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2003 Kantonale Steuern 131 [...] 40 Verständigung (Vergleich) im Steuerverfahren. - Bedingte Erklärung des Steuerpflichtigen betreffend Privatentnahme einer Landparzelle; Auslegung der nachfolgenden Korrespondenz mit der Steuerbehörde über den dabei anzurechnenden Verkehrswert. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 10. September 2003 in Sachen A.T. gegen Entscheid des Steuerrekursgerichts. Sachverhalt B. a) Mit Schreiben vom 9. Dezember 1998 liess A.T. (Be- schwerdeführer) dem Gemeindesteueramt B. mitteilen, er beabsich- tige die Parzelle X ins Privatvermögen überzuführen, vorbehältlich der Preisabsprache. Er habe zwei Schätzungen veranlasst und schliesse sich dem Ergebnis von Fr. 150.--/m 2 an. Er bitte um Aus- kunft, ob dieser Wert steuerlich akzeptiert werde. b) Das KStA antwortete, ein Wert von Fr. 250.--/m 2 würde als angemessen erachtet. Zuständig sei zwar die Steuerkommission B., doch könne nicht davon ausgegangen werden, dass diese dem vorge- schlagenen Wert von Fr. 150.--/m 2 zustimmen würde. 2003 Verwaltungsgericht 132 c) Nach einer Besprechung vom 23. Dezember 1998 hielt der Vertreter von A.T. mit Eingabe vom 29. Dezember 1998 fest, eine Überführung ins Privatvermögen erfolge nur, wenn der angerechnete Preis Fr. 200.--/m 2 netto nicht überschreite. Wenn das Steueramt einen höheren Verkehrswert annehme, müsse der Steuerpflichtige aus finanziellen Gründen auf die Überführung verzichten. d) Die Steuerkommission B. schrieb dem Vertreter von A.T. am 7. April 1999: "Die Steuerkommission B. hat an ihrer Sitzung vom 17. März 1999, gestützt auf das Gutachten ..., den für die Über- führung massgebenden Verkehrswert seitens der Steuerbehörde auf Fr. 218.--/m 2 festgesetzt. Sie sieht in diesem Preis ihren äus- sersten Spielraum für ein Entgegenkommen als ausgeschöpft. In Ihrem Eventualantrag vom 29. Dezember 1998 sind Sie von einem maximalen Verkehrswert von Fr. 200.--/m 2 als äusser- stem Überführungspreis ausgegangen. Mit dem heutigen Ant- wortschreiben möchte die Steuerkommission Ihnen einerseits ih- ren verbindlichen Überführungspreis von Fr. 218.--/m 2 mitteilen und gleichzeitig die Möglichkeit bieten, die Überführung der Parzelle X per 31.12.1998 auf dieser Preisbasis vornehmen zu können. Ohne Ihre ausdrückliche Annahme des Überführungspreises von Fr. 218.--/m 2 , per 31.12.1998 für die Parzelle X, innert 30 Tagen, geht die Steuerkommission davon aus, dass eine Überfüh- rung ins Privatvermögen nicht stattfindet." e) Nach Fristerstreckung teilte der Vertreter von A.T. dem Ge- meindesteueramt B. am 28. Mai 1999 mit: "Nach Rücksprache mit Herrn T. bitten wir Sie, die bean- tragte Überführung der Parzelle X per 29.12.1998 vorzunehmen. ..." 2003 Kantonale Steuern 133 D. Das Steuerrekursgericht ging im angefochtenen Entscheid davon aus, es sei eine verbindliche Einigung auf einen Anrech- nungswert von Fr. 218.--/m 2 zustande gekommen. Aus den Erwägungen 2. Beidseitig verbindliche Verständigungen zwischen Steuerbe- hörde und steuerpflichtiger Person sind möglich, soweit sie sich im Rahmen der formellen und materiellen Gesetzesvorschriften halten (Jürg Baur, in: Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, Muri/BE 1991, § 127 N 19; Peter Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil, Therwil/Basel 2001, Vorbemerkungen N 116). Gerade bei der Be- stimmung des Verkehrswerts von Liegenschaften oder anderen Ver- mögenswerten finden sie einen Anwendungsbereich. Dies ist im vorliegenden Verfahren denn auch nicht streitig; fraglich ist, ob (wie das Steuerrekursgericht annimmt) eine Verständigung zustande ge- kommen ist oder nicht. Zur Beurteilung sind die ausgetauschten Er- klärungen (vorne lit. B/a-e) auszulegen. Die Auslegung von Willens- erklärungen erfolgt unter Zugrundelegung des Vertrauensprinzips, also so, wie der Empfänger die Erklärung in guten Treuen, bei sorg- fältiger Beachtung aller Umstände verstehen durfte und musste (siehe BGE 126 III 380; Ernst Kramer, in: Berner Kommentar, Art. 1-18 OR, Bern 1986, Art. 1 N 102, 114, je mit Hinweisen). 3. a) Gemäss § 22 Abs. 1 lit. b aStG ist das gesamte Einkommen jeder Art steuerbar; dazu gehören bei Einkünften aus selbstständiger Erwerbstätigkeit namentlich auch die Kapitalgewinne bei der Veräusserung von Geschäftsvermögen; der Veräusserung gleich- gestellt sind die Gewinne bei der endgültigen Überführung von Ge- schäfts- ins Privatvermögen (Privatentnahme). ... c) Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang ent- schieden, die Erklärung betreffend Überführung ins Privatvermögen komme hier einer einseitigen rechtsgeschäftlichen Willenserklärung nahe. Sie habe voraussetzungslos und bedingungslos zu erfolgen und sie binde den Steuerpflichtigen vorbehältlich eines beachtlichen Irrtums; zudem könne sie nicht rückwirkend abgegeben werden (aus- 2003 Verwaltungsgericht 134 führlich hierzu AGVE 1996, S. 252 ff. = StE 1997, B 93.1 Nr. 4 = Steuer Revue 1997, S. 560 ff.). d) Manchmal wollen Steuerpflichtige die Überführung ins Pri- vatvermögen davon abhängig machen, dass die entstehende Steu- erforderung eine bestimmte Höhe nicht übersteigt, sei es um sicher zu sein, die finanzielle Belastung tragen zu können, sei es ganz all- gemein zwecks Minimierung der Steuer. Zu diesem Zweck soll die Steuerbehörde eine verbindliche Zusicherung abgeben, wie hoch die Steuer (bzw. der Liquidations- oder Kapitalgewinn bzw. der steuer- lich massgebliche Wert der zu überführenden Liegenschaft) festge- setzt werden wird. Statt eine verbindliche Zusicherung zu verlangen, kommt es vor, dass mit dem gleichen Zweck eine bedingte Überfüh- rungserklärung abgegeben wird. Vor diesem Hintergrund ist die Korrespondenz zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Ver- treter einerseits und den Steuerbehörden andererseits auszulegen und insbesondere zu beurteilen, ob dabei eine Einigung über den der Gewinnbemessung zu Grunde zu legenden Verkehrswert erfolgte. 4. a) Mit seinem Schreiben vom 9. Dezember 1998 (vorne lit. B/a) wollte der Beschwerdeführer eine Zusicherung erlangen, dass der Kapitalgewinn auf Grundlage eines Verkehrswerts der Par- zelle X von Fr. 150.--/m 2 festgesetzt würde. Dies lehnte das KStA quasi in Vertretung der Steuerkommission B. ab (vorne lit. B/b), wo- rauf der Beschwerdeführer am 29. Dezember 1998 erklärte, die Par- zelle ins Privatvermögen überzuführen, sofern der angerechnete Preis Fr. 200.--/m 2 nicht überschreite (vorne lit. B/c). Auf diese bedingte - und in dieser Form unzulässige (AGVE 1996, S. 252, 254) - Über- führungserklärung reagierte die Steuerkommission B. durchaus adä- quat, indem sie eine Verständigungslösung auf dieser Grundlage ablehnte und festhielt, sie werde bei einer Überführung den Ver- kehrswert der Parzelle mit Fr. 218.--/m 2 festsetzen (vorne lit. B/d). Gleichzeitig setzte sie Frist für die Annahme dieses Vorschlags, wobei widrigenfalls davon ausgegangen werde, dass keine Überfüh- rung ins Privatvermögen stattfinde. Die Fristansetzung war ange- zeigt, weil die Überführungserklärung nicht rückwirkend abgegeben werden kann (AGVE 1996, S. 255), die Steuerkommission aber be- reit war, eine Annahme innert gesetzter Frist noch als Ergänzung im 2003 Kantonale Steuern 135 Rahmen des laufenden, mit der Erklärung vom 9. Dezember 1998 eingeleiteten Verfahrens anzusehen und die Erklärung per 31. De- zember 1998 wirken zu lassen. In seiner - innert erstreckter Frist eingereichten - Eingabe vom 28. Mai 1999 (vorne lit. B/e) erklärte der Beschwerdeführer ohne Bedingung oder Einschränkung, die Parzelle X per 29. Dezember 1998 ins Privatvermögen überzuführen bzw. übergeführt zu haben. Zum genannten Anrechnungswert äusserte er sich nicht, weder im Sinne einer Annahme noch ablehnend. b) Die Steuerkommission durfte die Gültigkeit der Überfüh- rungserklärung nicht von Bedingungen (Annahme des genannten Anrechnungswerts durch den Steuerpflichtigen) abhängig machen. Dies war wohl auch nicht der Sinn ihres Schreibens vom 7. April 1999. Die Formulierung "Annahme des Überführungsprei- ses" erklärt sich daher, dass der Beschwerdeführer zuvor einen tiefe- ren Preis ausdrücklich als Bedingung für die Gültigkeit der Überfüh- rungserklärung genannt hatte. Eine exaktere, den wahren Sinn ge- nauer treffende Formulierung durch die Steuerkommission hätte lauten können: "Ohne ausdrückliche und vorbehaltlose Bestätigung der Überführungserklärung innert 30 Tagen geht die Steuerkommis- sion davon aus, dass per 31. Dezember 1998 keine Überführung ins Privatvermögen stattfindet." Unter diesen Umständen durfte das Schreiben des Vertreters des Beschwerdeführers vom 28. Mai 1999 durch die Steuerkommission B. als Erklärungsempfängerin (siehe vorne Erw. 2) nicht als Annahme des von ihr genannten Überfüh- rungspreises interpretiert werden, selbst wenn eine ausdrückliche Ablehnung fehlte. Die materielle Überprüfung des Verkehrswerts im Einspracheentscheid vom 19. März 2001 zeigt denn auch, dass sie es tatsächlich nicht in dieser Weise auffasste. Dass der Beschwerdefüh- rer gut daran getan hätte, klare Verhältnisse zu schaffen mit der aus- drücklichen Erwähnung, die Überführungserklärung bedeute keine Zustimmung zum genannten Wert von Fr. 218.--/m 2 , vermag daran letztlich nichts zu ändern. 5. War es demnach zu keiner Verständigung über den massgeb- lichen Verkehrswert der Parzelle gekommen, hätte die Vorinstanz die im Rekursverfahren streitige Höhe des Verkehrswerts materiell 2003 Verwaltungsgericht 136 überprüfen müssen. Die Beschwerde ist deshalb gutzuheissen und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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2002 Kantonale Steuern 175 VI. Kantonale Steuern 46 Einkommen. Massgeblicher Zeitpunkt der Einkommenserzielung bzw. des Zufliessens von Einkommen. - Verkauf von Geschäftsvermögen. Der Erlös fliesst grundsätzlich mit dem Erwerb der Forderung zu. Ausnahmen bei unsicherer Forderung und wenn die Buchführung, von den Steuerbehörden anerkannt, nach der "Ist-Methode" erfolgt (Erw. 2/a,b). - Die "Misch-Methode" liegt näher bei der "Soll-Methode" als bei der "Ist-Methode" und rechtfertigt keine Ausnahme vom Grundsatz, dass schon der Forderungserwerb einkommensbildend ist (Erw. 2/d). Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 28. November 2002 in Sachen H.P. gegen Entscheid des Steuerrekursgerichts. Aus den Erwägungen 2. a) Gemäss § 22 StG ist das gesamte Einkommen jeder Art steuerbar. Darunter fallen auch Gewinne aus der Veräusserung von Geschäftsvermögen (Abs. 1 lit. b). Die steuerliche Abrechnung er- folgt, wenn ein Wirtschaftsgut endgültig aus dem Geschäftsvermö- gen ausscheidet, sei dies durch Verkauf oder durch Überführung ins Privatvermögen (Walter Koch, in: Kommentar zum Aargauer Steuer- gesetz, Muri/BE 1991, § 22 N 227). b) aa) Das Gesetz gibt keine Auskunft darüber, wann dem Steu- erpflichtigen Einkünfte zugeflossen sind. In Rechtsprechung und Lehre hat sich der Grundsatz herausgebildet, dass ein Einkommen dann als erzielt gilt, wenn der Steuerpflichtige Leistungen verein- nahmt oder auf solche einen festen Rechtsanspruch erwirbt, über den er auch tatsächlich verfügen kann. In der Regel wird bereits der For- derungserwerb als einkommensbildend betrachtet. Vorausgesetzt ist also ein abgeschlossener Rechtserwerb, der Forderungs- oder Eigen- 2002 Verwaltungsgericht 176 tumserwerb sein kann, während eine blosse Anwartschaft oder der Erwerb einer bedingten Forderung nicht genügen. Von diesem Grundsatz wird abgewichen, wenn die Forderung unsicher ist, so wenn ein Kaufpreisschuldner zahlungsunfähig oder nicht zahlungs- willig ist. In solchen Fällen wird die Realisierung des Einkommens erst mit der Erfüllung des Anspruchs angenommen (StE 2000, B 23.41 Nr. 3, Erw. 2/a; B 72.13.1 Nr. 2 Erw. 2/b/ff; AGVE 1976, S. 168 ff.; Peter Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil, Therwil/Basel 2001, Art. 16 N 18, 21 f.; Markus Reich, in: Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/2a [DBG], Basel/Genf/München 2000, Art. 16 N 34 ff., je mit weiteren Hinweisen). Auf den Erlös aus der Veräusserung von Grundstücken entsteht in der Regel mit Vertragsabschluss ein fester Anspruch. Dieser stellt den steuerbaren Einkommenszugang dar. Aus diesem Grund hängt die Besteuerung nicht von der Vertragserfüllung, d.h. der Eigen- tumsübertragung mittels Eintragung der Handänderung im Grund- buch ab. Massgeblich ist vielmehr der Zeitpunkt der öffentlichen Beurkundung, die gemäss Art. 216 Abs. 1 OR beim Grundstückkauf den Vertragsschluss erst gültig macht (StE 1992, B 21.2 Nr. 6, Erw. 3/b = ASA 61/1992-93, S. 669; Locher, a.a.O., Art. 18 N 75, 86). Die Fälligkeit der Gegenleistung spielt dabei keine Rolle, ebenso wenig wie der Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Schaden (vgl. zum Ganzen VGE II/11 vom 3. Februar 1998 in Sa- chen J.J., S. 5 f.). bb) Der Forderungserwerb ist dann nicht massgebend, wenn ein freierwerbender Steuerpflichtiger in seinen Büchern nur die Kassen- eingänge aufzeichnet und die Steuerbehörden diese sog. "Ist-Me- thode" akzeptieren. In diesen Fällen wird auf den Zeitpunkt der Bu- chung des Zahlungseinganges abgestellt (StE 2000, B 23.41 Nr. 3, Erw. 2/a mit Hinweisen; Locher, a.a.O., Art. 18 N 70; Reich, a.a.O., Art. 16 N 36, Art. 18 N 23). c) Mit der am 21. Dezember 1998 erfolgten öffentlichen Beur- kundung des Kaufvertrags entstand dem Beschwerdeführer ein obli- gatorischer Anspruch gegen den Käufer auf Bezahlung des Kauf- preises. Damit erwuchs ihm nach dem Gesagten ein fester Rechtsan- spruch, ungeachtet der auf den 4. Januar 1999 festgelegten Fälligkeit 2002 Kantonale Steuern 177 und dem auf den Zeitpunkt des Grundbucheintrags fixierten Über- gang von Nutzen und Schaden. (...) Es bestehen keine Anzeichen dafür, dass es sich um eine unsichere Forderung handelte. d) Während nach der "Ist-Methode" die Ermittlung des Ge- schäftsergebnisses durch Abrechnung nach den vereinnahmten Ent- gelten erfolgt (erfasst werden alle Zahlungseingänge und -ausgänge) und die Bilanzierung der ausstehenden Forderungen entfällt, werden bei der "Soll-Methode" alle Forderungen (unter Einschluss der Gut- haben am Ende des Jahres) zum Einkommen gerechnet, die während des Geschäftsjahres fakturiert worden sind, und die angefangenen Arbeiten am Ende des Rechnungsjahres in ein Inventar aufgenom- men. Eine Mischform dieser beiden Methoden ("Misch-Methode") erfasst Einnahmen und Ausgaben auf Grund der Zahlungen im Be- messungszeitraum; die Veränderungen der Debitoren und der an- gefangenen Arbeiten werden nicht einzeln und exakt erfasst, aber Ende Jahr auf Grund einer Schätzung erfolgswirksam berücksichtigt (Koch, a.a.O., § 22 N 73a ff.; Locher, a.a.O., Art. 18 N 63 ff.; vgl. auch StE 2000, B 23.41 Nr. 3). Gemäss den Jahresabschlüssen der letzten Jahre wurden in den Konten 6000 und 6200 die Honorarerträge aus der Geschäftstätigkeit nach Massgabe der Zahlungseingänge erfasst, dazu aber in Konto 1050 stets Debitorenguthaben verbucht und ... die angefangenen Arbeiten in Konto 1080 jeweils auf Ende Jahr bewertet. Damit wurde entgegen der in der Beschwerde aufgestellten Behauptung nicht ein- heitlich nach Zahlungseingängen und -ausgängen verbucht, sondern das Geschäftsergebnis vielmehr auf Grund der "Misch-Methode" er- fasst. Diese liegt näher bei der "Soll-Methode" (nur dass die Abgren- zung bezüglich der Debitorenguthaben und des Werts der angefange- nen Arbeiten nicht exakt, sondern mittels Schätzung erfolgt), wes- halb sich die Beschwerdeführer für den ausserordentlichen Ertrag aus dem Grundstückverkauf nicht auf die "Ist-Methode" berufen können, zumal selbst bei der reinen "Ist-Methode" Korrekturen im Einzelfall nötig sind, wenn die damit eröffneten Möglichkeiten zur Erlangung materiell nicht gerechtfertigter Steuerersparnisse eingesetzt werden (Koch, a.a.O., § 22 N 73c).
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2003 Verwaltungsrechtspflege 309 [...] 77 Legitimation (§ 38 Abs. 1 VRPG). - Begriff der formellen Beschwer (Erw. 2/b/aa). - Der Baugesuchsteller ist wegen seiner besonderen Nähe zur Sache zwingend am Verfahren beteiligt, ebenso der wegen Lärmimmissionen ins Recht gefasste Eigentümer und Betreiber eines Restaurants (Erw. 2/b/bb). Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 20. Dezember 2002 in Sachen R. AG gegen Baudepartement. Aus den Erwägungen 2. a) Das Baudepartement stellt auf S. 2 seines Entscheids fest, die heutige Beschwerdeführerin habe sich im vorinstanzlichen Ver- fahren weder zur Verwaltungsbeschwerde vernehmen lassen noch habe sie sich als Partei erklärt; anlässlich der Augenscheinsver- handlung vom 4. November 1999 seien ihre Vertreter nochmals über die Bedeutung einer mangelnden Parteistellung in Kenntnis gesetzt und in der Folge als Auskunftspersonen behandelt worden. Die Be- schwerdeführerin bestreitet diese Darstellung und begründet aus- führlich, warum sie am vorinstanzlichen Verfahren als Partei beteiligt war und demzufolge zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtsbe- schwerde legitimiert ist. Das Baudepartement hält an seiner Version fest und ersucht das Verwaltungsgericht, die Frage der Parteistellung der Beschwerdeführerin zu entscheiden. b) aa) Die Beschwerdelegitimation (§ 38 Abs. 1 VRPG) setzt neben der materiellen Beschwer (diese ist hier offenkundig gegeben) auch eine solche im formellen, prozessualen Sinne voraus. Diese 2003 Verwaltungsgericht 310 Voraussetzung erfüllt, wer formell richtig am vorinstanzlichen Verfahren beteiligt, d.h. darin einbezogen war (passive Seite) und dort seine Antrags- bzw. (wenn es sich um ein Verwaltungsbe- schwerdeverfahren handelt) seine Beschwerdemöglichkeiten formell richtig ausgeschöpft hat (aktive Seite), aber nicht voll durchgedrun- gen ist. Deshalb ist auf Rechtsmittel bzw. Begehren von Personen nicht einzutreten, welche sich am vorinstanzlichen Verfahren nicht beteiligt oder welche dort weniger weitgehende Anträge gestellt ha- ben, ausser sie wären zu Unrecht von der Beteiligung ausgeschlossen oder erst durch den vorinstanzlichen Entscheid beschwert worden (siehe zum Ganzen: AGVE 1987, S. 332 mit Hinweisen; VGE III/53 vom 21. Juni 2002 [BE.2001.00336] in Sachen B., S. 5; Michael Merker, Rechtsmittel, Klage und Normenkontrollverfahren nach dem aargauischen Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege [Kommentar zu den §§ 38-72 VRPG], Zürich 1998, § 38 N 146). bb) Das Baudepartement hat der Beschwerdeführerin nach Ein- gang der Verwaltungsbeschwerde von W. und B. mit Verfügung vom 30. Juni 1999 eröffnet, dass es ihr als betroffene Grundeigentümerin freistehe, sich - unter Übernahme eines Kostenrisikos hinsichtlich der Verfahrenskosten und der Parteientschädigung - am Beschwerde- verfahren als Gegenpartei zu beteiligen und innert Frist zur Be- schwerde vernehmen zu lassen. Die Beschwerdeführerin hat in der Folge keine Vernehmlassung eingereicht. Anlässlich der Augen- scheinsverhandlung vom 4. November 1999 wurden die dazu eben- falls eingeladenen Vertreter der Beschwerdeführerin von der Vorsit- zenden im Rahmen der einleitenden Bemerkungen nochmals darauf hingewiesen, "dass sie, wenn sie sich nicht als Partei erklären, keine Parteistellung haben und nur als Auskunftspersonen befragt werden". Der Beschwerdeentscheid vom 25. Oktober 2000 wurde der Beschwerdeführerin dann lediglich mitgeteilt. Die Beschwerdeführerin macht zu Recht geltend, sie sei im vorinstanzlichen Verfahren zwingend als Partei beteiligt gewesen. Zwar kann für diese Frage nicht allein massgebend sein, dass jemand als Verfügungsadressat ins Recht gefasst worden ist (Merker, a.a.O., § 41 N 19, 24), wie das Beispiel der Baubewilligung zeigt: Ist das Baugesuch in Gutheissung einer Einsprache abgewiesen worden, ist 2003 Verwaltungsrechtspflege 311 der Einsprecher zwar neben dem Baugesuchsteller auch Verfügungs- adressat, aber im nachfolgenden Beschwerdeverfahren des Bauherrn trotzdem nicht zwingend am Verfahren beteiligt. Der Bauherr dage- gen ist in seiner Eigenschaft als Baugesuchsteller, d.h. wegen seiner besonderen Nähe zur Sache, stets zwingend beteiligt. Im vorliegen- den Falle ist die Beschwerdeführerin als Grundeigentümerin und Betreiberin des Restaurants "H." in der analogen Situation eines Bauherrn, woraus ihre zwingende Beteiligung im vorinstanzlichen Beschwerdeverfahren abzuleiten ist. Selbst wenn dem nicht so wäre, könnte der Beschwerdeführerin ihr Recht, als Partei am Verfahren vor Verwaltungsgericht teilzunehmen, nicht abgesprochen werden. Das Baudepartement war unbestrittenermassen verpflichtet, sie über die verfahrensrechtliche Situation aufzuklären; es tat dies auch, aber unvollständig, wurde doch der Hinweis auf die verfahrensrechtlichen Konsequenzen der Nichtbeteiligung (Ausschluss aus dem Rechts- mittelverfahren) unterlassen (siehe Merker, a.a.O., § 41 N 33). Dazu kommt, dass die Beschwerdeführerin behauptet, beim Baudeparte- ment telefonisch eine Erläuterung der erwähnten Rechtsbelehrung eingeholt zu haben, was das Baudepartement nicht ausdrücklich be- streitet. Ob der Inhalt des Telefonats dem entsprach, was die Be- schwerdeführerin behauptet, bleibt zwar offen, doch muss mangels einer entsprechenden Aktennotiz des Baudepartements davon aus- gegangen werden, die Version der Beschwerdeführerin treffe zu. Auch an der Augenscheinsverhandlung vom 4. November 1999 wurde im Übrigen keine korrekte Belehrung erteilt. Die Beschwerde- führerin erweist sich somit auch in formeller Hinsicht als beschwert.
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2005 Sozialhilfe 295 [...] 61 Weisung, ein Eheschutzverfahren einzuleiten. - Die Weisung, ein Eheschutzverfahren einzuleiten, verletzt die Ehe- freiheit nicht (Erw. 5.1-5.3). - Der Grundsatz der Subsidiarität der Sozialhilfe verlangt, dass eine Hilfe suchende verheiratete Person ein Eheschutzverfahren zur Gel- tendmachung von Unterhaltsansprüchen einleitet. Keine Rolle spielt, 2005 Verwaltungsgericht 296 ob die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen eine Aussicht auf Erfolg hat (Erw. 5.4.1-5.5). Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 13. Oktober 2005 in Sa- chen S.W. gegen das Bezirksamt Zofingen. Aus den Erwägungen 5.1. Die Vorinstanz kam zum Schluss, Art. 14 BV statuiere das Recht, unbeeinträchtigt durch staatliche und polizeiliche Einschrän- kungen die Ehe eingehen zu können. In diesem Recht werde die Be- schwerdeführerin durch die Weisung, ein Eheschutzverfahren einzu- leiten, nicht beschränkt. Die Rechtsgültigkeit der bestehenden Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann werde in keinster Weise durch ein Eheschutzverfahren tangiert. Vielmehr solle das Eheschutzverfahren im vorliegenden Fall dazu dienen, Unterhaltsbeiträge des Ehemannes für die gemeinsame Tochter festzulegen. Endgültig festzustellen, ob der Ehemann zu Unterhalts- zahlungen verpflichtet werden könne und ob reelle Chancen auf ein zukünftiges intaktes Zusammenleben der Eheleute X bestünden, sei nicht Aufgabe des Bezirksamtes, sondern habe durch das zuständige Familiengericht entschieden zu werden. 5.2. Die Beschwerdeführerin bestreitet die Zulässigkeit der Weisung, diese verletze die Ehefreiheit, welche in Art. 14 BV garan- tiert sei. Wie der Sozialkommission bekannt sei, beziehe der Ehe- mann der Beschwerdeführerin ebenfalls Sozialhilfe. Dies gehe aus der Bestätigung des Sozialamtes der Gemeinde B vom 7. Januar 2005 hervor. Folglich sei der Ehemann der Beschwerdeführerin auf keinen Fall in der Lage, ihr oder ihren Kindern irgendwelche Unter- haltsbeiträge zukommen zu lassen. Unter diesen Umständen mache die Einleitung eines Eheschutzverfahrens keinen Sinn. Die Be- schwerdeführerin könne mit keinerlei Unterhaltsbeiträgen rechnen. Ein Eheschutzverfahren hätte somit keinerlei Auswirkungen auf das Budget der Beschwerdeführerin. Es gebe kein höheres Interesse der Sozialkommission, welches es rechtfertigen würde, die Beschwerde- 2005 Sozialhilfe 297 führerin zu zwingen, gegen ihren Willen ein Eheschutzverfahren einzuleiten. 5.3. Wie die Vorinstanz zu Recht feststellte, verletzt die Wei- sung, ein Eheschutzverfahren einzuleiten, die Ehefreiheit nach Art. 14 BV nicht. Art. 14 BV garantiert das Recht zur Ehe- schliessung, d.h. die Freiheit, dass ein mündiger Erwachsener selber entscheiden kann, ob bzw. wen er heiraten möchte (Jörg Paul Müller, Grundrechte in der Schweiz, 3. Auflage, Bern 1999, S. 102). Ein Eheschutzverfahren bei getrennt lebenden Ehegatten dient dazu, die Verhältnisse unter den Ehegatten, insbesondere den Unterhalt, für die Dauer des Getrenntlebens zu regeln (Art. 176 ff. ZGB). Die Rechtsgültigkeit und der Bestand der Ehe zwischen der Beschwer- deführerin und ihrem Ehemann werden in keiner Weise beeinträch- tigt. 5.4.1. Die Vorinstanz kam weiter zum Schluss, die an die Be- schwerdeführerin gerichtete Weisung, bis spätestens 20. Januar 2005 ein Eheschutzverfahren einzuleiten, stehe im Einklang mit den Richtlinien des Kantonalen Sozialdienstes. So könne bei getrennt lebenden Ehegatten von der unterstützten Person verlangt werden, dass innert 30 Tagen eine gerichtliche Festsetzung der Unterhalts- beiträge beantragt werde. 5.4.2. Die Beschwerdeführerin wendet dagegen ein, die Vorin- stanz stütze das Vorgehen der Sozialkommission mit dem Hinweis auf das Handbuch Sozialhilfe. Bei diesem Handbuch handle es sich aber nicht um eine gesetzliche Grundlage, sondern um eine interne Publikation ohne Rechtsverbindlichkeit. 5.4.3. Den Erläuterungen im Handbuch Sozialhilfe kommt tat- sächlich - im Gegensatz zum SPG, zu der dieses ausführenden SPV und, soweit von Letzterer als massgeblich bezeichnet (§ 10), den Richtlinien für die Ausgestaltung und Bemessung der Sozialhilfe, herausgegeben von der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS-Richtlinien), Dezember 2000 - keine rechtserzeugende Wir- kung zu; sie sind nur beachtlich, soweit sie dem formell gesetzten Recht entsprechen oder dort klarerweise enthaltene Ermessenspiel- räume korrekt ausfüllen (VGE II/74 vom 19. November 2003 [BE.2003.00216], S. 9). 2005 Verwaltungsgericht 298 Anspruch auf Sozialhilfe besteht, sofern die eigenen Mittel nicht genügen und andere Hilfeleistungen nicht rechtzeitig erhältlich sind oder nicht ausreichen (§ 5 Abs. 1 SPG). Damit wird der Grund- satz der Subsidiarität der Sozialhilfe ausgedrückt. Die Hilfe suchende Person ist verpflichtet, sich nach Möglichkeit selbst zu helfen; sie muss alles Zumutbare unternehmen, um eine Notlage aus eigenen Kräften abzuwenden oder zu beheben (vgl. SKOS-Richtlinien, Ka- pitel A.4). Die Zusprechung materieller Hilfe kann mit Auflagen und Weisungen verbunden werden (§ 13 Abs. 1 SPG). Diese dienen gemäss § 14 SPV entweder vorbeugend der richtigen Verwendung der materiellen Hilfe oder dann zur Verbesserung der Lage der Hilfe suchenden Person. Werden Auflagen und Weisungen nicht befolgt, welche unter Androhung der Folgen bei Missachtung erlassen wur- den, so kann die materielle Hilfe gekürzt werden (§ 15 Abs. 1 SPV; VGE IV/29 vom 26. August 2004 [BE.2004.00177], S. 4 f.; VGE IV/54 vom 19. November 2004 [BE.2004.00284], S. 6), und im Falle, dass die unterstützte Person sich rechtsmissbräuchlich verhält, kann eine materielle Hilfe ganz eingestellt werden (§ 15 Abs. 3 SPV). 5.4.4. Zu den eigenen Mitteln gehören auch die Unterhaltsan- sprüche der hilfebedürftigen Person (§ 11 Abs. 1 SPV). Bestehen Ansprüche gegenüber Dritten nur vermeintlich oder können sie aus irgendwelchen Gründen nicht durchgesetzt werden, dürfen sie ande- rerseits nicht als fiktive Einkünfte der Hilfe suchenden Person ange- rechnet werden. Vorerst muss in jedem Fall feststehen, dass sie nicht durchsetzbar und erhältlich sind. Die Entscheidung zur Geltendma- chung und Durchsetzung unsicherer Unterhaltsansprüche steht nicht im Belieben der Hilfe suchenden Person (VGE II/42 vom 20. Juni 2003 [BE.2003.00110], S. 5 f.). Entsprechend kommt es nicht darauf an, ob die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen keine Aussicht auf Erfolg hat, weil der Unterhaltsverpflichtete selbst auf Sozialhilfe angewiesen ist. Die unterstützenden Sozialhilfebehörden können daher von den Gesuchstellern eine Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen auf dem Rechtsweg verlangen. Verzichtet eine unterstützte Person auf eheliche Unterhaltsbeiträge, obwohl der Ehegatte offensichtlich sol- 2005 Sozialhilfe 299 che leisten könnte, so muss sie sich einen angemessenen Betrag an- rechnen lassen. Im Umfang dieses Betrags besteht im Sinne des Sub- sidiaritätsprinzips keine Bedürftigkeit (SKOS-Richtlinien, Kapi- tel F.3.2; Peter Stadler, Wie ist die Sozialhilfe zu bemessen, wenn Eheleute nicht zusammen wohnen und das Getrenntleben nicht ge- richtlich geregelt ist, in: Zeitschrift für Sozialhilfe [ZeSo], 2001 Heft 5). 5.5. Die Beschwerdeführerin lebt seit Mai 2004 von ihrem Ehemann getrennt. Solange die Beschwerdeführerin keine Sozial- hilfe beantragt hatte, stand es ihr grundsätzlich frei, Unterhaltsan- sprüche für sich persönlich geltend zu machen. Es stand ihr jedoch bereits damals nicht frei, auf Unterhaltsansprüche für das Kind zu verzichten, da diese dem Kind zustehen (Peter Breitschmid, in: Bas- ler Kommentar, ZGB I, 2. Auflage, Basel / Genf / München 2002, Art. 276 N 17). Ein Verzicht der Beschwerdeführerin auf den für die Tochter Y (geboren 13. Dezember 2003) unentbehrlichen Unterhalt ist ausgeschlossen (vgl. Cyril Hegnauer, in: Berner Kommentar, Art. 252-301 ZGB, 3. Auflage, Bern 1964, Art. 272 aZGB N 68; BGE 119 II 6), und eine Verletzung der elterlichen Pflicht zur Gel- tendmachung von Unterhaltsansprüchen kann zu Kindesschutzmass- nahmen (Art. 307 f. ZGB) durch die Vormundschaftsbehörde Anlass geben. Der Ehemann der Beschwerdeführerin bezieht gemäss Bestäti- gung der Gemeinde B vom 7. Januar 2005 ebenfalls Sozialhilfe. Das bedeutet jedoch nicht, dass er auch in Zukunft nicht in der Lage sein wird, Unterhaltszahlungen zu leisten. Es steht insbesondere nicht fest, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin bei einer zumutbaren Anstrengung kein Einkommen zu erzielen vermag, zumal seine berufliche und finanzielle Situation undurchsichtig erscheint. Seine finanziellen Möglichkeiten und den Anspruch der Beschwer- deführerin und ihrer Tochter auf Unterhalt kann umfassend nur der Eheschutzrichter beurteilen. Es mag sein, dass die Ehetherapie der Beschwerdeführerin erfolgsversprechend verläuft. Es mag auch sein, dass die Ehegatten in der Vergangenheit Schwierigkeiten gehabt haben. Sie haben andererseits gemeinsam den Mietvertrag für das 51⁄2-Zimmer-Einfamilienhaus in A unterzeichnet und am 13. Dezem- 2005 Verwaltungsgericht 300 ber 2004 gemeinsam die C s.a g.l. mit Sitz in A gegründet, deren Mitgesellschafterin die Beschwerdeführerin ist. Möglich ist auch, dass ein Eheschutzverfahren zu weiteren persönlichen Belastungen der Beteiligten führen kann. All dies entbindet aber die Beschwerde- führerin nicht davon, die ihr und ihrer Tochter zustehenden Unterhaltsansprüche gegenüber ihrem Ehemann geltend zu machen. Diese Ansprüche bestehen entgegen der Auffassung der Be- schwerdeführerin auch bei ungetrennter Ehe (Art. 172/173 ZGB). Von der Sozialhilfe sind nur die nötigen Kosten zu übernehmen, und das Subsidiaritätsprinzip gilt auch bei nicht zusammen lebenden Ehepaaren (SKOS-Richtlinien, Kapitel F.3.2). Im Umfang der Unter- haltsansprüche bestehen Ansprüche der Klägerin auf eigene Mittel, die grundsätzlich geeignet sind, ihre Notlage vermindern. Für die Rechtsmässigkeit der Weisung, ein Eheschutzverfahren einzuleiten, ist die mögliche Aussicht auf einen Beitrag zur Verminderung der Notlage der Beschwerdeführerin ausreichend. Zu berücksichtigen ist schliesslich, dass die dem Kind zustehenden Unterhaltsbeiträge bevorschusst werden können und damit einer andern Abrechnungs- und Rückforderungsregelung unterstehen (Art. 290 ZGB und § 27 f. SPG). Die Weisung, ein Eheschutzverfahren einzuleiten, ist somit nicht zu beanstanden, und die Beschwerde ist in diesem Punkt ab- zuweisen.
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AG_VG_001
AG_VG
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Northwestern_Switzerland
AG_VG_001_AGVE-2005-61_2005-10-04
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2011 Sozialhilfe 177 [...] 45 Rückzahlung nach § 3 SPG - Die Rückzahlungspflicht nach § 3 SPG knüpft an den materiell un- rechtmässigen Leistungsbezug an. - Als unrechtmässiger Bezug gelten Leistungen, die aufgrund unwah- rer oder unvollständiger Angaben ausgerichtet wurden. Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 6. Juli 2011 in Sachen A. gegen Gemeinderat B. und Bezirksamt C. (WBE.2010.249). Aus den Erwägungen 2. 2.1. Der unrechtmässige Bezug von materieller Hilfe wird in § 3 SPG geregelt. Nach der genannten Bestimmung sind unrechtmässig bezogene Leistungen samt Zins zurückzuzahlen. Was unter unrecht- mässigem Bezug zu verstehen ist, ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang. § 3 SPG bildet zusammen mit der vorangehenden Bestimmung einen Teil der Allgemeinen Bestimmungen des Sozial- hilfegesetzes. § 2 SPG regelt die Mitwirkungs- und Meldepflicht: Personen, die Leistungen nach SPG geltend machen, beziehen oder erhalten haben, sind verpflichtet, über ihre Verhältnisse wahrheits- 2011 Verwaltungsgericht 178 getreu und umfassend Auskunft zu geben sowie die erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Kommen sie dieser Verpflichtung nicht nach, sind die zuständigen Behörden berechtigt, die für den Vollzug erforderlichen Auskünfte einzuholen. Personen, die Leistungen nach diesem Gesetz geltend machen oder beziehen, sind verpflichtet, Ver- änderungen in ihren Verhältnissen umgehend zu melden (§ 2 SPG). Als unrechtmässiger Bezug gelten deshalb Leistungen, die aufgrund unwahrer oder unvollständiger Angaben ausgerichtet wurden. § 3 SPG kommt demnach nur zur Anwendung, wenn dem Leistungs- bezüger ein gewisses Fehlverhalten, nämlich ein Verstoss gegen die Mitwirkungs- und Meldepflicht gemäss § 2 SPG vorgeworfen wer- den kann. Diese Auslegung ergibt sich auch aus den Gesetzes- materialien (vgl. Botschaft des Regierungsrates des Kantons Aargau an den Grossen Rat vom 30. Juni 1999, 99.226, S. 18 f; VGE IV/55 vom 30. Juli 2009 [WBE.2009.26], S. 6). Die in § 3 SPG geregelte Rückzahlungspflicht unterscheidet sich materiell von der Rückerstattungspflicht bezogener materieller Hilfe bei Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse gemäss § 20 SPG. Weiter unterscheidet sie sich von der Möglichkeit, Leistungen zu kürzen, wenn Auflagen und Weisungen nicht befolgt wurden (§ 13 Abs. 2 SPG). In § 8 Abs. 4 SPV ist sodann eine Verrechnungsmög- lichkeit für Mehrleistungen des Gemeinwesens als Folge nicht zweckkonformer Verwendung der materiellen Hilfe vorgesehen. Schliesslich umfasst sie auch eine allfällige Rückforderungsmög- lichkeit aufgrund des auch im öffentlichen Recht geltenden Grund- satzes der Rückforderung wegen ungerechtfertigter Bereicherung (Urs Vogel, Rechtsbeziehungen - Rechte und Pflichten der unter- stützten Person und der Organe der Sozialhilfe, in: Christoph Häfeli [Hrsg.], Das Schweizerische Sozialhilferecht, Luzern 2008, S. 192 f.). 2.2. (...) 3. 3.1.-3.2. (...) 3.3. Die Rückzahlungspflicht nach § 3 SPG knüpft allein an den materiell unrechtmässigen Leistungsbezug an (vgl. hierzu Handbuch 2011 Sozialhilfe 179 Sozialhilfe, Kantonaler Sozialdienst, 2003, Kap. 6, S. 8). Als un- rechtmässig bezogene Leistung kann daher nur angerechnet werden, was eine bedürftige Person an materieller Hilfe bezogen hat, obwohl sie keinen Rechtsanspruch darauf gehabt hätte (vgl. Erw. 2.1. vorn). Die vom Gemeinderat vorgenommene und vom Bezirksamt bestä- tigte Berechnung, wonach der zurückzuerstattende Betrag der Diffe- renz von angeblich deklariertem und effektiv erzieltem Einkommen entspricht, lässt sich somit nicht aufrecht erhalten. Der Entscheid des Bezirksamts ist daher aufgrund der fehlerhaften Berechnung des Rückerstattungsanspruches aufzuheben.
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AG_VG_001
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AG_VG_001_AGVE-2011-45_2011-07-04
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2001 Verwaltungsgericht 228 [...] 55 Zwangsmassnahmen im Rahmen fürsorgerischer Freiheitsentziehung. - Bei Bereitschaft zur freiwilligen Medikamenteneinnahme ist die Anordnung einer Zwangsmedikation unzulässig. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 1. Kammer, vom 5. Juni 2001 in Sachen R.S. gegen Entscheid der Klinik Königsfelden. Aus den Erwägungen 2. c) aa) Der Beschwerdeführer beschwert sich über die ange- ordnete medikamentöse Zwangsbehandlung. Er habe sich nie gewei- gert, die Medikamente Seroquel und Valium in der verordneten Dosis einzunehmen. Damit fehle es aber an einer Voraussetzung zur An- ordnung einer Zwangsmedikation. Es gehe überdies nicht an, dass die Ärzte präventiv als Druckmittel gegen den Patienten eine Zwangsmedikation anordneten. bb) Die Anordnung einer Zwangsmedikation setzt gemäss § 67e bis EG ZGB voraus, dass eine medizinisch indizierte Massnahme gegen den Willen der betroffenen Person vorgenommen wird. Dies ist dann nicht der Fall, wenn jemand freiwillig Medikamente ein- nimmt. Gemäss Praxis des Verwaltungsgerichts in Bezug auf die fürsorgerische Freiheitsentziehung darf eine solche nicht angeordnet werden, wenn ein ernstgemeinter freiwilliger Eintritt bzw. Verbleib in der Klinik vorliegt. Ob ein solcher Eintritt vorliegt, beurteilt sich nicht nur anhand der Aussagen des Betroffenen, sondern auch an seinem bisherigen Verhalten (AGVE 1992, S. 279). Da zwischen der fürsorgerischen Freiheitsentziehung und der Anordnung von Zwangsmassnahmen ein enger Zusammenhang besteht und es sich ebenfalls um einen schweren Eingriff in die persönliche Freiheit des Beschwerdeführers handelt, rechtfertigt es sich, die genannte Praxis 2001 Fürsorgerische Freiheitsentziehung 229 bei der Beurteilung der Freiwilligkeit bei der Medikamentenein- nahme analog anzuwenden. cc) Wie bereits erwähnt, hat sich der Beschwerdeführer an der Verhandlung vom 15. Mai 2001 dahin geäussert, dass er Seroquel und Valium brauche. Der Beschwerdeführer nimmt seit seinem Kli- nikeintritt freiwillig Medikamente per os. Wie er selber sagt, ver- spüre er eine gute Wirkung; ohne Medikamente wäre er weniger ruhig. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer im gegenwärtigen Zeitpunkt die Medikamenteneinnahme verweigern würde, denn wie er selber ausführte, sei er an der richtigen Medika- menteneinstellung interessiert. Diese ist im Urteilszeitpunkt noch nicht gefunden worden. Unter diesen Umständen ist es nicht zuläs- sig, rein präventiv eine Zwangsmedikation anzuordnen. Bei ernstge- meinter Freiwilligkeit des Beschwerdeführers ist die Anordnung einer Zwangsmedikation, selbst bei faktischer Gewährung von auf- schiebender Wirkung, unverhältnismässig, da ein entsprechender Eingriff in die persönliche Freiheit des Patienten nicht notwendig ist. Sollte der Beschwerdeführer allerdings in einem späteren Zeitpunkt die Medikamente verweigern und sollte die entsprechende Behand- lung nach wie vor indiziert und eine Zwangsmedikation verhältnis- mässig sein, so steht es der Klinik frei, jederzeit einen neuen Zwangsmassnahmen-Entscheid zu erlassen unter Prüfung der Voraussetzungen im dannzumaligen Zeitpunkt (vgl. VGE I/134 vom 29. August 2000 [BE.2000.00253] in Sachen R.H., S. 17 ff.). Die Voraussetzungen für die Anordnung einer Zwangsmedikation sind beim Beschwerdeführer heute nicht gegeben, so dass seine Be- schwerde vollumfänglich gutgeheissen werden muss. Damit wird die Anordnung der Zwangsmedikation aufgehoben.
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2002 Verwaltungsrechtspflege 417 [...] 101 Kostenverlegung (§ 35 VRPG). - Der AEW Energie AG sind keine Verfahrenskosten aufzuerlegen, wenn die Beschwerde gegen die von ihr verfügten Stromgebühren erfolgreich ist. 2002 Verwaltungsgericht 418 Beschluss des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 18. Juni 2002 in Sa- chen B.F. gegen Verfügung der AEW Energie AG. Sachverhalt Auf die Beschwerde hin hob die AEW Energie AG ihre Verfü- gung, mit der sie Stromgebühren erhoben hatte, wiedererwägungs- weise auf. Aus den Erwägungen 2. a) Der Verfahrensausgang kommt einem Obsiegen des Be- schwerdeführers gleich. Nach § 33 Abs. 2 VRPG sind daher die Kos- ten grundsätzlich der AEW Energie AG aufzuerlegen. Gilt sie aller- dings nach wie vor als Amtsstelle im Sinne von § 35 Abs. 1 VRPG, sind die Kosten auf die Staatskasse zu nehmen. Die AEW Energie AG ist seit dem 1. Oktober 1999 eine privat- rechtliche Aktiengesellschaft (§ 20a des Energiegesetzes [EnG; SAR 773.100] vom 9. März 1993; AEW-Firmenprofil unter www.aew.ch). Der Kanton hält jedoch die Aktienmehrheit und hat der AEW Energie AG einen Leistungsauftrag erteilt (§§ 20b Abs. 1, 20c Abs. 2 EnG; Dekret über den Leistungsauftrag der AEW Energie AG vom 7. September 1999, SAR 773.330). Sodann kann sie nach wie vor Verfügungen erlassen (Ziff. 3.3.2 des Reglementes über die Lieferung elektrischer Energie aus dem Niederspannungsnetz des Aargauischen Elektrizitätswerkes vom 23. März 1994, SAR 773.533). Damit übt sie nach wie vor hoheitliche Funktionen aus und ist als Amtsstelle im Sinne von § 35 Abs. 1 VRPG zu betrachten. Die Kosten sind daher auf die Staatskasse zu nehmen.
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AG_VG_001
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AG_VG_001_AGVE-2002-101_2002-06-02
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2011 Gesundheitsrecht und Adoption 207 IX. Gesundheitsrecht und Adoption 52 Zweckentfremdung und Veräusserung von Spitalanlagen und -liegen- schaften (§ 14 Abs. 6 SpiG) Die Entlassung einer Einrichtung aus dem staatlichen Leistungsauftrag und die Verwendung von Anlagen und Liegenschaften in tatsächlicher Hinsicht für eine Nutzung, die nicht mehr auf einem Leistungsauftrag gemäss kantonaler Spitalkonzeption beruht, stellen eine Zweckentfrem- dung im Sinne von § 14 Abs. 6 SpiG und § 9 Abs. 2 SpiV dar. Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 6. Juli 2011 in Sachen A. gegen Regierungsrat (WBE.2008.14). Aus den Erwägungen 3. 3.1. Die Vorinstanz hat die Zweckentfremdung gemäss § 9 der Spitalverordnung (SpiV; SAR 331.211) sowohl nach der Fassung vom 26. Mai 2004 wie jener vom 13. September 2006 bejaht. Sie hat u. a. erwogen, dass mit der Aufhebung des Spitalstandorts D. der Leistungsauftrag der Beschwerdeführerin im Rahmen der kantonalen Spitalkonzeption entfallen sei. Die B. sei nicht Teil der kantonalen Spitalversorgung, sondern lediglich aus gesundheitspolitischen Grün- den im Besitz einer Betriebsbewilligung. Die Verwendung der Anla- gen und Liegenschaften sowie Teilen davon entspreche nicht mehr dem ursprünglichen Subventionszweck. In der Vernehmlassung wird ergänzt, dass von einer Einbettung der B. in die kantonale Spitalkon- zeption keine Rede sein könne. Die B. betreibe ein Ambulatorium bzw. eine teilstationäre Einrichtung ohne einen kantonalen Versor- gungsauftrag. 2011 Verwaltungsgericht 208 3.2. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin ist der Begriff der Zweckentfremdung in § 14 Abs. 6 des Spitalgesetzes vom 25. Feb- ruar 2003 (SpiG; SAR 331.200) nicht definiert und dahingehend auszulegen, dass der in Frage stehende Vermögenswert nicht mehr seinem ursprünglichen Zweck diene und damit einer anders gearteten Nutzung zugeführt werde. Dies treffe aber sowohl auf C. als auch auf die B. nicht zu. Der einzige Unterschied zur früheren Nutzung beste- he darin, dass das Spital D. eine stationäre Einrichtung gewesen sei, während es sich beim B. um eine Tagesklinik bzw. eine teilstationäre Einrichtung handle. Art. 25 KVG sehe dieselben Leistungen für den stationären Aufenthalt in der allgemeinen Abteilung eines Spitals als auch für den Aufenthalt in einer teilstationären Einrichtung vor. Selbst der Regierungsrat habe in der Betriebsbewilligung vom 29. Juni 2005 der B. die zweckentsprechende Benützung der Infra- struktur des Spitals attestiert. Die B. sei schliesslich wie das vorma- lige Spital in eine staatliche Tarifordnung eingebunden. Die Gebäude und Anlagen würden weiterhin demselben Zweck dienen. Der Grosse Rat habe in seinem Beschluss vom 8. März 2005 dem Regierungsrat den Auftrag erteilt, die Voraussetzungen für den Betrieb eines priva- ten medizinischen Zentrums zu schaffen. Dieses sei in die Spitalkon- zeption einbezogen und habe einen Leistungsauftrag für teilstationä- re Medizin erhalten. Eine Zweckentfremdung liege daher nach der Definition von § 9 Abs. 2 aSpiV unter diesen Umständen nicht vor. Die ab 13. September 2006 geltende Fassung dieser Bestimmung komme infolge unzulässiger Rückwirkung nicht zur Anwendung. Die Verordnungsänderung sei im Übrigen Beleg dafür, dass § 9 SpiV in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung keine ausreichende Rechtsgrundlage für Rückforderungsansprüche sei. 3.3. Ausgangspunkt für die Prüfung einer Zweckentfremdung ist § 14 Abs. 6 SpiG. Nach dieser Bestimmung fällt bei einer Zweckent- fremdung oder Veräusserung der Anlagen und Liegenschaften der Ertrag dem Kanton zu. Anknüpfungspunkt ist damit der ursprüng- liche Zweck der Subvention, d. h. vorliegend die Zweckbestimmung, welche mit der vom Kanton ausgerichteten Subventionen und den 2011 Gesundheitsrecht und Adoption 209 damit bezahlten Bauten und Anlagen verknüpft war. Für die Zweck- bestimmung der Subvention massgebend ist § 4 Abs. 1 des alten Spitalgesetzes, wonach der Staat im Rahmen der kantonalen Spital- konzeption Spitäler unterstützt, die u.a. durch Stiftungen mit ge- meinnützigem Zweck betrieben werden und der Staat die Kosten für Neu-, Um- und Erweiterungsbauten trägt (§ 5 Abs. 1 aSpiG). Gemäss § 4a Abs. 1 aSpiG gehörte die Beschwerdeführerin zu den beitrags- berechtigten Spitälern. Die subventionsrechtliche Zweckentfremdung besteht daher in der Entlassung der Beschwerdeführerin zur Führung des beitragsberechtigten Spitals D. aus dem staatlichen Leistungsauf- trag und in tatsächlicher Hinsicht in der Verwendung der Anlagen und Liegenschaften für eine Nutzung, die nicht mehr auf einem Leistungsauftrag gemäss kantonaler Spitalkonzeption beruht. Dieser Tatbestand wird in § 9 Abs. 3 SpiV in der Fassung vom 26. Mai 2004 auch ausdrücklich festgehalten. Die Bestimmung präzisiert, was im Subventionsverhältnis zwischen den beitragsberechtigten Spitälern als (Subventions-) Empfänger der Finanzhilfe und dem Kanton als Subvenienten ohnehin gilt. Die Bausubventionen an die Beschwerde- führerin waren keine einseitigen, voraussetzungslosen Zahlungen. Nachdem der Grosse Rat mit Beschluss vom 8. März 2005 den Spitalstandort D. aufgehoben hatte, war die Beschwerdeführerin aus dem Leistungsauftrag der kantonalen Spitalkonzeption 2005 aus dem Jahre 1994 entlassen und auch kein beitragberechtigtes Spital gemäss § 4a aSpiG mehr. Die Entlassung der Beschwerdeführerin aus dem Rahmen der Spitalkonzeption führt subventionsrechtlich dazu, dass jede nachfolgende Nutzung der Bauten und Anlagen eine zweck- fremde Nutzung darstellt. Dies wird auch deutlich durch den Zusam- menhang von Spitalplanung, Spitalkonzept und Leistungsauftrag nach § 16 und 17 SpiG mit dem Zulassungssystem für Spitäler nach dem Bundesgesetz über die Krankenversicherung vom 18. März 1994 (KVG; SR 832.10). Gemäss Art. 39 Abs. 1 KVG ist das Spital eine Einrichtung, welche der stationären Behandlung akuter Krank- heiten oder der stationären medizinischen Rehabilitation dient. Die Spitäler haben bestimmte, in Art. 39 Abs. 1 lit. a bis d KVG umschriebene Dienstleitungen und Infrastrukturen zu gewährleisten (vgl. dazu Botschaft zum KVG, BBl 1992 I S. 66) und die Kantone 2011 Verwaltungsgericht 210 sind zur Spitalplanung verpflichtet (Art. 39 Abs. 1 lit. d KVG). Die Beschwerdeführerin betreibt kein Spital mehr, sondern vermietet Teile ihrer Bauten, Räumlichkeiten und Anlagen; wesentliche Ein- richtungen des früheren Spitals hat sie zudem veräussert. Dass diese Vorgänge subventionsrechtlich und gemäss § 14 Abs. 6 SpiG eine Zweckentfremdung darstellen ist offensichtlich. Die Beschwerde- führerin kann sich die Tätigkeit der B. im Subventionsverhältnis zum vornherein nicht als eigene Nutzung oder Erfüllung öffentlich- rechtlicher Obliegenheiten anrechnen lassen. Abgesehen davon er- füllt die B. keinen Leistungsauftrag gemäss Spitalkonzeption. Un- bestritten ist, dass sie keinen Leistungsauftrag für ein Spital gemäss § 17 SpiG hat. Sie betreibt auch kein Spital im Sinne des KVG. Für die Zweckentfremdung nicht massgebend ist, ob die Beschwerde- führerin oder Dritte Tätigkeiten und Leistungen gemäss Art. 25 KVG erbringen, da diese Bestimmung die Leistungspflicht der obligatori- schen Krankenpflegeversicherung umschreibt. Massgebend ist - ent- gegen der Beschwerdeführerin - auch nicht, ob die B. nach einer staatlichen Tarifordnung medizinische Leistungen, die sogar gesund- heitspolitisch erwünscht sind, anbietet oder den ambulanten Teil des Spitals D. auf privater Basis weiterführt. Nachdem für die B. auch in der Spitalkonzeption 2015 kein Leistungsauftrag für ein Spital (§ 17 SpiG) besteht, sondern für "teilstationäre Behandlungen" bzw. eine Tagesklinik, welche nicht dem Spitalgesetz und auch nicht der kann- tonalen Spitalplanung unterstehen, liegt eine Zweckentfremdung der subventionierten Bauten und Einrichtungen vor. Anzufügen bleibt, dass an diesem Ergebnis weder die Einla- dung des Grossen Rates an den Regierungsrat noch die Betriebsbe- willigung für die B. vom 29. Juni 2005 etwas ändern können. Für die Spitalkonzeption ist der Grosse Rat nicht zuständig (§ 6 SpiG). Die im Grossratsbeschluss vom 8. März 2005 beschlossene Einladung zur Schaffung der Voraussetzungen für ein privates medizinisches Zentrum ist auch rechtlich eine blosse Einladung, kein parlamentari- scher Vorstoss mit verpflichtenden Wirkungen oder Weisungscha- rakter (vgl. dazu §§ 41 f. des Gesetzes über die Organisation des Grossen Rates und über den Verkehr zwischen dem Grossen Rat, dem Regierungsrat und dem Obergericht vom 19. Juni 1990 [Ge- 2011 Gesundheitsrecht und Adoption 211 schäftverkehrsgesetz, GVG; SAR 152.200]). Die Betriebsbewilli- gung wurde der B. gestützt auf § 58 des Gesundheitsgesetzes vom 10. November 1987 (aGesG; AGS Band 12, S. 553) unter dem aus- drücklichen Hinweis erteilt, dass sich die Bewilligung nur auf die Prüfung der gesundheitspolizeilichen Voraussetzungen beschränke und mit der Bewilligung kein Anspruch auf Aufnahme in die Spitalliste bestehe. 3.4. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass eine relevante Zweckänderung gemäss § 14 Abs. 6 SpiG und in Anwendung von § 9 Abs. 3 aSpiV (Fassung vom 26. Mai 2004) zu bejahen ist. Die Beschwerdeführerin bestreitet überdies nicht, dass die Vorausset- zungen einer Zweckänderung wie sie § 9 Abs. 3 SpiV in der Fassung vom 13. September 2006 umschrieben sind, erfüllt sind. In der Tat ist mit der Revision die Beschränkung der Zweckänderung auf den Leistungsauftrag gemäss Spitalkonzeption entfallen und die Verord- nungsbestimmung erfasst nunmehr die Zweckbindung aus dem Sub- ventionsverhältnis allgemein. Ob dies eine blosse Präzisierung der Gesetzesnorm darstellt, wie dies vom Regierungsrat betont wird, kann offen gelassen werden. Jedenfalls ist nicht erkennbar, dass mit dieser Änderung die Beschwerdeführerin oder die B. gegenüber dem Normgehalt von § 9 Abs. 3 aSpiV benachteiligt worden wäre. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet, soweit sie die Feststellung der Zweckentfremdung beanstandet. 4. 4.1. Im angefochtenen Entscheid wird die Beschwerdeführerin ver- pflichtet, die kantonalen Vorinvestitionen mit jährlich Fr. 72'856.00 pro Jahr ab 1. Januar 2008 oder in einem einmaligen Betrag von Fr. 2'048'545.00 zu bezahlen. Der Regierungsrat stellte im Wesentlichen auf verschiedene Be- richte des DGS "Spital D. - Mietwertberechnung", die Teilergebnisse der Arbeitsgruppe sowie die Empfehlungen der E. AG ab. In den Berichten wurde festgehalten, dass das Gebäude aufgrund seiner spezifischen Nutzung kein marktgängiges Objekt darstelle und die Berechnung des Mietwertes deshalb nur über die kostendeckende 2011 Verwaltungsgericht 212 Verzinsung des Realwertes erfolgen könne. Gestützt auf übliche Regeln der Immobilienbewirtschaftung und unter Anwendung weite- rer Hilfsmittel seien die Gebäudebestandteile in verschiedene Raum- kategorien eingeteilt und bei jeder Kategorie für die Erstellungs- kosten inkl. Ausstattung prozentuale Zuschläge angenommen wor- den. Die Altersentwertung sei ebenfalls gestützt auf die in der Immobilienwirtschaft üblichen Regeln berücksichtigt worden. Be- züglich der Verzinsung stelle der Regierungsrat auf die Variante mit einer mittleren Kapitalverzinsung von 3 % und einem Unterhalt von 2,5 % ab, wobei die Kosten für eine langfristige Substanzwerterhal- tung nicht berücksichtigt seien. Der aufgeschobene Unterhalt an Gebäude und Haustechnik und die Kosten der Instandstellung der Innenräume wurden auf Fr. 2.6 Mio. geschätzt, die Sanierung der Lüftung/Klima wurde mit geschätzten Fr. 1 Mio. eingesetzt. Nach der Vornahme dieser Abzüge wurden ein Realwert für die an die B. vermieteten Anlagen von Fr. 2'428'545.00 und ein Mietwert von Fr. 133'570.00 ermittelt. Dieser Betrag wurde in eine Kapitalver- zinsung von Fr. 72'856.00 (gerechnet mit 3 %) und in die Kosten für Unterhalt-/Instandstellung in der Höhe von Fr. 60'714.00 (mit 2,5 % angerechnet) pro Jahr aufgeteilt. Die Vorinstanz stellte im Ergebnis fest, dass die geforderte Rückzahlung von Fr. 72'856.00/Jahr unter Einbezug aller Faktoren (Fläche, Quadratmeterpreis, Vergleich mit ortsüblichen Mietpreisen im Raum D., Einnahmen aus der Weiterver- mietung an Dritte) sehr massvoll kalkuliert sei. 4.2. Die Beschwerdeführerin rügt zur Hauptsache, dass der Regie- rungsrat einen theoretischen, nicht den tatsächlichen Ertrag bean- spruche. Soweit sich die Berechnung auf § 9 SpiV in der Fassung vom 13. September 2006 stütze, liege sowohl ein Verstoss gegen § 14 Abs. 6 SpiG wie auch gegen das Rückwirkungsverbot vor. Weiter wird unter Bezugnahme auf den Bericht der C. vom 28. August 2006 ein Zeitwert der vom Kanton in den Jahren 1995 bis 2005 mitfinanzierten Gebäudesanierungen bezogen auf jenen Teil, welcher an die B. vermietet sei, von Fr. 810'000.00 (ohne Unterhalt, Reparaturen und Verbrauchsmaterial) geltend gemacht. Bei einer 2011 Gesundheitsrecht und Adoption 213 Verzinsung mit 3 % ergäbe sich ein Kapitalzins bzw. angemessener Mietzins von lediglich Fr. 24'000.00 pro Jahr. 5. 5.1. Gemäss § 14 Abs. 6 SpiG unterliegt bei einer Zweckentfrem- dung oder Veräusserung der Ertrag der Rückerstattungspflicht. § 9 SpiV in der Fassung vom 26. Mai 2004 präzisiert den Ertrag nur mit Bezug auf die Anlageobjekte (,,Vermögensteile"), die der Rücker- stattungspflicht unterliegen. In der Fassung der Verordnung vom 13. September 2006 gilt als Ertrag ein angemessene r Verkaufspreis oder im Falle einer Vermie- tung ein angemessener Mietzins (§ 9 Abs. 5 Satz 1 SpiV). Die Be- rechnung richtet sich nach marktüblichen Werten sowie nach den allgemeinen Richtlinien der Immobilienwirtschaft (§ 9 Abs. 5 Satz 2 SpiV). Diese Teilrevision von § 9 SpiV ist am 15. September 2006 in Kraft getreten. 5.2. 5.2.1. Die Rückerstattungspflicht in § 14 Abs. 6 SpiG knüpft an zwei alternative Tatbestände, die Zweckentfremdung und die Veräus- serung. Die Aufgabe oder Beendigung der Zweckbindung aus dem Subventionsverhältnis genügt daher für sich allein nicht. Die Zweck- entfremdung entsteht vielmehr mit einer Nutzung subventionierter Bauten und Einrichtungen, welche nicht mehr der Zweckbindung aus dem Subventionsverhältnis entspricht. Ist die Rückerstattungspflicht die Rechtsfolge einer neuen und andern Nutzung der Subventions- objekte, sind in zeitlicher Hinsicht die im Zeitpunkt der Nutzungs- änderung (oder Veräusserung) tatsächlichen Umstände massgebend. Die Aufhebung der Zweckbindung der Bauten und Einrichtun- gen erfolgte in rechtlicher Hinsicht und gestützt auf den Beschluss des Grossen Rates vom 8. März 2005 per 31. Dezember 2005. Tat- sächlich entliess der Regierungsrat die Beschwerdeführerin vorzeitig und sukzessive aus der Pflicht zur Führung des Spitals D. im Ver- laufe des 2. Semesters 2005. Der Spitalbetrieb wurde im Einverneh- men mit dem Regierungsrat vorzeitig geschlossen. Die Beschwerde- führerin schloss den Mietvertrag mit der B. per 1. Januar 2006 ab, 2011 Verwaltungsgericht 214 obwohl die B. berechtigt war, die Mietgegenstände ab 1. Juli 2005 zu nutzen (Mietvertrag). Die Zweckänderung trat damit für Anlage- und Einrichtungsteile des früheren Spitals D. sukzessive im 2. Semester 2005 ein. Der genaue Zeitpunkt für die tatsächliche Zweckent- fremdung lässt sich nicht exakt bestimmen. Der Grosse Rat beschloss die Aufhebung des Spitalstandortes auf den 31. Dezember 2005, der Regierungsrat hat in die vorzeitige Schliessung des Spitals einge- willigt und die Beschwerdeführerin vereinbarte den Mietbeginn mit der B. auf den 1. Januar 2006. Unter diesen Umständen ist vorlie- gend der massgebliche Zeitpunkt für die Zweckentfremdung auf den 1. Januar 2006 festzulegen. Dieses Datum ist damit auch für die Be- stimmung des Ertrages massgebend. 5.2.2. Die Nutzungsänderung durch die Vermietung an die B. und da- mit die Zweckentfremdung ist ein einmaliger, abgeschlossener Vor- gang. Das Mietverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und der B. begründet nur zwischen den Mietvertragsparteien ein privatrecht- liches Dauerschuldverhältnis. Zwischen dem Kanton Aargau und der B. besteht kein öffentlichrechtliches Verhältnis. Die subventions- rechtliche Beziehung zwischen Kanton und Beschwerdeführerin be- schränkt sich, solange die finanziellen Vorleistungen des Kantons nicht vollständig abgegolten sind, auf die Ablieferungspflicht gemäss § 14 Abs. 6 SpiG. Veränderungen in der Nutzung der Subventi- onsobjekte oder die Abänderung des Mietvertrages mit der B. führen je nach den Umständen zu weiteren neuen subventionsrechtlichen Rückforderungsansprüchen. Hingegen ist die subventionsrechtliche Zweckentfremdung (§ 14 Abs. 6 SpiG) - jedenfalls für die Dauer der Miete durch die B. und unter Vorbehalt von Änderungen des Miet- vertrages - am 1. Januar 2006 eingetreten und auch abgeschlossen. Der Ertrag gemäss § 14 Abs. 6 SpiG ist kausal zur (jeweiligen) Zweckentfremdung, richtet sich hier nach den konkreten Umständen am 1. Januar 2006. Er kann auch nur für die Dauer des unveränderten Mietverhältnisses mit der B. bestimmt werden. 5.2.3. Nachdem die Zweckentfremdung ab 1. Januar 2006 ein abge- schlossener Vorgang darstellt, kann eine Anwendung der revidierten 2011 Gesundheitsrecht und Adoption 215 Bestimmungen der Spitalverordnung, welche erst am 15. September 2006 in Kraft getreten sind, aufgrund des Rückwirkungsverbots nicht in Frage kommen. Der Beschwerdeführerin ist zuzustimmen, dass der Regierungsrat mit der Revision der Verordnung während der schon über ein Jahr andauernden Verhandlungen die Modalitäten betreffend die Rückerstattungspflicht geändert hat. Insbesondere kann § 9 Abs. 5 SpiV, soweit der rückerstattungspflichtige Ertrag als "angemessener Mietzins" nach der üblichen Liegenschaftsschät- zungspraxis definiert wird, nicht angewendet werden. Auf die von der Beschwerdeführerin beantragte inzidente Nor- menkontrolle von § 9 SpiV in der Fassung vom 13. September 2006 kann bei diesem Ergebnis verzichtet werden. 5.2.4. Der Kanton Aargau verfügt über kein allgemeines Subventions- gesetz wie der Bund mit dem Bundesgesetz über Finanzhilfen und Abgeltungen vom 5. Oktober 1990 (Subventionsgesetz, SuG; SR 616.6) oder einzelne Kantone wie Zürich und Bern. Die Bestim- mungen in § 14 Abs. 6 SpiG und § 9 SpiV (Fassung vom 24. März 2004) bilden vorliegend die einzige (spezial-) gesetzliche Grundlage für den Rückforderungsanspruch aus dem Subventionsverhältnis. Soweit eine ausdrückliche Regelung fehlt, können zur Lückenfüllung allgemeine Rechtsgrundsätze oder Rechtsregeln herangezogen wer- den (vgl. dazu Pierre Tschannen/Ulrich Zimmerli/Markus Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl., Bern 2009, § 18 N 8 f.: Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwal- tungsrecht, 6. Aufl., Zürich/St. Gallen 2010, Rz. 187 f. und 769 ff.). Der Rückerstattungspflicht untersteht nach dem Wortlaut von § 14 Abs. 6 SpiG der Ertrag. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird darunter das Ergebnis, der finanzielle Nutzen oder die Ausbeute aus Kapital und Arbeit verstanden (Duden, Das grosse Wörterbuch der deutschen Sprache, Band 2, 2. Auflage, 1993, S. 976). Nach einem allgemeinen Rechtsgrundsatz können Zuwendun- gen aus einem nachträglich weggefallenen Grund auch im öffent- lichen Recht zurückgefordert werden. Diese Regel gilt gleicherweise für ungerechtfertigte Leistungen, die vom Gemeinwesen oder von 2011 Verwaltungsgericht 216 Privaten erbracht worden sind (Ulrich Häfelin/Markus Müller/Felix Uhlmann, a.a.O., Rz. 188 mit Hinweisen; BGE 88 I 216 f.). Der Rückforderungsanspruch gemäss § 14 Abs. 6 SpiG entsteht, weil die subventionsrechtliche Zweckbindung der Anlagen und Einrichtungen des Spitals, die im Eigentum der Beschwerdeführerin stehen, beendet oder unmöglich wurde und die Beschwerdeführerin aus der Vermietung der Anlagen und Einrichtungen Einnahmen er- zielt. Dieser Anspruch aus der (vorzeitigen) Beendigung des Subven- tionsverhältnisses ist seiner Natur nach ein Bereicherungsanspruch (vgl. Max Imboden/René Rhinow, Schweiz. Verwaltungsrecht- sprechung, Band 1, 6. Aufl., Basel 1986 und René Rhinow/Beat Krähenmann, Ergänzungsband, Basel 1990, je Nr. 32 B I und V). Der rückerstattungspflichtige Vermögenswert (Ertrag) steht nicht im Zusammenhang mit eigentumsrechtlichen Vorgängen, wie dies die Parteien anzunehmen scheinen. Sämtliche Anlagen und Bau- ten des ehemaligen Spitals D. waren und sind weiterhin Eigentum der Beschwerdeführerin (Art. 642 Abs. 1 und 2 ZGB und Art. 644 Abs. 1 und 2 ZGB). Mit der sachenrechtlichen Rechtslage sind die verschiedenen ("Ertrags-") Berechnungen der Parteien nur schwer vereinbar. Die Real- bzw. Zeitwertberechnungen von Bauten und Einrichtungen sind Schätzungen eines Sachwertes von Bauten (vgl. Wolfgang Nägeli/Heinz Wenger, Der Liegenschaftsschätzer, 4. Aufl., Zürich 1997, Seite 11 f.). Die Beschwerdeführerin ist mit der Zweck- änderung indessen nicht Eigentümerin der subventionierten Anlagen und Einrichtungen geworden, noch ist ihr sachenrechtlich oder rechtsgeschäftlich ein Vermögenswert im Zeitpunkt der Zweckent- fremdung zugeflossen. Die Beendigung der Zweckbindung aus dem Subventionsverhältnis kann auch nicht mit der Beendigung eines Nutzungsrechts oder einer Grundlast gleichgesetzt werden (vgl. z.B. den Heimfall beim Baurecht gemäss Art. 779c ZGB; Art. 789 ZGB). Insbesondere in jenen Fällen, wo das Gemeinwesen das Subventions- verhältnis einseitig und vorzeitig beendet, ist von einer analogen Anwendung von Rechtsgrundsätzen, die von einer (automatischen) objektiven Vermögensvermehrung beim Subventionsempfänger aus- gehen, abzusehen. Hinzu kommt, dass mit der Realwertmethode der eigentliche Marktwert einer Bausubstanz in einem bestimmten 2011 Gesundheitsrecht und Adoption 217 Zeitpunkt und Zustand nicht berechnet werden kann. Diese Methode summiert nur die Erstellungskosten und lässt die tatsächliche Nut- zung, die Nutzungsmöglichkeiten und die Marktsituation ausser Acht. Aus Kosten ergeben sich keine Werte und dieser Methode fehlen die Marktelemente (Francesco Canonica, Die Immobilienbe- wertung, SIV, 2009, S. 311 f.). Der Realwert entspricht auch im Wohnungsbau kaum je dem effektiven Verkehrs- oder Marktwert. Aus diesen Erwägungen folgt als Zwischenergebnis, dass die angefochtene Verfügung, soweit sie einen geschätzten Zeit- oder Realwert und einen einmaligen Betrag in der Höhe von Fr. 2'428`545.00 als Rückforderungsbetrag festlegt und als Anspruch in dieser Höhe bedingt gegenüber der Beschwerdeführerin geltend macht, unrechtmässig und aufzuheben ist. 5.3. 5.3.1. Wie ausgeführt, handelt es sich beim Rückforderungsanspruch des Subvenienten um einen Bereicherungsanspruch (vorne Erw. 5.2.4.). Die Beschwerdeführerin hat dem Kanton zu ersetzen, was sie nach Aufhebung der Zweckbindung und ihrer subventions- rechtlichen Verpflichtung an Ertrag aus der anderweitigen Nutzung der subventionierten Spitalbauten und Einrichtungen erzielt. Der Ertrag entsteht aus der zweckentfremdeten Nutzung. Der Ertrag im Sinne von § 14 Abs. 6 SpiG ist daher kausal von der (weiteren) Ver- wendung oder Nutzung der subventionierten Bauten abhängig, nicht von der Zweckentfremdung allein. Wird - ohne eine Veräusserung - auf jede weitere Nutzung verzichtet, entsteht auch kein ,,Ertrag". Die Rückerstattung umfasst daher jeden finanziellen Vorteil der Be- schwerdeführerin aus der Vermietung der subventionierten Bauten und Anlagen. 5.3.2. Im zivilen Bereicherungsrecht gilt der Grundsatz, dass voller Wertersatz geschuldet ist und sich die Ersatzforderung grundsätzlich nach dem Verkehrswert ("Marktwert") der Bereicherung, nach einer "objektiven Berechnung" (Ingeborg Schwenzer, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 5. Aufl., Bern 2009, N 58.09 f.) bemisst. Dieser Grundsatz kennt im Privatrecht Ausnahmen, wenn 2011 Verwaltungsgericht 218 die Bereicherung dem Bereicherten "aufgedrängt" wurde. Nach Leh- re und Rechtsprechung rechtfertigt sich in solchen Fällen kein objek- tiver (Verkehrs-) Wertersatz, massgebend ist vielmehr der "subjektive Wert", den die Bereicherung für den Bereicherten mindestens wert ist ("subjektive Berechnung"; Jörg Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 3. Aufl., Zürich 1993, Nr. 907 f.; Peter Gauch, Werkvertrag, 4. Aufl., Zürich 1996, Nr. 1311; ZR 99, 2000, Nr. 2, S. 6; ähnlich BGE 119 II 252 f. und 122 III 64; Peter Gauch/ Walter Schluep/Jörg Schmid/Heinz Rey, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Band I, Nr. 1517b und Nr. 2724 mit Hinweisen). Dieses sub- jektive Element enthält auch die Wertungsgrundsätze, die nach Art. 672 Abs. 2 ZGB beim (gutgläubigen) Einbau von Material auf frem- dem Grundstück gelten (vgl. dazu Heinz Rey, Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch II, 3. Aufl., Basel 2003, Art. 672 ZGB N 9 f. mit Hinweisen). Diese Wertung kommt auch im Wortlaut von § 14 Abs. 6 SpiG zum Ausdruck, indem als "Ertrag" nicht der (Vermögens-) Wert (Zuwachs) oder der verbleibende Restwert der Finanzhilfe (vgl. dazu Art. 29 Abs. 1 SuG) dem Kanton "zufällt", sondern der durch die veränderte Nutzung verursachte bzw. erzielte Ertrag. Der subjektive Mehrwert kann den objektiven Mehrwert weit unterschreiten (vgl. BGE 99 II 144 f.), im Extremfall sogar gleich null sein (vgl. zum Ganzen: Arthur Meier-Hayoz, Berner Kommentar, Art. 672 ZGB N 18). Ursprung und Ursache der Bereicherung der Beschwerdeführe- rin liegen im Beschluss des Grossen Rates vom 8. März 2005. Mit der Schliessung des Spitals D. per 31. Dezember 2005 musste der Regierungsrat das Subventionsverhältnis mit der Beschwerdeführerin beenden, d.h. widerrufen. Die Beschwerdeführerin hat die Beendi- gung des Subventionsverhältnisses auf den 1. Dezember 2006 nicht verursacht. Die aus dem Subventionsverhältnis entstandene Berei- cherung wurde ihr insofern aufgedrängt. Es rechtfertigt sich daher, diesen Umstand bei der Festlegung der Höhe des Rückerstattungsan- spruches zu berücksichtigen. 5.3.3. Die Beschwerdeführerin erzielt nach der übereinstimmenden Darstellung der Parteien aus der Vermietung der Einrichtungen und 2011 Gesundheitsrecht und Adoption 219 Anlagen an die B. Einnahmen in der Höhe des vereinbarten Miet- zinses. Nachdem im Mietvertrag sämtliche Neben- und Unterhalts- kosten der B. überbunden wurden (vgl. Mietvertrag), bilden die Mietzinseinnahmen auch den Ertrag aus der "zweckentfremdeten" Nutzung der subventionierten Anlagen und Einrichtungen. Für die Beschwerdeführerin haben die "freigewordenen" Bauten und Anla- gen keinen höheren Wert als der Mietzins, der ihr aus der Vermietung zufliesst. Der Mietzins ist mit andern Worten der Ertrag, den die Beschwerdeführerin im konkreten Fall für die Nutzung der Subven- tionsobjekte erhält. Aus den Erwägungen folgt, dass der massgebende Ertrag ge- mäss § 14 Abs. 6 SpiG dem Mietzins von Fr. 50'000.00 pro Jahr entspricht.
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AG_VG_001_AGVE-2011-52_2011-07-04
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2017 Steuern 107 [...] 17 Berufskosten und Arbeitsweg (§ 35 Abs. 1 lit. a und c StG) Beweisanforderungen, wenn berufliche Notwendigkeit der Benützung des Privatfahrzeugs geltend gemacht wird Aus dem Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 15. September 2017, i.S. B.I. und S.I. gegen KStA (WBE.2017.102) Aus den Erwägungen 1. Gemäss § 35 Abs. 1 lit. a StG werden die notwendigen Kosten für Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte als Berufskosten abge- zogen. Steht kein öffentliches Verkehrsmittel zur Verfügung oder ist dessen Benutzung objektiv nicht zumutbar, so können die Kosten des privaten Fahrzeugs abgezogen werden (§ 12 ff. StGV i.V.m. Art. 5 Abs. 3 der Verordnung des EFD über den Abzug der Berufskosten unselbständig Erwerbstätiger bei der direkten Bundessteuer vom 10. Februar 1993 [Berufskostenverordnung] in der Fassung vom 1. Januar 2007 [AS 2006 4887]). 1.1. Nach ständiger Praxis der aargauischen Steuerbehörden und Gerichte wird objektive Unzumutbarkeit namentlich dann angenom- men, wenn die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für den Arbeitsweg zwar möglich wäre, aber dadurch täglich im Vergleich mit der Benützung des privaten Fahrzeugs ein zusätzlicher zeitlicher Aufwand von mehr als 60 Minuten entsteht (vgl. Nachweise bei P HILIP F UNK , in: M ARIANNE K LÖTI -W EBER /D AVE S IEGRIST /D IETER W EBER [Hrsg.], Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, 4. Aufl., 2017 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 108 Muri/Bern 2015, § 35 N 9). Hier ist nicht umstritten, dass sich für den Beschwerdeführer bei Benützung der Park & Ride Variante im Vergleich zur Benützung des privaten Fahrzeugs kein zusätzlicher Zeitaufwand von mehr als 60 Minuten pro Tag für die Bewältigung des Arbeitswegs ergibt. 1.2. Der Beschwerdeführer macht indessen geltend, die Benützung seines Fahrzeugs sei für die Berufsausübung am Arbeitsplatz not- wendig. Deshalb - und nicht weil sich ein unzumutbarer zusätzlicher Zeitaufwand bei Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für den Ar- beitsweg ergebe - erweise sich die tägliche Fahrt von O. an seine Ar- beitsstätte in D. als notwendig. 2. 2.1. Nach der relativ zwingenden Vorschrift von Art. 327a Abs. 1 OR hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer alle durch die Ausführung der Arbeit notwendig entstehenden Auslagen zu ersetzen, bei Arbeit an auswärtigen Arbeitsorten auch die für den Unterhalt erforderli- chen Aufwendungen. Benützt der Arbeitnehmer im Einverständnis mit dem Arbeitgeber für seine Arbeit ein von diesem oder ein von ihm selbst gestelltes Motorfahrzeug, so sind ihm die üblichen Aufwendungen für dessen Betrieb und Unterhalt nach Massgabe des Gebrauchs für die Arbeit zu vergüten (Art. 327b Abs. 1 OR). Auch diese Vorschrift, die über Art. 327a Abs. 1 OR hinausgeht, indem sie die Vergütung für die Verwendung eines Fahrzeugs vom Einverständ- nis des Arbeitgebers und nicht von der Notwendigkeit des Fahrzeug- einsatzes für die Arbeitsausführung abhängig macht (vgl. U LLIN S TREIFF /A DRIAN VON K AENEL /R OGER R UDOLPH , Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319 - 362 OR, 7. Aufl., Zürich 2012, Art. 327b N 8), ist relativ zwingend, d.h. es darf von ihr nicht zuun- gunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. Stellt der Arbeitneh- mer im Einverständnis mit dem Arbeitgeber selbst ein Motorfahr- zeug, d.h. verwendet er sein eigenes Fahrzeug, sind nach der dispositiven Vorschrift von Art. 327b Abs. 2 OR ausserdem die öffentlichen Abgaben für das Fahrzeug, die Prämien für die Haft- pflichtversicherung und eine angemessene Entschädigung für die Ab- 2017 Steuern 109 nützung des Fahrzeugs nach Massgabe des Gebrauchs für die Arbeit zu vergüten. 2.2. Behauptet der Steuerpflichtige, er müsse sein Privatauto an den Arbeitsplatz mitnehmen und für Geschäftsfahrten zur Verfügung stel- len, ist zu prüfen, ob diese Notwendigkeit tatsächlich besteht und es dem Steuerpflichtigen nicht zuzumuten ist, für Geschäftszwecke öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Die Beweisführung obliegt in diesem Punkt dem Steuerpflichtigen, der grundsätzlich den Nach- weis steuermindernder Tatsachen erbringen muss (Urteile des Verwaltungsgerichts vom 23. Januar 2008 [WBE.2007.304] E. 2.2., vom 15. Juli 2009 [WBE.2009.3] E. 3.3. und vom 30. Juni 2015 [WBE.2015.161] E. 3.3.). Dabei ist die Gefahr von "Gefälligkeitsbescheinigungen" des Arbeitgebers mit Bezug auf die geschäftliche Notwendigkeit der Ver- wendung von Privatfahrzeugen gross: Bescheinigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer generell oder auch schon nur häufig die Notwen- digkeit des Gebrauchs und der tatsächlichen Verwendung des Privat- fahrzeugs fürs Geschäft, bezahlt daneben aber eine eher bescheidene pauschale Spesenentschädigung oder vergütet nur in geringem Um- fang effektive Spesen für die Benützung des privaten Fahrzeugs durch den Arbeitnehmer, verschafft der Arbeitgeber auf diese Weise seinem Arbeitnehmer - ohne dass für ihn selbst Kosten entstehen - einen allenfalls erheblichen Steuervorteil, indem der Arbeitnehmer die höheren Kosten für die Benützung des Privatfahrzeugs steuerlich in Abzug bringen kann. Die Praxis ist daher bei der Gewährung von Fahrkostenabzügen im Zusammenhang mit der behaupteten geschäft- lichen Verwendung von Privatfahrzeugen zu Recht zurückhaltend. In der Regel wird der Arbeitnehmer sowohl die Notwendigkeit geschäftsbedingter Fahrten (d.h. dass der Einsatz des Privatwagens vom Arbeitgeber angeordnet oder zumindest erwartet wird: Wer aus eigenem Antrieb das eigene Fahrzeug benutzt, führt keine berufsnot- wendige Fahrt mit dem Privatwagen aus) als auch jede einzelne sol- che bedingte Fahrt belegen müssen, will er für die entsprechenden Arbeitstage für den Arbeitsweg die Kosten für die Benützung des pri- vaten Fahrzeugs zum Abzug bringen (vgl. die bereits angeführten Ur- 2017 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 110 teile vom 23. Januar 2008 [WBE.2007.304], vom 15. Juli 2009 [WBE.2009.3] und vom 30. Juni 2015 [WBE.2015.161]). 2.3. Hier ist schon zweifelhaft, ob überhaupt notwendig berufsbe- dingte Fahrten als nachgewiesen gelten können. Der Beschwerdefüh- rer hat zwar behauptet, er müsse sein Fahrzeug bei seiner Arbeit ver- wenden. Aus seinem Arbeitsvertrag ergibt sich jedoch keine Ver- pflichtung zum Einsatz des Privatwagens für geschäftliche Belange. Auch aus der Funktionsbeschreibung der Stelle, welche der Be- schwerdeführer bei seiner Arbeitgeberin bekleidet, ergibt sich zwar, dass er bisweilen nicht am Sitz des Unternehmens zum Einsatz kommt (vgl. etwa den Hinweis auf die Teilnahme des Be- schwerdeführers an Informations- und Fachanlässen, auf die Funk- tion des Beschwerdeführers als Ansprechperson für Mietliegenschaf- ten sowie Botengänge zur Poststelle in D.). Dass der Beschwerdefüh- rer von seinem Arbeitgeber jeweils zum Einsatz des privaten Fahr- zeugs angehalten wird, ergibt sich aber auch daraus nicht; dies fällt umso mehr ins Gewicht als angesichts der Grösse des Unternehmens der Arbeitgeberin ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass diese über Geschäftswagen verfügt. Ein Beweis für notwendig berufsbedingte Fahrten mit dem eigenen Wagen wird auch durch die entsprechenden Bestätigungen der Arbeitgeberin nicht erbracht. In diesen wird zwar ausgeführt, der Beschwerdeführer sei dauerhaft auf sein privates Fahrzeug angewiesen, um geschäftlich bedingte Fahrten zu Geschäftspartnern, Bankinstituten, Firmenliegenschaften, Amts- stellen etc. auszuführen. Die Bestätigung datiert aber vom 1. April 2016 und wurde somit erst im laufenden Rechtsmittelverfahren er- stellt. Ungewöhnlich ist dabei auch die Tatsache, dass mit den im Einspracheverfahren eingereichten Spesenabrechnungen dannzumal lediglich zehn beruflich notwendige Fahrten ausgewiesen worden sind und nun im Verfahren vor Verwaltungsgericht rund 100 zusätzli- che berufsbedingte Kurzfahrten in der Steuerperiode 2014 stattgefun- den haben sollen. Dass die Arbeitgeberin die Verwendung des priva- ten Fahrzeugs vorher bereits angeordnet oder zumindest stillschwei- gend vorausgesetzt hätte, ergibt sich daraus jedoch nicht. Fehlt es aber am Nachweis, dass der Beschwerdeführer und seine Arbeitgebe- 2017 Steuern 111 rin sich darauf geeinigt haben, dass für ihn der Einsatz seines priva- ten Fahrzeugs als Teil der Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten anzusehen ist, so ist nicht erkennbar, inwiefern Fahrten im Zusammenhang mit der Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflich- ten berufsnotwendig gewesen sein sollen und nicht vielmehr aus pri- vaten Gründen der Bequemlichkeit, des Zeitgewinns o.ä. mit dem Privatwagen ausgeführt wurden. 2.4. Selbst wenn für den Nachweis der beruflichen Notwendigkeit von Fahrten eines Arbeitnehmers mit seinem Privatwagen ein weni- ger strenger Massstab angelegt und angenommen wird, es genüge für die Annahme der Berufsnotwendigkeit, wenn der Beschwerdeführer nachweise, dass er anlässlich der Erbringung seiner Arbeitsleistung seinen Privatwagen tatsächlich eingesetzt habe, so führt dies hier doch nicht dazu, dass mehr als die von der Vorinstanz anerkannten Fahrkosten anerkannt werden können. 2.4.1. Der Beschwerdeführer hat anhand seiner Spesenabrechnungen vor Vorinstanz nachgewiesen, dass er an neun Tagen zehn beruflich bedingte Fahrten ausgeführt hat, wofür er auch von seiner Arbeit- geberin entschädigt wurde. Dass er an diesen Tagen sinnvollerweise nicht mit Park & Ride den Weg zwischen seiner Wohn- und Arbeits- stätte, sondern mit dem Privatwagen zurücklegte, ist aus Sicht der steuerlichen Abzugsfähigkeit der betreffenden Kosten nicht zu bean- standen. 2.4.2. Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren geht es aber nicht in erster Linie um diese Fahrten. Der Beschwerdeführer macht nämlich für alle seine Arbeitstage geltend, er habe jeweils mit dem Einverständnis der Arbeitgeberin sein Privatfahrzeug für beruflich bedingte Fahrten, vor allem Kurzfahrten, eingesetzt. Deshalb müsse ihm steuerlich für alle diese Tage auch die Benützung des Privatfahr- zeugs zugestanden bzw. es müssten die entsprechenden Kosten als Berufskosten anerkannt werden. 2017 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 112 2.5. 2.5.1. Im Beschwerdeverfahren hat der Beschwerdeführer nunmehr eine Spesenabrechnung für (zusätzliche) 100 Kurzfahrten in der Steuerperiode 2014 eingereicht. Damit will er den Nachweis dafür erbringen, dass er entsprechende berufsbedingte Fahrten unternahm und an den Tagen, an denen er diese ausgeführt hat, auch seinen Ar- beitsweg mit dem Privatfahrzeug zurücklegen musste. 2.5.2. Abgesehen davon, dass die erwähnte Abrechnung nachträglich erstellt wurde, vermöchte sie von vornherein nur für 100 Arbeitstage und nicht etwa für den gesamten Zeitraum der Anstellung im Jahr 2014 den Nachweis für berufsbedingte Fahrten zu erbringen. Hinzu kommt, dass die Spesenabrechnung sich in einer pau- schalen Bestätigung von Kurzfahrten erschöpft, ohne dass erkennbar wäre, dass es sich tatsächlich um Fahrten im Zusammenhang mit der Erfüllung arbeitsvertraglicher Pflichten durch den Beschwerdeführer handelt (Wozu wurden die Fahrten tatsächlich ausgeführt) und ausserdem Angaben zu den konkreten Umstände der behaupteten Fahrten (Daten der Fahrten; von wo nach wo wurde gefahren) fehlen. Die eingereichten Spesenabrechnungen sind damit materiell betrach- tet der Ausrichtung von Pauschalspesen ähnlicher als der Abrech- nung effektiver Spesen, so dass sie auch deshalb als Nachweis dafür, dass tatsächlich entsprechende berufsbedingte Fahrten ausgeführt wurden, als untauglich erscheinen. Schliesslich rechtfertigt sich der Hinweis, dass, soweit mit der im Beschwerdeverfahren eingereichten Spesenabrechnung Kürzest- fahrten nachgewiesen werden sollen, ohnehin als fraglich erscheint, ob die Ausführung solcher Fahrten dazu führen kann, dass das Vorhandensein des privaten Fahrzeugs an der Arbeitsstätte als erfor- derlich angesehen wird und damit die Arbeitswegkosten als notwen- dig betrachtet werden. Bereits die Vorinstanz hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die bei Kürzestfahrten zurückgelegten Strecken mühelos auch zu Fuss bewältigt werden können. Dagegen bringt der Beschwerdeführer zwar vor, bei einem zeitlichen Verlust von ca. 20 Minuten je Weg/Rückweg liege auf der Hand, dass das Zurücklegen 2017 Steuern 113 der Strecken innerhalb der Gemeinde D. zu Fuss keinesfalls im Sinne der Arbeitgeberin sei. Damit ist aber die Notwendigkeit der Benut- zung eines privaten Motorfahrzeugs noch nicht dargetan. Sollen Kür- zeststrecken möglichst rasch und ökonomisch bewältigt werden, so kann, jedenfalls für die weit überwiegende Zahl der Fälle, auf erheb- lich kostengünstigere Transportmittel zurückgegriffen werden (Fahr- rad, E-Bike, Motorroller), bei deren Einsatz gegenüber dem privaten Motorfahrzeug nicht mit einem Zeitverlust zu rechnen ist. Der Ent- scheid über den Einsatz entsprechender Transportmittel steht im freien Ermessen der Arbeitgeberin und/oder des Beschwerdeführers selbst und es ist nicht Sache der Steuerbehörden, die Verwendung spezifischer Transportmittel vorzuschreiben. Mit Blick auf die vom Gesetzgeber für die Abzugsfähigkeit von Fahrkosten geforderte Not- wendigkeit, den Arbeitsweg mit dem privaten Fahrzeug zurücklegen zu müssen, ist jedoch festzuhalten, dass der Arbeitnehmer, welcher für berufsbedingte Kürzeststrecken sein privates Motorfahrzeug ein- setzt, in erster Linie aus privaten Motiven der Bequemlichkeit han- delt und nicht etwa deshalb, weil er nur auf diese Weise seine arbeits- vertraglichen Pflichten erfüllen könnte. Dementsprechend erweisen sich die Kosten für die Zurücklegung des Arbeitswegs, mit dem der Privatwagen am Arbeitsort erst verfügbar gemacht wird, nicht als be- rufsnotwendig und fällt die Gewährung eines Abzugs für solche Kosten ausser Betracht.
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2017 Migrationsrecht 123 [...] 20 Ausschaffungshaft; unbekannter Aufenthalt; Verhältnismässigkeit - Der Aufenthalt einer ausländischen Person ohne festen Wohnsitz gilt nicht als unbekannt, wenn sich diese regelmässig bei den Behörden meldet und zumindest telefonisch kontaktiert werden kann. - Unverhältnismässigkeit der Ausschaffungshaft, wenn Behörden trotz Ausreiseverpflichtung mit Blick auf die Papierbeschaffung jahrelang untätig sind Aus dem Entscheid des Einzelrichters des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 24. Mai 2017, i.S. Amt für Migration und Integration gegen A. (WPR.2017.88) Aus den Erwägungen 3.2. Der Gesuchsgegner erklärte sich anlässlich des rechtlichen Ge- hörs vom 23. Mai 2017 sowie an der heutigen Verhandlung zwar be- reit, nach Serbien auszureisen, kündigte aber an, sofort wieder in die Schweiz zurückzukehren. Im Wesentlichen gab er anlässlich der Ver- handlung zu Protokoll, er sei in den vergangenen Jahren zwar ohne festen Wohnsitz gewesen, habe sich jedoch stets bei der Gemeinde gemeldet und sei telefonisch jederzeit erreichbar gewesen. Er sei so- mit nicht untergetaucht oder habe sich der Wegweisung aus der Schweiz entziehen wollen, vielmehr sei er sich nicht darüber im Kla- ren gewesen, dass er von der Polizei wegen illegalen Aufenthaltes 2017 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 124 festgenommen werden könnte. Er habe zwar Kenntnis vom Vorliegen des Wegweisungsentscheides, jedoch sei ihm die Konsequenz - näm- lich seine Ausreisepflicht aus der Schweiz - nicht bewusst gewesen. Der Gesuchsteller bringt vor, dass sich der Gesuchsgegner wäh- rend Jahren beharrlich geweigert habe, seiner Mitwirkungspflicht bei der Papierbeschaffung nachzukommen. Gemäss eigenen Angaben habe er sich erfolglos beim serbischen Konsulat um Papiere bemüht, dies habe er jedoch nie belegen können. Mit dieser fehlenden Koope- ration sowie mit den Versäumnissen betreffend Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung und Regelung seiner Meldeverhältnisse habe der Gesuchsgegner gezeigt, dass er sich behördlichen Anforderungen widersetze. Zudem habe der Gesuchsgegner ab Ende Oktober 2014 als unbekannten Aufenthalts gegolten, was gemäss MIKA als Unter- tauchen zu werten sei. Dieser Auffassung kann nicht vollumfänglich gefolgt werden. Dem Gesuchsgegner fällt es offensichtlich schwer, sich konform in die hiesigen gesellschaftlichen Strukturen einzufügen, insbesondere der Umgang mit Behörden scheint ihm Mühe zu bereiten. Dies ist wohl auf seine Persönlichkeitsstruktur und seinen bisherigen Lebens- lauf sowie auf den Umstand zurückzuführen, dass er seit dem Ge- trenntleben von seiner Mutter und dem damit verbundenen Verlust einer Tagesstruktur und von finanzieller Autonomie jeglichen Halt verloren hat. Nach dem Gesagten erscheint fraglich, inwieweit ihm seine fehlende Mitwirkung bei der Papierbeschaffung vorgeworfen werden kann. Dies gilt umso mehr, als offensichtlich ist, dass der Ge- suchsgegner einzig mit finanzieller Unterstützung nicht von sozialer Verwahrlosung bewahrt werden konnte. Anlässlich der Verhandlung vermochte der Gesuchsgegner glaubhaft darzulegen, dass bei ihm nicht von einem klassischen Untertauchen gesprochen werden kann und sich der Gesuchsgegner auch nicht bewusst einer Wegweisung entzogen hat. Zudem zeigte er sich bereit, sich dem MIKA zur Verfü- gung zu halten, Termine wahrzunehmen und sicherzustellen, dass all- fällige Schreiben - trotz fehlenden festen Wohnsitzes - zu ihm ge- langen würden. So gab er die Adresse eines Freundes an, an welchen für ihn bestimmte Schreiben gerichtet werden können. In Anbetracht der Tatsache, dass der von ihm erwähnte Freund - B.F. - bei der An- 2017 Migrationsrecht 125 haltung des Gesuchsgegners anwesend war, polizeilich zu Protokoll gab mit diesem befreundet zu sein und dass dieser ab und an bei ihm in der Wohnung schlafen würde und die beiden somit Kontakt zu- einander haben, erscheint diese Aussage plausibel. Sodann gab er an, für das MIKA über sein Mobiltelefon, welches er seit Jahren besitze, telefonisch erreichbar zu sein. Dennoch ist nicht völlig abwegig, wenn der Gesuchsteller davon ausging, der Gesuchsgegner biete keine Gewähr, dass er ord- nungsgemäss aus der Schweiz ausreisen werde. Sowohl anlässlich des rechtlichen Gehörs vom 23. Mai 2017 als auch während der heutigen Verhandlung gab dieser seine Rückreisebereitschaft zwar zu Protokoll, fügte jedoch hinzu, sogleich wieder in die Schweiz zurückzukehren. Aufgrund dieser Aussage durfte der Gesuchsteller davon ausgehen, dass der Gesuchsgegner einen für ihn gebuchten Rückflug effektiv nicht freiwillig antreten werde. Unter diesen Um- ständen ist die Untertauchensgefahr zu bejahen, womit der Haftgrund von Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 und 4 AuG erfüllt ist. 4. 4.1. Es stellt sich die Frage, ob die Haftanordnung deshalb nicht zu bestätigen sei, weil sie im konkreten Fall gegen das Prinzip der Ver- hältnismässigkeit verstossen würde. 4.2. Zunächst ist festzuhalten, dass die Anordnung einer Ausschaf- fungshaft einen Eingriff in die Bewegungsfreiheit der betroffenen Person und damit einen Eingriff in das Grundrecht der persönlichen Freiheit beinhaltet (Art. 10 Abs. 2 BV). Wie jeder Eingriff in ein Freiheitsrecht bedarf gemäss Art. 36 BV auch die Anordnung einer Ausschaffungshaft einer gesetzlichen Grundlage. Zudem muss die Einschränkung durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt und im konkreten Fall verhältnismässig sein. 4.3. Dass mit Art. 76 AuG eine gesetzliche Grundlage für die Ein- schränkung der Bewegungsfreiheit vorliegt, ist offensichtlich und be- darf keiner weiteren Ausführungen. Gleiches gilt für das grundsätz- 2017 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 126 liche Bestehen eines öffentlichen Interesses an der Inhaftierung zur Sicherstellung des Vollzugs der Ausschaffung aus der Schweiz. 4.4. 4.4.1. Weiter ist zu prüfen, ob die angeordnete Massnahme geeignet ist, den angestrebten Zweck zu erreichen; ob sie sodann notwendig ist oder ob zur Erreichung des Zwecks auch eine mildere Massnahme genügen würde, und schliesslich, ob die Massnahme verhältnismäs- sig im engeren Sinne ist, d.h. ein überwiegendes öffentliches Inte- resse an der Massnahme besteht. Die genannten Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Ist dies nicht der Fall, ist die Inhaftierung nicht rechtmässig und nicht zu bestätigen. 4.4.2. Dass die Inhaftierung eines Betroffenen grundsätzlich geeignet ist, den Vollzug der Wegweisung sicherzustellen, liegt auf der Hand. 4.4.3. Mit Blick auf die Notwendigkeit der Inhaftierung ist festzuhal- ten, dass der Gesuchsgegner anlässlich der Verhandlung zu Protokoll gab, er werde sich trotz fehlenden festen Wohnsitzes dem MIKA stets zur Verfügung halten. Zudem ergibt sich aus den Akten, dass der Gesuchsgegner trotz Obdachlosigkeit immer wieder in Kontakt mit den Gemeindebehörden stand. Es ist somit zumindest fraglich, ob sich die Anordnung einer Ausschaffungshaft für die Sicherstellung des Wegweisungsvollzuges als notwendig erweist. Dies kann jedoch mit Blick auf die nachste- henden Ausführungen offen gelassen werden. 4.4.4. Wie jede Massnahme ist auch die Anordnung einer Ausschaf- fungshaft nur dann verhältnismässig im engeren Sinne, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht. Zweifellos besteht seitens des MIKA ein gewichtiges öffent- liches Interesse daran, den Vollzug von rechtskräftigen Wegwei- sungen durchsetzen zu können. Andererseits scheint das MIKA der Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung bislang keine allzu grosse Priorität gegeben zu haben. Immerhin ist dem MIKA seit Jahren be- 2017 Migrationsrecht 127 kannt, dass der Gesuchsgegner ohne gültige heimatliche Ausweis- papiere in der Schweiz lebt und eine legale Ausreise unter den gege- benen Umständen gar nicht möglich war und ist. Trotzdem hat es das MIKA unterlassen, im Nachgang zur Wegweisungsverfügung vom 10. November 2015 irgendwelche Schritte in Bezug auf die Beschaf- fung von Ersatzreisepapieren zu unternehmen. Mit andern Worten wurde die Ausschaffungshaft angeordnet, obwohl unklar ist, ob der Gesuchsgegner überhaupt noch in einem serbischen Register ver- zeichnet ist und wie lange die Papierbeschaffung dauern wird. An- lässlich der mündlichen Verhandlung gab der Vertreter des MIKA so- dann zu Protokoll, aufgrund der unklaren Situation im Heimatland könne es Monate dauern, bis ein Ersatzreisepapier beschafft werden könne. Bei dieser Sachlage wäre es offensichtlich unverhältnismässig, einen hier geborenen und seit über 30 Jahren in der Schweiz leben- den Ausländer während Monaten in Ausschaffungshaft zu nehmen. Dies umso mehr, als nicht erstellt ist, dass sich der Gesuchsgegner nicht an konkrete Anweisungen des MIKA halten wird. Vielmehr ist einzig notorisch, dass der Gesuchsgegner aufgrund seiner Lebenssi- tuation grösste Mühe bekundet, seinen Verpflichtungen ohne fremde Hilfe rechtskonform nachzukommen und er wohl längst einer kon- kreten faktischen Unterstützung bedurft hätte. 4.5. Aus den genannten Gründen erweist sich die angeordnete Aus- schaffungshaft als nicht verhältnismässig im engeren Sinne und ist somit nicht zu bestätigen. Selbstverständlich steht es dem MIKA frei, dem Gesuchsgegner eine Meldepflicht aufzuerlegen. Sollte sich zu einem späteren Zeit- punkt herausstellen, dass sich der Gesuchsgegner nicht daran oder an andere Weisungen des MIKA hält, steht es dem MIKA frei, erneut die Anordnung einer Ausschaffungshaft zu prüfen.
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2003 Bau-, Planungs- und Umweltschutzrecht 189 [...] 51 Gewerbliche Nutzung in einer Wohnzone. - Bedeutung der Gemeindeautonomie bei der Auslegung einer kommu- nalen Bestimmung (Erw. 2/a). - Die Zulassung von nicht störendem Gewerbe nur als Nebennutzung bezieht sich auf die Zone als Ganzes, nicht auf das einzelne Grund- stück; Bauten mit ausschliesslicher gewerblicher Nutzung sind des- halb nicht zonenfremd (Erw. 2/b). Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 12. Mai 2003 in Sa- chen R. und Mitb. gegen Baudepartement. Aus den Erwägungen 1. Vor einiger Zeit richtete die Beschwerdegegnerin im Gebäude Nr. 586, das bis dahin ausschliesslich für Wohnzwecke verwendet worden war, verschiedene Geschäftsräume ein. Die Nut- zungsänderung betrifft vier Zimmer im Erdgeschoss, nämlich das frühere Wohnzimmer mit einer Bruttogeschossfläche (BGF) von ca. 42 m 2 (neu: Büro), zwei frühere Kinderzimmer mit ca. 10 bzw. 12 m 2 BGF (neu: Büro bzw. Praxis) sowie das frühere Elternzimmer mit ei- ner BGF von ca. 20 m 2 (neu: Praxis). Benutzer dieser Räume sind zur Zeit die Beschwerdegegnerin, welche eine Getreidehandelsfirma mit einer Angestellten leitet und eine esoterische Praxis betreibt, sowie ihr Ehemann M.R., Facharzt für Rheumatologie, der seine Hauptpraxis in B. führt. Ausser Renovationsarbeiten wurden keine baulichen Änderungen vorgenommen. Gegenwärtig wird die Liegen- 2003 Verwaltungsgericht 190 schaft nicht bewohnt; eine Wohnnutzung wäre aber jederzeit wieder möglich. 2. a) Die Wohnzone W2, in welcher die Parzelle Nr. 692 gele- gen ist, dient dem Wohnen; nicht störendes Gewerbe ist zugelassen (§ 6 der Bau- und Nutzungsordnung der Gemeinde Unterentfelden vom 2. Juni / 2. Dezember 1997 [BNO]). Als nicht störende Gewerbe gelten in Wohnquartiere passende Kleinbetriebe mit geringem Zubringerverkehr wie Läden, Büros und Geschäfte, die keine erheb- lich grösseren Auswirkungen entfalten, als sie aus dem Wohnen ent- stehen (§ 22 Abs. 1 BNO). Im vorliegenden Fall geht es um die Aus- legung dieser Bestimmungen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Gemeinden bei der Ausscheidung und Definition der verschiedenen Zonen (§ 13 Abs. 1, § 15 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a BauG) auf Grund von § 106 KV verfassungsrechtlich geschützte Autonomie geniessen; hierin eingeschlossen ist die Anwendung des autonomen Gemeinde- rechts. Daraus folgt, dass sich das Verwaltungsgericht bei der Über- prüfung einschlägiger gemeinderätlicher Entscheide zurückzuhalten hat, zumindest soweit es bei den zu entscheidenden Fragen um rein lokale Anliegen geht und weder überörtliche Interessen noch über- wiegende Rechtsschutzanliegen berührt werden. Die Gemeinde kann sich in solchen Fällen bei der Auslegung kommunalen Rechts insbe- sondere dort auf ihre Autonomie berufen, wo eine Regelung unbe- stimmt ist und verschiedene Auslegungsergebnisse rechtlich vertret- bar erscheinen. Die kantonalen Rechtsmittelinstanzen sind hier ge- halten, das Ergebnis der gemeinderätlichen Rechtsauslegung zu respektieren und nicht ohne Not ihre eigene Rechtsauffassung an die Stelle der gemeinderätlichen zu setzen. Die Autonomie der Ge- meindebehörden hat jedoch auch in diesen Fällen dort ihre Grenzen, wo sich eine Auslegung mit dem Wortlaut sowie mit Sinn und Zweck des Gesetzes nicht mehr vereinbaren lässt (AGVE 2001, S. 299 f. mit Hinweis). b) aa) Der Gemeinderat vertrat im ablehnenden Bauge- suchsentscheid vom 23. April 2001 den Standpunkt, der Souverän habe das Schwergewicht der Wohnzonen W2 und W3 eindeutig auf die Wohnnutzung gelegt. Als Nebennutzung - und nicht als Haupt- nutzung - sei nicht störendes Gewerbe zugelassen. Dies bedeute, dass 2003 Bau-, Planungs- und Umweltschutzrecht 191 die in den fraglichen Zonen liegenden Gebäude nebst einer unterge- ordneten, nicht störenden Gewerbenutzung zum grössten Teil der Wohnnutzung dienen müssten. Ein Haus, in dem ein nicht störendes (Neben-)Gewerbe betrieben werde, müsse demzufolge bewohnt sein. Das Wohnen müsse überwiegen. Hätte der Souverän eine Wohn- und Gewerbezone gewollt, in der entweder Wohnen oder Gewerbe bzw. Wohnen und Gewerbe gleichberechtigt zugelassen sind, hätte er analog der Wohn- und Gewerbezone 3 eine Wohn- und Gewerbezone 2 ausgeschieden. Auch im vorinstanzlichen Verfahren hielt der Ge- meinderat daran fest, dass die Wohnzonen in erster Linie dem Woh- nen dienten. Aus dem Wortlaut von § 6 BNO gehe eindeutig hervor, dass die beiden Sätze nicht gleichwertig seien: Satz 1 lege den Hauptzweck der Zone, nämlich das Wohnen, fest, und im zweiten Satz werde stipuliert, welche zusätzlichen oder ergänzenden (unter- geordneten) Nutzungen möglich seien. In Unterentfelden verfügten sämtliche Häuser in den Wohnzonen über Wohnräume. In einzelnen Gebäuden seien zusätzliche stille Gewerbe integriert. Mit einer Gutheissung der Beschwerde würde ein Präjudiz geschaffen, dessen Folgen für die Gemeinde und speziell das Gebiet "Distelberg" mit seiner bevorzugten Wohnlage nicht absehbar wären. Häuser könnten so zu Bürokomplexen werden. Im verwaltungsgerichtlichen Be- schwerdeverfahren hat der Gemeinderat dann auf eine Antragsstel- lung verzichtet, und er führt dazu aus, die Argumente im vorinstanz- lichen Entscheid hätten ihn bewogen, von einer Anfechtung beim Verwaltungsgericht abzusehen; der Entscheid werde akzeptiert. Auf Nachfrage des Verwaltungsgerichts hat der Gemeinderat klargestellt, dass ihn die Auffassung des Baudepartements nicht überzeuge und er nach wie vor der Meinung sei, Bauten mit ausschliesslich gewerbli- cher Nutzung seien unabhängig von ihrer Immissionsträchtigkeit in einer reinen Wohnzone zonenfremd; die Gewerbenutzung müsse dort der Wohnnutzung so untergeordnet sein, wie das Umgekehrte in einer reinen Gewerbezone der Fall sei. bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist eine Norm in erster Linie aus sich selbst heraus, d.h. nach Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihr zu Grunde liegenden Wertungen, aber auch nach der Entstehungsgeschichte auszulegen. Auszugehen ist vom Wort- 2003 Verwaltungsgericht 192 laut, doch kann dieser nicht allein massgebend sein. Besonders wenn der Text unklar ist oder verschiedene Deutungen zulässt, muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung weiterer Auslegungselemente, wie namentlich der Entstehungsge- schichte der Norm, ihrem Zweck und ihrem Zusammenhang mit andern Bestimmungen (Bundesgericht, in: ZBl 102/2001, S. 84, und BGE 125 II 152, je mit Hinweisen; AGVE 1997, S. 336 mit Hinwei- sen). Klar ist zunächst, dass in der Wohnzone W2 dem Wohnen der Vorrang zukommt; dies ist der Hauptzweck, und die gewerbliche Nutzung darf nur eine untergeordnete Rolle spielen (Erich Zimmerlin, Baugesetz des Kantons Aargau, Kommentar, 2. Auflage, Aarau 1985, §§ 130-33 N 4; AGVE 1994, S. 370). Nach dem Wort- laut von § 6 BNO ist dieses Verhältnis von Haupt- und Nebennut- zung aber auf die Zone als Ganzes und nicht auf das einzelne Grund- stück bezogen. Insoweit lässt die Bestimmung keinen Auslegungs- spielraum. Es ist also zulässig, eine Liegenschaft ausschliesslich einer gewerblichen Nutzung zuzuführen, wie es die Beschwerdegeg- nerin getan hat. Der Gemeinderat befürchtet nun allerdings, bei einer solchen Auslegung könne die gewerbliche Nutzung als Folge der präjudiziellen Wirkung ein von den Zonenvorschriften nicht mehr abgedecktes Übergewicht erhalten bzw. der Zonenzweck vereitelt werden. Rein theoretisch ist dies zwar möglich. Ein Blick auf die Gegebenheiten in den Wohnzonen ganz allgemein zeigt indessen, dass die Nutzungsweise eine andere ist und die Wohnnutzung in aller Regel weit überwiegt. Dies hängt wohl weitgehend mit der Steue- rung durch den Markt zusammen. Wohnzonenland ist normalerweise einer Preiskategorie zugeordnet, die für gewerbliche Aktivitäten nicht ohne Weiteres attraktiv ist. Dazu kommt, dass ausschliesslich "in Wohnquartiere passende Kleinbetriebe mit geringem Zu- bringerverkehr" zugelassen sind (§ 22 Abs. 1 BNO), womit sich der Kreis der möglichen Nutzungen relativ stark reduziert. Schliesslich stehen einem unkontrollierbaren Überhandnehmen von Gewerbebe- trieben in den Wohnzonen auch der - zumindest für gewisse Nutzun- gen zu bejahende - "Standortnachteil" und die auf das Wohnen aus- gerichtete Infrastruktur entgegen. Die Gefahr, dass das Gebiet des 2003 Bau-, Planungs- und Umweltschutzrecht 193 "Distelbergs" plötzlich von Bürohäusern dominiert sein könnte, er- weist sich somit als denkbar minim. Sollte sich eine Entwicklung in dieser Richtung trotzdem je einmal abzeichnen, könnte dem bei- spielsweise mit kommunalen Vorschriften über einen minimalen Wohnflächenanteil pro Gebäude entgegengewirkt werden (siehe etwa § 12 Abs. 1 i.V.m. § 41 der Bau- und Nutzungsordnung der Stadt Baden vom 24. Januar 1995 / 11. Juni 1996). Zusammenfassend ist unter diesem Titel somit festzuhalten, dass die vom Gemeinderat favorisierte Auslegung von § 6 BNO durch den Gesetzeswortlaut nicht abgedeckt ist und auch vom Sinn der Bestimmung her nicht auf der Hand liegt, weshalb Überlegungen der Gemeindeautonomie zurückzutreten haben (vorne, Erw. a). Das Umnutzungsvorhaben der Beschwerdegegnerin erweist sich mithin als grundsätzlich zulässig. Redaktionelle Anmerkung Das Bundesgericht, I. Öffentlichrechtliche Abteilung, hat eine gegen den Entscheid vom 12. Mai 2003 erhobene Staatsrechtliche Beschwerde mit Urteil vom 17. November 2003 abgewiesen, soweit es darauf eintrat (BGE 1P.543/2003).
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2004 Submissionen 217 VI. Submissionen 52 Zuständigkeit der Vergabebehörde. - Die Vergabe öffentlicher Arbeiten und Lieferungen obliegt dem Ge- meinderat; er kann gemäss § 39 GG die Entscheidbefugnis an eines seiner Mitglieder, an Kommissionen oder an Mitarbeitende, der mit der entsprechenden Aufgabe betrauten Verwaltungsstelle, übertragen; die Einzelheiten der Delegation sind in einem Reglement festzulegen (Erw. 2). - Anforderungen an ein solches Reglement (Erw. 3). Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 30. November 2004 in Sachen A. und B. AG gegen Stadtbauamt Aarau. Aus den Erwägungen 1. Die Beschwerdeführer sind vorab der Auffassung, die ihnen vom Stadtbauamt Aarau eröffnete Verfügung vom 10. Juni 2004 betreffend ihren Ausschluss bzw. die Zuschlagserteilung an die P./K. sei aufzuheben, da sie nicht vom Stadtrat Aarau erlassen worden sei. Eventualiter wird die Feststellung der Nichtigkeit der angefochtenen Verfügung verlangt. Zum Vorwurf der fehlenden Zuständigkeit hält der Informatik- Lenkungsausschuss fest, der Stadtrat Aarau habe am 4. Mai 1998 eine neue Aufgaben- und Kompetenzverteilung im Informatikwesen gutgeheissen und die Entscheidbefugnis bei Informatikprojekten dem Informatik-Lenkungsausschuss übertragen. Der Informatik-Len- kungsausschuss habe dementsprechend am 10. Juni 2004 die Arbei- ten für das Informatikprojekt "GIS Aarau; Aufbau und Betrieb" ver- geben und das Stadtbauamt beauftragt, den nicht berücksichtigten Firmen eine entsprechende Mitteilung zuzustellen und mit der desi- 2004 Verwaltungsgericht 218 gnierten Firma einen entsprechenden Werkvertrag auszuarbeiten und diesen zu unterzeichnen. 2. a) Die Vergebung öffentlicher Arbeiten und Lieferungen ob- liegt dem Gemeinderat (§ 37 Abs. 2 lit. l GG). Gemäss § 39 GG (in der Fassung vom 20. Mai 2003, in Kraft seit dem 1. Januar 2004) kann der Gemeinderat jedoch Entscheidungsbefugnisse an eines sei- ner Mitglieder, an Kommissionen oder an Mitarbeitende der mit der entsprechenden Aufgabe betrauten Verwaltungsstelle übertragen (Abs. 1). Erklären Betroffene, dass sie mit der Verfügung dieser Stelle nicht einverstanden sind, entscheidet der Gemeinderat selber. Die Erklärung ist innert 10 Tagen nach Zustellung der Verfügung schriftlich beim Gemeinderat einzureichen (§ 39 Abs. 2 GG). Die Einzelheiten der Delegation sind vom Gemeinderat in einem Re- glement festzulegen (§ 39 Abs. 3 GG). Eine Anzeige an den Gemeinderat genügt, damit dieser einen neuen erstinstanzlichen , beschwerdefähigen Entscheid fällt. Die bestrittene Verfügung der mit der Aufgabe betrauten Stelle fällt ohne weiteres dahin. Der Gemeinderat prüft den Sachverhalt frei und ent- scheidet, wie wenn die Entscheidungsbefugnis nie übertragen wor- den wäre (Merkblatt der Gemeindeabteilung des Departements des Innern "Delegation von Entscheidungsbefugnissen des Gemeinde- rates nach § 39 Gemeindegesetz" vom Oktober 2004, S. 6; Botschaft des Regierungsrats vom 11. September 2002 [Bericht und Entwurf zur 1. Beratung], S. 26 ff.; Botschaft des Regierungsrats vom 19. März 2003 [Bericht und Entwurf zur 2. Beratung], 13 ff.). Die Delegationsnorm regelt grundsätzlich nur die Übertragung von gemeinderätlichen Befugnissen. Sie gilt nicht für eigenständige Behörden und Kommissionen wie etwa die Schulpflege. Nicht an- wendbar ist § 39 GG auch für die Sozialkommission und die Vor- mundschaftskommission. Hier gehen die Spezialbestimmungen im SPG bzw. im EG ZGB vor. Auch für die Übertragung von Aufgaben an die Finanzkommission sowie die Geschäftsprüfungskommission gibt es Spezialregelungen. Nach §§ 47 und 48 GG sind die weiteren Geschäfte, welche diese Behörden behandeln sollen, in der Gemein- deordnung festzulegen (siehe zum Ganzen erwähntes Merkblatt der Gemeindeabteilung, S. 5). Vorliegendenfalls hat der Stadtrat Aarau 2004 Submissionen 219 mit Beschluss vom 4. Mai 1998 Entscheidbefugnisse an den Infor- matik-Lenkungsausschuss übertragen. Es handelt sich nicht um eine der erwähnten eigenständigen Kommissionen, weshalb § 39 GG grundsätzlich Anwendung findet. b) § 39 GG war im Zeitpunkt der Beschlussfassung durch den Informatik-Lenkungsausschuss und der Eröffnung der Verfügung durch das Stadtbauamt Aarau am 10. Juni 2004 bereits in Kraft (siehe vorne Erw. a; AGS 2003, S. 299 ff.). Der davon abweichenden Bestimmung in § 34 der Gemeindeordnung der Einwohnergemeinde Aarau vom 23. Juni 1980 / 9. September 1981, welche der Regelung in den §§ 39 Abs. 1 und 108 Abs. 1 aGG entsprach (ersetzt bzw. aufgehoben mit Änderung vom 20. Mai 2003 [AGS 2003, S. 300 f.]) kommt keine Bedeutung mehr zu. Folglich hätte das Stadtbauamt Aarau die Verfügung vom 10. Juni 2004 korrekterweise mit dem Hinweis versehen müssen, dass derjenige, der mit der Verfügung nicht einverstanden ist, dies dem Gemeinderat innert einer nicht erstreckbaren Frist von 10 Tagen schriftlich mitzuteilen hat (§ 39 Abs. 2 GG; siehe erwähntes Merkblatt der Gemeindeabteilung, S. 5). Diese Frist wurde mit Schreiben der Beschwerdeführer an den Stadtrat Aarau vom 21. Juni 2004, in welchem um Zustellung einer förmlichen Verfügung der Vergabestelle (Stadtrat Aarau) ersucht wurde, und auch mit der rechtzeitigen Anhebung der Beschwerde an das Verwaltungsgericht gewahrt (siehe § 23 SubmD i.V.m. § 31 VRPG und § 83 Abs. 1 ZPO). c) Demgemäss wurde gegen den Beschluss des Informatik- Lenkungsausschusses vom 10. Juni 2004 und die Verfügung des Stadtbauamtes Aarau, Abteilung Tiefbau, vom 10. Juni 2004 recht- zeitig Einspruch erhoben, was nach § 39 Abs. 2 GG zur Folge hat, dass der Beschluss und die gestützt darauf erlassene Verfügung dahin gefallen sind. Der Stadtrat Aarau wird neu über die Vergabe zu befinden haben. 3. Die Beschlussfassung durch den Informatik-Lenkungsaus- schuss erweist sich auch aus einem weiteren Grund als rechtsfehler- haft. a) Nach § 39 Abs. 3 GG sind die Einzelheiten der Delegation vom Gemeinderat in einem Reglement festzulegen. Der Gemeinderat 2004 Verwaltungsgericht 220 hat also generell-abstrakt zu bestimmen, nach welchen Kriterien die Übertragung von Aufgaben und Befugnissen an welche Stelle erfolgt (Botschaft des Regierungsrats vom 19. März 2003 [Bericht und Entwurf zur 2. Beratung], S. 15; erwähntes Merkblatt der Ge- meindeabteilung, S. 4). Der Stadtrat Aarau hat am 4. Mai 1998 "die neue Aufgaben- und Kompetenzverteilung im Informatikwesen ge- mäss Massnahme 4, Bericht Seite 37, in Verbindung mit dem SOLL- Konzept Ziffer 4.4, Bericht Seite 27 - 33" gutgeheissen. Danach ist für Informatikprojekte (Vorprojekt, Konzept, Evaluation, Kauf/Entwicklung) der Informatik-Lenkungsausschuss zum Ent- scheid zuständig. Es stellt sich mithin die Frage, ob die mit Be- schluss vom 4. Mai 1998 genehmigte Aufgaben- und Kompetenz- verteilung den Anforderungen an ein Reglement i.S.v. § 39 Abs. 3 GG genügt. b) Zunächst ist festzustellen, dass bei den hier zu vergebenden Leistungen für den Aufbau und Betrieb des GIS durchaus von einem Informatikprojekt gesprochen werden kann, geht es doch vorab um das Erfassen und Verwalten von Daten. Anderseits umfasst die Ver- gabe auch den Aufbau eines Netzwerks und das Bereitstellen von Softwarelizenzen. Während über Informatikprojekte allein der In- formatik-Lenkungsausschuss entscheidet, beschränkt sich dessen Zuständigkeit bei Informatikanschaffungen auf "strategische An- schaffungen". Über die übrigen, d.h. wohl nicht strategischen An- schaffungen von Soft- und Hardware entscheidet die Sektion Orga- nisation und Informatik bis zu einem Betrag von Fr. 30'000.--, in allen anderen Fällen der Stadtrat. Die getroffene Regelung erweist sich als zu unbestimmt. So ist u.a. nicht klar, was mit den Begriffen "Informatikprojekte" und "strategische Anschaffungen" genau gemeint ist. Ferner fehlt auch eine Regelung für Fälle, in welchen es zu Überschneidungen kommt. Gerade bei der vorliegenden Vergabe, welche Elemente eines Infor- matikprojekts und Informatikanschaffungen umfasst, lässt sich die Frage nach der zuständigen Instanz nicht eindeutig beantworten. Eine solche Regelung vermag den Anforderungen an ein Reglement i.S.v. § 39 Abs. 3 GG nicht zu genügen. Es fehlt daher auch eine 2004 Submissionen 221 genügende generell-abstrakte Regelung für die Übertragung der Ent- scheidbefugnis an den Informatik-Lenkungsausschuss. 4. Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als begrün- det. Es ist daher in Gutheissung der Beschwerde festzustellen, dass der Beschluss des Informatik-Lenkungsausschusses der Stadt Aarau sowie die Verfügung des Stadtbauamtes der Stadt Aarau, Abteilung Tiefbau, durch die schriftliche Mitteilung der Beschwerdeführer an den Stadtrat Aarau vom 21. Juni 2004 dahingefallen sind. Die Akten sind im Sinne der Erwägungen an den Stadtrat Aarau zu überweisen.
