OLG München FamRZ 1980, 922 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; OLG Karlsruhe FamRZ 80, 896 und 917; KG FamRZ 1978, 933; OLG Frankfurt FamRZ 1979, 963; LG Oldenburg MDR 1978, 322 m.w.N.; anderer Ansicht BGH FamRZ 1963, 558 ff.; FamRZ 1979,210 (211); OLG Saarbrücken FamRZ 1979, 929-930: OLG Köln (21.Zivilsenat) FamRZ 1978, 252; die letzteren Entscheidungen enthalten jedoch keine eigenständigen Begründungen, sondern beziehen sich jeweils auf BGH FamRZ 1963, 558 ff.).</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung seiner Auffassung verweist der Senat zunächst auf die ausführlichen Erörterungen im Anschluß an die Entscheidung des BGH FamRZ 1963, 558 ff = NJW 1963, 2076 ff von Bauer, JR 1965, 255; Haase, NJW 1967, 1741; Grunsky, ZZP 77, 316; Rosenberg-Schwab, Zivilprozeßrecht, 13.Aufl., § 132, Anm. V, § 159 V 4; Gabius NJW 1976, 313 sowie auf Bull, FamRZ 1961, 518.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Insbesondere Bull und Gabius haben nachgewiesen, daß Wortlaut und Entstehungsgeschichte (vor Einfügung des Abs. 4 wurden Prozeßvergleiche als jeder Abänderung wegen veränderter Verhältnisse entzogen angesehen) eindeutig dafür sprechen, daß § 323 Abs. 3 ZPO auch für Prozeßvergleiche gilt.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Weiter sprechen die nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs geschaffenen Vorschriften zur Abänderung von Unterhaltstiteln im Nichtehelichenrecht (§§ 641 l, 641 p, 641 q, 642 b und c ZPO) dafür, daß der Gesetzgeber die Abänderung von Urteilen und sonstigen vollstreckbaren Titeln, also auch Prozeßvergleichen den gleichen Regeln unterstellen will (dazu eingehend mit Beispielen LG Oldenburg, MDR 1978,322 f.). Ein sachlicher Grund dafür, diese Gleichbehandlung gerade und nur im Nichtehelichenrecht anzuordnen ist nicht ersichtlich (ebenso OLG München FamRZ 1980, 922).</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Das hauptsächliche Bedenken gegen eine entsprechende Anwendung von § 323 Abs. 3 ZPO auf Prozeßvergleiche wird daraus hergeleitet, daß der Prozeßvergleich nicht in Rechtskraft erwächst und daher die zum Schutz der Rechtskraft dienenden Vorschriften §§ 323 Abs.2 und Abs.3 ZPO nicht anwendbar seien (vgl.Thomas-Putzo, 11.Auflage, § 323 Anm. 5; Wieczorek 2.Auflage § 323 Anm. g II b; Baumbach-Lauterbach, 40.Auflage,(§ 323,Anm.5 B).</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Das entspricht der allgemeinen Meinung zur Nichtanwendbarkeit des § 767 Abs.2,ZPO auf Prozeßvergleiche ( vgl. BGH Rechtspfleger 1977, 99; BAG BB 1980 359; Karlsruhe FarnRZ 1981, 787; Thomas-Putzo § 767 Anm.6 ). </p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Zu berücksichtigen ist aber, daß die Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO schon grundsätzlich keinen Eingriff in die Rechtskraft des Urteils ermöglicht, sondern nur die Vollstreckbarkeit beseitigt, während die Abänderungsklage ausnahmsweise die Beseitigung der Rechtskraft eines früheren Urteils zuläßt. Demgemäß überschneiden sich die Anwendungsbereiche von Vollstreckungsabwehrklagen und Abänderungsklage</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">grundsätzlich nicht (vgl. Thomas-Putzo.~, 11. Auflage § 323 Anrn. 1 rn.w.N.; BGHZ 70, 157; OLG Bamberg, FamRZ 1980, 617).</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Wegen dieses unterschiedlichen Anwendungsbereichs ist aus der Regelung bei § 767 Abs. 2, 797 Abs. 4 ZPO nicht zu schlie8en, daß dann auch für die in § 323 Abs.4 ZPO genannten Titel die Regelungen nach §§ 323 Abs.2 und 3 ZPO nicht gelten könnten.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Eine unterschiedliche Behandlung der Einwendungen gegen die<i> </i>(weitere) Vollstreckbarkeit und der Änderung der laufenden wirtschaftlichen Verhältnisse ist auch sachlich gerechtfertigt. Da nur diese Ereignisse einer ständigen Entwicklung unterliegen, ist es sachgerecht, daß die Berücksichtigung dieser Entwicklung an bestimmte Schranken gebunden .ist, die der Rechtssicherheit dienen.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Die Möglichkeit des Eingriffs in die Rechtskraft ergibt sich dabei aus § 323 Abs.1 ZPO, in dem auch gleichzeitig die Voraussetzungen dieses Eingriffs (wesentliche Änderung,</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">nur entsprechende Abänderung) bezeichnet sind. Es ist aber fast allgemein anerkannt, daß § 323 Abs.1 ZPO auch auf die in § 323 Abs.4 ZR genannten Titel anwendbar ist (einschränkend insoweit Finger, MDR 1971, 350 ff.). Gegen die Auffassung Fingers spricht jedoch der eindeutige Wortlaut des Gesetzes - eine Ausnahme aller "vorstehenden" Abnütze von der "entsprechenden Anwendung" läßt von der gesetzlichen Regelung nichts übrig und ist daher nicht vertretbar.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Unabhängig von der Frage, ob der Gesetzgeber mit § 323 Abs. 4 ZPO eine sachlich-rechtliche Grundlage für die Abänderbarkeit von Vergleichen geschaffen hat (I so Gabing NJW 1971 313(314) ) oder nicht (so BGB FamRZ 1963, 560) ergibt sich durch die Bezugnahme auf Abs. 1, daß er jedenfalls eine prozessuale Schranke für die Abänderbarkeit der in Abs.4 genannten 1'i tel geschaffen hat. Auch wenn diese Titel nicht in Rechtskraft erwachsen, hat der Gesetzgeber diesen Titeln damit über die Parteibindung hinaus eine prozessuale Bindungswirkung beigemessen.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Wenn aber der Gesetzgeber für den Bereich der Abänderungsklage dem Prozeßvergleich eine prozessuale Bindungswirkung beimißt, ist nicht einzusehen, warum § 323 Abs.3, der eine zeitliche Erstreckung der Bindungswirkung normiert, auf Prozeßvergleiche nicht anwendbar sein soll.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Die fehlende Rechtskraft spricht nicht dagegen (gegen das Rechtskraftargument mit anderen Gründen auch Gabius a.a.O. und Finger, MDR 1971, 353).</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Gegen die! Anwendung des § 323 Abs. 3 ZPO auf Prozeßvergleiche läßt sich auch nicht einwenden, daß sich der Verurteilte nur bei einem richterlichen Erkenntnis darauf verlassen dürfe, nicht weiteren Ansprüchen ausgesetzt zu sein (so Finger, MDR 1971, 353). Wie bereits ausgeführt liegt der gesetzgeberische Zweck der Vorschrift in der Schaffung von Rechtsfrieden und Rechtsicherheit. Die Gewährung von Rechtssicherheit darf aber bei einer gütlichen Einigung vor Gericht nicht geringer sein als bei einer Streitentscheidung. Nach § 279 ZPO n.F. "soll" das Gericht eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits versuchen (nach § 296 ZPO a.F. nur Ilkann"'. Wenn. der Gesetzgeber, wie sich aus dieser und zahlreichen weiteren Vorschriften ergibt, dem Vergleich grundsätzlich den Vorzug vor der Streitentscheidung gibt, ist davon auszugehen, daß er ihm nicht andrerseits eine geringere Rechtsgewähr beimessen will. Für die Rechtsgewähr bei künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen ist aber entscheidend, daß die Parteien sich auf die getroffene Regelung ebenso verlassen können wie auf eine Streitentscheidung durch das Gericht. Es ist daher auch für den Prozeßvergleich sachgerecht, über die materiell-rechtliche Bindung hinaus eine prozessuale Schranke für den Zeitpunkt seiner Abänderung zu schaffen.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Der Einwand, daß die Parteien dann "ungünstiger" stünden als bei einem außergerichtlichen Vergleich, (so Baumbach-Lauterbach-Hartmann , 40. AufI., Anm. 5 B unter Bezug auf BGH FamRZ 1963, 560) vermag nicht zu überzeugen. Die zeitliche Schranke der Abänderbarkeit wirkt sich je nach Sachlage "zugunsten" oder " zu Lasten" der einen oder anderen Partei aus; im Interesse der Voraussehbarkeit der wlrtschaftlichen Verhältnisse und der Rechtssicherheit dient sie letztlich beiden. Wenn gesagt wird (Rahm-Stollenwerk, Handbuch des Familiengerichtsverfahrens IV 713),es spreche eine Vermutung dafür,daß die Parteien den Vergleich auch der Sperrwirkung des § 323 Abs. 3 haben unterstellen wollen und der Familiengerichtstag1979(Arbeitskreis I 7, FamRZ 1979, 899) rät, eine entsprechende Klausel in den Vergleich aufzunehmen, so spricht auch das gegen das Argument der "Schlechterstellung". Mit Recht weist auch Grunsky (ZZP 77, 316) darauf hin, daß schon die Zwischenstellung des Prozeßvergleichs zwischen Urteil und außergerichtlichem Vergleich eine Gleichsetzung mit dem außergerichtlichen Vergleich verbietet.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Die neue Regelung nach Klageerhebung kann im Strai8fall erst für die Zeit ab 1. April 1981 vorgenommen werden, weil nach dem Vergleich der Parteien die laufenden monatlichen Untehraltsrenden jeweils bis zum 3. Eines jeden Monats fällig waren. Die Märzrate war daher im vollen Umfang bereits vor Klagezustellung (18. März) fällig geworden, so daß insoweit nach dem Sinn des § 323 Abs. 3 ZPO eine Korrektur nicht mehr in Betracht kommt (ebenso LG Berlin FamRZ 1970, 100). Auch hier ist entscheidend, daß sich die Parteien mit der Hingabe bzw. dem Empfang des damals vereinbarten Betrages darauf eingestellt haben, für diesen Monat diesen Betrag noch zur Verfügung zu haben, so daß mit der Änderung crst rUr den auf die Klageerhebung folgenden Monat zu rechnen ist.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Einschränkungen der hier vertretenen Auffassung Bindungswirkung von Prozeßvergleichen bis zur Klageerhebung gemäß § 323 Abs. 3 ZPO können sich dann ergeben, wenn Eigeneinkommen arglistig verschwiegen worden ist und die Voraussetzungen einer sittenwidrigen Ausnutzung eines bestehenden Titels gegeben sind. Die Voraussetzungen einer sittenwidrigen Ausnutzung eines bestehenden Unterhaltstitels lassen sich hier jedoch nicht feststellen. Zwar hat die Beklagte nicht von sich aus die Aufnahme einer Tätigkeit angezeigt, aber der Kläger hat nichts Substantiiertes dazu vorgetragen, daß die Beklagte dies arglistig getan habe. Jedenfalls ab 26.1.1981 wußte er auch von den Einkünften und hat danach erst im März 1981 Klage erhoben.Für Januar bis März 1981 hat die Berufung daher keinen Erfolg, so daß es bei der Entscheidung des Amtsgerichts zu diesen Monaten - Anschlußberufung ist nicht eingelegt - verbleibt.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">2. Für die Zeit ab 1<b>. </b>April 1981 hat die Berufung hingegen teilweise Erfolg. Das Amtsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, daß für die Berechnung der Höhe des Unterhalts</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">an die im Vergleich vereinbarte Basis anzuknüpfen ist. Die Parteien haben in diesem Vergleich vereinbart, daß der Beklagten eine Quote von 3/7 des anrechenbaren Nettoeinkommens zustehen soll. Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Vergleichs, der für die Berechnung des Ehegattenunterhalts ausdrücklich auf die Düsseldorfer Tabelle (Stand 1.1.1980) verweist. Die dort für den nicht erwerbstätigen Unterhaltsberechtigten vorgesehene Quote betrug 3/7. Mag vorher eine andere Quote im Gespräch gewesen sein, so ist diese aber nicht zum Inhalt des Vergleichs gemacht worden. Dafür, daß die Parteien sich trotz ausdrücklicher Bezugnahme auf die Düsseldorfer</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Tabelle für die Berechnung des Ehegattenunterhalts einig darüber gewesen wären, daß insoweit nicht die Düsseldorfer Quote, sondern eine andere maßgeblich sein sollte, ist nichts Substantiiertes vorgetragen. Auch dafür, daß sich Parteien, Anwälte und Gericht gleichermaßen über die danach maßgebliche Quote geirrt hätten, ist nichts Konkretes vorgetragen. </p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Dies führt dazu, daß der Betrag von 936,-- DM als 3/7 des anrechenbaren Nettoeinkommens abzüglich des Kindesunterhalts anzusehen sind. Dies ergibt einen Betrag von 2184,-- DM (2494.--minus 310,--DM= 2184,--DM, davon 3/7 = 936, <b>-- </b>DM). In Wirklichkeit lag das Durchschnittseinkommen schon 1980 höher(bei etwa 2900, --DM ohne Abzug des KindesunterhaIts).</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Mit Rücksicht auf die Bindung der Parteien an den Vergleich kann aber offenbleiben, aus welchen Gründen ein Teilbetrag des Einkommens damals nicht berücksichtigt worden ist. Naturgemäß bereitet die Ermittlung des unterhaltspflichtigen Einkommens Schwierigkeiten und die Parteien kommen oft zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen. Wer eine vergleichsweise Regelung über die Bemessung getroffen und damit auf eine</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">gerichtliche Ermittlung verzichtet hat, bleibt an diese Einigung gebunden. Für eine arglistige Täuschung durch den Kläger ist auch nichts Konkretes vorgetragen. Da § 323 Abs.1 ZPO nur eine "entsprechende" Abänderung zuläßt, darf die Basis des damaligen Vergleichs nicht verlassen werden. Mit der Abänderungsklage kann nicht erreicht werden, daß nun in Abkehr von der damaligen Regelung das wirkliche unterhaltspflichtige Einkommen zur Basis der Unterhaltsberechnung gemacht wird. Auch ein zu niedriger Ansatz ändert nichts an der .Bindung an den Vergleich. (vgl. BGHi FamRZ 1979,694; OLG Frankfurt, FamRZ 1980, 895; Baumbach-Lauterbach-Hartmann, 40.Aufl., § 323, Anm. 5 B) .</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Zu fragen ist also, ob sich das wirkliche Einkommen des Klägers im Jahre 1981 gegenüber 1980 erhöht hat. Ausweislich der vorgelegten und nicht bestrittenen Einkommensbescheinigungen ist das nicht der Fall, es ergibt sich vielmehr infolge der höheren Steuerbelastung für 1981 nur ein Monatsnettoeinkommen von ca. 2.775,- DM. Auch unter Hinzurechnung von Steuerrückerstattungen aufgrund des Realsplittings ergibt sich daher jedenfalls keine nennenswerte Steigerung gegenüber 1980.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Eine wesentliche Änderung der maßgebenden Verhältnisse ist aber dadurch eingetreten, daß die Beklagte ab 1. April 1981 Eigeneinkommen erzielt. Dieses Eigeneinkommen ist zu berücksichtigen, da es nicht auf einer im Verhältnis zum Kläger unzumutbaren Arbeitsleistung beruht. Für die Zeit des Empfangs von Arbeitslosenunterstützung ist dies selbstverständlich, es gilt aber auch für die Zeit einer vollen Berufstätigkeit von Mai bis Juli 1981, denn aus den Verhältnissen der 8eteiligten ergibt sich, daß die Beklagte jedenfalls von diesem Zeitpunkt an durch die Betreuung der Tochter D. an einer vollen Arbeitstätigkeit nicht mehr gehindert war. Eine teilweise Nichtberücksichtigung des Einkommens gemäß § 1577 Abs..2 BGB scheidet unter den konkreten Gegebenheiten aus, da für eine Unzumutbarkeit keine hinreichenden Anhaltspunkte bestehen.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Anzurechnen ist das Einkommen der Antragsgegnerin nach Auffassung des Senats bei der hier gegebenen Sachlage nach der Differenzmethode. Bei einem zu berücksichtigenden Einkommen des Klägers in Höhe von 2.184,- DM (2494,- ./.<i> </i>310,- DM) ergibt sich unter Berücksichtigung des wöchentlichen Arbeitslosengeldes von 111 ,60 DM für April und August 1981 ein monatliches Einkommen der Beklagten von 479,88 DM (11,60 x 4,3). Die Differenz beträgt 1.704,12 DM, davon <i>3/7 </i>= ca. 730,- DM, die als Unterhalt für diese beiden Monate geschuldet sind.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Für die Zeit von Mai bis Juli 1981 betrug das Eigeneinkommen netto 1.308,--DM. Dieser Feststellung des Familiengerichts ist in der Berufungsinstanz nicht widersprochen worden. Bei einem Einkommen in dieser Höhe, das sich noch um Steuererstattungen erhöht, da die Beklagte ungleichmäßig hohe Einkünfte hatte, besteht kein Unterhaltsanspruch mehr, da der volle angemessene Unterhalt durch die eigenen Einkünfte gedeckt ist. Ist das aber der Fall, kann die Differenzmethode nicht mehr angewandt werden.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Dia Differenzmethode gewährleistet die Unterhaltszumessung entsprechend den ehelichen Lebensverhältnissen, wie sie das Gesetz in § 1361 Abs.1 13GB für den Trennungsunterhalt und in § 1578 Abs.1 BGB für den Unterhalt nach Scheidung vorschreibt. </p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Soweit eine Unterhaltszumessung nach Quoten überhaupt angesichts der Umstände des Einzelfalls angemessen ist (diese Einschränkung ist bei der Anwendung von Tabellen und Schlüsseln stets zu machen, vgl. BGH FamRZ 1981, 539 (541); KG FamRZ.1978, 932),I wird durch die Aufteilung nach dieser Methode unter Zubilligung eines 4/7-Anteils für den Mehrverdienenden der Mehraufwand angemessen berücksichtigt, ein Arbeitsanreiz belassen und gleichzeitig die angemessene Beteiligung des geringer Verdienenden wie in der Ehe gewährleistet.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Dementsprechend hat auch der Bundesgerichtshof für die Fälle, in denen auch die ehelichen Lebensverhältnisse durch beiderseitige Berufstätigkeit gekennzeichnet waren, eine Berechnung nach dieser Methode gebilligt (BGH FamRZ 1981, 752 (754); 539 (541). Bedenken gegen die Anwendung dieser Methode werden vom BGH aber für die Fälle erhoben, in denen der unterhaltsberechtigte Ehegatte erst nach der Trennung bzw. Scheidung eine Erwerbstätigkeit aufnimmt, da in diesen Fällen die ehelichen Lebensverhältnisse nur durch das Einkommen des schon vor der Trennung oder Scheidung Berufstätigen gekennzeichnet gewesen seien.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Zwar weist der BGH darauf hin, daß der Ehepartner grundsätzlich an einer Entwicklung der Lebensverhältnisse von der Trennung bis zur Scheidung-teilnehme(BGH FamRZ 1980, 770; 81, 224), gleichwohl wird aber ausgeführt, daß bei Verpflichtung zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach § 136 Abs. 2 BGB der daraus erzielte Verdienst auf den Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen anzurechnen sei (BGH FamRZ 1981, 754 (755). In der Entscheidung zum nachehelichen Unterhalt (BGH FamRZ 1981, 539 (541) heißt es insoweit: "Damit kann die Unterhaltsbemessung in derartigen Fällen einer erst nach der Scheidung einsetzenden Erwerbstätigkeit des anderen Ehegatten nicht im Wege der Differenzberechnung erfolgen. Vielmehr liegt es, soweit die Aufteilung nach Quoten beibehalten werden soll, nahe, lediglich das berücksichtigungsfähige Einkommen des von Anfang an erwerbstätigen Ehegatten entsprechend aufzuteilen und von der auf den Berechtigten entfallenden Quote dessen eigenes Enkommen abzurechnen" (es folgt der Hinweis auf die tatrichterliche Angemessenheitsüberprüfung)<b>.</b></p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Wenn aber im Verlauf der Trennungszeit eine Arbeitspflicht nach § 1361 Abs. 2 BGB entsteht - und davon ist hier auszugehen- und somit (schon) eine volle Anrechnung</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">des Einkommens auf den Trennungsunterhalt zu erfolgen hat, kann für den nachehelichen Unterhalt nichts anderes gelten.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Ungeachtet des Hinweises auf die tatrichterliche Angemessenheitsüberprüfung hat der Senat gegen diese Berechnungsweise als Richtschnur Bedenken. Soweit diese Ausführungen als Befürwortung einer "Abzugsmethode" verstanden werden können, lassen sie</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">nach Auffassung des Senats außer Acht, daß 1.) die ehelichen Lebensverhältnisse vor der Trennung nicht nur durch das Einkomman des Erwerbstätigen gekennzeichnet waren, 2.) eine Gleichbehandlung des haushaltsführenden mit dem erwerbstätigen Ehepartner nicht gewährleistet ist und 3.) die Aufrechterhaltung der bisherigen Lebensverhältnisse mit der Quote des bisherigen Einkommens nicht möglich ist ( vgl. zu Bedenken</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">auch Hampel, FamRZ 1981, 851; v.Hornhardt, NJW 1982, 17 und OLG Hamm FamRZ 1982, 70).</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Nach § 1356 BGB sind Erwerbstätigkeit und Haushaltsführung grundsätzlich gleichwertige Funktionen, deren Aufteilung die Ehegatten regeln. Zum "Lebensstandard" in einer Einverdienerehe trägt daher die - im Regelfall - Frau, die Haushalt und Kinder versorgt, ebenso bei wie der Mann mit seinem Einkommen. Die Haushaltsleistung der Frau unberücksichtigt zu lassen, ist schon mit Art. 3 11 GG nicht vereinbar (so mit Recht BVerfG FamRZ 1978, 871).</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Auch ganz praktisch gesehen ist der Lebensstandard einer Einverdienerehe, in der Aufwendungen für Haushaltshilfen und Kinderbetreuung erspart werden, keinesfalls um den rechnerischen Betrag des zweiten Einkommens niedriger. Die Haushaltsleistung der Frau stellt mithin während der Ehe wirtschaftlich betrachtet eine geldwerte Leistung dar, die bei Betrachtung der wirtschaftlichen Einordnung der "ehelichen Lebensverhältnisse" nicht außer Betracht bleiben kann. </p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Es stellt nach Auffassung des Senats eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der in der Ehe haushalts führenden gegenüber der in der Ehe berufstätigen Ehefrau dar, wenn letztere auch nach Scheidung oder Trennung an den bisherigen Gesamteinkünften anteilig beteiligt wird, während erstere auf die Quote des bisherigen Erwerbseinkommens beschränkt bleibt. Das wäre nur gerechtfertigt, wenn die in der Ehe berufstätige Frau in höherem Maße zur gemeinsamen Wirtschaftsleistungen beigetragen hätte als die haushaltsführende Ehefrau. Davon geht das Gesetz, wie z.B. die Regelungen zum Zugewinnausgleich und zum Versorgungsausgleich. zeigen, aber nicht aus. In der praktischen Konsequenz näme eine volle Anrechnung auch jeden Arbeitsanreiz und führte nach Arbeitsaufnahme durch die bisherige Hausfrau durch die Entlastung des bisher Erwerbstätigen zu einer starken Auseinanderentwicklung des Lebensstandards.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Gegen eine Anrechnung auf die bisherige Quote spricht schließlich auch entscheidend, daß der bisherige Lebensstandard wegen des Mehraufwandes nach der Trennung nur aufrechterhalten werden kann, wenn jedem Partner 60 - 65% des bisherigen Gesamteinkommens zur Verfügung stehen (vgl. dazu eingehend Hampel a.a.O. und OLG Hamm, FamRZ 1982, 70 (71). Zwar könnte man diesem Mehraufwand bei Anwendung der Abzugsmethode .dadurch Rechnung tragen, daß aus dem hinzukommenden Einkommen zunächst dieser Mehraufwand ausgeglichen wird. Das ließe aber außer Acht,</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">daß auf beiden Seiten ein Mehrbedarf besteht und die Differenzmethode daher sicherlich die obere Grenze des zuzubilligenden Unterhalts ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Nicht mehr anwendbar ist die Differenzmethode gemäß § 1569 BGB dann, wenn durch das Eigeneinkommen allein oder zusammen mit dem Differenzunterhalt der volle angemessene Unterhalt gedeckt wird (ebenso Hampel a.a.O. und Hammer Richtlinien Ziff. 30). Bei einem Eigeneinkommen von 1308,- DM netto, das sich wegen des ungleichmäßigen Einkommens im Jahre 1981 durch Steuererstattungsansprüche und ggf. auch durch anteiliges Weihnachtsgeld noch erhöht, ist aber der volle angemessene Unterhalt der Beklagten gedeckt. Mit einem Betrag von über 1308,- DM ist ein Anteil von 60 % des bei Vergleichsabschluß verteilten Nettoeinkommens erreicht, der unter den hier gegebenen Verhältnissen zur Deckung des gesamten Lebensbedarfs ausreicht. </p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Abzüge wegen nicht vom Arbeitgeber erstatteter Erwerbsunkosten sind nicht zu machen, da die Beklagte solche Kosten nicht konkret dargetan hat.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich etwaiger steuernachteile durch ihre Zustimmung zum Realsplitting hat die Beklagte entsprechende Erstattungsansprüche gegen den Kläger.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Für die Zeit von Mai bis Juli 1981 steht der Beklagten daher kein Unterhaltsanspruch zu. Eine über den erstinstanzlichen Antrag hinausgehende Abänderung war zulässig, da</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">es sich insoweit um eine' in der Berufungsinstanz zulässige Klageerweiterung handelt.</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung für die Berufungsinstanz beruht auf §§ 92, 97 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Der Senat läßt die Revision gegen das vorliegende Urteil zu, da der Senat bei der Anwendung des § 323 Abs.3 ZPO auf Prozeßvergleiche und bei der Anwendung der Differenzmethode zugunsten der Beklagten bei erstmaligem Eigeneinkommen nach der Scheidung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs abweicht.</p>
|
315,833 | olgk-1982-02-08-16-wx-122-81 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
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"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 16 Wx 122 / 81 | "1982-02-08T00:00:00" | "2019-03-13T15:15:10" | "2019-03-27T09:42:05" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1982:0208.16WX122.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die weiteren Beschwerden des Annehmenden und des Anzunehmenden gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 01. Oktober 1981 -1 T 88 / 80-werden auf ihre Kosten zurückgewiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gründe:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der 1937 geborene Annehmende (Beteiligte zu 1.) ist Rechtsanwalt; der 1944 geborene Anzunehmende (Beteiligter zu 2.) ist Journalist. Beide sind Deutsche, unverheiratet und kinderlos.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nach dem Vermögensverfall der Eltern des Beteiligten zu 2.) nahmen ihn der Beteiligte zu 1.) und dessen Mutter in ihren Haushalt auf und finanzierten im wesentlichen seinen Lebensunterhalt und sein Studium. Der 1974 in K  geführtegemeinsame Hausstand besteht auch heute noch.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Beide Beteiligten beantragen den Ausspruch des Vormundschaftsgerichts, daß der Beteiligte zu 1.) den Beteiligten zu 2.) als Kind annimmt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Hierzu haben sie unter anderem vorgetragen: Zwischen ihnen sei ein Vater-Sohn Verhältnis entstanden. Die Adoption vollziehe mithin nur rechtlich die bereits faktisch bestehende Bindung. Der Beteiligte zu 2.) sei bereits in den Haushalt des Beteiligten zu 1.) integriert. Er sei labil und bedürfe des Haltes und Rates. Trotz des verhältnismäßig geringen Altersunterschiedes sei der Beteiligte zu 1.) Vaterfigur geworden.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat unter anderem die Beteiligten angehört und die Eltern des Beteiligten zu 2.) im Wege der Rechtshilfe zum Antrag vernehmen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Es hat alsdann durch Beschluß vom 15. Februar 1980, auf den Bezug genommen wird, die Anträge der Beteiligten zurückgewiesen mit der Begründung, die beabsichtigte Annahme an Kindes Statt sei sittlich nicht gerechtfertigt. Insbesondere bestehe zwischen den beiden Beteiligten kein Vater-Sohn Verhältnis, da es dafür an dem erforderlichen Altersunterschied fehle. Das Verhältnis der Beteiligten sei vielmehr als tiefgehende Freundschaft zwischen zwei nahezu gleichaltrigen Personen anzusehen. An dieser Einschätzung könne auch der Umstand nichts ändern, daß der Beteiligte zu 1.) in der Beziehung führend sei, da dies auch bei engen Freundschaften nicht unüblich sei. Auch das Zusammenleben der. Beteiligten mit der Mutter des Beteiligten zu 1.) stelle lediglich ein Indiz für das Vorliegen eines familiären Zusammenhanges dar, das jedoch den Umstand des für eine Adoption nicht ausreichenden Altersabstandes nicht entkräften könne. Darüberhinaus seien keine weiteren Anhaltspunkte zu finden, die die Annahme sittlich rechtfertigen können.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Beschluß haben beide Beteiligten Beschwerde eingelegt, die das Landgericht nach Anhörung der Beteiligten und der Mutter des Beteiligten zu 1.) durch Beschluß vom 01. Oktober 1981, auf den ebenfalls Bezug genommen wird, als unbegründet zurückgewiesen hat. Das Landgericht hat unter anderem ausgeführt: Das Amtsgericht sei zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, daß die Voraussetzungen für die erstrebte Adoption nicht vorlägen. Den Beschwerdeführern sei zuzugeben, daß der verhältnismäßig geringe Altersunterschied von 7 Jahren nicht  als alleinausschlaggebender Gesichtspunkt gegen die Adoption angesehen werden könne, da das Gesetz keine starren Altersgrenzen kenne. Daraus folge aber nicht die Bedeutungslosigkeit des Altersunterschiedes. Auch sei das Gericht nicht auf eine bloße Mißbrauchskontrolle beschränkt; denn nach dem Willen des Gesetzgebers solle die Erwachsenenadoption nicht der freien Disposition der Beteiligten überlassen bleiben. Vielmehr müßten konkrete Anhaltspunkte festzustellen sein, welche die Adoption als dem Wohle des Anzunehmenden dienlich und als sittlich gerechtfertigt erscheinen ließen. Diese seien aber nicht vorhanden. Das Amtsgericht habe die Beziehungen zwischen den Beteiligten zutreffend als Freundschaft charakterisiert, in der Elemente eines Eltern-Kind Verhältnisses nicht zu erkennen seien. Aus der erneuten Anhörung der Beteiligten sowie der Mutter des Beteiligten zu 1.) ließe sich vielmehr die Sorge ableiten, daß eine rechtliche Fixierung als Vater-Sohn Verhältnis durch die Adoption nicht dem Wohl des Beteiligten zu 2.) dienen würde. Dabei könne nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Beteiligte zu 2.) inzwischen 37 Jahre alt sei. Wenn auch beide Beteiligte davon ausgingen, daß der Beteiligte zu 2) menschlich und moralisch stützungsbedürftig sei, so könne eine zukünftige günstige Persönlichkeitsentwicklung des Beteiligten zu 2.) nicht in einer Vertiefung des Abhängigkeitsverhältnisses zum Beteiligten zu 1.) gesehen werden, sondern eher im Erwerb größerer persönlicher Unabhängigkeit und Selbstständigkeit. Darüber hinaus seien sonstige Umstände, die eine Adoption rechtfertigen könnten, nicht vorgetragen oder ersichtlich, worauf das Amtsgericht bereits zu recht hingewiesen habe.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Gegen diese Entscheidung richten sich die weiteren Beschwerden der Beteiligten, mit denen sie ihre ursprünglichen Anträge weiterverfolgen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten rügen übereinstimmend eine rechtsfehlerhafte Anwendung der Vorschrift des § 1767 BGB. Sie sind der Auffassung, das Landgericht hätte bei seiner Entscheidung nicht auf das Wohl des Anzunehmenden abstellen dürfen, da bei der Erwachsenenadoption der Anzunehmende bereits durch seinen Antrag selbst entscheide, daß die erstrebte Adoption seinem Wohl dienen werde. Ferner machen die Beteiligten geltend, zwischen ihnen sei sehr wohl ein Vater-Sohn Verhältnis entstanden. Das Landgericht komme zu einer anderen Wertung, da es sich nicht ausreichend mit der Entstehung und der jetzigen Situation in ihrer Beziehung auseinandergesetzt habe.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 1.) ist darüber hinaus der Meinung, daß Landgericht habe seine Aufklärungspflicht verletzt, in dem es unterlassen habe, seine Geschwister anzuhören, die häuslich-familiären Verhältnisse zu prüfen und ein psychologisches Sachverständigengutachten einzuholen. Weiter rügt der Beteiligte zu 1.), daß zwei der drei Richter, die den Beschluß gefaßt haben, bei der Anhörung der Beteiligten nicht mitgewirkt hätten. Außerdem läge zwischen der Anhörung und der Beschlußfassung mehr als ein Jahr, so daß schwerlich noch ein festes Erinnerungsbild bestanden haben könne.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die weiteren Beschwerden sind statthaft (§ 27 FGG) und formgerecht eingelegt worden ( § 29 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 FGG ). Die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten folgt aus §§ 29 Abs. 4, 20 FGG.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die somit zulässigen Rechtsmittel können jedoch in der Sache keinen Erfolg haben, da der angefochtene Beschluß nicht auf einer Gesetzesverletzung beruht.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat keinen Verfahrensfehler begangen, seiner Aufklärungspflicht gemäß § 12 FGG genügt und die Vorschrift des § 1767 BGB bis auf eine Einschränkung ohne Rechtsfehler angewandt. Die rechtsfehlerhafte Verknüpfung der unbestimmten Rechtsbegriffe "Wohl des Kindes (Anzunehmenden)" und "sittliche Rechtfertigung" ist nicht ursächlich für die ergangene Entscheidung.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">1. Zu Unrecht rügen die Beteiligten, daß von der entscheidenden Kammer nur- der Vorsitzende im Anhörungstermin zugegen war. Im allgemeinen ist es zwar sinnvoll, daß bei einer Entscheidung auch die Richter mitwirken, die bei der Beweisaufnahme oder Anhörung anwesend waren. Dies ist aber entbehrlich, wenn auf andere Weise hinreichend gesichert ist, daß das Ergebnis der Ermittlungen Gegenstand von Beratung und Entscheidung ist. So ist es hier. Der Vorsitzende Richter konnte seinen gewonnenen persönlichen Eindruck vermitteln. Das Protokoll gab genügend Aufschluß über Verlauf und Inhalt der Anhörung. Ein Verfahrensfehler ist mithin nicht zu erkennen. Aus den gleichen Gründen kann es auch entgegen der Ansicht der Beteiligten nicht von entscheidender Bedeutung sein, daß die Kammer erst ein Jahr nach der Anhörung über die Beschwerden entschieden hat.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">2. Dem Landgericht kann auch nicht vorgeworfen werden, seine Aufklärungspflicht nicht genügt zu haben. Die Ermittlungen in beiden Tatsacheninstanzen reichen aus, um die getroffene Entscheidung zu stützen, für die folgende rechtliche Erwägungen maßgebend sind.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Annahme als Kind ist eine Nachbildung des natürlichen Eltern-Kind Verhältnisses. Dies gilt allgemein auch für die sich nach §§ 1767 ff BGB richtende Annahme eines Volljährigen, denn auch diese ist auf die Begründung eines Eltern-Kind Verhältnisses zwischen den Beteiligten gerichtet. Voraussetzung für die Erwachsenenadoption ist, daß die Annahme sittlich gerechtfertigt ist. Dies schließt die Notwendigkeit ein, daß die Annahme dem Wohl des Anzunehmenden dient und zu einem Eltern-Kind Verhältnis führt (vgl. Erman-Holzbauer, BGB, 7. Aufl., § 1767 Rz 5). Da die Entscheidung über die Adoption Volljähriger nicht der freien Disposition der Beteiligten überlassen bleiben soll (vgl. BTDr 7 / 3061 S. 52), hat das Vormundschaftsgericht diese Voraussetzungen insgesamt zu prüfen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten rügen hier zu Recht, daß das Landgericht bei seiner Entscheidung auch in Zweifel gezogen hat, daß die Adoption dem Wohl des Beteiligten zu 2.) entspricht.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Da der volljährige und geschäftsfähige Beteiligte zu 2.) selbst den Antrag gestellt und damit zu erkennen gegeben hat, daß die Annahme aus seiner Sicht seinem Wohl dient, ist kein Raum mehr für eine gerichtliche Wertung (vgl. Palandt-Diederichsen, BGB, 41. Aufl., 1767 Anm. 3; Münchner Kommentar § 1767 Rz 13). Anhaltspunkte ,die eine gegenteilige Entscheidung ausnahmsweise rechtfertigen können, sind nicht gegeben. Die Entscheidung des Landgerichts enthält insoweit rechtliche Erwägungen, die einer Nachprüfung nicht standhalten. Das führt aber nicht zur Aufhebung des Beschlusses, da die Rechtsverletzung nicht ursächlich für die im Ergebnis richtige Entscheidung war, die daher nicht auf der Gesetzesverletzung beruht (vgl. dazu: Keidel, FGG, 11. Aufl., 27 Rz 18).</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Entscheidend ist, daß der erstrebten Adoption die sittliche Rechtfertigung im Sinne des § 1767 BGB fehlt. Das hat das Landgericht ohne Rechtsfehler überzeugend begründet.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Keine Ansatzpunkte rechtfertigen die Annahme der Beteiligten, das Landgericht habe hierbei Vorbringen nicht genügend berücksichtigt. Wenn auch in der Begründung nicht alle Umstände hervorgehoben wurden, die schriftsätzlich und mündlich vorgetragen worden sind, so zeigen doch die Ausführungen im angefochtenen Beschluß, daß sich das Gericht mit dem Vorbringen insgesamt auseinandergesetzt hat, insbesondere auch mit den Umständen, die nach Ansicht des Beteiligten auf ein echtes Vater-Sohn Verhältnis hindeuten.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat den Vortrag der Beteiligten auch zutreffend rechtlich gewürdigt. Seine Ansicht, die vorgetragenen Tatsachen stützten nicht die Meinung, die erstrebte Annahme als Kind sei sittlich gerechtfertigt, ist frei von rechtlichen Bedenken. Dabei ist es durchaus vertretbar, wenn das Landgericht auch Umstände berücksichtigt, die gegen die erstrebte Entscheidung sprechen. So hat das Landgericht entgegen der Ansicht der Beteiligten zutreffend erkannt, daß wegen des geringen Altersabstandes von 7 Jahren auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten hierzu kein Vater-Sohn Verhältnis entstanden und ein solches auch nicht zu erwarten ist, sowie daß auch die Abhängigkeit des Beteiligten zu 2.) vom Beteiligten zu 1.) nicht zu einer sittlichen Rechtfertigung der Annahme führen kann. Denn sittlich gerechtfertigt ist die Annahme eines Erwachsenen nur dann, wenn aus dem erforderlichen Generationsabstand sich ergebende Pflichten und Aufgaben zwischen den Beteiligten wechselseitig übernommen werden (vgl. ErmanHolzbauer, § 1767 Rz 5). Pflicht und Aufgabe kann es aber nicht sein, eine bestehende gefühlsmäßige Abhängigkeit zwischen Erwachsenen noch zu vertiefen. Dies gilt in besonderem Maße für die Beteiligten, da es nicht Sinn und Zweck der Erwachsenenadoption sein kann, die vorgetragene Abhängigkeit eines 37-jährigen von einem 44-jährigen noch zusätzlich rechtlich festzulegen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Durch die Anhörung der Mutter des Beteiligten zu 1.) sind dem Landgericht weitere berechtigte Zweifel an den Beweggründen für die Annahme des Beteiligten zu 2.) gekommen. Die M<sub>u</sub>tter ist nicht auf die familienbezogene Verbundenheit der Beteiligten zu sprechen gekommen, sondern hat lediglich ausgeführt, ihr Sohn habe an seinem jüngeren Bruder nach dem Tode ihres Mannes die Vaterstelle innegehabt, bis dieser sich die Bevormundung nicht mehr gefallen lassen habe. Daß eine ähnlich dominierende Position des Beteiligten zu 1.) gegenüber dem Beteiligten zu 2.) besteht, geht schon aus eigenen Angaben des Beteiligten zu 1.) hervor. Er hält den Beteiligten zu 2.) für zu schwach, eine eigene Familie zu gründen und sieht seine kontrollierende und erzieherische Funktion diesem gegenüber weiterhin für erforderlich an. Es bestehen erhebliche Bedenken dagegen, diese Grundkonstellation in der Beziehung zwischen zwei nahezu gleichaltrigen berufstätigen Männern durch die Annahme als Kind weiter zu festigen und dies als sittlich gerechtfertigt anzusehen. Auch die Äußerungen des Beteiligten zu 2.), er sei labil und benötige daher die rechtliche Einbindung in die Familie des Beteiligten zu 1.) begründet nicht die sittliche Rechtfertigung. Zum einen würde die rechtliche Einbindung die bestehende Lebenssituation des Beteiligten zu 2.) nicht entscheidend ändern, zum anderen soll die Erwachsenenadoption die Nachbildung eines Verhältnisses schaffen, wie es zwischen erwachsenen selbstständigen Kindern und deren Eltern bestehen würde. Ein derartiges Verhältnis ist geprägt von der <em>gegenseitigen</em> Pflichtenübernahme und bietet keinen Raum für einseitige Erziehungsfürsorge, wie sie für die Minderjährigenadoption charakteristisch sind. Subjektive Auffassungen der Beteiligten können daher bei der Beurteilung keine Berücksichtigung finden.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Andere überzeugende Gründe für eine sittliche Rechtfertigung der Adoption sind nicht vorgetragen oder ersichtlich. Insbesondere sprechen keine Anhaltspunkte dafür, daß zum Beispiel der Beteiligte zu 2.) ausersehen ist, das Lebenswerk des Beteiligten zu 1.) fortzusetzen oder dessen Betrieb zu übernehmen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ist zu erwarten, daß die zutreffende rechtliche Würdigung des Landgerichts durch weitere Ermittlungen insbesondere durch die vom Beteiligten zu 1.)vorgeschlagenen (Anhörung der Verwandten, Besichtigung des Haushalts, Einholung eines Sachverständigengutachtens) erschüttert werden könnte. Mithin ist der Aufklärungspflicht voll genügt worden.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Nach allem hält der angefochtene Beschluß jeder rechtlichen Nachprüfung stand. Die Rechtsmittel der Beteiligten können mithin keinen Erfolg haben.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 13 a FGG.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: 5.000,-- DM.</p>
