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Was tun als Opfer rechter Gewalt? | Rechtsextremismus | bpb.de
Fast jede Woche werden in Deutschland Menschen aus rechtsextremistischen Motiven, aus Hass gegen alles vermeintlich "Undeutsche" angegriffen. Diese Angriffe richten sich insbesondere gegen Menschen aus anderen Herkunftsländern, aber auch gegen Behinderte, Obdachlose oder alternative Jugendliche. Die Täter sind meist männliche Jugendliche, die rechtsextremen Cliquen angehören; aber solche Angriffe werden erst in einem gesellschaftlichen Klima möglich, das von Rassismus geprägt ist. Menschen, die dem typischen Querschnitt der Bevölkerung entsprechen, verweigern den Angegriffenen Hilfe oder werden durch rassistische Pöbeleien zu Teilnehmern. Es ist die "Mitte der Gesellschaft", aus der der Rassismus kommt... Die Betroffenen verstehen oft sehr genau, dass der Angriff nicht ihnen persönlich galt. Es trifft den einzelnen, angesprochen fühlen sich alle. Angst macht sich breit, viele sind eingeschüchtert und meiden die Orte, an denen sie befürchten angegriffen zu werden. Das kann ein Bahnhof nach Anbruch der Dunkelheit oder ein Platz vor dem Einkaufszentrum sein. Das Land wird durchzogen von "No-Go Areas" für die Gruppen potentieller Betroffener. Organisierten Rechtsextremisten kommt diese Entwicklung gelegen. Was aus der Sicht der Betroffenen "No-Go Areas" sind, nennen sie "national befreite Zonen". Sie meinen damit, dass sie es sind, ihre Kameradschaften und ihr soziales Umfeld, die die soziale Kontrolle ausüben, nicht mehr staatliche Institutionen. Sie streben die kulturelle und soziale Hegemonie vor Ort an. Dieser Kampf wird in fast jeder Schule, jedem Jugendclub, in vielen Dörfern und Stadtteilen geführt, und Rechtsextremisten erobern sich immer mehr Terrain. An vielen Orten ist der rechtsextreme Mainstream alternativlos. Rechts zu sein, ist Normalität. Wer keinen Ärger will, passt sich an. Aber Gewalt und Einschüchterung als Mittel zur Durchsetzung und Aufrechterhaltung rechter Hegemonie können nur Erfolg haben, weil Passanten, Sozialarbeiter, Eltern, Mitbürger passiv bleiben und wegsehen. Nichtangepasste Jugendliche, Menschen nicht-deutscher Herkunft, Aussiedler etc. werden nicht nur zusammengeschlagen, sondern sowohl während der Tat als auch danach, bleiben Solidarisierungsprozesse von "Nicht"-Beteiligten oft aus. Fehlende Solidarität mit Opfern motiviert Täter Das Ausbleiben von Solidarisierungsprozessen mit den Angegriffenen hat auch eine Wirkung auf die Täter. Es bestätigt ihre Vorstellung von einer heimlichen Zustimmung der Bevölkerung zu ihren Taten, oder es erweckt den Eindruck, dass die Gesellschaft Angst vor den rechten Schlägern hat. Es scheint, als ob sich niemand mit ihnen anlegen mag, als ob sie unangreifbar wären. Die Gefahr, die von ihnen ausgeht, wird nicht beim Namen genannt, sondern Vertreter der Stadt und der Polizei suchen sogar das Gespräch mit ihnen. Dieses Bild einer unangreifbaren Gegenmacht in der Stadt bestärkt dann nicht nur die Täter selbst, es wirkt auch attraktiv auf andere Jugendliche, bei denen sich ein demokratisches Selbstverständnis nicht durchgesetzt hat. Der "Erfolg" verschafft ihnen Zulauf. Wer möchte nicht auf Seiten der Gewinner stehen. In diesen Überlegungen zur Rolle von Gewalt, Macht und Angst für die Durchsetzung und Aufrechterhaltung rechter Hegemonie, wird klar, wie wichtig Solidarisierungsprozesse mit den Opfern rechtsextremer Gewalt sind, und dass ein Ausbleiben nicht nur Teil sondern die Voraussetzung eines "Rechtsrucks" in der Gesellschaft ist. Öffentliches Engagement gegen Rechtsextremismus und für die Betroffenen von rechter Gewalt kann helfen, den Einfluss rechter Ideologie zu vermindern, der rechten Gewalt die vermeintliche öffentliche Zustimmung zu entziehen und damit eine Schwächung rechter Machtpositionen bewirken. Dabei geht es nicht nur darum, Anteilnahme am Schicksal einzelner zu erwirken. Es geht auch darum, die mit Ausgrenzung von Menschen verbundene Gefahr für die gesamte Gesellschaft zu erkennen. Warum guter Rat? Die Arbeit der Beratungsprojekte für Opfer rechtsextremer Gewalt verortet sich vor diesem Hintergrund. Sie bietet den Betroffenen praktische Unterstützung u.a. bei der Durchsetzung ihrer Rechte und Möglichkeiten an und bestärkt sie darin, sich nicht in einer passiven Opferrolle einzurichten, sondern aktiv zu werden, gemeinsam Perspektiven zu entwickeln. Nur die wenigsten Betroffenen haben zuvor bereits Erfahrungen mit dem deutschen Rechtssystem gemacht. Sie fühlen sich mit ihren Ängsten und Fragen alleingelassen. Viele wissen sicher, dass der Angriff in Deutschland als eine Straftat gilt, als ein Verstoß gegen geltendes Recht und gesellschaftliche Normen. Und dass es daher die gesetzliche Aufgabe von Behörden wie Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten ist, diese Verletzung der Rechtsnorm zu verfolgen und die Täter zu bestrafen. Aber sie sind unsicher, was dies für sie bedeutet und welche Möglichkeiten sich für sie daraus ergeben. Strafverfahren In einem Strafverfahren