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2000 Schulrecht 107 II. Schulrecht 31 Transportkostenersatz für unzumutbaren Schulweg - Die Unterscheidung zwischen auswärtigen Schülern und Schülern der eigenen Schulgemeinde für die Zusprechung von Transportkosten- ersatz bei einen unzumutbaren Schulweg widerspricht dem verfas- sungsmässigen Gleichbehandlungsgebot. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 4. Juli 2000 in Sachen R.G. gegen Einwohnergemeinde Baden. Aus den Erwägungen 6. a) Die Kläger berufen sich in der Klage sinngemäss auf die Verletzung der verfassungsrechtlich gebotenen Gleichbehandlung. Sie machen dies einerseits im Zusammenhang mit Transportkosten- beiträgen geltend, welche die Nachbargemeinde Birmenstorf den Schülern gewährt, die in Baden die Schule besuchen, und anderseits mit der Begründung, das Kriterium der "Auswärtigkeit" gemäss § 53 Abs. 4 SchulG verletze das Gleichbehandlungsgebot, indem Schüler mit einem unangemessenen Schulweg und unterschiedlichem Wohn- und Schulort gegenüber Schülern mit einem ebensolchen Schulweg aber identischem Wohn- und Schulort ohne sachlichen Grund be- nachteiligt würden. Die Beklagte stellt sich demgegenüber auf den Standpunkt, dass die kantonale Auslegung des Begriffs "auswärtig" vor dem Gebot der Rechtsgleichheit standhalte, weil zwischen dem Sachverhalt, bei dem Schul- und Wohnort in derselben Gemeinde liegen und dem Sach- verhalt, bei dem diese in verschiedenen Gemeinden liegen, ein recht- lich relevanter Unterschied bestehe; zudem könne der Wohnsitz in 2000 Verwaltungsgericht 108 Abwägung aller Vor- und Nachteile, wozu auch die Schulweglänge gehöre, von den Eltern frei gewählt werden. b) Die Gerichte sind gemäss § 95 Abs. 2 KV zur inzidenten Normenkontrolle verpflichtet. Im verwaltungsgerichtlichen Klage- verfahren ist das Verwaltungsgericht gemäss § 67 VRPG in Verbin- dung mit § 76 Abs. 1 ZPO von Amtes wegen gehalten, Erlassen die Anwendung zu versagen, die Bundesrecht oder kantonalem Verfas- sungsrecht widersprechen (vgl. Michael Merker, Rechtsmittel, Klage und Normenkontrollverfahren nach dem aargauischen Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege, Kommentar zu den §§ 38 - 72 VRPG, Zürich 1998, § 56 N 6 mit Hinweisen). Dies gilt auch für kantonale Gesetze (AGVE 1987, S. 273 mit Hinweisen). Wird bei dieser Über- prüfung ein Konflikt der geprüften Norm mit einer massgeblichen höheren Norm, mithin Unvereinbarkeit oder Kollision im weiten Sinne dieses Wortes festgestellt, ist die Anwendung dieser Bestim- mung zu unterlassen. Das Gericht hebt die mangelhafte Norm nicht förmlich auf oder stellt die Nichtigkeit fest, sondern erklärt in der Begründung seines Urteils die Norm als unbeachtlich oder unan- wendbar (Kurt Eichenberger, Verfassung des Kantons Aargau vom 25. Juni 1980, Textausgabe mit Kommentar, Aarau/Frankfurt a.M./Salzburg 1986, § 95 N 21). c) aa) Ein Erlass verletzt den Grundsatz der Rechtsgleichheit und damit Art. 8 Abs. 1 BV, wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnis- sen nicht ersichtlich ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich auf Grund der Verhältnisse aufdrängen. Die Rechtsgleichheit ist ver- letzt, wenn Gleiches nicht nach Massgabe seiner Gleichheit gleich oder Ungleiches nicht nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird. Vorausgesetzt ist, dass sich der unbegründete Unter- schied oder die unbegründete Gleichstellung auf eine wesentliche Tatsache bezieht. Dem Gesetzgeber bleibt im Rahmen dieser Grund- sätze und des Willkürverbots ein weiter Spielraum der Gestaltungs- freiheit (BGE 114 Ia 2 f. mit Hinweisen). Das Bundesgericht übt eine 2000 Schulrecht 109 gewisse Zurückhaltung und greift von Verfassungs wegen bloss ein, wenn der Kanton mit den Unterscheidungen, die er trifft, eine Grenze zieht, die sich nicht vernünftig begründen lässt, die unhaltbar und damit in den meisten Fällen auch geradezu willkürlich ist (BGE 123 I 7 f.; 121 I 104 je mit Hinweisen). Unbegründet ist die Rüge der Kläger, die Rechtsgleichheit sei verletzt, weil die Nachbargemeinde Birmenstorf den Schülern und Schülerinnen, die auf ihrem Gemeindegebiet wohnen und die Schule in Baden besuchen, Transportkostenbeiträge gewährt. Die Rechts- gleichheit bezieht sich nur auf den Zuständigkeitsbereich derselben Behörde (BGE 121 I 51). Aus der kommunalen Trägerschaft des obligatorischen Volksschulunterrichtes (§ 29 Abs. 1 KV und § 52 SchulG) ergibt sich, dass die Gemeinden in ihrem Zuständigkeitsbe- reich auch unterschiedliche Regelungen für die Erleichterung des auswärtigen Schulbesuches gemäss § 53 Abs. 4 SchulG treffen kön- nen. Wenn einige Gemeinden Transportkostenbeiträge an Schüler, die innerhalb des Gemeindegebietes die Schule besuchen, leisten, während andere darauf verzichten, kann darin keine Verletzung der Rechtsgleichheit liegen. Abgesehen davon leistet die Gemeinde Bir- menstorf nach den Akten selbst für die Schüler, welche in Müslen wohnen, nur Transportkostenbeiträge für den auswärtigen Schulbe- such in der Gemeinde Baden. d) Das Verwaltungsgericht hat in AGVE 1986, S. 147 offen ge- lassen, ob einem Schüler entgegen dem Wortlaut des Schulgesetzes ein Anspruch auf Transportkostenersatz zusteht, wenn er innerhalb seiner Wohnortsgemeinde einen überdurchschnittlich langen Schul- weg hat. Diese Frage ist, nachdem im vorliegenden Fall die übrigen Anspruchskriterien der "Notwendigkeit" gemäss § 53 Abs. 4 lit. c SchulG erfüllt sind, zu entscheiden. e) aa) Unter dem Rechtsgleichheitsgebot ist abzuklären, ob die von § 53 Abs. 1 in Verbindung mit § 53 Abs. 4 lit. c SchulG getrof- fene Abgrenzung der auswärtigen Schulbesuche von den Schülern, welche einen unzumutbaren Schulweg in der eigenen Gemeinde 2000 Verwaltungsgericht 110 haben, hinsichtlich seiner Wertungen folgerichtig und in sich wider- spruchslos und damit systemgerecht ist. Ein Gesetz, das den Adres- saten weiter oder enger zieht, der mehr oder weniger Fälle erfasst oder andere Rechtsfolgen eintreten lässt, als sein Zweck es erfordert, trifft Unterscheidungen, für die sich kein vernünftiger Grund aus der zu normierenden Materie ergibt (vgl. Georg Müller, Kommentar zur Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. Mai 1874 [Kommentar aBV], Stand Mai 1995, Art. 4 N 31 mit Hinweisen). Der allgemeine Gleichheitssatz fordert, dass bei jeder Ungleichbehandlung sachlich begründet wird, inwiefern mit Bezug auf die tatsächlichen Verhältnisse, die Gegenstand der Regelung sind, eine Differenzierung gerechtfertigt erscheint (Jörg Paul Müller, Grundrechte in der Schweiz, 3. Auflage, Bern 1999, S. 397). Die Frage, ob für eine rechtliche Unterscheidung ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen ersichtlich ist, kann zu verschiede- nen Zeiten verschieden beantwortet werden, je nach den herrschen- den Anschauungen und Zeitverhältnissen. bb) Die von § 53 Abs. 4 SchulG anvisierte Chancengleichheit steht aber auch in einem Zusammenhang mit der Vorschrift, dass der Unterricht an öffentlichen Schulen für Kantonseinwohner unentgelt- lich ist (§ 34 Abs. 1 KV und § 3 Abs. 3 SchulG) sowie der Pflicht der Gemeinde, den Schulbesuch unentgeltlich zu ermöglichen. Dieser Zusammenhang kommt auch in der systematischen Einordnung der Bestimmung im Schulgesetz zum Ausdruck. Gemäss § 52 Abs. 1 SchulG sind die Gemeinden verpflichtet, die Kindergärten und die Volkschule selber zu führen (bzw. sich an einer Kreisschule zu betei- ligen); führt eine Gemeinde den betreffenden Schultyp oder die Schulstufe nicht, hat sie die Schulgelder für den auswärtigen Schul- besuch der schulpflichtigen Kinder, welche in ihrer Gemeinde Wohnsitz oder Aufenthalt haben, zu übernehmen. Zusätzlich sind gemäss § 34 Abs. 1 und Abs. 3 KV von den Schulträgern Aus- gleichsmassnahmen zu gewähren, wenn ausserordentlichen Situatio- nen beim Besuch von öffentlichen Schulen Sonderheiten herbeifüh- 2000 Schulrecht 111 ren, welche den Eltern unverhältnismässige Zusatzkosten aufbürden würden (vgl. Kurt Eichenberger, a.a.O., § 34 N 4). Die Rechtspre- chung des Bundesrates zu Art. 27 Abs. 2 aBV (neu Art. 19 und Art. 62 Abs. 2 BV) verlangt gestützt auf den Grundsatz der Unent- geltlichkeit, dass die Gemeinden den Schülern, die einen übermässig langen Schulweg zurückzulegen haben, die Kosten eines Busdienstes ersetzen müssen (vgl. Marco Borghi, Kommentar aBV, Stand Juni 1988, Art. 27 N 58 und N 61; weitere Beispiele in: VPB 25-10). Der Regelung im Schulgesetz liegt der Gedanke zu Grunde, dass der Zugang zur Schule allen Teilen der Bevölkerung unter (möglichst) gleichen Bedingungen möglich sein soll. cc) Die Unterscheidung zwischen auswärtigen Schülern und Schülern der eigenen Schulgemeinde ist beim Transportkostenersatz gemäss § 53 Abs. 4 lit. c SchulG insofern sachlich begründet, wenn davon ausgegangen werden kann, dass in den aargauischen Gemein- den die Schüler in der Regel die öffentlichen Schulen der Wohnge- meinde ohne übermässig langen Schulweg erreichen können. Dies ist indes nicht immer und immer weniger der Fall. Die Differenzierung in § 53 Abs. 4 SchulG beruht zudem auf einem kommunal geprägten Verständnis der Chancengleichheit. Die ausgleichenden Massnahmen werden in den Zusammenhang mit der Pflicht zum auswärtigen Schulbesuch gebracht, weil eine Wohngemeinde die Schulstufe nicht führt und Schüler und Schülerinnen deshalb gezwungen sind, in einer anderen Gemeinde die Schulen zu besuchen. Die Schüler und Schü- lerinnen, denen ein Schulbesuch in der Wohngemeinde möglich ist, benötigen nach diesem Verständnis keinen Ausgleich, auch wenn sie einen langen Schulweg bewältigen müssen. Für diese Betrachtungs- weise spricht die systematische Einordnung der Regelung im Schul- gesetz. Unter dem Rechtsgleichheitsgebot steht indessen ein anderer Aspekt im Vordergrund: Nach der Praxis und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts begründet § 53 Abs. 4 SchulG einen direk- ten Anspruch der Schüler auf Transportkostenersatz, wenn sie einen 2000 Verwaltungsgericht 112 unzumutbaren Schulweg für den auswärtigen Schulbesuch haben. Zu prüfen ist daher, ob der Ausschluss vom gesetzlichen Transport- kostenersatz der Schüler, die einen - nach dieser Praxis und Recht- sprechung - langen und unzumutbaren Schulweg haben, indessen nicht "auswärts" zur Schule gehen, sachlich begründet und mit dem Gebot der Rechtsgleichheit vereinbar ist. Das Kriterium für den Zu- gang zum Transportkostenersatz bildet in solchen Fällen nur die Grenze der politischen Gemeinde. Auch diesen Schülerinnen und Schüler entstehen zusätzliche Kosten für Transport, gegebenenfalls für die Mittagsverpflegung. Zu den finanziellen Mehraufwendungen kommt der zusätzliche Zeitaufwand. Die Benachteiligung ist in tat- sächlicher Hinsicht identisch; die Schüler und Schülerinnen, welche auswärts in die Schule gehen, erleiden aus der politischen Verschie- denheit ihres Schulorts keinerlei zusätzliche Nachteile. Mit einem zeitgemässen Verständnis der Chancengleichheit ist das Abgren- zungskriterium aus den dargelegten Gründen nicht vereinbar. Der Transportkostenersatz gewährt in Ergänzung zum unentgeltlichen Unterricht ausgleichende staatliche Unterstützung, wo nach dem Ge- setz ungleiche Chancen auszugleichen sind. Dieser Anspruch kann den Schülern und Schülerinnen, die sämtliche übrigen Anspruch- voraussetzungen erfüllen, nicht deshalb verwehrt werden, weil sie an ihrem Wohnort die Schule besuchen. Der Schulbesuch in der Wohn- gemeinde ist gesetzliche Pflicht (§ 6 Abs. 1 SchulG); die Volksschul- pflicht an den öffentlichen Schulen der Wohngemeinde entfällt nur ausnahmsweise aus wichtigen Gründen (§ 6 Abs. 2 SchulG). Der Ausschluss der Schülerinnen und Schüler mit Schulort in der Wohn- gemeinde vom Ersatz der Transportkosten und ihre Ungleichbe- handlung gegenüber Schülerinnen und Schüler mit auswärtigem Schulort ist deshalb auch nicht systemgerecht. Bei der Schulpflicht geht der Wohnort vor, beim Schulbesuch am Wohnort wird der An- spruch auf Transportkostenersatz demgegenüber ausgeschlossen. Das Schulgesetz trifft schliesslich eine Unterscheidung, welche sich mit der Zielsetzung der Norm und mit dem Zweck der Ausgleichsmass- 2000 Schulrecht 113 nahmen nicht vereinbaren lässt. Schülerinnen und Schüler, die einen weiten, gefährlichen oder aus andern Gründen unzumutbaren Schul- weg haben, sind beim Anspruch auf Transportkostenersatz gleich zu behandeln, unbesehen wo sich ihr Wohn- und Schulort befindet. Der Unterschied von Wohn- und Schulort hat mit der tatsächlichen Be- nachteiligung dieser Schüler und Schülerinnen durch den unzumut- baren Schulweg keinen sachlichen Zusammenhang. Die von § 53 Abs. 4 SchulG mit Bezug auf den Transportkostenersatz getroffene Ungleichbehandlung tatsächlich gleicher Chancenbeeinträchtigung beruht aus den dargelegten Gründen auf einer widersprüchlichen Wertung gleicher Sachverhalte. Im Ergebnis ist die Unterscheidung mit der von der Verfassung anvisierten Verwirklichung der Chan- cengleichheit nicht vereinbar. Das Kriterium der "Auswärtigkeit" im Sinne von § 53 Abs. 4 Satz 1 SchulG mit der Konsequenz, dass der direkte Anspruch auf gesetzlich vorgesehene ausgleichende Massnahmen nur einem Teil der tatsächlich Betroffenen zuerkannt wird, findet in der heutigen Zeit weder in der Chancengleichheit, noch im Unterschied Wohn- ort/Schulort eine sachlich vertretbare Begründung. Die Anschauun- gen haben sich in dieser Hinsicht seit dem Erlass des Schulgesetzes (Inkrafttreten des Schulgesetzes: 1. April 1982) verändert. Auch die Rechtsordnung hat sich insofern geändert, als der auswärtige Schul- besuch nur bei Vorliegen wichtiger Gründe unentgeltlich ist (§ 6 Abs. 2 SchulG in der Fassung vom 17. März 1998), und der Gesetz- geber den Schulbesuch innerhalb der Wohngemeinde privilegiert. Eine Ungleichbehandlung der Schüler mit unzumutbarem Schulweg darf bei der Gewährung von Transportkostenersatz unter aktuellen Verhältnissen nicht zu einer Ungleichbehandlung führen (vgl. dazu auch Arthur Haefliger, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985, S. 64). Die "Auswärtigkeit" ist aus den dargelegten Grün- den ein sachfremdes Kriterium, weil es den Anspruch auf Transport- kostenersatz einzig und alleine vom Überschreiten einer Gemeinde- grenze auf dem Schulweg abhängig macht. Eine solche Differen- 2000 Verwaltungsgericht 114 zierung schafft zwischen den tatsächlich und nach Massgabe ihrer Beeinträchtigung anspruchsberechtigten Schülerinnen und Schüler im Ergebnis eine stossende Rechtsungleichheit. f) Zusammenfassend verstösst die Verweigerung der Zuspre- chung von Transportkostenersatz bei Schülern, die innerhalb der Gemeindegrenzen einen unzumutbaren Schulweg zu bewältigen haben, dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot von Art. 8 Abs. 1 BV. In Abweichung von § 53 Abs. 4 lit. c SchulG ist daher den Klägern ein Transportkostenersatz für den Schulbesuch der beiden Töchter A. und S. zuzusprechen, da sie einen unzumutbaren Schulweg bewältigen müssen.
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AG_VG_001
AG_VG
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Northwestern_Switzerland
AG_VG_001_AGVE-2000-31_2000-07-04
http://agve.weblaw.ch/html//AGVE-2000-31.html
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AGVE_2000_31
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2006 Verwaltungsgericht 170 [...] 34 Rechtliche Zuordnung eines bahnnahen Nebenbetriebs im "übrigen Gebiet" einer Gemeinde. - Verhältnis zwischen dem bundesrechtlichen Plangenehmigungsver- fahren und dem kantonalen Bau- und Raumplanungsrecht (Erw. 2). - Als "übriges Gebiet" bezeichnetes Areal gilt als Bauzone, wenn es sich mitten im Baugebiet befindet, selbst wenn die Nutzungsordnung die Subsumtion unter Art. 24 RPG vorschreibt (Erw. 3). - Zulässigkeit eines Speisekiosks als "standortgebundener" bahnnaher Nebenbetrieb; zu prüfende Kriterien (Erw. 4). Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 1. März 2006 in Sa- chen B. AG gegen Regierungsrat. 2006 Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 171 Aus den Erwägungen 1. Streitgegenstand bildet das Aufstellen eines Speisekiosks mit separatem WC durch die Beschwerdegegnerin. Der Kiosk mit einer Grundfläche von 3.36 m x 2.26 m soll samt dem WC (Condecta- Einmanntoilette mit einer Grundfläche von 1.26 m x 1.11 m) neben dem Güterschuppen Nr. 242 der SBB auf der bestehenden Rampe er- richtet werden. Zu diesem Zweck hat die Beschwerdegegnerin mit den SBB einen entsprechenden Mietvertrag abgeschlossen; dessen Gültigkeit ist seitens der SBB bestätigt worden. 2. Da die Bauparzelle Nr. 2 zum Bahnareal der SBB gehört, ist vorab das Verhältnis zwischen dem bundesrechtlichen Plangenehmi- gungsverfahren und dem kantonalen Bau- und Raumplanungsrecht zu klären. 2.1. Bauten und Anlagen, die ganz oder überwiegend dem Bau und Betrieb einer Eisenbahn dienen (Eisenbahnanlagen), dürfen nur mit einer Plangenehmigung erstellt oder geändert werden (Art. 18 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 [EBG, Fas- sung vom 18. Juni 1999; SR 742.101]). Kantonale Bewilligungen und Pläne sind für solche Anlagen nicht erforderlich (Art. 18 Abs. 4 EBG). Die Abgrenzung zu anderen Bauten und Anlagen hat dabei auf Grund einer funktionellen Betrachtung zu erfolgen. Von einer ganz oder überwiegend dem Bahnbetrieb dienenden Anlage kann nur gesprochen werden, wenn sachlich und räumlich ein notwendiger, enger Zusammenhang derselben mit dem Bahnbetrieb besteht (BGE 127 II 234 mit Hinweisen). Auch bei grösseren, nicht nur baulich, sondern auch funktionell und betrieblich zusammenhängenden Bau- ten und Anlagen stellt das Bundesgericht darauf ab, ob das Gesamt- bauwerk überwiegend dem Bahnbetrieb diene; in diesem Sinne wur- den die Ladenzentren im Zürcher Hauptbahnhof und im Bahnhof Zü- rich-Stadelhofen in das bundesrechtliche Plangenehmigungsverfah- ren gewiesen und nicht als selbständige Teile dem kantonalen Be- willigungsverfahren unterstellt (BGE 122 II 272 f.; 116 Ib 407 ff.). Dagegen wurde ein enger Zusammenhang mit einem Busbahnhof sowie einer Allee und Unterführung im Bereich des Bahnhofs Siss- ach verneint (BGE vom 23. Mai 1995 [1A.147/1994], publiziert in: 2006 Verwaltungsgericht 172 ZBl 97/1996, S. 377 f.), ebenso derjenige mit einer neu auf einem SBB-Grundstück zu errichtenden Lagerhalle, in welcher Alteisen ge- sammelt, verarbeitet, gelagert und anschliessend mittels der Eisen- bahn weitertransportiert werden sollte (BGE 111 Ib 42 ff.). Im Lichte dieser Rechtsprechung besteht offensichtlich kein enger Zusammen- hang zwischen dem geplanten Speisekiosk und dem Bahnbetrieb der SBB, weshalb eine bundesrechtliche Plangenehmigungspflicht ge- mäss Art. 18 Abs. 1 EBG ausser Betracht fällt. 2.2. Gemäss Art. 18m Abs. 1 EBG unterstehen die Erstellung und Änderung von Bauten und Anlagen, die nicht ganz oder über- wiegend dem Bahnbetrieb dienen (Nebenanlagen), dem kantonalen Recht; sie dürfen nur mit Zustimmung der Bahnunternehmung be- willigt werden, wenn die Nebenanlage Bahngrundstücke beansprucht oder an solche angrenzt (lit. a) oder die Betriebssicherheit beein- trächtigen könnte (lit. b). Ob es sich beim Speisekiosk um eine Ne- benanlage in diesem Sinne oder um eine Baute handelt, die in keiner Art und Weise mit dem Eisenbahnrecht des Bundes im Zusammen- hang steht, kann offen gelassen werden, da der Speisekiosk unstreitig einer Baubewilligung bedarf, so oder so kantonalem Recht untersteht und die Zustimmung der Bahnunternehmung in Form des Mietver- trags vom 16./19. September 2003 vorliegt. 3. 3.1. Die Parzelle Nr. 2 ist im Bauzonenplan der Gemeinde Döttingen vom 9. Dezember 1988 / 3. November 1992 als weisse Fläche dargestellt, d.h. keiner besonderen Zone zugewiesen. § 26 der Bau- und Nutzungsordnung der Gemeinde Döttingen vom 11. Juni 1999 / 29. Mai 2002 (BNO) bestimmt dazu Folgendes: " 1 Das keiner Nutzungs- oder Schutzzone zugewiesene und nicht zum Wald oder zu den Gewässern gehörende Areal wird als übriges Gebiet bezeichnet. 2 Für Bauten und Anlagen gilt Art. 24 RPG." Das fragliche Bahnareal liegt mitten im Baugebiet der Ge- meinde Döttingen bzw. ist allseitig von Bauzonen umgeben (Kern- zone, Gewerbe- und Wohnzone 3, Gewerbe- und Industriezone, Wohnzone 3, Dorfzone). Auch die Richtplan-Gesamtkarte weist es vollumfänglich dem Siedlungsgebiet zu. Diese Umstände legen die Frage nahe, was der Verweisung auf Art. 24 RPG in § 26 Abs. 2 2006 Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 173 BNO für eine Bedeutung zukommt; die erwähnte Bestimmung des Bundesrechts regelt die Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausser- halb der Bauzonen. 3.2. Das Bundesgericht hat sich in zwei Fällen mit ähnlichen Problemstellungen auseinandergesetzt: 3.2.1. Im einen Fall aus dem Jahre 1988 sollte auf dem "Her- renacker", einem Platz in der Altstadt der Stadt Schaffhausen, ein unterirdisches Parkhaus errichtet werden. Der "Herrenacker" war, wie die anderen öffentlichen Strassen und Plätze im Zonenplan der Stadt, weiss gelassen worden. Für die Frage, ob der mitten in der Altstadt liegende Platz zur Bauzone gehöre oder eine nicht überbau- bare Insel in der Bauzone bilde, hielt das Bundesgericht fest, es sei auf die kantonalen Vorschriften, die kommunalen Nutzungsbestim- mungen und den Willen der für die Ortsplanung zuständigen Instan- zen abzustellen, soweit dieser sich aus dem Zonenplan selbst oder aus den Vorarbeiten ergebe. Es kam zum Ergebnis, dass für den "Herrenacker" keine nutzungsmässige Sonderregelung getroffen worden sei, die ihn von der Bauzone ausgeschlossen hätte; er sei deshalb gleich wie die anderen Erschliessungsflächen der Zone zuzu- rechnen, in der er liege, d.h. der Altstadtzone. Zwar sei einzuräumen, dass die Bauvorschriften dieser Zone nicht auf Bauten wie das um- strittene Parkhaus zugeschnitten seien und auch das kantonale Bau- gesetz keine Spezialbestimmungen für grössere unterirdische Anla- gen enthalte. Dieser Mangel sei jedoch durch Änderung des kanto- nalen und kommunalen Rechts zu beheben und nicht durch Anwen- dung von Art. 24 RPG, dessen Zweck darin bestehe, das vom Sied- lungsgebiet abzugrenzende Kulturland von zonenwidrigen Bauten möglichst freizuhalten und für Ausnahmen eine einheitliche Rege- lung zu schaffen (BGE 114 Ib 344 ff., insbesondere 349 f.). 3.2.2. Im BGE vom 18. März 2004 [1A.140/2003] ging es um die Baubewilligung für eine Mobilfunkantenne auf dem Bahnareal Rothenburg Dorf. Das Bundesgericht hielt hierzu u.a. Folgendes fest (Erw. 2.5): "Im vorliegenden Fall geht es um ein Areal, das dem Bahnbe- trieb dient und deshalb grundsätzlich der Eisenbahnhoheit des Bun- des und nicht dem kommunalen und kantonalen Planungsrecht un- 2006 Verwaltungsgericht 174 terliegt (Art. 18 EBG; BGE 115 Ib 166 E. 3 und 4 S. 172 ff.). Dieser Tatsache trägt der Zonenplan der Gemeinde Emmen Rechnung, wenn er das Bahnareal weiss darstellt und es nicht selbst einer be- stimmten Nutzung zuordnet. Die Nutzung dieses Grundstücks ist nicht unbestimmt; vielmehr ist es bereits durch eisenbahnrechtliche Plangenehmigung dem Eisenbahnverkehr gewidmet. Dann aber ist es nicht willkürlich, die Anwendbarkeit von § 56 PBG/LU im vorlie- genden Fall zu verneinen. Der Verzicht auf eine eigene Planung die- ses Gebiets durch die Gemeinde, die ohnehin nur für allfällige be- triebsfremde Nutzungen des Bodens Wirkung entfalten könnte (BGE 115 Ib 166 E. 4 S. 174), folgt aus der Zuständigkeitsordnung des EBG und ist nicht als bewusster Ausschluss des Bahnhofareals aus der umgebenden Bauzone zu verstehen. Das Verwaltungsgericht hat deshalb für die Frage, ob das Areal als Bauzone oder Nichtbauzone zu betrachten sei, zu Recht nicht al- lein auf die Darstellung (weisse Fläche) im Zonenplan, sondern auf weitere Kriterien abgestellt, namentlich die bereits erfolgte Überbau- ung des Gebiets zu Zwecken des Bahnbetriebs, seine Lage inmitten von Bauzonen und seine Zuordnung zum Siedlungsgebiet im Richt- plan. Es hat ferner geprüft, ob mit der Bewilligung einem be- schränkten Mobilfunkantennenverbot der Gemeinde im Wege der Nutzungsplanung, insbesondere aus Gründen der Ästhetik, des Orts- bilds- oder Landschaftsschutzes zuvorgekommen werde, und hat dies verneint. Diese Erwägungen widersprechen weder den leitenden Prinzipien des Raumplanungsrechts, namentlich der Trennung von Siedlungs- und Nichtsiedlungsgebiet, noch liegt ihnen eine willkürli- che Auslegung und Anwendung kantonalen Planungsrechts zu- grunde. Zumindest in der vorliegenden Konstellation besteht, wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgehalten hat, auch keine Gefahr der Nichteinhaltung der vom RPG vorgeschriebenen Entscheidfolge: Während bei einer Lücke in einem Nutzungsplan im allgemeinen ein Handlungsbedarf für die Nutzungsplanung besteht (...), ist eine kommunale Planung des fraglichen Bahnareals erst möglich, wenn der Bahnbetrieb an dieser Stelle einmal aufgegeben werden sollte (BGE 115 Ib 166 E. 4 S. 174). Bis dahin erscheint es aber durchaus sinnvoll, Bahnareale, die im Siedlungsgebiet liegen, baulich zu nut- 2006 Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 175 zen, z.B. für die Erstellung von Mobilfunkanlagen; ein Interesse an der Freihaltung solcher Areale besteht nicht." Dementsprechend ging das Bundesgericht davon aus, dass es sich beim fraglichen Bauvorhaben um ein solches innerhalb der Bau- zone handle, das keiner Ausnahmebewilligung gemäss Art. 24 RPG bedürfe (a.a.O., Erw. 2.6). 3.2.3. In Anlehnung an diese Entscheide ist auch § 26 BNO auszulegen. Es ist klarerweise unlogisch, eine mitten im Baugebiet liegende Landfläche Nutzungsbestimmungen zu unterstellen, deren Hauptzweck in der Freihaltung von Bauten und Anlagen besteht. Das raumplanerische Ziel, in Befolgung des Gebots der haushälterischen Nutzung des Bodens (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 RPG) die Siedlungstätig- keit in Bauzonen zusammenzufassen und die Streubauweise für nicht freilandgebundene Bauten zu verhindern (BGE 124 II 395 mit Hin- weisen), wird in der zur Diskussion stehenden Situation in keiner Weise aufgeweicht, wenn das Areal des Bahnhofs Döttingen grund- sätzlich als Bauzone betrachtet wird. Es besteht diesbezüglich weit- gehende Parallelität mit dem zweitgenannten BGE betreffend das Bahnareal Rothenburg Dorf; auch dort hat das Bundesgericht entge- gen dem Wortlaut des einschlägigen § 56 Abs. 2 des Planungs- und Baugesetzes des Kantons Luzern vom 7. März 1989 ("In dieser Zone gelten die Bestimmungen der Landwirtschaftszone.") dafür gehalten, es mache von der Sache her keinen Sinn, Land, das bereits jetzt durch die Bahn baulich genutzt werde sowie grossmehrheitlich von Bauland umgeben und gemäss Richtplan dem Siedlungsgebiet zuge- ordnet sei, als Nichtbauzone zu betrachten (a.a.O., Erw. 2.1, 2.5, 2.6). Diese Überlegungen gewinnen noch an Gewicht, wenn in Rechnung gestellt wird, dass das in Frage stehende "Übrige Gebiet" im Zuge einer unmittelbar bevorstehenden Gesamtrevision des Zonenplans der Bauzone zugewiesen werden soll. Damit sind die Argumente, welche die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit Art. 24 RPG vorbringt, obsolet. 4. 4.1. Die erstinstanzlich zuständige Abteilung für Baubewilli- gungen des BVU verfolgt die Praxis, sog. bahnnahe Nebenbetriebe auf dem Areal der SBB als "standortgebunden" zuzulassen. Eine sol- che Nutzung diene zwar nicht ganz oder überwiegend dem Bahnbe- 2006 Verwaltungsgericht 176 trieb, stehe aber dem Bahnbetrieb insofern nahe, als so die Kunden- bedürfnisse befriedigt werden könnten. Dazu gehörten etwa ein Le- bensmittelgeschäft, ein Blumenladen, Taxistandplätze, Postautoab- stellplätze, Reklameständer, ein Take-away-Betrieb sowie Waren- oder andere Automaten. An der Augenscheinsverhandlung vom 1. März 2006 haben die Vertreter der Abteilung für Baubewilligungen dem Verwaltungsgericht drei einschlägige Teilverfügungen überge- ben, wovon zwei (datierend vom 7. Juni 2004) die Erstellung von Park-and-Rail-Anlagen auf den Bahnhöfen Beinwil a.S. und Birrwil betreffen. Der Regierungsrat trägt diese Praxis mit. Das BVU vertritt weiter die Meinung, auch ein Speisekiosk könne im erwähnten Sinne als "standortgebunden" bezeichnet wer- den. Ein solcher Kiosk befriedige die Bedürfnisse der Bahnreisen- den. Dass auch andere Kunden den Kiosk aufsuchten, könne nicht ganz ausgeschlossen werden. Dieser Umstand schliesse aber die "Standortgebundenheit" nicht aus. Der Regierungsrat argumentiert in der gleichen Richtung: In örtlicher Hinsicht genüge es, wenn sich ein Bahnnebenbetrieb an einem Bahnhof, d.h. in der Nähe der Bahn- steige, der Geleise oder an den Hauptverkehrswegen im Bahnhof zu oder von den Geleisen befinde. Mit zunehmender räumlicher Distanz von den genannten Bahnanlagen könne allerdings eine Baute ihre Qualifikation als Bahnnebenbetrieb verlieren. Die Beschwerdeführerin wendet sich in grundsätzlicher Hin- sicht nicht gegen diese Verwaltungspraxis. Sie leuchtet auch dem Verwaltungsgericht ein, zumal sie sich an Art. 39 Abs. 1 EBG an- lehnt. Danach sind die Bahnunternehmungen befugt, an Bahnhöfen und in Zügen Nebenbetriebe einzurichten, soweit diese auf die Be- dürfnisse der Bahnkunden ausgerichtet sind (siehe zur einschlägigen Rechtsprechung BGE vom 22. März 2002 [2A.255/2001] Erw. 4.1; BGE vom 22. März 2002 [2A.256/2001] Erw. 6.1 und 6.2). 4.2. Bezogen auf den konkreten Einzelfall hält der Regierungs- rat fest, das Warenangebot der Beschwerdegegnerin umfasse Imbiss- Gerichte (Kebab, Bratwürste, Hot Dogs, Hamburger und gebackene Kartoffeln), Bier und alkoholfreie Getränke. Ein solches Angebot sei für einen Bahnnebenbetrieb typisch. Im Weitern befinde sich zwar der geplante Standort rund 150 m vom Bahnhofsgebäude entfernt 2006 Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 177 und sei für ortsunkundige Bahnreisende, die nicht aus südlicher Richtung zum Bahnhof gelangten, kaum wahrnehmbar. Es sei aber zu berücksichtigen, dass die fraglichen Bauten auf die Rampe eines noch in Gebrauch befindlichen Güterschuppens der SBB zu stehen kämen. Auch grenze der Speisekiosk an die Gleisanlagen, und er sei von zahlreichen Park-and-Ride-Parkplätzen der SBB umgeben. Es sei daher naheliegend, dass ihn vorwiegend Bahnkunden aufsuchen würden. Bei einer Gesamtbetrachtung sei davon auszugehen, dass der Speisekiosk vornehmlich den Bahnkunden diene. Dem hält die Beschwerdeführerin im Wesentlichen die Distanz bzw. den fehlenden Sichtkontakt zum Bahnhof entgegen. Das Schwergewicht des Bahn- hofs sei nach dessen Umgestaltung markant nach Norden verlegt worden. Der ehemalige Güterschuppen der SBB sei zum heutigen Zeitpunkt an eine gemeinnützige Stiftung vermietet und habe mit dem Bahnbetrieb nichts mehr zu tun. Das Bauvorhaben sei vom Bahnhof "abgenabelt". Der streitbetroffene Speisekiosk erfüllt in sachlicher Hinsicht die Anforderungen an einen bahnnahen Nebenbetrieb; angeboten werden darin wie erwähnt herkömmliche Imbiss-Gerichte sowie Bier und alkoholfreie Getränke. In örtlicher Hinsicht befindet sich der Speisekiosk zwar nicht unmittelbar im Bahnhofsgebäude, sondern in ca. 150 m Distanz dazu. Indessen ist nach der Rechtsprechung zu den Bahnnebenbetrieben nicht erforderlich, dass sich diese im Bahnhof selbst befinden. Entscheidend ist vielmehr der funktionale Bezug des Betriebs zum Bahnhof, und dieser Bezug ist hier klarerweise zu be- jahen; der Speisekiosk grenzt unmittelbar an die Gleisanlagen an, ist vor einem Güterschuppen der SBB situiert und überdies von zahlrei- chen Park-and-Ride-Parkplätzen der SBB umgeben. Dass der Güter- schuppen heute nicht mehr von den SBB genutzt wird, tut nichts zur Sache; wesentlicher ist seine Erscheinungsweise, die immer noch dieselbe ist wie vorher und ihn seitens der Passanten ohne weiteres dem Bahnbetrieb zuordnen lässt. 5. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die Be- schwerde unbegründet und deshalb abzuweisen ist.
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2017 Migrationsrecht 135 [...] 24 Kostenverlegung bei Gegenstandslosigkeit - Die Verfahrenskosten können einer Partei auch dann auferlegt wer- den, wenn sie die Gegenstandlosigkeit des Verfahrens formell nicht verursacht hat. - Im konkreten Fall hat es die Beschwerdeführerin trotz Möglichkeit versäumt, die im Beschwerdeverfahren eingereichten Unterlagen, welche belegten, dass die angeordnete Massnahme nicht angezeigt war, bereits im Verfahren vor der Vorinstanz beizubringen. Da das MIKA die dem Beschwerdeverfahren zugrundeliegende Verfügung einzig wegen der nachträglich eingereichten Belege in Wiedererwä- gung gezogen hat, ist die Gegenstandslosigkeit des Verfahrens auf das Verhalten der Beschwerdeführerin zurückzuführen. 2017 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 136 Aus dem Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 12. Juli 2017, i.S. A. gegen das Amt für Migration und Integration (WBE.2016.244) Aus den Erwägungen 1.2. Gemäss § 31 Abs. 3 Satz 1 und § 32 Abs. 3 Satz 1 VRPG gilt bei Gegenstandslosigkeit als unterliegende Partei, wer dafür sorgt, dass das Verfahren gegenstandslos wird. Wird ein Verfahren ohne Zutun einer Partei gegenstandslos, sind die Verfahrens- und Partei- kosten nach den abgeschätzten Prozessaussichten zu verlegen oder aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise dem Gemeinwesen zu be- lasten (§ 31 Abs. 3 Satz 2 und § 32 Abs. 3 Satz 2 VRPG). Bei Gegenstandslosigkeit eines Verfahrens werden die Verfah- rens- und Parteikosten somit primär nach dem Verursacherprinzip verlegt. Eine Verlegung nach dem mutmasslichen Ausgang oder die Belastung des Gemeinwesens aus Billigkeitsgründen steht grundsätz- lich erst zur Diskussion, wenn keine der beteiligten Parteien für die Gegenstandslosigkeit verantwortlich ist (vgl. AGVE 2009, S. 280 f.; VGE vom 9. Dezember 2011 [WBE 2011.206], Erw. II/1). 1.3. Im vorliegenden Fall ist die Gegenstandslosigkeit des Verfah- rens zwar formell darauf zurückzuführen, dass das MIKA die Verfü- gung vom 10. November 2015 wiedererwägungsweise aufgehoben hat. Dies jedoch einzig deshalb, weil die Beschwerdeführerin mit Einreichung von Belegen betreffend ihren Gesundheitszustand nach- träglich dargelegt hat, dass eine Verwarnung nicht angezeigt war. Wären die Unterlagen bereits im Einspracheverfahren eingereicht worden, hätte sich ein Beschwerdeverfahren gemäss Ausführungen der Vorinstanz erübrigt. Effektiv hat deshalb die Beschwerdeführerin die Gegenstandslosigkeit des Beschwerdeverfahrens zu verantworten und es sind ihr die Verfahrenskosten aufzuerlegen. Daran ändert nichts, dass der ärztliche Bericht bezüglich den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin offenbar erst im April 2017 erstellt wurde. 2017 Migrationsrecht 137 Die Vorinstanz weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass die Beschwerdeführerin die entsprechenden Abklärungen früher hätte in Angriff nehmen müssen. Dies umso mehr, als sie mit Verfü- gung der Vorinstanz vom 8. März 2016 explizit im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht aufgefordert wurde, nachzuweisen, dass es ihr aus gesundheitlichen Gründen seit Jahren nicht möglich war und ist, einer Arbeit nachzugehen. Trotz dieser Aufforderung reichte sie am 22. März 2016 lediglich zwei ärztliche Zeugnisse vom 16. bzw. 18. März 2016 ein, welche ihr eine Arbeitsunfähigkeit seit 3. Dezember 2015 bzw. seit 1. Januar 2016 attestierte. Ein Partei- kostenersatz infolge (formellen) Obsiegens steht nach dem Gesagten nicht zur Diskussion.
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2010 KantonaleSteuern 111 II. Kantonale Steuern 22 Abziehbarkeit einer Studienreise als Weiterbildungskosten. Praxis hin- sichtlich des Nachweises des Weiterbildungscharakters von Studienreisen. - Gewinnungskostenbegriff. Die Abziehbarkeit als Gewinnungskosten setzt einen qualifiziert engen Konnex zwischen den getätigten Ausga- ben und den erzielten Einkünften voraus (Erw. 3). - Beweislast im Steuerrecht (Erw. 4). - Anforderungen an den Nachweis des beruflichen Charakters der Reise (Erw. 4.1). - Der berufliche Charakter der Studienreise ist hier nicht rechtsgenüg- lich belegt (Erw. 5). Urteil des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 21. April 2010, in Sachen V. (WBE.2009.323). Aus den Erwägungen 2. Die Beschwerdeführer machen geltend, angesichts einer dicht gedrängten Studienreise mit einem täglichen Programm von mindes- tens 8-10 Stunden sei es nicht verständlich und auch nicht akzep- tabel, den Privatanteil auf 50 Prozent festzulegen. Wenn während einer Studienreise von mehr als 3 Wochen bloss eineinhalb Tage zur freien Verfügung stünden und abends auch einmal eine landestypi- sche Aufführung besucht oder auf einer langen Reise ausnahmsweise ein Badestopp eingeschaltet werde, rechtfertige dies schon aus rech- nerischen Gründen keinen Abzug von 50 Prozent an den Gesamt- kosten. Die Studienreise sei als Weiterbildung für Lehrpersonen an- geboten und organisiert worden und stehe demzufolge in unmittel- barem Zusammenhang mit dem Lehrberuf und weise Weiterbil- dungscharakter auf. Kulturelle, gesellschaftliche und touristische 2010 Verwaltungsgericht 112 Aspekte gehörten gerade zum beruflichen Kerngeschäft und zu den zentralen Themen von Dozierenden im Bereich der Gesellschafts- wissenschaften. Es stimme, dass eine von der Route her vergleichba- re Reise in jedem Reisebüro gebucht werden könne. Inhaltlich und qualitativ seien die beiden Reisen jedoch nicht miteinander ver- gleichbar, da sich die Reiseleitung und die Qualität der bearbeiteten Inhalte wesentlich voneinander unterscheiden würden. 3. 3.1. Gemäss Art. 9 Abs. 1 StHG werden von den gesamten steuer- baren Einkünften die zu ihrer Erzielung notwendigen Aufwendungen und die allgemeinen Abzüge abgerechnet. Nach diesen harmonisie- rungsrechtlichen Vorgaben sind nicht sämtliche Ausgaben, die mit der Erzielung der Einkünfte in irgendeinem Zusammenhang stehen oder die anlässlich der Einkunftserzielung getätigt werden, abzieh- bar, sondern nur die zu deren Erzielung notwendigen Aufwendungen (Gewinnungskosten). Die Abziehbarkeit setzt einen qualifiziert engen Konnex zwischen den getätigten Ausgaben und den erzielten Einkünften voraus, d.h. einen rechtlich erheblichen (wesentlichen) Zusammenhang zwischen Art, Grund und Zweck der Ausgabe einer- seits und der Natur der beruflichen Tätigkeit andererseits (finale und kausale Komponente des Gewinnungskostenbegriffs). Nicht abzieh- bar sind demgegenüber grundsätzlich die Lebenshaltungskosten. Die Abgrenzung der Gewinnungskosten von den Lebenshaltungskosten kann letztlich nur durch eine Wertung getroffen werden (vgl. aus- führlich M ARKUS R EICH in: M ARTIN Z WEIFEL /P ETER A THANAS [H RSG .], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/1, Bundes- gesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG], 2. Auflage, Basel-Genf-München 2002, Art. 9 N 8 ff., m.w.H.). 3.2. Zu den notwendigen Aufwendungen gehören auch die mit dem Beruf zusammenhängenden Weiterbildungs- und Umschulungs- kosten (Art. 9 Abs. 1 Satz 2 StHG). Gemäss § 35 Abs. 1 lit. e StG werden die mit dem Beruf zusammenhängenden Weiterbildungs- und Umschulungskosten als Berufskosten vom steuerbaren Einkommen 2010 KantonaleSteuern 113 abgezogen (wörtlich gleichlautend: Art. 26 lit. d DBG). Im Gegen- satz dazu sind Ausbildungskosten nicht abziehbar (§ 41 lit. b StG; vgl. auch H ANS Z EHNDER , Die Behandlung der Kosten für Aus- bildung und berufliche Weiterbildung im schweizerischen Steuer- recht, Diss. Zürich 1985, S. 38 f.). 3.3. Nach dem Willen des (Bundes-)Gesetzgebers, der hier aufgrund der Übernahme der Bestimmungen ins kantonale Recht bei der Aus- legung heranzuziehen ist, soll hinsichtlich der abziehbaren "mit dem Beruf zusammenhängenden Weiterbildungs- und Umschulungskos- ten" das gleiche Kriterium angewendet werden wie bei den Gewin- nungskosten Selbständigerwerbender, bei welchen gemäss Art. 27 Abs. 1 DBG die "geschäfts- oder berufsmässig begründeten Kosten" abgezogen werden können (Botschaft über die Steuerharmonisie- rung, in: BBl 1983 III 166). Aufwendungen sind im Rahmen einer Unternehmung dann geschäftsmässig begründet, wenn sie mit dem erzielten Erwerb unternehmungswirtschaftlich in einem unmittel- baren und direkten Zusammenhang stehen (vgl. Urteil des Bundes- gerichts vom 18. Dezember 2003 [2A.277/2003], Erw. 2.1, m.w.H.). Der Begriff der "Erforderlichkeit" ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung weit auszulegen. Dass § 35 Abs. 1 lit. e StG den Begriff der "Erforderlichkeit" bzw. "Notwendigkeit" nicht enthält, steht dem Rückgriff auf diese Rechtsprechung nicht entgegen (vgl. zum Ganzen Urteil des Bundesgerichts vom 8. August 2002, [2A.130/2002], Erw. 4.1.1). Abziehbar sind alle Kosten der Weiterbildung, die mit dem ge- genwärtigen Beruf des Steuerpflichtigen in einem unmittelbaren ur- sächlichen Zusammenhang stehen und auf die zu verzichten dem Pflichtigen nicht zugemutet werden kann. Als Weiterbildung gelten die Aufwendungen zur Erhaltung und Sicherung der Stellung im Beruf, aber auch die Aufwendungen für den Aufstieg. Der unmittel- bare ursächliche Zusammenhang mit dem ausgeübten Beruf besteht lediglich, wenn sich die Weiterbildung auf Kenntnisse bezieht, die bei der Berufsausübung verwendet werden. Er fehlt hingegen, wenn es nur um persönliche Bereicherung - etwa im Sinne kultureller Weiterbildung - geht (BGE 113 Ib 114, Erw. 3b.). 2010 Verwaltungsgericht 114 4. Nach der im Steuerrecht allgemein gültigen Regel trägt die Steuerbehörde die Beweislast für steuerbegründende Tatsachen, wäh- rend der Beweis für steueraufhebende oder steuermindernde Tatsa- chen - dazu gehören auch jene Umstände, die eine Ausgabe als Wei- terbildungskosten qualifizieren - grundsätzlich den Steuerpflichtigen obliegt. Sie haben steuermindernde Tatsachen nicht nur zu behaup- ten, sondern auch zu belegen (Urteil des Bundesgerichts vom 12. Mai 2003 [2P.254/2002], Erw. 4.2, m.w.H.; C ONRAD W ALTHER , in: M ARIANNE K LÖTI -W EBER , D AVE S IEGRIST , D IETER W EBER [H RSG .], Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, a.a.O., § 174 N 28). 4.1. In Bezug auf den Nachweis des Weiterbildungscharakters von Studienreisen ist die bisherige aargauische Steuerpraxis streng (vgl. dazu Entscheide des Steuerrekursgerichts: AGVE 1987, S. 372; AGVE 1979, S. 333; AGVE 1962, S. 114). Keine Berufsreise liegt vor, wenn auf einer typischen Besichtigungsfahrt auch beruflich in- teressierende Vorgänge in das Programm einbezogen werden (AGVE 1987, S. 372). Die Reiseaufwendungen müssen in einer Weise gemacht werden, die die ausschliesslich oder weitaus berufliche Bedingtheit der Reise einwandfrei erkennen lässt (AGVE 1979, S. 333). In Betracht fallen von einer Berufsorganisation veranstaltete Studienreisen (AGVE 1979, S. 333). Im Falle von Lehrpersonen muss das Reiseprogramm eindeutig und ausschliesslich auf die beruflichen Bedürfnisse für den Unterricht der jeweiligen Schulstufe ausgerichtet sein; entsprechend wird verlangt, dass bei einer solchen Veranstaltung Lehrstoff für den Unterricht erarbeitet wird (AGVE 1979, S. 335 f.). Diese durch die Steuerbehörden und das Steuerrekursgericht begründete Praxis mit Bezug auf Reisekosten ist zutreffend und daran ist festzuhalten. Gerade bei sog. Studienreisen ist sehr häufig nur schwierig aus- zumachen, ob sie vorwiegend privaten oder beruflichen Zwecken dienen, d.h. ob sie vorwiegend aus einer direkt mit der Berufsaus- übung zusammenhängenden Motivation oder eher aus privaten Grün- den unternommen werden ("Das Angenehme mit dem Nützlichen 2010 KantonaleSteuern 115 verbinden"). Damit eine Reise als beruflich bedingte Weiterbildungs- aufwendung qualifiziert werden kann, gelten daher hohe Anforderun- gen an den Nachweis des beruflichen Charakters der Reise. So muss zum Beispiel vom Reiseprogramm her unzweifelhaft sein, dass es sich um eine echte Weiterbildungsreise handelt. Das bedeutet, dass das Reiseprogramm ganz überwiegend einen fachlichen Charakter aufweisen muss, was sich nicht nur im Bezug auf die einzelnen Reiseziele, sondern auch konkret mit Bezug auf die Aktivitäten der Reiseteilnehmer während der Reise (Besuch von fachspezifischen Vorträgen, Teilnahme an fachspezifischen Workshops, Pflicht zur eigenen aktiven Erarbeitung von Unterlagen, Präsentationen, etc.) ausdrücken muss. Angaben über die Reiseteilnehmer (z.B. nur oder ganz überwiegend Angehörige einer bestimmten Berufsgruppe) können einen Hinweis auf den berufsbedingten Anlass der Reise dar- stellen (vgl. AGVE 1987, S. 372). Ist eine Reise unter Zugrundele- gung der genannten strengen Kriterien als hauptsächlich berufsbe- dingt zu qualifizieren, ist sodann weiter zu prüfen, ob die gesamten Kosten der Reise abzugsfähig sind oder ob allenfalls ein Teil der Kosten als privat veranlasst nicht zum Abzug zuzulassen ist (insbe- sondere Kosten des Freizeitprogramms im Rahmen einer beruflich veranlassten Reise). 5. 5.1. Die im Reiseprogramm der Studienreise des ULEF "Tradition und Moderne" vorgesehenen Besuche von Sehenswürdigkeiten wie der Chinesischen Mauer, der verbotenen Stadt oder verschiedener bekannter Tempel, Paläste und Museen bilden keinen Hinweis auf den fachspezifischen Charakter der Reise. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung würde jeder kulturell interessierte Tourist die ent- sprechenden Sehenswürdigkeiten ebenfalls ansehen. Dem Reise- programm sind - wie die Beschwerdeführer selbst bestätigen - inso- weit keine Unterschiede zu einer rein touristischen Reise zu entneh- men. Auch die blosse Angabe der Beschwerdeführer, bei der Besich- tigung der zahlreichen Städte und Sehenswürdigkeiten sei mit ande- ren Teilnehmern über Themen diskutiert worden, die in das Fach- gebiet der Geografie fallen, vermag den Weiterbildungscharakter 2010 Verwaltungsgericht 116 nicht rechtsgenüglich zu belegen. Nichts anderes ergibt sich in Bezug auf die geltend gemachten qualitativen Unterschiede zu gewöhn- lichen Reisen (Reiseleitung, Experten, etc.). Diese mit Ausnahme des Reiseleiters namentlich nicht genannten Experten sind weder im Reiseprogramm erwähnt, noch wird das Vorbringen, auf berufsspezi- fische Interessen der Reiseteilnehmer sei eingegangen worden, be- legt. Unterscheidet sich das Reiseprogramm - wie hier - nicht von demjenigen einer touristischen Rundreise, und werden darin keinerlei Veranstaltungen, die sich eindeutig an Geografie- bzw. Didaktik- Fachkräfte richten, nachgewiesen, kann - zur korrekten Abgrenzung von den nicht abzugsfähigen Lebenshaltungskosten - nicht ohne entsprechende Nachweise der Auf- und Verarbeitung der Reise im Unterricht auf einen Weiterbildungscharakter der Reise geschlossen werden. Das Steuerrekursgericht hatte in einem älteren Entscheid bei Lehrpersonen in einer solchen Konstellation für das Vorliegen von Gewinnungskosten zu Recht verlangt, dass im Rahmen der Reise Unterrichtsstoff erarbeitet wird, der auf die unterrichtete Schulstufe zugeschnitten ist (AGVE 1979, S. 335 f.). Die Beschwerdeführer machen zwar geltend, dass die Beschwerdeführerin sich durch die Reise eine Meinung zu typisch geografischen Themen, wie Besied- lungsmuster, Stadtentwicklungen oder Handelsbeziehungen habe bil- den können und diese für den Unterricht aufgearbeitet und eingesetzt habe. Den entsprechenden Nachweis dafür erbringen sie indes nicht, obwohl sie - da sie nun die vollumfängliche Abzugsfähigkeit der Reisekosten verlangen - aufgrund der ihnen obliegenden Beweislast (siehe vorne Erw. 4) dazu verpflichtet gewesen wären. 5.2 Im Übrigen sind Studienreisen von der Art, wie sie die Be- schwerdeführerin hier unternommen hat, erfahrungsgemäss nicht ausschliesslich darauf ausgerichtet, fachliches Wissen zu vermitteln. Neben diesem Zweck wird bei der Gestaltung des Reiseprogramms regelmässig und nicht nur nebenbei auch auf andere Interessen der Teilnehmer Rücksicht genommen. So werden - wie das KStA in der Beschwerdeantwort zutreffend ausgeführt hat - zwischen den (hier wie erwähnt nicht aktenkundigen) berufsspezifischen Arbeiten/Ver- 2010 KantonaleSteuern 117 anstaltungen, Besuche von Museen, Empfänge und andere Veranstal- tungen gesellschaftlicher, kultureller und unterhaltender Art ein- geschaltet. Die auf diesen Teil entfallenden Kosten bleiben selbstver- ständlich unter dem Gesichtspunkt der notwendigen Gewinnungs- kosten ausser Betracht. Mit Bezug darauf besteht, auch wenn sie in Verbindung mit Gewinnungskosten entstanden sind, kein Anlass zur Privilegierung (so bereits für das damalige Recht: AGVE 1962, S. 114, Erw. 4.). 5.3 Auch aus der Bestätigung des Reiseleiters betreffend "Notwen- digkeit" der Reise vom 9. März 2009 kann nichts zu Gunsten der Be- schwerdeführer abgeleitet werden. Zum einen ist dazu zu bemerken, dass die Bestätigung nicht von den Arbeitgebern ausgestellt wurde. Darüber hinaus wäre damit, selbst wenn der zuständige Arbeitgeber bzw. die zuständige Schulbehörde die Reise als notwendig erachtet hätte, noch nichts über die Notwendigkeit im Sinne des Steuerrechts resp. die genaue Zuweisung der Reisekosten zu den Weiterbildungs- bzw. Lebenshaltungskosten gesagt (so auch Urteil der Steuerrekurs- kommission Bern vom 15. Juni 1999, publ. in StE 2000, B 22.3 Nr. 69, Erw. 6). Zum andern lassen sich auch dieser Teilnahmebes- tätigung keinerlei konkrete fachspezifische Veranstaltungen entneh- men. 6. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen ist das Steuerrekursgericht den Beschwerdeführern damit bereits (zu) weit entgegengekommen, da sie den ihnen obliegenden Nachweis der hälftigen - geschweige denn der darüber hinausgehenden - berufli- chen Veranlassung der Reise nicht erbracht haben. Da dem Verwal- tungsgericht in Bezug auf den Abzug verwehrt ist, den angefoch- tenen Entscheid zu Ungunsten der Beschwerdeführer abzuändern (§ 199 Abs. 2 StG), hat es beim hälftigen Abzug der geltend gemach- ten Kosten zu bleiben und eine exakte Festsetzung des angemessenen (höheren) Privatanteils erübrigt sich. 7. Die Beschwerde ist somit vollumfänglich abzuweisen.
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2000 Fürsorgerische Freiheitsentziehung 191 [...] 53 Zwangsmassnahmen im Rahmen fürsorgerischer Freiheitsentziehung; Fixierung mit Bauchgurt in Isolation; Besuchsverbot für die Seelsorgerin; Bibelentzug. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 1. Kammer, vom 17. November 2000 in Sachen H.S. gegen Entscheide der Klinik Königsfelden. Sachverhalt H.S. leidet an einer chronischen paranoiden Schizophrenie mit religiösem Wahn. Aufgrund möglicher Fremdgefährdung und Medi- kamentenverweigerung wurde er anlässlich der fürsorgerischen Frei- 2000 Verwaltungsgericht 192 heitsentziehung zwangsmediziert, isoliert und gegurtet. Zusätzlich wurde ein Bibelentzug und ein Besuchsverbot der Seelsorgerin ver- fügt. Aus den Erwägungen 4. a) Seit dem 14. November 2000 und erneut gestützt auf den Zwangsmassnahmen-Entscheid vom 17. November 2000 wird der Beschwerdeführer im Isolationszimmer mit dem Bauchgurt fixiert. An der Verhandlung beklagte er sich, dass er im Gurt ersticke, dass er nicht immer ans Bett gefesselt sein wolle. b) Das bis vor kurzem ungeschriebene verfassungsmässige Recht der persönlichen Freiheit, das in der am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV) aus- drücklich in Art.10 und - hinsichtlich des Schutzes der Menschen- würde - auch in Art. 7 gewährleistet ist, beinhaltet insbesondere das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit, auf Bewegungs- freiheit und Wahrung der Würde des Menschen sowie alle Freiheiten, die elementare Erscheinungen der Persönlichkeitsentfaltung darstel- len (BGE 126 I 114 mit Hinweisen). Das Recht auf persönliche Frei- heit gilt indessen, wie die übrigen Freiheitsrechte, nicht absolut. Ein- schränkungen sind zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grund- lage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sind; zudem dürfen sie den Kerngehalt des Grundrechts nicht beein- trächtigen, das heisst, dieses darf weder völlig unterdrückt noch sei- nes Gehalts als Institution der Rechtsordnung entleert werden (BGE 126 I 115). Eine Zwangsmassnahme ist namentlich dann unverhält- nismässig, wenn eine ebenso geeignete mildere Anordnung für den angestrebten Erfolg ausreicht. Der Eingriff darf in sachlicher, räumli- cher, zeitlicher und personeller Hinsicht nicht einschränkender sein als notwendig (BGE 126 I 119 f. mit Hinweisen). 2000 Fürsorgerische Freiheitsentziehung 193 c) Beim Entscheid über die Zulässigkeit einer Zwangsmass- nahme darf auch das Schutzbedürfnis Dritter einbezogen werden. Unter Würdigung aller Umstände gilt es somit zu prüfen, ob die Fi- xierung mit Bauchgurt medizinisch indiziert und verhältnismässig sei. aa) Gemäss Aussage des Klinikarztes wurde die Fixierung not- wendig, weil der Beschwerdeführer aggressiv sei und ihm bei jeder Gelegenheit die Faust zeige. Er äussere sich mit viel Wucht und wirke sehr bedrohlich. Er selber besuche ihn jeweils in Begleitung von zwei Personen im Isolationszimmer (Protokoll, S. 13 und 19). Der Pfleger sagte aus, dass sich die Aggressionen hauptsächlich ge- gen die Ärzte richteten und das Pflegepersonal keine Probleme mit dem Beschwerdeführer habe. Der Beschwerdeführer sei im Gurt, weil die Gefahr bestehe, dass er jemanden schlagen könnte, den er nicht möge. Man habe zu wenig Personal auf der Abteilung (Proto- koll, S. 9 f.). Der Zustand des Beschwerdeführers verlangt nach einer Be- handlung mit Medikamenten, die notfalls zwangsweise - d.h. allen- falls auch durch Festgurten zu diesem Zweck - verabreicht werden müssen. Da sich die verbalen und tätlichen Angriffe hauptsächlich gegen die Ärzte richten, ist ein Gurten somit zumindest während der Arztvisite zum Schutz Dritter indiziert. bb) Bei der Frage der Verhältnismässigkeit gilt es aber daran zu erinnern, dass der Eingriff in die persönliche Freiheit durch Fixie- rung ans Bett in extremer Weise den Kerngehalt des Grundrechts betrifft und daher gemäss Art. 36 Abs. 4 BV grundsätzlich unzulässig ist. Ausnahmen sind nur denkbar, wenn in akuter Weise eine Gefahr für Leib und Leben von Menschen besteht. Dabei darf der Eingriff insbesondere in zeitlicher Hinsicht nicht einschränkender sein als zur Abwendung der Gefahr erforderlich (BGE 126 I 119f.). § 67e bis EG ZGB sieht Vorkehrungen vor, zu denen auch die Isolation und Gurtung zählen. Ziel und Zweck einer solchen Massnahme kann aber 2000 Verwaltungsgericht 194 auch gemäss Darstellung in der Botschaft nur der Schutz der betroffenen Person oder deren Mitmenschen sein (Botschaft, S. 6). Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer, der aus Sicherheitsgründen bereits isoliert wird, zusätzlich die ganze Zeit im Gurt ans Bett gebunden sein muss. Ein Festgurten kann nur in akuten Notsituationen verhältnismässig sein. Wo ein Kampf mit dem Beschwerdeführer voraussehbar ist, wie vor einer Visite oder einer Zwangsmedikation, ist das Gurten zum Schutz der Betroffenen an- gebracht. Unverhältnismässig ist dagegen, wenn ein Patient ausser- halb von Notsituationen im Isolationszimmer in den Gurt gelegt wird. Der zuständige Pfleger hat denn auch bestätigt, dass es bei Toilettenbesuchen oder dem Duschen etc. mit dem Beschwerdeführer keine Probleme gebe. Auch anlässlich der Verhandlung konnte sich das Gericht davon überzeugen, dass vom Beschwerdeführer grund- sätzlich keine konkrete Gefahr ausgeht. Wohl ist er - insbesondere den Ärzten gegenüber - verbal massiv bedrohlich, im übrigen aber anständig und wie Pfarrerin R. aussagte, anhänglich und Geborgen- heit suchend. Unter diesen Umständen ist zu befürchten, dass diese extrem einschneidende Sicherheitsmassnahme die Aggression des Beschwerdeführers gegen die Ärzte noch steigert. Das Fixieren mit dem Bauchgurt betrifft den Kerngehalt der Bewegungsfreiheit als Aspekt der persönlichen Freiheit in extremster Form und kann nur bei einer konstanten akuten Gefahr für Leib und Leben verhältnis- mässig sein. Da der Beschwerdeführer sich selber nicht gefährdet und seine Angriffe gegen Dritte sich grundsätzlich nur gegen die behandelnden Ärzte richten, ist ein Fixieren während des ganzen Tages offensichtlich unverhältnismässig. Die Beschwerde ist somit bezüglich des Fixierens mit dem Teilgurt in dem Sinne teilweise gutzuheissen, so dass die Klinik mit milderen Massnahmen einer latenten Gefahr zu begegnen hat. Es ist zweifellos sinnvoll, wenn Ärzte in der Regel - wie schon bisher praktiziert - nicht alleine zum Beschwerdeführer ins Isolationszimmer gehen. Solange sich der Beschwerdeführer nicht gleichzeitig mit Ärzten im Isolationszimmer 2000 Fürsorgerische Freiheitsentziehung 195 aufhält, muss er sich mindestens frei bewegen und so einen Teil sei- ner Aggression abreagieren können. Demgegenüber sind kurze Fixie- rungen mit dem Bauchgurt für die Zeiten der Arztvisiten und der Medikamentenverabreichung verhältnismässig, ebenso bleiben un- vorhergesehene Notfallsituationen mit akuter Gefahr für Leib und Leben vorbehalten. 5. a) Der Zwangsmassnahme-Entscheid vom 17. November 2000 sieht zusätzlich ein Besuchsverbot betreffend die Anstaltspfar- rerin R. vor. Es ist vorweg zu prüfen, ob ein solches Besuchsverbot überhaupt als Zwangsmassnahme gemäss § 67e bis EG ZGB qualifi- ziert werden kann. b) Gemäss Abs. 1 der genannten Norm dürfen "Behandlungen und andere Vorkehrungen", die medizinisch indiziert sind, zwangs- weise vorgenommen werden, sofern die notwendige Fürsorge auf andere Weise nicht gewährleistet werden kann. Die Botschaft nennt neben der Zwangsmedikation, Isolation und Gurtung als Beispiele für "andere Vorkehrungen" (Botschaft, S. 6). Eine Zwangsmass- nahme ist nur innerhalb einer fürsorgerischen Freiheitsentziehung zulässig und liegt immer dann vor, wenn durch eine ärztlich ange- ordnete Vorkehr die persönliche Freiheit des Betroffenen noch stär- ker eingeschränkt wird als durch den Zwangsaufenthalt in einer An- stalt. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen der fürsorgerischen Freiheitsentziehung bereits die Zwangsmass- nahme der geschlossenen Isolation angeordnet wurde und seit dem 6. November 2000, und somit seit 11 Tagen, ununterbrochen voll- zogen wird. Dies ist bereits ein massiver Eingriff in seine persönliche Freiheit. Das zusätzliche Verbot an den Beschwerdeführer, mit der Anstaltspfarrerin als seiner langjährigen Vertrauensperson und gleichzeitigen Seelsorgerin reden zu dürfen, bedeutet nochmals eine erhebliche Einschränkung der persönlichen Freiheit. Das Be- suchsverbot muss vom psychisch kranken Beschwerdeführer als nicht nachvollziehbare, zusätzliche einschneidende Beschränkung 2000 Verwaltungsgericht 196 oder gar als Strafe empfunden werden. Es handelt sich daher zweifellos um eine andere Vorkehr im Sinne von § 67e bis EG ZGB. Von der Klinik wurde das Besuchsverbot in formell korrekter Weise mittels Zwangsmassnahmen-Entscheid verfügt. c) Eine Zwangsmassnahme - und somit auch das vorliegend zu beurteilende Besuchsverbot - ist nur zulässig, wenn sie medizinisch indiziert und verhältnismässig ist. Beim Entscheid kann auch das Schutzbedürfnis Dritter in die Beurteilung miteinbezogen werden. aa) Der Arzt begründet die medizinische Indikation des Be- suchsverbots der Seelsorgerin damit, dass er dem Beschwerdeführer, der unter einem religiösen Wahn leide, die "nährenden" Reize ent- ziehen wolle. Es sei üblich, bei Wahn-Patienten einen Reizentzug anzuordnen. Durch den Entzug religiöser Einflüsse müsse sich der Beschwerdeführer auf Alltägliches konzentrieren. Der Arzt erhofft sich dadurch - zusammen mit weiteren Massnahmen - eine Beruhi- gung des Patienten, so dass eine Medikation auf freiwilliger Basis möglich wird. Nach Aussage der Seelsorgerin R. anlässlich der Verhandlung drehen sich die Gespräche zwar oft um religiöse Themen, eine Ver- schlechterung des Zustandes des Beschwerdeführers nach Besuchen der Pfarrerin wurde jedoch weder behauptet noch nachgewiesen. So erklärte die Anstaltspfarrerin glaubwürdig, dem Beschwerdeführer immer wieder zu erklären, dass er die Bibel teilweise falsch auslege, weil er z.B. nicht der Jeremia sei, sondern der H.; so habe sie schon öfters erreicht, dass der Beschwerdeführer sich wieder beruhigt habe. Weiter spreche sie mit ihm auch häufig über das Problem der Sexua- lität und der Masturbation. Der Fachrichter sieht in den 1 bis 2 Besuchen à ca. 30 Minuten pro Woche keine Anhaltspunkte für eine Verstärkung des psychoti- schen Erlebens des Beschwerdeführers und nach seiner Ansicht ist es höchst unwahrscheinlich, dass sich die Wahngedanken des Be- schwerdeführers durch ein Besuchsverbot auflösen oder auch nur reduzieren werden. Die heftigen verbalen Attacken an der Verhand- 2000 Fürsorgerische Freiheitsentziehung 197 lung vom 17. November 2000, die sich ausschliesslich gegen die beiden anwesenden Ärzte richteten, lassen eher darauf schliessen, dass sich der Beschwerdeführer durch die erfolgten ärztlichen An- ordnungen bestraft fühlt und deshalb noch aggressiver reagiert. Es bestehen somit erhebliche Bedenken, ob das verfügte Be- suchsverbot überhaupt medizinisch indiziert sei. Da es jedoch offen- sichtlich an der Verhältnismässigkeit dieser Zwangsmassnahme fehlt, kann diese Frage offen gelassen werden. bb) aaa) Das verfassungsmässige Gebot der Verhältnismässig- keit verlangt, dass staatliche Hoheitsakte für das Erreichen eines im übergeordneten öffentlichen Interesse liegenden Zieles geeignet, notwendig und dem Betroffenen zumutbar sein müssen. Eine Zwangsmassnahme ist namentlich dann unverhältnismässig, wenn eine ebenso geeignete mildere Anordnung für den angestrebten Er- folg ausreicht. Der Eingriff darf in sachlicher, räumlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht nicht einschränkender sein als notwendig (BGE 126 I 119 f. mit Hinweisen). Je schwerer ein Eingriff wiegt, desto sorgfältiger ist er folglich zu begründen (BGE 124 I 304). In der Lehre wird überdies die Meinung vertreten, dass das Verhältnis- mässigkeitsprinzip für eine Zwangsbehandlung voraussetzt, dass die Vorteile der Massnahme die Nachteile eindeutig überwiegen (Tho- mas Geiser, Die fürsorgerische Freiheitsentziehung als Rechts- grundlage für eine Zwangsbehandlung?, in: Familie und Recht, Fest- gabe der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg für Bernhard Schnyder, Freiburg 1995, S. 311). Es stellt sich somit die Frage, ob die persönliche Freiheit durch das verfügte Besuchsverbot über das zulässige Mass hinaus verletzt wird. Die persönliche Freiheit, wie sie in der neuen Bundesverfas- sung in Art. 10 ausdrücklich garantiert ist, beinhaltet insbesondere das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit, auf Bewe- gungsfreiheit sowie die elementare Persönlichkeitsentfaltung. Art. 7 BV schützt zudem die Würde des Menschen (BGE 126 I 114). Ge- genüber spezifischen Grundrechtsgarantien, die Teilbereiche der 2000 Verwaltungsgericht 198 Persönlichkeit schützen, kommt dem verfassungsmässigen Persön- lichkeitsschutz die Funktion einer subsidiären Garantie zu (Jörg Paul Müller, Grundrechte in der Schweiz, Im Rahmen der Bundesverfas- sung von 1999, der UNO-Pakte und der EMRK, 3. Auflage, Bern 1999, S.8). Sie tritt deshalb zurück, wenn die Persönlichkeitsentfal- tung des Einzelnen unter einem durch ein spezifischeres Freiheits- recht geschützten Aspekt wie die Glaubens- und Gewissensfreiheit beeinträchtigt wird (BGE 123 I 118). Gegenüber Personen in einem Sonderstatus wie Haft oder fürsorgerische Freiheitsentziehung, die dem staatlichen Machtmonopol nahezu vollständig ausgeliefert sind, hat der Staat den verbleibenden Freiraum des Einzelnen aktiv zu schützen. Bei der konfessionellen Betreuung von Personen in Son- derstatusverhältnissen hat der Staat sicherzustellen, dass der Kontakt mit Gleichgläubigen und eine glaubenskonforme Lebensführung möglich sind (ZBl 1994, S. 398). Das öffentliche Interesse an einer Beschränkung der Glaubens- und Gewissensfreiheit kann sich aus dem Zweck einer Institution, wie z.B. einer Klinik oder einer Straf- anstalt, ergeben. Solche Beschränkungen sind jedoch durch sachge- rechte Anstaltsordnungen in engen Schranken zu halten (BGE 113 Ia 305). Gemäss § 6 PD hat die Klinik den Patienten angemessen Gele- genheit für vertrauliche Gespräche mit ihren Seelsorgern zu gewäh- ren. Im Unterschied zu § 7 Abs. 2 PD, gemäss welcher Norm der Arzt im medizinischen Interesse des Patienten ausnahmsweise ein Verbot des allgemeinen Besuchsrechts anordnen kann, sieht § 6 PD keine entsprechende Ausnahmereglung betreffend vertraulichen Ge- sprächen vor. Ein entsprechendes Verbot kann somit nur in ganz akuten Notfällen verhältnismässig sein. So ist selbst bei Strafgefan- genen ein Besuchsverbot unzulässig, wenn ein Priester von sich aus eine seelsorgerliche Betreuung anbietet (ZBl 1994, S. 398). bbb) An der Verhandlung vom 17. November 2000 hat sich ge- zeigt, dass die Seelsorgerin R. seit Jahren eine der vertrautesten Be- zugspersonen des Beschwerdeführers ist, die mit ihm höchstens ein bis zwei mal pro Woche eine halbe Stunde spricht. Dabei mischt sie 2000 Fürsorgerische Freiheitsentziehung 199 sich offensichtlich nicht in Fragen der ärztlichen Therapie ein, son- dern bespricht mit dem Beschwerdeführer persönliche Lebens- und Glaubensfragen. Der behandelnde Arzt hofft auf eine positive Wirkung durch den Entzug sämtlicher religiöser Einflüsse. Demgegenüber zeigte sich eindrücklich, dass der Beschwerdeführer sich nahezu konstant mit seinen Glaubensüberzeugungen beschäftigt und sowohl dem Gericht wie auch den Ärzten gegenüber häufig mit Bibelzitaten ant- wortete. Es ist denn auch erstellt, dass er seit Jahren an einer chroni- schen paranoiden Schizophrenie mit religiösem Wahn leidet. Die Befragung der Klinikpfarrerin ergab keine Anhaltspunkte dafür, dass sie die seelsorgerlichen Besuche dazu missbrauchen könnte, den Beschwerdeführer im Hinblick auf ärztliche Anordnungen und Me- dikamenteneinnahme irgendwie negativ zu beeinflussen. Da es sich beim Besuchsrecht eines Seelsorgers um ein grundlegendes Recht handelt, kann die ungewisse Hoffnung auf einen zusätzlichen thera- peutischen Effekt keinesfalls genügen, diesen massiven Eingriff in die persönliche Freiheit bzw. in die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Beschwerdeführers zu rechtfertigen. Das verfügte Verbot der üblichen ein bis zwei Besuche pro Woche erweist sich daher als un- verhältnismässig und ist aufzuheben. 6. Der Zwangsmassnahmen-Entscheid vom 17. November 2000 sieht den Entzug der Bibel vor. a) Wie beim Besuchsverbot der Seelsorgerin stellt sich auch hier die Frage, ob es sich dabei um eine Zwangsmassnahme im Sinne von § 67e bis Abs. 1 EG ZGB handelt. Für den Beschwerdeführer ist die Bibel zweifellos ein wichtiges Buch, mit dem er sich häufig und intensiv beschäftigt. Indem dem Beschwerdeführer, der sich bereits im verschlossenen Isolationszimmer aufhält, das Lesen seiner Bibel verunmöglicht wird, wird ihm die persönliche Freiheit zusätzlich beschränkt, weshalb eine Zwangsmassnahme im Sinne der genannten Norm vorliegt. 2000 Verwaltungsgericht 200 b) Der Entzug der Bibel als Zwangsmassnahme gestützt auf § 67e bis EG ZGB ist nur zulässig, wenn er medizinisch indiziert und verhältnismässig ist. aa) Nach Ansicht des behandelnden Arztes verstärkt die Aus- einandersetzung mit der Bibel den religiösen Wahn. Wie schon beim Besuchsverbot der Seelsorgerin beabsichtigt er mit der Massnahme einen Reizentzug und damit eine Hinwendung des Beschwerdefüh- rers zum Alltäglichen. Es soll damit verhindert werden, dass er noch mehr in seine Wahnwelt abtauchen könne. Nach seiner Einschätzung habe der Entzug der Bibel die Aggressionen des Beschwerdeführers nicht verstärkt. Er habe das Buch auch kampflos hergegeben. Ziel der flankierenden Massnahmen (Besuchsverbot und Bibelentzug) sei ein erzieherisches, das aber nur erreicht werden könne, wenn der Lernprozess längere Zeit andaure. Das Gericht zweifelt - wie schon beim Besuchsverbot der Seel- sorgerin - aufgrund des seit Jahren anhaltenden chronischen Zu- standsbildes des Beschwerdeführers an den Erfolgschancen der ver- fügten Massnahme. Aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdefüh- rer in erregtem Zustand gewisse für ihn wichtige Bibelzitate even- tuell nicht sofort findet und durch das Suchen und Blättern noch erregter wird, kann ein gewisser Beruhigungseffekt und damit die medizinische Indikation dieser Anordnung allerdings nicht ausge- schlossen werden. bb) Der Bibelentzug ist unverhältnismässig, wenn damit die persönliche Freiheit des Beschwerdeführers über das notwendige Mass hinaus beschränkt wird. Bereits die Isolierung stellt einen schweren Eingriff in die persönliche Freiheit dar und betrifft deren Kerngehalt (BGE 126 I 115). Die Tatsache, dass der im Isolations- zimmer eingeschlossene Beschwerdeführer zusätzlich nicht in sei- nem Lieblingsbuch lesen darf, stellt einen noch tiefgreifenderen Ein- griff in seine persönliche Freiheit dar und kann daher nur verhältnis- mässig sein, wenn diese Massnahme zur Gewährung der nötigen persönlichen Fürsorge unumgänglich ist, d.h. wenn ohne diese An- 2000 Fürsorgerische Freiheitsentziehung 201 ordnung eine mögliche Heilung verhindert oder eine akute Gefahr für Leib und Leben eintreffen würde. Zum Vergleich sei darauf hin- gewiesen, dass gemäss Bundesgericht Untersuchungsgefangene und ausländerrechtliche Administrativhäftlinge gestützt auf die persönli- che Freiheit und auf Art. 10 Ziff. 1 EMRK sogar ein Recht auf die Zustellung von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern haben. Einzig bei Untersuchungshäftlingen gilt bei Kollusionsgefahr die Beschrän- kung, dass Drucksachen nur über Verlage oder Buchhandlungen bezogen werden können (BGE 122 I 234). Umso mehr muss ein isolierter, geisteskranker Patient die Möglichkeit haben, in seiner Bibel zu lesen. Das Recht in der eigenen Bibel zu lesen berührt zu- dem den Kerngehalt der Glaubens- und Gewissensfreiheit und ist daher grundsätzlich unantastbar (Art. 36 Abs. 4 BV). So verbietet die Garantie der Glaubens- und Gewissensfreiheit auch, dass Strafgefan- genen religiöse Bücher, die ihnen von Dritten zur Verfügung gestellt werden, entzogen werden (ZBl 1994, S. 398). Wie bereits mehrfach ausgeführt wurde, besteht die primäre ärztliche Behandlung des Beschwerdeführers in einer medikamentö- sen Therapie mit Neuroleptika. In der akut psychotischen Phase ist zusätzlich eine gewisse Reizabschirmung sinnvoll und auch zum Schutz der übrigen Patienten und des Personals verhältnismässig. Mit diesen Massnahmen ist zwar keine Heilung der chronischen Schizophrenie zu erwarten, jedoch eine Verbesserung des Zustands- bildes, so dass der Beschwerdeführer in einigen Wochen wieder in einem freieren Rahmen in der Klinik leben kann. Selbst wenn der Entzug der Bibel einen kleinen Beitrag zur Beruhigung des Be- schwerdeführers leisten kann, ist die damit verbundene tiefgreifende Einschränkung der Freiheitsrechte des Beschwerdeführers unverhält- nismässig. Der angestrebte Erfolg ist nach ärztlicher und fachrichter- licher Meinung mit den angeordneten medizinisch indizierten Mass- nahmen der medikamentösen Behandlung und der - vorübergehen- den - Isolation anzustreben und selbst gewisse Nachteile wie eine zeitliche Verzögerung, die durch das Bibellesen entstehen könnten, 2000 Verwaltungsgericht 202 rechtfertigen diesen massiven Eingriff in den Kerngehalt des Grund- rechts des Beschwerdeführers nicht. Zum Schutz von Leib und Le- ben ist diese Zwangsmassnahme jedenfalls klarerweise nicht erfor- derlich. Der angeordnete Entzug der Bibel ist demzufolge nicht verhält- nismässig.
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2018 Migrationsrecht 97 III. Migrationsrecht 11 Familiennachzug - Mitwirkungspflicht der gesuchstellenden Person bezüglich Feststel- lung des Sachverhalts und Beschaffung der erforderlichen Beweis- mittel gemäss Art. 90 AuG (Erw. 2.3) - Vorlage eines gültigen Ausweispapiers der nachzuziehenden Person als notwendige Voraussetzung der Gesuchsprüfung (Erw. 2.3.2) Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 8. Mai 2018, in Sachen A. gegen Amt für Migration und Integration (WBE.2016.541). Sachverhalt A. Die Beschwerdeführerin reiste am 25. April 2007 in die Schweiz ein und stellte am 16. Mai 2007 in X. ein Asylgesuch (Akten des Amtes für Migration und Integration betreffend die Be- schwerdeführerin [MI1-act.] 5). Mit Entscheid vom 20. November 2008 trat das BFM auf das Asylgesuch der Beschwerdeführerin nicht ein (MI1-act. 49 ff.). Die dagegen erhobene Beschwerde wurde durch das Bundesverwaltungs- gericht mit Entscheid vom 13. Januar 2009 abgewiesen (MI1- act. 56 ff.). Hierauf setzte das BFM der Beschwerdeführerin eine Ausreisefrist bis zum 3. Februar 2009 an (MI1-act. 81). Auf ein am 4. März 2009 eingereichtes Revisionsgesuch trat das Bundesverwaltungsgericht mit Entscheid vom 7. April 2009 nicht ein (MI1-act. 82 ff.). Die Beschwerdeführerin reichte jedoch unmittelbar darauf am 8. April 2009 beim BFM ein Wiederer- wägungsgesuch ein, worauf der Vollzug der Wegweisung einstweilen ausgesetzt wurde (MI1-act. 85). 2018 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 98 Im Jahr 2009 kam die Tochter der Beschwerdeführerin, B., zur Welt. Nachdem der Vater der Tochter Schweizer ist und somit auch die Tochter die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzt (MI1- act. 92, 99), erteilte das MKA der Beschwerdeführerin am 10. No- vember 2010 eine Jahresaufenthaltsbewilligung (MI1-act. 98 f., 118 ff.), welche in der Folge jeweils verlängert wurde (MI1-act. 133, 143, 148, 152, 160, 171). Die Beschwerdeführerin ersuchte am 2. Juli 2012 um Bewilli- gung des Familiennachzugs für ihre beiden Söhne C., geboren 2000, und D., geboren 2002 (Akten des Amtes für Migration und Integra- tion betreffend D. [MI2-act.] 1 ff. und Akten des Amtes für Migra- tion und Integration betreffend C. [MI3-act.] 1 ff.). Mit Verfügung vom 25. Februar 2013 lehnte das MIKA das Gesuch wegen Sozial- hilfeabhängigkeit der Beschwerdeführerin und fehlenden Nachwei- ses der elterlichen Sorge über die Kinder ab und verweigerte den bei- den Kindern die Einreise in die Schweiz (MI2-act. 13 ff. und MI3- act. 15 ff.). Nachdem die beiden Söhne trotz des abgelehnten Gesuches of- fenbar mit einem falschen Pass illegal in die Schweiz eingereist waren (MI2-act. 22 f. und MI3-act. 23 f.), reichte die Beschwerde- führerin am 9. Oktober 2014 erneut ein Familiennachzugsgesuch für diese ein, wobei sie folgende Personalien angab: E., geboren 1998, und F., geboren 2000 (MI2-act. 23 ff. und MI3-act. 25 ff.). In einem Antwortschreiben vom 20. April 2015 betreffend Fra- gen des MIKA zum Familiennachzugsgesuch stellte die Beschwerde- führerin klar, dass es sich bei den nun in der Schweiz lebenden Kin- dern um dieselben handle, für die sie bereits 2012 um Familiennach- zug ersucht hatte (MI2-act. 85 f. und MI3-act. 86 f.). Am 6. Juli 2016 wurden die Kinder durch das MIKA betreffend Einreise in die Schweiz und Lebensumstände in der Demokratischen Republik Kongo getrennt befragt (MI2-act. 112 ff. und MI3- act. 111 ff.). Da sich der aufgelaufene Saldo des Sozialhilfebezugs der Be- schwerdeführerin per 8. August 2016 auf über CHF 121'000.00 be- lief, lehnte das MIKA das Familiennachzugsgesuch mit Verfügung 2018 Migrationsrecht 99 vom 22. September 2016 erneut ab (MI2-act. 119 ff. und MI3- act. 118 ff.). B. Gegen diese Verfügung erhob die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertreterin am 24. Oktober 2016 beim Rechtsdienst des MIKA (Vorinstanz) Einsprache (MI2-act. 146 ff. und MI3- act. 145 ff.). Am 17. November 2016 erliess die Vorinstanz folgenden Ein- spracheentscheid (act. 1 ff.): 1. Die Einsprache wird abgewiesen. 2. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewie- sen. 3. Es werden keine Gebühren erhoben. 4. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. Auf die Begründung wird, soweit erforderlich, in den folgenden Erwägungen eingegangen. C. Mit Eingabe vom 19. Dezember 2016 (Postaufgabe) erhob die Beschwerdeführerin beim Verwaltungsgericht des Kantons Aargau (Verwaltungsgericht) Beschwerde und stellte folgende Anträge (act. 11 ff.): 1. Die Verfügung des Rechtsdienstes des Migrationsamtes vom 17.11.216 (richtig: 2016) sei aufzuheben und es sei der Familiennachzuges für meine Kinder C. (geb. 2000) und D. (2002) zu bewilligen. 2. Es sei C. und D. der Aufenthalt bei der Gesuchstellerin für die Dauer des Ver- fahrens gem. Art. 17 Abs. 2 AuG zu gestatten. Eventuell: 3. Es sei die angefochtene Verfügung vom 17.11.2016 aufzuheben und die Sache zur Neuentscheidung an die Sektion zurückzuweisen. 2018 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 100 4. Es sei der Beschwerdeführerin die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren und es ihr ein amtlicher Anwalt nach ihrer Wahl als Rechtsvertreter zu bestim- men und sie sei von der Leistung eines Vorschusses zu befreien. Es sei ihr eine kurze Nachfrist anzusetzen, um einen amtlichen Vertreter zu bestimmen und um allenfalls die Beschwerde zu ergänzen- - unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Staates - Die Begründung ergibt sich, soweit erforderlich, aus den nach- stehenden Erwägungen. D. Mit Instruktionsverfügung vom 22. Dezember 2016 wurde die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Vorinstanz zur Vernehmlassung und Einreichung aller migrationsamtlichen Akten zugestellt. Gleich- zeitig wurde verfügt, dass über das Gesuch um Gewährung der un- entgeltlichen Rechtspflege nach Eingang der Akten entschieden werde (act. 19 f.). Die Vorinstanz reichte am 11. Januar 2017 die vollständigen Akten ein, hielt an ihren Ausführungen im angefoch- tenen Einspracheentscheid fest und beantragte die Abweisung der Beschwerde (act. 21 f.). E. Mit Beschluss vom 12. Juli 2017 hat das Verwaltungsgericht das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (An- trag 4) und das Gesuch um Gewährung des Aufenthaltes für die Dauer des Verfahrens (Antrag 2) abgelehnt, einen Kostenvorschuss einverlangt und die Vernehmlassung der Vorinstanz der Beschwerde- führerin zur allfälligen Stellungnahme zugestellt (act. 25 ff.). Die Be- schwerdeführerin zahlte den Kostenvorschuss fristgerecht ein (act. 41), nahm zur Vernehmlassung der Vorinstanz mit Eingabe vom 5. August 2017 Stellung und beantragte erneut die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (act. 52 f.). F. Das Verwaltungsgericht hat den Fall am 8. Mai 2018 beraten und entschieden. 2018 Migrationsrecht 101 Erwägungen I. 1. Einspracheentscheide des MIKA können innert 30 Tagen seit Zustellung mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht weitergezo- gen werden (§ 9 Abs. 1 EGAR). Beschwerden sind schriftlich einzu- reichen und müssen einen Antrag sowie eine Begründung enthalten; der angefochtene Entscheid ist anzugeben, allfällige Beweismittel sind zu bezeichnen und soweit möglich beizufügen (§ 2 Abs. 1 EGAR i.V.m. § 43 VRPG). Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen den Einsprache- entscheid der Vorinstanz vom 17. November 2016. Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts ist somit gegeben und auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten. 2. Unter Vorbehalt abweichender bundesrechtlicher Vorschriften oder Bestimmungen des EGAR können mit der Beschwerde an das Verwaltungsgericht einzig Rechtsverletzungen, einschliesslich Über- schreitung oder Missbrauch des Ermessens, und unrichtige oder un- vollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes gerügt werden. Die Ermessensüberprüfung steht dem Gericht jedoch grund- sätzlich nicht zu (§ 9 Abs. 2 EGAR; vgl. auch § 55 Abs. 1 VRPG). II. 1. 1.1. Die Vorinstanz hält im angefochtenen Einspracheentscheid fest, dass die formellen Voraussetzungen für einen Familiennachzug nicht erfüllt seien. Die in Aussicht gestellten Pässe und Originalurkunden der beiden Kinder habe die Beschwerdeführerin bis heute nicht ein- gereicht. Die Identität und die Abstammung der Kinder seien somit weiterhin unklar und das Sorgerecht nicht belegt. Zwar könne ein DNA-Gutachten erstellt werden, jedoch würde ein solches die Perso- nalien der Kinder, insbesondere deren Alter, nicht klären können. Zur Frage des Sorgerechts habe es die Beschwerdeführerin unterlassen, der behördlichen Aufforderung zur Einreichung von Urkunden nach- 2018 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 102 zukommen, und somit ihre Mitwirkungspflicht verletzt. Weitere Be- weisabnahmen betreffend Identität und Abstammung der Kinder würden sich erübrigen, da das Familiennachzugsgesuch ohnehin abzuweisen sei. Die Zweizimmerwohnung der Beschwerdeführerin sei nicht ausreichend für vier Personen. Zudem lebe die Beschwerde- führerin von der Sozialhilfe, wobei sich deren Saldo auf CHF 121'598.40 (Stand August 2016) belaufe. Auch das gefestigte Aufenthaltsrecht der Beschwerdeführerin wegen des Schweizer Bür- gerrechts ihrer Tochter führe zu keiner anderen Beurteilung. Das Familiennachzugsgesuch sei nach Ablauf der Fünfjahresfrist einge- reicht worden - unabhängig davon, auf welches Geburtsdatum der Kinder man sich stütze. Es handle sich somit um ein nachträgliches Familiennachzugsgesuch, womit wichtige familiäre Gründe vor- liegen müssten. Diese lägen dann vor, wenn das Kindeswohl nur durch einen Nachzug sachgerecht gewahrt werden könnte. Die Aus- sagen der Beschwerdeführerin zu den Lebensverhältnissen ihrer Kinder im Kongo seien widersprüchlich und nicht deckungsgleich mit denjenigen ihrer Kinder. Die geltend gemachte lebensbedrohliche Notlage im Kongo sei nicht nachgewiesen. Die Kinder hätten im Kongo offensichtlich in geordneten Verhältnissen gelebt und dort über ein tragfähiges Beziehungsnetz verfügt. Das Kindeswohl erfor- dere keinen Familiennachzug, im Gegenteil sei ein solcher aufgrund des fortgeschrittenen Alters der Kinder nicht mit dem Kindeswohl vereinbar. Somit seien keine wichtigen familiären Gründe für einen nachträglichen Familiennachzug ersichtlich und den beiden Kindern keine Aufenthaltsbewilligungen zu erteilen. Ebenso wenig liege ein persönlicher Härtefall vor, welcher die Erteilung einer Aufenthaltsbe- willigung rechtfertigen würde. Eine existenzielle Notlage, welcher die Kinder bei einer Rückkehr in den Kongo ausgesetzt wären, sei nicht belegt. Einer der Söhne sei bereits volljährig und könne den jüngeren begleiten. Die Anwesenheit in der Schweiz sei zu kurz, um von einer engen Beziehung zur hiesigen Gesellschaft ausgehen zu können. Zudem sei dem Umstand Rechnung zu tragen, dass sich die beiden illegal in der Schweiz aufhielten. Dem Vollzug der Wegwei- sung stünden überdies keine Hindernisse entgegen. 2018 Migrationsrecht 103 1.2. Die Beschwerdeführerin bringt demgegenüber im Wesentlichen vor, dass die Identität und die Geburtsdaten ihrer Söhne durch die eingereichten Geburtsurkunden belegt seien. Die Beschwerde- führerin wie auch die Kinder würden einem DNA-Test dennoch Hand bieten. Nur aus finanziellen Gründen habe die Beschwerde- führerin bis anhin selbst noch keinen Test durchführen lassen. Betref- fend die Nachzugsvoraussetzung der angemessenen Wohnung ver- weist die Beschwerdeführerin auf ihre Einsprache, worin sie geltend macht, dass die Platzverhältnisse in ihrer Wohnung zwar begrenzt seien, aber für die Familie zum Leben ausreichen würden. Das Wohnen in einer Zweizimmerwohnung stelle für Menschen aus dem afrikanischen Kulturkreis kein Problem dar. Beiden Kindern sei die Integration gelungen: Der jüngere Sohn D. besuche die Realschule und könne im Sommer 2017 aufgrund seiner hervorragenden schuli- schen Leistungen in die Sekundarschule wechseln. C. nehme zwei- mal wöchentlich an einem Deutschkurs teil und könne voraussicht- lich im Sommer die Integrationsklasse der Schule Y. besuchen. Die Kinder hätten im Kongo kein tragfähiges Beziehungsnetz und es sei in Anbetracht des Kindeswohls nicht zu verantworten, die Kinder in den Kongo zurückzuschicken. In der Schweiz könnten die beiden die Schule besuchen und sie sprächen bereits sehr gut Deutsch. Eine Wegweisung würde zu einer kompletten sozialen und kulturellen Entwurzelung führen, zumal die Kinder bereits seit mehr als zwei Jahren in der Schweiz seien. Bezüglich der Nachzugsfrist habe die Vorinstanz fälschlicherweise das Vorliegen eines nachträglichen Fa- miliennachzugsgesuches angenommen. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz beginne die Nachzugsfrist erst mit Erteilung der Aufent- haltsbewilligung an die Beschwerdeführerin zu laufen. Der jüngere der beiden habe das 13. Altersjahr zum Zeitpunkt des Gesuches noch nicht vollendet, bei ihm könne somit nicht von einem nachträglichen Familiennachzugsgesuch ausgegangen werden. Praxisgemäss wür- den Geschwister nicht getrennt, daher sei der Ablauf der Frist für den älteren Bruder unbeachtlich. Die Beschwerdeführerin habe nicht nur einen sehr engen Kontakt zu ihren Söhnen, sondern unterstütze sie auch finanziell und habe dies auch schon getan, als ihre Söhne noch 2018 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 104 im Kongo gelebt hätten. Die Beschwerdeführerin habe ihre Mitwir- kungspflicht nicht verletzt, vielmehr sei es aufgrund der Unter- suchungsmaxime an den Behörden, im Zweifelsfalle abzuklären, ob das Kindeswohl im Falle einer Wegweisung verletzt werde. Der Be- schwerdeführerin könne wegen des Schweizer Bürgerrechts ihrer Tochter nicht zugemutet werden, mit allen Kindern in ihr Heimatland zurückzukehren. Die vorinstanzliche Begründung, weshalb keine Vollzugshindernisse vorlägen, sei ungenügend. Die Sache sei daher eventualiter an die Sektion zurückzuweisen, welche die Frage von Vollzugshindernissen, insbesondere die Zumutbarkeit des Wegwei- sungsvollzuges, noch einmal eingehend zu prüfen habe. Mit ihrer weiteren Eingabe vom 5. August 2017 teilte die Be- schwerdeführerin mit, für ihre Söhne werde seit März 2017 Sozial- hilfe ausbezahlt und die Familie werde im September 2017 in Z. eine 41⁄2-Zimmerwohnung beziehen. Der jüngere Sohn besuche ein wei- teres Jahr die Realschule und der ältere Sohn sei inzwischen an der Schule Y. (Integrationsangebot) aufgenommen worden. Die Be- schwerdeführerin selbst beginne im August 2017 eine Ausbildung zur Pflegehelferin. 2. 2.1. Gemäss Art. 44 AuG kann ausländischen Ehegatten und ledigen Kindern unter 18 Jahren von Personen mit Aufenthaltsbewilligung eine Aufenthaltsbewilligung erteilt werden, wenn sie mit diesen zu- sammenwohnen (lit. a), eine bedarfsgerechte Wohnung vorhanden ist (lit. b) und sie nicht auf Sozialhilfe angewiesen sind (lit. c). Die Voraussetzungen von Art. 44 lit. a bis c AuG müssen kumulativ er- füllt sein und die Fristen für den Familiennachzug gemäss Art. 73 VZAE eingehalten werden. 2.2. Das Gesuch um Bewilligung des Familiennachzugs von Ehegat- ten und Kindern gestützt auf Art. 44 AuG ist gemäss Art. 73 Abs. 1 VZAE innerhalb von fünf Jahren einzureichen und Kinder über zwölf Jahre müssen innerhalb von zwölf Monaten nachgezogen werden. Die Fristen beginnen mit der Erteilung der Aufenthalts- oder 2018 Migrationsrecht 105 Niederlassungsbewilligung oder der Entstehung des Familienverhält- nisses zu laufen (Art. 73 Abs. 2 VZAE). Hat ein nachzuziehendes Kind sein zwölftes Altersjahr beendet, verbleibt gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung lediglich noch eine Frist von zwölf Monaten zur Einreichung des Nachzugsgesuchs. Die Frist beginnt am Tag nach dem zwölften Geburtstag und endet am Tag nach dem dreizehnten Geburtstag des nachzuziehenden Kindes (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 16. Juli 2015 [2C_201/2015], Erw. 3, sowie zur konkreten Fristberechnung VGE vom 7. August 2015 [WBE.2015.27], Erw. II/2.2.2). Werden die Fristen nicht eingehalten, liegt ein nachträglicher Familiennachzug vor. Dieser ist nur bei Vorliegen wichtiger fami- liärer Gründe zu bewilligen (Art. 47 Abs. 4 AuG; Art. 73 Abs. 3 VZAE). 2.3. 2.3.1. Gemäss Art. 90 AuG trifft den um Familiennachzug ersuchen- den Elternteil eine Mitwirkungspflicht bezüglich Feststellung des Sachverhalts und Beschaffung der erforderlichen Beweismittel. Bei der Anmeldung ist ein gültiges Ausweispapier vorzulegen und die Anmeldung darf erst nach Vorliegen aller notwendigen Dokumente erfolgen (Art. 13 Abs. 1 und 3 AuG). Die Migrationsbehörden kön- nen die Vorweisung eines Ausweises im Original (Art. 8 Abs. 3 VZAE) und gegebenenfalls die Beglaubigung der Dokumente ver- langen (Urteil des Bundesgerichts vom 20. Dezember 2012 [2C_234/2012], Erw. 3.4). 2.3.2. Das BFM hat den Ablauf und die vorzulegenden Dokumente in der Weisung 322.126 vom 25. Juni 2012 mit dem Titel Einreise- gesuche im Hinblick auf einen Familiennachzug: DNA-Profil und Prüfung von Zivilstandsurkunden konkretisiert (vgl. https://www. sem.admin.ch/dam/data/sem/rechtsgrundlagen/weisungen/auslaender /familie/20120625-weis-dnaprofil-familiennachzug-d.pdf; zuletzt be- sucht am 8. Mai 2018). 2018 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 106 Der Weisung ist Folgendes zu entnehmen: 1. Prüfung von Gesuchen um Familiennachzug a. Gesuche um Familiennachzug von Ehegatten und Kindern unter achtzehn Jahren werden behandelt, wenn die um Familiennachzug ersuchenden Per- sonen - allenfalls zusammen mit ihren gesetzlichen Vertreterinnen oder Ver- tretern - unabhängig von der beabsichtigten Aufenthaltsdauer und vom Auf- enthaltsort des sorgeberechtigten Elternteils persönlich vorsprechen. Die gesuchstellenden Personen haben dabei die notwendigen Zivilstandsurkunden vorzulegen. b. Die Auslandvertretung hat in einem summarischen Verfahren zu prüfen, ob die Einreisebedingungen erfüllt sind (Vollständigkeit der Angaben, gültiger Reisepass, Kontrolle der Urkunden ohne aufwendige Dokumentenprüfungen). Danach leitet sie das Gesuch mit den relevanten Urkunden an die kantonale Ausländerbehörde weiter. c. Erachtet sie dies als notwendig, verfasst die Auslandvertretung eine Stel- lungnahme, in der sie auf die Besonderheiten des jeweiligen Landes oder des betreffenden Falles hinweist (Indizien für eine Scheinehe, für Käuflichkeit oder Fälschung der Urkunden, für Menschen- oder Kinderhandel oder Hin- weise auf andere Umstände, die für die Auslandvertretung aufgrund ihrer Ortskenntnisse entscheidend sind). Sie kann ergänzend eine Empfehlung zuhanden der kantonalen Ausländerbehörde abgeben, ob eine Dokumenten- überprüfung oder ein DNA-Test angezeigt ist. Sie teilt mit, wie hoch die Kos- ten für eine Überprüfung der Zivilstandsdokumente und/oder einen DNA-Test in Schweizer Franken zu stehen kommen. d. Die kantonale Ausländerbehörde wartet den Eingang des Visumgesuchs mit der Stellungnahme und der Empfehlung der Auslandvertretung ab, bevor sie prüft, ob die Voraussetzungen für den Familiennachzug in der Schweiz erfüllt sind (finanzielle Mittel, Wohnung, Verhalten der bereits in der Schweiz leben- den Personen). Sofern das Gesuch in dieser Phase des Verfahrens nicht bereits aus anderen Gründen abgelehnt werden muss, entscheidet sie auf dieser Grundlage darüber, ob weitere Abklärungen im Ausland durchzuführen sind (Dokumentenüberprüfung, Einsatz einer Vertrauensanwältin oder eines Ver- trauensanwalts, DNA-Test usw.). Als unabdingbare Voraussetzung für eine Gesuchsprüfung ist damit auf jeden Fall ein gültiges Ausweispapier vorzulegen, wobei das MIKA die Einreichung eines Ausweises im Original verlangen 2018 Migrationsrecht 107 kann (vgl. Art. 13 Abs. 1 AuG; Art. 8 Abs. 3 VZAE und Ziff. 1 lit. b der Weisung). 2.3.3. Die Beschwerdeführerin hat bislang weder bei der zuständigen Schweizer Botschaft in Kinshasa vorgesprochen, noch gültige Aus- weispapiere für ihre beiden Söhne eingereicht. Dies obschon sie mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 12. Juli 2017 unmissver- ständlich darauf aufmerksam gemacht wurde, dass die Pflicht, gül- tige und anerkannte Ausweispapiere einzureichen, auch dann gelte, wenn die nachzuziehenden Personen sich bereits (illegal) in der Schweiz aufhalten würden und direkt bei der kantonalen Migrations- behörde ein Gesuch um Familiennachzug gestellt werde. Konkret wurde festgehalten (Erw. 12.3): Im vorliegenden Fall sind insbesondere die Pässe der nachzuziehenden Kinder sowie aufgrund der diversen sich widersprechenden Geburtsurkunden beglau- bigte und durch die zuständige Schweizer Auslandvertretung verifizierte Ge- burtsurkunden vorzulegen. Zudem hat die Beschwerdeführerin den Nachweis der Elternschaft und des Sorgerechts über die nachzuziehenden Kinder zu er- bringen. Nachdem bis zum heutigen Zeitpunkt weder rechtsgenügliche amtliche Dokumente der Kinder noch Belege über die elterliche Sorge vorliegen, steht fest, dass die Beschwerdeführerin ihrer Mit- wirkungspflicht nicht nachgekommen ist. Die Beschwerdeführerin hätte seit August 2017 genügend Zeit gehabt, die notwendigen Doku- mente zu beschaffen und einzureichen. Gründe, weshalb gestützt auf Art. 8 Abs. 2 VZAE von der Einreichung von Ausweispapieren abge- sehen werden könnte, sind nicht ersichtlich und werden auch nicht geltend gemacht. Die Beschaffung von Ausweisen ist weder unmög- lich noch unzumutbar. Es kann auch keine Rede davon sein, dass bei der Beschwerdeführerin besondere Umstände vorliegen würden, die aus anderen Gründen eine Behandlung des Familiennachzugsgesuchs ohne Vorliegen der Reisepässe und der beglaubigten Geburtsur- kunden rechtfertigen würden. Im Ergebnis fehlt es mit den gültigen Ausweispapieren der Kinder an einer notwendigen Voraussetzung für die Gesuchsprüfung, wobei dieser Umstand der Beschwerdeführerin zuzurechnen ist. Unabhängig von der Frage, ob die weiteren Voraus- 2018 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 108 setzungen für die Bewilligung eines Familiennachzugs erfüllt sind, hat die Vorinstanz die Einsprache deshalb zu Recht abgewiesen und den Familiennachzug verweigert. 3. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen zur Behandlung des Familiennachzugsgesuchs nicht erfüllt sind, womit die Beschwerde abzuweisen ist. 4. Anzumerken bleibt, dass unter diesen Umständen offen bleiben kann, ob es sich vorliegend um ein nachträgliches Familiennachzugs- gesuch handelt und, falls ja, ob das Gesuch aufgrund wichtiger Gründe im Sinne von Art. 47 Abs. 4 AuG zu bewilligen wäre. 5. Sodann sind vorliegend keine Hinweise auf eine konkrete Ge- fährdung der Söhne der Beschwerdeführerin in deren Heimatland Kongo ersichtlich, aufgrund derer eine Rückkehr dorthin unzumutbar im Sinn von Art. 83 Abs. 4 AuG wäre und welche somit dem Vollzug der Wegweisung entgegenstehen würden. An dieser Beurteilung ändert sich vorliegend - entgegen der Auffassung der Beschwerde- führerin - auch unter Berücksichtigung von Art. 3 Abs. 1 des Über- einkommens über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 (Kinderrechtskonvention, KRK; SR 0.107) nichts. Konkrete Gründe für eine Gefährdung werden denn auch in der Beschwerde weder rechtsgenüglich dargetan noch behauptet. Für eine Aufhebung des Einspracheentscheids und eine Rückweisung zur Neubeurteilung, wie sie die Beschwerdeführerin eventualiter beantragt, besteht daher keine Veranlassung. Auch ansonsten sind keine Vollzugshindernisse im Sinn von Art. 83 AuG ersichtlich. III. 1. Im Beschwerdeverfahren werden die Verfahrenskosten nach Massgabe des Unterliegens und Obsiegens auf die Parteien verlegt (§ 31 Abs. 2 VRPG). Nachdem die Beschwerdeführerin unterliegt, gehen die Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu ihren Lasten. Eine Parteientschädigung fällt ausser Betracht (§ 32 Abs. 2 VRPG). 2018 Migrationsrecht 109 2. Das wiedererwägungsweise gestellte Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist unter Verweis auf die Be- gründung des Beschlusses vom 12. Juli 2017 abzulehnen. (Hinweis: Dieser Entscheid ist noch nicht rechtskräftig. Ver- fahrensnummer des Bundesgerichts: 2C_504/2018)
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2001 Verwaltungsrechtspflege 363 XIII. Verwaltungsrechtspflege 77 Teilurteil im Beschwerdeverfahren nach § 28 BauG und § 6 Abs. 2 ABauV. - Voraussetzungen für den Erlass eines Teilentscheids (Erw. 2a und b) - Der Entscheid über die Höhe der Parteikosten in einem Verwaltungs- oder verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren über einen Nut- zungsplan kann nicht Gegenstand eines Teilurteils sein ( Erw. 2c) Entscheid des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 3. Juli 2001 in Sachen V. gegen Entscheide des Regierungsrats Aus den Erwägungen 1. a) Der Beschwerdeführer beschränkt sich in seiner Be- schwerde vom 11. Dezember 2000 zunächst auf den Entschädi- gungspunkt des Beschwerdeverfahrens und stellt bedingte Anträge mit denen er den Genehmigungsentscheid rügt. In der Eingabe vom 20. Januar 2001 stellt er den Verfahrensantrag, wonach das verwal- tungsgerichtliche Beschwerdeverfahren zunächst auf die Rechtsfra- gen im Zusammenhang mit der Festsetzung der Parteikosten im Be- schwerdeverfahren zu beschränken sei. Diese Fragen seien "im Sinne einer Vorfrage vorab zu behandeln und mit einem Teilentscheid zu beantworten". Der Beschwerdeführer verlangt sodann, dass ihm nach der Eröffnung des Teilentscheides Gelegenheit gegeben werde, zu entscheiden, ob er die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Genehmigungsentscheid des Regierungsrates aufrecht erhalten wolle oder nicht. b) Der Regierungsrat schliesst sich in seiner Vernehmlassung vom 9. Februar 2001 dem Antrag auf einen Teilentscheid an, im wesentlichen mit der Begründung, die Anwendung des Anwaltstarifs 2001 Verwaltungsgericht 364 könne bei hohen Streitwerten zu stossenden Parteientschädigungen führen. Als grundsätzlich unzweckmässig erachtet der Gemeinderat Of- tringen in seiner Stellungnahme vom 30. Januar 2001 den bean- tragten Teilentscheid, da er zu Verfahrensverzögerungen führe. Er glaubt aber, dass vorliegend ein Teilentscheid der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens diene. Die Beschwerdegegner vertreten in ihrer Eingabe vom 12. Februar 2001 die Auffassung, ein Teilentscheid sei unzulässig, da die Voraussetzungen nach der Praxis nicht erfüllt seien. 2. a) Teilentscheide sind Urteile, mit denen über eine Vorfrage, eine Grundsatzfrage oder einen Teilaspekt des Streitgegenstandes vorab selbständig, materiell entschieden wird (vgl. Alfred Koelz/Isa- belle Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Auflage, Zürich 1998, Rz. 896; BGE 121 II 119; Bernische Verwaltungsrechtsprechung [BVR] 1996, S. 468). Das VRPG enthält über den Erlass eines Teilentscheides, mit dem über einen Teil des Entscheidgegenstandes endgültig entschieden wird, keine Bestimmungen (Michael Merker, Rechtsmittel, Klage und Nor- menkontrollverfahren nach dem aargauischen Gesetz über die Ver- waltungsrechtspflege vom 9. Juli 1968, Diss. Zürich 1998, § 38 N 50; AGVE 1994, S. 232 unten). Grundsätzlich setzt ein Teilent- scheid voraus, dass eine Abspaltung der Teilfrage vom Endurteil zu- lässig, aus prozessökonomischen Gründen zweckmässig und im Inte- resse der Verfahrensbeteiligten geboten ist. Die Praxis lässt daher Teilentscheide ausnahmsweise zu, wenn sie zu einer erheblichen Vereinfachung des Verfahrens führen, oder wenn sie durch ein hin- reichendes Interesse insbesondere der Verfahrensbeteiligten gefordert werden (AGVE 1994, S. 232 f.; Entscheid des Verwaltungsgerichtes [VGE] III/30 vom 2. März 2000 in Sachen K. und J. gegen W. und W.; VGE III/50 vom 27. April 2000 in Sachen Z. R. und W. gegen Baudepartement). Besteht aber die Gefahr, dass der Entscheid über den verbleibenden Entscheidgegenstand in Wechselwirkung mit dem Teilentscheid steht, ist ein Teilentscheid unzulässig (Merker, a.a.O., § 30 N 47). 2001 Verwaltungsrechtspflege 365 b) Zu unterscheiden ist der Teilentscheid vom Zwischenent- scheid. Zwischenentscheide sind prozessleitende Entscheide, die das Verfahren nicht abschliessen, sondern zum Endentscheid führen (Merker, a.a.O., § 38 N 53; AGVE 1992, S. 454; Attilio Gadola, Das verwaltungsinterne Beschwerdeverfahren, Diss. Zürich 1991, S. 298). Der Beschwerdeführer möchte die Höhe der Parteientschä- digung im regierungsrätlichen Beschwerdeverfahren vorab entgültig entschieden haben. Soweit der Beschwerdeführer in der verbesserten Beschwerdefrist die Höhe der Parteikosten formell als "Vorfrage" behandelt haben will und damit einen Zwischenentscheid meint, ist dieser Antrag demnach als ein Begehren um einen Teilentscheid ent- gegen zu nehmen. c) Zu prüfen bleibt damit, ob ein Entscheid über die Höhe der im vorinstanzlichen Beschwerdeverfahren vom Regierungsrat zuge- sprochenen Parteientschädigung Gegenstand eines Teilurteils sein kann. aa) Der Kostenentscheid im Beschwerdeverfahren allgemein und der Entscheid über die Parteientschädigung im Besonderen un- terstehen gemäss § 28 BauG und § 6 Abs. 2 ABauV der selbständi- gen Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Anfechtungsobjekt einer sol- chen Beschwerde bilden jene Punkte die nicht Bestandteil des Ge- nehmigungsentscheides im Sinne von § 27 Abs. 1 BauG sind, vorlie- gend der Kosten- bzw. Entschädigungsentscheid des Regierungsrats. Da der Beschwerdeführer nur die Höhe der verlegten Parteientschä- digung gerügt hat, ist die Parteientschädigung der einzige Streitge- genstand im gesonderten Beschwerdeverfahren. Der vom Beschwer- degegner anbegehrte Teilentscheid über die Parteientschädigung beinhaltet somit die Beurteilung des gesamten Streitgegenstandes des Beschwerdeverfahrens. Wird aber der ganze Streitgegenstand auf einmal beurteilt, ist in diesem Beschwerdeverfahren ein Teilurteil ausgeschlossen. bb) Im Beschwerdeverfahren gegen den Genehmigungsent- scheid des Regierungsrates setzt ein Teilentscheid primär voraus, dass eine Abtrennung von Rechtsfragen zulässig und möglich ist. Die im Teilentscheid beurteilten Fragen müssen einen sachlichen Konnex zu den Entscheidgegenständen im Endentscheid aufweisen. Dieser 2001 Verwaltungsgericht 366 verlangte sachliche Konnex zwischen dem Teil- und dem Endent- scheid fehlt aber vorliegend. Der Entscheid des Regierungsrats über die Anwendung des Anwaltstarifs und die Höhe der im Beschwerde- verfahren zugesprochenen Parteientschädigung ist nicht Gegenstand der Beschwerde gegen den Genehmigungsentscheid. Eine Auf- bzw. Abspaltung dieser Frage von der Beurteilung des materiellen Ge- nehmigungsentscheids ist daher prozessual nicht möglich. Im Verfahren betreffend Anfechtung von Nutzungsplanungen gemäss § 28 BauG ist das Anfechtungsobjekt der materiellen Be- schwerde gegen den Genehmigungsentscheid vom Anfechtungsob- jekt, welches der gesonderten Beschwerde gemäss § 6 Abs. 2 ABauV unterliegt, verschieden. Anfechtungsobjekt der Verwaltungsgerichts- beschwerde gemäss § 28 BauG i.V.m. § 6 Abs. 2 ABauV ist nur der Beschwerdeentscheid, soweit er nicht durch den Genehmigungsent- scheid abgelöst wurde. Im Beschwerdeverfahren gegen den (materi- ellen) Genehmigungsentscheid ist hingegen dieser das Anfechtungs- objekt und die materiellen Erwägungen des Beschwerdeentscheides sind nur insoweit zu prüfen, als sie im Genehmigungsentscheid be- stätigt wurden. Die Entscheidung der Beschwerdeinstanz über die Parteientschädigung des Verwaltungsverfahrens gehört nicht dazu. Der Entscheid über die zulässige Höhe der Parteientschädigung im Beschwerdeverfahren gemäss § 26 BauG vor dem Regierungsrat ist demnach ohne rechtlichen oder sachlichen Zusammenhang mit dem Anfechtungsobjekt und dem Streitgegenstand des verwaltungsge- richtlichen Beschwerdeverfahrens gegen den Genehmigungsent- scheid. Der Beschwerdeführer übersieht in seiner Argumentation, dass es sich um zwei unterschiedliche Anfechtungsobjekte handelt und auch der Streitgegenstand der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Genehmigungsentscheid sich von jenem der verwaltungs- gerichtlichen Beschwerde gegen den Beschwerdeentscheid unter- scheidet. Ein Teilentscheid über die Höhe der Parteientschädigung des regierungsrätlichen Beschwerdeentscheids ist auch im verwal- tungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren unzulässig. Über die Kosten des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdever- fahrens hat das Verwaltungsgericht von Amtes wegen zu entscheiden (§ 33 Abs. 2 - 4 VRPG) und gemäss § 36 Abs. 1 VRPG ist dem 2001 Verwaltungsrechtspflege 367 Obsiegenden eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen. Der Entscheid über die Parteientschädigung ist vom Ausgang des Hauptverfahrens abhängig und mit dem Endurteil zu fällen. Auch die Angemessenheit einer Parteientschädigung ist vor Abschluss des Urteils nicht beurteilbar. Die Kostennote des Parteivertreters der obsiegenden Partei kann von der Sache her erst nach Beendigung des Verfahrens geprüft werden. Der Entscheid über die Parteientschädi- gung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren kann deshalb grund- sätzlich nicht Gegenstand eines Teilentscheides im Beschwerdever- fahren nach § 28 BauG sein.
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2004 Verwaltungsrechtspflege 277 [...] 76 Rechtzeitigkeit der Beschwerde. - Wird eine Verfügung mit gewöhnlicher Post zugestellt, fällt die Be- weislast für das Empfangsdatum der Behörde zu, weil sie durch den uneingeschriebenen Versand der Verfügung die Beweislosigkeit verur- sacht hat; wird die Tatsache oder das Datum der Zustellung uneinge- schriebener Sendungen bestritten, muss daher im Zweifel auf die Darstellung des Empfängers abgestellt werden. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 27. Februar 2004 in Sachen S. AG gegen Gemeinderat Rothrist. 2004 Verwaltungsgericht 278 Aus den Erwägungen 3. Der Gemeinderat vertritt den Standpunkt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, da sie verspätet eingereicht worden sei. a) Die angefochtene Verfügung des Gemeinderats Rothrist da- tiert vom 15. Oktober 2003. Gemäss Eingangsstempel ist sie der Beschwerdeführerin am 20. Oktober 2003 zugegangen. Es ist allseits unbestritten, dass die Verfügung trotz des Vermerks "Einschreiben" (irrtümlich) mit A-Post verschickt worden ist. Nach Darstellung des Gemeinderats wurde die Verfügung am 16. Oktober 2003 zusammen mit anderen Postsendungen der Post übergeben. Eine Empfangsbestätigung könne, da die Sendung nicht eingeschrieben erfolgt sei, nicht beigebracht werden. Nach dem ge- wöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung könne aber ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Brief am 17., spätestens aber am 18. Oktober 2003 bei der Beschwerde- führerin eingetroffen sei. Das gleichzeitig der Post übergebene Schreiben an die F. AG sei dieser am 17. Oktober 2003 zugegangen. Die Beschwerdeführerin weist ihrerseits darauf hin, dass die an die S. AG Schöftland adressierten Briefe von der Poststelle Schöft- land an die Poststelle Sursee zugestellt und von dort an die S. AG Sursee weitergeleitet würden. Dies erkläre, weshalb die Zustellung der Verfügung vom 15. Oktober 2003 an die Beschwerdeführerin erst am 20. Oktober 2003 erfolgt sei. b) Wo der Nachweis von Tatsachen über die rechtzeitige Aus- übung eines fristgebundenen, verwirkungsbedrohten Rechts im Pro- zess in Frage steht, ist über die streitige Tatsache der volle (strikte) Beweis zu erbringen; der blosse Wahrscheinlichkeitsbeweis genügt nicht (BGE 119 V 10; Pra 1995 Nr. 287, S. 976). Bei der Zustellung einer Verfügung bzw. dem Zeitpunkt der Zustellung, welche die Rechtsmittelfrist auslösen, handelt es sich um solche Tatsachen, denn Rechtsmittelfristen sind Verwirkungsfristen (Ulrich Häfelin / Georg Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Auflage, Zürich 2002, Rz. 795). Die Beweislast für die Zustellung einer Verfügung und für den Zeitpunkt der Zustellung trägt die Verwaltungsbehörde (BGE 114 III 51; AGVE 1997, S. 230). Wird eine Verfügung mit gewöhnlicher 2004 Verwaltungsrechtspflege 279 Post zugestellt, fällt die Beweislast für das Empfangsdatum der Behörde zu, weil sie durch den uneingeschriebenen Versand der Verfügung die Beweislosigkeit verursacht hat (BGE 92 I 258, 114 III 51; unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts, II. öffent- lichrechtliche Abteilung, vom 5. Juli 2000 in Sachen Sch., S. 4 f. mit weiteren Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung; AGVE 1975, S. 400). Wird die Tatsache oder das Datum der Zustel- lung uneingeschriebener Sendungen bestritten, muss daher im Zwei- fel auf die Darstellung des Empfängers abgestellt werden (AGVE 1984, S. 542 f.). c) Da die Verfügung vom 15. Oktober 2003 uneingeschrieben versandt wurde, vermag die Vergabebehörde den genauen Zeitpunkt der Zustellung nicht durch eine Empfangsbestätigung nachzuweisen. Demzufolge ist auf die - im Übrigen durchaus nachvollziehbare und glaubhaft erscheinende - Darstellung der Beschwerdeführerin, die Verfügung sei bei ihr erst am Montag, den 20. Oktober 2003 eingegangen, abzustellen. d) Die Beschwerdefrist von 10 Tagen begann somit am 21. Oktober 2003 zu laufen und endete am 30. Oktober 2003. Die vorliegende Beschwerde wurde am 30. Oktober 2003 der Schweize- rischen Post übergeben und somit fristgerecht beim Verwaltungsge- richt eingereicht. Auf die Beschwerde ist demzufolge einzutreten.
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2004 Kantonale Steuern 121 [...] 29 Abzug von Schuldzinsen (§ 40 lit. a StG). - Die Abzugsfähigkeit des Schuldzinsenanteils beim Leasingvertrag hängt von der konkreten Ausgestaltung ab. Ob zivilrechtlich ein Ab- zahlungs- bzw. Konsumkreditvertrag vorliegt, ist steuerlich irrele- vant. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 25. Juni 2004 in Sa- chen T.K. gegen Steuerrekursgericht. 2004 Verwaltungsgericht 122 Aus den Erwägungen 2. Gemäss § 40 lit. a StG werden von den Einkünften die pri- vaten Schuldzinsen bis zu einem bestimmten Höchstmass abgezogen. Voraussetzung einer steuerlich zu beachtenden Zinsschuld ist das Vorhandensein einer Kapitalschuld, d.h. die nicht unentgeltliche Gewährung oder Vorenthaltung einer Geldsumme oder eines Kapi- tals, wobei dieses Entgelt nach der Zeit und als Quote des Kapitals in Prozenten berechnet wird. Kein Schuldzins im Sinne des Steuerge- setzes liegt dagegen vor, wenn eine Abhängigkeit zwischen Kapital- schuld und Zins fehlt, wie etwa beim Mietzins. Als abziehbare Schuldzinsen gelten nur Leistungen, die rechtlich nicht zur Tilgung einer bestehenden Kapitalschuld dienen (vgl. ASA 62/1993-94, S. 684 f. = StE 1993, B 27.2 Nr. 14; StE 2001, B 25.6 Nr. 45, Erw. 5/c; Daniel Aeschbach, in: Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, Band 1, 2. Auflage, Muri/Bern 2004, § 40 N 17; Markus Reich, in: Kom- mentar zum schweizerischen Steuerrecht, Band I/1 [StHG], Ba- sel/Frankfurt a.M. 1997, Art. 9 N 33). Vorliegend ist - aufgrund der bestehenden zivilrechtlichen Verhältnisse - zu prüfen, ob eine Kapi- talschuld in diesem Sinne vorliegt. 3. a) Die Grundstruktur des typischen Leasingvertrags lässt sich wie folgt umschreiben: Der Leasinggeber überlässt dem Leasing- nehmer auf eine fest bestimmte Zeit ein wirtschaftliches Gut (Leasingobjekt) zur freien Verwendung und Nutzung (aber nicht zum unbeschwerten Haben), wobei das volle Erhaltungsrisiko in der Regel vertraglich auf den Leasingnehmer übertragen wird. Hierfür leistet der Leasingnehmer ein Entgelt, das in Teilleistungen zu ent- richten ist (Leasingraten oder -zins). Die kapitalisierten Raten ent- sprechen dabei einem Betrag, der dem auf Vertragsende verzinsten Verkehrswert (Herstellungs- oder Anschaffungskosten) voll oder teilweise entspricht. Ob ein Drei-Parteien-Verhältnis, bei welchem ein unabhängiger Dritter (oft eine Leasing-Gesellschaft) einbezogen wird, der das vom (späteren) Leasingnehmer zunächst beim Händler ausgesuchte Leasingobjekt im Hinblick auf das Leasingverhältnis durch Kauf erwirbt, begriffsnotwendig ist, wird in der Lehre nicht einheitlich beantwortet. Beim "Leasing" sind zahlreiche Unterarten 2004 Kantonale Steuern 123 und Variationen denkbar, indessen ist nicht alles, was von den Ver- tragsparteien als Leasingvertrag bezeichnet wird, auch als solcher zu qualifizieren (BGE 119 II 238 = Pra 84/1995, S. 327 f.; Walter R. Schluep/Marc Amstutz, in: Basler Kommentar, OR I, 3. Auflage, Basel 2003, Einleitung vor Art. 184 ff. N 81 ff. mit Hinweisen). b) Die steuerliche Abzugsfähigkeit des in den Leasingraten ent- haltenen Zinsanteils hängt von den vertraglichen Vereinbarungen ab; entscheidend ist, ob das Vertragsobjekt nach dem Willen der Ver- tragsparteien zu Eigentum oder nur zum Gebrauch überlassen wurde. Je nachdem ist der Leasingvertrag als mietähnliches Geschäft, dessen Zweck in der Nutzung statt im Kauf liegt (echtes Mobilienfinanzie- rungsleasing), oder als Veräusserungsgeschäft in Form eines Miet- kaufs- oder eines Abzahlungsvertrags (unechtes Mobilienfinanzie- rungsleasing) zu qualifizieren. Liegt ein mietähnlicher Vertrag vor, vereinbaren die Vertragsparteien also nicht mehr als eine Ge- brauchsüberlassung, stellen die Leasingraten einzig eine Gegen- leistung für die Nutzung des Leasinggutes und somit nicht abzugsfä- hige Lebenshaltungskosten dar. Ist hinter dem Leasingvertrag hinge- gen ein Veräusserungsgeschäft verborgen, welches letztendlich die Übertragung von Besitz und Eigentum bezweckt, besteht eine Kapi- talschuld und die eigentlichen Schuldzinsen (als Teil der Leasingra- ten) sind abzugsfähig (vgl. zum Ganzen: StE 1992, B.27.2 Nr. 12 = ASA 61/1992-93, S. 250 ff.; StE 1993, B.27.2, Nr. 14; Aeschbach, a.a.O., § 40 N 34 ff.). c) Ob nach zivilrechtlichen Grundsätzen auf einen von den Parteien als Leasingvertrag bezeichneten Vertrag die Vorschriften über den Abzahlungsvertrag (Art. 226a ff. OR) zur Anwendung gelangen, ist für die steuerrechtliche Qualifikation, ob eine Kapital- schuld vorliegt, nicht entscheidend. Diese zum Schutze der Konsu- menten aufgestellten Vorschriften, welche unabhängig vom Veräus- serungswillen immer dann zur Anwendung gelangen, wenn der Ver- trag in wirtschaftlicher Hinsicht die gleichen Zwecke wie ein Ab- zahlungskauf verfolgt (vgl. BGE 118 II 155; 113 II 171), sagen nichts darüber aus, ob von den Vertragsparteien eine Veräusserung und Eigentumsübertragung des "Leasingobjekts" gewollt war. Das Gleiche gilt - in ihrem Anwendungsbereich - für die Schutzbestim- 2004 Verwaltungsgericht 124 mungen des (früheren) Bundesgesetzes über den Konsumkredit vom 8. Oktober 1993 bzw. des dieses und die Art. 226a ff. OR per 1. Januar 2003 ablösenden KKG vom 10. Dezember 2001.