|
315,834 | olgk-1982-01-29-4-uf-9381 | {
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} | 4 UF 93/81 | "1982-01-29T00:00:00" | "2019-03-13T15:15:13" | "2019-03-27T09:42:05" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1982:0129.4UF93.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Antragsgegners wird das Verbundurteil des Familiengerichts Königswinter vorn 9. April 1981 - 7 F 28/77 - hinsichtlich der Entscheidung über den nachehelichen Unterhalt der Antragstellerin und den Unterhalt für die Tochter C. wie folgt abgeändert und neu gefaßt :</p>
<p></p>
<p>Der Antragsgegner wird verurteilt, ab Rechtskraft dieses Urteils einen monat-lichen Unterhalt in Höhe von 353,72 DM an die Antragstellerin und von 545,-- DM an die Tochter C. - zu Händen der Antragstellerin - zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kostenentscheidung des Verbundurteils wird dahin geändert, daß die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz gegeneinander aufgehoben werden.</p>
<p></p>
<p></p>
<p>Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz haben der Antragsgegner 9/25 </p>
<p>und die Antragsstellerin 16/25 zu tragen.</p>
<p></p>
<p>Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben am 29.12.1966 geheiratet. Aus ihrer Ehe ist die am 7.9.1968 geborene Tochter C. hervorgegangen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner ist Regierungsdirektor im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin ist nicht berufstätig und versorgt die gemeinsame Tochter, die die Realschule besucht. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin hat eine abgeschlossene Lehre als Industriekaufmann. Bis Februar 1968 hat sie als Vorzimmer-Sekretärin (Vergütung nach BAT VII) gearbeitet. Nach der Geburt des Kindes war sie bis auf kürzere Zwischentätigkeiten (von März bis Oktober 1974 ganztägig, teilweise im November 1977) nicht mehr berufstätig.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind Miteigentümer zu je 1/2 des Hauses L. W., G 0, das die Ehewohnung darstellte und in dem die Antragstellerin und C. auch nach dem Auszug des Antragsgegners (am 1.10.1976) weiterhin (allein) wohnen. Das Haus hat eine Wohnfläche von etwa 150 qm zuzüglich einiger Nebenräume und einen Garten.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Durch Verbundurteil vom 9.4.1981 hat das Familiengericht die Ehe der Parteien geschieden, das Sorgerecht über C. der Antragstellerin zugesprochen, den Versorgungsausgleich geregelt und über den nachehelichen Unterhalt für die Antragstellerin selbst und C. entschieden. Die Entscheidung über den Zugewinnausgleich hat es abgetrennt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Berufung richtet sich gegen die Entscheidung über den nachehelichen Unterhalt der Antragstellerin und den Kindesunterhalt. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin hat insoweit im ersten Rechtszug beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">den Antragsgegner zu verurteilen, einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 1.304,35 DM an sie und für die Tochter C. zu ihren Händen von 595,-- DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner hat den Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 335,- DM anerkannt und im übrigen beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Anträge zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung hat er sich darauf berufen, daß er bei einem monatlichen Nettoeinkomrnen von 4 8 343,84 DM abzugsfähige Belastungen von 2.177,46 DH habe, so daß ihm nur ein Betrag von 2.073,78 DM monatlich als unterhaltspflichtiges Einkommen zur Verfügung stehe.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Wegen des Vorbringens zu den Einzelheiten der Belastungen (Krankenversicherung, Hausbelastungen, Scheidungsunkosten, berufsbedingte Aufwendungen) wird auf den Sachvortrag erster Instanz Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Für das Kind ergebe sich daher nur ein monatlicher Unterhalt von 335,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Ein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin selbst bestehe nicht. Sie müsse sich die Nutzungen des Hauses und ein Einkommen von netto 1.000,- DB aus einer Halbtagstätigkeit, zu der sie verpflichtet sei, anrechnen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht hat durch das hiermit in Bezug genommene Urteil den Anträgen in voller Höhe entsprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Bei einem Nettoeinkommen von 4.343,84 DM sei der Kläger in Gruppe 6 der Düsseldorfer Tabelle einzuordnen. Da die Tabelle aber von der Unterhaltspflicht für eine Ehefrau und zwei Kinder ausgehe, sei hier eine Berechnung nach Gruppe 7 (= 595,- DM) angemessen, weil der Antragsgegner nur einem Kind unterhaltspflichtig sei.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Abzüge vom Nettoeinkommen durch Scheidungsunkosten, Hauslasten und Vorsorgeaufwendungen hat das Familiengericht nicht vorgenommen, da sie aus dem verbleibenden Einkommen des Antragsgegners bzw. teilweise von der Antragstellerin aus ihren Einkünften zu tragen seien. Die vom Antragsgegner mit monatlich 200,- DM angegebenen berufsbedingten Aufwendungen hat es mangels hinreichender Darlegung nicht anerkannt.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Beim Unterhaltsanspruch für die Antragstellerin selbst ist das Familiengericht von einem Nettoeinkommen des Antragsgegners von 3.748,84 DM (4.343,84 DM <i>.1. </i>595,- DM Kindesunterhalt) ausgegangen. Von diesem Betrag hat es sodann 700,- DM netto als fiktives Eigeneinkommen der Antragstellerin abgezogen, da sie mit Rücksicht auf das Alter des Kindes zu einer Halbtagstätigkeit verpflichtet sei und dann der Antragstellerin <i>3/7 </i>der Einkommensdifferenz zugesprochen. Die Schätzung des fiktiven Einkommens hat das Familiengericht damit begründet, daß die Antragstellerin zwar eine abgeschlossene</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Berufsausbildung habe, aber ca. 15 Jahre nicht mehr berufstätig gewesen sei und aufgrund ihres inzwischen erreichten Alters und gewisser gesundheitlicher Beeinträchtigungen nur ein Halbtags-Einkommen von 700,- DM netto als sicher erreichbar angesetzt werden könnten.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Für die Nutzung des Hauses durch die Antragstellerin nach Rechtskraft der Scheidung hat es keine Beträge angesetzt, und auch für den Ehegattenunterhalt nicht berücksichtigt, daß der Antragsgegner die Hauslasten in vollem Umfange trägt. Zur Begründung hat das Familiengericht dazu ausgeführt, daß nicht davon auszugehen sei, daß eine der Parteien unter Aufrechterhaltung des gemeinsamen Eigentums über den Zeitpunkt der Rechtskraft hinaus das Haus bewohnen werde. Im übrigen hat es hinsichtlich des Ausgleichs der Lasten und Nutzungen auf die Auseinandersetzung über das Haus verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Kosten des Verfahrens hat das Familiengericht in<i> </i>Anwendung von § 93 a Abs.1 Satz 2 ZPO dem Antragsgegner zu 2/3 und der Antragstellerin zu 1/3 auferlegt und dies damit begründet, daß die Antragstellerin hinsichtlich des Unterhalts obsiegt habe und sie bei der üblichen Kostenverteilung in ihrer Lebensführung wesentlich stärker beeinträchtigt werde als der Antragsgegner.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die rechtzeitig eingelegte und begründete Berufung des Antraggegners greift die Entscheidung zum Unterhalt und die Kostenentscheidung mit folgenden Gründen an:</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Ab März 1981 sei von einem Gesamt-Nettoeinkommen des Antragsgegners von 4.176,50 DM auszugehen. Zur Berechnung des unterhaltspflichtigen Einkommens seien von diesem Betrag folgende monatliche Belastungen abzuziehen:</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">1. Krankenversicherungsbeiträge</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">a) für den Antragsgegner selbst 135,60 DM</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">b) für die Antragstellerin 73,60 DM</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">c) für C. 29,40 DM</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">2. Familienversicherung</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">3. Lasten des gemeinschaftlichen Hauses</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">a) Familienheimdarlehen des Bundes 930,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">(656,65 DM Tilgung + 273,35 DM</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Zinsen) jährlich</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">b) BHW-Verträge 6.120,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">(4.487,14 DM Tilgung +</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">1.632,86 DH Zins) jährlich</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">c) Deutscher Ring 3.720,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">(2.550,- Zinsen) jährlich</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">1.170,-- Tilgung auf verpfändete</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Lebensversicherung</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">d) Darlehen der Mutter des Antrags-</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">gegners jährlich 4.088,09 DM</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">(3.600,- DM Tilung +</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">488,09 DM Zins)</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">e) Gebäudeversicherung 312,70 DM</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">jährlich</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">f) Grundbesitzabgabe jährlich 58,61 DM</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">g) Rücklage für Instandhaltung</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">jährlich <u>1.800,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">insgesamt : 17.029,40 DM</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">geteilt durch 12 Monate = 1.419,11 DM</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">monatlich.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner verweist in diesem Zusammenhang darauf, daß auch die Tilgungsleistungen abzuziehen seien, da die Antragstellerin den Auszug aus dem Haus verweigere und eine Verwertung verhindere. Sie habe sich z\var schon im November 1978 zum Umzug bereiterklärt, die Sache aber trotz Wohnungsnachweises hinausgezögert.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">4. Raten auf Anwalts- und Gerichtskosten im</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Zusammenhang mit Trennung und Scheidung</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">der Parteien 250,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">5. berufsbedingte Aufwendungen 350,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">6. Sparrate für angemessene Wohnungseinrichtung 300,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens zu den Hauslasten und den berufsbedingten Aufwendungen wird auf die Schriftsätze vom 16.901981, 29.10.1981 und 5.11.1981 nebst den beigefügten Unterlagen ergänzend Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner führt weiter aus, daß von seinem Gesamtnettoeinkommen die Ministerialzulage, die dazu bestimmt sei, seine höheren Aufwendungen aufgrund seiner Tätigkeit im Ministerium abzugelten, abzuziehen sei. Wegen der besonderen Bedeutung seines Referats (EG-Fischerei-Regelungen, Internationale Fischerei-Organisationen) entstünden ihm außergewöhnliche Aufwendungen durch Reisen, Einladung von Gästen</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">usw. (insbesondere: Schriftsätze BI. 374 - 376, 429 - 434 GA).</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Nach allen Abzügen schulde er nur Kindesunterhalt nach Gruppe 2 der Düsseldorfer Tabelle. Da er außerdem Leistungen für die Krankenversicherung des Kindes und freiwillige Leistungen für das Kind erbringe, (Geschenke, Urlaubsfinanzierung) sei jedenfalls kein höherer als der anerkannte Betrag von 335,- DM geschuldet.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin könne entgegen der Schätzung des Amtsgerichts bei Ausübung einer Halbtagstätigkeit, zu der sie verpflichtet sei, 1.150,- DM netto monatlich erzielen, da sie mindestens nach BAT VII eingestuft werde. Ein UnterhaItsanspruch bestehe aber auch deshalb nicht, weil sie sich die Nutzungen des von ihr bewohnten Hauses zurechnen lassen müsse. Das Haus habe einen Nutzwert von '1.400,- bis 1.800,- DH monatlich.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">1. die Unterhaltsklage der Antragstellerin insgesamt zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">2. die Unterhaltsansprüche der Tochter C. insoweit zurückzuweisen, als höherer Unterhalt als 335,- DM zuerkannt ist,</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">3. die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung führt sie aus, beim Nettoeinkommen des Antragsgegners sei auch die Einkommenssteuerrückerstattung zu berücksichtigen. Der Abzug der geltend gemachten Belastungen sei bis auf den Abzug der Kosten für die Familienversicherung (7,78 DM monatlich), mit deren Fortbestand sie einverstanden sei, nach Grund und Höhe nicht gerechtfertigt. Die Hauslasten seien beim Unterhalt nicht zu berücksichtigen; insoweit sei die vermögensrechtliche Auseinandersetzung der Parteien abzuwarten. Im übrigen bestreitet die Antragstellerin die Höhe der geltend gemachten Hauslasten.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Sie bestreitet auch die vom Antragsgegner behaupteten berufsbedingten Aufwendungen.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Bei einer Halbtagstätigkeit, um deren Aufnahme sie sich im Hinblick auf die umfangreichen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien bisher nicht habe intensiv kümmern können, könne sie keinesfalls mehr als 700,- DM netto erzielen. Ob sie eine angemessene Halbtagstätigkeit finden könne, sei auch noch völlig ungewiß. Sie sei bereit, sich nach Beendigung der Auseinandersetzungen intensiv um eine Halbtagstätigkeit zu kümmern.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Der Mietwert des Hauses sei nur mit 1.125,- DM zu veranschlagen. Eine andere Wohnung habe sie bisher nicht anmieten können, weil <i>sie </i>wegen der Auseinandersetzungen mit dem Antragsgegner und bei dem geringen laufenden Unterhalt für sich und die Tochter schon zur Bezahlung einer Mietwohnung nicht in<i> </i>der Lage gewesen sei. Auch für eine Dreizimmerwohnung im Raum Bonn seien monatlich 800,- bis 900,- DM aufzuwenden.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten vorgetragenen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c he i d u n g s g r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung des Antragsgegners ist teilweise begründet, im übrigen unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Der Antragstellerin steht ein nachehelicher Unterhaltsanspruch in Höhe von 353,72 DM zu, der Tochter C. ein Anspruch in Höhe von 545,-- DH monatlich.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin ist gemäß § 1629 Abs.3 BGB befugt, die Unterhaltsansprüche der gemeinsamen Tochter C. geltend zu machen, denn auch für die Berufungsinstanz verbleibt es bei der Prozeßstandschaft, da dem Entscheidungsverbund Rechnung getragen werden muß (vgl. OLG Celle, FamRZ 1979, 629).</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Seiner Tochter C. ist der Antragsgegner nach §§ 1601ff BGB unterhaltspflichtig. Maßgebend für seine Leistungsfähigkeit sind dabei seine voraussichtlichen Einkünfte im Jahre 1982, da über den Kindesunterhalt für die Zeit ab Rechtskraft des Verbundurteils zu entscheiden ist. Die Antragstellerin ist nicht barunterhaltspflichtig, da sie ihre Unterhaltspflicht durch Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt (§ 1606 Abs.3 Satz 2 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Da das Einkommen des Antragsgegners für 1982 noch nicht feststeht, ist von seinen Einkünften im Jahre 1981 auszugehen, wobei aber die schon feststehende weitere Entwicklung im Jahre 1982 zu berücksichtigen ist.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Das Bruttoeinkommen des Antragsgegners betrug</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">1981 74.928,02 DM</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">./.<i> </i>Lohnsteuer <u>21.217,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">53.711,02 DM</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">geteilt durch 12 Monate = 4.475,92 DM</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:354px"><b>===========</b></p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Die Steuerlast von (nur) 21.217,- DM ergibt sich dabei daraus, daß für 1981 ein Verlust von 7.500,- DM aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 7b EstG bereits berücksichtigt ist. Für 1982 steht aber jetzt schon fest, daß Verluste gemäß § 7 b EStG nicht entstehen, da die Abschreibungsmöglichkeiten nach § 7 b EStG 1981 zum letzten MaI geltend gemacht " werden konnten.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Ausser den Absetzungen nach § 7 b EStG hat sich die Steuerschuld in den vergangenen Jahren aber durch die Berücksichtigung des Realsplitting, aussergewöhnlicher Belastungen durch Scheidungsunkosten und weiterer sonstiger Gründe verringert. So ist es 1979 zu einer Steuererstattung in Höhe von 10.173,67 DH (abzüglich 277,- DM Steuerausgleich an die Antragstellerin (wegen Realsplitting) = 9.896,67 DM und 1980 zu einer Steuererstattung in Höhe von 10.858,-- DM (Steuerausgleich noch offen) gekommen.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Die für 1981 und 1982 zu erwartende Steuererstattung kann nur nach § 287 Abs. 2 ZPO geschätzt werden. Auch ohne Berücksichtigung der Abschreibung nach § 7b EStG ergeben sich wegen der Absetzungen aufgrund des Realsplitting (9.000,- DM) und der aussergewöhnlichen Belastungen durch Scheidungsunkosten (ca. 1.500,- DM) Steuerrückerstattungen in Höhe von ca. 2.825,- DM. Nach dem Grundtarif sind bei Bezügen von 74.928,- DM Einkommensteuern in Höhe von 27.704,- DM zu entrichten. Auch ohne Berücksichtigung der 7 b-Abschreibung sind aber mit Berücksichtigung von Realsplitting (9.000,-DM) und aussergewöhnlichen Belastungen wegen Scheidungsunkosten (1.500,- DM) sowie. den sonstigen Absetzungen wie im Steuerbescheid für 1980 (1.080,- DM Weihnachtsfreibetrag; 1.758,- DM Werbungskosten; 3.600,- DM Vorsorgepauschale;</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">9.000,- DM Unterhaltsleistungen nach § 10 Abs.1 Nr.1 EStG;<i> </i>100,- DM Steuerberatungskosten; 600,- DM Freibeträge nach § 33a Abs.1 bis 4 EStG;<i> </i>1.500,- DM außergewöhnliche Belastungen wegen der Scheidungsunkosten; 510,- DM allgemeiner Tariffreibetrag) nur 56.780,- DM zu versteuern. Nach der Tabelle für 1982 ergibt sich dann aber eine tarifliche Einkommenssteuerschuld von 18.392,- DM. Bei einem unterstellten Einkommen von weiterhin 74.928,02 DM</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">./.<i> </i>(Steuerschuld unter Berücksichtigung</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">auch 1982 möglicher Absetzungen) 18.392,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">ergibt sich ein Nettoeinkommen von 56.536,02 DM</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">geteilt durch 12 Monate = 4.711,33 DM </p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">monatlich.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Für 1982 kann daher von einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 4.700,- DM monatlich ausgegangen werden.</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Zur Berechnung des unterhaltspflichtigen Nettoeinkommens sind davon folgende Beträge abzuziehen:</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">a) 135,60 DM eigene Krankenversicherung</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">b) 29,40 DM Krankenversicherung C.,</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">die nicht im Unterhalt enthalten ist und zusätzlich zu entrichten ist</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">c) 250,-- DM monatliche Leistungen auf Scheidungsunkosten</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">d) 67,20 DM Fahrtkosten</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">e) 50,-- DM sonstige berufsbedingte Aufwendungen</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">f) 7,78 DM Familienversicherung</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">g) <u>634,56 DM </u>Hausbelastungen</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">1.174,54 DM,</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">als unterhaltspflichtiges Einkommen verbleiben somit 4.700,-- ./.<i> </i>1.174,-- DM = 3.526,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Die vom Antragsgegner nachgewiesenen Krankenversicherungskosten für sich selbst und die Tochter C. sind abzugsfähig, da es sich um notwendige freiwillige Vorsorgeaufwendungen handelt (vgl. Ziffer 18.0 der Kölner Unterhaltsrichtlinien in der Fassung vom 1.1.1982).</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">Die Scheidungskosten sind in angemessenen Raten von hier 250,- DM monatlich abzugsfähig, da es sich um notwendige Aufwendungen handelt, um insoweit bestehende Schulden auszugleichen (vgl. Ziffer 20.2 der Kölner Unterhaltsrichtlinien).</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Beruflich notwendige Aufwendungen sind nur in Höhe von 67,20 DM für Fahrtkosten und weiteren 50, - DM für sonstige berufsbedingte Auslagen abzugsfähig. Die Notwendigkeit weiterer beruflicher Aufwendungen hat der Antragsgegner nicht dargetan. Bei den Fahrtkosten sind Pkw-Fahrten von der Wohnung zum Arbeitsplatz an 210 Tagen a 2 x 6 km = 2.520 km à 0,32 DM (vgl. Ziffer 19 der Kölner Unterhaltsrichtlinien) = 806,40 DM jährlich = 67,20 DM monatlich zu berücksichtigen. Die Kfz.-Haftpflicht und die Kfz.-Steuer sind im Kilometersatz von 0,32 DM bereits enthalten.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Darüberhinaus sind die Kosten für einen priva.ten Pkw für rein dienstliche Zwecke nicht abzugsfähig. Für dienstliche Fahrten muß sich der Antragsgegner unterhaltsrechtlich mit</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">dem Verkehrsmittel begnügen, dessen dienstliche Notwendigkeit vom Dienstherrn anerkannt wird. Wenn der Dienstherr zeitsparende Privat-Pkw-Reisen im Dienst nach den Reisekostenvorschriften nicht ersetzt, muß davon ausgegangen werden, daß der Dienstherr die Zeitersparnis für nicht dienstlich notwendig hält.</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Auch die sonstigen beruflichen Aufwendungen, die der Antragsgegner geltend macht, sind unterhaltsrechtlich nicht abzugsfähig. Die Ausgaben für Schreibzeug, Beamtenkalender und Aktentasche sind, soweit sie nicht dienstlich zur Verfügung gestellt werden, und soweit sie überhaupt dienstlich erforderlich sind, gleichzeitig Aufwendungen der allgemeinen Lebenshaltung, die nicht abgezogen werden können. Auch Aufwendungen für vom Dienstherrn nicht erstattete dienstliche "Repräsentation" Einladung von Kollegen und Geschenken an Sekretärinnen sind unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen, denn es ist davon auszugehen, daß der Dienstherr Kosten für dienstlich notwendige Repräsentation ersetzt. Soweit dies wegen der Unabgrenzbarkeit von der privaten Lebenshaltung nicht geschieht, kann dies auch dem Unterhaltsberechtigten nicht entgegen gehalten werden.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Auch ein Mehraufwand für besondere Kleidung ist nicht zu berücksichtigen, da Quantität und Qualität der Bekleidung Von den durchschnittlichen Verhältnissen im Sozialbereich</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">des Antragsgegners nicht nachgewiesen abweiche. Es handelt sich auch insoweit um Kosten der allgemeinen Lebenshaltung.</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">Ausgaben für Fachliteratur, die nicht dienstlich zur Verfügung gestellt wird, sind nicht belegt.</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Ein beruflicher Mehrbedarf kann auch nicht dadurch berücksichtigt werden, daß die Ministerialzulage, die der Antragsgegner erhält, vom unterhaltspflichtigen Einkommen abgezogen wird. Es ist von dem Grundsatz auszugehen, daß zur Feststellung des unterhaltspflichtigen Einkommens sämtliche dem Unterhaltsschuldner zufließenden Einkünfte heranzuziehen sind (vgl. BGH, FamRZ 1981,1165 (1166). Ausschlaggebend ist insoweit, daß auch die Ministerialzulage tatsächlich zur Deckung des Lebensbedarfs zur Verfügung steht. Nicht zu berücksichtigen ist sie nur insoweit, als sie zur Deckung eines</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">tatsächlichen Mehraufwandes dient. Ein tatsächlicher Mehraufwand aufgrund der Tätigkeit des Antragsgegners in einem Ministerium im Verhältnis zur Tätigkeit von Menschen in vergleichbarer Position in anderen Behörden oder Institutionen ist aber nach dem vorher Gesagten nicht konkret bewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">Andererseits ist nicht zu verkennen, daß dem Antragsgegner insbesondere aufgrund seiner umfangreichen Reisetätigkeit, die er im einzelnen - unbestritten - dargelegt hat; ein gewisser Mehraufwand entsteht, den der Senat gemäß § 287 Abs. 2 ZPO auf 50,- DM monatlich schätzt und der in dieser Höhe als berufsbedingter Aufwand abgezogen werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Der Betrag von 7,88 DM für die Familienversicherung ist abzusetzen, da sich die Antragstellerin mit der Fortsetzung ausdrücklich einverstanden erklärt hat.</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">Nicht abgesetzt werden kann eine Sparrate in Höhe von 300,- DM monatlich zur Einrichtung einer neuen Wohnung. Es ist nicht dargetan, daß der Antragsgegner Schulden für eine neue Wohnungseinrichtung oder Wohnungsbeschaffung hat machen müssen, die jetzt noch abzutragen wären. Zukünftige Wohnungseinrichtungen oder -Anschaffungen können aus dem Erlös aus der Veräußerung des Hauses finanziert werden. Da solche Lasten beide Parteien gleichermaßen treffen, können sie nicht berücksichtigt werden.</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Weiter ist abzusetzen ein Betrag von 634,56 DM, da der Antragsgegner auch dem Kind gegenüber die Belastung durch im Laufe der Ehe eingegangene Schulden geltend machen kann. Der Unterhaltsanspruch des Kindes richtet sich nach der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten, die durch seine anderweitig bestehenden Verbindlichkeiten beeinflußt wird (vgl. BGH, DA Vorm 1982,56 (57». Die nach § 1610 Abs.1 BGB maßgebende Lebensstellung des Bedürftigen bestimmt sich bei einem minderjähriqen Kind im wesentlichen nach der Lebensstellung der Eltern, da es noch keine eigene Lebensstellung hat. Die Lebensstellung des Antragsgegners wird aber im wesentlichen durch sein Einkommen und die demgegenüber bestehenden Belastungen bestimmt. Der Lebenszuschnitt der Familie ist hier dadurch gekennzeichnet, daß Belastungen durch den Erwerb eines Einfamilienhauses bestehen. An dieser wirtschaftlichen Gesamtsituation nimmt auch das Kind teil.</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Für das Haus sind nach dem Stand von 1981 monatliche Gesamtbelastungen von 1.269,12 DM (Zinsen; Tilgung v sonstige Hauslasten) aufzubringen, die allein der Antragsgegner aufbringt. Die Einzelpositionen sind vom Antragsgegner belegt und von der Antragstellerin nicht konkret bestritten worden.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Der monatliche Betrag von 1.269,12 DM (15.229,40 : 12) ergibt sich daraus, daß von dem vom Antragsgegner geltend gemachten Gesamtbetrag der Belastungen in Höhe von 17.029,40 DM 1.800,- DM für Instandsetzungskosten abzuziehen sind, so daß 15.229,40 DM verbleiben.</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Nach dem eigenen Vorbringen des Antragsgegners wird eine Instandhaltungsrücklage erst ab November 1981 gebildet. Ohne Einverständnis beider Parteien ist es aber kurz vor Veräußerung des Hauses oder seiner Zwangsversteigerung nicht gerechtfertigt, mit d8r Bildung einer solchen Rücklage zu beginnen.</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Von dieser Gesamtbelastung kann der Antragsgegner die Hälfte (634,56 DM) als Schuldenlast von seinem unterhaltspflichtigen Einkommen abziehen. Die weitergehende Belastung wird als (Natural)Unterhaltsleistung gegenüber der Antragstellerin (Deckung ihres Wohnbedarfs) berücksichtigt.</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Grundsätzlich ist für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung davon auszugehen, daß ein gemeinschaftliches Haus veräußert wird, da eine weitere Nutzung als Familienheim nicht mehr in Betracht kommt. Weil mit der Veräußerung (abgesehen vom hier nicht vorliegenden Fall der Überschuldung) auch die Schuldenbelastung wegfällt, könnte es gerechtfertigt sein, die Schulden für den Ehegatten- und Kindesunterhalt nach der Scheidung nicht mehr zu berücksichtigen.</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Dabei ließe man aber außer Acht, daß es ungeachtet der Möglichkeit, die Teilungsversteigerung zu betreiben (§§ 749 ff. BGB, 180 ff. ZVG) auch nach der Rechtskraft der Scheidung einige Zeit dauert, bis Veräußerung oder Versteigerung tatsächlich durchgeführt werden können. Vor Rechtskraft der Scheidung ist die Veräußerung eines Familienheims in der Regel nicht zumutbar. Das ergibt sich auch schon aus dem Rechtsgedanken des § 1365 BGB (vgl. OLG Hamm, FamRZ 1979,128; BayObLG FamRZ 1979, 290). Es kann dem Unterhaltsberechtigten daher nicht entgegengehalten werden, daß er einer Veräußerung und damit Schuldenentlastung schon vor Rechtskraft der Scheidung hätte zustimmen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Es ist daher als Nachwirkung der ehelichen Lebensgemeinschaft (vgl. zum auch in anderen Bereichen wirksamen Grundsatz der nachwirkenden Mitverantwortung BGH FamH.Z 1981,1163) anzusehen, daß die in der Ehe durch Hauserwerb einverständlich begründeten Schulden auch für eine gewisse Zeit nach der Ehescheidung bis zur Verwertung des Hauses berücksichtigt werden müssen. Dieser Zeitraum kann im Allgemeinen mit etwa einem Jahr bemessen werden.</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">Bei der Berücksichtigung von Schulden durch gemeinsamen Hauserwerb während der Ehe ist weiter dem Umstand Rechnung zu tragen, daß durch die Abtragung solcher Lasten gleichzeitig Wohnbedarf gedeckt wird, wenn einer der Ehepartner das Haus bewohnt. Soweit die Lasten nicht höher als die nach den Verhältnissen übliche Miete sind, sind sie daher nicht als Schulden zu berücksichtigen, denn damit wird nicht anders als mit der Miete ein Teil des allgemeinen Lebensbedarfs gedeckt.</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">Wenn dennoch für die Berechnung des Trennungsunterhalts (§ 1361 BGB) ein Vorwegabzug der gesamten Hauslasten befürwortet wird (z.B. OLG Frankfurt , FamRZ 81,955; OLG Köln, FamRZ 1981,1174), so deshalb, weil der unterhaltsberechtigte Ehegatte nach § 1361 Abs.1 BGB durch die Trennung nicht schlechter aber auch nicht besser gestellt werden soll (so auch BGH DAVorm 1982,56 (58) und auch die ehelichen Lebensverhältnisse dadurch gekennzeichnet waren, daß der sonstige Lebensbedarf aus dem restlichen Einkommen gedeckt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">Dieser Vorwegabzug der gesamten Familienlasten und Berechnung des Kindes- und Ehegattenunterhalts nach dem Rest des Einkommens ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn der Unterhaltspflichtige, der ausgezogen ist und jetzt zusätzliche Mietkosten hat, auch selbst zumutbarerweise seinen Wohnbedarf (bei entsprechender Aufteilung) durch die Nutzung des Hauses decken könnte und er die zusätzlich entstehenden Kosten daher nicht den Unterhaltsberechtigten entgegenhalten darf.</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Nach der Scheidung kann aber auf die Möglichkeit weiterer gemeinsamer Nutzung nicht mehr verwiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">Die Belastung durch Zins- und Tilgungsleistungen für das Haus stellt sich daher nun als zusätzliche Schuldbelastung dar, die nicht mehr durch Wohnbedarfsdeckung kompensiert wird. Das gilt allerdings nur für die Hälfte der Kosten, wenn der andere Ehepartner noch im Haus wohnt. Wenn der Unterhaltspflichtige in diesen Fällen die gesamten Lasten trägt, deckt er mit der anderen Hälfte seiner Leistungen den Wohnbedarf des Unterhaltsberechtigten und gewährt insoweit Naturalunterhalt.</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Die Wohnungsnutzung jedem Ehepartner zur Hälfte zuzurechnen, entspricht zunächst der Eigentumslage und den Vereinbarungen. Auch nach der Trennung und für den begrenzten Zeitraum bis zur Verwertung nach der Scheidung Häre es nicht gerechtfertigt,</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">dem im Haus verbleibenden Unterhaltsberechtigten nunmehr die volle Nutzung zuzurechne. Daß das Haus ihm nun allein zur Verfügung steht, ist eine Folge des Auszugs des Partners, erhöht aber in der Regel nicht den Nutzungswert für den Verbleibenden.</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">Ob er nach feststehendem Scheitern der Ehe verpflichtet ist, einen Teil des Hauses durch Vermietung zu nutzen, hängt ganz von den Verhältnissen des Einzelfalls ab. Solange das Scheitern der Ehe nicht feststeht, wird eine Teilvermietung eines Einfamilienhauses nicht zumutbar sein, ferner dann nicht, wenn eine Teilvermietung nach dem Zuschnitt des Hauses und den Lebensverhältnissen nicht möglich oder üblich ist.</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">Jedenfalls spielt es aber für den Kindesunterhalt, der sich aus den Lebensverhältnissen der unterhaltspflichtigen Eltern ableitet, keine Rolle, daß zwischen den Eheleuten möglicherweise insoweit Ansprüche bestehen, denn die Belastung des Antragstellers ist insgesamt in vollem Umfang berücksichtigt und weitere Ansprüche könnten seine Leistungsfähigkeit allenfalls erhöhen. Da hier Ansprüche gegen die Antragstellerin jedenfalls zur Zelt nicht durchsetzbar sind, verbleibt es bei der realen Leistungsfähigkeit.</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">Die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners erhöht sich auch nicht dadurch, daß die Tilgungsleistungen bei den Belastungen nicht zu berücksichtigen seien. Zwar kann der Unterhaltspflichtige dem Berechtigten keine Aufwendungen für seine eigene Vermögensbildung entgegenhalten. Bei der Hausfinanzierung sind aber Zins- und Tilgungsleistungen miteinander verbunden und gewähren in ihrer Gesamt.hei t die Deckung des l10hnbedarfs. Da im Streitfall auch das unterhaltsberechtigte Kind im Haus lebt und damit durch diese Leistungen auch sein Wohnbedarf gedeckt wird; ist es gerechtfertigt, hier auch die Tilgungsleistungen als absetzbare Schulden zu berücksichtigen. Eine andere Berechnungsweise führt auch zu praktischen Schwierigkeiten.</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">Bei einem unterhaltspflichtigen Einkommen von· somit 3.526,·· DM ist gemäß den "Kölner Unterhaltsrichtlinien" eine Einstufung in Gruppe 6 (3200 - 3800 DM) der Düsseldorfer Tabelle vom 1.1.1982 (= 460,- DM) vorzunehmen. Es ist aber gemäß Ziff.1.1. der Unterhaltsrichtlinien wegen des ersparten Unterhalts für ein zweites Kind (3526 + 460 = 3986 DM) eine Einstufung in Gruppe 7 (3800 - 4500 DM) gerechtfertigt, so daß der Unterhalt 520,- DM beträgt. Da das Kindergeld an den Antragsgegner gezahlt wird, ist die Hälfte des Kindergeldes hinzuzurechnen (Ziff. 3.1 der Unterhaltsrichtlinien) , so daß insgesamt 545,- DM monatlich geschuldet werden.</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">Der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin folgt aus §§ 1570, 1573 Abs.2, 1578 BGB. Für die Berechnung des unterhaltspflichtigen Einkommens gilt das zum Kindesunterhalt Gesagte. Auch hier können die Hausbelastungen nicht außer Betracht bleiben, sondern nach der Veräußerung muß ggf. auf den Weg<i> </i>der Abänderungsklage (§ 323 ZPO) verwiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">Es bleibt auch bei der hälftigen Berücksichtigung der Hauslasten als Schulden und des Restes als Leistungen zur Deckung des Wohnbedarfs der Antragstellerin.