klagt die Staatsanwaltschaft den Täter an, da er aufgrund seiner Straftat gegen die staatliche Rechtsordnung verstoßen hat. Der Täter, bzw. der "Tatverdächtige" darf sich allein oder mit Hilfe eines Anwalts verteidigen. Oft werden von Tätern Gegenanzeigen gestellt, nur um das Opfer zu verunsichern. In der Beweisaufnahme werden Zeugen und Sachverständige gehört und befragt. Staatsanwaltschaft und Verteidigung halten ein Plädoyer und das Gericht urteilt schließlich über Schuld oder Unschuld des Angeklagten und wählt Strafform und –höhe (Freiheitsstrafe, Geldstrafe etc.). Der Angegriffene tritt im Strafverfahren als "Opferzeuge" auf. Dies bedeutet, dass seine Aussage zwar wichtiges Beweismittel in der Beweisaufnahme sein kann, im Mittelpunkt des Verfahrens steht aber nicht sein Bedürfnis nach Wiedergutmachung, sondern die Feststellung des Rechtsbruchs. Was kann ich erwarten und was muss ich tun? Sie sind das Opfer eines rassistischen Angriffs geworden. Sie haben Anspruch darauf, 1.) dass die Straftat ans Licht kommt, 2.) dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden, 3.) dass Sie Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld erhalten. Dazu stehen Ihnen bestimmte Rechte zu, die Sie nutzen können. Weil der Angriff auf Sie aus Sicht des Staates eine Verletzung von Rechtsnormen ist, ist die Polizei dazu verpflichtet gegen die Täter zu ermitteln, bzw. eine Anzeige aufzunehmen. Wird die Polizei nicht gerufen, müssen Sie selbst den Angriff bei der Polizei anzeigen, wenn Sie wollen, dass die Täter verurteilt werden. Aufgrund Ihrer Anzeige muss die Polizei ermitteln, was passiert ist und wer die Angreifer waren. Ob die Angreifer dann in Untersuchungshaft genommen werden oder bis zum Prozess in Freiheit bleiben, entscheidet ein spezieller Richter. Anschließend beschließt die Staatsanwaltschaft, ob die Beweise gegen die Täter ausreichend sind und gibt den "Fall" an das Gericht weiter. Ein Gericht urteilt dann in einem Strafverfahren über die Schuld der Täter. In diesem Verfahren haben Sie die Rolle eines Tatzeugen. Zivilverfahren In einem Zivilverfahren geht es um direkte Forderungen des Opfers an den Täter. Dabei handelt es sich meist um Geldforderungen. Es ist empfehlenswert mit dem Zivilverfahren zu warten bis das Strafverfahren abgeschlossen ist und die Schuld der Täter eindeutig feststeht. Eine Klage auf Schmerzensgeld oder Schadensersatz kann bis spätestens drei Jahre nach der Tat eingereicht werden. Oft ist bei den Tätern finanziell nichts zu holen. Trotzdem ist die Klage auf Schmerzensgeld oder Schadensersatz nicht sinnlos, denn der "Rechtstitel", den man sich damit erwirbt, ist über viele Jahre einklagbar. Schäden, die Sie bei dem Angriff erlitten haben und für die Sie Wiedergutmachung wollen, spielen in einem Strafverfahren keine Rolle. Schadensersatz und Schmerzensgeld müssen Sie vielmehr in einem Zivilverfahren einfordern. 'Rassisten' haben Sie angegriffen Sie wurden von rassistischen Angreifern beleidigt, geschlagen, getreten. Vielleicht haben viele Menschen diesen Angriff mitbekommen aber niemand hat Ihnen geholfen. Vielleicht waren Sie ganz allein auf der Strasse oder gerade mit Freunden auf dem Weg nach Hause. Sie stellen sich nun die quälenden Fragen: Warum ist mir das passiert? Warum wurde ich angegriffen? Was habe ich den Angreifern getan? Warum hassen die mich? Auf diese Fragen gibt es nur eine Antwort: Sie haben nichts getan. Bei Ihnen liegt keine Schuld. In Deutschland werden immer wieder Menschen angegriffen, beschimpft oder bedroht, die in das Feindbild "nicht deutsch" eingeordnet werden. Die Zuordnungen zu diesem Feindbild richten sich rein nach äußerlichen Merkmalen wie Hautfarbe, Sprache oder Erscheinungsbild. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Opfer in Deutschland geboren und aufgewachsen oder erst später eingewandert sind. Sie werden von den Rassisten als "nicht dazugehörig" eingeordnet. In den meisten Fällen gehören die überwiegend jugendlichen Angreifer keiner organisierten rechten Gruppe an. Aber sie gehören zu rechten Cliquen, die niemanden akzeptieren wollen, der nicht in ihr Weltbild passt. Das beschränkt sich nicht auf Migranten und Flüchtlinge. Ihr Hass richtet sich auch gegen alternative Jugendliche, Behinderte, Homosexuelle und Obdachlose. Sie hassen alles, was ihnen kulturell fremd erscheint. Oft beschimpfen die Angreifer ihre Opfer, bevor sie gewalttätig werden. Es sind immer wieder die gleichen Provokationen: "Geh dahin, wo du her kommst!" - "Was willst du hier?" - "Du hast hier nichts zu suchen!" - "Das ist unser Land!" Ihr rassistisches Handeln wendet sich zwar gegen einzelne Personen, gemeint sind aber alle, die sie einer ihrer Feindgruppen zuordnen. Ihr Rassismus wird genährt durch politische Diskussionen sowohl von staatlicher Seite als auch an den Stammtischen. Die entsprechenden rassistischen Positionen kennzeichnen die öffentlichen Debatten über Asylgesetze, doppelte Staatsangehörigkeit, Einwanderungsbestimmungen oder auch Terrorismus. Die Täter wollen den Opfern klar machen, dass sie