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AG_VG_001_AGVE-2004-29_2004-06-02
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AGVE_2004_29
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2004 Kantonale Steuern 127 [...] 33 Grundstückschätzung. - Die Berücksichtigung von Nachteilen (hier: Hochspannungsleitung und -mast) hat, soweit möglich, innerhalb des Bewertungssystems zu erfolgen. Nur wenn dies für eine korrekte Schätzung nicht ausreicht, ist ein pauschaler Abzug angezeigt. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 10. März 2004 in Sa- chen Kantonales Steueramt gegen Steuerrekursgericht und H.B. Aus den Erwägungen 1. Das KStA rügt im vorliegenden Verfahren einzig die Zuläs- sigkeit des Pauschalabzugs, mit dem die Vorinstanz "psychologi- schen Auswirkungen" des Hochspannungsmasts und der Hochspan- nungsleitung Rechnung trug. Die vorinstanzliche Grundstückbewer- tung, insbesondere die festgesetzte Höhe des Eigenmietwerts, die immissionsbedingte Herabsetzung der Punktzahl für die Wohnlage, die Korrektur beim Land- und Realwert sowie der errechnete steuer- liche Verkehrswert (vor dem Pauschalabzug) von Fr. 725'022.--, ist nicht angefochten. 2. a) Die Aargauer Steuergesetzgebung sieht für Grundstücke - von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen abgesehen - die 2004 Verwaltungsgericht 128 Besteuerung zum Mittel aus Verkehrswert und Ertragswert vor (§ 39 Abs. 4 aStG). Als Verkehrswert eines Grundstückes gilt der Preis, welcher im Geschäftsverkehr mit Dritten erzielbar ist, ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse (§ 12 Abs. 1 VBG). Gemäss Wegleitung für die Bewertung der Grund- stücke des Steueramts des Kantons Aargau, Ausgabe 1985 (im Fol- genden: Wegleitung), Ziff. III/3.2.1, erfasst der Verkehrswert über- bauter Grundstücke die Gesamtheit der wertbildenden Faktoren, wozu insbesondere der Wertermittlungsstichtag, die rechtlichen Ge- gebenheiten, die tatsächlichen Eigenschaften und die sonstige Be- schaffenheit und Lage zählen. Immissionen sind dauernde Beeinflus- sungen durch Lärm, Geräusche, Gerüche, Licht, ästhetische Empfin- dungen, Erschütterungen, Wärme etc. (Wegleitung, Ziff. III/1.1.10). Der Verkehrswert wird festgesetzt durch die Gleichsetzung mit dem Kaufpreis, sofern ein Kaufpreis fehlt oder dieser nicht dem Ver- kehrswert entspricht, durch mittelbaren oder unmittelbaren Preisver- gleich oder - fehlen sowohl Kaufpreis wie auch Preisvergleich - durch Berechnung mit dem gewichteten Ertragswert und Realwert (§ 12 Abs. 2 VBG). b) Vorliegend ist zu beurteilen, wie und in welchem Umfang die Nähe der Starkstromleitung zur Parzelle B. bei der Grundstückbe- wertung zu berücksichtigen ist. aa) Das KStA anerkennt, dass die Leitung und der hinter dem Wohnhaus der Beschwerdegegner stehende Hochspannungsmast zu einem Minderwert der Parzelle führen. Hingegen entbehre der vor- genommene Pauschalabzug einer rechtlichen Grundlage und wider- spreche einer seriösen Schätzungsmethodik. Er erübrige sich, da die Vorinstanz die elektromagnetischen Immissionen bzw. die gedämpfte Nachfrage nach Objekten in der Nähe von Starkstromleitungen bei der Mietwertberechnung und auch beim Landwert in die Gesamtbe- wertung des Grundstücks habe einfliessen lassen. Die bisher ge- bräuchlichen Bewertungsmethoden würden durch Ermessens-Pau- schalabzüge für einen in Franken nicht messbaren Indikator "psy- chologische Auswirkungen" ganz grundsätzlich hinterfragt bzw. müssten aufgegeben werden; psychologisch bedingte Mehrwerte (z.B. bei Seesicht) wären dann konsequenterweise mit einem pau- 2004 Kantonale Steuern 129 schalen Zuschlag zu berücksichtigen. Nach Ansicht des KStA könn- ten Eigentümer von Nachbarparzellen oder ähnlich betroffenen Grundstücken gestützt auf das Gebot der Rechtsgleichheit eine Neu- schätzung ihrer Liegenschaften anstreben. Es sei zudem stossend, dass sich der steuerliche Verkehrswert der Parzelle B. nach diesem Abzug jenem dreier ungleich kleinerer, von der Hochspannungslei- tung vergleichbar betroffener Nachbarparzellen annähere. An der Augenscheinsverhandlung präzisierte das KStA, dass der (akzep- tierte) Minderwert der Parzelle B. mit einer Korrektur innerhalb des gebräuchlichen Grundstückbewertungssystems berücksichtigt wer- den müsse und nicht mit einem Pauschalabzug ausserhalb des Sys- tems erfolgen dürfe. bb) Dem KStA ist beizupflichten, dass die Regeln über die Grundstücksbewertung erlauben sollen, im Rahmen dieses Systems zu angemessenen Schätzungen zu gelangen. Der Umstand allein, ob Korrekturen innerhalb oder ausserhalb des Systems erfolgen, ist aber nicht entscheidend. Die Gemeindeschätzungskommission hatte offenkundig gleich wie das Steuerrekursgericht das Bedürfnis, das als übersetzt empfundene Resultat zu korrigieren. Dazu setzte sie den Landwert "ermessensweise" mit bloss Fr. 70'000.-- ein. Dieser Pau- schalbetrag ist in keiner Art und Weise begründbar und nachvoll- ziehbar, er ist offensichtlich und in willkürlicher Weise zu tief (vgl. auch hinten, Erw. c/bb). Eine derartige "Korrektur innerhalb des Systems" ist nicht weniger falsch und unzulässig und müsste vom KStA in gleicher Weise beanstandet werden. c) aa) Die Vorinstanz erwog, für einen potentiellen Mieter der Parzelle B. sei der Umstand entscheidend, dass etwa die Hälfte des Grundstücks einer nichtionisierenden Strahlung über dem Anlage- grenzwert (Anhang 1 Ziff. 14 der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung [NISV; SR 814.710] vom 23. Dezember 1999) ausgesetzt sei. Dass die Strahlung teilweise durch das Gebäude absorbiert wird, dürfte für den Mieter eine untergeordnete Rolle spielen. Mit Blick auf die Gesamtsituation setzte die Vorinstanz des- halb unter dem Kriterium "Immissionen" zusätzlich den Punkt "nichtionisierende Strahlung" mit der Note 1 (sehr schlecht) ein und reduzierte dadurch bei der Bewertung der Wohnlage die Punktzahl 2004 Verwaltungsgericht 130 um vier Punkte auf 28 von maximal 50 möglichen Punkten (Posi- tion 43.1 des Schätzungsprotokolls; Wegleitung Ziff. IV/1.9 und 10; Anhang 8 zur VBG) - was allerdings betraglich nur geringfügige Auswirkungen hatte. bb) Den Landwert, welchen die Gemeindeschätzungs- kommission mit Fr. 70'000.-- (Pos. 74) aus einer früheren Grund- stückschätzung übernommen hatte (vorne Erw. b/bb), korrigierte die Vorinstanz auf Fr. 211'500.--. Sie orientierte sich dabei an der für die allgemeine Neuschätzung per 1. Januar 1999 massgebenden Land- preiserhebung vom 24. Juni 1997. Dabei war für das betroffene W2- Gebiet ein Richtpreisrahmen von Fr. 150.-- bis Fr. 220.--/m 2 ermittelt worden. Bei insgesamt 14 aus den Akten ersichtlichen Handände- rungen von W2-Grundstücken in der Gemeinde in den Jahren 1995/96 lag der Landpreis im Durchschnitt deutlich über Fr. 300.-- /m 2 ; für die hinsichtlich Stromleitungssituation vergleichbaren W2- Parzellen C. (Gebiet ...) und D. (Gebiet ...), 8.5 m bzw. 55 m von einer Starkstromleitung entfernt, wurden Fr. 287.-- bzw. Fr. 350.--/m 2 bezahlt. Die Vorinstanz erwog, der signifikant tiefer angesetzte Richtpreisrahmen trage den elektromagnetischen Immissionen bzw. der gedämpften Nachfrage nach Objekten in der Nähe von Stark- stromleitungen bereits Rechnung, und setzte den Landwert für die Parzelle 789 am unteren Rahmenende mit Fr. 150.--/m 2 fest; zusätz- lich bewertete sie 480 m 2 der Grundstücksfläche, die innerhalb des Waldabstandes liegen, steil ansteigen und höchstens mit Kleinbauten unüberbaubar sind, nur mit Fr. 50.--/m 2 . cc) Die vorinstanzliche Bewertung führte - die immissionsbe- dingte Reduktion (vorne Erw. aa und bb) von rund Fr. 55'000.-- ein- geschlossen - zu einem steuerlichen Verkehrswert von Fr. 725'022.--, was angesichts der über die elektromagnetischen Immissionen hinaus bestehenden psychologischen Auswirkungen des markant hinter dem Haus stehenden Hochspannungsmasts samt Leitung und deren ge- wöhnungsbedürftiger, nicht ins ländliche Umfeld passender opti- schen Wirkung nach Einschätzung der Vorinstanz nicht dem marktkonformen Wert entsprach (weshalb sie den streitigen Pau- schalabzug von 15 % auf Fr. 616'268.-- vornahm). 2004 Kantonale Steuern 131 d) Das Bundesgericht hielt in BGE 129 II 429 f. zur Festsetzung einer Enteignungsentschädigung betreffend Immissionen einer Hochspannungsleitung fest: "L'expérience montre que la proximité d'une ligne à haute ten- sion entraîne une baisse des prix du marché foncier, même sans di- minution des possibilités de construire prévue par la réglementation d'aménagement du territoire; cela peut dépendre de l'atteinte au pay- sage, ou encore, selon la jurisprudence, de motifs purement psycho- logiques, qui sont alors des inconvénients de fait (ATF 102 Ib 348 consid. 3 p. 350)... Pour les champs électromagnétiques ... il faut donc déterminer, dans la situation concrète, si ces champs ont des effets physiques (ou biologiques voire sanitaires) suffisamment évi- dents pour constituer en eux-mêmes un désavantage, ou si au con- traire la crainte de tels effets, non avérés, est simplement une des composantes des inconvénients d'ordre psychologique déjà évoqués." Für die Festsetzung der Enteignungsentschädigung sind der konkret mit der Nähe zur Hochspannungsleitung verbundene Ein- fluss auf den Wert des betroffenen Grundstücks, der Lärm, die elek- tromagnetischen Felder und andere allfällige Unannehmlichkeiten zu ermitteln und zu berücksichtigen (BGE 129 II 437 f.). Bereits zuvor hatte das Bundesgericht im Falle einer Hochspannungsleitung in einer Distanz von 20 bis 40 m zu einer Hotelliegenschaft festgehal- ten, dass Grundstücke, auf denen oder in deren Nähe eine Hochspan- nungsleitung erstellt wird, einen Wertverlust erleiden können, selbst wenn ihre Überbaubarkeit durch die Leitung nicht eingeschränkt wird. Dies einerseits dann, wenn der Bodenpreis massgeblich von der landschaftlichen Schönheit mitbestimmt wird, andererseits aber auch dann, wenn sich manche mögliche Käufer für das Land in un- mittelbarer Nähe einer Hochspannungsleitung aus rein psychologi- schen Gründen nicht interessieren (siehe BGE 102 Ib 350 f. mit Hinweis auf BGE 100 Ib 194 ff.; 109 Ib 301). e) Das Bundesgericht hat somit eine Werteinbusse von Grund- stücken einerseits durch tatsächlich einwirkende elektromagnetische Immissionen, deren Ermittlung, Begrenzung und Beurteilung heute in der auf den 1. Februar 2000 in Kraft getretenen NISV geregelt ist, und andererseits durch die rein psychologischen Auswirkungen ins- 2004 Verwaltungsgericht 132 besondere bei potentiellen Grundstückkäufern anerkannt. Während das KStA ursprünglich die Ansicht vertrat, "psychologische Auswir- kungen" seien bei Grundstückschätzungen kein wertmässig messba- rer Indikator, anerkannte es an der Verhandlung die Notwendigkeit von deren Berücksichtigung, aber innerhalb des Bewertungssystems. 3. b) Das KStA hält zu Recht fest, dass bei der Grundstückbe- wertung angestrebt werden muss, ein detailliert ausgestaltetes Pro- gramm mit genügend feiner Rasterung zu verwenden, um möglichst objektive, nachvollziehbare Schätzwerte zu ermitteln, die von den betroffenen Grundeigentümern akzeptiert werden. Dies gilt nament- lich für Bewertungen, die sich - mangels direkter Vergleichswerte - nicht unmittelbar auf den effektiven Geschäftsverkehr abstützen. Daraus darf allerdings nicht abgeleitet werden, dass an den nach dieser Bewertungssystematik ermittelten, jedoch am Markt in dieser Höhe nicht erzielbaren Schätzungsergebnissen zum Nachteil des Steuerpflichtigen festzuhalten wäre. Der Grundsatz der rechtsglei- chen Behandlung (Art. 8 BV) erlaubt es nicht, den Privaten stärker zu belasten, als es in den massgeblichen Normen vorgesehen ist; der Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung geht in der Regel vor, und wo dies nicht der Fall ist, handelt es sich ausschliesslich um den Ausnahmefall gesetzwidriger Begünstigung des Privaten ("Gleichbehandlung im Unrecht"; vgl. Ulrich Häfelin/Georg Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2002, Rz. 374 f., 518). Im vorliegenden Fall stellt sich somit die Frage, ob der von der Vorinstanz errechnete Verkehrswert tatsächlich "nicht marktkon- form" ist, und, sollte dies der Fall sein, ob sämtliche im Bewertungs- system vorhandenen Möglichkeiten zur Berücksichtigung der Stromleitungssituation ausgeschöpft wurden, bevor das Mittel eines Pauschalabzugs in Betracht gezogen wird. (Das Verwaltungsgericht kam zum Schluss, eine Gewichtung des Ertragswerts - in Relation zum Realwert - [§ 13 VBG und An- hang 16; Wegleitung Ziff. III/4.2.1] von 0.5 statt 0.2, ergebend einen steuerlichen Verkehrswert von rund Fr. 650'000.--, berücksichtige die eingeschränkte Marktgängigkeit der Parzelle B. angemessen und ausreichend, wonach sich ein zusätzlicher Pauschalabzug erübrige.)
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AG_VG_001_AGVE-2004-33_2004-03-02
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2012 Verwaltungsgericht 122 [...] 19 Zonenkonformität und immissionsrechtliche Beurteilung einer hobby- mässigen Hühnerhaltung und -zucht in einer Wohnzone. Urteil des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 18. Juni 2012 in Sachen A. gegen B., C., D. und E. sowie Departement BVU und Gemeinderat F. (WBE.2011.114). 2012 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 123 Aus den Erwägungen 2. 2.1. Streitig ist die hobbymässige Haltung und Zucht von Zwerg- hähnen im Wohngebiet. Ein Verbot oder eine Beschränkung der Hähnehaltung und -zucht lässt sich - rein dogmatisch betrachtet - entweder mit immissionsrechtlichen Gesichtspunkten oder aber mit fehlender Zonenkonformität begründen. 2.2. Die Lärmimmissionen, die von den Hähnen der Beschwerde- gegner ausgehen, beurteilen sich grundsätzlich nach der Umwelt- schutzgesetzgebung des Bundes, namentlich nach dem Bundesgesetz über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (USG; SR 814.01) und der Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41). Das kantonale und das kommunale Recht verliert diesbezüglich seine selbständige Bedeutung, soweit sich dessen materieller Gehalt mit dem Bundesrecht deckt oder weniger weit geht als dieses; es behält sie nur dort, wo es die bundesrechtlichen Bedingungen ergänzt oder - soweit erlaubt - verschärft (vgl. Art. 65 USG). In diesem Sinne kommt beispielsweise Bestimmungen des kantonalen und kommunalen Rechts, die einzig zum Zweck haben, schädigende Einwirkungen quantitativ zu begrenzen, also etwa kom- munalen immissionsbeschränkenden Nutzungsvorschriften, keine selbständige Bedeutung mehr zu, sofern im Bundesrecht nicht ausdrücklich eine kantonale Kompetenz vorbehalten wird (AGVE 1998, S. 317 f.). Die städtebaulichen und raumplanerischen Vorschriften des kantonalen und kommunalen Rechts besitzen demgegenüber nach wie vor selbständigen Gehalt, soweit sie die Frage regeln, ob eine Baute an einem bestimmten Ort erstellt und der vorgesehenen Zweckbestimmung übergeben werden darf. Weiterhin bleibt es somit dem kantonalen und kommunalen Recht überlassen, die für den Charakter eines Quartiers wesentlichen Vorschriften bezüglich Nut- zungsart und -intensität zu erlassen, wobei diese Vorschriften mittelbar ebenfalls dem Schutz der Nachbarn vor Übelständen ver- 2012 Verwaltungsgericht 124 schiedenster Art dienen können. Sie behalten ihren selbständigen Gehalt, wenn sie zwar auch, jedoch nicht ausschliesslich auf Zwecke abzielen, die vom formellen Bundesumweltschutzrecht abgedeckt werden. So können etwa Bauten und Betriebe, die mit dem Charakter einer bestimmten Zone unvereinbar sind, untersagt werden, auch wenn beispielsweise die Lärmimmissionen, zu denen sie führen, bundesrechtliche Schranken nicht überschreiten, sofern die Unzu- lässigkeit nicht einzig mit der konkreten Lärmbelästigung begründet wird (vgl. AGVE 1998, S. 318). 2.3. Gemäss § 13 Abs. 1 und § 15 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a BauG er- lassen die Gemeinden allgemeine Nutzungspläne (Zonenpläne) und allgemeine Nutzungsvorschriften (Bau- und Zonenordnungen), die das Gemeindegebiet in verschiedene Nutzungszonen einteilen sowie Art und Mass der Nutzung regeln; sie können dabei insbesondere Bauzonen, namentlich Wohn-, Kern-, Gewerbe-, Industriezonen und Zonen für öffentliche Bauten ausscheiden. Bei Ausscheidung und Definition der verschiedenen Zonen geniessen die Gemeinden auf- grund von § 106 KV verfassungsrechtlich geschützte Autonomie; hierin eingeschlossen ist die Anwendung des autonomen Gemeinde- rechts. Daraus folgt, dass sich das Verwaltungsgericht bei der Über- prüfung einschlägiger gemeinderätlicher Entscheide zurückzuhalten hat. Dies gilt auch bei Immissionsfragen - obwohl dem Verwal- tungsgericht dort die Ermessensüberprüfung obliegt - insoweit, als es bei den zu entscheidenden Fragen um rein lokale Anliegen geht und weder überörtliche Interessen noch überwiegende Rechts- schutzanliegen berührt werden. Die Gemeinde kann sich in solchen Fällen bei der Auslegung kommunalen Rechts insbesondere dort auf ihre Autonomie berufen, wo eine Regelung unbestimmt ist und ver- schiedene Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar erscheinen. Die kantonalen Rechtsmittelinstanzen sind hier gehalten, das Ergebnis der gemeinderätlichen Rechtsauslegung zu respektieren und nicht ohne Not ihre eigene Rechtsauffassung an die Stelle der gemeinde- rätlichen zu setzen. Die Autonomie der Gemeindebehörden hat je- doch auch in diesen Fällen dort ihre Grenzen, wo sich eine Ausle- gung mit dem Wortlaut sowie mit Sinn und Zweck des Gesetzes 2012 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 125 nicht mehr vereinbaren lässt (AGVE 2011, S. 128 f.; AGVE 1998, S. 319 f. mit Hinweisen). 3. 3.1. Der Gemeinderat betrachtet die hobbymässige Haltung von Ge- flügel in der Zone W2 grundsätzlich als zonenkonform. Die hobby- mässige Haltung von Kleintieren gehöre zum Charakter einer in die- sem Dorfteil doch noch recht ländlich geprägten Gemeinde. In der Nähe befänden sich analoge Tierhaltungen und auch in anderen Tei- len des Dorfes würden Kleintiere gehalten. Mit Ausnahme des Be- schwerdeführers sei es noch nie zu Reklamationen oder Klagen wegen der Kleintierhaltungen gekommen. 3.2. 3.2.1. Gemäss einem die hobbymässige Hühnerhaltung (inkl. einem Hahn) in einer Wohnzone betreffenden Entscheid der Baure- kurskommission des Kantons Zürich vom 25. Mai 2007 (Nrn. 0108 und 109/2007), Erw. 7 (in: Baurechtsentscheide des Kantons Zürich [BEZ] 2007 Nr. 36), sind Wohnzonen in erster Linie für die Wohn- nutzung und damit für Wohnbauten bestimmt. Die Zulässigkeit anderer Nutzweisen stehe in Wohnzonen unter dem grundsätzlichen Vorbehalt, dass der Zonenzweck, nämlich ein gesundes und ange- nehmes Wohnen zu gewährleisten, nicht in Frage gestellt werde. Dabei seien insbesondere die zu erwartenden Immissionen, aber auch der funktionelle Zusammenhang mit dem Hauptzweck der Zone zu prüfen. Zonenkonform seien somit ohne Weiteres Bauten, die Wohn- raum enthalten, aber auch diejenigen, die zum Wohnen zusätzlich nötig seien, wie Garagen oder Gartenhäuser. Ebenso falle die Hobby- nutzung unter den Begriff der Wohnnutzung. Hobbynutzung sei grundsätzlich als Teil der Wohnnutzung anzusehen. Das Wohnen in einer dafür bestimmten Zone werde unter anderem gerade dadurch charakterisiert, dass deren Bewohner im allgemeinen die Möglichkeit hätten, in ihren Gärten verschiedenen Freizeitbeschäftigungen nach- gehen zu können. Dies verhalte sich auch dann nicht anders, wenn Nutztiere Gegenstand der hobbymässigen Beschäftigung bildeten. Die hobbymässige Hühnerhaltung falle daher - nicht anders als das 2012 Verwaltungsgericht 126 Halten von Hunden oder das Basteln in einer Hobbywerkstatt - unter den Begriff der Wohnnutzung und erweise sich daher als zonen- konform. Wann eine Tierhaltung noch als hobbymässig bezeichnet werden könne, hange von der Zweckbestimmung der Tiere ab. Nur diejenige Tierhaltung sei zonenkonform, die rein privaten Zwecken, also der eigenen Freizeitbetätigung diene. In ähnlicher Weise anerkennt das Verwaltungsgericht das hob- bymässige Halten von Haustieren wie Hunden, Katzen oder Kanin- chen, aber auch von einzelnen Pferden, als Bestandteil der reinen Wohnnutzung, jedoch immer unter der Voraussetzung, dass die Tier- haltung auch nach Art und Umfang mit dem Wohnzweck noch ver- einbart werden kann (AGVE 2011, S. 129; 1998, S. 320; je mit Hinweisen). 3.2.2. Die von den Beschwerdegegnern betriebene Geflügelhaltung und -zucht mit rund 30 Zwerghühnern dient offensichtlich aus- schliesslich der privaten Freizeitbeschäftigung und verfolgt keine gewerblichen oder wirtschaftlichen Ziele. Die Tiere dienen nicht dem Verzehr und werden auch nicht verkauft. Mit den selbstgezüchteten Hähnen werden auch Ausstellungen und Wettbewerbe besucht. Diese hobbymässige Haltung und Zucht von Ziergeflügel und die dafür notwendigen Bauten und Anlagen sind somit Teil der Wohnnutzung und damit in der Wohnzone W2 und der Kernzone K grundsätzlich zonenkonform, wovon auch der Gemeinderat in seinem Beschluss ausgeht. Nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Frage, ob für die Hühnerställe je eine Baubewilligung erteilt worden ist. 3.3. Auch wenn die Zonenkonformität der Geflügelhaltung in der Wohnzone im Grundsatz zu bejahen ist, darf diese im Interesse der Nachbarschaft nicht ein beliebiges Ausmass annehmen. Die Haltung von Hühnern und insbesondere von Hähnen führt naturgemäss zu Immissionen. Die Tiere erzeugen durch Gackern und Krähen Lärm und produzieren Mist. Die Frage, ob eine konkrete Hobbytierhaltung aufgrund der durch sie verursachten Immissionen durch Lärm und Geruch nicht oder nur unter Nebenbestimmungen zulässig ist, betrifft nicht die Zonenkonformität, sondern ist für sich anhand der 2012 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 127 einschlägigen Vorschriften der Umweltschutzgesetzgebung zu über- prüfen und führt gegebenenfalls zu (erheblichen) Einschränkungen der Tierhaltung. Neben quantitativen Einschränkungen durch Be- stimmung der maximal zulässigen Anzahl Tiere können die zustän- digen Behörden im Rahmen des Umweltrechts auch weitere konkrete Massnahmen anordnen, um die Immissionen in Grenzen zu halten (vgl. erwähnter Entscheid der Baurekurskommission des Kantons Zürich vom 25. Mai 2007 [Nrn. 0108 und 109/2007], Erw. 7 [in: BEZ 2007 Nr. 36]). 4. Wie schon ausgeführt, wehrt sich der Beschwerdeführer aus- schliesslich gegen die durch Krähen der Hähne verursachten Lär- mimmissionen. 4.1. Diese Lärmimmissionen sind nach der Umweltschutzgesetzge- bung des Bundes (USG, LSV) zu beurteilen. Die Vorinstanz hat zu- treffend festgehalten, bei den Ställen und Ausläufen, in denen die Hähne gehalten und gezüchtet würden, handle es sich um (im Sinne des USG neurechtliche) ortsfeste Anlagen. Die durch diese Anlagen allein erzeugten Immissionen dürfen die Planungswerte in der Umge- bung nicht überschreiten (Art. 25 Abs. 1 USG und Art. 7 Abs. 1 lit. b LSV). Zudem müssen die Lärmemissionen unabhängig von der Ein- haltung der Planungswerte soweit begrenzt werden, als dies tech- nisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar ist (Art. 11 Abs. 2 USG und Art. 7 Abs. 1 lit. a LSV). Bei den vorliegend zu beurteilenden Emissionen handelt es sich um Lärm, der durch Tiere verursacht wird. Für die Beurteilung von solchem "untechnischen" Alltagslärm bestehen keine Belastungs- grenzwerte. Fehlen Belastungsgrenzwerte sind die Immissionen daher im einzelnen Anwendungsfall gestützt auf das Gesetz, in Anwendung der in Art. 15, Art. 13 Abs. 2 und Art. 23 USG genann- ten Kriterien, zu beurteilen (Art. 40 Abs. 3 LSV). Steht wie hier die Anwendung von Planungswerten infrage, muss die Anlage ein Immissionsniveau einhalten, bei welchem nach richterlicher Be- urteilung höchstens geringfügige Störungen auftreten. Dabei sind der Charakter des Lärms, Zeitpunkt und Häufigkeit des Auftretens sowie 2012 Verwaltungsgericht 128 die Lärmempfindlichkeit bzw. die Lärmvorbelastung der Zone zu berücksichtigen. Es ist nicht auf das subjektive Lärmempfinden einzelner Personen abzustellen, sondern eine objektivierte Betrach- tung unter Berücksichtigung von Personen mit erhöhter Empfind- lichkeit vorzunehmen (BGE 133 II 296 f.; 123 II 334; VGE III/23 vom 27. April 2012 [WBE.2011.95], S. 11). 4.2. 4.2.1. Der Beschwerdeführer verlangt, es sei den Beschwerdegegnern aus lärmschutzrechtlicher Sicht gemäss Art. 11 Abs. 3 USG die Haltung und Zucht von Hähnen vollständig zu verbieten; eventualiter sei festzuhalten, dass die Beschwerdegegner maximal je einen Hahn halten dürften. Das Krähen der Hähne wird von ihm als stark störend empfunden. Es finde von frühmorgens bis spät abends, manchmal aber auch nachts statt. Der Lärm der Hähne sei völlig unvorherseh- bar, durchdringend und stereotyp. Das Krähen sei sehr laut. Es seien Lautstärken von deutlich über 60 db(A) gemessen worden. Das Krä- hen sei sehr störend, auch weil es in unregelmässigen Abständen er- folge und von der Art her durchdringend und alarmierend sei. Die Hähne animierten sich z. T. gegenseitig zum Krähen. Störend sei weniger der einzelne Schrei, sondern die Unvorhersehbarkeit und die Häufigkeit des Krähens. Manchmal schrien die Hähne in Abständen von 30 Minuten. 4.2.2. Die Beschwerdegegner hingegen bestreiten, dass die Hähne übermässige und störende Immissionen verursachten. Sie würden lediglich gelegentlich krähen. Man habe aus Rücksicht auf den Beschwerdeführer vor einiger Zeit auf Zwerghähne umgestellt, die weniger laut krähen würden und weniger krähfreudig seien. Auch habe man die Anzahl der Hähne auf das Minimum beschränkt. Die Ställe seien so ausgerichtet, dass die Nachbarn möglichst geringen Lärmeinwirkungen ausgesetzt seien. Die Behauptung des Beschwer- deführers, die Hähne würden von früh morgens bis spät abends und manchmal auch nachts krähen, entspreche nicht den Tatsachen. Der Beschwerdeführer sei der einzige Nachbar, der sich an den gelegent- lichen Lautäusserungen der Hähne störe. 2012 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 129 4.2.3. Nach Darstellung des Lärmsachverständigen des BVU am vorinstanzlichen Augenschein verursacht das Hahngekrähe gewisse "Peaks", welche (nachts) ein Aufwachen mit sich bringen könnten. Es gebe mit Sicherheit gewisse Lärmimmissionen durch die Hähne. In der Regel werde das Krähverhalten am Morgen am intensivsten sein; auch finde das Krähen sehr willkürlich statt. Die Anzahl der Hähne solle in Wohnzonen nicht uneingeschränkt sein; vorstellbar seien bauliche Massnahmen zur Lärmverminderung oder zeitliche Beschränkungen des Freilaufs. 4.2.4. Das Krähen eines Hahnes wird vom menschlichen Ohr als rela- tiv intensiv empfunden. Es kann sich durch die Lautstärke und durch das jederzeitige unvermittelte Auftreten der Lautäusserungen durch- aus störend auswirken. Insbesondere, wenn es spätabends, nachts oder - vor allem - frühmorgens (mit beginnender Dämmerung) auftritt, kann die Nachtruhe der Nachbarschaft erheblich gestört sein. Dies gilt erst recht, wenn auf relativ engem Raum mehrere Hähne gehalten werden, die sich als Konkurrenten gegenseitig zum Krähen animieren können (Balzverhalten). Aus diesen Gründen wird in der Wohnnutzung dienenden Zonen in aller Regel, wie die Vorinstanz zutreffend feststellt, lediglich die Haltung eines einzelnen Hahnes, gegebenenfalls mit Auflagen, als zulässig angesehen (vgl. erwähnter Entscheid der Baurekurskommission des Kantons Zürich vom 25. Mai 2007 [Nrn. 0108 und 109/2007], Erw. 7 [in: BEZ 2007 Nr. 36]; Bernhard Waldmann / Peter Hänni, Raumplanungsgesetz, Bern 2006, N 29 zu Art. 22 RPG mit Hinweisen). 4.2.5. Die Vorinstanz hat festgestellt, dass von den Hähnen punktuell auftretender Lärm ausgehe, der zu einer gewissen Beeinträchtigung des Beschwerdeführers führen könne. Hingegen träten diese Lärm- immissionen nicht dauernd auf, sondern es gebe Zeiten mit höheren und Zeiten mit geringeren oder gar keinen Aktivitäten. Die mit dem Krähen verbundenen Immissionen seien nicht derart schädlich oder lästig im Sinne von Art. 11 Abs. 3 USG, dass sich daraus ein gene- relles Verbot der Haltung von Hähnen ableiten lasse. Jedoch sei die 2012 Verwaltungsgericht 130 Anzahl der auf den Parzellen der Beschwerdegegner gehaltenen Hähne zu beschränken. Um den berechtigten Interessen des Be- schwerdeführers an einer verträglichen Beeinträchtigung durch das Krähen der Hähne und der Möglichkeit der Beschwerdegegner, ihr Hobby auszuüben und Hähne nicht nur zu halten, sondern auch zu züchten, Rechnung zu tragen, sei die zulässige Haltung von Zucht- hähnen auf zwei pro Parzelle (bzw. Familie) zu beschränken. Damit erfolge ein angemessener Interessenausgleich, und die Störung für die Liegenschaft des Beschwerdeführers und ähnlich nahe gelegene Nachbarliegenschaften sei nach objektiven Kriterien höchstens ge- ringfügig. 4.2.6. Das Verwaltungsgericht teilt die Auffassung der Vorinstanzen, dass im konkreten Fall ein vollständiges Verbot der hobbymässigen Haltung von Hähnen in Wohnzonen wie der vorliegenden Zone W2 bzw. der Kernzone K aus Lärmschutzgründen (als verschärfte Emis- sionsbegrenzung gemäss Art. 11 Abs. 3 USG) nicht gerechtfertigt ist. Gemäss dem Gemeinderat gehört die hobbymässige Haltung von Kleintieren, einschliesslich der Geflügelhaltung, zum Charakter einer in diesem Dorfteil (...) trotz dichter Besiedelung doch noch recht ländlich geprägten Gemeinde. Im Gegensatz etwa zu einer Kanin- chen- oder Meerschweinchenzucht oder der Hühnerhaltung ohne Hahn handelt es sich bei der Hähnehaltung jedoch um eine Haustier- haltung, bei der naturgemäss ein erhöhtes Lärmpotential vorhanden ist. Hähne krähen, je nach Individuum mehr oder weniger laut und mehr oder weniger häufig. Klar erscheint aus immissionsrechtlicher Sicht deshalb, dass in Wohngebieten nicht eine unbeschränkte An- zahl Hähne gehalten werden darf und dass sie ihre Lautäusserungen nicht uneingeschränkt verbreiten können. Die Vorinstanz hat im Rahmen einer Abwägung der gegenläufi- gen Interessen des Beschwerdeführers und der Beschwerdegegner die Anzahl der maximal zulässigen (krähfähigen) Hähne auf vier beschränkt. In Bezug auf die Interessenabwägung ist vorab klar festzuhalten, dass dem Interesse des Nachbarn, nicht übermässigen Lärmimmissionen ausgesetzt zu sein und insbesondere seinem An- spruch auf eine ungestörte Nachtruhe und Erholung gegenüber den 2012 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 131 Interessen der Beschwerdegegner an einer uneingeschränkten Ausübung ihrer hobbymässigen Geflügelhaltung und -zucht ein- schliesslich der Teilnahme an Ausstellungen und Wettbewerben kla- rer Vorrang einzuräumen ist. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass für den Beschwerdeführer die Störung der Nachtruhe zwar eher nicht im Vordergrund steht, da er nachts die Fenster geschlossen hält, wozu er allerdings nicht verpflichtet ist, und nächtliche Lautäusserungen offenbar nicht die Regel sind, sondern vor allem das tagsüber er- folgende Krähen der Hähne, welche sich gegenseitig dazu animieren (...). So macht er geltend, es sei ihm nicht mehr möglich, sich im Aussenbereich seiner Liegenschaft zu erholen. Die Interessen des Beschwerdeführers sprechen dafür, lediglich die Haltung eines kräh- fähigen Hahnes zu gestatten. Auf der anderen Seite ist zu berück- sichtigen, dass die Beschwerdegegner nach glaubhafter Darstellung von März bis August ohnehin nur je einen krähfähigen Hahn pro Haushalt halten; lediglich in der Zeit von August bis Dezember war bis anhin die Maximalzahl von vier krähfähigen Hähnen pro Haus- halt vorhanden; im Dezember reduzierten die Beschwerdeführer die Anzahl auf je zwei krähfähige Hähne pro Haushalt und im März auf je einen. Die saisonalen Schwankungen werden auch vom Beschwer- deführer eingeräumt. Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerde- führer sich vornehmlich im Frühling, während des Sommers sowie im Frühherbst im Aussenbereich seiner Liegenschaft aufhält und dort Erholung sucht. Während eines grossen Teils dieser Zeit wird von den Beschwerdegegnern nur je ein krähfähiger Hahn pro Haushalt gehalten. Erst ab August (bis März) wird gemäss dem von den Beschwerdegegnern akzeptierten Entscheid des BVU noch je ein zweiter krähfähiger Hahn vorhanden sein. Würde den Beschwerde- gegnern nur noch je ein zuchtfähiger (und krähfähiger) Hahn zuge- standen, wären sie in ihrer Ziergeflügelzucht erheblich eingeschränkt und die Teilnahme mit den Hähnen an Ausstellungen wäre wohl gänzlich verunmöglicht. Vor diesem Hintergrund erscheint der Ent- scheid des BVU, die Anzahl der zulässigen (krähfähigen) Zucht- hähne nicht auf einen einzigen Hahn, sondern auf maximal zwei pro Parzelle (bzw. Familie) zu begrenzen, grundsätzlich unter ent- sprechenden Auflagen (vgl. insbesondere auch Erw. 4.4. hienach) 2012 Verwaltungsgericht 132 vertretbar. Jedoch ist es im Interesse des Beschwerdeführers ange- zeigt, die Haltung von je zwei Zuchthähnen pro Familie auf die Zeit von Anfang August bis Ende Februar zu beschränken. Während der restlichen Monate, d. h. von Anfang März bis Ende Juli, dürfen die Beschwerdegegner nur je einen zuchtfähigen (und krähfähigen) Hahn pro Familie halten. Dies stellt keine zusätzliche Einschränkung für die Beschwerdegegner dar, sondern widerspiegelt lediglich deren bisherige Zuchtgepflogenheiten. 4.2.7. (...) 4.3. Die Vorinstanz hat im Sinne des Vorsorgeprinzips und unter Be- zugnahme auf die Ruhezeiten des kommunalen Polizeireglements die Einstallung der Hähne in der Zeit von 20.00 Uhr bis 07.00 Uhr (an Sonn- und Feiertagen bis 08.00 Uhr) angeordnet. Der Beschwerde- führer beantragt vor Verwaltungsgericht, dass die Hähne auch wäh- rend der Ruhezeit über Mittag, d. h. von 12.00 Uhr bis 13.30 Uhr, in den Ställen unterzubringen seien. Bei diesem zusätzlichen, erstmals vor Verwaltungsgericht beantragten Einsperren der Hähne handelt es sich um eine unzulässige Erweiterung der Rechtsbegehren bzw. eine Beschwerdeänderung, auf welche nicht einzutreten ist. Dem Begehren könnte ohnehin nicht entsprochen werden. Es besteht keine Veranlassung zu einem zusätzlichen Einsperren der Hähne über die Mittagszeit. Das Krähen der Hähne erfolgt - wie schon ausgeführt - gehäuft frühmorgens und wirkt sich vor allem dann und wenn es in der Nacht auftritt, störend aus (vgl. oben Erw. 4.2.4.). Hingegen ist in der Mittagszeit, insbesondere auch in den Sommermonaten, wenn sich der Beschwerdeführer im Aussenbereich seiner Liegenschaft aufhält, höchstens mit vereinzeltem, nicht aber mit regelmässigem oder länger anhaltendem Krähen zu rechnen. Von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Umgebung über die Mittagszeit durch die Hähne ist daher nicht auszugehen. 4.4. 4.4.1. Abgewiesen hat die Vorinstanz das Begehren des Beschwerde- führers, die Ställe seien so umzubauen respektive es seien Ersatz- bauten so auszuführen, dass sie vollständig geschlossen werden 2012 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 133 könnten und im geschlossenen Zustand das Krähen der Hähne derart dämmten, dass Drittpersonen nicht durch Lärm belästigt würden. Die beantragten Massnahmen seien aus betrieblichen, technischen und tierschutzrechtlichen Gründen nicht möglich. Die Beschwerdegegner machen geltend, dass keine genügende Lüftung mehr gewährleistet wäre, wenn die Hühnerställe mit einer Schallisolation und Schall- dämmlüftung nachgerüstet würden. Zudem störe sich der Beschwer- deführer vorab an den Krährufen der Hähne während des Tages, wenn die Tiere ohnehin im Freien seien, weshalb die von ihm beantragten baulichen und betrieblichen Massnahmen wirkungslos wären. 4.4.2. Der Argumentation, die Haltung der Hühner in schallisolierten Hühnerhäusern sei aus tierschutzrechtlichen Gründen nicht möglich, kann nicht gefolgt werden. Schallisolierte Modelle, z. B. mit doppel- ten Holzwänden, Isolationsschicht und Doppelverglasung, sind im Handel erhältlich und im geschlossenen Zustand durchaus geeignet, die Lärmimmissionen deutlich zu verringern (vgl. erwähnter Ent- scheid der Baurekurskommission des Kantons Zürich vom 25. Mai 2007 [Nrn. 0108 und 109/2007], Erw. 7 [in: BEZ 2007 Nr. 36]). Auch in dem von den Beschwerdegegnern vor Vorinstanz zu den Akten gegebenen Urteil des Bundesgericht vom 17. Juli 2003 (1A.134/2002), Erw. 6.4, wird davon ausgegangen, dass das Hühner- haus, eine relativ kleine einfache Baute, entsprechend schallisoliert und belüftet werden könne. Es handelt sich um eine wirksame Mass- nahme, welche die Lärmimmissionen der Hähne zu Zeiten, zu denen sie eingestallt sind, massgeblich reduzieren. Aus welchen Gründen eine Schallisolierung bei den Hühnerställen der Beschwerdegegner nicht möglich sein soll, ist nicht nachzuvollziehen. Ihnen wird die hobbymässige Haltung von vier krähfähigen Hähnen während eines grossen Teiles des Jahres zugestanden und der Beschwerdeführer hat die davon ausgehenden Lärmimmissionen zu dulden. Dem Einwand der Beschwerdegegner, eine Schalldämmung der Hühnerhäuser sei letztlich wirkungslos, da sich der Beschwerdeführer hauptsächlich am Lärm der tagsüber freilaufenden Hähne störe, kann nicht gefolgt werden. Zum einen beklagt sich der Beschwerdeführer auch über 2012 Verwaltungsgericht 134 nächtliches Krähen, dass deshalb nicht zum Aufwachen führe, weil er die Fenster nachts geschlossen halte, zum andern monierte er im vorinstanzlichen Verfahren, dass das Gästezimmer trotz geschlosse- ner Fenster nicht mehr benutzt werden könne. Diese Ausführungen erscheinen durchaus glaubhaft. Den Beschwerdegegnern ist es des- halb ohne Weiteres zumutbar, die notwendigen baulichen Vorkehren bei den Ställen zu treffen (durch das Anbringen einer nachträglichen Isolation), um die von den Hähnen ausgehenden Lärmimmissionen während der Ruhezeiten im geschlossenen Stall auf ein Minimum zu reduzieren. Sollte das tierschutzkonforme Nachrüsten der vorhande- nen Ställe nicht möglich sein, sind sie durch geeignete schallisolierte Modelle zu ersetzen, was angesichts der eher geringen Grösse der Ställe finanziell zumutbar ist. In diesem Sinne ist das Eventualbegeh- ren 2.2 des Beschwerdeführers gutzuheissen. Nicht einzutreten ist hingegen auf das erstmals vor Verwaltungsgericht gestellte Begeh- ren, die Ställe seien auf die Nordseite der Liegenschaften der Be- schwerdegegner zu versetzen. Dabei handelt es sich um eine unzu- lässige Beschwerdeänderung. 5. Schliesslich beantragt der Beschwerdeführer, die Reduktion der Hähne sei innert Monatsfrist seit Rechtskraft des Entscheids umzu- setzen. Die Vorinstanz hat demgegenüber festgehalten, die Reduktion der Hähne auf maximal zwei sei aus Gründen der Verhältnismässig- keit in der Weise zu vollziehen, dass keine neuen (krähfähigen) Häh- ne mehr aufgenommen werden dürften; so müssten überzählige Tiere nicht weggeben oder getötet werden. Aufgrund der Tatsache, dass die Beschwerdegegner die Anzahl der Hähne im Verlauf des Jahres sowieso reduzieren, und in der Zeit von März bis August jeweils nur noch je ein Hahn vorhanden ist, und somit mit einer relativ raschen Reduktion des Tierbestands durch Aussortieren zu rechnen ist, erweist sich die Anordnung der Vorinstanz im Grundsatz als durchaus sachgerecht. Den Befürchtungen des Beschwerdeführers, die Beschwerdegegner würden den heute bestehenden Hahnbestand (in Abweichung von ihrer bisherigen Handhabung der Zuchthähne) noch während Jahren aufrecht erhalten, ist dahingehend Rechnung zu tragen, dass die Beschwerdegegner zu verpflichten sind, spätestens 2012 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 135 Ende Februar des auf die Rechtskraft des Entscheides folgenden Jahres nur noch je einen zuchtfähigen (und krähfähigen) Hahn zu halten.
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2005 Submissionen 245 [...] 50 Zuschlagskriterien. - Preis als einziges Zuschlagskriterium. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 6. Juli 2005 in Sachen A. AG gegen Baudepartement, Abteilung Tiefbau. Aus den Erwägungen 2. 2.1. Gemäss den Ausschreibungsunterlagen hat die Vergabe- behörde den Preis (Angebotspreis bereinigte Summe) zum einzigen massgebenden Zuschlagskriterium bestimmt. Die Beschwerdeführe- rin ist der Meinung, es gehe vorliegend um die Vergabe von an- spruchsvollen Brückenobjekten (Überführung für Nationalstrassen). Durch den Verzicht auf das Festlegen weiterer Zuschlagskriterien habe das Baudepartement gegen § 18 SubmD verstossen, worin aus- drücklich vorgeschrieben sei, dass das wirtschaftlich günstigste An- gebot den Zuschlag erhalte. Eine ausschliessliche Berücksichtigung des Preises mit einem gleichzeitigen und vollständigen Verzicht auf die Beurteilung anderer massgebender Zuschlagskriterien, wie ins- besondere Qualität, Erfahrung, Termin, Garantie- und Unterhalts- leistungen, führe zu einer Überschreitung oder gar einem Missbrauch des pflichtgemässen Ermessens. 2.2. Gemäss § 18 Abs. 1 SubmD erhält das wirtschaftlich günstigste Angebot den Zuschlag. Kriterien zur Ermittlung des wirt- schaftlich günstigsten Angebots sind insbesondere Qualität, Preis, Erfahrung, Innovation, Termin, Garantie- und Unterhaltsleistungen, Ästhetik, Umweltverträglichkeit, Kundendienst, gerechte Abwechs- 2005 Verwaltungsgericht 246 lung und Verteilung sowie die Ausbildung von Lehrlingen (§ 18 Abs. 2 SubmD). Die von der Vergabebehörde ausgewählten Zu- schlagskriterien sind in der Reihenfolge ihrer Bedeutung und mit ich- rer Gewichtung in der Ausschreibung aufzuführen. Fehlt diese An- gabe, gilt als Zuschlagskriterium der Preis (§ 18 Abs. 3 SubmD). Der Zuschlag für weitgehend standardisierte Güter kann ausschliesslich nach dem Kriterium des niedrigsten Preises erfolgen (§ 18 Abs. 4 SubmD). Bei der Auswahl und Gewichtung der einzelnen Kriterien steht der Vergabebehörde dabei ein weiter Ermessensspielraum zu, in den das Verwaltungsgericht nicht eingreifen darf (AGVE 1998, S. 384; ferner Matthias Hauser, Zuschlagskriterien im Submissionsrecht, in: AJP 2001, S. 1411; Peter Galli / Daniel Lehmann / Peter Rechstei- ner, Das öffentliche Beschaffungswesen in der Schweiz, Zürich 1996, Rz. 464; Peter Gauch, Das öffentliche Beschaffungswesen in der Schweiz, Ein Beitrag zum neuen Vergaberecht, in: recht 1997, S. 179). Die Zuschlagskriterien müssen aber im Hinblick auf den konkret zu vergebenden Auftrag bestimmt werden. Im Grundsatz un- zulässig ist es daher, vergabefremde Kriterien heranzuziehen, d.h. Kriterien, die sich nicht auf die Wirtschaftlichkeit des Angebotes beziehen, bzw. sich nicht am Nutzen des konkreten Beschaffungs- objekts selbst messen lassen; dazu zählen namentlich regional-, steu- er- oder strukturpolitische Überlegungen (AGVE 1999, S. 296 f.; 1999, S. 328; BR 2000, S. 57 Nr. S10, S. 58 f. Nrn. S12 - 17; VGE III/82 vom 9. August 2001 [WBE.2001.206], S. 4 f.; Hauser, a.a.O., S. 1408; Peter Gauch / Hubert Stöckli, Vergabethesen 1999, Thesen zum neuen Vergaberecht des Bundes, Freiburg 1999, S. 27 ff.; ferner auch Bernt Elsner, Vergaberecht, Wien 1999, S. 28 ff.). 2.3. Wie bereits erwähnt, kann gemäss § 18 Abs. 4 SubmD der Zuschlag für weitgehend standardisierte Güter ausschliesslich nach dem Kriterium des niedrigsten Preises erfolgen. Ob die Voraus- setzungen für dieses Vorgehen erfüllt sind, ist eine Rechtsfrage, bei deren Beurteilung der Vergabebehörde jedoch, da es sich dabei um die Anwendung des unbestimmten Gesetzesbegriffs der weitgehend standardisierten Güter geht, ein Beurteilungsspielraum zusteht. Der Begriff der weitgehend standardisierten Güter wird in § 18 Abs. 4 2005 Submissionen 247 SubmD nicht umschrieben. Obschon der Wortlaut ("Güter") dies nahe zu legen scheint, lässt sich eine Beschränkung auf Lieferauf- träge über die Beschaffung von beweglichen Gütern im Sinne von § 6 Abs. 1 lit. b SubmD sachlich nicht rechtfertigen. Die Vergabe ausschliesslich nach dem Preis muss auch bei weitgehend standardi- sierten Bauarbeiten und bei Dienstleistungen zulässig sein. Die Zulässigkeit der Vergabe aufgrund des niedrigsten Preises hängt nicht von der Art der nachgefragten Leistung, sondern von der Möglichkeit ihrer Standardisierung ab. Nach Sinn und Zweck muss die Standardisierung der Leistung soweit gehen, dass die Vergabestelle auch ohne Verwendung der in § 18 Abs. 2 SubmD genannten weiteren Zuschlagskriterien mit einer ihren Bedürfnissen genügenden Leistung rechnen kann. Für die Standardisierung kommen naturgemäss nur Aspekte in Frage, die - wie Qualität oder Ästhetik - die offerierte Leistung selbst prägen, nicht jedoch unter- nehmensbezogene Aspekte, wie die Erfahrung oder Lehrlingsaus- bildung. Der gemeinsame Standard kann dabei die Folge verschie- dener Umstände sein, sei es, dass die qualitativen Anforderungen durch Normen der einschlägigen Branche oder aber durch die Vergabebehörde in der Ausschreibung genau umschrieben werden. Auch muss die Standardisierung - wie aus § 18 Abs. 4 SubmD folgt - keineswegs vollständig, sondern nur weitgehend vorhanden sein. Zu beachten ist ferner, dass die Zuschlagskriterien nach § 18 Abs. 2 SubmD oftmals Qualitätsanforderungen umschreiben, die sich nicht direkt aus der (noch gar nicht erbrachten) Leistung, sondern nur indi- rekt, anhand der Qualifikationen des anbietenden Unternehmens (z.B. Betriebsorganisation, Fähigkeiten des Schlüsselpersonals, tech- nische Mittel, Referenzobjekte) beurteilen lassen. Anforderungen dieser Art, die mehr anbieter- als leistungsbezogen sind, können auch als Eignungskriterien verwendet werden, gemäss welchen ein bestimmtes Mindestmass nicht unterschritten werden darf. Wird die geforderte Eignung der Anbieter auf diese Weise in ausreichendem Mass definiert, kann auf entsprechende Zuschlagskriterien verzichtet werden. Bei einem Einladungsverfahren kann die Vergabebehörde zudem von vornherein darauf achten, dass sie nur Unternehmen einlädt, welche die diesbezüglichen Anforderungen erfüllen (siehe 2005 Verwaltungsgericht 248 zum Ganzen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 11. September 2003 [VB.2003.00116], E. 3b - d). 2.4. Die hier strittige Vergabe umfasst die Gussasphaltarbeiten im Zusammenhang mit der Instandsetzung mehrerer Überführungs- bauwerke über die N3 (Überführung Wallweg in Möhlin, Tschüpis- weg in Möhlin, Weingartenweg in Eiken, Überführung K 465 in Oeschgen) im Abschnitt Rheinfelden - Frick. Es liegt ein detailliertes Leistungsverzeichnis (mit Beschreibung der Arbeiten und Mengen- angaben) vor. Die Beschwerdeführerin weist einzig darauf hin, es handle sich um anspruchsvolle Brückenobjekte, da es um Über- führungen für Nationalstrassen gehe. Hingegen macht sie nicht gel- tend, dass der vorliegende Auftrag überdurchschnittliche oder aussergewöhnliche Anforderungen an die Unternehmer stellt, wes- halb von vornherein nicht alle im Bereich Gussasphalt tätigen An- bietenden, sondern nur speziell qualifizierte und erfahrende Un- ternehmen in Betracht kommen. Dafür gibt es auch in den Aus- schreibungsunterlagen keine Anhaltspunkte. Zu beachten ist über- dies, dass es sich vorliegend um ein Einladungsverfahren handelt und die Vergabebehörde die in Betracht kommenden Offerenten selbst bestimmen konnte. Sie hatte es damit grundsätzlich in der Hand, nur Unternehmen zur Offertabgabe einzuladen, die sie als geeignet und zur qualitativ ausreichenden Arbeitsausführung befähigt erachtete. Insofern erscheint es als sachlich vertretbarer Entscheid, wenn sie vorliegend den Preis als einziges Zuschlagskriterium festgesetzt hat. Eine Überschreitung oder gar ein Missbrauch des ihr zukommendes Ermessens ist darin entgegen der Beschwerdeführerin nicht zu er- kennen.
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2016 Kantonale Steuern 99 II. Kantonale Steuern 15 § 27 Abs. 4 StG Einheitlichkeit der Wiedereinbringung von Abschreibungen: Keine Un- terscheidung bei Verbuchung in verschiedenen Konten und Vollab- schreibung eines Teils des Kaufobjekts Aus dem Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 27. Januar 2016, i.S. E.H. und I.H. gegen KStA (WBE.2015.359). Aus den Erwägungen 2.2. Werden im Zusammenhang mit der ganzen oder teilweisen Liquidation eines Landwirtschaftsunternehmens verschiedene land- und/oder forstwirtschaftliche Parzellen veräussert oder ins Privatver- mögen überführt, versteht sich von selbst, dass dabei erzielte Ge- winne und Verluste bei Ermittlung des gemäss § 27 Abs. 4 StG (bzw. Art. 18 Abs. 4 DBG) zu versteuernden Gewinns bis zur Höhe der Anlagekosten getrennt für die einzelnen betroffenen Objekte zu ermitteln sind. Ein solches Vorgehen ist schon deshalb geboten, weil der zu versteuernde Gewinn eine synthetische Grösse darstellt, der sich im Einzelfall als Nettogrösse aus Gewinnen und Verlusten zu- sammensetzen kann (so schon Urteil des Verwaltungsgerichts vom 20. Mai 2009 [WBE.2008.385] Erw. 4.3; ebenso J ULIA VON A H , in: M ARIANNE K LÖTI -W EBER /D AVE S IEGRIST /D IETER W EBER [Hrsg.], Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, 4. Aufl., Muri/Bern 2015, § 27 N 163; vgl. auch M ARKUS R EICH , Steuerrecht, 2. Aufl., Zürich 2012, § 15 Rz 54 f.). 2.3. Hier geht es jedoch nicht um die Überführung verschiedener Parzellen (eine mit Gewinn, die andere mit Verlust), sondern um eine 2016 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 100 einzige Parzelle, welche ins Privatvermögen überführt worden ist. Auf dieser Parzelle bestanden indessen verschiedene Gebäulich- keiten, von denen gemäss Darstellung der Beschwerdeführer ein Teil (Wohnhaus) noch werthaltig gewesen, dagegen ein anderer Teil (Scheune) ein Abbruchobjekt dargestellt habe und wertlos gewesen sei. Dementsprechend beantragen die Beschwerdeführer bei der Be- steuerung des bei der Überführung erzielten Gewinns zu berück- sichtigen, dass zwar bei der Überführung des Wohnhauses Ab- schreibungen wieder eingebracht hätten werden können (im Umfang von Fr. 79'065.00), bei der Überführung der wertlosen Scheune dage- gen im Umfang von deren Restbuchwert (Fr. 51'000) eine Abschrei- bung habe vorgenommen werden müssen, welche ihrerseits den aus der Überführung der Scheune resultierenden Gewinn schmälere. Nur der entsprechende Nettogewinn (Fr. 79'065.00 abzüglich Fr. 51'000.00 = Fr. 28'065.00) dürfe - nach Abzug des darauf geschuldeten AHV-Sonderbeitrags - mit der Einkommenssteuer er- fasst werden. 2.4. 2.4.1. Buchhalterisch kann eine Liegenschaft unterschiedlich behan- delt werden: Einerseits ist denkbar, die gesamte Parzelle einschliess- lich der Bauten darauf gemeinsam in einer Bilanzposition zu erfas- sen. Es ist aber auch möglich, bei der Bilanzierung zwischen einzel- nen überbauten Parzellenteilen zu unterscheiden. Wird bei getrennter Bilanzierung ein Grundstück samt der darauf befindlichen (zum Teil werthaltigen und zum Teil wertlosen Bauten) ins Privatvermögen überführt, so führt dies zur vollständigen Abschreibung des Grund- stücksteils mit der wertlosen Baute und zu einem Buchgewinn auf dem Grundstücksteil mit der werthaltigen Baute. Werden hingegen sämtliche Bauten und der zugehörige Boden in einer Bilanzposition (bzw. in einem Konto) erfasst, so ergibt sich bei der Überführung kein weiterer Abschreibungsbedarf. 2.4.2. Aus steuerlicher Perspektive ist - auf den ersten Blick - vorstellbar, dass die unterschiedliche Verbuchungsart jedenfalls bei 2016 Kantonale Steuern 101 der hier infrage stehenden Gewinnermittlung nach § 27 Abs. 4 StG (ebenso Art. 18 Abs. 4 DBG) Konsequenzen zeitigt. Wird gemäss der Variante "getrennte Bilanzierung" vorge- gangen, ergibt sich - hinsichtlich der wertlosen Baute und des zuge- hörigen Landanteils - ein Buchverlust, während die Überführung der werthaltigen Baute samt Landanteil zu einem Gewinn führt. Steu- erlich wäre daher zumindest denkbar, den Buchverlust im Rahmen der Kantons- und Gemeindesteuer zu berücksichtigen, durch den dann der auf dem anderen Grundstückteil erzielte Gewinn gemindert würde. Wird hingegen der Variante "gemeinsame Bilanzierung" gefolgt, so ergibt sich einzig ein Buchgewinn, nämlich der Unter- schied zwischen den gesamten Anlagekosten und dem gesamten Restbuchwert. 2.4.3. Es überzeugt zum einen nicht, dass die steuerlichen Konsequen- zen eines wirtschaftlich identischen Vorgangs verschieden sein sollen, zumal es hier nicht um verschiedene Rechtsgestaltungen, son- dern lediglich um unterschiedliche Verbuchungsvarianten geht. Ge- gen ein solches Ergebnis spricht aber auch die Auslegung von § 27 Abs. 4 StG (bzw. Art. 18 Abs. 4 DBG). Obwohl in der Literatur im Zusammenhang mit diesen Normen regelmässig von wieder einge- brachten Abschreibungen gesprochen (vgl. J ULIA VON A H , a.a.O., § 27 N 163; P ETER L OCHER , Kommentar zum DBG, I. Teil, Therwil 2001, Art. 18 N 186 spricht immerhin von "sog." wieder ein- gebrachten Abschreibungen) und damit suggeriert wird, es würden Abschreibungen, die sich im Nachhinein als nicht notwendig erwie- sen, wertmässig wieder eingeholt und der Besteuerung unterworfen (als Kompensation zur früheren Steuerwirksamkeit der Abschrei- bung), findet sich für eine solche, im Ergebnis einschränkende Auslegung von § 27 Abs. 4 StG (bzw. Art. 18 Abs. 4 DBG) kein An- haltspunkt im Wortlaut der Bestimmung. Dort ist nämlich nicht etwa von wieder eingebrachten Abschreibungen die Rede, sondern allein von einer Zurechnung zu den steuerbaren Einkünften "bis zur Höhe der Anlagekosten". Für die Besteuerung kommt es demnach nicht darauf an, wie Teile eines Grundstücks buchhalterisch behandelt wer- den, wenn die Liegenschaft als Ganze ins Privatvermögen überführt 2016 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 102 oder veräussert wird. Für diese Lösung sprechen im Übrigen neben dem Wortlaut von § 27 Abs. 4 StG (bzw. Art. 18 Abs. 4 DBG) auch Rechtsgleichheits- und Praktikabilitätsüberlegungen (vgl. so bereits zur Frage der unterschiedlichen buchhalterischen Behandlung von Grundstück und darauf befindlicher Baute WBE.2008.385 Erw. 5.3.4). 2.4.4. Hinzu kommt hier, dass die Beschwerdeführer für die ins Privatvermögen überführte Parzelle nur ein einziges Konto in der Buchhaltung ihres Landwirtschaftsunternehmens eingestellt hatten. Auch wenn offenbar für Wohnhaus und Scheune getrennte Abschrei- bungstabellen geführt wurden, fällt daher von vornherein ausser Be- tracht, für einen Teil der ins Privatvermögen überführten Parzelle einen Verlust anzunehmen, welcher den bis zur Höhe der Anlage- kosten des anderen Grundstückteils erzielten Gewinn schmälern würde.
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2014 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 161 27 Mobilfunkantenne; ideelle Immissionen Standortbeschränkungen (Kaskadenmodell) finden einzig auf visuell wahrnehmbare Antennen Anwendung. Urteil des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 1. Mai 2014 in Sachen Einwohnergemeinde A. gegen B. und Regierungsrat (WBE.2009.17). Aus den Erwägungen 3.3. § 79a BNO lautet: " 1 Für die Erstellung von Mobilfunkantennen, welche in der Umgebung als solche erkennbar sind, werden die Bauzonen in verschiedene Prioritäten eingeteilt. 2 Eine Mobilfunkantenne in Bauzonen, welche in der Umgebung als solche erkennbar ist, darf In erster Priorität in den Gewerbezonen G und in den Zonen für öffentliche Bauten entlang der Suhre, 2014 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 162 In zweiter Priorität in den Wohn- und Gewerbezonen WG3 und in den Kernzonen K, In dritter Priorität in den Wohnzonen W1, W2, W3, in der Spezialzone Becket SP, in den übrigen Zonen für öffentliche Bauten und in den Zonen für öffentliche Anlagen erstellt werden. In den Bauzonen untergeordneter Priorität kann eine als sol- che erkennbare Mobilfunkantenne nur erstellt werden, wenn ihre Erstellung in den Bauzonen übergeordneter Priorität nicht möglich ist. Zudem kann in den Wohnzonen W1, W2, W3 und in der Spezialzone Becket eine als solche erkennbare Mobil- funkantenne nur erstellt werden, wenn sie vorwiegend die Versorgung dieser Zonen bezweckt. 3 Eine neue Mobilfunkantenne in Bauzonen, welche in der Umgebung als sol- che erkennbar ist, muss mit einer bestehenden Antenne koordiniert werden, falls dies möglich ist. Falls die neue Antenne auch in einer Bauzone übergeordneter oder glei- cher Priorität möglich wäre, ist - unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingun- gen - in umfassender Interessenabwägung zu entscheiden, ob sie dort zu erstellen oder mit der bestehenden Antenne zu koordinieren ist. (...)" 3.4. Gemäss dem ursprünglich von der Gemeindeversammlung A. beschlossenen § 79 Abs. 3 BNO sollten Mobilfunkanlagen nur in der Gewerbezone C. mit mindestens 60 m Abstand zu den übrigen Bauzonen zulässig sein. Die dagegen erhobenen Beschwerden hiess der Regierungsrat gut und wies die Bestimmung zur Neubeurteilung an den Gemeinderat zurück. Laut Planungsbericht erwog der Regie- rungsrat, die Versorgungssicherheit sei zwar durch die Standortbe- schränkung nicht gefährdet, dennoch stelle die Beschränkung einen unverhältnismässigen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit der Be- schwerdegegnerin dar. Der Regierungsrat lehnte sich u.a. an das Ur- teil des Bundesgerichts vom 21. Mai 2012 (1C_51/2012, 1C_71/2012). Gestützt auf den Entscheid des Regierungsrats be- schloss der Gemeinderat am 10. Dezember 2012 den neuen Art. 79a BNO. Im genannten Urteil vom 21. Mai 2012 hatte das Bundesgericht die von der Gemeinde Hinwil erlassene Regelung bezüglich Standortsteuerung von Mobilfunkanlagen zu beurteilen. Die ange- fochtene Bestimmung sollte auf alle - visuell wahrnehmbare und 2014 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 163 nicht erkennbare - Mobilfunkantennen Anwendung finden. Laut Bundesgericht treffe es zwar zu, dass auch das blosse Wissen um eine kaschierte, nicht wahrnehmbare Anlage in der unmittelbaren Nachbarschaft unerwünschte Auswirkungen habe. In diesen Fällen erscheine jedoch das öffentliche Interesse an der Verhinderung ideel- ler Immissionen derart gering, dass die Beschränkung der Standort- wahl unverhältnismässig werde. Es mache psychologisch einen Unterschied, ob die Mobilfunkanlage den Bewohnern unmittelbar vor Augen stehe oder nicht. Auch kaschierte Mobilfunkanlagen könnten Angst machen, wenn man ihren Standort kenne und sich vor ihrer Strahlung fürchte. Es gehe aber gerade nicht um den Schutz vor nichtionisierender Strahlung für welchen die Gemeinde nicht zustän- dig sei, sondern um den Schutz vor ideellen Immissionen. Diese knüpften nicht an die Strahlungsintensität, sondern in erster Linie an den für die Anwohner wahrnehmbaren Antennenstandort an, der negative Empfindungen und Reaktionen hervorrufen könne. Der Planungsbericht zu § 79a BNO verweist auf die Erwägun- gen des Bundesgerichts und hält ausdrücklich fest, die neue Rege- lung bzw. die Standortbeschränkung solle einzig auf die visuell wahrnehmbaren Antennen Anwendung finden. Soweit der Gemein- derat nun in seiner Eingabe vom 16. Dezember 2013 erklärt, die neue Bestimmung müsse umfassender ausgelegt werden und nicht nur auf visuell wahrnehmbare Antennen beschränkt werden, widerspricht er der im Planungsbericht eindeutig wiedergegebenen Auffassung des kommunalen Gesetzgebers. Festgehalten wurde, dass die Gemeinde die höchstrichterlichen Ausführungen zu den ideellen Auswirkungen von Mobilfunkanlagen zwar nicht teile, jedoch eine mit der bun- desgerichtlichen Rechtsprechung konforme Regelung erlassen wolle. Eine Auslegung, wie sie der Gemeinderat nun im konkreten Fall gel- tend macht, wäre mit dem Wortlaut sowie mit Sinn und Zweck der Norm deshalb nicht vereinbar. Die Unterscheidung zwischen "visuell wahrnehmbare" und "in der Umgebung als solche erkennbare" Anla- gen, wie sie der Gemeinderat zur Begründung seines Standpunktes vorträgt, erscheint mit Blick auf die im Planungsbericht klar wiedergegebene Absicht des kommunalen Gesetzgebers als rabulis- tisch. Schliesslich kann der Gemeinderat auch aus dem Wortlaut von 2014 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 164 § 79a Abs. 4 BNO, welcher das Verfahren der Standortevaluation nach § 79 Abs. 1 - 3 BNO regelt, nichts zu seinem Gunsten ableiten. Gleiches gilt für den Hinweis auf § 26 EG UWR, welcher im Zeit- punkt der Gesuchseinreichung noch nicht in Kraft war und für das vorliegende Verfahren ohne Belang ist. 3.5. Massgebend ist nach dem Gesagten, ob die streitbetroffene Mobilfunkanlage in der Umgebung als solche erkennbar ist oder nicht. Nur wenn sie als Antenne visuell wahrnehmbar ist, kommt § 79a BNO zur Anwendung. 4. Gemäss den Baugesuchsunterlagen soll die Mobilfunkanlage auf dem Dach des Mehrfamilienhauses neben dem Dachfirst als sogenannte Rohrantenne realisiert werden. Diese besteht aus einem ca. 2 m hohen Mast mit drei Antennen. Letztere sind nicht extern am Mast befestigt, sondern in eine zylinderförmige, glasfaserverstärkte Kunststoffummantelung gehüllt, welche einen Durchmesser von bis zu 28 cm aufweist. In rund 11 m Distanz auf gleicher Höhe sind auf dem Giebeldach zwei trommelförmige Richtstrahlantennen vorgese- hen. Die Trommeln sollen mit einer blassbraunen 75 cm breiten, 1.55 m langen und bis zu 1.30 hohen Haube eingekleidet werden. Die geplante Mobilfunkanlage unterscheidet sich in Form und Gestalt grundsätzlich von herkömmlichen Mobilfunkantennen. An- statt die einzelnen Antennenkörper mehr oder weniger entfernt von einem Antennenmast gut sichtbar zu installieren, sind die Antennen- module im Mast bzw. als Rohrantenne integriert. Dadurch sind sie als solche nicht wahrzunehmen und treten visuell nicht in Erschei- nung. Das neue Element auf dem Dach erscheint als vertikaler Dach- aufbau, der in seiner Wirkung an einen runden Kamin erinnert. Auch die eingekleideten Richtfunkantennen sind nicht als solche zu erken- nen. Durch die Ummantelung tritt die typische Trommelform der Richtfunkantenne äusserlich nicht in Erscheinung. Sie wird aus der Umgebung als Dachaufbau, z.B. als Kamin, Lüftungseinrichtung, Liftaufbau usw. wahrgenommen. Die geplante Mobilfunkanlage ist weniger auffällig als herkömmliche Mobilfunkanlagen. Die Projektpläne, insbesondere 2014 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 165 die Seitenansichten zeigen, dass der sichtbare Teil der Anlage in ei- ner normalen Dachlandschaft als übliche Dachaufbaute, als Kamin, Lüftungseinrichtung oder andere technische Dachaufbaute in Erscheinung tritt. Ist die Mobilfunkanlage in der Umgebung nicht als solche erkennbar, kommt § 79a BNO nicht zur Anwendung und die in diesem Zusammenhang vom Gemeinderat vorgebrachten Rügen sind folglich hinfällig.
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2008 Verwaltungsgericht 308 [...] 57 Rechtliches Gehör. - Gewährung des rechtlichen Gehörs in dringenden Fällen. Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 15. September 2008 in Sachen X. gegen den Regierungsrat (WBE.2008.220). Aus den Erwägungen 1. 1.1. Die Beschwerdeführerin macht eine Verletzung elementarer Verfahrensrechte geltend und verlangt die Wiedererteilung der auf- schiebenden Wirkung wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs. Ihr sei keine Einsicht in sämtliche Akten gewährt worden und sie habe zur beabsichtigten Disziplinarmassnahme der Verwaltung nicht Stel- lung nehmen können. Die Eröffnung der Massnahme an "Ort und Stelle" könne nicht als Gewährung des rechtlichen Gehörs bezeichnet werden. 2008 Verwaltungsrechtspflege 309 1.2. Der Umfang des Anspruchs auf rechtliches Gehör wird zu- nächst durch die kantonalen Verfahrensvorschriften umschrieben. Erst wo sich dieser Rechtsschutz als ungenügend erweist, greifen die unmittelbar aus Art. 29 Abs. 2 BV folgenden bundesrechtlichen Mi- nimalgarantien Platz (BGE 129 I 232 Erw. 3.2 mit Hinweisen; 124 I 241 Erw. 2; AGVE 2003, S. 155 mit Hinweisen). Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst insbesondere den Anspruch auf Anhörung vor Erlass einer Verfügung oder eines Ent- scheids. Den Betroffenen ist Gelegenheit zu geben, sich in Kenntnis des Sachverhalts (§ 15 Abs. 2 VRPG) mündlich oder schriftlich zu äussern, wenn dies besonders vorgeschrieben ist oder wenn ihnen Nachteile erwachsen könnten, die durch nachträgliche Aufhebung der Verfügung oder des Entscheids nicht wieder zu beseitigen wären (§ 15 Abs. 1 VRPG). Der aus Art. 29 Abs. 2 BV abgeleitete Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst die Rechte der Parteien auf Teilnahme am Verfahren und auf Einflussnahme auf den Prozess der Entscheid- findung. In diesem Sinne dient das rechtliche Gehör einerseits der Sachaufklärung, andererseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheids dar, der in die Rechtsstellung des Einzelnen eingreift. Dazu gehört auch das Recht, an der Erhebung wesentlicher Beweise mitzuwirken oder sich zumin- dest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen (BGE 124 I 241 Erw. 2 mit Hinweisen). Das Äusserungsrecht hat eine Hinweis- und Warnfunktion, indem es vor überraschenden Entscheidungen schützt und so Ausdruck eines fairen Verfahrens ist (Michele Albertini, Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren des modernen Staates, Bern 2000, S. 259 mit Hinweisen; AGVE 2003, S. 155; 2000, S. 292, je mit Hinweisen). 1.3. Die Inspektion fand am 20. Juni 2008 in der Praxis der Be- schwerdeführerin statt. Sie begann um 09.00 Uhr und dauerte bis 11.30 Uhr. Der Beschwerdeführerin wurde das Vorgehen bei Beginn erläutert und begründet. Die Beschwerdeführerin erklärte sich mit dem Vorgehen einverstanden. Nach der Besichtigung der Praxis- 2008 Verwaltungsgericht 310 räumlichkeiten fand die Befragung der Beschwerdeführerin durch den Kantonsarzt statt, eine Juristin des Rechtsdienstes des DGS be- fragte die medizinische Praxisassistentin. Themen der Befragung der Beschwerdeführerin waren die Schwangerschaftsabbrüche in der Klinik Z. , die Operationen in der Praxis und in der Klinik sowie ein- zelne Operationsberichte. Die Beschwerdeführerin hat sich zu den Vorhalten geäussert und auch zur Missachtung des Operationsverbots Stellung genommen. Mündlich eröffnete der Kantonsarzt der Be- schwerdeführerin anschliessend die Einleitung des Disziplinarverfah- rens und den vorsorglichen Entzug der Berufsausübungsbewilligung wie auch den Entzug der Suspensivwirkung einer allfälligen Be- schwerde. Die angefochtene (schriftliche) Verfügung vom 20. Juni 2008 wurde der Beschwerdeführerin im Anschluss an die Praxisinspektion gleichentags per Fax zugestellt. 1.4. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die Verfahrens- garantien der Beschwerdeführerin gewahrt wurden. Sie konnte sich insbesondere zum massgeblichen Sachverhalt, die Missachtung des Verbotes jeglicher operativer Eingriffe, äussern und auch zum vor- sorglichen Berufsausübungsverbot Stellung nehmen. Angesichts der in Frage stehenden Missachtung eines rechtskräftigen Verbots zur Durchführung operativer Tätigkeiten ist auch nicht zu beanstanden, dass der Beschwerdeführerin die Praxisinspektion, deren Gegenstand und die allfällige Einleitung des Disziplinarverfahrens nicht vor dem 20. Juni 2008 angekündigt wurde. Nachdem die Meldungen der Strafverfolgungsbehörden eindeutige Anhaltspunkte für eine Miss- achtung des Operationsverbots enthielten, war die Praxisinspektion unangemeldet durchzuführen. Für die Gewährung des rechtlichen Gehörs und der Mitwirkungsrechte genügte es unter diesen Umstän- den, dass die Beschwerdeführerin an der Praxisinspektion teilnehmen und sich zu den Feststellungen des Kantonsarztes, zum vorgesehenen vorsorglichen Verbot der Berufsausübung sowie zum Entzug des Suspensiveffekts äussern konnte (vgl. BGE 113 Ia 81 Erw. 3a mit Hinweisen; § 15 Abs. 1 VRPG). 2008 Verwaltungsrechtspflege 311 Anlässlich der Praxisinspektion ergab sich, dass die Operation der Patientin U. am 25. Juni 2008 in der Praxis geplant war, sodass die Aufsichtsbehörde zu "raschem Handeln" verpflichtet war. Die mündliche Eröffnung der vorgesehenen Massnahme und die Zustel- lung der schriftlichen Verfügung - im Einverständnis der Beschwer- deführerin mittels Telefax - am gleichen Tag sind daher nicht zu be- anstanden. Steht eine Gefährdung, insbesondere von polizeilichen Schutzgütern unmittelbar bevor, kann eine vorgängige Anhörung unterbleiben (§ 15 Abs. 3 VRPG; Albertini, a.a.O., S. 308 f. mit Hinweisen).
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2012 Kantonale Steuern 97 II. Kantonale Steuern 14 Berufskostenabzug - Zulässigkeit von Pauschalierungen im Einkommenssteuerrecht als Massenfallrecht (Erw. 3.2) - Die Steuerbehörden dürfen für die Berechnung der Fahrzeiten auf einen einzigen Routenplaner (z. Z. Twixroute) abstellen (Erw. 3.3). Urteil des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 14. November 2012 in Sa- chen H.D. und Y.D. (WBE.2012.133). Sachverhalt Der mit Y.D. verheiratete H.D. arbeitete im Jahr 2009 als Buch- halter bei der X.AG. Am 3. September 2010 veranlagte die Steuer- kommission Z. die Eheleute H.D. und Y.D. für die Kantons- und Gemeindesteuern 2009 zu einem steuerbaren Einkommen von Fr. 90'400.00. Dabei akzeptierte sie die in der Selbstdeklaration als Berufsauslagen geltend gemachten Fahrkosten für das Privatfahrzeug von Fr. 11'140.00 nicht. Stattdessen wurden für den Arbeitsweg Fahr- kosten für die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel im Umfang von Fr. 804.00 (Kosten U-Abo des Tarifverbunds Nordwestschweiz) gewährt. Aus den Erwägungen 3.2. Das Einkommenssteuerrecht ist Massenfallrecht und muss des- halb einfach und erhebungswirtschaftlich konzipiert sein. In steuer- rechtlichen Angelegenheiten ist stets ein tragfähiger Kompromiss zwischen der nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip sachgerechten, 2012 Verwaltungsgericht 98 differenzierenden Lösung und dem faktisch Möglichen anzustreben (M ARKUS R EICH , Steuerrecht, 2. Auflage, Zürich 2012, § 4 N 145 mit Hinweisen). Bei der Auslegung steuerrechtlicher Normen ist somit fortwährend dem Aspekt der praktischen Durchführbarkeit gebührend Rechnung zu tragen. Mit Pauschalierungen können die Steuerbehörden auf die Überprüfung der konkreten Verhältnisse im Einzelfall verzichten und ihren Berechnungen einen typischen Durchschnittssachverhalt zu Grunde legen, sodass aufwändige Nach- forschungen und Belegsammlungen für Steuerbehörden und Steuer- pflichtige vermieden werden können (vgl. auch Urteil des Bundes- gerichts vom 25. Oktober 2011 [2C_343/2011], Erw. 2.3, publ. in ASA 80, S. 621). In Anbetracht des grossen Arbeitsanfalls der Steu- erbehörden kann nicht jeder Verästelung des Einzelfalls nachgegan- gen werden (P ETER L OCHER , Praktikabilität im Steuerrecht (unter besonderer Berücksichtigung des materiellen Rechts der direkten Steuern), in: F RANCIS C AGIANUT /K LAUS A. V ALLENDER [Hrsg.], Steuerrecht, Ausgewählte Probleme am Ende des 20. Jahrhunderts, Festschrift zum 65. Geburtstag von Ernst Höhn, Bern 1995, S. 191). Mit Blick auf Fragen der Beweiserhebung und -würdigung ist im Steuerverfahren, und zwar auch im Steuerjustizverfahren, diesem Charakter des Steuerverfahrens als Massenverfahren Rechnung zu tragen. Im Interesse einer gesetzmässigen und rechtsgleichen Be- steuerung hat die Steuerbehörde somit trotz grundsätzlicher Geltung des Untersuchungsgrundsatzes die Ermittlungsintensität des je- weiligen Einzelfalles stets an der praktischen Realisierbarkeit des Gesamtvollzugs auszurichten (vgl. R OMAN S EER , Reform des Veran- lagungsverfahrens, Steuer und Wirtschaft 2003, S. 41f.; M ARKUS B ERGER , Voraussetzungen und Anfechtung der Ermessensveranla- gung, ASA 75, S. 187). 3.3. Im Hinblick auf die Bestimmung der täglichen Fahrtdauer des Arbeitswegs mit dem Privatfahrzeug lässt sich nach dem Gesagten festhalten, dass die Steuerbehörden auf die Berechnungen eines ein- zigen Routenplaners abstellen dürfen, ohne weitere Angaben anderer Fahrzeitberechnungsprogramme zu berücksichtigen. In einem Mas- senverfahren kann es im Sinne der Praktikabilität nicht Aufgabe der 2012 Kantonale Steuern 99 Steuerbehörden sein, in jedem Einzelfall zu untersuchen, gemäss welchem Routenplaner der fragliche Arbeitsweg am schnellsten zurückgelegt würde, oder sogar sämtliche Routenplaner - welche heutzutage im Internet unzählig und teils kostenlos vorhanden sind - zu konsultieren und den Mittelwert der unterschiedlichen Fahrzeit- angaben zu berechnen. Aus Gründen der rechtsgleichen Behandlung aller Steuerpflich- tigen, aber auch aus Gründen der Praktikabilität drängt es sich auf, dass die Veranlagungsbehörden immer auf das gleiche Programm abstellen. Für die Berechnung der Fahrzeiten verwenden praxis- gemäss alle Steuerbehörden des Kantons Aargau das Computerpro- gramm "TwixRoute" (Grundsatzentscheid des Steuerrekursgerichts in AGVE 2006 S. 295). Darauf wird seit der Steuerperiode 2007 auch jeweils in der Wegleitung zur Steuererklärung hingewiesen (vgl. Hinweis in der Wegleitung 2007, S. 18: "Zur Berechnung der Distanzen in km für den Arbeitsweg wird auf das Programm Twix- route abgestellt."). Überdies ist "TwixRoute" im Vergleich zu den an- deren vom Beschwerdeführer und der Vorinstanz genannten Routen- planern (...) - soweit ersichtlich - das einzige Programm, bei wel- chem die der Zeitberechnung zugrundeliegenden Durchschnitts- geschwindigkeiten für die unterschiedlichen Höchstgeschwindig- keitszonen (Autobahn, Fernverkehrsstrasse, Hauptverkehrsstrasse etc.) einsehbar sind. Bei "TwixRoute" ist damit anhand der offen gelegten Durchschnittsgeschwindigkeiten eine nähere Überprüfung der errechneten Fahrtdauer möglich. Nach Gesagtem ist nicht zu beanstanden, insbesondere mit Blick auf Rechtsgleichheitsüber- legungen, dass die Vorinstanz sowie die Veranlagungsbehörde für die Berechnung der täglichen Fahrtdauer mit dem Privatfahrzeug einzig auf die Angaben des Programms "TwixRoute" abgestellt haben, ohne die Zeitangaben anderer Routenplaner zu berücksichtigen. 3.4. Dies hat aber nicht zur Folge, dass die aus dem Routenplaner "TwixRoute" resultierenden Fahrzeiten nicht überprüft werden kön- nen. Dabei kann es indes lediglich darum gehen, relevante und kon- krete Abweichungen im Einzelfall (z.B. falscher Start- oder Zielort, 2012 Verwaltungsgericht 100 nicht berücksichtigte Fahrverbote, falsche Geschwindigkeiten, neue Strassen, etc.) darzulegen und zu belegen (...).
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2010 Schulrecht 221 IX. Schulrecht 41 Übertritt von der Real- in die Sekundarschule. - Fähigkeiten und Kompetenzen können nicht nur mit der Über- trittsempfehlung nachgewiesen werden. - Berücksichtigung der Leistungen in der höheren Schulstufe, wenn der Übertritt im Beschwerdeverfahren vorsorglich gestattet wurde. Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 1. Juni 2010 in Sachen S.B. gegen Schulpflege B. und Regierungsrat (WBE.2009.348). Sachverhalt (Zusammenfassung) P.B. (...), besuchte im Schuljahr 2008/2009 die 3. Klasse der Realschule B.. Mit Verfügung vom 23. März 2009 lehnte die Schul- pflege B. einen prüfungsfreien Übertritt von P. B. in die 3. Klasse der Sekundarschule ab. Mit Präsidialverfügung vom 15. Juli 2009 entschied der Regie- rungsrat, P.B. für die Dauer des Beschwerdeverfahrens im Sinne ei- ner vorsorglichen Massnahme den Besuch der 3. Klasse der Sekun- darschule B. zu gestatten. Mit Entscheid des Regierungsrats vom 16. September 2009 wurde die Beschwerde abgewiesen und P.B. der 4. Klasse der Real- schule (wieder) zugewiesen. Aus den Erwägungen 1. - 2. (...) 3. 3.1. (...) 2010 Verwaltungsgericht 222 3.2. 3.2.1 Nach Auffassung der Vorinstanz dürfen die während der Dauer eines Beschwerdeverfahrens nach einem vorsorglich gestatteten Übertritt in die beantragte höhere Schulstufe erbrachten Leistungen in der Regel keine Berücksichtigung finden. Bei Promotionsent- scheiden könne es grundsätzlich nur auf die im Aufnahmeverfahren erbrachten Leistungen - d.h. die Leistungen im Zeitpunkt des ur- sprünglichen Entscheids - ankommen, da andernfalls die Durchset- zung der Promotionsbestimmungen in Frage gestellt würden. Der Grundsatz der Nichtberücksichtigung nachträglicher Leis- tungen kann indessen nicht ausnahmslos gelten. So hat die publi- zierte Praxis des Regierungsrats Ausnahmen von diesem Grundsatz anerkannt und die Leistungen in der höheren Schulstufe mitberück- sichtigt (vgl. AGVE 1990, S. 494 f.). Auch eine abweichende Beur- teilung der Lehrpersonen der höheren Schulstufe wurde als Aus- nahmetatbestand anerkannt (AGVE 2005, S. 595 f. mit Hinweisen auf unpublizierte Entscheide). 3.2.2. Unbestritten ist, dass P.B. die für eine Empfehlung vorausge- setzte Sachkompetenz, d.h. den erforderlichen Notendurchschnitt, er- reichte. Der Umstand, dass einem Mitschüler mit einem höheren Notendurchschnitt eine Empfehlung versagt blieb, bestätigt lediglich die Praxis, dass die Empfehlung massgeblich von der Beurteilung der andern Kompetenzen abhängig ist, kann aber für die Beurteilung im vorliegenden Fall nicht massgebend sein. Selbst- und Sozialkompe- tenz sind in höchstem Masse individuelle Faktoren, welche, wie die Prognose hinsichtlich des Verbleibs in der höheren Schulstufe, nur für den jeweils betroffenen Schüler erstellt werden können. Sowenig wie der Notendurchschnitt allein die Empfehlung begründen kann, sowenig vermag die Beurteilung eines andern Schülers mit höherem Leistungsausweis die Empfehlung im vorliegenden Fall zum vorn- herein ausschliessen. Die Beurteilung der Selbst- und Sozialkompetenz wurde durch die Lehrpersonen, welche P.B. in der Realschule unterrichteten, ge- meinsam vorgenommen und sie war einstimmig. Auch für das Ver- 2010 Schulrecht 223 waltungsgericht sind keine Ermessensüberschreitung, Verfahrens- fehler oder gar Willkür in dieser Beurteilung zu erkennen. (...). Dies ändert aber nichts an der naturgemässen Subjektivität einer Beurtei- lung von persönlichkeitsrelevanten Aspekten und am Umstand, dass es sich bei dieser Beurteilung um Prognosen handelt. 3.2.3. Ausgangspunkt für die Frage, ob und inwieweit die Schul- situation bei einem vorsorglich gestatteten Übertritt in die höhere Schulstufe zu berücksichtigen sind, bilden die Bestimmungen des Schulrechts. Gemäss § 3 Abs. 1 SchulG haben Kinder und Jugend- liche das Recht, diejenigen öffentlichen Schulen zu besuchen, die ih- ren Fähigkeiten entsprechen und deren Anforderungen sie erfüllen. Dieser Grundsatz wird in weiteren Bestimmungen verdeutlicht: Die Schüler besuchen den Schultyp, dessen Anforderungen sie erfüllen (§ 24 Teilsatz 1 SchulG); für den Übertritt in die höhere Stufe sind die Voraussetzungen von den Schulen und Schulbehörden zu schaf- fen (§ 24 Teilsatz 2 SchulG). Diese Bestimmungen konkretisieren den verfassungsrechtlichen Anspruch jedes Kindes auf eine ange- messene Bildung, die seinen Fähigkeiten entspricht (§ 28 Abs. 1 KV). Die Übertrittsprüfungsverordnung sieht für die Beurteilung der Fähigkeiten und der Möglichkeit der Schülerinnen und Schüler zum Nachweis der ausreichenden Fähigkeiten für die Anforderungen der Sekundarschule die Prüfung und die Empfehlung vor. Bei der Prü- fung finden Sozial- und Selbstkompetenz höchstens indirekt - über das Prüfungsergebnis und jedenfalls nur sehr eingeschränkt - Ein- gang in die Beurteilung. In jedem Fall erfolgt die Promotion proviso- risch und Schülerinnen und Schüler haben im 1. Halbjahr eine Pro- bezeit zu bestehen (§ 14 Abs. 1 i.V.m. § 16 der Promotionsordnung für die Volksschule vom 16. Juli 1990 [SAR 421.351]). Diese Regelung lässt zumindest erkennen, dass für die Prognose hinsichtlich des Verbleibs in einer höheren Schulstufe die Leistungen im Vordergrund stehen und das Genügen an die Anforderungen in der Probezeit nachzuweisen ist. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich insbesondere nicht, dass die Fähigkeiten und Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler nur mit Prüfung oder Empfehlung nach- 2010 Verwaltungsgericht 224 gewiesen werden können und einen Tatbeweis ausschliessen. Die Abklärung der Leistungen und des Verhaltens von P.B. in der Se- kundarschule kann daher bei einem vorsorglich erlaubten Übertritt nicht wegen einer kurzen zeitlichen Dauer unterbleiben. Gerade der Umstand, dass die "weichen" Beurteilungskriterien bei der Empfeh- lung den Ausschlag geben und prognostischen Charakter haben, erfordert in jenen Fällen, wo die Möglichkeit besteht, die Prognose zu überprüfen, dass die Beurteilung der Lehrpersonen der höheren Schulstufe eingeholt wird. Die Sachverhaltsermittlung von der zeitli- chen Dauer des Besuchs der höheren Schulstufe abhängig zu ma- chen, ist auch antizipierend mit dem Untersuchungsgrundsatz (§ 17 Abs. 1 VRPG) nicht vereinbar. 3.3. 3.3.1. (...) 3.3.2. Der Klassenlehrer von P.B in der Sekundarschule hat in zwei Berichten auch das Sozialverhalten und die Selbstkompetenz zur Hauptsache mit "gut" beurteilt. (...) P.B. hat die Probezeit bestanden, weshalb er bei diesen Leistungen das Recht hat, die Sekundarschule abzuschliessen. Er erfüllt die Anforderungen der Sekundarschule und wurde definitiv befördert. Seine Fähigkeiten entsprechen den Voraus- setzungen dieser Grundausbildung (vgl. auch § 21 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Volksschule vom 29. April 1985; [V Volks- schule; SAR 421.311]). Entsprechend sind die Behörden verpflichtet, den Übertritt in diesen Oberstufentyp zu gewährleisten (vgl. auch § 21 Abs. 2 Satz 2 V Volksschule). Es ist nicht nur stossend, einen vorsorglich aufgenommenen Schüler, der sich durch besondere Anstrengungen einen Verbleib in dieser Klasse zu erarbeiten erhofft und dabei nicht nur genügende, sondern gute Leistungen erbringt, aus formellen Gründen des Rechtsmittelverfahrens zu relegieren (vgl. AGVE 2005, S. 594 f.). Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts braucht es auch keine Ausnahmegründe (vgl. AGVE 1990, S. 495), um eine weit zuverläs- sigere Beurteilungsgrundlage als die Empfehlung der Lehrperson beizuziehen. Eine Mitberücksichtigung der in der Sekundarschule erbrachten Leistungen und des Verhaltens der betroffenen Schüler ist 2010 Schulrecht 225 aufgrund der Bestimmungen in § 3 und § 24 SchulG sogar geboten. (...)
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2008 Verwaltungsrechtspflege 303 [...] 54 Beschwerdelegitimation. - Beschwerdelegitimation der Gemeinde in Sozialhilfesachen. Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 20. Juni 2008 in Sachen Einwohnergemeinde X. gegen das Bezirksamt Aarau (WBE.2008.79). Aus den Erwägungen 2. Die als Vorinstanz am Verfahren beteiligte Behörde kann nur dann Beschwerde führen, wenn sie ein eigenes Interesse hat oder ihr die Beschwerdebefugnis durch besondere Bestimmungen verliehen worden ist (§ 58 Abs. 4 SPG i.V.m. § 38 Abs. 2 VRPG; Michael Merker, Rechtsmittel, Klage und Normenkontrollverfahren nach dem aargauischen Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege [Kommentar zu den §§ 38-72 VRPG], Diss. Zürich 1998, § 38 N 205). Ein eigenes Interesse des Gemeinderats als Behörde ist nicht er- sichtlich und wird in der Beschwerde auch nicht geltend gemacht (vgl. AGVE 1989, S. 307 f.). Hingegen handelt der Gemeinderat für die Einwohnergemeinde X. als verpflichtete Wohnsitzgemeinde i.S.v. § 6 Abs. 1 SPG. Letztere hat am Ausgang des Beschwerdeverfahrens ein schutzwürdiges eigenes Interesse, weil die vorgetragenen Rügen zu einem für sie günstigeren Verfahrensausgang führen könnten (AGVE 1990, S. 329 mit Hinweisen). Sie ist damit zur Beschwerde- führung legitimiert (vgl. zum Ganzen: AGVE 1991, S. 363).
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2001 Kantonales Steuerrecht 203 [...] 48 Geschäftsmässige Begründung von (Verlusten aus) Bürgschaften und Solidarschulden? - Minderheitsbeteiligung des selbstständigerwerbenden Steuerpflich- tigen an einer AG, die seiner Geschäftstätigkeit (Liegenschaften- 2001 Verwaltungsgericht 204 handel) nicht zu dienen vermag. Seine Verpflichtungen zugunsten dieser AG sind nicht geschäftsmässig begründet. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 7. Februar 2001 in Sachen Erben P.M. gegen Entscheid des Steuerrekursgerichts. Publiziert in StE 2001, B 23.2 Nr. 24.
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2009 Einbürgerungen 261 X. Einbürgerungen 48 Rechtsmittelweg gegen ablehnende Bürgerrechtsentscheide der Gemein- deversammlung - Bei der Anfechtung von ablehnenden Entscheiden der Gemeinde- versammlung über ordentliche Einbürgerungen von Ausländern ist der Regelrechtsmittelweg gemäss VRPG einzuhalten, indem zunächst verwaltungsintern Beschwerde zu führen ist und erst anschliessend der Weg ans Verwaltungsgericht offen steht. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 29. September 2009 in Sachen J.G. gegen die Einwohnergemeinde S. (WBE.2009.219). Aus den Erwägungen I. 1. Das Verwaltungsgericht prüft seine Zuständigkeit von Amtes wegen (§ 8 Abs. 1 VRPG). Bestehen - wie hier (siehe hinten Erw. 4.1 ff.) - Zweifel an der Zuständigkeit, führt das Verwaltungsgericht ein Meinungsaustausch- verfahren mit den für die Behandlung der entsprechenden Eingabe in Betracht fallenden Behörden durch (§ 8 Abs. 2 VRPG). Zuständig- keitskonflikte, auch negative Kompetenzkonflikte (keine der im Mei- nungsaustauschverfahren einbezogene Instanz hält sich für zustän- dig), entscheidet das Verwaltungsgericht (§ 9 Abs. 2 VRPG). 2. 2.1. Gemäss § 54 Abs. 1 VRPG ist gegen letztinstanzliche Entschei- de der Verwaltungsbehörden und, wenn vorgesehen, gegen Entschei- de der Spezialverwaltungsgerichte, die Verwaltungsgerichtsbe- schwerde zulässig. Als Vorfrage ist zunächst zu prüfen, ob ein Aus- 2009 Verwaltungsgericht 262 schluss im Sinne des Ausnahmekatalogs gemäss § 54 Abs. 2 VRPG oder nach § 54 Abs. 3 VRPG vorliegt. 2.2. § 54 Abs. 2 VRPG schliesst für verschiedene Sachbereiche aus- drücklich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde aus (vgl. die Aufzäh- lung in § 54 Abs. 2 lit. a - h). Hier liegt keiner der in § 54 Abs. 2 lit. a - h VRPG genannten Ausschlussgründe vor. 2.3. 2.3.1. § 54 Abs. 3 VRPG behält für die Zulässigkeit der Verwaltungs- gerichtsbeschwerde zusätzlich Sonderbestimmungen in anderen Gesetzen vor. In Betracht fällt hier allein das Gesetz vom 22. Dezember 1992 über das Kantons- und Gemeindebürgerrecht (KBüG; SAR 121.100). 2.3.2. Gemäss § 13 KBüG ist der Gemeinderat zuständig für Einbür- gerungen von Schweizerbürgern (ebenso wie für Entlassungen aus dem Kantons- und Gemeindebürgerrecht). Als Rechtsweg gegen sol- che Beschlüsse des Gemeinderats sieht § 16 Abs. 1 erster Satz KBüG die Beschwerde beim Departement Volkswirtschaft und Inneres (DVI) sowie gegen dessen Entscheid die Verwaltungsgerichtsbe- schwerde vor. 2.3.3. Im Gegensatz dazu trifft der Gemeinderat im hier massgeben- den Einbürgerungsverfahren für Ausländer diejenigen Erhebungen, die für die Beurteilung der Einbürgerungsvoraussetzungen erforder- lich sind und legt anschliessend, wenn die Wohnsitzerfordernisse er- füllt sind, das Gesuch der Gemeindeversammlung zur Beschlussfas- sung über die Zusicherung des Gemeindebürgerrechts vor (§ 11 Abs. 2 KBüG). Nach Rechtskraft des (positiven) Beschlusses der Gemeindeversammlung übermittelt der Gemeinderat die Akten dem DVI, welches seinerseits die eidgenössische Einbürgerungsbewilli- gung einholt und dann die Akten mit Bericht und Antrag an die Ein- bürgerungskommission des Grossen Rats weiterleitet (§ 11 Abs. 3 und 4 KBüG). 2009 Einbürgerungen 263 Gegen Entscheide der Gemeindeversammlung, des Einwohner- rats, des Grossen Rats oder der Einbürgerungskommission des Gros- sen Rates ist die Beschwerde gemäss § 16 Abs. 1 zweiter Satz KBüG - im Gegensatz zu § 16 Abs. 1 erster Satz KBüG - generell ausgeschlossen. Mit der genannten Norm besteht somit eine Sonder- bestimmung im Sinne von § 54 Abs. 3 VRPG, welche die Zulässig- keit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde grundsätzlich ausschliesst. 3. 3.1. Gemäss § 54 Abs. 4 VRPG ist indes die Beschwerde auch in den Fällen von Abs. 2 und 3 zulässig, wenn die Verletzung des An- spruchs auf Beurteilung von Streitigkeiten durch eine richterliche Behörde gerügt wird. Mit der Bestimmung soll bereits innerkantonal reagiert werden können, wenn ein Sachgebiet zu Unrecht dem ge- richtlichen Rechtsschutz entzogen worden ist, damit nicht zuerst ein Bundesgerichtsentscheid ergehen muss, der den Kanton zur Ände- rung zwingt (Botschaft des Regierungsrats des Kantons Aargau an den Grossen Rat vom 14. Februar 2007 zum Gesetz über die Ver- waltungsrechtspflege, Bericht und Entwurf zur 1. Beratung [Bot- schaft VRPG], S. 66). 3.2. Der Beschwerdeführer macht zwar nicht ausdrücklich geltend, § 16 Abs. 1 zweiter Satz KBüG verletze den Anspruch auf Beurtei- lung von Streitigkeiten durch eine richterliche Behörde. Dazu be- stand indessen für ihn auch kein Anlass, gelangte er doch erst auf- grund der Rechtsmittelbelehrung in der angefochtenen Verfügung, welche auf die Möglichkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde hinweist, ans Verwaltungsgericht (zur Rechtsmittelbelehrung siehe hinten). Damit geht der Beschwerdeführer (ebenso wie die Gemeinde S., das DVI und der Regierungsrat) der Sache nach davon aus, es müsse entgegen § 16 Abs. 1 zweiter Satz KBüG die Möglichkeit der richterlichen Überprüfung von ablehnenden Entscheiden über die ordentliche Einbürgerung bestehen. Dies ist im Folgenden zu prüfen. 2009 Verwaltungsgericht 264 3.3. 3.3.1. Jede Person hat bei Rechtsstreitigkeiten Anspruch auf Beurtei- lung durch eine richterliche Behörde. Bund und Kantone können durch Gesetz die richterliche Beurteilung in Ausnahmefällen aus- schliessen (Art. 29a BV). Die neuere Lehre und Rechtsprechung (vgl. A NDREAS K LEY , in: St. Galler Kommentar zu Art. 29a BV, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2008, Art. 29a N 34 f. mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts vom 15. Juni 2009 [1D_1/2009], Erw. 2.2) geht davon aus, dass Einbürgerungsentscheide nicht zu den Ausnah- mefällen zählen, für welche der Bund oder die Kantone einen Aus- schluss von der Rechtsweggarantie vorsehen können. Der Ausschluss jeglichen Rechtsschutzes gegen Einbürgerungsentscheide der Gemeindeversammlung gemäss § 16 Abs. 1 zweiter Satz KBüG er- weist sich somit als verfassungswidrig. 3.3.2. Dieses Ergebnis wird ausdrücklich durch die Neufassung von Art. 50 des Bundesgesetzes vom 29. September 1952 über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts (BüG; SR 141.0, Fassung gemäss Ziff. I des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 2007, AS 2008 S. 5911 f., in Kraft seit 1. Januar 2009) bestätigt, der die Kan- tone dazu verpflichtet, Gerichtsbehörden einzusetzen, die als letzte kantonale Instanzen Beschwerden gegen ablehnende Entscheide über die ordentliche Einbürgerung beurteilen (vgl. zum Ausschluss des Rechtsschutzes gegen positive Entscheide: Amtliches Bulletin der Bundesversammlung, Nationalrat [Amtl. Bull. N] 2007, Herbst- session, S. 1579 ff.). Die Notwendigkeit eines derartigen kantonalen Rechtsmittels leitet sich gemäss dem Bericht der staatspolitischen Kommission des Ständerats vom 27. Oktober 2005 zur parlamenta- rischen Initiative des damaligen Ständerats Thomas Pfisterer (nach- folgend Bericht) "insofern aus der Rechtsweggarantie (Art. 29a BV gemäss Justizreform) her, als die Kommission den Entscheid über Gesuche um ordentliche Einbürgerung nicht nur als politischen Akt, sondern auch als individuell-konkreten Rechtsanwendungsakt er- achtet. (...). Art. 50 a BüG zeigt also deutlich die Interpretation des Gesetzgebers, wonach Streitigkeiten im Bereich der ordentlichen 2009 Einbürgerungen 265 Einbürgerung keinen vorwiegend politischen Charakter im Sinne von Art. 86 Abs. 3 des Bundesgerichtsgesetzes haben" (BBl 2005, Nr. 48, S. 6953). Art. 50 BüG ist weiter hinsichtlich des kantonalen Rechtsschutzes so auszulegen, dass es sich um ein oberes kantonales Gericht handeln muss, sofern nur eine gerichtliche Instanz vorgese- hen wird. Dies ergibt sich aus Art. 50 BüG in Verbindung mit den Vorschriften des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110). Gemäss Art. 113 BGG ist gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen über ordentliche Einbürge- rungen die subsidiäre Verfassungsbeschwerde gegeben (vgl. zum Ausschluss der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenhei- ten Art. 83 lit. b BGG). Für die kantonalen Vorinstanzen greift (durch den Verweis in Art. 114 BGG) Art. 86 Abs. 2 BGG, wonach die Kantone als Vorinstanz des Bundesgerichts obere Gerichte einzuset- zen haben. 3.4. Der generelle Ausschluss des Beschwerderechts gemäss § 16 Abs. 1 zweiter Satz KBüG verstösst - wie dargelegt - sowohl gegen Art. 29a BV als auch gegen Art. 50 BüG, da beide Vorschriften auf kantonaler Ebene eine gerichtliche Überprüfung von Einbürgerungs- entscheiden verlangen. Insoweit erweist sich die Beschwerde als be- gründet. Es ist festzustellen, dass der Ausschluss der Verwaltungs- gerichtsbeschwerde gegen negative Entscheide über die ordentliche Einbürgerung gemäss § 54 Abs. 3 VRPG i.V.m. § 16 Abs. 1 zweiter Satz KBüG nicht greift und die Verwaltungsgerichtsbeschwerde bei ablehnenden Entscheiden über die ordentliche Einbürgerung gemäss der Generalklausel von § 54 Abs. 1 VRPG grundsätzlich zulässig ist. 4. 4.1. Das VRPG sieht für die Anfechtung behördlicher Anordnungen als Regel die Möglichkeit der Beschwerde an eine Verwaltungsbe- hörde vor (§ 41 Abs. 1 VRPG; vgl. auch § 50 Abs. 1 und 2 VRPG betreffend die durch den Regierungsrat zu behandelnden Beschwer- den bzw. die Kompetenzdelegation an andere Behörden). Dement- sprechend ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erst gegen letzt- instanzliche Entscheide der Verwaltungsbehörden, d.h. grundsätzlich 2009 Verwaltungsgericht 266 erst nach Ausschöpfung des verwaltungsinternen Rechtsmittels, zulässig (§ 54 Abs. 1 VRPG). Es ergibt sich ein zweistufiger Regel- rechtsmittelweg mit einer verwaltungsinternen und einer verwaltungsexternen Instanz (ebenso Botschaft VRPG, S. 7 f., wo- nach ein ideales Instanzenmodell zwei Rechtsmittelinstanzen umfasst (erste Instanz: Ermessenkontrolle; zweite Instanz: unabhängige rich- terliche Instanz) sowie Protokoll des Grossen Rates [Prot. GR] vom 5. Juni 2007, Art. 1132, S. 2273, Votum Regierungsrat Wernli). Da- mit stellt sich hier die Frage, ob der Entscheid der Gemeindever- sammlung S. vom 18. Juni 2009 nicht zunächst mit Beschwerde beim Regierungsrat anzufechten ist. 4.2. 4.2.1. § 16 Abs. 1 zweiter Satz KBüG schliesst jeglichen Rechtsschutz gegen Entscheide der Gemeindeversammlung über die ordentliche Einbürgerung von Ausländern aus. Die Bestimmung enthält somit ihrem Wortlaut nach nicht nur einen - wie dargelegt unzulässigen - Ausschluss der gerichtlichen Überprüfung entsprechender Ent- scheide der Gemeindeversammlung, sondern sie versperrt darüber hinaus auch den Weg des verwaltungsinternen Rechtsschutzes mittels Beschwerde. Diese Regelung beruht auf der Prämisse, dass es sich beim Ent- scheid über die ordentliche Einbürgerung von Ausländern um einen politischen Akt handelt, welcher wegen seiner Qualität als freier Er- messensentscheid des Souveräns jeglicher Überprüfung entzogen sein soll. Diese Grundlage trägt indessen - wie dargelegt - von Bun- desrechts wegen nicht mehr, sondern es ist im Gegenteil von einer Doppelnatur des Einbürgerungsentscheids als politischer Akt, aber auch als individuell-konkreter Verwaltungsakt auszugehen (siehe vorne Erw. 3.3.2). Daher ist bei der Auslegung von § 16 Abs. 2 KBüG danach zu fragen, wie der Gesetzgeber legiferiert hätte, wenn er um die Unrichtigkeit der Prämisse gewusst hätte, insbesondere ob er in diesem Fall eine direkte Anfechtung beim Verwaltungsgericht vorgesehen, d.h. auch dann die verwaltungsinterne Kontrolle des Einbürgerungsentscheids ausgeschlossen hätte. Eine Antwort auf diese Frage lässt sich aus § 16 Abs. 1 zweiter Satz KBüG naturge- 2009 Einbürgerungen 267 mäss nicht ableiten, da der Gesetzgeber bei Erlass der Bestimmung - damals zu Recht - (noch) von der Prämisse der politischen Natur des Einbürgerungsentscheids ausging und sich damit für ihn diese Frage gar nicht stellte. 4.2.2. Dieses Zwischenergebnis - bundesrechtliche Notwendigkeit ei- ner gerichtlichen Überprüfung, keine Aussage in § 16 Abs. 1 zweiter Satz KBüG darüber, ob der gerichtlichen Überprüfung eine ver- waltungsinterne Kontrolle vorauszugehen hat - steht im Einklang mit den Materialien, insbesondere mit der Behandlung der Frage nach dem Rechtsschutz gegenüber ablehnenden Einbürgerungsentscheiden im Rahmen der Beratung des VRPG durch den Grossen Rat. Der Antrag, Einbürgerungsentscheide in den Ausnahmekatalog von § 54 Abs. 2 VRPG aufzunehmen, wurde abgelehnt, wobei in der Debatte darauf hingewiesen wurde, dass es einen solchen Ausschluss im Verwaltungsrechtspflegegesetz nicht brauche: § 54 Abs. 3 VRPG behalte die Bestimmungen in anderen Gesetzen vor und § 16 KBüG stelle eine solche Bestimmung dar. Im Übrigen wurde darauf hingewiesen, dass ein solcher genereller Ausschluss zu weit führe, da damit auch Schweizer Bürgern die bisher ausdrücklich in § 16 Abs. 1 erster Satz KBüG eingeräumte Möglichkeit der Beschwerde ans Verwaltungsgericht genommen werde (vgl. zum Ganzen: Prot. GR vom 5. Juni 2007, Art. 1132, S. 2272, Votum Stüssi-Lauterburg, S. 2278 f., Voten Hollinger und Regierungsrat Wernli sowie Prot. GR vom 4. Dezember 2007, Art. 1451, S. 3025 f., Voten Stüssi- Lauterburg, Hollinger und Regierungsrat Wernli). Auch der Grosse Rat ging somit bei der Beratung des VRPG noch davon aus, dass der generelle Rechtsmittelausschluss von § 16 Abs. 1 zweiter Satz KBüG bei Entscheiden über die ordentliche Einbürgerung von Ausländern zulässig sei und stellte sich gar nicht die Frage nach der Ausgestaltung des Rechtswegs im Falle der Unzulässigkeit des Rechtsmittelausschlusses. 4.2.3. Vielmehr wurde in der Debatte ausdrücklich hervorgehoben, dass sich allenfalls infolge der Gesetzgebungsarbeiten im Bund (Än- derung des Bürgerrechtsgesetzes) die Notwendigkeit ergeben könne, 2009 Verwaltungsgericht 268 § 16 KBüG zu revidieren. Gerade in diesem Zusammenhang fehlt indessen jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber bereits irgendwelche Überlegungen in Richtung auf eine Durchbrechung des Regelrechtsmittelzugs gemäss VRPG bei der allfällig notwendig werdenden Änderung von § 16 Abs. 1 zweiter Satz KBüG angestellt hätte (vgl. Prot. GR vom 5. Juni 2007, Art. 1132, S. 2278 f., Voten Hollinger und Regierungsrat Wernli). Damit muss insoweit der Regelrechtsmittelzug des Verwaltungsrechtspflegegesetzes gelten. Für die Anwendung dieser Rechtsmittelordnung auch bei der Anfechtung ablehnender Einbürgerungsentscheide sprechen im Üb- rigen neben dem Wortlaut und der Systematik des VRPG weitere gewichtige Gründe: 4.2.3.1. Ein zweistufiger Rechtsschutz gilt auch nach dem Gemeindege- setz, welches in § 105 GG gegen Entscheide von Organen der Ge- meinden (und damit auch der Gemeindeversammlung) zunächst die Verwaltungsbeschwerde vorsieht. 4.2.3.2. In vergleichbarer Weise sind Einwendungen individuell Betrof- fener gegen Beschlüsse der zuständigen Gemeindeorgane (z.B. Ge- meindeversammlung) über Nutzungspläne und -vorschriften zu- nächst beim Regierungsrat anzufechten (vgl. § 26 BauG). 4.2.3.3. Ebenso gilt der zweistufige innerkantonale Regelrechtsmittel- weg gemäss § 16 Abs. 1 erster Satz KBüG i.V.m. § 13 KBüG gegen- über Beschlüssen des Gemeinderats betreffend die Einbürgerung von Inländern sowie Entlassungen aus dem Kantons- und Gemein- debürgerrecht, wobei aufgrund der vorhandenen Kompetenzdelega- tion nicht der Regierungsrat, sondern das DVI als erste Rechtsmit- telinstanz entscheidet (siehe vorne Erw. 2.3.2). 4.2.3.4. Gegen den ordentlichen Regelrechtsmittelweg lässt sich auch nicht einwenden, der Entscheid der Gemeindeversammlung über die ordentliche Einbürgerung von Ausländern stelle einen Volksentscheid dar, der - wenn überhaupt - nur einer gerichtlichen, nicht aber der Überprüfung durch eine Verwaltungsbehörde zugänglich sei, da auch 2009 Einbürgerungen 269 andere Entscheide der Gemeindeversammlung der Beschwerde an den Regierungsrat unterliegen (siehe vorne Erw. 4.2.3.1 und 4.2.3.2). 4.2.4. Diese Auslegung von § 54 Abs. 1 VRPG erweist sich schliess- lich auch als bundesrechtskonform. Den Materialien zu Art. 50 BüG ist nämlich zu entnehmen, dass sich der Bundesgesetzgeber mit der Frage der Ausgestaltung des kantonalen Rechtsmittelzugs nicht be- schäftigt hat. Er wollte vielmehr den Kantonen diesbezüglich freie Hand lassen (vgl. ausdrücklich Bericht, S. 6953, wonach es den Kantone obliegt, die Fragen der Legitimation zur Beschwerde bei der letztinstanzlichen kantonalen Gerichtsinstanz (wie auch deren Überprüfungs- und Entscheidbefugnisse) zu klären; ebenso Amtl. Bull. Ständerat 2005, Wintersession, S. 1141, Votum Inderkum). Insbesondere äusserte sich der Bundesgesetzgeber nicht dazu, ob der von Bundesrechts wegen erforderlichen gerichtlichen Überprüfung ablehnender Entscheide über die ordentliche Einbürgerung ein ver- waltungsinterner Rechtsschutz vorauszugehen hat, sondern er be- schränkte sich auf die (Minimal-)Forderung eines gerichtlichen Rechtschutzes. 4.3. Im Ergebnis und mangels einer anderslautenden spezialgesetzli- chen Lösung ist folglich bei der Anfechtung von ablehnenden Ent- scheiden der Gemeindeversammlung über ordentliche Einbürgerun- gen von Ausländern der Regelrechtsmittelweg gemäss VRPG ein- zuhalten, indem zunächst verwaltungsintern Beschwerde zu führen ist und erst anschliessend der Weg ans Verwaltungsgericht offen steht. Da eine Delegation der Entscheidzuständigkeit vom Regie- rungsrat ans DVI (im Gegensatz zu § 16 Abs. 1 erster Satz KBüG) bisher nicht stattgefunden hat, ist der Regierungsrat für die Be- handlung der Beschwerde zuständig. 4.4. An diesem Ergebnis ändert auch der Umstand nichts, dass der Regelrechtsmittelweg gegen ablehnende Entscheide des Grossen Rats bzw. seiner Einbürgerungskommission über die Erteilung des Kantonsbürgerrechts nicht offensteht. Eine Parallelität des Rechts- mittelwegs, wie sie der Regierungsrat für Entscheide der Gemeinde- 2009 Verwaltungsgericht 270 versammlung bzw. des Einwohnerrats einerseits und des Grossen Rats bzw. seiner Einbürgerungskommission andererseits postuliert, ist nicht geboten. Auch wenn die Erteilung des Gemeinde-, des Kantons- und des Schweizerbürgerrechts materiell und verfahrens- rechtlich miteinander verknüpft sind, werden mit dem jeweiligen Bürgerrecht doch je verschiedene Rechte verliehen bzw. Pflichten auferlegt. Hinzu kommt, dass das Kantonsbürgerrecht gemäss § 11 Abs. 2 und 3 KBüG erst nach Zusicherung des Gemeindebürger- rechts und anschliessender Einholung der eidgenössischen Einbürge- rungsbewilligung (§ 11 Abs. 4 KBüG; diesbezüglich greift gemäss Art. 51 BüG der Regelrechtsmittelweg des Bundesrechts; vgl. dazu T HOMAS H ÄBERLI , in: Basler Kommentar Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, Art. 83 N 49) erteilt wird. Die Situation beim Entscheid des Grossen Rats bzw. der Einbürgerungskommission, der erst zu fällen ist, nachdem - allenfalls nach Beschreitung des Rechts- mittelwegs - rechtskräftig das Gemeindebürgerrecht zugesichert wurde und überdies die rechtskräftige eidgenössische Einbürge- rungsbewilligung vorliegt, stellt sich somit anders dar als jene beim Entscheid über die Zusicherung des Gemeindebürgerrechts.
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AG_VG_001_AGVE-2009-48_2009-09-02
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2005 Kantonale Steuern 129 [...] 31 Grundstückgewinnsteuer. Berechnung der Besitzesdauer (§ 79 aStG). - Berechnung der Besitzesdauer bei einem Teilverkauf nach vorgän- giger Landumlegung. Die unterschiedliche Besitzesdauer der in die Landumlegung eingeworfenen Parzellen ist bei der Neuzuteilungs- parzelle anteilsmässig weiterzuführen. Wird die neue Parzelle aufge- teilt und teilweise veräussert, so ist die Berechnung vorzunehmen, als werde zuerst der Anteil der Parzelle mit der längsten Besitzesdauer - und entsprechend der tiefsten Steuerbelastung - verkauft. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 25. Januar 2005 in Sachen Kantonales Steueramt gegen Steuerrekursgericht und H.H. Publiziert in StE 2006, B 45 Nr. 11.
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2001 Verwaltungsgericht 304 68 Erneuerung eines Baugesuchs. - Grundsätzlich kann ein abgewiesenes Baugesuch wegen fehlender materieller Rechtskraft jederzeit neu gestellt werden; Grenzen des Rechtsmissbrauchsverbots und der Rücksicht auf die Verwaltungs- ökonomie (Erw. 1). - Anspruch des Gesuchstellers auf materielle Beurteilung des erneuer- ten Baugesuchs wegen veränderter Ausgangslage bejaht (Erw. 2/b). Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 17. Dezember 2001 in Sachen B. gegen Baudepartement. Aus den Erwägungen 1. Die Baubewilligung wird im Allgemeinen als Polizeibewilli- gung qualifiziert (Walter Haller/Peter Karlen, Raumplanungs-, Bau- und Umweltrecht, Band I, 3. Auflage, Zürich 1999, Rz. 509; Chris- tian Mäder, Das Baubewilligungsverfahren, Diss. Zürich 1991, Rz. 23, 430; Erich Zimmerlin, Kommentar zum Baugesetz des Kan- tons Aargau, 2. Auflage, Aarau 1986, § 152 N 5; AGVE 2000, S. 247). Auf die Erteilung einer Baubewilligung besteht ein Rechts- anspruch, wenn das Bauvorhaben dem massgebenden öffentlichen Recht, insbesondere den baurechtlichen Vorschriften entspricht (vgl. Zimmerlin, a.a.O., § 152 N 5; AGVE 2000, S. 247). Die Abweisung des Baugesuchs ist als negativer Verwaltungsakt deklarativer Natur und stellt fest, dass das Projekt nicht den Vorschriften entspricht (Zimmerlin, a.a.O., § 152 N 6; Josef Schwere, Das Baubewilligungs- verfahren nach aargauischem Recht, Diss. Zürich 1971, S. 127). Grundsätzlich kann ein Baugesuch, das nicht bewilligt wurde, jeder- zeit neu gestellt werden; es gibt keine (materielle) Rechtskraft eines negativen Verwaltungsakts (VGE III/103 vom 16. Dezember 1981 in Sachen G. AG, S. 6; Max Imboden/René A. Rhinow, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Band I, 6. Auflage, Basel/Frankfurt a. M. 1985, Nr. 42 B. I mit Hinweisen; Schwere, a.a.O., S. 127 f.). Die Möglichkeit, jederzeit ein neues Gesuch stellen zu können, wird in der Lehre unter Hinweis auf die Interessen Dritter (z.B. Nachbarn) 2001 Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 305 am Bestand der ablehnenden Verfügung und auf das Interesse an der Rechtssicherheit zum Teil als fragwürdig betrachtet. Es sei deshalb auch beim Widerruf der Verweigerung einer Polizeierlaubnis (durch spätere Bewilligungserteilung) eine Interessenabwägung vorzuneh- men. Werde dagegen ein neues Gesuch eingereicht, dem ein neuer Sachverhalt oder eine neue Rechtslage zugrunde liege, so stelle sich die Frage des Widerrufs der Verweigerung der Polizeierlaubnis nicht, da sich die Rechtskraft der Verweigerung nur auf den Gegenstand des ersten Gesuchs erstrecke (Ulrich Häfelin/Georg Müller, Grund- riss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 3. Auflage, Zürich 1998, Rz. 1985 f.). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts liegt die Grenze beim Erneuern von Baugesuchen in allgemeinen Rechts- grundsätzen wie dem Verbot des Rechtsmissbrauchs (vgl. § 3 Abs. 2 VRPG) und der Rücksicht auf die Verwaltungsökonomie (erwähnter VGE in Sachen G. AG, S. 7; VGE III/130 vom 6. Dezember 1990 in Sachen H., S. 7; III/89 vom 16. September 1992 in Sachen W., S. 7). Ein Anspruch auf materielle Neubeurteilung besteht jedenfalls dann, wenn "neue", d. h. nach dem Erlass des ersten Entscheides hinzuge- tretene Umstände dargetan werden (erwähnter VGE in Sachen W., S. 7, vgl. auch AGVE 1986, S. 165; 1977, S. 259 f.). Im erwähnten VGE in Sachen G. AG (S. 7) hat das Verwaltungsgericht Folgendes festgehalten: "Es muss also auf jedes Gesuch hin ein neuer Entscheid gefällt wer- den. Das gilt jedenfalls dann, wenn das zweite Baugesuch nicht genau mit dem ersten übereinstimmt. Es mag Fälle geben, wo diese Rege- lung missbraucht und vor allem die Nachbarn - ein typisch bau- und raumplanungsrechtliches Problem - durch solches Vorgehen übermäs- sig strapaziert werden. Dort kann unter Umständen eine andere Erledi- gung Platz greifen müssen." 2. a) Der Stadtrat begründet seinen Nichteintretensentscheid damit, dass das neu eingereichte Baugesuch identisch sei mit dem abgelehnten Baugesuch. Es lägen keine neuen Erkenntnisse vor, und auch hinsichtlich der gesetzlichen Voraussetzungen seien keine Ver- änderungen zu verzeichnen, die eine Wiedererwägung rechtfertigten. Das erste Baugesuch sei abgewiesen worden, weil durch das Bau- 2001 Verwaltungsgericht 306 vorhaben die Einheitlichkeit der Gesamtüberbauung gefährdet wor- den sei; da sich diesbezüglich im zweiten Baugesuch nichts geändert habe, könne nicht von einer zulässigen Erneuerung nach Ausmer- zung von festgestellten Mängeln gesprochen werden. Die Beschwerdeführer sind demgegenüber der Auffassung, das Nichteintreten des Stadtrats auf ihr Baugesuch stelle eine Rechtsver- weigerung dar. Das zweite Baugesuch sei nicht als Wiedererwä- gungsgesuch im Sinne eines formlosen Rechtsbehelfs eingereicht, sondern es sei ein neues Gesuch mit wesentlich veränderten rechtli- chen Rahmenbedingungen gestellt worden. Zum Einen hätten neu alle nötigen Zustimmungen der Nachbarn, insbesondere auch dieje- nigen der Einsprecher gegen das erste Baugesuch, vorgelegen, zum Zweiten seien auch die Plandarstellung verbessert sowie die vorher fehlenden Vermerke und Unterlagen vollständig eingereicht worden, und zum Dritten seien gegen das zweite Baugesuch keine Ein- sprachen mehr eingegangen. Dass die Ästhetik des Bauvorhabens im Gegensatz zu den genannten Punkten auch im zweiten Baugesuch unverändert gleich geblieben sei, könne angesichts des den Baube- willigungsbehörden in Einordnungsfragen immanent zukommenden Ermessensspielraums kaum als rechtlich zulässiger Grund für die Frage des Eintretens auf das zweite Baugesuch angesehen werden. Im Übrigen präsentiere sich - wegen der fehlenden Einsprachen - die Ausgangslage auch in Bezug auf die Ästhetikfrage anders. b) Umstritten und im Folgenden zu prüfen ist, ob ein Anspruch der Beschwerdeführer auf materielle Beurteilung ihres zweiten Bau- gesuchs besteht. aa) In formeller Hinsicht liegt ein neues Baugesuch vor, das vom Stadtrat indessen als Wiedererwägungsgesuch behandelt wurde. Klar erscheint zunächst, dass der Gegenstand des Baugesuchs, d.h. das Bauvorhaben selbst, grundsätzlich nicht verändert worden ist. In beiden Baugesuchen geht es um drei an die jeweilige Fassade mon- tierte Vordächer, bestehend aus einer Stahlkonstruktion mit Draht- glas, sowie um eine Glaswand. Im ersten Baugesuch betragen die angegebenen Masse 95 cm x 534 cm, 95 cm x 115 cm und 95 cm x 370 cm; im zweiten Baugesuch werden 84 cm x 534 cm, 95 cm x 115 cm und 95 cm x 454 cm angegeben. Die unterschiedlichen 2001 Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 307 Massangaben sind vorab auf die - von den Beschwerdeführern aner- kannte - Ungenauigkeit und mangelnde Professionalität der zuerst eingereichten Pläne und nicht etwa auf eine Projektänderung zurück- zuführen. Letzteres wird auch von den Beschwerdeführern nicht behauptet. Sie sehen die massgebenden Änderungen vielmehr darin, dass mit dem zweiten Baugesuch die Zustimmungserklärungen der Eigentümer der Parzellen Nrn. x, y und z beigebracht und zudem die mangelhaften Pläne, aufgrund derer auch die konkrete Beurteilung der Einordnungsfrage schwierig gewesen sei, verbessert worden seien. Die Vorinstanzen bestreiten die Relevanz dieser Änderungen. Das Fehlen der nachbarlichen Zustimmungserklärungen sei für die Abweisung des ersten Gesuchs gar nicht ausschlaggebend gewesen; ihre Beibringung hätte auch als Bedingung oder Auflage in die Bau- bewilligung aufgenommen werden können. Auch die eingereichten, etwas rudimentären Pläne seien nicht Ursache der Abweisung gewe- sen (Erw. a hievor). bb) Im Entscheid vom 15. Februar 2000, mit dem der Stadtrat das ursprüngliche Baugesuch abgewiesen hat, wird unter dem Titel "Überbaurechte" ausgeführt, das beabsichtigte Bauvorhaben erfor- dere Überbaurechte zu Lasten der Parzellen Nrn. x und z. Die bishe- rigen, zum Teil vorliegenden, Rechte seien nur für die bisherige Überbauung (ohne Vordächer) rechtskräftig. Unter der Überschrift "Einpassung/Ästhetik" wird anschliessend festgehalten, bei der sei- nerzeitigen Beurteilung (der Terrassensiedlung) sei eine einheitliche und harmonische Architektur vorausgesetzt worden. Ein mit den jetzt vorliegenden Vordächern projektiertes einzelnes Terrassenhaus (innerhalb der Überbauung) wäre nie bewilligt worden. Mit dem be- absichtigten Anbau der drei Vordächer werde der einheitliche Aus- druck der Gesamtüberbauung empfindlich gestört. Aufgrund der vor- genannten Argumente werde der Anbau der Vordächer abgelehnt. Das Entscheiddispositiv schliesslich lautet dahingehend, dass auf- grund der vorstehenden Erwägungen die Einsprache von W. betref- fend Einpassung (Ästhetik) gutgeheissen und das Baugesuch für die Vordächer abgelehnt werde, während auf die Einsprache von L. unter diesen Umständen nicht mehr eingetreten werden müsse. 2001 Verwaltungsgericht 308 Nicht aus dem Dispositiv, wohl aber aus der Entscheidbegrün- dung geht somit hervor, dass die für die Dächer fehlenden Überbau- rechte doch eine Rolle gespielt haben und für die Verweigerung der Baubewilligung mitentscheidend waren. Zumindest mussten und durften die Beschwerdeführer dies aufgrund des Wortlauts der Be- gründung des Entscheids annehmen. Schliesslich hatten ja auch die Verfasser der beiden Einsprachen zur Hauptsache den nicht gewähr- leisteten gesetzlichen Grenzabstand und das fehlende Näher- bzw. Überbaurecht thematisiert; nur W. hatte zusätzlich ästhetische Grün- de geltend gemacht. Insofern kann das Beibringen der Einwilligun- gen der Nachbarn zum Bauvorhaben nicht als bloss irrelevante Än- derung des neuerlichen Baugesuchs betrachtet werden, auch wenn das Bauprojekt selbst dabei unverändert blieb. Wenn die - inzwischen offenbar auch anwaltlich beratenen - Be- schwerdeführer davon absahen, den für sie negativen Entscheid des Stadtrats auf dem Beschwerdeweg weiterzuziehen, weil sie eine Be- schwerde wegen der fehlenden Überbaurechte - wohl zu Recht - von Vornherein als aussichtslos erachteten und es daher vorzogen, zu- nächst die erforderlichen schriftlichen Zustimmungen der betroffe- nen Nachbarn zum Bauvorhaben einzuholen und ein neues Bauge- such einzureichen, so lässt sich dies - entgegen der Auffassung der beiden Vorinstanzen - weder als mit dem Grundsatz der Verfahrens- ökonomie unvereinbar noch als rechtsmissbräuchlich bezeichnen. Dies würde selbst dann gelten, wenn die Beschwerdeführer das ver- besserte Baugesuch allein deswegen eingereicht hätten, um auf dem Rechtsmittelweg eine Überprüfung der vom Stadtrat negativ beur- teilten Ästhetikfrage herbeiführen zu können. Mit einer Beschwerde gegen den ersten Ablehnungsbeschluss hätten sie eine solche Beur- teilung aus den genannten Gründen mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht erreicht. Im vorliegenden Fall weist allerdings der Umstand, dass die Beschwerdeführer dem neuen Baugesuch nebst der Zustim- mung der Nachbarn auch mehrere Pläne mit verbesserter Darstel- lung, namentlich auch in Bezug auf die bemängelte Einordnung der drei Vordächer in die bestehende Terrassensiedlung beifügten, darauf hin, dass es ihnen primär um eine Neubeurteilung der Ästhetikfrage aufgrund verbesserter Plangrundlagen durch den erstinstanzlich zu- 2001 Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 309 ständigen Stadtrat selbst (im Hinblick auf einen positiven Entscheid) ging und erst in zweiter Linie um die erneute Öffnung des Rechts- mittelwegs. cc) Aufgrund des Gesagten ist von einer für eine materielle Be- urteilung des neuen Baugesuchs in ausreichendem Masse veränder- ten Ausgangslage auszugehen. Es kann trotz Identität des Projekts klarerweise nicht gesagt werden, dass das erste und das zweite Bau- gesuch vollständig miteinander übereingestimmt hätten (vgl. auch Erw. 1 hievor); vielmehr sind u.a. auch schwerwiegende Mängel behoben worden, mit denen die erste Bewilligungsverweigerung mit- begründet worden war. Richtigerweise hätte der Stadtrat daher auf das Baugesuch vom 14. April 2000 eintreten und dieses materiell be- handeln müssen. Im vorliegenden Fall sind überdies auch keine zu schützenden nachbarlichen Interessen ersichtlich, die gegen eine erneute Behandlung des Gesuchs gesprochen hätten; vielmehr haben die direkt betroffenen Nachbarn - wie mehrfach ausgeführt - dem Bauvorhaben ausdrücklich zugestimmt.