</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">Daß die Antragstellerin einer Veräußerung vor Rechtskraft der Scheidung nicht zugestimmt hat, kann ihr nicht entgegengehalten werden. Der Unterhaltsanspruch wird auch nicht dadurch gemindert, daß sie bisher eine teilweise Vermietung des Hauses unterlassen hat. Es ist nämlich nicht hinreichend konkret dargetan, daß vor einem Umbau des Einfamilienhauses eine Teilvermietung zumutbar gewesen wäre. Daß es bis zur Rechtskraft der Scheidung nicht zu einer Gesamtvermietung gekommen ist, wirkt sich gleichfalls nicht unterhaltsmindernd aus. Grundsätzlich ist der verlassene Ehepartner vor Rechtskraft der Scheidung nicht gehalten, die Ehewohnung aufzugeben. Mit Rücksicht</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">auf die Dauer der Trennung könnte hier zwar etwas anderes gelten, dem steht aber entgegen, daß eine Vermietung kurz vor der Veräußerung sich in aller Regel ertragsmindernd auswirkt und daher nicht zumutbar ist.</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">Sollte sich hier der Eintritt der Rechtskraft infolge Revisionseinlegung noch wesentlich hinauszögern, wird allerdings zu berücksichtigen sein, daß nach der konkreten Aufforderung, das Haus für eine befristete kostendeckende Vermietung freizumachen, eine Pflicht dazu bestehen wird. Für den Unterhaltsanspruch der Antragstellerin ist daher derzeit von einem unterhaltspflichtigen Einkommen von 3526 - 520 DM = 3006 DM auszugehen.</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">Wie schon das Familiengericht ist auch der Senat der Auffassung, daß sich die Antragstellerin fiktive Einkünfte aus einer angemessenen Halbtagstätigkeit als Sekretärin anrechnen lassen muß. Von einer Mutter eines jetzt 13-jährigen Kindes mit einer vollen Berufsausbildung als Industriekaufmann und praktischer Berufstätigkeit von mehreren Jahren ist auch nach langjähriger Berufspause die Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung zu erwarten. Ein Kind in diesem Alter bedarf wegen des regelmäßigen Schulbesuchs und einer gewissen schon erreichten Selbständigkeit keiner Versorgung während des ganzen Tages mehr (vgl. BGH FamRZ 1981, 17 (18) und BGH FamRZ 1981, 752 (754). Bei nur einem Kind im Alter von 13 Jahren ist auch nicht nur eine stundenweise, sondern eine Halbtagstätigkeit zu erwarten.</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin kann .sich nicht darauf berufen, daß sie eine angemessene Arbeit noch nicht habe finden können, denn sie hat nicht einmal dargetan, daß sie sich überhaupt darum bemüht hat. Zu solchen Bemühungen war sie aber verpflichtet und offensichtlich auch durch die Streitigkeiten mit dem Antragsgegner nicht ernstlich daran gehindert. Es ist auch nicht so, daß die Antragstellerin erst ab Rechtskraft der Scheidung zur Arbeitssuche verpflichtet wäre. Ab Vollendung des 12. Lebensjahres Kindes und einer mehrjährigen Trennung, die ein endgültiges Scheitern der Ehe indizierte, war sie jedenfalls zu einer Teilzeittätigkeit verpflichtet, so daß sie sich jetzt nicht darauf berufen kann, eine Übergangszeit bis zur Aufnahme einer angemessenen Berufstätigkeit (§ 1573 Abs.1 BGB) zu benötigen.</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">Die erzielbaren Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit müssen gemäß § 287 Abs.2 ZPO geschätzt werden. Der Senat schätzt das Nettoeinkommen in Übereinstimmung mit dem Familiengericht auf 700,- DM monatlich. Dabei ist berücksichtigt, daß die Antragstellerin nach einer Berufspause von etwa 12 Jahren im Alter von nunmehr 42 Jahren nach der Arbeitsmarktlage und aufgrund ihrer eingeschränkten zeitlichen und räumlichen Verfügbarkeit nicht mit einer Vergütungseinstufung wie vor der Ehe rechnen kann. Anderersei ts ist ein Einkommen von 700,- DM netto angesichts der Ausbildung der Antragstellerin und angesichts der breiten Nachfrage nach qualifizierten Kräften dieser Art im Bonner Raum sicher erzielbar.</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">Mit der Aufnahme der Arbeitstätigkeit ist gleichzeitig die Krankenversicherung der Antragstellerin gedeckt, so daß insoweit keine Ansprüche (§ 1578 Abs.2 BGB) gegen den Antragsgegner bestehen.</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">Anzurechnen ist das Einkommen der Antragstellerin nach Auffassung des Senats auch bei der hier gegebenen Sachlage nach der Differenzmethode.-Es ergibt sich daher eine Differenz von 3006,- DM - 700,- DM = 2306,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">Von dieser Differenz stehen der Antragstellerin 3/7 = 988,29 DM als Unterhalt zu. Davon erbringt der Antragsgegner 634,56 DM durch seine Zins- und Tilgungsleistungen für das Haus, die den Wohnbedarf der Antragstellerin decken, so daß ein restlicher Barunterhalt in Höhe von 353,72 DM verbleibt.</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">Der Betrag von 634.56 DM ist in voller Höhe zu berücksichtigen, da er dem hälftigen Vermietungswert und auch der nach den Verhältnissen der Antragstellerin üblichen Miete entspricht, wie sich aus ihrem eigenen Vortrag ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">Die Differenzmethode gewährleistet die Unterhaltszumessung entsprechend den ehelichen Lebensverhältnissen, wie sie das Gesetz in § 1361 Abs.1 BGB für den Trennungsunterhalt und in § 1578 Abs.1 BGB für den Unterhalt nach Scheidung vorschreibt.</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">Soweit eine Unterhaltszumessung nach Quoten überhaupt angesichts der Umstände des Einzelfalles angemessen ist (diese Einschränkung ist bei der Anwendung von Tabellen und Schlüsseln stets zu machen, vgl. BGH FamRZ 1981, 539 (541); NJW, 982, 100 (102) KG FamRZ 1978, 932), wird durch die Aufteilung nach dieser Methode unter Zubilligung eines 4/7-Antells für den Mehrverdienenden der Mehraufwand angemessen berücksichtigt, ein Arbeitsanreiz belassen und gleichzeitig die angemessene Beteiligung des geringer Verdienenden wie in der Ehe gewährleistet.</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">Dementsprechend hat auch der Bundesgerichtshof für die Fälle, in denen auch die ehelichen Lebensverhältnisse durch beiderseitige Berufstätigkeit gekennzeichnet waren, eine Berechnung nach dieser Methode gebilligt (BGH FamRZ 1981, 752 (754); 539 (541). Bedenken gegen die Anwendung dieser Methode werden vom BGH aber für die Fälle erhoben, in denen der unterhaltsberechtigte Ehegatte erst nach der Trennung bzw. Scheidung eine Erwerbstätigkeit aufnimmt, da in diesen Fällen die ehelichen Lebensverhältnisse nur durch das Einkommen des schon vor vor der Trennung oder Scheidung Berufstätigen gekennzeichnet gewesen seien.</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">Zwar weist der BGH darauf hin, daß der Ehepartner grundsätzlich an einer Entwicklüng der Lebensverhältnisse von der Trennung bis zur Scheidung teilnehme (BGH FamRZ 1980, 770; 81, 224) <i>I </i>gleichwohl wird aber ausgeführt, daß bei Verpflichtung zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach § 1361 Abs.2 BGB oder daraus erzielte Verdienst auf den Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen anzurechnen sei (BGH FamRZ 1981, 754 (755). In der Entscheidung zum nachehelichen Unterhalt (BGH FamRZ 1981, 539 (541) heißt es insoweit: "Damit kann die Unterhaltsbemessung in derartigen Fällen einer erst nach der Scheidung einsetzenden Erwerbstätigkeit des anderen Ehegatten nicht im Wege der Differenzberechnung erfolgen. Vielmehr liegt es, soweit die Aufteilung nach Quoten beibehalten werden soll, nahe, lediglich das berücksichtigungsfähige Einkommen des von Anfang an erwerbstätigen Ehegatten entsprechend aufzuteilen und von der auf den Berechtigten entfallenden Quote dessen eigenes Einkommen abzurechnen" (es folgt der Hinweis auf die tatrichterliche Angemessenheitsüberprüfung) .</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">Wenn aber im Verlauf der Trennungszeit eine Arbeitspflicht nach § 1361 Abs.2 BGB entsteht - und davon ist hier auszugehen - und somit (schon) eine volle Anrechnung des Einkommens auf den Trennungsunterhalt zu erfolgen hat, kann für den nachehelichen</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">Unterhalt nichts anderes gelten.</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">Ungeachtet des Hinweises auf die tatrichterliche Angemessenheitsüberprüfung hat der Senat gegen diese Berechnungsweise als Richtschnur Bedenken. Soweit diese Ausführungen als Befürwortung einer "Abzugsmethode" verstanden werden können, lassen sie nach Auffassung des Senats außer Acht, daß </p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">1.) die ehelichen Lebensverhältnisse vor der Trennung nicht nur durch das Einkommen des Erwerbstätigen gekennzeichnet waren,</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">2.) eine Gleichbehandlung des haushaltsführenden mit dem erwerbstätigen Ehepartner nicht gewährleistet ist und</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">3.) die Aufrechterhaltung der bisherigen Lebensverhältnisse mit der Quote des bisherigen Einkommens nicht möglich ist.</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">(Vgl. zu Bedenken auch Hampel, FamRZ 1981, 851; v. Hornhardt, NJW 1982, 17 und OLG Hamm FamRZ 1982, 70).</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">Nach § 1356 BGB sind Erwerbstätigkeit und Haushaltsführung grundsätzlich gleichwertige Funktionen, deren Aufteilung die Ehegatten regeln. Zum "Lebensstandard" in einer Einverdienerehe trägt daher die - im Regelfall - Frau, die Haushalt und Kinder versorgt, ebenso bei wie der Mann mit seinem Einkommen.</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">Die Haushaltsleistung der Frau unberücksichtigt zu lassen, ist schon mit Art. 3 II GG nicht vereinbar (so mit Recht BVerfG FamRZ 1978, 871).</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">Auch ganz praktisch gesehen ist der Lebensstandard einer Einverdienerehe, in der Aufwendungen für Haushaltshilfen und Kinderbetreuung erspart werden, keinesfalls um den rechnerischen Betrag des zweiten Einkommens niedriger. Die Haushaltsleistung der Frau stellt mithin während der Ehe wirtschaftlich betrachtet eine geldwerte Leistung dar, die bei Betrachtung der wirtschaftlichen Einordnung der "ehelichen Lebensverhältnisse" nicht außer Betracht bleiben kann.</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">Es stellt nach Auffassung des Senats eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der in der Ehe haushaltsführenden gegenüber der in der Ehe berufstätigen Ehefrau dar, wenn letztere auch nach Scheidung oder Trennung an den bisherigen Gesamteinkünften anteilig beteiligt wird, während erstere auf die Quote des bisherigen Erwerbseinkommens beschränkt bleibt. Das wäre nur gerechtfertigt, wenn die in der Ehe berufstätige Frau in höherem Maße zur gemeinsamen Wirtschaftsleistungen beigetragen hätte als die haushaltsführende Ehefrau. Davon geht das Gesetz, wie z.B. die Regelungen zum Zugewinnausgleich und zum Versorgungsausgleich zeigen, aber nicht. aus.</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">In der praktischen Konsequenz nähme eine volle Anrechnung auch jeden Arbeitsanreiz und führte nach Arbeitsaufnahme durch die bisherige Hausfrau durch die Entlastung des bisher Erwerbstätigen zu einer starken Auseinanderentwicklung des Lebensstandards.</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">Gegen eine Anrechnung auf die bisherige Quote spricht schließlich auch entscheidend, daß der bisherige Lebensstandard wegen des Mehraufwandes nach der Trennung nur aufrechterhalten werden kann, wenn jedem Partner 60 - 65 % des bisherigen Gesamteinkommens zur Verfügung stehen (vgl. dazu eingehend Hampel a.a.O. und OLG Hamm, FamRZ 1982, 70 (71). Zwar könnte man diesem Mehrbedarf bei Anwendung der Abzugsmethode dadurch Rechnung tragen, daß aus dem hinzukommenden Einkommen zunächst dieser Mehrbedarf ausgeglichen wird. Das ließe aber außer Acht, daß auf beiden Seiten ein Mehrbedarf besteht und die Fifferenzmethode daher sicherlich die obere Grenze· des zuzubilligenden Unterhalts ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">Eine Grenze für die Anwendung der Differenzmethode ist gemäß § 1569 BGB dann zu ziehen, wenn durch das Eigeneinkommen allein oder zusammen mit dem Differenzunterhalt der volle angemessene Unterhalt gedeckt wird (ebenso Hampel a.a.O. und Hammer Richtlinien Ziff.30).</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">Bei einem Gesamteinkommen von 1688,29 DM (700 DM fiktiv + 634,56 Wohnungsnutzung + 353,72 Barunterhalt) ist diese Grenze nicht erreicht; da zur Deckung des nach den ehelichen Lebensverhältnissen angemessenen Bedarfs jedenfalls 60 % des bisherigen Gesamteinkommens (60 % von 3006 DM = 1803 ,60 DM) erforderlich sind.</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">Nach diesem Ergebnis der Unterhaltsfolgesache war auch die Kostenentscheidung des familiengerichtlichen Verbundurteils dahin zu ändern, daß die Kosten des Verbundverfahrens gegeneinander aufgehoben werden (§ 93a Abs.1 ZPO). Nach Abänderung der Entscheidung zum UnterhaIt entfällt das Argument des Amtsgerichts, wegen des vollen Obsiegens beim Unterhalt entspreche eine andere Verteilung der Billigkeit. Auch sonstige Billigkeitsgründe für eine andere Verteilung verneint der Senat.</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">Von den Kosten der Berufungsinstanz haben der Antragsgegner 9/25 und die Antragstellerin 16/25 zu tragen (§§ 92, 97 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks">Ein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit entfällt gemäß § 629 d ZPO, da aufgrund der Anfechtung von Folgesachen Rechtskraft des Scheidungsausspruchs noch nicht eingetreten ist.</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">Der Senat läßt die Revision gegen das vorliegende Urteil zu, da die Frage, wie Schulden aus gemeinsamem Hauserwerb bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts zu berücksichtigen sind, von grundsätzlicher Bedeutung ist, und der Senat bei der Berücksichtigung des fiktiven Eigeneinkommens der Antragstellerin von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs abweicht.</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">Berufungsstreitwert: 18.772,20 DM.</p>
|
315,835 | olgk-1982-01-28-14-uf-1982 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 14 UF 19/82 | "1982-01-28T00:00:00" | "2019-03-13T15:15:14" | "2019-03-27T09:42:05" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1982:0128.14UF19.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengerichts - Bergisch Gladbach vom 2.1.1982 - 28 F 759/79 EA -UR - auf-gehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung über den Antrag des Artragstellers vom 10.11.1981 nach Maßgabe der folgenden Gründe zurückverwiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>G r ü n d e:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute, zwischen denen ein Ehescheidungsverfahren vor dem Amtsgericht Bergisch Gladbach anhängig ist. Durch Beschluß vom 16.10.1981 hat das Amtsgericht gern. § 620 S. 1 Nr. 1 und 2 ZPO im Wege der einstweiligen Anordnung bestimmt, daß die ehelterliche Sorge für das gemeinschaftliche Kind der Parteien U., geb. am 00.00.1976, auf die Mutter übertragen werde und daß dem Vater gestattet werde, das Kind besuchsweise zu sich zu nehmen, und zwar u.a. an jedem 2. und 4. Sonntag im Monat; ferner hat es angeordnet, daß die Mutter ihm das Kind zu diesem Zweck jeweils herauszugeben habe.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 10.11.1981 hat der Antragsteller beantragt, der Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Besuchsrechtsregelung im Beschluß vom 16.10.1981 ein angemessenes Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft, anzudrohen. Zur Begründung hat er vorgebracht, die Antragsgegnerin habe ihm am Sonntag, dem 8.11.1981, die Herausgabe des Kindes verweigert. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen mit der Begründung, der Antragsteller habe trotz Aufforderung die Vollstreckungsunterlagen nicht vorgelegt; die Vollstreckung richte sich nach § 888 ZPO. Gegen diese am 8.1.1982 zugestellte Entscheidung, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, hat der Antragsteller am 11.1.1982 Beschwerde eingelegt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist zulässig. Für die Beurteilung der Zulässigkeit kommt es zwar im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob sich die Vollstreckung einstweiliger Anordnungen in Ehesachen nach den Regeln der Zivilprozeßordnung auch dann richtet, wenn der Gegenstand der Anordnung an sich dem Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuzurechnen wäre. In diesem Fall wäre gem. § 793 ZPO das zulässige Rechtsmittel allein die sofortige Beschwerde. Die Beschwerdefrist von zwei Wochen (§ 577 Abs. 2 ZPO) wäre aber hier gewahrt. Im übrigen vertritt der Senat die Auffassung, daß bei einstweiligen Anordnungen nach § 620 Nr. 2 und 3 ZPO nicht die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung nach der ZPO anzuwenden sind, sondern auch insoweit die Regeln des FGG maßgeblich sind, wie unten noch näher ausgeführt wird. Entscheidungen nach § 33 FGG sind mit der unbefristeten Beschwerde nach § 19 FGG anfechtbar.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht. Die Vorlage von Vollstreckungsunterlagen</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">ist für die von dem Antragsteller beantragte Androhung von Zwangsgeld nicht erforderlich. Wie bereits erwähnt, ist die Rechtsgrundlage für den Antrag des Antragstellers nicht in § 888 ZPO, sondern in § 33 FGG zu suchen. Die vom Amtsgericht vertretene gegenteilige Ansicht folgt zwar der in Literatur und Rechtsprechung immer noch als</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">herrschend anzusehenden Meinung (OLG Koblenz FamRZ 78, 605; OLG Oldenburg FamRZ 78, 911; OLG Hamm, NJW 1979, 988; OLG München FamRZ 79, 317; OLG Köln, 4. Zivilsenat - 4 WF 240/78 - vom 8.12.1978; Thomas-Putzo, ZPO, 10. AufI.: § 620 Anm. 4 f; Baumbach-Lauterbach ZPO, 37. AufI., § 620 a Anm. 3 B; OLG Hamm FamRZ 80, 707; OLG Zweibrücken, FamRZ 80, 1038; OLG Bremen FamRZ 82, 92). Die andere</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Auffassung, daß § 33 FGG maßgeblich ist, hat aber inzwischen ebenfalls zahlreiche Anhänger gefunden (LG Ravensburg FamRZ 78, 910; AG Bonn FamRZ 79, 844; Kopp NJW 79, 2253; OLG Köln - 21. Zivilsenat - 21 WF 132/79 - vom 19.11.1979; Zöller-Philippi, ZPO, 13. AufI., § 620 a, Anm. VI; Keidel, FGG, 11. AufI. § 33 Rz 53; Palandt-Diederichsen, BOB, 41. AufI., § 1632 Anm. 2 b, gg; OLG Frankfurt FamRZ 80, 1038). Entscheidend dafür ist, daß auch im Verfahren aber einstweilige Anordnungen in Ehesache, sofern sie den entsprechenden Gegenstand betreffen, § 621 a Abs. 1 a ZPO nicht übersehen werden darf. In dieser Vorschrift kommt der Gedanke zum Ausdruck, daß die Regelungen des FGG auch dort in Verfahren vor den Familiengerichten Platz greifen sollen, wo dies dem Verfahrensgegenstand besser entspricht. Das Familiengericht kann sehr viel wirksamere, auf den Einzelfall abgestellte Maßnahmen treffen, als dies im Verfahren nach der ZPO möglich ist.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Dieser Beurteilung steht auch entgegen der Meinung des Amtsgerichts nicht § 794 Abs. 1 Nr. 3 a ZPO entgegen. Die Vorschrift besagt lediglich, daß aus einstweiligen Anordnungen nach § 620 ZPO die Zwangsvollstreckung stattfinde. Sie ist durch das 1. EheRG eingeführt worden, um der Auslegung vorzubeugen, daß einstweilige Anordnungen,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die nach dem durch das 1. EheRG ebenfalls neu geschaffenen § 620 c ZPO nicht mehr anfechtbar sind, auch nicht mehr als Vollstreckungstitel gelten könnten. Weder der Gesetzwortlaut noch die Materialien (vgl. BT -Drucksache 7/650 S. 215) ergeben, daß über diesen KlarsteIlungszweck hinaus in Abänderung der vor dem Erlaß des 1. EheRG geltenden Rechtslage (vgl. BGH NJW 1977, 150, 151) bei Angelegenheiten des § 620 Nr. 2, 3 ZPO angeordnet werden sollte, jedenfalls bei einstweiligen Anordnungen habe die Zwangsvollstreckung den ZPO-Vorschriften zu folgen. Deshalb ist § 794 Abs. 1 Nr. 3 a ZPO dahin auszulegen, daß hier nur solche einstweiligen Anordnungen gemeint sind, die ihrer Art nach auch sonst nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung vollstreckt werden. Soweit jedoch das FG-Verfahren 5 Platz greift, gilt dieses auch für die Durchsetzung einstweiliger Anordnungen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Zu einer Kostenentscheidung besteht kein Anlaß.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><u>Beschwerdewert:</u> l.ooo,--DM.</p>
|
315,836 | ovgnrw-1982-01-26-4-a-258690 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
"slug": "ovgnrw",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 4 A 2586/90 | "1982-01-26T00:00:00" | "2019-03-13T15:15:15" | "2019-03-27T09:42:05" | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1982:0126.4A2586.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in
Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kläger wenden sich gegen Lärmbelästigungen durch nächtlichen
Kraftfahrzeugverkehr auf der xxxstraße in xxx.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Sie wohnen im ersten Obergeschoß des Hauses xxxstraße im Innenstadtbereich
von xxx. Zur xxxstraße hin liegt die Wohnung teilweise über einem Kolonnadengang.
Die xxxstraße grenzt in diesem Bereich unmittelbar an die xxxstraße. Hier befinden
sich vorwiegend Nachtbars und Vergnügungslokale, deren Betrieb zur Nachtzeit bis
4.00 Uhr erlaubt ist.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Aufgrund von Eingeben der Kläger an den Beklagter sowie den Stadtdirektor der
Stadt xxx, den Beklagten im Verfahren 4 A 2585/80 - 4 K 227/80 VG Minden -,
wurden beidseitig der xxxstraße (in Höhe der Einmündung der xxxstraße)
Verkehrsverbotszeichen (§ 41 Abs. 2 Nr. 6 Zeichen 250 der Straßenverkehrsordnung
- StVO - mit dem Zusatzschild "22 - 6 h", an der Südseite der xxxstraße (zwischen
xxx- und xxxstraße) ein Halteverbotszeichen (§ 41 Abs. 2 Nr. 8 Zeichen 283 StVO)
und an ihrer Nordseite ein Halteverbotszeichen mit dem Zusatzschild "22 - 6 h"
aufgestellt. In der Folgezeit wiesen die Kläger darauf hin, daß die
Verkehrsregelungen nicht beachtet würden und weiterhin
Verkehrslärmbelästigungen in den Nachtstunden aufträten. Sie baten den Beklagten,
die Störungen zu unterbinden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte, der für die Zeit vom 1. März 1978 bis 26. März 1978 eine
Aufstellung von an der xxxstraße/ xxxstraße durchgeführten Überprüfungen erstellte,
in der er im einzelnen 26 Einsätze verzeichnete, entgegnete, daß er seit längerer
Zeit eine verstärkte Verkehrsüberwachung in der xxxstraße betreibe. Eine dauernde
Präsenz dort sei angesichts der anderen wesentlichen polizeilichen Aufgaben - wie
Bekämpfung der Straßenkriminalität und der Hauptunfallursachen - nicht möglich.
Mit Schreiben vom 7. August 1979 und 31. Januar 1980 äußerte der
Regierungspräsident xxx, an den sich die Kläger ebenfalls gewandt hatten, daß die
Verkehrsüberwachung des Beklagten im dortigen Bereich nicht zu beanstanden sei;
so seien beispielsweise in der Zeit vom 12. April 1979 bis zum 16. Juni 1979 43
polizeiliche Maßnahmen (Anzeigen Verwarnungen mit Verwarnungsgeld) veranlaßt
worden.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Am 13. Februar 1980 haben die Kläger Klage erhoben und geltend gemacht: Sie
hätten Anspruch darauf, daß der Beklagte die Einhaltung der Verkehrsregelungen
überwache und gegen verbotswidrig handelnde Kraftfahrer einschreite. Durch den
Verkehrslärm würden sie als 80- bzw. 68-Jährige gesundheitlich belastet.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen durch</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">a) Kontrolle des fließenden und ruhenden motorisierten Verkehrs im Bereich der
xxxstraße zwischen xxx- und xxxstraße,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">b) durch ausnahmslose Ahndung der dabei festgestellten Verstöße</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">sicherzustellen, daß die ihnen - den Klägern - zustehende Nachtruhe in der Zeit
von 22.00 bis 6.00 Uhr eingehalten wird.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Kläger hätten keinen Anspruch darauf, daß er die Einhaltung der
Verkehrsregelungen in der xxxstraße überwache. Aufgrund von Beschwerden der
Kläger seien die Überprüfung und Kontrolle des Straßenverkehrs dort weiter
intensiviert worden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat durch das angefochtene Urteil, auf dessen Inhalt
Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung der dagegen eingelegten Berufung haben die Kläger eine
Aufstellung über Zuwiderhandlungen gegen das für die Nachtzeit angeordnete
Verkehrsverbot in der Zeit vom 30. November 1980 bis 28. Dezember 1980
vorgelegt, die etwa 180 Verkehrsverstoße registriert. Sie tragen zudem im
wesentlichen vor: Sie hätten nach dem Landes-Immissionsschutzgesetz vom 18.
März 1975 Anspruch auf Einhaltung der Nachtruhe. Der Beklagte habe dafür Sorge
zu tragen, daß die xxxstraße entsprechend der Verkehrsregelung vom
Fahrzeugverkehr in den Nachtstunden freigehalten werde, und auf diese Weise der
gesundheitsgefährdenden Lärmbelästigung abzuhelfen. Das erfordere keine
ständige Präsenz von Polizeibeamten; ausreichend sei, wenn acht Tage lang zwei
Polizeibeamte im Rahmen der Kontrolle des fließenden Verkehrs die abgestellten
Fahrzeuge jeweils einmal zu Beginn der Verbotszeit, in den Nachtstunden und kurz
vor Ablauf der Verbotszeit erfassen würden. Dies würde sich herumsprechen und
zukünftig nur noch Stichproben notwendig machen. Polizeieinsätze seien in dem
Bereich wegen der Anhäufung von Bars und Vergnügungslokalen in der xxxstraße
ohnehin angebracht. Dabei sei es leicht, das in Rede stehende Teilstück der
xxxstraße mit zu kontrollieren und Verkehrsverstoße zu ahnden.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger eine weitere Aufstellung über
Verstöße gegen die zum Schutze der Nachtruhe aufgestellten Verkehrszeichen
überreicht, die in der Zeit vom 9. Januar 1982 bis 23. Januar 1982 ca. 140
Zuwiderhandlungen aufführt. Sie heben hervor, daß eine Sicherstellung der
Nachtruhe nur gewährleistet werde, wenn der Beklagte auch den ruhenden
Straßenverkehr überwache, die Fahrzeugkennzeichen notiere und Verstöße ahnde.
Der Verkehrslärm werde durch die bauliche Konstruktion des Hauses xxxstraße 4 - 6,
das teilweise auf Säulen ruhe und aus Beton erstellt sei, unvermindert in ihre
Wohnung übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, zur
Sicherstellung der Nachtruhe in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr gegen Kraftfahrer,
die die Verkehrszeichen in xxx in der xxxstraße zwischen xxx- und xxxstraße
mißachten, einzuschreiten.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Er bezieht sich zur Begründung auf den Inhalt des angefochtenen Urteils.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte, des Verwaltungsvorgangs des Beklagten, der Verfahrensakte 4 A
2585/80 und der dazu überreichten Vorgänge der Kläger und des Stadtdirektors der
Stadt (sechs Hefte) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Kläger verfolgen mit der allgemeinen Leistungsklage (vgl. §§ 43 Abs. 2 Satz
1, 111 Satz 1, 113 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) ihren beim
Verwaltungsgericht gestellten Antrag weiter. Um Kraftfahrer davon abzuhalten,
gegen das in der xxxstraße für die Nachtstunden angeordnete Verkehrsverbot zu
verstoßen, verlangen sie nicht lediglich, daß sich der Beklagte zum Einschreiten
überhaupt entschließt. Sie begehren darüber hinaus, daß er bestimmte Maßnahmen
ergreift. Aus der Berufungsbegründung ergibt sich, daß sie (gemäß dem bei dem
Verwaltungsgericht gestellten Antrag) Kontrollen des Beklagten in der xxxstraße und
eine Ahndung der dabei festgestellten Zuwiderhandlungen wünschen. Hierauf haben
sie keinen Anspruch.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Rechtsgrundlage für das erstrebte polizeiliche Einschreiten sind § 1 Abs. 1 Satz
1 des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen vom 25. März 1980, GV NW
634 (PolG NW), soweit es um schlicht hoheitliche Tätigkeit im Rahmen der
polizeilichen Verkehrsüberwachung geht (§ 16 Satz 2 des
Polizeiorganisationsgesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 13. Mai 1980, GV NW
521 POG NW und § 48 Abs. 4 des Ordnungsbehördengesetzes i.d.F. der
Bekanntmachung vom 13. Mai 1980, GV NW 528 - OBG -,</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">- vgl. LT (NW) - Drs. 8/4080, 53 zu § 8 -</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">und § 8 Abs. 1 PolG, soweit dabei Maßnahmen getroffen werden sollen, die in
die Rechte von Personen eingreifen. Nach diesen Bestimmungen handelt der
Beklagte zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Die
öffentliche Sicherheit umfaßt den Schutz der Rechtsordnung allgemein, mithin auch
die zum Schutz der Nachtruhe der Anwohner der xxxstraße erlassenen
Verkehrsmaßnahmen. Nicht anwendbar ist hingegen der von den Klägern angeführte
§ 9 Abs. 1 des Landes-Immissionsschutzgesetzes vom 18. März 1975, GV NW 232
(LImSchG), der den Schutz der Nachtruhe betrifft. Die Vorschrift gilt gemäß Abs. 4
des § 9 nicht für den Straßenverkehr, der insoweit in § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO
eine spezielle Normierung erfährt und vorliegend für die xxxstraße durch
entsprechende Verkehrszeichen näher geregelt ist. Geräuscheinwirkungen werden
darüber hinaus vom Schutzgut der öffentlichen Ordnung erfaßt, wenn sie noch nicht
die Gesundheit gefährden, gleichwohl aber das nach allgemeiner Anschauung
zumutbare Maß übersteigen; derartige Umwelteinwirkungen laufen den allgemeinen
Ordnungsvorstellungen zuwider.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 13. Dezember 1979 - 7 C
46.78 -, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1980, 1640, 1641.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Daraus folgt für den Beklagten die Befugnis, zur Gefahrenabwehr einzuschreiten,
wenn Fahrzeugführer dem Verkehrsverbot zuwider</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">- zu Inhalt und Reichweite des Verkehrs-Verbotszeichens 250: vgl.
Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe, Beschluß vom 8. August 1977- 3 Ss (B) 210/77 -
, Verkehrsrecht-Sammlung (VRS) 54, 309; Begründung zur StVO (zu § 41 Zeichen
250) Verkehrsblatt (VkBl) - Amtlicher Teil - 1970, 797, 821 -</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">die xxxstraße befahren oder ihr Fahrzeug dort abstellen und dadurch die
Nachtruhe der Anwohnerschaft stören. Ein Anspruch auf Einschreiten der Polizei
besteht deshalb aber nicht ohne weiteres.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Er setzt zunächst voraus, daß die Ermächtigung zum Einschreiten im Sinne
drittschützender Vorschriften zumindest auch dem Interesse des Begünstigten zu
dienen bestimmt ist.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 1980 - 4 C 24.77 -, Bayerische
Verwaltungsblätter (BayVBl) 1981, 122, 124.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Das ist der Fall. Der unbestimmte Rechtsbegriff der öffentlichen Sicherheit wird
ausgefüllt durch die Verkehrsverbotsregelung, die aufgrund von § 45 Abs. 1 Satz 2
Nr. 3 StVO zum Schutz der Anlieger vor ruhestörendem Verkehrslärm ergangen
ist.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Vgl. zum Schutzcharakter von Vorschriften der StVO: BVerwG, Urteil vom 22.
Januar 1971 - VII C 48.69 -, Entscheidungen des BVerwG (BVerwGE) 37, 112;
BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979, a.a.O., Oberverwaltungsgericht für das
Land Nordrhein-Westfalen (OVG NW), Urteil vom 21. August 1981 - 12 A 1859/78 -,
NJW 1981, 701.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Auf diese sie schützende Regelung stützen die Kläger ihr Begehren, wenn sie
von dem Beklagten verlangen, Zuwiderhandlungen gegen das aufgestellte
Verkehrsverbotszeichen zu unterbinden.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Davon bleibt das dem Beklagten nach Maßgabe der §§ 8 Abs. 1, 1 Abs. 1 Satz 1
PolG eingeräumte Ermessen über das "Ob" und das "Wie" des Einschreitens
unberührt. Darin liegt kein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip. Der
Rechtsstaatsgrundsatz hindert den Gesetzgeber nicht, der Verwaltung Ermessen
einzuräumen. Die Ermessensfreiheit der Behörde ist legitimer Bestandteil der
Rechtsordnung und der verfassungsmäßigen Ordnung.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1969 - I C 7.68 -, Buchholz, Sammel- und
Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Buchholz),
402.41, Allgemeines Polizeirecht, Nr. 16; und Urteil vom 18. August 1960 - I C 42.59 -,
Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl) 1961, 125, 126.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Das Ermessen ist nicht uneingeschränkt; es ist pflichtgemäß auszuüben. Je
intensiver die Störung oder die Gefährdung ist, um so enger ist der behördliche
Handlungsspielraum. Von Bedeutung ist auch der Rang des Rechtsgutes, dessen
Schutz beansprucht wird. Insbesondere die Grundrechte und die in ihnen verkörperte
Wertordnung sind zu berücksichtigen. Der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2
Satz 1 des Grundgesetzes - GG -) kommt im Gefüge der Grundrechte ein hoher Rang
zu.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluß vom 1. August 1978 - 2 BvR
1013 u.a./ 77 -, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) 49, 24,
53; Urteil vom 16. Oktober 1977 - 1 BvR 5/77 -, BVerfGE, 46, 160, 164.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die staatlichen Organe trifft die Pflicht, das Rechtsgut zu schützen und ihr
Handeln danach auszurichten.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Das kann auch bei Beeinträchtigungen durch Verkehrslärm gelten.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NW, a.a.O.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Voraussetzung ist jedenfalls, daß der Lärm, gemessen an der konkreten
Situation der Umgebung in ihrem Verhältnis zur Straße, die Grenze des Zumutbaren
übersteigt.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1976 - IV C 80.74 -, BVerwGE 51, 15, 32;
Urteil vom 25. Februar 1969, a.a.O.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Eine Verpflichtung des Beklagten zum Einschreiten läßt sich danach nicht
feststellen.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Sie ergibt sich zunächst nicht daraus, daß zum Schutze der Nachtruhe
Verkehrsregelungen getroffen sind. Das Aufstellen von Verkehrsverbotszeichen
zugunsten Dritter auf der Grundlage des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO bindet die für
die Überwachung des Straßenverkehrs zuständige Polizeibehörde nicht in Umfang
sowie Art und Weise des Einsatzes. Die Verkehrsregelung selbst dient unmittelbar
der Verwirklichung des damit bezweckten Schutzes; sie soll bereits bewirken, daß
die mißbilligten Störungen und Gefährdungen unterbleiben, zumindest merklich
nachlassen.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Eine Ermessensreduzierung folgt auch nicht aus dem Umfang der von den
Klägern geltend gemachten Belästigungen durch Verkehrslärm. Der nächtliche Lärm
in der xxxstraße mag erheblich gewesen sein, bedenkt man, daß nach den
Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der
Nachtruhe</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">- vgl. VkBl - Amtlicher Teil - 1974, 363, Nr. 2.5 -</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Verkehrsbeschränkungen für Straßen erst in Betracht kommen, wenn der örtlich
vorhandene energie- äquivalente Dauerschallpegel bezogen auf die Zeit von 22.00
bis 6.00 Uhr größer als 65 d.B (A) ist. Dieser Störung der Nachtruhe ist durch den
Erlaß des Verkehrsverbots für die Nachtzeit Rechnung getragen worden. Das
Vorbringen der Kläger bietet keinen hinreichenden Anhaltspunkt für die Annahme,
daß der Verkehrslärm in der xxxstraße nach dem Anbringen der
Verkehrsverbotszeichen das Maß des Zumutbaren noch übersteigt. Die von ihnen im
Berufungsverfahren überreichten Aufstellungen über Zuwiderhandlungen von
Kraftfahrern gegen die getroffene Verkehrsregelung in der Zeit vom 30. November
1980 bis zum 28. Dezember 1980 und vom 9. bis 23. Januar 1982 registrieren im
Durchschnitt für jeweils eine Nacht etwa sechs bis neun Verkehrsverstöße. Mag
deren Anzahl tatsächlich höher liegen und mögen auch die insbesondere durch An-
und Abfahren von Fahrzeugen entstehenden Geräusche unbeeinträchtigtes Schlafen
nicht zulassen, so können die dadurch hervorgerufenen Störungen mit Rücksicht auf
die durch andere Störfaktoren bestehende Vorbelastung des Bereichs, in dem sich in
unmittelbarer Nachbarschaft (in der xxxstraße) vorwiegend Nachtbars und andere
Vergnügungslokale mit verkürzten Sperrzeiten befinden, nicht schon als unzumutbar
angesehen werden. Hierfür ist auch der noch in der mündlichen Verhandlung vor
dem Senat von den Klägern hervorgehobene Umstand bedeutsam, daß die bauliche
Konstruktion des Hauses, das sie bewohnen, nicht unwesentlich zu ihrer
Lärmbelästigung beiträgt. Er beeinflußt als situationsbedingter Störfaktor ebenfalls
das Ausmaß zumutbarer Lärmimmissionen zu Lasten der betroffenen Anwohner.
Aber selbst wenn die durch Verkehrsverstöße verursachten Lärmbeeinträchtigungen
gewichtig sind, der Beklagte also in seinem Entschließungsermessen gebunden
wäre, könnten die Kläger damit nicht mehr als die Einbeziehung der xxxstraße in die
Verkehrsüberwachung des Beklagten verlangen. Der Beklagte überwacht indessen,
was unter den Parteien unstreitig ist, die Einhaltung des nächtlichen
Verkehrsverbots in der Königstraße, nach seinen Angaben sogar verstärkt.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Das Begehren der Kläger zielt darüber hinaus auf eine Einschränkung des
Auswahlermessens des Beklagten (das "Wie" des Einschreitens) ab, indem sie
beanspruchen, daß er zur Einhaltung des Verkehrsverbots die von ihnen
gewünschten Maßnahmen ergreift. Die Kläger können solche Maßnahmen nicht
erzwingen.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Das betrifft zunächst die von ihnen begehrte Ahndung festgestellter
Zuwiderhandlungen durch die Erteilung von Verwarnungen (vgl. §§ 56, 57 des
Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. Januar
1975, BGBl. I 80 - OWiG -) oder die Einleitung von Bußgeldverfahren (vgl. §§ 35, 36
OWiG i.V.m. der Verordnung zur Bestimmung der für die Verfolgung und Ahndung
von Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständigen Verwaltungsbehörden vom 25.
September 1979, GV NW 652). Es fehlt den Klägern an einer rechtlichen Möglichkeit,
auf das Ermessen der Behörde bei der Verfolgung und Ahndung von
Ordnungswidrigkeiten (vgl. § 47 Abs. 1 OWiG) überhaupt Einfluß zu nehmen. Das
Gesetz über Ordnungswidrigkeiten verwehrt dies ausdrücklich,</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">- vgl. BT-Drs V/1269, 79 zu § 37 -</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">indem es in § 46 Abs. 3 Satz 3 regelt, daß ein Klageerzwingungsverfahren (vgl.