in dieser Gesellschaft nichts zu suchen hätten und als Menschen weniger wert sein sollen. Deshalb ist es wichtig zu verstehen, dass Sie selbst keine Schuld an dem Angriff haben. - Sie wurden angegriffen, die anderen sind die Angreifer.Es traf Sie - gemeint sind alle, die nicht in das Weltbild der Rassisten passen! Muss ich wirklich Anzeige stellen? Betroffene haben oft die Einstellung, dass eine Anzeige bei der Polizei keinen Sinn macht. Sie haben Angst, dass ihnen das Gericht nicht glaubt und die Tat verdreht dargestellt wird. Wir raten in den meisten Fällen dennoch dazu: Stellen Sie eine Anzeige! Für Entschädigungsforderungen wie Schmerzensgeld oder Schadensersatz ist eine Anzeige Voraussetzung. Aber auch darüber hinaus kann man mit einer Anzeige etwas erreichen: Eine Anzeige führt dazu, dass die Polizei gezwungen ist Ermittlungen anzustellen. Ohne eine Anzeige hat der Angriff für die Täter keinerlei negative Konsequenzen. Das ermutigt sie und andere rechte Jugendliche weiterzumachen. Kommt es nach einer Anzeige zur gerichtlichen Verurteilung der Tat, kann die Öffentlichkeit nicht mehr einfach verschweigen, dass es in der Stadt ein Problem mit rechten Jugendlichen und rassistischen Einstellungen der Bevölkerung gibt. Die gerichtliche Verurteilung des Angriffes kann dabei als Alarmsignal an die Verantwortlichen verstanden werden. Das weit verbreitete Schweigen über rassistische Einstellungen in der Bevölkerung einer Stadt oder gar über organisierte rechtsextreme Strukturen wird so zumindest erschwert. Es kommt manchmal vor, dass die Täter Sie anzeigen und behaupten, Sie hätten den Angriff provoziert. Eine eigene Anzeige ist in einem solchen Fall ein möglicher Schutz, weil die Polizei aufgrund Ihrer Anzeige ermitteln muss und damit der reale Ablauf der Tat aufgedeckt werden kann. Was bedeutet eine Anzeige und wie mache ich das? Eine Anzeige ist zunächst nichts weiter als eine Mitteilung an die Polizei, dass eine Straftat stattgefunden hat. Grundsätzlich können Sie die Anzeige direkt bei jeder Polizeidienststelle stellen. So können Sie zum Beispiel eine Tat, die in München stattgefunden hat auch in Hamburg zur Anzeige bringen. Sie können eine Anzeige jedoch auch schriftlich bei der Staatsanwaltschaft stellen. Bevor Sie eine Anzeige stellen, lassen Sie sich die Ereignisse noch einmal in Ruhe durch den Kopf gehen, damit Sie die Details möglichst genau wiedergeben können. Es kann auch hilfreich sein nicht alleine zur Polizei zu gehen und eine vertraute Person oder einen Mitarbeiter einer Opferberatungsstelle mitzunehmen. Sie können eine Anzeige auch noch bis zu drei Monaten nach einer Tat stellen. Dolmetscher Bei der Anzeigenaufnahme haben Sie grundsätzlich das Recht auf einen Dolmetscher in Ihrer Muttersprache, den die Polizei bezahlen muss. Sie sollten auf diesem Recht bestehen. Auch wenn Sie selbst Ihre Deutschkenntnisse für ausreichend halten, kann es gerade in ungewohnten und angespannten Situationen zu Missverständnissen kommen, die die Ermittlungen der Polizei erschweren. Ein Freund, der gut Deutsch spricht, kann Ihnen zwar bei einem ersten Gespräch mit der Polizei helfen, die schriftliche Aussage, die die Polizei dann von Ihnen zu Protokoll nimmt, muss allerdings von einem staatlich vereidigten Dolmetscher übersetzt werden. Die Polizei wird einen solchen Dolmetscher in der Regel telefonisch rufen. Falls Sie auf den Dolmetscher nicht warten können oder wollen, bitten Sie die Polizei, den Dolmetscher an einem anderen Tag zu bestellen und Ihnen entsprechend Bescheid zu sagen. Dann wird Ihre Aussage an einem der nächsten Tage aufgenommen. Die Polizei gibt Ihrer Anzeige eine Tagebuchnummer. Schreiben Sie sich diese Nummer auf und/oder lassen Sie sich eine Bestätigung der Anzeige geben. Wenn Sie sich später erkundigen wollen, was aus Ihrer Anzeige geworden ist, ist es hilfreich diese Nummer zu haben. Sie sollten sich auch klar darüber sein, dass eine einmal gestellte Anzeige später nicht mehr zurückgenommen werden kann. Die Tat wird selbst, wenn Sie Ihre Anzeige zurücknehmen, "von Amts wegen" verfolgt. Dies gilt nicht für Delikte, die die Polizei nur auf Antrag verfolgt. Für diese Taten ist es wichtig, explizit einen Strafantrag zu stellen. Da man bei einer Anzeigenaufnahme in der Regel noch nicht weiß, welchem juristischen Straftatbestand die Tat zugeordnet wird, sollte vorsorglich immer ein Strafantrag gestellt werden. Die Polizei ist dazu verpflichtet, Ihre Anzeige aufzunehmen. Sie hat nicht das Recht Sie unverrichteter Dinge wieder nach Hause zu schicken. Strafantrag Eine einfache, eine vorsätzliche und eine fahrlässige Körperverletzung sowie eine Beleidigung werden nur auf Strafantrag verfolgt. Auf dem Anzeigenformular, das die Polizei ausfüllt, sollte das entsprechende Kästchen angekreuzt werden. Ein Strafantrag kann auch schriftlich bis zu drei Monate nach der Tat erfolgen. Sollte es vorkommen, dass die Polizei Ihre Anzeige nicht aufnimmt, Ihnen einen Dolmetscher verweigert oder Ihnen eine schriftliche Anzeigenbestätigung nicht aushändigen will, so haben Sie