2,746
2,184
AG_VG_001
AG_VG
AG
Northwestern_Switzerland
AG_VG_001_AGVE-2001-68_2001-12-03
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AGVE_2001_68
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2,003
de
2003 Verwaltungsgericht 308 [..] 76 Beschwerde, aufschiebende Wirkung. - Der vorsorgliche Entzug der aufschiebenden Wirkung durch die ver- fügende Behörde (§ 44 Abs. 1 VRPG) muss begründet werden. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 19. November 2003 in Sachen R.B. gegen Entscheid des Bezirksamts L. Sachverhalt Dem Sozialhilfeempfänger wurde wegen Nichtbefolgung von Weisungen die materielle Hilfe um den Grundbedarf II gekürzt. Ei- ner allfälligen Beschwerde gegen diesen Beschluss entzog der Ge- meinderat vorsorglich die aufschiebende Wirkung. Aus den Erwägungen Der vorsorgliche Entzug der aufschiebenden Wirkung wurde in der Verfügung mit keinem Wort begründet. Die aufschiebende Wir- kung ist die Regel, der vorsorgliche Entzug hat den Charakter einer klaren Ausnahme, die nur "aus wichtigen Gründen" angeordnet wer- den darf (§ 44 Abs. 1 VRPG; vgl. auch Michael Merker, Rechtsmit- 2003 Verwaltungsrechtspflege 309 tel, Klage und Normenkontrollverfahren nach dem aargauischen Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege [Kommentar zu den §§ 38- 72 VRPG], Diss. Zürich 1998, § 44 N 5, 28 ff.). Diese wichtigen Gründe sind in der Verfügung zu nennen, und es ist zu begründen, inwiefern sie die entgegenstehenden Interessen überwiegen (Merker, a.a.O., § 44 N 28).
318
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AG_VG_001
AG_VG
AG
Northwestern_Switzerland
AG_VG_001_AGVE-2003-76_2003-11-02
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1
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870,971
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2,004
de
2004 Verwaltungsgericht 126 [...] 32 Einkommenssteuertarif (§ 43 Abs. 2 StG). - Der Verheiratetentarif gilt nach Art. 11 Abs. 1 StHG auch für geschiedene Steuerpflichtige, die mit Kindern und einem neuen 2004 Kantonale Steuern 127 Partner (Konkubinat) zusammenleben. Die kantonale Bestimmung, dass der Verheiratetentarif auf geschiedene Steuerpflichtige nur anwendbar ist, wenn sie allein mit Kindern zusammenleben, verstösst gegen das StHG. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 20. Oktober 2004 in Sachen Kantonales Steueramt gegen Steuerrekursgericht in Sachen M.G. Zur Publikation vorgesehen in StE 2005. Redaktionelle Anmerkung Gegen diesen Entscheid hat das Kantonale Steueramt beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben.
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AG_VG_001
AG_VG
AG
Northwestern_Switzerland
AG_VG_001_AGVE-2004-32_2004-10-02
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869,631
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1,997
de
2005 Kantonale Steuern 105 III. Kantonale Steuern 26 Eigenmietwert. - Die Anpassung der Eigenmietwerte auf den 1. Januar 1997 (gemäss Dekret vom 24. September 1996) findet auf Landwirtschaftsbetriebe im Umfang des landwirtschaftlichen Normalwohnbedarfs keine An- wendung. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 6. Juli 2005 in Sachen H.K. gegen Steuerrekursgericht. Aus den Erwägungen 3.2.1. § 1 des grossrätlichen Dekretes über die Anpassung der Eigenmietwerte auf den 1. Januar 1997 (SAR 651.130) vom 24. Sep- tember 1996 bestimmt: "Die bisher geltenden, auf der Basis der Neuschätzung per 1. Januar 1989 verfügten Eigenmietwerte selbstbewohnter Liegenschaften im Kanton Aargau werden um 45 % erhöht." 3.2.2. Abweichend von der Ansicht des KStA und der Gemein- desteuerkommission hat das Steuerrekursgericht die Erhöhung um 45 % angewendet. 3.2.3. Die Schätzung der Grundstücke und der Eigenmietwerte erfolgt durch die Gemeindeschätzungskommissionen (§ 52, § 121 des Steuergesetzes [aStG] vom 13. Dezember 1983) auf Grundlage der Verordnung über die Bewertung der Grundstücke (VBG). Der Eigenmietwert bei selbst genutzten landwirtschaftlichen Liegen- schaften wird abweichend von den sonst anwendbaren Regeln nach landwirtschaftlichen Kriterien festgesetzt (vgl. § 24 Abs. 2 VBG). Für den Wohnraum des "landwirtschaftlichen Normalbedarfs" galt die landwirtschaftliche Schätzungsanleitung (§ 24 Abs. 2 VBG in der ursprünglichen Fassung [AGS Bd. 11, S. 591] sowie gemäss Ände- 2005 Verwaltungsgericht 106 rung vom 25. September 1989 [AGS Bd. 13, S. 95]) bzw. jetzt die Anleitung für die Schätzung des landwirtschaftlichen Ertragswertes (§ 24 Abs. 2 VBG in der aktuellen Fassung vom 25. November 1998); nur für den zusätzlichen Wohnraum sind die Kriterien für nichtlandwirtschaftliche Liegenschaften massgeblich. Der Wortlaut des Dekrets vom 24. September 1996 wie auch derjenige des vorangehenden Dekrets vom 28. Juni 1994 über die Anpassung der Eigenmietwerte auf den 1. Januar 1995 (das lediglich eine Erhöhung von 25 % vorgesehen hatte und als Folge des VGE vom 6. Juni 1996 [AGVE 1996, S. 135 ff.] geändert wurde) macht keine Ausnahme für landwirtschaftliche Liegenschaften, und die unterschiedliche Ermittlung des Eigenmietwerts würde an sich nicht ausschliessen, auch bei landwirtschaftlichen Liegenschaften eine prozentuale Erhöhung vorzunehmen. Indessen ergibt sich aus den Materialien klar, dass dies nicht vorgesehen war. In der Botschaft des Regierungsrats vom 30. März 1994 zur Anpassung des Eigenmiet- werts auf den 1. Januar 1995 wurde ausgeführt (S. 11): "Was die Festsetzung des landwirtschaftlichen Eigenmietwertes von selbstgenutzten landwirtschaftlichen Liegenschaften betrifft, so richtet sich diese nach der landwirtschaftlichen Schätzungsanleitung (...). Dieses Vorge- hen entspricht der bundesgerichtlichen Praxis, die festhält, dass die Be- stimmung des landwirtschaftlichen Eigenmietwertes von betriebsnotwen- digem Wohneigentum die geltenden Pachtzinsbeschränkungen gemäss eid- genössischem Pachtzinsgesetz und der Pachtzinsverordnung zu beachten habe (BGE vom 19. Februar 1993 i.S. B.)." In der Botschaft des Regierungsrats vom 29. August 1996 zur Anpassung der Eigenmietwerte auf den 1. Januar 1997 und Anord- nung einer allgemeinen Neuschätzung per 1. Januar 1999 wurde ausdrücklich erwähnt, dass die landwirtschaftlichen Eigenmietwerte nicht Gegenstand des Dekrets vom 28. Juni 1994 gebildet hätten (S. 5). 3.2.4. Somit ist festzuhalten, dass die Erhöhung der Eigenmiet- werte gemäss den Dekreten vom 28. Juni 1994 und 24. September 1996 die landwirtschaftlichen Eigenmietwerte im Umfang des land- wirtschaftlichen Normalwohnbedarfs nicht betrifft. Es gibt keinerlei Hinweise, dass mit der Wohnung der Beschwerdeführer der landwirt- 2005 Kantonale Steuern 107 schaftliche Normalbedarf überschritten würde. In diesem Punkt er- weist sich somit der Einspracheentscheid als zutreffend. Die vom Steuerrekursgericht vorgenommene reformatio in peius ist rück- gängig zu machen.
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AG_VG_001
AG_VG
AG
Northwestern_Switzerland
AG_VG_001_AGVE-2005-26_1997-01-01
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AGVE_2005_26
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1
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870,404
1,304,467,200,000
2,011
de
2011 Jagdrecht 205 VIII. Jagdrecht 51 Jagdrecht; Privilegierung der bisherigen Jagdgesellschaft bei der Pacht- vergabe (§ 4 Abs. 3 AJSG) Bei Jagdgesellschaften, welche sich bisher als einfache Gesellschaften konstituierten und deren Mitglieder neu verschiedenen (Jagd-) Vereinen beigetreten sind, kann die Bevorzugungsklausel auch nicht indirekt in Bezug auf die Anzahl der Mitglieder in einem Verein angewendet werden. Mit der Auflösung der einfachen Gesellschaft besteht keine bisherige Jagdgesellschaft im Sinne von § 4 Abs. 3 AJSG mehr. Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 20. Mai 2011 in Sachen A. gegen B., Gemeinderat C. und Regierungsrat (WBE.2011.34). Aus den Erwägungen 3. 3.1. In materieller Hinsicht beanstandet die Beschwerdeführerin eine unrichtige Anwendung von § 4 Abs. 3 AJSG. Ihr ehemaliger Mit- pächter und Mitglied der Beschwerdegegnerin D. sei zwischenzeit- lich verstorben, weshalb sie zwei, die Beschwerdegegnerin nur einen bisherigen Pächter ausweisen könne. Zu relativieren sei die bean- standete Nichterfüllung der Abschusszahlen. 3.2. Die Vorinstanz und die Abteilung Wald begründeten den Zu- schlag an die Beschwerdegegnerin mit deren jüngerer Altersstruktur, der höheren Revierverbundenheit und der beabsichtigten Zusam- menarbeit mit der Jagdgesellschaft E.. Weiter werden die Führung von diversen Jagdhunden, die Erfahrung in der Schwarzwildbeja- gung und bisherige Aktivitäten in der Naturschutz- und Öffentlich- keitsarbeit angeführt. Besonders hervorgehoben werden die Wohn- 2011 Verwaltungsgericht 206 orte der Jagdaufseher und das gute Einvernehmen mit den Ge- meinde- und Forstbehörden. 3.3. Die Bevorzugung der bisherigen Jagdgesellschaft gemäss § 4 Abs. 3 Satz 1 AJSG kann beim Übergang zur Verpachtung an Jagd- gesellschaften, die sich neu als Verein konstituieren (vgl. § 5 Abs. 1 AJSG), kein absolutes Kriterium sein. Mit der Auflösung der ein- fachen Gesellschaft besteht rechtlich gesehen keine "bisherige Jagd- gesellschaft" mehr. Bei Jagdgesellschaften, welche sich bisher als einfache Gesellschaften konstituierten und deren Mitglieder neu verschiedenen (Jagd-) Vereinen beigetreten sind, kann die Bevorzu- gungsklausel auch nicht indirekt in Bezug auf die Anzahl der Mit- glieder in einem Verein angewendet werden. § 4 Abs. 3 Satz 2 AJSG schreibt vielmehr vor, dass im Falle von Mehrfachbewerbungen die jagdlichen Kriterien, insbesondere bisherige Jagdausübung, die Revierverbundenheit und Altersstruktur massgebend sind. Der Krite- rienkatalog erhellt, dass die bisherige Jagdtätigkeit im betreffenden Revier auch bei Mehrfachbewerbungen von entscheidender Bedeu- tung ist. Sie ist aber nicht allein ausschlaggebend. (...) Es ist daher im Ergebnis nicht zu beanstanden und entspricht den gesetzlichen Kriterien, wenn bei der Gesamtwürdigung die Aus- wahl auf die Beschwerdegegnerin fiel. Insbesondere auch die Frage der Zusammenarbeit mit dem benachbarten Revier sprach für die Beschwerdegegnerin. Die Gemeinde- und Forstbehörden hatten schon im Oktober 2008 und dann erneut im Januar 2009 diese Pro- bleme mit den betroffenen Jagdgesellschaften andiskutiert bzw. Lö- sungsvorschläge erwartet. Unbestritten ist, dass die Beschwerde- führerin sich mit einer Zusammenarbeit mit andern Jagdgesellschaf- ten schwer tat.
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AG_VG_001
AG_VG
AG
Northwestern_Switzerland
AG_VG_001_AGVE-2011-51_2011-05-04
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nan
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1
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870,379
1,228,262,400,000
2,008
de
2008 Verwaltungsgericht 196 [...] 34 Wahl der richtigen Verfahrensart. - Die Vergabestelle hat vorgängig der Ausschreibung des Auftrags eine möglichst zuverlässige Schätzung der mutmasslichen Auftragssum- me nach sachlichen Kriterien und aufgrund allfälliger Erfahrungs- werte vorzunehmen. Urteil des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 17. Dezember 2008 in Sa- chen E. AG gegen den Regierungsrat (WBE.2008.296) Aus den Erwägungen 1. Gemäss § 8 Abs. 1 lit. a SubmD sind Aufträge im offenen oder selektiven Verfahren zu vergeben, wenn der geschätzte Wert des Ein- zelauftrags bei Aufträgen des Bauhauptgewerbes Fr. 500'000.-- und bei Lieferungen, Dienstleistungen und Aufträgen des Bauneben- gewerbes Fr. 250'000.-- übersteigt. Aufträge sind gemäss § 8 Abs. 2 lit. a bis c SubmD im Einladungsverfahren zu vergeben, wenn der geschätzte Wert des Einzelauftrags folgenden Betrag übersteigt: 2008 Submissionen 197 - Fr. 300'000.-- bei Aufträgen des Bauhauptgewerbes; - Fr. 150'000.-- bei Dienstleistungen und Aufträgen des Baune- bengewerbes; - Fr. 100'000.-- bei Lieferungen. Erreicht der geschätzte Wert des Einzelauftrags den Betrag für das Einladungsverfahren nicht, kann der Auftrag freihändig vergeben werden (§ 8 Abs. 3 lit. a SubmD). Eine freihändige Vergabe erfolgt auch in den in § 8 Abs. 3 lit. b bis m SubmD genannten Fällen. In den Fällen von § 8 Abs. 3 SubmD kann die Vergabestelle eine Wettbewerbssituation dadurch schaffen, dass sie ohne öffentliche Ausschreibung verschiedene Anbietende nach ihrer Wahl zur Einreichung eines Angebots einlädt. Für die Wahl des richtigen Verfahrens massgebend ist einerseits die Art des zu vergebenden Auftrags (Bauauftrag, Lieferung, Dienstleistung) und anderseits der Wert des konkreten Auftrags bzw. das Auftragsvolumen. Massgebend ist der vor der Ausschreibung geschätzte Auftragswert und nicht der Wert des später bei der Verga- be berücksichtigten Angebots. Die Vergabestelle hat somit vorgängig der Ausschreibung des Auftrags eine Schätzung der mutmasslichen Auftragssumme nach sachlichen Kriterien und aufgrund allfälliger Erfahrungswerte vorzunehmen. Es hat sich dabei um eine zuverläs- sige und sorgfältige Schätzung zu handeln. Insbesondere darf dabei, um die Bestimmungen über die Schwellenwerte einzuhalten, nicht zu knapp kalkuliert werden; die Behörde hat sich eher an die obere Bandbreite der Schätzung zu halten (Peter Galli / André Moser / Elisabeth Lang / Evelyne Clerc, Praxis des öffentlichen Beschaf- fungsrechts, 1. Band: Landesrecht, 2. Auflage, Zürich / Basel / Genf 2007, Rz. 180 ff.). Die eidgenössische Mehrwertsteuer wird bei der Berechnung des Auftragswerts nicht berücksichtigt (§ 8 Abs. 5 SubmD). 2008 Verwaltungsgericht 198 2. 2.1.-2.2. (...) 2.3. Die Beschwerdeführerin macht in erster Linie geltend, die Ver- gabebehörde habe zu Unrecht ein freihändiges Verfahren durchge- führt. Sie sei ihrer Pflicht, eine sorgfältige und vorsichtige, d.h. grosszügige Kostenschätzung vorzunehmen, nicht nachgekommen. Dies müsse zur Aufhebung des erteilten Zuschlags und zur Neu- durchführung eines offenen oder selektiven Vergabeverfahrens führen. Sodann weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass sie aufgrund der Tatsache, dass ein freihändiges Verfahren durchgeführt worden sei, bei der Einreichung ihrer Offerte davon ausgegangen sei, es werde eine IT-Lösung im Bereich bis zu Fr. 150'000.-- gesucht. Aus diesem Grund habe sie ein Angebot unter Fr. 150'000.-- einge- reicht (bereinigt bzw. inklusive Zusatzwünsche der Vergabebehörde Fr. 190'000.--). Sie habe darauf vertrauen dürfen, dass die Vergabe- behörde das von ihr gewünschte Produkt und dessen Kosten pflicht- gemäss evaluiert habe und dabei zum Schluss gekommen sei, dass sie an einer eher einfachen - aber ohne Weiteres funktionstüchtigen und praktikablen - IT-Lösung unter Fr. 150'000.-- interessiert gewe- sen sei. Demgegenüber ist die Vergabebehörde der Ansicht, aufgrund der getroffenen, detaillierten und sorgfältigen Abklärungen habe sie bei der Eröffnung des Verfahrens in guten Treuen davon ausgehen dürfen, dass die Angebote unter dem massgeblichen Schwellenwert von Fr. 150'000.-- liegen würden. Diese Annahme sei insbesondere auf den beiden vorliegenden Kostenschätzungen fundiert gewesen, die keine erheblichen betragsmässigen Differenzen aufgezeigt hätten. Die Verfahrenswahl sei aufgrund dieser Einschätzungen korrekt gewesen. 2008 Submissionen 199 2.4. 2.4.1. Zu prüfen ist, ob die Schätzung der mutmasslichen Kosten durch die Vergabebehörde richtig vorgenommen worden ist. Nach deren Darstellung in der Vernehmlassung waren im Vorfeld der Submission ab Mitte 2007 mit mehreren potentiellen Anbietern Gespräche geführt worden, um die vorhandenen informationstech- nischen Möglichkeiten sowie die anfallenden Kosten der Implemen- tierung einer IT-Lösung abzuschätzen. In diesem Kontext habe die Beschwerdeführerin am 30. Oktober 2007 eine Kostenzusammen- stellung mit einmaligen Kosten von Fr. 119'200.-- (ohne optionale Spezialentwicklungen) präsentiert. Die A. habe an ihrer Präsentation vom 9. November 2007 Kosten in der Höhe von rund Fr. 110'000.-- in Aussicht gestellt. Gestützt auf der Grundlage dieser summarischen Kostenschätzungen sowie auf weitere Abklärungen habe sich die Vergabebehörde für ein freihändiges Verfahren unter Einbezug der beiden genannten Anbieterinnen entschieden. 2.4.2. (...) Aufgrund dieser Angaben der beiden angefragten Unternehmen konnte die Vergabebehörde zwar darauf schliessen, dass eine Infor- matiklösung mit (einmaligen) Kosten unterhalb des Schwellenwerts für das Einladungsverfahren, d.h. Fr. 150'000.--, grundsätzlich realisierbar ist. Zugleich musste ihr aber bewusst sein, dass es sich dabei nur um eine einfache Basis- bzw. Minimallösung handeln konnte. Dies ergibt sich insbesondere aus der Kostenzusammen- stellung der Beschwerdeführerin: Die Kosten für die drei Basismo- dule betragen Fr. 119'200.--. Mit den optional angebotenen Erwei- terungen (automatische Synopsenerstellung, Fussnotenduplikations- elimination, Konkordanzliste und Historie) belaufen sich die Kosten jedoch bereits auf Fr. 146'400.--, liegen also nurmehr knapp unter- halb des Schwellenwerts für das Einladungsverfahren. Aber auch die Tatsache, dass das schliesslich für den Zuschlag berücksichtigte An- gebot der A. Kosten von rund Fr. 260'000.-- nach sich zieht, während an der Präsentation von der A. noch Kosten von (lediglich) Fr. 110'000.-- genannt wurden, lässt einzig den Schluss zu, dass sich 2008 Verwaltungsgericht 200 deren ursprüngliche Kostenschätzung ebenfalls (offenbar entspre- chend dem ursprünglich geäusserten Wunsch der Vergabebehörde) auf eine Minimallösung bezog. 2.4.3. Als Zwischenergebnis durfte die Vergabebehörde aufgrund der beiden einverlangten Kostenschätzungen zwar davon ausgehen, dass eine Minimal- oder Basislösung zu unterhalb des Schwellenwerts lie- genden einmaligen Anschaffungskosten erhältlich sein würde. Je- doch musste ihr bereits zu jenem Zeitpunkt klar sein, dass zusätz- liche Anforderungen und Wünsche sehr rasch dazu führen würden, dass der für eine freihändige Vergabe zulässige Schwellenwert über- schritten wird. 2.5. 2.5.1. Die Vergabestelle erstellte in der Folge ein Pflichtenheft, in des- sen Ziffer 5 die Anforderungen an das einzureichende Angebot detailliert umschrieben sind. Bestandteil des Pflichtenhefts war sodann ein "Anforderungskatalog", in dem diese Anforderungen wiederholt und als "Zuschlagskriterien" bezeichnet wurden. 2.5.2. Die Beschwerdeführerin reichte am 29. April 2008 ein Angebot ein mit einmaligen Kosten in Höhe von Fr. 171'600.--. (...) Das Angebot der A. vom 24. April 2008 nennt einmalige Kosten in der Höhe von Fr. 259'600.--. (...) Beide Angebote liegen deutlich über dem für die Zulässigkeit einer freihändigen Vergabe massgebenden Schwellenwert von Fr. 150'000.--. Das Angebot der A. überschreitet sogar den Schwel- lenwert von Fr. 250'000.--, der eine öffentliche Ausschreibung des Auftrags in einem offenen oder selektiven Verfahren notwendig macht. Den Kostenunterschied zwischen den beiden Angeboten begründet die Vergabebehörde damit, dass die Beschwerdeführerin entgegen den Anforderungen im Pflichtenheft mit Fixpreisen arbeite, während die A. in Übereinstimmung mit dem Pflichtenheft von einem Kostendach bzw. maximalen Kosten ausgehe. Die auffällige Differenz bei den Kosten der Konvertierung liege in erster Linie darin begründet, dass bei E. die Datenkonvertierung maschinell 2008 Submissionen 201 vorgenommen werde, dabei aber ein massiv höherer Aufwand seitens der Auftraggeberin zur Kontrolle der konvertierten Daten notwendig sei. Der Einsatz interner Ressourcen bei der Konvertierung durch A. sei gering, da die Konvertierung durch A. manuell und mit juristischem Personal vorgenommen werde. Sodann hält die Vergabebehörde fest, das von der Beschwer- deführerin vorgebrachte, aber effektiv nicht offerierte Angebot in der Höhe von Fr. 130'400.-- genüge den Anforderungen gemäss Pflich- tenheft bei weitem nicht. Aber auch das um die Zusatzoptionen und Spezialentwicklungen erweiterte Angebot der Beschwerdeführerin genügt den Anforderungen des Pflichtenhefts nicht, stellt die Verga- bebehörde diesbezüglich doch ausdrücklich fest, die Beschwerde- führerin habe ausreichend Gelegenheit erhalten, ihr Angebot zu op- timieren und nachzubessern. Spätestens zu diesem Zeitpunkt habe ihr klar sein müssen, dass ihre eher einfache und knapp funktions- tüchtige Lösung nicht den Anforderungen der Staatskanzlei entspro- chen habe. Mit diesen Ausführungen anerkennt die Vergabebehörde, dass die Anforderungen, wie sie im Pflichtenheft enthalten sind, über eine einfache Basislösung, wie sie den beiden Kostenschätzungen zugrunde lagen, deutlich hinausgehen. Folglich hätte ihr bereits bei der Ausarbeitung des Pflichtenhefts bewusst sein müssen, dass die vorhandenen Kostenschätzungen für die Bestimmung des tatsächlich massgeblichen Auftragswerts von keiner bzw. nur noch von sehr beschränkter Bedeutung sein konnten und zwar einzig dahingehend, dass wegen der deutlich umfangreicheren Anforderungen an die zu beschaffende Informatiklösung zwangsläufig auch mit deutlich höheren Kosten zu rechnen sein musste. Der Argumentation der Ver- gabebehörde, sie habe bei der Eröffnung des Verfahrens in guten Treuen davon ausgehen dürfen, dass die Angebote unter dem mass- geblichen Schwellenwert von Fr. 150'000.-- liegen würden, kann deshalb nicht gefolgt werden. Vorliegend ist die Vergabebehörde auch keineswegs durch im Vergleich zu den Kostenschätzungen un- erwartet hohe Offertpreise (bei in etwa gleichgebliebenen Leistungs- anforderungen) "überrascht" worden. Vielmehr liegt der Grund für die deutlich höheren Kosten darin, dass die Vergabebehörde im Ver- gleich zu den Grundlagen der Kostenschätzungen eben auch we- 2008 Verwaltungsgericht 202 sentlich höhere Anforderungen an die zu offerierende Lösung gestellt hat. Mithin musste sie davon ausgehen, dass die Offertpreise zwangsläufig wesentlich höher ausfallen würden als die Kosten- schätzungen. Die Beschwerdeführerin weist durchaus zu Recht dar- auf hin, es gehe nicht an, "dass die Vergabebehörde (...) eine Kosten- schätzung für einen Kleinwagen erstellt, gestützt darauf das freihändige Verfahren wählt und dann - ohne 'Wechsel' in die zutref- fende Verfahrensart - einen Luxuswagen im überschwelligen Be- reich beschafft, da dieser ihre Bedürfnisse noch besser abdeckt". Die Vergabestelle hätte im vorliegenden Fall bereits anlässlich der Er- stellung des Pflichtenhefts die Schätzung der mutmasslich anfallen- den Kosten aufgrund ihrer zwischenzeitlich gesteigerten Anforde- rungen an die Informatik-Lösung entsprechend anpassen bzw. neu festlegen müssen. Die Offerte der A. beläuft sich auf Fr. 259'600.-- und diejenige der Beschwerdeführerin auf Fr. 171'600.-- (inkl. Zusatzoptionen und Spezialentwicklungen). Letzterer Betrag erhöhte sich im Nachgang an die von der Vergabebehörde geäusserten Optimierungswünsche um weitere Fr. 10'000.-- auf Fr. 183'000.--, entsprach aber - laut Vergabestelle - dennoch nicht den funktionalen und technologischen Anforderungen. Hingegen erfüllt das Angebot der A. gemäss Verga- bebehörde die gestellten Anforderungen vollumfänglich, weist aber einmalige Kosten von Fr. 260'000.-- aus, d.h. liegt sogar über dem Schwellenwert, der die Durchführung eines offenen oder selektiven Verfahrens mit öffentlicher Auftragsausschreibung erforderlich macht. Eine sachgerechte Schätzung des Auftragswerts (für den im Pflichtenheft umschriebenen Auftrag) hätte somit davon ausgehen müssen, dass der massgebende Schwellenwert zumindest des Einla- dungsverfahrens, wenn nicht sogar des offenen oder selektiven Ver- fahrens, erreicht würde und ein freihändiges Verfahren mit höchster Wahrscheinlichkeit nach nicht zulässig sein konnte. In Bezug auf den Beschaffungsgegenstand, wie er sich im Pflichtenheft dokumentiert, lag somit keine zuverlässige Kostenschätzung vor. 2.6. Damit steht fest, dass sich die freihändige Vergabe vorliegend nicht auf § 8 Abs. 3 lit. a SubmD stützen lässt. Andere Ausnahme- 2008 Submissionen 203 tatbestände i.S.v. § 8 Abs. 3 lit. b bis m SubmD, die eine freihändige Vergabe zulässig erscheinen lassen, werden von der Vergabebehörde nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. (...)
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Anordnung einer fürsorgerischen Unterbringung; Anhörung im Kollegium - Erstinstanzliche Anordnungen von fürsorgerischen Unterbringungen müssen stets in begründeter Form erlassen werden; die Zustellung im Dispositiv ist unzulässig (Erw. I/2.2 f.). - Ausnahmen von der Anhörung im Kollegium gemäss Art. 447 Abs. 2 ZGB (Erw. II/2.3) Aus dem Entscheid des Verwaltungsgerichts, 1. Kammer, vom 16. September 2015 in Sachen A. gegen den Entscheid des Familiengerichts X. (WBE.2015.377) Aus den Erwägungen I. 2. 2.1. Gemäss dem Entscheiddispositiv des Familiengerichts X. vom 10. September 2015 kann innert 10 Tagen seit Zustellung dieses Dispositivs beim Präsidenten des Bezirksgerichts X. mit schriftlicher Eingabe eine schriftliche Begründung verlangt werden. Wird gegen einen Entscheid ohne schriftliche Begründung irrtümlicherweise direkt schriftlich Beschwerde erhoben, statt vorerst eine schriftliche Begründung zu verlangen, so gilt dies grundsätzlich als Antrag auf schriftliche Begründung (DANIEL STAEHELIN, in: THOMAS /FRANZ HASENBÖHLER/CHRISTOPH LEUENBERGER [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), 2. Aufl., Zürich 2013, Art. 239 N 31). Die Beschwerde vom 14. September 2015 wäre somit grundsätzlich als Antrag auf schriftliche Begründung an das Familiengericht X. weiterzuleiten. 2.2. Im vorliegenden Fall einer fürsorgerischen Unterbringung stellt sich aber die Frage, ob das Familiengericht überhaupt einen Entscheid im Dispositiv erlassen durfte bzw. ob das Verwaltungsgericht nicht trotz fehlender Urteilsbegründung auf die Beschwerde eintreten darf und muss. Ein Unterbringungsentscheid und somit auch ein Verlegungsentscheid sind der betroffenen Person sofort, das heisst noch vor oder gleichzeitig mit dem Vollzug der fürsorgerischen Unterbringung zu begründen (CHRISTOF BERNHART, Handbuch der fürsorgerischen Unterbringung, Basel 2011, N 633; ELISABETH SCHWEREY, Das Verfahren bei der vorsorglichen fürsorgerischen Freiheitsentziehung, Basler Diss. St. Gallen 2004, S. 63). Folglich genügt es nicht, wenn der betroffenen Person bloss das Recht eingeräumt wird, eine Begründung verlangen zu können (BERNHART, a.a.O., N 633; SCHWEREY, a.a.O., S. 63; vgl. auch Botschaft Nr. 77.058 zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Fürsorgerische Freiheitsentziehung] und den Rückzug des Vorbehaltes zu Artikel 5 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 17. August 1977, in: Bundesblatt [BBl] 1977 III, S. 1 ff., S. 34), denn sonst hätte eine fürsorgerisch untergebrachte Person nicht die Möglichkeit, ihre Rechte gemäss Art. 31 Abs. 2 BV, welcher auf fürsorgerische Unterbringungen Anwendung findet (HANS VEST, in: St. Galler Kommentar zur Bundesverfassung, 3. Aufl., Zürich/St. Gallen 2014, Art. 31 N 6), geltend zu machen. Zu diesen Rechten gehören bei einer fürsorgerischen Unterbringung insbesondere das Recht auf ein einfaches und rasches Verfahren, weshalb gemäss Art. 450e Abs. 5 ZGB über Beschwerden gegen Entscheide auf dem Gebiet der fürsorgerischen Unterbringung in der Regel innert fünf Arbeitstagen seit Eingang der Beschwerde zu entscheiden ist. Im Übrigen muss gemäss Art. 430 Abs. 2 ZGB auch ein ärztlicher Unterbringungsentscheid begründet sein, und aus dem Sinn und Zweck einer fürsorgerischen Unterbringung ergibt sich von selbst, dass auch die Einrichtung, in welche die Person eingewiesen wird, den Grund der fürsorgerischen Unterbringung und die gemäss Einweisungsbehörde notwendige Behandlung und Betreuung von Beginn der Einweisung an kennen muss (vgl. Art. 426 Abs. 1 ZGB). 2.3 Würde das Verwaltungsgericht die Beschwerde vom 14. September 2015 als sinngemässen Antrag auf schriftliche Begründung an das Familiengericht X. weiterleiten, so wäre eine Verletzung der Rechte der Beschwerdeführerin im Lichte von Art. 31 Abs. 2 BV naheliegend. Es würde für die Überweisung der Beschwerde an das Familiengericht, für die anschliessende Begründung des familiengerichtlichen Entscheids vom 10. September 2015, für die Zustellung des begründeten Entscheids und für die Einreichung einer neuen Beschwerde an das Verwaltungsgericht unnötige Zeit verstreichen, welche sich aufgrund der Natur der fürsorgerischen Unterbringung und der damit zusammenhängenden Schwere des Eingriffs in die Rechtsstellung der betroffenen Person nicht rechtfertigen lassen (vgl. auch KASPAR PLÜSS, in: ALAIN GRIFFEL [Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [VRG], 3. Aufl., Zürich 2014, § 10a N 16; vgl. zur Rechtfertigung eines einfachen und raschen Verfahrens auch THOMAS GEISER, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, Art. 1–456 ZGB, 5. Aufl., Basel 2014, Art. 450e N 37 ff.). Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass erstinstanzliche Anordnungen von fürsorgerischen Unterbringungen stets in begründeter Form erlassen werden müssen und die Zustellung im Dispositiv unzulässig ist. Deshalb tritt das Verwaltungsgericht trotz fehlenden begründeten Entscheids des Familiengerichts auf die Beschwerde vom 14. September 2015 ein. 2.4.-3. (...) II. 1.-2.2 (...) Gesetzlich vorgeschrieben ist, wie gesehen, eine persönliche mündliche Anhörung der betroffenen Person; vorbehalten sind Fälle, in denen eine solche Anhörung unverhältnismässig wäre (Art. 447 ZGB). Die persönliche Anhörung verfolgt – wie der Anspruch auf rechtliches Gehör – zwei Ziele: Zum einen stellt sie ein Mitwirkungsrecht der betroffenen Person dar. Zum anderen bildet sie ein Mittel zur Sachverhaltsabklärung. Das Mitwirkungsrecht ist umfassend: Der betroffenen Person ist im Rahmen der persönlichen Anhörung nicht nur in allgemeiner Form von der in Aussicht genommenen Massnahme Kenntnis zu geben. Vielmehr sind ihr sämtliche Einzeltatsachen bekannt zu geben, auf die sich die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde bei ihrem Entscheid stützen will. Soweit die Anhörung der Sachverhaltsfeststellung dient, kann auf sie nicht verzichtet werden, selbst wenn sich die betroffene Person widersetzen sollte. Die Behörde hat sich anhand der persönlichen Anhörung einen umfassenden Eindruck von den Zukunftsaussichten und der jüngeren Vergangenheit der betroffenen Person zu verschaffen, der ihr mit Blick auf die Geeignetheit, die und die Angemessenheit der Massnahme als Entscheidungsgrundlage dient (AUER/MARTI, a.a.O., Art. 447 N 4 ff.). 2.3. Ausnahmsweise kann auf die Anhörung im Kollegium gemäss Art. 447 Abs. 2 ZGB verzichtet werden und nur eine Anhörung durch ein einzelnes Behördenmitglied durchgeführt werden, wenn Gefahr in Verzug ist, wenn sich die betroffene Person weigert, einer Vorladung Folge zu leisten, oder wenn die Anhörung durch den gesamten Spruchkörper wegen der Krankheit oder anderen persönlichkeitsbedingten Gründen seitens der betroffenen Person nicht geboten ist. Von einer Anhörung durch den gesamten Spruchkörper kann ferner Umgang genommen werden, wenn dem Grundsatz der Interdisziplinarität nicht entscheidendes Gewicht zukommt. Liegt beispielsweise im Verfahren vor der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde bereits ein schlüssiges psychiatrisches oder sozialpsychologisches Gutachten vor, kann es sich rechtfertigen, dass die persönliche Anhörung einzig durch das Behördenmitglied mit juristischem Sachverstand durchgeführt wird (AUER/MARTI, a.a.O., Art. 447 N 35; vgl. die Botschaft Nr. 06.063 zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht] vom 28. Juni 2006, in: BBl 2006, S. 7001 ff., S. 7079). Schliesslich ist denkbar, vor der Anordnung einer fürsorgerischen Unterbringung von einer Anhörung im Kollegium abzusehen, wenn das gleiche Kollegium die betroffene Person schon einmal angehört hat, zum Beispiel beim Entscheid über die fürsorgerische Unterbringung oder die Verlängerung einer solchen. Die Zeitspanne zwischen der letzten Anhörung und dem Unterbringungsentscheid müsste jedoch relativ kurz bemessen sein und es müsste zweifelsfrei feststehen, dass sich in der Zwischenzeit keine neuen Aspekte ergeben haben, die für den Unterbringungs- bzw. Verlegungsentscheid relevant sind (vgl. auch AGVE 2013, S. 95 ff.). 3. 3.1. Das Familiengericht X., das den vorliegend angefochtenen Verlegungsentscheid vom 10. September 2015 in der vom Gesetz (§ 3 Abs. 4 lit. a GOG) vorgesehenen Dreierbesetzung gefällt hat, hat die Beschwerdeführerin nicht persönlich durch den gesamten Spruchkörper angehört, denn es erfolgte bloss eine telefonische Anhörung. Das Verwaltungsgericht rügte schon mit Entscheid vom 10. September 2015 den Verlegungsentscheid (Verlegung in die Klinik Im Hasel) des Familiengerichts X. vom 26. August 2015, da das Familiengericht ebenfalls ohne persönliche Anhörung im Kollegium über die Verlegung der Beschwerdeführerin in die Klinik Im Hasel entschieden hatte. Das Verwaltungsgericht forderte das Familiengericht deshalb ausdrücklich auf, anlässlich der Beurteilung des Entlassungsgesuchs eine Anhörung im Kollegium gemäss Art. 447 Abs. 2 ZGB durchzuführen (Entscheid des Verwaltungsgerichts [VGE] I/173 vom 10. September 2015 [WBE.2015.363], Erw. 3.3). Obwohl unklar ist, wer die telefonische Anhörung der Beschwerdeführerin vom 10. September 2015 durchgeführt hat, ist davon auszugehen, dass sowohl die juristisch geschulte Gerichtspräsidentin B. als auch Fachrichterin C. die Beschwerdeführerin noch nie persönlich angehört haben. Die einzige persönliche Anhörung der Beschwerdeführerin erfolgte am 26. August 2015 durch die Fachrichterin D. 3.2. Für das Verwaltungsgericht ist keine Ausnahmesituation ersichtlich, in welcher auf die Anhörung im Kollegium verzichtet werden konnte und somit eine Anhörung durch ein Behördenmitglied genügen würde (vgl. zu den möglichen Ausnahmesituationen vorne, Erw. II/2.3). Gerichtspräsidentin B. und Fachrichterin C. fällten den Entscheid des Familiengerichts X. vom 10. September 2015 – wie schon den Verlegungsentscheid vom 26. August 2015 – anhand der Akten und des Votums von Fachrichterin D., und allenfalls anhand der Eindrücke aufgrund der telefonischen Anhörung am 10. September 2015, was jedoch auch nicht den Anforderungen von Art. 447 Abs. 2 ZGB genügt (AUER/MARTI, a.a.O., Art. 447 N 7). Die Gerichtspräsidentin B. und Fachrichterin C. hatten noch nie Gelegenheit, die Beschwerdeführerin persönlich kennenzulernen und sich auf diese Weise durch einen eigenen, unmittelbaren Eindruck von ihrem Wesen sowie ihrer gesundheitlichen und sozialen Situation und somit von der Richtigkeit und Angemessenheit der fürsorgerischen Unterbringung zu überzeugen. Gerade dies ist aber der Sinn der Bestimmung von Art. 447 Abs. 2 ZGB, dass die interdisziplinär zusammengesetzte Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde die betroffene Person im Kollegium anhört. Das Recht auf Anhörung im Kollegium gemäss Art. 447 Abs. 2 ZGB wurde (erneut) in grundlegender Weise missachtet (vgl. auch Entscheid des Verwaltungsgerichts [VGE] I/131 vom 9. Juni 2015 [WBE.2015.278], Erw. 3.1), weshalb in Gutheissung der Beschwerde der angefochtene Entscheid aufzuheben ist (AUER/MARTI, a.a.O., Art. 447 N 37; AGVE 2013, S. 96 f.). Unter Berücksichtigung der aktuellsten ärztlichen Berichte zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin und der bereits organisierten Nachbetreuung ist im vorliegenden Fall ausnahmsweise auf eine Rückweisung an die Vorinstanz zu verzichten. Die Beschwerdeführerin ist deshalb umgehend aus der Klinik Königsfelden zu entlassen. Sachregister Fürsorgerische Unterbringung - Die familiengerichtliche Anhörung ist grundsätzlich immer durch das Kollegium durchzuführen 2013 17 95 - Die Zustellung von erstinstanzlichen Anordnungen einer fürsorgerischen Unterbringung im Dispositiv ist unzulässig. Rechtsmittelbelehrung - Unzulässige Rechtsmittelbelehrung bei erstinstanzlichen Anordnungen einer fürsorgerischen Unterbringung Urteilseröffnung - Die Zustellung von erstinstanzlichen Anordnungen einer fürsorgerischen Unterbringung im Dispositiv ist unzulässig. Gesetzesregister SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV) Art. 31 Abs. 2 SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 (ZGB) Art. 426 Abs. 1 Art. 430 Abs. 2 Art. 447 Art. 450e Abs. 5 SAR 155.100 Gerichtsorganisationsgesetz (Gesetz über die Organisation der ordentlichen richterlichen Behörden) vom 11. Dezember 1984 (GOG) § 3 Abs. 4 lit. a Sachregister
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AG_VG_002_-Kindes--und-Erwachs_2015-09-16
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2015 Submissionen 191 28 Beschwerdebefugnis Mitglieder einer Arbeitsgemeinschaft, die als einfache Gesellschaft auf- tritt, müssen gegen einen Ausschluss gemeinsam Beschwerde führen. Wird die Beschwerde nicht rechtzeitig im Namen aller Mitglieder der Ar- beitsgemeinschaft erhoben, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Urteil des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 22. Oktober 2015 in Sa- chen A. GmbH gegen B. AG (WBE.2015.337). 2015 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 192 Aus den Erwägungen 2.2.2. Die Beschwerdeführerin hat als Mitglied einer Arbeitsgemein- schaft (bestehend aus der C. GmbH und der Beschwerdeführerin) am Vergabeverfahren teilgenommen. Arbeitsgemeinschaften treten regel- mässig in der Form der einfachen Gesellschaft (Art. 530 ff. OR) auf, die als Vertrags- bzw. Gesellschaftszweck meist die gemeinsame Ausführung des zu vergebenden Auftrags hat (VGE III/132 vom 29. September 1998 [BE.98.00223], S. 5; P ETER G AUCH , Der Werk- vertrag, 5. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2011, Rz. 243, 245). Von einer einfachen Gesellschaft ist auch im vorliegenden Fall auszuge- hen. Insbesondere im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens ist allgemein anerkannt, dass die Mitglieder einer Arbeitsgemein- schaft, die gemeinsam Gläubiger von Gesellschaftsforderungen sind (Art. 544 Abs. 1 OR), von einem Nicht-Zuschlag nicht einzeln, son- dern nur als Partnerschaft betroffen sind. Das Recht zur Beschwerde gegen eine solche Verfügung mit dem Ziel, den Zuschlag dennoch zu erhalten, kommt deshalb nur allen gemeinsam zu und muss - gleich wie die notwendigen Streitgenossen im Zivilprozess - auch gemein- sam ausgeübt werden (BGE 131 I 160 f. mit diversen Hinweisen = Pra 2006, S. 195; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Juli 2009 [B-2561/2009], Erw. 3.3 ff.; Baurechtsentscheide Kanton Zürich [BEZ] 2000 Nr. 7, S. 23 f.; Rechenschaftsbericht über die Rechtspflege des Kantons Uri [RB Uri] 2004/05, S. 109; vgl. auch VGE III/132 vom 29. September 1998 [BE.98.00223], S. 5; M ARTIN B ERTSCHI , in: A LAIN G RIFFEL [Hrsg.], Kommentar VRG, 3. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2014, § 21 N 43; R OBERT W OLF , Der Rechtsschutz im öffentlichen Beschaffungswesen, in: I SABELLE H ÄNER /B ERNHARD W ALDMANN [Hrsg.], Brennpunkte im Verwal- tungsprozess, Zürich/Basel/Genf 2013 [nachfolgend: Rechtsschutz], S. 173 mit Hinweisen). Gleiches muss bei einer Verfügung über den Ausschluss vom Verfahren (oder z.B. einem benachteiligenden Präqualifikationsentscheid im selektiven Verfahren, vgl. BEZ 2000 Nr. 7, S. 23 ff. sowie Beschluss des Verwaltungsgerichts des Kantons 2015 Submissionen 193 Zürich vom 5. Mai 2010 [VB.2009.00667], Erw. 2.4) gelten. Auch hier sind die Mitglieder einer Arbeitsgemeinschaft nicht einzeln, son- dern nur als Partnerschaft betroffen. Das Recht zur Beschwerde ge- gen eine solche Verfügung mit dem Ziel, weiterhin am Ver- gabeverfahren teilzunehmen und den Zuschlag zu erhalten, müssen sie deshalb gemeinsam ausüben. Für die Arbeitsgemeinschaft als Ganzes oder ihre andern Mitglieder kann das einzelne Mitglied somit nicht Beschwerde füh- ren. Möglich ist die Beschwerdeführung indes im Namen und mit Vollmacht aller Mitglieder der Gemeinschaft (BEZ 2000 Nr. 7, S. 23; BGE 131 I 161 mit Hinweisen = Pra 2006, S. 195). Voraussetzung ist allerdings, dass die Beschwerde rechtzeitig im Namen aller Mitglie- der erhoben wurde; eine nachträgliche Erklärung, dass diese weiter- hin bereit seien, den Auftrag auszuführen, genügt nicht (vgl. R OBERT W OLF , Die Beschwerde gegen Vergabeentscheide - Eine Übersicht über die Rechtsprechung zu den neuen Rechtsmitteln, in: ZBl 104/2003, S. 16; vgl. auch BEZ 2000 Nr. 7, S. 23; Beschluss des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 5. Mai 2010 [VB.2009.00667], Erw. 2.4). In solchen Fällen ist daher auch keine Frist für das nachträgliche Beibringen weiterer Vollmachten anzu- setzen (BEZ 2000 Nr. 7, S. 23). 2.2.3. Vorliegend erhob die Beschwerdeführerin die Beschwerde im eigenen Namen. Der Beschwerde vom 18. August 2015 kann nicht entnommen werden, dass sie auch im Namen der C. GmbH erhoben würde. Es wird an keiner Stelle dargelegt oder auch nur erwähnt, dass gleichzeitig auch die C. GmbH Beschwerde führte. Solches lässt sich auch nicht aus dem einleitenden Satz der Beschwerde "hiermit führen wir gegen den Ausschluss aus dem Vergabeverfahren [...] Be- schwerde [...]" ableiten; die Formulierung "wir" lässt sich mit Blick auf die Beschwerdeschrift nur so verstehen, dass damit die Be- schwerdeführerin, welche ein Unternehmen und in der Rechtsform einer GmbH organisiert ist, gemeint war. Die mit der Replik einge- reichte Bestätigung der C. GmbH vom 11. September 2015, wonach sie, die C. GmbH, mit der Beschwerdeführerin am 17. August 2015 vereinbart (bzw. diese beauftragt) habe, die Beschwerde gegen die 2015 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 194 Ausschlussverfügung auch in ihrem Namen einzureichen, ändert schliesslich nichts an der Tatsache, dass die Beschwerde einzig im Namen der Beschwerdeführerin erhoben worden ist. Da die Beschwerde somit nicht rechtzeitig im Namen aller Mit- glieder der Arbeitsgemeinschaft erhoben wurde, darf darauf nicht eingetreten werden. 2.2.4. Im Weiteren könnte man sich die Frage stellen, ob die Beschwerdeführerin allenfalls mit Blick auf die Praxis, wonach einem einzelnen Gesamthandschafter eine selbstständige Anfech- tungsbefugnis zuerkannt wird, wenn das Rechtsmittel darauf aus- gerichtet ist, eine belastende oder pflichtbegründende Anordnung abzuwenden (siehe etwa BGE 131 I 161 = Pra 2006, S. 196; BEZ 2000 Nr. 7, S. 23 f.), selbstständig gegen die Ausschlussver- fügung vorgehen konnte. Dies ist zu verneinen: Gleich wie die Be- schwerde gegen einen Zuschlag oder gegen einen Präqualifikations- entscheid im selektiven Verfahren ist auch die Beschwerde gegen eine Ausschlussverfügung nicht darauf gerichtet, eine die Arbeitsge- meinschaft belastende oder verpflichtende Anordnung abzuwehren, sondern vielmehr auf den Vorteil, der sich aus dem Verbleib im Ver- fahren bzw. dem Zuschlag ergibt (vgl. BGE 131 I 161 = Pra 2006, S. 196). Bei diesen angestrebten Rechtsfolgen handelt es sich zudem um "unteilbare" Leistungen, die nur an die Arbeitsgemeinschaft als Ganzes ergehen können. Insofern unterscheidet sich die Rechtslage von den Situationen, bei welchen die Rechtsprechung die Geltend- machung eines der Gesamthandschaft zustehenden Leistungs- anspruchs durch ein einzelnes Mitglied zugelassen oder zumindest erwogen hat (vgl. BGE 131 I 161 = Pra 2006, S. 196; BEZ 2000 Nr. 7, S. 24). Die Beschwerdeführerin ist daher auch aus diesem Blickwinkel nicht zur Beschwerde befugt. 2.2.5. Hinzuweisen ist schliesslich, dass vorliegend auch kein Fall zur Beurteilung steht, in welchem ein Vertrag zwischen der Vergabestelle und dem Zuschlagsempfänger bereits abgeschlossen worden wäre und in dem die Beschwerde nicht mehr auf den Verbleib im Verfah- ren bzw. den Zuschlag der Beschaffung zielte, sondern auf die Fest- 2015 Submissionen 195 stellung der Rechtswidrigkeit (vgl. BGE 131 I 163 ff. = Pra 2006, S. 197 ff.). Es kann daher offen bleiben, ob ein einzelnes Mitglied einer Arbeitsgemeinschaft in letzterer Konstellation im eigenen Na- men zur Beschwerde befugt wäre (zur Praxis vgl. z.B. W OLF , Rechtsschutz, S. 173). 2.3. Demgemäss ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
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2001 Submissionen 337 72 Begriff der Variante (Erw. 2a/aa). - Eine den Anforderungen entsprechende, zulässige Variante ist gleich zu behandeln wie die übrigen Angebote; der Anbieter hat Anspruch darauf, dass sich die Vergabestelle mit seiner Variante sachlich aus- einandersetzt (Erw. 2/a/bb). - Beim Entscheid, ob einer Variante der Zuschlag erteilt oder auf der Amtslösung beharrt wird, kommt der Vergabestelle ein grosser Er- messensspielraum zu (Erw. 2/a/cc). - Es ist Sache des Anbieters, seine Unternehmervariante so detailliert auszuarbeiten und ausgereift zu formulieren, dass allfällige Kosten- vorteile bzw. entstehende Mehrkosten für die Vergabestelle ersichtlich sind (Erw. 2/a/dd). Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 8. Juni 2001 in Sachen Bietergemeinschaft A. AG und Mitbet. gegen die Verfügung der Stadt A. Aus den Erwägungen 2. a) Den Anbietenden steht es frei, Offerten für Varianten und Teilangebote einzureichen (§ 16 Abs. 1 SubmD). Die Vergabestelle bezeichnet in den Ausschreibungsunterlagen die Mindestanforderun- gen an Varianten und Teilangebote (§ 16 Abs. 2 SubmD). aa) In der Baubranche wird als Variante üblicherweise jeder Of- fertvorschlag bezeichnet, der inhaltlich von der ausgeschriebenen Bauleistung abweicht. Bei der Projektvariante offeriert ein Unter- nehmer die Werkausführung mit einer Projektierung, die von den ausgeschriebenen Planunterlagen ganz oder teilweise abweicht. Bei einer Ausführungsvariante bietet ein Unternehmer die Ausführung in einer Art und Weise an, die sich von den Ausschreibungsunterlagen (z.B. bezüglich Baumethode, Konstruktionsart, Reihenfolge der Ar- beiten) unterscheidet. Keine Unternehmervariante liegt vor, wenn ein Anbieter lediglich eine von den Ausschreibungsunterlagen abwei- chende Vergütungsart (z.B. Pauschal- statt Einheitspreise) vorschlägt (vgl. zum Ganzen: Roland Hürlimann, Unternehmervarianten - Risi- ken und Problembereiche, in: Baurecht 1996, S. 3 f.; ferner VGE 2001 Verwaltungsgericht 338 III/64 vom 11. Mai 1998 [BE.98.00116] in Sachen H. AG, S. 10 f.; Verwaltungsgericht Zug, in: Baurecht 2000, S. 62). bb) Varianten, die submissionswidrig sind, weil sie eine oder mehrere Anforderungen verletzen, die im Rahmen des konkreten Submissionsverfahrens für die Angebote oder deren Einreichung gelten, scheidet die Vergabestelle berechtigterweise vom Wettbewerb aus. Der Anbieter einer den Anforderungen entsprechenden, zulässi- gen Variante hat jedoch einen Anspruch darauf, dass seine Variante bei der Beurteilung der Frage, welches Angebot den Zuschlag erhal- ten soll, in das Verfahren einbezogen und gleich behandelt wird wie die übrigen Angebote, d. h. die Vergabestelle hat sich sachlich damit auseinanderzusetzen. Das "wirtschaftlich günstigste Angebot" kann somit durchaus auch ein Angebot mit Variante sein (vgl. Peter Gauch, Der Werkvertrag, 4. Auflage, Zürich 1996, Rz. 461; ders., Vergabeverfahren und Vergabegrundsätze nach dem neuen Vergabe- recht des Bundes, in: Baurecht 1996, S. 103; ders., Anmerkung zu zwei Entscheiden des Regierungsrats des Kantons Schwyz vom 21. Juni 1994 und 29. August 1995, in: Baurecht 1997, S. 52; ferner Hürlimann, a.a.O., S. 3). cc) Nicht unproblematisch ist im Einzelfall die Abgrenzung, ob überhaupt noch eine Variante (des Grundangebots) oder etwas völlig Anderes angeboten wird. Auch wird die Vergleichbarkeit der Ange- bote zunehmend erschwert, je weiter sich eine Variante vom Grund- angebot bzw. vom Leistungsverzeichnis entfernt. Diese Nachteile hat - wie der Regierungsrat des Kantons Schwyz zutreffend ausgeführt hat (Baurecht 1997, S. 52) - der Anbieter einer Variante mitzutragen: "Er muss es akzeptieren, dass primär die Vergebungsinstanz die erfor- derliche Bewertung trifft und in Grenz- und Übergangsfragen auch zu seinen Ungunsten entscheiden kann. Die Folgen der Nichtbeweisbar- keit von Tatsachen bzw. der nicht ohne übermässigen Aufwand zu führenden Beweise hat zu tragen, wer eine Variante einreicht. Ihm ist dies eher zuzumuten als demjenigen, der sich an das Leistungsver- zeichnis hält". Aus § 15 Abs. 3 der Vergaberichtlinien (VRöB) aufgrund der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswe- sen (IVöB) vom 1. Dezember 1995 ergibt sich, dass die Variante dem 2001 Submissionen 339 Amtsvorschlag bezüglich der technischen Spezifikationen gleich- wertig sein sollte, wobei die Gleichwertigkeit von der Anbieterin oder dem Anbieter der Variante zu beweisen ist (Verwaltungsgericht Zug, in: Baurecht 2000, S. 62; vgl. auch Verwaltungsgericht Luzern, in: LGVE 1999, S. 221 f.). Beim Entscheid, ob sie einer Variante den Zuschlag erteilen oder ob sie auf der von ihr erarbeiteten Amtslösung beharren will, kommt der Vergabestelle jedenfalls ein grosser Ermes- sensspielraum zu, und sie ist nicht verpflichtet, irgendwelche Risiken in Kauf zu nehmen (vgl. VGE III/81 vom 3. Oktober 1997 [BE.97.00216] in Sachen W. AG, S. 13; III/155 vom 15. Dezember 2000 [BE.97.00372] in Sachen ARGE Argovia A1, S. 39 f.). dd) Schliesslich muss es auch Sache des Anbieters sein, seine Unternehmervariante so detailliert auszuarbeiten und ausgereift zu formulieren, dass allfällige Kostenvorteile bzw. entstehende Mehr- kosten für die Vergabestelle klar ersichtlich sind. Es kann nicht ihre Aufgabe sein, unvollständig eingereichte Unternehmervarianten selbst soweit entwickeln zu müssen, bis die Kostenvorteile bzw. -nachteile in Zahlenform zum Ausdruck kommen (erwähnter VGE in Sachen ARGE Argovia A1, S. 40).
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AG_VG_001
AG_VG
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Northwestern_Switzerland
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2000 Submissionen 313 [...] 71 Gewichtung der Zuschlagskriterien. - Weder der Wortlaut von § 18 Abs. 3 SubmD noch der aus den Mate- rialien erkennbare Wille des Dekretsgebers verlangen eine prozen- tuale Angabe der Gewichtung. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 14. Juli 2000 in Sachen F. AG gegen die Verfügung der Kantonalen Strafanstalt Lenzburg. Aus den Erwägungen 4. a) Die Vergabestelle hat die Zuschlagskriterien nicht prozen- tual, sondern mit den Begriffen ,,hoch" (Preis) und ,,mittel" (Technik, Firma) gewichtet. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, die Ge- wichtung der Zuschlagskriterien sei zu vage angegeben worden. Auch enthalte die Vergabeverfügung der Strafanstalt keine Angaben über die Gewichtung; diese Angaben hätten bereits in der Ausschrei- bung enthalten sein sollen. b) Gemäss § 18 Abs. 3 SubmD sind die ausgewählten Zu- schlagskriterien ,,in der Reihenfolge ihrer Bedeutung und mit ihrer Gewichtung in der Ausschreibung aufzuführen. Fehlt diese Angabe, gilt als Zuschlagskriterium der Preis" (vgl. auch Ziff. 6 des An- hangs 3 zum SubmD). Die Pflicht zur vorgängigen Bekanntgabe der Gewichtung der Zuschlagskriterien ist anlässlich der Revision vom 18. Januar 2000 neu in das Submissionsdekret aufgenommen wor- den. Zuvor waren die ausgewählten Zuschlagskriterien lediglich in 2000 Verwaltungsgericht 314 der Reihenfolge ihrer Bedeutung in den Ausschreibungsunterlagen aufzuführen (§ 8 Abs. 3 SubmD in der Fassung vom 26. November 1996). Das Verwaltungsgericht hatte eine darüber hinaus gehende Verpflichtung der Vergabestelle zur Bekanntgabe der Gewichtung wiederholt verneint (vgl. AGVE 1998, S. 390 f.; VGE III/70 vom 28. Mai 1999 in Sachen ARGE S. AG / K. AG, S. 8 f. [vom Bundes- gericht mit Entscheid vom 2. März 2000, S. 7, unter Hinweis auf BGE 125 II 100 ff. geschützt]) und es als Sache des Dekretsgebers bezeichnet, eine solche Pflicht zu statuieren. Vom revidierten Wort- laut nicht ausdrücklich verlangt ist, dass die Gewichtung in Zahlen, sei dies in Prozenten, in Punkten oder mit einem Faktor, angegeben wird. Anlässlich der Beratung des revidierten § 18 Abs. 3 SubmD wurde ein Antrag, die ausgewählten Zuschlagskriterien seien mit ihrer prozentualen Gewichtung in der Ausschreibung aufzuführen, abgelehnt (vgl. Protokoll der Sitzung des Grossen Rates [Prot. GR] vom 18. Januar 2000, Art. 2000-1763, S. 2739, 2740). Auch in der vorberatenden Kommission des Grossen Rates hatte der Vorschlag, den Begriff ,,prozentuale Gewichtung" zu verwenden, keine Zu- stimmung gefunden (vgl. Protokoll der nicht ständigen Kommission Nr. 16 vom 18. Dezember 1999, S. 13 [Voten Pfisterer]). Demzu- folge sprechen weder der Wortlaut der massgebenden Gesetzesbe- stimmung noch der aus den Materialien erkennbare Wille des De- kretsgebers gegen die Umschreibung der Gewichtung mit den Wor- ten ,,hoch - mittel - gering". Ziel der (vorgängigen) Bekanntgabe der Gewichtung der Kriterien ist es, im Interesse der Anbietenden und des Wettbewerbs Transparenz und Rechtssicherheit zu schaffen, und die Gefahr einer willkürlichen, auf einen bestimmten Anbieter zu- geschnittenen Bewertung zu mindern (vgl. Prot. GR, S. 2739 [Votum Füglistaller]). Diesem Ziel kann auch mit einer verbalen Umschrei- bung der Gewichtung genügend Rechnung getragen werden. Die An- bieter können damit in ausreichender Weise erkennen, wo die Verga- bestelle beim Angebot ihre Schwerpunkte setzt, zumal sich bereits aus der Reihenfolge der Kriterien eine Gewichtung ergibt. Die Um- 2000 Submissionen 315 schreibung der Gewichtung der Zuschlagskriterien mit den Begriffen ,,hoch" und ,,mittel" ist somit nicht zu beanstanden. Ebenfalls nicht zu bemängeln ist die Bekanntgabe der Zuschlagskriterien gemäss § 18 Abs. 3 SubmD in den Ausschreibungsunterlagen (Pflichtenheft), da im Einladungsverfahren keine (öffentliche) Ausschreibung statt- findet.
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AG_VG_001
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AG
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2000 Kantonales Steuerrecht 153 [...] 40 Abzug der Zuwendungen an unterstützungsbedürftige Personen. - Die Begrenzung des Abzugs in § 30 lit. d StG ist, auch unter Berück- sichtigung des Grundsatzes der Besteuerung nach der wirtschaftli- chen Leistungsfähigkeit, rechtsgültig. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 28. Februar 2000 in Sachen H.H. gegen Entscheid des Steuerrekursgerichts. Zur Publikation vor- gesehen in StE 2001. Aus den Erwägungen 1. Streitig ist, ob die Unterstützungsleistungen der Beschwer- deführer für E.H. (die Mutter des Steuerpflichtigen, deren Pensions- kosten im Jahre 1997 rund Fr. 70'000.-- betrugen) steuerlich im vol- len Umfang abzugsfähig sind. Dazu bestimmt § 30 lit. d StG in der Fassung vom 19. März 1990, vom Reineinkommen würden 30 % der Zuwendungen an unterstützungsbedürftige Personen, maximal je- doch Fr. 1'700.-- pro unterstützte Person - mit Ausnahme des Ehe- gatten und der Kinder - abgezogen. Die Vorinstanzen haben den Beschwerdeführern unbestrittenermassen den vollen gesetzmässigen Abzug zugestanden. Es kann sich somit nur fragen, ob die gesetzli- che Regelung übergeordnetem Recht widerspricht. 2. a) Der bundesverfassungsrechtliche Gleichheitssatz (Art. 4 Abs. 1 der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 [aBV] bzw. Art. 8 Abs. 1 der [nachgeführten] Bundesverfassung vom 18. April 1999 2000 Verwaltungsgericht 154 [nBV]) "wird auf dem Gebiet der Steuern konkretisiert durch die Grundsätze der Allgemeinheit und Gleichmässigkeit der Besteuerung sowie durch den Grundsatz der Verhältnismässigkeit der Steuerbe- lastung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Gemäss dem letztgenannten Grundsatz müssen alle Steuerpflichtigen nach Mass- gabe der ihnen zustehenden Mittel gleichmässig belastet werden; die Steuerbelastung muss sich nach den dem Steuerpflichtigen zur Verfü- gung stehenden Wirtschaftsgütern und den persönlichen Verhältnis- sen richten" (BGE 122 I 103 mit Hinweisen). In ähnlicher Weise schreibt § 119 Abs. 1 und 2 KV vor, bei der Ausgestaltung der Steu- ern seien die Grundsätze der Solidarität und der Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen zu beachten; die Steuern seien so zu bemessen, dass die gesamte Belastung der Steuerpflichtigen mit Abgaben nach sozialen Grundsätzen tragbar sei, der Wille zur Einkommens- und Vermögenserzielung nicht geschwächt und die Selbstvorsorge ge- fördert werde. Für die Einkommensbesteuerung wird daraus konkretisierend abgeleitet, vom erzielten Roheinkommen müssten zuerst die damit unmittelbar verbundenen Aufwendungen als sog. organische Abzüge (Gewinnungskosten) zugelassen werden, und zwar grundsätzlich (was allerdings nicht durchwegs konsequent verwirklicht ist) ohne Einschränkung (Ernst Blumenstein/Peter Locher, System des Steuer- rechts, 5. Auflage, Zürich 1995, S. 221). "Da dieses Ergebnis ledig- lich Ausdruck einer abstrakten, von den persönlichen Verhältnissen eines Steuerpflichtigen losgelösten Leistungsfähigkeit ist, spricht man hier von objektiver Leistungsfähigkeit. Gesucht ist freilich die subjektive Leistungsfähigkeit. In einem zweiten Schritt muss deshalb mittels anorganischer Abzüge das Reineinkommen und mittels Frei- beträgen bzw. Sozialabzügen (bzw. besonderen Tarifen) das steuer- bare Einkommen ermittelt werden, um so der persönlich-wirtschaftli- chen Situation des Steuerpflichtigen Rechnung zu tragen" (Blumen- stein/Locher, a.a.O., S. 215; vgl. auch Ernst Höhn/Robert Waldbur- 2000 Kantonales Steuerrecht 155 ger, Steuerrecht, Bd. I, 8. Auflage, Bern/Stuttgart/Wien 1997, § 14 Rz. 78 ff., 102 ff.). Der Entscheid darüber, wie die anorganischen Abzüge und So- zialabzüge oder Freibeträge auszugestalten sind, obliegt dem Gesetz- geber, der dabei eine erhebliche Gestaltungsfreiheit geniesst, zumal die verfassungsmässigen Grundsätze zur Steuererhebung gegenläufig sein können und unter sich harmonisiert werden müssen, was angesichts möglicher und zulässiger Unterschiede in den sozial- und finanzpolitischen Ansichten politische Wertungen erfordert (BGE 122 I 105; Georg Müller, in: Kommentar zur Bundesverfassung, Basel/Zürich/Bern, [Stand Mai 1995] Art. 4 N 80; Kurt Eichenberger, Verfassung des Kantons Aargau [Kommentar], Aarau/Frankfurt a.M./Salzburg 1986, § 119 N 6; vgl. auch BGE 124 II 37 f.). b) Das Zivilrecht unterscheidet zwischen der gegenüber den Familienangehörigen (Ehegatte, Kinder) bestehenden Unterhalts- pflicht (Art. 163 ff., 278 ZGB) und der weniger weit gehenden Un- terstützungs pflicht gegenüber anderen Verwandten, namentlich ge- genüber den Eltern (Art. 328 Abs. 1 ZGB in der Fassung vom 26. Juni 1998 [welche die Unterstützungspflicht unter Geschwistern nicht mehr vorsieht]). Das kantonale Steuerrecht vollzieht diese Un- terscheidung nach. Neben Abzügen für Ehegatten - nur falls sie Doppelverdiener sind - (§ 17 Abs. 4 und 5 StG) und für die unter- haltenen Kinder (§ 31 Abs. 1 lit. a StG) wird die Unterhaltspflicht namentlich durch die Anwendung eines eigenen Tarifs berücksichtigt (§ 17 Abs. 2 und 3 StG). Tatsächliche Leistungen an andere unter- stützungsbedürftige Personen, ob sie nun im Rahmen einer zivil- rechtlichen Unterstützungspflicht erfolgen oder nicht, berechtigen ausschliesslich zu einem Abzug (§ 30 lit. d StG). Beim Empfänger sind diese Leistungen nicht steuerpflichtig (§ 23 lit. d StG). c) aa) Eine unbeschränkte Abzugsfähigkeit der Unterstüt- zungsleistungen (als organischer Abzug) liesse sich wohl nur ernst- haft vertreten, wenn es sich konsequenterweise beim Empfänger um steuerbares Einkommen handelte. Beides widerspräche klarerweise 2000 Verwaltungsgericht 156 den Auffassungen des Bundesgesetzgebers. Art. 24 lit. d DBG wie auch Art. 7 Abs. 4 lit. f StHG erklären Einkommen aus öffentlicher und privater Unterstützung ausdrücklich als steuerfrei, und Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG wie auch Art. 9 Abs. 2 lit. c StHG schliessen den Abzug von Leistungen in Erfüllung anderer privatrechtlicher Unter- stützungspflichten als gegenüber Ehegatten und Kindern aus. Diese Bestimmungen sind der Überprüfung durch die Gerichte entzogen (Art. 191 nBV [Art. 113 Abs. 3, Art. 114 bis Abs. 3 aBV]); selbst wenn sie verfassungswidrig wären, müssten sie angewendet werden. Die Regelung im StHG ist, jedenfalls ab 2001, auch für die Kantone verbindlich; schon vorher, während der laufenden Anpassungsfrist (Art. 72 Abs. 1 StHG), besteht nach der bundesgerichtlichen Recht- sprechung ein Verbot "entharmonisierender" kantonaler Rechtset- zung (BGE 124 I 101 ff., 106 = StE 1998, A 23.1 Nr. 2); im gleichen Umfang muss es konsequenterweise auch den Gerichten verwehrt sein, das kantonale Steuerrecht, soweit es dem StHG bereits ent- spricht, durch Auslegung (oder gar, wie es hier die Beschwerdeführer verlangen, durch eine Anwendung entgegen dem klaren Sinn des Gesetzes) zu "entharmonisieren" (vgl. VGE II/50 vom 11. Juni 1999 i.S. D.W., S. 10). Zu Recht hat deshalb das Steuerrekursgericht fest- gehalten, es sei an das Gesetz gebunden. Von einer Steuerharmoni- sierung, wenn im Sinne der Beschwerdeführer entschieden würde, kann jedenfalls keine Rede sein (vgl. auch Markus Reich, in: Kom- mentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/1 [StHG], Ba- sel/Frankfurt a.M. 1997, Art. 9 N 24, 40, 63, 65). bb) Wird der Abzug für erbrachte Unterstützungsleistungen als anorganischer Abzug ausgestaltet, so ist er in der Höhe zu limitieren (vgl. Reich, a.a.O., Art. 9 N 28 ff.). Die Art und Höhe dieser Ein- schränkung zu bestimmen, gehört klarerweise zu den Optionen des Gesetzgebers im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit (vorne Erw. 2/a). Auch wenn man die Meinung vertreten kann, im aargauischen Steu- ergesetz sei die Abzugsfähigkeit von Unterstützungsleistungen ange- sichts neuerer Entwicklungen bei den Pflegekosten und bei der An- 2000 Kantonales Steuerrecht 157 wendung von Art. 328 ZGB gar stark eingeschränkt, ist die Korrektur nicht durch die Gerichte, sondern im Gesetzgebungsverfahren vorzunehmen. Im neuen Steuergesetz vom 15. Dezember 1998, das auf Anfang 2001 in Kraft treten wird, ist der Unterstützungsabzug in diesem Sinne auf Fr. 2'400.-- angehoben worden (§ 42 Abs. 1 lit. b). 3. Nur am Rande sei bemerkt, dass die vom Beschwerdeführer früher vorgebrachte Argumentation, statt Pflegekosten zu bezahlen, hätte er auch dem Pflegeheim eine jährliche Spende in Höhe von Fr. 100'000.-- zukommen lassen können, die steuerlich vollumfäng- lich abzugsfähig gewesen wäre, unzutreffend ist. Erstens kommen als abzugsfähige freiwillige Zuwendungen im Sinne von § 30 lit. b StG nur solche in Frage, denen keine Gegenleistung gegenübersteht (vgl. § 23 Abs. 1 StGV: "Freiwillige und unentgeltliche Zuwendungen ..."), zweitens fallen nur Zuwendungen an juristische Personen, die im Hinblick auf gemeinnützige Zwecke von der Steuerpflicht befreit sind, in Betracht, und drittens besteht auch hier eine Obergrenze (bis zu 20 % des Reineinkommens; vgl. § 30 lit. b StG). Im Übrigen würde diese Argumentation den Beschwerdeführern ohnehin nicht helfen, da man der Besteuerung nicht mit dem Hinweis entgehen kann, man wäre bei anderer Vorgehensweise besser gefahren; die Besteuerung hat nach den tatsächlichen Verhältnissen zu erfolgen.
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de
2003 Verwaltungsgericht 264 [...] 62 Preisbewertung. - Zulässigkeit eines Bewertungssystems, das Angebote beim Preis in- nerhalb einer bestimmten Bandbreite gleich bewertet. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 12. September 2003 in Sachen S. AG gegen Gemeinderat Gansingen. Aus den Erwägungen 4. a) Beanstandet wird von der Beschwerdeführerin die von der Vergabebehörde gewählte Methode der Preisbewertung. Sie erachtet es als willkürlich, dass die Vergabebehörde ihr Angebot und das um 1.4% teurere Angebot der P. AG mit der gleichen Punktzahl bewertet hat. Der Gemeinderat beruft sich auf den ihm bei der Bewertung zustehenden Freiraum. Es sei bewusst auf eine direkte Rangfolge verzichtet und ein "Raster" vorgegeben worden, der einen Preisspiel- raum fixiere. b) Die Beschwerdeführerin irrt, wenn sie vorbringt, beim Preis handle es sich um eine mathematische Grösse, die der Vergabebe- hörde keinen Spielraum belasse. Auch bei der Bewertung des Preises gilt, dass das Verwaltungsgericht die von der Vergabebestelle ge- wählte Vorgehensweise respektieren muss, sofern diese nicht völlig sachfremd ist oder auf die einzelnen Anbieter unterschiedlich ange- wendet wird. Das Verwaltungsgericht hat die Gleichbewertung der 2003 Submissionen 265 Angebote innerhalb einer bestimmten Bandbreite der Offertpreise in seiner bisherigen Praxis als grundsätzlich zulässig erachtet. Immer- hin hat es darauf hingewiesen, dass eine solche Gleichbewertung "annähernd gleicher Angebote" nicht dazu dienen dürfe, die Vor- schriften des BGBM zu umgehen. Das im BGBM statuierte Gebot der Gleichbehandlung einheimischer und auswärtiger Anbieter unter- sagt Prozentklauseln und andere Privilegierungen ortsansässiger Anbieter. Auch müssten im Hinblick auf das Gleichbehandlungsge- bot die Bandbreiten, innerhalb derer eine Gleichbehandlung erfolge, gemessen am jeweiligen Auftragswert relativ eng begrenzt sein (VGE III/158 vom 26. November 1998 [BE.1998.00289] in Sachen G. AG, S. 9 f.; vgl. auch Peter Galli/ André Moser/Elisabeth Lang, Praxis des öffentlichen Beschaffungsrechts, Zürich 2003, Rz. 423). c) Beim von der Vergabestelle verwendeten Preisbewertungs- system haben diejenigen Angebote, die sich preislich innerhalb einer Bandbreite von 100 - 102% bewegten, die Note 5 bzw. 5 Punkte erhalten. 4 Punkte erhielten Angebote zwischen 102 - 105%, 3 Punkte Angebote zwischen 105 - 110% und 2 Punkte solche zwi- schen 110 - 115%. Offerten, die mehr als 15% über dem niedrigsten Angebot lagen, bekamen noch einen Punkt. Im vorliegenden Fall kommt dem Preis ein Gewicht von 50% zu. Damit handelt es sich beim Preis zwar um das gewichtigste Zu- schlagskriterium; den verschiedenen qualitativen Aspekten (Erfah- rung, Qualität etc.) wird insgesamt aber die gleiche Bedeutung zu- gemessen. Diese Kriterien wurden ebenfalls mit Punkten zwischen 5 und 1 bewertet. Das relativ geringe Gewicht des Preises mit 50% lässt die Gleichbewertung von preislich nahe beisammen liegenden Angeboten und den Verzicht auf eine absolut differenzierte Preisbe- wertung als noch vertretbaren Ermessensentscheid der Vergabebe- hörde erscheinen. Die gewählte Bewertungsmethode ist weder völlig sachfremd noch wurde sie auf die einzelnen Anbieter unterschiedlich angewendet. Es bestehen überdies auch keinerlei Anhaltspunkte für eine binnenmarktgesetzwidrige Bevorzugung einheimischer Anbie- ter, zumal vorliegend keine einheimischen Unternehmen beteiligt waren und es sich um ein Einladungsverfahren handelt, bei dem die 2003 Verwaltungsgericht 266 Vergabebehörde in der Auswahl der einzuladenden Unternehmen ohnehin frei war.
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2019 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 164 24 Sozialhilfe; Anrechnung eigener hypothetischer Mittel bei Rechtsmiss- brauch Nur ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der unterstützten Person rechtfertigt die Anrechnung eigener hypothetischer Mittel (Zusam- menfassung der Rechtsprechung). Rechtsmissbräuchliches Verhalten liegt vor, wenn bei vorübergehen- der Ablösung von der Sozialhilfe und gekündigtem Arbeitsverhältnis Mittel objektiv unvernünftig verwendet werden, d.h. Ausgaben er- folgen, welche Personen in angespannten finanziellen Verhältnissen nicht tätigen würden. Aus dem Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 27. August 2019, in Sachen A. gegen Gemeinderat B. und Departement Gesundheit und Soziales (WBE.2019.158). Aus den Erwägungen 2.4. 2.4.1. Der Beschwerdeführer tätigte nach seiner Anmeldung bei der Sozialhilfe vom 16. Mai 2016 folgende Barbezüge am Geldautoma- ten: Fr. 2'000.00 am 28. Mai 2016, Fr. 3'000.00 am 6. Juni 2016 2019 Sozialhilfe 165 sowie Fr. 500.00 am 18. Juni 2016. Diese erfolgten vor der Wieder- eröffnung des Sozialhilfedossiers durch die Sozialen Dienste per 1. Juli 2016 und dem begründeten Gesuch um materielle Hilfe vom 31. August 2016, mit welchem der Beschwerdeführer ein Vermögen von Fr. 4'254.80 deklarierte. Obwohl sich der Beschwerdeführer unmittelbar nach der Kün- digung seines Arbeitsverhältnisses (d.h. während der Freistellung) bei den Sozialen Diensten zum erneuten Sozialhilfebezug angemel- det hatte, ist davon auszugehen, dass er bis zur Auflösung des Ar- beitsverhältnisses und einen Monat darüber hinaus in keinem Sozial- hilferechtsverhältnis zur Gemeinde stand. Die Sozialen Dienste teil- ten im Schreiben vom 19. Mai 2016 mit, das Sozialhilfedossier erst per 1. Juli 2016 wieder zu eröffnen, und verlangten vorerst weder das Gesuch um materielle Hilfe noch irgendwelche Unterlagen. Auch die Vorinstanz hatte den Gemeinderat verpflichtet, Nothilfeleistungen erst per 1. Juli 2016 auszurichten. Damit ist davon auszugehen, dass die zwischen dem 28. Mai und dem 18. Juni 2016 getätigten Barbe- züge im Gesamtbetrag von Fr. 5'500.00 ausserhalb des Sozialhil- febezugs erfolgten. 2.4.2. Entsprechend dem sozialhilferechtlichen Effektivitätsgrundsatz setzt die Anrechnung als eigene Mittel voraus, dass das Guthaben bzw. entsprechende Barbeträge dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt des gemeinderätlichen Beschlusses tatsächlich zur Verfügung stan- den (vgl. VGE vom 5. Juli 2018 [WBE.2018.50], Erw. II/3.4; vom 8. März 2016 [WBE.2016.10], Erw. II/3.6; GUIDO WIZENT, Die so- zialhilferechtliche Bedürftigkeit, Zürich/St. Gallen 2014, S. 211 ff.: Tatsächlichkeitsprinzip ). Grundsätzlich unzulässig ist dagegen die Anrechnung von fiktivem Einkommen oder Vermögen (vgl. FELIX WOLFFERS, Grundriss des Sozialhilferechts, 2. Auflage, Bern 1999, S. 153). Nur ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der unterstützten Per- son kann die Anrechnung eigener hypothetischer Mittel rechtfertigen. Im sozialhilferechtlichen Sinne liegt Rechtsmissbrauch dann vor, wenn das Verhalten der unterstützten Person einzig darauf gerichtet ist, in den Genuss von materieller Hilfe zu gelangen (vgl. BGE 121 I 2019 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 166 367, Erw. 3d) bzw. wenn jemand eine Notlage bewusst herbeiführt oder aufrechterhält, um so Sozialhilfeleistungen zu erhalten (PETER MÖSCH PAYOT, in: CHRISTOPH HÄFELI [Hrsg.], Das Schweizerische Sozialhilferecht, Luzern 2008, S. 285). Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung kann rechtsmissbräuchliches Verhalten vorliegen, wenn vorhandene Mittel im Hinblick auf den Sozialhilfebezug objektiv unvernünftig verwen- det werden. Die Anrechnung eigener hypothetischer Mittel rechtfer- tigt aber nur ein Verhalten, welches einzig oder überwiegend auf die Ausrichtung von materieller Hilfe gerichtet ist. Als unvernünftige Mittelverwendung gelten dabei Schuldenzahlungen oder Ausgaben, welche üblicherweise von Personen in angespannten finanziellen Verhältnissen, welche keine Sozialhilfe beziehen, nicht getätigt wer- den (vgl. VGE vom 5. Juli 2018 [WBE.2018.50], Erw. II/3.4; vom 28. April 2016 [WBE.2015.450], Erw. II/4.4.4; vom 13. Februar 2008 [WBE.2007.199], Erw. II/4.4.2). Die Anrechnung als hy- pothetische Mittel ist auch gerechtfertigt bei rechtsmissbräuchlichem Forderungsverzicht (vgl. VGE vom 5. Juli 2018 [WBE.2018.50], Erw. II/3.4; vom 8. März 2016 [WBE.2016.10], Erw. II/3.6). Das Verwaltungsgericht hat die Anrechnung eigener hypothe- tischer Mittel nicht beanstandet in einem Fall, wo der Beschwerde- führer unter dem Vorwand, ins Ausland wegzuziehen, ein Freizügig- keitsguthaben erhältlich gemacht hatte; angeblich wurde dieses vor dem erneuten Sozialhilfebezug auch zur Tilgung von Privatschulden und zur Unterstützung der Mutter im Ausland eingesetzt (vgl. VGE vom 28. April 2016 [WBE.2015.450]). Als zulässig erwies sich auch die Anrechnung eigener hypothetischer Mittel in einem Fall, wo die Beschwerdeführerin vom Bankkonto des geschiedenen Ehemannes grössere Geldbeträge abheben konnte, welche angeblich - ohne plau- sible Angaben - ins Ausland verbracht wurden (vgl. VGE vom 5. Juli 2018 [WBE.2018.50]). Rechtsmissbräuchliches Verhalten verneinte das Verwaltungsgericht in einem Fall, wo der Beschwerdeführer Nachzahlungen einer Sozialversicherung zur Schuldentilgung und Unterstützung seiner Familie verwendet und sich geweigert hatte, eine Rückerstattungsvereinbarung zu unterzeichnen (vgl. VGE vom 29. November 2012 [WBE.2012.148]). Einen rechtsmissbräuch- 2019 Sozialhilfe 167 lichen Forderungsverzicht verneinte das Verwaltungsgericht ebenso in einem Fall, wo die Beschwerdeführer der Krankenkasse die Zu- stimmung erteilt hatten zur Verrechnung eines Guthabens mit den Prämien einer Zusatzversicherung (vgl. VGE vom 8. März 2016 [WBE.2016.10]). 2.4.3. Nach Darstellung des Beschwerdeführers dienten die Barbezüge im Gesamtbetrag von Fr. 5'500.00 der Deckung des Lebensbedarfs im Juni 2016, der Bezahlung von Rechnungen, dem Kauf eines neuen Computers und von Sommerkleidern. Belege oder Zah- lungsnachweise legte der Beschwerdeführer nicht vor. Die Vorinstanz ging davon aus, dass der Beschwerdeführer im Monat Juni 2016 mit der letzten Lohnvergütung im Betrag von Fr. 2'917.70 hätte auskommen können. Dieser Einkunft stellte die Beschwerdestelle SPG Kontobelastungen von Fr. 869.00 für die Mie- te, von Fr. 5'500.00 für Barbezüge sowie von Fr. 14.55 für eine Spe- senabrechnung gegenüber. Daraus resultierte ein Ausgabenüber- schuss von Fr. 3'465.85, wofür nach Auffassung der Vorinstanz keine plausible Verwendung dargelegt wird. In diesem Umfang ging sie von einer objektiv unvernünftigen Mittelverwendung aus. 2.4.4. Das Verwaltungsgericht war mehrfach damit konfrontiert, dass längerfristig unterstützte Personen eine Anstellung im ersten Ar- beitsmarkt finden und daher vorübergehend von der Sozialhilfe abge- löst werden konnten. Bei der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses während der 3-monatigen Probezeit erwog es, die materielle Hilfe sei aufgrund des vertraglichen Lohnanspruchs einzustellen; es bestehe keine Grundlage, sicherheitshalber Sozialhilfeleistungen auszube- zahlen (vgl. VGE vom 26. Februar 2016 [WBE.2015.418], Erw. II/1.4). Im Zusammenhang mit der Auflösung eines 4- monatigen Arbeitsverhältnisses erwog es, hohe Saläre liessen er- wartungsgemäss gerade bei tiefen Lebenshaltungskosten Ersparnisse zu; es sei nicht zu beanstanden, Kontoauszüge einzuverlangen, aus welchen sich die Gutschriften sowie Rückschlüsse über deren Ver- wendung ergäben (VGE vom 19. Februar 2019 [WBE.2018.473], Erw. II/4). 2019 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 168 Aufgrund des 6-monatigen Arbeitsverhältnisses war der Be- schwerdeführer während einiger Monate finanziell selbständig und konnte zwischenzeitlich von der Sozialhilfe abgelöst werden. Aus- serhalb des Sozialhilferechtsverhältnisses konnten ihm grundsätzlich keine Vorgaben zu seinem Ausgabeverhalten gemacht werden. Nach- dem er jedoch - mit Unterbrüchen - seit rund 13 Jahren Sozialhilfe bezogen hatte, musste er nach der Kündigung des Arbeitsverhältnis- ses damit rechnen, in absehbarer Zeit wiederum materielle Hilfe be- anspruchen zu müssen. Ein Anspruch auf Arbeitslosentaggelder be- stand offensichtlich nicht. Der Beschwerdeführer hat denn auch die Sozialen Dienste bereits am 16. Mai 2016 gewissermassen vorsorg- lich über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses orientiert. Unter diesen Umständen durfte er seit der Kündigung vom 29. April 2016 keine Ausgaben mehr vornehmen, welche Personen in angespannten finanziellen Verhältnissen nicht tätigen würden. Nach der Rechtspre- chung des Verwaltungsgerichts kann eine objektiv unvernünftige Mittelverwendung - sprich ein in diesem Sinne rechtsmissbräuch- liches Verhalten - ausnahmsweise zur Anrechnung hypothetischer Mittel (und damit zum Entfallen des Anspruchs auf ordentliche Sozialhilfe) führen (vgl. VGE vom 19. Februar 2019 [WBE.2018.473], Erw. II/4; vom 5. Juli 2018 [WBE.2018.50], Erw. II/3.4 f.; vom 28. April 2016 [WBE 2015.450], Erw. II/4.4.4 f.). Der dem Beschwerdeführer für den Monat Juni 2016 zugestan- dene Betrag von Fr. 2'917.70 liegt Fr. 732.35 über seinem sozialhilfe- rechtlichen Bedarf (vgl. Budget, wo Fr. 979.00 für den Grundbedarf I, Fr. 50.00 für den Grundbedarf II, Fr. 869.00 für Wohnungskosten sowie Fr. 287.35 für Krankenkassenprämien einge- setzt wurden). Im Grundbedarf I und II wären Ausgabepositionen für Bekleidung und Schuhe bereits mit 12,99 %, für Nachrichten- übermittlung mit 5,19 % sowie für Unterhaltung und Bildung mit 12,99 % enthalten (vgl. Handbuch Sozialhilfe des Kantonalen Sozial- dienstes, 4. Auflage, 2003, Kapitel 5, S. 35). Unter Berücksichtigung dessen stand es im Belieben des Beschwerdeführers, den darüber hinaus zugestandenen Betrag von Fr. 732.35 ganz oder teilweise für spezielle Sommerkleidung und/oder die Anschaffung eines preis- günstigen Computers einzusetzen. Soweit der Beschwerdeführer in 2019 Sozialhilfe 169 genereller Hinsicht geltend macht, einen unbestimmten Betrag zur Bezahlung von Rechnungen aufgewendet zu haben, wäre gegen eine anderweitige Verwendung des letzten Lohns ebenfalls nichts einzuwenden. Anzumerken ist allerdings, dass insbesondere für die Krankenkasse und die Wohnungsmiete keine zusätzlichen Ausgaben anfielen. Eine Schuldentilgung wird vom Beschwerdeführer übrigens nicht behauptet. Mit einem Betrag von Fr. 2'917.70 standen ihm für den Monat Juni 2016 genügend Mittel zur Verfügung. 2.4.5. Auf dem Bankkonto des Beschwerdeführers sind von Ende Mai bis Mitte Juni 2016 Belastungen im Gesamtbetrag von Fr. 6'383.55 verzeichnet (davon Barbezüge über insgesamt Fr. 5'500.00). Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz dem Beschwerdeführer im Hinblick auf eine erneute Sozialhilfeabhängigkeit für den Monat Juni 2016 lediglich Ausgaben im Umfang des letzten Verdienstes zu- gestand (d.h. im Betrag von Fr. 2'917.70). Die Beschwerdestelle SPG ging davon aus, dass für den Differenzbetrag von Fr. 3'465.85 keine plausible Verwendung vorlag, und rechnete dem Beschwerdeführer in diesem Umfang hypothetische Mittel an. Der Beschwerdeführer macht auch vor Verwaltungsgericht keinerlei zusätzliche Angaben zum Verbleib des Geldes. Unter diesen Umständen ist nicht zu bean- standen, dass eine objektiv unvernünftige Mittelverwendung unter- stellt wird. Diese würde im Übrigen auch vorliegen, wenn sich der Beschwerdeführer mit Bekleidung oder Elektronik aus dem Luxussegment eingedeckt hätte.
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2013 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 78 [...] 15 Angeordnete Nachbetreuung gemäss § 67l EG ZGB Während der Dauer einer durch die Klinik angeordneten Nachbetreuung kann ein Antrag auf Änderung oder Aufhebung an das zuständige Fami- liengericht gestellt werden; das Gleiche gilt bei ambulanten Massnahmen (Lückenfüllung). Urteil des Verwaltungsgerichts, 1. Kammer, vom 26. März 2013 in Sachen D.R. gegen den Entscheid der Klinik Königsfelden (WBE.2013.78). Aus den Erwägungen 6. 6.1. Der Vollständigkeit halber (und mangels entsprechender gesetz- licher Regelung) rechtfertigt es sich zu prüfen, ob eine von einer Nachbetreuung betroffene Person auch nach Ablauf der Beschwerde- frist eine Möglichkeit hat, eine Änderung oder Aufhebung der ange- ordneten Nachbetreuung zu verlangen, und welche Behörde diesfalls dafür zuständig wäre. 2013 Fürsorgerische Unterbringung 79 6.2. 6.2.1. Gemäss Art. 437 ZGB regeln die Kantone die Nachbetreuung und können ambulante Massnahmen vorsehen. Dem Bundesrecht können keine weiteren Vorgaben betreffend die Nachbetreuung ent- nommen werden (vgl. auch Botschaft zur Änderung des Schweizeri- schen Zivilgesetzbuches [Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht] vom 28. Juni 2006, BBl 2006 7071 [nachfolgend: Bot- schaft Erwachsenenschutz]). 6.2.2. 6.2.2.1. Ist die Einrichtung für die Entlassung zuständig, legt sie gemäss den kantonalrechtlichen Regelungen auch die Nachbetreuung fest. Die Nachbetreuung ist höchstens auf sechs Monate zu befristen. Sie fällt spätestens mit Ablauf der festgelegten Dauer dahin, wenn keine Anordnung der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde vorliegt (§ 67l EG ZGB). Wird die Nachbetreuung durch die Kindes- und Er- wachsenschutzbehörde angeordnet, weil ihr auch die Entlassungszu- ständigkeit zukommt, kann die Massnahme für maximal 12 Monate angeordnet werden (§ 67m EG ZGB). 6.2.2.2. Dem kantonalem Gesetz lässt sich keine Regelung entnehmen, ob und bei welcher Behörde sich eine betroffene Person während der Dauer der Nachbetreuung (maximal 6 bzw. 12 Monate) zur Wehr set- zen kann bzw. beantragen kann, dass die Nachbetreuung aufgehoben oder geändert wird, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Auch in den kantonalen Materialien betreffend die Einführung des neuen Kindes- und Erwachsenenschutzrechts sind keine diesbezügli- chen Hinweise ersichtlich (vgl. Botschaft des Regierungsrats des Kantons Aargau an den Grossen Rat vom 27. April 2011, Ziff. 9.6 ff.; Botschaft des Regierungsrats des Kantons Aargau an den Grossen Rat vom 19. Oktober 2011, Ziff. 3.3.5). Anders ist dies beispielswei- se im Kanton Graubünden, wo gemäss ausdrücklicher Gesetzesbe- stimmung die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde die angeord- nete Massnahme von Amtes wegen oder auf Antrag aufhebt, wenn der Zweck erreicht ist oder nicht erreicht werden kann (Art. 54b des 2013 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 80 Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetzbuches des Kantons Graubündens; BR 210.100). 6.3. 6.3.1. Es drängt sich daher die Frage auf, ob die aargauische kantonal- rechtliche Regelung diesbezüglich unvollständig ist, mithin eine Ge- setzeslücke vorliegt, welche von der richterlichen Instanz gefüllt werden muss. Eine Gesetzeslücke liegt dann vor, wenn das Gesetz nach den ihm zugrunde liegenden Ziel- und Wertvorstellungen eine planwidrige Unvollständigkeit aufweist und deshalb anzunehmen ist, der Gesetzgeber hätte, wäre er sich der Tatsachen und Rechtslage be- wusst gewesen, anders entschieden. Bevor eine solche Lücke ange- nommen werden darf, muss zunächst durch Auslegung ermittelt wer- den, ob das Fehlen einer Anordnung nicht eine bewusste Antwort des Gesetzes bedeutet, d.h. ein sogenanntes qualifiziertes Schweigen dar- stellt (Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 11. Dezember 1986, in: ZBl 88/1987, S. 556 f.; ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER/ FELIX UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Auflage, Zürich 2010, Rz. 234 ff.). 6.3.2. Bei einer fürsorgerischen Unterbringung kann die betroffene oder eine ihr nahestehende Person jederzeit ein Entlassungsgesuch stellen (Art. 426 Abs. 4 ZGB). Sodann muss gemäss Art. 383 Abs. 3 ZGB eine Massnahme zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit re- gelmässig auf ihre Berechtigung hin überprüft werden. Wird diese Massnahme während eines Aufenthalts in einer Wohn- und Pflege- einrichtung angeordnet, kann die Erwachsenenschutzbehörde jeder- zeit angerufen werden (Art. 385 Abs. 1 ZGB). Bei Massnahmen zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit im Rahmen einer fürsorgeri- schen Unterbringung kann das Gericht immer angerufen werden (Art. 438 i.V.m. Art. 439 Abs. 2 ZGB). In diesem Zusammenhang ist ferner zu bemerken, dass gemäss Meinungen in der Lehre analog bei einer medizinischen Behandlung ohne Zustimmung (vgl. Art. 434 ZGB), welche über eine längere Zeitspanne angeordnet wurde, auch nach Ablauf der 10-tägigen Beschwerdefrist seit Eröffnung des Ent- scheides die Möglichkeit bestehen sollte, diesen mittels Beschwerde 2013 Fürsorgerische Unterbringung 81 gerichtlich überprüfen zu lassen (THOMAS GEISER/MARIO ETZENSBERGER in: Geiser/Reusser [Hrsg.], Basler Kommentar, Erwachsenenschutz, Basel 2012, Art. 434/435 N 27 und Art. 439 N 35). Bereits in Anbetracht dieser Ausgangslage erscheint es nahe- liegend, dass eine ähnliche Möglichkeit auch im Rahmen einer zwangsweisen Nachbetreuung (oder ambulanten Massnahme), wel- che regelmässig über mehrere Wochen oder Monate angeordnet wird, bestehen muss. 6.3.3. Das kantonale Recht schreibt vor, dass bei Vorliegen einer Rückfallgefahr von Gesetzes wegen eine Nachbetreuung vorgesehen werden muss (§ 67k Abs. 1 EG ZGB). Stimmt eine betroffene Person der vorgeschlagenen Nachbetreuung nicht zu, so kann sie - wie im vorliegenden Fall - gegen den Willen der betroffenen Person ange- ordnet werden (vgl. § 67k Abs. 2 und 3 EG ZGB). Als mögliche Massnahmen werden im Gesetz folgende Anordnungen beispielhaft aufgezählt (§ 67k Abs. 1 EG ZGB): "a) Verpflichtung, regelmässig eine fachliche Beratung oder Be- gleitung in Anspruch zu nehmen oder sich einer Therapie zu unter- ziehen, b) Anweisung, bestimmte Medikamente einzunehmen, c) Anweisung, sich alkoholischer Getränke oder anderer Sucht- mittel zu enthalten und dies gegebenenfalls mittels entsprechender Untersuchungen nachzuweisen." Die soeben zitierten gesetzlich vorgesehenen Massnahmen grei- fen zweifelsohne tief in den Persönlichkeitsbereich ein. Wie auch bei der fürsorgerischen Unterbringung muss aus diesem Grund eine re- gelmässige Überprüfung auf Antrag der betroffenen Person möglich sein. Beispielsweise ist es durchaus denkbar, dass der Zustand einer Person sich nach einigen Wochen derart stabilisiert, dass eine weni- ger engmaschige Überwachung oder sogar keine Massnahme mehr notwendig ist, da die Rückfallgefahr aufgrund der Stabilisation aus- reichend minimiert werden konnte. Möglich ist auch, dass die be- troffene Person anderen, ebenso geeigneten Massnahmen im Laufe der Zeit zustimmen würde. 2013 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 82 6.3.4. Wie bereits erwähnt, äussert sich das kantonale Gesetz bezüg- lich der Frage, ob eine einmal angeordnete Nachbetreuung im Laufe der Zeit auf Antrag der betroffenen Person neu überprüft werden kann, nicht. Immerhin regelt § 67o EG ZGB, dass die mit der Durch- führung der angeordneten Massnahme im Einzelfall beauftragte Stelle der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Meldung zu er- statten hat, sobald sich die betroffene Person nicht an die Anordnun- gen hält oder die Nachbetreuung beziehungsweise die ambulanten Massnahmen die gewünschte Wirkung nicht erzielen. Dies zeigt, dass zumindest in diesen Fällen eine Nachbetreuung beziehungswei- se ambulante Massnahme durch das zuständige Familiengericht auf- gehoben oder abgeändert werden kann. 6.3.5. Insgesamt drängt es sich auf, von einer planwidrigen Unvoll- ständigkeit des kantonalen Gesetzes auszugehen. 6.4. 6.4.1. Bei der Lückenfüllung hat das Gericht nach der Regel zu ent- scheiden, die es als Gesetzgebungsorgan aufstellen würde (Art. 1 Abs. 2 ZGB). Die richterrechtliche Regel ist generell-abstrakt zu for- mulieren und muss systematisch und wertungsmässig in das Gesetz hineinpassen (IVO SCHWANDER in: Kostkiewicz/Nobel/Schwan- der/Wolf [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch, 2. Aufl., Zürich 2011, Art. 1 N 2). Überzeugende Lehrmeinungen und bisherige Rechtsprechung sollten berücksichtigt werden (Art. 1 Abs. 3 ZGB). 6.4.2. Im Sinne einer ersten Feststellung im Rahmen der Lücken- füllung ist mit Blick auf die bestehenden Gesetzesbestimmungen und auf den erwähnten Eingriff in den Persönlichkeitsbereich (vgl. Erw. 6.3.2. ff. hiervor) bei einer gegen den Willen einer Person ange- ordneten Nachbetreuung festzuhalten, dass eine betroffene Person je- derzeit einen Antrag auf Aufhebung oder Abänderung einer angeord- neten Nachbetreuung stellen kann. Würden in unvernünftigen Ab- ständen und in querulatorischer Weise wiederholt Beschwerden ge- 2013 Fürsorgerische Unterbringung 83 gen die angeordnete Nachbetreuung eingereicht, müsste - in analo- ger Anwendung der Rechtsprechung zu entsprechenden Entlassungs- gesuchen - nicht auf die Beschwerden eingetreten werden (vgl. BGE 130 III 729, Erw. 2.1). 6.4.3. Fraglich bleibt, welche Behörde zur Beurteilung eines solchen Antrags zuständig ist. Denkbar wäre einerseits jene Stelle, welche die Nachbetreuung angeordnet hat, und somit entweder die Einrich- tung (vgl. § 67l Abs. 1 EG ZGB) oder das Familiengericht als Kin- des- und Erwachsenenschutzbehörde (vgl. § 67m Abs. 1 i.V.m. § 59 Abs. 1 EG ZGB). In Frage kommt ferner, dass stets das Familienge- richt oder das Verwaltungsgericht zuständig ist. Nachfolgend ist zu prüfen, welche der Möglichkeiten systematisch und wertungsmässig am besten in die bestehenden gesetzlichen Regelungen passt. 6.4.4. Ist die Einrichtung für die Entlassung zuständig, legen in Ein- richtungen mit ärztlicher Leitung die diensthabenden Kaderärztinnen und Kaderärzte die Nachbetreuung fest (§ 67l Abs. 1 EG ZGB). Die Einrichtung ist einerseits gestützt auf Art. 429 Abs. 3 ZGB für die Entlassung zuständig, wenn die Unterbringung auf einem ärztlichen Entscheid beruht, welcher jedoch höchstens für eine Dauer von sechs Wochen angeordnet werden darf. In allen anderen Fällen liegt die Entlassungszuständigkeit grundsätzlich bei der Erwachsenenschutz- behörde, ausser sie überträgt diese auf die Einrichtung (Art. 428 ZGB). In jedem Fall ist die durch eine Einrichtung angeordnete Nachbetreuung auf sechs Monate zu befristen, und sie fällt spätestens mit Ablauf der festgelegten Dauer dahin, wenn keine Anordnung des Familiengerichts vorliegt (§ 67l Abs. 2 EG ZGB). Die Einrichtung lässt dem Familiengericht eine Kopie der vorgesehenen Nachbetreu- ung zukommen (§ 67l Abs. 2 EG ZGB). Hat die Einrichtung keine ärztliche Leitung, ist nur das Familiengericht zur Anordnung der Nachbetreuung ermächtigt (67l Abs. 4 EG ZGB). Das Familienge- richt kann eine Nachbetreuung für eine Dauer von maximal zwölf Monaten anordnen (§ 67m Abs. 2 EG ZGB). Unabhängig davon, ob die Nachbetreuung durch die Einrichtung oder das Familiengericht angeordnet wurde, muss die beauftragte Stelle (z.B. ambulant behan- 2013 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 84 delnder Psychiater) dem Familiengericht Meldung erstatten, sobald sich die betroffene Person nicht an die Anordnungen hält oder die Nachbetreuung nicht die gewünschte Wirkung erzielt (§ 67o EG ZGB). Gemäss § 67p EG ZGB ist das Familiengericht ausserdem für die Vollstreckung der angeordneten Nachbetreuung zuständig. Den zitierten gesetzlichen Bestimmungen lässt sich entnehmen, dass es dem Willen des aargauischen Gesetzgebers entsprach, den Familiengerichten die hauptsächliche Verantwortung im Bereich der Nachbetreuung sowie der ambulanten Massnahmen zuzusprechen. Selbst wenn die Einrichtung zur Anordnung der Nachbetreuung zu- ständig ist, muss diese dem Familiengericht eine Kopie des Ent- scheids zukommen lassen. Auch während der Dauer der durch die Einrichtung angeordneten Nachbetreuung ist das Familiengericht für die beauftragten Stellen diejenige Behörde, an welche sie Meldungen erstatten muss, wenn die Nachbetreuung nicht wie vorgesehen ver- läuft. Vor diesem Hintergrund erscheint es naheliegend und gerecht- fertigt, dass Anträge zur Aufhebung oder Abänderung der Nachbe- treuung an das Familiengericht gestellt werden müssen. Wie nachfol- gend überdies aufgezeigt wird, kann die Zuständigkeit der Ein- richtung oder des Verwaltungsgerichts nicht als sinnvolle Alternative betrachtet werden. 6.4.5. Die Zuständigkeit bei der Einrichtung zu belassen, wenn diese die Nachbetreuung ursprünglich angeordnet hat, passt weniger gut in die bestehenden kantonalen Regelungen hinein, entsprach es doch, wie dargestellt (vgl. Erw. 6.4.4. hiervor), dem Willen des Gesetzge- bers, die massgebliche Verantwortung für die Nachbetreuung dem Familiengericht zuzusprechen. Die Einrichtung ist nach dem Ent- scheid über die Nachbetreuung nicht mehr mit der eigentlichen Durchführung konfrontiert. Ferner erscheint eine solche Lösung auch nicht praktikabel: Die betroffene Person befindet sich allenfalls schon seit mehreren Wo- chen nicht mehr in der Einrichtung und diese müsste, um den Antrag überhaupt beurteilen zu können, zunächst die beauftragte Stelle auf- fordern, schriftliche Stellungnahmen einzureichen oder diese gar zu einer Verhandlung vorladen. Da die Einrichtung keine Justizbehörde 2013 Fürsorgerische Unterbringung 85 ist, steht für das Verwaltungsgericht zweifellos fest, dass ein solches Vorgehen weder sinnvoll ist noch dem Willen des Gesetzgebers ent- sprochen hätte, hätte er die Situation geregelt. Sinn und Zweck der bundesrechtlichen Regelung, wonach nach Ablauf der 10-tägigen Beschwerdefrist in gewissen Fällen (vgl. Art. 428 Abs. 2 ZGB und Art. 429 Abs. 3 ZGB) ein Entlassungsge- such im Rahmen einer fürsorgerischen Unterbringung an die Einrich- tung gestellt werden muss, ist, dass möglichst schnell über eine Entlassung entschieden werden soll, wenn die Voraussetzungen der fürsorgerischen Unterbringung nicht mehr gegeben sind. Mit anderen Worten soll keine Zeit verloren gehen (vgl. Botschaft Erwachsenen- schutz, BBl 2006 7064). Wenn die Einrichtung im Rahmen einer für- sorgerischen Unterbringung nach Ablauf der 10-tägigen Beschwerde- frist über die Entlassung entscheiden kann, präsentiert sich die Sach- lage insofern anders als bei angeordneten Nachbetreuungen, als dass sich die betroffene Person noch in der Einrichtung befindet und die zuständigen Ärzte die Situation daher ohne weitergehende Abklärun- gen ausreichend beurteilen können, um einen ersten Entscheid fällen zu können. Vorliegend würde ein Antrag an die Einrichtung aber ge- genüber einem Antrag an das Familiengericht keine Zeitersparnis be- deuten, weshalb auch damit nicht gerechtfertigt werden kann, die Si- tuation zwingend analog wie bei der fürsorgerischen Unterbringung zu handhaben. 6.4.6. Bei Einschränkungen der Bewegungsfreiheit im Rahmen einer fürsorgerischen Unterbringung kann das Verwaltungsgericht jederzeit und unabhängig von der 10-tägigen Beschwerdefrist angerufen wer- den (Art. 439 Abs. 2 ZGB i.V.m. § 67q Abs. 1 lit. f EG ZGB). Denk- bar wäre, in analoger Anwendung dieser Bestimmungen die Zustän- digkeit für Anträge auf Aufhebung und Abänderung von Nachbetreu- ungen beim Verwaltungsgericht anzusiedeln. Allerdings können die Konstellationen wertungsmässig nicht verglichen werden: Bei einer Einschränkung der Bewegungsfreiheit handelt es sich um einen der massivsten Eingriffe im Rahmen der fürsorgerischen Unterbringung, weshalb ein besonderer Rechtsmittelweg mit einer Garantie auf eine sehr schnelle und definitive Entscheidung gerechtfertigt ist. Der Ein- 2013 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 86 griff durch die Anordnung einer Nachbetreuung ist demgegenüber deutlich geringer. Ausserdem handelt es sich vom Wesen der Nach- betreuung her grundsätzlich um eine längerfristige Massnahme, wel- che aufgrund verschiedener Abklärungen festgelegt wurde. Eine Ein- schränkung der Bewegungsfreiheit hingegen ist eine Massnahme, die im Regelfall kurzfristig aufgrund einer akuten Belastungssituation getroffen wird. Ferner würde die Bejahung der Zuständigkeit des Verwaltungs- gerichts bedeuten, dass den betroffenen Personen nur eine kantonale Instanz zur Verfügung steht, was in Anbetracht des Prinzips des doppelten Instanzenzugs, welches den Kantonen grundsätzlich nicht gestattet, ihre oberen Gerichte in Zivilsachen als einzige Instanz einzusetzen (vgl. Art. 75 Abs. 2 BGG; K ARL S PÜHLER /A NNETTE D OLGE /D OMINIK V OCK , Kurzkommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Zürich 2006, Art. 110 N 4), problematisch sein könnte. 6.5. Zusammenfassend ist festzustellen, dass bei einer durch die Einrichtung rechtskräftig angeordneten Nachbetreuung die betroffene Person jederzeit beim zuständigen Familiengericht einen Antrag auf Aufhebung oder Abänderung der angeordneten Nachbetreuung stel- len kann. Gleiches gilt selbstredend bei einer ambulanten Massnah- me, welche durch das Familiengericht gemäss § 67n EG ZGB an- geordnet worden ist. Der entsprechende Entscheid des Familienge- richts kann anschliessend innerhalb der 10-tägigen Frist mittels Be- schwerde beim Verwaltungsgericht angefochten werden (Art. 450b Abs. 2 ZGB i.Vm. § 67q lit. g EG ZGB).
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2011 Schulrecht 195 [...] 49 Transportkostenersatz bei auswärtigem Schulbesuch Nach der Praxis des Verwaltungsgerichts rechtfertigt die Möglichkeit des privaten Gebrauchs eines auf einem weitreichenden Streckennetz gülti- 2011 Verwaltungsgericht 196 gen Jahresabonnements den Ersatz der Transportkosten zu 4/5 der ent- sprechenden Kosten. Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 7. September 2011 in Sa- chen A. gegen Einwohnergemeinde B. (WKL.2010.3). Aus den Erwägungen 3.4. Verfassung und das Schulgesetz schreiben den Gemeinden nicht vor, mit welchen Mitteln die Benachteiligung beim Schulbesuch aufgrund unzumutbarer Schulwege auszugleichen sind (vgl. § 53 Abs. 4 SchulG). Sie können finanzielle oder reale Ausgleichsmass- nahmen vorsehen. Eine Pflicht, einen separaten Schulbus zur Verfü- gung zu stellen, besteht sowenig wie eine Beschränkung der Mass- nahme auf bestimmte Abonnemente oder Fahrkarten für den öffentli- chen Verkehr. (...) Die Beklagte beteiligt sich an den Kosten des TNW-Abonne- ments. Die Abonnemente werden aber nicht von der Beklagten oder der Schule den Schülerinnen und Schülern abgegeben. Vielmehr wird ihnen bzw. den Eltern die Hälfte der Kosten ersetzt. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin wird sie in der Ausübung der elterlichen Obhut (Art. 301 ZGB) nicht eingeschränkt. Sie entscheidet allein, ob und welches Billet ihre beiden Kinder erwerben können. Die Höhe des Betrages, den die Beklagte ersetzt, begründet daher keinen Ein- griff in das elterliche Sorgerecht der Klägerin. (...) 3.5. Gemäss konstanter Praxis des Verwaltungsgerichts rechtfertigt die Möglichkeit des privaten Gebrauchs eines auf einem weitreichen- den Streckennetz gültigen Abonnements den Ersatz der Transport- kosten zu 4/5 der entsprechenden Kosten (vgl. VGE IV/32 vom 23. Juni 2006 [WKL.2005.3], S. 3 ff.; VGE IV/25 vom 11. Juni 1999 [WKL.1997.7], S. 10; AGVE 2000, S. 107 = VGE IV/32 vom 4. Juli 2011 Schulrecht 197 2000 [WKL.1999.1], unpublizierte Erw. 9 b). Das Jahresabonnement kann auch während der Schulferien und an Sonn- und Feiertagen benutzt werden. § 53 Abs. 4 lit. c SchulG verpflichtet die Gemeinden nur zum Ersatz der notwendigen Transportkosten. "Notwendigkeit" bedeutet auch, dass im konkreten Fall die preisgünstigste Lösung, welche den Schülerinnen und Schülern zumutbar ist, zu treffen ist (AGVE 1986, S. 148). Es besteht kein Anlass im vorliegenden Fall von dieser Recht- sprechung abzuweichen. Die Wahl der Abonnemente ist auf die An- gebote des jeweiligen Trägers des öffentlichen Verkehrs beschränkt. Vorliegend sind sich die Parteien einig, dass das TNW- Abonnement "Umwelt" das günstigste Angebot im Tarifverbund Nordwestschweiz ist. Von den Parteien werden höhere bzw. tiefere Kostenanteile mit der Rechtsgleichheit begründet. Diese Argumente vermögen nicht zu überzeugen. Aus dem Umstand, dass den Oberstufenschülern der volle Betrag des Abonnements vergütet wird, kann die Klägerin kei- nen weitergehenden Anspruch ableiten. Diese Praxis wurde von der Kreisschulpflege, nicht vom Gemeinderat B. begründet. Sie kann daher den Gemeinderat B. sowenig wie die Praxis in andern (Nach- bar-) Gemeinden binden. Ebenso wenig vermag der Hinweis der Beklagten auf die Rechtsgleichheit einen hälftigen Kostenersatz zu rechtfertigen. Falls Schüler im Ortsteil B. einen gefährlichen oder sonst unzumutbaren Schulweg bewältigen müssen, sind Aus- gleichmassnahmen für sie zu bewilligen und nicht Ansprüche von Schülern im Ortsteil C. zu kürzen. Ungleiches gleich zu behandeln hat mit Rechtsgleichheit nichts zu tun. Die Ausscheidung des privaten Anteils am Jahresabonnement muss aus Praktikabilitätsgründen schematisiert werden und kann nicht von der tatsächlichen privaten Benutzung abhängig sein. Eine Kontrolle der privaten Nutzung und der Benützung für den Schulweg ist auch praktisch nicht durchführbar. Der Anteil von 4/5 der Abon- nementskosten berücksichtigt, dass zeitlich die effektiven Schultage rund 40% eines Jahresabonnements beanspruchen, anderseits der Kauf des Abonnements für den Schulbesuch notwendig ist. Nicht nachvollziehbar ist das Anliegen der Klägerin, dass ihr aus erzieheri- schen Gründen die vollen Kosten zu ersetzen seien. Der volle Ersatz 2011 Verwaltungsgericht 198 der Transportkosten vermag eine allfällige, von ihr den Kindern nicht erlaubte Benutzung des Abonnements nicht zu verhindern. Demgemäss ist in teilweiser Gutheissung der Klage die Be- klagte zu verpflichten, den Klägern den Ersatz der Kosten für den öffentlichen Verkehr für die Kinder D. und E. zu je 4/5 im Betrag von Fr. 360.00, respektive die Differenz zum bereits ausbezahlten Betrag, zu ersetzen.
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2013 Fürsorgerische Unterbringung 95 [...] 17 Delegation der Anhörungskompetenz durch das Familiengericht Die Delegation der Anhörungskompetenz an ein Einzelmitglied des Fa- miliengerichts darf nicht die Regel darstellen, auch nicht bei der Anhö- rung in der Einrichtung. Urteil des Verwaltungsgerichts, 1. Kammer, vom 13. August 2013 in Sachen B.F. gegen den Entscheid des Familiengerichts Z. (WBE.2013.377; publiziert in: CAN - Zeitschrift für kantonale Rechtsprechung 2013 Nr. 75 S. 194). Aus den Erwägungen 2013 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 96 2. 2.1. Gemäss Art. 447 Abs. 1 ZGB wird die betroffene Person per- sönlich angehört, soweit dies nicht als unverhältnismässig erscheint. Im Fall einer fürsorgerischen Unterbringung hört die Erwach- senenschutzbehörde die betroffene Person in der Regel als Kolle- gium an (Art. 447 Abs. 2 ZGB). Der Gesetzgeber misst dem Prinzip der Unmittelbarkeit somit ein hohes Gewicht zu. Dies hängt auch mit dem Erfordernis der Interdisziplinarität zusammen: Indem das ZGB eine interdisziplinäre Zusammensetzung der Erwachsenenschutzbe- hörde verlangt, gewährleistet es mit dem Gebot der Anhörung im Kollegium eine Wahrnehmung durch Entscheidträger unterschiedli- cher Fachrichtungen. Aus Art. 447 Abs. 2 ZGB ergibt sich, dass die Anhörung ausnahmsweise an ein Einzelmitglied der Erwachsenen- schutzbehörde übertragen werden kann. Damit wird zwar nach wie vor die Unmittelbarkeit gewährleistet, nicht aber die Interdiszipli- narität (CHRISTOPH AUER/MICHLE MARTI, in: GEISER/ REUSSER [Hrsg.], Basler Kommentar, Erwachsenenschutz, Basel 2012, Art. 447 N 33 f.). Der Regelfall muss aber eine mündliche An- hörung vor dem gesamten Kollegium bleiben. Denkbar ist eine Aus- nahme-Konstellation, falls die Mitglieder den Betroffenen aus frühe- ren Verfahren bereits gut kennen und man sich lediglich über die eingetretenen Veränderungen ein Bild machen muss (CHRISTOF BERNHART, Handbuch der fürsorgerischen Unterbringung, Basel 2011, Rz. 512). Die Delegationsmöglichkeit an ein Einzelmitglied des Gerichts ist zurückhaltend, nur im konkreten Einzelfall und im Entscheid begründet anzuwenden (PATRICK FASSBIND, Erwachse- nenschutz, Zürich 2012, S. 147 f.). Eine Ausnahme ist z.B. denkbar bei urteilsunfähigen Patienten, die aufgrund einer schweren Demenz- erkrankung in der Psychiatrischen Klinik Königsfelden untergebracht und daher im Status einer fürsorgerischen Unterbringung sind (Art. 380 ZGB). Besteht eine Verletzung von Art. 447 Abs. 2 ZGB darin, dass die Anhörung ohne zureichenden Ausnahmegrund durch ein einzel- nes Behördenmitglied durchgeführt wurde, so führt dies grundsätz- 2013 Fürsorgerische Unterbringung 97 lich zur Aufhebung des Entscheids (Basler Kommentar, Erwachse- nenschutz, a.a.O., Art. 447 N 37). 2.2. In Erw. 2.2. des angefochtenen Entscheids hält die Vorinstanz in diesem Zusammenhang fest, im vorliegenden Fall seien die Voraus- setzungen für eine Einzeldelegation gegeben. Mit Hinweis auf eine entsprechende Erwägung im Basler Kommentar erklärt die Vorin- stanz, die Anhörung durch ein einzelnes Mitglied der Erwachse- nenschutzbehörde sei im Interesse der Prozessökonomie ausnahms- weise zulässig, wenn die betroffene Person infolge Alters oder Krankheit in ihrer Wohnung oder an ihrem Aufenthaltsort anzuhören sei. 2.3. 2.3.1. Im Kanton Aargau hat sich in Absprache der Familiengerichte mit den Einrichtungen die Praxis entwickelt, dass die Anhörung in aller Regel in der Einrichtung durchgeführt wird. Die Ausführungen des Basler Kommentars können deshalb nicht unbesehen übernom- men werden, ansonsten die Ausnahme (Anhörung durch ein einzel- nes Mitglied der Erwachsenenschutzbehörde) zur Regel würde, was dem Sinn und Zweck der bundesrechtlichen Bestimmung klar wider- sprechen würde. Vielmehr ist deshalb - auch mit Blick auf die hier- vor zitierte Lehre - festzustellen, dass die Anhörung grundsätzlich immer durch das Kollegium des Familiengerichts durchzuführen ist. 2.3.2. Der Beschwerdeführer ist bereits einmal durch das Kollegium des Familiengerichts Z. (in überwiegend identischer Besetzung) im Rehahaus Effingerhort angehört worden. Nachdem sich das Fami- liengericht somit bereits in interdisziplinärer Zusammensetzung ein Bild der persönlichen und gesundheitlichen Situation des Beschwer- deführers gemacht hat, konnte hier ausnahmsweise auf eine Anhö- rung durch das Kollegium verzichtet werden.
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2001 Verwaltungsgericht 340 73 Anfechtungsgrundsatz; Rügeprinzip; Rechtsanwendung von Amtes wegen. - Grundsatz der umfassenden Prüfung von Amtes wegen bei Submis- sionsbeschwerden (Erw. 3/b/bb). - Das Verwaltungsgericht darf nicht über die gestellten Begehren hinausgehen; das Rügeprinzip hat zur Folge, dass selbst beim Vor- liegen schwerer Verfahrensmängel nur der Zuschlag, nicht aber das Submissionsverfahren als solches ganz oder teilweise aufgehoben wer- den kann, wenn dies nicht verlangt ist; aufgrund welcher rechtlicher Grundlagen die allfällige Aufhebung eines angefochtenen Zuschlags zu erfolgen hat, ist eine Frage der Rechtsanwendung von Amtes wegen (Erw. 3/b/cc). Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 18. Juni 2001 in Sachen ARGE B. AG und N. gegen die Verfügung des Gemeinderats B. Aus den Erwägungen 3. b) bb) Die Beschwerdeführer rügen in ihrer Beschwerde nicht, dass die Angebote in unzulässiger Weise nachträglich abgeän- dert worden seien. Immerhin weisen sie aber in der Stellungnahme vom 21. Mai 2001 darauf hin, dass das ursprüngliche Grundangebot der E. AG für die Überarbeitung von Fr. 1'077'000.-- wettbe- werbsentscheidend auf Fr. 1'000'000.-- reduziert worden sei. Gemäss § 20 VRPG (i.V.m. § 23 SubmD) prüfen die Behörden den Sachverhalt unter Beachtung der Vorbringen der Beteiligten jedoch ohnehin von Amtes wegen und stellen hiezu die notwendigen Ermittlungen an. Sie würdigen das Ergebnis der Untersuchung frei und wenden das Recht von Amtes wegen an. Das Verwaltungsge- richt, dem keine allgemeine Aufsicht über die Verwaltung zukommt, ist dabei in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf die Überprü- fung des Streitgegenstandes beschränkt (René Rhinow/Alfred Kol- ler/Christina Kiss, Öffentliches Prozessrecht und Justizverfassungs- recht des Bundes, Basel/Frankfurt a.M. 1996, Rz. 903 und 916). Der Streitgegenstand wird einerseits durch das Anfechtungsobjekt, an- 2001 Submissionen 341 derseits durch die Parteibegehren bestimmt (Rhinow/Koller/Kiss, a.a.O., Rz. 901). Der in § 20 VRPG verankerte Untersuchungsgrund- satz statuiert zwar keine Verpflichtung der Behörden, einen Sachver- halt unter jedem nur erdenklichen Gesichtspunkt auf mögliche Rechtsmängel hin zu überprüfen (vgl. VGE I/79 vom 21. Dezember 1993 i.S. A.H., S. 12). Jedoch gebietet er, entscheidrelevante, akten- kundige Tatsachen auch dann zu berücksichtigen, wenn sie von den Verfahrensbeteiligten nicht ausdrücklich geltend gemacht werden. Die umfassende richterliche Sachverhaltsermittlung drängt sich im Besonderen dort auf, wo auch öffentliche Interessen berührt werden oder wo eine Partei nur beschränkte Möglichkeiten hat, die notwen- digen Sachverhaltselemente zu präsentieren (vgl. Michael Pfeifer, Der Untersuchungsgrundsatz und die Offizialmaxime im Verwal- tungsverfahren, Basel 1980, S. 94). Beides trifft auf das Submis- sionsverfahren zu. Zum einen ist hier der Vergabeentscheid von der vergebenden Behörde lediglich summarisch zu begründen (§ 20 Abs. 1 SubmD), und es bestehen auch nur beschränkte Auskunfts- rechte der unberücksichtigt gebliebenen Anbieter (§ 20 Abs. 2 und 3 SubmD). Diesen mit den Besonderheiten des Submissionsrechts zu begründenden Einschränkungen der Verfahrensrechte ist durch eine entsprechend umfassende Überprüfung von Amtes wegen zu ent- sprechen (vgl. Urteil des Bundesgerichts, II. öffentlichrechtliche Abteilung, vom 2. März 2000 in Sachen ARGE X., in: Pra 2000, Nr. 134, S. 794 ff.; VGE III/155 vom 15. Dezember 2000 [BE.97.00372] in Sachen ARGE Argovia A1, S. 32 f.). Zum anderen liegt die Durchführung eines korrekten Submissionsverfahrens auch im Interesse der Allgemeinheit, werden die zu vergebenden Aufträge doch in der Regel grösstenteils durch Steuergelder finanziert (AGVE 1997, S. 343 f.; VGE III/101 vom 10. November 1997 [BE.97.00153] in Sachen H. AG, S. 6 f.; III/113 vom 28. November 1997 [BE.97.00249] in Sachen C., S. 6). cc) Das Verwaltungsgericht darf über die gestellten Beschwer- debegehren nicht hinausgehen (§ 43 Abs. 2 VRPG). Diese Bindung an die Anträge hat im vorliegenden Fall zur Folge, dass das Verwal- tungsgericht selbst beim Vorliegen schwerer Verfahrensmängel nur den Zuschlag, nicht aber das Submissionsverfahren als solches ganz 2001 Verwaltungsgericht 342 oder teilweise aufheben kann. Aufgrund welcher rechtlichen Grund- lagen die allfällige Aufhebung eines angefochtenen Zuschlags zu erfolgen hat, ist jedoch eine Frage der Rechtsanwendung von Amtes wegen; hier besteht keine Bindung an die Vorbringen in der Be- schwerde. Die Überprüfung der Rechtmässigkeit eines erfolgten Zu- schlags kann jedenfalls nicht unabhängig vom zugrunde liegenden Vergabeverfahren erfolgen. Schwerwiegende Mängel des Vergabe- verfahrens wirken sich auch auf die Rechtmässigkeit des erfolgten Zuschlags aus; sie verlangen grundsätzlich nicht nur dessen Aufhe- bung, sondern die Durchführung eines neuen, korrekten Submis- sionsverfahrens. Streitgegenstand im Submissionsbeschwerdeverfah- ren ist somit nicht nur die Zuschlagserteilung als solche, sondern notwendigerweise auch das dieser vorangehende Submissionsverfah- ren. Ein sich aus den Akten ergebender schwerwiegender Verfahrens- bzw. Rechtsmangel, wie ihn z.B. die Wahl einer nicht den Vorschrif- ten des Submissionsdekrets entsprechenden Verfahrensart (AGVE 1997, S. 347) oder auch das Durchführen von verbotenen Abgebots- runden (erwähnter VGE in Sachen H. AG, S. 7) darstellt, ist deshalb auch dann zu berücksichtigen, wenn eine entsprechende Rüge nicht erhoben wird. Wenn das Verwaltungsgericht dieser - sich aus der Pflicht zur Rechtskontrolle zwingend ergebenden - Konsequenz nachlebt, masst es sich deswegen nicht die Kompetenz einer allge- meinen Aufsichtsbehörde an (erwähnter VGE in Sachen C., S. 6). .