§ 172 der Strafprozeßordnung - StPO -) nicht stattfindet. Auch der durch die
begangene Ordnungswidrigkeit Geschädigte kann die Einleitung eines Bußgeld- oder
Verwarnungsverfahrens nicht erzwingen.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Vgl. Rotberg. OWiG, Komm., 5. Aufl. 1975, Anm. 8 zu § 47; Rebmann, Roth,
Hermann, OWiG, Komm., 1968, Anm. 15 zu § 47.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Die von den Klägern außerdem angestrebte Kontrolle des motorisierten
Verkehrs ist, nachdem ein Zusammenhang mit der Ahndung der dabei festgestellten
Verkehrsverstöße nicht in Betracht kommt, darauf ausgerichtet, durch Anwesenheit
von Polizeikräften</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">- vgl. Knemeyer, Der Schutz der Allgemeinheit und der individuellen Rechte durch
die polizei- und ordnungsrechtlichen Handlungsvollmachten der Exekutive,
Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer (VVDStRL) Heft
35, 221, 241 (FN 50) -</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">in der xxxstraße Verstöße gegen das Verkehrsverbot zu unterbinden. Selbst
wenn sie keine ständige Präsenz fordern sondern zur Abschreckung vor zukünftigen
Übertretungen verlangen, daß acht Tage lang zwei Polizeibeamte im Rahmen der
Kontrolle des fließenden Verkehrs einmal bei Eintritt des Verbots, zum anderen in
den Nachtstunden und schließlich kurz vor Ablauf der Verbotszeit die abgestellten
Fahrzeuge "erfassen", so liegt darin nach Umfang und Dauer des Aufwands bereits
ein Eingriff in die den Interessen der Allgemeinheit Rechnung tragende behördliche
Organisationsbefugnis. Ein individueller Rechtsanspruch, hierauf bestimmend
einzuwirken, besteht grundsätzlich nicht.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NW, Urteil desselben Tages in dem gleichgelagerten Verfahren der
Kläger gegen den Stadtdirektor der Stadt Minden - 4 A 2585/80 -.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Die vielfältigen Aufgaben, die der Beklagte als Polizeibehörde zu erfüllen hat,
gebieten eine nach dem allgemeinen Interesse ausgerichtete
Schwerpunktbildung.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Vgl. Knemeyer, a.a.O., 241.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Im Rahmen der Verkehrsüberwachung beanspruchen die Bekämpfung der
Straßenverkehrskriminalität und die Kontrolle von Gefahrenpunkten im
Straßenverkehr Beachtung. Die Polizei muß gleichfalls ihrer allgemeinen
Bereitschaftspflicht genügen, um in Notfällen ausreichende Dienstkräfte zur
Verfügung zu haben. Ihre diese Gesichtspunkte berücksichtigende organisatorische
Einrichtung in sachlicher und persönlicher Hinsicht verträgt keine Einflußnahme
Dritter mit der Folge einer Bindung von Dienstkräften über eine längere Dauer.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über
ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708, 711 der
Zivilprozeßordnung (ZPO). Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die
Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
315,837 | olgk-1982-01-19-21-uf-12681 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 21 UF 126/81 | "1982-01-19T00:00:00" | "2019-03-13T15:15:16" | "2019-03-27T09:42:05" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1982:0119.21UF126.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das am 9. Juli 1981 verkündete Teil-Urteil des Amtsgerichts - Farniliengericht - Köln - 304 F 336/80 - teilweise geändert und wie folgt neugefaßt:</p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, zu Händen der gesetzlichen Vertreterin der Kläger, folgende Unterhaltsbeträge zu zahlen:</p>
<p></p>
<p>a) für die Kläger zu 1) und 2) jeweils</p>
<p>aa) einen für die Zeit vom 1. März 1981 bis einschließlich 31. Januar 1982 rückständigen Betrag von 1.425,- DM - insgesamt 2.850,- DM -,</p>
<p></p>
<p>bb) für die Zeit ab 1. Februar 1982 monatlich jeweils 145,- DM - monatlich insgesamt 290,- DM -:</p>
<p></p>
<p>b) für die Klägerin zu 3)</p>
<p>aa) einen für die Zeit vorn 1. März 1981 bis zum 31. Januar 1982 insgesamt rückständigen Betrag von 984,-- DM:</p>
<p></p>
<p>bb) für die Zeit ab 1. Februar 1982 monatlich 104,- DM.</p>
<p></p>
<p>Der in Höhe von insgesamt 3.834,- DM rückständige Unterhaltsbetrag ist sofort zahlbar; die ab 1. Februar 1982 fällig werdenden Unterhaltsbeträge sind zahlbar zum Ersten eines jeden Monats im voraus. </p>
<p></p>
<p>Mit der weitergehenden Klage bezüglich des Teilzeitraumes ab 1. März 1981 werden die Kläger abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kostenentscheidung des Rechtsstreits erster Instanz bleibt dem Schlußurteil des Familiengerichts Köln vorbehalten.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Berufungsrechtszuges fallen zu 1/7 den Klägern und zu 6/7 dem Beklagten zur Last.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte kann die Vollstreckung wegen des für die Zeit vom 1. März 1981 bis einschließlich 31. Januar 1982 rückständigen Unterhaltsbetrages gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.834,- DM und wegen der ab 1. Februar 1982 laufenden Beträge gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 394,- DM monatlich abwenden, falls nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die gesetzliche Vertreterin der Kläger ist mit dem Beklagten verheiratet. Die Kläger zu 2) und 3) stammen aus dieser Ehe; die Klägerin zu 1) ist ihre nichtehelich geborene, nach Eheschließung ihrer Mutter mit dem Beklagten von diesem adoptierte Halbschwester. Alle Kläger befinden sich im Haushalt ihrer Mutter, die seit 30. Juni 1980 vorn Beklagten getrennt und seit einiger Zeit mit einem Herrn O. in eheähnlicher Gemeinschaft zusammenlebt. Sie arbeitet an drei Nächten wöchentlich bei der E.. Dort ist auch ihr jetziger Lebensgefährte, jedoch ausschließlich im Tagesdienst beschäftigt. Der Beklagte steht als Schlosser bei der Firma C. in M. in einem regulären Arbeitsverhältnis. Seit der Trennung hat er für die Kläger keinen Unterhalt gezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Kläger nehmen ihn im vorliegenden Rechtsstreit für die Zeit ab 1<b>. </b>September 1980 auf Zahlung gesetzlichen Unterhalts in Anspruch. Ihrem Begehren haben sie die Einstufung des Beklagten in die erste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Unterhaltstabelle zugrundegelegt. Von den danach geschuldeten Tabellensätzen haben sie bei der Berechnung ihrer Klageforderungen die Hälfte des gesetzlichen, bei Einreichung der Klage mit monatlich insgesamt 500,-- DM für sie an ihre Mutter zur Auszahlung gelangten Kindergeldes abgesetzt, wobei sie vorausgesetzt und entsprechend berücksichtigt haben, daß sich auf ihrer Seite ein sog. "Zählkind .... Vorteil" auswirke, der daraus herrührt, daß aus einer früheren, geschiedenen Ehe ihrer Mutter ein Kind hervorgegangen ist, für das ebenfalls Kindergeld gezahlt wird.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die<i> </i>Kläger haben vorgetragen, der Beklagte verfüge zwar über durchschnittliche monatliche Nettoeinkünfte von ca. 2.000,-DM, müsse aber ehebedingte Schulden mit monatlichen Raten von insgesamt 657,-- DM tilgen. Deshalb <i>sei </i>seine Einstufung</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">in die erste Einkommensgruppe gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Nachdem das Sozialamt der Stadt Köln für die Zeit bis einschließlich Februar 1981 Sozialhilfe für die Kläger gezahlt hatte und mit Datum vorn 17. November 1980 Überleitungsanzeige gegenüber dem Beklagten ergangen war, haben die Kläger ihr Klagebegehren vorerst nur für die Folgezeit ab 1. März 1981 weiterverfolgt und demgemäß beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ab dem genannten Zeitpunkt an die Kläger zu 1) und 2) monatlich jeweils 145,-- DM und an die Klägerin zu 3) monatlich 104,-- DM, insgesamt also 394,-- DM monatlich, zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Er hat vorgetragen, er tilge ehebedingte Schulden mit monatlichen Raten von insgesamt 751,-- DM. Deshalb sei er zur Zeit zur Zahlung von Unterhalt nicht in der Lage. In klarer Erkenntnis dieser Situation habe die gesetzliche Vertreterin der Kläger vor Klageerhebung mit ihm vereinbart, daß sie von ihm so lange keinen Kindesunterhalt fordern werde, bis er die Schulden unter der Voraussetzung der Erbringung regelmäßiger Ratenzahlungen getilgt haben werde.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht hat dem zunächst auf die Zeit ab 1. März 1981 beschränkten Klagebegehren durch das am 9. Juli 1981 verkündete, hiermit in Bezug genommene Teil~Urteil antragsgemäß stattgegeben.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat gegen dieses ihm am 29. Juli 1981 zugestellte Urteil mit einer am 12. August 1981 bei Gericht eingegangenen Schrift Berufung eingelegt und das Rechtsmittel am 9. September 1981 begründet.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Er verfolgt sein Klageabweisungsziel weiter und macht mit näheren Ausführungen erneut seine Leistungsunfähigkeit geltend. Zur Tilgung ehebedingter Schulden müsse er gegenwärtig monatlich insgesamt 903,27 DM aufbringen. Mit diesen Ratenzahlungsverpflichtungen, die zwischen den Parteien nach Grund und Höhe sämtlich unstreitig sind, hat es im einzelnen folgende Bewandtnis:</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die F. AG, L., hatte der Mutter der Kläger und dem Beklagten als Gesamtschuldnern am 12.Februar 1980 Kredit in Höhe von ursprünglich 39.420,--DM (30.000,-DM Valuta nebst Zinsen pp.) gewährt, der teilweise zur Ablösung einer gemeinsamen, gegenüber der Kundenkreditbank - G. KGaA bestehenden Darlehensrückzahlungsverpflichtung Verwendung finden sollte. In der Folgezeit ließ die F. aufgrund des inzwischen eingetretenen ehelichen Zerwürfnisses die Umschuldungszusage nicht mehr gelten. Dadurch verkürzte sich das von ihr ursprünglich in Höhe von 30.000,-- DM nebst Zinsen pp. in Aussicht gestellte Darlehenskapital auf 19.000,-- DM zuzüglich Zinsen pp. Der Beklagte muß diesen Kredit bis einschließlich Mai 1984 in monatlichen Raten von 452,-- DM und mit einer letzten, im Juni 1984 fällig werdenden Rate von 92,-- DM tilgen, wobei berücksichtigt ist, daß die F. eine ihr zur Sicherheit verpfändete Lebensversicherung des Beklagten gekündigt und den Rückkaufwert von 3.524,60 DM zugunsten des Kreditkontos verbucht hatte.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">An die Kundenkreditbank - G. KGaA muß der Beklagte, nachdem die Umschuldung, wie vorstehend geschildert, nicht zum Tragen gekommen war, bis einschließlich 31. Dezember 1982 monatliche Raten in Höhe von 300,-- DM zahlen, während die letzte, am 15. Januar 1983 fällig werdende Rate sich auf 305,10 DM beläuft.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Finanzamt hat die Mutter der Kläger und den Beklagten für das Jahr 1980 getrennt zur Steuer veranlagt. Die Mutter der Kläger hat entsprechenden Lohnsteuerjahresausgleich beantragt und erhalten. Daraus ergab sich, daß das Finanzamt N. gegen den, zunächst für das Jahr 1980 in Steuerklasse III eingestuften Beklagten gemäß Bescheid vom 14. April 1981 eine Nachforderung von insgesamt 3.276,71 011 (Lohn- und Kirchensteuer, Arbeitnehmer-Sparzulage) erhoben hat, wobei ihm gemäß Bescheid vom 4. Juni 1981 deren Tilgung in monatlichen Raten von 50,-- DM ab 20. Juni 1981 bis zunächst 20. Dezember 1981 gestattet und gleichzeitig anheimgestellt worden ist, rechtzeitig vor Tilgung der letzten Rate erneut einen Stundungsantrag zu stellen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Schließlich hat der Beklagte bei der D. GmbH in M. zwei Kredite in Anspruch genommen, die er in der Zeit vom 15. März bis 15. Juli 1980 mit monatlich 101,27 DM, in der Zeit vom 15. August 1980 bis 15. April 1981 mit monatlich 153,74 DM und in der Zeit vom 15. Mai bis 15. Oktober 1981 mit monatlich 52,47 DM tilgen mußte.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte macht geltend, diese Verbindlichkeiten seien vor der Berechnung etwaiger Unterhaltsansprüche der Kläger nicht etwa nur bis zur Höhe der für die Darlehensgläubiger pfändbaren Teile seines Einkommens (Lohnforderungen), sondern</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">in vollem Umfange abzüglich zu berücksichtigen. Ergebe sich schon daraus sein derzeitiges Leistungsunvermögen mit der Folge der Klageabweisung, so komme hinzu, daß die Mutter der Kläger anläßlich einer gemeinsamen Unterredung mit der F. AG im Juli 1980 ausdrücklich ihre Bereitschaft erklärt habe, für die von beiden Ehegatten eingegangenen Verbindlichkeiten fortan mit aufzukommen: Gemäß dieser Absprache habe er die Tilgung der Schulden bewirken sollen, während sie ihren Anteil derart haben leisten sollen, daß sie bis zur Tilgung der Kredite von ihm für die Kinder keinen Unterhalt beanspruchen werde; auf die Geltendmachung dieser Unterhaltsforderungen habe sie sogar ausdrücklich verzichtet. Wenngleich die Kläger sich einen Unterhaltsverzicht aus Rechtsgründen nicht entgegenhalten zu lassen bräuchten, führe die von ihm mit ihrer Mutter getroffene Vereinbarung im Ergebnis jedoch dazu, daß allein sie mit ihren Einkünften den Kindesunterhalt aufbringen müsse und die Kläger sich somit nur an sie halten könnten. Dies umso mehr, weil seine Ehefrau in erheblich größerem Umfange leistungsfähig sei als er: Sie verfüge über monatliche Netto-Gesamteinkünfte von rund 3.400,-- DM, und zwar über Einkünfte aus ihrer beruflichen Tätigkeit in Höhe von 1.500,-- DM, 580,-- DM Kindergeld, 328,-- DM Mietzuschuß und 1.000,-- DM Unterhaltsbeitrag ihres Lebensgefährten O.. Demgegenüber habe er im Jahre 1981 ein durchschnittliches monatliches Nettoeintommen von rund 1.890,- DM erzielt. Nach Abzug seiner Fahrtkosten zum Arbeitsplatz (50,-- DM), des Gewerkschaftsbeitrages (20,-DM) und der ehebedingten Kredit-Tilgungsverpflichtungen verbleibe ihm nicht einmal der ihm vom Erstrichter mit monatlich 900,-- DM zugebilligte Selbstbehalt.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter entsprechender Abänderung des angefochtenen Teil-Urteils die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Kläger verteidigen mit näheren Ausführungen das angefochtene Urteil und machen insbesondere geltend, die Forderungen der Drittgläubiger könnten gegenüber ihren vorrangigen gesetzlichen Unterhaltsansprüchen nur bis zur Höhe des pfändbaren Einkommens des Beklagten abzüglich berücksichtigt werden. Es sei zwar richtig, daß ihre Mutter sich anläßlich einer von den Eheleuten mit der F. geführten Unterredung damit einverstanden erklärt habe, daß der Beklagte die ehelichen Schulden tilgen solle und sie so lange auf Unterhaltszahlungen für sie, die Kläger, verzichten werde. Die F. habe aber darauf hingewiesen, daß diese Vereinbarung nur vorbehaltlich einer zukünftigen gerichtlichen Entscheidung über die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt wirksam sein könne. Abgesehen davon bräuchten sie sich eine derartige Absprache aus Rechtsgründen nicht entgegenhalten zu lassen. Schließlich sei das vom Beklagten angegebene Einkommen ihrer Mutter maßlos übersetzt. Da er</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">seit der Trennung keinen Unterhalt mehr gezahlt habe, habe ihre Mutter notgedrungen bei dem Q. Kredite in Anspruch genommen, die sie - im Wege der Gehaltseinbehaltung - mit monatlich 2oo,-- DM tilgen müsse. Unter Berücksichtigung dieses Abzuges würden ihr monatlich 937,18 DM ausgezahlt. Zusätzlich erhalte sie monatlich 600,-- DM Kindergeld und 238,-- DM Wohngeld. Von Herrn O. bekomme sie nichts.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Mutter der Kläger und den Beklagten in der mündlichen Verhandlung angehört.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 8. Dezember 1981 verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie der zu den Akten überreichten Urkunden ergänzend Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Das alles ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung (§§ 511, 511a, 516, 518, 519 ZPO hat in sachlicher Hinsicht nur teilweise Erfolg, während sie im übrigen nicht gerechtfertigt ist.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist den Klägern als seinen ehelichen, minderjährigen und unverheirateten Kindern im jetzt ausgeurteilten Umfange gemäß den §§ 1601, 1602,<i> </i>1603, 1610<i>, </i>1612 BGB kraft Gesetzes zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben unstreitig weder eigenes Einkommen noch Vermögen, sind demnach uneingeschränkt bedürftig und anspruchsberechtigt i.S.d. § <i>1602 </i>BGB.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Von entscheidender Bedeutung für das Schicksal der Berufung ist die Frage, ob die für die Zuerkennung von Unterhalt gemäß § 1603 BGB weiterhin erforderliche Leistungsfähigkeit des Beklagten ungeachtet der Tatsache, daß unstreitig allein er die sämtlich ehebedingten Schulden in einer monatlichen Gesamtgrößenordnung von rund 903,-- DM fortlaufend tilgt, zu bejahen ist, oder ob er sich gegenüber den Klägern mit Erfolg auf die - volle - Schuldentilgung und seine alsdann nahezu völlige Leistungsunfähigkeit berufen kann. Der Senat beantwortet diese Frage dahin, daß die Leistungsfähigkeit des Beklagten im ausgeurteilten Umfange zu bejahen ist. Die</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Kreditverpflichtungen und ihre fortlaufende Tilgung können nicht im vollen Umfange abzüglich berücksichtigt werden. Hierzu nötigen im einzelnen folgende Erwägungen:</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist bei Berücksichtigung der Kredittilgungspflichten als sonstiger Verpflichtungen außerstande, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts Unterhalt zu gewähren. Wer sich in dieser Lage befindet, ist grundsätzlich nicht</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Unterhaltspflichtig; § 1603 Abs. 1 BGB. Das gilt indessen nicht bei gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber ehelichen, minderjährigen, unverheirateten Kindern. Alsdann muß der Unterhaltsschuldner gemäß § 1603 Abs. 2 BGB alle verfügbaren Mittel zu seinem und der Kinder Unterhalte gleichmäßig verwenden. Angesichts dieser im vorliegenden Rechtsstreit einschlägigen, <u>gesteigerten</u> gesetzlichen Unterhaltspflicht kann dem Beklagten von seinem Einkommen nur dasjenige belassen werden, was zur Deckung seines eigenen notwendigen Selbstbehalts (sog. Existenzminimum) und zur Tilgung von Schulden in einem angesichts der gesetzlichen Unterhaltsansprüche der Kläger <u>berücksichtigungsfähigen</u> Umfange benötigt wird.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Der notwendige Selbstbehalt des Beklagten als berufstätigem Unterhaltsschuldner ist bis einschließlich 31. Dezember 1981 mit monatlich 800,-- DM und für die Folgezeit ab 1. Januar 1982 mit monatlich 900,-- DM anzusetzen (vgl. Anm. 4 zur Düsseldorfer Tabelle über den Kindesunterhalt nach ihrem Stande vom 1. Januar 1980 und Anm. 5 derselben Tabelle nach ihrem Stande vom 1. Januar 1982, FamRZ 1980, 20; 1981, 1207; Ziffer 20.1. der Kölner Unterhaltsrichtlinien nach ihrem Stande vom 1. Januar 1980, FamRZ 1980, 649 und Ziffer 21.1.1. der Kölner Unterhaltsrichtlinien nach ihrem Stande vom 1. Januar 1982). Bei diesen Selbstbehaltssätzen handelt es sich um Pauschalbeträge, deren Überschreitung dann nur gerechtfertigt ist, wenn ein gem. § 1603 Abs. 2 BGB in gesteigertem Umfange pflichtiger Unterhaltsschuldner im jeweils zu entscheidendem Streitfalle mit höheren, unvermeidbaren Miet- und/oder Mietnebenkosten als den in den Pauschalbeträgen zur Deckung dieser Kosten enthaltenen Anteilen belastet ist. Das ist vorliegend nicht der Fall. Die vom Senat in ständiger Rechtsprechung angewendeten Kölner Unterhaltsrichtlinien gehen bis einschließlich 31. Dezember 1981 von pauschal bemessenen Miet- und Mietnebenkosten in monatlicher Höhe von insgesamt 300,-- DM - 200,-- DM Miete + 100,-- DM Mietnebenkosten - aus, während ab 1. Januar 1982 monatlich insgesamt 330,-- DM - 220,-- DM Miete + 110,-- DM Mietnebenkosten - angesetzt werden. Der Beklagte hat gemäß den aus den von ihm vorgelegten Gehaltsbescheinigungen ersichtlichen Abzügen und seinen ergänzenden Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 1981 für Miete und Mietnebenkosten bis einschließlich Februar 1982 monatlich insgesamt 296,-- DM und ab 1. März 1982 monatlich insgesamt 319,-- DM, also jeweils</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">nicht mehr als die pauschal bemessenen Anteile zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Desweiteren sind von seinem Nettoeinkommen als sog. berufsbedingte Aufwendungen vorweg die Fahrtkosten in monatlicher Höhe von 50,-- DM und der Gewerkschaftsbeitrag in monatlicher Höhe von 20,-- DM abzusetzen (vgl. zur Abzugsfähigkeit der Fahrtkosten Ziffer 18.0. der Kölner Unterhaltsrichtlinien nach ihrem Stande vom 1. Januar 1980 und Ziffer 19.0. der Kölner Unterhaltsrichtlinien nach ihrem Stande vom 1. Januar 1982 sowie wegen der Berücksichtigungsfähigkeit des Gewerkschaftsbeitrages Kalthoener/Haase - Becher/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 2. AufI., Rz. 423 m.N.).</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die Tilgung der Schulden kann aber gegenüber den gesetzlichen Unterhaltsansprüchen der Kläger nicht in ihrer effektiven, zwischen den Parteien unstreitigen Höhe vorweg abzüglich berücksichtigt werden. Während des Zusammenlebens der Eheleute einverständlich eingegangene Schuldverpflichtungen - sog. eheliche Verbindlichkeiten - sind zwar unter der Voraussetzung ihrer fortlaufenden Tilgung in angemessenen Raten nach ständiger Rechtsprechung des Senats grundsätzlich in der Weise zu berücksichtigen, daß <u>vor</u> der Errechnung der gesetzlichen Unterhaltsansprüche ein entsprechender Abzug vom Nettoeinkommen des Pflichtigen gemacht wird (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 1980 - 21 UF 202/79 - mit zahlreichen Nachweisen). Daß es sich im vorliegenden Fall um derartige eheliche Schulden handelt, ist unstreitig. Keinen Bedenken begegnet auch die erforderliche Angemessenheit der Tilgung soweit es dabei zunächst um die Tilgungszeiträume als solche geht: Soweit Bankdarlehen abzutragen sind, erstrecken sich die Tilgungszeiträume jeweils auf mehrere Jahre; das Finanzamt hat monatliche Raten von 50,-- DM bewilligt, und die</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">gegenüber der D. GmbH in verhältnismäßig geringfügiger Größenordnung bestehenden Darlehensrückzahlungsverpflichtungen werden ebenfalls in angemessener Weise - 14 bzw. 15 Monatsraten - abgetragen. Indessen können Schulden gleich welcher Art nach der Rechtsprechung des Senats, von der abzuweichen der hier zu entscheidende Fall keine Veranlassung bietet, nur insoweit einkommensmindernd berücksichtigt werden, als dadurch der <u>notwendige</u> Mindestunterhalt des gesetzlichen Unterhaltsgläubigers nicht beeinträchtigt wird. Diesen Grundsatz hat der Senat bezüglich der gesetzlichen Unterhaltsansprüche eines getrennt lebenden Ehegatten</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">aufgestellt (vgl. Senatsurteil vom 5. März 1981 - 21 UF 268/80 -) und für den hier maßgeblichen Fall der mit diesem Unterhaltsanspruch gleichrangigen Unterhaltsansprüche minderjähriger unverheirateter ehelicher Kinder -- § 1609 Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz BGB - gilt nichts anderes. Das folgt aus dem Vorrang, den der Gesetzgeber gemäß den §§ 850 c, 850 d ZPO den Unterhaltsgläubigern gegenüber anderen Gläubigern, und zwar anerkanntermaßen auch zum Schutze der Allgemeinheit, eingeräumt hat. Der für die Zwangsvollstreckung geltende Grundsatz, daß dem Schuldner gegenüber nicht bevorrechtigten Gläubigern jedenfalls der notwendige Lebensunterhalt für seine eigene Person und seine Familie zu belassen ist, kann bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines mit gegenüber den Unterhaltsansprüchen nachrangigen Verbindlichkeiten überlasteten gesetzlichen Unterhaltsschuldners, wie das hier eindeutig der Fall ist, ebensowenig im Erkenntnisverfahren vernachlässigt werden, weil ansonsten der bevorrechtigte gesetzliche Unterhaltsgläubiger zur Sicherung seines notwendigen Lebensbedarfes auf Kosten der Allgemeinheit Sozialhilfe in Anspruch nehmen müßte, nur damit der Unterhaltsschuldner seine übrigen, nicht bevorrechtigten Gläubiger befriedigen kann. Übersteigen wie im vorliegenden Falle die sonstigen Verbindlichkeiten eines Unterhaltsschuldners die Leistungsfähigkeit unter Berücksichtigung des notwendigen Unterhalts für ihn und seine Unterhaltsgläubiger, so können die sonstigen Verbindlichkeitenvielmehr nur bis zur Höhe der sich aus der Anlage zu § 850 c ZPO ergebenden pfändbaren Beträge vorweg abzüglich berücksichtigt werden.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Soweit das Oberlandesgericht Karlsruhe in seiner vom Beklagten zur Rechtfertigung der Berufung angeführten Entscheidung (FamRZ 1981, 548 ff.) den gegenteiligen Standpunkt vertreten hat, vermag der Senat sich dieser Auffassung nicht anzuschließen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, dem auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch genommenen Schuldner müsse die Möglichkeit zur Erfüllung seiner auch gegenüber nicht bevorrechtigten Gläubiger bestehenden Schulden belassen werden. Der Vorrang gern. § 850 d ZPO habe nicht zur Folge, daß eine Schuld an einen Dritten bei der Beurteilung eines Unterhaltsanspruches überhaupt nicht zu berücksichtigen sei. Anderenfalls würde man von einem</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Unterhaltsschuldner verlangen, Schulden gegen (derartige) Dritte nicht zu erfüllen. Dies hätte zur Folge, daß die Schuld bestehen bleibe, sich durch Zinsen und Kosten laufend vergrößere, und die Zukunft des Schuldners belasten werde. Der nicht zum Zuge kommende Gläubiger könne sich einen Titel verschaffen, aus dem er dreißig Jahre lang vollstrecken könne. Es gehe nicht an, dem Unterhaltsschuldner eine derartige Belastung aufzubürden. Der ihm nach Abzug der Unterhalts zahlungen verbleibende Teil seiner Einkünfte und seine zukünftigen Einkünfte würden dann zusätzlich mit der Schuld gegenüber dem Dritten belastet und er stehe in einem solchen Falle vor der Frage, ob er sich, um seiner Verpflichtung gegenüber dem Dritten nachzukommen, zusätzlich einschränken und den Dritten von den ihm verbleibenden Mitteln befriedigen oder seine Zukunft mit fortdauernden Schulden belasten solle.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Mit diesen Ausführungen sind indessen im wesentlichen nur die Folgen aufgezeigt worden, die auf den gesetzlichen Unterhaltsschuldner aufgrund seiner übermäßigen Belastung mit anderen, nicht bevorrechtigten Verbindlichkeiten zukommen können. Weshalb dies aber das vom Oberlandesgericht Karlsruhe zu Lasten der bevorrechtigten Unterhaltsgläubiger gefundene Ergebnis rechtfertigen soll, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Zum einen kann nicht angenommen werden, daß die eindeutige Bevorrechtigung, die den Ansprüchen gesetzlicher Unterhaltsgläubiger gemäß den §§ <i>850 </i>c ff ZPO in der Zwangsvollstreckung zuteil wird, ohne damit in Einklang stehende Auswirkungen auf das materiell-rechtliche Verhältnis zwischen gesetzlichem Unterhaltsgläubiger und gesetzlichem Unterhaltsschuldner einerseits und nicht bevorrechtigten Drittgläubigern andererseits bleiben sollte. Beides ergänzt sich vielmehr zu einer Einheit nach dem Prizip von Voraussetzung und Folge: Gerade weil die Ansprüche gesetzlicher Unterhaltsgläubiger im Verhältnis zu den Ansprüchen anderer Gläubiger vorrangig und demnach auch und gerade vom Schuldner mit Vorrang gegenüber seinen sonstigen Verpflichtungen zu erfüllen sind, zieht das Gesetz daraus im Bereich der Zwangsvollstreckung, wo es um die Durchsetzbarkeit der Forderungen mehrerer, einander ungleichrangiger Gläubiger geht, die notwendigen Konsequenzen; das eine steht mit dem anderen in untrennbarer Wechselwirkung: Die Pfändungsbeschränkungen des § <i>850 </i>c ZPO sollen dem Schuldner die notwendige Existenzgrundlage für ihn selbst und ebenso für seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen sichern und erhalten, wobei das Gesetz, um dieses Ziel zu erreichen, bestimmte, nach der Anzahl der Unterhaltsgläubiger tabellarisch gestaffelte Mindestbeträge jedweder Pfändbarkeit und damit jeder Beschlagnahme und Verwertbarkeit durch nichtbevorrechtigte Drittgläubiger entzieht. Dieses, für den Bereich der Zwangsvollstreckung eindeutig zum Ausdruck gelangte Anliegen des Gesetzgebers würde nach Ansicht des Senats gewissermaßen in sein Gegenteil verkehrt, wenn auf der materiell-rechtlichen Ebene, also bei der Prüfung der Frage, in welchem Umfange Unterhaltsansprüche auszuurteilen sind, von den Einkünften des Unterhaltsschuldners seine nicht bevorrechtigten Verbindlichkeiten voll abgezogen und dadurch dem bevorrechtigten Unterhaltsgläubiger der Mindestunterhalt entzogen würde, was für ihn notwendigerweise die Inanspruchnahme öffentlicher Hilfeleistungen im Gewande der Sozialhilfe zur Folge hätte. Desweiteren können bei der Entscheidung der Frage, in welchem Umfange nicht bevorrechtigte Schulden gegenüber gesetzlichen Unterhaltsansprüchen vorweg abzüglich zu berücksichtigen sind, nicht etwa nur die den Unterhaltsschuldner im Falle der nur teilweisen Abzugsfähigkeit derartiger Verbindlichkeiten gegebenenfalls treffenden, vom Oberlandesgericht Karlsruhe näher aufgezeigten Konsequenzen bedacht werden, sondern es muß vornehmlich auch. danach gefragt werden, ob ein gesetzlicher Unterhaltsschuldner sich in einem derart hohen Maße verschulden darf, daß er sich dadurch außerstande setzt, den notwendigen Mindestbedarf seiner Unterhaltsgläubiger zu decken. Daß er dazu nicht berechtigt ist, bedarf keiner weiteren Begründung (vgl. Kalthoener/Haase - Becher/Büttner, a.a.O., Rd. 447 m.w.N.). Tut er es dennoch, kann er die allein daraus herrührende Folge seiner Leistungsunfähigkeit dem gesetzlichen unterhaltsgläubiger nicht entgegenhalten. Endlich muß bei der Beurteilung dessen, in welchem Umfange nicht bevorrechtigte Gläubigerforderungen vorweg abzüglich berücksichtigt werden können, auch danach gefragt werden, wie sich der Unterhaltsschuldner verständigerweise bei Fortdauer der ehelichen Lebensgemeinschaft verhaIten haben würde (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1981 - IV b ZR 598/80 -). Der Senat beantwortet diese Frage dahin, daß der Beklagte im gedachten Falle der Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit der gesetzlichen Vertreter in der Klägerin aus den ihm verfügbaren Einkünften zum wenigstens den notwendigen Mindestunterhalt seiner Familie und damit auch der Kläger sichergestellt und seine nicht bevorrechtigten Gläubiger auf diese unerläßliche, für jeden von ihnen materiell-rechtlich und vollstreckungs-rechtlich unangreifbare Notwendigkeit verwiesen haben würde. So muß sich der Beklagte auch verhalten, nachdem die Kläger durch die Trennung der Eltern in</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">eine Notlage geraten sind und die bisherige gemeinsame Finanzierung des Haushalts unmöglich geworden ist. Dabei widerspricht es durchaus nicht jeglicher Lebenserfahrung, daß ein hinreichend verständiger Gläubiger diesen Konsequenzen</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">freiwillig Rechnung tragen und sich, nicht zuletzt auch zwecks Vermeidung weiterer, oftmals nicht oder nur schwer betreibbarer Kosten ohne Inanspruchnahme des Gerichts von vorneherein mit Entrichtung von Ratenzahlungen in Höhe pfändbarer Beträge begnügen wird.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Da der den Klägern zugesprochene Unterhalt den Mindestunterhalt - Eingruppierung des Beklagten in die erste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Unterhaltstabelle nach ihrem in Klagezeitraum jeweils geltenden Stande abzüglich hälftiges anteiliges</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Kindergeld <b>-, </b>gewissermaßen ihr Existenzminimum verkörpert, sieht der Senat nach alledem keine Veranlassung, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen (ebenso im Ergebnis: OLG Schleswig, DAVorm 1978, 203; Palandt-Diederichsen, BGB, 40. AufI., § 1603 Anm. 3 b; Wenz in Göppinger, Unterhaltsrecht, 4. AufI., Rd. 1160).</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen ist die Leistungsfähigkeit des Beklagten wie folgt zu beurteilen:</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat ausweislieh der von ihm im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 1981 zu den Akten überreichten Verdienstbescheinigung seiner Arbeitgeberin innerhalb des Teilzeitraums von Januar bis einschließlich Oktober 1981 ein Gesamt-Bruttoeinkommen von 29.854,62 DM erzielt.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Die gesetzlichen Abzüge machen folgende Beträge aus:</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Lohnsteuer 5.858,60 DM</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Kirchensteuer 214,26 DM</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Arbeitnehmeranteil –Krankenkassenbeitrag 1.494,89 DM</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Arbeitnehmeranteil – gesetzliche </p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Rentenversicherung 2.761,56 DM</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Arbeitnehmeranteil - gesetzliche</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Arbeitslosenversicherung <u> 447,82 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Summe der Abzüge: 10.777,13 DM</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Gesamt-Nettoeinkommen 19.077,49 DM</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">durchschnittliches monatliches</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Nettoeinkommen: rund 1.900,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Zuzusetzen ist die anteilige (1/12) jährliche Sonderzuwendung <i>in </i>Höhe von insgesamt 1.912,60 DM</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">- vgl. die vom Beklagten überreichte Gehaltsabrechnung </p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">"13/81" - = rund 160,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">monatlich, so daß sich sein<i> </i>monatliches</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Nettoeinkommen auf rund 2.060,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">beläuft.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">In Wirklichkeit ist sein Nettoeinkommen noch etwas höher, weil er gern. § 33 a EStG aufgrund des für <i>die </i>Kläger zu zahlenden Unterhalts einen Steuerfreibetrag von jährlich 1.800,-<i>- </i>DM (3 x <i>600,-- </i>DM) in Anspruch nehmen kann.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">In Ermangelung abweichender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, daß er auch im Jahre 1982 über ein gleichhohes durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen verfügen wird. </p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Da er drei Gläubigern - Kläger zu 1) bis 3) - kraft Gesetzes unterhaltspflichtig ist, sind von seinem Einkommen gemäß der Tabelle - Anlage zu § <i>850 </i>c ZPO - monatlich 263,10<i> </i>DM für nicht bevorrechtigte Gläubiger pfändbar und nur diese Beträge sind gegenüber dem den Klägern zugesprochenen Mindestunterhalt - Tabellensätze gemäß der ersten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Unterhaltstabelle nach ihrem jeweils maßgeblichen Stande abzüglich hälftigen anteiligen Kindergeldes - berücksichtigungsfähig.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Demnach hat der Beklagte als Tabellensatz zu zahlen:</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">a) für die Kläger zu 1) und 2) jeweils</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">aa) vom 1. März 1981 bis 31. Dezember 1981</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">monatlich 228,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">bb) ab 1. Januar 1982 monatlich 251,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">b) für die Klägerin zu 3)</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">aa) vom 1. März 1981 bis 31. Dezember 1981</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">monatlich 188,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">bb) ab 1. Januar 1982 monatlich 207,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Von diesen Beträgen ist die Hälfte des auf die Kläger anteilig entfallenden gesetzlichen Kindergeldes abzuziehen. Da aus einer früheren, geschiedenen Ehe ihrer gesetzlichen Vertreter in ein ihnen gegenüber älteres Kind hervorgegangen ist, für das ebenfalls Kindergeld gezahlt wird, wirkt sich das Vorhandensein jenes Kindes bezüglich des für die Kläger gezahlten Kindergeldes erhöhend aus: die Kläger gelten insoweit als zweites bis viertes Kind. Ausgehend von den Rechtsgrundsätzen, die der Bundesgerichtshof zur Problematik des sog. Zählkind-Vorteils entwickelt hat (vgl. BGH in FamRZ 1981, 26 ff.; FamRZ 1981, 650 ff.), ist der Senat der Ansicht, daß zugunsten des Beklagten von den vorstehend angeführten Tabellensätzen die Hälfte des anteilig auf die Kläger entfallenden, erhöhten Kindergeldes abzusetzen ist. Kindergeld ist dazu bestimmt, die Unterhaltslast sowohl des sorgerechtigten, persönlich</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">betreuenden als auch des barunterhaltspflichtigen Elternteils gleichermaßen zu erleichtern. Im Hinblick auf diesen mit der Regelung des Bundeskindergeldgesetzes - BKGG – verfolgten Zweck kann nur das für <u>gemeinsame</u> Kinder an den vorrangig Berechtigten gezahlte Kindergeld (§ 3 I BKGG) zwischen den Eltern als gesetzlichen Unterhaltsschuldnern ausgeglichen werden. Daraus ergeben sich zwei in den Wirkungen unterschiedliche, vom Grundsatz her jedoch miteinander übereinstimmende</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Folgen: Soweit einem Elternteil wegen eines <u>nichtgemeinsamen</u> Kindes für <u>dieses</u> Kind ein sog. Zählkind-Vorteil erwächst, ist dieser Vorteil dem Kindergeld für gemeinsame eheliche Kinder nicht zuzusetzen, während im umgekehrten, hier einschlägigen</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Falle, daß sich das für Kinder gezahlte Kindergeld wegen eines nichtgemeinsamen indes eines Elternteils erhöht, zugunsten beider Eltern eine gleichmäßige Berücksichtigung dieses Vorteils zu erfolgen hat. Der Senat vermag insofern nicht den Hammer Unterhaltsrichtlinien (Ziffer 15 abgedruckt in Heft 12 FamRZ 1981, 1212) zu folgen, daß in einem Fall wie dem vorliegenden von dem fiktiven Kindergeldbetrag</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">auszugehen se~, der ohne Berücksichtigung des ältesten Kindes der Mutter der Kläger (Zählkind) zu zahlen wäre. Diese Auffassung würde nämlich zur Folge haben, daß der gesamte Zählkindervorteil allein der Mutter der Kinder verbliebe, denn auch bei einem Unterhaltsanspruch des Zählkindes könnte er nicht berücksichtigt werden. Damit würde aber der Zweck des Kindergeldes, <u>beiden</u> Elternteilen die Unterhaltspflicht zu erleichtern, übergangen (vgl. hierzu BGH aaO sowie auch schon FamRZ 1978, 178). Für das nichtgemeinsame Kind wird als ältestes Kind Kindergeld in monatlicher Höhe von 50,-- DM gezahlt. Die Kläger zu 1) bis 3) rechnen als zweites bis viertes Kind. Folglich wird für sie ab 1. Februar 1981 ein monatliches Kindergeld in Höhe von insgesamt 600,-- DM (120,-DM + 240,-- DM + 240,-- DM) gezahlt, so daß von den vom Beklagten für jeden der Kläger zur Zahlung geschuldeten Tabellensätzen anteilig ein Drittel der Hälfte des gesamten Kindergeldes = pro Kläger je 100,-- DM - abzusetzen ist. Demnach schuldet der Beklagte den Klägern zu 1) und 2) bis einschließlich 31. Dezember 1981 monatlich jeweils 128,-- DM und ab 1. Januar 1982 monatlich jeweils 151, -- Dr-1, während er für die Klägerin zu 3) monatlich 88,-- DM bzw. (ab 1. Januar 1982) monatlich 107,-- DM zu zahlen hat. Folglich ist seiner Berufung nur bis einschließlich 31. Dezember 1981teilweise sachlicher Erfolg beschieden, während es für die Zeit ab 1. Januar 1982 gemäß dem Verbot der SchlechtersteIlung des Berufungsführers (§ 536 ZPO) bei den Beträgen verbleiben muß, zu denen er gemäß dem angefochtenen Urteil verurteilt worden ist, nämlich jeweils' 145,-- DM monatlich für die Kläger zu 1) und 2) und 104,-- DM monatlich für die Klägerin zu 3).