das Recht, sich zu beschweren und/oder zu einer anderen Polizeidienststelle zu gehen. Was mache ich, wenn die Täter mich anzeigen, weil ich mich gewehrt habe? Wenn Sie angegriffen werden, haben Sie gesetzlich das Recht, sich angemessen in Notwehr zur Wehrzu setzen. Vor Gericht kann Ihnen das nicht zum Nachteil ausgelegt werden. Deshalb brauchen Sie keine Angst zu haben, bei der polizeilichen Vernehmung bei der Wahrheit zu bleiben. Wenn Sie sich allerdings unsicher sind, ob Ihre Verteidigung als "angemessen" angesehen werden würde, wenden Sie sich an einen Anwalt oder an eine Opferberatungsstelle. Wenn die Täter Sie anzeigen - ob Sie sich nun gewehrt haben oder ob die Täter dies nur behaupten, um von Ihrer eigenen Schuld abzulenken - und Sie werden von der Polizei als Beschuldigter geladen, gilt generell, dass Sie zu einer Vernehmung bei der Polizei nicht erscheinen müssen. In einem solchen Fall ist es am besten abzuwarten, ob die Staatsanwaltschaft Sie vorlädt oder die Anzeige gegen Sie fallen lässt. Zu einer Vorladung bei der Staatsanwaltschaft müssen Sie allerdings erscheinen. Spätestens dann sollten Sie einen Rechtsanwalt mit der Angelegenheit beauftragen. Gedächtnisprotokoll Um später bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder vor dem Gericht den Angriff so genau wie möglich wiedergeben zu können, ist es ganz wichtig, sich genaue Notizen darüber zu machen, was passiert ist. Schreiben Sie deshalb ein "Gedächtnisprotokoll". Sie denken jetzt vielleicht, dass Sie den Angriff nie vergessen werden. Es zeigt sich jedoch immer wieder, dass man sich nach einem halben oder einem Jahr, wenn es zum Prozess kommt, doch nicht mehr an jedes Detail erinnern kann. Ein Gedächtnisprotokoll kann dabei eine wichtige Hilfe sein. Schreiben sie die Ereignisse möglichst in den ersten Tagen nach dem Angriff auf, wenn die Erinnerung noch frisch ist. Da das Protokoll vor allem Ihnen selbst als Hilfe dient, um sich später besser zu erinnern, sollten sie es in ihrer eigenen Sprache und allein schreiben, nicht mit Freunden. Wenn sie gemeinsam mit anderen angegriffen wurden, ist es sinnvoll, wenn alle Betroffenen eigene Gedächtnisprotokolle schreiben. Denn später bei der Polizei oder vor Gericht wird nur danach gefragt werden, was Sie selbst erlebt haben und nicht, was andere Ihnen berichtet haben. In diesem Protokoll sollte so detailliert wie möglich alles festgehalten werden, was sich während der Tat ereignet hat. Sie können sich beim Schreiben an folgenden Fragen orientieren: Wie kam es zum Angriff? Wo und wann geschah es? Wer waren die Täter, wie sahen sie aus? Wer von den Tätern hat was gemacht? Gibt es Zeugen und wer? Wie haben Sie sich verhalten? Wenn Sie das Gedächtnisprotokoll geschrieben haben, bewahren Sie es gut auf. Das Protokoll dient Ihnen zur Erinnerung! Es ist nur für Sie und vielleicht Ihren Anwalt bestimmt. Sie sollten es nicht der Polizei oder dem Gericht geben. Am besten nehmen Sie es bei einer Vorladung gar nicht mit, sondern lesen es sich noch einmal durch, bevor Sie zur Polizei oder zum Gericht gehen. Was sollte ich noch tun? Waren Sie bisher noch nicht bei einem Arzt, kann es sinnvoll sein, dies so schnell wie möglich zu tun und sich körperliche Schäden attestieren zu lassen. Auch eigene Fotos von sichtbaren Schäden, wie Platzwunden oder Blutergüssen, können später vor Gericht eine Rolle spielen. Außerdem sollten Sie sich materielle Schäden genau notieren und Rechnungen, über Kosten, die Ihnen im Zusammenhang mit dem Angriff entstanden sind, gut aufbewahren, damit Sie später im Zivilverfahren einen Nachweis darüber haben. Sie müssen sich darauf einstellen, dass es lange Zeit dauert bis es zu einer Verurteilung der Täter kommt. Spätestens jetzt ist es Zeit, sich über die eigenen Rechte zu informieren und eventuell eine Opferberatungsstelle aufzusuchen. Sie kann Ihnen bei der Bewältigung des Angriffes zur Seite stehen und Ihnen neben rechtlichen Hinweisen Anregungen geben, wo Sie weitere finanzielle Hilfen erhalten können. Einstellung des Verfahrens Sieht der Staatsanwalt keine Möglichkeit Anklage zu erheben, weil zum Beispiel die Täter nicht auszumachen sind oder die Beweise nicht ausreichen, wird das Verfahren eingestellt. Ist ein Strafantrag gestellt worden, wird das Opfer über die Einstellung informiert. Das Opfer (und jeder andere) hat das Recht dagegen eine Dienstaufsichtsbeschwerde einzulegen. Diese wird formlos an den Generalstaatsanwalt gerichtet. Wurde das Opfer bei einem Angriff verletzt, kann ein Klageerzwingungsverfahren angestrengt werden. Was macht die Polizei? Nachdem Sie die Tat angezeigt haben, ist es die Aufgabe der Polizei zu ermitteln. Sie sucht nach den Tätern und nach weiteren Zeugen und befragt sie. Es kann durchaus sein, dass Sie während der polizeilichen Ermittlungen noch einmal als Zeuge befragt werden. Wenn Sie die Täter vielleicht wieder erkennen würden und dies bei der Polizei angeben, werden Ihnen die Beamten wahrscheinlich Fotos zur Identifizierung zeigen. In seltenen Fällen bittet Sie die Polizei, eventuelle Täter bei einer