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2019 Anwalts- und Notariatsrecht 215 XII. Anwalts- und Notariatsrecht 32 Zulassungsvoraussetzungen Anwaltsprüfung Die Tätigkeit bei einer Rechtsberatungsstelle gilt nicht als hinreichende rechtspraktische Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 AnwV, selbst wenn die stelleninterne Betreuung durch eine im Kanton registrierte An- wältin erfolgt. Aus dem Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 24. Januar 2019, in Sachen A. gegen Anwaltskommission (WBE.2018.367). Aus den Erwägungen 2. Strittig ist im Wesentlichen, ob die Tätigkeit des Beschwerde- führers bei den Rechtsberatungsstellen B. als hinreichende rechts- praktische Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 AnwV zu quali- fizieren ist. 3. Die Vorinstanz verneinte dies. Die Anstellung des Beschwerde- führers sei durch die B.-Rechtsberatungsstellen und nicht durch die im Register eingetragene Advokatin C. erfolgt. Gemäss § 2 Abs. 1 AnwV würden jedoch (u.a.) nur rechtspraktische Tätigkeiten bei einem im Kanton registrierten Anwalt bzw. bei einer registrierten Anwältin angerechnet. Die blosse Betreuung durch eine im Register eingetragene Anwältin genüge nicht. 4. Gemäss Beschwerdeführer entspricht die Auslegung der An- waltskommission weder dem Wortlaut noch dem Sinn der Gesetzes- bestimmung. Einzige Bedingung sei, dass der Anwalt oder die An- wältin im Anwaltsregister verzeichnet sei. Es werde weder eine Un- 2019 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 216 terscheidung zwischen den Eintragungsgründen vorgenommen (Art. 8 Abs. 1 und 2 BGFA) noch sei eine Anstellung durch den re- gistrierten Anwalt oder die registrierte Anwältin erwähnt. Folge man der teleologischen Auslegung, so werde die Voraussetzung einer rechtspraktischen Tätigkeit bei einem Registeranwalt u.a. mit der Vermittlung des aargauischen Prozessrechts begründet. Die Tätigkeit als Jurist bei den B.-Rechtsberatungsstellen unter der Leitung einer Registeranwältin entspreche voll und ganz dieser Voraussetzung. 5. 5.1. Gemäss § 2 Abs. 1 Satz 2 AnwV liegt eine hinreichende rechts- praktische Tätigkeit vor, wenn sie mindestens sechs Monate bei einer oder einem im Kanton registrierten Anwältin oder Anwalt, bei einem aargauischen Bezirksgericht, beim Spezialverwaltungsgericht oder beim Obergericht absolviert wird. Diese Bestimmung gilt es auszulegen. 5.2. Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der Be- stimmung. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Ausle- gungen möglich, so muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente, nament- lich von Sinn und Zweck sowie der dem Text zugrundeliegenden Wertung. Wichtig ist ebenfalls der Sinn, der einer Norm im Kontext zukommt. Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Ent- stehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Sinn und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben (BGE 140 II 421 mit Hinweisen). 5.3. 5.3.1. Der Wortlaut der Bestimmung ist nicht eindeutig. Die rechts- praktische Tätigkeit soll bei einem im Kanton registrierten Anwalt erfolgen. Eine wörtliche Auslegung führt zwar eher zum Ergebnis, dass eine Anstellung durch einen Registeranwalt erforderlich ist. 2019 Anwalts- und Notariatsrecht 217 Dies stellt jedoch nicht die einzig mögliche Interpretation dar. Die Auslegung des Beschwerdeführers, wonach die Betreuung durch eine registrierte Anwältin den Anforderungen genüge, verstösst jedenfalls nicht von vornherein gegen den Wortlaut der Bestimmung. 5.3.2. Auch eine systematische Auslegung vermittelt im konkreten Fall keine eindeutigen Hinweise, die auf die Bedeutung des umstrit- tenen Rechtssatzes schliessen lassen. Die Sonderregelung, wonach Anwälte einer nach Art. 8 Abs. 2 BGFA anerkannten gemeinnützigen Organisation sich im Anwaltsregister eintragen können, bedeutet nicht zwingend, dass sie im Hinblick auf die Ausbildung von Rechtspraktikanten den übrigen Registeranwälten im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 AnwV gleichgestellt sind. 5.3.3 Unter altem Recht wurde bezüglich der rechtspraktischen Tä- tigkeit verlangt, dass der Kandidat mindestens ein halbes Jahr bei einem im Kanton Aargau praktizierenden Anwalt (oder bei einem aargauischen Bezirksgericht oder beim Obergericht) gearbeitet hat (§ 3 Abs. 1 aAnwD [AGS Bd. 12 S. 457]). Mit dem Inkrafttreten der AnwV wurde diese Voraussetzung neu umschrieben; nunmehr wird verlangt, dass der Anwalt im - mit dem BGFA eingeführten - kanto- nalen Anwaltsregister eingetragen ist. Es gibt indessen keinen Hinweis darauf, dass der Verordnungs- geber mit dieser neuen Formulierung das Kriterium, dass der betref- fende Anwalt praktizieren bzw. unabhängig forensisch tätig sein muss, hätte aufgeben wollen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Verordnungsgeber, als er die Anforderungen an eine hinreichende rechtspraktische Tätigkeit in § 2 Abs. 1 Satz 2 AnwV umschrieb bzw. einen Registereintrag des ausbildenden Anwaltes verlangte, nicht be- dachte, dass sich ausnahmsweise auch Anwälte, welche bei einer gemeinnützigen Organisation angestellt und damit nicht unabhängig sind, in das Register eintragen lassen können (Art. 8 Abs. 2 BGFA). Die Sonderregelung geht auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung vor Erlass des BGFA zurück. Leitgedanke dieser Regelung war das öffentliche Interesse an einer unentgeltlichen Rechtsberatung und Ergänzung der unentgeltlichen Rechtsvertretung für Personen, denen 2019 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 218 der Zugang zur Verbeiständung aus sozialen Gründen erschwert ist. Es handelt sich mit anderen Worten um eine politisch motivierte Ausnahme vom Anwaltsmonopol, welche der Gesetzgeber im In- teresse des Zugangs zur Rechtsvertretung für sozial Benachteiligte bewusst in Kauf nahm (vgl. zum Ganzen VGE vom 30. Mai 2013 [WBE.2012.468], S. 8 f. mit Hinweisen). 5.3.4. Von Bedeutung ist sodann eine teleologische Betrachtung: Sinn und Zweck der Voraussetzung der rechtspraktischen Tätigkeit bei einem im Kanton Aargau registrierten Anwalt oder bei einem aar- gauischen Bezirksgericht, beim Spezialverwaltungsgericht oder beim Obergericht ist, neben der praktischen Anwendung des im Studium erlernten theoretischen Wissens, angehende Anwältinnen und Anwälte vor dem Erwerb des Anwaltspatents mit dem (aargauischen) Prozessrecht und mit der täglichen Arbeit des forensisch tätigen An- waltes vertraut zu machen. Um dies sicherzustellen, wird ein mindes- tens sechsmonatiges Praktikum bei einem aargauischen Gericht (ge- wissermassen als Gegenseite des Anwalts) oder bei einem Anwalt, welcher vor aargauischen Gerichten und Verwaltungsjustizbehörden tätig ist, verlangt (vgl. AGVE 2006, S. 53 f.). Der Registereintrag des ausbildenden Anwaltes hat somit im Hinblick auf die Berufsvorberei- tung des Praktikanten zwei Funktionen: Es soll gewährleistet wer- den, dass der angehende Anwalt zum einen Einblicke ins (aar- gauische) Prozessrecht und zum anderen in die forensische Tätigkeit eines selbständigen und unabhängigen Anwaltes erhält. Nicht als hin- reichende rechtspraktische Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 AnwV gilt die Beschäftigung bei einem nicht im Register eingetra- genen Anwalt. Beispielsweise bei einem Anwalt, der nur beratend tä- tig ist, oder insbesondere auch bei einem angestellten und daher nicht unabhängigen Rechtsanwalt bei einer Rechtsschutzversicherung oder einem anderen privaten Unternehmen. Der Beschwerdeführer arbeitet für die B. unter der Leitung von C. C. ist Angestellte der B. und ist als Mitarbeiterin einer nach Art. 8 Abs. 2 BGFA anerkannten gemeinnützigen Organisation im Anwalts- register eingetragen. Als Mitarbeiterin einer Stiftung, welche aus- schliesslich gemeinnützigen Charakter hat und keinerlei Erwerbs- 2019 Anwalts- und Notariatsrecht 219 zweck verfolgt (vgl. Art. 2 Abs. 2 des Stiftungsstatuts; [...]), ist sie nicht den gleichen Vorschriften zur unabhängigen Ausübung des Anwaltsberufs unterworfen wie die übrigen Registeranwälte. Die Ausübung der Parteivertretung hat sich zudem strikt auf den gemein- nützigen Bereich entsprechend dem Zweck der betreffenden gemein- nützigen Organisation zu beschränken. Die rechtspraktische Tätigkeit bei einem angestellten Anwalt genügt den Anforderungen gemäss § 2 Abs. 1 AnwV nicht. Dass die angestellte Anwältin C. aufgrund eines politisch motivierten Sonder- falls zum Registereintrag berechtigt ist, vermag daran nichts zu ändern. Der Einblick in die forensische Tätigkeit eines selbständigen und unabhängigen Anwalts ist durch die Tätigkeit des Beschwerde- führers für die B.-Rechtsberatungsstellen nicht sichergestellt, eben- sowenig die Vermittlung des (aargauischen) Prozessrechts. Gemäss Arbeitsbestätigung vom 9. Mai 2018 ist der Beschwerdeführer bei den B.-Rechtsberatungsstellen hauptsächlich in den Bereichen Asyl- und Ausländerrecht tätig. Dieses Betätigungsfeld schränkt die Möglichkeit weiter ein, das (aargauische) Prozessrecht und die An- forderungen an die Tätigkeit eines klassischen Anwaltes kennenzu- lernen. Die Anerkennung der Tätigkeit des Beschwerdeführers als hinreichende rechtspraktische Tätigkeit ist mit der Zielsetzung von § 2 Abs. 1 Satz 2 AnwV nicht vereinbar. 5.4 Für die Auffassung der Vorinstanz, wonach die juristische Tä- tigkeit des Beschwerdeführers für die B.-Rechtsberatungsstellen für Asylsuchende und sozial Benachteiligte nicht als hinreichende recht- praktische Tätigkeit i.S.v. § 2 Abs. 1 AnwV gilt, spricht somit vor allem das teleologische und das historische Element. Mit dem Wort- laut lässt sich das Auslegungsergebnis zudem vereinbaren und auch die Gesetzessystematik steht dem Ergebnis nicht entgegen. Der Ent- scheid der Anwaltskommission entspricht somit im Ergebnis einer korrekten Auslegung von § 2 Abs. 1 Satz 2 AnwV, weshalb kein An- lass besteht, korrigierend einzugreifen. Die Beschwerde ist insoweit abzuweisen.
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2002 Verwaltungsgericht 426 [...] 105 Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts. Rechtliches Gehör. - Bei Verfügungen betreffend Strafantritt ist nur die Beschwerde ge- mäss § 53 VRPG zulässig (Änderung der Rechtsprechung von AGVE 2000, S. 127 f.) (Erw. I/1). - Rechtliches Gehör. Ein Anspruch auf mündliche Anhörung besteht nur, soweit er ausdrücklich statuiert ist; er ergibt sich insbesondere nicht direkt aus Art. 29 Abs. 2 BV (Erw. II/1/b). 2002 Verwaltungsrechtspflege 427 Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 4. September 2002 in Sachen H.S. gegen Entscheid des Regierungsrats. Aus den Erwägungen I/1. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsge- richts ist das Verwaltungsgericht gestützt auf § 52 Ziff. 19 VRPG (Zulässigkeit der anschliessenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht) sachlich zuständig, über Beschwerden betreffend Strafantritt zu entscheiden (AGVE 2000, S. 127 f.). Dem entspricht die Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Entscheid. In einem Entscheid vom 18. Februar 2002 in Sachen R.B. (6A.96/2001) hat das Bundesgericht jedoch entschieden, bezüglich Strafantritt werde kantonales Recht angewendet, was die Zulässigkeit der Verwaltungs- gerichtsbeschwerde ans Bundesgericht ausschliesse. Danach steht nun fest, dass die Voraussetzungen von § 52 Ziff. 19 VRPG nicht gegeben sind, wenn es - wie im vorliegenden Verfahren - um den Strafantritt geht. Als Folge davon kann das Verwaltungsgericht einzig gestützt auf § 53 VRPG angerufen werden. Zulässige Beschwer- degründe sind demzufolge nur (formelle) Rechtsverweigerung, Rechtsverzögerung sowie Verletzung der Vorschriften über die Zu- ständigkeit, den Ausstand, das rechtliche Gehör und die Aktenein- sicht (zur Praxis vgl. AGVE 1994, S. 476 ff.; 2000, S. 348 ff.; 1989, S. 314 ff.). II/2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst insbesondere den Anspruch auf Anhörung vor Erlass einer Verfügung oder eines Entscheids (das Recht, sich in Kenntnis des Sachverhalts und der gegen den Verfügungsadressaten lautenden Vorbringen zu äussern [§ 15 VRPG]) sowie den Anspruch auf Behandlung der gestellten Anträge und auf Begründung des Entscheids (AGVE 1981, S. 284; 1997, S. 373 f.). Der Ausdruck "Anhörung" bezeichnet im juristi- schen Gebrauch nicht notwendigerweise ein mündliches Verfahren mit direkter Anhörung anlässlich einer Verhandlung, sondern bezieht sich ebenso auf die Möglichkeit, sich schriftlich zu äussern. Dies gilt auch im Rahmen von § 53 VRPG. 2002 Verwaltungsgericht 428 Hinsichtlich des vorliegend in Frage stehenden Rechts auf An- hörung ist festzuhalten, dass sich im Strafvollzugsverfahren aus Art. 6 EMRK kein Anspruch auf mündliche Anhörung ergibt (VGE II/41 vom 20. Juni 2001 in Sachen R.G., S. 10; Ruth Herzog, Art. 6 EMRK und kantonale Verwaltungsrechtspflege, Diss. Bern 1995, S. 109). Ebenso wenig besteht von Bundesrechts wegen ein solcher Anspruch; der in Art. 29 Abs. 2 BV verankerte Grundsatz des recht- lichen Gehörs, der als bundesrechtlicher Minimalstandard zur An- wendung gelangt, sofern das kantonale Recht den Anforderungen des Bundesrechts nicht genügt, sieht keinen Anspruch auf mündliche Äusserung vor (vgl. BGE 122 II 469; 114 Ib 246; VGE II/53 vom 18. Mai 1998 in Sachen S.M., S. 7 f. mit Hinweisen; Ulrich Häfe- lin/Georg Müller, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungs-rechts, 3. Auflage, Zürich 1998, Rz. 1315). Auch aus allgemeinem Verwal- tungsverfahrensrecht lässt sich dies nicht ableiten. Die Anordnung einer mündlichen Anhörung liegt demnach im pflichtgemässen Er- messen der zuständigen Behörde (VGE II/15 vom 28. Februar 2000 in Sachen K.B., S. 8 f.). Vorliegend ist nicht ersichtlich, welche zu- sätzlichen Erkenntnisse aus der mündlichen Anhörung des Be- schwerdeführers hätten gewonnen werden können. Seinen Stand- punkt konnte er in seinen Schriftsätzen an die Vorinstanz genügend darlegen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör des Beschwerdefüh- rers wurde deshalb durch die Vorinstanz nicht verletzt.
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2001 Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 257 [...] 60 Planungszone. - Im Rahmen eines eine Planungszone betreffenden Beschwerdeverfah- rens kann das Baudepartement keine verbindliche Feststellung zur 2001 Verwaltungsgericht 258 Zugehörigkeit eines Grundstücks zu einer Nutzungszone treffen (Erw. 3 und 4) Entscheid des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 21. November 2000 in Sachen R. AG und F. AG. gegen Entscheid des Baudepartements Aus den Erwägungen 2. a) Das Baudepartement hat im Dispositiv des angefochtenen Entscheids erneut festgestellt, dass die Parzellen Nrn. v, w, x, y und z ausserhalb der Bauzone im Sinne von Art. 15 RPG lägen, und es hat die vom Gemeinderat für die genannten Parzellen verfügte Planungs- zone "zufolge Hinfälligkeit" aufgehoben (oder vielmehr widerrufen). Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die im ZP 86 ausgeschiedene Bauzone der Gemeinde sei zu gross dimensioniert gewesen, weshalb der ZP 86 nach dem 1. Januar 1988 mit Bezug auf die Umschreibung des Baugebiets seine Gültigkeit verloren und Art. 36 Abs. 3 RPG Platz gegriffen habe, wonach sich der Umfang der Bauzone solange auf das "weitgehend überbaute Gebiet" be- schränke, als eine den Grundsätzen des Raumplanungsgesetzes ent- sprechende Planung fehle. Die fraglichen Parzellen der Beschwerde- führerinnen gehörten zum "weitgehend unüberbauten Gebiet" und würden in der 2. Etappe des Baugebiets liegen. Aus dem Urteil des Bundesgerichts vom 12. Februar 1991 in Sachen Einwohnergemein- de Oberrohrdorf-Staretschwil ergebe sich, dass in Gemeinden, wel- che wie U. ein zu grosses Baugebiet aufwiesen und deren kommu- nales Recht eine Baugebietsetappierung vorsehe, das Gebiet der 2. Etappe als Nichtbauzone zu gelten habe; der Erlass einer Pla- nungszone sei vor diesem Hintergrund sinn- und zwecklos und widerspreche dem Raumplanungsgesetz. Als gegeben erachtet hat das Baudepartement auch die Voraussetzungen für einen Widerruf der Planungszone. Es bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse an der Aufhebung der dem Bundesrecht widersprechenden Planungs- zone und der Feststellung, dass der ZP 86 mit Bezug auf die Um- schreibung des Baugebiets seine Gültigkeit verloren habe und Art. 36 2001 Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 259 RPG (mit der Beschränkung der Bauzone auf das weitgehend über- baute Gebiet) Platz greife. 2. b) (...) 3. a) Während der Erlass oder die Änderung von Nutzungsplä- nen und -vorschriften (namentlich für Bau-, Landwirtschafts- und Schutzzonen, vgl. Art. 14 RPG) vorbereitet wird, können Planungs- zonen für genau bezeichnete Gebiete erlassen werden, um Vorkehren zu verhindern, welche die Verwirklichung des Zwecks dieser Pläne und Vorschriften erschweren (§ 29 Abs. 1 BauG; Art. 27 RPG). Pla- nungszonen gelten bis zum Inkrafttreten der Nutzungspläne und - vorschriften, deren Zweck sie sichern, längstens fünf Jahre (§ 29 Abs. 2 Satz 2 BauG; Art. 27 Abs. 2 RPG). Die Planungszone stellt das klassische raumplanungsrechtliche Instrument zur (einstweiligen) Sicherung künftiger Planungen dar (BGE 123 I 185; 119 Ib 486 f.; Walter Haller/Peter Karlen, Raum- planungs-, Bau- und Umweltrecht, Band I, 3. Auflage, Zürich 1999, Rz. 326 ff., insbes. 330 ff.; Alexander Ruch, in: Heinz Aemisseg- ger/Alfred Kuttler/Pierre Moor/Alexander Ruch [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über die Raumplanung [Kommentar RPG], Zü- rich 1999, Art. 27 N 20 f.; Nicolas Michel, Droit public de la con- struction, 2. Auflage, Fribourg 1997, S. 35 f.). b) Die Unterstellung unter eine Planungszone bewirkt (in der Regel) eine öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung (BGE 120 Ia 214 f.; Alexander Ruch, in: Kommentar RPG, a.a.O., Art. 27 N 49). Eine solche ist mit der Eigentumsgarantie nur vereinbar, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, im überwiegenden öf- fentlichen Interesse liegt, verhältnismässig ist, die Institutsgarantie nicht verletzt und voll entschädigt wird, wenn sie einer Enteignung gleichkommt (Art. 26 i.V.m. Art. 36 BV; vgl. auch BGE 105 Ia 223 ff.; AGVE 1989, S. 256; Erläuterungen zum Bundesgesetz über die Raumplanung, hrsg. vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepar- tement/Bundesamt für Raumplanung, Bern 1981, Art. 27 Rz. 12 [im Folgenden: EJPD/BRP, Erläuterungen]; Alexander Ruch, in: Kom- mentar RPG, a.a.O., Art. 27 N 24 ff.). c) Die Planungszone setzt einerseits eine begründete Planungs- absicht voraus; darin besteht das öffentliche Interesse an der Mass- 2001 Verwaltungsgericht 260 nahme (BGE 113 Ia 365; AGVE 1989, S. 256; 1985, S. 235). Ander- seits muss die Planungsabsicht durch ein begründetes Planungsbe- dürfnis abgedeckt sein. Dieses ist dann zu bejahen, wenn Nutzungs- pläne oder Nutzungsvorschriften in Widerspruch zum (positiv-recht- lichen) Raumplanungsauftrag und zu seiner allfälligen Konkretisie- rung in übergeordneten, umsetzungsbedürftigen (Richt-)Plänen geraten sind, oder wenn rechtlich zulässige Zielvorstellungen beste- hen, denen die für das fragliche Gebiet massgebliche rechtliche Ord- nung zuwiderläuft (AGVE 1990, S. 260; 1989, S. 256 f.; 1985, S. 234; vgl. auch BGE 113 Ia 366). 4. Als Erstes stellt sich die Frage, ob das Baudepartement zur im Dispositiv seines Entscheids getroffenen - und damit rechtliche Verbindlichkeit beanspruchenden - Feststellung, es handle sich bei den von der Planungszone betroffenen Parzellen nicht um Baugebiet im Sinne von Art. 15 RPG, befugt war, was die Beschwerdeführerin- nen in Abrede stellen. Das Baudepartement vertritt die Ansicht, es sei befugt, im Rahmen eines Beschwerdeentscheids vorfrageweise festzustellen, dass ein Grundstück nicht einer Bauzone im Sinne des Raumplanungsgesetzes zugewiesen sei. a) Die Zuweisung eines Grundstückes zu einer bestimmten Nutzungszone ("Zonierung") erfolgt im Verfahren der allgemeinen kommunalen Nutzungsplanung, indem das Gemeindegebiet in ver- schiedene Nutzungszonen eingeteilt und Art und Mass der zulässigen Nutzung geregelt werden (§ 15 BauG). Der Nutzungsplan (zusam- men mit der Nutzungsordnung) enthält die verbindliche Feststellung, zu welcher Zone ein Grundstück gehört, und wie es genutzt werden darf. Die Nutzungspläne und -vorschriften werden durch das nach der Gemeindeorganisation zuständige Organ (Einwohnergemeinde- versammlung oder Einwohnerrat) beschlossen und vom Grossen Rat genehmigt (§§ 25 und 27 BauG; vgl. auch Art. 25 Abs. 1 und Art. 26 RPG). Auch die spätere Änderung einer (formell) rechtskräftigen Zo- nierung ist nur im ordentlichen Verfahren der Nutzungsplanung gemäss den Vorschriften von §§ 22 ff. BauG möglich. Die Parzellen der Beschwerdeführerinnen sind mit dem von der Gemeindeversammlung am 20. Juni 1986 und vom Grossen Rat am 22. September 1987 genehmigten Bauzonenplan der Einfamilien- 2001 Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 261 hauszone, 2. Etappe (Parzelle Nr. x), bzw. der Wohnzone Hang/Ter- rassenzone, 2. Etappe (Parzellen Nrn. y und z) zugewiesen worden. Die Grundstücke sind somit von den zuständigen Planungsorganen (formell) rechtskräftig dem Baugebiet (zusätzliches Baugebiet, 2. Etappe) zugeteilt worden. Formell handelt es sich um rechtskräftig ausgeschiedenes und für eine spätere Überbauung vorgesehenes Baugebiet, welches indessen derzeit gemäss geltendem Recht nicht überbaut werden kann (§ 43 Abs. 2 BNO). b) aa) Die Verfügung einer Planungszone ist eine erstinstanzli- che Anordnung vorsorglichen Charakters; es handelt sich um eine provisorische Planungsmassnahme (BGE 105 Ia 108). Sie ist der Nutzungsplanung zeitlich vorgelagert und dient dazu, den bestehen- den Zustand zu erhalten, um den politischen Planungsorganen einen gewissen Spielraum zu verschaffen (AGVE 1989, S. 255); bewahrt werden soll die behördliche Planungs- und Entscheidungsfreiheit vor präjudizierenden Eingriffen der Eigentümer (BGE 113 Ia 362; Mi- chael Merker, Rechtsmittel, Klage und Normenkontrollverfahren nach dem aargauischen Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege vom 9. Juli 1968, Diss. Zürich 1998, § 52 N 204). Mittels der Pla- nungszone soll verhindert werden, dass vorgesehene planerische Neuordnungen durch bewilligte Bauten beeinträchtigt werden. Die Planungszonen haben im Gegensatz zu den provisorischen Bauzonen (Art. 36 RPG) nur negative Bedeutung; sie vermögen nur negativ eine Bodennutzung, welche dem vorgesehenen Nutzungszweck zu- widerlaufen würde, zu vermeiden (BGE 117 Ia 360 f.; Alexander Ruch, in: Kommentar RPG, a.a.O., Art. 27 N 21). Auf die bestehende Zonierung des betroffenen Grundstücks oder der betroffenen Grund- stücke ist die Planungszone ohne jeden Einfluss. Vielmehr ist es Sache des nachfolgenden Nutzungsplanungsverfahrens, im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung konkret festzulegen, wo allfällige Auszonungen zu erfolgen haben (vgl. BGE 114 Ia 368 ff.; AGVE 1986, S. 234). Das Planungszonenverfahren dient demgegen- über dazu, mittels befristeter Eigentumsbeschränkung ungünstige Präjudizierungen im Hinblick auf die künftige Planung zu verhin- dern; es darf nichts vorwegnehmen, was nachher im Nutzungspla- 2001 Verwaltungsgericht 262 nungsverfahren zur Diskussion steht (VGE III/95 vom 10. Dezember 1993 in Sachen V. M. und W. M., S. 7). bb) Zuständig zum Erlass von Planungszonen ist bei kommu- nalen Nutzungsplänen und -vorschriften der Gemeinderat. Ihm ob- liegt die Abklärung, ob das öffentliche Interesse den Erlass einer Planungszone erfordert (§ 29 Abs. 1 BauG). cc) Das Baudepartement entscheidet als Rechtsmittelinstanz ge- stützt auf § 29 Abs. 3 BauG über Beschwerden gegen Einspracheent- scheide des Gemeinderats betreffend die Festlegung von Planungs- zonen. Dem Baudepartement kommt im Beschwerdeverfahren die volle Überprüfungsbefugnis zu (§ 4 Abs. 1 BauG i.V.m. § 49 VRPG). Von der Rechtsmittelinstanz zu überprüfen ist somit die Zulässigkeit der angefochtenen Planungszone, insbesondere deren formelle und materielle Rechtmässigkeit, aber auch deren Angemessenheit. Angesichts der eigentumsbeschränkenden Wirkung der Pla- nungszone hat namentlich auch eine Überprüfung der vom Gemein- derat vorgenommenen Interessenabwägung zu erfolgen. Grundsätzlich ist die für die Hauptfrage zuständige Behörde zur vorfrageweisen Prüfung einer Rechtsfrage aus dem Kompetenzbe- reich einer anderen Behörde berechtigt, wenn dies nicht durch eine gesetzliche Bestimmung verboten ist (Ulrich Häfelin/Georg Müller, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 3. Auflage, Zürich 1998, Rz. 48), was hier nicht der Fall ist. In diesem Rahmen darf das Baudepartement auch die Zugehörigkeit der Grundstücke zur Bau- zone im Rahmen des die Planungszone betreffenden Beschwerdever- fahrens prüfen, falls und soweit der Entscheid über die Zulässigkeit der Planungszone von diesem Punkt abhängen sollte. Jedoch kann der Entscheid über die Vorfrage die sachkompetente Behörde bei ihrem späteren Entscheid nicht binden; die Entscheidung über die Vorfrage ist daher auch nicht ins Dispositiv aufzunehmen (BGE 102 Ib 369; Ulrich Häfelin/Georg Müller, a.a.O., Rz. 55. f.; René Rhi- now/Heinrich Koller/Christina Kiss, Öffentliches Prozessrecht und Justizverfassungsrecht des Bundes, Basel 1996, Rz. 920). dd) In seinem Beschwerdeentscheid ist das Baudepartement zum Schluss gelangt, der Erlass einer Planungszone im Sinne von Art. 27 RPG und § 29 BauG sei im vorliegenden Fall gar nicht erfor- 2001 Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 263 derlich, bzw. sinnlos, da es sich bei den im Abschnitt Ausserdorf 3 gelegenen Parzellen um Grundstücke handle, die nicht in einer Bau- zone liegen würden und auf denen daher keine Vorhaben des allge- meinen Siedlungsbaus (Wohnen, etc.) errichtet werden dürften. Im Entscheiddispositiv hat es diesen Erwägungen einerseits mit der Feststellung, die fraglichen Parzellen lägen ausserhalb der Bauzonen im Sinne von Art. 15 RPG (Disp. Ziff. 1) und anderseits mit der Aufhebung der Planungszone (Disp. Ziff. 2) Rechnung getragen. Mit der Aufnahme ins Dispositiv kommt der Feststellung verbindlichen Charakter zu (so auch VGE III/59 vom 24. April 1998 in Sachen der Beschwerdeführerinnen, S. 5 unten); die von der Behörde getroffene Feststellung wird mit Erlangung der formellen Rechtskraft allseits verbindlich (Michael Merker, a.a.O., § 38 N 24). Im vorliegenden Fall könnte sich diese Rechtsverbindlichkeit in verschiedener Hin- sicht rechtlich und auch faktisch zu Ungunsten der betroffenen Grundeigentümer auswirken. Sie wäre vom Gemeinderat bei künfti- gen Baugesuchen im fraglichen Gebiet zu beachten und kommt insoweit einem Bauverbot gleich. Sie würde sich wohl auch bei der bevorstehenden Nutzungsplanungsrevision und möglicherweise auch in einem allfälligen Verfahren betreffend materielle Enteignung prä- judizierend auswirken. c) Im Rahmen eines eine Planungszone betreffenden Beschwer- deverfahrens kann das Baudepartement nun aber klarerweise keine verbindliche Feststellung über die Frage, ob die mit der streitigen Planungszone belegten Grundstücke zur Bauzone oder zum Nicht- baugebiet gehören, treffen. Zum einen erscheint ein solches Vorge- hen von vornherein systemwidrig. Die Planungszone ist eine provi- sorische (Planungs-)Massnahme zur Wahrung des derzeit bestehen- den Zustandes; sie ist in diesem Sinne in ihren Auswirkungen be- schränkt und zeitlich befristet; eine definitive Ordnung wird damit nicht angestrebt. Weil sie die zu genehmigende Nutzungsordnung lediglich sichern sollen, sind Planungszonen auch von der Genehmi- gungspflicht gemäss Art. 26 RPG ausgenommen (Alexander Ruch, in: Kommentar RPG, a.a.O., Art. 26 N 5). Die einmal in Rechtskraft erwachsene Feststellung, ein formell dem Baugebiet zugewiesenes Grundstück gehöre nicht zur Bauzone, hat demgegenüber definitiven 2001 Verwaltungsgericht 264 Charakter. Eine solche Feststellung ist daher nicht in einem Verfah- ren, indem es lediglich um eine vorsorgliche Anordnung geht, zu treffen. Zum anderen steht die verbindliche Beantwortung der Frage, ob ein Grundstück den Bauzonen zugehört oder nicht, den Planungs- organen im Nutzungsplanungsverfahren (vgl. §§ 22 ff. BauG) zu, allenfalls den Rechtsmittelinstanzen des Kantons und des Bundes, nicht aber dem Baudepartement und schon gar im Rahmen eines vorgeschalteten Planungszonenbeschwerdeverfahrens. Streitgegen- stand (zum Begriff vgl. Alfred Kölz/Isabelle Häner, Verwaltungsver- fahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Auflage, Zürich 1998, Rz. 402 ff., insbes. 404) in diesem Verfahren ist ausschliesslich die Planungszone im Sinne einer vorsorglichen behördlichen Anord- nung zur Sicherung der bevorstehenden planerischen Neuordnung, nicht aber die - möglicherweise unklare - Zonenzugehörigkeit der mit der Planungszone belegten Grundstücke. Die Frage darf, sofern entscheidrelevant, lediglich als Vorfrage geprüft werden. Im vorlie- genden Fall hat das Baudepartement, indem es diesbezüglich eine konstitutive Feststellung getroffen hat, den ausschliesslich auf die Planungszone beschränkten Streitgegenstand des Beschwerdeverfah- rens eigenmächtig erweitert und seine sachlichen Kompetenzen überschritten. d) Ohne dass dies im angefochtenen Entscheid ausdrücklich erwähnt wird, ist das Baudepartement über das Beschwerdeverfahren hinaus aufsichtsrechtlich tätig geworden, indem es die vom Gemein- derat verfügte Planungszone vollumfänglich - d. h. auch in Bezug auf die nicht streitbetroffenen Parzellen Nrn. v und w - aufgehoben und für sämtliche Grundstücke innerhalb des Planungszonengebiets ver- bindlich festgestellt hat, es handle sich nicht um Baugebiet gemäss Art. 15 RPG. Zum einen ist es damit über die von den Beschwerde- führerinnen gestellten Anträge zu deren Ungunsten hinaus gegangen; zum andern sind die belastenden Rechtswirkungen auf einen nicht am Verfahren beteiligten Dritten ausgeweitet worden. Es liegt somit ein von Amtes wegen erfolgter Widerruf der verfügten Planungszone vor. Im Bereich der Bau- und Planungssachen ist das Baudeparte- ment Aufsichtsinstanz über die Gemeinden. Im Rahmen von § 43 Abs. 1 VRPG kann es daher auch in einem Beschwerdeverfahren 2001 Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 265 seine Aufsichtsfunktionen wahrnehmen; es ist an die Beschwerdebe- gehren nicht gebunden und kann die angefochtenen Verfügungen und Entscheide u.a. dann zum Nachteil der Beteiligten abändern, sofern die Voraussetzungen des Widerrufs (§ 26 Abs. 1 VRPG) gegeben sind und den Betroffenen das rechtliche Gehör gewährt wird (vgl. auch VGE III/59 vom 24. April 1998 in Sachen der Beschwerdefüh- rerinnen, S. 5 f.). Verfügungen und Entscheide, die der Rechtslage oder den sachlichen Erfordernissen nicht entsprechen, können durch die verfügende Behörde oder die Aufsichtsbehörde abgeändert oder aufgehoben werden, wenn wichtige öffentliche Interessen es erfor- dern. Soweit die Voraussetzungen für ein aufsichtsrechtliches Ein- schreiten gegeben sind, darf das Baudepartement im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens unabhängig von den Beschwerdebegehren aufsichtsrechtliche Anordnungen treffen. Grundsätzlich kann die dem Baudepartement zukommende Aufsichtsfunktion unter Umstän- den einerseits die Befugnis beinhalten, anstelle des untätig bleiben- den Gemeinderats eine Planungszone zu erlassen, anderseits aber auch die Befugnis in sich schliessen, eine vom Gemeinderat verfügte Planungszone aufzuheben, bzw. zu widerrufen. Dass dem Baudepar- tement aber in seiner Funktion als Aufsichtsinstanz in Bau- und Pla- nungssachen nicht die Befugnis zukommen kann, - anstelle der zu- ständigen Planungsorgane - verbindliche Feststellungen über die Zugehörigkeit von Grundstücken zur Bauzone im Sinne von Art. 15 RPG zu machen, bedarf keiner weiteren Begründung. e) Ziffer 1 des Dispositivs erweist sich damit als unzulässig und ist in Bezug auf die Parzellen Nrn. x, y und z der Beschwerdeführe- rinnen antragsgemäss aufzuheben. Die Frage, ob die Feststellung nicht sogar nichtig ist (vgl. BGE 91 I 381; Max Imboden/René A. Rhinow, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Band I, Ba- sel/Frankfurt a. M. 1986, Nr. 40 V. 1, S. 242), muss bei diesem Er- gebnis nicht abschliessend beantwortet werden.
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AG_VG_001
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AG_VG_001_AGVE-2001-60_2000-11-04
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2016 Sozialhilfe 227 37 Sozialhilfe; Anspruch auf Notfallhilfe - Bei fehlendem Unterstützungswohnsitz ist die Aufenthaltsgemeinde für Notfallhilfeleistungen zuständig; diese umfassen insbesondere die kurzfristige Zurverfügungstellung einer menschenwürdigen Unter- kunft und die unverzügliche Sicherstellung der Mittel zur Deckung der Grundbedürfnisse. - Pflicht der Gemeinde zur aktiven Unterstützung bei der Wohnungs- suche im Falle länger dauernder Wohnungslosigkeit mit vergeblichen Bemühungen der bedürftigen Person Urteil des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 16. August 2016 in Sachen A. gegen Gemeinderat B. und Departement Gesundheit und Soziales (WBE.2016.126). Aus den Erwägungen 1. Der Gemeinderat B. hat seine Zuständigkeit im Entscheid vom 1. Februar 2016 verneint und ist auf das Gesuch um materielle Hilfe nicht eingetreten. Zur Begründung wurde auf den rechtskräftigen Be- schluss vom 23. November 2015 verwiesen. Die Beschwerdestelle SPG hat dieses Vorgehen nicht beanstandet, da sich aus den Einga- ben der Beschwerdeführerin nicht ergebe, dass sich ihre persönlichen Verhältnisse erheblich verändert hätten. Die Adresse der Be- schwerdeführerin sei unbekannt und sie habe nicht widerlegt, dass sie sich seit dem 30. September 2014 vorwiegend bei ihrer Mutter in Deutschland aufhalte. Im Ergebnis wurden nebst dem Unterstüt- zungswohnsitz auch der unterstützungsrechtliche Aufenthalt der Be- schwerdeführerin in B. und damit die Zuständigkeit für Nothilfe- leistungen verneint. In der Sache mache die Beschwerdeführerin zum Notfall keinerlei Angaben. Nachdem sie in jüngster Vergangenheit nicht "mit Sack und Pack" auf der Gemeindeverwaltung erschienen 2016 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 228 sei, könne der Sozialbehörde auch kein Versäumnis bezüglich der Unterstützung bei der Wohnungssuche vorgeworfen werden. 2. Zuständig und zur Hilfeleistung verpflichtet ist die Gemeinde am Unterstützungswohnsitz, bei Personen ohne Unterstützungswohn- sitz und im Notfall die Gemeinde am Aufenthaltsort der Hilfe suchenden Person (§ 6 Abs. 1 SPG). Für die Bestimmung des Unter- stützungswohnsitzes und des Aufenthaltsortes gelten im inner- kantonalen Verhältnis unter den Gemeinden aufgrund von § 6 Abs. 3 SPG die Bestimmungen des ZUG. 3. 3.1. Der unterstützungsrechtliche Wohnsitz gemäss Art. 4 ZUG ist dem zivilrechtlichen (vgl. Art. 23 Abs. 1 ZGB) angeglichen. Für die Beurteilung, ob ein Unterstützungswohnsitz begründet worden ist, kann daher grundsätzlich auf die Lehre und Rechtsprechung zum zivilrechtlichen Wohnsitzbegriff abgestellt werden (W ERNER T HOMET , Kommentar zum ZUG, Zürich 1994, Rz. 95). Der einmal begründete zivilrechtliche Wohnsitz bleibt bis zum Erwerb eines neuen Wohnsitzes bestehen. Im Gegensatz dazu gibt es aufgrund der abweichenden Regelung in Art. 9 Abs. 1 ZUG keinen fiktiven Unter- stützungswohnsitz im Sinne von Art. 24 Abs. 1 ZGB. Die Beendi- gung eines Unterstützungswohnsitzes ist daher ohne die Begründung eines neuen möglich (T HOMET , a.a.O., Rz. 89; Botschaft zur Ände- rung des Bundesgesetzes über die Zuständigkeit für die Unter- stützung Bedürftiger vom 22. November 1989, 89.077, in: BBl 1990 I 63). 3.2. Bis zum 30. September 2014 wohnte die Beschwerdeführerin in der Mietwohnung ihrer Schwiegermutter in B.. Da diese in ein Altersheim umzog, hatte die Beiständin der Schwiegermutter den Mietvertrag gekündigt. Die Ausführungen in den vorinstanzlichen Entscheiden, wonach die Beschwerdeführerin den Mietvertrag für ihre Wohnung gekündigt hat, treffen nicht zu. Nach dem Verlust der Wohngelegenheit hielt sich die Beschwerdeführerin gemäss eigenen Angaben bei ihrer Mutter in Laufenburg (Deutschland) sowie 2016 Sozialhilfe 229 vorwiegend bei Freunden und Kollegen in B. auf. Gelegentlich habe sie auch im Auto übernachtet. Nach eigener Darstellung besorgt die Beschwerdeführerin für ihre Mutter die Wundpflege und kann in de- ren Wohnung duschen und waschen. Schlafen könne sie auf dem Sofa, jedoch könne sie dort nicht wohnen bleiben. Eine Anmeldung bei der Gemeinde Laufenburg/Deutschland sei zudem nicht möglich. Das Gesuch um Mietkostenbeitrag betraf nach den Angaben der Beschwerdeführerin die Miete eines Kellers in Laufenburg (Schweiz), damit sie ihre Möbel einstellen konnte. Diese hatte sie ge- mäss eigener Darstellung zunächst in der Wohnung ihrer Mutter in Laufenburg (Deutschland) untergebracht, wo jedoch der Platz nicht ausreichte. Im Gesuch habe sie die Adresse der Mutter genannt. 3.3. Es ist glaubhaft, dass sich die Beschwerdeführerin nach dem Verlust der Wohngelegenheit am 30. September 2014 sowohl in Lau- fenburg (Deutschland) als auch bei Freunden und Kollegen in B. auf- hielt und jeweils an unterschiedlichen Orten übernachten konnte. Weiter ist plausibel, dass die Beschwerdeführerin teilweise bei ihrer Mutter unterkommen konnte, dass aber die Infrastruktur und Grösse der Wohnung für eine längerfristige Bleibe nicht ausreichen. Damit hält sich die Beschwerdeführerin seit der Wohnungskündigung wech- selnd an unterschiedlichen Orten auf, ohne sich an einem Ort mit der Absicht dauernden Verbleibens niederzulassen. Mit dem Verlust der Wohngelegenheit, dem Transport der Möbel und dem wechselnden Nachtlager liegt zuständigkeitsrechtlich ein Wegzug vor und ging der bisherige Unterstützungswohnsitz unter (vgl. T HOMET , a.a.O., Rz. 148). Es ist somit festzuhalten, dass der unterstützungsrechtliche Wohnsitz der Beschwerdeführerin untergegangen war. Einen neuen Unterstützungswohnsitz konnte die Beschwerdeführerin in B. auf- grund der fehlenden Wohngelegenheit bisher nicht begründen. Dafür nicht ausreichend ist das gelegentliche oder regelmässige Übernach- ten bei Freunden und Kollegen, welche dort wohnen. Für die Wohn- sitzbegründung erforderlich ist der physische Aufenthalt, d.h. der Aufenthalt im Sinne des Wohnens; der blosse Wille genügt nicht (vgl. VGE IV/84 vom 13. Dezember 2012 [WBE.2012.261], 2016 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 230 Erw. II/3.1; D ANIEL S TAEHELIN , in: Basler Kommentar, Zivilgesetz- buch I, Art. 1 - 456 ZGB, 5. Auflage, 2014, Art. 23 N 5). 4. 4.1. Bei Personen ohne Unterstützungswohnsitz und im Notfall ist die Gemeinde am Aufenthaltsort der Hilfe suchenden Person zur wirksamen Hilfeleistung zuständig und verpflichtet (vgl. § 6 Abs. 1 SPG). Die Notfallhilfe umfasst gemäss § 5 Abs. 1 Satz 1 SPV die so- fortige Hilfe in Notfallsituationen, insbesondere bei Erkrankung, Unfall und plötzlicher Mittellosigkeit (vgl. F ELIX W OLFFERS , Grund- riss des Sozialhilferechts, 2. Auflage, Bern 1999, S. 54). Der Aufent- haltsort leistet situationsgerechte Notfallhilfe (§ 5 Abs. 1 Satz 2 SPV). Als Aufenthalt gilt die tatsächliche Anwesenheit in einer Ge- meinde (§ 6 Abs. 3 SPG i.V.m. Art. 11 Abs. 1 ZUG). Der unter- stützungsrechtliche Aufenthaltsort einer Person dient zur Bestim- mung des fürsorgepflichtigen Gemeinwesens, wenn kein Unter- stützungswohnsitz vorliegt (vgl. T HOMET , a.a.O., Rz. 168). 4.2. Nach eigener Darstellung hält sich die Beschwerdeführerin re- gelmässig in B. auf, wo sie Kollegen und Freundinnen hat, zu wel- chen Kontakt besteht. Bei diesen will sie mehrfach übernachtet ha- ben. Auch um dem Sohn bei den Hausaufgaben zu helfen, sei sie öfters in B.. Seitens der Gemeinde wurde darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin lediglich ihre Korrespondenz postlagernd in B. habe. Dass sich die Beschwerdeführerin nur um die aufwändige Wundpflege der Mutter kümmere, aber nicht hauptsächlich bei ihr, sondern bei Kollegen oder im Auto unterkomme, sei nicht plausibel. Gemäss eigenen Angaben suchte die Beschwerdeführerin seit September 2014 erfolglos eine Wohnung, unter anderem in B. sowie in den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft. Bei der Woh- nungssuche sei sie durch Caritas unterstützt worden. Die Vertreter der Gemeinde führten diesbezüglich aus, dass ihre Sozialbehörde grundsätzlich keine Wohnungen für unterstützte Personen suche. Dies liege in erster Linie in deren eigenen Verantwortung. Auch im Falle der Beschwerdeführerin sei auf Möglichkeiten hingewiesen und auf Inserate aufmerksam gemacht worden. Der Beschwerde- 2016 Sozialhilfe 231 führerin sei mitgeteilt worden, dass sie materielle Hilfe beanspruchen könne, wenn sie eine Wohnung in B. gefunden habe. 4.3. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz war für die Annahme des unterstützungsrechtlichen Aufenthalts in B. oder einer Notlage nicht erforderlich, dass die Beschwerdeführerin auf der Gemeinde- verwaltung gewissermassen "mit Sack und Pack" bzw. "mit dem Koffer" vorsprach. Die Grundlage für eine derartige Behauptung ist unerfindlich. Seit ungefähr zwei Jahren bemüht sich die Beschwerdeführerin vergeblich um eine Mietwohnung. Eigenen Angaben zufolge muss sie nach wie vor abwechslungsweise an verschiedenen Orten, d.h. bei der Mutter oder bei Kollegen und Bekannten, übernachten, auf deren Wohlwollen sie angewiesen ist. Dass sie nicht dauerhaft bei der Mutter in Laufenburg (Deutschland) bleiben kann, ist glaubhaft (vgl. vorne Erw. 3.3). Abgesehen davon kann von der bedürftigen Be- schwerdeführerin kaum erwartet werden, dass sie sich im Ausland niederlässt. Zutreffend ist zwar, dass die Beschwerdeführerin von der Einwohnerkontrolle mehrfach vergeblich aufgefordert wurde, sich zu melden, und dass mehrere Gespräche bei den Sozialen Diensten statt- fanden. Es gab indessen nie Anlass zur Annahme, dass sich die persönliche Situation der Beschwerdeführerin verbessert oder gar normalisiert hatte. Mit dem erneuten Gesuch um materielle Hilfe vom 20. Januar 2016 gab die Beschwerdeführerin klar zu verstehen, dass sie unverzüglich Hilfeleistungen benötigte. Zu diesem Zeitpunkt war insbesondere zu prüfen, ob gegenüber dem Entscheid vom 23. November 2015 veränderte Verhältnisse vorlagen und/oder ob ein unterstützungsrechtlicher Aufenthalt gegeben war. Nach eigener Darstellung hatte die Beschwerdeführerin niemals die Absicht, einen Wohnkostenbeitrag für die Wohnung der Mutter in Laufenburg (Deutschland) erhältlich zu machen. Der Betrag hätte der Miete eines Kellerabteils auf Schweizer Seite dienen sollen, um Möbel einzustel- len. Unabhängig davon, wie es sich im Einzelnen verhält, konnte un- ter diesen Umständen nicht ausreichen, ohne weitere Abklärungen und Begründung pauschal auf den Nichteintretensentscheid vom 23. November 2015 zu verweisen. Mithin bestand keine Gewissheit, 2016 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 232 ob die Beschwerdeführerin bei der Mutter unterkommen konnte. Nach den Angaben der Beschwerdeführerin haben sich ihre persönli- chen Verhältnisse auch nach dem achtwöchigen stationären Aufent- halt in der psychiatrischen Klinik in E. (Eintritt am 12. Februar 2016) nicht verändert. Angesichts des Zuzugs der Beschwerdeführerin im Juli 2013 sowie der Kontakte zum Sohn sowie zu Freunden und Bekannten in B. ist davon auszugehen, dass sich die Beschwerdeführerin nach wie vor regelmässig in der Gemeinde aufhält. In Laufenburg (Schweiz) befindet sich nach den Angaben der Beschwerdeführerin lediglich das Möbellager. Bei der Mutter in Laufenburg (Deutschland) kann sie nicht dauerhaft bleiben, wobei die Annahme eines grenzüber- schreitenden Wegzugs aufgrund der Bedürftigkeit und des Gesund- heitszustands der Beschwerdeführerin ohnehin problematisch wäre. Unter Würdigung dieser Umstände und mangels Alternativen (d.h. anderer Gemeinden, zu denen die Beschwerdeführerin aktuell einen zumindest ebenso engen Bezug hätte) hat sie daher unterstützungs- rechtlichen Aufenthalt in der Gemeinde B.. Damit ist diese zur Notfallhilfe zuständig. 5. 5.1. Die Notfallhilfe umfasst die sofortige Hilfe in Notfallsituatio- nen, insbesondere bei Erkrankung und plötzlicher Mittellosigkeit (§ 5 Abs. 1 Satz 1 SPV). Im Rahmen des verfassungsmässigen Rechts auf Hilfe in Notlagen gemäss Art. 12 BV besteht Anspruch auf ein menschenwürdiges Obdach. Eine Notunterkunft kann kurz- fristig insbesondere in einem Hotelzimmer bestehen. Bei Bedarf ist die Wohnungssuche aktiv durch die Gemeinde zu unterstützen (vgl. § 8 SPG; VGE III/20 vom 26. Februar 2016 [WBE.2015.367], Erw. II/2.5). Mit zunehmender Dauer der materiellen Notlage verdichtet sich der Anspruch auf Obdach zu einem Recht auf Zutei- lung bzw. Vermittlung von Wohnraum, in welchem eine selbständige Haushaltsführung möglich ist (K ATHRIN A MSTUTZ , Das Grundrecht auf Existenzsicherung, Bern 2002, S. 236). 5.2. 2016 Sozialhilfe 233 Die Beschwerdeführerin verfügt nach glaubhafter Darstellung über keine dauerhafte Bleibe und ist für die Übernachtungen auf das Entgegenkommen ihrer Mutter sowie von Freunden und Bekannten angewiesen. Damit besteht Anspruch, dass ihr kurzfristig eine men- schenwürdige Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Aufgrund der langen Dauer des flottanzähnlichen Zustands sowie des kürzlichen stationären Aufenthalts in einer psychiatrischen Klinik dürfte sich na- mentlich die vorübergehende Einquartierung in einer Zivilschutz- anlage oder dergleichen als unzumutbar erweisen. Nach den Angaben der Beschwerdeführerin erhält sie - abge- sehen von Beiträgen für ihr Mobiltelefon, die Kellermiete und die Haftpflichtversicherung - gegenwärtig keine Unterstützung. Soweit die Beschwerdeführerin mittellos ist, ist mit der Notfallhilfe sicher- zustellen, dass sie unverzüglich über die erforderlichen Mittel zur Deckung ihrer Grundbedürfnisse, d.h. insbesondere für Nahrung, Kleidung und medizinische Grundversorgung, verfügt. Nachdem sich die Beschwerdeführerin seit rund zwei Jahren vergeblich um eine Mietwohnung bemühte und wiederholt Gesprä- che bei den Sozialen Diensten stattfanden, kann nicht mehr ausrei- chen, ihr generelle Ratschläge zu erteilen und sie beispielsweise auf Wohnungsinserate hinzuweisen. Vielmehr haben die Sozialen Dienste die Beschwerdeführerin zu betreuen und bei der Wohnungs- suche aktiv zu unterstützen (vgl. § 8 SPG). Diese Unterstützung kann insbesondere bei der Kontaktnahme mit Vermietern, in Form von Si- cherheitsleistungen oder mit der Zusicherung des Mietzinses erfol- gen. Gegebenenfalls können für einen Umzug situationsbedingte Leistungen gewährt werden.
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2016 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 150 [...] 24 Zustelladresse; Zustellfiktion; Annahmeverweigerung Bleibt ein Betroffener untätig, obwohl er weiss, oder wissen müsste, dass an der bekanntgegebenen Zustelladresse eine Postsendung nur durch per- sönliche Übergabe erfolgen kann, ist er gleich zu behandeln, wie wenn er die Annahme der Postsendung verweigert hätte. Aus dem Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 30. Juni 2016, in Sachen A. gegen das Amt für Migration und Integration (WBE.2016.206). 2016 Migrationsrecht 151 Aus den Erwägungen 4. Das Bundesgericht hat in konstanter und seit Jahren geltender Rechtsprechung festgehalten, unter welchen Umständen eine Post- sendung als zugestellt gilt, auch wenn ein Empfänger von deren In- halt keine Kenntnis erlangt hat. Diese Praxis wurde durch den Gesetzgeber in die Schweizerische Zivilprozessordnung übernom- men, ist aber analog auch im Verwaltungsverfahren anwendbar. Ge- mäss Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO gilt die Zustellung eines Entscheids bei einer eingeschriebenen Postsendung, die nicht abgeholt worden ist, als am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch er- folgt, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste. Glei- ches gilt, gemäss Art. 138 Abs. 3 lit. b ZPO, wenn ein Adressat die Annahme verweigert, wobei die Postsendung in diesem Fall als am Tag der Annahmeverweigerung zugestellt gilt (sog. Zustellfik- tion; vgl. dazu J ULIA G SCHWEND /R EMO B ORNATICO , in: Basler Kommentar, 2. Auflage, Basel 2013, Art. 138 ZPO, N 17 ff.). Die Formulierung "nicht abgeholt worden ist" suggeriert, dass dem Empfänger die Möglichkeit eingeräumt wurde, die Postsendung ab- zuholen, wobei diese Abholmöglichkeit in der Praxis dadurch einge- räumt wird, dass die Post dem Empfänger eine Abholungseinladung in seinen Briefkasten oder in sein Postfach legt. Die Annahmever- weigerung setzt in der Regel voraus, dass der Empfänger zwar ange- troffen wird, sich jedoch weigert, die Postsendung entgegen zu neh- men. Ziel der Zustellfiktion ist es unter anderem, Verfahrensverzöge- rungen durch Parteien, die Postsendungen nicht entgegennehmen, zu verhindern. Damit Behörden und Gerichte postalische Zustellungen vorneh- men können, haben die Parteien eine Zustelladresse zu bezeichnen und sicherzustellen, dass die Postzustellung an der genannten Adresse erfolgen kann. Strengt ein Betroffener ein Verfahren an und gibt eine Zustelladresse bekannt, ist er damit in ein Prozessrechtsver- hältnis eingetreten und muss sicherstellen, dass die postalische Zu- stellung möglich ist. Zudem hat er mit postalischen Zustellungen zu rechnen. Dies jedenfalls dann, wenn das Verfahren nicht über längere 2016 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 152 Zeit ruht. Kann eine Zustellung durch die Post nicht vorgenommen werden, weil der Empfänger an der angegebenen Zustelladresse nicht betroffen werden kann oder über keinen Briefkasten bzw. kein Post- fach verfügt, hat er die Konsequenzen der nichtdurchführbaren Zu- stellung zu tragen (Urteil des Bundesgerichts vom 18. Oktober 2010 [2C_666/2010]). Aufgrund der früher erfolgten polizeilichen Zustellung des Ein- spracheentscheids musste der Beschwerdeführer wissen, dass der Postweg für ihn verschlossen war. Es wäre seine Pflicht gewesen, der Frage nachzugehen, weshalb ihm keine Postsendungen mehr zuge- stellt werden. Dabei hätte er, gleich wie das Verwaltungsgericht, von der Post die Auskunft erhalten, dass er über einen beschrifteten Briefkasten verfügen und seine Adresssperre wieder aufgehoben werden müsse. Um Postzustellungen wieder zu erhalten, hätte der Beschwerdeführer demnach zuerst einen Briefkasten mit seinem Namen installieren und danach die Adresssperre bei der Post aufhe- ben lassen müssen. Dies hat er jedoch unterlassen, obwohl er selber durch Einreichen einer Beschwerde ein Prozessrechtsverhältnis ein- gegangen ist, mit der Zustellung von Postsendungen rechnen musste und verpflichtet war, dafür zu sorgen, dass ihm Postsendungen zuge- stellt werden können. Der Beschwerdeführer hat auch keine anderen Vorkehrungen getroffen, dass ihm Postsendungen zugestellt werden können (z.B. Angabe eines Postfaches oder Orientierung der Post, dass ihm an der genannten Adresse zumindest eingeschriebene Post- sendungen persönlich übergeben werden können). Eine erste Zustellung der Kostenvorschussverfügung an die durch den Beschwerdeführer genannte Adresse scheiterte am 18. Mai 2016. Die Zustellung an die durch das Verwaltungsgericht ermittelte mögliche Alternativadresse scheiterte ebenfalls. Die Zustellung der zweiten Verfügung am 13. Juni 2016, mit welcher dem Beschwerde- führer eine letzte Frist zur Begleichung des Kostenvorschusses ange- setzt wurde, blieb ebenso erfolglos. Gibt ein Betroffener eine Zustelladresse bekannt, obschon er dort über keinen Briefkasten verfügt, kann die Zustellung nur durch persönliche Übergabe der Postsendung erfolgen. Weiss ein Betroffe- ner oder müsste er wissen, dass die normale Postzustellung nicht 2016 Migrationsrecht 153 mehr funktioniert und unternimmt er nichts, um den Mangel zu behe- ben, ist er gleich zu behandeln, wie wenn er die Annahme der Post- sendung verweigert hätte. Mit anderen Worten gilt die Verfügung vom 13. Juni 2016, mit welcher dem Beschwerdeführer eine letzte, nicht ersteckbare Frist von 10 Tagen zur Bezahlung des Kostenvorschusses angesetzt wurde, wegen Annahmeverweigerung als am 13. Juni 2016 zuge- stellt. (...)
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2014 Strassenverkehrsrecht 59 I. Strassenverkehrsrecht 7 §§ 41 und 49 VRPG; materielle Rechtskraft; Bindungswirkung Dem formell rechtskräftigen Rechtsmittelentscheid von Verwaltungsbe- hörden kommt insofern materielle Rechtskraft zu, als die darin ange- ordneten Massnahmen in einem neuen Verfahren nicht mehr auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüft werden dürfen. Zwischenentscheide er- wachsen grundsätzlich nicht in materielle Rechtskraft und können im Laufe des Verfahrens abgeändert werden; haben sie aber ein Rechts- mittelverfahren durchlaufen, ist die verfahrensleitende Behörde an den Rechtsmittelentscheid zumindest solange gebunden, wie sich die Verhält- nisse nicht ändern. Keine materielle Rechtskraft entfalten in der Regel Rückweisungsentscheide. Die Bindung an den Rückweisungsentscheid ergibt sich nicht aus dessen Rechtskraft, sondern aus der Hierarchie der Instanzen und der Einheit des Verfahrens. Der Neuentscheid eröffnet einen neuen Rechtsmittelweg. Aus dem Entscheid des Verwaltungsgerichts, 1. Kammer, vom 13. August 2014 in Sachen H.S. gegen das Departement Volkswirtschaft und Inneres (WBE.2014.162). Aus den Erwägungen I. 1. (...) 2. 2.1. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bildet u.a. der mit Verfügung des Strassenverkehrsamts vom 29. Januar 2014 angeordnete vorsorgliche Sicherungsentzug des Führerausweises bis zur Abklärung von Ausschlussgründen mittels verkehrspsychiatri- scher Begutachtung. Allerdings hätte das Strassenverkehrsamt am 2014 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 60 29. Januar 2014 nicht noch einmal einen vorsorglichen Siche- rungsentzug des Führerausweises zu verfügen brauchen. Mit dem formell rechtskräftigen, vom Verwaltungsgericht und vom Bundesge- richt bestätigten Entscheid des DVI vom 7. Dezember 2012, wonach der Führerausweis des Beschwerdeführers bis zur Abklärung von Ausschlussgründen vorläufig entzogen bleibe (Dispositiv-Ziffer 2), lag und liegt bereits ein gültiger Rechtstitel für den vorsorglichen Entzug des Führerausweises des Beschwerdeführers vor. Im Unter- schied zur unangefochten gebliebenen Verfügung des Strassenver- kehrsamts vom 13. März 2012, welche mit der Durchführung der verkehrspsychiatrischen Begutachtung (Gutachten von Dr. med. A. vom 1. Juni 2012) hinfällig bzw. von der Verfügung des Strassenver- kehrsamts vom 14. September 2012 mit dem darin vorgesehenen (später jedoch wieder aufgehobenen) definitiven Sicherungsentzug des Führerausweises abgelöst wurde, kommt dem Rechtsmittelent- scheid des DVI vom 7. Dezember 2012 nicht nur formelle, sondern auch materielle Rechtskraft zu. Das bedeutet, dass die vom DVI mit Entscheid vom 7. Dezember 2012 angeordnete, von einem definiti- ven wieder in einen (fortwährenden) vorsorglichen Führeraus- weisentzug (gemäss Verfügung des Strassenverkehrsamts vom 13. März 2012) umgewandelte Administrativmassnahme in einem neuen Verfahren nicht mehr materiell beurteilt bzw. auf ihre Recht- mässigkeit hin überprüft werden darf (Urteil des Bundesverwaltungs- gerichts vom 4. Oktober 2011; E-2405/2011, Erw. 4.3.2; A LFRED K ÖLZ /I SABELLE H ÄNER /M ARTIN B ERTSCHI , Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Auflage, Zürich/ Basel/Genf 2013, S. 414). Zwar erwachsen Zwischenentscheide wie die Anordnung eines vorsorglichen Sicherungsentzugs des Führer- ausweises grundsätzlich nicht in materielle Rechtskraft und können im Laufe des Verfahrens abgeändert werden; haben sie aber ein Rechtsmittelverfahren durchlaufen, ist die verfahrensleitende Be- hörde an den Rechtsmittelentscheid zumindest solange gebunden, wie sich die Verhältnisse nicht ändern (M ICHAEL M ERKER , Rechts- mittel, Klage und Normenkontrollverfahren nach dem aargauischen Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege, Kommentar zu den §§ 38-72 [a]VRPG, Diss. Zürich 1998, § 38 N 56). 2014 Strassenverkehrsrecht 61 Dass sich die Verhältnisse seit dem 7. Dezember 2012 in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht geändert hätten, wird vom Be- schwerdeführer nicht dargetan. Insbesondere macht er nicht geltend, seit dem 7. Dezember 2012 sei mit Blick auf seine Person eine (für ihn günstige) Entwicklung eingetreten, aufgrund welcher die Voraus- setzungen für einen vorsorglichen Sicherungsentzug seines Führer- ausweises nachträglich entfallen seien. (...) Soweit also die Beschwerde ans DVI gegen den in der Verfü- gung des Strassenverkehrsamts vom 29. Januar 2014 geregelten vor- sorglichen Sicherungsentzug des Führerausweises des Beschwer- deführers gerichtet war, ist die Vorinstanz aufgrund der materiellen Rechtskraft ihres früher ergangenen Entzugsentscheids zu Recht nicht darauf eingetreten. (...) 2.2. Anders ist die Lage im Hinblick auf die vom Strassenverkehrs- amt am 29. Januar 2014 verfügte verkehrspsychiatrische Begutach- tung zur Abklärung der Fahreignung des Beschwerdeführers zu beur- teilen. Diesbezüglich gibt es bis anhin keinen (materiell) rechtskräfti- gen Entscheid, welcher einer materiellen Beurteilung der vorliegen- den Beschwerde entgegenstehen würde. Das DVI erwog zwar im Entscheid vom 7. Dezember 2012, es sei in Anbetracht der fest- gestellten Alkoholabstürze und der kontrollbedürftigen CDT-Werte (während der Abstinenzkontrolldauer) erforderlich, dass der Be- schwerdeführer nochmals einer eingehenden fachärztlichen Untersu- chung unterzogen werde, welche Aufschluss über seine Fahreignung geben werde. Auf einen reformatorischen Entscheid hat dann aber das DVI in diesem Bereich verzichtet und stattdessen die Sache mit einem kassatorischen Entscheid zur Neubeurteilung der Fahreig- nungsabklärung an das Strassenverkehrsamt zurückgewiesen. Mit der Verfügung vom 29. Januar 2014 hat das Strassenverkehrsamt die Sache anschliessend neu beurteilt. Dass das Strassenverkehrsamt dabei allenfalls an die Erwägungen im Entscheid des DVI vom 7. Dezember 2012 gebunden war und nicht mehr frei über die Anord- nung einer verkehrspsychiatrischen Begutachtung als solche, sondern 2014 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 62 lediglich noch über die mit der Begutachtung zu betrauende Untersu- chungsstelle und die Modalitäten der Begutachtung befinden konnte, worauf weiter unten zurückzukommen sein wird (vgl. Erw. II/3 hier- nach), heisst nicht, dass dem Entscheid des DVI punkto Fahr- eignungsabklärung materielle Rechtskraft einzuräumen wäre. Rückweisungsentscheide zeichnen sich dadurch aus, dass der unteren Instanz verbindliche Weisungen für den Neuentscheid erteilt werden. Dennoch entfaltet der Rückweisungsentscheid in der Regel keine (materielle) Rechtskraft (M ERKER , a.a.O., § 58 N 32; K ÖLZ /H ÄNER / B ERTSCHI , a.a.O., S. 405). Die Bindung an den Rückweisungsent- scheid ergibt sich nicht aus dessen Rechtskraft, sondern aus der Hierarchie der Instanzen und der Einheit des Verfahrens (K ÖLZ /H ÄNER /B ERTSCHI , a.a.O., S. 405). Entsprechend kann der Entscheid der mit der Streitsache erneut befassten unteren Instanz wiederum angefochten werden. Der Neuentscheid eröffnet einen neuen Rechtsmittelweg (vgl. M ARCO D ONATSCH , in: A LAIN G RIFFEL ; H RSG .; Kommentar VRG ZH, 3. Auflage, Zürich/Basel/ Genf 2014, § 64 N 19 ff.). Wie weit die Bindungswirkung des Rück- weisungsentscheides im vorliegenden Fall geht, ist im Rahmen der materiellen Beurteilung der Beschwerde gegen die verkehrs- psychiatrische Begutachtung des Beschwerdeführers zu klären. (...) II. 1. - 2. (...) 3. 3.1. Rückweisungsentscheide heben einen vorinstanzlichen Ent- scheid auf und weisen die Streitsache zur neuerlichen Beurteilung an die Vorinstanz zurück. Die materiellen Erwägungen im Rück- weisungsentscheid binden die Vorinstanz wie auch die Rechtsmittel- instanz(en), sollte(n) die letztere(n) gegen den Neuentscheid in einem zweiten Rechtsgang erneut angerufen werden (M ERKER , a.a.O., § 38 N 61 f.). Damit wird verhindert, dass über dieselbe recht- liche Streitfrage ein zweites Verfahren stattfindet (M ARCO D ONATSCH , a.a.O., § 64 N 14). Die Bindungswirkung erstreckt sich indes nur auf die Erwägungen mit Dispositivcharakter bzw. die ent- 2014 Strassenverkehrsrecht 63 scheidrelevanten Erwägungen des Rückweisungsentscheids; andere Hinweise, wie nach Ansicht der übergeordneten Instanz der Fall zu lösen wäre, sind für die Vorinstanz nicht verbindlich. Ebenso wenig haben obiter dicta Bindungswirkung (M ERKER , a.a.O., § 58 N 35; D ONATSCH , a.a.O., § 64 N 15; K ÖLZ /H ÄNER /B ERTSCHI , a.a.O., S. 405). Die Vorinstanz und die Rechtsmitteilinstanz(en) sind ferner dann nicht mehr an die Erwägungen im Rückweisungsentscheid ge- bunden und können neu und vor allem anders entscheiden, wenn ge- setzliche Grundlagen, die Rechtsprechung oder die tatsächlichen Ver- hältnisse während des weiteren Verfahrensgangs ändern (M ERKER , a.a.O., § 58 N 32; D ONATSCH , a.a.O., § 64 N 24). 3.2. Das DVI begründete den Entscheid vom 7. Dezember 2012, mit welchem die Verfügung des Strassenverkehrsamts vom 14. Septem- ber 2012 betreffend definitiver Sicherungsentzug des Führerauswei- ses des Beschwerdeführers aufgehoben und zur Neubeurteilung der Sache ans Strassenverkehrsamt zurückgewiesen wurde, wie bereits erwähnt, mit der fehlenden Schlüssigkeit bzw. der Unzulänglichkeit des verkehrspsychiatrischen Gutachtens von Dr. med. A. vom 1. Juni 2012. Gleichzeitig betonte das DVI die Notwendigkeit dessen, dass sich der Beschwerdeführer aufgrund fortbestehender Anzeichen für eine verkehrsmedizinisch relevante Alkoholproblematik (festgestellte Alkoholabstürze und kontrollbedürftige CDT-Werte) nochmals einer eingehenden verkehrspsychiatrischen Begutachtung zur Abklärung seiner Fahreignung zu unterziehen habe. Es müsse durch ein neues Gutachten eines anderen Gutachters aufgezeigt werden, welche Massnahme (gegenüber dem Beschwerdeführer) gerechtfertigt sei, um die Verkehrssicherheit zu garantieren. Aus diesen Erwägungen erhellt, dass das DVI den Entscheid, ob der Beschwerdeführer ein weiteres Mal verkehrspsychiatrisch zu begutachten ist, nicht dem Er- messen des Strassenverkehrsamts anheim stellen wollte. Vielmehr wurde das Strassenverkehrsamt angewiesen, die notwendigen Schritte für die vom DVI als notwendig eingestufte verkehrs- psychiatrische Begutachtung in die Wege zu leiten. Von einer Rück- weisung zur Neubeurteilung ohne jegliche verbindlichen Vorgaben der Rechtsmittelinstanz, wie sie der Beschwerdeführer in den 2014 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 64 Rückweisungsentscheid hineininterpretieren will, bloss weil im Dispositiv (...) nicht festgelegt wurde, dass die Sache zur Neu- beurteilung "im Sinne der Erwägungen" zurückgewiesen werde, kann somit keine Rede sein. Der Grund dafür, weshalb das DVI nicht reformatorisch entschieden und die verkehrspsychiatrische Begut- achtung selber angeordnet hat, wird darin liegen, dass es dem Strassenverkehrsamt die Auswahl der Untersuchungsstelle und die Regelung der Modalitäten der Begutachtung überlassen. Mit dem Rechtsmittelentscheid des Verwaltungsgerichts vom 30. April 2013 wurden der Rückweisungsentscheid des DVI und die darin enthaltenen Vorgaben für die Neubeurteilung der Sache bestä- tigt. Als letzte Instanz entschied das Bundesgericht am 7. Januar 2014, dass der Rückweisungsentscheid des DVI nicht zu beanstan- den sei. Unter Bezugnahme auf zwei beträchtliche Alkoholabstürze des Beschwerdeführers unmittelbar vor und nach der Eröffnung der Verfügung des Strassenverkehrsamts vom 25. November 2011 (be- treffend die Belassung des Führerausweises unter der Auflage der ärztlich kontrollierten Alkoholabstinenz) führte das Bundesgericht aus, dass Bedenken an der Fahreignung auch unabhängig von ein- schlägigen Verfehlungen des Beschwerdeführers im Strassenverkehr aufkommen könnten, was der Beschwerdeführer übersehe (Erw. 3.3.2). Das Bundesgericht teilte die Auffassung des Verwal- tungsgerichts und des DVI, wonach ein neues verkehrspsychiatri- sches Gutachten zur Fahreignung des Beschwerdeführers eingeholt werden müsse (Erw. 4.2). 3.3. Sowohl das Strassenverkehrsamt als auch alle Rechtsmittelin- stanzen samt Bundesgericht sind nach dem in Erw. 3.1 Gesagten an die in den oben angeführten Entscheiden eingenommene Sichtweise gebunden, dass die verkehrspsychiatrische Begutachtung des Be- schwerdeführers zu wiederholen ist. Das Strassenverkehrsamt hätte daher höchstens dann von der Anordnung einer nochmaligen Fahreignungsuntersuchung absehen können, wenn sich die Verhält- nisse zwischen dem Rückweisungsentscheid des DVI vom 7. De- zember 2012 und dem Verfügungszeitpunkt (29. Januar 2014) 2014 Strassenverkehrsrecht 65 massgeblich zu Gunsten des Beschwerdeführers verändert hätten. Davon kann jedoch aus den nachfolgenden Gründen nicht ausgegan- gen werden. (...) Damit blieb dem Strassenverkehrsamt im Verfügungszeitpunkt nichts weiter, als auf den Rückweisungsentscheid des DVI und die Rechtsmittelentscheide des Verwaltungsgerichts und des Bundesge- richts hin eine weitere verkehrspsychiatrische Begutachtung des Be- schwerdeführers anzuordnen, ohne dass für eine neuerliche Prüfung der Voraussetzungen einer Fahreignungsabklärung (durch das Stras- senverkehrsamt) noch Raum vorhanden gewesen wäre. Mit einem anderslautenden Entscheid hätte sich das Strassenverkehrsamt über verbindliche Weisungen übergeordneter Instanzen hinweggesetzt. Der Entscheidungsspielraum des Strassenverkehrsamts war unter diesen Vorzeichen auf die Bestimmung des Gutachters und die Formulierung der dem Gutachter zu unterbreitenden Fragen limitiert.
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2000 Kostenverteilung zwischen jur. Personen des öffentlichen Rechts 97 I. Kostenverteilung zwischen jur. Personen des öffentlichen Rechts 30 Beteiligung der Gemeinden an den Kosten des Regionalverkehrs. - Rechtsgleichheit in der Gesetzgebung (Erw. 2) - Abweichen vom Legalitätsprinzip im Härtefall gemäss § 13 ÖVD (Einzelfallgerechtigkeit) ? (Erw. 3) Entscheid des Verwaltungsgerichts, 1. Kammer, vom 18. Mai 2000 in Sachen Einwohnergemeinde Suhr gegen Regierungsrat. Sachverhalt Gestützt auf ÖVG und ÖVD verfügte der Regierungsrat für die Gemeinde Suhr den zu leistenden Gemeindebeitrag an die Kosten des öffentlichen Regionalverkehrs. Die Gemeinde Suhr zweifelte nicht an der Richtigkeit der Berechnung, beantragte aber mit Ver- waltungsgerichtsbeschwerde, die Bahnfahren ab Suhr seien zwar dreifach zu zählen, aber nur zu 50 % anzurechen. Aus den Erwägungen 2. a) Die Einwohnergemeinde Suhr macht geltend, die undiffe- renzierte Anwendung der Bestimmungen des ÖVD führe unter Be- rücksichtigung des Umstandes, dass rund die Hälfte der Wohnbevöl- kerung im Aarauer Feld Wohnsitz habe und damit aus den Bahnab- fahrten absolut keinen Nutzen ziehe, sowie mit Blick auf die Tatsa- che, dass drei Verkehrsträger dieselben und im Übrigen ungenügen- den Leistungen erbrächten, zu einem für die Einwohnergemeinde Suhr stossenden Ergebnis und zu einer ungerechtfertigten Benach- 2000 Verwaltungsgericht 98 teiligung gegenüber den anderen Gemeinden, insbesondere B., A. und W. Damit wird sinngemäss der Einwand erhoben, die Regelung im ÖVD wirke sich zumindest für die Einwohnergemeinde Suhr rechtsungleich aus. b) Das Rechtsgleichheitsgebot gilt in der Schweiz seit jeher un- bestritten für Rechtssetzung und Rechtsanwendung (Georg Müller, in: Kommentar zur Bundesverfassung der Schweizerischen Eidge- nossenschaft, Basel, Zürich, Bern 1991 [Kommentar BV], Art. 4 Rz. 30; Arthur Haefliger, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985, S. 60 f.). Ein Erlass verletzt den Grundsatz der Rechtsgleichheit und damit Art. 8 Abs. 1 BV, wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen. Die Rechtsgleichheit ist verletzt, wenn Gleiches nicht nach Massgabe seiner Gleichheit gleich oder Ungleiches nicht nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird; vorausgesetzt ist, dass sich der unbegründete Unterschied oder die unbegründete Gleichstellung auf eine wesentliche Tatsache bezieht. Die Frage, ob für eine recht- liche Unterscheidung ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen ersichtlich ist, kann zu verschiedenen Zeiten verschie- den beantwortet werden je nach den herrschenden Anschauungen und Zeitverhältnissen. Dem Gesetzgeber bleibt im Rahmen dieser Grundsätze und des Willkürverbots ein weiter Spielraum der Gestal- tungsfreiheit (BGE 124 II 213; 121 I 104; 118 IV 195; Müller, Kom- mentar BV, a.a.O., Art. 4 Rz. 32). c) Das Bundeseisenbahngesetz (EBG) vom 20. Dezember 1957 in Verbindung mit der Verordnung über Abgeltungen, Darlehen und Finanzhilfen nach Eisenbahngesetz (Abgeltungsverordnung, ADFV) vom 18. Dezember 1995 sowie der Verordnung über die Anteile der Kantone an die Abgeltungen und Finanzhilfen im Regionalverkehr (KAV) vom 18. Dezember 1995 hat einen massgeblichen Einfluss auf die Gesetzgebung der Kantone im Bereich des öffentlichen Ver- 2000 Kostenverteilung zwischen jur. Personen des öffentlichen Rechts 99 kehrs, da Lastenverschiebungen zuungunsten der Kantone vorge- nommen und Subventionsvoraussetzungen normiert wurden. - Der Kanton Aargau hat gestützt auf die bundesrechtlichen Vorgaben mit Änderung des ÖVG vom 5. März 1996 die Grundsätze der Kostenverteilung im öffentlichen Verkehr wie folgt geregelt: - Die Gemeinden beteiligen sich an den Aufwendungen des Kantons für den Regionalverkehr - mit Ausnahme der Son- derleistung - im Umfang von bis zu einem Drittel (Gemeinde- anteil, § 5 Abs. 2 ÖVG). - Der Gemeindeanteil wird nach dem Kriterium der Verkehrsbe- dienung und der Einwohnerzahl unter den Gemeinden aufge- teilt (§ 5 Abs. 2 ÖVG). - Sonderleistungen des Regionalverkehrs werden speziell gere- gelt (§ 5 Abs. 2 und 3 ÖVG). - Im Agglomerationsverkehr übernimmt der Kanton einen Anteil von 20 bis 35 % der anerkannten ungedeckten Betriebskosten (§ 6 Abs. 3 ÖVG). - Der Grosse Rat bestimmt die Höhe der Beteiligung der Ge- meinde am Regionalverkehr sowie des Kantons im Agglome- rationsverkehr in einem Dekret (§§ 5 Abs. 3, 6 Abs. 3 und 8 ÖVG). (Vgl. dazu Botschaft des Regierungsrates des Kantons Aargau an den Grossen Rat betreffend das Dekret über die Beteiligung von Kanton und Gemeinden an den Kosten des Öffentlichen Verkehrs [ÖVD] vom 18. Dezember 1996 [im Folgenden: Botschaft ÖVD]). Das ÖVG nennt als massgebliche Faktoren für die Bestimmung des Beitrags einer Gemeinde an die Kosten des Regionalverkehrs die Verkehrsbedienung sowie die Einwohnerzahl (§ 5 Abs. 2 ÖVG). Bedienungsfaktor und Einwohnerfaktor stellen die rechnerischen Grössen dar, um den Beitragssatz einer Gemeinde zu bestimmen. Der Bedienungsfaktor entspricht der Anzahl Kursabfahrten aus einer Ge- meinde, bezogen auf einen festgelegten Zeitraum; gezählt wird die 2000 Verwaltungsgericht 100 Abfahrt eines Kurses aus der Gemeinde, nicht etwa die Zahl der Abfahrten von einzelnen Haltestellen. Da Zentrumsgemeinden oder Gemeinden mit Knotenfunktion in der Regel eine überdurchschnittli- che Anzahl an Kursabfahrten aufweisen, von denen aber in starkem Ausmass auch andere Gemeinden profitieren, wurde bei der Konkre- tisierung der Vorgaben des ÖVG in § 9 Abs. 1 ÖVD ein Dämpfungs- faktor eingeführt, der gewährleisten soll, dass die steigende Anzahl an Kursabfahrten die Verteilzahl nicht linear erhöht, sondern die Belastung der Gemeinden mit steigendem Angebot degressiv verläuft (eine 10fache Erhöhung der Abfahrten erhöht den Bedienungsfaktor nicht um 10, sondern bloss um den Faktor 4; vgl. § 9 Abs. 4 ÖVD). Dasselbe gilt sinngemäss für den Einwohnerfaktor, welcher sicherstellen soll, dass die Einwohnerzahl nicht direkt als Quotient übernommen, sondern um den Faktor p gedämpft wird (§ 11 ÖVD). Die Einführung von Dämpfungsfaktoren und vor allem deren Ge- wichtung wurde in der Verkehrskommission gestützt auf Berech- nungsvarianten des Baudepartements, Abteilung Verkehr, im Zu- sammenhang mit der Erarbeitung des ÖVD eingehend diskutiert (vgl. Protokoll der Verkehrskommission des Grossen Rates vom 14. Dezember 1995, S. 158 ff.); dabei war klar, dass eine Verteilregel immer zu gewissen Pauschalierungen führt und kaum je die einzig richtige sein kann (vgl. Protokoll der Verkehrskommission des Gros- sen Rates vom 14. Dezember 1995, S. 158, Votum Howald). Der Gesetzgeber hat sich trotzdem auf die heute gültige Fassung geeinigt in der Meinung, damit möglichst rechtsgleich legiferiert zu haben. c) Die beiden Kenngrössen Einwohnerfaktor und Bedienungs- faktor sind grundsätzlich geeignete Kriterien, um die Beteiligung der einzelnen Gemeinden am Gemeindeanteil von 16 % der Gesamt- kosten zu berechnen. Die Einwohnerzahl berücksichtigt den poten- ziellen Kundenkreis und ist damit Ausdruck der Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel; der Bedienungsfaktor berücksichtigt das Angebot, welches der Bevölkerung der betreffenden Gemeinde auch tatsächlich zur Verfügung steht. Im Vergleich zu Beteiligungen, die 2000 Kostenverteilung zwischen jur. Personen des öffentlichen Rechts 101 sich an der Finanzkraft der Gemeinde orientieren (vgl. die Regelun- gen in den Kantonen Zürich, Luzern und Bern in Anhang 3 zu den "Vorstellungen der Abteilung Verkehr" zum Vorentwurf des Dekrets über die Beteiligung von Kanton und Gemeinden an den Kosten des öffentlichen Verkehrs vom 24. November 1995), hat der Kanton Aar- gau eine sachbezogenere und rechtsgleichere Lösung gewählt. Dabei ist unbestritten, dass einzelne Gemeinden wegen ihrer Knoten- punktfunktion oder wegen grosser Einwohnerzahl unter Umständen stärker belastet werden als angemessen. Dem hat der Gesetzgeber mit der Einführung von Dämpfungsmechanismen aber ausreichend Rechnung getragen. Gerade die Dämpfungsfaktoren führen im Fall der Einwohnergemeinde S. zu einer spürbaren Entlastung, weil sowohl die Einwohnerzahl als auch die Anzahl gewichteter Abfahr- ten deutlich über dem kantonalen Mittel liegen. Es kann mithin nicht davon ausgegangen werden, dass den Berechnungskriterien keine sachlichen Unterscheidungsmerkmale zugrunde liegen. Wie der Re- gierungsrat in seiner Vernehmlassung zutreffend ausführt, hat der Gesetzgeber im ÖVD eine sehr detaillierte Regelung zur Beteiligung der Gemeinden an den Kosten des öffentlichen Verkehrs erlassen und dabei die Interessenlage der Gemeinden bestmöglich, d.h. nach ob- jektivierbaren Kriterien wie Kursabfahrten und Qualität der Ver- kehrsmittel (3-facher Gewichtung von Bahnen gegenüber Bussen) berücksichtigt und zudem durch die Einführung der Dämpfungsex- ponenten q und p, welche den sinkenden Grenzwert des Nutzens mit steigender Anzahl Bedienungshalte öffentlicher Verkehrsmittel sowie die erhebliche Mehrbelastung durch zunehmende Bevölkerungszah- len reflektiert, berücksichtigt. Dem Standortnachteil einzelner poten- tieller Kunden des öffentlichen Verkehrs bei grossen Gemeinden wurde damit ebenfalls Rechnung getragen. Diese Kriterien erweisen sich, wie dargelegt, als sachbezogen. Die §§ 8 und 9 ÖVD, welche die Verteilzahl und den Bedienungsfaktor bestimmen, stellen damit eine vertretbare gesetzgeberische Lösung dar, welche die wesentli- chen Kriterien zur Bestimmung des angefochtenen Gemeindeanteils 2000 Verwaltungsgericht 102 beinhalten. Berücksichtigt man zudem, dass im Gesetz immer auch gewisse pauschalisierende Lösungen getroffen werden dürfen, kann nicht gesagt werden, das ÖVD erweise sich unter dem Gesichtspunkt des Gebots der rechtsgleichen Rechtsetzung als verfassungswidrig. d) Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass die im ÖVD getroffene Regelung vor der Pflicht zur rechtsgenüglichen Rechtset- zung standhält und anwendbar ist. Dass die Anwendung der Bestimmung selbst keinen Raum für Auslegung im Sinne der Einwohnergemeinde Suhr zulässt (Anrech- nung der Bahnfahrten lediglich zu 50 %), ist gestützt auf den Geset- zestext klar und wird von der Einwohnergemeinde Suhr denn auch nicht bestritten. 3. a) Die Einwohnergemeinde Suhr macht in der Hauptsache geltend, die Hälfte ihrer Einwohner wohne im Gebiet Aarauer Feld und habe daher keinen Nutzen von der Bahnstation der SBB und der WSB; im Übrigen sei die Einwohnergemeinde Suhr nicht bereit, für ein ungenügendes Angebot dreifach belastet zu werden, zumal aus dem Bereich des Bahnhofs SBB praktisch zur gleichen Zeit drei Ver- kehrsträger nach Aarau zirkulierten. Damit vertritt sie die Auffas- sung, die Anwendung des ÖVG und des ÖVD führe im Fall der Ge- meinde Suhr zu einem Ergebnis, welches der Gesetzgeber nicht ge- wollt habe. b) aa) Der Grundsatz der Gesetzmässigkeit, das sogenannte Le- galitätsprinzip, hat zu seinem Hauptanliegen, alle Verwaltungstätig- keit an das Gesetz zu binden. In diesem Sinne bestimmt bereits Art. 5 Abs. 1 BV, dass Grundlage und Schranke sämtlichen staatlichen Handelns das Recht ist. Alles Verwaltungshandeln ist nur gestützt auf das Gesetz zulässig. Dieses Prinzip hat enorme rechtsstaatliche Be- deutung, insbesondere bei der Gewährleistung von Rechtssicherheit, Rechtsgleichheit sowie beim Schutz der Freiheit des Individuums vor staatlichen Eingriffen. Es erfüllt aber auch eine wesentliche Funktion bei der demokratischen Legitimation des Verwaltungshandelns (Ulrich Häfelin/Georg Müller, Grundriss des Allgemeinen Verwal- 2000 Kostenverteilung zwischen jur. Personen des öffentlichen Rechts 103 tungsrechts, 3. Auflage, Zürich 1998, N 296 ff.). Im Rahmen des Legalitätsprinzips erlässt nun der Gesetzgeber Vorschriften, die auf den Normalfall zugeschnitten sind. Es ist weder möglich noch überhaupt sinnvoll, sämtliche besonders gelagerten Situationen legislatorisch genau zu erfassen. Um Härtefälle zu ver- meiden, welche die gesetzliche Regelung mit sich bringen kann, darf der Gesetzgeber die rechtsanwendenden Organe ermächtigen, davon aus Gründen der Billigkeit (Einzelfallgerechtigkeit) ausnahmsweise abzuweichen. Eine entsprechende Ausnahmebewilligung darf indes- sen im Einzelfall grundsätzlich nur dann erteilt werden, wenn erstens dafür eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage besteht, zweitens die vom Gesetz verlangte Ausnahmesituation tatsächlich vorliegt und drittens der Gesetzeszweck und die öffentlichen Interessen die gehö- rige Beachtung finden. Wenn das Gesetz selbst Abweichungen von einer bestimmten Norm nicht zulässt, darf die fragliche Regel ange- sichts der strengen Geltung des Legalitätsprinzips nur dann bewusst durchbrochen werden, wenn im Einzelfall die Anwendung der ge- setzlichen Bestimmung zu einem ausserhalb des Willens des Gesetz- gebers liegenden Ergebnis führen würde, zu einem Ergebnis also, das der Gesetzgeber so nicht gewollt haben kann (Häfelin/Müller, a.a.O., N 1970 ff.; Fritz Gygi, Verwaltungsrecht, Bern 1986, S. 85 ff.). bb) Eine solche Regelung hat der Gesetzgeber in § 13 ÖVD ge- troffen. Danach kann der Regierungsrat den Gemeindebeitrag ange- messen herabsetzen, wenn ausserordentliche Umstände zu einer un- verhältnismässigen Belastung der betroffenen Gemeinde führen. Aus den Materialien ist ersichtlich, was der Gesetzgeber unter ausserordentlichen Umständen, die zu einer unverhältnismässigen Belastung führen, verstanden wissen wollte. Zunächst müssen die beiden in § 13 ÖVD genannten Kriterien kumulativ vorliegen. Aus- serordentliche Umstände können insbesondere in der geografischen Lage begründet sein (Botschaft ÖVD, S. 28). Wie dargelegt, ist die geografische Lage der Einwohnergemeinde Suhr in Bezug auf die Erreichbarkeit der Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel keines- 2000 Verwaltungsgericht 104 wegs so, dass Ausserordentlichkeit vorliegt. Wie der Regierungsrat zutreffend ausführt, liegen auch die äussersten Wohnhäuser in er- reichbarer Distanz zum öffentlichen Verkehr (nämlich etwas über 1 km); es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Ge- setzgeber bei Erlass des ÖVD an Situationen wie in der Gemeinde Suhr nicht gedacht hat. Nur nebenbei sei erwähnt, dass die Berück- sichtigung der Argumentationen der Einwohnergemeinde Suhr dazu führen würde, dass zahlreiche aargauische Gemeinden mit derselben Begründung eine Anpassung der Kostenverteilung verlangen könn- ten, was zur Unanwendbarkeit der gesamten Regelung führen müsste. Genau dies ist aber nicht der Sinn einer Ausnahmeklausel. Die weiteren, von der Einwohnergemeinde Suhr vorgebrachten Ausnahmetatbestände (mehrere Verkehrsträger, ungenügendes An- gebot) können ebenfalls nicht zur Anwendung von § 13 ÖVD führen. So wurde mit dem Dämpfungsfaktor q (§ 9 Abs. 1 ÖVD) auf eine Mehrzahl von Bedienungshalten Rücksicht genommen und das un- genügende Angebot führt ohnehin zu keiner (Mehr-)Belastung. Damit erübrigt sich im Grundsatz die Prüfung, ob durch die ausserordentliche Situation eine unverhältnismässige finanzielle Belastung der Einwohnergemeinde Suhr herbeigeführt wird, was Anwendungsvoraussetzung von § 13 ÖVD ist. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass gestützt auf die Botschaft ÖVD (S. 28) und die Beratungen der Verkehrskommission des Grossen Rates zum ÖVD (Protokoll der Verkehrskommission vom 24. Januar 1997, S. 237, 245 f.) eine Belastung von rund 1.5% der Steuerkraft der betreffenden Gemeinde vorliegen müsste, damit Unverhältnismäs- sigkeit im Sinn der Ausnahmebestimmung vorliegt. Gestützt auf die unwidersprochen gebliebene Darstellung des Regierungsrates, wo- nach die Belastung der Einwohnergemeinde Suhr aus der Beteiligung an den Kosten des öffentlichen Verkehrs einen geringeren Anteil der Steuerkraft beträgt, ist das kumulativ erforderliche zweite Kriterium für das Vorliegen eines Härtefalles nicht gegeben. Das Verwaltungsgericht erkennt die für die Einwohnergemeinde 2000 Kostenverteilung zwischen jur. Personen des öffentlichen Rechts 105 Suhr letztlich unbefriedigende Situation im Bereich des öffentlichen Verkehrs. Allerdings kann diese Bereinigung nicht über die Ausnah- meklausel des ÖVD herbeigeführt werden. 4. Zusammenfassend erweist sich die Beschwerde als unbe- gründet, weshalb sie abzuweisen ist.
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2003 Bau-, Planungs- und Umweltschutzrecht 207 [...] 53 Nutzungserweiterung (Hundeschule als zusätzlicher Betriebszweig einer bestehenden Hundezucht) in der von einer Landschaftsschutzzone über- lagerten Landwirtschaftszone (Art. 24 RPG). - Verneinung einer Planungspflicht (Erw. 4/b). - Kein Anspruch auf Grund einer "abgeleiteten" Standortgebundenheit (Erw. 4/c/aa). - Eine Hundeschule ist nicht negativ standortgebunden (Erw. 4/c/bb). - Verneinung der Voraussetzungen für eine Ausnahmebewilligung ge- mäss Art. 24a RPG (Erw. 4/d). Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 13. Juni 2002 in Sa- chen S. und Mitb. gegen Regierungsrat. Aus den Erwägungen 1. a) Mit Zustimmung der Baugesuchszentrale (heute: Koordi- nationsstelle Baugesuche) des Baudepartements (Teilentscheid vom 25. August 1992) erteilte der Gemeinderat GANSINGEN dem Be- schwerdeführer 1 am 21. September 1992 die Baubewilligung für den Umbau einer bestehenden Pferdescheune (Gebäude Nr. 281) auf der Parzelle Nr. 775 ausserhalb der Bauzonen der Gemeinde. Zweck des Umbaus, der den Einbau von Hundeboxen, einer Zubereitungs- 2003 Verwaltungsgericht 208 küche sowie sanitärer Installationen umfasste, war der Betrieb einer Hundezucht. Mit der Baubewilligung wurden u.a. folgende "Speziel- le Vorschriften und Auflagen" verknüpft: " 1. In der Zuchtstätte dürfen maximal 12 Zuchthunde (mit Welpen) untergebracht werden. Die Aufnahme weiterer Hunde (Pension) ist untersagt. Vorbehalten bleibt die vorübergehende gerichtliche Verwahrung von Hunden zur Behandlung; dafür ist jeweils die Bewilligung des Gemeinderates einzuholen. 2. Es wird ausdrücklich festgehalten, dass die Baubewilligung für eine Hundezucht erteilt wird. Auf der Liegenschaft dürfen nur Privatlektionen erteilt werden, die im Zusammenhang mit der Zuchttauglichkeitsprüfung stehen. Es dürfen maximal zwei Lek- tionen gleichzeitig (Verkehrsbelastung, Lärmimmissionen, Park- platzangebot) durchgeführt werden. Die Erteilung von Privatlek- tionen wird auf folgende Zeiten beschränkt: Montag bis Samstag jeweils 09.00 Uhr bis 19.00 Uhr. Die Durchführung von Schulungskursen ist nicht gestattet. Grös- sere, einmalige Anlässe bedürfen der Bewilligung des Gemeinde- rates. 3. Die Bauherrschaft wird darauf behaftet (...), dass im Schnitt pro Stunde zwei Fahrzeuge die Strasse zur Liegenschaft befahren werden. Die Fahrzeuge dürfen ausschliesslich auf dem Hofareal der Liegenschaft parkiert werden. (...)" In einem Entscheid vom 4. April 1996, dessen Gegenstand die Beseitigung eines Drogen- und Sprengstoffplatzes, einer Parkat- trappe, von Einfriedigungen sowie von Hundekisten bildete, legte das Verwaltungsgericht die - in formelle Rechtskraft erwachsene - Baubewilligung folgendermassen aus (S. 19 ff. passim): Dem Be- schwerdeführer 1 sei nur eine Hunde zucht bewilligt worden, nicht dagegen der Betrieb einer Hundepension sowie die Erteilung von Privatlektionen, soweit sie nicht im Zusammenhang mit der Zucht- tauglichkeitsprüfung stünden. Aus den Äusserungen des Beschwer- deführers 1 während des Baubewilligungsverfahrens habe der Ge- meinderat nach Treu und Glauben schliessen dürfen, dass der Betrieb einer ganz normalen Hundezuchtstätte mit dem Ziel der Abgabe der 2003 Bau-, Planungs- und Umweltschutzrecht 209 herangezüchteten Welpen im Alter von 8 bis 12 Wochen an die neuen Besitzer geplant sei; die Aufzucht und anschliessende Ausbildung der am besten qualifizierten Welpen bis zum einsatzbereiten Diensthund bzw. eine in diesem Sinne professionelle Zucht hätten dagegen nicht Bewilligungsinhalt gebildet. b) aa) Mit Schreiben vom 25. April 1997 ersuchte der Be- schwerdeführer 1 den Gemeinderat Gansingen unter Hinweis auf die schlechte wirtschaftliche Situation seines Betriebs darum, die "Stammbewilligung" vom 21. September 1992 wie folgt zu ergän- zen: " - Zusatzbewilligung, um die Betriebszeiten bis 21.00 Uhr zu ver- längern. - Dies während den Sommerzeitmonaten 15. März bis 15. Novem- ber. - In diesen Monaten möchten wir einen Hundeschulungskurs von 19.00 Uhr bis 21.00 Uhr durchführen, der nicht nur im Zusam- menhang mit der Zuchttauglichkeitsprüfung steht (Sport- und Fa- milienhundekurse). In diesen zwei Stunden pro Tag könnte Wolf- sprung Kennels finanziell stark entlastet und vor dem Konkurs gerettet werden. - Die neuen Betriebszeiten gelten für die Wochentage Montag bis Freitag. Der Samstag bleibt ohne Veränderung, sowie auch der Sonntag und die übrigen Feiertage." Der Gemeinderat beschloss daraufhin am 28. April 1997: "Dem Antrag von Herrn S. zur Verlängerung der Betriebszeit während der Woche bis 21.00 Uhr wird entsprochen. Betreffend Verkehrsaufkommen gelten die bisherigen Auflagen." Zur Begründung wurde angeführt, dass die beantragte Betriebs- zeit im Rahmen des geltenden Polizeireglements liege, weshalb der Gemeinderat dagegen grundsätzlich keine Einwendungen erhebe. Im Weitern wurde darauf hingewiesen, dass der Gemeinderat, sobald der Bundesgerichtsentscheid betreffend Einzäunung des Betriebsareals vorliege, die Frage zu klären haben werde, ob für den zusätzlichen Betriebszweig "Hundeschule" ein neues Gesuchsverfahren in die Wege zu leiten sei. 2003 Verwaltungsgericht 210 In einem Protokollauszug vom 20. Juli 1998 nahm der Gemein- derat sodann Bezug auf den Beschluss vom 28. April 1997. Darin wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer 1 die im Gesuch vom 25. April 1997 erwähnten Hundeschulungskurse seit August 1998 nun durchführe, und zum "Weiteren Vorgehen" u.a. ausgeführt: "(...). Aus diesen Überlegungen heraus bittet der Gemeinderat Herrn S., ein Gesuch zur Führung einer Hundeschule zu stellen, wie dies im Protokollauszug des Gemeinderates vom April 1997 schon zum Ausdruck gebracht worden ist. In diesem Zusammen- hang müssen auch die Rahmenbedingungen überprüft und even- tuell angepasst werden. Da der Gemeinderat im April 1997 Herrn S. eine Bewilligung zur Schulung von Hunden erteilt hat, behält diese im Moment ihre Gültigkeit. Der Gemeinderat begrenzt sie aber bis zum Ablauf des neuen Auflageverfahrens. (...)" bb) Das Verwaltungsgericht hat im VGE vom 2. Mai 2000 in Sachen der Beschwerdeführer ausgeführt, namentlich auf Grund der authentischen Interpretation des Beschlusses vom 28. April 1997 durch den Gemeinderat im Protokollauszug vom 20. Juli 1998 könne kein Zweifel daran bestehen, dass dem Beschwerdeführer 1 eine eigentliche "Bewilligung zur Schulung von Hunden" erteilt worden sei. Insoweit hat das Verwaltungsgericht in der Zwischenzeit keine neuen Erkenntnisse gewonnen. Konkret durfte der Beschwerdeführer 1 dem Beschluss vom 28. April 1997 - in Kombination mit seinem Gesuch vom 25. April 1997 - entnehmen, dass er neu und zusätzlich zur "Stammbewilligung" vom 21. September 1992 vom 15. März bis zum 15. November und von Montag bis Freitag jeweils von 19.00 bis 21.00 Uhr Hundeschulungskurse durchführen durfte, die mit der Zuchttauglichkeitsprüfung der von ihm selber gezüchteten Hunde nicht zusammenzuhängen brauchten. Im Protokollauszug vom 20. Juli 1998 bestätigte sich diese Deutung, und es kam darin auch zum Ausdruck, dass das Motiv für die Bewilligungserteilung durch den Gemeinderat in der "schwierigen wirtschaftlichen Situation des Gesuchstellers" lag. Klarzustellen ist indessen in diesem Zusammen- hang, dass der Gemeinderat dem Beschwerdeführer 1 für die zusätz- 2003 Bau-, Planungs- und Umweltschutzrecht 211 lichen zwei Stunden keine Gruppen-, sondern ausschliesslich Pri- vatlektionen bewilligt hat. (...). Der Gemeinderat hat im Protokollauszug vom 20. Juli 1998 die Bewilligung vom 28. April 1997 zur Schulung von Hunden "bis zum Ablauf des neuen Auflageverfahrens" für die Führung einer Hunde- schule befristet. Diese Änderung der Bewilligung vom 28. April 1997 ist rechtlich ohne Bedeutung, da sie in Form eines Widerrufs hätte erfolgen müssen (§ 26 Abs. 1 VRPG) und dessen formelle und materielle Voraussetzungen nicht erfüllt waren; weder wurde der Widerruf dem Beschwerdeführer 1 als Verfügung mit Begründung und Rechtsmittelbelehrung sowie unter Einräumung des rechtlichen Gehörs eröffnet (§ 15 Abs. 1 und § 23 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VRPG), noch findet sich im Protokollauszug vom 20. Juli 1998 eine Interessenabwägung, wie sie § 26 Abs. 1 VRPG verlangt. Die Bewilligung vom 28. April 1997 für die Erteilung von Privatlek- tionen von 19.00 bis 21.00 Uhr (Montag bis Freitag) hat deshalb als unbefristet zu gelten. (...) c) Nach dem Gesagten ist davon auszugehen, dass der Be- schwerdeführer 1 schon heute auch solche Hunde, die nicht aus sei- ner Zucht stammen, ausbilden darf, jedoch nur in beschränktem zeit- lichen Rahmen und nur in Form von Privat- bzw. Einzellektionen. Neu sollen die Betriebszeiten von Montag bis Freitag 8.00 bis 21.00 Uhr und Samstag 8.00 bis 16.00 Uhr (Sonn- und Feiertage geschlossen) festgelegt werden, wobei vor 09.00 Uhr nur Vorbereitungsarbeiten stattfänden. Zudem sollen neben den Privatlektionen auch Gruppenkurse angeboten werden können, nämlich von Montag bis Freitag zwischen 19.00 und 21.00 Uhr und am Samstag. Schliesslich will der Beschwerdeführer 1 (höchstens) 10 Hunde auf dem Betrieb in Pension nehmen können; im Gegenzug wäre er bereit, die gemäss "Stammbewilligung" vom 21. September 1992 zulässige Anzahl von 12 Zuchthündinnen auf deren 6 zu reduzieren. Der Gemeinderat hat das Baugesuch für eine solche Nutzungs- erweiterung abgewiesen mit der Begründung, die gewerbliche Tätig- keit des Beschwerdeführers 1 habe einen Umfang angenommen, der bereits heute weit über den in der Bewilligung vom 21. September 2003 Verwaltungsgericht 212 1992 im Sinne einer Ausnahme abgesteckten Rahmen hinausgehe und mit den verschiedenen gewichtigen öffentlichen Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes sowie des Schutzes der Wildtiere im heiklen Gebiet des "Laubbergs" längst nicht mehr vereinbar sei; die Hundeschule bilde eine zusätzliche erhebliche Ausweitung dieses Eingriffs. Der Regierungsrat erachtet eine Hundeschule mit Hunde- pension, wie schon die Hundezucht, als negativ standortgebunden. Die Schulung von zuchtfremden Hunden, die zu Sporthunden ausge- bildet würden, unterscheide sich vom Inhalt her nicht von der Schu- lung im Hinblick auf die Zuchttauglichkeitsprüfung. Durch die Nut- zungsänderung würde aber das Verkehrsaufkommen ganz erheblich erhöht, schätzungsweise um das Achtfache (von 1'200 auf 9'600 Fahrten). Demgegenüber hätte die Reduktion von bisher 12 auf 6 Zuchthündinnen den Wegfall von jährlich rund 600 Fahrten zur Folge, die bis zur Platzierung der Welpen erfolgten; die Anzahl der Fahrten würde auch dadurch verringert, dass bei einer Verkleinerung der Zucht weniger Hunde verkauft würden, die in der Folge auf die Zuchttauglichkeitsprüfung vorbereitet werden müssten, und dass auf Grossanlässe, "Schnuppertage" und die "Wolf-People-Kurse" künftig verzichtet werde. Der Betrieb der Hundeschule mit Hundepension an sich sei mit den Anliegen des Landschafts- und Naturschutzes ver- einbar. Die Verkehrsproblematik sei mit Auflagen zu entschärfen. So dürfe der Beschwerdeführer 1 in seinen Ausbildungskursen nur so viele - maximal täglich 47 - Hunde schulen, als es für die entspre- chenden Fahrzeuge auf dem umzäunten Parkplatz sowie auf dem Richtung Trainingsplatz führenden Weg jeweils Platz habe, soweit dabei kein fremdes Gelände in Anspruch genommen werde. Dem Gesuch um Betrieb einer Hundeschule mit Hundepension sei in die- sem Sinne grundsätzlich stattzugeben. 2. a) Die Parzelle Nr. 775, auf welcher der Beschwerdeführer 1 seine kynologischen Aktivitäten anbietet, liegt gemäss dem Nut- zungsplan Kulturland der Gemeinde GANSINGEN vom 12. Dezember 1986 / 8. November 1988 in der Landwirtschaftszone, die ihrerseits von einer Landschaftsschutzzone überlagert wird; aus- genommen von der Überlagerung sind lediglich die drei Gebäude Nrn. 281, 343 und 346 mit dem jeweiligen unmittelbaren Um- 2003 Bau-, Planungs- und Umweltschutzrecht 213 schwung. Es kommen somit in erster Linie die Bestimmungen des RPG und seiner Ausführungsvorschriften zur Anwendung. (...) 3. (...) 4. a) Abweichend von Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG können Bewil- ligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert und keine überwiegen- den Interessen entgegenstehen (Art. 24 RPG [in der Fassung vom 20. März 1998], mit identischem Wortlaut wie die frühere Fassung von Art. 24 Abs. 1 RPG). Die Standortgebundenheit darf dabei nur bejaht werden, wenn ein Bauvorhaben aus technischen oder be- triebswirtschaftlichen Gründen oder wegen der Bodenbeschaffenheit auf einen bestimmten Standort ausserhalb der Bauzonen angewiesen ist (positive Standortgebundenheit), oder wenn ein Werk, für das keine Planungspflicht besteht, wegen seiner Immissionen in einer Bauzone ausgeschlossen ist (negative Standortgebundenheit). Diese Voraussetzungen beurteilen sich nach objektiven Massstäben. Es kann weder auf die subjektiven Vorstellungen und Wünsche des Ein- zelnen noch auf die persönliche Zweckmässigkeit oder Bequemlich- keit ankommen. Generell sind an die Voraussetzungen der Standort- gebundenheit strenge Anforderungen zu stellen (BGE 124 II 255 f.; 118 Ib 19; 117 Ib 267, 383; Bundesgericht, in: ZBl 96/1995, S. 166; n.p. BGE vom 3. Juni 1997 [1A.261/1996] in Sachen der Beschwer- deführer, S. 5). Für Zweckänderungen ohne bauliche Massnahmen ausserhalb der Bauzonen enthält Art. 24a RPG (in der Fassung vom 20. März 1998) eine Spezialbestimmung. Sie lautet: " 1 Erfordert die Änderung des Zwecks einer Baute oder Anlage ausserhalb der Bauzonen keine baulichen Massnahmen im Sinne von Artikel 22 Absatz 1, so ist die Bewilligung zu erteilen, wenn: a. dadurch keine neuen Auswirkungen auf Raum, Erschliessung und Umwelt entstehen; und b. sie nach keinem anderen Bundeserlass unzulässig ist. 2003 Verwaltungsgericht 214 2 Die Ausnahmebewilligung ist unter dem Vorbehalt zu erteilen, dass bei veränderten Verhältnissen von Amtes wegen neu verfügt wird." b) Der Gemeinderat macht geltend, die Errichtung von Freizeit- und Sportanlagen - und eine solche habe der Beschwerdeführer 1 mittlerweile errichtet - sei normalerweise planungspflichtig, benötige also eine besondere Zone nach Art. 18 RPG; dafür dürften keine Ausnahmebewilligungen gemäss Art. 24 RPG erteilt werden. aa) Bau- und auch Ausnahmebewilligungen haben den planeri- schen Stufenbau zu beachten. Für Bauten und Anlagen, die ihrer Natur nach nur in einem Planungsverfahren angemessen erfasst wer- den können, dürfen keine Ausnahmebewilligungen erteilt werden. Zieht ein nicht zonenkonformes Vorhaben durch seine Ausmasse oder seine Natur bedeutende Auswirkungen auf die bestehende Nut- zungsordnung nach sich, so darf es erst nach einer entsprechenden Änderung des Zonenplans bewilligt werden. Wann ein nicht zonen- konformes Vorhaben so gewichtig ist, dass es der Planungspflicht nach Art. 2 RPG untersteht, ergibt sich aus den Planungsgrundsätzen und -zielen (Art. 1 und 3 RPG), dem kantonalen Richtplan und der Bedeutung des Projekts im Lichte der im RPG und im kantonalen Recht festgelegten Verfahrensordnung. Ein gewichtiges Indiz dafür, dass ein Bauvorhaben nur auf Grund einer Nutzungsplanung bewil- ligt werden kann, ist der Umstand, dass im konkreten Fall eine Um- weltverträglichkeitsprüfung (UVP) vorgeschrieben ist (BGE 124 II 254 f. mit Hinweisen; n.p. BGE vom 24. Oktober 2001 [1P.264/2001] in Sachen M. u.M., S. 11 f.). bb) Das Bundesgericht hat eine adäquate Nutzungsplanung etwa für grössere Sportanlagen (BGE 114 Ib 180 ff. [offene und ge- deckte Tennisfelder, zwei Fussballfelder, Dienstgebäude und Park- plätze]; BGE 114 Ib 312 ff. [Golfplatzanlage]), einen grossen Gärt- nereikomplex mit zahlreichen Gewächshäusern (BGE 116 Ib 131 ff.) oder Grossdeponien verlangt (BGE 116 Ib 50 ff. [Regionaldeponie]; siehe zum Ganzen auch: Walter Haller/Peter Karlen, Raumplanungs-, Bau- und Umweltrecht, Band I, 3. Auflage, Zürich 1999, Rz. 674). Die Planungspflicht wurde demgegenüber verneint etwa für eine Reithalle mit entsprechender Infrastruktur (BGE 124 II 391 ff.). 2003 Bau-, Planungs- und Umweltschutzrecht 215 Auch im vorliegenden Falle hat man es nicht mit einer Nutzung zu tun, die derart erhebliche Auswirkungen auf die Infrastruktur und die Nachbarschaft hat, dass dem nur mittels einer vorangehenden Nutzungsplanung angemessen Rechnung getragen werden könnte. Die raumwirksamen Auswirkungen sind klar begrenzt. Der vom Beschwerdeführer 1 geplante Hundeschulungsbetrieb hat denn auch weder "Richtplanhöhe" noch ist er UVP-pflichtig. Es steht daher nichts entgegen, das Umnutzungs- bzw. Nutzungserweiterungsge- such im Verfahren der Ausnahmebewilligung nach Art. 24 ff. RPG abzuwandeln. c) Unter dem Gesichtspunkt von Art. 24 RPG ergibt sich was folgt: aa) Der Beschwerdeführer 1 verfügt wie erwähnt über die "Stammbewilligung" vom 21. September 1992 zum Betrieb einer Hundezuchstätte und über die (Zusatz-)Bewilligung vom 28. April 1997 zur Schulung von Hunden aus eigener oder fremder Zucht (in der Form der Erteilung von Privatlektionen) jeweilen von 19.00 bis 21.00 Uhr (vorne, Erw. 1/a und b/aa und bb). Diese Bewilligungen berechtigen den Beschwerdeführer 1 nicht zu mehr, als ihm gemäss Art. 24 RPG zusteht. Die Existenz eines ausserhalb der Bauzonen bewilligten Betriebs bedeutet nicht automatisch, dass alle dem Stamm- bzw. Hauptbetrieb dienenden Bauten und Anlagen oder Nut- zungen zulässig wären. Erforderlich ist ein besonderes betriebswirt- schaftliches oder technisches Bedürfnis, diese Bauten oder Anlagen am vorgesehenen Ort zu erstellen (BGE 124 II 256; 117 Ib 265; Haller/Karlen, a.a.O., Rz. 709). Der rechtmässige Bestand des bishe- rigen Betriebs an sich begründet also noch keine Standortgebunden- heit für die Hundeschule, um deren Bewilligung der Beschwerdefüh- rer 1 nachsucht. Sie kann - unter dem Titel einer "abgeleiteten" Standortgebundenheit (BGE 124 II 256) - nur als gegeben erachtet werden, wenn die Hundeschule für eine ordnungsgemässe Durchfüh- rung des bestehenden Betriebs erforderlich ist (BGE 117 Ib 267). Dies trifft indessen offensichtlich nicht zu. Es mag zwar für den Be- schwerdeführer 1 aus Synergieüberlegungen usw. zweckmässiger sein, wenn er die Hundeschule am angestammten Standort auf der Parzelle Nr. 775 betreiben kann, doch sind keine betriebsorganisato- 2003 Verwaltungsgericht 216 rischen oder technischen Gründe ersichtlich, welche eine solche Standortwahl objektiv zwingend erheischen. Ebenso wenig kann von Belang sein, dass hinter der beabsichtigten Nutzungserweiterung mit einer eigentlichen Hundeschule finanzielle Sachzwänge stehen. Bereits sein Gesuch vom 25. April 1997 betreffend Verlängerung der Betriebsöffnungszeiten bis 21.00 Uhr zwecks Durchführung eines von der Zuchttauglichkeitsprüfung unabhängigen Hundeschulungs- kurses begründete der Beschwerdeführer 1 mit der Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation und finanziellen bzw. geschäftlichen Problemen; die Weiterführung seines Betriebs sei ohne Bewilli- gungsergänzung nicht denkbar. Das Nutzungsänderungsgesuch vom 15. Dezember 1998 ist vom gleichen Tenor getragen, wird doch dort vom mittelfristigen "Überleben" des Betriebs gesprochen. Dies sind subjektive Gesichtspunkte, welche bei der raumplanungsrechtlichen Beurteilung generell keine Berücksichtigung finden dürfen (siehe vorne, Erw. a). bb) aaa) Im Übrigen ist unbestritten, dass sich das Nutzungser- weiterungsvorhaben des Beschwerdeführers 1 nur mit der negativen und nicht auch mit der positiven Standortgebundenheit begründen lässt. Der Regierungsrat hat unter diesem Gesichtspunkt ausgeführt, nach Massgabe der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sei seiner- zeit die Hundezucht des Beschwerdeführers 1 als negativ standortge- bunden qualifiziert worden. Eine Hundeschule mit Hundepension sei nicht anders zu beurteilen. Es sei zwar nicht ausgeschlossen, dass von einer Hundezucht oder einem Tierheim auf Grund des intensive- ren "Rund-um-die-Uhr-Betriebs" gesamthaft mehr Emissionen aus- gehen könnten als von einer Hundeschule mit angegliederter Hunde- pension. Tagsüber dürften sich die Belästigungen aber mindestens die Waage halten; zu bedenken sei dabei auch, dass eine Hunde- schule im Vergleich zu einer Hundezucht noch häufigere Wechsel der Tiere bedinge. Hinzu komme, dass sich auch bei einer Hundeschule mit Hundepension - anders als beispielsweise bei einem Schweinestall - Lärm und lästige Gerüche nicht durch bauliche oder betriebliche Massnahmen begrenzen liessen. Schliesslich sei nicht davon auszugehen, dass sich in den Bauzonen von GANSINGEN oder einer benachbarten Gemeinde für das Vorhaben des Beschwer- 2003 Bau-, Planungs- und Umweltschutzrecht 217 deführers 1 ein geeigneter Standort finden lasse. Die Beschwerdefüh- rer 2 und der Gemeinderat sind dagegen der Meinung, die negative Standortgebundenheit sei nicht gegeben. bbb) Das Bundesgericht hat in zwei Aargauer Fällen entschie- den, dass der Betrieb von Tierheimen ausserhalb der Bauzonen we- gen ihrer Immissionsträchtigkeit grundsätzlich als negativ stand- ortgebunden zu betrachten sei. Konkret ging es um ein Tierheim mit Krematorium und Dienstwohnungen in Unterbözberg (n.p. BGE vom 21. März 1984 [A 208/83] in Sachen H. u.M.) und um ein Tierheim für je 30 Hunde und Katzen in Rothrist (ZBl 96/1995, S. 166 f.). Denselben Standpunkt vertrat das Bundesgericht in Bezug auf die Haltung von 60 Schlittenhunden (ZBl 91/1990, S. 187 ff.) sowie die Hundezucht des Beschwerdeführers 1 mit bis zu 12 Zuchthunden und einer entsprechenden Vielzahl von Welpen (n.p. BGE vom 3. Juni 1997 [1A.261/1996]). Im Fall H. u. M. (zitiert in ZBl 91/1990, S. 188 f., und 96/1995, S. 166 f., sowie in BGE 118 Ib 19) wurde zur Begründung angeführt, das unvermeidliche dauernde Ge- bell der sich in den Gehegen und Ausläufen befindenden Hunde, das angesichts des naturgemäss häufigen Wechsels der Tiere das normale Mass erheblich übersteigen dürfte, und allenfalls auch die mit dieser Art der Tierhaltung verbundene Geruchsbelästigung seien in einer Wohn-, Gewerbe- oder Industriezone für die Nachbarn in der Regel unzumutbar. Im Rothrister Fall verwies das Bundesgericht zusätzlich darauf, dass im Kanton Aargau alle Tierheime in der Landwirt- schaftszone lägen und sich für das Bauvorhaben in den Bauzonen der Standortgemeinde oder einer benachbarten Gemeinde kein geeigne- ter Standort finden lasse (ZBl 96/1995, S. 167). Auf eine Hundeschule, wie sie der Beschwerdeführer 1 betrei- ben will, treffen diese Attribute nicht zu. Im klaren Unterschied so- wohl zu einem Tierheim als auch zu einem Hundezuchtbetrieb ist die Erteilung der Privat- und Gruppenlektionen auf bestimmte Zeiten beschränkt. Während der Nachtstunden sowie an den Sonn- und Fei- ertagen ist der Betrieb für den Publikumsverkehr geschlossen. In den Wintermonaten sollen zudem nur Privatlektionen abgehalten werden. Schon unter diesem zeitlichen Aspekt sind die mit dem Betrieb einer Hundeschule zusammenhängenden Lärmimmissionen als erheblich 2003 Verwaltungsgericht 218 geringer zu veranschlagen als die von einer Hundezucht oder von einem Tierheim ausgehenden, rund um die Uhr wahrnehmbaren Im- missionen. Hinzu kommt, dass die in der Hundeschule auszubilden- den Tiere unter ständiger Aufsicht und Kontrolle sind und demzu- folge naturgemäss weniger bellen als ein Hund, der zusammen mit andern Artgenossen in einem Gehege, einer Boxe oder einem Aus- lauf eingesperrt ist; zumindest auf die Arbeit mit den Familienhun- den trifft diese Aussage zu. Der Beschwerdeführer 1 als anerkannter Hundekenner hat am Augenschein selber ausgeführt, bezüglich des Lärms sei der Unterschied zwischen einer Hundezucht und einer Hundeschule "enorm". Unter diesen Umständen lässt sich nicht sa- gen, der Betrieb einer Hundeschule sei aus Immissionsgründen auf einen Standort ausserhalb der Bauzonen zwingend angewiesen. Eine solche Nutzung ist innerhalb des Baugebiets, etwa in einer gemisch- ten Wohn- und Gewerbezone oder in einer reinen Gewerbezone, ohne Weiteres denkbar. Das Privileg, ausserhalb der Bauzonen Land zu beanspruchen, ist generell an strenge Voraussetzungen geknüpft, um der Zersiedelung vorzubeugen (siehe vorne, Erw. a). Eine Hun- deschule erfüllt diese Anforderungen nach dem Gesagten nicht. d) Das Bau- bzw. Zweckänderungsgesuch vom 14./15. Dezember 1998 beinhaltet keinerlei bauliche Massnahmen. Es fragt sich daher, ob eine Ausnahmebewilligung nach Art. 24a RPG (in der Fassung vom 20. März 1998) erteilt werden kann. Aus der Entstehungsgeschichte der angeführten Bestimmung hat das Bundesgericht abgeleitet, dass der Gesetzgeber mit ihr eine Umnutzung bestehender landwirtschaftlicher Bauten ermöglichen wollte; Art. 24a RPG beschränke sich aber nicht auf landwirtschaftli- che Bauten, sondern erlaube auch Zweckänderungen anderer, z.B. gewerblicher Bauten ausserhalb der Bauzone, ohne dass der neue Zweck standortgebunden sein müsse (BGE 127 II 223 f.). Art. 24a RPG kommt auf das hier zu beurteilende Nutzungserweiterungsvor- haben somit grundsätzlich zur Anwendung. Indessen ist die Anforde- rung, dass durch das Zweckänderungsvorhaben keine neuen Auswir- kungen auf Raum, Erschliessung und Umwelt entstehen dürfen (Art. 24a Abs. 1 lit. a RPG), hier klarerweise nicht erfüllt, worauf namentlich die beantragte Ausweitung der Betriebszeiten für die 2003 Bau-, Planungs- und Umweltschutzrecht 219 Hundeschulungskurse sowie der Einbezug von Gruppenlektionen (siehe vorne, Erw. 1/b/bb und c) schliessen lässt. Der Beschwer- deführer 1 darf heute nach Massgabe der "Stammbewilligung" vom 21. September 1992 und des Gemeinderatsbeschlusses vom 28. April 1997 von Montag bis Freitag jeweils von 19.00 bis 21.00 Uhr maxi- mal zwei Privatlektionen gleichzeitig erteilen, d.h. insgesamt 24 mit ebenso vielen Zu- und Wegfahrten pro Tag. Unter dem neuen Regime gemäss dem Nutzungserweiterungsgesuch vom 14./15. Dezember 1998 rechnet der Beschwerdeführer 1 selber mit maximal 47 Zu- und Wegfahrten pro Tag. Es ist also zweifellos so, dass die beabsichtigte Intensivierung der Hundeschule ein erhöhtes Verkehrsaufkommen zur Folge haben wird. Hieran ändert nichts, dass der Be- schwerdeführer 1 die Zahl der gemäss "Stammbewilligung" vom 21. September 1992 zulässigen 12 Zuchthündinnen auf deren 6 her- absetzen will (es entstehen in diesem Zusammenhang ebenfalls Ver- kehrsbewegungen, weil die Halter ihre Welpen in den ersten 9 Wo- chen durchschnittlich ein Mal pro Woche zu besuchen pflegen); fak- tisch befinden sich nämlich regelmässig nur 4 bis 5 Zuchthündinnen auf dem Hof, während die restlichen in Patenfamilien gehalten wer- den. Der diesbezügliche kompensatorische Effekt kann daher ver- nachlässigt werden. e) Zusammenfassend ist unter diesem Titel festzuhalten, dass weder Art. 24 noch Art. 24a RPG eine rechtliche Handhabe bieten, um das Nutzungserweiterungsvorhaben des Beschwerdeführers 1 bewilligen zu können. (...). Redaktionelle Anmerkung Das Bundesgericht, I. Öffentlichrechtliche Abteilung, hat eine gegen den Entscheid vom 13. Juni 2002 erhobene Verwaltungsgerichtsbe- schwerde mit Urteil vom 12. September 2003 abgewiesen, soweit es darauf eintrat (BGE 1A.214/2002).
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2012 Straf- und Massnahmenvollzug 189 V. Straf- und Massnahmenvollzug 27 Straf- und Massnahmenvollzug - Fluchtgefahr im Sinn von Art. 84 Abs. 6 StGB darf nicht bereits dann angenommen werden, wenn die Möglichkeit der Flucht in abstrakter Weise besteht (Erw. 5.2.). - Ein genereller Ausschluss jeglicher Urlaube oder anderer Vollzugs- öffnungen bei mit einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe Verurteilten widerspricht Art. 84 Abs. 6 StGB und ist mit dem Vollzugsziel der Sozialisierung gemäss Art. 75 Abs. 1 StGB nicht vereinbar (Erw. 5.3.). Urteil des Verwaltungsgerichts, 1. Kammer, vom 30. Mai 2012 in Sachen X. (WBE.2012.117). Aus den Erwägungen 3. 3.1. (...) Zusammengefasst hat der Regierungsrat im angefochtenen Ent- scheid erwogen, dem Beschwerdeführer sei die Gewährung von (begleiteten) Ausgängen aus humanitären Gründen zu Recht verwei- gert worden, weil keine wirksamen begleitenden Massnahmen vor- handen seien, die den Schutz der öffentlichen Sicherheit ausreichend sicherstellten und gleichzeitig dem Zweck der humanitären Aus- gänge gerecht würden. Vollzugslockerungen kämen folglich nicht in Frage. Eine Flucht lasse sich trotz Begleitung durch zwei Personen des Strafvollzugspersonals nicht ausschliessen, hätten doch ver- gangene Vorfälle gezeigt, dass eine Flucht trotz Begleitung realisier- bar sei. Die Begleitung durch unbewaffnetes Personal erscheine vorliegend ungeeignet, um die Gemein- und Fluchtgefahr einzudäm- 2012 Verwaltungsgericht 190 men. Dieses sei nicht in der Lage, eine Flucht zu verhindern. Auch eine elektronische Fussfessel sei dazu kein taugliches Mittel, zumal der Installationsaufwand in keinem Verhältnis stehe zu einem fünf- stündigen Ausgang und die elektronische Fussfessel im Kanton Aargau im Übrigen ohnehin nicht als Instrument im Strafvollzug eingesetzt werde. Auf der anderen Seite würde ein allzu einengendes Sicherheitsdispositiv (schwer bewaffnete Begleitung, Fesselung) Sinn und Zweck der humanitären Ausgänge entgegenstehen. 3.2.-3.4. (...) 4. (...) 5. 5.1. (...) 5.2. Fluchtgefahr im Sinn von Art. 84 Abs. 6 StGB darf nicht bereits dann angenommen werden, wenn die Möglichkeit der Flucht in abstrakter Weise besteht. Hingegen genügt es, wenn aufgrund der konkreten Umstände eine Flucht als wahrscheinlich erscheint. Dabei müssen die konkreten Umstände des Falles, insbesondere die gesam- ten Lebensverhältnisse der betroffenen Person, in Betracht gezogen werden (Urteil des Bundesgerichts vom 13. Januar 2010 [1B_378/2009], Erw. 4.1). So ist von einer Fluchtgefahr auszugehen, wenn erkennbare Risiken vorliegen. Nicht erforderlich ist, dass geradezu bewiesen werden muss, der Gefangene werde fliehen, da künftiges Verhalten ohnehin nicht bewiesen werden kann, sondern anhand der bekannten Umstände abzuschätzen ist. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung darf ein Urlaubs- gesuch nur dann wegen Fluchtgefahr abgelehnt werden, wenn dies verhältnismässig ist und dem Vollzugszweck der Wiedereingliede- rung des Eingewiesenen ausreichend Rechnung getragen wird. Je näher das Strafende rückt, desto gewichtiger wird das öffentliche Interesse, den Gefangenen auf den Wiedereintritt in die Gesellschaft vorzubereiten, indem ihm u.a. Gelegenheit gegeben wird, die hierfür notwendigen persönlichen und familiären Beziehungen zu pflegen oder aufzubauen. Gleichzeitig nimmt das öffentliche Interesse an der vollständigen Vollstreckung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe ab, je länger die Haft bereits angedauert hat. Insofern ist es ein Gebot der 2012 Straf- und Massnahmenvollzug 191 Verhältnismässigkeit, gegen Ende des ordentlichen Strafvollzugs ein gewisses Fluchtrisiko bei der Gewährung von Urlaub in Kauf zu nehmen, das möglicherweise zu Beginn des Strafvollzugs die Ur- laubsgewährung ausschliessen würde. Die Fluchtgefahr ist somit regelmässig umso geringer einzuschätzen, je kürzer der verbleibende Strafrest ist (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 15. Oktober 2004 [1P.470/2004], Erw. 5.1). 5.3. Die Argumentation des Regierungsrats würde im Ergebnis dazu führen, dass bei als gemeingefährlich eingestuften Straftätern (und insbesondere bei mit einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe Verurteil- ten), die Gewährung von begleiteten Ausgängen gänzlich ausge- schlossen wäre, da der Regierungsrat letztlich einzig auf die abstrak- te Fluchtgefahr abgestellt hat. Ein genereller Ausschluss jeglicher Urlaube oder anderer Vollzugsöffnungen bei derart Verurteilten widerspricht jedoch sowohl Art. 84 Abs. 6 StGB als auch § 61 SMV. Zudem wäre dies mit dem Vollzugsziel der Sozialisierung gemäss Art. 75 Abs.1 StGB nicht vereinbar. Eine entsprechende einschränkende gesetzliche Bestimmung hat der Gesetzgeber mit Art. 84 Abs. 6 bis StGB (in Kraft seit 1. August 2008) zwar geschaffen, diese Bestimmung jedoch gilt aus- drücklich nur für lebenslänglich verwahrte Straftäter und nicht auch für mit einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilte Straftäter. (...) 6. (...) 7. In Anbetracht der ausdrücklich zustimmenden Beurteilung der Konkordatlichen Fachkommission zur Beurteilung der Gemein- gefährlichkeit von Straftätern des Strafvollzugskonkordats der Nord- west- und Innerschweiz, des tadellosen Verhaltens des Beschwerde- führers im langjährigen Strafvollzug, der Fortschritte des Beschwer- deführers im Rahmen der Therapie und in Ermangelung jeglicher konkreter Gründe, welche die Abweisung des Gesuchs um Gewäh- rung von jährlich vier begleiteten fünfstündigen Ausgängen aus humanitären Gründen rechtfertigen könnten, erweist sich die Beschwerde damit als begründet.
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2015 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 228 34 Sozialhilfe; junge Erwachsene Junge Erwachsene, welche in einer Wohngemeinschaft leben, ohne eine Wirtschaftsgemeinschaft zu bilden, erhalten anteilmässig den Grundbe- darf I und II für einen Zweipersonenhaushalt. Urteil des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 1. Juni 2015 in Sachen Einwohnergemeinde A. gegen B. und Departement Gesundheit und Soziales (WBE.2015.31). Aus den Erwägungen 3.3. Nach § 10 Abs. 1 SPV sind für die Bemessung der materiellen Hilfe die SKOS-Richtlinien mit den bis zum 1. Juli 2004 ergangenen Änderungen, unter Vorbehalt der Absätze 2-5 und soweit das SPG beziehungsweise dessen Ausführungserlasse keine weiteren Abwei- chungen enthalten, gemäss Anhang verbindlich. (...) Nach den SKOS-Richtlinien erhalten junge Erwachsene, die keinen eigenen Haushalt führen und nicht im Haushalt der Eltern, sondern in einer Wohngemeinschaft leben, ohne eine Wirtschaftsge- meinschaft zu bilden (z.B. Zimmer in einer Studenten-Wohngemein- schaft), zur Deckung ihres Lebensunterhaltes anteilsmässig den Grundbedarf I und II für den Zweipersonenhaushalt (Kap. H.11 Junge Erwachsene in der Sozialhilfe). Als junge Erwachsene gelten Menschen zwischen dem vollendeten 18. und dem vollendeten 25. Altersjahr (C LAUDIA H ÄNZI , Die Richtlinien der schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe, Basel 2011, S. 206). Ziel der SKOS-Richt- linien ist es, junge Erwachsene ohne Erstausbildung in der Sozial- hilfe nicht besser zu stellen als nicht unterstützte junge Erwachsene in vergleichbarer Lebenssituation (SKOS-Richtlinien, H.11-4). 3.4. 2015 Sozialhilfe 229 Die Beschwerdegegnerin lebt zusammen mit drei weiteren Personen in einem Einfamilienhaus. Sie macht geltend, sie seien be- freundet und hätten eine Wohngemeinschaft gegründet, damit sie Kosten wie Miete und Strom teilen könnten. Jeder kaufe aber sein ei- genes Essen, koche für sich selbst und habe eigene Regale für seine Sachen in der Küche. Es komme ausnahmsweise vor, dass sie zusam- men etwas essen würden. Entgegen der Annahme der Beschwerdeführerin reicht allein die Tatsache, dass die Bewohner des Einfamilienhauses befreundet sind, sie die Räume - abgesehen von ihren Schlafräumen - gemeinsam nutzen und durch die Teilung der Stromkosten, Miete etc. Geld spa- ren können, nicht aus, um von einer Wirtschaftsgemeinschaft auszu- gehen. Eine solche Wohnform ist vorliegend vielmehr mit einem Studenten-Wohnheim vergleichbar, in welchem abgesehen vom eigenen Zimmer gemeinsame Einrichtungen und Räumlichkeiten mit andern Bewohnern geteilt werden (vgl. VGE III/105 vom 17. Ok- tober 2013 [WBE.2013.298], Erw. 1.5.2). 3.5. Aus dem Mietvertrag lässt sich entnehmen, dass als Hauptmie- ter des Einfamilienhauses C. sowie D. aufgeführt sind. Die Be- schwerdegegnerin ist als ''Mitmieter mit gleichen Rechten und Pflichten'' aufgeführt. Solidarmieter für Kaution und Mietzinse sind drei weitere Personen, u.a. der Vater der Beschwerdegegnerin. Die Beschwerdeführerin stellt sich auf den Standpunkt, durch die Unterzeichnung als Solidarmieter gebe der Vater der Beschwer- degegnerin zu erkennen, dass er in der Lage sei, den gesamten Mietzins zu bezahlen. Dies trifft jedoch nicht zu; es lässt sich daraus lediglich schliessen, dass der Vermieter davon auszugehen scheint, der Vater der Beschwerdegegnerin sei in der Lage, den gesamten Mietzins zu bezahlen. Ungeachtet davon stellt dies kein Indiz für das Vorliegen einer Wirtschaftsgemeinschaft dar, sondern es wäre allen- falls zu prüfen, ob der Vater der Beschwerdegegnerin zur Zahlung von Unterhalt (...) zu verpflichten ist (§ 7 SPG). Dies wurde aller- dings durch die Sozialbehörde bereits abgeklärt und verneint.