</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Soweit ab 1.1.19.82 durch den Gesetzgeber das Kindergeld gemindert würde, wirkt sich dies bei den gestellten Anträgen der Kläger ebenfalls nicht aus.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Geht man von einem bereinigten durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen des Beklagten von rund 1.990,~- DM (2.060,-DM ./.<i> </i>70,-- DM Fahrtkosten und Gewerkschaftsbeitrag) aus, so verbleiben ihm nach Abzug seines Selbstbehalts und des den Klägern zugesprochenen Unterhalts bis einschließlich 31. Dezember 1981 monatlich jeweils 846,- DM und für die Folgezeit ab 1. Januar 1982 monatlich jeweils 696,- DM, so daß er in der Lage gewesen wäre, zur Tilgung der nicht bevorrechtigten</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Forderungen jedenfalls erheblich mehr als die für diese Gläubiger pfändbaren Beträge aufzuwenden. Die von ihm in Teilzeiträumen tatsächlich erbrachten höheren Tilgungsleistungen können, wie ausgeführt, aus Rechtsgründen nicht berücksichtigt werden.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Aus seiner mit der gesetzlichen Vertreterin der Kläger geschlossenen Vereinbarung kann der Beklagte gegenüber den Klägern nichts herleiten. Sofern hierdurch auf die Geltendmachung ihrer zukünftigen gesetzlichen Unterhaltsansprüche verzichtet worden sein sollte, wäre ein derartiger Verzicht gern. § 1614 BGB nichtig. Unter Zugrundelegung des Vorbringens beider Parteien läßt sich aber jene Vereinbarung auch dahin interpretieren, daß ihre rechtlichen Wirkungen zunächst nur das Innenverhältnis der Eltern der Kläger als gemeinsamer gesetzlicher Unterhaltsschuldner nach Maßgabe des § 1606 Abs. 3 BGB betreffen sollten und zwar dergestalt, daß sich die gesetzliche Vertreterin der Kläger aufgrund der Abmachung gegenüber dem Beklagten dazu verpflichtet hat, fortan nicht nur den Betreuungsaufwand zu erbringen, sondern zur Entlastung des Beklagten, solange er die gemeinsamen ehelichen Schulden tilgen muß, auch den Barbedarf der Kläger von den Mitteln ihrer Erwerbseinkünfte zu decken. So gesehen handelt es sich bei der Vereinbarung um eine typische Freistellungsvereinbarung, die zunächst auf die Pflichtenlage des Beklagten als gesetzlichen Unterhaltsschuldners im Verhältnis zu und gegenüber den Klägern keinen Einfluß hat. Sollte aber die gesetzliche Vertreterin der Kläger ab dem Beginn des für die Urteilsfindung des Senats maßgeblichen Klage-Teilzeitraums - ab 1. März 1981 - in Erfüllung jener Vereinbarung die Freistellung des Beklagten bewirkt, den Barbedarf der Kläger monatlich fortlaufend mit den Mitteln ihrer Einkünfte gedeckt haben, dann ließe sich daraus zugunsten des Beklagten der Einwand der Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen durch Drittleistungen, eben durch die in Erfüllung</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">der Freistellungsvereinbarung geleisteten Zahlungen seiner Ehefrau herleiten; §§ 362, 267 BGB. Diesem, konstruktiv begründbaren und rechtlich zulässigen Einwand ist aber nach Lage des Falles deshalb kein sachlicher Erfolg beschieden, weil die gesetzliche Vertreterin der Kläger die Freistellungsvereinbarung während des hier maßgeblichen Teilzeitraums ab 1. März 1981 gerade nicht erfüllt hat, der Beklagte vielmehr von den durch sie. gesetzlich vertretenen Klägern bereits zuvor auf Zahlung von Unterhalt verklagt und im übrigen bis einschließlich Februar 1981 für den Lebensbedarf der Kläger Sozialhilfe in Anspruch genommen und geleistet worden ist,</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">worauf der Beklagte bereits mit vorprozessualem anwaltlichen Aufforderungsschreiben vom 7. August 1980 hingewiesen worden war.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Schließlich kann der Beklagte auch nicht mit dem Einwand durchdringen, daß die gesetzliche Vertreterin der Kläger zufolge ihrer ungleich besseren finanziellen Verhältnisse statt seiner den den Klägern gebührenden notwendigen Barunterhalt zahlen müsse. Sie erfüllt die ihr anteilig obliegende gesetzliche Unterhaltsverpflichtung dadurch, daß allein sie den gesamten Versorgungs-, Beaufsichtigungs- und Betreuungsaufwand zugunsten der minderjährigen Kläger leistet; § 1606<i> </i>Abs. 3 Satz 2 BGB. Als alleinbetreuender Elternteil wäre sie - zusätzlich - barunterhaltspflichtig, wenn ihr anrechnungspflichtiges Einkommen dasjenige des Beklagten erheblich übersteigen würde (vgl. Ziffer 23.0. bzw. 24.0 der Kölner Unterhaltsrichtlinien nach ihrem Stande vom 1. Januar 1980 bzw. vom 1. Januar 1982) oder sie gemäß § 1603 Abs.1 BGB vorrangig haften würde. Das ist indessen nicht der Fall. Das Einkommen,</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">das sie zufolge ihrer Tätigkeit bei der E. und zwar ausschließlich durch Nachtarbeit erzielt, darf als Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit jedenfalls nicht berücksichtigt werden, soweit es um den hier allein maßgeblichen, vom Beklagten aufzubringenden Mindestunterhalt der Kläger geht, der ihren gesamten, durch Geldleistungen zu deckenden Bedarf ohnehin nicht sicherzustellen vermag. Unterstellt man zugunsten des Beklagten als richtig, daß der jetzige Lebensgefährte seiner Ehefrau - von den Klägern als unrichtig bestritten ~ einen fortlaufenden monatlichen Unterhaltsbeitrag von 1.000,-- DM leistet, dann rechtfertigt auch dies nicht die Verpflichtung der gesetzlichen Vertreter in der Kläger zur Beteiligung am baren Kindesunterhalt im hier ausgeurteiltem Umfange. Denn ein Betrag von 1.000,-- DM, von dem ein</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">nicht unerheblicher Anteil auch den durch die Mitversorgung des Zeugen O. bedingten Mehraufwand entfiele, würde bei weitem nicht ausreichen, um den angemessenen Bedarf der gesetzlichen Vertreterin der Kläger, der bis einschließlich 31. Dezember 1981 mit monatlich 1.100,-- DM und ab 1. Januar 1982 mit monatlich 1.200,-- DM anzusetzen ist, sicherzustellen, und nur bei Erfüllung dieser Voraussetzung könnte ihre finanzielle Mitbeteiligungspflicht überhaupt erwogen werden (vgl. Ziffer 24.0. bzw. 25.0. der Kölner Unterhaltsrichtlinien nach ihrem Stande vom 1. Januar 1980 und vom 1. Januar 1982). Nach alledem bedurfte es der Vernehmung des vom Beklagten benannten Zeugen O. nicht.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat gema § 546 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 ZPO i.V.m.d. §§ 621 Abs. 1 Nr. 4, 621 d Abs. 1 ZPO die Revision zugelassen, weil die Rechtsfrage, bis zu welchem Umfange die ratenweise Tilgung nicht bevorrechtigter Forderungen von Drittgläubigern, deren voller Vorwegabzug zur Leistungsunfähigkeit des gern. § 1603 Abs. 2 BGB in gesteigerten Umfange pflichtigen Unterhaltsschuldners führen würde, gegenüber gesetzlichen Unterhaltsansprüchen berücksichtigt werden kann, von grundsätzlicher Bedeutung ist und der Klärung durch eine höchstrichterliche Entscheidung bedarf. Gleiches gilt für die Kindergeldanrechnung bei einem Zählkind.</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Streitwert für die Berufungsinstanz: 4.728,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">(145,-- DM + 145,-- DM + 104,-- DM = x 12) gern. § 17 Abs. 1 GKG.</p>
|
315,838 | lg-dusseldorf-1982-01-13-23-s-33181 | {
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"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 23 S 331/81 | "1982-01-13T00:00:00" | "2019-03-13T15:15:18" | "2019-03-27T09:42:05" | Urteil | ECLI:DE:LGD:1982:0113.23S331.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das am 15. Juli 1981 verkündete Teilurteil des Amts-gerichts Langenfeld wird zurückgewiesen. </p>
<p>Die Kosten des zweiten Rechtszuges trägt die Klägerin. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen. </p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung konnte keinen Erfolg haben.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 2) ein Zahlungsanspruch auf Grund des ihr am 2. Mai 1980 erteilten Auftrages nicht zu. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Es ist zwar richtig, daß die Beklagten im ersten Rechtszug die Passivlegitimation des Beklagten zu 2) nicht bestritten haben. Dieses war jedoch unerheblich, weil nach § 138 Abs. 3 ZPQ nur Tatsachen als zugestanden gelten, die nicht ausdrücklich bestritten werden. Die Klägerin hat jedoch keine Tatsachen vorgetragen, auf denen sich eine Auftragserteilung auch durch den Beklagten zu 2) folgern ließ. Sie hat lediglich die Rechtsansicht vertreten, daß die Beklagte zu 1) stellvertretend für ihren Ehemann das Bestellformular mit unterschrieben habe, ohne daß jedoch Tatsachen angeführt wurden, die diesen Schluß rechtfertigen. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der beklagte Ehemann hat zwar das Aufrnaßformular unterschrieben. Dem kommt jedoch für den Vertragsabschluß deswegen keine Bedeutung zu, weil der Auf­trag von der beklagten Ehefrau am 2.5.1980 erteilt wurde, während das Aufrnaßformular erst am 14.5.1980 unterschrieben wurde, somit zu einem Zeitpunkt, als der Vertrag bereits abgeschlossen worden war. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Einem stellvertretend für den beklagten Ehemann mitunterzeichneten Auftrag steht vor allem Nr. I 3 c der AGB der Klägerin entgegen. Die mit der Über­schrift "Vertragspartner" versehene Nr. I 3 bestimmt unter c, daß der mitunterzeichnende Ehegatte ebenfalls Mitbesteller ist. Daraus folgt, daß eben nur der Ehepartner, der mitunterzeichnet hat, von der Klägerin als Mitbesteller angesehen und eben eine Mitunterzeichnung als Stellvertreter durch einen Ehepartner nicht als ausreichend gewertet wird. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Auch die von der Klägerin angeführte Korrespondenz spricht gegen einen Vertragsabschluß durch den be­klagten Ehemann. Bereits die Änderung des Auftrages wurde von der Klägerin mit Schreiben vom 8.8.1980 nur der beklagten Ehefrau gegenüber bestätigt, wie im übrigen alle weiteren vorgelegten Schreiben ausschließlich die Beklagte zu 1) als Adressa,ten aus­weisen. Die Beklagte zu 1) hat zwar in ihrem Schreiben vom 29.10.1980 beide Eheleute als Absender angeführt, diesen Brief jedoch alleine unterschrieben. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Es war auch nur die beklagte Ehefrau, die ihrem prozeßbevollmächtigten das Mandat erteilte und der mit Schreiben der Klägerin vom 20.2.1981 ebenfalls alleine eine letzte Zahlungsfrist gesetzt wurde. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">War aber eine Auftragserteilung durch den beklagten Ehemann nicht schlüssig vorgetragen worden, dann war dies von dem Amtsgericht ohne Rücksicht auf den Vortrag der Beklagten im Rahmen der SChlüssigkeitsprüfung von Amts wegen zu berücksichtigen und insoweit die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der von der Klägerin im zweiten Rechtszug auch aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung nach § 812 BGB gestützte Zahlungsanspruch ist ebenfalls nicht begründet. Dem beklagten Ehemann ist zwar als Miteigentümer des bebauten Grundstücks durch den Einbau der Alu-Elemente mit ein Vermögensvorteil zugewachsen; diese Bereicherung ist jedoch nicht ungerechtfertigt, weil der Einbau auf Grund des mit der beklagten Ehefrau abgeschlossenen Werklieferungsvertrages erfolgt ist. Dieser Vertrag war und ist der Rechtsgrund für'die Leistung, die von der Klägerin gegenüber der beklagten Ehefrau und nicht gegenüber dem beklagten Ehemann erbracht worden ist. Damit hat eine unmittelbare Vermögensverschiebung, die ohnehin ohne einen Rechtsgrund erfolgt sein müßte, zwischen der Klägerin und dem beklagten Ehemann nicht stattgefunden. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Aus den genannten Gründen war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Streitwert für den zweiten Rechtszug: 6.414,--DM.</p>
|
315,839 | olgk-1982-01-13-2-u-7781 | {
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"name": "Oberlandesgericht Köln",
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"jurisdiction": null,
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} | 2 U 77/81 | "1982-01-13T00:00:00" | "2019-03-13T15:15:19" | "2019-03-27T09:42:05" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1982:0113.2U77.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das am 2. Juni 1981 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 3 O 486/80 - wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Firma I GmbH & Co KG, bei der der Beklagte als kaufmännischer Angestellter beschäftigt ist, bestellte am 12.12.1979 bei der Firma S GmbH telefonisch einen LKW zur Miete. Sie stellte dabei klar, daß für das Fahrzeug eine Vollkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung abgeschlossen werden solle, damit weder sie noch der Beklagte für etwaige Unfallschäden aufkommen müßten. Am 19.12.1979 unterschrieb der Beklagte für die Firma I als Mieterin einen schriftlichen Mietvertrag; darin war von den Möglichkeiten "Haftungsausschluß ja/nein" das Wort "ja" angekreuzt. Als Fahrer war der Beklagte aufgeführt. Bei dieser Gelegenheit brachte der als LKW-Fahrer ungeübte Beklagte nochmals zum Ausdruck, er wolle nicht Gefahr laufen, bei einem Unfall selber irgend etwas zahlen zu müssen. Dem Beklagten, Inhaber des Führerscheins Klasse III, wurde der LKW übergeben; vor Fahrtantritt vergewisserte er sich nicht über die Höhe des Wagens. Als er in Köln von der J-Straße kommend die in jeder Fahrtrichtung zweispurige T-Straße in Richtung Innenstadt befuhr, stieß er gegen 17.30 Uhr mit dem Kastenaufbau des LKW gegen eine Eisenbahnbrücke über der T-Straße/H-Straße. Dies geschah, bevor der Beklagte wie beabsichtigt, mit dem Fahrzeug von der rechten auf die linke Fahrspur wechseln konnte, über der die Brückenunterführung die notwendige Durchfahrtshöhe aufwies. Insbesondere der Kastenaufbau des Mietfahrzeugs wurde durch den Zusammenprall erheblich beschädigt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat mit der Klage Ersatz des Unfallschadens aus abgetretenem Recht der Firma S GmbH begehrt. Sie hat behauptet, auf der Rückseite des vom Beklagten unterzeichneten Mietvertragsformulars seien die "Allgemeinen Vermietbedingungen" der Vermieterin abgedruckt gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">In diesen Bedingungen ist u.a. folgende Klausel enthalten:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">" 10. Haftung des Mieters:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><ol class="absatzLinks" type="a"><li>............................................</li></ol>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Diese Haftung kann durch Zahlung eines</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">zusätzlichen Entgelts ausgeschlossen wer-</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">den (Haftungsausschluß).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">b. Der Mieter haftet jedoch, auch wenn er einen Haftungsausschluß vereinbart hat, für Unfallschäden unbeschränkt, sofern er den Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat oder der Schaden durch alkohol- oder drogenbedingte Fahruntüchtigkeit entstanden ist.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Das gleiche gilt für Schäden, die durch Nichtbeachten des Zeichens 265
- Durchfahrtshöhe - gemäß § 41 Abs. 2 Ziffer 6 StVO verursacht werden.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">.............."</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Beklagte könne sich wegen Nr. 10 b dieser Bedingungen nicht auf den Haftungsausschluß berufen. Er habe den Schaden grob fahrlässig verursacht. Sie hat behauptet, die Bahnunterführung sei schon zum Zeitpunkt des Unfalles mehrfach und deutlich sichtbar ausgeschildert gewesen. Bei der Übergabe des Wagens sei dem Beklagten die Fahrzeughöhe mitgeteilt worden. Am Armaturenbrett des Fahrzeuges habe sich zudem ein Aufkleber mit einem Hinweis auf die notwendige Durchfahrtshöhe befunden.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat als Schaden den Differenzbetrag von 21.900,-- DM zwischen dem in einem D Gutachten auf 35.000 , -- DM geschätzten Zeitwert des LKW und dem aus seinem Verkauf erzielten Erlös von 13.100,-- DM begehrt. Außerdem hat sie die Kosten des D Gutachtens in Höhe von 390,10 DM, eine Unkostenpauschale von 50, -- DM sowie 6,15 % Zinsen wegen Bankkredits als Verzugsschaden geltend gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat den Beklagten auf Antrag der Klägerin hinsichtlich eines Teilbetrages von 22.269,10 DM nebst 6,15 % Zinsen seit dem 5.7.1980 durch Teilversäumnisurteil vom 19.12.1980 und hinsichtlich eines Betrages von 71,--DM nebst 6,15 % Zinsen durch Schlußversäumnisurteil vom 20.1.1981 zur Zahlung verurteilt. Gegen die Versäumnisurteile hat der Beklagte rechtzeitig Einspruch eingelegt.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt, die Versäumnisurteile aufrechtzuerhalten.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt, unter Aufhebung der Versäumnisurteile die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die "Allgemeinen Vermietbedingungen" seien nicht Vertragsinhalt geworden. Grobe Fahrlässigkeit könne ihm nicht vorgeworfen werden. Er hat behauptet, ihm sei lediglich die technische Bedienung des LKW erläutert worden. Wegen<i> </i>der Dunkelheit habe er die Höhe des Kastenwagens nicht überprüfen können. An einem Wechsel auf die linke Fahrspur der T-Straße sei er gehindert worden, weil ein entgegenkommender LKW die Mittellinie überfahren und ein schräg vor dem Beklagten fahrender PKW deshalb stark abgebremst worden sei. Diese Ereignisse hätten seine Aufmerksamkeit von der fehlenden lichten Höhe der Unterführung abgelenkt. Ihm seien daher auch die Hinweisschilder an der schlecht ausgeleuchteten Unterführung nicht aufgefallen, so daß er von dem Zusammenprall überrascht worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Nr. 10 b der "Allgemeinen Vermietbedingungen" sei nach §§ 4 9 AGBG nicht Vertragsbestandteil geworden. Der Beklagte hafte daher nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Es könne jedoch nicht davon ausgegangen werden, daß grobe Fahrlässigkeit für den Schaden ursächlich gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Gegen das ihr am 11.6.1981 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem Schriftsatz am 13.7.1981, einem Montag, eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie am 8.9.1981 begründet hat.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist der Meinung, da Nr. 10 b Abs. 2 der "Allgemeinen Vermietbedingungen" wirksamer Bestandteil des Mietvertrages geworden sei, hafte der Beklagte nicht bloß für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Jedenfalls habe er aber grob fahrlässig gehandelt. Zur Begründung wiederholt sie ihr erstinstanzliches Vorbringen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">das angefochtene Urteil abzuändern und nach den erstinstanzlichen Schlußanträgen der Klägerin zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Auch er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt des erstinstanzlichen Urteils, des schriftsätzlichen Vorbringens der Parteien in beiden Instanzen, der Sitzungsniederschriften beider Instanzen sowie das Original des zu den Akten gereichten schriftlichen Mietvertrages und die Akten 1404 Js OWi 628/80 StA Köln, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</u></b></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat die Voraussetzungen eines von der Firma S GmbH abgetretenen Anspruches aus § 823 Abs. 1 BGB nicht bewiesen. Es steht nicht fest, daß die Beschädigung des gemieteten Fahrzeuges auf ein grob fahrlässiges Verhalten des Beklagten zurückzuführen ist.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">1. Die deliktische Haftung des Beklagten ist durch den von der Firma I mit der Vermieterin vereinbarten Haftungsausschluß begrenzt. Die Haftungsbegrenzung wirkt in entsprechender Anwendung des § 328 BGB auch zugunsten des Beklagten als berechtigtem Fahrer. Denn eine in einem Mietvertrag getroffene Haftungsbeschränkung ist nur dann sinnvoll, wenn sie sich auf den gesamten Gefahrenbereich des Mieters bezieht und deshalb zugleich einen mit der Fahrt beauftragten Arbeitnehmer des Mieters von der Haftung freistellt (BGHZ 22, 109/122, 43, 295/299). Anderenfalls könnte die Haftungsbeschränkung unterlaufen werden. Denn der Mieter müßte damit rechnen, vom Fahrer nach den arbeitsrechtlichen Grundsätzen über die gefahrgeneigte Arbeit auf Haftungsfreistellung in Anspruch genommen zu werden (BGH NJW 1962, 388 f.; OLG Hamburg VersR 1972, 659). Zudem ist eine Erstreckung des Haftungsausschlusses aus der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und seinem damit verbundenen erkennbaren Interesse herzuleiten, den Arbeitnehmer in den Schutzbereich des Mietvertrages einzubeziehen (Gottwald, Münchener Kommentar zum <b>BGB </b>§ 328 Anm. 95).</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">2. Der Haftungsausschluß ist auch nicht durch Nr. 10 b Abs. 2 der "Allgemeinen Vermietbedingungen" für den Fall der Nichtbeachtung der Durchfahrtshöhe einer Brückenunterführung generell abbedungen. Denn diese Klausel ist entweder nach § 5 AGBG einschränkend auszulegen oder gemäß § 3 AGBG nicht Bestandteil des Mietvertrages geworden.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">a) Die KlauseI ist nicht eindeutig. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann sie nicht nur in dem Sinne ausgelegt werden, dass bei Nichtbeachtung des Zeichens 265 - Durchfahrtshöhe - der Mieter bzw. der Fahrer in jedem Falle haften soll. Die Bezugnahme auf den Absatz 1 der Klausel kann grammatisch auch dahin gedeutet werden, eine Haftung trete lediglich bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit ein. Diese Auslegung ist für einen an Geschäften dieser Art typischerweise beteiligten Durchschnittskunden, von dessen Verständnismöglichkeit bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auszugehen ist (Palandt-Heinrichs, BGB 40. Aufl., AGBG 5 Anm.<i> </i>3; Ulmer in:<i> </i>Ulmer/Brandner/ Hensen, AGBG 3. Aufl.<i> </i>§ 5 Rdn. 6), naheliegend. Ob davon oder von der Auslegung des Klägerin auszugehen ist, ist zumindest unklar. Diese Unklarheit führt gemäß § 5 AGBG<i> </i>und nach dem Rechtsgrundsatz, Allgemeine Geschäftsbedingungen im Zweifel zugunsten des Kunden auszulegen (Palandt-Heinrichs, a.a.O., Anm. 5; Ulmer, a.a.O., Rdn.11), zu der für den Mieter günstigeren Interpretation, daß Nr. 10 b Abs. 2 der "Allgemeinen Vermietbedingungen" lediglich bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit eingreift.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">b) Selbst wenn aber diese Klausel im Sinne der Klägerin ausgelegt werden müßte, könnte diese sich nicht darauf berufen. Als überraschende Klausel wäre sie dann nämlich nach § 3 AGBG nicht Vertragsbestandteil geworden.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Zur Feststellung des ungewöhnlichen Charakters einer Klausel ist die Gesamtheit der konkreten Umstände des Vertragsschlusses zu berücksichtigen (Ulmer, a.a.O., § 3 Rdn. 14). Insbesondere sind die Erörterungen bei Abschluß des Vertrages von Bedeutung (BGH NJW 1978, 1519; Palandt-Heinrichs, a.a.O., AGBG<i> </i>3 Anm. 2a; Ulmer, a.a.O., § 3 Rdn. 15). Die Firma I<i> </i>als Mieterin durfte aufgrund der Vertragsverhandlungen erwarten, daß der vereinbarte Haftungsausschluß sich am Leitbild der Vollkaskoversicherung orientierte. Denn sowohl bei der telefonischen Bestellung des LKW als auch bei Unterzeichnung des Mietvertrages hatte der Beklagte als Vertreter der Mieterin ausdrücklich klargestellt, es solle eine Vollkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung abgeschlossen werden, um eine Haftung der Firma I und des Beklagten auszuschließen. Die Mieterin mußte zwar mit einer Einschränkung des Haftungsausschlusses bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Herbeiführung eines Schadens rechnen. Unter dieser Voraussetzung ist auch ein Versicherer nach § 61 VVG von seiner Leistungspflicht freigestellt. Eine Klausel, die bei Nichtbeachtung der Durchfahrtshöhe von Brückenunterführungen eine Haftung schon bei leichter Fahrlässigkeit oder sogar entgegen der gesetzlichen Regelung ohne Verschulden begründen soll, stünde jedoch in krassem Mißverhältnis zu der durch die Erörterungen bei Abschluß des Vertrages gerechtfertigten Erwartung einer umfassenden Haftungsfreistellung. Bei einer Auslegung des Nr. 10 b Abs. 2 der "Allgemeinen Vermietbedingungen" im Sinne der Klägerin wäre er aufgrund der Umstände des Vertragsschlusses objektiv ungewöhnlich und selbst für die Firma I als kaufmännisches Unternehmen überraschend. Der Überraschungseffekt wäre auch nicht durch den allgemeinen Hinweis auf Nr. 10 der Bedingungen auf der Vorderseite des Mietvertragsformulars ausgeschlossen. Da die Mieterin erkennbar einen umfassenden Haftungsausschluß erwartet hatte, mußte die Vermieterin auf Einschränkungen des Haftungsausschlusses, die über § 61 VVG hinausgingen, unmißverständlich hinweisen. Dies gilt um so mehr, als die betreffende Klausel jedenfalls rein grammatisch doppeldeutig ist.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">3. Ob die "Allgemeinen Vermietbedingungen" im übrigen und insbesondere die Einschränkung des Haftungsausschlusses in Nr. 10 b Abs. 1 Bestandteil des Mietvertrages geworden sind, ist nicht entscheidungserheblich. Denn die Klägerin hat eine grob fahrlässige Schadensverursachung durch den Beklagten nicht bewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">a) Daß der Beklagte im abendlichen Berufsverkehr nicht auf die Durchfahrtshöhe der Brückenunterführung geachtet hat, stützt noch nicht den Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens. Grobe Fahrlässigkeit ist nur gegeben, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BGHZ 10, 14/16; Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 277 Anm. 2). Der Handelnde muß sich über Bedenken hinwegsetzen, die sich jedem in seiner Lage Befindlichen geradezu aufdrängen mussten (BGH NJW 1974, 948/949). Dabei ist nicht bloß die<i> </i>objektive Pflichtwidrigkeit festzustellen, sondern es sind ebenso subjektive, in der Persönlichkeit begründete Umstände zu berücksichtigen (BGHZ 10, 14/17; Palandt-Heinrichs, a.a.O.). Verlangt man mit einer in Rechsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassung in subjektiver Hinsicht zusätzlich das Bewußtsein von der Gefährlichkeit des Handeln (KG OLGZ 75, 8/10; Palandt- Heinrichs, a.a.O.), so scheitert die Annahme grober Fahrlässigkeit schon daran, daß der Beklagte an die Möglichkeit eines Zusammenstoßes mit einer Brückenunterführung nicht gedacht hat. Aber auch soweit davon abgesehen wird (vgl. Hanau, Münchener Kommentar, § 276 Rdn. 6 m.w.N.), läßt sich grobe Fahrlässigkeit hier nicht feststellen. Entscheidend ist insoweit, daß der Beklagte keine Erfahrungen als Fahrer eines LKW besaß. Dieser Umstand ist als subjektives Entlastungsmoment von wesentlicher Bedeutung (vgl. BGH VersR 1970, 568; Hanau, a.a.O., Rdn.10 m.w.N.). Auch wenn die Hinweisschilder auf die Durchfahrtshöhe der Brückendurchfahrt trotz der Dunkelheit rechtzeitig und gut erkennbar waren, kann dem Beklagten aufgrund seiner Unerfahrenheit keine besondere schwerwiegende Schuld vorgeworfen werden, zumal der zur Unfallzeit starke Berufsverkehr auf der T-Straße seine volle Aufmerksamkeit beanspruchte.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">b) Grobe Fahrlässigkeit folgt auch nicht daraus, daß der Beklagte von der Vermieterin vor Fahrtantritt auf die notwendige Mindestdurchfahrtshöhe für den Mietwagen hingewiesen worden ist. Denn das hat die Klägerin nicht bewiesen. Der Zeuge M. konnte dies aus eigener Erinnerung nicht bestätigen. Es ist auch nicht bewiesen, daß in dem Fahrzeug ein Aufkleber mit einem Hinweis auf die Mindestdurchfahrtshöhe angebracht war. Zwar mag ein solcher Aufkleber bei den gemieteten Fahrzeugen regeImäßig vorhanden sein. Daraus läßt sich allerdings nicht schließen, dies sei bei dem beschädigten LKW auch der Fall gewesen. Das Foto auf BI. 122 d.A. ist nicht beweiskräftig, da nicht feststeht, ob es den Zustand des Wagens bei der Übergabe an den Beklagten wiedergibt. Zudem würde auch ein solcher Aufkleber ohne begleitenden Hinweis bei Übergabe des Wagens noch nicht den Vorwurf grober Fahrlässigkeit rechtfertigen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">c) Der Umstand, daß sich der Beklagte vor Fahrtbeginn nicht von sich aus über die Fahrzeughöhe vergewissert hatte, führt ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung. Es ist in erster Linie Aufgabe des KFZ-Vermieters, seine Kunden auf<i> </i>die Höhe eines vermieteten LKW und die damit verbundenen Gefahren hinzuweisen. Einem unerfahrenem Fahrer drängt sich hingegen keineswegs von selbst die Vorstellung auf, die Aufbauten eines LKW, der mit Führerschein der Klasse III gefahren werden darf, könne für eine Brückenunterführung zu hoch sein.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">d) Den Beklagten trifft schließlich nicht deshalb der Vorwurf grober Fahrlässigkeit, weil er sich trotz seiner Unerfahrenheit mit dem LKW in den Berufsverkehr begeben hat. Als Inhaber der erforderlichen Fahrerlaubnis war er dazu befugt. Außerdem ist zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, daß er die Fahrt nicht aus eigenem Antrieb, sondern auf Anweisung seiner Arbeitgeberin unternommen hat (vgl. BGH VersR 1970, 568).</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Gebührenstreitwert und Urteilsbeschwer für die Klägerin: 22.269,10 DM.</p>
|
315,840 | vg-munster-1981-12-15-7-k-46081 | {
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"slug": "vg-munster",
"city": 471,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 7 K 460/81 | "1981-12-15T00:00:00" | "2019-03-13T15:15:21" | "2019-03-27T09:42:04" | Urteil | ECLI:DE:VGMS:1981:1215.7K460.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist Eigenjagdbesitzer in der Gemeinde M.     . Im Jahre 1950 war durch den damaligen Kreisjägermeister des Kreises U.           die zwischen der Grenze des Eigenjagdbezirkes E.------wegmann und der damaligen Gemeindegrenze der Gemeinde X.      gelegene und aufgrund der Lage des Eigenjagdbezirkes vom übrigen Gemeindegebiet X.      getrennte Grundfläche an die Eigenjagd des Klägers angegliedert worden.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 13. Februar 1978 beantragte die Beigeladene zu 1) bei dem Beklagten die Aufhebung der Anordnung des Kreisjägermeisters aus dem Jahre 1950. Zur Begründung ihres Antrages führte die Beigeladene zu 1) aus, die Gründe für die seinerzeitige Angliederung seien durch die am 1.1.1975 in Kraft getretene kommunale Neugliederung entfallen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nach Anhörung des Klägers und Zustimmung des Kreisjagdbeirates hob der Beklagte durch Bescheid vom 3. Juli 1979 die Verfügung des Kreisjägermeisters des Kreises U.           vom 30. Mai 1950 auf und gliederte die bislang zum Eigenjagdbezirk E.------wegmann gehörenden Flächen der Jagdgenossenschaft Alt-M.     an.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Aufgrund des dagegen am 1. August 1979 eingelegten Widerspruchs des Klägers hob der Beklagte den angefochtenen Bescheid vom 3. Juni 1979 mit Bescheid vom 12. Juni 1980 auf und gliederte aus dem Eigenjagdbezirk des Klägers nunmehr nur noch die in der zu den Gerichtsakten überreichten Karte grün schraffierten Grundflächen aus der Flur 14 der früheren Gemeinde X.      der Jagdgenossenschaft Alt-M.     an.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 14. Juli 1980 Widerspruch eingelegt und zur Begründung ausgeführt, der Antrag der Jagdgenossenschaft Alt-M.     sei verspätet gestellt worden. Die Rückgliederung sei rechtswidrig, weil sie aus Erfordernissen der Jagdpflege und Jagdausübung nicht unbedingt notwendig sei. Die Voraussetzungen des § 5 Bundesjagdgesetz seien nicht erfüllt. Es sei ferner nicht berücksichtigt worden, daß der Kläger im Jahre 1950 im Gegenzug von seinem Grund und Boden zur Begradigung der Pachtgrenzen eine Fläche von ca. 15 ha an die Jagdgenossenschaft X.      zur Verfügung gestellt habe.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 1981 wies das Landesjagdamt Nordrhein-Westfalen den Widerspruch zurück und führte aus, bestehende Abrundungen von Jagdbezirken könnten gemäß § 3 Abs. 4 des Landesjagdgesetzes Nordrhein-Westfalen auf Antrag eines Beteiligten aufgehoben oder geändert werden, soweit ihre Voraussetzungen nachträglich entfallen seien. Dies sei hier der Fall. Die ehemalige Gemeindegrenze, die seinerzeit die jagdrechtliche Eigenschaft der angegliederten Grundflächen als jadgbezirksfreie Enklave begründet habe, sei im Zuge der kommunalen Neugliederung durch den Zusammenschluß der Gemeinden X.      und M.     zur neuen Gemeinde M.     weggefallen. Die Ortsbesichtigung habe ergeben, daß keine zwingende Notwendigkeit für den weiteren Verbleib der jetzt noch umstrittenen Grundflächen bei dem Eigenjagdbezirk E.------wegmann bestehe.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit der am 9. März 1981 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung führt er aus, die Zuordnung der im Streit befindlichen Grundstücksflächen zum Eigenjagdbezirk E.------wegmann durch den früheren Kreisjägermeister des Kreises U.           sei aus zwingenden jagdlichen Erfordernissen erfolgt. An diesen zwingenden jagdlichen Erfordernissen habe sich nichts geändert. Aus der Änderung der ehemaligen Gemeindegrenzen ergäbe sich kein Grund für die Aufhebung der bestehenden Angliederung. Jagdpflege und Jagdausübung erforderten vielmehr, daß die bestehenden Grenzen unabhängig von der Änderung der Gemeindegrenzen beibehalten blieben.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">die Verfügung des Beklagten vom 12. Juni 1980 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Landesjagdamtes Nordrhein-Westfalen vom 2. Februar 1981 aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor: Es sei zweifelhaft, ob die Verfügung des früheren Kreisjägermeisters in U.           vom 30. Mai 1950 überhaupt rechtens gewesen sei. Eine Abrundungsverfügung gemäß der Ausführungsanweisung zum Reichsjagdgesetz sei jedenfalls nicht ergangen. Durch die kommunale Gebietsreform sei im Jahre 1975 aus den Gemeinden M.     und X.      die neue Gemeinde M.     gebildet worden. Die Jagdbezirksgrenzen hätten sich an den Grenzen des Gemeindegebietes zu orientieren. Den Antrag der Jagdgenossenschaft Alt-M.     auf Rückgliederung der Flächen der früheren Gemeinde X.      südlich des Eigenjagdbezirkes des Klägers sei daher stattzugeben gewesen. Im übrigen seien die neuen Grenzen klar und übersichtlich, sie entsprächen den Erfordernissen der Jagdpflege und Jagdausübung. Für die Flächen, die der Kläger 1950 an den genossenschaftlichen Jagdbezirk X.      abgegeben habe, habe er im Gegenzug zur Begradigung der Grenzen Flächen des genossenschaftlichen Jagdbezirkes X.      erhalten.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die als Anfechtungsklage verfahrensrechtlich zulässige Klage ist nicht begründet; die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Aufrechterhaltung der seit dem Jahre 1950 bestehenden Abrundung seines Eigenjagdbezirkes. Insoweit ist zunächst festzustellen, daß die Kammer die vom Beklagten geltend gemachte Nichtigkeit der Abrundungsverfügung des Kreisjägermeisters vom 30. Mai 1950 nicht festzustellen vermochte. An einem offenkundig besonders schwerwiegenden Fehler leidet die Abrundungsverfügung nicht. Zwar fehlt es an der in der Verordnung zur Ausführung des Reichsjagdgesetzes vom 27. März 1935, RGBl. I, S. 431, zu § 54 Reichsjagdgesetz vorgeschriebenen schriftlichen Begründung der Abrundungsverfügung. Dies mag zur Rechtswidrigkeit der Abrundungsverfügung geführt haben, jedenfalls aber nicht zur Nichtigkeit. Denn aus dem Inhalt der schriftlich nach Anhörung der Beteiligten erlassenen Verfügung vom 30. Mai 1950 in Verbindung mit der gleichzeitig übersandten Kreisjagdkarte waren die Grenzen der Jagdbezirke klar erkennbar. Die Beteiligten haben sich auch in der Folgezeit an diese Grenze, ohne daß es darüber jemals zu Streitigkeiten gekommen wäre, gehalten. Damit fehlt es jedenfalls an der Offenkundigkeit des Fehlers.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Rückgliederung der demnach 1950 wirksam an den Eigenjagdbezirk des Klägers angegliederten und jetzt im Streit befindlichen Fläche ist von dem Beklagten in einem fehlerfreien Verfahren angeordnet worden. Gemäß § 59 Abs. 2 Landesjagdgesetz Nordrhein-Westfalen - LJG - vom 11. Juli 1978 (GV NW S. 318, SGV NW 792) bleiben Abrundungen von Jagdbezirken, soweit sie im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesjagdgesetzes bestanden, solange aufrechterhalten, bis sie durch Fristablauf enden oder durch Entscheidung der zuständigen Jagdbehörde abgeändert oder aufgehoben werden. Gemäß § 3 Abs. 4 LJG können Abrundungen von Jagdbezirken auf Antrag eines Beteiligten aufgehoben oder geändert werden, soweit ihre Voraussetzungen nachträglich entfallen sind.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der gemäß § 3 Abs. 4 LJG erforderliche Antrag eines Beteiligten ist hier von der Beigeladenen zu 1) gestellt worden. Entgegen der Auffassung des Klägers war dieser Antrag gemäß § 3 Abs. 4 LJG, der als speziellere Vorschrift § 51 Abs. 3 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - verdrängt, nicht an eine Frist gebunden. Die zunächst fehlenden Unterschriften der beiden Beisitzer im Jagdvorstand der Beigeladenen zu 1) konnten beide auch noch vor Erlaß der jetzt angegriffenen Verfügung des Beklagten vom 12. Juni 1980 am 6. November 1979 nachgeholt werden. Selbst wenn man aber bereits bei Einleitung des Abrundungsverfahrens einen wirksamen Antrag fordert, bestehen auch insoweit keine Bedenken hinsichtlich der formgerechten Antragstellung. Der Jagdgenossenschaftsvorsteher der Beigeladenen zu 1) hat hier zunächst als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt. Durch die Beifügung der Unterschriften der Beisitzer ist diese Genehmigung erteilt worden.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Auch die gemäß § 3 Abs. 3 Satz 5 LJG erforderliche Anhörung des zuständigen Kreisjagdbeirates ist hier erfolgt. Wie sich aus den in der mündlichen Verhandlung überreichten Niederschriften der Sitzungen des Kreisjagdbeirates vom 19. und 26. April 1979 in T.         und 25. April 1979 in J.          - hier Ziff. 6 des Protokolls - sowie am 28. April und 5. Mai 1980 in J.          bzw. in T.         - Ziff. 5 b) des Protokolls - ergibt, hat der Kreisjagdbeirat dem Antrag auf Rückgliederung der hier streitigen Fläche zugestimmt.