Gegenüberstellung zu identifizieren. Möchten Sie eine solche Begegnung aus dem Weg gehen, sollten Sie von der Polizei fordern, Ihnen stattdessen Fotos der Verdächtigen vorzulegen. Wie zu jedem Termin bei der Polizei, können Sie auch bei einer Gegenüberstellung einen Freund, einen Mitarbeiter einer Beratungsstelle oder Ihren Rechtsanwalt mitnehmen. Falls Sie später noch Ergänzungen zu Ihrer Aussage machen wollen, selbst Zeugen gefunden oder neue Erkenntnisse über den Täter haben, können Sie das der Polizei jederzeit mitteilen. Nachdem die Polizei ihre Ermittlungen abgeschlossen hat, schickt sie das Ergebnis an die Staatsanwaltschaft. Was macht die Staatsanwaltschaft dann? Die Staatsanwaltschaft entscheidet, ob die Ermittlungen der Polizei ausreichend waren, ob weiter ermittelt wird oder ob das Verfahren z.B. "aus Mangel an Beweisen" eingestellt wird. Falls Sie von der Staatsanwaltschaft zu einer Zeugenvernehmung vorgeladen werden, sind Sie - anders als bei der Polizei - verpflichtet auszusagen. Wenn die polizeilichen und staatsanwaltlichen Ermittlungen endgültig abgeschlossen sind, entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob sie einen Strafbefehl bei Gericht beantragt oder das Verfahren direkt vor Gericht bringt. Die endgültige Entscheidung, ob ein Verfahren vor einem Gericht eröffnet wird, liegt dann beim zuständigen Richter. Strafbefehle Strafbefehle werden bei eher geringeren Straftaten ausgesprochen. Es findet dann keine Gerichtsverhandlung statt. Stattdessen entscheidet ein Richter über einen von der Staatsanwaltschaft beantragten Strafbefehl. Dieser wird dem Täter zugesandt. Dabei handelt es sich meistens um Bußgelder, die allerdings nicht an Sie sondern in der Regel an gemeinnützige Organisationen gehen. Wie lange dauert das ganze? Derzeit dauert ein Strafverfahren von der Tat bis zum Gerichtsprozess durchschnittlich ein bis eineinhalb Jahre. Ist der Täter in Untersuchungshaft, muss das Verfahren allerdings innerhalb von sechs Monaten eröffnet werden. Haben Sie das Gefühl, dass nach Ihrer Anzeige nichts passiert, dann können Sie sich über den Stand der Ermittlungen, bzw. des Verfahrens mit einer Sachstandsanfrage erkundigen oder eine Dienstaufsichtsbeschwerde verfassen. Dienstaufsichtsbeschwerde Möchte man sich beispielsweise über das Verhalten der Polizei beschweren, so kann man dies schriftlich beim Polizeipräsidium oder bei der zuständigen Staatsanwaltschaft tun. Das Ergebnis wird Ihnen dann mitgeteilt. Auch wenn auf diese Beschwerde zunächst nichts konkretes folgt, kann man doch davon ausgehen, dass derartigen Beschwerden in der Polizeibehörde genau nachgegangen und – zumindest bei Häufung von Beschwerden- die entsprechenden Polizeibeamten zur Rechenschaft gezogen werden. Was passiert im Gerichtssaal? Wird die Hauptverhandlung eröffnet, sind die Rollen folgendermaßen verteilt: Auf der einen Seite sitzen die Täter als Angeklagte, die sich in der Regel einen Anwalt nehmen. Auf der anderen Seite sitzt der Staatsanwalt, der im Namen des Staates die Täter anklagt, da diese mit dem Angriff auf Sie geltende Gesetze gebrochen haben. Zentral, meist etwas erhöht, sitzt der Richter und eventuell zwei Laienrichter oder Beirichter. Außerdem befinden sich noch eine Schreibkraft und eventuell ein Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe oder andere Sachverständige im Gerichtssaal. Sie selbst und andere Zeugen werden zu einem oder zu mehreren Terminen geladen und treten als Zeuge der Staatsanwaltschaft auf, um die Ereignisse zu schildern. Dabei sitzen Sie in der Mitte mit Blick auf den Richtertisch und werden, nachdem Ihre Personalien aufgenommen wurden, zunächst vom Richter dazu aufgefordert, die Sache mit Ihren eigenen Worten zu schildern. Anschließend stellen Ihnen der Richter, der Staatsanwalt und der Anwalt des Angeklagten Fragen. Ihnen wird für diese Aussage vom Gericht ein Dolmetscher zur Verfügung gestellt. Als Zeuge sind Sie verpflichtet, wahrheitsgemäß auszusagen. Sachstandsanfrage Eine Sachstandsanfrage ist nichts weiter als ein Brief, in dem Sie die Tagebuchnummer, die Sie bei der Anzeige bekommen haben, vermerken und sich nach dem Stand Ihrer "Sache" erkundigen. Bevor Sie eine solche schriftliche Sachstandsanfrage stellen, können Sie auch den entsprechenden Staatsanwalt telefonisch um Auskunft bitten. Plädoyer Das Plädoyer ist eine Rede, in der aus Sicht der Staatsanwaltschaft oder der Verteidigung dargestellt wird, wie sich der Angriff wahrscheinlich abgespielt hat, welche Gesetze dabei gebrochen wurden und welche weiteren Umstände (Alkohol, rechtsextreme Tätereinstellungen etc.) dabei zu berücksichtigen sind. Anschließend wird eine Empfehlung über die Höhe der Strafe ausgesprochen. Der Richter weißt Sie noch einmal besonders darauf hin. Er will Ihnen damit nicht persönlich unterstellen, dass Sie eventuell lügen, sondern dies ist Teil des Verfahrens und er hat dies bei allen Zeugen zu tun. Wenn Sie die Antwort auf eine Frage nicht mehr genau wissen oder sich nicht mehr erinnern, sollten Sie dies sagen, damit Sie nicht früheren