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2002 Verwaltungsgericht 430 [...] 108 Untersuchungsgrundsatz; Mitwirkungspflicht; Massnahme; Kostenaufla- ge. - Die Untersuchungsmaxime wird relativiert durch die Mitwirkungs- pflicht der Parteien, wenn eine Partei das Verfahren durch eigenes 2002 Verwaltungsrechtspflege 431 Begehren eingeleitet hat oder darin eigene Rechte geltend macht (Erw. 2/b/aa). - Die Mitwirkungspflicht gilt vorab für solche Tatsachen, welche eine Partei besser kennt als die Behörden und welche diese ohne ihre Mit- wirkung gar nicht oder nicht ohne unvernünftigen Aufwand erheben können (Erw. 2/b/aa). - Die Massnahmeempfindlichkeit ist bereits im Beschwerdeverfahren hinreichend zu begründen und zu belegen (Erw. 2/b). - Kostenauflage bei Saumseligkeit (Erw. 2/c). Entscheid des Verwaltungsgerichts, 1. Kammer, vom 3. Juli 2002 in Sachen F.R. gegen den Entscheid des Departements des Innern. Aus den Erwägungen 2. b) aa) Für die Feststellung des Sachverhalts gilt im Verwal- tungsverfahren grundsätzlich die Untersuchungsmaxime. Diese wird jedoch relativiert durch die Mitwirkungspflicht der Parteien, welche namentlich insoweit greift, als eine Partei das Verfahren durch eige- nes Begehren eingeleitet hat oder darin eigene Rechte geltend macht. Die Mitwirkungspflicht gilt vorab gerade für solche Tatsachen, wel- che eine Partei besser kennt als die Behörden und welche diese ohne ihre Mitwirkung gar nicht oder nicht ohne unvernünftigen Aufwand erheben können (BGE 128 II 142 f. mit Hinweisen). Gemäss § 21 Abs. 1 VRPG sind die Beteiligten verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken, soweit dies besondere Vorschriften vorsehen, oder soweit sie ein Verfahren durch ihre Begehren einlei- ten oder darin selbständige Anträge stellen (vgl. dazu AGVE 1986, S. 328 ff.). bb) Der Beschwerdeführer hat gegen den vom Strassenver- kehrsamt verfügten Führerausweisentzug ein Beschwerdeverfahren angestrengt und eine blosse Verwarnung (oder eventualiter eine Re- duktion der Entzugsdauer) verlangt. Seinen Eventualantrag hat er u.a. mit der beruflichen Angewiesenheit des Beschwerdeführers auf den Führerausweis begründet. Der Anwalt des Beschwerdeführers 2002 Verwaltungsgericht 432 hat es jedoch versäumt, dessen Angewiesensein auf den Führeraus- weis hinreichend zu begründen und zu belegen. Auf Grund der An- gaben des Beschwerdeführers durfte das Departement des Innern davon ausgehen, der Beschwerdeführer arbeite als "Aussendienst- mitarbeiter"; es bestand kein Grund zur Vermutung, der Beschwerde- führer sei als Berufschauffeur tätig. Der Anwalt des Beschwerdefüh- rers hätte dies geltend machen müssen. Es ist somit auf das prozes- suale Verhalten des Anwalts des Beschwerdeführers zurückzuführen, dass nicht bereits die Vorinstanz zum Schluss gekommen war, beim Beschwerdeführer liege eine hochgradige Massnahmeempfindlich- keit vor und deswegen die Entzugsdauer reduzierte. c) Gemäss § 33 Abs. 2 Satz 3 VRPG können die Kosten ganz oder teilweise dem Obsiegenden auferlegt werden, wenn er durch Saumseligkeit in der Vorinstanz das Beschwerdeverfahren verursacht hat. Saumseligkeit in der Vorinstanz kann u.a. darin bestehen, dass bestimmte tatsächliche Behauptungen und Beweismittel erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (neu) vorgebracht werden (AGVE 1972, S. 328 f.; 1976, S. 307 f.). Ein solcher Fall liegt hier vor. Der Beschwerdeführer hat es ver- säumt, bereits vor dem Departement des Innern geltend zu machen und entsprechend zu belegen, dass er als Berufschauffeur arbeitet. Diese Saumseligkeit hat für den Beschwerdeführer Kostenfolgen. Er hat die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens zu tragen und hat für jenes Verfahren keinen Anspruch auf Parteikostenersatz.
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2017 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 196 [...] 37 Sozialhilfe; Rechtsmissbrauch Rechtsmissbräuchliches Verhalten liegt nicht vor, wenn die mangelnde Kooperation der unterstützten Person mit der Invalidenversicherung auf psychische Gründe zurückzuführen ist. Aus dem Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 28. August 2017, i.S. A. gegen Gemeinderat B. und Departement Gesundheit und So- ziales (WBE.2017.145) 2017 Sozialhilfe 197 Aus den Erwägungen 2. 2.1. Anspruch auf Sozialhilfe besteht, sofern die eigenen Mittel nicht genügen und andere Hilfeleistungen nicht rechtzeitig erhältlich sind oder nicht ausreichen (§ 5 Abs. 1 SPG). Damit wird der Grund- satz der Subsidiarität der Sozialhilfe ausgedrückt. Die Hilfe suchende Person ist verpflichtet, sich nach Möglichkeit selbst zu helfen; sie muss alles Zumutbare unternehmen, um eine Notlage aus eigenen Kräften abzuwenden oder zu beheben (BGE 130 I 71, Erw. 4.3; vgl. auch SKOS-Richtlinien, A.4-1). Weder der Gemeinderat noch die Vorinstanz behauptet, dass die Anspruchsvoraussetzungen der materiellen Hilfe fehlen. Aus den Akten ergeben sich keine Hinweise für eine fehlende Bedürftigkeit des Beschwerdeführers. Die blosse Möglichkeit, durch die Koopera- tion mit der Invalidenversicherung (IV) einen Anspruch auf eine IV- Rente zu erhalten, führt nicht zum Entfallen des Anspruchs auf Sozialhilfe (vgl. SKOS-Richtlinien, A.4-2). Der Anspruch auf mate- rielle Hilfe ist nicht verschuldensabhängig (vgl. BGE 131 I 166, Erw. 4.3). Eine Leistungseinstellung wegen fehlender Anspruchs- voraussetzungen war somit nicht zulässig. 2.2. 2.2.1. Nach § 13 Abs. 1 SPG kann die Gewährung von materieller Hilfe mit Auflagen und Weisungen verbunden werden. Werden sol- che Auflagen und Weisungen nicht befolgt, können die Leistungen gekürzt werden, sofern sie unter Androhung der Folgen bei Missach- tung erlassen wurden (Abs. 2). Bei der Kürzung der materiellen Hilfe ist die Existenzsicherung zu beachten (§ 15 Abs. 1 SPV). Diese liegt bei 65 % des Grundbedarfs I gemäss SKOS-Richtlinien (§ 15 Abs. 2 SPV in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung). Verhält sich die unterstützte Person rechtsmissbräuchlich, kann eine Kürzung der materiellen Hilfe auch unter die Existenzsicherung erfolgen oder die materielle Hilfe ganz eingestellt werden. Rechtsmissbrauch liegt insbesondere dann vor, wenn das Verhalten der unterstützten Person 2017 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 198 einzig darauf ausgerichtet ist, in den Genuss von materieller Hilfe zu gelangen (§ 15 Abs. 3 Satz 2 SPV). Rechtsmissbrauch ist anzuneh- men, wenn jemand eine Notlage bewusst willentlich herbeiführt oder aufrechterhält, um so an Sozialhilfeleistungen zu gelangen (C LAUDIA H ÄNZI , Die Richtlinien der schweizerischen Konferenz für Sozial- hilfe, Basel 2011, S. 154). Auch die systematische Weigerung, Wei- sungen und Auflagen zu erfüllen, kann als rechtsmissbräuchlich qualifiziert werden (AGVE 2008, S. 242 ff., Erw. 2; VGE vom 29. März 2007 [WBE.2006.319], S. 15). 2.2.2. Mit Entscheid vom 15. September 2014 erteilte der Gemeinde- rat dem Beschwerdeführer die Auflage/Weisung, eine teilstationäre Behandlung zu absolvieren. Werde die Therapie nicht angetreten oder abgebrochen, werde "der Grundbedarf I gemäss SKOS-Richt- linien 20 % über 6 Monate unter Wegfall des Grundbedarfs II ab No- vember 2014 gekürzt". Wegen Missachtens der Auflage/Weisung wurde im Entscheid vom 12. Januar 2015 der Grundbedarf I um Fr. 7.00 gekürzt und der Grundbedarf II gestrichen (für den Zeitraum von 6 Monaten). Am 19. Januar 2015 erteilte der Gemeinderat dem Beschwerde- führer die Auflage/Weisung, für die Abklärungen der Invalidenversi- cherung eng mit der IV-Stelle zusammenzuarbeiten. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer angedroht, die Sozialhilfe wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens einzustellen, falls die IV-Stelle das hängige Gesuch wegen mangelnder Kooperation erneut zurück- weist. Am 18. Januar 2016 verfügte der Gemeinderat - unabhängig von einer bestehenden Kürzung der Wohnkosten - eine Kürzung des Grundbedarfs I um 35 % ab Februar 2016 und für 12 Monate. Falls der Beschwerdeführer in eine teil- bzw. stationäre Behandlung ein- trete, könne diese Kürzung überprüft bzw. aufgehoben werden. Einer allfälligen Beschwerde gegen den Entscheid wurde die aufschie- bende Wirkung entzogen. Zur Begründung wurde auf zwei abgebro- chene Therapien verwiesen. Es bestehe der Eindruck, dass der Be- schwerdeführer nicht gewillt sei, seine psychische Erkrankung thera- pieren zu lassen. 2017 Sozialhilfe 199 Nachdem die IV-Stelle am 8. Juni 2016 verfügt hatte, wegen fehlender Mitwirkung auf das Begehren des Beschwerdeführers nicht einzutreten, beschloss der Gemeinderat am 12. September 2016 die Einstellung der materiellen Hilfe. 2.2.3. Die dargelegte Chronologie lässt ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beschwerdeführers als naheliegend erscheinen. Er hat sich trotz angedrohten und vollzogenen Kürzungen sowie der ange- drohten Leistungseinstellung nicht dazu bewegen lassen, mit der IV- Stelle zu kooperieren. Gleichzeitig ist in Betracht zu ziehen, dass der Beschwerdeführer mindestens seit 2004 psychisch auffällig ist. Ur- sprünglich wurde von einer "Depression mit Anpassungsstörungen bei einer unreifen Persönlichkeit mit zusätzlicher Überprotektion durch die Mutter" ausgegangen. Nach Einschätzung der behandeln- den Psychiaterin Dr. med. C., Fachärztin für Psychiatrie und Psycho- therapie, vom 26. Juni 2014 leidet er unter Angstzuständen und depressiven Stimmungen. Seine Ängste führten zu Blockaden, wes- halb er insbesondere eine vorgesehene Operation der Nasenscheide- wand wieder abgesagt habe. Lic. phil. D., Fachpsychologin für Psychotherapie FSP, diagnostizierte am 5. November 2015 eine sozi- ale Phobie (ICD-10 F40.1) sowie "sonstige näher bezeichnete Prob- leme verbunden mit der sozialen Umgebung: bis jetzt hat keine Ablö- sung von der Mutter stattgefunden, symbiotische Beziehung mit Mutter Z 60.8". Gemäss Schreiben von Dr. med. E. vom 15. März 2017 leidet der Beschwerdeführer an einer depressiven Verstimmung mit mangelndem Selbstwertgefühl; zudem bestehe wohl eine vermin- derte zerebrale Kapazität. Unabhängig davon, dass eine genaue Diag- nose bis dato nicht möglich war, leidet der Beschwerdeführer offen- bar unter ernstzunehmenden psychischen Problemen. Es liegt nahe, dass diese Probleme, namentlich seine regelmässigen Angstzustände, eine wesentliche Ursache für die ungenügende Kooperation mit der IV waren. Daher darf nicht auf rechtsmissbräuchliches Verhalten ge- schlossen werden. Dem Beschwerdeführer kann nicht vorgeworfen werden, absichtlich eine Notlage aufrechtzuerhalten, um so an Sozialhilfeleistungen zu gelangen. Die Einstellung der materiellen Hilfe war somit unzulässig. 2017 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 200 2.3. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass eine Leistungseinstellung weder aufgrund fehlender Bedürftigkeit noch wegen rechtsmiss- bräuchlichen Verhaltens zulässig war. Entgegen der Darstellung des Gemeinderats hat sich der Beschwerdeführer insbesondere nicht rechtsmissbräuchlich verhalten, indem er Beschwerde erhoben hat.
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2000 Fürsorgerische Freiheitsentziehung 165 VI. Fürsorgerische Freiheitsentziehung 46 Anstaltseinweisung; Belastung der Umgebung in einem Pflegeheim; blosse Belästigung nicht ausreichend. - Anforderungen an das Mass der Belastung der Umgebung sind sehr hoch, um einen Einweisungsgrund gemäss Art. 397a Abs. 2 ZGB dar- zustellen; blosse Belästigung der Umgebung reicht nicht. - Anforderungen an Intensität der Belastung: richten sich nach den konkreten Verhältnissen. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 1. Kammer, vom 4. April 2000 in Sachen A.R. gegen Verfügung des Bezirksarzt-Stellvertreters L. Sachverhalt A.R., bei der eine chronische paranoide Schizophrenie diag- nostiziert wurde, und die aufgrund ihrer Gehschwierigkeiten teil- weise auf einen Rollstuhl angewiesen war, wohnte im Pflegeheim L. Sie lehnte immer wieder die Medikation ab und wurde gegen das Pflegepersonal in gesteigertem Masse aggressiv, indem sie trat, biss und Sachen gegen Dritte warf. Es erfolgte eine bezirksärztliche Ein- weisung in die Psychiatrische Klinik Königsfelden. Aus den Erwägungen 3. c) Zusammenfassend bedeutete die gesteigerte Aggressivität der Beschwerdeführerin für das sie betreuende Pflegepersonal eine grosse Belastungsprobe. In diesem Zusammenhang ist auf Folgendes hinzuweisen: Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist die Be- lastung der Umgebung von der blossen Belästigung zu unterschei- 2000 Verwaltungsgericht 166 den, die eine Einweisung nicht zu rechtfertigen vermag (AGVE 1986, S. 192). Dabei ist entscheidend, wie weit die Belästigungen für die Umgebung zumutbar sind (AGVE 1988, S. 260); von Nachbarn und betroffenen Behördenvertretern kann ein relativ grosses Ver- ständnis erwartet werden (vgl. AGVE 1986, S. 200 und 204). Ist festgestellt, dass jemand seinen "Vorwürfen, Anschuldigungen und Verleumdungen" freien Lauf lässt und auf diese Weise in die sehr "eigene Gedankenwelt" versinkt und immer mehr Leute in ihre An- schuldigungen mit einbezieht und so eine immer grösser werdende Zahl von Feindbildern aufbaut, was einen Teufelskreis zur Folge hat, so kann die fürsorgerische Freiheitsentziehung gerechtfertigt sein (AGVE 1986, S. 200). Entscheidend ist somit vor allem das Ausmass der Ehrverletzungen und der falschen Anschuldigungen; im soeben zitierten Entscheid hatte die Betroffene es darauf angelegt, ihre Geg- ner geradezu zu demütigen (AGVE 1986, S. 200 f.). Zugunsten des Betroffenen fällt ins Gewicht, wenn keine Drohungen und Tätlich- keiten festgestellt werden können (AGVE 1988, S. 260). Nach dieser Rechtsprechung sind die Anforderungen an das Mass der Belastung der Umgebung sehr hoch angesetzt, dass daraus ein Einweisungs- grund im Sinne von Art. 397a Abs. 2 ZGB abgeleitet werden kann. Kann die notwendige persönliche Fürsorge indessen nur im Rahmen eines Aufenthaltes in einer Institution wie einem Pflegeheim erbracht werden, drängt sich eine differenzierte Betrachtungsweise auf. Ist eine Person - neben dem Vorliegen eines Schwächezustandes gemäss Art. 397a Abs. 1 ZGB - zusätzlich pflegebedürftig, so dass sie auf den Aufenthalt in einem Pflegeheim angewiesen ist, und sind andere adäquate Aufenthaltsorte nicht ersichtlich, rechtfertigt dieser Umstand, dass die Anforderungen an die Intensität der Belästigung der Umgebung zu lockern sind, zumal im kleinräumigen und ge- schlossenen Umfeld, das ein Heim aufweist, Aggressionen eine we- sentlich intensivere Wirkung zeitigen können, als in einem offeneren und grösseren Rahmen. In diesem Fall wird das Pflegepersonal re- gelmässig mit aggressiven Handlungen konfrontiert, ohne dabei die 2000 Fürsorgerische Freiheitsentziehung 167 Möglichkeit zu haben, die Pflegetätigkeit einzustellen und damit von der betroffenen Person Abstand zu nehmen. Die Beschwerdeführerin erschien aufgrund der Gehschwierig- keiten im Rollstuhl zur Verhandlung. Es stellte sich heraus, dass sie nicht in der Lage ist, sich alleine zu waschen oder zu duschen. Zu- dem ist sie inkontinent und demgemäss auf umfassende Pflege und Betreuung angewiesen. Vorliegend ist demzufolge speziell darauf hinzuweisen, dass die besondere Belastung die für die Beschwerde- führerin für die Sicherstellung ihrer nötigen persönlichen Fürsorge nicht wegzudenkende Umgebung betraf, was insofern von Bedeu- tung ist, als dass das Pflegeheim L. faktisch der einzige Aufenthalts- ort der Beschwerdeführerin ist, an dem sie tragbar ist - und wo sie sich glücklicherweise wohl fühlt. Hinzu kommt, dass die Beschwer- deführerin den Hang dazu hat, die Medikamente zu verweigern, bzw. nur diejenigen zu akzeptieren, welche ihr einst von Prof. P., mit dem sie innerlich eine enge Bindung verknüpft, verordnet worden seien. Diese schlechte Compliance führte dazu, dass im Zeitpunkt der Ein- weisung ohnehin eine medikamentöse Neueinstellung notwendig gewesen wäre, da der bisherige Zustand für den Aufenthalt im Pfle- geheim nicht mehr haltbar war. Bei ihrer Gereiztheit und ihrer distanzlosen Aggressivität musste mit noch mehr und auch massive- ren Übergriffen auf das Pflegepersonal gerechnet werden, weshalb es gerechtfertigt und verhältnismässig war, die Beschwerdeführerin unverzüglich in die Klinik Königsfelden einzuweisen. Die Be- schwerde gegen die Anstaltseinweisung ist deshalb abzuweisen.
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2019 Sozialhilfe 161 VIII. Sozialhilfe 23 Sozialhilfe; Bemessung der materiellen Hilfe Reduktion des Grundbedarfs nach Massgabe einer besonderen Wohnform, bei der einzelne Ausgabenposten wegfallen (Erw. 2.1 f.) Grundbedarf für junge Erwachsene, die in einem eigenen Haushalt leben (Erw. 2.3) Existenzsicherung bei jungen Erwachsenen (Erw. 3) Aus dem Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 19. Februar 2019, in Sachen A. gegen Gemeinderat B. und Departement Gesundheit und Soziales (WBE.2018.285). Aus den Erwägungen 2. 2.1. Der Anspruch auf Sozialhilfe beinhaltet unter anderem die materielle Grundsicherung. Dazu gehört neben den anrechenbaren Wohnkosten und der medizinischen Grundversorgung der Grundbe- darf für den Lebensunterhalt (vgl. die gemäss § 10 Abs. 1 SPG i.V.m. § 10 Abs. 1 SPV grundsätzlich verbindlichen SKOS-Richtlinien, 4. Auflage, April 2005, in der Fassung vom 1. Januar 2017, Kap. A.3, B.1). Im Grundbedarf sind sämtliche alltäglichen Ver- brauchsaufwendungen von einkommensschwachen Haushalten ent- halten; er stellt somit das Mindestmass einer auf Dauer angelegten menschenwürdigen Existenz dar (SKOS-Richtlinien, Kap. B.2.1). 2.2. Der ordentliche Grundbedarf bei einem Ein-Personen-Haushalt beträgt gemäss den SKOS-Richtlinien (Kap. B.2.2) Fr. 986.00 pro Monat. Im Einzelfall können jedoch Korrekturen des Grundbedarfs angezeigt sein, insbesondere wenn die unterstützte Person in einer 2019 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 162 besonderen Wohnform lebt. Die Reduktion nach Massgabe der be- sonderen Wohnform setzt voraus, dass aufgrund der konkreten Ver- hältnisse Einsparungen in Bezug auf einzelne Ausgabenposten des Grundbedarfs klar ausgewiesen und nachgewiesen sind (vgl. VGE vom 12. Dezember 2012 [WBE.2012.316], Erw. II/1.3.4). Der Beschwerdeführer war im massgebenden Zeitraum in einem möblierten Zimmer des Restaurants C. notuntergebracht. Der Gemeinderat hat den Grundbedarf um Ausgabepositionen reduziert, welche bei der Miete des möblierten Zimmers nicht anfielen (im Einzelnen: Energieverbrauch, Internetbenutzung, Radio- und Fern- sehgebühren, Zeitungen, Toilettenartikel, Putzmittel und Abfall- säcke). Insgesamt ergab sich eine Reduktion des Grundbedarfs um 18 %. Diese ist unter den Parteien unbestritten (für die Gewichtung der einzelnen Grundbedarfspositionen vgl. Handbuch Soziales, Kap. 7.1.2). 2.3. Die SKOS-Richtlinien unterscheiden beim Grundbedarf für junge Erwachsene grundsätzlich zwischen denjenigen in Wohn- und Lebensgemeinschaften und denjenigen in Zweck-Wohngemein- schaften (vgl. SKOS-Richtlinien, Kap. B.4). Im vorliegenden Fall anerkannte der Gemeinderat ausdrücklich, dass der Beschwerde- führer aus zwingenden Gründen ausnahmsweise einen eigenen Haus- halt führen durfte (vgl. SKOS-Richtlinien, B.4-2 und B.4-3). Bei jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 25 Jahren, die in einem eigenen Haushalt leben, wird der Grundbedarf um 20 % redu- ziert, wenn sie nicht an einer auf die arbeitsmarktliche Integration ausgerichteten Ausbildung oder Massnahme teilnehmen, keiner an- gemessenen Erwerbstätigkeit nachgehen oder keine eigenen Kinder betreuen (SKOS-Richtlinien, Kap. B.4; Handbuch Soziales, Kap. 7.1.5). Der Beschwerdeführer war im massgebenden Zeitraum 20 Jahre alt und hatte bereits zuvor seine Lehrstelle verloren. Daher hatte er lediglich Anspruch auf den um 20 % reduzierten Grundbe- darf. Bei dieser Gruppe stehen Bildungs- und Integrations- massnahmen im Fokus. Junge Erwachsene, die materiell unterstützt werden, sollen nicht besser gestellt werden als Gleichaltrige, die in 2019 Sozialhilfe 163 knappen finanziellen Verhältnissen leben und ihren Lebensunterhalt selber bestreiten (vgl. SKOS-Richtlinien, Kap. B.4). 2.4. Der Gemeinderat hat zusätzlich eine Verrechnung der materiel- len Hilfe mit einer Rückforderung vorgenommen (im Zusammen- hang mit nicht wahrgenommenen Terminen beim D.). Diese Verrech- nung war in einem früheren Entscheid angeordnet worden. Der Be- stand der Forderung und deren Verrechenbarkeit mit der materiellen Hilfe sind unter den Parteien unbestritten. 3. 3.1. Bei der Kürzung der materiellen Hilfe ist die Existenzsicherung zu beachten. Kürzungen sind in der Regel zu befristen (§ 15 Abs. 1 SPV [in der Fassung bis 31. Dezember 2017]). Die Existenzsiche- rung liegt bei 70 % des Grundbedarfs gemäss SKOS-Richtlinien. Diese Grenze darf auch bei der Kürzung gebundener Ausgaben, wie zum Beispiel Wohnungsmiete oder Versicherungsprämien, grund- sätzlich nicht unterschritten werden (vgl. § 15 Abs. 2 SPV [in der Fassung bis 31. Dezember 2017]). Entsprechend dem Handbuch So- zialhilfe wird bei jungen Erwachsenen in Einpersonenhaushalten und in einer Zweck-Wohngemeinschaft der maximale Kürzungsumfang von 30 % vom ordentlichen Grundbedarf aus berechnet (Kap. 11.2.1). Auch das Sozialhilfe-Behördenhandbuch des Kantons Zürich sieht vor, dass Kürzungen bei jungen Erwachsenen in Einperso- nenhaushalten und Wohngemeinschaften maximal 30 % des ordentli- chen Grundbedarfs betragen dürfen und dieser daher nicht unter Fr. 690.00 gekürzt werden darf (vgl. Kap. 14.2.01). Diese Kürzungs- grenze ist auch für kumulierte Reduktionen und Kürzungen massge- bend und darf daher grundsätzlich nicht unterschritten werden. Die im Gemeinderatsbeschluss gewährte materielle Hilfe beachtet die Existenzsicherung nicht. In Bezug auf die vorinstanzlichen Erwägungen gilt es zusätzlich festzuhalten, dass die beschriebene Richtlinie im Handbuch Soziales der Überzeugung Ausdruck gibt, dass - unabhängig vom Alter und der konkreten Wohnform - unterhalb der Grenze von 70 % des Grundbedarfs dauerhaft keine menschenwürdige Existenz möglich 2019 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 164 ist. Insofern stützt sich die Regelung sehr wohl auf sachliche Gründe. Nicht zu überzeugen vermag die Argumentation, der bereits um 20 % gekürzte Grundbedarf eines jungen Erwachsenen müsse um weitere 30 % gekürzt werden können, damit bei Verstössen gegen Aufla- gen/Weisungen ein genügender Kürzungsumfang verbleibe. Immer- hin kann bei schwerwiegender Widerhandlung gegen Auflagen/Wei- sungen die materielle Hilfe unter die Existenzsicherung gekürzt oder sogar ganz eingestellt werden (§ 13b Abs. 2 und 3 SPG [in Kraft seit 1. Januar 2018]).
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2013 Fürsorgerische Unterbringung 59 [...] 12 Übertragung der Entlassungszuständigkeit gemäss Art. 428 Abs. 2 ZGB Es ist unzulässig, dass das Familiengericht die Entlassungszuständigkeit an eine Einrichtung ohne ärztliche Leitung überträgt, da die Anordnung einer Nachbetreuung nur durch das Familiengericht möglich ist. Urteil des Verwaltungsgerichts, 1. Kammer, vom 29. Januar 2013 in Sachen B.F. gegen den Entscheid des Familiengerichts Z. (WBE.2013.25). Aus den Erwägungen II. 1. Gemäss Art. 426 ZGB darf eine Person, die an einer psychi- schen Störung oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer ver- wahrlost ist, in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann (Abs. 1). Dabei sind die Belastung und der Schutz von Angehö- rigen und Dritten zu berücksichtigen (Abs. 2). Die betroffene Person wird entlassen, sobald die Voraussetzungen für die Unterbringung nicht mehr erfüllt sind (Abs. 3). 2. 2.1. Der im ZGB verwendete Begriff der psychischen Störung um- fasst die anerkannten Krankheitsbilder der Psychiatrie; dazu gehören auch Suchterkrankungen (Alkohol-, Medikamenten- oder Drogenab- hängigkeit; vgl. Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivil- gesetzbuches [Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht] vom 28. Juni 2006, BBl 2006 7043, nachfolgend: Botschaft Erwach- senenschutz). Beim Begriff der "psychischen Störung" handelt sich um einen Rechtsbegriff, der im Grundsatz der Definitionsmacht und Auslegungshoheit der Jurisprudenz unterliegt. Wo die Begrifflichkei- ten jedoch mit der medizinischen Terminologie übereinstimmen, wie 2013 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 60 bei der psychischen Störung, muss die rechtsanwendende Instanz da- ran gebunden sein (vgl. KOKES-Praxisanleitung Erwachsenen- schutzrecht, Zürich/St.Gallen 2012, Rz.10.6; vgl. C HRISTOF B ERNHART , Handbuch der fürsorgerischen Unterbringung, Basel 2011, N 267 ff.). 2.2. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Herausgeberin der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und ver- wandten Gesundheitsprobleme (englisch: International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems [ICD]). Das Kapitel V dieser Dokumentation beinhaltet die psychischen Störun- gen. Im Abschnitt F1 werden Psychische Störungen und Verhaltens- störungen durch psychotrope Substanzen dargestellt. Mit F.10 werden Störungen durch Alkohol klassifiziert. Damit eine Störung durch Alkohol als Abhängigkeitssyndrom diagnostiziert werden kann, müssen drei von mehreren von der WHO herausgeschälten Kriterien erfüllt sein. Der Begriff "Abhängigkeitssyndrom" löst den veralteten Begriff der "Sucht" ab und kennzeichnet sich in Anleh- nung an diese Kriterien zusammenfassend durch ein passives und un- kontrolliertes Verhalten, bei dem die freie Willensentscheidung auf- grund des Angewiesenseins auf schädliche Substanzen weitgehend fehlt und körperliche und psychosoziale Problemen zur Folge hat. Ein Abhängigkeitssyndrom kann ferner zu einer Toleranzentwick- lung gegenüber den Wirkungen der Substanz und zu körperlichen Entzugssymptomen bei Reduktion der Substanz führen (vgl. C HRISTOF B ERNHART , a.a.O., N 267 ff. und N 275 ff.). Die Alkoholabhängigkeit als psychische Störung ist somit als medizi- nischer Terminus klar definiert, weshalb die rechtsanwendende In- stanz bei der Beurteilung, ob eine psychische Störung im Sinne von Art. 426 Abs. 1 ZGB vorliegt, daran gebunden ist. 2.3. 2.3.1. Wie bereits im Urteil des Verwaltungsgerichts vom 9. Oktober 2012 ausgeführt, steht fest, dass der Beschwerdeführer bereits seit vielen Jahren an einer Alkoholabhängigkeit leidet. Als Folge der langjährigen Alkoholabhängigkeit hat sich beim Beschwerdeführer 2013 Fürsorgerische Unterbringung 61 gar ein alkoholbedingtes dementielles Syndrom (Korsakow-Demenz) entwickelt. Ausserdem wurde eine Benzodiazepin-Abhängigkeit diagnostiziert. Diese Diagnosen haben sich seit Oktober 2012 nicht verändert. Die Klinik nimmt in ihrem Austrittsbericht vom 7. De- zember 2012 denn auch Bezug auf die Klassifizierungen der WHO und stellt erneut eine Alkoholabhängigkeit mit der Klassifizierung ICD-10 F10.24 fest. Die psychiatrische Sachverständige diagnosti- zierte im Rahmen ihres Kurzgutachtens ebenfalls eine schwere Alko- holabhängigkeit. Die Beiständin hat den Beschwerdeführer früher in Zofingen mehrfach in stark betrunkenem Zustand getroffen. Sie erlebt ihn als einen alkoholabhängigen Menschen mit einem starken Drang nach Alkohol. Dies zeigt sich auch darin, dass der Beschwerdeführer sich ohne Bewilligung am 5. Januar 2013 vom Rehahaus Effingerhort nach Zofingen begab und dort in stark alkoholisiertem Zustand ins Spital gebracht werden musste. 2.3.2. Folglich wurde beim Beschwerdeführer bereits mehrfach ein Alkoholabhängigkeitssyndrom diagnostiziert. Mit Blick auf diese klare medizinische Diagnose sowie des von der Beiständin geschil- derten Verhaltens des Beschwerdeführers und der vom Rehahaus Effingerhort geschilderten Situation steht fest, dass der Beschwer- deführer an einer schweren Alkoholabhängigkeit und somit an einer psychischen Störung im Sinne von Art. 426 Abs. 1 ZGB leidet. 3.-5. (...) 6. 6.1. Dispositivziffer 2 des Entscheids des Familiengerichts Z. über- trägt die Zuständigkeit für die Entlassung des Beschwerdeführers dem Rehahaus Effingerhort. Nachfolgend ist von Amtes wegen zu prüfen, ob die Übertragung der Entlassungszuständigkeit im vor- liegenden Fall zulässig war. 6.2. 6.2.1. Zur Problematik der vorangehend aufgeworfenen Frage finden sich im Bundesrecht folgende Regelungen: 2013 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 62 6.2.2. Wie im früheren Recht richtet sich die Zuständigkeit für die Entlassung aus einer fürsorgerischen Unterbringung danach, wer die Unterbringung angeordnet hat. Hat die Kindes- und Erwachsenen- schutzbehörde die Unterbringung angeordnet, ist sie gemäss Art. 428 Abs. 1 ZGB grundsätzlich auch für die Entlassung zuständig. Wurde die Unterbringung von einem Arzt angeordnet, entscheidet die Ein- richtung über die Entlassung (Art. 429 Abs. 3 ZGB). Im Gesetz ist vorgesehen, dass die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde im Einzelfall die Zuständigkeit für die Entlassung der Einrichtung über- tragen kann (Art. 428 Abs. 2 ZGB). Die Möglichkeit der Delegation der Entlassungszuständigkeit entspricht der geltenden Praxis. Damit soll sichergestellt werden, dass der Patient sofort entlassen wird, wenn dies aus medizinischer Sicht möglich ist, und die Klinik nicht zuerst einen Antrag an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde stellen muss. Die Übertragung kann nur im Einzelfall erfolgen und nicht in einer generell-abstrakten Norm festgehalten werden (Bot- schaft Erwachsenenschutz, BBl 2006 7064; THOMAS GEISER/ MARIO ETZENSBERGER, in: Geiser/Reusser [Hrsg.], Basler Kommentar, Erwachsenenschutz, Basel 2012, Art. 428 N 8 f.). Wei- tere Hinweise, unter welchen Voraussetzungen die Entlassungszu- ständigkeit im Einzelfall an die Einrichtung übertragen werden kann, lassen sich aus dem Bundesrecht nicht ableiten. 6.2.3. In Art. 437 ZGB wird die Kompetenz zur Regelung der Nach- betreuung an die Kantone delegiert. In Abs. 2 der genannten Bestim- mung wird darauf hingewiesen, dass die Kantone neben und inner- halb der Regelung der Nachbetreuung ambulante Massnahmen vor- sehen können. Gemäss THOMAS GEISER/MARIO ETZENSBERGER werden die Kantone mit Art. 437 ZGB zur Rege- lung der Nachbetreuung verpflichtet, selbst wenn eine solche Ver- pflichtung dem Wortlaut der Bestimmung nicht explizit zu entneh- men ist. Wie die Nachbetreuung ausgestaltet wird, schreibt das Bun- desrecht nicht vor und ist entsprechend den kantonalen Gesetzgebern überlassen (vgl. THOMAS GEISER/MARIO ETZENSBERGER, in: a.a.O., Art. 437 N 5 f.). 2013 Fürsorgerische Unterbringung 63 6.3. 6.3.1. Die Regelung der Nachbetreuung überlässt das Bundesrecht dem Kanton. Bezüglich der Voraussetzungen der Delegation der Ent- lassungszuständigkeit macht das Bundesrecht keine Vorgaben. 6.3.2. Das kantonale Recht regelt die Nachbetreuung in den §§ 67k, l und m EG ZGB. § 67k EG ZGB hält allgemeine Grundsätze fest. So sieht § 67k Abs. 1 EG ZGB vor, dass bei Rückfallgefahr beim Aus- tritt eine Nachbetreuung vorzusehen ist. Sofern es zu keiner sachge- rechten schriftlichen Vereinbarung über die Nachbetreuung kommt, entscheidet die für die Entlassung zuständige Stelle über die Nach- betreuung (§ 67k Abs. 3 EG ZGB). 6.3.3. Dem Wortlaut und der Systematik dieser Bestimmungen kann entnommen werden, dass die Zuständigkeit der Anordnung einer Nachbetreuung an die Entlassungszuständigkeit angeknüpft werden soll: Liegt die Entlassungszuständigkeit bei der Einrichtung, soll die- se auch die Nachbetreuung festlegen (§ 67l Abs. 1 EG ZGB). Wenn hingegen die Entlassungszuständigkeit bei der Kindes- und Erwach- senenschutzbehörde liegt, entscheidet diese gestützt auf die ärztliche Beurteilung über die Anordnung der Nachbetreuung (§ 67m Abs. 1 EG ZGB). 6.3.4. § 67l Abs. 1 EG ZGB hält fest, dass in Einrichtungen mit ärztli- cher Leitung die diensthabenden Kaderärztinnen und Kaderärzte die Nachbetreuung festlegen. Gemäss Abs. 4 derselben Bestimmung richtet sich die Nachbetreuung in Einrichtungen ohne ärztliche Lei- tung nach § 67m EG ZGB, d.h. die Kindes- und Erwachsenenschutz- behörde bzw. das Familiengericht (§ 59 Abs. 1 EG ZGB) ist zustän- dig für die Anordnung der Nachbetreuung. Im letzteren Fall ist eine Übertragung der Zuständigkeit für die Entlassung an die Einrichtung gemäss Art. 428 Abs. 2 ZGB nicht sachgerecht, denn dies würde be- deuten, dass die Einrichtung für die Entlassung und das Familienge- richt für die Anordnung einer Nachbetreuung zuständig sind. Ein Auseinanderfallen der Kompetenzen wäre unpraktikabel und kann 2013 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 64 nicht dem Willen des kantonalen Gesetzgebers entsprochen haben (vgl. Erw. 6.3.2. f. hiervor). Das kantonale Recht präzisiert Art. 428 Abs. 2 ZGB in dem Sinne, dass einzig bei Einrichtungen mit ärztli- cher Leitung eine Übertragung der Zuständigkeit für die Entlassung an die Einrichtung zulässig ist. Andernfalls würde das Familienge- richt faktisch im Voraus auf die Anordnung einer Nachbetreuung ver- zichten, was nicht zulässig sein kann, insbesondere in den Fällen, in denen eine Rückfallgefahr nicht ausgeschlossen ist, was bei Alkohol- abhängigkeit regelmässig der Fall ist. 6.4. 6.4.1. Das Rehahaus Effingerhort ist eine Einrichtung ohne ärztliche Leitung. Nach dem Gesagten war es daher nicht zulässig, die Ent- lassungszuständigkeit an das Rehahaus zu übertragen. Folglich ist Dispositivziffer 2 des Entscheids des Familiengerichts Z. von Amtes wegen aufzuheben. 6.4.2. Der Vollständigkeit halber ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es notorisch ist, dass die Rückfallgefahr bei Perso- nen, welche seit langer Zeit an einem Abhängigkeitssyndrom leiden, sehr hoch ist. Dies zeigt sich auch an der Krankheitsgeschichte des Beschwerdeführers, welche von erfolgslosen Entzugsversuchen und wiederholten Rückfällen geprägt ist. Gestützt auf § 67k EG ZGB ist davon auszugehen, dass bei Austritt des Beschwerdeführers aus dem Rehahaus Effingerhort eine Nachbetreuung vorzusehen ist. Die Kompetenz betreffend Entlassungszuständigkeit und Regelung der Nachbetreuung darf im vorliegenden Fall nicht auseinanderfallen. 6.4.3. Es ist somit abschliessend festzustellen, dass das Familienge- richt Z. für die Entlassung und Anordnung einer Nachbetreuung zu- ständig ist.
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AG_VG_001
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2018 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 245 21 Grenzabstand für Luft-Wasser-Wärmepumpen mit Aussenstandort Grenzabstandsvorschriften gelten im Kanton Aargau nicht nur für Ge- bäude im Sinne der Begriffsdefinition der IVHB, sondern für alle Arten von Bauten und Anlagen. Vom Grenzabstandsprivilegium nach § 18 Abs. 2 ABauV und § 19 Abs. 2 BauV profitieren nicht nur Kleinbauten, sondern auch Anlagen mit entsprechenden Dimensionen. Sollen bestimm- te Bauten oder Anlagen von der Einhaltung eines Grenzabstandes dispen- siert werden, z.B. Bauten und Anlagen mit Bagatellcharakter, muss der Gesetzgeber (in der BNO) eine entsprechende Festlegung treffen. Aus dem Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 3. Dezember 2018, in Sachen A. und B. gegen C., D., Gemeinderat E. und Departement Bau, Verkehr und Umwelt (WBE.2018.330). Aus den Erwägungen 1. (...) Der streitgegenständliche, ausserhalb des Wohnhauses der Be- schwerdegegner geplante Horizontal-Splitverdampfer, Typ VHS-M 2018 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 246 5, Bestandteil einer im Hausinnern aufgestellten Luft-Wasser-Wär- mepumpe des Modells Ochsner Air 7 C, ist 1,08 m hoch, 1,29 m breit und 0,96 m tief. Der Abstand vom bewilligten Standort des Ver- dampfers zur gemeinsamen Grundstücksgrenze mit den Beschwerde- führern beträgt 0,8 m. (...) 2. 2.1. Im angefochtenen Entscheid (Erw. 5) erwog die Vorinstanz, dass der Splitverdampfer den gemäss verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung (AGVE 2012, S. 146 ff.) auch auf Kleinstbauten im Sinne von § 49 Abs. 2 lit. d BauV anwendbaren Grenzabstand nach § 18 Abs. 2 ABauV von 2 m um 1,2 m unterschreite. Dem Umstand, dass Klein- und Anbauten nach der Definition in Anhang 1 Ziff. 2.2 BauV Gebäude seien, Stelen und Wärmepumpen aber keine Gebäu- dequalität besässen, habe das aargauische Verwaltungsgericht - im Gegensatz zum luzernischen Kantonsgericht, das baupolizeiliche Grenzabstände nur auf Bauten, nicht dagegen auf Anlagen wie Luft- Wasser-Wärmepumpen anwende (LGVE 2016 IV Nr. 4 vom 4. Mai 2016, Erw. 4.4.1) - keine Bedeutung beigemessen. Die festgestellte Verletzung des Grenzabstandes spreche gegen die Erteilung einer Baubewilligung für den Splitverdampfer. In der Beschwerdeantwort regte die Vorinstanz jedoch an, das Verwaltungsgericht möge seine Praxis auch mit Blick auf eine schweizweit einheitliche Verwendung von Baubegriffen überdenken und dahingehend präzisieren, dass für Bagatellanlagen wie den Split- verdampfer keine Grenzabstandsvorschriften gelten. (...) 2.2. Die Beschwerdeführer sind weiterhin der Überzeugung, dass der aussen aufgestellte Splitverdampfer, der einen funktionellen Be- standteil der sich im Innern des Wohnhauses befindlichen Heizanlage bilde, nicht als eigenständige Kleinbaute betrachtet werden dürfe und somit eigentlich den ordentliche Grenzabstand nach § 7 Abs. 4 BNO von 4 m einhalten müsste. Auf jeden Fall werde auch der privilegier- te Grenzabstand für Kleinbauten nach § 18 Abs. 2 ABauV verletzt, 2018 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 247 weshalb für den Splitverdampfer so oder so keine Baubewilligung erteilt werden könne. 2.3. Derweil hält der Gemeinderat E. daran fest, dass der Splitver- dampfer kein Gebäude sei, damit nicht unter den Begriff der Klein- baute im Sinne von § 18 ABauV falle und folglich keinen Grenzab- stand einhalten müsse. Alles andere wäre eine unzulässige Eigen- tumsbeschränkung, für die weder eine gesetzliche Grundlage noch ein öffentliches Interesse bestehe, und die völlig unverhältnismässig wäre. 3. 3.1. Gemäss § 47 Abs. 1 BauG schreiben die Gemeinden Grenz- und Gebäudeabstände vor. Diese Bestimmung ist gleichzeitig Auftrag wie Verpflichtung an die Gemeinden, in ihren Nutzungsvorschriften die einzuhaltenden (Grenz-)Abstände zu regeln (CHRISTIAN HÄUPTLI, in: Kommentar zum Baugesetz des Kantons Aargau, Bern 2013, § 47 N 4). Die Verpflichtung zur Abstandsregelung knüpft an das bundes- rechtlich definierte Begriffspaar Bauten und Anlagen nach Art. 22 RPG an, das sich auf alle Bauten und Anlagen bezieht, die (aufgrund ihrer räumlichen Auswirkungen) einer Baubewilligung bedürfen. Die Kantone können die nach Bundesrecht baubewilligungspflichtigen Bauten und Anlagen weiter, aber nicht enger fassen (HÄUPTLI, a.a.O., § 6 N 2 und 5). § 6 BauG enthält (zur Verdeutlichung) eine Liste mit Vorrichtungen, die als Bauten und Anlagen im Sinne dieses Gesetzes zu verstehen sind. Dazu gehören nach lit. a nicht nur alle Gebäude und gebäudeähnlichen Objekte, sondern auch alle weiteren künstlich hergestellten und mit dem Boden fest verbundenen Objek- te. Zu denken ist hier an Antennen, Funkanlagen, Klimageräte an Aussenfassaden, Skulpturen von einiger Bedeutung, Denkmäler, Dämme, Schleusen, Wehre, Kanäle, Brunnstuben, Brunnen, Leitun- gen, Rampen, Cheminées, Hafenanlagen, Landestege, Wasserungs- einrichtungen, Güllenlöcher, Gruben, Hauskläranlagen, Unterstände, Windkraftanlagen, Sonnenkollektoren, Plastiktunnels für die Pflan- zenproduktion, je nach Bedeutung und Lage Plastikfolienabdeckun- gen, Stütz- und Futtermauern (HÄUPTLI, a.a.O., § 6 N 6). Es wäre 2018 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 248 demnach falsch zu sagen, die von den Gemeinden festzulegenden Grenzabstände würden von vornherein nur für Bauten oder Gebäude, nicht hingegen für Anlagen gelten. Diese Differenzierung macht § 47 Abs. 1 BauG nicht, auch nicht nach der am 10. März 2009 be- schlossenen Teilrevision des BauG, mit welcher der ehemalige Aus- druck Baute generell durch den RPG-geläufigen Ausdruck Bauten und Anlagen ersetzt wurde. Zwischen Bauten und Anlagen be- steht denn auch keine scharfe Trennlinie. Im Allgemeinen gelten als Bauten Gebäude oder gebäudeähnliche Objekte sowie Fahrnisbau- ten. Als Anlagen werden eher Einrichtungen bezeichnet, die das Gelände oder den umliegenden Raum verändern (Botschaft des Re- gierungsrats des Kantons Aargau an den Grossen Rat vom 5. Dezember 2007 zur Teilrevision des Gesetzes über Raumplanung, Umweltschutz und Bauwesen vom 19. Januar 1993 [Baugesetz, BauG], 07.314, [nachfolgend: Botschaft BauG], S. 31). Dass sich die Verpflichtung der Gemeinden zur Festlegung von Grenzabständen sowohl auf Bauten als auch auf Anlagen bezieht, ergibt sich sodann aus § 51 Abs. 1 BauG, wonach der Regierungsrat für untergeordnete Bauten, Anlagen und Bauteile (also nicht nur für solche Bauten), ge- ringere Abstände festlegen kann, als es die Baulinien und (ordentli- chen) Abstandsvorschriften verlangen. Schliesslich wäre es auch mit Sinn und Zweck von Abstandsvorschriften nicht zu vereinbaren, wenn Anlagen generell aus deren Anwendungsbereich ausgeklam- mert wären. Die damit zu schützenden Interessen der Nachbarn (vgl. dazu HÄUPTLI, a.a.O., § 47 N 10 ff.) können - je nach Dimensionen und Auswirkungen - durch eine Anlage gleichermassen oder ähnlich stark wie durch ein Gebäude beeinträchtigt werden. Die Verpflichtung der Gemeinden zur Festlegung von Grenzab- ständen bedeutet nicht, dass die Nutzungsplanung für jede Grenze in jeder Zone einen zwingend einzuhaltenden Grenzabstand vorschrei- ben muss. Es gibt auch Zonen mit Nullgrenzabstand (geschlossene Bauweise). Die Zonenvorschriften können die Grenzabstände auch offenlassen, was zum Beispiel in Industriezonen oder Zonen für öffentliche Bauten nicht unüblich ist (HÄUPTLI, a.a.O., § 47 N 5). Die Gemeinden sind allerdings gehalten, eine entsprechende Festle- gung zu treffen, wenn für bestimmte Bauten oder Anlagen kein oder 2018 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 249 ein geringerer als der ordentliche Grenzabstand gelten soll. Solange sie das nicht tun, gelten mit Ausnahme der im kantonalen Recht ver- ankerten Abstandsprivilegien, insbesondere für Klein- und Anbauten nach § 18 ABauV bzw. § 19 BauV, die ordentlichen Grenzabstände. Würde man der Argumentation des Gemeinderats E. folgen, wonach Splitverdampfer oder andere technische Anlagen mit vergleichbarem Zweck und von ähnlicher Beschaffenheit, die sich nicht als Gebäu- de im Sinne der IVHB (ortsfeste Bauten zum Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen, die eine feste Überdachung und in der Regel weitere Abschlüsse aufweisen; vgl. Anhang 1 Ziff. 2.1 IVHB) quali- fizieren, nicht unter den Begriff der Kleinbaute im Sinne von § 18 ABauV oder § 19 BauV subsumiert und insofern nicht vom dortigen Grenzabstandsprivilegium profitieren können, wäre stattdessen nicht etwa eine Nullgrenze anzunehmen. Vielmehr kämen mangels einer anderweitigen gesetzlichen Regelung die ordentlichen Abstandsvor- schriften zum Tragen (AGVE 2012, S. 149). Weil eine solche Ausle- gung auf eine absurde und mit nichts zu rechtfertigende Benachteili- gung kleiner Anlagen gegenüber Klein- und Kleinstbauten (als Teil- menge der Kleinbauten) hinausliefe, ist der Anwendungsbereich von § 18 ABauV und § 19 BauV auf Anlagen auszudehnen, welche die darin vorgesehenen Masse einhalten. An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Es besteht kein Präzisierungsbedarf, zumal mit der Feststellung, dass Anlagen im Gegensatz zu Bauten keinen Grenzab- stand einhalten müssen, nichts gewonnen wäre. Alsdann würde sich die Diskussion dahin verlagern, was noch als Baute und was als An- lage zu verstehen ist. Dass nur Gebäude im Sinne von Anhang 1 Ziff. 2.1 IVHB einen Grenzabstand einhalten müssen, stünde im of- fenen Widerspruch zu den §§ 47 und 51 BauG, deren Geltungsbe- reich klar nicht auf Gebäude beschränkt ist. Die Gesetzeslage im Kanton Luzern lässt sich insofern nicht 1:1 mit derjenigen im Kanton Aargau vergleichen, als der Wortlaut der §§ 122 (Ordentlicher Grenzabstand) und 124 (Grenzabstand bei Kleinbauten und Anbauten) des Planungs- und Baugesetzes vom 7. März 1989 (PBG; SRL Nr. 735) den Anwendungsbereich der Grenzabstandsvorschriften im Unterschied zu den §§ 47 und 51 BauG tatsächlich auf Bauten einschränkt und Anlagen (mit Ausnah- 2018 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 250 me von Mauern, Einfriedungen und Böschungen; siehe dazu § 126 PBG) unerwähnt lässt. Abgesehen davon vermag der von den Vorin- stanzen zitierte Entscheid des Kantonsgerichts Luzern vom 4. Mai 2016 (LGVE 2016 IV Nr. 4) nicht zu der von ihnen gewünschten Klärung und Vereinheitlichung der Rechtslage beizutragen. Dort wird zwar festgehalten, dass das Baupolizeirecht keine Mindest- grenzabstände für Anlagen kenne (Erw. 4.4). Weiter hinten wird dann aber sogleich relativierend angefügt, dass die im konkreten Fall um- strittene Luft-Wasser-Wärmepumpe in ihren Dimensionen ver- gleichsweise klein sei. Bei einer Pumpe, die wesentlich grösser und breiter wäre, wäre zu prüfen, ob eine solche Maschine noch als Anla- ge im Sinne des Rechts qualifiziert werden könne oder nicht viel- mehr als Kleinbaute mit den gesetzlich vorgeschriebenen Abstands- vorschriften (Erw. 4.4.1). Es ist also weiterhin nicht von vornherein klar, dass alle Objekte, die sich nicht als Gebäude im Sinne der IVHB qualifizieren, was insbesondere auf Wärmepumpen bzw. deren externe Anlageteile zutrifft, keinen Grenzabstand einhalten müssen. Wie bereits dargelegt, wird damit die Diskussion bloss auf die Frage nach dem Anlagecharakter verlagert. Den Ausschlag für oder wider einen Grenzabstand geben aber letztlich auch hier die wesentlich sachgerechteren und griffigeren Kriterien der Dimensionierung und der Auswirkungen eines Objekts auf den Raum und die Umgebung. Es ist am Gesetzgeber zu definieren, in welchen Fällen die Dimen- sionen und Auswirkungen von Bauten und Anlagen dermassen ge- ringfügig sind (Stichwort: Bagatellbauten), dass sie keinen oder höchstens einen minimalen Grenzabstand erfordern. Eine Grenzzie- hung zwischen Bauten einerseits und Anlagen andererseits ist nicht zielführend. 3.2. Weil es weder im Recht des Kantons Aargau noch in demjeni- gen der Gemeinde E. eine Vorschrift gibt, welche Bagatellbauten oder -anlagen von der Einhaltung eines Grenzabstandes dispensiert, kommen - wie erwähnt - die §§ 18 Abs. 2 ABauV und 19 Abs. 2 BauV mit dem darin vorgesehenen verkleinerten Grenzabstand von 2 m zum Tragen. Dieses Grenzabstandsprivilegium gilt nach dem oben Gesagten sowohl für Kleinbauten (darunter Kleinstbauten) als 2018 Bau-, Raumentwicklungs- und Umweltschutzrecht 251 auch - aus Rechtsgleichheitsgründen - für Anlagen mit ent- sprechenden Dimensionen. Die Auffassung der Beschwerdeführer, die den ordentlichen Grenzabstand (von 4 m) für massgeblich halten, kann demgegenüber nicht geteilt werden. Die Leitungen, welche den Splitverdampfer mit der Wärmepumpe im Wohnhaus verbinden, berechtigen aus den vom Bundesgericht im Urteil vom 18. Januar 2016 (1C_204/2015), Erw. 2.2, dargelegten Gründen auch in der vorliegenden Konstellation nicht zur Annahme, das Gerät sei Bestandteil des Hauptgebäudes, für welches der ordentliche Grenz- abstand gilt. Weshalb der Umstand, dass der Verdampfer nicht in eine Kleinbaute (Schopf) untergebracht ist, an dieser Einschätzung etwas ändern sollte, ist nicht ersichtlich. Der Verdampfer ist nicht Bestandteil des Wohnhauses, sondern der sich darin befindlichen Pumpe. Würde sich diese ausserhalb des Wohnhauses befinden, gälte für sie aufgrund ihrer Abmessungen gleichermassen das Grenzabstandsprivilegium der §§ 18 Abs. 2 ABauV und 19 Abs. 2 BauV. Der nur 0,8 m von der gemeinsamen Grundstücksgrenze der Beschwerdeführer und der Beschwerdegegner entfernte Splitver- dampfer wahrt den Grenzabstand vom 2 m unbestrittenermassen nicht. Nachdem es an einer (schriftlichen) Zustimmung der Be- schwerdeführer zur Unterschreitung des Grenzabstandes fehlt, könn- te für den Verdampfer am vorgesehenen Standort grundsätzlich keine ordentliche Baubewilligung, sondern höchstens eine Ausnahmebe- willigung nach § 67 BauG erteilt werden. (...)
3,215
2,486
AG_VG_001
AG_VG
AG
Northwestern_Switzerland
AG_VG_001_AGVE-2018-21_2018-12-03
http://agve.weblaw.ch/html//AGVE-2018-21.html
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871,841
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[...] 19 Liegenschaftsunterhaltskosten: Anwendbarkeit der Neubaupraxis Kein Unterhaltsabzug auch bei Geschäftsliegenschaften im Fall einer kompletten Neugestaltung; Gleichsetzung mit Neubau 2016 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 126 Aus dem Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 11. August 2016, i.S. KStA gegen D.V. und S.V. (WBE.2015.280) und D.V. und S.V. ge- gen KStA (WBE.2015.279). Aus den Erwägungen 2. 2.1. Gemäss § 25 Abs. 1 i.V.m. § 27 Abs. 1 StG sind alle wiederkeh- renden und einmaligen Einkünfte steuerbar, namentlich aus Handel, Industrie, Gewerbe, Land- und Forstwirtschaft, aus freiberuflicher sowie jeder anderen selbständigen Erwerbstätigkeit. Als Geschäfts- vermögen gelten alle Vermögenswerte, die ganz oder vorwiegend der selbständigen Erwerbstätigkeit dienen (§ 27 Abs. 2 StG). Von diesen Einkünften können die geschäfts- oder berufsmässig begründeten Kosten abgezogen werden (§ 36 Abs. 1 StG), wozu bei Liegenschaf- ten im Geschäftsvermögen auch die Aufwendungen mit werter- haltendem Charakter gehören, wie das Spezialverwaltungsgericht richtig festgehalten hat. Hingegen sind die Kosten für die An- schaffung, Herstellung oder Wertvermehrung von Gegenständen des Anlagevermögens nicht abzugsfähig, sondern zu aktivieren (§ 27 Abs. 3 StG i.V.m. § 68 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 StG). Als geschäfts- oder berufsmässig begründete Kosten gelten Vermögensabgänge, die für geschäftliche Zwecke, im Interesse des Unternehmensziels getätigt worden sind. Die Aufwendungen sind abziehbar, wenn sie für die Erzielung der Einkünfte geeignet sind und in engem Zusammenhang mit dieser stehen. Entscheidend ist, ob ein Aufwand in Erwartung einer wirtschaftlichen Gegenleistung erbracht worden ist (P HILIPP F UNK , in: M ARIANNE K LÖTI -W EBER /D AVE S IEGRIST /D IETER W EBER [H RSG .], Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, 4. Auf- lage, Bern/Muri 2015, [Kommentar StG] § 36 N 5). 2.2. Das Spezialverwaltungsgericht hat unabhängig von der An- wendbarkeit der Neubaupraxis auf Liegenschaften im Geschäfts- vermögen zu Recht festgestellt, dass die Begriffe werterhaltend und 2016 Kantonale Steuern 127 wertvermehrend bei Liegenschaften im Geschäftsvermögen und im Privatvermögen einheitlich ausgelegt werden. 2.2.1. Bei Aufwendungen im Zusammenhang mit bereits zum Ge- schäftsvermögen gehörenden Gegenständen des Anlagevermögens stellt sich die Frage, ob diese werterhaltend oder wertvermehrend sind. Führen die Aufwendungen zu einer Wertvermehrung, so besteht in diesem Umfang eine Aktivierungspflicht; dienen sie ausschliess- lich der Werterhaltung, so handelt es sich um Aufwendungen, die der Erfolgsrechnung zu belasten sind. Inwieweit die Aufwendungen wertvermehrend (z.B. Umbauten, Modernisierungen) bzw. nur wert- erhaltend (z.B. laufende Reparaturen, Unterhalts- und Wartungs- arbeiten zur Erhaltung der Funktionstüchtigkeit) sind, ist im konkre- ten Falle zu beurteilen. Eine Wertvermehrung und damit eine Ver- pflichtung zur Aktivierung ist aus handelsrechtlicher und damit auch steuerlicher Sicht nur möglich, wenn der Wert des Vermögensgegen- stands über den bisherigen einkommenssteuerlich massgebenden Wert gestiegen ist. In vielen Fällen enthalten Aufwendungen einen wertvermehrenden und einen werterhaltenden Anteil. Die Aufteilung ist den Steuerbehörden im Zusammenhang mit der Veranlagung von natürlichen Personen als Diskussionspunkt bestens bekannt. Bei den juristischen Personen fehlt jedoch die gleiche Brisanz, da nicht akti- vierte wertvermehrende Aufwendungen über verminderte Abschrei- bungen in den Folgejahren ohnehin in die Erfolgsrechnung, einfach periodenverschoben, Eingang finden (P ETER E ISENRING , Kommentar StG, § 68 N 58). Werterhaltende Aufwendungen werden i.d.R. für die laufenden Reparaturen und Unterhaltsarbeiten vorgenommen, währenddessen wertvermehrende Aufwendungen von der Unterneh- mung für Umbauten bzw. für die Modernisierung von Betriebsanla- gen gemacht werden (P ETER B RÜLISAUER /F LURIN P OLTERA , in: Z WEIFEL /A THANAS [Hrsg.], Bundesgesetz über die direkte Bundes- steuer, Band I/2a, 2. Auflage, Basel 2008, Art. 58 N 77). 2.2.2. Die von den Beschwerdeführern II aufgezeigten Unterschiede bei der Besteuerung von Liegenschaften im Geschäftsvermögen ge- genüber solchen im Privatvermögen (keine Pauschalierung der 2016 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 128 Unterhaltskosten, kein Abzug für Kosten im Zusammenhang mit Umweltschutzmassnahmen und im Bereich des Denkmalschutzes bei Liegenschaften im Geschäftsvermögen sondern Aktivierung dersel- ben) sind gesetzliche Ausnahmetatbestände. Die Abgrenzung von wertvermehrenden und werterhaltenden Aufwendungen wird dadurch nicht berührt und gilt auch für das Geschäftsvermögen. Die Beurteilung des Spezialverwaltungsgerichts trifft damit zu. 2.2.3. Die Beschwerdeführer II weisen für ihren Standpunkt ausser- dem auf die unterschiedliche Vergleichsbasis bei wertvermehrenden Aufwendungen im Geschäftsvermögen (bisheriger [Einkommens- steuer-]Wert der Liegenschaft vor Ausführung der Arbeiten) und im Privatvermögen ([Einkommenssteuer-]Wert im Erwerbszeitpunkt) hin. Dieser Unterschied ist auf das dualistische System der Grund- stückgewinnsteuer für Liegenschaften im Privatvermögen zurückzu- führen und die Tatsache, dass Liegenschaften im Geschäftsvermögen im Gegensatz zu denjenigen im Privatvermögen ab dem Erwerb abgeschrieben werden können. Die unterschiedliche Vergleichsbasis ändert jedoch nichts an der Art der Beurteilung, ob wertvermehrende oder werterhaltende Aufwendungen vorliegen. 3. 3.1. Die Beschwerdeführer II führen richtig aus, dass bei Liegen- schaften im Geschäftsvermögen nur dann eine Aktivierung möglich ist, wenn der Wert des Vermögensgegenstands über den bisherigen steuerlich massgebenden Wert gestiegen ist (E ISENRING , a.a.O., § 68 N 58). Ebenso zutreffend ist, dass alle Kosten für die Vermehrung oder dauernde Verbesserung von Wirtschaftsgütern, welche dem Un- ternehmen zur Verfügung stehen, ihm über den Bilanzstichtag hinaus einen Nutzen abwerfen und als Objekte einzeln identifizierbar und bewertbar sind, aktivierungsfähig sind (D IETER E GLOFF , Kommentar StG, § 39 N 124; siehe auch Urteil des Verwaltungsgerichts des Kan- tons Thurgau vom 12. Februar 2014 [VG.2013.88] Erw. 2.3.3). Sol- che (wertvermehrenden) Investitionen können, im Gegensatz zu den (werterhaltenden) Unterhalts- und Reparaturkosten, nicht dem Auf- wand der laufenden Geschäftsperiode belastet werden (vgl. E RNST 2016 Kantonale Steuern 129 K ÄNZIG , Die direkte Bundessteuer, II. Teil, 2. Auflage, Basel 1982- 1992, Art. 49 N 114). Die Ausgaben für Um- und Erweiterungsbau- ten bilden wertvermehrenden Aufwand. Ihre Aktivierung ist steuer- rechtlich sachgemäss. Auch Grossreparaturen, die die Nutzungsdauer verlängern, sind zu aktivieren (K ÄNZIG , a.a.O., Art. 49 N 170 f.). 3.2. Den Beschwerdeführern II ist überdies zuzustimmen, dass für Liegenschaften im Geschäftsvermögen nicht direkt § 39 StG zur An- wendung kommen kann, sondern gemäss § 36 StG die Grundsätze des Handelsrechts gelten. Sie übersehen dabei aber, dass bereits von Handelsrechts wegen Anschaffungs- oder Herstellungskosten und wertvermehrende Aufwendungen, soweit sie aktivierungsfähig sind, auch aktiviert werden müssen, d.h. aktivierungspflichtig sind (vgl. nunmehr ausdrücklich Art. 959 Abs. 2 OR [in der Fassung vom 23. Dezember 2011, in Kraft seit 1. Januar 2013] sowie dazu P ETER B ÖCKLI , Neue OR-Rechnungslegung, Zürich 2014, S. 74 f.; ebenso bereits zum alten Recht P ETER L OCHER , Kommentar zum DBG, II. Teil, Basel 2004, Art. 58 N 87; vgl. ebenfalls zum alten Recht und dem grundsätzlichen Fehlen von Ansatzwahlrechten im schweizeri- schen Rechnungslegungsrecht R OLF B ENZ , Handelsrechtliche und steuerrechtliche Grundsätze ordnungsmässiger Bilanzierung, Zürich 2000, S. 177 f.). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer II hat bereits handelsrechtlich bei einer umfassenden Totalsanierung einer Liegen- schaft mit Auskernung und erheblicher Nutzungserweiterung eine Gesamtbetrachtung Platz zu greifen und sind die Kosten insgesamt als Herstellungskosten zu aktivieren. Nichts anderes ergibt sich insbesondere auch aus der von den Beschwerdeführern II angeführ- ten Textstelle aus dem Handbuch der Wirtschaftsprüfung (Schwei- zerische Treuhandkammer [Hrsg.], Schweizer Handbuch der Wirt- schaftsprüfung, Band 1, Buchführung und Rechnungslegung, Zürich 2009, S. 202). Dort wird ausgeführt, dass bei Umbauten "weniger einzelne Bautätigkeiten, sondern das Projekt als Ganzes" zu beur- teilen seien. Das kann nichts anderes heissen, als dass bei einem umfassenden Projekt grundsätzlich die gesamten Kosten als Her- stellungskosten aktivierungsfähig und damit auch aktivierungs- 2016 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 130 pflichtig sind. In der Neuauflage des Handbuchs der Wirtschaftsprü- fung (Zürich 2014, S. 192), wird denn auch der Fokus sogar noch stärker auf die Gesamtbetrachtung gelegt, wenn es dort zu Umbauten in bestehenden Gebäuden heisst: "Der Bewerter soll in solchen Fäl- len zur Beurteilung der Aktivierungsfähigkeit nicht zu eng am Krite- rium der Wertvermehrung haften. Bei Umbauten kann eine vorberei- tende Bauleistung von an sich wertvermindernder Art dennoch einen Nutzen haben. In diesem Sinne sind weniger einzelne Bautätigkeiten zu beurteilen, sondern das Projekt als Ganzes". Anderes kann und muss nur dann gelten, wenn die umfassende Totalsanierung mit Um- bau einer Liegenschaft und die Aktivierung der damit verbundenen Kosten zu einem Buchwert führen würden, der über dem Verkehrs- wert liegt (vgl. dazu L UKAS H ANDSCHIN , Rechnungslegung im Gesellschaftsrecht, Basel 2013, S. 277 Rz 598). Das ist hier aber nicht erkennbar. Die Beschwerdeführer II wollen dagegen (unter Bezugnahme auf die von ihrem Rechtsvertreter stammende Kommentierung von § 39 StG; vgl. D IETER E GLOFF , Kommentar StG, § 39 N 117 ff.) auch im Zusammenhang mit der umfassenden Totalsanierung mit Auskernung und Nutzungserweiterung einer Liegenschaft an einer Trias von Kosten, nämlich aktivierungsfähigen Kosten (für die ein Aktivierungswahlrecht bestehen soll), aktivierungspflichtigen Kosten und zuletzt bloss werterhaltenden Investitionen unterscheiden, wobei letztere geschäftsmässig begründeten Aufwand darstellen und dementsprechend steuerlich zu berücksichtigen sein sollen. Diese Unterscheidung überzeugt nicht. Werden Massnahmen, die ansonsten als blosser Gebäudeunterhalt geschäftsmässig begründeten Aufwand darstellen würden, im Rahmen einer umfassenden Neugestaltung einer Liegenschaft vorgenommen, bilden auch diese Massnahmen Bestandteil der Gesamtsanierung und tragen zusammen mit den übri- gen Massnahmen zum Gesamtzusatzwert des Vermögensgegenstands bei, über den der Geschäftsinhaber verfügen kann, aus dem ein Mittelzufluss wahrscheinlich ist und dessen Wert (als Ganzes) ver- lässlich geschätzt werden kann. Entgegen der Auffassung der Be- schwerdeführer II rechtfertigt sich daher bei Totalsanierungen wie der vorliegend zu beurteilenden keine Aufspaltung zwischen aktivie- 2016 Kantonale Steuern 131 rungspflichtigen, aktivierungsfähigen und bloss werterhaltenden Massnahmen; dies zumal auch deshalb, weil ein Unterscheidungs- kriterium zwischen den verschiedenen Arten von Massnahmen gerade im Zusammenhang mit einer Gesamtsanierung nicht erkenn- bar ist: So kann etwa ohne Abbruchkosten gar keine umfassende Neugestaltung stattfinden; diese sind gewissermassen kausale Voraussetzung für die Neugestaltung selbst. Ebenso wäre es kaum nachvollziehbar den Einbau eines neuen Bads oder einer neuen Küche, auf den zu verzichten bei einer Komplettumgestaltung öko- nomisch gesehen geradezu sinnwidrig wäre, auch im Rahmen einer Totalsanierung als blosse werterhaltende Massnahme zu betrachten. Dementsprechend ist schon aus handelsrechtlicher Perspektive, die gemäss Wirtschaftsprüferhandbuch einen Blick auf ein "Projekt als Ganzes" verlangt, die von den Beschwerdeführern II vertretene Un- terscheidung zwischen verschiedenen Kostenarten abzulehnen (vgl. im Übrigen zur Rechtsgleichheitsproblematik gegenüber Eigen- tümern privat gehaltener Liegenschaften hinten Erw. 4.4). 3.3. Die Beschwerdeführer II machen weiter geltend, bezüglich des neu erstellten Dachstuhls/Dachs seien 85% als werterhaltend und 15% als wertvermehrend anzusehen. Es seien daher Fr. 60'426.00 als geschäftsmässig begründeter Aufwand zum Abzug zuzulassen. Die Beschwerdeführer II verkennen, dass die vorgenommenen baulichen Arbeiten über den Bilanzstichtag hinaus einen Wert bzw. Nutzen behalten. Der Marktwert des Wohnhauses wurde gegenüber dem bisherigen Buchwert durch die Investitionen bleibend verbes- sert. Es handelt sich dementsprechend um Herstellungskosten . Insge- samt haben die Beschwerdeführer II im Jahr 2007 eine Summe von Fr. 467'285.00 in das Wohnhaus investiert. Damit war jedoch der Umbau noch nicht abgeschlossen. Bis im Jahr 2009 beliefen sich die Investitionen auf rund Fr. 1,2 Mio. Die Beschwerdeführer II haben das Zweigenerationenhaus in ein Einfamilienhaus umgebaut. Gemäss den Plänen und den Luftaufnahmen wurden in das neu erstellte Dach, welches zudem zwecks Raumgewinns erhöht wurde, beidsei- tig grosse Lukarnen eingebaut. Unter dem Dach entstanden neu ein beheizter Wohnraum mit zwei Zimmern, ein Estrichzimmer, ein Vor- 2016 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 132 raum sowie ein WC. Im Obergeschoss liessen die Beschwerdefüh- rer II ein Elternschlafzimmer, zwei Kinderzimmer, ein Büro, ein Ba- dezimmer und einen separaten Ankleideraum einbauen. Im ent- kernten Erdgeschoss entstand ein grosser offener Raum mit Küche, Esszimmer und Wohnzimmer, davon abgetrennt ein Lagerraum, ein WC und ein weiteres Zimmer. Neu erstellt wurde sodann eine Ter- rasse mit teilweiser Glasüberdachung. Offensichtlich liegt hier eine umfassende Gebäudemodernisie- rung vor, mit welcher sich längerfristig eine Wertvermehrung gegen- über dem Markt- und Verkehrswert im Zeitpunkt der Investition ergeben hat. Die Investitionen können daher nicht als Aufwand ver- bucht werden, sondern sind zu aktivieren. Bei umfassenden Gebäu- demodernisierungen ist anstelle der Einzelbetrachtung eine Ge- samtbetrachtung vorzunehmen, da sich aus dem gesamten Projekt eine Wertvermehrung ergibt. Die Aktivierungspflicht bei umfassen- den Gebäudemodernisierungen fusst direkt auf dem Handelsrecht, womit auch ohne Anwendung der Neubaupraxis die Kosten des To- talumbaus nicht der Erfolgsrechnung belastet werden dürfen. 3.4. Die Sanierung/Neuerstellung des Kachelofens erfolgte ebenfalls im Zuge der umfassenden Gebäudemodernisierung und kann nicht losgelöst davon beurteilt werden. Die Massnahme ist ein Teil des all- umfassenden Projekts, bei dem nicht die einzelnen Massnahmen als solche betrachtet werden, sondern das grosse Ganze. Der Minder- heitsmeinung im angefochtenen Entscheid liegt eine Gesamt- betrachtung zugrunde, wie sie für Liegenschaften im Privatvermögen angewendet wird. Diese Betrachtung muss auch für Liegenschaften im Geschäftsvermögen zur Anwendung gelangen (vgl. unten Erw. 4). Handelt es sich wie hier um eine umfassende Gebäudemoderni- sierung einer Liegenschaft im Geschäftsvermögen und resultiert daraus eine Wertvermehrung gegenüber dem Markt- und Verkehrs- wert im Zeitpunkt der Investition, sind sämtliche in diesem Zu- sammenhang entstehenden Kosten zu aktivieren. 3.5. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Kosten der Gebäudemo- dernisierung inklusive Kachelofen zu aktivieren sind und nicht als 2016 Kantonale Steuern 133 Aufwand der Erfolgsrechnung belastet werden können. Die Be- schwerde ist bereits aus diesem Grund abzuweisen. Wie nachfolgend aufgezeigt wird, ist die Beschwerde auch unter dem Gesichtspunkt der Anwendbarkeit der Neubaupraxis auf Liegenschaften im Ge- schäftsvermögen abzuweisen. 4. Die Beschwerdeführer II bestreiten die Rechtmässigkeit der An- wendung der für Liegenschaften im Privatvermögen entwickelten Neubaupraxis auf Liegenschaften im Geschäftsvermögen. Dies widerspreche dem Handelsrecht und dem Grundsatz der Mass- geblichkeit der Handelsbilanz und führe zu einer Verletzung des Legalitätsprinzips. 4.1. Wie bereits aufgezeigt (siehe vorne Erw. 3), schreibt das Han- delsrecht selbst die Aktivierung von Kosten im Zusammenhang mit umfassenden Gebäudemodernisierungen vor. Ein Widerspruch zum Handelsrecht besteht entgegen den Beschwerdeführern II nicht. Die Rechtsfolgen bei der für Liegenschaften im Privatvermögen ent- wickelten Neubaupraxis und der vom Handelsrecht vorgeschriebenen Aktivierung von Kosten bei Gebäudemodernisierungen sind iden- tisch (kein Abzug der entsprechenden Kosten). Der einzige Unter- schied besteht darin, dass für die Praxis bei Liegenschaften im Privatvermögen der Begriff "Neubaupraxis" entwickelt worden ist. Da die Rechtsfolgen dieselben sind, liegt in der Anwendung der Neu- baupraxis auf Liegenschaften im Geschäftsvermögen weder eine Ver- letzung des Grundsatzes der Massgeblichkeit der Handelsbilanz noch des Legalitätsprinzips. 4.2. Das Spezialverwaltungsgericht hat die Gesamtbetrachtung, res- pektive die Neubaupraxis auf Liegenschaften im Geschäftsvermögen mit dem Verweis auf die mittlerweile aufgegebene Dumont-Praxis angewendet. Gemäss der vom Bundesgericht zu Liegenschaften im Privatvermögen entwickelten Praxis stellt eine Totalsanierung, die praktisch einem Neubau gleichkommt, aus steuerlicher Sicht eine Herstellung dar, weshalb die damit verbundenen Kosten einkom- menssteuerlich nicht absetzbar sind. Auch ein völliger Um- oder 2016 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 134 Ausbau einer Liegenschaft kommt wirtschaftlich einem Neubau gleich. Wird eine Liegenschaft umgebaut und neuen Zwecken zuge- führt, liegt Herstellung vor, wenn die "Renovation" umfangmässig einem Neubau gleichkommt. Das ist insbesondere bei Aushöhlung der Baute oder von Gebäudeteilen mit anschliessender Neugestaltung der Innenraumeinteilung der Fall (Urteil des Bundesgerichts vom 1. Oktober 2015 [2C_460/2015] Erw. 4.1 mit weiteren Hinweisen). Diese Praxis stützt sich auf einen Bundesgerichtsentscheid (BGE 123 II 218, Erw. 1c) aus dem Jahre 1997: Damit Kosten als Liegenschaftsunterhaltskosten geltend gemacht werden können, ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung stets vorausgesetzt, dass die vor der Durchführung der entsprechenden Massnahmen und die nachher bestehende Nutzung im Wesentlichen miteinander ver- gleichbar sind. Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau hat auf diese Rechtsprechung in einem Entscheid vom 2. Februar 2011 abgestellt: Liegt nach der "Renovation" ein eigentliches Aliud vor, so stellt sich die Frage nach der Qualifikation der baulichen Massnahmen im Ein- zelnen nicht, sondern es ist gesamthaft die Abzugsfähigkeit zu verweigern (WBE.2010.164 Erw. 5). Bei Liegenschaften im Privat- vermögen kommt im Normalfall bei der Beurteilung von Liegen- schaftsunterhaltskosten die Einzelbetrachtung zur Anwendung; die Gesamtbetrachtung ist der Ausnahmefall. Einzig dann, wenn die Lie- genschaft als Ganzes oder einzelne Teile der Liegenschaft so grundlegend neu gestaltet werden, dass die Arbeiten einer eigentli- chen Neuerstellung gleichkommen oder der Nutzwert der Liegen- schaft so merklich erhöht wird, dass die ausgeführten Arbeiten einem Aus- oder Umbau der Liegenschaft gleichzusetzen sind, ist eine Ge- samtbetrachtung angezeigt (E GLOFF , Kommentar StG, § 39 N 29). 4.3. Der Umbau des Wohnhauses der Beschwerdeführer II (siehe vorne Erw. 3.2) von einem Zweigenerationenhaus in ein Einfamilien- haus mit der damit einhergehenden Entkernung und Neueinteilung des Wohnraums ist nicht mehr vergleichbar mit der Situation vor dem Umbau. Die Umbauten im Dachgeschoss stellen zudem den klassischen Fall einer Wohnraumerweiterung dar, deren Kosten als 2016 Kantonale Steuern 135 Herstellungskosten zu qualifizieren sind (Urteil des Bundesgerichts vom 4. September 2014 [2C_153/2014] Erw. 3.2). Aufgrund dieser massiven Veränderungen kann auch nicht mehr von einer ver- gleichbaren Nutzung gesprochen werden, damit ist entgegen den Beschwerdeführern von einer Nutzungsänderung auszugehen. Auch in Anbetracht der investierten Mittel von rund Fr. 1,2 Mio. liegt hier wirtschaftlich betrachtet ein Neubau vor. Wie im vorinstanzlichen Urteil richtig ausgeführt, wendete das Bundesge- richt die inzwischen aufgehobene Dumont-Praxis, auch auf Liegen- schaften im Geschäftsvermögen an (BGE 108 Ib 316), ebenso das Verwaltungsgericht (Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 9. April 2003 [BE.2002.239] Erw. 4a). Hier handelt es sich zwar nicht um eine Instandstellung einer stark vernachlässigten Liegenschaft son- dern um den Totalumbau einer selbst genutzten Liegenschaft, den- noch sind die Umstände vergleichbar. In beiden Fällen wird eine Lie- genschaft vollständig umgebaut, sodass die Liegenschaft mit dem ur- sprünglichen Zustand nicht mehr vergleichbar ist. Aufgrund dieser Gemeinsamkeiten zwischen Dumont-Praxis und Neubaupraxis ist es naheliegend, die Neubaupraxis auch auf Liegenschaften im Ge- schäftsvermögen anzuwenden. 4.4. Dass Aufwendungen aktiviert werden müssten, welche lediglich dem Unterhalt dienen, trifft entgegen den Beschwerdeführern II, wie bereits dargelegt, vorliegend nicht zu. Durch die vorgenommene To- talsanierung kommt der Umbau einem Neubau gleich, bei welchem nicht mehr zwischen werterhaltenden und wertvermehrenden Aufwendungen unterschieden wird. Anstelle der Einzelbetrachtung erfolgt eine Gesamtbetrachtung. Auch in der von den Beschwer- deführern II zitierten Stelle im Handbuch für Wirtschaftsprüfer wird bei Umbauten "eher das Projekt als Ganzes und weniger einzelne Bautätigkeiten beurteilt" (Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprü- fung, Band 1, Buchführung und Rechnungslegung, Zürich, S. 202). Dass Aufwendungen aktiviert werden müssen, die bei Einzel- betrachtung lediglich dem Unterhalt dienen und nicht zu einer Wertvermehrung der Liegenschaft führen, ist gerade der Sinn der Neubaupraxis, da wie der Name schon sagt, ein Neubau ange- 2016 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 136 nommen wird und sämtliche damit verbundenen Kosten als Her- stellungskosten und damit als wertvermehrend zu qualifizieren sind. Würde zudem die Neubaupraxis zwar auf Liegenschaften im Privat- vermögen angewendet, nicht aber auf Liegenschaften im Geschäfts- vermögen, resultierte daraus eine nicht zu rechtfertigende Un- gleichbehandlung. Auch bei Liegenschaften im Privatvermögen können bei der Anwendung der Neubaupraxis Aufwendungen für den Unterhalt nicht zum Abzug gebracht werden. Die entwickelten Grundsätze der Neubaupraxis betreffen Liegenschaften an sich, keine Rolle spielt, ob sich diese nun im Geschäftsvermögen oder Privatver- mögen befinden. Würde die Praxis lediglich für Liegenschaften im Privatvermögen gelten, könnte sie durch Gründung einer juristischen Gesellschaft und Einbringung der Liegenschaft einfach umgangen werden. 4.5 Entgegen den Beschwerdeführern II kann somit die Neubaupra- xis auf Liegenschaften im Geschäftsvermögen angewendet werden und die Beschwerde erweist sich auch aus diesem Grund als unbegründet. 5. Unter Bezugnahme auf das Rekursverfahren wollen die Be- schwerdeführer II eine ausserordentliche Abschreibung vornehmen für den Fall, dass ihr Begehren nicht gutgeheissen wird. Zwar fehlt ein entsprechender formeller Eventualantrag, doch kann ein solcher aus der Beschwerde abgeleitet werden. Das Spezialverwaltungs- gericht hat die ausserordentliche Abschreibung abgelehnt, weil die Voraussetzungen für eine nachträgliche Änderung der Bilanz nicht vorliegen würden. Der von den Beschwerdeführern II geltend gemachte Irrtum - sie bringen vor, die Anwendung der Neubaupraxis auf Liegenschaften im Geschäftsvermögen sei nicht voraussehbar gewesen und aufgrund dessen hätten sie keine Veranlassung gehabt, eine ausserordentliche Abschreibung vorzunehmen - ändert nichts. Die Kosten des Umbaus hätten bereits von Handelsrechts wegen aktiviert werden müssen (siehe vorne Erw. 3.2). Der Versuch, diese Kosten über die Erfolgsrechnung zu buchen, gründet nicht in einem Irrtum sondern wurde vorgenommen, um damit eine erhebliche 2016 Kantonale Steuern 137 Steuerersparnis zu erzielen. Unter diesen Umständen hat das Spezial- verwaltungsgericht mit Verweis auf das Urteil des Bundesgerichts vom 16. August 2012 [2C_29/2012], Erw. 2.1 die nachträgliche Än- derung der Bilanz zu Recht nicht zugelassen, da Bilanzänderungen, mit denen Wertänderungen zum Ausgleich von Aufrechnungen im Veranlagungsverfahren erfolgen oder die lediglich aus Gründen der Steuerersparnis vorgenommen werden, in der Regel ausgeschlossen sind. Auch die Befürchtung der Beschwerdeführer II, dass der Buch- wert der Liegenschaft per 31. Dezember 2007 deutlich höher als der Verkehrswert wäre, kann nicht zu einer nachträglichen Bilanzände- rung führen. Anhaltspunkte für eine Überbewertung, welche ange- sichts der bestehenden Aktivierungspflicht für die vorgenommenen Investitionen, von den Beschwerdeführern II zu liefern wären, sind nicht erkennbar. Wie das Spezialverwaltungsgericht korrekt festhält, handelt es sich vorliegend um handelsrechtlich aktivierungsfähige und damit auch -pflichtige Aufwendungen. Es ist daher nicht einzusehen, weshalb deren Aktivierung zu einer handelsrechtswidri- gen Überbewertung des Wohnhauses in der Steuerbilanz führen sollte. Das Wohnhaus kann in den folgenden Steuerperioden weiter- hin abgeschrieben werden. Eine ausserordentliche Abschreibung, welche nur dann in Frage kommt, wenn auf Geschäftsvermögen eine ausserordentliche Wertminderung eintritt, ist mangels eines entspre- chenden Nachweises durch die Beschwerdeführer II nicht vorzuneh- men.
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2004 Kantonale Steuern 135 [...] 35 Verständigung (Vergleich) im Veranlagungsverfahren. - (Beschränkte) Zulässigkeit der Verständigung. - Obwohl die Anfechtung mit Rechtsmitteln zulässig bleibt, entspricht es dem Sinn der Verständigung, dass sie beidseitig verbindlich sein soll. Die Verbindlichkeit kann sich namentlich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergeben. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 25. August 2004 in Sachen U.S. gegen Steuerrekursgericht. Zur Publikation vorgesehen in StE 2005.
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2,005
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2005 Schulrecht 97 I. Schulrecht 24 Anspruch auf Schulgeld für den Besuch einer Privatschule. - Ein Anspruch auf Schulgelder für einen Schüler mit besonderer Be- gabung (Hochbegabung) besteht nur dann, wenn an den öffentlichen Schulen, welche die Aufenthaltsgemeinde anbietet, eine adäquate Schulung nicht möglich ist. Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 9. Juni 2005 in Sachen F.G. und S.G. gegen die Einwohnergemeinde A. Aus den Erwägungen 2. (Zusammenfassung der Rechtsprechung; vgl. AGVE 2003, S. 95 f.; 2001, S. 155 ff.) 3.1. (...) 3.2.1. Das Schulgesetz des Kantons Aargau bestimmt, dass Schüler mit besonderen Begabungen, die durch den ordentlichen Unterricht nicht genügend gefördert werden können und für die das Überspringen von Klassen nicht angezeigt ist, in der Regelklasse mit geeigneter Unterstützung gefördert werden können (§ 15 Abs. 4 SchulG). § 20 der Verordnung über die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit besonderen schulischen Bedürfnissen vom 28. Juni 2000 (SAR 421.331) schreibt für Förderangebote vor, dass die Schulpflege dafür zu sorgen hat, dass die Begabungsförderung in erster Linie innerhalb der bestehenden Schulorganisation und mit den zur Verfügung stehenden Mitteln vor Ort sichergestellt ist (Abs. 1). Die Schulpflege kann Schülerinnen und Schülern mit besonderen Begabungen den Besuch von Lektionen in einer höheren Klasse oder in einem anderen Schultyp gestatten (Abs. 2) und kann in Ergänzung zur bestehenden Schulorganisation Gruppen- und Einzelangebote für Schülerinnen und Schüler mit besonderer Begabung einrichten 2005 Verwaltungsgericht 98 (Abs. 3). Gesetzlich vorgesehene Massnahmen bei Hochbegabung sind demnach nebst der Förderung im ordentlichen Unterricht entweder das Überspringen von Klassen oder individuelle und ergänzende Förderungsmassnahmen im Einzelfall. Mit dem Thema Hochbegabung und deren Förderung setzt sich auch das ,,Dossier Unterricht, Begabungsförderung in der Volks- schule" auseinander. Dessen Teil 1 befasst sich insbesondere mit den Definitionen und Modellen besonderer Begabungen bzw. Hochbega- bung, mit der Häufigkeit von Schülerinnen und Schülern mit beson- deren Begabungen sowie den Voraussetzungen zur Begabungsförde- rung. Teil 2 spricht sich zu den Identifikationsverfahren und den begabungsfördernden Massnahmen (Einzel- und Gruppenangeboten) aus. Weitere Weisungen zur Umsetzung der Begabungsförderung im ausserschulischen Bereich sind im Dossier ,,Umsetzungshilfe zur Begabungsförderung: Ergänzende schulische Massnahmen (ESM) bei Intensivförderung im ausserschulischen Bereich" zu entnehmen. Steht das Überspringen einer Klasse zur Diskussion, so finden sich ergänzende Hinweise in ,,12 Punkte die beim Überspringen zu be- achten sind" des BKS. 3.2.2. Im Folgenden ist zum einen zu prüfen, ob die vorge- nannten Massnahmen ergriffen wurden, und zum anderen, welche Gründe zum Übertritt von X in die Privatschule führten. 3.3. (...) 3.4.1. Die Massnahmen, die das Gesetz, die Verordnung über die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit besonderen schuli- schen Bedürfnissen sowie die verschiedenen Weisungen bei Hochbe- gabung vorsehen (vgl. oben Erw. 3.2.1), wurden vorliegend von der Schulpflege A ergriffen. Ein Überspringen der zweiten Klasse wurde geprüft, wobei X sogar die Möglichkeit bekam, provisorisch für eine beschränkte Zeit die nächsthöhere Schulklasse zu besuchen. Der definitive Übertritt wurde von den zuständigen Behörden mit sachli- chen, nachvollziehbaren Gründen abgelehnt. Weiter wurden den Klägern zum einen während des regulären Unterrichts Angebote zur Begabungsförderung unterbreitet, zum anderen wurde ein Einzelför- derunterricht in Aussicht gestellt, wobei die Schulpflege A die von ihrer Seite erforderlichen Vorbereitungen traf. Nachdem die Kläger 2005 Schulrecht 99 sich für Xs Wechsel in die "Talenta" des FG Basel entschieden hatten, nahmen sie die von der Schulpflege A angebotene Bega- bungsförderung nicht in Anspruch. Die Tatsache, dass es innerhalb der Gemeinde A zu keinem För- derungsprogramm gekommen ist, lag somit im Verantwortungsbe- reich der Kläger, welche sich für eine andere Förderungsvariante entschieden hatten. Die Schulpflege A ist ihren Pflichten nachge- kommen. 3.4.2. Die Schwierigkeiten bei der Umsetzung der vorgeschla- genen Massnahmen vermögen - selbst wenn sie zutreffen, was von der Beklagten bestritten wird - keinen wichtigen Grund zu rechtferti- gen. Die Schulpflege hat mit Beschluss vom 3. April 2003 die Förde- rung im Einzelunterricht bei Y ohne Begrenzung der Unterrichtszeit beschlossen. Sofern aufgrund Ys Belastung nur eine Wochenstunde möglich gewesen wäre, hätten die Kläger zusätzliche Stunden ver- langen können. Möglich ist, dass der geplante Förderunterricht allein den emotionalen Zustand von X nicht verbessert hätte. Die von der Schulpflege beschlossene Förderung war indessen weder definitiv noch schloss sie weitere Alternativen und Förderungsmassnahmen aus. So hätten zusätzliche Förderungen geprüft und beispielsweise auch das Überspringen erneut in Betracht gezogen werden können. Zu berücksichtigen ist, dass X in der Selbst- und Sozialkompetenz ernst zu nehmende Probleme hatte, welche auch am FG Basel zu ergänzenden therapeutischen Massnahmen Anlass gegeben haben. Auch solche therapeutischen Massnahmen bietet das öffentliche Schulwesen an (§ 59 SchulG i.V.m. Dekret über die psychologischen und ärztlichen Schuldienste vom 29. April 1986 [SAR 405.110]). Die entsprechenden Feststellungen in den erwähnten Berichten bestätigen sodann im Wesentlichen auch die Beurteilung von Lehrperson, PSD und Schulpflege. (...) Dass es nach Einschätzung der Kläger wünschenswert war, dass X in der "Talenta"-Klasse geschult wird, ist für das Verwaltungsge- richt nachvollziehbar und verständlich. Die Entscheidung für den Besuch des FG Basel erscheint auch im Interesse von X richtig. Dies bedeutet indessen nicht, dass das FG Basel die einzige Schulungs- möglichkeit für X war; die ,,Talenta" war eine unter verschiedenen 2005 Verwaltungsgericht 100 Möglichkeiten. Unbestritten ist, dass im regionalen oder kantonalen Schulwesen kein zur "Talenta"-Klasse des FG Basel gleichwertiges Bildungsangebot mit integrierter individueller, therapeutischer und schulischer Begleitung und Unterstützung bestanden hat. Entschei- dend für eine Pflicht der Beklagten zur Übernahme des Schulgeldes ist aber, ob an der öffentlichen Schule eine adäquate Schulung mög- lich war. Vorliegend bestehen keine Anhaltspunkte, dass X im Rah- men des öffentlichen Schul- und Begabtenförderungsangebotes nicht hinreichend hätte geschult werden können. Das Recht auf an- gemessene Bildung und ausreichenden Unterricht ist nicht gleichzu- setzen mit dem Anliegen auf die optimale Schulung des einzelnen Kindes. Die Kläger haben sich für einen Privatschulbesuch Xs am FG Basel entschieden, obwohl eine adäquate Förderung im öffentlichen Schulangebot bestanden hätte. Grundlage ihres Entscheides war kein wichtiger Grund, welcher eine Kostenpflicht des Gemeinwesens auszulösen vermöchte, und auch eine Ausnahmesituation im Sinne des Gesetzes und der Rechtsprechung liegt nicht vor. 4. Zusammenfassend ergibt sich, dass für die Privatschulung von X am FG Basel kein zwingendes Erfordernis bestand, weil Al- ternativen im öffentlichen Schulangebot mit individueller Förderung seiner Begabung vorhanden waren. Der öffentliche Schulbesuch der zweiten Primarschule in A stand X weiterhin offen; zudem wurden konkrete Förderungsmassnahmen vorbereitet. Die Klage ist somit vollumfänglich abzuweisen. Die Schulung in der "Talenta" des FG Basels erfolgte auf Wunsch der Kläger, und es liegt vorliegend keine Ausnahmesituation vor, welche die Übernahme des Schulgeldes für die Privatschule rechtfertigen würde.
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2,011
de
2011 FürsorgerischeFreiheitsentziehung 165 IV. Fürsorgerische Freiheitsentziehung 43 Diverse EMRK-Rügen im Zusammenhang mit der Einweisung in das REHA-Haus Effingerhort zur Durchführung einer stationären Langzeit- therapie Urteil des Verwaltungsgerichts, 1. Kammer, vom 11. Oktober 2011 in Sachen H. gegen das Bezirksamt X. (WBE.2011.335). Aus den Erwägungen I. 1. (...) 2. 2.1. Das Feststellungsinteresse ist als Prozessvoraussetzung von Amtes wegen zu prüfen. Dabei handelt es sich um eine Erschei- nungsform des allgemeinen Rechtsschutzinteresses; es verhindert die missbräuchliche und nutzlose Prozessführung. Das Feststellungsin- teresse ist zu bejahen, wenn eine Ungewissheit, Unsicherheit oder Gefährdung der Rechtsstellung vorliegt, deren Fortdauer unzumutbar ist, und die nicht auf andere Weise als durch ein Feststellungsbegeh- ren behoben werden kann. Es versteht sich von selbst, dass nach rechtskräftigem Abschluss eines Verfahrens kein diesbezügliches Feststellungsinteresse besteht. Soweit die Beschwerdeführerin also Vorbringen und Einwendungen betreffend die Einweisung der Beschwerdeführerin in die Psychiatrische Klinik Königsfelden erhebt, soweit sie also beispiels- weise geltend macht, dass die damalige Einweisung in die Klinik Königsfelden zu Unrecht passiert bzw. diese "eine verdammte Saue- rei" gewesen sei, oder etwa, dass im Sinne des Verhältnimässigkeits- prinzips als mildere Massnahme eine Zwangsreinigung ebenso wir- 2011 Verwaltungsgericht 166 kungsvoll gewesen wäre, so ist sie darauf hinzuweisen, dass die diesbezüglich Verwaltungsgerichtsbeschwerde (...) mit Urteil vom 31. Mai 2011 abgewiesen wurde, und dass das entsprechende Verfah- ren mittlerweile seinen rechtskräftigen Abschluss gefunden hat. Auch Art. 5 EMRK i.V.m. Art. 13 EMRK ändert nichts daran, dass die Beschwerdeführerin kein Feststellungsinteresse hat. Soweit die Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 429a Abs. 1 ZGB einen Anspruch auf Schadenersatz und/oder Genugtuung auf- grund einer widerrechtlichen Freiheitsentziehung geltend machen möchte, kann sie gegebenenfalls den Zivilweg beschreiten (Urteil des Bundesgerichts vom 11. April 2005 [5P.57/2005], Erw. 3.2). Ein "Verbrechen gegen die Menschenrechte" liegt - entgegen der Dar- stellung der Beschwerdeführerin - nicht vor. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang sind somit allesamt unbeachtlich. 2.2. (...) 2.3. Insoweit die Beschwerdeführerin geltend macht, es sei "eine verdammte Sauerei", dass die Email-Eingabe des Bruders der Be- schwerdeführerin vom 18. Mai 2011 zu Handen des Bezirksamtes X. der Beschwerdeführerin nicht zur Stellungnahme unterbreitet worden sei, weshalb dem Bezirksamt X. eine Verletzung von Art. 5 Ziffer 2 EMRK vorgeworfen werde, was gerichtlich festzustellen sei, ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, dass dieses Vorbringen ebenfalls das rechtskräftig erledigte Verfahren betreffend die Einwei- sung in die Klinik Königsfelden betrifft. Nachdem die Beschwerde- führerin Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die damalige fürsor- gerische Freiheitsentziehung erhoben hatte, und die damalige Be- schwerde rechtskräftig abgewiesen wurde, kann nunmehr nicht da- rauf eingetreten werden, woran auch Art. 5 EMRK i.V.m. Art. 13 EMRK nichts ändert, da die Beschwerdeführerin kein Feststellungs- interesse hat. Der Vollständigkeit halber sei angefügt, dass die Ein- gabe des Bruders der Beschwerdeführerin zu Handen des Bezirks- amtes X. in der Verfügung des Bezirksamtes X. vom 20. Mai 2011 erwähnt wird; im Rahmen ihres Akteneinsichtsrechts hätte die Be- 2011 FürsorgerischeFreiheitsentziehung 167 schwerdeführerin verlangen können, dass ihr diese gezeigt wird. Dies hat sie offenbar unterlassen. 2.4. (...) 2.5. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet ausschliesslich die Frage, ob die Einweisung der Beschwerdeführerin in das REHA- Haus Effingerhort "zur Alkohol- und Medikamentenentwöhnung" recht- und verhältnismässig ist. Insoweit die Beschwerdeführerin Ausführungen zum Thema psychiatrische Behandlung und psychiatrische Anstalten macht, ist sie darauf hinzuweisen, dass es im vorliegenden Fall nicht um eine psychiatrische Behandlung in einer psychiatrischen Anstalt geht, sondern vielmehr um eine statio- näre psychotherapeutische Behandlung in einer auf Suchterkrankun- gen spezialisierten Therapieeinrichtung. 3. 3.1. Anlässlich der Verhandlung liess die Beschwerdeführerin aus- führen, sie bestreite die Richtigkeit des gesamten Akteninhaltes, soweit er nicht in beweiskräftiger Form erhoben worden sei. Art. 6 Ziff. 1 EMRK zwinge das Gericht, dass bei einer fürsorgerischen Freiheitsentziehung über sämtliche Tatsachen beweiskräftige Ele- mente (Zeugenbefragung unter Strafandrohung, Augenschein, Ur- kunden etc.) vorlägen. Gemäss Akten habe nicht die geringste Be- weisverhandlung stattgefunden; es handle sich einfach um Behaup- tungen, wobei es unzulässig sei, diese gegen die Beschwerdeführerin zu verwenden, zumal deren Bruder anlässlich der Verhandlung vom 31. Mai 2011 nicht auf die Straffolgen eines falschen Zeugnisses aufmerksam gemacht worden sei. Die Berichte der Ärzte seien nicht beweiskräftig, da eine Anstalt keine Gutachterstellung habe. Die Anstalt sei vielmehr Gegenpartei und hätte unter Androhung der StGB-Straffolgen ihre Aussagen bezeugen müssen. Die in den Be- zirksamtsakten befindlichen Fotos seien "mitnichten" Beweis für eine Alkoholkrankheit der Beschwerdeführerin. 3.2. Wie die Beschwerdeführerin richtig erkannt hat, stellen auch Urkunden anerkannte Beweismittel dar. Inwiefern die ärztlichen Be- 2011 Verwaltungsgericht 168 richte bzw. die weiteren Dokumente in den Akten - so auch die Fotos - keine Urkunden im beweisrechtlichen Sinne darstellen sollen, führt die Beschwerdeführerin nicht aus, sondern sie lässt es lediglich beim Bewenden, die Berichte der Ärzte seien nicht beweiskräftig, da eine Anstalt keine Gutachterstellung habe, sondern vielmehr Gegenpartei sei. Das Verwaltungsgericht erachtet die diversen Dokumente als durchaus beweiskräftige Elemente. Nachdem die Einweisung bzw. die Zurückbehaltung in der Klinik Königsfelden nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet, ist auch nicht ersichtlich, inwie- fern die Klinik Königsfelden im vorliegenden Verfahren als "Ge- genpartei" zu gelten hat. Vielmehr unterliegen diese Urkunden der freien richterlichen Beweiswürdigung. So ist insbesondere der Aus- trittsbericht des zuständigen Oberarztes der Klinik Königsfelden vom 6. Oktober 2011 (...) durchaus glaubwürdig und aussagekräftig. 3.3. Der Status des Zeugen zieht (auch im Verwaltungsverfahren) weitreichende Folgen mit sich; so steht namentlich die falsche Zeu- genaussage unter Strafandrohung (vgl. Art. 307 i.V.m. Art. 309 StGB). Aus diesem Grund sieht beispielsweise auch das Bundesge- setz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren die Zeugeneinvernahme als ultima ratio vor, also nur, wenn sich der Sachverhalt nicht anders hinreichend abklären lässt. Im vorliegenden Fall wurde der Bruder der Beschwerdeführerin anlässlich der Ver- handlung vom 31. Mai 2011 als Auskunftsperson einvernommen, um im Rahmen der Untersuchungsmaxime Auskünfte - das sind Infor- mationen zu konkreten Ereignissen, Begebenheiten oder Tatsachen, welche den Sachverhalt ausmachen - zur Situation zu erhalten. Aus diesem Grund war er auch nicht auf die Strafandrohung gemäss StGB bei falscher Zeugenaussage aufmerksam zu machen. Seine Aussagen - wie im Übrigen auch die Aussagen der übri- gen Beteiligten (Ärzte) anlässlich der Verhandlung vom 31. Mai 2011 - unterliegen der freien richterlichen Beweiswürdigung wie sämtliche übrigen Beweismittel und finden dementsprechend auch im vorliegenden Verfahren Berücksichtigung. 4. (...) 2011 FürsorgerischeFreiheitsentziehung 169 5. 5.1. Anlässlich der Verhandlung liess die Beschwerdeführerin bean- tragen, es seien diverse EMRK-Verletzungen festzustellen, so die Verletzung von Art. 5 Ziffer 1, Art. 8 und Art. 4 EMRK. Wie bereits in Erw. I/2.1 hiervor ausgeführt, bedarf es als Pro- zessvoraussetzung eines Feststellungsinteresses. 5.2. Die Beschwerdeführerin leitet die Zulässigkeit ihrer Feststel- lungsbegehren aus Art. 13 EMRK ab. Gemäss Art. 13 EMRK ist der Verletzte berechtigt, eine wirksame Beschwerde bei einer nationalen Instanz einzulegen, wenn die in der Konvention festgestellten Rechte und Freiheiten beeinträchtigt worden sind. Art. 13 EMRK ist indes- sen nicht unmittelbar anwendbar, falls im innerstaatlichen Recht be- reits eine wirksame Beschwerdemöglichkeit besteht (Urteil des Bun- desgerichts vom 11. April 2005 [5P.57/2005], Erw. 3.2). 5.3. Art. 5 Ziffer 1 EMRK gewährleistet das Recht auf Freiheit und Sicherheit, wobei in Fällen eines rechtmässigen Freiheitsentzugs - u.a. bei "Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen" (lit. e) - die Freiheit auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden darf. Die Beschwerdeführerin hat gegen die vom Bezirksamt X. am 21. Sep- tember 2011 verfügte fürsorgerische Freiheitsentziehung fristgerecht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Das Verwaltungsgericht beurteilt nämlich unter anderem Beschwerden gegen fürsorgerische Freiheitsentziehungen (§ 54 Abs. 1 VRPG, Art. 397d ZGB, § 67o EG ZGB). Im innerstaatlichen Recht ist folglich eine wirksame Be- schwerdemöglichkeit gegeben, weshalb Art. 13 EMRK nicht unmit- telbar anwendbar ist. Insoweit die Beschwerdeführerin beantragt, es sei festzustellen, dass Art. 5 Ziffer 1 EMRK verletzt sei, kann des- halb darauf nicht eingetreten werden. Soweit sich das Feststel- lungsbegehren auf die Verfügung des Bezirksamtes X. vom 20. Mai 2011 bezieht, kann auf Erw. I/2.1 hiervor verwiesen werden. 5.4. Ein rechtmässiger Freiheitsentzug (das Verwaltungsgericht prüft im Rahmen des vorliegenden Verfahrens die Rechtmässigkeit der 2011 Verwaltungsgericht 170 fürsorgerischen Freiheitsentziehung aufgrund der dagegen erhobenen Beschwerde) hat gezwungenermassen zur Folge, dass weitere (Men- schen-) Rechte der betroffenen Person tangiert werden. Die Beschwerdeführerin macht mit Hinweis auf Art. 8 EMRK geltend, ihr Menschenrecht auf Familien- und Privatleben sei inso- fern verletzt, als dass sie nicht in einer eigenen Wohnung leben könne; sie müsse an einem Ort in einer Zwangsgemeinschaft leben. Wird einer Person die Freiheit gemäss Art. 5 EMRK entzogen, hat dies zwangsläufig zur Folge, dass ihr Familien- bzw. Privatleben tangiert wird. Gestützt auf die obigen Erwägungen (Erw. 5.2 f.) kann auf das entsprechende Feststellungsbegehren der Beschwerdeführe- rin somit ebenfalls nicht eingetreten werden, nachdem sie fristge- recht Verwaltungsgerichtsbeschwerde zur Überprüfung der Recht- mässigkeit der fürsorgerischen Freiheitsentziehung - und damit in- klusive (da notwendige Folge) auch gegen die mit dieser einherge- henden Einschränkungen der Freiheitsrechte - erhoben hat. 5.5. Die selben Überlegungen gelten auch betreffend den Antrag der Beschwerdeführerin, sie werde im REHA-Haus Effingerhort zu Zwangsarbeit gezwungen, was einen Verstoss gegen Art. 4 EMRK darstelle und entsprechend festzustellen sei. Art. 4 EMRK beinhaltet das Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit. Im REHA-Haus Effingerhort arbeitet die Beschwerde- führerin zu 50% in der Hauswirtschafts-Gruppe. Die Arbeit der Beschwerdeführerin in der Hauswirtschafts- Gruppe ist Teil des therapeutischen Angebots des REHA-Hauses Effingerhort. Unter dem Motto "Den Alltag neu leben" lernen die Be- wohnerinnen und Bewohner Fähigkeiten und Fertigkeiten wie Ge- spräche zu führen, Konflikte zu lösen und Beziehungen zu pflegen. Auch das Erarbeiten einer sinnvollen Freizeitgestaltung und weitere Verhaltensweisen lernen und üben die Bewohner in Einzel- und Gruppentherapien. Die Arbeit in Garten, Landwirtschaft, Küche und Hauswirtschaft steigert die Motivation und das Selbstwertgefühl. Alle Patienten werden in ihrer Arbeit professionell begleitet (http://www.effingerhort.ch/de/rehahaus_effingerhort/angebot). 2011 FürsorgerischeFreiheitsentziehung 171 Die Beschwerdeführerin übersieht in diesem Zusammenhang, dass in Art. 4 Ziffer 3 lit. a EMRK explizit ausgeführt wird, dass eine Arbeit nicht als Zwangs- oder Pflichtarbeit im Sinne dieses Artikels gilt, welche üblicherweise von einer Person verlangt wird, der unter den Voraussetzungen von Art. 5 EMRK die Freiheit entzogen wurde. Ob die Freiheitsentziehung rechtmässig ist, wird im Rahmen des vor- liegenden Verfahrens geprüft. Auf das entsprechende Feststellungsbegehren kann deshalb ebenfalls nicht eingetreten werden. II. 1. Die Beschwerdeführerin macht des Weiteren eine Verletzung von Art. 8 Ziffer 1 EMRK geltend. Art. 8 Ziffer 1 EMRK beinhaltet u.a. das Recht auf Achtung der Korrespondenz. Zur Begründung wird ausgeführt, das Fax-Schreiben des Rechtsvertreters vom 9. Oktober 2011 betreffend Ausstandsbegehren sei der Beschwerde- führerin nicht bereits am Sonntag ausgehändigt worden, was ein Verbrechen darstelle. 2. Im Gegensatz zu den hiervor genannten Feststellungsbegehren, auf welche mangels Feststellungsinteresses nicht eingetreten werden konnte (Erw. I/5 hiervor), ist in Bezug auf das Recht auf Achtung der Korrespondenz ein Feststellungsinteresse der Beschwerdeführerin grundsätzlich zu bejahen. Mit einer fürsorgerischen Freiheitsentzie- hung ist nicht zwingend auch die Einschränkung des Rechts auf Ach- tung der Korrespondenz verbunden. Da die Beschwerdeführerin wei- terhin mittels fürsorgerischer Freiheitsentziehung im REHA-Haus Effingerhort bleiben wird, hat sowohl die Beschwerdeführerin wie auch das REHA-Haus Effingerhort ein Interesse an der gerichtlichen Feststellung, ob eine Verletzung von Art. 8 Ziffer 1 EMRK vorliegt. 3. Wird einer Person die Freiheit gemäss Art. 5 EMRK entzogen, hat dies zwangsläufig zur Folge, dass ihr Recht auf Achtung der Korrespondenz in zeitlicher Hinsicht tangiert werden kann; dies umso mehr, als dass an einem Sonntag - der 9. Oktober 2011 fiel auf eine Sonntag - in den diversen Einrichtungen in der Regel "Sonn- 2011 Verwaltungsgericht 172 tagsdienst" herrscht, was in praktischer Hinsicht bedeutet, dass an diesen Tagen weniger Personal anwesend ist, welches sich umgehend um die (auch postalischen) Angelegenheiten der Bewohner und Be- wohnerinnen kümmern kann. Sobald eine betroffene Person - wie im vorliegenden Fall - kein eigenes Fax-Gerät im Zimmer hat (was wohl in praktisch allen Fällen zutreffen dürfte), ist es gezwungener- massen so, dass eine Fax-Nachricht nicht unmittelbar in den Emp- fangsbereich des Betroffenen gelangt. Der Beschwerdeführerin wur- de die Eingabe ihres Vertreters vom 9. Oktober 2011 am darauf- folgenden Montag, d.h. am nächsten Arbeitstag, nachmittags im Rah- men eines gemeinsamen Gesprächs zwischen der Beschwerdeführe- rin und der Leiterin des REHA-Hauses Effingerhort übergeben. Mit dieser Übergabe wurde Art. 8 Ziffer 1 EMRK nicht verletzt. Die Ein- gabe erforderte keine Reaktion der Beschwerdeführerin, da es sich dabei lediglich um eine Zustellung zur Kenntnis an die Beschwer- deführerin bezüglich Ablehnungsbegehren der Präsidentin der ersten Kammer handelte (welches nota bene in der Folge abgewiesen wurde), und somit eine frühere Kenntnisnahme für die Beschwerde- führerin keine Auswirkungen gehabt hätte. Das Begehren auf ent- sprechende Feststellung ist dementsprechend abzuweisen.
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2005 Verwaltungsgericht 336 [...] 67 Offizialmaxime und Rügeprinzip. - Innerhalb des Streitgegenstands gilt für die Rechtsmittelinstanzen der Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen; keine Bindung an die Rechtsauffassung der Parteien und die von ihnen vorgebrach- ten rechtlichen Überlegungen (Erw. 2/a). - Anhörungspflicht (Erw. 2/b). Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 3. Mai 2005 in Sachen B. und Mitb. gegen Regierungsrat. 2005 Verwaltungsrechtspflege 337 Aus den Erwägungen 1. In seinem Baubewilligungsentscheid vom 1. März 2004 stellte der Stadtrat u.a. fest, dass das geplante Dreifamilienhaus auf seiner Nord- und Ostseite den gesetzlichen Abstand zur Meier- hofstrasse von 6 m unterschreite; weil das Projekt die Häuserflucht an der Meierhofstrasse weiterführe und deshalb eine städtebaulich erwünschte, gute Lösung sei, könne im Sinne von § 67 Abs. 1 BauG eine Ausnahmebewilligung erteilt werden. Die Einsprecher H. und K. machten ausschliesslich diesen Punkt zum Gegenstand ihrer Verwaltungsbeschwerde vom 23. März 2004. Der Regierungsrat bestätigte insoweit die Baubewilligung, griff aber von sich aus die Frage der Normkonformität der projektierten Fahrzeug-Abstellplätze auf und verpflichtete die Bauherrschaft zu Anpassungen. Dies wiederum fechten die Beschwerdeführer vor Verwaltungsgericht an. 2. Vorab machen die Beschwerdeführer geltend, der Regie- rungsrat hätte nur unter den Voraussetzungen des aufsichtsrecht- lichen Einschreitens von Amtes wegen die Rechtmässigkeit der ge- planten Parkplätze prüfen dürfen; obwohl diese Rechtsauffassung im vorinstanzlichen Verfahren einlässlich dargelegt und begründet wor- den sei, sei der Regierungsrat darauf nicht eingegangen, was einer Rechtsverweigerung gleichkomme. a) Die Beschwerdeführer übersehen bei ihrer Argumentation, dass im Verwaltungsrecht ganz allgemein die Offizialmaxime gilt, d.h. dass die Behörden das Recht von Amtes wegen anwenden (§ 20 Abs. 1 Satz 2 VRPG). Dieser Grundsatz besagt, dass die Verwal- tungsbehörde (und das Verwaltungsgericht) selbständig alle für einen bestimmten Tatsachenkomplex anwendbaren Rechtsnormen zu su- chen, diese auszulegen und die daraus sich ergebenden rechtlichen Folgen zu ziehen hat. Die Behörde hat also von sich aus diejenigen Rechtsnormen heranzuziehen, die für einen Sachverhalt objektiv massgebend sind. Ihr obliegt die Verantwortung für die Rechtser- mittlung, und sie hat diese Vorschriften so anzuwenden, wie sie es für richtig hält. An die Rechtsauffassung der Parteien und an die von diesen vorgebrachten rechtlichen Überlegungen ist die Behörde nicht gebunden. Gilt der Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes we- 2005 Verwaltungsgericht 338 gen im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren absolut, so ist die Rechtsmittelinstanz an den durch die Parteivorbringen festgelegten Streitgegenstand gebunden (siehe zum Ganzen: Alfred Kölz / Jürg Bosshart / Martin Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflege- gesetz des Kantons Zürich, 2. Auflage, Zürich 1999, § 7 N 79 ff.; ferner BGE 110 V 52 f.; Thomas Merkli / Arthur Aeschlimann / Ruth Herzog, Kommentar zum Gesetz vom 23. Mai 1989 über die Ver- waltungsrechtspflege des Kantons Bern, Bern 1997, Art. 51 N 1 f.; Alexander Ruch, in: ZBl 101/2000, S. 422 f. mit weiteren Hinwei- sen). Im vorliegenden Falle wurde in der Verwaltungsbeschwerde vom 23. März 2004 beantragt, der Baubewilligungsentscheid vom 1. März 2004 sei aufzuheben und die Baubewilligung zu verweigern. Damit war der Streitgegenstand umrissen; zu überprüfen war die Baubewilligung als Ganzes. Der Regierungsrat als rechtsanwendende Behörde war somit befugt, von sich aus einen Punkt - die Parkplatzfrage - aufzugreifen, der in der Beschwerdebegründung und im späteren Verlauf des Verfahrens gar nicht genannt wurde. Das Rügeprinzip ist mit der Offizialmaxime grundsätzlich unvereinbar; die Praxis hat ihm nur insofern zum Durchbruch verholfen, als die Rechtsmittelbehörden zur Prüfung von Rechtsmängeln, die von den Parteien nicht gerügt werden, aus verfahrensökonomischen Gründen nicht verpflichtet werden können (Kölz/Bosshart/Röhl, a.a.O., § 7 N 82 und § 50 N 4; Ruch, a.a.O., S. 422). b) Geht eine Rechtsmittelinstanz so vor, sind die Verfahrens- beteiligten vorgängig anzuhören, wenn auf den Streitgegenstand eine bisher nicht herangezogene Bestimmung, mit deren Erheblichkeit für das Verfahren nicht zu rechnen war, angewendet werden soll (Kölz/Bosshart/Röhl, a.a.O., § 7 N 84 und § 50 N 4; Merkli/Aesch- limann/Herzog, a.a.O., Art. 51 N 3). Dieser Pflicht ist der Regie- rungsrat vollumfänglich nachgekommen. Ebenso wenig kann ihm vorgeworfen werden, er habe seinen Entscheid unzulänglich be- gründet; der Hinweis auf § 20 Abs. 1 VRPG ist zwar kurz und knapp, doch durfte der Regierungsrat auch voraussetzen, dass die Entscheidadressaten über die Bedeutung der Rechtsanwendung von Amtes wegen Bescheid wissen (siehe zur Begründungspflicht allge- 2005 Verwaltungsrechtspflege 339 mein: BGE 121 I 57; 119 Ia 269; 117 Ia 1, 117 Ib 64, 114 Ia 233, 112 Ia 109 f., je mit Hinweisen). c) Zusammenfassend ergibt sich unter diesem Titel, dass der Regierungsrat die Parkplatzfrage im Rahmen des Verwaltungsbe- schwerdeverfahrens - d.h. nicht nur aufsichtsrechtlich - von sich aus aufgreifen durfte und von einer Rechtsverweigerung keine Rede sein kann.
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2000 Verwaltungsgericht 322 73 Wechsel der Bewertungsmethode im Anschluss an einen Rückweisungs- entscheid des Verwaltungsgerichts. - Die neuerliche Bewertung der Angebote muss auf der Grundlage der bereits im ersten Umgang des Vergabeverfahrens festgelegten Bewer- tungsmatrix bzw. Bewertungsmethode erfolgen. - Eine Abweichung ist zulässig, wenn eine ausdrückliche Aufforderung zur Korrektur durch die Rechtsmittelinstanz erfolgt oder wenn grundlegende Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse vorliegen. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 29. November 2000 in Sachen ARGE E. AG/M. AG gegen Verfügung des Abwasserverbands O. Aus den Erwägungen 4. a) Die Vergabestelle hat auch eine Neubewertung des Ange- botspreises vorgenommen. Die bereinigten Netto-Angebotssummen betragen bei den Beschwerdeführerinnen Fr. 1'545'297.55 und bei der B. AG Fr. 1'575'757.80. Es besteht also eine Preisdifferenz von Fr. 30'460.25 oder 2.1 %. Das Verhältnis der Offertpreise (Kosten- relation) spielte beim ersten, vom Verwaltungsgericht aufgehobenen Vergabeentscheid keine Rolle; vielmehr erhielt das preisgünstigste Angebot die Maximalnote 10, das zweitgünstigste die Note 9, usw. Dies führte zur folgenden Preisbewertung (wobei der Preis bzw. die Kosten in Abweichung von der in den Ausschreibungsunterlagen vorgegebenen Reihenfolge der Zuschlagskriterien mit 60 % am weitaus höchsten gewichtet wurde: ARGE M. AG / E. AG Note 10 600 Punkte B. AG Note 9 540 Punkte Bei der erneuten Vergabe wurde nun für die Bewertung auf die effektiven Preisdifferenzen abgestellt. Dazu hält die Vergabestelle Folgendes fest: ,,Die Bewertung der Preisdifferenz wird relativ mit dem Kehrwert der Preisabweichung vorgenommen. Ein Angebot, 2000 Submissionen 323 welches 2 % teurer ist, erhält die Punktzahl 9.8, ein Angebot, wel- ches 20 % teurer ist, erhält die Punktzahl 8.3". Diese Berechnungs- weise führte zu einer Bewertung des Angebots der Beschwerdeführe- rinnen mit der Note 10, währenddem das Angebot der B. AG mit der Note 9.8 (Kehrwert von 102.1 %) bewertet wurde. Dies ergibt neu die folgende Punktzahl: ARGE M. AG / E. AG Note 10 600 Punkte B. AG Note 9.8 588 Punkte Die Beschwerdeführerinnen erachten diesen nachträglichen Wechsel der Bewertungsmethode als unzulässig. b) Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts ist in erster Linie entscheidend, dass ein Bewertungs- oder Benotungs- system im Grundsatz sachgerecht ist und einheitlich, d. h. auf alle Anbietenden bzw. auf alle Angebote in gleicher Weise und nach glei- chen Massstäben angewendet wird. Das Verwaltungsgericht be- schränkt sich im Rahmen seiner Kontrollbefugnisse auf die Über- prüfung dieser Gesichtspunkte; ihm kommt nicht die Funktion einer ,,Ober-Vergabebehörde" zu. Welches System letztlich Anwendung findet und wie es im Detail ausgestaltet ist, ist dabei von eher unter- geordneter Bedeutung. Auch bei der Bewertung des Preises im Be- sonderen gilt, dass das Verwaltungsgericht die von der Vergabestelle gewählte Vorgehensweise respektieren muss, sofern diese nicht völlig sachfremd ist oder auf die einzelnen Anbieter unterschiedlich angewendet wird und so zu Wettbewerbsverzerrungen führt (VGE III/152 vom 4. November 1999 in Sachen C. AG, S. 12 f.). Vor diesem Hintergrund hat sich das Verwaltungsgericht in seinem Ent- scheid vom 30. März 2000 (VGE III/40) nicht zur Preisbewertung, wie sie dem damaligen Zuschlag zugrunde lag, geäussert. c) Die Aufhebung des Vergabeentscheids durch das Verwal- tungsgericht und die Rückweisung des Verfahrens zur Neubewertung durch die Vergabestelle kann unter Umständen auch einen Einfluss 2000 Verwaltungsgericht 324 auf die ursprüngliche Bewertungsmatrix haben, indem diese aufgrund des Rechtsmittelentscheids angepasst werden muss (z. B. weil ein Zuschlagskriterium für unzulässig oder für qualifiziert falsch gewichtet erklärt wird). Insofern kann im Fall der Rückweisung keine absolute Bindung der Vergabestelle an die von ihr einmal fest- gelegte Matrix bestehen. Anderseits ist die Vergabestelle nicht be- fugt, beliebig und ohne sachliche Notwendigkeit die Matrix auch in Bezug auf unangefochten gebliebene Punkte zu ändern und gestützt darauf Neubeurteilungen und Neubewertungen vorzunehmen. Es muss vielmehr ein rechtsgenüglicher Anlass zur Abänderung der Beurteilungsmatrix bestehen, der sich entweder aus den Erwägungen des Rechtsmittelentscheids oder ausnahmsweise auch aus zwi- schenzeitlich massgeblich veränderten tatsächlichen Verhältnissen ergeben kann (vgl. zum Ganzen auch VGE III/70 vom 28. Mai 1999 in Sachen ARGE S. AG / K. AG, S. 14 f.). Bei derartigen nachträg- lichen Anpassungen ist angesichts der damit verbundenen und nicht zu unterschätzenden Manipulationsgefahr klarerweise äusserste Zurückhaltung geboten; sie müssen die Ausnahme bleiben. Im vorliegenden Fall hat die Vergabestelle nun im Anschluss an die Aufhebung des Zuschlags und die Rückweisung des Verfahrens durch das Verwaltungsgericht die Bewertungsmethode in Bezug auf den Preis geändert, was zu einer klaren Besserbewertung der B. AG geführt hat, indem die ursprüngliche Punktedifferenz von 60 Punkten zu Gunsten der Beschwerdeführerinnen auf noch 12 Punkte reduziert worden ist. Für eine solche Änderung besteht nun klarerweise kein sachlich haltbarer Grund. Das Verwaltungsgericht hat in seinen Er- wägungen lediglich festgestellt, dass die vorgenommene Gewichtung der Zuschlagskriterien mit einem klaren Übergewicht des Preises (60%) nicht der Rangfolge der Zuschlagskriterien gemäss den Aus- schreibungsunterlagen (Qualität, Preis, Erfahrung und Referenzen, Termine, Garantie und Unterhaltsleistungen) entspreche, der Mangel sich aber nicht zu Ungunsten der Beschwerdeführerinnen auswirke (VGE III/40, S. 8 f.). Im Übrigen befasst sich der Entscheid mit den 2000 Submissionen 325 eingeholten Referenzauskünften; hierbei ist das Verwaltungsgericht zum Schluss gekommen, dass der Sachverhalt unvollständig und unrichtig ermittelt worden sei. Die Beschwerdesache wurde deshalb zurückgewiesen verbunden mit der Anweisung, den massgebenden Sachverhalt richtig und vollständig zu ermitteln, und dann eine Neubewertung der Vergabekriterien ,,Qualität (inkl. Termin)" und ,,Erfahrung" vorzunehmen (VGE III/40, S. 22 f.). Die von der Verga- bestelle gewählte Methode der Preisbewertung wurde - wie erwähnt - im Entscheid nicht in Frage gestellt. Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, die eine Neubewertung des Preises erfor- derlich machen würde, hat sich nicht ergeben. Die (einzige) Begrün- dung der Vergabestelle für die Änderung der Bewertungsmethode be- steht in der grösseren Objektivität und Gerechtigkeit der nun verwen- deten Methode. Ob dem tatsächlich so ist - was die Beschwerde- führerinnen mit guten Gründen in Frage stellen - kann hier offen bleiben. Allein die nachträgliche Erkenntnis der Vergabestelle, eine andere Bewertungsmethode als diejenige, für die sie sich ursprüng- lich entschieden und die sie auch angewendet hat, führe zu einem (zumindest aus ihrer Sicht) richtigeren bzw. gerechteren Ergebnis, vermag bei Rückweisungen keine Änderung der Bewertungsmethode zu rechtfertigen. Von den dargelegten Ausnahmen (ausdrückliche Aufforderung zur Korrektur durch die Rechtsmittelinstanz, grundlegende Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse) abgesehen muss die neuerliche Bewertung der Angebote auf der Grundlage der bereits im ersten Umgang des Vergabeverfahrens festgelegten Be- wertungsmatrix bzw. Bewertungsmethode erfolgen. Ohne diese Bin- dung hätte es die Vergabestelle ohne weiteres in der Hand, einerseits zwar (formell) dem Beschwerdeentscheid bzw. den Anweisungen der Rechtsmittelinstanz Folge zu leisten, anderseits aber durch zusätz- liche Korrekturen und Anpassungen der Bewertungsmatrix dennoch - zu Ungunsten eines unerwünschten Anbieters - das von ihr gewollte Ergebnis herbeizuführen. Ein solches Vorgehen entspricht nicht einem fairen und transparenten, dem Grundsatz der Gleichbe- 2000 Verwaltungsgericht 326 handlung bzw. Nichtdiskriminierung der Anbietenden verpflichteten Submissionsverfahren. Die ohne sachliche Notwendigkeit vorge- nommene nachträgliche Anpassung der Preisbewertung erweist sich damit auch im vorliegenden Fall als unzulässig.