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die vom Beklagten auf Antrag der Beigeladenen zu 1) vorgenommene Neufestsetzung der Jagdbezirksgrenzen ist, soweit es um die jetzt noch in Streit befindlichen Grundflächen geht, auch in materieller Hinsicht rechtmäßig. Die Voraussetzungen für die Abrundung des Eigenjagdbezirkes des Klägers sind nachträglich entfallen, § 3 Abs. 4 Satz 1 LJG. Wie aus dem überreichten Kartenmaterial ersichtlich und vom Kläger in der mündlichen Verhandlung bestätigt, lag und liegt der Eigenjagdbezirk des Klägers so im Gemeindegebiet M.     , daß er die bejagdbaren Flächen der beiden Gemeindeteile M.     und X.      lückenlos und vollständig voneinander trennt. Die Eigentumsflächen des Klägers stoßen in westlicher Richtung an das Gemeindegebiet X1.             und in östlicher Richtung an die Landesgrenze zu O.            an. Die ehemalige Gemeindegrenze X.      /M.     , die seinerzeit die jagdrechtliche Eigenschaft der angegliederten Grundflächen als jagdbezirksfreie Enklave begründet und daher im Jahre 1950 zur Angliederung der streitigen Grundflächen an die Eigenjagd des Klägers geführt hat, ist durch den Zusammenschluß der Gemeinden X.      und M.     zur neuen Gemeinde M.     weggefallen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Liegen damit die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Abänderung der Abrundungsmaßnahmen aus dem Jahre 1950 vor, so stand die Frage, ob und wie im einzelnen abgerundet werden sollte, im pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten. Dabei ist es dem Gericht verwehrt festzustellen, welche Form der Abrundung es für die beste und günstigste hält. Es ist lediglich befugt, die vom Beklagten getroffene Ermessensentscheidung auf Ermessensfehler zu überprüfen (§ 114 VwGO). Einer solchen Überprüfung hält der angefochtene Bescheid stand. Der Beklagte hat von dem ihm eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der entscheidende Gesichtspunkt für die Jagdbehörde, die über einen Abrundungsantrag zu befinden hat, liegt in der Erwägung, ob Erfordernisse der Jagdpflege und Jagdausübung die Abrundung notwendig machen. Da die hier maßgebliche Vorschrift des § 5 Abs. 1 Bundesjagdgesetz - BJagdG - i. d. F. vom 29. September 1976 (BGBl. I S. 2849) auf den Fall der Aufhebung einer Angliederung nur "entsprechend” anzuwenden ist, muß es bereits genügen, wenn sie nach neuem Recht nicht mehr erforderlich ist.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NW) Urteil vom 27. Mai 1957 - IV A 961/55 - in Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster sowie für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg (OVG E) 12, 255, (257), Verwaltungsgericht Aachen, Urteil vom 20. Juli 1961 - 1 K 60/61 - in Recht der Landwirtschaft (RdL) 1961, S. 326, Verwaltungsgericht Aachen, Urteil vom 8. Juni 1971 - 2 K 660/70 - in RdL 1971, S. 262 (263)</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Das ergibt sich aus der Erwägung, dass der Gesetzgeber, wie die Regelung in den §§ 4 bis 8 BJagdG erkennen läßt, für den Regelfall von dem Einklang der gesetzlichen Jagdbezirksgrenzen mit den Erfordernissen der Jagdpflege und Jagdausübung ausgeht, also die Jagdbezirksabrundung als Ausnahme ansieht. Gemäß § 8 Abs. 1 BJagdG bilden alle Grundflächen einer Gemeinde, sofern sie nicht zu einem Eigenjagdbezirk gehören, einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk, wenn sie im Zusammenhang mindestens 150 ha umfassen. Dies bedeutet hier, daß nach der gesetzlichen Regelung des § 8 Abs. 1 BJagdG die streitigen Grundflächen zum gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören und damit zur Jagdgenossenschaft Alt-M.     , zu der diese Flächen nach der kommunalen Neugliederung Verbindung haben.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Zwingende Erfordernisse der Jagdpflege und der Jagdausübung, die hier als Ausnahme von der gesetzlichen Regelung des § 8 Abs. 1 BJagdG die Beibehaltung der Abrundung aus dem Jahre 1950 gemäß § 5 Abs. 1 BJagdG auch jetzt noch notwendig machen würden, liegen nicht vor. Dabei kann vorab dahingestellt bleiben, ob es sich hier angesichts der Größe der umstrittenen Fläche begrifflich noch um eine Abrundung handelt, worunter normalerweise nur kleinere Grenzkorrekturen zur Begradigung an Ein- und Ausbuchtungen der Grenzlinie oder die Beseitigung von schmalen Geländestreifen verstanden werden.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">Vgl. hierzu Mitschke-Schäfer, Kommentar zum Bundesjagdgesetz, 3. Aufl., Anm. 6 zu § 5</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Darauf kommt es letztlich für die Entscheidung nicht an, da die Beibehaltung der Abrundung aus Erfordernissen der Jagdpflege und Jagdausübung nicht notwendig ist.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">In diesem Zusammenhang müssen zunächst alle von dem Kläger für die Beibehaltung des bisherigen Zustandes angeführten Nützlichkeits- und Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte außer Betracht bleiben. Es mag zwar zweckvoll sein, daß die Flächen, in denen das Wild seinen Einstand hat, und diejenigen, auf die es zum Äsen austritt, in einer Hand liegen. Daraus folgt jedoch allein nicht die Notwendigkeit, die Äsungsflächen dem Jagdbezirk des Einstandes anzugliedern; es gibt keinen Grundsatz, daß Einstand und Äsung in einem Jagdbezirk zusammenfallen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">Vgl. hierzu Mitschke-Schäfer a.a.O., Anm. 4 d) zu § 5</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Im übrigen besteht der Eigenjagdbezirk des Klägers keinesfalls nur aus Wald, vielmehr hat das Wild in dem hier streitigen Bereich die Möglichkeit, aus dem nur 70 bis 80 m breiten Wald nach Norden auf die Eigentumsflächen des Klägers zum Äsen auszutreten. Daß durch die angeordnete Rückgliederung die ordnungsgemäße Bejagung des auf seinem Gebiet vorkommenden Wildes unmöglich gemacht werde, hat der Kläger nicht vorgetragen. Eine derartige Auswirkung der Rückgliederung ist auch nach den örtlichen Gegebenheiten, die aus der von dem Beklagten vorgelegten Karte mit hinreichender Deutlichkeit zu ersehen sind, nicht vorstellbar. Zum Grenzverlauf hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Befragen erklärt, soweit sich auf der überreichten topographischen Karte die blaue und die grüne Linie berührten, liege eine Wald-/Feldgrenze vor. Es mag zwar sein, daß die Angliederung eines Feld- oder Wiesenstreifens an das Waldrevier ein für die Jagdausübung günstiges Vorgelände bieten würde; es ist jedoch anerkannt, daß dies kein hinreichender Grund für eine Abrundung ist.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">Vgl. hierzu Mitschke-Schäfer, a.a.O., Anm. 4 c) zu § 5; Verwaltungsgericht Aachen, Urteil vom 8. Juni 1971, a.a.O. S. 264 m.w.N.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Hier kommt hinzu, daß sich nach den Erläuterungen des Klägers entlang der Grenze zwischen Eigenjagdbezirk und rückgegliederter Fläche in südlicher Richtung ein kleiner Erdwall befindet, an dem sich in nördlicher Richtung ein etwa 1 m breiter Bach anschließt. Bei einem derart markanten Grenzverlauf ist aber eine Veränderung der Grenze keinesfalls notwendig für die Jagdausübung im Sinne des § 5 Abs. 1 BJagdG. Die in sich übersichtliche Grenze erlaubt hier ohne Einschränkung die Wildhege und waidgerechte Jagdausübung.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Da der Beklagte nicht nur die veränderten tatsächlichen Umstände, sondern erkennbar auch unter Bezugnahme auf die am 29. Oktober 1979 erfolgte Ortsbesichtigung jagdtechnischen und hegerische Gesichtspunkte bei der Entscheidung über die Rückgliederung in seine Erwägungen miteinbezogen hat, erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt als frei von Ermessensfehlern. Soweit der Kläger unter Berufung auf § 3 Abs. 2 Satz 2 LJG meint, der Beklagte habe ermessensfehlerhaft die Möglichkeit eines Flächenaustausches nicht geprüft, übersieht er, daß es hier nicht um die Abrundung des gemeinschaftlichen Jagdbezirkes Alt-M.     geht, sondern um eine Rückgliederung. Für die Beibehaltung der Abrundung hätte es vielmehr der Prüfung der Möglichkeit des Flächenaustausches bedurft. Im übrigen ist dem Kläger aus der Abrundungsmaßnahme von 1950 eine ca. 30 ha große Fläche verblieben. Für die von dem Kläger seinerzeit zur Begradigung der Jagdbezirksgrenzen an den gemeinschaftlichen Jagdbezirk Alt-X.      abgegebenen Flächen zur Größe von ca. 10 ha hat der Kläger in Gegenzug von dem gemeinschaftlichen Jagdbezirk Alt-X.      Flächen erhalten.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist daher mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozeßordnung.</p>
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315,841 | olgk-1981-11-27-4-uf-12481 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 UF 124/81 | "1981-11-27T00:00:00" | "2019-03-13T15:15:22" | "2019-03-27T09:42:04" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1981:1127.4UF124.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das am 13 . März 1981 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Siegburg (36 F 604/80) wird zurückgwiesen.</p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 900,-- DM abzuwenden , wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheit kann auch durch unbefristete Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbankgeleistet werden.</p>
<p>Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">T a t b e s t a n d :</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">==============</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Parteien heirateten am 12.2.1971. Die Ehe blieb kinderlos und wurde am 31.10.1975 aus dem Verschulden des Beklagten geschieden, nachdem sich die Parteien etwa 6 - 8 Wochen vorher voneinander getrennt hatten.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zur Zeit der Ehescheidung waren die 1944 geborene Klägerin 31, der 1946 geborene Beklagte 29 Jahre alt und beide voll berufstätig. Die Klägerin arbeitete während der Ehe <b>- </b>wie schon vorher ununterbrochen. seit 1965<i> </i>- als Buchhändlerin und verdiente ca. 2.300,- - 2.500,- DM brutto monatlich. Ihre Ausbildung ist die einer wissenschaftlichen Buchhalterin und Antiquarin. Der Beklagte hatte schon 1969 ein Ingenieurstudium begonnen, das er im Januar 1973 mit der Prüfung zum Ing. grad. Abschloß. Danach verdiente er zwischen 2.125,- DM und 3.000,- DM brutto monatlich. In welchem Umfang er schon während des Studiums eigene Einkünfte hatte oder von der Klägerin unterhalten wurde, ist streitig. Unstreitig zahlten die Eltern des Beklagten diesem während des Studiums jedenfalls ab dem 3. Semester 300,-- DM, später 400,-- DM monatlich. Im Ehescheidungsverfahren ließ sich der Beklagte nicht anwaltlich vertreten. Zwischen den Parteien ist streitig, ob es auch bei streitiger Durchführung der Scheidung zum Ausspruch des Alleinverschuldens des Beklagten gekommen wäre. Die Scheidungsfolgen regelten die Parteien in einem privat schriftlichen Vergleich, in dem eine Regelung von Unterhaltsansprüchen nach der Scheidung nicht enthalten ist. Warum es nicht dazu gekommen ist, ist zwischen den Parteien streitig.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach der Ehescheidung arbeitete die Klägerin bis April 1978 weiter als Buchhändlerin. Sie beendete das seit 13 Jahren bestehende Arbeitsverhältnis auf eigenen Wunsch, um zu studieren. Im Wintersemester 1978/79 nahm sie 80dann. das Kunsterzieherstudium mit der Fächerkombination Philosophie, Erziehungswissenschaften, Kunsterziehung und Kunstgeschichte auf 0 Sie strebt den Beruf einer Museumspädagogin an.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Seit Aufnahme ihres Studiums erhielt die Klägerin Mittel nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz in Höhe von 600, - - 650, - DM monatlich. Der Beklagte wurde nicht in Anspruch genommen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Am 24.8.1980 erlitt die Klägerin während eines Urlaubs in USA ein schweres Aneurysma einer Gehirnarterie. Es ist unstreitig, daß diese Erkrankung unvorhersehbar eintrat und die Klägerin vorher gesund war. Bis Mitte November 1980 befand sich die Klägerin in stationärer Behandlung in den USA. Nach ihrer Rückführung nach Deutschland am 20.11. 1980 wurde sie bis 5.3.1981 stationär im Rehabilitationszentrum für neurologisch Geschädigte in C. behandelt. Für Herbst 1981 ist eine weitere entscheidende Operation vorgesehen. Gemäß Bescheid des Versorgungssamts L. vom 3.2.1981 beträgt die Minderung der Erwerbsfähigkeit 90 %. Nach den Bescheinigungen des behandelnden Arztes Dr. D. vom 7.9. und 1.10.1981 ist die Klägerin weiterhin voll arbeitsunfähig; über eine eventuelle spätere Arbeitsfähigkeit lasse sich vor Ende 1981 keine Aussage machen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Seit dem 4.11.1980 erhält die Klägerin von der Stadt C. Hilfe zum Lebensunterhalt .</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin nimmt den Beklagten gemäß §§ 58, 59 EheG auf UnterhaIt in Anspruch.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Sie hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">1) den Beklagten zu verurteilen, Auskunft zu erteilen über sein gesamtes monatliches</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">Einkommen einschließlich Urlaubsgeld, eventuellem 13. Gehalt sowie eventuellen Nebeneinkünften und diese Auskunft eidlich zu versichern, </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">2) den Beklagten zu verurteilen, ab Dezember 1980 an die Antragstellerin den sich aus den Angaben zum Antrag zu 1) ergebenden Unterhalt zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht hat er Auskunft über sein Einkommen erteilt. Danach verdient er monatlich 2. 276, 81 DM netto nach Abzug von Steuern und Versicherungen. Der Abzug weiterer arbeitsbedingter Aufwendungen und Schulden ist streitig.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Er hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe ihre Bedürftigkeit selbst herbeigeführt durch Aufgabe ihres Berufes. Aus diesem Grunde und wegen<i> </i>der kurzen Dauer der Ehe sei kein Unterhaltsanspruch Gegebene. Der Beklagte ist wiederverheiratet. Seine Ehefrau ist nicht berufstätig und versorgt ein 14-jähriges Kind aus erster Ehe.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe zwar grundsätzlich ein Unterhaltsanspruch nach § 58 EheG zu, nach der Scheidung sei sie aber zur Fortsetzung ihrer Arbeitstätigkeit verpflichtet gewesen und habedaher das Risiko der freiwilligen Aufgabe ihrer sozialen Absicherung selbst zu tragen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Sie trägt im wesentlichen vor:</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Da sie bei Aufnahme ihres Studiums ihre spätere schwere Erkrankung nicht habe vorhersehen können, habe sie ihre Bedürftigkeit nicht selbst verschuldet. In der Folge des Ehescheidungsverfahrens habe sie sich allerdings in neurologische Behandlung begeben müssen, und ihr sei von den Ärzten ein Berufswechsel angeraten worden.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Das erstrebte Berufsziel - Museumspädagogin - sei allerdings stets ihr eigentlicher Berufswunsch gewesen. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, ihren alten Beruf beizubehalten, nur um die entfernte Möglichkeit einer Inanspruchnahme des Beklagten auszuschließen. Hinsichtlich der Auskunft erklärt sie den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">unter Abänderung des angefochtenen Urteils</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">1)<b> </b>dem Beklagten die Kosten des erledigten Teils aufzuerlegen;</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">2) den Beklagten zu verurteilen, die Richtigkeit der mit Schriftsatz vom 3.4.1981 erteilten Auskunft an Eides statt zu versichern</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">und</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">3) a) vom 1 0 12.1980 an eine monatliche Unterhaltsrente zu zahlen, deren Höhe sich am der eidesstattlichen Versicherung des Beklagten ergibt,</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">b) insoweit hilfsweise: den Beklagten zu verurteilen, eine monatliche Unterhaltsrente in Höhe von 450, - DM zu zahlen;</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">c) und zwar die Rückstände zu Händen des Sozialamts der Stadt C. sofort und die künftig fällig ·werdenden jeweils bis zum 3. Werktag eines Monats an die Klägerin.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Parteivorbringens im einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten vorbereitenden Schriftsätze und der eingereichten Urkunden ergänzend Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c he i d u n g s g r ü n d e :</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">=========================</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist an sich statthaft und in der rechten Form und Frist eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie aber Keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat der Klägerin im Ergebnis zu Recht einen Unterhaltsanspruch nach §§ 58,59 EheG versagt.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Gemäß Art. 12 Nr. 3 Abs. 2 EheRG sind die §§ 58,59 EheG anwendbar, da die Ehe der Parteien vor dem 1.7.1977 aus dem Verschulden des Beklagten geschieden worden ist (vgl. BGH FamRZ 1980,984 und BVerfG FamRZ 1981,745 (751)). Der Schuldausspruch entwickelt für den Unterhaltsrechtsstreit Tatbestandswirkung, so daß es nicht darauf ankommt, wie es dazu gekommen ist und ob der Beklagte bei anwaltlicher Beratung einen wechselseitigen Unterhaltsverzicht in der Scheidungsfolgenvereinbarung durchgesetzt hätte. Nur bei Erschleichung des Schuldausspruchs - das wird nicht behauptet - kann die Bindung an den Schuldausspruch des Scheidungsurteils entfallen (vgl. RGRK-Wüstenberg, 11. Aufl., § 58 EheG, Anm. 24).</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der Unterhaltsanspruch ist nicht gemäß § 66 EheG verwirkt oder gemäß § 1579 BGB ausgeschlossen, denn schon die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschriften sind nicht erfüllt. Ein schwerwiegendender Grund, der zur Versagung des Unterhaltsanspruchs nach § 66 EEG führen könnte, kann insbesondere nicht darin gesehen werden, daß die Klägerin ihren Beruf aufgegeben hat. Da sie zu diesem Zeitpunkt mit einer späteren Erkrankung und Bedürftigkeit nicht rechnen konnte, fehlt es schon an dem jedenfalls erforderlichen schwerwiegend schuldhaften Verhalten.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Es kann dahinstehen, ob daneben die Ausschlußtatbestände nach § 1579 Nr.. 1-4 BGB überhaupt anwendbar sind, denn auch von einer kurzen Ehedauer (Nr . 1), einem schweren vorsätzlichen Vergehen (Nr. 2) oder einer mutwiIligen Herbeiführung der Bedürftigkeit (Nr.3) kann keine Rede sein. Auch ein anderer ebenso schwerwiegender Ausschlußgrund (Nr. 4) ist nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Der erstmals nach dem 1.7.1977 geltend gemachte Unterhaltsanspruch ist auch nicht deshalb zu versagen, weil nach den §§ 1570 ff. BGB in der ab 1.701977 geltenden Fassung ein Unterhaltsanspruch nicht gegeben wäre. Der klare Gesetzeswortlaut der Übergangsregelung (Art. 12 Nr. 3 Abs. 2 EheRG) stellt für die Anwendung der §§ 58,59 EheG auf den Zeitpunkt der Scheidung und nicht auf den Zeitpunkt der erstmaligen Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen ab. Wenn auch die Übergangsregelung im Regierungsentwurf (Rechtsanwenderbroschüre S. 403, 404) damit begründet wird, daß die Weitergeltung des alten Rechts für vor dem 1.7.77 geschiedene Ehen dem Rechtsfrieden und dem Schutz erworbener Rechte diene, führt das nicht zu einer anderen Beurteilung. Auch der prinzipielle Unterhaltsanspruch muß als erworbenes Recht in diesem Sinne angesehen werden. Es würde auch zu untragbaren Abgrenzungsschwierigkeiten</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">führen, wollte man darauf abstellen, ob gerade im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Übergangsregelung Unterhalt geschuldet wurde oder nicht.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Ein Unterhaltsanspruch ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil<i> </i>nach dem 1.7.1977 geltend gemachte Ansprüche "im Lichte" der §§ 1570 ff" n.F.<b> </b>BGB gesehen werden müssen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Das OLG Düsseldorf (FamRZ 1979, 437) hat allerdings im Anschluß an Köhler (4..Aufl., § 39 Ziff. 6) zu § 66 EheG angenommen, § 1579 Abs.2 BGB n.F. sei auch für nach altem Recht geschiedene Ehen anwendbar, da dies der Gleichheitssatz und der Schutz von Ehe und Familie gebiete. Zur selben Zeit und unter gleichen Umständen begangene Handlungen könnten nicht deshalb unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich ziehen, nur weil die eine Ehe vor und die andere nach dem Stichtag geschieden worden sei. Mit ähnlichen Gründen hat Engelhardt (JZ 1976,576 (580) vorgeschlagen, § 66 1EheG im Lichte des § 1579 Abs.1 Nr.2 BGB zu sehen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Für § 1572 13GB verneint er dagegen eine Einwirkung des neuen Rechts auf die Anwendung des alten Rechts wegen der grundsätzlich unterschiedlichen Ausgangspunkte beider Regelungen, da § 58 EheG jede schicksalsbedingte Bedürftigkeit erfasse, es nach neuem Recht aber im wesentlichen auf die Ehebedingtheit der Unterhaltsbedürftigkeit ankomme.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Der Konstruktion einer Einwirkung des neuen auf das alte Recht vermag der Senat jedoch schon allgemein nicht zu folgen, da damit die klare gesetzgeberische Entscheidung für die Fortgeltung des alten Rechts nicht unterlaufen werden kann (ähnlich Palandt-Diederichsen, 40.Aufl., § 66 EheG; vgl. auch BVerfG FamRZ 1981, 745 (751), denn nur für noch nicht geschiedene Altehen hat sich der Gesetzgeber entschlossen, sie dem neuen Unterhaltsrecht zu unterstellen).</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Es verbleibt daher dabei, daß der Unterhaltsanspruch ausschließlich nach §§ 58, 59 EheG zu beurteilen ist.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Auch nach § 58 Ehe G ist abe:c nur der nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessene Unterhalt zu gewähren. Nach den Lebensverhältnissen der Parteien war beiderseitige Berufstätigkeit üblich, und die Klägerin war daher im Verhältnis zum Beklagten zur Fortsetzung ihrer Berufstätigkeit nach der Scheidung verpflichtet (unterhaltsrechtliche Obliegenheit). Bei freiwilliger Aufgabe der Berufstätigkeit hätte die Klägerin vom Beklagten keinen Unterhalt verlangen können, denn sie war nicht außerstande, ihren Lebensbedarf in zumutbarer Weise aus eigenen Kräften zu decken (§ 1602 Abs.1 BGB). Nach Aufgabe ihrer Arbeit mußte sie sich daher so behandeln lassen, als erziele sie weiterhin das bisherige Einkommen. Mit der Erzielung des Arbeitseinkommens wird aber nicht nur der gegenwärtige laufende Bedarf gedeckt, sondern durch die gesetzlichen Regelungen (Lohnfortzahlung) und durch die Sozialversicherungsbeiträge</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">(Krankengeld, Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente) wird gleichzeitig das Krankenrisiko abgedeckt. Auch insoweit war die Klägerin daher imstande, für ihren eigenen Unterhalt zu sorgen. Wie sie sich die laufenden monatlichen Bezüge "fikiv" anrechnen lassen muß, so muß sie sieb auch die mit der Erzielung dieses Einkommens verbundenen Sicherheiten "fiktiv" anrechnen lassen. Die freiwillige (teilweise) Aufgabe der sozialen Absichert kann insoweit ebensowenig zu Lasten des Verpflichteten gehen, wie die freiwillige Aufgabe einer zumutbaren Arbeitstätigkeit selbst. Durch die nach dem Eintrittt der Arbeitsunfähigkeit (2.8.80) zunächst für sechs Wochen eingreifende Lohnfortzahlung (da die Klägerin Angestellte war gemäß §§ 616 11 BGB oder 63 HGB) und die anschließende Gewährung von Krankengeld für 18 Monate (§§ 182,189 RVO - genau für 78 Wochen ab Arbeitsunfähigkeit, gem. § 189 ruht der Anspruch aber, solange Arbeitsentgelt fortgezahlt wird) wäre die Klägerin in der Lage gewesen, ihren gesamten UnterhaIts-bedarf zu bestreiten, da die Lohnfortzahlung volles Gehalt gewährt und das Krankengeld 80 % des Regellohns beträgt (§ 182 Abs. 4 RVO). Bei brutto 2.300 - 2.500 DM ist auch mit 80 % der gesamte Unterhaltsbedarf gedeckt.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Ob, wie die Klägerin vorträgt, während des Krankenhausaufenthaltes in den USA die Krankenkassen nicht dieselben Leistungen wie im Inland gewähren, ist ohne Bedeutung, denn Unterhalt wird erst ab 1.12.1980 verlangt und zu diesem Zeitpunkt befand sich die Klägerin bereits wieder in der Bundesrepublik.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Auf eine gesundheitliche Notwendigkeit, den Beruf aufzugeben, kann sich die Klägerin nicht berufen. Ihr Vorbringen dazu ist unsubstantiiert und steht in Widerspruch zu ihrem sonstigen Vorbringen, sie sei bei Aufgabe ihres Berufes völlig gesund gewesen und dem Inhalt des von ihr selbst vorgelegten Abschlußzeugnisses der Buchhandlung, bei der sie tätig war. Die Klägerin selbst hat auch offensichtlich nie erwogen, das 1978 begonnene Studium als ehebedingte oder durch Ehenachwirkungen ausgeführte Berufswechselmaßnahme zu betrachten und demzufolge Unterhalt vom Beklagten zu</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Damit ist die Klage jedenfalls für die Zeit bis Ende März 1982 mangels Bedürftigkeit unbegründet. Auch für die Zeit ab April 1982 muß sich die Klägerin, wenn sie zu diesem Zeitpunkt weiterhin arbeitsunfähig sein sollte, auf einen etwaigen Unterhaltsanspruch</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">jedenfalls die Beträge anrechnen lassen, die ihr bei Fortsatzung der Arbeitstätigkeit bis zum 24.8.1980 in Form von Erwerbsunfähigkeitsrente (§ 1247 RVO) zustünden.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Eine weitere Aufklärung der Höhe dieser Beträge und der Frage, bis zu welchem Zeitpunkt die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin andauern wird, war<i> </i>jedoch nicht erforderlich, da nach Auffassung des Senats ein Unterhaltsanspruch auch für die Zeit ab April 1982 aus Rechtsgründen nicht gegeben ist. Wie schon ausgeführt, war die Klägerin nach der Ehescheidung zur Fortsetzung ihrer Berufstätigkeit verpflichtet (Obliegenheit), weil beiderseitige Berufstätigkeit den ehelichen Lebensverhältnissen entsprach. Es ist nun - fast fünf Jahre nach Scheidung der Ehe - eine unvorhersehbare Verschlechterung der Gesundheit der Klägerin eingetreten. Eine Grundlage für diese Gesundheitsverschlechterung der Klägerin ist während der Ehe weder gelegt noch in dieser Zeit erkennbar geworden. Auch die wirtschaftliche Lage der Klägerin für den Fall des Eintritts eines solchen in ihrer Person liegenden Risikos ist durch die Ehe mit dem Beklagten nicht beeinflußt worden, denn sie hat ihre Berufstätigkeit während der gesamten Ehezeit so fortgesetzt, wie sie sie auch vorher und nachher ausgeübt hat.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">In der Literatur wird allerdings die Meinung vertreten (Brühl-Göppinger, Mutschler, 3. Aufl., Rn. 350, 351, Fn. 65), daß alle Wechselfälle des Lebens, die nach der Scheidung die Leistungsfähigkeit oder Bedürftigkeit in nicht voraussehbarer Weise beeinflussen, nicht unter die zeitliche Fixierung der Verhältnisse nach § 58 EheG fallen. Da andererseits unumstritten ist, daß sich die Höhe des Unterhaltsanspruchs gemäß § 58 EheG nach den Lebensverhältnissen zum Zeitpunkt der Scheidung richtet (13GH NJH 1980,</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">2083 m.w.N.), könnte es demnach für den Grund des Unterhaltsanspruchs nicht darauf ankommen, ob sich die Ursache der Bedürftigkeit erst lange nach der Scheidung und ohne eine konkrete Bedürftigkeit zur Dauer und den Lebensumständen der Ehe ergibt. Hinter dieser Interpretation steht der Gedanke, daß den schuldigen Teil dem Grunde nach eine lebenslange Bitverantwortung dafür trifft, daß dem Nichtschuldigen jedenfalls der Lebensstandard zur Zeit der Scheidung erhalten bleibt. Diese Mitverantwortung findet ihren Grund in dem Gedanken, daß es ohne das Verschulden des schuldigen Teils zur Scheidung nicht gekommen wäre und der andere Teil so behandelt werden muß, als bestehe die Ehe noch (vgl. Dannehl, MDR 1955, 578).</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Auch bei uneingeschränkter Anwendung von § 58 EheG fragt sich, ob es bei dieser Auslegung des § 58 EheG bleiben kann oder ob sich die "Lebensverhältnisse der Ehegatten" nicht auch auf den Grund des UnterhaItsanspruchs auswirken können.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Im Streitfall war die Ehe während ihrer gesamten vier jährigen Dauer auf die Berufstätigkeit beider Ehegatten angelegt. Auch im Zeitpunkt der Scheidung und danach sind die Parteien offensichtlich von völliger wirtschaftlicher Selbständigkeit um Selbstverantwortung ausgegangen. Eine beiderseitige oder einseitige auf längere Dauer angelegte und gewollte wirtschaftliche Abhängigkeit hat es nie gegeben. Wegen der verhältnismäßig kurzen Dauer ( 4 1/2 Jahre) der Ehe ist auch der gesamte Lebensweg der Parteien nicht nachhaltig durch die Ehe bestimmt worden. Ein innerer Grund dafür, der Klägerin einen Lebensstandard zu garantieren, der für sie persönlich durch die Leistungsfähigkeit des Beklagten praktisch nie beeinflußt worden ist, besteht nicht. Insoweit muß auch im alten Eherecht die relative Kürze der Ehe für die Bestimmung des Umfangs der "Nachwirkung" der Ehe zumindest mit in Betracht gezogen werden.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Auch das eigene Verhalten der Klägerin zeigt, daß sie ihren persönlichen Lebensweg keineswegs an die damalige Lebenslage anknüpfen und diese fortsetzen wollte. So hatte sie sich schon seit 1978 mit monatlichen BAFÖG-Zuwendungen von 600,- bis 650,- DM zufrieden gegeben. Sie hätte das nach ihrem eigenem Vorbringen auch bis zum voraussichtlichen Abschluß ihres Studiums 1984 getan. Ein Rückgriff auf die Lebensverhältnisse im Jahre 1975 erscheint unter diesen Umständen nicht gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Wenn sich nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten von Beginn der Ehe an eine wechselseitige wirtschaftliche Unabhängigkeit in völlig getrennten Berufswegen, die unabhängig von der Ehe – bei der Klägerin viele Jahre vorher - beschritten wurden, ergibt, entspricht es nicht den ehelichen Lebensverhältnissen bei einer lange nach der Scheidung auftretenden Bedürftigkeit, die mit der Ehe in keinem feststellbaren Zusammenhang mehr steht, den Unterhaltspflichtigen noch in Anspruch zu nehmen.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Insoweit bestimmen die ehelichen Lebensverhältnisse nicht nur die Höhe, sondern auch den Grund des Unterhaltsanspruchs (a.A. OLG Düsseldorf, FamRZ 1981, 1080), ohne daß damit wie<i> </i>im neuen Recht auf bestimmte Einsatzzeitpunkte abgestellt würde. Unter diesen Umständen fehlt es nämlich an einer "Nachwirkung" der ehelichen Mitverantwortung, von der auch § 58 EheG ausgeht. Eine andere Auslegung der Vorschrift ginge auch an der Tatsache vorbei, daß der Gesetzgeber bei der Regelung des § 58 EheG die Fälle der kurzen kinderlosen Doppelverdienerehe nicht im Auge hatte, wie schon der Wortlaut des § 58 Ehe G ("Der Mann ... hat Unterhalt zu gewähren ...") zeigt. In diesen Fällen reicht die nach § 59 EheG eröffnete Billigkeitskorrektur nicht aus, um unangemessene Ergebnisse zu vermeiden.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Bei der Auslegung des § 58 EheG müssen auch, soweit es der Wortlaut der Vorschrift zuläßt, die Wandlungen des Allgemeinverständnisses vom Grund und Umfang der Nachwirkung der ehelichen Mitverantwortung berücksichtigt werden. Das vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG FamRZ 1981, 745 (748, 750)<i> </i>auch im Unterhaltsrecht betonte Prinzip der Verhältnismäßigkeit - das in seiner zeitlichen Komponente z.B. in § 1579 Abs. 1 Nr. 1<i> </i>BGB Ausdruck gefunden hat – gilt auch für § 58 EheG. Wenn<i> </i>Ehegatten, die von Beginn der Ehe an ihre schon vor der Ehe konzipierte und betätigte Berufsabsicht, deren notwendige Folge vollständige, dauerhafte wirtschaftliche Unabhängigkeit</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">voneinander ist, während der kinderlosen Ehe und auch nach der Scheidung nahtlos fortführen, entspricht es nicht dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit, dennoch eine lebenslange wirtschaftliche Mitverantwortung anzunehmen, wenn eine unverschuldete Bedürftigkeit erst nach einer Zeitspanne eintritt, die der Ehedauer gleichkommt und die erwiesenermaßen nicht ehebedingt ist. </p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Die Berufung konnte daher insgesamt keinen Erfolg haben.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 97 ZPO hat die Klägerin die Kosten des Berufungsrechtszugs zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Ziff.10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Der Senat läßt die Revision gegen das vorliegende Urteil zu gemäß § 546 ZPO, da die Frage der Einwirkung des neuen auf das alte Scheidungsrecht und die Frage, ob nach den ehelichen Lebensverhältnissen der UnterhaItsanspruch nach § 58 Ehe G auch dem Grunde nach ausgeschlossen sein kann, grundsätzliche Bedeutung haben.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Berufungsstreitwert: 5.400, <b>-- </b>DM.</p>
|
315,842 | olgk-1981-11-25-2-wx-4481 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 Wx 44/81 | "1981-11-25T00:00:00" | "2019-03-13T15:15:23" | "2019-03-27T09:42:04" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1981:1125.2WX44.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>I. Die von Notar Hxxx eingelegte weitere Beschwerde vom 28. September 1981 gegen den Beschluß der 4. Ferienzivilkammer des Landgerichts Bonn vorn 8. September 1981 - 4 T 304/81 - wird als unzulässig verworfen. Zugleich wird dieser Beschluß wie folgt abgeändert und neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>"Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen."</p>
<p></p>
<p>II. Die Kosten der Beschwerdeverfahren 4 T 304/81 LG Bonn sowie der Verfahren auf weitere Beschwerde 2 Wx 27/81 und 2 Wx 44/81 OLG Köln werden dem Notar Hxxx in Bxxx auferlegt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Unter dem 5.1.1981 beantragte Notar Hxxx, dabei als Verfahrens bevollmächtigt er der beteiligten Frau xxx handelnd, eine Eigentumsumschreibung im Grundbuch - Lxxx xxx - Nacherbenvermerk. Die Rechtspflegerin erhob Beanstandungen, deretwegen sie Zwischenverfügung vom 5.3.1981 erließ. Der dagegen eingelegten Erinnerung half der Amtsrichter nicht ab. Das Landgericht wies die ihm infolgedessen anfallende Beschwerde durch Beschluß vom 19.5.1981 zurück. Dieser Beschluß ist auf weitere Beschwerde des Notars durch Senatsbeschluß vom 22.7.1981 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen worden. Dessen neue Entscheidung ist am 8.9.1981 ergangen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Dagegen richtet sich die vorn Notar geführte weitere Beschwerde vorn 8.9.1981. Nach deren Eingang ist die beteiligte Frau Mxxx beim Landgericht Bonn erschienen und hat Erklärungen zu Protokoll abgegeben. Das Protokoll lautet:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">"Es erscheint unaufgefordert auf der Geschäftsstelle Frau Mxxx Mxxx geb. Sxxx, Lxxxstraße 40, xxx, unter Vorlage des Beschlusses 4 T 304/81 vom 8.9.1981 und erklärte, sie sei erstaunt, daß die Sache überhaupt zum Landgericht gelangt ist. Der Notar habe sich einfach ohne ihr Wissen und ohne Vollmacht gegen die Verfügung des Grundbuchamtes gewandt. Sie sei nicht damit einverstanden. Sie werde jetzt die Sache selbst in die Hand nehmen und heute noch einen Erbschein beim Amtsgericht beantragen, damit ihre Söhne endlich als Nacherben ins Grundbuch eingetragen werden können."</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Im Verfahren der weiteren Beschwerde ist dem Notar Gelegenheit gegeben worden, zu dieser Protokollerklärung Stellung zu nehmen und die Beschwerde zurückzunehmen. Er hat die Anfrage vom 5.11.1981 nicht beantwortet.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, da der Notar mangels Vollmacht keine wirksamen Verfahrenshandlungen vornehmen konnte und dieser Mangel auch nicht geheilt ist.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">1.) Der Mangel der Vollmacht steht fest. Die Beteiligte hat eine insoweit unmißverständliche Erklärung zu gerichtlichem Protokoll abgegeben. Der Notar hat sich dazu nicht geäußert. Die Vollmachtsvermutung des § 15 GBO ist widerlegbar (KG KGJ 44 A S. 172). Der Gegenbeweis ist hier durch die zu Protokoll genommene Erklärung der Beteiligten geführt worden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">2.) Der Mangel der Vollmacht führt zur Unzulässigkeit, nicht zur Unbegründetheit der weiteren Beschwerde.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">In der Rechtsprechung wird zwar das Rechtsmittel eines vollmachtlosen Vertreters dann als zulässig angesehen, wenn der Vertretene mit dem Rechtsmittel gerade das vorinstanzlich angenommene Fehlen der Vollmacht angreift (s. BGHZ 40, 197). Dieser Sachverhalt ist hier nicht gegeben. Hier richtet sich die vom Notar geführte weitere Beschwerde vielmehr gegen die sachliche Beurteilung des Landgerichts. Insoweit bleibt es bei dem Grundsatz, daß ein ohne Vollmacht der Partei eingelegtes Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen ist (BGH LM § 97 ZPO Nr. 4).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">3.) Der Senat ist durch diese Verwerfung nicht gehindert, die Rechtsfolgen des Mangels der Vollmacht auch auf die vorinstanzlichen Verfahrensabschnitte zurückzubeziehen, in denen dieser Mangel ebenfalls vorgelegen hat.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Stein/Jonas/Leipold (ZPO, 20. Aufl. 1977, § 38 Anm. 17) sind zwar der Auffassung, wenn der Mangel der Vertretung schon in der unteren Instanz bestanden habe, sei das Rechtsmittel nicht zu verwerfen, sondern als unbegründet zu behandeln und das Verfahren der Vorinstanz aufzuheben. Dem steht jedoch entgegen, daß ein vollmachtloser Vertreter grundsätzlich kein zulässiges Rechtsmittel einlegen kann, da er nicht befugt ist, gerichtliche Sachentscheidungen zugunsten oder zu Lasten eines Dritten ohne dessen Willen herbeizuführen. Für die Annahme von Stein/Jonas/Leipold (a.a.O. Fn. 31), Zulässigkeitsvoraussetzung des Rechtsmittels sei lediglich, daß der Mangel der Vollmacht nicht nach der angefochtenen Entscheidung entstanden sei, fehlt eine Begründung. Im Rechtsmittelrecht ist die Zulässigkeitsprüfung immer auf den Zeitpunkt der Einlegung bezogen. Es ist nicht ersichtlich, warum dies bei der Vollmachtsprüfung anders sein soll. Möglicherweise beruht allerdings die Auffassung von Stein/Jonas/Leipold auf einem Mißverständnis. Dafür spricht der Verweis in Fußnote 30 auf § 56 Anm. 16. An dieser Stelle wird nämlich gerade der Ausnahmefall erörtert, daß mit dem Rechtsmittel die fehlerhafte Beurteilung der gesetzlichen Vertretung gerügt wird. Dieser Fall steht nicht demjenigen gleich, in dem die Sachentscheidung als solche an das Rechtsmittelgericht gebracht wird. Dann bleibt es bei der Unzulässigkeit des Rechtsmittels. Allerdings ist es auch in diesem Fall vom Ergebnis her unerläßlich, dem Rechtsmittelgericht die Befugnis zuzusprechen, die vorinstanzliche Entscheidung einschließlich des Kostenpunktes in Prozeßabweisung abzuändern, um nicht einer fehlerhaften Sachentscheidung rechtskräftigen Bestand zu verleihen (s. OLG Köln JürBüro 1977, 798; Zöller/Vollkommer, ZPO, 13. Aufl. 1981, § 88 Anm. I 1; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 13. Aufl. 1981, § 55 II 2). Der Senat verkennt nicht, daß die scharfe dogmatische Abgrenzung des Zulässigkeits- und Begründetheitsbereich. es gegen diese Lösung spricht. Indessen darf nicht verkannt werden, daß solche Abgrenzungen nicht einem Selbstzweck dienen, sondern dem Ziel zweckmäßiger und ökonomischer Verfahrensgestaltung. Dort, wo dogmatische Abgrenzungen zu unpraktikablen oder gar fehlerhaften Verfahrensablaufen zwingen, müssen sie korrigiert und angeglichen werden. Dies geschieht insbesondere im Rechtsmittelrecht durchgehend. Bei Beschwerden sieht die Rechtsprechung vom prozessualen Vorrang der Zulässigkeit vor der Begründetheit ab, wenn Entscheidungsreife zur Begründetheit, nicht aber zur Zulässigkeit eingetreten ist (vgl. Zöller/Schneider, ZPO, § 574 Anm. II m.N.), und auch im Bereich des Erkenntnisverfahrens findet sich diese Praxis, insbesondere beim Rechtsschutzbedürfnis (s. Zoller/Schneider, ZPO, § 543 Anm. IV 2 m.N.). Ähnlich verhält es sich mit der gefestigten Judikatur, wonach im Berufungs- und im Revisionsrecht die austauschende Korrektur von Zulässigkeit und Begründetheit oder umgekehrt gestattet wird (s. Zöller/Schneider, ZPO, § 536 Anm. II; § 563 Anm. V). Entsprechend der Grundhaltung dieser Praxis bestehen nach Auffassung des Senats keine Bedenken dagegen, bei einem wegen Vollmachtsmangels unzulässigen Rechtsmittel die Vorentscheidungen zu berichtigen, wenn der Mangel "bereits bei ihnen vorgelegen hat. Denn derartige Korrekturen sind ohnehin auf die Umwandlung einer Sachentscheidung in eine Verfahrensabweisung und auf die von Amts wegen zu treffende Kostenentscheidung beschränkt. Dementsprechend hat auch der Bundesgerichtshof unlängst (s. VersR 1981, 1033) entschieden, bei der Kostenverteilung nach Maßgabe des Obsiegens und Unterliegens durch das Rechtsmittelgericht sei dieses nicht gehindert, in die vorinstanzliche Kostenbelastung eines am Rechtsmittelverfahren nicht mehr beteiligten Streitgenossen einzugreifen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">4.) Der landgerichtliche Beschluß ist dahin abzuändern, daß die ausgesprochene Zurückweisung der sofortigen Beschwerde in eine Verwerfung als unzulässig berichtigt wird. Damit entfallen zugleich alle dem Grundbuchamt durch das Landgericht erteilten Weisungen, wobei offen bleiben kann, ob diese mit dem Beschlußtenor überhaupt in Einklang zu bringen waren.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">5.) Anders verhält es sich mit der Kostenbelastung. Bislang sind die Vorentscheidungen teilweise ohne Kostenausspruch ergangen. Dabei kann es nicht verbleiben. Im Bereich des zivilprozessualen Erkenntnis- und Rechtsmittelverfahrens ist es ausgetragen, daß der vollmachtlos handelnde Vertreter mit den Kosten zu belasten ist (s. dazu Schneider, Rpfleger 1976, 229 ff; zuletzt BGH WPM 1981, 1332). Daran hat die Aufhebung des § 112 ZPO nichts geändert; denn diese Vorschrift regelte lediglich die Kostenbelastung bevollmächtigter Vertreter.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">In Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt ebenfalls der Grundsatz, daß ein vollmachtloser Vertreter mit Verfahrenskosten belastet werden kann. § 13a Abs. 1 S. 2 PGG, wonach einem Beteiligten die durch ein unbegründetes Rechtsmittel veranlaßten Kosten auferlegt werden können, ist allerdings unanwendbar. Denn diese Vorschrift handelt nur von der Kostenerstattung. Darüber hinaus kommt jedoch die Heranziehung von Vertretern ohne Vertretungsmacht nach allgemeinen Grundsätzen des Kostenentscheidungsrechts in Betracht (Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 11. Aufl. 1978, § 13 a Anm. 14; Konrintenberg/Ackermann/Lappe, Kostenordnung, 9. Aufl. 1978, § 2 Anm. 14; so schon früher KG KGJ 3 S. 191 Nr. 98).</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Haftung des Notars persönlich ergibt sich aus § 2 Nr. 1 KostO.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Danach ist bei Antragsgeschäften derjenige Kostenschuldner, der die Tätigkeit des Gerichts "veranlaßt", sei es persönlich oder durch einen Bevollmächtigten oder dadurch, daß der Beteiligte durch sein Verhalten das Handeln eines vollmachtlosen Vertreters auslöst. Im Ausgangsfall ist keiner- dieser Haftungstat- bestände zu Lasten der Beteiligten gegeben. Die Beteiligte hat weder persönlich ein Rechtsmittel eingelegt noch hat sie ausweislich ihrer unwiderlegten Protokollerklärung einen dahingehenden Auftrag erteilt. Anhaltspunkte dafür, daß sie gleichwohl die Tätigkeit des Notars in mehreren Beschwerdeverfahren ausgelöst habe, bestehen nicht. Davon kann der Senat insbesondere deshalb nicht ausgehen, weil der Notar die Anfrage des Gerichts nicht beantwortet und zur Protokollerklärung der Beteiligten keine Stellung genommen hat.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Daraus folgt, daß nur der Notar als derjenige, der tätig geworden ist, der Veranlasserhaftung des § 2 Nr. 1 KO unterliegt. Dementsprechend ist für die von ihm eingeleiteten Rechtsmittelverfahren seine Kostenhaftung auszusprechen</p>