Aussagen bei der Polizei widersprechen. Auch für solche Fälle ist es hilfreich, wenn Sie sich Ihr Gedächtnisprotokoll noch einmal vor der Gerichtsverhandlung durchlesen. Erscheinen Sie nicht vor Gericht, kann gegen Sie ein Ordnungsgeld oder gar Gefängnis beantragt werden. Ansonsten spielen Sie während des Prozesses keine aktive Rolle. Bis der Richter Sie hereinrufen lässt, müssen Sie mit anderen Zeugen vor der Tür warten. Nachdem Sie Ihre Aussage gemacht haben, können Sie gehen oder für den Rest der Verhandlung bis zur Urteilsverkündung zuhören. Hat das Gericht die "Beweisaufnahme" abgeschlossen – das bedeutet in der Regel alle Zeugen und Sachverständigen gehört – halten die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung des Angeklagten ein Plädoyer. Der Richter zieht sich für einige Minuten zurück und verkündet dann das Urteil. Waren die Beschuldigten zur Tatzeit unter 18 Jahren, findet das Strafverfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Auch bei Beschuldigten zwischen 18 und 21 Jahren (Heranwachsende) kann der Richter die Öffentlichkeit ganz oder für bestimmte Teile des Verfahrens ausschließen. Bei Angeklagten, die während der Tat älter als 21 Jahre waren, muss die Öffentlichkeit zugelassen werden. Kann ich noch mehr Einfluss auf das Verfahren nehmen? Sie können sich, in dem Sie als Nebenkläger auftreten, auch aktiv in das Verfahren einmischen. Dies können Sie alleine oder mit Hilfe eines Anwalts, der Sie vertritt. Nebenklage sollten Sie schon während des Ermittlungsverfahrens möglichst durch einen Anwalt beantragen. Sie können sich aber auch erst später, wenn die Hauptverhandlung schon läuft, dazu entscheiden. Nebenklage Nebenkläger können in bestimmten Bereichen auf das Verfahren einwirken. So können sie Einsicht in die Ermittlungsakten nehmen, vor Gericht Fragen und Anträge stellen und Rechtsmittel gegen das Strafurteil einlegen. Der Nebenkläger eines Strafverfahrens kann während der gesamten Verhandlung neben der Staatsanwaltschaft Platz nehmen und muss nicht im Zuschauerraum sitzen. Man sollte sich dabei von einem Anwalt vertreten lassen und erhält für die entstehenden Kosten unter bestimmten Umständen staatliche Prozesskostenhilfe. Eine Nebenklage ist nicht zulässig bei jugendlichen Tätern (14 bis 18 Jahre). Nebenklage bedeutet: Sie haben ein Recht darauf, sich gemeinsam mit Ihrem Anwalt vor dem Gerichtstermin die Akten genau anzusehen; Sie können an der gesamten Gerichtsverhandlung an der Seite des Staatsanwaltes teilnehmen und müssen nicht vor der Tür auf Ihre Vernehmung warten; Ihnen wird für die gesamte Gerichtsverhandlung, nicht nur während Ihrer eigenen Aussage, ein Dolmetscher zur Verfügung gestellt, so dass Sie auch den anderen Aussagen, den Plädoyers und dem Urteilsspruch folgen können. Sie können über Ihren Anwalt eigene Beweisanträge stellen und weitere Zeugen vorladen lassen; Sie können durch Ihren Anwalt Stellungnahmen zu Beweisanträgen der Angeklagten abgeben; Ihr Anwalt kann beleidigende Fragen zurückweisen und dabei helfen, die Schuldfrage nicht umzudrehen; Sie können über Ihren Anwalt selbst Fragen an die Angeklagten richten; Und Ihr Anwalt kann am Ende des Prozesses ein Plädoyer halten. Eine Nebenklage ist allerdings nur zulässig, wenn die Täter zur Tatzeit 18 Jahre oder älter sind. Sie ist bei den meisten Delikten zulässig, Ausnahmen bilden allerdings "Nötigung" oder "Bedrohung". Sie sollten solche Fragen jedoch mit einem Anwalt besprechen. Ist der Angeklagte unter 18 Jahre alt und eine Nebenklage daher nicht möglich, können Sie sich zur Unterstützung einen Anwalt als "Zeugenbeistand" nehmen. Zwar hat der anwaltliche Zeugenbeistand nicht die gleichen Möglichkeiten wie der Anwalt in der Nebenklage, er kann aber trotzdem eine große Hilfe sein. Dies gilt insbesondere dafür, wenn es gilt beleidigende Fragen des Angeklagten oder seines Rechtsanwaltes zurückzuweisen. Erwachsenenstrafrecht - Jugendstrafrecht Oft sind die rechtsextremen Täter Jugendliche (zur Tatzeit unter 18) oder Heranwachsende (zur Tatzeit zwischen 18 und 21). Bei Jugendlichen wird grundsätzlich das Jugendstrafrecht angewandt, dessen Zielsetzung in erster Linie die Erziehung und nicht die Strafe ist. Entsprechend wird hier der "geistige Reifeprozess" der Jugendlichen, ihre familiäre Situation und berufliche Perspektiven berücksichtigt. Die Rechte der Opfer sind in Strafverfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende in einigen Punkten beschnitten: Ist der Täter Jugendlicher, ist eine Nebenklage unzulässig. Die Öffentlichkeit wird grundsätzlich von der Hauptverhandlung ausgeschlossen. Ist der Täter Heranwachsender, ist Nebenklage zulässig, aber das Gericht kann die Öffentlichkeit ausschließen, wenn es befindet, dass der Heranwachsende in seiner Reife einem Jugendlichen gleichzusetzen und der Ausschluss im Interesse seiner Entwicklung geboten sei. Dann wird auch hier das Jugendstrafrecht angewandt. Wer bezahlt meinen Anwalt? Grundsätzlich muss in einem Gerichtsverfahren derjenige die Anwaltskosten übernehmen, der verurteilt wird. Werden die