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2007 Submissionen 153 IV. Submissionen 37 Rechtsschutz. - Unterhalb der Schwellenwerte des Einladungsverfahrens besteht seit der Revision des Submissionsdekrets vom 18. Oktober 2005 kein Rechtsschutz, und die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist unzulässig. Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 19. September 2007 in Sachen H. AG gegen den Gemeinderat L. (WBE.2007.141). Aus den Erwägungen 1. 1.1. Die Beschwerde an das Verwaltungsgericht ist zulässig "in den Fällen, welche dieses oder ein anderes Gesetz bestimmt" (§ 51 Abs. 1 VRPG). Überdies kann durch Dekret des Grossen Rates die Zulässig- keit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf weitere Fälle ausge- dehnt werden (§ 51 Abs. 2 Satz 1 VRPG). Gegen Verfügungen der Vergabestelle gemäss § 5 SubmD, in der Fassung vom 18. Oktober 2005, kann direkt beim Verwaltungs- gericht Beschwerde erhoben werden (§ 24 Abs. 1 SubmD). Beim Gemeinderat L. handelt es sich unstreitig um eine Vergabestelle im Sinne von § 5 Abs. 1 lit. b SubmD. Sind die Schwellenwerte des Einladungsverfahrens (gemäss § 8 Abs. 2 SubmD) erreicht, gilt als anfechtbare Verfügung u.a. der Zuschlag (§ 24 Abs. 2 lit. b SubmD). Gemäss § 8 Abs. 2 SubmD sind Aufträge im Einladungsverfah- ren zu vergeben, wenn der geschätzte Wert des Einzelauftrags fol- genden Betrag übersteigt: a) Fr. 300'000.-- bei Aufträgen des Bauhauptgewerbes; b) Fr. 150'000.-- bei Dienstleistungen und Aufträgen des Bauneben- gewerbes; 2007 Verwaltungsgericht 154 c) Fr. 100'000.-- bei Lieferungen. Erreicht der geschätzte Wert des Einzelauftrags den Betrag für das Einladungsverfahren nicht, so kann der Auftrag freihändig ver- geben werden (§ 8 Abs. 3 lit. a SubmD). 1.2. Der vorliegend zu vergebende Auftrag umfasst neben der Liefe- rung und Montage der neuen Heizanlage auch die Demontage der bestehenden Anlage (Heizzentrale, Öltank, Unterstation). Es handelt sich somit um Arbeiten im Zusammenhang mit den technischen In- stallationen eines Bauwerks, d.h. um Arbeiten des Baunebengewer- bes. Davon geht zu Recht auch die Beschwerdeführerin aus. Eben- falls unbestritten ist, dass der für die Vergabe im Einladungsverfah- ren massgebende Schwellenwert von Fr. 150'000.-- vorliegend nicht erreicht wird. Die Beschwerdeführerin vertritt den Standpunkt, sie habe dennoch Anspruch auf eine beschwerdefähige Verfügung. Sie begründet diesen Standpunkt vor allem mit einem Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 31. Juli 1997, wonach sich der Anspruch auf eine Verfügung aus §§ 23 und 24 SubmD, § 23 VRPG und aus Art. 9 BGBM ergebe. 1.3. 1.3.1. Der von der Beschwerdeführerin angerufene VGE III/55 vom 31. Juli 1997 (BE.1997.00163) ist unter der Geltung des SubmD in der ursprünglichen Fassung vom 26. November 1996 (nachfolgend: aSubmD) ergangen. Danach unterstanden die Gemeinden den Be- stimmungen des SubmD nur, wenn sie Bauaufträge über einem ge- schätzten Wert des Einzelauftrags von Fr. 200'000.-- bzw. Dienst- leistungs- und Lieferaufträge über einem geschätzten Wert des Ein- zelauftrags von Fr. 50'000.-- (§ 5 Abs. 1 lit. d aSubmD) oder Auf- träge, die von der öffentlichen Hand subventioniert wurden, verga- ben (§ 5 Abs. 1 lit. b aSubmD). Diese Einschränkung bestand indes- sen nur in Bezug auf die Geltung der materiellen Bestimmungen des Dekrets, nicht aber in Bezug auf die Vorschriften über den Rechts- schutz, denn § 24 Abs. 3 aSubmD sah ausdrücklich vor, dass die Be- stimmung über die Beschwerde auch für Gemeinden und andere Vergabestellen gemäss § 5 Abs. 1 lit. d aSubmD galt. Mithin bestand 2007 Submissionen 155 nach altem Recht gestützt auf § 24 aSubmD gegenüber sämtlichen Vergaben öffentlicher Aufträge die Möglichkeit der Beschwerde an das Verwaltungsgericht. Daraus sowie insbesondere aus der Vor- schrift von Art. 9 Abs. 1 BGBM leitete das Verwaltungsgericht - in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre - einen Anspruch der Anbietenden auf das Ergehen einer beschwerdefähigen Verfügung auch bei kommunalen Vergaben unterhalb der Schwellenwerte von § 5 Abs. 1 lit. d aSubmD ab (erwähnter VGE vom 31. Juli 1997, S. 6 f., 9 f.). 1.3.2. In einem Urteil vom 11. Februar 2005 kam das Bundesgericht zum Schluss, dass die Regelung des Kantons Bern, wonach Auf- tragsvergaben unterhalb der Schwellenwerte des Einladungsverfah- rens (oder tieferer kommunaler Schwellenwerte) nicht anfechtbar sind, vor Art. 9 BGBM standhalte. Es gebe eine Reihe gewichtiger Gründe für die Zulässigkeit einer solchen Regelung. So sei auch im Bund eine analoge Beschränkung vorgesehen. Das BoeB sei nur an- wendbar, wenn bestimmte Schwellenwerte erreicht würden. Nur dann kämen auch die Rechtsschutzbestimmungen zur Anwendung. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Kantone verpflichtet sein sollten, auch für Bagatellvergaben Rechtsmittelverfahren vorzusehen, wenn der Bund selber für solche Fälle keinen Rechtsschutz kenne. Sodann habe die Gewährung einer Anfechtungsmöglichkeit grundsätzlich nur dort einen Sinn, wo das einschlägige Submissionsrecht im Hinblick auf die Bedeutung des Auftrags ein formalisiertes Vergabeverfahren überhaupt vorsehe. Das freihändige Verfahren sei kein derartiges Verfahren. Dass zwischen dem Verfahrensaufwand und der Be- deutung des zu vergebenden Auftrags ein vernünftiges Verhältnis be- stehen solle, komme auch aus Art. 5 Abs. 2 BGBM zum Ausdruck, wonach nur Vorhaben für "umfangreiche" öffentliche Einkäufe, Dienstleistungen und Bauten unter Angabe der Kriterien für Teil- nahme und Zuschlag amtlich zu publizieren seien. Es stehe sodann ausser Frage, dass der kantonale Gesetzgeber die Ausgestaltung des Submissionsverfahrens bzw. den damit für die Behörde verbundenen Evaluationsaufwand u.a. von der Bedeutung der Vergebung, d.h. von zu erreichenden Schwellenwerten, abhängig machen dürfe. Art. 9 2007 Verwaltungsgericht 156 BGBM schliesse derartige Differenzierungen nicht aus. Ebenso sei klar, dass nicht für jede kleine und kleinste Vergebung der öffentli- chen Hand ein förmliches Verfahren durchgeführt und entsprechende Anordnungen unabhängig vom Wert des Auftrags immer in die Form einer anfechtbaren Verfügung gekleidet werden müssten; dies wider- spräche der Realität (vgl. zum Ganzen BGE 131 I 137 Erw. 2.4; siehe ferner Martin Beyeler, in: BR 2005, S. 70 f.; ähnlich schon Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 16. Sep- tember 1999, in: St. Gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis [GVP] 1999, Nr. 36, S. 104 ff.). 1.3.3. Im Rahmen der Teilrevision des Submissionsdekrets im Jahr 2005 wurde vor dem Hintergrund des vorgenannten bundesgerichtli- chen Entscheids § 24 SubmD (Beschwerde) wie folgt neu gefasst: " 1 Gegen Verfügungen der Vergabestelle kann direkt beim Verwal- tungsgericht Beschwerde erhoben werden; dieses entscheidet endgültig. 2 Sind die Schwellenwerte des Einladungsverfahrens erreicht, gelten als anfechtbare Verfügungen: a) die Ausschreibung; b) der Zuschlag; c) der Entscheid über die Auswahl von Anbietenden im selektiven Verfahren; d) der Ausschluss vom Vergabeverfahren; e) der Widerruf des Zuschlags oder der Abbruch des Vergabeverfah- rens. 3 Der Ausschluss von künftigen Vergabeverfahren kann unabhängig vom Schwellenwert angefochten werden." Die bisherige lit. d von § 5 Abs. 1 SubmD sowie § 5 Abs. 2 SubmD wurden ersatzlos gestrichen. In der Zusatzbotschaft des Regierungsrats zur Teilrevision des Submissionsdekrets vom 6. Juli 2005 (GR.04.199) wurde zur Be- gründung u.a. ausgeführt, eine Regelung analog der bernischen, mit der Durchführung von förmlichen Verfahren nur oberhalb von be- stimmten Schwellenwerten, führe zu einer wesentlichen Verein- fachung und damit zu einer Verkleinerung des Verwaltungsaufwands der Vergabestellen in diesem Bereich, aber auch zu rascheren Verfah- 2007 Submissionen 157 ren. Zudem sei absehbar, dass auch die Anzahl der Beschwerden an das Verwaltungsgericht abnehmen werde (Zusatzbotschaft, S. 2). Mithin handelt es sich nach der Konzeption des SubmD bei der Vergabe öffentlicher Aufträge unterhalb der Schwellenwerte des Einladungsverfahrens um verfügungsfreies staatliches Handeln. 1.4. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die Beschwerde- führerin nach der gemäss der Teilrevision vom 18. Oktober 2005 geltenden Rechtslage aus dem Submissionsdekret im vorliegenden Fall keinen Anspruch auf eine beschwerdefähige Verfügung und da- mit auch keinen Anspruch auf Rechtsschutz ableiten kann.
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2011 Bau-, Raumentwicklungs-, Umweltschutzrecht 147 [...] 38 Rechtliche Qualifikation einer Privatstrasse Eine Privatstrasse, welche mit einem im Grundbuch angemerkten öffent- lichen Fusswegrecht belastet ist, gilt als öffentliche Strasse. Urteil des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 8. November 2011 in Sachen A. gegen B. GmbH (WBE.2010.306). Aus den Erwägungen 2. 2.2.1 - 2.2.2 (...) 2.2.3 (...) Öffentliche Strassen sind alle dem Gemeingebrauch offen ste- henden Strassen, Wege und Plätze mit ihren Bestandteilen. Als öf- fentliche Strassen gelten auch die im Eigentum Privater oder von Korporationen stehenden Strassen, die mit Zustimmung der Eigentü- mer oder durch Enteignung dem Gemeingebrauch zugänglich ge- macht worden sind (§ 80 Abs. 1 BauG). Obwohl nicht ausdrücklich erwähnt, ist unter "Zugänglichmachen" die Widmung einer Strasse für den Gemeingebrauch zu verstehen (AGVE 2008, S. 143 mit Hin- weis). Die Widmung einer Privatstrasse zum Gemeingebrauch setzt die Zustimmung des Eigentümers oder eine öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung voraus (§ 80 Abs. 1 Satz 2 BauG; AGVE 2008, S. 143 mit Hinweis; Ulrich Häfelin / Georg Müller / Felix Uhl- mann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Auflage, Zürich / St. Gallen 2010, Rz. 2350). Der Kirchweg steht im privaten Eigentum der jeweiligen Grundeigentümer (Parzellen Nrn. [...]). Es ist allerdings unbestritten, dass im Grundbuch ein den Kirchweg bzw. die jeweiligen Parzellen belastendes öffentliches Fusswegrecht angemerkt ist. Aus den Grundbucheinträgen sowie aus den Kaufverträgen vom 25. Juli und 2011 Verwaltungsgericht 148 7. September 1923 sowie vom 13. April 1934 kann abgeleitet wer- den, dass der Kirchweg schon vor sehr langer Zeit dem Gemeinge- brauch (wenn auch in beschränktem Mass) zugänglich gemacht wurde (vgl. die Praxis des Departements Bau, Verkehr und Umwelt in AGVE 2006, S. 481 ff., wonach dies zur Qualifizierung als öf- fentliche Strasse genügt). Die Widmung erfolgte spätestens mit dem Eintrag ins Grundbuch bzw. mit der Anmerkung des Fusswegrechts zu Gunsten der Öffentlichkeit. Die Widmung ist nicht an eine be- stimmte Form gebunden; es genügt der irgendwie erkennbare Wille der Verwaltung, eine öffentliche Strasse zu schaffen (Erich Zimmerlin, Baugesetz des Kantons Aargau vom 2. Februar 1971, Kommentar, 2. Auflage, Aarau 1985, § 11 N 2). Mit dem Eintrag ins Grundbuch wurde dieser Wille rechtsgenüglich kundgetan. Insofern handelt es sich beim Kirchweg um eine öffentliche Strasse. Daran vermag auch der Umstand, dass die Gemeinde den Kirchweg nicht zu übernehmen beabsichtigt und weder die Reinigung noch den Winterdienst übernimmt, nichts zu ändern.
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AG_VG_001
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2003 Fürsorgerische Freiheitsentziehung 137 V. Fürsorgerische Freiheitsentziehung 41 Anstaltseinweisung; Abgrenzung Einweisung zur Behandlung/zur Unter- suchung/zur Behandlung und Untersuchung (Doppelcharakter). - Bei der Einweisung eines psychisch Kranken zur Behandlung ist der Behandlungsauftrag in der Regel nicht zu definieren, da die Art der Behandlung Sache der Klinik ist; Pflicht der Klinik, nebst der Be- handlung auch alle notwendigen Untersuchungen vorzunehmen (Erw. 1/a). - Voraussetzungen der Einweisung zur Untersuchung (Erw. 1/b). - Voraussetzungen der Einweisung zur Behandlung und Untersuchung (Doppelcharakter) (Erw. 1/c). - Stützt sich die Einweisungsverfügung hauptsächlich auf eine über ei- nen Monat zurück liegende ärztliche Beurteilung, so hat das Bezirks- amt eine aktuelle ärztliche Beurteilung einzuholen (Erw. 3a/bb). Entscheid des Verwaltungsgerichts, 1. Kammer, vom 13. Januar 2004 in Sa- chen D.B. gegen die Verfügung des Bezirksamts Z. Aus den Erwägungen 1. Gemäss § 67d EGZGB kann die Einweisungsbehörde vor dem Entscheid über eine Anstaltsunterbringung eine ärztliche Unter- suchung anordnen und die Person zur Durchführung der Untersu- chung vorübergehend in eine Anstalt einweisen. Die massgeblichen Einweisungsgründe und auch die Einweisungszwecke müssen in der Einweisungsverfügung aufgeführt sein. Insbesondere muss sich aus der Einweisungsverfügung klar ergeben, ob es sich um eine defini- tive Anstaltsunterbringung oder um eine bloss vorübergehende Ein- weisung zur Untersuchung gemäss § 67d Abs. 1 und 2 EGZGB han- delt (AGVE 1994, S. 350 f. mit Hinweisen). 2003 Verwaltungsgericht 138 a) Dabei gilt zu beachten, dass in der Regel die Klinikeinwei- sung von psychisch kranken Menschen im Rahmen einer fürsorgeri- schen Freiheitsentziehung eine Anstaltseinweisung zur Behandlung ist, wobei die Art der Behandlung in der Kompetenz der Klinik liegt. Der Behandlungsauftrag muss daher in der Regel von der Einwei- sungsbehörde nicht definiert werden. Eine solche Anstaltseinweisung ist eine definitive fürsorgerische Freiheitsentziehung und darf bei psychisch kranken Menschen nur erfolgen, wenn nach der Über- zeugung der Einweisungsbehörde sämtliche Voraussetzungen einer fürsorgerischen Freiheitsentziehung gegeben sind, also eine Geistes- krankheit oder eine Geistesschwäche sowie eine stationäre Behand- lungsbedürftigkeit vorliegt, keine mildere Massnahme möglich ist (Verhältnismässigkeitsprüfung) und die Anstalt zur Behandlung ge- eignet ist. In diesen Fällen gehört es zu den selbstverständlichen Pflichten der Klinik, neben der Behandlung auch alle notwendigen Untersuchungen vorzunehmen. b) Eine Anstaltseinweisung zur Untersuchung ist dann ange- zeigt und zulässig, wenn die Einweisungsbehörde ernsthaften Anlass hat, eine definitive fürsorgerische Freiheitsentziehung (zur Be- handlung) für angezeigt zu halten, über einzelne Einweisungsvor- aussetzungen aber noch Ungewissheit besteht, die sie weder durch eigene Abklärung noch durch Anordnung einer ambulanten Untersu- chung beheben kann. Der Abklärungsauftrag ist genau zu benennen und die Einweisung zur Untersuchung ist zu befristen. Die stationäre Untersuchung ist so schnell wie möglich abzuschliessen (§ 67d Abs. 3 EGZGB; vgl. auch AGVE 1995, S. 252). Die Klinik hat die gestellten Fragen (z.B. nach dem Vorliegen einer Geisteskrankheit) der Einweisungsbehörde zu beantworten, worauf diese entscheiden muss, ob eine definitive Einweisung zur Behandlung (in diesem Fall ist eine neue Verfügung zu erlassen) oder eine Entlassung erfolgt (§ 67d Abs. 1 und 2 EGZGB; AGVE 2002, S. 200 f. mit Hinweisen; 1995, S. 248 mit Hinweisen). c) Im Normalfall liegt entweder eine definitive Einweisung zur Behandlung oder eine (provisorische) Einweisung zur Untersuchung vor. Nur in Ausnahmefällen ist es zulässig, eine ordentliche Einwei- sung zur Behandlung mit einer Einweisung zur Untersuchung zu 2003 Fürsorgerische Freiheitsentziehung 139 verbinden ( Doppelcharakter ). Die Voraussetzungen für eine defini- tive Einweisung zur Behandlung müssen in diesen Fällen nach der Überzeugung der Einweisungsbehörde eindeutig erfüllt sein und der Abklärungsauftrag muss eine zusätzliche Frage betreffen (z.B. "Ab- klärung, ob neben der Geisteskrankheit noch eine Drogensucht vor- liegt", oder "soziale Abklärungen im Hinblick auf einen Übertritt in eine geeignete betreute Wohnsituation"). Im Dispositiv der Einwei- sungsverfügung muss in diesem Fall genau und eindeutig festgehal- ten werden, warum die Einweisung auch zur Untersuchung erfolgt (AGVE 1982, S. 138), und welche Untersuchungen/Abklärungen der Klinik aufgetragen werden. 2. a) Vorliegendenfalls erfolgte die Einweisung des Beschwer- deführers durch das Bezirksamt X. Das Bezirksamt erliess eine Ein- weisung zur Behandlung wie auch zur Untersuchung. Die wider- sprüchliche Begründung lautete einerseits, dass der Beschwerdefüh- rer infolge Geisteskrankheit der persönlichen Fürsorge bedürfe , an- dererseits wurde die Klinik ersucht, sie solle unter anderem abklären, ob der Beschwerdeführer geisteskrank sei. b) Die Einweisungsverfügung des Bezirksamts X. stützte sich auf den Beschluss des Gemeinderates B. vom 8. Dezember 2003, in welchem für den Beschwerdeführer eine fürsorgerische Freiheitsent- ziehung beantragt wurde. Diesem Beschluss lag die psychiatrische Beurteilung von Dr. H. vom 3. Dezember 2003 zu Grunde. In seiner Beurteilung wurde der Verdacht geäussert, dass eine recht hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass die Wesensveränderung des Be- schwerdeführers auf eine schleichende schwere Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis zurückzuführen sei. Entsprechend ver- fügte das Bezirksamt X. die Einweisung des Beschwerdeführers "für die Dauer der medizinischen Abklärung und allfälligen Behandlung" und verlangte von der Klinik unter anderem die Abklärung, ob beim Beschwerdeführer eine Geisteskrankheit vorliege und ob die Unter- bringung in eine geeignete Anstalt erforderlich sei, oder ob allenfalls eine ambulante Behandlung genüge. Damit ist offensichtlich, dass die Voraussetzungen für eine definitive Einweisung zur Behandlung im Einweisungszeitpunkt nicht vorlagen, da gerade nicht klar war, ob beim Beschwerdeführer eine Geisteskrankheit vorlag. Soweit die 2003 Verwaltungsgericht 140 angefochtene Verfügung von einer Geisteskrankheit des Beschwerde- führers spricht und der Klinik einen entsprechenden Behandlungs- auftrag erteilt, ist sie somit aufzuheben. 3. a) Es bleibt zu prüfen, ob im Zeitpunkt der Einweisung des Beschwerdeführers die Voraussetzungen für eine Anstaltseinweisung zur Untersuchung gegeben waren (siehe vorne Erw. 1/b). aa) Auf Grund der Beurteilung durch Dr. H. vom 3. Dezember 2003 konnte eine psychische Erkrankung des Beschwerdeführers nicht ausgeschlossen werden. Die Mutter des Beschwerdeführers hat am Tag seiner Einweisung (3. Januar 2004) dem einweisenden Be- zirksamtmann-Stellvertreter gesagt, dass sich der Gesundheitszu- stand ihres Sohnes in den letzten vier Wochen erheblich verbessert habe, weshalb von einer fürsorgerischen Freiheitsentziehung abzuse- hen sei. bb) Die Einweisungsverfügung stützte sich hauptsächlich auf die über einen Monat zurück liegende Beurteilung durch Dr. H. Auf Grund dieser im Bereich der fürsorgerischen Freiheitsentziehung langen Zeitspanne hätte das Bezirksamt eine aktuelle ärztliche Beur- teilung in die Wege leiten müssen. Dies um so mehr, als die Mutter den Bezirksamtmann-Stellvertreter ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass sich der Gesundheitszustand ihres Sohnes erheblich ver- bessert habe und darum eine Klinikeinweisung nicht nötig sei. Auf Grund der Schilderung der Mutter des Beschwerdeführers steht für das Verwaltungsgericht fest, dass im Zeitpunkt seiner Einweisung die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Einweisung zur Untersuchung nicht gegeben waren. Zwar bestand der Verdacht, dass der Beschwerdeführer an einer Geisteskrankheit leiden könnte; im Zeit- punkt der Einweisung gab der Gesundheitszustand des Beschwerde- führers aber keinerlei Anlass zur Besorgnis, weshalb kein unauf- schiebbarer Handlungsbedarf für die Anordnung einer fürsorgeri- schen Freiheitsentziehung bestand. Weder war von einer akuten Selbst- und Fremdgefährdung noch von einer schweren Verwahrlo- sung oder übermässigen Belastung der Umgebung auszugehen. Im Übrigen befand sich der Beschwerdeführer unter der Obhut seiner Mutter, welche dem Bezirksamtmann-Stellvertreter anlässlich der Einweisung ausdrücklich mitgeteilt hatte, dass sich der Beschwerde- 2003 Fürsorgerische Freiheitsentziehung 141 führer in den letzten vier Wochen angemessen verhalten und am Familienleben wieder teilgenommen habe. Allfällige psychiatrische Abklärungen hätten unter diesen Umständen ambulant durchgeführt werden können. Die Einweisung des Beschwerdeführers in die PKK war daher unverhältnismässig.
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2004 Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 143 IV. Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 41 Nutzungsplanung; Allgemeine Grundsätze der Rückweisung bei unvoll- ständiger Sachverhaltserhebung (§ 58 VRPG). - Ist die Interessenausübung der Beschwerdeinstanz, insbesondere hin- sichtlich der kantonalen Interessen, nicht überprüfbar, ist die Beschaffung der notwendigen Entscheidungsgrundlagen für die kantonalen und überregionalen Interessen der Beschwerdeinstanz zu überlassen. Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 23. November 2003 in Sa- chen R.E. gegen den Entscheid des Regierungsrats vom 17. Mai 2000. Aus den Erwägungen 6. d) Kommt das Verwaltungsgericht zum Ergebnis einer un- vollständigen oder unzureichenden Sachverhaltsabklärung, kann es entweder selbst urteilen oder die Sache zum Erlass eines neuen Ent- scheides an die Vorinstanz zurückweisen (§ 58 VRPG). Die Frage, welches Vorgehen gewählt werden soll, ist nach der Praxis auf Grund einer Interessenabwägung zu entscheiden, wobei namentlich die Rechtsschutzbedürfnisse der Betroffenen, funktionelle bzw. institu- tionelle Überlegungen sowie die Interessen an einem raschen Ent- scheid und jene der Prozessökonomie von Bedeutung sein können (AGVE 2002, S. 285 ff.; AGVE 1994, S. 186 f.; AGVE 1985, S. 325 f.; VGE IV/67 vom 13. November 2001 [BE.1996.00284] in Sachen B., S. 18). Das Verwaltungsgericht hat in den Fällen H. und E. ein Gutachten mit den notwendigen Sachverhaltsabklärungen sowie der Beurteilung der Schutzbedürftigkeit und des Schutzumfangs einge- holt (AGVE 1998, S. 274 ff.; VGE III/66 vom 12. Mai 1999 [BE.1996.00144] in Sachen P.). In andern Fällen der unzureichenden Sachverhaltsabklärung wurde das Verfahren an die Vorinstanz oder 2004 Verwaltungsgericht 144 den Gemeinderat zurückgewiesen (VGE IV/52 vom 11. Dezember 2002 [BE.2000.00271] in Sachen W.; VGE IV/67 vom 13. November 2001 [BE.1996.00284] in Sachen B.; VGE IV/36 vom 26. Juni 2001 [BE.1997.00024] in Sachen S.). Die Ergänzung des Sachverhalts mit der Bestimmung der Naturwerte zum Biotop- und Artenschutz, zur Bestimmung des Verbindungskorridors und des Umfangs bzw. der Notwendigkeit ökologischer Ausgleichsflächen ("Trittstein" und Wandergebiet) bedarf ergänzender, sachverständiger Erhebungen und Fachgutachten. Wegleitend in der Frage, ob eine Beweisergänzung durch das Verwaltungsgericht oder von den Vor- instanzen vorzunehmen ist, ist neben prozessökonomischen Gründen die Kognition des Verwaltungsgerichts. Im vorliegenden Fall ist, wie sich aus der nachfolgenden Erwägung ergibt, auch nach einer Sachverhaltsabklärung und -ergänzung das Verwaltungsgericht nicht berechtigt, die Abgrenzung zwischen Naturschutzzone und Baugebiet selbst vorzunehmen (siehe hinten Erw. 7). Auf die erfor- derlichen Beweisergänzungen durch Expertisen ist daher im ver- waltungsgerichtlichen Verfahren zu verzichten. 7. a) Die Gemeinden erlassen die allgemeinen Nutzungspläne und Nutzungszonen (§ 13 Abs. 1 BauG) und sie scheiden Schutzzo- nen für schützenswerte Lebensräume aus (§ 15 Abs. 1 und Abs. 2 lit. e BauG i.V.m. § 8 Abs. 1 NLD). Das Planungsermessen der Gemeinde ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts durch die Gestaltungsfreiheit der Gemeinden auf Grund der Gemein- deautonomie bestimmt. Gemäss § 5 Abs. 2 KV ordnen und verwalten die Gemeinden ihre Angelegenheiten selbständig und nach § 106 Abs. 1 KV sind sie im Rahmen von Verfassung und Gesetz befugt, ihre Aufgaben nach eigenem Ermessen zu erfüllen. Die Planungs- grundsätze des Raumplanungsrechts und die planungsrelevanten Be- stimmungen des übrigen Bundesrechts wie des kantonalen Rechts sind einzuhalten. Die Rechtsanwendung erfolgt im Rahmen der In- teressenabwägung (Art. 3 RPV) und ist für die kommunalen Interes- sen wie für die überregionalen Interessen von der Gemeinde und für letztere zusätzlich von der kantonalen Genehmigungsbehörde umfas- send vorzunehmen. Das Verwaltungsgericht kann und darf nicht in die Planungshoheit der zuständigen Planungsträger eingreifen (§ 28 2004 Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 145 BauG; Michael Merker, Rechtsmittel, Klage und Normenkontrollver- fahren nach dem aargauischen Gesetz über die Verwaltungsrechts- pflege, Kommentar zu den §§ 38-72 VRPG, Diss. Zürich 1998, § 49 N 45 mit Hinweisen; VGE IV/52 vom 11. Dezember 2002 [BE.2000.00271] in Sachen W., S. 14 ff.). b) Im Rechtsschutzverfahren nach § 26 BauG ist eine vollum- fängliche Überprüfung des Planungsentscheids der Gemeinde ein- schliesslich der Ermessenskontrolle vorgeschrieben (Art. 33 Abs. 3 lit. b RPG; § 26 i.V.m. § 4 Abs. 1 BauG und § 49 VRPG). Die Be- schwerdeinstanz ist indessen und insbesondere bei der Beurteilung von kommunalen Interessen zur Zurückhaltung verpflichtet, was bedeutet, dass der Gemeinde ihre Gestaltungsfreiheit in der Planung auch im Rechtsmittelverfahren zu belassen ist (Art. 2 Abs. 3 RPG; Bundesgericht, in: BVR 1999, S. 307; BGE 121 I 122; BGE 116 Ia 226 f.; Pierre Tschannen, in: Kommentar RPG, Art. 2 N 60 f.). So- weit die Beschwerdeinstanz über ihre spezifische Rolle als kantonale Rechtsmittelinstanz hinaus den Plan nicht nur einer Zweckmässig- keitsprüfung unterzogen hat, liegt auch eine Ermessensüberschrei- tung vor (vgl. auch BGE 109 Ib 123 f.). Gerade wo es um die Ab- grenzung von Bauzonen, um lokale Naturschutzinteressen, also um kommunale Anliegen geht, bei deren Wahrnehmung Sachnähe, Orts- kenntnis, die örtliche Demokratie und insbesondere auch die Ge- meindeautonomie von Bedeutung sind, hat sich die Planprüfung im Beschwerdeverfahren auf die Frage zu beschränken, ob eine ge- setzmässige und angemessene Lösung getroffen wurde (Heinz Aemisegger/Stephan Haag, in: Kommentar RPG, Art. 33 N 61 f.). Die Wahl unter mehreren zur Verfügung stehenden, angemessenen Vorkehren soll grundsätzlich der Gemeinde als nachgeordneter Behörde überlassen bleiben (Art. 2 Abs. 3 RPG). Der Regierungsrat als übergeordnete Behörde darf im Beschwerdeverfahren auch eine unangemessene Lösung der Gemeinde nicht aus seinem eigenen Ermessen ersetzen, solange sachliche Gründe für den Entscheid der Planungsbehörde vorliegen (AGVE 2000, S. 284 f; AGVE 1996, S. 307; VGE IV/67 vom 13. November 2001 [BE.1996.00284] in Sachen B., S. 15; Tschannen, a.a.O., Art. 2 N 64). Die Nichtgeneh- migung oder die Abänderung im Rechtsschutzverfahren (§ 27 Abs. 2 2004 Verwaltungsgericht 146 BauG oder Art. 33 Abs. 2 und 3 RPG) bedarf daher - abgesehen von kantonalen und überregionalen Interessen - einer qualifizierten Rechtswidrigkeit oder einer Ermessensüberschreitung (AGVE 2002, S. 283 ff.; AGVE 2000, S. 203 ff.; AGVE 1996, S. 304 ff.). c) (...) d) Die Stadt B. hat im Einspracheentscheid geltend gemacht, dass der Schutz des Waldrandes im Nutzungsplan und in der BNO, verbunden mit dem Waldabstand und den (privatrechtlichen) Verein- barungen mit den Grundeigentümern auf der Grundlage des Grün- konzepts, den notwendigen Schutz für das oder die Biotope am "Bruggerberg" ausreichend gewährleisten könne. Ob dies tatsächlich zutrifft, erscheint eher fraglich, auch wenn auf Grund der Planungs- unterlagen und kantonalen Vorgaben bei Erlass des Zonenplanes 1996 diese Beurteilung verständlich erscheint. Nach den Erkenntnis- sen im Beschwerdeverfahren sind für den umstrittenen Hang am "Bruggerberg" schützenswerte Naturwerte erwiesen und die Not- wendigkeit, auch potentiell bedeutsame Flächen auszuscheiden, er- scheint möglich. e) Die Stadt B. hat bei der Revision der Nutzungsplanung über die Abgrenzung der Bauzone im Gebiet "Bruggerberg" sodann den Umstand, dass der Gemeindebann schon seit längerer Zeit weitge- hend überbaut ist und ein Mangel an bevorzugten Wohnlagen be- steht, in die Interessenabwägung einbezogen und diese zu Gunsten einer Bauzone W2 im umstrittenen Bereich entschieden. Sie hält am Vorrang der Interessen an einer Bauzone auch im verwaltungsge- richtlichen Verfahren fest. Auf der Grundlage der bisher erhobenen und festgestellten Naturwerte erscheint die Beurteilung durch die Gemeinde für die Parzelle Nr. ... vertretbar. Die Feststellung, dass auf der umstrittenen Fläche zwei Zauneidechsen und eine Mauereidechse sowie eine für Magerwiesen typische Pflanzenkennart in relativ geringer Anzahl vorhanden sind (....), können die Interessen der Gemeinde und das Interesse der Beschwerdeführer, welches sich im Wesentlichen auf eine Ausdehnung der Bauzone auf ihrem Grundstück beschränkt, nicht zum vornherein überwiegen. Diese Begründung kann insbesondere nicht ausschliessen, dass keine andere Lösung als die Nichteinzonung und Unterschutzstellung der 2004 Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 147 gesamten unüberbauten Fläche möglich ist (§ 4 Abs. 1 und 3 NLD). Diese Überlegungen sind auch bei der Festsetzung der Bauzonen- grenze von Bedeutung, zumal die behaupteten gewichtigen Argu- mente für einen Verbindungskorridor mit der Grenzziehung der Bau- zone bis an den Waldrand (Parzellen Nrn. ...) im Beschwerdeent- scheid selbst in Frage gestellt sind. Die unvollständige Sachverhalts- abklärung erlaubt es bei diesem Ergebnis aber nicht, die Interessen- abwägung des Regierungsrates abschliessend zu überprüfen und insbesondere zu beurteilen, inwieweit der Regierungsrat bei dieser Festsetzung der Zonengrenze in unzulässiger Weise in das der Gemeinde zustehende Ermessen eingegriffen hat. Die Frage der Ab- grenzung der Nutzungszonen und der Umsetzung der Naturschutz- anliegen - soweit sie kommunal oder kantonal begründet sind - liegen primär in der Kognition der kommunalen Planungsbehörde (hier beim Einwohnerrat) bzw. des Regierungs- und Grossen Rats im Rahmen des Genehmigungsverfahrens. Auch nach einer Sachver- haltsergänzung müsste der Planungsentscheid der Gemeinde noch- mals vom Regierungsrat überprüft werden. Auf weitere Beweiser- hebungen vor Verwaltungsgericht kann daher verzichtet werden und die Beschaffung der Entscheidgrundlagen, vor allem für die kanto- nalen und überregionalen Interessen, dem dafür im Beschwerdever- fahren zuständigen Regierungsrat überlassen bleiben.
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2012 Submissionen 171 [...] 25 Teilung des Auftrags Eine nachträgliche Aufteilung in Lose ist u.a. dann unzulässig, wenn sie in der Ausschreibung oder in den Ausschreibungsunterlagen nicht aus- drücklich angekündigt worden ist, es sei denn die Vergabebehörde holt 2012 Verwaltungsgericht 172 vor der Vergabe das Einverständnis der Anbieter ein, die den Zuschlag für die einzelnen Lose erhalten oder ohne Aufteilung allein erhalten hät- ten. Urteil des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 27. Februar 2012 in Sa- chen A. AG gegen Einwohnergemeinde B. (WBE.2011.409). Aus den Erwägungen 2. 2.1. Die Leistungen für BKP 23 Elektroanlagen, umfassend BKP 232 Starkstrominstallationen, BKP 236 Schwachstrominstallati- onen, BKP 238 Bauprovisorien und BKP 239 Übriges, wurden an die C. AG, welche wie die Beschwerdeführerin ein Gesamtangebot eingereicht hatte, vergeben. Der Zuschlag für BKP 231 Apparate Starkstrom wurde an die D. AG, welche nur die Starkstromapparate offeriert hatte, erteilt. Kein Zuschlag erfolgte für BKP 233 Leuchten und Lampen; diese Vergabe wurde zurückgestellt. Zu prüfen ist, ob die Vergabestelle berechtigt war, die ausge- schriebenen Elektroanlagen aufzuteilen und in zwei Teilvergaben zuzuschlagen. 2.2. Gemäss § 19 Abs. 1 SubmD kann die Vergabestelle einen Auf- trag in Lose aufteilen oder an mehrere Anbietende zusammen verge- ben. Sie hat diese Absicht in der Ausschreibung bekannt zu geben. Andernfalls steht es den Anbietenden frei, vom Angebot zurückzutre- ten (§ 19 Abs. 2 SubmD). § 33 der Vergaberichtlinien (VRöB) zur IVöB bestimmt, dass der Auftraggeber den Auftrag nur dann und nur insoweit aufteilen und an verschiedene Auftraggeber vergeben kann, wenn er dies in der Ausschreibung oder den Ausschreibungsunterla- gen bekannt gemacht hat oder vor der Vergabe das Einverständnis desjenigen Anbieters, der voraussichtlich den Zuschlag erhält, einge- holt hat. Den Anbietenden ihrerseits steht es grundsätzlich frei, Offerten für Teilangebote einzureichen (§ 16 Abs. 1 SubmD; vgl. 2012 Submissionen 173 auch AGVE 2000, S. 295 ff.). Nach Ziff. 6 von Anhang 5 zum SubmD enthalten die Ausschreibungsunterlagen besondere Vorschrif- ten, insbesondere über Zulässigkeit und Bedingungen für Bieterge- meinschaften, Teilangebote, Pauschal- oder Globalangebote und Va- rianten sowie die Aufteilung des Auftrags. Grundsätzlich liegt es also im Ermessen der Vergabestelle, ob sie einen Auftrag als Ganzes ausschreiben oder Lose (Teilaufträge) bilden will. Unzulässig wäre die Aufteilung eines Auftrages etwa dann, wenn diese einzig in der Absicht erfolgen würde, mit tieferen Beschaffungswerten die vorgeschriebene Verfahrensart zu umgehen. Unzulässig, weil diskriminierend, wäre die Auftragsaufteilung ferner dann, wenn die Vergabestelle damit bestimmte Anbieter bevorzugen oder benachteiligen will (vgl. AGVE 1999, S. 302 ff.; LGVE 2001 II Nr. 11 Erw. 2). Grundsätzlich unzulässig ist die nachträgliche Auftei- lung in Lose schliesslich auch dann, wenn sie in der Ausschreibung oder in den Ausschreibungsunterlagen nicht ausdrücklich angekün- digt worden ist, es sei denn die Vergabebehörde holt vor der Vergabe das Einverständnis der Anbieter ein, die den Zuschlag für den Auf- trag erhalten oder ohne Aufteilung allein erhalten hätten (vgl. Hand- buch öffentliches Beschaffungswesen im Kanton Graubünden, He- rausgeber: Bau-, Verkehrs- und Forstdepartement Graubünden, Stand 22.04.2010, Kap. 8.8). 2.3. Vorab ist festzustellen, dass eine Zustimmung der betroffenen Anbieter zur vorgenommenen Aufteilung des Auftrags nicht vorliegt. Dies gilt insbesondere für die Beschwerdeführerin. Diese hat gemäss Offertöffnungsprotokoll mit Fr. 349'479.70 das preisgünstigste Ge- samtangebot eingereicht. Die C. AG liegt mit einem Preis von Fr. 359'296.80 an dritter Stelle. Die Vergabestelle hat zwar keine Gesamtauswertung vorgenommen, aber bei den beiden Teilvergaben sind diese beiden Anbieterinnen beim Zuschlagskriterium "Qualität" jeweils gleich mit 16 Punkten bewertet worden. Insofern kann jeden- falls nicht ausgeschlossen werden, dass die Beschwerdeführerin bei einer Gesamtvergabe das wirtschaftlich günstigste Angebot einge- reicht hat und infolgedessen den Zuschlag hätte erhalten müssen. Mit einer Auftragsaufteilung war sie, wie die Beschwerde zeigt, nicht 2012 Verwaltungsgericht 174 einverstanden. Auch eine Zustimmungserklärung der C. AG, die ebenfalls ein Gesamtangebot für BKP 23 eingereicht hat, zur Auftei- lung ist nicht vorhanden. Die Vergabebehörde behauptet denn auch gar nicht, das Einver- ständnis der Anbieter zur Aufteilung des Auftrags eingeholt zu ha- ben, sondern vertritt die Auffassung, die Vergabe sei in Form von einzelnen Arbeitsgattungen (BKP) öffentlich ausgeschrieben worden. 2.4. Der öffentlichen Ausschreibung lässt sich unter Ziff. 2.4 Ge- meinschaftsvokabular entnehmen, dass BKP 231 Apparate Stark- strom, BKP 232 Starkstrominstallationen, BKP 233 Leuchten und Lampen, BKP 235 Apparate Schwachstrom, BKP 236 Schwach- strominstallationen, BKP 238 Bauprovisorien, BKP 113 Demontagen und BKP 443 Elektroanlagen Gegenstand der Submission sind. Für den detaillierten Projektbeschrieb wird in Ziff. 2.5 auf das Devis verwiesen. In Ziff. 2.7 wird festgehalten, dass keine Aufteilung in Lose vorgesehen ist, und gemäss Ziff. 2.9 sind Teilangebote nicht zugelassen. Die Tatsache, dass die verschiedenen genannten Leistun- gen gemeinsam in einem offenen Verfahren öffentlich ausgeschrie- ben worden sind, lässt die Schlussfolgerung der Beschwerdeführerin, es sei die Vergabe der Elektroanlagen als Gesamtpaket und nicht die Vergabe einzelner BKP ausgeschrieben worden, durchaus nachvoll- ziehbar erscheinen, zumal eine Aufteilung in Lose sowie die Zu- lässigkeit von Teilangeboten ausdrücklich verneint wurde. Dasselbe gilt für die Ausschreibungsunterlagen. So war gemäss Titelblatt der Ausschreibungsunterlagen ein "Angebot für BKP 23" einzugeben. Die Vergabekriterien beziehen sich auf BKP 23 ("Vergabekriterien, Gewichtung BKP 23 Elektroanlagen"). Auch das Leistungsverzeich- nis lässt darauf schliessen, dass ein Gesamtangebot verlangt ist ([...] "BKP Zusammenfassung"). Einen ausdrücklichen Hinweis, dass auch nur Teilleistungen bzw. einzelne BKP angeboten werden kön- nen, enthalten die Ausschreibungsunterlagen nicht. Nach Angabe der Beschwerdeführerin hat sich ein solcher Hinweis einzig auf dem Lieferschein befunden. Auch das Offertöffnungsprotokoll-Formular lautet in der Überschrift auf "BKP Elektroinstallationen 23". Hätte die Vergabestelle tatsächlich beabsichtigt, die Leistungen einzeln zu 2012 Submissionen 175 vergeben, hätte sie korrekterweise für jede Arbeitsgattung ein gesondertes Offertöffnungsprotokoll vorsehen müssen. 2.5. Aufgrund der eindeutigen Angaben in der öffentlichen Publika- tion und in den Ausschreibungsunterlagen muss mit der Beschwerde- führerin davon ausgegangen werden, dass die Vergabestelle vorlie- gend klarerweise einen Gesamtauftrag für BKP 23 Elektroanlagen ausgeschrieben und in der öffentlichen Publikation sowohl die Auf- teilung in Lose als auch die Zulässigkeit von Teilangeboten aus- drücklich verneint hat. Die gegenteiligen Ausführungen der Verga- bestelle in der Beschwerdeantwort vermögen in keiner Weise zu überzeugen. Die Auflistung der einzelnen Arbeitsgattungen (BKP) beim Gemeinschaftsvokabular stellt keine Losbildung dar. Auch der Interpretation, dass mit der Verneinung der Losbildung lediglich der Ausschluss eines zusätzlichen Zerstückelns der einzelnen Arbeitsgat- tungen in Lose beabsichtigt gewesen sei, kann nicht gefolgt werden. Die getrennte Vergabe von BKP 231 und der restlichen BKP 23 Elek- troanlagen erweist sich damit als ausschreibungswidrig und, da kein Einverständnis der betroffenen Anbieter zur nachträglichen Auftei- lung vorliegt, im Hinblick auf § 19 Abs. 1 SubmD als unzulässig. Richtigerweise hätten die lediglich für einzelne BKP eingereichten Angebote als nicht ausschreibungskonforme und in der öffentlichen Ausschreibung ausdrücklich untersagte Teilangebote vom Vergabe- verfahren ausgeschlossen werden müssen (vgl. auch AGVE 2000, S. 295 ff.). Dies gilt insbesondere auch für das Angebot der D. AG, welche für BKP 231 den Zuschlag erhalten hat. In Bezug auf BKP 233 Leuchten und Lampen macht die Vergabestelle geltend, aufgrund von zu vielen offenen Fragen habe diese Vergabe zurückgestellt wer- den müssen. Die Ursachen, weshalb es zu offenen Fragen gekommen ist, sind nicht bekannt. Ob sich für BKP 233 allenfalls ein Teilab- bruch des Verfahrens hätte rechtfertigen lassen, oder ob die Vergabe- stelle mit der (Gesamt-)Vergabe von BKP 23 bis zur Klärung/Berei- nigung dieser Fragen hätte zuwarten müssen, kann vorliegend aber offen bleiben. (...)
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2017 Fürsorgerische Unterbringung 79 II. Fürsorgerische Unterbringung 12 Art. 434 Abs. 1 ZGB Eine medizinische Massnahme ohne Zustimmung gestützt auf Art. 434 Abs. 1 ZGB darf nicht von der gleichen Ärztin angeordnet werden, die schon den Behandlungsplan aufgestellt hat. Zur Wahrung des Vier- Augen-Prinzips muss die Zwangsbehandlung von einer anderen als der behandelnden Arztperson autorisiert werden. Aus dem Entscheid des Verwaltungsgerichts, 1. Kammer, vom 14. Februar 2017, i.S. A. gegen die Entscheide der Psychiatrischen Klinik Königsfelden (WBE.2017.71/72/81) Aus den Erwägungen III. 1. Im Rahmen einer fürsorgerischen Unterbringung dürfen (medi- kamentöse) Behandlungen auch gegen den Willen der betroffenen Person vorgenommen werden (Art. 434 ZGB). Kumulativ müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein: (1) ohne Behandlung droht der betroffenen Person ein ernsthafter Schaden oder das Leben oder die körperliche Integrität von Drittpersonen ist gefährdet; (2) die betroffene Person ist bezüglich ihrer Behandlungsbedürftigkeit urteilsunfähig; (3) es steht keine angemessene Massnahme zur Verfü- gung, die weniger einschneidend ist (Abs. 1). Die Anordnung wird der betroffenen Person und ihrer Vertrauensperson verbunden mit einer Rechtsmittelbelehrung schriftlich mitgeteilt (Abs. 2). 2. 2.1. Die Beschwerdeführerin rügt vorab formelle Fehler, mit denen die Zwangsmedikationsentscheide der Psychiatrischen Klinik 2017 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 80 Königsfelden vom 2. Februar 2017 und 3. Februar 2017 behaftet seien. Beide Entscheide seien mit Dr. med. C. von ein und derselben Oberärztin gefällt worden, die schon den ursprünglichen und den abgeänderten Behandlungsplan für die Beschwerdeführerin unter- zeichnet habe. Das sei rechtswidrig, denn das Gesetz verlange unte- rschiedliche Zuständigkeiten für den Behandlungsplan und allfällige Zwangsmassnahmenentscheide und wolle damit garantieren, dass zwei Ärzte mit der vorgesehenen Spezialausbildung von der Notwen- digkeit einer medizinischen Behandlung überzeugt seien. Hinzu komme, dass der Zwangsmedikationsentscheid vom 3. Februar 2017 der Beschwerdeführerin erst am 8. Februar 2017, mithin erst am Fol- getag des Vollzugs der darin vorgesehenen Zwangsmedikation mit 50 mg Haldol am 7. Februar 2017 ausgehändigt worden sei, was absolut unzulässig sei. 2.2. 2.2.1. Fehlt die Zustimmung der betroffenen Person zur (medikamen- tösen) Behandlung, ist nach Art. 434 Abs. 1 ZGB die "Chefärztin oder der Chefarzt der Abteilung" die für die (schriftliche) Anordnung der im Behandlungsplan vorgesehenen medizinischen Massnahmen zuständige Person. Die Lehre geht davon aus, dass die Chefärztin oder der Chefarzt diese Kompetenzen an Oberärztinnen und Oberärzte delegieren können, da diese über die notwendige Erfah- rung verfügen. Die in einer Klinik tätige Chefärztin oder der Chef- arzt der Abteilung - und aufgrund einer Delegation auch die Ober- ärztinnen und Oberärzte - haben bundesrechtlich die Kompetenz, medizinische Massnahmen ohne Zustimmung der betroffenen Person unter fürsorgerischer Unterbringung anzuordnen (Botschaft des Regierungsrats des Kantons Aargau an den Grossen Rat vom 19. Oktober 2011, Nr. 11.316, S. 20 f.). Grundvoraussetzung ist, dass es sich um einen Arzt mit Spezialausbildung handelt. Zudem muss die entscheidende Person innerhalb der Klinik eine bestimmte Stel- lung innehaben. Mit "Chefärztin oder Chefarzt der (zuständigen) Ab- teilung" ist eine Person gemeint, welche für die ganze Klinik oder wenigstens für die entsprechende Abteilung die medizinische Gesamtverantwortung trägt. Es darf überdies nicht diejenige Person 2017 Fürsorgerische Unterbringung 81 sein, die den Behandlungsplan aufgestellt hat, d.h. die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt. Mit der unterschiedlichen Kompe- tenzzuweisung in den Art. 434 und 435 ZGB garantiert das Gesetz, wie die Beschwerdeführerin zu Recht festhält, dass eine Behandlung ohne Zustimmung nur dann erfolgt, wenn mindestens zwei Spezial- ärzte von deren Notwendigkeit überzeugt sind. Damit wird auch dem rechtsstaatlichen Gebot der Unbefangenheit Rechnung getragen (T HOMAS G EISER /M ARIO E TZENSBERGER , in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I [Art.1-456 ZGB], 5. Auflage, Basel 2014, Art. 434/435 N 32 f.). 2.2.2. Die Psychiatrische Klinik Königsfelden ist in vier Bereiche unterteilt (Zentrum Psychiatrie und Psychotherapie stationär [ZPPS]; Zentrum Suchtpsychiatrie und -psychotherapie [ZSPP]; Bereich Alters- und Neuropsychiatrie [BANP]; Bereich Forensische Psychiatrie [BFP]), denen je ein Chefarzt vorsteht. Die vier Bereiche wiederum sind in diverse Abteilungen aufgegliedert, die von Oberärzten geleitet werden. Leitender Oberarzt der Abteilungen mit Schwerpunkt Psychose ist D. Dr. med. C. leitet die Abteilung X. Als Oberärztin, welche für die Abteilung X. die Gesamtverantwortung trägt und über eine Spezialausbildung in Psychiatrie verfügt, ist Dr. med. C. grundsätzlich zu Zwangsmedikationsentscheiden befugt. Allerdings darf sie gegenüber Patienten, deren Behandlungsplan sie aufgestellt hat, keine Zwangsmedikationen anordnen. Dafür läge die Zuständigkeit bei einem anderen Oberarzt, dem Leitenden Oberarzt der Abteilungen mit Schwerpunkt Psychose oder dem Chefarzt des Bereichs Zentrum Psychiatrie und Psychotherapie stationär. Im vorliegenden Fall stammen sowohl der (abgeänderte) Be- handlungsplan vom 2. Februar 2017 betreffend die Medikation der Beschwerdeführerin mit Haldol als auch die beiden darauf basieren- den Zwangsmedikationsentscheide vom 2. Februar 2017 und 3. Februar 2017 von Dr. med. C. Dieses Vorgehen ist nach dem oben Ausgeführten formell rechtsfehlerhaft und verstösst gegen das Vier- Augen-Prinzip.
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2011 Verwaltungsrechtspflege 255 60 Wiederaufnahme - Wiederaufnahme wegen Verletzung von Vorschriften über die recht- mässige Zusammensetzung der entscheidenden Behörde - Subsidiarität des Wiederaufnahmeverfahrens nach § 65 Abs. 3 VRPG - Offen gelassen, ob die Frist nach § 66 Abs. 1 VRPG im Falle der Verletzung der Vorschriften über die rechtmässige Zusammenset- zung der entscheidenden Behörde in jedem Fall mit der Zustellung des Entscheids zu laufen beginnt Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 6. Juli 2011 in Sachen A. gegen Gemeinderat B. und Departement Bau, Verkehr und Umwelt (WBE.2010.128). Aus den Erwägungen 3. 3.1. Gemäss § 65 Abs. 1 lit. b VRPG ist ein rechtskräftig erledigtes Verfahren auf Begehren einer Partei durch die letzte Instanz, die entschieden hat, wieder aufzunehmen, wenn unter anderem die Vor- schriften über die rechtmässige Zusammensetzung der entscheiden- den Behörde verletzt worden sind. Das Wiederaufnahmebegehren ist innert drei Monaten, seit dem die gesuchstellende Person vom Wie- deraufnahmegrund Kenntnis erhalten hat, bei der letzten Instanz, die entschieden hat, schriftlich mit Antrag und Begründung einzureichen (§ 66 Abs. 1 VRPG). Diese relative Revisionsfrist wird durch die sichere Kenntnis der Sachumstände und den Revisionsgrund aus- gelöst; der Fristenlauf beginnt aber auch nicht erst, wenn der Revisi- onskläger den Revisionsgrund sicher beweisen kann. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts zum (alten) Verwaltungsrechtspflegegesetz vom 9. Juli 1968 (aVRPG; SAR 271.100) war zudem erforderlich, dass der geltend gemachte Mangel bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt nicht durch ein or- dentliches Rechtsmittel hätte gerügt werden können (AGVE 2001, 2011 Verwaltungsgericht 256 S. 390, mit Hinweisen, und 1972, S. 480 f.; Rudolf Weber, in: Fest- schrift für Kurt Eichenberger, Aarau 1990, S. 349). Handelt es sich um Verfahrensfehler, nehmen die Lehre und Rechtsprechung an, dass die Revisionsfrist im Zeitpunkt der Eröffnung des in Revision zu ziehenden Entscheides zu laufen beginnt (Alfred Kölz / Isabelle Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bun- des, 2. Aufl., Zürich 1998, N 748). 3.2. Mit der Totalrevision des Verwaltungsrechtspflegegesetzes wur- den die Revisionsgründe präzisiert. Der allgemeine Tatbestand der Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften in § 27 lit. b aVRPG wurde auf die Verletzung der Vorschriften "über die rechtmässige Zusammensetzung" der entscheidenden Behörde eingeschränkt (§ 65 Abs. 1 lit. b VRPG). Was unter einer unrechtmässigen Zusammen- setzung einer Behörde zu verstehen ist, definiert das Gesetz nicht. Nach den Materialien geht es um die Verletzung von Ablehnungs- und Ausstandsvorschriften, weil diese nicht selten erst nach Rechts- kraft des Entscheides entdeckt würden (vgl. Botschaft des Regie- rungsrates des Kantons Aargau an den Grossen Rat vom 14. Februar 2007 [Botschaft], 07.27, S. 77). Nachdem mit der Revision des VRPG die Unterscheidung zwischen Ausschluss- und Ablehnungs- gründen aufgegeben wurde und die Ausstandsgründe gemäss § 16 VRPG von Amtes wegen zu beachten sind, begründet bereits die Mitwirkung eines Behördenmitglieds, an dessen Unabhängigkeit oder Unbefangenheit (objektive) Zweifel oder auch nur ein Anschein der Befangenheit bestehen (§ 16 Abs. 1 lit. e VRPG), den Revisions- grund. 3.3. § 65 Abs. 3 VRPG schliesst die Revision aus, wenn der Wieder- aufnahmegrund im Verfahren, das dem Entscheid voranging, oder mit einem Rechtsmittel gegen den Entscheid hätte geltend gemacht werden können. Mit dieser Bestimmung wurde der grundsätzliche subsidiäre Charakter der Wiederaufnahme als ausserordentliches 2011 Verwaltungsrechtspflege 257 Rechtsmittel gemäss Lehre und Rechtsprechung zum alten Verwal- tungsrechtspflegegesetz (vgl. AGVE 2001, S. 390 mit Hinweisen) in das Gesetz übernommen (Botschaft, S. 78). Aus dem Wortlaut der Bestimmung ist zu schliessen, dass von einer Revision auch ausge- schlossen ist, wer im Erstverfahren die übliche prozessuale Sorg- faltspflicht vernachlässigte (vgl. Alfred Bühler / Andreas Edelmann / Albert Killer, Kommentar zur Aargauischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl., Aarau 1998, § 344 N 3). Der ausserordentliche Charakter der Wiederaufnahme bleibt nur gewahrt, wenn der um Wiederauf- nahme Nachsuchende keinerlei Rügen vorbringen kann, welche er bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt rechtzeitig hätte erheben kön- nen (vgl. Rudolf Weber, a.a.O., S. 349; Ursina Beerli-Bonorand, Die ausserordentlichen Rechtsmittel in der Verwaltungsrechtspflege des Bundes und der Kantone, S. 126; Attilio Gadola, Das verwaltungs- interne Beschwerdeverfahren, Zürich 1991, S. 135). Ausstandsbegehren sind im Verwaltungs- und Beschwerdever- fahren unverzüglich nach Entdeckung des Ausstandsgrundes geltend zu machen. Wer den Richter, Beamten oder Sachverständigen nicht unverzüglich ablehnt, wenn er vom Ablehnungsgrund Kenntnis er- hält, sondern sich stillschweigend auf den Prozess einlässt, verwirkt den Anspruch auf spätere Anrufung der verletzten Ausstandsbestim- mung (vgl. BGE 132 II 485, Erw. 4.3. und 124 I 121, Erw. 2 mit Hinweisen; AGVE 1991, S. 366 f.). Diese Rechtsprechung definiert den Sorgfaltsmassstab für die rechtzeitige Geltendmachung von Aus- standsgründen, welche ihrerseits Voraussetzung für die Wiederauf- nahme eines Verfahrens wegen Verletzung der Vorschriften über die rechtmässige Zusammensetzung der entscheidenden Behörde ist (§ 65 Abs. 3 VRPG). Andernfalls würde das Wiederaufnahmeverfah- ren die nachträgliche und verspätete Geltendmachung von Aus- standsgründen erleichtern, was mit dem Zweck der Wiederaufnahme als ausserordentliches Entscheidkorrektiv nicht vereinbar ist (vgl. Weber, a.a.O., S. 349). 2011 Verwaltungsgericht 258 4. 4.1. (...) Der Entscheid über die Einsprache und der gleichzeitige Beschluss des Erschliessungsplanes wurden dem Beschwerdeführer zugestellt. Im Bulletin des Gemeinderates (...) und im Amtsblatt (...) wurde der Beschluss des Gemeinderates publiziert. Die Frist für die Beschwerde gemäss § 26 BauG an den Regierungsrat endete am 7. Januar 2008. Der Erschliessungsplan wurde vom Regierungsrat mit Entscheid vom 13. Februar 2008 genehmigt; die Genehmigung wurde im Amts- blatt Nr. 10 vom 3. März 2008 publiziert. Die Frist für die Beschwer- de an das Verwaltungsgericht (§ 28 BauG) von damals 20 Tagen lief unter Berücksichtigung der Gerichtsferien am 8. April 2008 ab. 4.2. Der Beschwerdeführer und C. wohnen am D.. Es darf ohne Weiteres angenommen werden, dass der Beschwerdeführer die Zu- sammensetzung des Gemeinderates mit C. kannte. Jedenfalls war die Zusammensetzung des Gemeinderates in öffentlichen Publikationen (Gemeindeblatt; Staatskalender; Internet) für jedermann zugänglich. Für die Entscheide eines Gemeinderates einer eher ländlichen und überschaubaren Gemeinde wie B. ist es nicht erforderlich, dass die Parteien über die Mitwirkung der einzelnen Gemeinderäte im Ein- wendungsverfahren speziell in Kenntnis gesetzt werden. Es ist viel- mehr davon auszugehen, dass der Gemeinderat in ordentlicher Beset- zung und unter Mitwirkung aller Mitglieder tagt (vgl. für die Eidge- nössische Kommunikationskommission [Comcom]: BGE 132 II 485, Erw. 4.4.). Diese Annahme gilt in verstärktem Masse für einen Be- schluss über die Nutzungsplanung, die nicht nur Verfügungscharak- ter hat, sondern auch die Merkmale eines generell-abstrakten Erlas- ses aufweist. Der Beschwerdeführer hätte daher bei der gebotenen Sorgfalt bereits im Einsprache- bzw. Einwendungsverfahren, spätestens bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist, gegen den Beschluss des Gemein- 2011 Verwaltungsrechtspflege 259 derates vom 27. November 2007 die Ausstandsgründe prüfen und geltend machen müssen. Bis zum Ablauf der 20-tägigen Frist gemäss § 26 Abs. 1 BauG (in der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung) hat der Be- schwerdeführer keine Beschwerde erhoben, weshalb gemäss § 65 Abs. 3 VRPG eine Wiederaufnahme ausgeschlossen ist. 5. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass der Gemeinderat auf das Revisionsgesuch im Ergebnis zurecht nicht eingetreten und die Abweisung der Beschwerde durch die Vorinstanz nicht zu bean- standen ist. Damit erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang kann offen bleiben, ob die Frist gemäss § 66 Abs. 1 VRPG für den Wiederaufnahmegrund der falschen Zu- sammensetzung (§ 65 Abs. 1 lit. b VRPG) in jedem Fall spätestens mit der Zustellung des Entscheides zu laufen beginnt. Offen bleiben kann auch die Frage, ob nicht der Genehmigungsentscheid des Re- gierungsrates Gegenstand einer Revision im Nutzungsplanverfahren sein müsste. 61 Vollstreckung - Das Vollstreckungsverfahren besteht in der Regel aus drei Verfah- rensetappen. - Die Androhung der Zwangsvollstreckung unter Fristansetzung (§ 81 Abs. 1 VRPG) und die Anordnung über die Art der Zwangsmittel und den Zeitpunkt der Vollstreckung (§ 80 VRPG) sind anfechtbare Zwischenentscheide. - Die Wiederholung eines Vollstreckungsentscheides mit einer Zwangs- androhung (§ 81 VRPG) oder einer Anordnung von Sanktionsmass- nahmen (§ 80 VRPG) bewirkt keinen Rechtsmittelausschluss. Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 23. September 2011 in Sa- chen A. gegen Gemeinderat B. (WBE.2011.201/202).
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2008 Verwaltungsgericht 78 [...] 18 Gewinnungskosten; Mehrkosten für auswärtige Verpflegung bei selbstän- diger Erwerbstätigkeit. - Mehrauslagen der auswärtigen Verpflegung werden bei Selbstän- digerwerbenden anerkannt. - Anforderungen an den Nachweis. Urteil des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 10. März 2008 in Sachen H. (WBE.2007.358). Zur Publikation vorgesehen in StE 2009. Aus den Erwägungen 1. 1.1. Gemäss § 36 Abs. 1 StG werden die geschäfts- oder berufsmäs- sig begründeten Kosten, auch Gewinnungskosten genannt, bei selb- ständiger Erwerbstätigkeit von den steuerbaren Einkünften abge- zogen. Ob diese Kosten durch zweckmässigeres oder sparsameres Handeln seitens des Steuerpflichtigen hätten vermieden werden kön- nen, ist irrelevant (Philip Funk, in: Kommentar zum Aargauer Steu- 2008 Kantonale Steuern 79 ergesetz, Band 1, 2. Aufl., Muri/Bern 2004, § 36 N 5). § 36 Abs. 1 StG statuiert keine explizite Beschränkung der abzugsfähigen Kos- ten, und die Aufzählung verschiedener Kostenarten in § 36 Abs. 2 StG ist nicht abschliessend. Das Verwaltungsgericht hat die Mehr- auslagen der auswärtigen Verpflegung bei Selbständigerwerbenden als abzugsfähig anerkannt (VGE II/82 vom 12. November 2001 [BE.2001.00035], S.6). An dieser Rechtsprechung zum alten Steuer- gesetz, die zur Gleichbehandlung mit den unselbständigen Erwerbs- tätigen führt, ist auch unter dem neuen Recht festzuhalten (ebenso Richner/Frei/Kaufmann, Handkommentar zum DBG, Zürich 2003, Art. 27 N 8). 1.2. Nach der allgemeinen Regel trägt der Steuerpflichtige die Be- weislast für Tatsachen, welche die Steuerschuld aufheben oder min- dern (AGVE 1992, S. 228). Dies trifft somit auch auf die Gewin- nungskosten zu (VGE II/83 vom 12. November 2001 [BE.2000.00242], S. 4). Nachzuweisen ist primär die Tatsache, dass die Aufwendungen tatsächlich erbracht wurden, im Weiteren aber auch deren geschäfts- oder berufsmässige Begründetheit (vgl. VGE II/97 vom 7. Dezember 2004 [BE.2004.00071], S. 7; Markus Reich/Marina Züger, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuer- recht, Band I/2a [DBG], Basel/Genf/München 2000, Art. 27 N 39). Da, wo nach aller Erfahrung gewisse Gewinnungskosten glaub- haft sind, kann für im üblichen Rahmen geltend gemachte Abzüge auf den strikten Nachweis durch detaillierte Aufstellungen und Be- lege unter Umständen verzichtet werden. Welche formellen Anforde- rungen an den Nachweis zu stellen sind, hängt von den Umständen und den geltend gemachten Auslagen ab. Fehlen einzig genügende Angaben über die Höhe, ist die anzuerkennende Spesenvergütung ermessensweise festzulegen (AGVE 1988, S. 209 f.). Sobald die geltend gemachten Spesen den üblichen Rahmen sprengen, kann auf den Nachweis nicht verzichtet werden. Die Pauschalierung darf nicht so weit gehen, dass sich der Steuerpflichtige dadurch vom zumutba- ren Spesennachweis befreit (VGE II/96 vom 18. Dezember 2003 [BE.2003. 00349], S. 4 f.). 2008 Verwaltungsgericht 80 Soweit es um die Mehrkosten der auswärtigen Verpflegung geht, wird von Unselbständigerwerbenden nicht der Nachweis ver- langt, dass sie sich tatsächlich auswärts verpflegten (VGE II/17 vom 5. März 2007 [WBE.2005.350], S. 5). Der Abzug für Mehrkosten der auswärtigen Verpflegung setzt einzig voraus, dass der Steuerpflich- tige wegen zu grosser Entfernung zwischen Wohn- und Arbeitsstätte oder wegen kurzer Essenspause oder Schichtarbeit eine Hauptmahl- zeit nicht zu Hause einnehmen kann (§ 35 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 StG i.V.m. § 12 StGV sowie Art. 6 Abs. 1 der Verordnung des EFD über den Abzug von Berufskosten der unselbstständigen Erwerbstä- tigkeit bei der direkten Bundessteuer vom 10. Februar 1993 [Berufs- kostenverordnung; SR 642.118.1]). 2. 2.1. Die Beschwerdeführer brachten in der Rekursschrift vor, der Beschwerdeführer 1 habe im Jahr 2004 für die Firma S. AG, in F., während insgesamt 200 Tagen in deren Räumen gearbeitet. Es sei somit der Mehraufwand für auswärtige Verpflegung mit 200 Tagen à Fr. 14.-- (insgesamt also Fr. 2'800.--) anzuerkennen. Ein Sammeln und Verbuchen jeder einzelnen Rechnung für das Mittagessen würde einen unverhältnismässigen Aufwand bedeuten. In der Beschwerde- schrift halten die Beschwerdeführer an diesen Aussagen fest und betonen nochmals, dass die Arbeiten des Beschwerdeführers 1 nicht bei ihm zu Hause, sondern in den Räumen der Firma S. AG erfolgt seien. Die Distanz zwischen dem Wohnort L. und dem Arbeitsort F. sei zu gross, um über Mittag nach Hause zurückzukehren. Als Be- weis legen sie ein Schreiben dieser Firma vom 12. November 2007 (im Folgenden: Bestätigung S.) bei, in dem bestätigt wird, dass der Beschwerdeführer 1 im Laufe des Jahres 2004 mindestens während 200 Tagen für die Firma entweder im Büro in F. oder unterwegs auf den Objekten und Baustellen in der ganzen Schweiz gearbeitet habe. In der Beschwerde wird ferner betont, dass der Beschwerdeführer 1 einen Grossteil seines Umsatzes mit der Firma S. AG erzielt habe. Den direkten Nachweis, dass sich der Beschwerdeführer 1 aus- wärts verpflegte (beispielsweise mit Quittungen von Restaurants), treten die Beschwerdeführer somit nicht an. Sie stützen ihren An- 2008 Kantonale Steuern 81 spruch auf den verlangten Abzug vielmehr auf das Argument der Gleichbehandlung mit den Unselbständigerwerbenden. Entsprechend wurde beim Abschluss der Buchhaltung ein pauschaler Betrag von Fr. 2'800.-- verbucht. 2.2. 2.2.1. Mit der Bestätigung S., wonach der Beschwerdeführer 1 wäh- rend mindestens 200 Tagen für die Firma entweder in deren Büro in F. oder unterwegs gearbeitet habe, stimmt die ursprüngliche Be- hauptung der Beschwerdeführer, der Beschwerdeführer 1 habe 200 Tage in den Büros der Firma S. AG gearbeitet, nicht überein. In der Beschwerde passten die Beschwerdeführer ihre Sachdarstellung dann der eingereichten Bestätigung S. an. Ebensowenig treffen aufgrund der eingereichten Buchhaltungsunterlagen ihre Ausführungen zu, wonach der Beschwerdeführer 1 "einen Grossteil seines Umsatzes mit dieser Firma erzielt" habe. Im Konto "6200 Erlös aus Arbeiten" finden sich, bei einem Gesamtumsatz im Jahr 2004 in Höhe von Fr. ...., Erlöse mit dem Buchungstext "S. AG" oder "S." von insge- samt Fr. ...., was 26% des Gesamtumsatzes entspricht. Dass daneben andere Erlöse aus Arbeiten für die Firma S. AG resultierten, ist aus der Buchhaltung nicht ersichtlich. Aber auch die Richtigkeit der Bestätigung S. selber erscheint durchaus fragwürdig. In der Steuerpraxis wird ein volles Arbeitspen- sum mit jährlich 220 Arbeitstagen gleichgesetzt (vgl. erwähnter VGE vom 5. März 2007, S. 4). Danach würden die 200 Tage bedeuten, dass der Beschwerdeführer 1 im Jahr 2004 beinahe ausschliesslich für die Firma S. AG arbeitete. Mit dem Umstand, dass der Erlös aus Arbeiten für die Firma S. AG nur 26% des Gesamtumsatzes aus- macht, lässt sich dies nicht in Übereinstimmung bringen. Der Ver- dacht, dass es sich bei der erst im Beschwerdeverfahren eingereich- ten Bestätigung S. um ein nachträgliches "Gefälligkeitszeugnis" han- delt, ist nicht von der Hand zu weisen. Jedenfalls ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer 1, wie behauptet, an 200 Tagen für die Firma S. AG arbeitete. 2008 Verwaltungsgericht 82 2.2.2. Dies schliesst jedoch nicht aus, die Grundaussage in der Bestä- tigung S., nämlich dass der Beschwerdeführer 1 an den Tagen, an denen er tatsächlich für die Firma S. AG arbeitete, seine Arbeit in de- ren Büros (oder unterwegs auf Baustellen) verrichtete, für glaubhaft anzusehen und darauf abzustellen. Da nicht feststeht, an wie vielen Tagen sich der Beschwerdefüh- rer 1 im Zusammenhang mit seiner Arbeit für die Firma S. AG aus- wärts verpflegen musste und den Abzug für Verpflegungsmehrkosten beanspruchen kann, ist die Höhe des Abzugs ermessensweise fest- zulegen. Für das Steuerjahr 2004 betrug der volle Abzug für Mehr- kosten der Verpflegung Fr. 14.-- pro Hauptmahlzeit bzw. Tag und Fr. 3'000.-- im Jahr (Art. 3 Berufskostenverordnung und Anhang zur Berufskostenverordnung). Ausgehend davon, dass der Beschwerde- führer 1 rund einen Viertel seines Umsatzes mit Arbeiten für die Firma S. AG erzielte (vorne Erw. 2.2.1), erscheint es gerechtfertigt, 1⁄4 der Jahrespauschale für Verpflegungsmehrkosten, somit Fr. 750.--, zum Abzug zuzulassen. 2.2.3. Diesem Ergebnis steht der Grundsatz, dass neben effektiven Spesen keine Pauschalspesen anerkannt werden, nicht entgegen. Die- ser überzeugt, soweit es um ein und denselben Zeitraum geht; im vorliegenden Fall handelt es sich indessen bei den effektiven Spesen um diejenigen auf Auslandreisen, während die Pauschalspesen die Zeiten betreffen, als der Beschwerdeführer 1 im Inland arbeitete.
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2009 Submissionen 197 V. Submissionen 37 Rechtsschutz - Im Anwendungsbereich des SubmD besteht unterhalb der Schwel- lenwerte des Einladungsverfahrens auch unter Geltung der Rechts- weggarantie (Art. 29a BV) kein gerichtlicher Rechtsschutz und die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist unzulässig. Urteil des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 24. August 2009 in Sachen B. AG gegen A.R.M. (WBE.2009.124). Aus den Erwägungen 1.6. 1.6.1. Auf den 1. Januar 2007 in Kraft getreten ist Art. 29a BV. Art. 29a BV bestimmt, dass jede Person bei Rechtsstreitigkeiten An- spruch auf Beurteilung durch eine richterliche Behörde hat. In Aus- nahmefällen können Bund und Kantone durch Gesetz die richterliche Beurteilung ausschliessen. Mit der auf den 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Revision des Verwaltungsrechtspflegegesetzes ist die An- passung des kantonalen Verfahrensrechts an die Rechtsweggarantie zwischenzeitlich erfolgt. Die Generalklausel in § 54 Abs. 1 VRPG regelt den Grundsatz; mit ihr soll die Rechtsweggarantie umgesetzt werden. Gemäss § 54 Abs. 1 VRPG ist gegen letztinstanzliche Ent- scheide der Verwaltungsbehörden und, wenn vorgesehen, gegen Ent- scheide der Spezialverwaltungsgerichte die Verwaltungsgerichtsbe- schwerde zulässig. In § 54 Abs. 2 und 3 VRPG werden die zulässi- gen Ausnahmen geregelt. Während § 54 Abs. 2 VRPG die wichtig- sten Ausnahmefälle explizit auflistet, hält § 54 Abs. 3 VRPG fest, dass weitere Ausnahmen gesetzlich vorgesehen werden können. Ge- mäss der Botschaft des Regierungsrats vom 14. Februar 2007 zum 2009 Verwaltungsgericht 198 Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege (S. 66) hat dies einzelfall- wiese in einem formellen Gesetz zu geschehen. 1.6.2. Damit stellt sich die Frage, ob der sich aus § 24 SubmD erge- bende Ausschluss eines Rechtsschutzes für unterschwellige Auf- tragsvergaben der öffentlichen Hand auf einer genügenden gesetzli- chen Grundlage, d. h. auf einem formellen Gesetz, beruht. Formelle Gesetze sind in erster Linie dem Referendum unterstellte Erlasse. Vom Parlament beschlossene Akte (sog. Parlamentsverordnungen) genügen dem Erfordernis der formellen gesetzlichen Grundlage, wenn die anwendbare kantonale Verfassungsordnung dies zulässt, da die Kantone von Bundesrechts wegen nicht gehalten sind, ihre Gesetze dem Referendum zu unterstellen (BGE 126 I 182 mit Hin- weisen; vgl. auch AGVE 2007, S. 117 ff.). Die Möglichkeit der Rechtsetzung bezüglich ausführender Bestimmungen durch den Er- lass von Dekreten ist in § 78 Abs. 2 KV vorgesehen. Erforderlich ist eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung. Das SubmD stützt sich ausser auf § 82 Abs. 1 lit. l KV ("regelt durch Dekret das öffentliche Beschaffungswesen") insbesondere auch auf Art. 11 BGBM und Art. 3 IVöB. Es handelt sich beim SubmD somit trotz des Aus- schlusses des Referendums um ein Gesetz im formellen Sinn. Damit stellt § 24 SubmD in Bezug auf die darin vorgesehene Beschränkung des Rechtsschutzes auf Vergaben oberhalb der Schwellenwerte des Einladungsverfahrens und dem daraus resultierenden Ausschluss unterschwelliger Vergaben vom Beschwerdeverfahren eine genü- gende (formelle) gesetzliche Grundlage dar. Der Umstand, dass § 24 SubmD als (teilweiser) Ausnahmetatbestand bereits vor dem In- krafttreten des revidierten VRPG und der Rechtsweggarantie bestan- den hat, vermag an seiner Gesetz- und Verfassungsmässigkeit nichts zu ändern. 1.6.3. Der Grosse Rat entschied sich somit dazu, lediglich bei Sub- missionen, welche den Schwellenwert des Einladungsverfahrens er- reichen, einen Rechtsschutz vorzusehen; bei unterschwelligen Ver- gaben (Bagatellvergaben) ist der Rechtsschutz ausgeschlossen. Diese Regelung erscheint vertretbar und sachgerecht (vgl. BGE 131 I 2009 Submissionen 199 137 ff.; Martin Beyeler, in: Baurecht 2005, S. 70 f.). Nach der Auf- fassung des Verwaltungsgerichts hält sie auch vor Art. 29a BV sowie Art. 86 und Art. 114 BGG stand, welche Bestimmungen denn auch Ausnahmen vom gerichtlichen Rechtsschutz zulassen (Art. 29a Satz 2 BV, Art. 86 Abs. 3 BGG). Für die Zulässigkeit des Ausschlusses unterschwelliger Vergaben vom Rechtsschutz sprechen sodann die folgenden Argumente: - Auch im Bund (BoeB) besteht ein gerichtlicher Rechtsschutz (Bundesverwaltungsgericht; Art. 27 BoeB) nur bei Vergaben oberhalb der GATT/WTO-Schwellenwerte (vgl. Art. 6 BoeB, Verordnung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements [EVD] über die Anpassung der Schwellenwerte im öffentlichen Beschaffungswesen [SR 172.056.12]). - Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) ist gemäss dem Bundesgerichtsgesetz nur zu- lässig bei Vergaben des Bundes und der Kantone, die den massgebenden GATT/WTO-Schwellenwert oder denjenigen des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens vom 21. Juni 1999 (SR.0.172.052.68) erreichen (vgl. Art. 83 lit. f Ziff. 1 BGG); bei kantonalen Beschaffungen unterhalb des Schwellenwerts ist nur die subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) möglich; bei Vergaben des Bundes im unterschwelligen Bereich besteht gar kein Rechtsmittel. - Das bevorstehende Inkrafttreten der Rechtsweggarantie gemäss Art. 29a BV war dem Bundesgericht beim Entscheid vom 11. Februar 2005 (BGE 131 I 137 ff.), in dem es die Zulässig- keit der zu § 24 SubmD analogen Regelung im Kanton Bern bejaht hat, zweifellos bekannt; es hat sich dazu jedoch mit kei- nem Wort geäussert, geschweige denn irgendwelche Bedenken angebracht. - Der Vorentwurf zur Totalrevision des BoeB vom 30. Mai 2008 (VE-BoeB) sieht generell einen Rechtsschutz, unabhängig von der tatsächlich gewählten Verfahrensart, nur bei Beschaffungs- verfahren, in denen die massgebenden Schwellenwerte für das 2009 Verwaltungsgericht 200 offene oder das selektive Ausschreibungsverfahren erreicht oder überschritten werden, vor (Art. 68 VE-BoeB; vgl. insbesondere auch Erläuternder Bericht [Vernehmlassungsvorlage zur Total- revision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaf- fungswesen] vom 30. Mai 2008, S. 74). Mit anderen Worten ist auch bei den Kantonen (wo das Gesetz ebenfalls gelten soll, vgl. Art. 4 VE-BoeB) unterhalb der massgebenden Schwellenwerte keine Beschwerdemöglichkeit an ein Gericht vorgesehen.
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AG_VG_001
AG_VG
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Northwestern_Switzerland
AG_VG_001_AGVE-2009-37_2009-08-03
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2004 Submissionen 223 [...] 54 Ausschreibungsunterlagen. - Ausgestaltung von Ausschreibungsunterlagen bei EDV-Produkten. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 15. Juli 2004 in Sa- chen L. AG gegen Gemeinderat Villmergen. 2004 Verwaltungsgericht 224 Aus den Erwägungen 3. a) Gemäss § 12 Abs. 3 SubmD sind die Ausschreibungsun- terlagen so zu gestalten, dass die Anbietenden ordnungsgemäss offerieren können. Welche Anforderungen an den Inhalt und an den Präzisierungs- und Detaillierungsgrad eines Ausschreibungstextes zu stellen sind, damit ein ordnungsgemässes Offerieren möglich ist, lässt sich nicht verallgemeinern, sondern hängt vor allem auch von der Art des zu vergebenden Auftrags ab (AGVE 1998, S. 411 f.). b) Nicht beanstanden lässt sich der Entscheid der Vergabebe- hörde, sich nicht bereits vor Durchführung des Submissionsverfah- rens auf ein bestimmtes Betriebssystem festzulegen, sondern die Plattformwahl (Microsoft Windows XP oder Apple OS X) im Pflichtenheft offen zu lassen und Offerten für beide Systeme zuzu- lassen. Voraussetzung war gemäss Pflichtenheft lediglich, dass der Einsatz der bereits vorhandenen 28 Apple-Rechner weiterhin mög- lich sein würde bzw. die Rechner ins Netzwerk integriert werden könnten. Dieses Vorgehen ermöglicht es Anbietern beider Systeme und damit einem weiteren Anbieterkreis, an der Submission teilzu- nehmen bzw. gestattet es Bewerbern, die beide Systeme im Angebot haben, beide "Varianten" einzureichen. Es steht damit im Einklang mit dem vergaberechtlichen Grundsatz, wonach der wirksame Wett- bewerb (nach Möglichkeit) gefördert werden soll (§ 1 Abs. 1 SubmD, vgl. dazu ausführlich AGVE 1998, S. 414 ff.). Die Beschwerdeführerin rügt, die in der Ausschreibung ge- machten Zuschlagskriterien enthielten keine Angaben, wie die Wahl der Plattform zustande kommen würde. Sie vermutet, dass zuerst die Plattform bestimmt und dann das günstigste Angebot ermittelt wor- den sei. Diese Annahme erweist sich schon deshalb als nicht zu- treffend, weil lediglich drei vollständige Angebote, die sämtliche nachgefragten Komponenten enthielten, eingereicht wurden; die übrigen Offerten - darunter auch die beiden Varianten der Beschwer- deführerin - wurden mangels Vollständigkeit ausgeschieden. Die drei gültigen Angebote basierten alle auf der Windows-Plattform. Auf- grund des Ergebnisses der technischen Bereinigung stellte sich daher die Systemfrage für die Vergabebehörde gar nicht mehr, denn das 2004 Submissionen 225 wirtschaftlich günstigste Angebot war ausschliesslich unter den drei gültigen Windows-Angeboten zu ermitteln. Offen bleiben kann daher, ob das Pflichtenheft, wie die Beschwerdeführerin offenbar annimmt, Angaben zu den Gesichtspunkten, nach denen die Platt- formwahl von der Vergabebehörde zu treffen war, hätte enthalten sollen. Ein Problem könnte sich diesbezüglich allerdings dann erge- ben, wenn die Vergabebehörde mit der Begründung, sie habe sich für die andere Plattform entschieden, nicht dem aufgrund der bekannt gegebenen Zuschlagskriterien wirtschaftlich günstigsten Angebot, sondern einem andern den Zuschlag erteilt. Dieser Fall liegt hier jedoch nicht vor, da wie ausgeführt, eine Plattformwahl aufgrund der eingegangenen Offerten gar nicht getroffen werden musste. c) Als unzutreffend erweist sich der Vorwurf, die Vergabebe- hörde habe in der Ausschreibung Windows- und Macintosh-Rechner vermischt. Dem Pflichtenheft waren Anforderungskataloge/ Leistungsverzeichnisse für Personalcomputer Feststationen/Mobiles Klassenzimmer und für Apple Feststationen/Mobiles Klassenzimmer mit den entsprechenden Spezifikationen beigefügt, die spezifisch auf die beiden unterschiedlichen Plattformen ausgerichtet waren. Die Vergabebehörde bestreitet nicht, dass die beiden Leistungs- verzeichnisse für die Macintosh-Produkte einige fehlerhafte Angaben in Bezug auf die Spezifikationen enthielten (z.B. 17"-TFT-Flachbild- schirm statt 17"-Röhrenmonitor beim Power PC G4 1, interne Dis- kettenlaufwerke bei Macintosh weder vorhanden noch einbaubar), die so nicht lieferbar sind und folglich in der verlangten Form auch nicht offeriert werden konnten. Diese Fehler waren indessen für die Anbieter der entsprechenden Produkte klar erkennbar. Die Be- schwerdeführerin hat in ihrem Angebot ausdrücklich auf die Fehler hingewiesen, und - wie auch die übrigen Anbieter der Macintosh- Rechner - die entsprechenden Produkte korrekt offeriert. Insofern kann nicht gesagt werden, die Anbieter seien durch die unrichtigen Angaben irregeführt worden. Eine Wiederholung der Submission we- gen der von allen Anbietern durchaus als solche erkannten Fehler im Leistungsverzeichnis rechtfertigt sich deshalb nicht.
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AG_VG_001
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AG_VG_001_AGVE-2004-54_2004-07-03
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2008 Verwaltungsrechtspflege 305 [...] 56 Immissionsbeschwerde. - Die Beschwerdelegitimation fehlt, wenn der Lärm einer bestehenden Anlage deutlich unter dem Planungswert liegt. Urteil des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 22. August 2008 in Sachen K. und F. gegen IG Schützen Gippingen (WBE.2007.267). Sachverhalt Die Beschwerdegegnerinnen betreiben in der Gemeinde Gip- pingen einen Pistolenschiessstand. Die Beschwerdeführer wehren sich gegen Immissionen, die mit dem Betrieb dieser Anlage verbun- den sind. 2008 Verwaltungsgericht 306 Aus den Erwägungen 1. 1.1.-1.2. (...) 1.3. Verfügungen und Entscheide kann jedermann durch Beschwer- de anfechten, der ein schutzwürdiges eigenes Interesse geltend macht (§ 38 Abs. 1 VRPG). Nach Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG gewährleistet das kantonale Recht die Legitimation mindestens im gleichen Umfang wie für die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bun- desgericht. Die Auslegung von § 38 Abs. 1 VRPG hat sich deshalb an die bundesrechtlichen Vorgaben zu halten: Das Bundesgericht ver- zichtet darauf, hinsichtlich der Legitimation zur Anfechtung von Bauprojekten auf bestimmte räumliche Distanzen oder andere fixe Werte abzustellen. Für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation sind der auf dem betreffenden Grundstück tatsächlich wahrgenom- mene bzw. mit Sicherheit oder grosser Wahrscheinlichkeit zu be- fürchtende Lärm sowie das allgemeine Geräuschniveau in der Umge- bung von Bedeutung, wobei gemäss Art. 8 USG die Lärmeinwirkun- gen sowohl einzeln als auch gesamthaft und nach ihrem Zusammen- wirken in die Beurteilung miteinzubeziehen sind (AGVE 2000, S. 368 f. und BGE 121 II 174 je mit Hinweisen; Heinz Aemisegger / Stephan Haag, in: Kommentar zum Bundesgesetz über die Raumpla- nung, Zürich 1999, Art. 33 RPG N 40 ff. [mit umfangreicher Ka- suistik]). Die Beschwerdelegitimation ist nach bundesgerichtlicher Praxis nicht erst dann gegeben, wenn die Belastung die Alarm- oder Immissionsgrenzwerte erreicht (BGE vom 9. Juni 1992 [1A.255/1991], in: URP 1992, S. 626 f.; BGE 119 Ib 184 mit Hin- weis; BGE vom 3. April 2001 [1A.310/2000 und 1P.754/2000), in: ZBl 2002, S. 371 f.; AGVE 2000, S. 368 f.; VGE III/81 vom 23. September 2004 [BE.2003.00326], S. 9). Es ist unter Berück- sichtigung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob die streitige Anlage bzw. die Lärm verursachende Tätigkeit auf dem Grundstück des Beschwerdeführers zu Immissionen führt, die deutlich wahr- nehmbar und von ihrer Art und Intensität so beschaffen sind, dass sie 2008 Verwaltungsrechtspflege 307 auch bei objektivierter Betrachtungsweise als Nachteil empfunden werden müssen; eine besondere subjektive Empfindlichkeit des Be- troffenen verdient keinen Rechtsschutz (BGE vom 3. April 2001 [1A.310/2000 und 1P.754/2000], in: ZBl 2002, S. 371 f.; VGE III/81 vom 23. September 2004 [BE.2003.00326], S. 9; ähnlich BGE 121 II 178; 110 Ib 102; BGE vom 9. Juni 1992 [1A.255/1991], in: URP 1992, S. 627). Offen gelassen hat das Bundesgericht, ob zur Beur- teilung der Frage, ob Lärmeinwirkungen einen Betroffenen in be- achtenswertem Masse besonders treffen, auf die Planungswerte ab- gestellt werden kann, die unter den Immissions- und Alarmwerten liegen. Für ein solches Vorgehen spricht, dass die Planungswerte ein Instrument der Lärmvorsorge darstellen (vgl. BGE vom 9. Juni 1992 [1A.255/1991], in: URP 1992, S. 627). In einem vorangegangenen Verfahren hat das Verwaltungsge- richt die Legitimation der Beschwerdeführer anerkannt. Es erwog in seinem Entscheid vom 20. April 2004, die Liegenschaft «X.» be- fände sich im Bereich der Belastungsgrenzwerte (Planungswert von 60 dB[A] und Immissionsgrenzwert von 65 dB[A]). Für die rund 180 m weiter entfernte Liegenschaft «Y.» (Liegenschaft der Beschwerde- führer) könne nicht ausgeschlossen werden, dass deren Bewohner - objektiv betrachtet - ebenfalls störenden Lärmimmissionen ausge- setzt seien (VGE III/24 vom 20. April 2004 [BE.2003.00102], S. 8 f.). Der Schiessstand wurde jedoch zwischenzeitlich lärmmässig sa- niert bzw. mit einer Lärmschutzwand versehen, weshalb die Frage der Legitimation heute unter einem neuen Licht erscheint. Die Beschwerdegegnerinnen haben gestützt auf die Lärmmes- sung vom 7. Oktober 2005 und vom März 1992 für den Empfangs- punkt «X.» nach eigenen Berechnungen vom 30. November 2007 ei- nen Beurteilungspegel von 54.4 dB(A) (richtig wohl 54.1 dB[A]) ermittelt. Die Distanz zwischen dem Schützenhaus und der Liegen- schaft «X.» beträgt rund 150 m. Die Distanz zwischen dem Schüt- zenhaus und der Liegenschaft der Beschwerdeführer (Y.) beträgt rund 320 m. Unter Berücksichtigung der geometrischen Dämpfung (...) resultiert bei der Liegenschaft der Beschwerdeführer ein Beur- teilungspegel von 47.5 dB(A), der deutlich unter dem massgebenden Planungswert von 60 dB(A) liegt (vgl. zur Formel Kurt Eggen- 2008 Verwaltungsgericht 308 schwiler, Grundlagen der Akustik und Lärmbekämpfung, Unterlagen zum ERFA-Seminar vom 25. Februar 2002, S. 7). Generell reduzie- ren sich die für den Empfangspunkt «X.» gemessenen Schallpegel allein schon wegen der grösseren Distanz zwischen der Quelle und dem Empfangspunkt «Y.» um 6.58 dB(A). (...) Weil der Beurteilungspegel am Immissionsort im konkreten Fall den Planungswert nachweislich und deutlich unterschreitet, kann aus objektivierter Sicht nicht mehr von einer relevanten Beeinträchti- gungsmöglichkeit bzw. einem rechtserheblichen Nachteil gesprochen werden. (...) Die Vorinstanz hat die Legitimation der Beschwerdeführer so- mit zu Recht verneint. Soweit sich die Verwaltungsgerichtsbeschwer- de gegen den angefochtenen Nichteintretensentscheid richtet, ist sie abzuweisen. (...)
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AG_VG
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AG_VG_001_AGVE-2008-56_2008-08-03
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2018 Sozialhilfe 265 VI. Sozialhilfe 24 Sozialhilfe; Rückerstattung Die materielle Hilfe, welche während eines Beschäftigungsprogramms ausgerichtet wurde, unterliegt nicht der Rückerstattung. Aus dem Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 20. Sep- tember 2018, in Sachen Einwohnergemeinde A. gegen B. und Departement Gesundheit und Soziales (WBE.2018.157). Aus den Erwägungen 2. 2.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, gestützt auf § 30 Abs. 2 SPV sei die materielle Hilfe, welche während des Beschäftigungs- programms beim Verein C. gewährt wurde, rückerstattungspflichtig. Würden einer unterstützten Person während eines Beschäftigungs- programms über die ordentliche Sozialhilfe hinaus keine zu- sätzlichen Leistungen ausgerichtet, liege kein echter Lohn vor. Auch wenn ein Programmanbieter bloss als Zahlstelle für die materielle Hilfe fungiere, könne nicht von einem Lohn gesprochen werden. Die Vorinstanz habe die Ausnahmebestimmung von § 30 Abs. 2 SPV extensiv angewendet. Ein Lohn im Sinne von § 30 Abs. 2 SPV liege beispielsweise dann vor, wenn das Entgelt im Rahmen eines Teillohn-Programmes verdient und als eigene Mittel angerechnet werde. Sinngemäss macht die Beschwerdeführerin zudem geltend, es liege ein Widerspruch zum Bundessozialversicherungsrecht vor: Nach der Revision von Art. 23 Abs. 3bis AVIG könnten mit Beschäf- tigungsprogrammen bei der Arbeitslosenversicherung grundsätzlich keine Rahmenfristen mehr generiert werden. Schliesslich beschneide 2018 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 266 der Kanton in unzulässiger Art und Weise das Recht der Gemeinden, ausgerichtete materielle Hilfe später wieder zurückzufordern. 2.2. Die Vorinstanz erwog, mit dem Inkrafttreten von Art. 23 Abs. 3bis AVIG hätten sich die Rahmenbedingungen bei von der öffentlichen Hand finanzierten arbeitsmarktlichen Massnahmen grundlegend geändert. Der Kantonale Sozialdienst empfehle den Ge- meinden zwar weiterhin, Beschäftigungsprogramme zu ermöglichen, zugleich seien im Hinblick auf die Wahrung von Ersatz- und Rücker- stattungsansprüchen aber materielle Hilfe und Programmkosten einerseits und Arbeitserwerb andererseits klar zu trennen. Weiter werde empfohlen, von der Ausrichtung eines sog. Soziallohns eher abzusehen. Mit § 30 Abs. 2 SPV, welcher unverändert beibehalten worden sei, werde die Privilegierung des Soziallohns bei der Rücker- stattung aufrechterhalten. In der Praxis würden nach wie vor Beschäftigungsprogramme vermittelt, in welchen die materielle Hilfe als Lohn ausbezahlt werde. Würde für die Befreiung von der Rückerstattungspflicht allein auf die Auszahlungsmodalitäten abge- stellt, ergäbe sich eine stossende Ungleichbehandlung jener unter- stützten Personen, welche einen gleichwertigen Beitrag zur Verbesse- rung ihrer wirtschaftlichen Situation leisteten. Daher bestehe keine Rückerstattungspflicht für die materielle Hilfe, welche während des Beschäftigungsprogramms beim Verein C. ausgerichtet worden sei. Hingegen handle es sich beim Coaching um kein eigentliches Beschäftigungsprogramm, weshalb für den entsprechenden Zeitraum eine Pflicht zur Rückerstattung der materiellen Hilfe bestehe. 2.3. Ob ein Arbeitseinsatz eine beitragspflichtige Beschäftigung dar- stellt, mit welcher bei der Arbeitslosenversicherung die Beitragszeit erfüllt werden kann, bestimmt das Sozialversicherungsrecht (vgl. Art. 9 Abs. 1 und 3 sowie Art. 13 Abs. 1 AVIG). Die Beurteilung er- folgt im Einzelfall durch die Organe der Sozialversicherung bzw. die Versicherungsgerichte. Seit dem Inkrafttreten von Art. 23 Abs. 3bis AVIG am 1. April 2011 ist ein Verdienst, den eine Person durch Teilnahme an einer von der öffentlichen Hand finanzierten arbeitsmarktlichen Massnahme 2018 Sozialhilfe 267 (AMM) erzielt, nicht mehr versichert. Eine Tätigkeit, welche unter diese Bestimmung fällt, erfüllt daher keine Beitragszeit gemäss Art. 13 Abs. 1 AVIG (BGE 139 V 212, Erw. 3.3; Urteil des Bundesgerichts vom 11. November 2015 [8C_87/2015], Erw. 3.3; vgl. auch Botschaft zur Änderung des Arbeitslosenversicherungs- gesetzes vom 3. September 2008, 08.062, in: BBl 2008 7750). Die bundesgerichtliche Rechtsprechung stellt für die Anwendbarkeit von Art. 23 Abs. 3bis AVIG auf den Zweck der Beschäftigung ab, d.h. darauf, ob die Massnahme in erster Linie der beruflichen und so- zialen Integration dient (vgl. BGE 139 V 212, Erw. 4.2; Urteil des Bundesgerichts vom 11. November 2015 [8C_87/2015], Erw. 3.4 und 4.2). 2.4. Gemäss § 30 Abs. 2 SPV unterliegen im Zusammenhang mit einem Beschäftigungsprogramm geleistete Sozialversicherungs- beiträge nicht der Rückerstattung. In der Sozialhilfegesetzgebung wird der Begriff des Beschäftigungsprogramms in einem umfassen- den Sinne verwendet (vgl. § 13 Abs. 2 lit. b, § 41 und § 47 Abs. 1 lit. e SPG [jeweils in der geltenden Fassung]). Dabei kann die Abgrenzung von Coachings, Abklärungsmassnahmen und arbeitsin- tegrativen Massnahmen im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten. Gleich verhält es sich mit Arbeitseinsätzen im Rahmen von Be- schäftigungsprogrammen, sog. Teillohnprogrammen und bei einem Programmanbieter gestützt auf einen Arbeitsvertrag erbrachte Leistungen. In der Praxis werden bisweilen auch gemeindeinterne Arbeitsprojekte durchgeführt. 2.5. 2.5.1. Die Programmkosten von monatlich Fr. 1'500.00 unterliegen gemäss dem klaren Wortlaut von § 41 Abs. 2 SPG und § 30 Abs. 2 SPV nicht der Rückerstattung. Unter den Parteien unstrittig ist die Behandlung der Computerkurse in der D. und des Coachings durch E.. 2.5.2. Fraglich ist hingegen, ob die materielle Hilfe, welche während des Beschäftigungsprogramms beim Verein C. gewährt wurde, der 2018 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 268 Rückerstattung unterliegt. Die Beschwerdegegnerin nahm vom 5. Oktober 2015 bis 4. Oktober 2016 am Modul PJ Aufbautraining von F. teil. Dieses beinhaltete einen internen Arbeitseinsatz mit gesteigerten Anforderungen und einem Pensum von 80 %. Dabei er- folgte eine individuelle Unterstützung (persönlich, fachlich, agogisch und ressourcenorientiert). Der Arbeitseinsatz im Bereich Dienst- leistung und Administration umfasste insbesondere die Bedienung der Telefonzentrale, Kundenschalter, Post, Microsoft Excel, Lagerbe- wirtschaftung und Büroadministration. Im Rahmen des Programms erfolgten unter anderem Beurteilungen des Arbeitsverhaltens und der Fähigkeiten der Teilnehmerin sowie deren persönlichen Verhaltens. Die gesamte materielle Hilfe wurde der Beschwerdegegnerin wäh- rend des Programms von der Gemeindeverwaltung überwiesen. Parallel zum Verein C. absolvierte die Beschwerdegegnerin vom 20. Juni bis 23. September 2016 ein externes Praktikum bei der Stif- tung G. im Bereich Finanzen und Informatik. Der betreffende Aufga- benbereich umfasste Empfangsarbeiten, Post, Mitarbeit im Kassa- wesen sowie Unterstützung der Buchhaltung, des Personalwesens und des Marketings. Von Oktober 2015 bis Ende September 2016 wurde der Be- schwerdegegnerin materielle Hilfe im Betrag von Fr. 30'195.00 ge- währt (ohne Berücksichtigung der Programmkosten). 2.5.3. Beim Angebot des Vereins C. handelt es sich um keine Arbeits- integrationsmassnahme mit einem Teillohnprogramm, bei welchem ein Lohn ausbezahlt und im Sozialhilfebudget als eigene Mittel ange- rechnet wird. Es liegt auch kein sog. Soziallohn vor, bei welchem die Auszahlung von materieller Hilfe über den Programmanbieter er- folgt. 2.5.4. Entsprechend dem Wortlaut von § 30 Abs. 2 SPV ist die wäh- rend der Programmdauer als Lohn ausgerichtete Sozialhilfe von der Rückerstattung ausgenommen. Diese Voraussetzung ist bei Teillohn- programmen klarerweise gegeben, was von der Beschwerdeführerin ausdrücklich anerkannt wird. Auch wenn die materielle Hilfe entsprechend der Ausgestaltung der Arbeitsintegrationsmassnahme 2018 Sozialhilfe 269 vom Programmanbieter überwiesen wird, ist davon auszugehen, dass die Sozialhilfe als Lohn ausgerichtet wird . Zwar darf die materielle Hilfe in diesem Zusammenhang nicht als Entlöhnung für eine Arbeitsleistung verstanden werden, indessen wird sie von der unter- stützten Person - oftmals beabsichtigt und entsprechend der Ziel- setzung der Massnahme - als Gegenleistung für den Arbeitseinsatz wahrgenommen. Entsprechende Ausgestaltungen eines Programms können mithin der beruflichen Integration dienen. Vorliegend erfolgten keinerlei Zahlungen an die Beschwerde- gegnerin über den Programmanbieter. Der Einsatz beim Verein C. dauerte ein Jahr, wobei die Beschwerdegegnerin während drei Mona- ten zusätzlich ein externes Praktikum bei der Stiftung G. absolvierte. Während des gesamten Zeitraums wurde sie durchgehend materiell unterstützt. Die Beschwerdeführerin macht zwar mit gewissem Recht geltend, dass unter diesen Umständen fraglich erscheint, ob die Sozialhilfe als Lohn ausgerichtet wurde . Eine Differenzierung an- hand der Auszahlungsmodalitäten rechtfertigt sich indessen nicht. Wesentlich ist in Bezug auf die Rückerstattung bloss, dass die ma- terielle Hilfe parallel zum Beschäftigungsprogramm mit einem Ar- beitspensum von 80 % gewährt wurde. In diesem Sinne empfehlen auch die SKOS-Richtlinien dem kantonalen Gesetzgeber, Sozial- hilfeleistungen, die auf einer Gegenleistung der Bezügerinnen und Bezüger beruhen, von der Rückerstattungspflicht auszunehmen (SKOS-Richtlinien, D.2-3). Wie die Vorinstanz zu Recht erwog, liesse sich eine Ungleichbehandlung von Teilnehmenden an Be- schäftigungsprogrammen, welchen die materielle Hilfe durch die Gemeinde gewährt oder (teilweise) über den Programmanbieter ausbezahlt wird, nicht rechtfertigen. Im Unterschied zu eigentlichen Teillohnprogrammen erscheint dabei irrelevant, ob ein sog. Sozial- lohn bezahlt wird und von welcher Zahlstelle die Überweisungen veranlasst werden. Eine restriktive Auslegung von § 30 Abs. 2 SPV, wie sie die Beschwerdeführerin fordert, würde sich als zu eng erwei- sen und dem Zweck der Norm zuwiderlaufen. 2.5.5. Es besteht kein Widerspruch zwischen § 30 Abs. 2 SPV und dem Arbeitslosenversicherungsrecht, wenn mit einem Beschäfti- 2018 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 270 gungsprogramm gemäss Art. 23 Abs. 3bis AVIG kein versicherter Verdienst generiert wird. Im kantonalen (Sozialhilfe-)Recht wird lediglich ein anderer Lohnbegriff verwendet als im eidgenössischen (Sozialversicherungs-)Recht. Darin liegt kein Verstoss gegen höherrangiges Recht. Die Vorinstanz hat aufgezeigt, welche Überle- gungen dazu führten, den während der Programmdauer ausgerichte- ten Lohn von der Rückerstattung auszunehmen. Unter anderem sollte ein Anreiz geschaffen werden, überhaupt an einem Programm teilzu- nehmen. Daran hat sich mit dem Erlass von Art. 23 Abs. 3bis AVIG nichts geändert. Insofern besteht auch weiterhin ein guter Grund, an dieser Ausnahme festzuhalten (vgl. auch SKOS-Richtlinien, D.2-3, welche vom Prinzip der Gegenseitigkeit sprechen). Die Gesetzgebungskompetenz im Bereich der Sozialhilfe liegt beim Kanton (vgl. §§ 25 und 39 KV). Dies gilt unabhängig davon, ob und gegebenenfalls in welchem Mass er sich finanziell an den je- weiligen Sozialhilfeausgaben der Gemeinden beteiligt. Der Wegfall der anteilmässigen Kostenvergütung für Beschäftigungsprogramme (§ 47 Abs. 3 SPG in der Fassung bis 30. Dezember 2017) hat keine Auswirkungen auf die Zulässigkeit der Ausnahmen von der Rücker- stattung. 2.5.6. Somit unterliegt die materielle Hilfe, welche der Beschwerdegegnerin während des Beschäftigungsprogramms im Verein C. ausgerichtet wurde, nicht der Rückerstattung.
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2003 Verwaltungsrechtspflege 315 [...] 80 Unentgeltlicher Rechtsvertreter. Vertreterwechsel. - Ein Vertreterwechsel ist nicht zu bewilligen, wenn die Partei durch ihr Handeln ihren unentgeltlichen Rechtsvertreter wissentlich an der Ausübung seiner Aufgabe hindert. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 19. November 2003 in Sachen R.B. gegen Entscheid des Bezirksamts L. Aus den Erwägungen b) aa) Bei der Zuweisung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters trägt der Richter den Wünschen der Partei angemessen Rechnung (§ 130 Abs. 1 ZPO). Wird das Gesuch gleichzeitig mit einer anwalt- lich verfassten Rechtsschrift eingereicht, so drängt es sich schon aus praktischen Gründen auf, wie beantragt diesen Anwalt als unentgelt- lichen Rechtsvertreter zu bezeichnen. Es wäre sachwidrig, einen anderen unentgeltlichen Rechtsvertreter zu bezeichnen und zu fingie- ren, dieser habe die Rechtsschrift verfasst und sei dafür zu entschä- digen. Entsprechend dem ersten Gesuch ist somit Rechtsanwalt G. zum unentgeltlichen Rechtsvertreter zu ernennen. 2003 Verwaltungsgericht 316 bb) Die Partei kann den ihr zugewiesenen Rechtsvertreter aus zureichenden Gründen ablehnen und die Bezeichnung eines anderen Anwaltes beantragen (§ 130 Abs. 2 ZPO). Ein nachträglicher Ver- treterwechsel ist insbesondere dann, wenn die ursprüngliche Zuwei- sung antragsgemäss erfolgte, nur zurückhaltend zu gewähren und setzt gewichtige Gründe voraus (vgl. Alfred Bühler, in: Kommentar zur aargauischen Zivilprozessordnung, 2. Auflage, Aarau/Frankfurt a.M./Salzburg, 1998, § 130 N 4). Dies gilt auch im Fall, dass das Gesuch um Bestellung eines anderen als des ursprünglich beantrag- ten Vertreters gestellt wird, bevor der unentgeltliche Rechtsvertreter bezeichnet wurde, hinsichtlich der bereits erfolgten Prozesshandlun- gen aber aus den zuvor genannten Gründen zwingend der zuerst beantragte Anwalt zu bezeichnen ist. ... Indem der Beschwerdeführer im Büro von Rechtsanwalt G. die Akten behändigte und nicht zurückgab, hinderte er selber seinen Vertreter daran, die angekündigte Eingabe zu verfassen und rechtzei- tig einzureichen. Es geht nicht an, auf diese Weise den selbst ge- wählten Vertreter, der antragsgemäss zum unentgeltlichen Rechts- vertreter bestellt werden sollte, an der Arbeit zu hindern und daraus dann einen Anspruch auf Anwaltswechsel abzuleiten. Das Gesuch um Bewilligung des Wechsels des unentgeltlichen Rechtsvertreters ist deshalb abzuweisen.
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2000 Verwaltungsgericht 356 87 Beschwerdefrist (§ 40 Abs. 1 VRPG). Fristwiederherstellung (§ 98 ZPO). - Zustellungsfiktion in Fällen, wo der Empfänger einer Postsendung nicht angetroffen wird; für die Frage der Fristeinhaltung ist unerheb- lich, ob der Postbeamte auf dem gelben Formular eine längere als die siebentägige Abholungsfrist eingesetzt hat (Erw. 1/a). - Nichteinhaltung der Frist zur Stellung eines Wiederherstellungs- gesuchs (Erw. 1/b/bb). - Zumindest der rechtskundige Vertreter kann keinen Wiederherstel- lungsgrund geltend machen, wenn er als Empfänger der Postsendung die Beschwerdefrist verpasst hat, weil er sich auf die Angabe des Post- beamten auf dem gelben Formular verlassen hat (Erw. 1/b/cc). - Die Feststellung, ob die Partei oder ihr Vertreter ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 98 Abs. 1 ZPO), ist eine Rechts- und keine Ermessensfrage (Erw. 1/b/dd). - Korrektur von Amtes wegen, wenn die Vorinstanz das Vorliegen einer Sachurteilsvoraussetzung nicht richtig beurteilt hat (Erw. 1/c). Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 2. März 2000 in Sachen K., I. AG und W. gegen Baudepartement. Aus den Erwägungen 1. a) Wenn nichts anderes bestimmt wird, sind Beschwerden innert 20 Tagen seit Zustellung der angefochtenen Verfügungen oder Entscheide einzureichen (§ 40 Abs. 1 VRPG). Für die Berechnung der Fristen, deren Unterbruch und die Wiederherstellung gegen die Folgen der Säumnis gelten sinngemäss die Vorschriften der Zivilpro- zessordnung (§ 31 Satz 1 VRPG). aa) Im vorliegenden Falle wurde der Baubewilligungsentscheid vom 9. Februar 1998 vom Gemeinderat am 12. Februar 1998, 18 Uhr, als eingeschriebene Sendung Nr. 294 der Post U. übergeben. Am darauffolgenden Tag sollte die Sendung dem Empfänger, Rechtsanwalt X., übergeben werden. Da der Adressat nicht ange- troffen werden konnte, wurde ihm der Zustellversuch avisiert, indem ihm eine der üblichen gelben Bescheinigungen in den Briefkasten 2000 Verwaltungsrechtspflege 357 gelegt wurde, auf welcher er vom Zustellbeamten gebeten wurde, die Sendung in der Zeit vom 14. bis zum 23. Februar 1998 bei der Post- stelle B. abzuholen. Am 23. Februar 1998 wurde die Sendung dem Adressaten ausgehändigt. bb) Die Eröffnung des Baubewilligungsentscheids vom 9. Feb- ruar 1998 erfolgte wie erwähnt durch eine Zustellung auf dem postalischen Weg (vgl. § 92 Abs. 1 ZPO). Wenn nun bei dieser Zu- stellungsform der Adressat nicht angetroffen und deshalb eine Ab- holungseinladung in seinen Briefkasten oder sein Postfach gelegt wird, so gilt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Sen- dung in jenem Zeitpunkt als zugestellt, in welchem sie auf der Post abgeholt wird; geschieht dies nicht innerhalb der postalisch vorgese- henen Abholfrist von sieben Tagen, gilt die Sendung als am letzten Tag dieser Frist zugestellt, sofern der Adressat mit der Zustellung hatte rechnen müssen (BGE 123 III 493 mit Hinweisen). Das gleiche gilt nach kantonaler Rechtsprechung, jedenfalls soweit der Adressat für das Nichtabholen der Sendung keine zureichenden Gründe anfüh- ren kann (AGVE 1994, S. 464 mit Hinweisen). Diese Zustellungsfik- tion rechtfertigt sich, weil für die Verfahrensbeteiligten im Prozess die aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abzuleitende Pflicht besteht, dafür zu sorgen, dass ihnen Gerichtsurkunden zugestellt wer- den können; die Empfangspflicht entsteht als prozessuale Pflicht mit der Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses (BGE 116 Ia 92 mit Hinweis; AGVE 1994, S. 464). Die angeführte Praxis beruhte noch auf Art. 169 Abs. 1 lit. d und e der Verordnung (1) vom 1. September 1967 zum Postverkehrs- gesetz. Diese Verordnung ist am 1. Januar 1998 durch die Postver- ordnung (VPG) vom 29. Oktober 1997 abgelöst worden. Dies ändert aber nichts an der Weitergeltung der Praxis (vgl. VGE II/99 vom 26. Oktober 1999 in Sachen S., S. 4 mit Hinweis auf die Urteile des Obergerichts, 4. Zivilkammer, vom 17. Dezember 1998 in Sachen K., S. 4, und auf AGVE 1999, S. 59, sowie auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Bern vom 2. Dezember 1998 in Sachen X., 2000 Verwaltungsgericht 358 S. 5 ff.), zumal die frühere Regelung über die Zustellung einge- schriebener Briefe inhaltlich unverändert in die ,,Allgemeinen Ge- schäftsbedingungen der Post (,Postdienstleistungen`)" Eingang ge- funden hat (vgl. deren Ziff. 4.6). cc) Die Beschwerdeführer 2 berufen sich ausschliesslich darauf, dass der Abholungstermin auf dem gelben Formular vom Postbeam- ten selber mit dem 23. Februar 1998 angegeben worden ist, wogegen die siebentägige Abholungsfrist bereits am 21. Februar 1998 abge- laufen wäre; sie hätten darauf vertrauen dürfen, dass die Post die Abholungsfrist richtig berechne. Seitens der Postverwaltung wird eingeräumt, dass der Zustellbeamte aus heute nicht mehr feststellba- ren Gründen eine zehntägige Abholungsfrist angegeben habe; es müsse sich um ein Versehen bei der Fristberechnung handeln. Das Baudepartement hat die Beschwerdefrist als verpasst erachtet, sie dann allerdings wiederhergestellt. Der Kern der zitierten bundes- und verwaltungsgerichtlichen Praxis besteht wie erwähnt in einer Zustellungsfiktion ; für den Fall, dass die Zustellung einer Postsendung nicht real möglich ist, weil der Empfänger nicht angetroffen wird, wird ein fiktiver Zustellungster- min bestimmt, ab welchem allfällige Rechtsmittelfristen zu laufen beginnen (Erw. bb hievor). Aus Gründen der Rechtssicherheit und der Rechtsgleichheit muss dies ein fixer, in allen Fällen einheitlich zu handhabender Termin sein, wie dies auch bei einem gesetzlich festgelegten Termin zutrifft. Es kann daher für die Frage der Frist- einhaltung keine Rolle spielen, ob die Abholungsfrist vom Post- beamten richtig berechnet und auf dem gelben Formular eingesetzt worden ist. Die vormals in Art. 169 Abs. 1 lit. d und e der Verord- nung 1 zum Postverkehrsgesetz festgelegte Frist von sieben Tagen, innert welchen der Inhaber einer Abholungseinladung zum Bezug der darauf vermerkten Sendungen berechtigt ist (vgl. Ziff. 4.6 lit. b der ,,Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Post [,Postdienst- leistungen`]"), hat in diesem Zusammenhang einzig eine ,,entste- hungsgeschichtliche" Bedeutung, indem sie - naheliegenderweise - 2000 Verwaltungsrechtspflege 359 zur Konkretisierung der Zustellungsfiktion herangezogen wurde. Diese besteht und entfaltet ihre Wirkungen aber unabhängig von einer fehlerhaften Berechnung der Abholfrist durch die Post. Ähnlich wird im Übrigen verfahren, wenn der Adressat der Post einen Zurückbehaltungsauftrag erteilt hat; in solchen Fällen wird argu- mentiert, der Beginn des Fristenlaufs dürfe vom Adressaten nicht beliebig hinausgezögert werden, und wer so handle, müsse in Kauf nehmen, dass die Frist nach den allgemeinen Grundsätzen zu laufen beginne, welche die Rechtsprechung herausgearbeitet habe, selbst wenn dieser Zeitpunkt vor der tatsächlichen Entgegennahme der zurückbehaltenen Postsendung liege (vgl. AGVE 1994, S. 465 mit Hinweisen). Auch in diesen Fällen ist die Zustellung spätestens am letzten Tag der siebentägigen Abholfrist als vollzogen zu erachten. b) aa) Galt die fragliche Postsendung somit als am 20. Februar 1998 zugestellt, begann die zwanzigtägige Beschwerdefrist am nachfolgenden Tag zu laufen (§ 81 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 31 VRPG) und endete am 12. März 1998; die Verwaltungsbe- schwerde vom 16. März 1998 ist am gleichen Tag zur Post gegeben und damit klar verspätet eingereicht worden. Für diesen Fall stellten die Beschwerdeführer 2 ein Wiederherstellungsgesuch. Das Baude- partement hat dieses gutgeheissen mit der Begründung, Fehler oder Irrtümer der Post dürften nicht dem Empfänger angelastet werden. Insbesondere dürfe sich dieser darauf verlassen, dass der auf der Abholungseinladung vermerkte Endtermin als Zustelldatum anzuse- hen sei und eine allfällige Rechtsmittelfrist am darauffolgenden Tag zu laufen beginne. Dies müsse vor allem dann gelten, wenn die Be- rechnung nicht offensichtlich falsch sei. Bei einer zwei- bis dreitägi- gen Abweichung könne davon nicht gesprochen werden. Dem Emp- fänger sei es grundsätzlich nicht zuzumuten, die Abholfrist zu über- prüfen. Dies gelte auch bei einer anwaltlich vertretenen Partei. Nichteintreten wegen Fristversäumnis käme überspitztem Forma- lismus gleich. 2000 Verwaltungsgericht 360 bb) Vorab ist darauf hinzuweisen, dass ein Wiederherstellungs- begehren innert 10 Tagen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen ist (§ 98 Abs. 3 ZPO). Für den Beginn der zehntägigen Frist ist massgebend, von welchem Zeitpunkt an der Gesuchsteller objek- tiv in der Lage war, zu handeln (Alfred Bühler / Andreas Edelmann / Albert Killer, Kommentar zur Aargauischen Zivilprozessordnung, Aarau 1998, § 98 N 16). Mit Schreiben vom 27. Mai 1998 wurden die Beschwerdefüh- rer 2 durch das Baudepartement darauf aufmerksam gemacht, dass die Beschwerdeeinreichung zu spät erfolgt sei. Mit Schreiben vom 29. Mai 1998 nahmen die Beschwerdeführer 2 alsdann zu diesem Vorhalt Stellung. Die zehntägige Frist für die Stellung eines Wieder- herstellungsbegehrens begann demnach spätestens am 29. Mai 1998 zu laufen und endete am 8. Juni 1998. Einen sinngemässen Antrag auf Wiederherstellung der Frist haben die Beschwerdeführer 2 jedoch erstmals in ihrer Eingabe vom 9. Juli 1998 gestellt; auch diese Eingabe erfolgte somit klarerweise verspätet, weshalb auf das Wie- derherstellungsbegehren nicht hätte eingetreten werden dürfen. cc) Weiter würde eine Wiederherstellung voraussetzen, dass ,,eine Partei oder ihr Vertreter ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten" (§ 98 Abs. 1 ZPO). Als Hinderungsgründe werden nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts etwa anerkannt: Ernstliche Erkrankung des Verfügungsadressaten, Unglücks- oder Todesfall in dessen Familie, Militärdienst und nicht voraussehbare Landesabwesenheit, aber auch weitere in der Regel subjektive Gründe, welche die objektiv nicht unausweichliche Fristversäumnis als entschuldbar erscheinen lassen. Daraus folgt, dass nicht jede Ver- hinderung im Laufe der zwanzigtägigen Beschwerdefrist eine Wie- derherstellung zu rechtfertigen vermag. Es muss entscheidend darauf ankommen, wie sich der geltend gemachte Hinderungsgrund im konkreten Fall ausgewirkt hat. Dabei können im Einzelfall ver- schiedene Kriterien eine Rolle spielen, so etwa die Voraussehbarkeit des Hinderungsgrundes, die vor dem Eintritt oder nach Wegfall des 2000 Verwaltungsrechtspflege 361 Hinderungsgrundes verbleibende Zeitspanne zur Abfassung der Be- schwerde, allenfalls die Komplexität des Falles wie auch der Um- stand, ob der säumige Beschwerdeführer anwaltlich vertreten ist oder nicht oder ob ihm zuzumuten ist, sonst eine Drittperson mit der Vornahme der Prozesshandlung zu betrauen. Das Gesetz stellt die Wiederherstellung unter die Voraussetzung der Schuldlosigkeit (§ 98 Abs. 1 ZPO), verlangt also, dass der säumigen Partei kein Vorwurf gemacht werden kann; ein Verschulden ist nur zu verneinen, wenn die Säumnis auch bei der vom Säumigen zu erwartenden Sorgfalt und unter den gegebenen Umständen nicht abgewendet werden konnte (vgl. zum Ganzen: BGE 112 V 255 f. mit Hinweisen; AGVE 1992, S. 385 ff.; 1991, S. 324; 1984, S. 82 f.; 1983, S. 150 ff.; Büh- ler/Edelmann/Killer, a.a.O., § 98 N 7 ff.). Der klassische Wiederherstellungstatbestand besteht nach dem Gesagten darin, dass die betreffende Partei oder ihr Vertreter aus in ihrer Person liegenden Gründen verhindert waren, eine Frist, die zu laufen begonnen hat, einzuhalten. Im vorliegenden Falle geht es um keine derartige Verhinderung, sondern darum, dass sich der Rechts- vertreter der Beschwerdeführer 2 wegen der irrtümlichen Berech- nung der Abholfrist durch den Postbeamten dazu verleiten liess, die Verwaltungsbeschwerde vom 16. März 1998 nicht rechtzeitig zur Post zu geben. Es kann dahingestellt bleiben, ob auch ein derartiger Fall unter § 98 Abs. 1 ZPO zu subsumieren ist, da ein ausreichender Wiederherstellungsgrund ohnehin nicht gegeben ist, wie sich im Fol- genden zeigt. Es gehört nämlich zu den Sorgfaltspflichten des Verfü- gungsadressaten, nach der fristauslösenden Zustellung eines Ver- waltungsakts den Ablauf der Rechtsmittelfrist zu berechnen und dafür zu sorgen, dass das Rechtsmittel rechtzeitig bei der Rechtsmit- telinstanz eingereicht wird. Dabei muss und darf verlangt werden, dass die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften (namentlich die §§ 81 f. ZPO) bekannt sind und beachtet werden; Unkenntnis schützt vor den nachteiligen Folgen einer falschen Fristberechnung nicht. Dies gilt grundsätzlich auch in jenen Spezialfällen, in welchen für 2000 Verwaltungsgericht 362 den Zeitpunkt der Zustellung bzw. für den Beginn des Fristenlaufs die erwähnte Zustellungsfiktion massgebend ist. Zumindest einem rechtskundigen Vertreter muss die klare Praxis des Bundesgerichts, welche seit mindestens anfangs der Sechzigerjahre besteht (wobei seit mindestens 1971 auf die siebentägige Abholfrist zurückgegriffen wurde [vgl. BGE 97 III 10 mit Hinweisen]) und vom Verwal- tungsgericht übernommen wurde, bekannt sein; er muss auch wissen, dass sich die Bedeutung der vom Postbeamten auf dem gelben For- mular eingetragenen Abholfrist in der Berechtigung des Empfängers erschöpft, die Sendung innert dieser Frist am Postschalter abzuholen (vgl. Ziff. 4.6 lit. b der ,,Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Post [,Postdienstleistungen`]"), und dass eine längere als siebentägige Ab- holfrist nicht gleichzeitig auch eine Verlängerung der Beschwerde- frist bedeutet. Von einem Anwalt darf zudem grössere Sorgfalt ver- langt werden als von einer in rechtlichen Dingen unerfahrenen Partei (vgl. Bühler/Edelmann/Killer, a.a.O., § 98 N 7). Den Grundsatz von Treu und Glauben können die Beschwerdeführer in diesem Zusam- menhang ebenfalls nicht anrufen, da es nicht um eine behördliche Zusicherung oder um anderes, bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten einer Behörde geht (BGE 118 Ia 254 mit Hinweis); anders liegt diesbezüglich etwa der Fall, dass Behördemitglieder selber dem Verfügungsadressaten die Erstreckung einer gesetzlich bestimmten Frist zusichern (vgl. Pra 78/1989, S. 261 ff.). Die gegenteilige Auf- fassung des Baudepartements erachtet das Verwaltungsgericht nicht als schlüssig. Unrichtig ist einmal die Annahme, nur die Post habe in Bezug auf die Abholfrist Kenntnis vom Beginn des Fristenlaufs; vielmehr kann der Adressat aus dem gelben Formular u. a. entneh- men, von wann an er die betreffende Postsendung am Postschalter abholen kann (im vorliegenden Falle war es der 14. Februar 1998), und davon ausgehend den letzten Tag der Abholfrist berechnen. Ebenso wenig trifft es zu, dass es überspitztem Formalismus gleich- kommt, wenn die Beschwerdefrist als versäumt erachtet wird. Das Bundesgericht betont stets wieder, dass prozessuale Formen uner- 2000 Verwaltungsrechtspflege 363 lässlich sind, um die ordnungsgemässe Abwicklung des Verfahrens sowie die Durchsetzung des materiellen Rechts zu gewährleisten; nur wenn prozessuale Formstrenge durch kein schutzwürdiges Interesse mehr gerechtfertigt ist und zum blossen Selbstzweck wird, kann von überspitztem Formalismus gesprochen werden (BGE 125 I 170 mit Hinweisen; AGVE 1996, S. 389 f.). Von überspannten Anforderun- gen kann nun sicherlich keine Rede sein, wenn vom rechtskundigen Verfügungsadressaten lediglich verlangt wird, dass er, nachdem er von einer postalischen Abholungseinladung Kenntnis erhalten hat, in eigener Verantwortung sorgfältig den Ablauf der Abholungsfrist eruiert. Schliesslich lässt sich der vorliegende Fall auch nicht mit dem vom Baudepartement zitierten BGE 121 II 77 ff. vergleichen; dort ging es um die Folgen einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung für den anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer, wobei - im offen- kundigen Unterschied zum vorliegenden Fall - von einer noch nicht bis ins letzte klaren Praxis auszugehen war. Ein ,,Verschulden" im Sinne von § 98 Abs. 1 ZPO ist somit zu bejahen, womit eine Wieder- herstellung der Beschwerdefrist selbst bei Beachtung der in Abs. 3 derselben Bestimmung statuierten Frist ausser Betracht fallen würde. dd) Die Beschwerdeführer 2 sind der Meinung, die Wiederher- stellung einer Frist sei ,,eine ausgesprochene Ermessensfrage", die das Verwaltungsgericht von seiner eingeschränkten Kognition her nicht überprüfen dürfe. Richtig ist zwar, dass die Kognition des Ver- waltungsgerichts im vorliegenden Fall auf die Rechtskontrolle be- schränkt ist. Zutreffend ist auch, dass der als ,,Kann-Formel" ausge- staltete § 98 Abs. 1 ZPO der rechtsanwendenden Behörde ein sog. Entschliessungsermessen (Wahl der Rechtsfolge) einräumt (Michael Merker, Rechtsmittel, Klage und Normenkontrollverfahren nach dem aargauischen Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege, Kommentar zu den §§ 38 - 72 VRPG, Zürich 1998, § 49 N 21). Die Feststellung, ob die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, d. h. eine Partei oder ihr Vertreter ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten, 2000 Verwaltungsgericht 364 ist indessen eine reine Rechtsfrage, die das Verwaltungsgericht über- prüfen darf. c) Das Vorliegen der Sachurteilsvoraussetzungen - wozu auch die Einhaltung der Rechtsmittelfrist gehört - ist als Rechtsfrage von Amtes wegen zu prüfen (Merker, a.a.O., Vorbemerkungen zu § 38, N 3). Der Rüge eines der Verfahrensbeteiligten, mit welcher auf die fehlende Sachurteilsvoraussetzung hingewiesen wird, bedarf es dabei nicht (Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, Bern 1983, S. 73). Hat die Vorinstanz übersehen, dass es an einer Sachurteils- voraussetzung fehlt, oder ist sie diesbezüglich zu einem falschen Er- gebnis gelangt, so ist dieser Fehler auch noch im Rechtsmittelver- fahren von Amtes wegen zu beachten. Unabhängig davon, von wem das Rechtsmittel stammt, ist der angefochtene Entscheid aufzuheben, und es ist unter Beachtung des Prozessmangels neu zu befinden (Merker, a.a.O., Vorbemerkungen zu § 38, N 4; Gygi, a.a.O., S. 73; René Rhinow / Heinrich Koller / Christina Kiss, Öffentliches Pro- zessrecht und Justizverfassungsrecht des Bundes, Basel und Frank- furt am Main 1996, Rz. 950; vgl. zum Ganzen auch: VGE III/138 vom 13. Oktober 1998 in Sachen W. u. M., S. 10). In diesem Sinne ist der Entscheid des Baudepartements vom 19. März 1999 von Am- tes wegen zu korrigieren (vgl. auch AGVE 1993, S. 392 f.). (Redaktioneller Hinweis: Das Bundesgericht hat eine gegen den Verwaltungsgerichtsentscheid erhobene staatsrechtliche Beschwerde mit Urteil vom 30. August 2000 abgewiesen [1P.264/2000, zur Pu- blikation vorgesehen; siehe auch Schweizerische Juristenzeitung <SJZ> 96/2000, S. 474 f.])