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315,843 | olgk-1981-11-19-23-wlw-2281 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 23 WLw 22/81 | "1981-11-19T00:00:00" | "2019-03-13T15:15:25" | "2019-03-27T09:42:04" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1981:1119.23WLW22.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beschluß des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht Bergisch Gladbach vom 7. Juli 1981 - 7 LwG 6/81 - wird teilweise dahin abgeändert, daß Abschnitt c) des Beschlusstenors ("Ziffer II 3 c) des Vertrages nicht gilt“) entfällt.</p>
<p>Für die Beschwerdeinstanz wird von der Erhebung  der Gerichtskosten abgesehen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> <span style="text-decoration:underline">Gründe:</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der am 2. Dezember 1980 verstorbene Landwirt F war Eigentümer verschiedener im Grundbuch von P Bl. 0xx2. eingetragener Grundstücke in der Gesamtgröße von 13.29.09 ha; es handelt sich dabei um einen Hof' im Sinne der HöfeO. Der Erblasser ist kraft Testaments von der Beteiligten zu 1), seiner Ehefrau, als befreiter Vorerbin und von den Beteiligten zu 2), 4) und 5), seinen Kindern, als Nacherben zu gleichen Teilen beerbt worden. Die Beteiligte zu 1) hat unter Berufung auf eine ausdrückliche testamentarische Ermächtigung ihres Ehemannes am 25. Februar 1981 vor Notar Dr. C mit den Beteiligten zu. 2) unter Mitwirkung der Beteiligten zu 3), seiner Ehefrau, und der Beteiligten zu 4) und 5) einen Hofübergabevertrag geschlossen. Darin verpflichtete sich der Beteiligte zu. <em>2) im</em> Rahmen der Einräumung eines Altenteilrechts u.a., an die Beteiligte zu 1) eine monatliche Rente in Höhe von 500,-- DM zu zahlen (Ziff. II 1c). Unter Ziffer II 3 des Vertrages ist folgendes vereinbart:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">„Der Erwerber verpflichtet sich, den hier erworbenen Grundbesitz nicht ohne Zustimmung des Übergebers zu veräußern oder zu belasten oder sonst darüber zu verfügen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Übergeber ist berechtigt, die Übertagung des Grundbesitzes auf sich zu verlangen, wenn</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">a) der Erwerber seinen in dieser Urkunde ihm gegenüber eingegangenen Verpflichtungen nicht pünktlich und ordnungsgemäß nachkommt, oder</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">b) in den Grundbesitz Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden, oder</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">c) der Erwerber vor dem Übergeber ohne Hinterlassung von Abkömmlingen verstirbt.“</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Das Landwirtschaftsgericht hat durch den angefochtenen Beschluß gemäß § 17 Abs. 3 HöfeO den Vertrag mit der Maßgabe genehmigt, daß</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">a) eine Rente gemäß Ziffer II 1 c des Vertrages nur in Höhe von monatlich 250,-- DM zu zahlen ist,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">b) Ziffer II 3 a) des Vertrages mit der Maßgabe gilt, daß nur nachhaltige, grobe und vorsätzliche Vertragsverletzungen vorliegen,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">c) Ziffer II 3 c) des Vertrages nicht gilt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Zu Buchstabe c) hat das Landwirtschaftsgericht ausgeführt: Der Übergabevertrag müsse endgültig sein, damit eine Regelung im Sinne der vorweggenommenen Erbfolge angenommen werden könne. Die Rückabwicklung sei untunlich und insbesondere nach der zwischenzeitlichen Geburt eines Abkömmlings des Beteiligten zu 2) unbedingt zu vermeiden. Es könne auch nicht die Möglichkeit einer späteren gesonderten Genehmigung der Rückübertragung offengehalten werden; denn dies werde gleichfalls zu unzuträglichen und mit dem bei der Änderung höferechtlicher Vorschriften zum Ausdruck gekommenen Gleichberechtigungsgrundsatz nicht in Einklang stehenden Ergebnissen führen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen, ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 7. August 1981 zugestellten Beschluß wendet sichdie Beteiligte zu 1) mit der sofortigen Beschwerde, die am. 14. August 1981 beim Landwirtschaftsgericht eingegangen ist. In der mündlichen Verhandlung des Senats hat die Beteiligte zu 1) beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Hofübergabevertrag auch zu Ziff. II 3 c) zu genehmigen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Wegen des Vortrags der Beteiligten zu 1) im Einzelnen wird auf den Inhalt ihrer Beschwerdeschrift Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">II.<img width="657" height="47" src="23_WLw_22_81_Beschluss_19811119_0.png" alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." /></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Rechtsmittel ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt  worden (§§ 9, 22 Abs. 1 LwVG, 21, 22 Abs, 1 FGG). Es hat auch in der Sache selbst Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der <em>vorlieg</em>ende Vertrag hat eine Hofübergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gemäß § 17 Abs. 1 Höfe0 zum Gegeanstand. Er ist nach §§ 1, 2 GrdstVG genehmigungsberdürftig. Gemäß § 17 Abs. 3 Höfe0 ist die Genehmigung durch das Gericht, also nach § 1 Ziff. 2 LwVG durch das Landwirtschaftsgericht zu erteilen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Darüber, nach welchen Gesichtspunkte das Landwirtschaftsgericht die inhaltliche Kontrolle des Übergabevertrages auszuüben hat, herrscht im Grundsatz kein Streit (vgl. Faßbender-Hötzel-Pikalo, § 17 HöfeO Rdn. 97 ff.; Lange-Wulff-Lüdteke-Handjery, 8. Aufl., § 17 HöfeO Rdn. 111 ff mit Hinweisen auf die nicht ganz einheitliche Rechtsprechung; Wöhrmann-Stöcker, Das Landwirtschaftserbrecht, 3. Aufl., § 17 HöfeO, Rdnr. 87 f.). Die Prüfung erstrecht (und beschränkt) sich darauf, ob der Vertrag als ganzes oder in einzelnen Bestimmungen zwingenden Hindernissen oder Verboten nach dem</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">a)   allgemeinen Bürgerlichen Recht,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">b)   Grundstücksverkehrsrecht,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">c)   Höferecht oder Bürgerlichen  Erbrecht</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">entgegensteht. Die im Beschwerdeverfahren noch umstrittene Vertragslausel hält einer derartigen Untersuchung stand.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">1) Ziffer II 3 c) des Vertrages räumt der Beteiligten zu 1) einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums an den Hofgrundstücken unter der aufschiebenden Bedingung ein, daß der Beteiligte zu 2) vor ihr verstirbt und keine Abkömmlinge hat. Diese Regelung begegnet keinen Bedenken aus allgemeiner bürgerlich-rechtlicher Sicht. Der Hofübergabevertrag ist ein Rechtsgeschäft unter Lebenden. Er kann daher grundsätzlich, soweit es den schuldrechtlichen Teil angeht (zur Auflassung vgl. § 925 Abs. 2 BGB), gemäß §§ 158 ff. BGB Bedingungen unterstellt werden. Grenzen ergeben sich lediglich insoweit, als eine verbots- oder sittenwidrige Bedingung nicht Vertragsinhalt wird; um eine solche handelt es sich hier unzweifelhaft nicht.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">2) Die Vertragsbestimmung verstößt auch nicht gegen grundstücksverkehrsrechtliche Grundsätze. Die Rückübertragung des Hofes soll im Falle des Bedingungseintritts geschlossen auf eine natürliche Person erfolgen. Insoweit steht also eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens im Sinne des über § 31 anwendbaren § 9 Abs. 1 Ziff. 1 GrdstVG nicht in Rede (vgl. Faßbender-Hötzel-Pikalo a.a.O. Rdn. 98). Entgegen der von den Oberlandesgerichten Hamm und Celle (Rdn. 65, 271; 70, 177) vertretenen Auffassung kann man eine (zukünftige) ungesunde Bodenverteilung auch nicht deshalb annehmen, weil der Hofübergeber im Zeitpunkt des Bedingungseintritts möglicherwiese nicht (mehr) wirtschaftsfähig ist. Die Wirtschaftsfähigkeit des Veräußerers steht auch im Zeitpunkt der Hofübergabe nicht fest. Sie wird in einer beträchtlichen Zahl von Fällen aus Alters- und/oder Gesundheitsgründen fehlen; grade dies ist vielfach der Anlaß zur vorzeitigen Hofübergabe. Eine Rückübertragung des Hofes auf den Übergeber stellt jedoch lediglich einen Zustand wieder her, der vormals bestanden hatte. Daher kann die Zulässigkeit der Rückerwerbsklausel nicht an die Voraussetzung der Wirtschaftsfähigkeit gekoppelt werden, auch nicht dergestalt (vgl. OLG Hamm a.a.O.), daß die Genehmigung bis zu einem etwaigen Bedingungseintritt in der Schwebe bleibt, zumal für diesen Fall die Vertragsschließenden im Unklaren bleiben, was zwischen ihnen rechtens ist.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">3) Daß der betagte Landwirt noch zu Lebzeiten den Hof auf den Sohn überträgt, ist aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und des Familienfriedens begrüssens- und damit fördernswert (vgl. Lange-Wulff-Lüdtke-Handjery a.a.O. Rdn. 1). Daraus ergibt sich aus höferechtlicher Sicht das Gebot einer möglichst großzügigen Prüfung der für die Übergabe ausgehandelten Bedingungen, wie dies auch dem schuldrechtlichen Prinzip der Vertragsfreiheit entspricht. Es ist ein berechtigtes Anliegen des Übergebers, den Hof nach Möglichkeit in der Familie zu halten, von der er stammt.Im Falle einer Hoferbeneinsetzung aufgrund Verfügung von Todes wegen (vgl. § 7 Abs. 1 Höfe0) ergäbe sich ein derartiger Affektsozusagen von selbst. Der kraft Testaments oder Erbvertrags eingesetze Sonn könnte den Hof nur erwerben, wenn er im Zeitpunkt des Erbfalls lebt (§ 1923 Abs.1 BGB). Für den Fall seines Vorversterbens könnte der Erblasser einen Ersatzerben bestimmen (§ 2096 BGB). Auch ohne eine solche Bestimmung würde aufrund der gesetzlichen Auslegungsregel in § 2069 BGB ein beim Erbfall lebender Abkömmling des Sohnes Ersatzerbe werden. Lebte auch ein solcher beim Erbfall nicht, trät gesetzliche Erbfolge ein (vgl. § 10 HöfeO). Bei ihr käme aber niemals die Überlebende Ehefrau des Sohnes, sondern ein entfernterer Verwandter des Erblassers zum Zuge. Eine solche Rechtsfolge auch für den Fall der vorzeitigen Hofübergabe offen zu halten, ist in der Rückerwerbsklausel, die danach durchaus billigenswert erscheint. Der Senat verkennt nicht, daß sich eine derartige Regelung im Ergebnis einer Vor- und Nacherbeneinsetzung nähert, die durch Rechtsgeschäft unter Lebenden nicht begründet werden kann (vgl. Faßbender-Hötzel-Pikalo a.a.O., Rdn. 55; Lange-Wulff-LüdtkeHandjery a.a.O., Rdn. 8). Es kommt jedoch insoweit allein auf die rechtliche Betrachtungsweise an, Sie ergibt mit Rücksicht auf die Darlegungen zu Abschnitt 1)grundlegende Unterschiede: Der Beteiligte zu 2) wird durch die Übergabe nicht (vorweggenommener) Vor- , sondern Vollerbe bezüglich des Hofes. Sollte er vor der Beteiligten zu 1) ohne Abkömmlinge versterben, fiele der Hof der überlebenden Ehefrau als <span style="text-decoration:underline">seiner</span> gesetzlichen Hoferbin zu (vgl. § 5 Ziff. 2 HöfeO); gleichzeitig träte aber die rechtsgeschäftlichen vereinbarte Bedingung ein, die die Hoferbin schuldrechtlich zur (Rück-) Übertragung des Hofes auf die Beteiligte zu 1) verpflichtete.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Das Landwirtschaftsgericht hat die Genehmigung u.a. mit der Begründung verweigert, die Hofübergebe müsse endgültig sein. Dabei hat es zum einen nicht berücksichtigt, daß der Hof dem Beteiligten zu 2) zu Lebzeiten nicht genommen wird. Es hat sich im übrigen in Widerspruch dazu gesetzt, daß es andere Rückerwerbsklauseln, nämlich für den Fall grob vertragswidrigen Verhaltens des Beteiligten zu 2) und von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in den Grundbesitz, genehmigt hat. Daß Rücktrittsvorbehalte unter den genannten Bedingungen zulässig sind, entspricht allgemeiner Auffassung (vgl. Faßbender-Hötzel-Pikalo a.a.O., Rdn. 47 ff.; Lange‑Wulff-Lüdtke-Handjery a.a.O., Rdn. 63 mit Nachweisen aus derRechtsprechung: Wöhrmann-Stöcker a.a.O., Rdn. 75 ff.). Daraus erhellt: Der Begriff der "Endgültigkeit“ ist nicht zwingend mit der Hofübergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge verknüpft.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Begegnet nach den vorstehenden Ausführungen die vertragliche Rückerwerbsklausel weder aus bürgerlich- noch aus grundstücksverkehrs- oder höferechtlicher Sicht durchgreifenden Bedenken, so ist sie zu genehmigen (so im Ergebnis auch Faßbender-Hötzel-Pikalo a.a.O. Rdn. 55 und DNotZ 68, 80; Schulte Rdn. 62, 139 f.; Haegele Rdn. 63, 258, 260).</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Von der Erhebung von Gerichtskosten für die Beschwerdeinstanz hat der Senat gemäß § 42 Abs. 1 LwVG abgesehen. Die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten (§ 45 Abs. 1 LwVG) erschien nicht angezeigt, weil zwischen den Beteiligten kein Streitverhältnis besteht.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Zwar hat die vorliegende Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (vgl. § 24 Abs. 1 LwVG). Aber keiner der Beteiligten ist beschwerdeberechtigt: Die Beteiligte zu I) erhält, was sie begehrt. Die übrigen Beteiligten haben keine Beschwerdebefugnis, weil sie gegen die Entscheidung des Amtsgerichts keine Beschwerde eingelegt haben und die erstinstanzliche Entscheidung auch nicht zu ihren Ungunsten verändert wird (vgl. BGH Rdn. 52, 16 f.).</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird gemäß §§ 20 Abs. 1 a, Abs. 2 HöfeVO, 19 Abs. 2 und 3 KostO auf 5.000,-- DM festgesetzt.</p>
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315,844 | olgk-1981-11-19-25-uf-8681 | {
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"slug": "olgk",
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"state": 12,
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} | 25 UF 86/81 | "1981-11-19T00:00:00" | "2019-03-13T15:15:26" | "2019-03-27T09:42:04" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1981:1119.25UF86.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die am 6. Mai 1981 bei Gericht eingegangene Beschwerde der Antragsgegne-rin gegen das am 7. April 1981 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Versorgungsanwartschaft des Antragstellers auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung aus seinem Beschäftigungsverhältnis beim Bundesverband Bürowirtschaft , S. 69 , K. dem schuldrechtlichen Versorgsausgleich vorbehalten bleibt. </p>
<p></p>
<p>Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsteller 114 und die Antragsgegnerin 3/4. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><span style="text-decoration:underline;">G r ü n d e :</span></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben am 18. März 1960 geheiratet. Der Antragsteller hat am 27. Februar 1980 einen Ehescheidungsantrag zustellen lassen. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin ist niemals berufstätig gewesen und hat keine Anwartschaften auf Altersversorgung erworben. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller hat in der Ehezeit Rentenanwartschaften bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Höhe von monatlich 876,70 DM erworben, außerdem bei seinem früheren Arbeitgeber, der Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels e. V. , K<b>. </b>Anwartschaften auf eine unverfallbare, zeitlich nicht begrenzte, noch nicht laufende, nicht voll dynamische Arbeitgeberrente für Alter und Invalidität, die bei Erreichen des 65. Lebensjahres zu einer Jahresrente von 23.097,36 DM führen wird. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Am 31. Dezember 1978, also noch während der Ehezeit, hat der Antragsteller sein Dienstverhältnis zu seinem früheren Arbeitgeber beendet, am 1. Januar 1979 ist er in die Dienste seines heutigen Arbeitgebers getreten, des Bundesverbandes Bürowirtschaft e. V. , K. Sein heutiger Arbeitgeber hat ihm eine neue, zusätzliche Versorgungszusage erteilt, die am 1. August 1994, d.h. bei Vollendung des 65. Lebensjahres des Antragstellers, 2.293,23 DM monatlich betragen wird; diese zusätzliche Versorgungsanwartschaft ist noch bis Ende 1988 verfallbar. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit Verbundurteil vom 7. April 1981 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Köln die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt; es hat vom Konto des Antragstellers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin auf ein für die Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin zu begründendes Konto bestimmte Rentenanwartschaften übertragen und dem Antragsteller aufgegeben, als Beiträge zur Begründung von Anwartschaften auf eine Rente in bestimmter Höhe zugunsten der Antragsgegnerin an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin 25.706,96 DM zu zahlen. Die Versorgungsanwartschaft des Antragstellers bei seinem heutigen Arbeitgeber ist im ersten Rechtszug unbeachtet geblieben, das Familiengericht hat zu ihr keine Auskünfte eingeholt und sie in Tatbestand und Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils gar nicht erwähnt . </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Gegen das Verbundurteil hat die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter teilweiser Abänderung der angefochtenen Entscheidung den Versorgungsausgleich auch insoweit durchzuführen, als der Antragsteller in der Zeit vom 1. Januar 1979 bis zum 31. Januar 1980 Versorgungsanwartschatten auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung aus seinem Beschäftigungsverhältnis beim Bundesverband Bürowirtschaft, S. erworben hat. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Wie die Besehwerdebegründung zeigt, geht die Antragsgegnerin davon aus, daß die von ihr angesprochene Versorgungsanwartschaft bereits unverfallbar sei . </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller hat beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Beschwerde zurückzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Saat hat zu der in Rede stehenden Versorgungsanwartschaft Auskünfte eingeholt, die das vorstehend bereits wiedergegebene Ergebnis erbracht haben. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist an sich statthaft, § 621 e Abs. 1 ZPO, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 621 e Abs. 3 Satz 2, 516, 519 Abs. 1 und 2 ZPO. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Auch alle sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind erfüllt. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Insbesondere kann eine Beschwer der Antragsgegnerin nicht verneint werden. Sie ergibt sich daraus, daß das Familiengericht einerseits zum Versorgungsausgleich eine Entscheidung erlassen hat, die sich zumindest ihrem äußeren Anschein nach als vollständig und abschließend darstellt, andererseits aber die hier in Rede stehende Versorgungsanwartschaft nicht berücksichtigt hat. Angesichts dessen erscheint es nicht ganz ausgeschlossen, daß - vor allem später, beim Eintritt des Versorgungsfalles - die Auffassung vertreten werden könnte, über den Versorgungsausgleich sei bereits insgesamt, endgültig entschieden worden, aus dem angefochtenen Verbundurteil ergebe sich, daß die Versorgungsanwartschaft aus dem jetzigen Arbeitsverhältnis des Antragstellers nicht in den Versorgungsausgleich gehöre, und dies sei ein für allemal rechtskräftig entschieden. Die Antragsgegnerin muß die Möglichkeit haben, dieser Gefahr zu begegnen. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">III.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">In der Sache ist das Rechtsmittel nur insoweit begründet, als in Ergänzung des angefochtenen Verbundurteils ausgesprochen werden kann, daß die noch verfallbare Versorgungsanwartschaft des Antragstellers aus seinem jetzigen Arbeitsverhältnis dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorzubehalten ist. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Beschwerdeantrag der Antragsgegnerin ist unscharf gefaßt. Er läßt nicht erkennen, in welcher Weise der "Versorgungsausgleich auch insoweit durchzuführen" sein soll, als der Antragsteller die hier in Rede stehende Versorgungsanwartschaft erworben hat. Wie die Beschwerdebegründung zeigt, hat die Antragsgegnerin - zu Unrecht - bereits Unverfallbarkeit der fraglichen Versorgungsanwartschaft angenommen. Andererseits hat sie ihre Beschwerde aufrechterhalten, obwohl der Senat ihr die von ihm eingeholten Auskünfte mitgeteilt und sie so über die noch bestehende Verfallbarkeit der Versorgungsanwartschaft des Antragstellers aus seinem derzeitigen Arbeitsverhältnis unterrichtet hat. Der Senat geht daher davon aus, daß die Antragsgegnerin in jedem Falle die für sie möglichst günstige Entscheidung erreichen möchte. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Eine Einbeziehung der noch verfallbaren Anwartschaft auf eine betriebliche Altersversorgung in den dinglichen Versorgungsausgleich kommt nicht in Betracht, für Anwartschaften oder Aussichten auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die im Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung noch nicht unverfallbar sind, finden vielmehr die Vorschriften über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich Anwendung, §§ 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3, 1587 f Ziff. 4 BGB. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Ein Anspruch auf Zahlung einer Geldrente im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleiches steht der Antragsgegnerin ebenfalls noch nicht zu, die Rente kann vielmehr erst dann verlangt werden, wenn beide Ehegatten eine Versorgung erlangt haben oder wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte eine Versorgung erlangt hat und der andere Ehegatte wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine ihm nach Ausbildung und Fähigkeiten zumutbare Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann oder das 65. Lebensjahr vollendet hat, § 1587 g Abs. 1 Satz 2 BGB. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Auch für ein Feststellungsurteil des Inhaltes, daß die Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung aus dem derzeitigen Arbeitsverhältnis des Antragstellers im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleiches auszugleichen sei, ist kein Raum (Allgemeine Meinung, vgl. OLG Schleswig FamRZ 1981, 372; OLG Düsseldorf FamRZ 1981, 565 MünchK Rdz. 9 zu § 1587; Zöller Anm. 4 d zu § 623). </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Für eine derartige Feststellung fehlen derzeit sowohl die Grundlagen als auch ein rechtsschutzwürdiges Interesse. Heute steht noch gar nicht fest, ob die noch verfallbare Versorgungsanwartschaft des Antragstellers jemals zu einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft erstarken wird; dies wird vom Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses abhängen, wozu sich heute nichts sagen Iäßt. Würde jetzt eine Feststellung in dem eben erwähnten Sinne getroffen und würde das zur Zeit bestehende Arbeitsverhältnis des Antragstellers, aus welchen Gründen auch immer, alsbald beendet, so wäre der Feststellung jedwede Grundlage entzogen. Außerdem ist auch die Höhe einer der Antragsgegnerin demnächst zustehenden Ausgleichsrente noch unbestimmt, vgl. § 1587 g Abs. 2 Satz 1 BGB. Fehlt es danach schon an den tatsächlichen Voraussetzungen für eine Feststellung des eben erwähnten Inhaltes, so gibt es für sie auch kein rechtsschutzwürdiges Interesse. Es ist der Antragsgegnerin unbenommen, bei, Eintritt des Versorgungsfalles gemäß § 1587 g Abs. 1 Satz 2 BGB eine Ausgleichsrente zu fordern. Dieser ihr Anspruch ist unabhängig davon, ob heute - vorweg eine ihn betreffende Feststellung getroffen. wird. Eine solche Feststellung wäre insbesondere nicht geeignet, den Ausgleichsanspruch der Antragsgegnerin zu verstärken oder sonstwie zu verbessern. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Nicht gehindert sieht der Senat sich jedoch an einem Ausspruch des Inhaltes, daß die noch verfallbare Versorgungsanwartschaft des Antragstellers dem schuldrecht- lichen Versorgungsausgleich vorzubehalten ist. Ein solcher Ausspruch erscheint schon deshalb geboten, weil er geeignet ist, Klarheit zu schaffen. Anders als nach dem angefochtenen Verbundurteil des Familiengerichtes kann es nun keinen Zweifel mehr darüber geben, daß die erwähnte Versorgungsanwartschaft des Antragstellers im jetzigen Verfahren gesehen und beachtet worden ist. Gleichzeitig wird jeder künftigen Auseinandersetzung oder Unklarheit darüber, in welcher Form diese Anwartschaft in den Versorgungsausgleich einzubeziehen ist, der Boden entzogen: In bezug auf sie scheidet ein Versorgungsausgleich nach §§ 1587 a ff. BGB aus. Sie kann nur Gegenstand eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleiches gemäß §§ 1587 f ff. BGB sein. Wenngleich ungewollt, so ist dies doch inzidenter auch schon vom Familiengericht entschieden worden, welches den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich durchgeführt und dabei die hier in Rede stehende Versorgungsanwartschaft eben nicht berücksichtigt hat. Im Ergebnis trifft der Senat somit keine Entscheidung, welche von derjenigen des Familiengerichtes abweichen oder sie in der Sache ergänzen würde. Es geht, wie bereits erwähnt, nur um eine Klarstellung, die freilich dann naheliegt, wenn die Parteien gerade über eine bestimmte Versorgungsanwartschaft streiten oder, wenn wie im vorliegenden Fall, gerade ihretwegen ein Rechtsmittel eingelegt wird. Auf die Rechtsbeziehungen der Parteien zueinander, insbesondere auf einen etwaigen zukünftigen Rentenanspruch der Antragsgegnerin gegen den Antragsteller hat die vorliegende Entscheidung keinen Einfluß. Erst nach dem Eintritt des Versorgungsfalles, wenn die Antragsgegnerin die Rente gemäß § 1587 g Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen kann, wird im Streitfall darüber zu entscheiden sein, ob ihr überhaupt ein Rentenanspruch zusteht, wie hoch - bejahendenfalls - die Rente zu berechnen ist, ob etwa ein Ausschluß des Ausgleichsanspuches nach § 1587 h BGB in Betracht kommt , ob Raum ist für eine Abtretung der Versorgungsansprüche in Höhe der laufenden Ausgleichsrente gemäß § 1587 i BGB usw. Eine Entscheidung hierüber wäre heute noch gar nicht möglich .So kommt es zum Beispiel für einen Ausschluß des Ausgleichsanspruches auf die Lebensverhältnisse der Parteien an, wie sie zukünftig gegeben sein werden, vgl. § 1587 h Satz 1 Ziff. 1 BGB, oder darauf, ob der Berechtigte nach der Ehescheidung bewirkt hat, das ihm eine Versorgung, die auszugleichen wäre, nicht gewährt wird, vgl. § 1587 h Satz 1 Ziff. 2 BGB; eine Abtretung von Versorgungsansprüchen setzt voraus, daß überhaupt ein Anspruch auf eine laufende Ausgleichsrente besteht und daß deren Höhe bekannt ist. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Nach alledem führt die Beschwerde der Antragsgegnerin nur zu der klarstellenden Ergänzung der Entscheidungsformel des angefochtenen Verbundurteils dahingehend, daß die noch verfallbare Anwartschaft des Antragstellers auf betriebliche Altersversorgung aus seinem jetzigen Dienstverhältnis dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorzubehalten ist. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO. Dem Senat erscheint es angemessen, dem Beschwerdegegner ein Viertel der Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, da die Antragstellerin immerhin die eben beschriebene Klarstellung erreicht hat und mit ihrem Rechtsmittel so nicht ganz erfolglos geblieben ist. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Streitwert für<i> </i>die Beschwerde: 1.OOO,-- DM.</p>
|
315,845 | olgham-1981-11-03-5-ss-owi-222580 | {
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<p>Der Leiter einer Versammlung unter freiem Himmel oder eines Aufzuges, der gegen eine Auflage der Verwaltungsbehörde nach § 15 Abs. 1 VersG verstößt, ist jedenfalls dann nicht nach § 25 Nr. 2 VersG strafbar, wenn die zur Tatzeit wegen noch möglichen Widerspruchs noch nicht rechtskräftige, aber auch nicht angefochtene Auflage nicht für sofort vollziehbar gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO erklärt und zudem auch nicht rechtmäßig war.</p>
<p>Ob allein schon wegen fehlender Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Straftatbestand des § 25 Nr. 2 VersG entfällt, läßt der Senat offen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tenor:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Revision wird verworfen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der
Staatskasse zur Last.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit Bußgeldbescheid des Ordnungsamtes der Stadt ... vom 5. Oktober 1979 war gegen den Angeklagten wegen
Zuwiderhandlung gegen §§ 10 Abs. 2, 17 Abs. 2 Buchstabe a Landesimmissionsschutzgesetz (LImschG) eine
Geldbuße in Höhe von 500,- DM festgesetzt worden. Nach seinem hiergegen fristgerecht eingelegten Einspruch
wies das Amtsgericht Münster den Angeklagten ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls vom 5. Mai 1980 darauf
hin, daß eine Verurteilung auch wegen einer Straftat nach "§§ 15, 22 Versammlungsgesetz" in
Betracht komme.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat den Angeklagten mit dem angefochtenen Urteil freigesprochen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Es ist hierbei im wesentlichen von folgenden Feststellungen ausgegangen:</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Polizeidirektor in ... bestätigte mit Schreiben vom 24. Juli 1979 einen von dem
"Koordinationsausschuß gegen die Richtlinien zur Genehmigung von INFO-Ständen" für den
4. August 1979 ab 12.00 Uhr angemeldeten und zu diesem Zeitpunkt auch durchgeführten Aufzug, dessen Leiter
der Angeklagte war. Diesem Schreiben zufolge wurden ca. 1.000 Teilnehmer zu dem durch die Innenstadt von ...
führenden Aufzug mit drei Versammlungsorten erwartet. Mit dem genannten Bestätigungsschreiben wurden
- ohne Anordnung ihrer sofortigen Vollziehbarkeit gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO - u.a. folgende
versammlungsrechtliche Auflagen "zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung"
erteilt:</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><i>"II. ...</i></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">1. bis 3. ...</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">4. Die Lautstärke von Lautsprechern (auch Megaphon) ist so zu wählen, daß nur die
Versammlungsteilnehmer erreicht werden. Während des Aufzuges darf ein Lautsprecher nur für Durchsagen,
die der Zugordnung dienen, benutzt werden ...</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><i>III. ...</i></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><i>IV. Im übrigen weise ich Sie auf folgendes hin:</i></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">1. Für die Benutzung eines Lautsprechers bedarf es der Erlaubnis der Ordnungsbehörde ... gem. §
10 Abs. 3 des Gesetzes zum Schutz vor Luftverunreinigungen, Geräuschen und ähnlichen Umwelteinwirkungen
(Landes-Immissionsschutzgesetz - LImschG) vom 18. März 1975 (GV NW von 1978 S. 232). ...</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">2. Die Benutzung eines Lautsprechers ist ohne eine solche Erlaubnis nur dann zulässig, wenn dies aufgrund
der Teilnehmerzahl innerhalb der Veranstaltung zur Verständigung erforderlich ist. Dies ist nur dann der Fall,
wenn mindestens 40 Personen an der Versammlung teilnehmen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">3. bis 4. ..."</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Durchführung des Aufzuges, an dem sich etwa 200 Personen beteiligten, erfolgte zu dem in dem
Bestätigungsschreiben genannten Zeitpunkt. An der Spitze des Zuges gingen der Angeklagte und der frühere
Betroffene ... der im vorliegenden Verfahren bereits rechtskräftig freigesprochen wurde. Letzterer benutzte,
während der Aufzug sich vom Prinzipalmarkt zu dem Versammlungsplatz in der Salzstraße bewegte, ein nach
hinten in Richtung der Aufzugteilnehmer gerichtetes Megaphon und gab mit diesem Parolen durch, die das Anliegen des
angemeldeten Aufzuges zum Inhalt hatten. Die Teilnehmer des Aufzuges wiederholten anschließend die durchgegebenen
Parolen. Ein Polizeibeamter forderte noch auf dem Prinzipalmarkt sowohl den Angeklagten als auch den neben ihm
gehenden Betroffenen Koepsell vergeblich auf, die Durchgabe von Parolen mittels Megaphon einzustellen. Der Angeklagte
lehnte deren Einstellung ausdrücklich ab.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht ist der Auffassung, daß die Auflage zu Ziffer II 4. der Anmeldebestätigung nicht
rechtmäßig gewesen und daher ein strafbares Verhalten des Angeklagten gemäß §§ 15
Abs. 1, 25 Nr. 2 VersG nicht festzustellen sei. Im Hinblick auf den mit jeder Versammlung verbundenen Zweck, die
Öffentlichkeit anzusprechen, und unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse - der Aufzug
habe sich überwiegend durch Fußgängerstraßen bzw. dem Fahrzeugverkehr nur beschränkt
zugängliche Straßen bewegt - seien besondere Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung,
denen durch die fragliche Auflage hätte begegnet werden können, nicht ersichtlich. Desweiteren habe sich der
Angeklagte auch nicht einer Ordnungswidrigkeit nach §§ 33 Abs. 1 Nr. 1, 49 StVO, 24 StVG bzw. nach §
10 Abs. 2 LImschG schuldig gemacht. Einerseits habe eine unmittelbare Gefahr für den öffentlichen Verkehr
nicht vorgelegen, andererseits gehe diesen Bestimmungen das Versammlungsgesetz vor.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Hiergegen wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der die Verletzung materiellen Rechts infolge
Nichtanwendung des § 25 Nr. 2 VersG gerügt wird. Die Revision ist insbesondere der Auffassung, daß
die Verwaltungsbehörde den Megaphoneinsatz ermessensfehlerfrei zum Schütze von Gemeinschaftsinteressen,
die in dem Schutz vor übermäßigem gesundheitsgefährdendem Lärm (§ 15 Abs. 2 LImschG)
gesehen werden, beschränkt habe und die Auflage daher rechtmäßig gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Zulässigkeit der hier eingelegten Sprungrevision folgt aus §§ 81 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1
OWiG, 335 Abs. 1 StPO. Durch den in der Hauptverhandlung vom 5. Mai 1980 erteilten rechtlichen Hinweis auf die
Möglichkeit einer Verurteilung "wegen einer Straftat nach den §§ 15, 22 VersG" hat der
vorherige Betroffene gemäß § 81 Abs. 2 Satz 2 OWiG die Rechtsstellung des Angeklagten erhalten.