Täter daher freigesprochen, so müssten Sie Ihre Anwaltskosten eigentlich selbst tragen. Wenn Sie allerdings nur geringe finanzielle Einkünfte haben, können Sie Prozesskostenhilfe beantragen. Sie sollten gleich beim ersten Gespräch mit Ihrem Anwalt klären, ob dieser bereit ist, für Sie Prozesskostenhilfe zu beantragen und auf dieser Grundlage zu arbeiten. Sie können Ihren Anwalt außerdem darauf hinweisen, dass der DAV eine "Stiftung contra Rechtsextremismus und Gewalt" gegründet hat, bei der Ihr Anwalt die Übernahme seiner Kosten beantragen kann. Wie bekomme ich von den Tätern eine Entschädigung? Entschädigungen und Schmerzensgeld werden nicht im Strafverfahren, sondern im Zivilverfahren eingeklagt. Im Gegensatz zu einem Strafverfahren gibt es im Zivilverfahren keinen staatlichen Ankläger (Staatsanwalt). Vielmehr stehen sich Angreifer und Betroffener gegenüber. Prozesskostenhilfe Wer als Sozialhilfeempfänger, als Volljähriger in Ausbildung oder sonst wenig Begüterter einen Prozess anstrengt, hat einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Er muss sein nur kleines Einkommen und seine Ausgaben, wie Miete, Schuldentilgung etc., nachweisen. Diese Regelung soll gewährleisten, dass auch Opfer klagen können, die sich eine teure Rechtsverfolgung sonst nicht leisten könnten. Das Gericht hat die Aufgabe zwischen beiden Parteien zu vermitteln. Auch diese Möglichkeit sollten Sie mit Ihrem Anwalt erörtern. Grundsätzlich sollte eine Schmerzensgeldklage in einem Zivilprozess erst dann verhandelt werden, wenn der Strafprozess abgeschlossen ist. Jedoch verjährt Ihr Anspruch auf Schmerzensgeld nach Ablauf von drei Jahren nach der Tat. Bei einem langen Strafverfahren muss daher Zivilklage eingereicht werden, bevor der Strafprozess beendet ist. Wer bezahlt meinen Anwalt im Zivilprozess? Prozesskostenhilfe wird beim Zivilprozess nur gewährt, wenn Sie Aussicht auf Erfolg haben. Praktisch bedeutet dies, dass, wenn Ihr Antrag auf Prozesskostenhilfe positiv entschieden wurde, Sie sehr gute Chancen haben, das Zivilverfahren zu gewinnen. Üblicherweise reicht man daher eine Zivilklage nur unter der Vorraussetzung ein, dass Prozesskostenhilfe gewährt wird. Damit kann man das Kostenrisiko ausschalten. Kann man die Sache nicht in einem persönlichen Gespräch klären? Bei einem Angriff, der nicht so schwer war, gibt es die Möglichkeit, durch einen neutralen Vermittler den "Konflikt" gemeinsam zu lösen. Das Verfahren heißt Täter-Opfer-Ausgleich. In der Regel wird das Ergebnis eines solchen Ausgleichs die Zahlung von Schmerzensgeld oder Schadensersatz und eine förmliche Entschuldigung beim Opfer sein. Ein Täter-Opfer-Ausgleich setzt voraus, dass der Täter sich ernsthaft mit dem Betroffenen auseinandersetzt, die Tat und deren Folgen bereut und zu einer Wiedergutmachung bereit ist. Die Teilnahme an diesem Verfahren ist die freie Entscheidung der Beteiligten. Das bedeutet: Es liegt an Ihnen, ob Sie einer Teilnahme zustimmen. Auch wenn Sie zunächst eingewilligt haben und während der Gespräche den Eindruck bekommen, dass sich der Täter nur mit Ihnen unterhält, weil er Angst vor einer Bestrafung hat, nicht aber, weil er seine Tat bereut, können Sie das Gespräch jederzeit abbrechen. Ein Täter-Opfer-Ausgleich kann durch den zuständigen Richter oder Staatsanwalt, aber auch durch den Angreifer oder Sie selbst beantragt werden. Die Vermittlungsstellen der Sozialen Dienste der Justiz oder eine andere Schlichtungsstelle klären dann die Möglichkeiten für einen Ausgleich und führen ihn mit dafür ausgebildeten Schiedspersonen durch. Konnte die Sache auf diese Art und Weise geklärt werden, wird das Ergebnis an die zuständige Staatsanwaltschaft oder den Richter weitergeleitet. Die Staatsanwaltschaft kann dann die Einstellung des Strafverfahrens beantragen oder das Gericht kann die Strafe mildern. Die Rolle der Medien Zeitungen aber auch Rundfunk und Fernsehen reagieren in den letzten Jahren bezüglich rechtsextremistischer Angriffe sensibler. Es ist möglich, dass sich nach einem Angriff Journalisten an Sie wenden, um mehr über den Tathergang zu erfahren. Insgesamt können gut recherchierte, seriöse Medienbeiträge, die über den tatsächlichen Verlauf einer Tat informieren und deren Hintergründe aufzeigen, in der öffentlichen Auseinandersetzung, eine überaus positive Rolle spielen. Es gibt viele Beispiele, wo es durch gute Medienarbeit gelungen ist, eine breite Öffentlichkeit über Täter, Tathergang und Opfer fundiert und umfangreich zu informieren. Damit kann der Gefahr entgegengewirkt werden, vor Gericht aus Tätern Opfer und aus Opfern Täter zu machen. Aber Vorsicht! Eine gute Medienarbeit beruht auf vertrauenswürdigen, gut recherchierenden Journalisten. Wie können Sie sich jedoch Klarheit über einen Journalisten verschaffen, den Sie nicht kennen? Erste Hinweise gibt das Medium, für das ein Journalist arbeitet. So gibt es beispielsweise Zeitungen, die zur sogenanten Boulevard-Presse gehören, mit denen eine Zusammenarbeit erst gar nicht angefangen werden sollte. Wenn Sie mit der Medienlandschaft nicht vertraut