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2012 Verwaltungsrechtspflege 223 [...] 33 Parteientschädigung; Verrechnung - Bestätigung der Praxis zur Verrechnung der Quoten bei teilweisem Obsiegen / Unterliegen. Die Quoten sind auch dann zu verrechnen, wenn nur eine Partei anwaltlich vertreten ist. - Eine Verrechnung von Parteikosten mit Verfahrenskosten darf nicht bereits im Entscheid verfügt werden. Urteil des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 18. Juni 2012 in Sachen A. gegen Regierungsrat des Kantons Aargau und Gemeinderat B. (WBE.2011.325). 2012 Verwaltungsgericht 224 Aus den Erwägungen 4. 4.1. Entsprechend dem Verfahrensausgang auferlegte die Vorinstanz der Beschwerdeführerin 2/3 der Verfahrenskosten und nahm den Rest auf die Staatskasse. Dieses Vorgehen entspricht der Verfahrens- kostenregelung gemäss § 31 Abs. 2 VRPG. 4.2 4.2.1. Die Parteikosten regelte die Vorinstanz in Dispositiv-Ziffer 3 wie folgt: "3. A. werden ihre im Verfahren vor Regierungsrat entstandenen Partei- kosten in Höhe von Fr. 15'411.80 (inklusive MWSt.) zu 1/3, abzüglich der gemäss Ziffer 2 zu bezahlenden Verfahrenskosten von Fr. 1'820.35, das heisst mit Fr. 3'316.90 aus der Staatskasse ersetzt." Zur Begründung führte sie aus, da die Verweigerung der Be- willigung der Gummimatten auf den kantonalen Entscheid zurück- gehe, sei die Beschwerdeführerin für ihre notwendigen anwaltlichen Kosten entsprechend dem Verfahrensausgang zu 1/3, unter Verrech- nung mit den von ihr zu bezahlenden Verfahrenskosten, zu Lasten der Staatskasse zu entschädigen (§ 32 Abs. 2 i. V. m. § 29 VRPG). 4.2.2. Die vorinstanzliche Parteikostenregelung geht in mehrfacher Hinsicht fehl: 4.2.2.1. Erstens beachtet sie die (publizierte) verwaltungsgerichtliche Praxis zum revidierten VRPG betreffend Verrechnung der Quoten bei teilweisem Obsiegen / Unterliegen nicht (AGVE 2009, S. 279 f.). Hintergrund dieser Praxis ist die dem revidierten VRPG zugrunde liegende Parteilehre (§ 13 VRPG), gemäss welcher im Beschwerde- verfahren u. a. auch Behörden Parteistellung zukommt (insbesondere § 13 Abs. 2 lit. e und f VRPG). Einem Beschwerdeführer steht bei- 2012 Verwaltungsrechtspflege 225 spielsweise regelmässig die Vorinstanz als Partei gegenüber (§ 13 Abs. 2 lit. e VRPG). Nach revidiertem VRPG hat ein obsiegendes Gemeinwesen ausserdem Anspruch auf eine Parteientschädigung, wenn es anwaltlich vertreten ist (AGVE 2009, S. 289 ff.). Im Ver- gleich dazu kannte das Verwaltungsrechtspflegegesetz vom 9. Juli 1968 (aVRPG) keine § 13 VRPG entsprechende Parteilehre und nach langjähriger Praxis (zu § 36 aVRPG) hatten Gemeinwesen auch kei- nen Anspruch auf Parteientschädigungen (AGVE 2009, S. 290 f.; 2000, S. 377 ff; 1985, S. 384 ff.). Daraus erhellt, dass das Beschwer- deverfahren nach revidiertem VRPG näher bei einem Zweipartei- enverfahren liegt, als dies nach aVRPG der Fall war. Bezüglich der Parteikostenregelung bei teilweisem Obsiegen / Unterliegen wurde in AGVE 2009, S. 279 deshalb an die materiell gleichlautende Rege- lung in § 112 des Zivilrechtspflegegesetzes vom 18. Dezember 1984 (aZPO) und die Praxis, wonach die Parteikosten beider Parteien als Ganzes genommen und die Anteile des Obsiegens bzw. Unterliegens verrechnet werden (AGVE 2009, S. 279 mit Hinweisen auf AGVE 2000, S. 51 f. sowie Alfred Bühler / Andreas Edelmann / Albert Killer, Kommentar zur aargauischen Zivilprozessordnung, 2. Auflage, Aarau 1998, § 112 N 6 mit Hinweisen), angeknüpft. Diese zivilprozessuale Praxis gilt nach der Schweizerischen Zivilpro- zessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO; SR 272; in Kraft seit 1. Januar 2011) weiterhin (vgl. David Jenny, in: Thomas Sutter-Somm / Franz Hasenböhler / Christoph Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Zürich / Basel / Genf 2010, Art. 106 N 9; Hans Schmid, in: Paul Oberhammer [Hrsg.], Kurzkommentar ZPO, Schweizerische Zivilprozessordnung, Basel 2010, Art. 106 N 4; ferner: Karl Spühler / Annette Dolge / Myriam Gehri, Schweizerisches Zivilprozessrecht und Grundzüge des internationalen Zivilprozessrechts, 9. Auflage, Bern 2010, Kapitel 8 Rz. 77). Sinn und Zweck der Quotenverrech- nung bei teilweisem Obsiegen ist, dass nur der mehrheitlich obsie- genden Partei eine Parteientschädigung zugesprochen werden soll. Obsiegt jede Partei zur Hälfte, hat jede Partei ihre Parteikosten selbst zu tragen und es besteht kein Anspruch auf Ersatz von Parteikosten. Ob die Parteikosten einer Partei höher sind als diejenigen der andern, 2012 Verwaltungsgericht 226 bleibt ohne Einfluss auf den Verteilungsschlüssel (vgl. Bühler / Edelmann / Killer, a. a. O., § 112 N 6 mit Hinweis). Die Quoten sind daher auch dann zu verrechnen, wenn nur eine Partei anwaltlich ver- treten ist (Schmid, a. a. O., Art. 106 N 4; ebenso Bühler / Edelmann / Killer, a. a. O, § 112 N 6 mit Hinweis). Nur so ist gewährleistet, dass eine Partei, die selber (z. B. aus Kostengründen) auf den Beizug eines Rechtsvertreters verzichtet, bei hälftigem Obsiegen nicht unge- rechtfertigt mit Anwaltskosten der Gegenpartei belastet wird. Die Vorgehensweise der Vorinstanz führt zum unhaltbaren Ergebnis, dass die zur Hälfte obsiegende Partei, je nachdem, ob die Gegenpartei anwaltlich vertreten ist oder nicht, von dieser einen hälftigen Partei- kostenersatz erhält. Der Beizug eines anwaltlichen Vertreters hat je- doch nichts mit dem Verfahrensausgang (Obsiegen / Unterliegen) zu tun. Vor Vorinstanz hatte neben der Beschwerdeführerin (§ 13 Abs. 2 lit. a VRPG) der Gemeinderat als Vorinstanz Parteistellung (§ 13 Abs. 2 lit. e VRPG). Der Gemeinderat obsiegte zu 2/3, die Be- schwerdeführerin zu 1/3. Entsprechend der Verrechnungspraxis hätte die Beschwerdeführerin dem Gemeinderat 1/3 seiner Parteikosten ersetzen müssen. Da der Gemeinderat nicht anwaltlich vertreten war, waren keine Parteikosten zu ersetzen (§ 29 VRPG). Dass die Vorinstanz der Beschwerdeführerin Parteikosten zusprach, war daher falsch. 4.2.2.2. Im Weiteren wurden im angefochtenen Entscheid die der Be- schwerdeführerin auferlegten Verfahrenskosten mit den Parteikosten, die ihr (zulasten der Staatskasse) zugesprochen wurden, sogleich verrechnet. Die Verrechnung von Forderungen ist in Art. 120 ff. OR geregelt. Wenn zwei Personen einander Geldsummen oder andere Leistungen, die in ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, schulden, so kann jede ihre Schuld, insofern beide Forderungen fällig sind, mit ihrer Forderung verrechnen (Art. 120 Abs. 1 OR; wobei - entgegen dem engen Wortlaut - genügt, wenn die Verrechnungs- forderung fällig und die Hauptforderung erfüllbar ist: vgl. Wolfgang Peter, in: Heinrich Honsell / Nedim Peter Vogt / Wolfgang Wiegand [Hrsg.], Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 2012 Verwaltungsrechtspflege 227 Art. 1-529 OR, 5. Auflage, Basel 2011, Art. 120 N 4 mit Hinweisen). Die Verrechnung konkreter Forderungen, die den Parteien noch gar nicht bekannt, geschweige denn fällig sind, hält vor Art. 120 Abs. 1 OR nicht stand. Die Forderungen können daher nicht bereits im Dispositiv verrechnet werden. Das Vorgehen der Vorinstanz ist gesetzwidrig. Soweit die Voraussetzungen erfüllt sind, ist eine Verrechnung im späteren Zeitpunkt des Be- bzw. Vollzugs der Forderungen indessen möglich.
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2019 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 196 30 Versäumnis einer Nachfrist; Fristwiederherstellung Das Verwaltungsgericht überprüft letztinstanzliche Entscheide lan- deskirchlicher Behörden nur mit eingeschränkter Kognition (auf Übereinstimmung mit Verfassungsrecht und dem Organisa- tionsstatut der Landeskirche) (Erw. I/1 und I/3). Wegen eines mehr als leichten Verschuldens am Versäumnis einer Nachfrist (für die Einreichung des angefochtenen Entscheids) war deren Wiederherstellung zwar rechtsfehlerhaft, aber nicht qualifi- ziert falsch; vor dem Willkürverbot und anderen Verfas- 2019 Personalrecht 197 sungsprinzipien hält die Wiederherstellung stand, obwohl der Säum- nisgrund nicht strikte nachgewiesen wurde (Erw. II/1.3.1 und 1.3.2). Das Versäumnis der Nachfrist für die Einreichung des angefochtenen Entscheids stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die grundsätzlich nicht zum Nichteintreten auf ein Rechtsmittel führen darf, welches die Gültigkeitsvoraussetzungen (Schriftlichkeit, Vorhandensein von Antrag und Begründung) erfüllt (Erw. II/1.3.3). Urteil des Verwaltungsgerichts, 1. Kammer, vom 14. März 2019, in Sachen Evangelisch-Reformierte Kirchgemeinde A. gegen B. (WBE.2018.432). Aus den Erwägungen I. 1. Gegen letztinstanzliche Entscheide landeskirchlicher Behörden kann wegen Verletzung der Vorschriften der Kantonsverfassung oder des Organisationsstatuts innert 30 Tagen seit Eröffnung beim Verwal- tungsgericht des Kantons Aargau Beschwerde geführt werden (§ 147 Abs. 3 der Kirchenordnung der Evangelisch-Reformierten Landes- kirche des Kantons Aargau vom 11. November 2010 [KO; SRLA 151.100]). Die angefochtenen Entscheide des Rekursgerichts vom 16. Oktober 2018 sind kirchenintern letzinstanzlich (vgl. § 147 Abs. 2 sowie § 151 KO). Das Verwaltungsgericht ist somit für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig. 2. (...) 3. Wie gesehen (Erw. 1 vorne), kann vor Verwaltungsgericht nur die Verletzung der Vorschriften der Verfassung (jedoch von Kantons- und Bundesverfassung) oder des Organisationsstatuts der Evange- lisch-Reformierten Landeskirche des Kantons Aargau vom 12. November 2008 (OS; SRLA 111.100) gerügt werden (§ 147 Abs. 3 KO, Art. 8 Abs. 2 OS, § 56 Abs. 1 VRPG und § 114 Abs. 2 KV). Damit ist die Überprüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichts im Gegensatz zu den innerkirchlichen Rechtsmittelinstanzen, die 2019 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 198 gemäss § 148 KO über volle Kognition verfügen, stark einge- schränkt. Das Verwaltungsgericht kann folglich weder falsche oder unvollständige Sachverhaltsfeststellungen noch Rechtsfehler korri- gieren, die nicht gerade willkürlich sind oder in sonstiger Weise ge- gen ein verfassungsmässiges Recht oder einen Verfassungsgrundsatz verstossen. Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt bei der Auslegung und Anwendung von Gesetzesnormen nicht bereits vor, wenn eine andere Auslegung ebenfalls vertretbar oder sogar zutreffender erscheint, sondern erst, wenn ein Entscheid offensichtlich unhaltbar ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn er zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerech- tigkeitsgedanken zuwiderläuft. Eine willkürliche Begründung reicht allerdings nicht aus, um einen Entscheid aufzuheben; dieser muss im Ergebnis unhaltbar sein (BGE 144 I 113, Erw. 7.1; 142 II 369, Erw. 4.3; 141 I 70, Erw. 2.2). Willkür wurde etwa bei groben Fehlern in der Sachverhaltsermittlung, bei offensichtlicher Gesetzesver- letzung oder offensichtlicher Missachtung eines allgemeinen Rechts- grundsatzes oder des tragenden Grundgedankens eines Gesetzes an- genommen (ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FELIX UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Auflage, Zürich/St. Gallen 2016, Rz. 606 mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung). 4. (...) II. 1. 1.1. (...) 1.2. Die Einhaltung der Beschwerdefrist sowie der für die Verbesse- rung einer Beschwerde eingeräumten Nachfrist ist eine Sachurteils- voraussetzung und als solche von Amtes wegen zu prüfen. Die Prü- fung der Sachurteilsvoraussetzungen von Amtes wegen schliesst die Prüfung, ob auch im vorinstanzlichen Entscheid die Sachurteilsvo- raussetzungen vorgelegen haben, ein (BGE 122 V 372, Erw. 1; 116 II 385, Erw. 2; VGE vom 13. April 2011 [WBE.2010.331], S. 5; VGE vom 19. Juni 2008 [WBE.2006.312], S. 6; VGE vom 1. Mai 2019 Personalrecht 199 1996 [BE.95.00084], S. 4 f.; MICHAEL MERKER, Rechtsmittel, Klage und Normenkontrollverfahren nach dem aargauischen Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege, Kommentar zu den §§ 38-72 [a]VRPG, Diss., Zürich 1998, Vorbemerkungen zu § 38 N 3 f.). Stellt die Rechtsmittelinstanz fest, dass bereits im vorinstanzlichen Verfahren eine Sachurteilsvoraussetzung fehlte, kann der angefochtene Ent- scheid aus diesem Grund aufgehoben werden. Steht fest, dass die Vorinstanz einen Sachentscheid ausgefällt hat, obwohl dies wegen fehlender Sachurteilsvoraussetzungen nicht zulässig gewesen wäre, ist der vorinstanzliche Entscheid selbst dann aufzuheben, wenn dies von keiner Partei verlangt wurde (MERKER, a.a.O., Vorbemerkungen zu § 38 N 4; vgl. zum Ganzen auch VGE vom 13. April 2011 [WBE.2010.331], S. 5 f.; VGE vom 4. September 2001 [BE.2000.00191], S. 9 f.; VGE vom 17. Dezember 2001 [BE.2000.00321], S. 8; ferner: FRITZ GYGI, Bundesverwaltungs- rechtspflege, 2. Auflage, Bern 1983, S. 73; ATTILIO R. GADOLA, Das verwaltungsinterne Beschwerdeverfahren, Diss., Zürich 1991, S. 182; MARTIN BERTSCHI, in: ALAIN GRIFFEL [Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [VRG], 3. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2014, Vorbemerkungen zu §§ 19-28a N 57; je mit Hinweisen). 1.3. 1.3.1. Das Verfahren vor den Organen der Kirchgemeinden und der Landeskirche richtet sich nach dem VRPG, soweit die Kirchenord- nung oder weitere kirchliche Erlasse nichts anderes regeln (§ 142 KO). Gemäss § 144 KO sind Beschwerden (gegen Entscheide des Kirchenrats) innerhalb von 30 Tagen ab Eröffnung des Entscheides schriftlich (beim Rekursgericht) einzureichen (Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1). Die Beschwerdeschrift muss einen Antrag sowie eine Be- gründung enthalten (Abs. 4 Satz 2). Diese Regelung entspricht derje- nigen von § 43 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VRPG. Kraft des Verweises in § 142 KO ist darüber hinaus § 43 Abs. 3 VRPG subsidiär anwend- bar, wonach in der Beschwerdeschrift der angefochtene Entscheid anzugeben, allfällige Beweismittel zu bezeichnen und soweit mög- 2019 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 200 lich beizulegen sind und die Eingabe zu unterzeichnen ist. Ist die Be- schwerde in dieser Hinsicht ungenügend, ist eine Nachfrist zur Ver- besserung anzusetzen unter Androhung des Nichteintretens. Gestützt auf diese Bestimmung ordnete der juristische Sekretär des Rekursgerichts mit den Verfügungen vom 4. April 2018 an, dass die Beschwerdegegnerin dem Rekursgericht innert zehn Tagen die beiden angefochtenen Entscheide des Kirchenrats in vollständiger Kopie sowie allfällige Beweismittel (Urkunden, Belege etc.) einzu- reichen hat. Für den Fall des Fristenversäumnisses wurde der Be- schwerdegegnerin (unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 [richtig: 3] VRPG) das Nichteintreten auf ihre Beschwerden angedroht. Als die Be- schwerdegegnerin die Nachfrist unbenützt verstreichen liess und sich nach Ablauf zuerst telefonisch, dann mit Schreiben vom 21. April 2018 für das Fristversäumnis entschuldigte und geltend machte, sie sei von Anfang bis Mitte April 2016 auf Konzertreise in Ungarn und Deutschland gewesen, setzte ihr der juristische Sekretär mit Verfü- gungen vom 24. April 2018 eine weitere zehntägige Nachfrist an. Mit Eingabe vom 3. Mai 2018 reichte die Beschwerdegegnerin die angefochtenen Entscheide ein. In den hier angefochtenen Entscheiden vom 16. Oktober 2018 begründete das Rekursgericht das Ansetzen einer zweiten Nachfrist damit, dass sich versäumte Fristen grundsätzlich wiederherstellen liessen. Die Voraussetzungen dafür seien in § 28 Abs. 1 VRPG i.V.m. Art. 148 ZPO geregelt. Danach könne eine versäumte Frist (durch Gewährung einer Nachfrist) wiederhergestellt werden, wenn die säumige Partei glaubhaft mache, dass sie kein oder nur ein leichtes Verschulden treffe. Das Verschulden der Beschwerdegegnerin am Fristversäumnis sei als leicht einzustufen. Von den ihr mit den Verfü- gungen vom 4. April 2018 erstmals angedrohten Konsequenzen einer versäumten Nachfrist habe sie keine Kenntnis gehabt. Ihr Verschul- den wäre anders zu beurteilen, wenn sie diese Verfügungen ent- gegengenommen und die angesetzte Nachfrist dennoch verpasst hätte. Es treffe zwar zu, dass eine Partei nach Einleitung eines Ver- fahrens mit Zustellungen durch das Gericht rechnen müsse. Es sei aber zu berücksichtigen, dass die Beschwerdegegnerin eine interna- tional tätige Musikerin sei, die sich aus beruflichen Gründen zuwei- 2019 Personalrecht 201 len während längerer Zeit im Ausland aufhalte. Es entspreche den Gepflogenheiten, dass Anwälte ihre Absenzen jeweils den Gerichten meldeten, um fristauslösende Zustellungen zu verhindern. Von einer Nichtjuristin könne man jedoch nicht dasselbe erwarten. Hinzu komme, dass die Verfügungen vom 4. April 2018 während der Ostergerichtsferien zugestellt worden seien. Würde man der Be- schwerdegegnerin bei dieser Sachlage ein mittelschweres bis schwe- res Verschulden anrechnen, stünde dies in keinem vernünftigen Ver- hältnis zu den daraus resultierenden Säumnisfolgen (Nichteintreten auf die Beschwerde und damit Verlust der von ihr geltend gemachten Ansprüche). Insofern sei der Beschwerdegegnerin zu Recht noch- mals eine Nachfrist zur Einreichung der verlangten Unterlagen ein- geräumt worden. 1.3.2. Der Beschwerdeführerin und dem Kirchenrat ist darin beizu- pflichten, dass die Wiederherstellung der Nachfrist (durch Einräu- mung einer zweiten Nachfrist) in verschiedener Hinsicht nicht rech- tens war. Dabei steht im Vordergrund, dass das Verschulden der Be- schwerdegegnerin am Fristversäumnis nicht mehr als leicht im Sinne von Art. 148 Abs. 1 ZPO bezeichnet werden kann. An die Vorausset- zung einer Wiederherstellung sind höhere Anforderungen zu stellen als für die Erstreckung einer Frist oder Verschiebung eines Erschei- nungstermins. Als Grundsatz muss gelten, dass nur ausserordentliche Gründe zu Fristwiederherstellungen führen dürfen (NINA J. FREI, in: Berner Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Band I [Artikel 1-149 ZPO], Bern 2012, Art. 148 N 11). Die Abwesenheit einer Partei im Zeitpunkt einer (fiktiven) Zustellung kann eine Wie- derherstellung rechtfertigen, soweit die Partei keine Kenntnis des hängigen Verfahrens hatte. Weiss die Partei hingegen vom laufenden Verfahren, so muss sie mit Zustellungen von Gerichtsverfügungen rechnen und ist deshalb verpflichtet, Vorkehrungen zu treffen, dass trotz ihrer Abwesenheit eine Zustellung der entsprechenden Unterla- gen vollzogen und allfällige Fristen eingehalten werden können (NICCOLÒ GOZZI, in: Basler Kommentar zur Schweizerischen Zivil- prozessordnung, 3. Auflage, Basel 2017, Art. 148 N 23 mit Hinwei- 2019 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 202 sen). Diese Obliegenheit besteht auch oder sogar erst recht dann, wenn eine Partei häufig auslandabwesend ist. Zudem ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdegegnerin bewusst war, wann Oster- gerichtsferien sind, und dass sie deswegen nicht mit Zustellungen von Gerichtsverfügungen in diesem Zeitraum rechnete. Das Argu- ment, das Verschulden der Beschwerdegegnerin wiege auch deshalb gering, weil sie die Konsequenzen einer versäumten Nachfrist nicht gekannt habe, ist nicht stichhaltig, nachdem sie noch nicht einmal wusste, dass ihr eine Nachfrist angesetzt worden war. In dieser Konstellation ist ihr Verschulden allein daran zu messen, ob ihr die Unkenntnis der Nachfristansetzung (mit Androhung von Säumnisfol- gen) zum Vorwurf gemacht werden kann. Das ist nach dem oben Ge- sagten der Fall, weil sie nicht dafür gesorgt hat, dass während ihrer Auslandabwesenheit keine fristauslösenden Zustellungen des Re- kursgerichts erfolgen oder von einer Person ihres Vertrauens entge- gengenommen und ihr zur Kenntnis gebracht werden. Die um Wiederherstellung einer versäumten Frist nachsuchende Partei muss die materiellen Voraussetzungen der Wiederherstellung nach dem Wortlaut von Art. 148 Abs. 1 ZPO glaubhaft machen. Das Beweismass der Glaubhaftmachung lässt sich so umschreiben, dass für die Richtigkeit der vorgetragenen Behauptungen eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht bzw. objektive Anhaltspunkte vorliegen, welche dem Gericht den Eindruck einer gewissen Wahrscheinlichkeit der in Frage kommenden Tatsachen vermitteln, ohne dass es dabei den Vorbehalt preisgeben müsste, dass die Verhältnisse sich auch anders gestalten könnten. Dieser gemilderte Beweismassstab trägt dem Umstand Rechnung, dass in der Regel ein strikter Beweis des nicht oder nur leicht verschuldeten Hindernisses nicht erbracht wer- den kann. Allerdings muss der Gesuchsteller die Gründe für die beantragte Wiederherstellung soweit möglich durch entsprechende Nachweise belegen (GOZZI, a.a.O., Art. 148 N 38 f.; FREI, a.a.O., Art. 148 N 36). Soweit aus den Akten ersichtlich, hat die Beschwer- degegnerin ihre Konzertreise mit nichts belegt, sondern lediglich auf eine Internetseite mit den Veranstaltungsdaten der von ihr in Berlin angeblich besuchten Konferenz verwiesen. Dabei wäre zu erwarten gewesen, dass sie Belege für ihre Reisen nach Ungarn und Deutsch- 2019 Personalrecht 203 land, ihre dortigen Übernachtungen und ihre Teilnahme an der besag- ten Konferenz hätte beibringen können. Ohne entsprechende Belege existieren keinerlei objektive Anhaltspunkte für die von ihr behaupte- te Auslandabwesenheit. Des Weiteren ist in formeller Hinsicht zu bemängeln, dass die Beschwerdeführerin nicht schon vor Ansetzung der zweiten Nach- frist mit Verfügungen vom 24. April 2018 zum Gesuch der Be- schwerdegegnerin um Wiederherstellung der Nachfrist angehört wurde. Art. 149 ZPO verpflichtet das Gericht dazu, der Gegenpartei (des Wiederherstellungsgesuchs) Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Alsdann muss das Gericht die geltend gemachten Wiederher- stellungsgründe prüfen. Hierzu ist allenfalls ein Beweisverfahren durchzuführen (GOZZI, a.a.O., Art. 149 N 5). Dazu hätte im vorlie- genden Fall gehört, dass das Rekursgericht, da es auf den Wiederher- stellungsgrund der Auslandabwesenheit abstellte, von der Beschwer- degegnerin die oben angeführten Reisebelege eingefordert hätte. Die Verletzung des Gehörsanspruchs der Beschwerdeführerin wiegt in- dessen nicht besonders schwer. Im Rahmen der vorinstanzlichen Be- schwerdeantwort hatte sie Gelegenheit, sich zur gewährten Wieder- herstellung der Nachfrist zu äussern und deren Rechtmässigkeit zu bestreiten. Der Wiederherstellungsentscheid als solcher bzw. die zweite Nachfristansetzung war prozessleitender Natur (GOZZI, a.a.O., Art. 149 N 7 und 10). Er änderte nichts daran, dass das Re- kursgericht im Urteilszeitpunkt die Einhaltung der Nachfrist zur Ver- besserung der Beschwerde als Sachurteilsvoraussetzung prüfen und sich in diesem Rahmen mit dem Einwand (des Kirchenrats) der ver- säumten Nachfrist bzw. der Unrechtmässigkeit der Fristwiederher- stellung auseinandersetzen musste und sich tatsächlich auch damit auseinandergesetzt hat. In diesem Sinne wurde die Gehörsverletzung noch im Verfahren vor dem Rekursgericht geheilt. Für die Behandlung eines Wiederherstellungsgesuchs ist die- jenige Instanz sachlich zuständig, welche über die nachzuholende Prozesshandlung zu befinden hätte (GOZZI, a.a.O, Art. 149 N 2). Die sachliche Zuständigkeit für das Gesuch der Beschwerdegegnerin um Wiederherstellung der Frist zur Verbesserung ihrer Beschwerden ans Rekursgericht lag somit bei diesem. Damit ist aber noch nicht gesagt, 2019 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 204 dass das Gesamtgericht über die Fristwiederherstellung bzw. die An- setzung der zweiten Nachfristen hätte befinden müssen. Prozess- leitende Entscheide wie die Wiederherstellung einer versäumten Frist können gestützt auf Art. 124 Abs. 2 ZPO und § 47 Abs. 2 VRPG an ein Gerichtsmitglied delegiert werden. Der juristische Sekretär des Rekursgerichts ist gemäss § 1 Abs. 1 und 2 und § 6 des Reglements für das Rekursgericht vom 9. November 2011 (Rekursreglement; SRLA 233.300) vollwertiges Mitglied des fünfköpfigen Richtergre- miums (ohne Ersatzmitglieder). Seine Stellung und Funktion ist nicht mit derjenigen eines Gerichtsschreibers vergleichbar, der an den Urteilsberatungen bloss beratende Stimme hat. § 5 Rekursreglement besagt nicht, dass in Abweichung von § 47 Abs. 2 VRPG alle pro- zessleitenden Anordnungen vom Rekursgericht in corpore beschlos- sen werden müssen. § 9 Rekursreglement ist sodann zu entnehmen, dass der juristische Sekretär die Verfahrensleitung innehat. Folglich ist er als Instruktionsrichter zur Gewährung von Fristerstreckungen, Fristwiederherstellungen und zu weiteren prozessleitenden Entschei- den befugt. Der Einwand des Kirchenrats, die zweiten Nachfristen seien mit den Verfügungen des juristischen Sekretärs des Rekursge- richts vom 24. April 2018 von einer hierfür sachlich unzuständigen Behörde angesetzt worden und deshalb nichtig, verdient demnach keine Zustimmung. Dies umso weniger, als das Gesamtgericht die Rechtmässigkeit der Fristwiederherstellung im Endentscheid (ange- fochtene Entscheide vom 16. Oktober 2018) bestätigt hat. Über die Zustellfiktion (gemäss Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO) hat sich das Rekursgericht selbstverständlich nicht hinweggesetzt. Ohne Fiktion der gültig erfolgten Zustellung der Verfügungen vom 4. April 2018 und der daraus folgenden Wirksamkeit der darin angesetzten Nachfristen hätte die Beschwerdegegnerin mit der von ihr verlangten Prozesshandlung (Einreichung der angefochtenen Entscheide des Kirchenrats innert Nachfrist) gar nicht säumig werden können und die Einleitung eines Wiederherstellungsverfahrens auf ihre Bitte, die versäumte Prozesshandlung nachholen zu dürfen, hätte sich erübrigt. Obwohl der Entscheid des Rekursgerichts, die von der Be- schwerdegegnerin versäumte Nachfrist durch Ansetzung einer zwei- ten Nachfrist wiederherzustellen, an Fehlern bei der Sachverhalts- 2019 Personalrecht 205 feststellung und der Rechtsanwendung leidet, kann darin noch nicht gerade ein Verstoss gegen das Willkürverbot oder andere verfas- sungsmässige Rechte oder Verfassungsgrundsätze erblickt werden. Es war zwar falsch, von der Beschwerdegegnerin keine Belege für ihre Auslandabwesenheit zu verlangen. Von einem groben Fehler bei der Sachverhaltsermittlung kann aber diesbezüglich deshalb nicht gesprochen werden, weil die Beschwerdegegnerin den Hinderungs- grund nur glaubhaft machen, nicht strikte nachweisen musste. Es ist nicht schlechterdings unvertretbar, sich auch ohne Reisebelege, nur anhand plausibler Schilderungen auf die behauptete Auslandab- wesenheit einer Partei abzustützen. Auch trägt die Beschwerdegegne- rin aus Sicht des Verwaltungsgerichts ein mehr als leichtes Verschul- den am Fristversäumnis, weil sie ihre Sorgfaltspflichten im Zusam- menhang mit der Vermeidung oder Ermöglichung fristauslösender Zustellungen gerichtlicher Sendungen verletzt hat. Die gegenteilige Sichtweise des Rekursgerichts ist jedoch nicht dermassen sachfremd, dass eine offensichtliche Gesetzesverletzung (von Art. 148 Abs. 1 ZPO) vorliegen würde. Die vom Rekursgericht bzw. dessen juris- tischem Sekretär zu Lasten der Beschwerdeführerin begangene Ge- hörsverletzung hatte keine gravierenden Konsequenzen. Ein stossen- der Widerspruch zum Gerechtigkeitsgedanken kann in einer Frist- wiederherstellung, die weder auf einer grob falschen Sachverhalts- ermittlung noch auf einer offensichtlichen Gesetzesverletzung be- ruht, nicht ausgemacht werden. Schliesslich lässt sich auch keine Verletzung des Fairnessgebots gemäss § 22 KV oder Art. 29 Abs. 1 BV feststellen. Einen prozessualen Vorteil erlangte die Beschwerde- gegnerin durch die zwar ungerechtfertigte, aber nicht gerade willkür- liche Fristwiederherstellung nicht, wie noch zu zeigen sein wird (siehe Erw. 1.3.3 hinten). Zudem darf die Beschwerdegegnerin wohl als prozessual unbeholfener angesehen werden als die Beschwerde- führerin, weshalb eine gewisse Bevorzugung der Beschwerdegeg- nerin die Waffengleichheit zwischen den Parteien erst wiederherstel- len würde. Das Verwaltungsgericht sieht sich vor diesem Hintergrund nicht veranlasst, korrigierend einzugreifen und von einer ungültigen Wiederherstellung der Nachfristen auszugehen. Im Übrigen ergibt sich bei richtiger Auslegung von § 43 Abs. 3 VRPG (vgl. dazu 2019 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 206 Erw. 1.3.3 nachfolgend), dass das Rekursgericht ohnehin auf die Be- schwerden der Beschwerdegegnerin gegen die Entscheide des Kirchenrats hätte eintreten dürfen und müssen, selbst wenn ihr die Wiederherstellung der versäumten Nachfristen zur Verbesserung ihrer Beschwerden verweigert worden wäre. 1.3.3. Beschwerden können in zweierlei Hinsicht mangelhaft sein. Ein Mangel kann entweder die Gültigkeit einer Beschwerde berühren oder bloss eine Ordnungsvorschrift verletzen. Bei der Verletzung von Ordnungsvorschriften ist eine Nachbesserung ohne weiteres zulässig. Differenzierter ist bei der Nichteinhaltung von Gültigkeitsvorschrif- ten zu entscheiden. Fehlen Antrag oder Begründung oder beides (trotz vollständiger Rechtsmittelbelehrung) vollständig und ergibt sich der Antrag bei Laienbeschwerden auch nicht aus der Begrün- dung, ist ohne Nachfrist auf Nichteintreten zu erkennen; sind Antrag und Begründung wenigstens im Ansatz vorhanden und lediglich un- vollständig oder unklar, muss § 43 Abs. 3 VRPG mit der Einräumung einer Nachfrist zur Verbesserung zur Anwendung kommen. Diese Bestimmung darf jedoch nicht dazu missbraucht werden, die gesetz- lichen Beschwerdefristen zu umgehen, weshalb auf mangelhaft be- gründete Beschwerden von Anwälten und anderen erfahrenen Be- schwerdeführern ohne weiteres nicht einzutreten ist. Werden Laien- beschwerden auch innert Nachfrist nicht verbessert, ist darauf nicht einzutreten. Das gilt jedoch nur beim Fehlen von Gültigkeitsvoraus- setzungen (Schriftlichkeit, Antrag, Begründung). Wohingegen die Nachfrist zur Behebung der Verletzung von Ordnungsvorschriften angesetzt wurde, ist auf die (innert Nachfrist nicht verbesserte Be- schwerde) einzutreten; das Verhalten des säumigen Beschwerdefüh- rers darf nach freiem Ermessen gewürdigt werden. Zu den Ord- nungsvorschriften, deren Verletzung nicht bewirkt, dass auf die Be- schwerde nicht einzutreten ist, gehört namentlich die Bezeichnung der angefochtenen Entscheide und deren Beilage (zum Ganzen MERKER, a.a.O., § 39 N 51 ff.). Die Rechtsfolge des Nichteintretens auf eine Beschwerde ist nur dort angemessen, wo die festgestellten Mängel einer Beschwerde deren Gültigkeit betreffen. Dient die Nachfrist hingegen dazu, das Befolgen von Ordnungsvorschriften zu 2019 Personalrecht 207 ermöglichen, wäre ein Nichteintreten unangemessen streng und überdies mit der behördlichen Untersuchungspflicht (§ 17 Abs. 1 VRPG) nicht vereinbar. In einem solchen Fall hat die Beschwer- deinstanz aufgrund der Akten zu entscheiden und dabei das Verhalten des säumigen Beschwerdeführers nach Ermessen zu würdigen (ALAIN GRIFFEL, Kommentar VRG, a.a.O., § 23 N 36). Da die Pflicht zur Beilage des mit einer Beschwerde angefoch- tenen Entscheids eine Ordnungsvorschrift (und nicht Gültigkeits- voraussetzung) darstellt, durfte zwar das Rekursgericht bzw. dessen juristischer Sekretär der Beschwerdegegnerin eine Nachfrist zur Be- hebung dieses Mangels ansetzen, mithin sie dazu auffordern, die an- gefochtenen Entscheide des Kirchenrats innert einer bestimmten Frist einzureichen. Auf die Androhung des Nichteintretens auf die Beschwerden bei versäumter Nachfrist hätte jedoch verzichtet wer- den müssen, nachdem eine solche Säumnisfolge im Falle einer blos- sen Ordnungswidrigkeit als unangemessen ausscheidet, vor allem dann, wenn ein Nichteintreten - wie im vorliegenden Fall - mit dem Verlust materieller Ansprüche verbunden ist. Die Unangemessenheit eines Nichteintretensentscheids erhellt ferner daraus, dass die ange- fochtenen Entscheide auch durch Aktenvorlage seitens des Kirchen- rats beizubringen gewesen wären. Immerhin hat die Beschwerdegeg- nerin die angeforderten Entscheide innerhalb der ihr wiederherge- stellten Nachfristen eingereicht. Insofern kann ihr von vornherein keine verweigerte Mitwirkung (bei der Feststellung des Sachver- halts) zum Vorwurf gemacht werden, die unter Umständen ebenfalls dazu führen kann, dass auf Begehren nicht eingetreten werden muss (vgl. § 23 Abs. 2 VRPG). Insgesamt gab es für das Rekursgericht keinen Grund, auf die Beschwerden der Beschwerdegegnerin nicht einzutreten, weder versäumte Nachfristen (zur Behebung einer blos- sen Ordnungswidrigkeit) noch die Verletzung von Mitwirkungs- pflichten. 1.3.4. Das Rekursgericht ist somit im Ergebnis zu Recht auf die Be- schwerden der Beschwerdegegnerin gegen die Entscheide des Kir- chenrats eingetreten, selbst wenn die dazu gegebene Begründung (Verbesserung der Beschwerden unter Einhaltung der rechtmässig 2019 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 208 wiederhergestellten Nachfristen) qualifiziert fehlerhaft, insbesondere willkürlich oder sonstwie verfassungswidrig wäre.
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2002 Submissionen 313 [...] 75 Eignungs- und Zuschlagskriterien; Grundsatz der Transparenz. - Eignungskriterien (Erw. 4/a/aa). - Produkteanforderungen (Erw. 4/a/bb). - Zuschlagskriterien (Erw. 4/a/cc). - Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien (Erw. 4/a/dd). - Intransparente Auswahl und Handhabung von Eignungs- und Zu- schlagskriterien im konkreten Fall (Erw. 4/b). Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 19. Juni 2002 in Sa- chen S. AG gegen Departement für Bildung, Kultur und Sport. Aus den Erwägungen 4. Als im Hinblick auf das Transparenzgebot ebenfalls proble- matisch erweist sich die Tatsache, dass die Vergabestelle Eignungs- kriterien, Produkte- bzw. Systemanforderungen/technische Spezifi- kationen und Zuschlagskriterien zum Teil miteinander gleichsetzt und bei ihrer Handhabung vermengt. a) aa) Die Eignungskriterien beziehen sich auf die leistungsbe- zogene Eignung eines Anbieters zur Ausführung eines Auftrags. Es geht vor allem um die finanzielle, wirtschaftliche und fachliche Leistungsfähigkeit (§ 10 SubmD). Nur wer die Eignungskriterien erfüllt, ist im selektiven Verfahren zum Angebot zuzulassen (§ 7 Abs. 2 SubmD). Zweck der - gegenüber dem offenen Verfahren zu- sätzlich vorgeschalteten - Eignungsprüfung ist die frühzeitige Er- mittlung derjenigen Anbieter, die grundsätzlich fähig und in der Lage sind, den konkret ausgeschriebenen Auftrag angemessen auszu- führen, bzw. die Ausscheidung derjenigen, welche diese Voraus- setzung nicht erfüllen. Ungeeigneten Anbietern wird damit der mit der Offerteinreichung verbundene Aufwand erspart, und die Beschaf- fungsstelle bleibt von mangelhaften, untauglichen Angeboten verschont (AGVE 1999, S. 299 mit Hinweisen). Die Eignungskrite- 2002 Verwaltungsgericht 314 rien beziehen sich immer auf die Person des Anbieters, nicht auf sein Angebot (Matthias Hauser, Zuschlagskriterien im Submissionsrecht, in: AJP 2001, S. 1406 mit Hinweisen in Anm. 19). bb) Demgegenüber bestimmen die Produkteanforderungen den zwingenden Inhalt des Angebots und die technischen Spezifikatio- nen. Unter dem Begriff der technischen Spezifikationen sind die technischen Anforderungen an ein Material, ein Erzeugnis oder eine Lieferung zu verstehen, mit deren Hilfe das Material, das Erzeugnis oder eine Lieferung so bezeichnet werden können, dass sie ihren durch den Auftraggeber festgelegten Verwendungszweck erfüllen; dazu gehören Qualitätsstufen, Gebrauchstauglichkeit, Leistungsfä- higkeit, Sicherheit, Abmessungen usw. (VGE III/7 vom 25. Januar 2000 [BE.1999.00311] in Sachen B. GmbH, S. 11). Produkteanforde- rungen sind absolute Kriterien; ihre Nichterfüllung führt unabhängig vom Vergleich mit den anderen Angeboten zur Nichtberücksichti- gung des Angebots (Hauser, a.a.O., S. 1406). Das Verwaltungsgericht erachtet es als zulässig, weil im Grundsatz sachlich richtig und verfahrensökonomisch, unter bestimmten Umständen bereits im Rahmen der Eignungsprüfung (Präqualifikation) auch zu prüfen, ob die von einem bestimmten Unternehmer zu offerierenden Produkte die verlangten technischen Vorgaben einhalten können (erwähnter VGE in Sachen B. GmbH, S. 12). cc) Die Zuschlagskriterien schliesslich beziehen sich ebenfalls auf die zu beschaffende Leistung bzw. das Angebot; sie sind aber im Gegensatz zu den Produkteanforderungen relativer Natur. Erreicht ein Angebot bei einem Zuschlagskriterium nur die minimale Be- wertung, führt dies allein nicht zur Nichtberücksichtigung des Ange- bots; vielmehr ist im Rahmen der Gesamtbewertung eine Kompen- sation möglich (Hauser, a.a.O., S. 1406). dd) Der unterschiedliche Charakter und Zweck der Eignungs- kriterien und der Zuschlagskriterien erfordert - im Interesse der Transparenz des Verfahrens und um Missverständnisse oder Irrefüh- rungen der Anbietenden auszuschliessen - grundsätzliche eine klare Trennung (VGE III/37 vom 10. April 2001 [BE.2001.00015] in Sa- chen S. AG, S. 12). In der Rechtsprechung wird allerdings festgehal- ten, dass sich Eignungs- und Zuschlagskriterien überlappen können, 2002 Submissionen 315 indem z.B. die Eignung des Anbieters (bzw. das Ausmass der Eig- nung) auch beim Zuschlag eine Rolle spielen kann (AGVE 1999, S. 329; vgl. auch Hauser, a.a.O., S. 1414 m.w.H.). Das Verwaltungsge- richt lehnt eine strikte Trennung als nicht praktikabel ab. Es hat bei- spielsweise anerkannt, dass Referenzen sowohl bei der Eignung als auch beim Zuschlag berücksichtigt werden dürfen, und erachtet es auch als zulässig, eine allfällige "Mehr-Eignung" von Anbietern in die nachfolgende Bewertung gemäss den Zuschlagskriterien einflies- sen zu lassen (AGVE 1999, S. 329 f.). Vorausgesetzt ist selbstverständlich, dass dies in den Zuschlagskriterien so vorgesehen und den Anbietenden auch bekannt gegeben worden ist. b) Die Vergabebehörde nennt in den Ausschreibungsunterlagen unter dem Titel "Zuschlagskriterien" nicht nur Kriterien im Sinne von § 18 Abs. 2 SubmD, sondern auch Eignungskriterien und Pro- dukte- bzw. Systemanforderungen. Die als viertes Zuschlagskrite- rium genannte "Beurteilung des Anbieters betreffend Kompetenz, Marktauftritt, Referenzen etc." beispielsweise bezieht sich eindeutig auf den Anbieter und nicht auf die zu erbringende Leistung und hätte als Eignungskriterium in einem selektiven Verfahren richtigerweise bereits im Rahmen der Präqualifikation geprüft werden müssen. An erster Stelle der "Zuschlagskriterien" wird die "Erfüllung der Muss- Kriterien gemäss Pflichtenheft" genannt. Im Pflichtenheft wird unmissverständlich verlangt, dass die "Muss-Kriterien" zwingend erfüllt sein müssen. Aus diesem Erfordernis wäre eigentlich zu schliessen, dass es sich dabei nicht um Zuschlagskriterien, sondern um absolute Kriterien im Sinne von Systemmindestanforderungen und technischen Spezifikationen handelt. Das heisst, diejenigen An- bieter, welche die "Muss-Kriterien" nicht vollumfänglich erfüllen, wären vom Verfahren bzw. von der Bewertung anhand der übrigen Zuschlagskriterien auszuschliessen. Bei dieser an sich naheliegenden Betrachtungsweise ergibt jedoch der Einbezug der "Erfüllung der Muss-Kriterien gemäss Pflichtenheft" in die Liste der Zuschlagskri- terien und hier die Nennung an erster Stelle keinen Sinn. Offensicht- lich hat die Vergabestelle die "Muss-Kriterien" - entgegen dem herkömmlichen Verständnis - nicht im absoluten Sinn, das heisst als "Killer-Kriterien" aufgefasst, sondern geht von der Zulässigkeit eines 2002 Verwaltungsgericht 316 abgestuften Erfüllungsgrads aus und hat die Angebote entsprechend bewertet. Aus dem "Kriterienkatalog BIDA II für Bibliotheks-Lö- sung" muss entnommen werden, dass die sogenannten "Muss-Krite- rien" nicht selbständig, sondern im Rahmen der übrigen Zuschlags- kriterien beurteilt bzw. bewertet worden sind. Nicht bekannt ist, wel- che Bewertung die einzelnen "Muss-Kriterien" mindestens erreichen mussten, damit sie als noch erfüllt erachtet wurden. Beispielsweise ist beim Kriterium "Applikatorische Anforderungen/Datenmigration" auch die "Übernahme ab best. System", also ein "Muss-Kriterium" (und gemäss der öffentlichen Ausschreibung zugleich auch ein Eignungskriterium), bewertet worden. Die Beschwerdeführerin hat hier das Maximum von 10 Punkten erhalten, die E. GmbH hingegen nur 7 Punkte. Mit dem Punkteabzug ist offenbar dem Umstand Rechnung getragen worden, dass die Konversion von SISIS zu ALEPH 500 zwar nicht unmöglich, aber aufwändiger und komplizierter ist. Festzustellen bleibt, dass die Bedeutung und die Handhabung, das heisst die Prüfung und Bewertung, der sogenannten "Muss-Kriterien" gemäss Pflichtenheft zumindest schwer durchschaubar ist. Es kommt hinzu, dass der Kantonsbibliothekar (als Mitglied der Evaluationsbehörde) sich in diesem Zusammenhang ebenfalls widersprüchlich äussert. Die in der öffentlichen Ausschrei- bung als Eignungskriterien bekannt gegebenen Aspekte werden als "Muss-Kriterien" im Zuschlagsverfahren bezeichnet und diesen nun die Bedeutung von absoluten Kriterien beigemessen, indem geltend gemacht wird, das System SUNRISE der Beschwerdeführerin erfülle die Muss-Anforderungen nicht. Handhabung und Bewertung der Kriterien entsprechen jeden- falls nicht einem transparenten Verfahren.
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AG_VG_001
AG_VG
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Northwestern_Switzerland
AG_VG_001_AGVE-2002-75_2002-06-03
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AGVE_2002_75
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2001 Verwaltungsgericht 212 [...] 51 Nichtigkeit einer Verfügung. Schutzwürdiges Interesse als Voraussetzung der Beschwerdelegitimation. - Schutzwürdiges Interesse (§ 38 Abs. 1 VRPG) ist auch bei der Be- schwerdeführung durch das KStA verlangt (Erw. 4/c, 6/b). - Zuständigkeiten der Steuerkommission und des Gemeindesteuer- amtes (Erw. 5). - Keine Nichtigkeit, wenn nach dem äusseren Anschein eine Veranla- gungsverfügung der zuständigen Steuerkommission vorliegt, selbst wenn das Gemeindesteueramt eigenmächtig handelte (Erw. 6). vgl. AGVE 2001 81 378.
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AG_VG_001
AG_VG
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Northwestern_Switzerland
AG_VG_001_AGVE-2001-51_2001
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AGVE_2001_51
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2008 Sozialhilfe 259 [...] 44 Verwandtenunterstützungspflicht. - Eine Auflage / Weisung zur Abtretung eines nicht angefallenen Erb- teils ist ohne die freiwillige Zustimmung des Erblassers unzulässig. Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 23. Dezember 2008 in Sa- chen Einwohnergemeinde X. gegen das Bezirksamt Aarau (WBE.2008.157). Aus den Erwägungen 3. 3.1. (...) 3.2. (...) 2008 Verwaltungsgericht 260 3.2.1. In der Tat sehen die SKOS-Richtlinien, Kapitel F.1-1, grund- sätzlich vor, dass die Sozialhilfebehörde alle zulässigen finanziellen Ansprüche gegenüber Dritten geltend machen. Ein zukünftiger, noch nicht angefallener Erbanteil ist aber keine finanzieller Anspruch des Beschwerdegegners, sondern eine blosse Anwartschaft. Diese An- wartschaft eines Erbanwärters kann auch nicht von den Sozialhilfe- behörden gegenüber dem potentiellen Erblasser geltend gemacht werden. Die Einwohnergemeinde X. zielt mit der Auflage auf die Rückerstattung der materiellen Hilfe, welche dem Beschwerdegegner bis anhin und in Zukunft ausgerichtet wurde bzw. wird. Vorschuss- leistungen der Sozialhilfe können gemäss § 12 Abs. 3 SPG von einer Abtretung von (Forderungs -) Ansprüchen der Hilfe suchenden Per- son abhängig gemacht werden. Auf diese Möglichkeit nehmen auch die SKOS-Richtlinien Bezug (vgl. Kapitel F.2-2). Wie erwähnt, ge- hören die Erbanwartschaften jedoch nicht zu diesen Ansprüchen. Nach Art. 636 Abs. 1 ZGB sind Verträge eines Erbanwärters über künftige Erbanwartschaften sittenwidrig und unverbindlich und nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn der Erblasser am Vertrag mitwirkt und seine ausdrückliche Zustimmung erteilt. Aus dieser Regelung folgt, dass eine Abtretung ohne Mitwirkung des Erblassers ausgeschlossen ist und damit auch eine Auflage oder Weisung zur Abtretung eines nicht angefallenen Erbanteils an die Adresse eines unterstützten Erbanwärters nicht zulässig ist, da er sie ohne Mitwir- kung des (potentiellen) Erblassers gar nicht erfüllen kann. Im Rah- men der Subsidiarität haben hypothetische Ansprüche einer Hilfe su- chenden Person ausser Acht zu bleiben. Keinen Einfluss auf die An- spruchsvoraussetzungen hat sodann die Weigerung einer unterstütz- ten Person, Massnahmen zu ergreifen, die keinen sachlichen Zu- sammenhang mit der tatsächlichen Beendigung seiner Notlage haben (vgl. Markus Schefer, Grundrechte der Schweiz, Ergänzungsband zur dritten Auflage, Bern 2005, S. 116 f. mit Hinweis). Voraussetzung einer Auflage oder Weisung ist, dass die Hilfe suchende Person durch eigenes Handeln die Notlage verhindern oder zumindest mildern kann. 2008 Sozialhilfe 261 3.2.2. Nachdem die Einwohnergemeinde X. nicht einmal abgeklärt hat, ob die Zustimmung des Vaters des Beschwerdegegners über- haupt erhältlich ist und der Einwohnergemeinde X. gegenüber dem Vater des Beschwerdegegners keinerlei Verfügungs- und damit Wei- sungsbefugnis hinsichtlich der Erbteilung oder der Verwandtenunter- stützung gemäss Art. 328 ZGB zusteht, erweist sich bereits die Auf- lage zur Abtretung eines nicht angefallenen Erbanteils als rechtswid- rig. Daran vermag auch die Zulässigkeit entsprechender Verträge nichts zu ändern. Die Unrechtmässigkeit der Auflage zur Unter- zeichnung eines Abtretungsvertrags bedeutet andererseits nicht, dass den Sozialhilfebehörden der Abschluss von Vereinbarungen über nicht angefallenen Erbanteile gemäss Art. 636 Abs. 1 ZGB verwehrt wäre. Sie haben die Möglichkeit, bei der Prüfung von Ansprüchen aus der Unterstützungspflicht der Verwandten entsprechende Verein- barungen mit dem Vater des Beschwerdegegners zu treffen (§ 7 Abs. 1 SPG und § 6 SPV). Sofern dieser - freiwillig - seine Zustim- mung zu einer solchen Vereinbarung erteilt, kann vom Beschwerde- gegner die Unterzeichnung einer Abtretung auch verlangt werden. Für die Geltendmachung und zur Bestimmung der Höhe sind die ein- schlägigen Regelungen zur familienrechtlichen Unterstützungspflicht (Art. 328 und 329 ZGB) und die entsprechenden Regelungen im So- zialhilferecht zu beachten (vgl. auch SKOS-Richtlinien, Kapitel F.4- 1 und die Richtlinien über die Geltendmachung von Verwandtenun- terstützung vom 12. März 2003 [Verwandtenunterstützungsrichtli- nien, VUR; SAR 851.251]). Kommt keine einvernehmliche Lösung zustande, ist beim zu- ständigen Bezirksgericht Klage zu erheben (§ 7 Abs. 2 SPG; Hand- buch Sozialhilfe, hrsg. vom Kantonalen Sozialdienst, 4. Auflage Au- gust 2003, Kapitel 6, S. 22). Die Gemeinde kann aber weder durch den Erlass einer Verfügung die Verwandtenunterstützung festlegen noch einen Unterstützungspflichtigen mittels indirektem Zwang - hier unter Androhung von Kürzungen der Hilfeleistungen an den Sozialhilfebezüger - zu erbrechtlichen Verfügungen oder zur Zustim- 2008 Verwaltungsgericht 262 mung von Vereinbarungen gemäss Art. 636 ZGB zwingen (vgl. Handbuch Sozialhilfe, Kapitel 6, S. 18). 3.2.3. (...) 3.2.4. Somit war bereits die am 22. Oktober 2007 erlassene Weisung, wonach eine Vereinbarung über die Abtretung eines Erbanteils vom Beschwerdegegner und seinem Vater zu unterzeichnen sei, nicht rechtmässig. 3.3. Unabhängig davon, dass die Nichtbefolgung einer unzulässigen Auflage keine Kürzung der Sozialhilfeleistung nach sich ziehen kann, können Sanktionen gegenüber Sozialhilfeempfängern i.S.v. § 13 Abs. 2 SPG nicht durch die Nichtbefolgung von Weisungen durch Angehörige begründet werden (AGVE 2003, S. 286 f.). Beige- fügt sei in diesem Zusammenhang, dass eine Sanktion wegen Nicht- befolgung von Weisungen (§ 13 Abs. 2 SPG) nur in Frage kommt, wenn den Beschwerdegegner daran ein Verschulden trifft (vgl. SKOS-Richtlinien, Kapitel A.8.2). 3.4. Somit ist die am 29. November 2007 verfügte Kürzung der materiellen Hilfe der Monate November und Dezember 2007 zu Un- recht erfolgt und die Auffassung der Vorinstanz, wonach die Auflage und Kürzung der Rechtslage nicht entspricht, nicht zu beanstanden.
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AG_VG_001
AG_VG
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Northwestern_Switzerland
AG_VG_001_AGVE-2008-44_2008-12-04
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2001 Verwaltungsgericht 270 [...] 62 Aufstockung von landwirtschaftlichen Silobauten in der Landwirt- schaftszone. - Rechtliche Vorgaben zum Landschaftsschutz (Erw. 4/a). - Beurteilung des Landschaftsschutzaspekts anhand der vom Baude- partement herausgegebenen Checkliste (Erw. 4/b); Grobbeurteilung (Erw. 4/c/aa), Analyse und Bewertung der betroffenen Landschaft 2001 Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 271 sowie Feinabgrenzung des betroffenen Landschaftsausschnitts (Erw. 4/c/bb), Bedeutung des Vorhabens für die Landschaft und Be- urteilung der Landschaftsverträglichkeit des Vorhabens (Erw. 4/c/cc), Abwägung des konkreten Landschaftsschutzinteresses gegenüber den beteiligten privaten und andern öffentlichen Interessen (Erw. 4/c/dd). - Differenzierte Lösung zur Wahrung der Verhältnismässigkeit bei der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands (Erw. 6). Entscheid des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 21. Juli 2000 in Sachen K. gegen Baudepartement. Aus den Erwägungen 2. a) Der Beschwerdeführer bewirtschaftet in O. einen auf Milchwirtschaft und Ackerbau ausgerichteten landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieb. Dieser umfasst nach Auflösung der vorbeste- henden Betriebsgemeinschaft nunmehr 13.55 ha Eigenland und 29.55 ha Pachtland, insgesamt also 43.10 ha landwirtschaftliche Nutzfläche, wovon 28 ha offenes Ackerland. Der Beschwerdeführer, welcher als Betriebsleiter fungiert, verfügt zur Zeit über einen Vieh- bestand von 30 Milchkühen, 22 Aufzuchtrindern und 6 Kälbern (Milchkontingent: 217'239 l). Auf dem Hof arbeitet nebst dem Vater aushilfsweise auch der Bruder mit; der Betrieb benötigt 3,2 Standard- arbeitskräfte. Gemäss dem von der Gemeindeversammlung am 25. März 1994 beschlossenen und vom Grossen Rat des Kantons Aargau am 24. September 1996 genehmigten Nutzungsplan Kultur- land liegt die Hofparzelle Nr. 281 in der Landwirtschaftszone und ist nicht durch eine Schutzzone überlagert. b) Verfahrensgegenstand bildet das Gesuch des Beschwerdefüh- rers um - nunmehr nachträgliche - Bewilligung der Silo-Aufstockung von 14.80 m (Höhe gemäss Baubewilligung vom 8. November 1993) bzw. 15.90 m (tolerierte Höhe) auf 20.40 m. Die Vorinstanzen haben den Beschwerdeführer verpflichtet, den Silo innert Frist auf die Höhe von 15.90 m herabzusetzen. Eine solche Beseitigungsanordnung setzt voraus, dass ein unrechtmässiger Zustand geschaffen worden ist 2001 Verwaltungsgericht 272 (§ 159 Abs. 1 BauG); vorausgesetzt ist also die materielle Rechts- widrigkeit der in Frage stehenden baulichen Vorkehr (AGVE 1996, S. 326 mit Hinweisen). (...) 4. a) Gemäss Art. 3 Abs. 2 lit. b RPG ist die Landschaft zu schonen; insbesondere sollen Siedlungen, Bauten und Anlagen sich in die Landschaft einordnen. Nach § 42 BauG, der ebenfalls sowohl für das Bau- als auch für das Nichtbaugebiet gilt, müssen sich Ge- bäude hinsichtlich Grösse, Gestaltung und Oberfläche des Baukör- pers sowie dessen Aussenraumes so in die Umgebung einordnen, dass eine gute Gesamtwirkung entsteht (Abs. 1); Bauten usw. dürfen insbesondere Landschaften sowie Orts-, Quartier- und Strassenbilder nicht beeinträchtigen (Abs. 2). Sodann legt § 4 NO was folgt fest: ,,(...) 3 Neue Bauvorhaben sind auf ihre Verträglichkeit im Landschafts- und Ortsbild zu prüfen. Der Gemeinderat kann im Baubewilligungsverfah- ren Auflagen bezüglich der Standortwahl, der Abmessungen sowie der gestalterischen Einordnung von Bauten und Anlagen erlassen. Insbe- sondere kann er die Gesamtlänge begrenzen und die Pflanzung von Hecken und Bäumen anordnen. Gewächshäuser und andere Bauten der bodenunabhängigen Produk- tion sind nur an nicht empfindlichen Standorten zugelassen. 4 (...)" Schliesslich enthält § 13 NO unter dem Titel ,,D. Bauvorschrif- ten" die folgenden Bestimmungen für ,,Bauten ausserhalb der Bau- zone": ,,(...) 4 Alle Bauten und Anlagen sind nur an Standorten zugelassen, die landschaftsverträglich sind. Sie müssen sich in Bezug auf Ausmass, Gestaltung, Stellung und Umgebungsbepflanzung gut ins Land- schaftsbild einfügen. Durch die Lagerung von Material, Maschinen und Geräten dürfen die Nachbarschaft und das Landschaftsbild nicht beeinträchtigt werden. 5 Für bewohnte Gebäude sind höchstens 2 Geschosse mit teilweisem Dachausbau erlaubt. Für Ökonomiegebäude und andere Bauten wer- den die Gebäudeabmessungen vom Gemeinderat unter Berücksichti- 2001 Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 273 gung der tatsächlichen Verhältnisse, der landschaftlichen Einordnung sowie der bau- und feuerpolizeilichen Erfordernisse festgelegt. (...)" Bauvorhaben in der Landwirtschaftszone sind somit auf ihre Verträglichkeit im Landschaftsbild zu prüfen; der Gemeinderat kann im Baubewilligungsverfahren Auflagen bezüglich der Standortwahl, der Abmessungen sowie der gestalterischen Einordnung von Bauten und Anlagen erlassen (§ 4 Abs. 3 Sätze 1 und 2 NO; vgl. auch § 13 Abs. 4 NO). Diese Vorgaben entsprechen dem - neuerdings auch in Art. 16 Abs. 1 RPG (in der Fassung vom 20. März 1998) ausge- drückten - multifunktionalen Charakter der Landwirtschaftszone. Mit dieser werden nicht nur agrarpolitische, sondern u.a. auch siedlungs- politische Ziele verfolgt, indem der gesetzgeberische Auftrag, soweit möglich grössere zusammenhängende Freiflächen auszuscheiden (Art. 16 Abs. 2 RPG), zur Landschaftspflege beiträgt (vgl. Erläute- rungen zum Bundesgesetz über die Raumplanung [Erläuterungen EJPD], herausgegeben vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeide- partement [Bundesamt für Raumplanung], Bern 1981, Art. 16 N 4 und 6; Walter Haller/Peter Karlen, Raumplanungs-, Bau- und Um- weltrecht, Band I, 3. Auflage, Zürich 1999, Rz. 263; AGVE 1995, S. 308; 1996, S. 356). b) Das Baudepartement (Abteilung Landschaft und Gewässer, Sektion Natur und Landschaft) hat im April 1999 eine ,,Checkliste zur Beurteilung von Landschaftsveränderungen" herausgegeben, die als Arbeitshilfe für die Rechtsfindung in Fällen wie dem vorliegen- den folgende Teilschritte vorsieht: Grobbeurteilung (Phase 1), Ana- lyse und Bewertung der betroffenen Landschaft (Phase 2), Feinab- grenzung des betroffenen Landschaftsausschnitts (Phase 3), Bedeu- tung des Vorhabens für die Landschaft (Phase 4), Beurteilung der Landschaftsverträglichkeit des Vorhabens (Phase 5), Abwägung des konkreten Landschaftsschutzinteresses gegenüber den beteiligten privaten und andern öffentlichen Interessen und Entscheid (Phase 6). Der Regierungsrat hat die Departemente angewiesen, sich bei den Interessenabwägungen methodisch an diese ,,Checkliste" zu halten (Schreiben des Vorstehers des Baudepartements vom 17. Januar 2000). Auch das Verwaltungsgericht stützt sich grundsätzlich auf sie, 2001 Verwaltungsgericht 274 zumal sie eine Weiterführung und Verfeinerung der bereits früher angewandten Methodik bei der Beurteilung landschaftsverändernder Eingriffe darstellt (vgl. AGVE 1991, S. 294 ff.; VGE III/66 vom 12. Mai 1999 [BE.96.00144] in Sachen Pro Natura u. M., S. 31). c) Zu den einzelnen Prüfungsphasen ergibt sich was folgt: aa) Phase 1 (Grobbeurteilung). Landschaftsrelevante planerische Festlegungen mit Grund- eigentümerverbindlichkeit gibt es im vorliegenden Falle nicht; na- mentlich ist die Parzelle Nr. 281 nicht mit einer Landschaftsschutz- zone überlagert (Kulturlandplan der Gemeinde O. vom 5. März 1993/31. Oktober 1995). Ein abschliessender Entscheid ist somit nicht bereits aufgrund einer Grobbeurteilung möglich; vielmehr ist eine Beurteilung anhand der nachfolgenden Prüfungsphasen vorzu- nehmen. bb) Phasen 2 und 3 (Analyse und Bewertung der betroffenen Landschaft sowie Feinabgrenzung des betroffenen Landschaftsaus- schnitts). aaa) Gegenstand des Landschaftsschutzes bildet die Landschaft als ein grösserer, zusammenhängender, einigermassen in sich ge- schlossener, einheitlicher Ausschnitt der Erdoberfläche mit den darin vorkommenden Erscheinungen der Natur (Form der Erdoberfläche, Bepflanzung usw.) und Kultur (Überbauungen usw.). Er ist je nach dem massgebenden Schutzziel abzugrenzen. Geht es um die optische Wirkung, sind jene Bereiche dazuzuzählen, die mehr oder weniger gleichzeitig überblickt werden können. Bestimmt sich die Landschaft nach ihrer Funktion für andere räumliche Interessen wie etwa als Erholungsraum, so ist auf deren sachliche Gegebenheiten und Be- dürfnisse (Ruhe, Erreichbarkeit usw.) abzustellen (AGVE 1991, S. 295 mit Hinweis). Ähnlich bezeichnet der Begriff ,,Ortsbild" im Sinne von § 42 Abs. 2 BauG bzw. § 4 Abs. 3 NO den Gesamtein- druck, der sich aus dem Zusammenwirken der verschiedenen Ge- bäude unter sich und mit ihrer Umgebung ergibt; die räumliche Struktur des Ganzen macht das Bild aus. Dazu gehört, was von einem durchschnittlichen Betrachter gleichzeitig überblickt und er- lebt werden kann; Schutzziel ist dabei die Erhaltung des ,,Charakte- 2001 Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 275 ristischen" und des ,,Typischen" (AGVE 1993, S. 383 mit Hinwei- sen). bbb) Betroffen ist hier die Landschaftskammer, welche nord- östlich durch den Wald ,,Falterhau", in den andern Richtungen durch das Baugebiet der Gemeinde O. begrenzt wird und die Gebiete ,,Egg- ächer", ,,Aegerten", ,,Weid", ,,Holzächer", ,,Augenweid" und ,,Brei- tenächer" einschliesst. Dieser Landschaftsausschnitt kennzeichnet sich durch die Ausrichtung des Geländes nach Südwesten mit Blick- beziehungen ins Reusstal und bis hin zu den Alpen. Er ist geprägt von intensiver landwirtschaftlicher Nutzung; durch das Fehlen land- schaftlicher Strukturelemente wie Obstwiesen, Einzelbäumen und Hecken wirkt die Landschaft ,,ausgeräumt". Bedeutungsmässig im Vordergrund steht dabei der Naherholungswert dieser Landschaft; der offene, grosszügige Landschaftscharakter und die schöne Aus- sichtslage machen das fragliche Gebiet für Spaziergänger usw. zwei- fellos attraktiv. Aus der Sicht des Landschaftsschutzes im engern Sinne ist der Schutzwert des Raums eher gering und jedenfalls aus- schliesslich von lokaler Bedeutung; geschützte oder schützenswerte Aspekte des Landschaftsbildes werden grundsätzlich nicht tangiert. cc) Phasen 4 und 5 (Bedeutung des Vorhabens für die Land- schaft und Beurteilung der Landschaftsverträglichkeit des Vorha- bens). aaa) Die landwirtschaftliche Siedlung des Beschwerdeführers liegt nicht in einer von Bauten sonst freien Landschaft, sondern leicht abgesetzt am Rand des Ortsteils O.. Das nächstliegende Wohn- haus - westlich des Hofs jenseits der Aegertenstrasse - ist rund 50 m entfernt, der Bebauungsrand mit der Bauzonengrenze - südlich des Hofs - rund 100 m. Der bezüglich des Ortsbilds sensible Bereich mit Kirche und älterem Dorfkern weist bereits eine Entfernung von über 200 m auf. Im Weitern befindet sich der Hofstandort in einer leichten Senke, was bewirkt, dass die Sicht zum Hof praktisch von allen Sei- ten her von einem Hintergrund abgedeckt wird. Aufgrund solcher und ähnlicher Überlegungen gelangt auch die kantonale Fachstelle zur Feststellung, die bestehende Siedlung sei ,,ohne jegliche land- schaftsbelastende Fernwirkung". Dieser Beurteilung kann sich auch das Verwaltungsgericht anschliessen. 2001 Verwaltungsgericht 276 bbb) Zu den landwirtschaftlichen Silobauten drängen sich vorab einige Überlegungen allgemeiner Art auf. In zeitgemässem Verständ- nis moderner Agrarkultur dürfte ein aus Stahl gefertigter Silo vom durchschnittlichen Betrachter nicht grundsätzlich als für die betrof- fene Landschaft art- bzw. charakterfremde Baute wahrgenommen werden. Zwar treten in Scheunen untergebrachte Silos nach aussen nicht in Erscheinung und entsprechen sie so dem ,,klassischen" archi- tektonischen Verständnis landwirtschaftlicher Hofbauten, wogegen ein offener Futtersilo - als Folge von Material, Farbgebung usw. - als neues, gleichsam ,,industrielles" Element dominierend in Erschei- nung tritt und vom Betrachter subjektiv zumindest beim Überragen der übrigen Hofbauten als störende und damit landschaftsunverträg- liche Baute wahrgenommen werden kann. Offene Futtersilos werden aber von milchwirtschaftlich tätigen Betrieben regelmässig einge- setzt, weshalb sie auch nach einem auf den durchschnittlichen Be- trachter ausgerichteten, objektivierten Verständnis ohne Weiteres mit einem Landwirtschaftsbetrieb assoziiert werden. Dementsprechend disqualifiziert sich ein Silo nicht schon per se als störendes Land- schaftselement. Vielmehr wirkt er dann landschaftsunverträglich, wenn er aufgrund seiner Ausmasse, seines Standorts, seiner mate- riellen und farblichen Ausgestaltung usw. derart in den Vordergrund rückt, dass er nicht mehr als punktuelles, sich in der weiteren Land- schaft verlierendes Element wahrgenommen wird, sondern als diese dominierende und nicht mehr darin integrierte Baute. Dies kann - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - auch an nicht be- sonders empfindlichen und erst recht an empfindlichen Standorten der Fall sein; der von ihm aus § 4 Abs. 3 Satz 4 NO gezogene Umkehrschluss, dass Bauten der bodenabhängigen Produktion dort tel quel zulässig seien, erscheint vor dem Hintergrund des überge- ordneten Rechts nicht haltbar. Von den in Bezug auf den Landschaftsschutz günstigen Stand- ortbedingungen (Erw. aaa hievor) profitiert grundsätzlich auch die fragliche Silobaute. Auch sie steht nicht frei in der Landschaft, son- dern ist Teil eines bestehenden Hofensembles mit grossvolumigem Ökonomietrakt, dessen Nutzungsfunktion als Landwirtschaftsbetrieb deutlich ablesbar ist; die visuelle Wirkung des Silos wird dadurch 2001 Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 277 relativiert. Positiv zu vermerken ist auch die dezent wirkende kobalt- blaue Farbgebung. Das Problem ist indessen die Massstäblichkeit des Silos. Im Gutachten M., das sich mit dem Silo in der ursprünglichen (und vom Gemeinderat dann auch bewilligten) Höhe von 14.80 m zu befassen hatte, wird unter diesem Gesichtspunkt ausgeführt, offene Futtersilobauten seien in dieser Region wegen ihrer Seltenheit art- fremd oder zumindest ungewohnt; deshalb stelle sich die Frage der Massstäblichkeit mit besonderer Schärfe. Weiter wird festgestellt, weil der geplante Silo den Scheunenfirst um 3.40 bzw. 4.50 m über- rage, habe die Abdeckwirkung durch das Ökonomiegebäude nur beschränkte Bedeutung. Der Silo trete wegen seiner Höhe aus allen Blickrichtungen mehr oder weniger in Erscheinung und verschwinde von den öffentlich zugänglichen Wegen rund um den Hof aus nie ganz aus dem Blickfeld. Er werde die unmittelbare Umgebung stark prägen; vor allem in der dominanten Längs-Blickachse (von Süd- osten nach Nordwesten) stehe er praktisch ungeschützt neben dem Gebäude. Es ist keine Frage, dass diese Feststellungen, denen das Verwaltungsgericht vollumfänglich beipflichten kann, bei einer noch höheren Silobaute umso mehr gelten müssen. Mit einer Höhe von 20.40 m wirkt der Silo überproportioniert. Er durchstösst den Hori- zont von mehreren Blickpunkten aus deutlich, so beispielsweise vom Rand des Waldes ,,Falterhau" sowie von den Gebieten ,,Fal- ter"/,,Eggächer", ,,Ägerten", ,,Augenweid" und ,,Holzächer" aus; vom Aussichtspunkt ,,Allmend" und vom Gebiet ,,Ufgentenmatten" aus erscheint der Silo in südwestlicher Richtung über dem Horizont der Reusslandschaft, bevor das Ökonomiegebäude sichtbar wird. Besonders dort, wo der Silo vom Betrachter nicht einem Landwirt- schaftsbetrieb zugeordnet werden kann, wirkt er als das Blickfeld dominierender, exponierter, überdimensionierter und darum stören- der Fremdkörper. Im Ganzen gesehen vermag er sich nicht ausrei- chend in die Landschaftsstruktur einzugliedern. Die Vorinstanzen sind daher zu Recht zum Schluss gelangt, es fehle an der Land- schaftsverträglichkeit. dd) Phase 6 (Abwägung des konkreten Landschaftsschutzinter- esses gegenüber den beteiligten privaten und andern öffentlichen Interessen und Entscheid). 2001 Verwaltungsgericht 278 Der Umstand, dass die Erhöhung des Silos (eigenmächtig) be- reits erfolgt ist, darf bei dieser Interessenabwägung nicht berück- sichtigt werden; der Entscheid ist so zu treffen, wie wenn die Erhö- hung des Silos von 15.90 auf 20.40 m in einem ordentlichen (nicht nachträglichen) Baubewilligungsverfahren zur Diskussion stünde (vgl. AGVE 1992, S. 348). In dieser Optik überwiegen die öffentli- chen Interessen des Landschaftsschutzes. Auch wenn berücksichtigt wird, dass es an spezifischen Schutzvorgaben fehlt (Erw. aa hievor) und die Tragweite des Eingriffs über das Lokale nicht hinausreicht (Erw. bb/bbb hievor), bleibt der Gesamteindruck einer relativ massi- ven Störung des Landschaftsbildes. Der Silo erscheint trotz der vor- teilhaften Farbwahl aufgrund seiner schlanken Silhouette und der deutlichen Mehrhöhe gegenüber den andern Ökonomiebauten als solitärer Fremdkörper in der fraglichen Landschaftskammer. Wenn sich der Gemeinderat daran stösst, dass der Silo von zahlreichen Blickrichtungen aus den Horizont überragt und damit einen wesentli- chen Aspekt dieses Landschaftsausschnitts, nämlich den freien Blick ins Reusstal hinunter, zu den gegenüberliegenden Höhenzügen und zum Alpenkranz, relativiert, so ist dies durchaus verständlich. Zu beachten ist hier auch, dass dem Gemeinderat - wie bei allen Ästhe- tikfragen - aufgrund der Gemeindeautonomie (§ 106 KV) ein erheb- licher Ermessensspielraum zusteht, den das auf die Rechtskontrolle beschränkte (§ 56 VRPG) Verwaltungsgericht zu respektieren hat; das Gericht auferlegt sich in solchen Fällen angemessene Zurück- haltung und greift jedenfalls dann nicht korrigierend ein, wenn sich die ästhetische Wertung der Vorinstanzen auf vernünftige Gründe stützen lässt, selbst wenn andere, ebenfalls vertretbare Lösungen denkbar wären (vgl. AGVE 1995, S. 334 mit Hinweis). Die privaten Interessen des Beschwerdeführers erweisen sich demgegenüber als zweitrangig. Zwar erweist sich die Aufstockung des bestehenden Harvestore-Silos von 15.90 m um 4.50 m auf 20.40 m, die mit Anla- gekosten von Fr. 9'000.-- realisiert werden konnte, klar die kosten- günstigste und auch sonst vorteilhafteste Lösung; alle Varianten, die mit einem Wechsel vom Harvestore-System auf ein anderes Silie- rungssystem verbunden sind (Hochsilo aus Kunststoff oder Holz; Fahr- oder Flachsilo), kosten zwischen Fr. 50'000.-- und 60'000.--, 2001 Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 279 also ein Mehrfaches davon und sind mit zusätzlichen wirtschaftli- chen Nachteilen (schlechtere Futterqualität usw.) behaftet. Der Be- schwerdeführer hätte aber zumindest zwei Alternativen gehabt, die ihm letztlich zumutbar gewesen wären. So hätte er statt der Aufsto- ckung einen zweiten Harvestore-Silo erstellen können; dass der kleinstmögliche Silotyp ein Volumen von 180 m 3 (also rund das Doppelte des damaligen Bedarfs) aufweist, muss nicht von vornher- ein unwirtschaftlich sein, da die Ausbaugrenze des Landwirtschafts- betriebs nach Ansicht des als Landwirt fachkundigen Verwaltungs- richters noch nicht erreicht ist und somit eine entsprechende Mehr- investition lediglich zeitlich vorgezogen wäre. Eine weitere Silie- rungsmöglichkeit bietet sich in Form von ,,Folien-Würsten" an, die zumindest als Not- oder Übergangslösung in Betracht gezogen wer- den können. Die entsprechende Kostenberechnung im Gutachten E. ist dabei zu relativieren, da dieses mit einer Benutzungsdauer von 20 Jahren rechnet (was angesichts der Wachstumsperspektiven des Betriebs für eine Übergangslösung unwahrscheinlich ist) und die An- legung eines betonierten Platzes derzeit nicht erforderlich ist, womit sich der vom Gutachter angenommene Investitionsaufwand von Fr. 63'600.-- ganz erheblich reduzieren dürfte. Allerdings bleibt auch hier als Nachteil die schlechtere Futterqualität. So oder so erweist sich im Ergebnis die Auffassung des Gemeinderats, dass die Erhö- hung des Silos auf 20.40 m in Würdigung aller massgeblichen Um- stände mit den Anforderungen von § 4 Abs. 3 und § 13 Abs. 4 und 5 NO nicht in Einklang gebracht werden kann, als durchaus haltbar. Die Rechtmässigkeit des Bauvorhabens ist somit zu verneinen. 5. (...) 6. a) Wird durch die Errichtung von Bauten ohne Bewilligung, unter Verletzung einer solchen oder auf andere Weise ein unrecht- mässiger Zustand geschaffen, so kann u.a. die Herstellung des recht- mässigen Zustandes, insbesondere die Beseitigung oder Änderung der rechtswidrigen Bauten angeordnet werden (§ 159 Abs. 1 BauG). Dabei sind die in diesem Zusammenhang massgebenden allgemeinen verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Prinzipien des Bundes- rechts zu beachten. Zu ihnen gehören die Grundsätze der Verhältnis- mässigkeit und des Schutzes des guten Glaubens. So kann der Ab- 2001 Verwaltungsgericht 280 bruch unterbleiben, wenn die Abweichung vom Erlaubten nur unbe- deutend ist oder der Abbruch nicht im öffentlichen Interesse liegt, ebenso wenn der Bauherr in gutem Glauben angenommen hat, er sei zur Bauausführung ermächtigt. Schliesslich dürfen der Beibehaltung des ungesetzlichen Zustandes nicht schwerwiegende öffentliche In- teressen entgegenstehen (BGE 123 II 255; 111 Ib 221 ff.). b) Die Überschreitung der bewilligten bzw. tolerierten Silohöhe um 5.60 m bzw. 4.50 m kann - wie den Ausführungen in Erw. 4/c hievor zu entnehmen ist - nicht als geringfügige Abweichung vom Erlaubten qualifiziert werden. Die Aufstockung des Silos auf eine Gesamthöhe von 20.40 m stellt einen empfindlichen Eingriff in das Landschaftsbild dar. Schon aus Gründen der Rechtsgleichheit, aber auch zum Schutze der baurechtlichen Ordnung besteht gerade bei der Beurteilung von Bauten ausserhalb der Bauzonen ein erhebliches Interesse daran, dass der ungesetzliche Zustand wieder beseitigt wird (AGVE 1999, S. 236 mit Hinweis). Andere Optimierungsmöglich- keiten als die Reduktion des Silos auf die tolerierte Höhe von 15.90 m gibt es zwar, doch vermögen sie die Beeinträchtigung nicht wirksam genug zu mildern; eine Plazierung des Silos an der Stirn- seite der Scheune gegen Südosten unter maximaler Nutzung der Ab- deckwirkung der Firsthöhe des Ökonomiegebäudes von gut 11 m trüge zwar zur optischen "Verschmelzung" des Silos mit dem Hof- komplex bei, doch wäre damit für das ungünstige Verhältnis des obersten Siloteils zur Horizontlinie nichts gewonnen, und auch mit- tels einer geeigneten Bepflanzung erscheinen mehr als "kosmetische" Verbesserungen kaum denkbar. Unbestritten ist, dass die Entfernung des aufgestockten Siloteils mit Kosten von rund Fr. 10'000.-- verbunden ist und zusätzliche Kosten dadurch entstehen, dass das ausgewiesene Betriebsbedürfnis für 87 m 3 zusätzlichen Siloraum anderweitig befriedigt werden muss (vgl. Erw. 4/c/dd hievor). Diese Kosten fallen indessen nicht derart ins Gewicht, dass sie das öffentliche Interesse an der Durchsetzung landschaftsgestalterischer Anliegen der Gemeinde aufwiegen oder gar überwiegen. Demgegenüber legt es der Umstand, dass der Be- schwerdeführer von den Bedürfnissen seines Betriebs her mit grosser Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit erneut zusätzlichen Siloraum 2001 Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzrecht 281 wird schaffen müssen (vgl. Erw. 4/c/dd hievor), nahe, ein zeitliches Moment in die Beurteilung miteinzubeziehen. Diese Überlegung hat schon im vorinstanzlichen Verfahren zum Vorschlag geführt, den Silo auf der derzeitigen Höhe zu belassen, bis sich die erwähnten Bedürfnisse aktualisieren, und die Redimensionierung auf diesen Zeitpunkt zu verschieben; zu einem gemeinsamen Antrag der Verfah- rensbeteiligten kam es dann allerdings nicht. Auch vor Verwaltungs- gericht stand die gleiche Frage erneut zur Diskussion, doch lagen die Standpunkte der Beteiligten auch hier zu weit auseinander. Das Ver- waltungsgericht ist zur Auffassung gelangt, dass nur eine solche Lö- sung den Anforderungen des Verhältnismässigkeitsprinzips gerecht wird. Einerseits erscheint es verantwortbar, wenn die mangelnde Ein- fügung des Silos ins Landschaftsbild über beschränkte Zeit perpe- tuiert wird. Anderseits muss der Beschwerdeführer, sobald er zusätz- lichen Siloraum schaffen will und dafür eine Baubewilligung be- nötigt, den rechtmässigen Zustand wiederherstellen und seine be- trieblichen Bedürfnisse anderweitig abdecken. Keine Rücksicht ist dabei darauf zu nehmen, ob sich die künftigen Zusatzbedürfnisse auf die Mais- oder Grassilage beziehen, diese beiden Komponenten sind nach Auffassung des Fachrichters gegenseitig kompensierbar, wes- halb das Betriebskonzept des Beschwerdeführers nicht in Frage ge- stellt wird. In diesem Sinne ist die Beschwerde teilweise gutzuheis- sen. 7. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass sich die Auf- stockung des fraglichen Silos auf die Gesamthöhe von 20.40 m als unrechtmässig erweist, dass aber von einer Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands im heutigen Zeitpunkt abgesehen und dem Beschwerdeführer bzw. einem allfälligen Rechtsnachfolger auferlegt wird, innert einem Monat nach der Realisierung einer baubewilli- gungspflichtigen Änderung des betriebseigenen Siloraums die Silo- höhe auf 15.90 m zu reduzieren.
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2016 Migrationsrecht 139 III. Migrationsrecht 20 Durchsetzungshaft; Haftüberprüfung; Konsumation Wegweisungsent- scheid; Subsidiarität der Durchsetzungshaft - Verlässt ein Betroffener die Schweiz nachdem gegen ihn eine Weg- weisungsverfügung erging und wird er später wegen rechtswidriger Einreise verurteilt, gilt der entsprechende Wegweisungsentscheid als konsumiert und kann nicht mehr als Grundlage für eine migrations- rechtliche Administrativhaft dienen. - Liegt zwischen den letzten Ausschaffungsversuchen und der Anord- nung der Durchsetzungshaft eine erhebliche Zeitspanne (hier rund vier Jahre), ist ein Vollzugshindernis im Sinne von Art. 78 Abs. 1 AuG erst dann anzunehmen, wenn erneut unbegleitete und gege- benenfalls begleitete Ausschaffungsversuche gescheitert sind. Aus dem Entscheid des Einzelrichters des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 12. August 2016, in Sachen Amt für Migration und Integration gegen A. (WPR.2016.131). Aus den Erwägungen 3. 3.1. Zu prüfen ist, ob ein rechtskräftiger Weg- oder Ausweisungsent- scheid vorliegt. Wegweisungsverfügungen stellen im Gegensatz zu anderen migrationsrechtlichen Verfügungen wie z.B. dem Einreiseverbot, keine Dauerverfügungen dar. Kommt eine betroffene Person der Ver- fügung nach oder wird die Verfügung zwangsweise vollzogen, gilt sie als konsumiert. Reist die betroffene Person erneut in die Schweiz ein, ist somit eine neue Wegweisungsverfügung zu erlassen, die in 2016 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 140 Rechtskraft zu erwachsen hat, ehe gestützt darauf eine Durch- setzungshaft angeordnet werden kann. 3.2. Am 8. Juni 2011 trat das BFM auf das Asylgesuch des Gesuchs- gegners nicht ein und wies ihn auf den Tag nach Eintritt der Rechts- kraft des Entscheids aus der Schweiz weg. Gegen diesen Entscheid erhob der Gesuchsgegner beim Bundesverwaltungsgericht Be- schwerde, welche mit Entscheid vom 16. Juni 2011 abgewiesen wurde. In der Folge erwuchs der Entscheid des BFM in Rechtskraft. 3.3. Der Gesuchsteller legt der angeordneten Durchsetzungshaft die Wegweisungsverfügung des BFM vom 8. Juni 2011 zugrunde. Mit Urteil vom 17. Juli 2013 verurteilte die Bundesanwaltschaft den Ge- suchsgegner unter anderem wegen rechtswidriger Ein- oder Ausreise (Art. 115 Abs. 1 lit. a AuG), da dieser zu einem nicht bekannten Zeit- punkt wieder in die Schweiz eingereist ist. Gemäss eigenen Angaben hielt sich der Gesuchsgegner gelegentlich in Frankreich auf, um auf einem Bauernhof zu arbeiten. Nach Auffassung des Gesuchstellers wurde die Wegweisungs- verfügung trotz zwischenzeitlichen Verlassens der Schweiz nicht konsumiert. Der Gesuchsgegner habe sich nur jeweils kurzzeitig im Grenzgebiet Frankreich-Schweiz aufgehalten. Ein längerer Aufent- halt im Ausland sei nicht erstellt. 3.4. Dem kann nicht gefolgt werden. Verlässt ein Betroffener die Schweiz nachdem gegen ihn eine Wegweisungsverfügung erging und wird er später wegen rechtswidriger Einreise verurteilt, wäre es widersprüchlich, im migrationsrechtlichen Verfahren davon auszu- gehen, er habe die Schweiz nicht verlassen. Nach dem Gesagten ist davon auszugehen, dass der Gesuchsgegner die Schweiz verlassen hat, nachdem er durch das BFM aus der Schweiz weggewiesen wor- den war. Der entsprechende Wegweisungsentscheid wurde damit konsumiert und kann nicht erneut Grundlage für eine migrations- rechtliche Administrativhaft bilden. 2016 Migrationsrecht 141 3.5. Da bislang keine weitere Wegweisung gegen den Gesuchsgeg- ner erging, ist die angeordnete Durchsetzungshaft bereits mangels rechtskräftigen Wegweisungsentscheids nicht zu bestätigen. 4. Im Übrigen wäre die Anordnung einer Durchsetzungshaft auch aufgrund ihres subsidiären Charakters zur Anordnung einer Aus- schaffungshaft zu verweigern. Wie die Vorinstanz richtig bemerkt hat, scheiterte die Ausschaf- fung des Gesuchsgegners sowohl mittels unbegleiteten wie auch be- gleiteten Rückflugs. Zudem musste ein bereits gebuchter Rückflug annulliert werden, da der Gesuchsgegner seine Bereitschaft zur Rückkehr widerrufen hatte. Aufgrund der erheblichen Zeitspanne, die zwischen den letzten Ausschaffungsversuchen und der Anordnung der Durchsetzungshaft liegt, kann auf die Ausschaffungsversuche im heutigen Zeitpunkt nicht mehr abgestellt werden. Vielmehr ist zunächst erneut zu ver- suchen, den Gesuchsgegner mittels unbegleiteten und gegebenenfalls begleiteten Rückflugs auszuschaffen. Erst wenn dies aufgrund des persönlichen Verhaltens des Gesuchsgegners scheitert, liegt ein Voll- zugshindernis im Sinn von Art. 78 Abs. 1 AuG vor und ist die Anord- nung einer Durchsetzungshaft gerechtfertigt.
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2003 Verwaltungsgericht 116 [...] 34 Kanalisationsanschlussgebühr. - Abgabeschuldner, wenn zwischen Baubewilligung (mit vorläufiger Abgabenerhebung) und definitiver Abgabenerhebung nach der Fest- setzung des Brandversicherungswertes ein Eigentümerwechsel erfolgt. Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 28. Oktober 2003 in Sachen Baukonsortium B. gegen Entscheid des Baudepartements. 2003 Abgaben 117 Aus den Erwägungen 3. a) Die einmaligen Kanalisationsanschlussgebühren (§ 34 Abs. 1 lit. a des Abwasserreglements der Gemeinde S. [AR] vom 30. November 1990) betragen für Mehrfamilienhäuser 4 % des Brandversicherungswertes einschliesslich Zusatz- und Teuerungszu- satzversicherungen (§ 39 Abs. 2 lit. b AR) und werden wie folgt erhoben: Der Gemeinderat erhebt bei der Erteilung der Bau- bzw. Anschlussbewilligung eine Vorauszahlung für die mutmassliche An- schlussgebühr auf Grundlage der geschätzten Baukosten (§ 35 Abs. 1 AR; nachfolgend als erste Abgabenverfügung bezeichnet). Nach der definitiven Schätzung der Baute durch das AVA erlässt der Gemeinderat die "bereinigte Zahlungsverfügung" (§ 35 Abs. 2 AR; nachfolgend: zweite Abgabenverfügung). Schuldner der Abgaben ist gemäss § 37 Abs. 1 AR "der jeweilige Grundeigentümer". Diese Regelung, die im Normalfall, wenn der Grundeigentümer auch Bauherr ist und zwischen Baubewilligung und Abgaben- erhebung kein Eigentümerwechsel erfolgt, unproblematisch sein mag, ermangelt der Klarheit, wenn das Baugrundstück verkauft wird, bevor die Erhebung der Kanalisationsanschlussgebühr abgeschlossen ist, und muss für diesen Sachverhalt ausgelegt werden. Für die Vorauszahlung (erste Abgabenverfügung) ist die Ertei- lung der Bau- bzw. Anschlussbewilligung zeitlich massgeblich. Es kann hier offen gelassen werden, ob in jedem Fall der dannzumalige Grundeigentümer die Vorauszahlung schuldet (§ 35 Abs. 1 i.V.m. § 37 Abs. 1 AR) oder gegebenenfalls der Bauherr. Für die definitive Festsetzung der Kanalisationsanschlussgebühr (zweite Abgabenver- fügung) scheint es auf den ersten Blick auf das Eigentum im Zeit- punkt der Schätzung durch das AVA oder der zweiten Abgabenverfü- gung anzukommen (§ 35 Abs. 2 i.V.m. § 37 Abs. 1 AR). Damit ent- stünde indessen ein Widerspruch zu den Grundlagen der Erhebung einer Kanalisationsanschlussgebühr. Der damals noch in Kraft ste- hende § 15 Abs. 1 EGGSchG schrieb den Gemeinden vor, Beiträge und Gebühren für die Erstellung, den Betrieb und den Unterhalt der öffentlichen Abwasseranlagen zu erheben, diese im kommunalen Abwasserreglement festzulegen und in Anwendung des Verursacher- 2003 Verwaltungsgericht 118 prinzips oder nach Vorteil abzustufen. Die Kanalisationsanschluss- gebühr soll als Gebühr oder Vorzugslast den Vorteil abgelten, der dem Grundeigentümer durch die Erstellung der Kanalisation und die Möglichkeit, daran anzuschliessen (als Voraussetzung für die Über- baubarkeit), erwächst (vgl. AGVE 2003 33, S. 112 f.; Ulrich Häfe- lin/Georg Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Auflage, Zü- rich/Basel/Genf 2002, Rz. 2647, 2650). Dieser Vorteil entsteht spätestens im Zeitpunkt des tatsächlichen Anschlusses. Dass dieser Gedanke auch dem AR zu Grunde liegt, kann zumindest aus § 36 Abs. 1 AR abgeleitet werden, wonach die 10-jährige Verjährungsfrist für einmalige Abgaben "beginnt, sobald der Abgabegrund eingetreten ist". Mit dem Eintritt des Abgabegrundes für die Anschlussgebühr kann einzig der Kanalisationsanschluss gemeint sein; mit der späteren Gebäudeschätzung des AVA wird nicht der Abgabegrund gesetzt, sondern die Grundlage für die Abgabenberechnung geschaf- fen. Demgegenüber lässt sich das Abstellen auf das Eigentum im Zeitpunkt der zweiten Abgabenverfügung sachlich kaum begründen und hätte zur Folge, dass der Schuldner bei einem Eigentümerwech- sel durch den Zufall bestimmt wird. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass der Grundeigentümer im Zeitpunkt des Kanalisati- onsanschlusses Schuldner der zweiten Abgabenverfügung ist. (Redaktionelle Anmerkung: Eine gegen diesen Entscheid erhobene staatsrechtliche Beschwerde hat das Bundesgericht am 3. Juni 2004 abgewiesen, soweit es darauf eingetreten ist [2P.311/2003]).
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2009 Verwaltungsrechtspflege 291 [...] 56 Alimentenbevorschussung; Beschwerdelegitimation - Fehlende Legitimation des Unterhaltsschuldners zur Anfechtung ei- ner Alimentenbevorschussung Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 30. Oktober 2009 in Sa- chen M.M. gegen das Bezirksamt Bremgarten (WBE.2009.303). Aus den Erwägungen 1. Die Beschwerde an das Verwaltungsgericht ist gemäss § 54 VRPG zulässig gegen letztinstanzliche Entscheide der Verwal- tungsbehörden. Gemäss § 58 SPG können Verfügungen und Ent- scheide der Sozialbehörden mit Beschwerde beim Bezirksamt ange- fochten werden (Abs. 1). Dessen Entscheid kann an das Verwal- tungsgericht weitergezogen werden (Abs. 2). Das Verwaltungsgericht ist somit zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig. Gerügt werden können nur die unrichtige oder unvollständige Sachverhaltsfeststellung sowie Rechtsverletzungen, nicht aber Er- messensfehler (§ 58 Abs. 4 SPG i.V.m. § 55 Abs. 1 VRPG). 2. 2.1. Gemäss § 42 lit. a VRPG ist zur Beschwerdeführung befugt, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutz- 2009 Verwaltungsgericht 292 würdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (mate- rielle Beschwer). Dieses Interesse kann rechtlicher oder auch bloss tatsächlicher Natur sein. Ein schutzwürdiges Interesse liegt vor, wenn die tatsächliche oder rechtliche Situation des Beschwerdefüh- rers durch den Ausgang des Verfahrens beeinflusst werden kann. Es besteht im praktischen Nutzen, den die erfolgreiche Beschwerde dem Beschwerdeführer eintragen würde, das heisst in der Abwendung eines materiellen oder ideellen Nachteils, den der angefochtene Entscheid für ihn zur Folge hätte (AGVE 2002, S. 279 f.; Michael Merker, Rechtsmittel, Klage und Normenkontrollverfahren nach dem aargauischen Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege [Kommentar zu den §§ 38-72 VRPG], Diss. Zürich 1998, § 38 N 129). Sodann muss die beschwerdeberechtigte Partei zusätzlich zum schutzwürdigen Interesse ein aktuelles und praktisches Interesse an der Beschwerdeführung dartun (AGVE 1998, S. 351). Damit soll sichergestellt werden, dass die rechtsanwendende Behörde konkrete und nicht bloss theoretische Fragen entscheidet (AGVE 1999, S. 353 mit Hinweisen). Die Legitimation zur Beschwerde ist eine Sachurteilsvorausset- zung und von Amtes wegen zu prüfen. Die Prüfung umfasst das Vor- liegen der Sachurteilsvoraussetzungen im vorinstanzlichen Verfahren (Merker, a.a.O., Vorbem. zu § 38 N 3 f.). 2.2. 2.2.1. In Ziffer 1 der Verfügung vom 11. Mai 2009 gewährte der Ge- meinderat X. die Bevorschussung der Unterhaltsbeiträge. Adressatin dieser Anordnungen ist J.M., und nur im Verhältnis zu ihr hat die Ge- meinde ein Rechtsverhältnis begründet und gestaltet. Das SPG regelt in §§ 32 ff. (§§ 32 - 38) die Ausrichtung von Vorschüssen für den Unterhalt der Kinder, wenn die Eltern ihre Pflichten nicht erfüllen (Art. 293 Abs. 2 ZGB). Die Unterhaltsbeiträge werden vom Zivil- richter festgelegt, und ein vollstreckbarer Entscheid gegenüber dem zivilrechtlich zum Unterhalt Verpflichteten bildet eine Voraussetzung für die Bevorschussung (§ 33 lit. b SPG). Mit dem Urteil des Ge- richtspräsidiums Bremgarten vom 31. März 2009, worin sowohl die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber seinen Kindern als auch die 2009 Verwaltungsrechtspflege 293 Höhe des Unterhaltsanspruches festgelegt wurden, ist diese Voraus- setzung erfüllt. Gegen das Urteil des Bezirksgerichts Bremgarten vom 31. März 2009 wurde beim Obergericht des Kantons Aargau Beschwerde geführt. Gemäss § 298 Abs. 4 ZPO sind die im erstin- stanzlichen Urteil festgelegten Unterhaltsbeiträge sofort vollstreck- bar, sofern das Obergericht nichts anderes anordnet. Der Beschwer- deführer ist durch Ziffer 1 des Gemeinderatsbeschlusses in seinen Rechten und Pflichten nicht unmittelbar betroffen und besitzt im vorliegenden Verfahren auch keine Parteistellung. Ein Rechts- schutzinteresse des Beschwerdeführers an der Aufhebung der Bevor- schussung der Unterhaltsbeiträge für seine Kinder ist nicht auszu- machen. Er ist somit nicht legitimiert, Beschwerde gegen Ziffer 1 des Gemeinderatsbeschlusses vom 11. Mai 2009 einzureichen. Bei Ziffer 2 und Ziffer 3 des Gemeinderatsbeschlusses handelt es sich lediglich um Anweisungen an die Finanzverwaltung und nicht um Verfü- gungen, womit diese keine möglichen Anfechtungsobjekte nach § 41 VRPG darstellen. Bei Ziffer 4 handelt es sich um einen Hinweis, der sich an die Ehefrau richtet, und einen Verweis auf Rechts- vorschriften. Dieser weist ebenfalls keinen Verfügungscharakter auf und kann somit auch nicht mit einer Beschwerde angefochten wer- den. 2.2.2. Die Unterhaltsbeiträge, welche die Gemeinde X. bevorschusst hat, können nach § 37 Abs. 1 SPG vom unterhaltspflichtigen Eltern- teil zurückgefordert werden. Die geschuldete Unterhaltsleistung bleibt aber unabhängig von der Bevorschussung gleich hoch und richtet sich nach dem Urteil des Gerichtspräsidiums Bremgarten vom 31. März 2009 bzw. dem (noch zu ergehenden) Urteil der Beschwer- deinstanz. Durch die Bevorschussung entsteht keine neue Forderung gegenüber dem Unterhaltspflichtigen. Es findet lediglich ein Gläubi- gerwechsel statt, da die Gemeinde X. im Umfang der Bevorschus- sung von Gesetzes wegen Gläubiger der Unterhaltsbeiträge wird (Art. 289 Abs. 2 ZGB). Der mögliche Rahmen, in dem die Gemeinde X. zur Rückforderung berechtigt ist, wird von den Zivilurteilen fest- gelegt und verändert sich durch die Bevorschussung in keiner Weise. Die Alimentenbevorschussung ist daher kein Nachteil, den der Be- 2009 Verwaltungsgericht 294 schwerdeführer durch eine Beschwerde abwenden könnte. In einem zivilrechtlichen (Rück-) Forderungsverfahren der Gemeinde X. ge- gen den Beschwerdeführer kann dieser geleistete Zahlungen zur Verrechnung stellen und Einreden gegen den Bestand und die Höhe (Art. 81 Abs. 1 SchKG), nach Massgabe der ihm im rechtskräftigen Zivilurteil auferlegten Unterhaltsverpflichtung, vorbringen. 2.2.3. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass der Be- schwerdeführer in den eigenen Interessen durch die Verfügung des Gemeinderates X. nicht beeinträchtigt ist. Weder seine tatsächliche noch rechtliche Situation wird durch den Ausgang des Beschwerde- verfahrens beeinflusst. Er schuldet die vom Scheidungs- oder Ehe- schutzrichter festgesetzten Unterhaltsbeiträge, ob sie nun von der Gemeinde X. bevorschusst werden oder nicht. Ein praktischer Nut- zen, den eine erfolgreiche Beschwerde dem Beschwerdeführer ein- bringen kann, ist nicht ersichtlich (AGVE 2002, S. 279 f. mit Hin- weisen). Zusammenfassend fehlt dem Beschwerdeführer ein Rechts- schutzinteresse an der Aufhebung und Abänderung des Beschlusses vom 11. Mai 2009 und damit an der Aufhebung und Abänderung des angefochtenen Beschwerdeentscheids. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann somit nicht ein- getreten werden. 2.3. Die Sachurteilsvoraussetzungen der Vorinstanz müssen vom Verwaltungsgericht von Amtes wegen geprüft werden (siehe vorne Erw. 2.1). Die fehlende Legitimation des Beschwerdeführers (siehe vorne Erw. 2.2.3) betrifft auch die Sachurteilsvoraussetzung im Be- schwerdeverfahren vor der Vorinstanz. Die Vorinstanz ist dement- sprechend zu Unrecht auf die Beschwerde eingetreten. Der ange- fochtene Entscheid ist von Amtes wegen zu berichtigen. Aus verfah- rensökonomischen Gründen findet aber keine Rückweisung an die Vorinstanz statt (§ 49 VRPG).
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2012 Sozialhilfe 193 VI. Sozialhilfe 28 Unterstützungswohnsitz; Abschiebungsverbot - Der Nachweis des Wegzugs obliegt dem Gemeinwesen, das aus dem Wegzug Rechte ableitet, d.h. dessen Unterstützungspflicht mit dem Wegzug grundsätzlich erlischt. - Eine Abschiebung im Sinne von Art. 10 des Zuständigkeitsgesetzes kann auch bei der pflichtwidrigen Verweigerung von Sozialhilfe- leistungen vorliegen, welche eine unmittelbar bevorstehende Ob- dachlosigkeit verhindert hätten. Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 13. Dezember 2012 in Sa- chen Einwohnergemeinde A. gegen B., Regierungsrat und Gemeinderat C. (WBE.2012.261). Aus den Erwägungen 3.3.2. Das kantonale Sozialhilferecht und das ZUG definieren den Begriff des Wegzugs nicht näher. Negativ wird einzig festgelegt, dass bei zweifelhaftem Zeitpunkt eines Wegszugs der Zeitpunkt der polizeilichen Abmeldung gilt (§ 9 Abs. 2 ZUG). Thomet ist der An- sicht, wegziehen bedeute, dass eine Person nicht mehr an diesem Ort wohnhaft und niedergelassen sein wolle und nach Aufgabe der Un- terkunft mit ihrem Gepäck oder ihrem gesamten Hausrat das Kan- tonsgebiet bzw. die Gemeinde verlasse (Werner Thomet, Kommentar zum ZUG, Zürich 1994, Rz. 146). Die gleiche Auslegung verwendet auch das Handbuch Sozialhilfe des Kantonalen Sozialdienstes (KSD) (Kapitel 4, Ziff. 4.4.4, S. 26). Unterhält eine bedürftige Person gleichzeitig zu mehreren Orten persönliche Beziehungen, so ist der Ort mit den intensivsten Beziehungen zu ermitteln und massgebend, 2012 Verwaltungsgericht 194 d.h. der Mittel- oder Schwerpunkt der Lebensbeziehungen (Thomet, a.a.O., Rz. 98 mit Hinweis). Der Nachweis des Wegzugs obliegt dem Gemeinwesen, das aus dem Wegzug Rechte ableitet, d.h. dessen Unterstützungspflicht mit dem Wegzug des Bedürftigen (grundsätzlich) erlischt (vgl. Thomet, a.a.O., Rz. 151). Vorliegend hat somit die Beschwerdeführerin zu beweisen, dass die Beschwerdegegnerin aus der Gemeinde A. weg- gezogen ist. Aufgrund der Bestimmungen im ZUG und SPG ist dabei unbeachtlich, ob die Beschwerdegegnerin in C. einen neuen Unterstützungswohnsitz begründete (kein fiktiver Wohnsitz). Ist eine unterstützte Person weggezogen, ohne einen neuen Wohnsitz zu begründen, obliegt die allfällige Unterstützungspflicht der Gemeinde am Aufenthaltsort (§ 6 Abs. 1 SPG; vgl. zur Regelung im ZUG: Ur- teil des Bundesgerichts vom 5. Juli 2010 [8C _ 223/2010], Erw. 3.1). 3.3.3. (...) 4. 4.1. Das Abschiebungsverbot des ZUG richtet sich an alle Behörden und verbietet, den Wegzug aus dem Wohnkanton bzw. der Wohn- gemeinde zu veranlassen. Verboten ist insbesondere, den Bedürftigen aus dem Kanton bzw. der Gemeinde wegzuweisen oder ihn durch behördliche Schikanen zum Wegzug zu bewegen. Nach dem Wort- laut von Art. 10 Abs. 1 ZUG ist es hingegen erlaubt, einen im In- teresse des Bedürftigen liegenden Wegzug zu veranlassen (vgl. Thomet, a.a.O., Rz. 156 ff.). Bei Widerhandlungen gegen dieses Verbot bleibt der Unterstützungswohnsitz des Bedürftigen am bishe- rigen Wohnort so lange bestehen, als er ihn ohne den behördlichen Einfluss voraussichtlich nicht verlassen hätte, längstens aber wäh- rend fünf Jahren (Art. 10 Abs. 2 ZUG). 4.2. - 4.4. (...) 4.5. 4.5.1. Unter einer Abschiebung ist ein behördliches Verhalten zu ver- stehen, das darauf ausgerichtet ist, den Wegzug eines Bedürftigen zu bewirken, obschon dieser nicht in dessen Interesse liegt. Solches Verhalten kann darin bestehen, dass die Behörde im eigenen Inter- 2012 Sozialhilfe 195 esse auf unfaire Weise aktiv wird, sei es, dass sie auf Vermieter oder Arbeitgeber des Bedürftigen Einfluss nimmt, sei es, dass sie dem Bedürftigen für den Fall, dass er wegzieht, finanzielle oder andere Vorteile in Aussicht stellt. Möglich ist auch, dass die Behörde dem Bedürftigen mit Nachteilen droht für den Fall, dass er den Unterstüt- zungswohnsitz nicht aufzugeben gedenkt. Auch die pflichtwidrige Verweigerung betreuender Sozialhilfe kann den Zweck haben, einen Bedürftigen zum Wegzug zu veranlassen (vgl. Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 22. Januar 2009 [B 2008/95], Erw. 2.2.2.1). 4.5.2. Zuständig und zur wirksamen Hilfeleistung verpflichtet ist die Gemeinde am Unterstützungswohnsitz, bei Personen ohne Unterstüt- zungswohnsitz und im Notfall die Gemeinde am Aufenthaltsort der Hilfe suchenden Person (§ 6 Abs. 1 SPG). Die Notfallhilfe umfasst die sofortige Hilfe in Notfallsituationen, insbesondere bei Erkran- kung, Unfall und plötzlicher Mittellosigkeit (§ 5 Abs. 1 Satz 1 SPV; vgl. auch Felix Wolffers, Grundriss des Sozialhilferechts, 2. Aufl., Bern 1999, S. 54). 4.5.3. Die Beschwerdegegnerin hatte ihren Unterstützungswohnsitz bis zur Zwangsräumung ihrer Wohnung und dem daraus folgenden Wegzug in der Gemeinde A.. Die Beschwerdeführerin war somit verpflichtet, der Beschwerdegegnerin Sozialhilfeleistungen nach § 3 SPV auszurichten. 4.5.4. Wie die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid und das De- partement Gesundheit und Soziales (DGS) in der Beschwerdeantwort zu Recht ausführen, mussten der Beschwerdeführerin nach der Vorsprache auf der Gemeindekanzlei und der Gesuchseinreichung tags darauf die Notlage und Hilfsbedürftigkeit der Beschwerdegeg- nerin bekannt sein. Im Gesuch um Sozialhilfe und Errichtung einer vormundschaftlichen Massnahme brachte diese klar zum Ausdruck, dass sie unverzüglich Hilfe im Form von Obdach, Betreuung und gegebenenfalls finanziellen Mitteln benötigt. Wenn die Beschwerde- führerin darzulegen versucht, dass sie keine Kenntnis von einer psy- 2012 Verwaltungsgericht 196 chischen Krankheit der Beschwerdegegnerin hatte, so kann diesen Ausführungen im Hinblick auf die Leistung von Nothilfe keine ent- scheidende Bedeutung zukommen. Aufgrund des gestellten Gesuchs um Errichtung einer vormundschaftlichen Massnahme und den Ausführungen der Beschwerdegegnerin, wonach sie über keine aus- reichenden Mittel mehr verfüge und über die Schulden keinen Über- blick mehr habe, verfangen auch die Ausführungen zu deren Eigen- verantwortung nicht. Es trifft zwar zu, dass die Beschwerdegegnerin zeitweise nicht erreichbar und die Kontaktnahme daher erschwert war. Nachdem die Tochter aber zusammen mit der Beschwerdegeg- nerin auf der Gemeindekanzlei vorgesprochen hatte, konnte die So- zialbehörde nicht mehr darauf vertrauen, dass die nötige Unterstüt- zung der Beschwerdegegnerin zukommen würde. Die Beschwerde- gegnerin hatte ihren Unterstützungswohnsitz in A., weshalb die Be- schwerdeführerin zur Ausrichtung von materieller Hilfe, insbeson- dere der Vermittlung eines Obdachs im Sinne von Nothilfe, zuständig war. Jedenfalls konnte in dieser Situation nicht ausreichen, ein ge- stelltes Gesuch um materielle Hilfe zur Nachreichung von Unter- lagen per Post zu retournieren. Angesichts der unmittelbar bevor- stehenden Ausweisung aus der Mietwohnung und dem damit not- wendigerweise verbundenen Transport von Utensilien überzeugen auch die Ausführungen nicht, wonach noch genügend Zeit zur Ein- leitung notwendiger Massnahmen bestanden habe. Die von der Be- schwerdeführerin erbrachten Beratungen und Betreuungen "entspre- chend den Umzugsabsichten" wurden der Notsituation der Be- schwerdegegnerin nicht gerecht. Aus den Ausführungen in der Be- schwerde folgt vielmehr, dass die Beschwerdeführerin der Beschwer- degegnerin geraten hat, das Gesuch um materielle Hilfe am neuen Wohnort einzureichen, sobald diese wisse, wohin sie ziehen werde. Bereits daraus erhellt, dass die Beschwerdeführerin nicht davon ausging, dass der Beschwerdegegnerin eine Unterkunft zur Verfü- gung stand. Dem DGS ist im Übrigen zuzustimmen, wenn es aus- führt, dass es nach der Vorsprache auf der Gemeindekanzlei nicht um eine längerfristige Wohnmöglichkeit ging, sondern um eine kurz- bis mittelfristige Lösung im Sinne einer Notunterkunft. Dabei war eine allfällige Absichtsbekundung der Beschwerdegegnerin, aufgrund der 2012 Sozialhilfe 197 Notlage aus A. wegzuziehen, unerheblich. Dies muss umso mehr gelten, als nach Ansicht der Beschwerdeführerin schlechte Aussich- ten bestanden, in A. eine neue Mietwohnung zu finden. (...) 4.5.5. Es ist somit festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin die Ge- währung von Sozialhilfeleistungen, welche insbesondere in der Ver- hinderung unmittelbar bevorstehender Obdachlosigkeit bestand, pflichtwidrig verweigert hat. Auch die in § 8 SPG vorgesehene Beratung und Betreuung beschränkte sich auf eine Verweisung an die Jugend- und Familienberatung und muss als ungenügend bezeichnet werden. Nach den Ausführungen der Beschwerdegegnerin waren diese Umstände für den Wegzug aus der Gemeinde ursächlich. Damit haben die Vorinstanzen das Vorliegen einer Abschiebung im Sinne von Art. 10 ZUG zu Recht bejaht.
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2003 Verwaltungsgericht 128 [...] 39 Steuerbilanz. Berichtigung. - Massgeblichkeit der Werte in der Steuerbilanz bei künftigen Veranla- gungen (Erw. 2/b). - Berichtigung ist zulässig bei offenkundigem Widerspruch zwischen dem Berechnungsergebnis in den Erwägungen und der Übernahme ins Dispositiv (Erw. 2/a). - Wenn die Berichtigung in der Steuerperiode, in der sie vorzunehmen wäre, keine direkten Auswirkungen zeitigt, kann sie stattdessen in der Folgeperiode erfolgen (Erw. 2/a). 2003 Kantonale Steuern 129 Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 9. April 2003 in Sa- chen A.W. gegen Entscheid des Steuerrekursgerichts. Zur Publikation vorge- sehen in StE 2004. Aus den Erwägungen 2. a) aa) Die Beschwerdeführer begannen 1990 mit der Buch- haltung. Bei der Veranlagung der Vorperiode 1991/92 wurden die Buchwerte in der Eröffnungsbilanz geprüft und per Ende 1990 im Einspracheverfahren wie folgt formell festgesetzt: ... Betriebsge- bäude Fr. 350'509.--. bb) Im damaligen Rekurs- und Beschwerdeverfahren waren diese Werte streitig und wurden durch das Steuerrekursgericht und das Verwaltungsgericht bestätigt. Allerdings war der Steuerkommis- sion ein Fehler unterlaufen. Sie hatte den Eingangs-Buchwert der Betriebsgebäude auf Fr. 350'509.-- berechnet und davon im Jahr 1990 Abschreibungen zu Lasten des steuerbaren Einkommens in Höhe von Fr. 14'020.-- zugelassen. Versehentlich setzte sie im Dis- positiv ihres Einspracheentscheides vom 8. Juli 1999 den Buchwert der Betriebsgebäude per 31. Dezember 1990 ebenfalls auf Fr. 350'509.-- (statt Fr. 336'489.--) fest, was das Steuerrekursgericht übersah und das Verwaltungsgericht aus verfahrensrechtlichen Gründen (§ 152 Abs. 2 aStG; § 43 Abs. 2 VRPG) nicht korrigieren konnte. cc) Gemäss § 172 aStG können rechtskräftige, mit einem Be- rechnungs- oder Ausfertigungsfehler behaftete Verfügungen und Entscheide der Steuerbehörden und der Steuerjustizbehörden auf Antrag des Steuerpflichtigen oder von Amtes wegen berichtigt wer- den (Abs. 1); zu wenig entrichtete Beträge sind nachzufordern, zu viel bezahlte Beträge zurückzuerstatten (Abs. 2). Das Steuerrekurs- gericht hat ausgeführt, der offenkundige Widerspruch zwischen Be- gründung und Dispositiv des Einspracheentscheides vom 8. Juli 1999 sei der Berichtigung zugänglich und könne somit auch vorfrageweise in der Folgeperiode, also im vorliegenden Verfahren, korrigiert wer- den. 2003 Verwaltungsgericht 130 Wenn es darum geht, dass die Veranlagung in einer bestimmten Steuerperiode zu berichtigen wäre, dort allerdings keine direkten Auswirkungen zeitigt (sodass keine Nachforderung oder Rückerstattung gemäss § 172 Abs. 2 aStG in Frage steht), sondern erst in der Folgeperiode, ist es aus verfahrensökonomischen Gründen zuzulassen, dass auf die formelle Berichtigung in derjenigen Periode, wo der Fehler passierte, verzichtet und statt dessen die Berichtigung vorfrageweise im Verfahren der Folgeperiode vorgenommen wird; dem Steuerrekursgericht ist in dieser Hinsicht beizupflichten. Aller- dings darf dies nicht zu einer erleichterten Berichtigung führen; die Voraussetzungen für die Berichtigung der (seinerzeitigen) fehlerhaf- ten Veranlagung müssen erfüllt sein. Berechnungs- oder Ausfertigungsfehler im Sinne von § 172 aStG, die berichtigt werden können, liegen dann vor, wenn es sich nicht um Fehler in der Willensbildung, sondern um Fehler im Aus- druck handelt, wenn also das, was die Behörde beschlossen hat, durch einen Berechnungs- oder einen Übertragungsfehler, ein Schreibversehen o.ä. unzutreffend wiedergegeben wird, wenn, um ein anschauliches Bild zu gebrauchen, der Mangel mit der Hand- und nicht mit der Kopfarbeit zusammenhängt (vgl. dazu § 78 aStGV; AGVE 1997, S. 233 = StE 1998, B 97.11 Nr. 15, Erw. 2, mit Hin- weisen; Bernhard Meier, in: Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, Muri/BE 1991, § 172 N 1 ff.). Der Einspracheentscheid vom 8. Juli 1999 im Verfahren betreffend die Steuerperiode 1991/92 basierte auf einem umfassenden Bericht des Landwirtschaftlichen Fachbeamten des KStA vom 1. März 1999, der ausdrücklich als Bestandteil des Einspracheentscheids bezeichnet wurde. In diesem Bericht wurde der Buchwert der Betriebsgebäude per 1.1.1990 mit Fr. 350'509.-- und, unter Berücksichtigung der 1990 zugelassenen Abschreibungen von Fr. 14'020.--, per 31.12.1990 korrekt mit Fr. 336'489.-- errechnet. In die Anträge, wie die Buchwerte per Ende 1990 festzusetzen seien, kam trotzdem der Betrag von Fr. 350'509.--. Aus dem Zusammen- hang ergibt sich, dass es sich um einen Übertragungsfehler handelt, der eine offenkundige Diskrepanz zwischen der Begründung und dem Antrag zum Dispositiv (der im Einspracheentscheid unkorrigiert übernommen wurde; siehe vorne Erw. aa) zur Folge hatte. Dem 2003 Kantonale Steuern 131 Steuerrekursgericht ist zuzustimmen, dass unter diesen Umständen eine Berichtigung zulässig ist. Der massgebliche Buchwert der Be- triebsgebäude per 31. Dezember 1990 beträgt Fr. 336'489.--. b) Mit der formellen, rechtskräftigen Festsetzung werden Buchwerte verbindlich. Soweit sie von der Handelsbilanz abweichen und diese nicht korrigiert wird, kommt es diesbezüglich zu einer Korrekturaufstellung mit den steuerlich massgeblichen Werten (sog. Steuerbilanz), die bei künftigen Veranlagungen massgeblich sind (Ernst Känzig, Die direkte Bundessteuer [Kommentar], II. Teil, 2. Auflage, Basel 1992, Art. 49 N 400 ff.; Ernst Höhn/Robert Wald- burger, Steuerrecht, Band II, 9. Auflage, Bern/Stuttgart/Wien 2002, § 46 Rz. 19 f.). Per 1. Januar 1991 und für die in den Bemessungs- jahren 1991/92 möglichen Abschreibungen sind somit die oben ange- führten Buchwerte verbindlich.
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2013 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 346 [...] 55 Verfahrenserledigung nach VRPG durch Vergleich bzw. Vereinbarung; Prüfung der Gesetzmässigkeit Urteil des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 11. Juni 2013 in Sachen A. und B. gegen Gemeinderat C. und Departement Bau, Verkehr und Umwelt (WBE.2012.378/379). Aus den Erwägungen 2. Die Beschwerdeführer und die Einwohnergemeinde C. haben sich über die strittige Kanalisation und die Schadenskosten im Rah- men eines Mediationsverfahrens geeinigt und eine schriftliche Ver- einbarung abgeschlossen. Diese Vereinbarung lautet wie folgt: (...) Diese Vereinbarung soll, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sowie der Verfügung des Gemeinderats C. vom 23. Jan- uar 2012, zum Urteil erhoben werden. 3. 3.1. § 19 VRPG bestimmt unter der Marginalie "Vergleich": Er- scheint eine einvernehmliche Lösung als vorteilhaft, sind die Behör- den zum Abschluss von Vergleichen berechtigt; die öffentlichen Inte- ressen sind zu beachten (Abs. 1). Das Verfahren wird durch Sachent- scheid abgeschlossen (Abs. 2). Darüber hinaus enthält § 17 VRPG mit dem Titel "Untersuchung von Amtes wegen" folgenden Absatz 3: Besteht über einen Sachverhalt Unsicherheit, kann diese mit Einver- ständnis aller Parteien durch Vereinbarung über den dem Entscheid zugrunde zu legenden Sachverhalt beseitigt werden; die öffentlichen Interessen sind zu beachten. 2013 Verwaltungsrechtspflege 347 3.2. Der Zulässigkeit von Vergleichen im öffentlichen Recht sind aufgrund des Legalitätsprinzips Grenzen gesetzt, die das Bundesge- richt in BGE 138 V 149 f. Erw. 2.4 wie folgt umschreibt: "Ist der Vergleich im Gesetzesrecht zugelassen, so wird aber damit den Par- teien bei ungewisser Sach- oder Rechtslage die Befugnis eingeräumt, ein Rechtsverhältnis vertraglich zu ordnen, um die bestehende Rechtsunsicherheit zu beseitigen. Dabei und damit wird in Kauf ge- nommen, dass der Vergleichsinhalt von der Regelung abweicht, zu der es bei umfassender Klärung des Sachverhalts und der Rechtslage gekommen wäre. Ein Vergleich ist somit zulässig, soweit der Verwal- tung ein Ermessensspielraum zukommt sowie zur Beseitigung recht- licher und/oder tatsächlicher Unklarheiten." Das Verwaltungsgericht hat es in langjähriger Praxis zum alten Verwaltungsrechtspflegegesetz stets als zulässig erachtet, überein- stimmenden Anträgen der Beteiligten zur Erledigung des Verfahrens stattzugeben, sofern sich diese als gesetzmässig erweisen und allfälli- ge Zugeständnisse der Parteien sich innerhalb des Spielraumes hal- ten, den das Gesetz ohnehin gewährt, und sie nicht unzumutbar er- scheinen; nur in diesem beschränkten Rahmen ist im öffentlichen Recht Raum für "Vergleiche" (vgl. AGVE 1991, S. 383; 1982, S. 286 ff.; 1972, S. 285 f.). Nach dem klaren Wortlaut des VRPG ist das Verfahren auch bei einem abgeschlossenen Vergleich durch Sach- entscheid abzuschliessen (§ 19 Abs. 2 VRPG). 4. Zu überprüfen ist somit, ob sich die zwischen der Einwohnerge- meinde C. und den Beschwerdeführern sowie weiteren Privaten ab- geschlossene Vereinbarung im vorgenannten Rahmen hält. 4.1. In Ziffer 1 der Vereinbarung stellt die Gemeinde fest, Eigen- tümerin der Leitung (ohne die Hausanschlüsse) zu sein und deren Unterhalt zu übernehmen. Gemäss § 12 Abs. 1 des Abwasserreglements der Gemeinde C. (genehmigt von der Einwohnergemeindeversammlung am 17. Juni 2009) sind die Abwasseranlagen im Gebäude und die Leitungen bis und mit Anschluss an die öffentliche Kanalisation (Hausanschluss) 2013 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 348 vom Grundeigentümer zu erstellen, zu unterhalten und zu erneuern; sie verbleiben in seinem Eigentum. Angesichts dieser Bestimmung erscheint folgerichtig, dass die Kanalisation D.weg als öffentliche Kanalisation bezeichnet wird, welche im Eigentum der Gemeinde steht und deren Unterhalt sie zu übernehmen hat. Als Hausanschlüsse haben die Zuleitungen von den Häusern der Beschwerdeführer in die Kanalisation D.weg zu gelten. Mit der Übernahme des Unterhalts durch die Gemeinde entfällt auch die Rechtsgrundlage, den Be- schwerdeführern die streitigen Schadensanteile bzw. Unterhaltskos- ten von Fr. 2'670.55 aufzuerlegen. 4.2. Gemäss Ziffer 2 der Vereinbarung verzichtet die Gemeinde vollständig auf die Erhebung von Feinerschliessungsgebühren, da die Leitung ursprünglich durch Private bereits finanziert wurde. Präzisie- rend wird festgehalten, dass die Bestimmungen bezüglich Anpassun- gen im Sinne von § 31 des Erschliessungsreglementes bestehen blei- ben. Die Gebühren fallen zum Zeitpunkt der Realisierung an. Auch dieser Vereinbarungsteil entspricht den reglementarischen Vorgaben der Gemeinde C., welche Erschliessungsbeiträge für Ab- wasser in § 31 des Erschliessungsfinanzierungsreglements (vom 17. Juni 2009) regeln. Gemäss Anhang Seite 3 tragen die Grundei- gentümer die Kosten der Feinerschliessung zu 100 %. Wenn und so- weit im vorliegenden Fall die Leitung ursprünglich durch Private be- reits finanziert wurde, entfallen in der Tat Erschliessungsbeiträge für die Kosten der Feinerschliessung. Vorbehalten bleiben, worin in Zif- fer 2 der Vereinbarung auch hingewiesen wird, spätere Erschlies- sungsbeiträge bei Änderung bzw. Anpassung der bestehenden Ab- wasserleitung. 4.3. In Ziffern 3 und 4 der Vereinbarung regeln Gemeinde und Pri- vate die Verlegung der Verfahrens- und Anwaltskosten für die Be- schwerdeverfahren vor dem Departement Bau, Verkehr und Umwelt und vor Verwaltungsgericht. Diese Kostenregelung hält vor den §§ 29, 31 und 32 VRPG ohne Weiteres Stand und kann zum Urteil erhoben werden. Dem Umstand, dass das Verfahren zufolge Vergleichs mit geringerem Auf- 2013 Verwaltungsrechtspflege 349 wand erledigt werden kann, ist mit einer reduzierten Staatsgebühr Rechnung zu tragen (vgl. AGVE 2000, S. 346; § 23 VKD).
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2008 Verwaltungsgericht 268 [...] 47 Betriebskosten eines Motorfahrzeugs (§ 10 Abs. 5 lit. c SPV). - Eine kumulative Anwendung des Abzugs gemäss Satz 1 und die An- rechnung von eigenen Mitteln gemäss Satz 3 ist ausgeschlossen. Urteil des Verwaltungsgerichts, 4. Kammer, vom 23. Dezember 2008 in Sa- chen Einwohnergemeinde X. gegen das Bezirksamt Bremgarten (WBE.2008.315). Aus den Erwägungen 3. Vom Bedarf der Hilfe suchenden Person werden die Betriebs- kosten eines Motorfahrzeugs in Abzug gebracht, sofern dessen Be- nützung nicht beruflich oder krankheitsbedingt zwingend erforder- 2008 Sozialhilfe 269 lich ist (§ 10 Abs. 5 lit. c Satz 1 SPV). Ein durch Dritte zur Verfügung gestelltes Motorfahrzeug gilt als Naturalleistung, die ohne Vorliegen der erwähnten zwingenden Gründe als eigene Mittel angerechnet wird (Satz 3). Grund für den in § 10 Abs. 5 lit. c Satz 1 SPV vorgesehenen Abzug ist, dass die Finanzierung der Betriebs- und Unterhaltskosten eines Motorfahrzeugs zu einer Zweckentfremdung der materiellen Hilfe führen kann, d.h. dass durch den Betrieb des Autos einzelne Mitglieder einer Unterstützungseinheit (z.B. Kinder) wegen des Au- tobesitzes eines anderen Mitglieds (z.B. Vater) zu wenig Geld für den Lebensunterhalt zur Verfügung haben (vgl. Zeitschrift für Sozialhilfe [ZeSo] 1999, S. 122 mit Hinweis). Bei der Konstellation gemäss Satz 1 wird also die von der Sozialbehörde ausbezahlte materielle Hilfe für die Finanzierung der Betriebs- und Unterhaltskosten eines Motorfahrzeugs verwendet. Liegt ein Fall von Satz 3 vor, so werden die genannten Kosten durch Dritte bezahlt. In diesem Fall liegt na- turgemäss keine Zweckentfremdung der Sozialhilfe i.S.v. Satz 1 vor, weshalb Satz 3 aus Gründen der Rechtsgleichheit eine Aufrechnung vorsieht. Der Abzug gemäss Satz 1 und die Anrechnung von eigenen Mitteln gemäss Satz 3 regeln unterschiedliche Sachverhalte, weshalb eine kumulative Anwendung - entgegen der Einwohnergemeinde X. - ausgeschlossen ist.
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2013 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 124 [...] 26 Ausschaffungshaft; Verstoss gegen Einreiseverbot; sofortige Wegweisung; Verhältnismässigkeit Hält sich ein Drittstaatsangehöriger illegal in der Schweiz auf und verfügt er in einem Schengen-Staat über ein Aufenthaltsrecht, kommt Art. 64 Abs. 2 AuG zur Anwendung. Diesfalls ist in der Regel eine sofortige Weg- weisung möglich und der Betroffene ist formlos aufzufordern, sich unver- züglich in diesen Staat zu begeben. Sofern davon auszugehen ist, dass der formlosen Wegweisung Folge geleistet wird, erweist sich die angeordnete Haft als unverhältnismässig (Erw. 2.2.). Aus dem Entscheid des Einzelrichters des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 21. Oktober 2013 in Sachen Amt für Migration und Integration gegen A. (WPR.2013.161).
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