Das Bußgeldverfahren ist damit in ein Strafverfahren übergegangen. Für das weitere Verfahren waren
von diesem Zeitpunkt an die besonderen Vorschriften des Ordnungswidrigkeitengesetzes nicht mehr anzuwenden (§
81 Abs. 3 Satz 1 OWiG); insbesondere sind daher gegen die Entscheidung nach dem Übergang in das Strafverfahren
nur die Rechtsmittel der Strafprozeßordnung zulässig (Göhler, OWiG, 6. Aufl., § 81, Rdn. 24).
Hierauf ist es ohne Einfluß, daß die Erteilung des rechtlichen Hinweises auf eine mögliche Straftat
unter Verkennung der Sach- oder Rechtslage erfolgte, indem zunächst auf eine nicht zutreffende Strafnorm
hingewiesen wurde (vgl. Göhler a.a.O., Rdn. 16). Unerheblich ist es auch, daß das Amtsgericht das Vorliegen
einer Straftat einer Straftat im Ergebnis verneint und den Angeklagten freigesprochen hat (vgl. Göhler a.a.O.,
Rdn. 24 m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Soweit in der Revisionsbegründung vom 7. Juli 1980 ein Revisionsantrag hinsichtlich des Angeklagten ... fehlt,
ist dies im Ergebnis unschädlich und führt nicht zur Unzulässigkeit der Revision, da sich das
Revisionsbegehren - hier die Verurteilung nach § 25 Nr. 2 VersG - eindeutig aus der Begründung ergibt
(vgl. RG 56, 225; Kleinknecht, StPO, 35. Aufl., § 344, Rdn. 2).</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Freispruch des Angeklagten, insbesondere auch hinsichtlich eines Vergehens nach §§ 15 Abs. 1, 25
Nr. 2 VersG, ist im Ergebnis aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Über die Frage der Rechtmäßigkeit der Auflagen zur Megaphonbenutzung hinaus (siehe dazu unten)
hat der Senat erwogen, ob eine Strafbarkeit des Angeklagten hier nicht schon deshalb entfällt, weil die
versammlungsrechtlichen Auflagen im Tatzeitpunkt weder Rechtskraft erlangt hatten noch ihre sofortige Vollziehbarkeit
angeordnet worden war.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Zu dieser Fragestellung hat sich der Senat aus folgenden Gründen veranlaßt gesehen:</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">§ 25 Nr. 2 VersG, wonach der Leiter einer öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel oder eines
Aufzuges sich strafbar macht, der "Auflagen nach § 15 Abs. 1 nicht nachkommt", ist seit Inkrafttreten
des Versammlungsgesetzes vom 24. Juli 1953 (BGBl. I 684) im Tatbestand unverändert geblieben. Demgegenüber
erfuhr § 26 Nr. 1 VersG, der nach früherem Recht den Veranstalter oder Leiter unter Strafe stellte, der
u.a. eine öffentliche Versammlung oder einen Aufzug "trotz Verbots" abhielt, durch Art. 81 Nr. 6 a
Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch (EGStGB) vom 2. Februar 1974 (BGBl. I 469) eine Änderung;
tatbestandsmäßig ist hiernach nur noch die Durchführung einer Versammlung pp. "trotz vollziehbaren
Verbots". Schließlich wurde mit Änderungsgesetz zum Versammlungsgesetz vom 25. September 1978
(BGBl. I 1571) in § 29 Abs. 1 Nr. 3 VersG ein neuer Bußgeldtatbestand eingeführt, nach dem der Teilnehmer
einer öffentlichen Versammlung pp. ordnungswidrig handelt, der "einer vollziehbaren Auflage nach § 15
Abs. 1 nicht nachkommt." Die hierdurch geschaffene Rechtslage ist dadurch gekennzeichnet, daß das
Versammlungsgesetz in seinen Straf- bzw. Bußgeldtatbeständen einerseits auf eine "Auflage",
andererseits auf eine "<u>vollziehbare</u> Auflage" oder ein "<u>vollziehbares</u> Verbot"
abstellt.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Ob der Gesetzgeber mit der nur teilweisen Einfügung des Rechtsbegriffes der "Vollziehbarkeit"
in versammlungsrechtliche Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitstatbestände unterschiedliche Sanktionsmöglichkeiten
schaffen wollte, läßt sich den Begründungen des Rechtsausschusses des Bundestages zu den beiden
Inderungsgesetzen nicht deutlich entnehmen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Im allgemeinen Teil der Begründung zum Entwurf des EGStGB (BT-Drucks. 7/550 S. 194) wird ausgeführt,
daß in sog. Blankettvorschriften, in denen Zuwiderhandlungen gegen Anordnungen oder Verfügungen einer
Verwaltungsbehörde mit Strafe oder mit Geldbuße bedroht sind, bestimmt werde, daß der Tatbestand,
nur bei Zuwiderhandlungen gegen "vollziehbare" Anordnungen verwirklicht werde. Dies entspreche der
Gesetzgebungspraxis der letzten Jahre.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Dem entspricht die Begründung zur Änderung des § 26 Nr. 1 VersG, die ausführt: "In
§ 26 Abs. 1 Nr. 1 wird vor dem Wort "Verbot" das Wort "vollziehbar" eingefügt, um
klarzustellen, daß das Verbot der Verwaltungsbehörde einerseits ohne Bedeutung ist, wenn nicht die
Vollziehbarkeit der Verfügung angeordnet ist und daß das Verbot andererseits nicht unanfechtbar zu sein
braucht ..." (BT-Drucks. 7/550 S. 375).</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Begründung zur Einfügung des § 29 Abs. 1 Nr. 3 VersG (BT-Drucks. 8/1845 S. 11) äußert
sich lediglich zu dem Anlaß der Gesetzesänderung, der in der Notwendigkeit gesehen wurde, durch Sanktionierung
des Teilnehmers einer Versammlung eine Lücke zu schließen. Warum für den Teilnehmer auf einen Verstoß
gegen eine "vollziehbare Auflage" abgestellt wurde, während für den Leiter nach wie vor der
Verstoß gegen eine "Auflage" strafbewehrt bleibt, läßt die Begründung hingegen offen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Es stellt sich angesichts dieses unterschiedlichen Gesetzeswortlauts und der den Entwürfen beigefügten
Begründungen die Frage, ob der Gesetzgeber für die Blankettvorschrift des § 25 Nr. 2 VersG ebenfalls
von der in der Bundestagsdrucksache 7/550 S. 194 zum Ausdruck kommenden Auffassung ausgegangen ist, daß eine
Tatbestandswirkung nur der Zuwiderhandlung gegen eine "vollziehbare" Anordnung zukommen soll. Die
Begründung zur Änderung des § 26 Nr. 1 VersG spricht jedenfalls dafür, daß der Gesetzgeber
für die Zuwiderhandlung gegen ein Versammlungsverbot dessen Vollziehbarkeit bereits unabhängig von der
vorgenommenen Änderung vorausgesetzt hat, wenn er die Einfügung des Begriffes der Vollziehbarkeit lediglich
"zur Klarstellung" vorgenommen hat. Würde für § 25 Nr. 2 VersG dasselbe anzunehmen sein, so
wäre insoweit lediglich von einem Redaktionsversehen auszugehen, das auf die materielle Rechtslage keinen
Einfluß hätte.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Dafür, daß ein strafbewehrter Verstoß gegen eine verwaltungsbehördliche Verfügung
grundsätzlich deren "Vollziehbarkeit" im Zeitpunkt der Tatbegehung voraussetzt, spricht auch die
Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Frage der (früheren) Strafbarkeit einer Zuwiderhandlung gegen ein
amtliches Verkehrszeichen trotz dessen verwaltungsrechtlicher Anfechtung (BGHSt 23, 86, 91).</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Der Bundesgerichtshof unterscheidet hierbei ausdrücklich zwischen der verwaltungsrechtlichen Vollziehbarkeit
eines Verwaltungsaktes, die bereits mit seinem Erlaß eintritt und bestehen bleibt, solange er nicht mit
aufschiebender Wirkung angefochten worden ist, und der für die strafrechtliche Beurteilung maßgebenden
Verbindlichkeit eines Verwaltungsaktes, die er nur dann für gegeben hält, wenn sein Adressat die
verwaltungsbehördliche Verfügung ohne die Möglichkeit hemmender Rechtsbehelfe hinnehmen muß
und die Anordnung ohne Rücksicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels vollziehbar ist. Hiernach sollen
Zuwiderhandlungen gegen verwaltungsbehördliche Anordnungen nur dann strafbar sein, wenn im Zeitpunkt der Tat
die sofortige Vollziehbarkeit gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VWGO angeordnet war, wenn es sich um kraft
Gesetzes sofort vollziehbare Anordnungen handelt oder wenn der Verwaltungsakt zur Tatzeit bereits rechtskräftig
geworden war.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen entfällt allerdings zugleich auch das Kriterium der Rechtmäßigkeit
als objektive Bedingung der Strafbarkeit. Der Straf- oder Ordnungswidrigkeitstatbestand greift vielmehr auch dann ein,
wenn noch nicht feststeht, ob eine Zuwiderhandlung letztlich das sachliche Recht verletzt, also auch dann, wenn die
verwaltungsbehördliche Anordnung möglicherweise rechtswidrig (nicht: nichtig) ist (BGH a.a.O. 92; OLG Karlsruhe,
Die Justiz, 1977, 354). Dieser Rechtsansicht folgen neuere Entscheidungen, denen verwaltungsbehördliche Anordnungen
nach dem Versammlungsgesetz zugrunde lagen, deren sofortige Vollziehbarkeit jeweils angeordnet worden war (vgl. OLG
Oldenburg MDR 1980, 255 = Nds. Rpfl. 1980, 35; OLG Schleswig SchlHA 1981, 52; ähnlich - nur eingeschränkte
Rechtmäßigkeitsprüfung - OLG Oldenburg, Beschluß vom 30.4.1979 - Ss 41/79 - und Beschluß vom
29.5.1979 - Ss 19/79 -).</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Im Hinblick auf den von den §§ 26 Nr. 1, 29 Abs. 1 Nr. 3 VersG abweichenden Wortlaut des § 25 Nr. 2
VersG stellt sich andererseits aber auch die Frage, ob der Gesetzgeber insoweit bewußt davon abgesehen hat, wie
in den anderen Tatbeständen das Wort "vollziehbar" einzufügen, um dadurch eine Strafbarkeit des
gegen Auflagen verstoßenden Leiters einer Versammlung auch dann zu ermöglichen, wenn es sich zwar nicht um
vollziehbare Auflagen in vorstehendem Sinn, jedoch um rechtmäßige Beschränkungen einer Versammlung
handelt. Da die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit eines Verwaltungsaktes - auch die versammlungsrechtliche
Auflage ist entgegen ihrer Bezeichnung ein selbständiger Verwaltungsakt (vgl. z.B. Dietel/Gintzel, Demonstrations
und Versammlungsfreiheit, 6. Aufl. 1979, § 15 Rdn. 15) - nicht unbeschränkt zulässig ist, sondern das
Vorliegen eines besonderen öffentlichen Interesses voraussetzt (vgl. Eyermann-Fröhler, VwGO, 7. Aufl.,
§ 80 Rdn. 28), könnte die Anordnung sofortiger Vollziehbarkeit versammlungsrechtlicher Auflagen gemäß
§ 15 Abs. 1 VersG im Einzelfall fragwürdig sein und die Verwaltungsbehörde veranlassen, von der Anordnung
der sofortigen Vollziehbarkeit Abstand zu nehmen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Vom Gesetzgeber mit § 25 Nr. 2 VersG verfolgter Zweck kann es dann auch gewesen sein, auch in diesen Fällen
durch eine Strafdrohung zumindest gegenüber dem Leiter die Einhaltung von Auflagen bei Durchführung einer
öffentlichen Versammlung oder eines Aufzuges zu gewährleisten.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Ob dies der Gesetzeszweck des § 25 Nr. 2 VersG ist und eine derartige Auslegung sich zu den vom BGH a.a.O.
für Zuwiderhandlungen gegen verwaltungsbehördliche Anordnungen dargelegten Rechtsgrundsätzen sowie zu
der zitierten amtlichen Begründung zu Verstößen gegen Blankettgesetze nicht in Widerspruch setzen
würde, wofür einiges spricht, bedarf hier indes keiner abschließenden Entscheidung.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Auch wenn aus den dargelegten Gründen ein strafbares Handeln des Angeklagten gemäß §§
15 Abs. 1, 25 Nr. 2 VersG nicht schon deshalb zu verneinen sein sollte, weil die mit Bescheid des Polizeidirektors
der Stadt ... vom 24. Juli 1979 erteilte Auflage betreffend die Megaphonbenutzung während des Aufzuges nicht
für sofort vollziehbar erklärt worden war, scheitert eine Verurteilung des Angeklagten wegen dieses
Tatbestandes hier jedenfalls daran, daß die Auflage zudem auch nicht rechtmäßig war.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum allgemein anerkannten Auffassung ist die Rechtmäßigkeit der
gemäß § 15 Abs. 1 VersG erteilten Auflage für die Durchführung einer gemäß §
14 VersG angemeldeten Versammlung oder eines Aufzuges nämlich objektive Bedingung der. Strafbarkeit des Leiters
nach § 25 Nr. 2 VersG (OLG Celle NJW 1977, 444; OLG Köln NStZ 1981, 227; OLG Koblenz NStZ 1981, 187; OLG
Hamm, Urt. vom 10.10.1975 - 3 Ss 377/75 -; Dietel/Gintzel, a.a.O., § 25 Rdn. 2; Ott, Gesetz über Versammlungen
und Aufzüge, 3. Aufl., 1979, § 25 Rdn. 5; Erbs/Kohlhaas/Meyer, Strafrechtliche Nebengesetze, § 25 VersG,
Anm. 4; Dalcke-Fuhrmann-Schäfer, Strafrecht und Strafverfahren, 37. Aufl., 1961, § 25 VersG, Anm. 4; vgl.
auch Lorenz, DVBl. 1971, 165, 170).</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Maßstab für die Rechtmäßigkeit einer beschränkenden Auflage ist nach § 15 Abs. 1
VersG, daß nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche
Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist. Dabei
ist für die Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Auflage ausschließlich auf den Zeitpunkt ihrer
Anordnung im Sinne einer Prognose abzustellen (OLG Koblenz, GA 1981, 175; Dietel/Gintzel, a.a.O., § 15 Rdn. 11).
Eine <u>unmittelbare</u> Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung liegt vor, wenn nach den
vorhandenen oder erkennbaren Tatsachen durch den Ablauf des Aufzuges unter den aus der Anmeldung ersichtlichen
Umständen eine Störung sofort und nahezu mit Gewißheit zu erwarten ist; nur die bloße
Wahrscheinlichkeit genügt hierfür nicht (Ott a.a.O., § 15 Rdn. 5; Bericht des Rechtsausschusses zur
Gesetzesnovelle 1978, BT-Drucks. 8/1845 S. 11). Zugleich müssen die Auflagen unter Berücksichtigung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geeignet und erforderlich sein, diese Gefahr zu verhindern (OLG
Köln, NStZ 1981, 227). Unzulässig sind Beschränkungen, die dem Normzweck widersprechen (Dietel/Gintzel,
a.a.O., § 15 Rdn. 17). In die Abwägung der widerstreitenden Interessen ist dabei auch der Schutz des Grundrechtes
auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) einzubeziehen, da es zum Begriff der Versammlung oder des Aufzuges
gehört, daß auf ihnen öffentliche Angelegenheiten erörtert werden, also Meinungsäußerungen
stattfinden, und der Grundrechtsschutz grundsätzlich die Mittel zur Meinungskundgabe mit einschließt (BVerwG,
DRiZ 1969, 158; Dietel/Gintzel, a.a.O., § 15 Rdn. 18 m.w.N.). Die Auslegung und Anwendung der das Grundrecht
gemäß Art. 5 Abs. 2 GG einschränkenden allgemeinen Gesetze muß wiederum dem Grundrecht einen
angemessenen Raum sichern (BVerfGE 7, 198, 208; BVerwG, DRiZ 1969, 158).</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Welche Kriterien die Verwaltungsbehörde für die von ihr angeordnete Beschränkung des Megaphoneinsatzes
während des Aufzuges als maßgeblich erachtet hat, läßt sich aus der Verfügung vom 24. Juli
1979 nicht ersehen, da diese eine Begründung der Auflagen nicht enthält. Den Feststellungen des Amtsgerichts
ist zu entnehmen, daß der Aufzug - jedenfalls in dem Zeitraum des auflagenwidrigen Megaphoneinsatzes -
überwiegend durch Fußgängerstraßen bzw. dem Fahrzeugverkehr nur beschränkt zugängliche
Straßen führte. Die hieran anknüpfende Schlußfolgerung des Amtsgerichts, es sei nicht ersichtlich,
welche besonderen Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit der Auflage zu Ziffer II 4 der
Verfügung vom 24. Juli 1979 abgewendet werden sollten, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zutreffend hat das
Amtsgericht auch darauf hingewiesen, daß ohnehin mit jedem Aufzug eine Beeinträchtigung der öffentlichen
Sicherheit - insbesondere der Verkehrssicherheit - verbunden sei. Es müssen daher besondere Feststellungen
hinzukommen, aus denen sich ergibt, daß der über die zugelassenen Durchsagen zur Zugordnung hinausgehende
Einsatz eines Megaphons Verkehrsgefährdungen oder sonstige Störungen nach den zur Zeit des Erlasses der
Verfügung erkennbaren Umständen nahezu mit Gewißheit bewirken konnte, die über die ohnehin zu
erwartenden Störungen hinausgehen würden (vgl. BVerwG VM 1980, 74, 75).</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Wenn derartige Feststellungen im angefochtenen Urteil fehlen, begründet dies nicht den Vorwurf lückenhafter
tatrichterlicher Feststellungen. Das Amtsgericht hat nicht verkannt, daß Gefahren für die öffentliche
Sicherheit und Ordnung möglich sind und beschränkende Auflagen daher rechtmäßig sein können.
Es hat jedoch - bezogen auf den vorliegenden Fall - derartige Gefahren verneint. Das ist nicht rechtsfehlerhaft. Die
Auffassung der Revision, die Tatsachenfeststellungen zur Frage der Rechtsmäßigkeit der Auflage seien deswegen
unvollständig, weil die am Mittag eines verkaufsoffenen Samstags im allgemeinen zu erwartenden örtlichen
Verkehrs- und Lärmverhältnisse nicht aufgeklärt worden seien, vermag der Senat nicht zu teilen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Bezogen auf die Frage der Verkehrssicherheit stellte die Auflage, während des Aufzuges ein Megaphon nur
für Durchsagen zur Zugordnung zu benutzen, schon deswegen einen unverhältnismäßigen Eingriff in
das Demonstrationsrecht dar, weil der Aufzug nach den Feststellungen des Amtsgerichts überwiegend durch
Fußgängerstraßen oder dem Fahrzeugverkehr nur beschränkt zugängliche Straßen führte,
in denen mithin besondere, auf akustischer Beeinflussung beruhende Gefahren für den öffentlichen Verkehr nicht
entstehen konnten.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Auch soweit die Auflage unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Allgemeinheit vor übermäßigen
Lärmbelästigungen zu würdigen ist, hat das Amtsgericht ihre Rechtmäßigkeit im Ergebnis zu
Recht verneint, ohne daß es hierzu weiterer Feststellungen bedurfte. Der die Mittel zur Meinungskundgabe
umschließende Schutz des Grundrechts der Meinungsäußerungsfreiheit kann zwar durch den notwendigen
Schutz der Allgemeinheit vor Lärmbelästigungen Beschränkungen erfahren, jedoch sind dabei die Grenzen
zu beachten, die der Grundrechtseinschränkung durch allgemeine Gesetze gezogen sind. Konkret bedeutet dies,
daß versammlungsrechtliche Auflagen sich nach Umfang und Inhalt auf das zum Schutz höherwertiger
Rechtsgüter unbedingt notwendige Maß beschränken müssen (vgl. BVerwG DRiZ 1969, 158). Diese
Voraussetzung erfüllt die hier zu beurteilende Auflage, während des Aufzuges ein Megaphon nur für
Ordnungsdurchsagen zu benutzen, nicht. Unter Berücksichtigung der vom Amtsgericht bereits festgestellten
örtlichen und zeitlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Demonstration sowie der ursprünglich erwarteten
höheren Teilnehmerzahl war eine so weitreichende Beschränkung, mit der der Einsatz eines Megaphons zur
Meinungskundgabe während des gesamten Aufzuges völlig unterbunden werden sollte, aus keinem ersichtlichen
Grunde notwendig. Dadurch, daß der Aufzug sich fortbewegte, war die mögliche akustische Einwirkung auch
durch Demonstrationsparolen unter Verwendung eines Megaphons an jedem Ort des Aufzuges nur kurzfristig und daher
relativ gering. Der Aufzug führte erkennbar nicht durch besondere Ruhezonen oder Wohngebiete, für die ein
erhöhter Lärmschutz verlangt werden kann. Die Verhältnisse in Geschäftsstraßen am Mittag
eines verkaufsoffenen Samstags erfordern demgegenüber nicht denselben Lärmschutz wie zu anderen Tageszeiten
oder in anderen Gebieten. Ob die Verwaltungsbehörde hier auch erwogen hat, zum Schutz vor besonderen
Lärmimmissionen nicht den Inhalt der Megaphondurchsagen, sondern die jeweilige Zeitdauer des Megaphoneinsatzes
und insbesondere seine Lautstärke sowie die Anzahl der zu verwendenden Geräte zu beschränken, ist
nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Hiernach ist festzustellen, daß die Verwaltungsbehörde von dem ihr in § 15 Abs. 1 VersG
eingeräumten Entschließungs- und Auswahlermessen in rechtsfehlerhafter Weise Gebrauch gemacht hat. Das
Amtsgericht hat den Angeklagten mithin zu Recht von dem Vorwurf eines Vergehens nach § 25 Nr. 2 VersG
freigesprochen.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks"><b>IV.</b></p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat desweiteren eine Ordnungswidrigkeit nach §§ 33 Abs. 1 Nr. 1, 49 Abs. 1 Nr. 28 StVO,
24 StVG wegen verkehrsgefährdenden Betriebes des Megaphons aufgrund seiner Feststellung verneint, durch die
Benutzung des Megaphons habe dieser keine Gefahr für den Verkehr verursacht. Das greift die Revision nicht an
und läßt auch keinen Rechtsfehler erkennen (vgl. auch OLG Celle NJW 1977, 444). Fraglich erscheint allerdings
in diesem Zusammenhang die Auffassung des Amtsgerichts, daß die versammlungsrechtlichen Bestimmungen auch dem
§ 33 Abs. 1 Nr. 1 StVO vorgingen (vgl. hierzu BVerwG VM 1980, 74, 75; DRiZ 1969, 158). Das kann indes dahingestellt
bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Ohne Rechtsfehler hat das Amtsgericht hingegen eine Ordnungswidrigkeit nach §§ 10 Abs. 2, 17 Abs. 2 a
LImschG wegen des Vorrangs der bundesgesetzlichen Regelung des § 15 Abs. 1 VersG verneint (vgl. auch OLG Celle
NJW 1977, 445 für § 5 Abs. 2 NdsLärmBekVO). Darüberhinaus war die Verwendung eines Megaphons
ohne vorherige Erlaubnis nach dem LImschG hier auf Grund des Wortlautes der verwaltungsbehördlichen Verfügung
in Ziffer IV Nr. 2 schon deshalb zulässig, weil eine Teilnehmerzahl von 40 Personen überschritten wurde.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Nach allem war die Revision daher mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 und 2 StPO als unbegründet zu
verwerfen.</p>
|
315,846 | olgk-1981-11-03-25-wf-16681 | {
"id": 822,
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<p>Auf die am 9.0ktober 1981 bei Gericht eingegangene Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengerichtes - Leverkusen vom 28.September 1981 aufgehoben.</p>
<p>Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über das Prozeßkostenhilfegesuch der Antragstellerin an das Amtsgericht - Familiengericht - Leverkusen zurückverwiesen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind Eheleute. Die Antragstellerin hat beantragt, ihre Ehe zu scheiden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Gleichzeitig hat sie beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">ihr zur Durchführung des Ehescheidungsverfahrens und der einstweiligen Anordnungen unter Beiordnung ihrer Prozeßbevollmächtigten Prozeßkostenhilfe zu gewähren. Hierzu hat sie vorgetragen, der Antragsgegner beziehe ein Arbeitseinkommen in Höhe von etwa 2.000 ,--DM netto monatlich, sie selbst habe lediglich eine Erwerbsunfähigkeitsrente von 480,60 DM monatlich.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit Beschluß vom 28.September 1981 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Leverkusen den Prozeßkostenhilfeantrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Antragstellerin habe gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses, den sie zunächst geltend machen müsse, bevor sie öffentliche Mittel in Anspruch nehmen könne.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Beschluß hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft und auch sonst zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht - Familiengericht - Leverkusen zur erneuten Entscheidung über das Prozeßkostenhilfegesuch der Antragstellerin.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Eine Partei, deren beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint, erhält auf Antrag Prozeßkostenhilfe, wenn sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, § 114 Satz 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Daß die Antragstellerin mit ihrem eigenen Einkommen nicht in der Lage ist, die Prozeßkosten aufzubringen, bedarf keiner näheren Darlegung.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Auffassung, die Antragstellerin müsse sich zunächst darauf verweisen lassen, daß ihr gegen den Antragsgegner ein Anspruch auf. Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses zustehe, vermag der Senat nicht zu folgen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzung für die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe erfüllt ist, muß auch ein etwa bestehender Anspruch Ruf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses, vgl. § <i>1360 </i>a Abs. 4 BGB, berücksichtigt werden. Daß ein derartiger</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Prozeßkostcnvorschuß zu den Einkünften gehört, welche die antragstellende Partei zur Deckung der Prozeßkosten einzusetzen hat, und daß Prozeßkostenhilfe nur dann bewilligt werden kann, wenn die antragsteIlende Partei die Kosten ihrer Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung trotz des Prozeßkostenvorschusses nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, bedarf keiner längeren Darlegung.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">(vgl. z.B.<b> </b>Zöller-Schneider, ZPO, 13. AufI., Anm. IV 4, zu § 115).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Insoweit ist der Ausgangspunkt des Amtsgerichts – Familiengerichtes - Leverkusen nicht zu beanstanden. Bei der weiteren Begründung des angefochtenen Beschlusses hat es jedoch unbeachtet gelassen, daß das Nettoeinkommen des Antragsgegners</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">nach den Angaben der Antragstellerin in ihrer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse etwa 2.000,--DM im Monatsdurchschnitt nicht übersteigt. Das bedeutet, daß dem Antragsgegner selbst, soweit es auf seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ankommt, auf Antrag Prozeßkostenhilfe zu gewähren wäre, und zwar verbunden mit der Verpflichtung, bestimmte Raten zu zahlen, wie sie sich aus § 115 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit der Tabelle in Anlage 1 zu § 114 ZPO ergeben.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Unter solchen Umständen aber ist für einen Anspruch der Antragstellerin gegen den Antragsgegner auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses kein Raum und kann die Antragstellerin dementsprechend nicht darauf verwiesen werden, daß die Geltendmachung eines solchen Anspruches vorrangig sei. Die Inanspruchnahme des Antragsgegners wegen eines Prozeßkostenvorschusses entspräche hier weder der gesetzlichen Wertung seiner finanziellen Leistungsfähigkeit noch der Billigkeit.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Einer Partei , deren Nettoeinkommen im Monatsdurchschnitt eine bestimmte Grenze nicht überschreitet, steht, hinreichende Erfolgsaussicht ihrer Rechtsverfolgung oder- verteidigung und keine Mutwilligkeit unterstellt, grundsätzlich Prozeßkostenhilfe zu. Welche Einkommensgrenze dabei maßgebend ist, ergibt sich im einzelnen aus der Tabelle in der Anlage 1 zu § 114 ZPO. Sie zeigt, daß eine rechtssuchende Partei - bei sehr niedrigem Einkommen - völlig von den Kosten der Prozeßführung befreit wird, oder - bei höherem Einkommen - die Möglichkeit erhält, diese Kosten in Raten aufzubringen. Die Regelung läßt den ihr zugrunde legenden gesetzgeberischen Willen unschwer erkennen. Einem Rechtssuchenden mit begrenztem Einkommen wird es nicht zugemutet, die Kosten der Rechtsverfolgung oder - verteidigung uneingeschränkt auf sich zu nehmen, sondern nur in dem sich aus der erwähnten Tabelle ergebenden Rahmen. Darüberhinaus ~er soll der Rechtssuchende mit Prozeßkosten nicht belastet werden. Mit dieser gesetzlichen Wertung der finanziellen Leistungsfähigkeit einer Partei wäre die Inanspruchnahme des Antragsgegners auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses an die Antragstellerin nicht zu vereinbaren. Sie würde nämlich dazu führen, daß der Antragsgegner über das eben beschriebene Maß hinaus Prozeßkosten aufzubringen hätte.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Es läßt sich nicht einwenden, das Recht der Prozeßkostenhilfe berücksichtige bei jeder Partei nur die ihr selbst durch Gerichts-und Anwaltsgebühren entstehenden Kosten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, andere Belastungen seien hier ohne Bedeutung. Entscheidender Gesichtspunkt muß es vielmehr sein, daß der Rechtssuchende, dessen Einkommen eine bestimmte Grenze nicht überschreitet, nach dem unzweifelhaften Willen des Gesetzes bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung nur einen Teil seines Einkommens für die Rechtsverfolgung oder Verteidigung soll einsetzen müssen, bei sehr niedrigem Einkommen auch gar keine eigenen Mittel. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob es sich um die eigenen Kosten der Prozeßführung oder um diejenigen der Gegenseite handelt~ maßgebend ist, daß es um die Kosten einer konkreten gerichtlichen Auseinandersetzung geht. Es mag sich sogar die Argumentation vertreten lassen, daß derjenige, der nach dem Willen des Gesetzes für seine eigenen Prozeßkosten nur einen Teil seines Einkommens aufzubringen brauche, erst recht nicht verpflichtet sein könne, diesen Rahmen zu</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Gunsten der Prozeßkosten der Gegenseite zu überschreiten.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner kann auch nicht für verpflichtet gehalten werden, an die Antragstellerin einen Prozeßkostenvorschuß zwar nicht in einer Summe, wohl aber in Raten zu zahlen, etwa bemessen nach seinem Nettoeinkommen im Monatsdurchschnitt, vermindert um die Raten, die er selbst nach Bewilligung der Prozeßkostenhilfe zu zahlen hätte. Zum einen nämlich würde auch diese Lösung im Ergebnis dazu führen,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">daß der Antragsgegner über das soeben beschriebene Maß hinaus mit Prozeßkosten belastet würde, nur eben nicht mit einen in einer Summe zu zahlenden Betrag, sondern mit entsprechenden Raten. Der Antragsgegner würde mit ein und dem selben Einkommen gleichsam zweimal nach Maßgabe der Tabelle in der Anlage 1 zu § 114 ZPO zur Zahlung herangezogen. Zum anderen wäre ein Prozeßkostenvorschuß in Raten auch für die Antragstellerin nicht annehmbar. Denn sie ist, wenn ihr keine Prozeßkostenhilfe gewährt wird, sowohl dem Gericht als insbesondere auch ihrem Prozeßbevollmächtigten gegenüber ohne Beschränkung auf irgendwelche Raten zahlungspflichtig hierbei ist von Bedeutung, daß bei Beginn des Verfahrens grundsätzlich eine Gerichtsgebühr vorausgezahlt werden soll, § 65 Abs. 1 Satz 1 GKG, und daß vor allem dem Prozeßbevollmächtigten der Antragstellerin gegen seine Mandantin ein Anspruch auf einen angemessenen Vorschuß zusteht, § 17 BRAGO. Diesen Zahlungsverpflichtungen könnte die Antragstellerin mit Hilfe eines in monatlichen Raten zu zahlenden Prozeßkostenvorschusses nicht genügen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Senat verkennt nicht, daß der Antragsgegner bisher die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe noch nicht beantragt hat und daß auch nicht feststeht, ob er einen solchen Antragstellen wird. Möglicherweise wird er von sich aus auf die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe verzichten, möglicherweise wird das Amtsgericht - Familiengericht – Leverkusen der Antragstellerin letztendlich auch die Prozeßkostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung verweigern - hierüber wird noch zu entscheiden sein – und wird die Antragstellerin dann davon absehen, ihren vorliegende. Scheidungsantrag weiter zu verfolgen, so daß für den filltragsgegner die Notwendigkeit einer Rechtsverteidigung gar nicht eintritt. Alles das ist aber für die jetzt zu treffende Entscheidung ohne Belang. Auch unter diesen Gesichtspunkten ist eine andere Beurteilung des Prozeßkostenhilfebegehrens der Antragstellerin, was ihre "Prozeßarmut" angeht, nicht gerechtfertigt. Den Antragsgegner die Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses an die Antragstellerin in einer Summe aufzugeben,</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">wäre mit der gesetzlichen Bewertung seiner finanziellen Leistungsfähigkeit nicht zu vereinbaren; dies ist bereits dargelegt worden, ob ihm selbst Prozeßkostenhilfe bewilligt wird oder nicht, bleibt hierfür bedeutungslos. Ihm die Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses in Raten aufzugeben, kommt ebensowenig in Betracht, und zwar ebenfalls ohne Rücksicht darauf, ob ihm Prozeßkostenhilfe bewilligt worden ist oder nicht, nämlich wegen der Unzulänglichkeit eines derartigen Vorschusses für die Antragstellerin. Auch dies ist bereits dargelegt worden.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Aus<i> </i>demselben Grunde wäre es auch keine Lösung, dem Antragsgegner etwa die Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses in Raten aufzugeben und ihm dann gegebenenfalls Prozeßkostenhilfe zu gewähren, ohne ihn zur Zahlung der Raten zu verpflichten, die an sich seinem Einkommen entsprächen. <i>Auf </i>diese Weise würde zwar eine zusätzliche Belastung des Antragsgegners über das gesetzlich vorgesehene Maß hinaus vermieden, der Antragstellerin aber wäre mit einem solchen "Ratenvorschuß", wie<i> </i>schon dargelegt nicht geholfen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Wäre die Inanspruchnahme des Antragsgegners nach alledem mit der gesetzlichen Bewertung seiner finanziellen Leistungsfähigkeit nicht zu vereinbaren, so entspräche diese Inanspruchnahme auch nicht der Billigkeit. Nach § 1360 a Abs. 4 Satz 1 BGB kann die Antragstellerin also auch unter diesen Gesichtspunkten nicht auf die Geltendmachung eines entsprechenden Anspruches verwiesen werden. Denn es kann nicht der Billigkeit entsprechen, einer Partei eine höhere Kostenlast aufzuerlegen, als sie nach dem erkennbaren Willen des Gesetzes selbst tragen soll. Das bedeutet im Ergebnis, daß das Maß, bis zu welchem der Antragsgegner im Rahmen der Prozeßkostenhilfe mit Kosten belastet werden darf, zu gleich auch das Maß seiner Inanspruchnahme zur Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses für die Antragstellerin darstellt.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Nach alle dem ist der angefochtene Beschluß aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung über das Prozeßkostenhilfegesuch der Antragstellerin an das Amtsgericht – Familiengericht - Leverkusen zurückzuverweisen, welches nunmehr</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">von der "Prozeßarmut" der Antragstellerin auszugehen, aber noch zu prüfen haben wird, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Antragstellerin hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.</p>
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