sind, erkundigen Sie sich bei Freunden über die Zeitung oder das Magazin, für das der Journalist arbeitet. Wenn sie sich dafür entscheiden, mit einem Journalisten zu arbeiten, führen Sie ein Vorgespräch, machen Sie sich ein Bild von ihm und fragen Sie ihn nach seinen Vorstellungen und Absichten. Der Journalist ist derjenige, der etwas von Ihnen will. Deshalb sollten Sie Ihre Interessen auch klar formulieren. So können Sie beispielsweise verlangen, dass Ihr Name nicht genannt wird. Auch hier kann es hilfreich sein zu einem ersten Treffen einen Freund mitzunehmen, um gemeinsam zu einer Einschätzung zu kommen. Falls eine Gerichtsverhandlung ansteht und Sie mit einem Anwalt Nebenkläger sind, sollten Sie eine Zusammenarbeit mit den Medien unbedingt mit Ihrem Anwalt besprechen. Es gibt auch die Möglichkeit, auf Artikel, von denen Sie denken, dass sie die Ereignisse falsch wiedergeben, zu reagieren. Wenn Sie mit der Berichterstattung in der lokalen Presse aber auch in den überregionalen Medien nicht einverstanden sind, wehren Sie sich. Sie können beispielsweise in einem Leserbrief Ihre Sicht der Dinge ausdrücken. Sie können auch Kontakt zu dem Journalisten aufnehmen, der den Artikel verfasst hat. Immer wieder kommt es vor, dass Artikel geschrieben werden, ohne dass man die Betroffenen eines Angriffs zu Wort kommen lässt. Fragen Sie den Journalisten, warum er nicht mit Ihnen gesprochen und an Ihrer Sicht der Dinge kein Interesse gezeigt hat. Welche finanziellen Mittel kann ich erwarten? Wenn die polizeilichen Ermittlungen abgeschlossen sind, können Sie bei folgenden Behörden und Organisationen Anträge stellen: Opferfonds Cura Für Opfer rechter Gewalt, die sich in einer existentiellen Notlage befinden. Die Aktion Cura wurde 1993 zunächst als Verein gegründet, dessen Trägerschaft 2004 auf die Berliner Amadeu Antonio Stiftung überging. Eine Unterstützung kann beispielsweise gewährt werden für eine Neuanschaffung von zerstörten Gebrauchsgegenständen, dem Kauf von medizinischen Hilfsmitteln (auch Zahnersatz) oder der Finanzierung von Erholungsreisen. Es können jedoch auch Gelder für Nachhilfeunterricht und Ausbildungsförderung beantragt werden. Die schriftliche Antragstellung ist problemlos und unbürokratisch. Dabei sollte man schildern, was passiert ist und warum man welche Hilfe in welcher Höhe beantragt. Vorher telefonisch nachzufragen ist immer gut. Mehr unter Externer Link: opferfonds-cura.de oder telefonisch 030-24088610 Bundesanwaltschaft Die Bundesregierung hat seit 1.1.2001 Geld für die Entschädigung von Opfern rechtsextremer, rassistischer und antisemitischer Gewalt bereitgestellt. Dafür muss man sich vom Generalbundesanwalt ein Antragsformular zuschicken lassen, dieses ausfüllen und persönlich unterschreiben. In dem Formular werden u.a. Einzelheiten über den Angriff abgefragt und es soll eine Kontonummer angegeben werden. Hat man kein eigenes Konto, kann auch die Kontonummer eines Freundes oder einer Opferberatungsorganisation benannt werden. Wird Ihr Antrag bewilligt, holt sich die Bundesanwaltschaft das Geld von den Tätern wieder, ohne dass Sie ein Zivilverfahren führen müssen. Das heißt aber auch, dass Sie entsprechende Ansprüche an die Bundesanwaltschaft abtreten. Ein Antrag auf Entschädigung beim Generalbundesanwalt kann dann gestellt werden, wenn der Angriff: - nach dem 1.1.1999 stattgefunden hat; - bei der Polizei angezeigt wurde (auch wenn nicht herausgefunden werden konnte, wer die Angreifer waren); -jemand verletzt, bedroht oder beleidigt wurde und nicht "nur" Sachschäden entstanden. Die Adresse des Generalbundesanwalts lautet: Brauerstraße 30 76137 Karlsruhe oder über Externer Link: generalbundesanwaltschaft.de Opferentschädigungsgesetz (OEG) Zusätzlich hat das Opfer das Recht, die Möglichkeiten des Opferentschädigungsgesetzes (OEG) auszuschöpfen. Die Leistungen nach dem OEG umfassen Heil- und Krankenbehandlungen, Ersatz von Brillen oder ähnlicher Hilfsmittel, Rente auch für Witwen und Waisen. Eine Opferentschädigung kann unabhängig davon beantragt werden, ob die Täter gefasst oder nicht gefasst worden sind. Auch die materielle Situation des Opfers spielt keine Rolle. Beantragen muss das Opfer die Opferentschädigung beim zuständigen Versorgungsamt. Eine Anzeige bei der Polizei ist dafür nicht ausreichend. Das Antragsformular kann formlos beim Versorgungsamt angefordert werden. Wer in die Situation kommt oder gekommen ist, das Opferentschädigungsgesetz in Anspruch nehmen zu müssen, wendet sich am besten an eine Opferberatungsorganisation. Dort wird dem Betroffenen auf jeden Fall die nächste Anlaufstelle genannt und im Zweifelsfall auch ein kompetenter Anwalt, der sich auf dieses Gebiet spezialisiert hat. Leider gibt es einige Einschränkungen im Gesetz. So sieht das Gesetz je nach Aufenthaltstitel (Aufenthaltserlaubnis oder -befugnis) Abstufungen in den Leistungen vor. Das OEG ersetzt nicht die Zivilklage gegen den Täter, denn es wird kein Schmerzensgeld gezahlt. Auch werden keine materiellen Schäden erstattet. Schmerzensgeld und Schadensersatz müssen im Zivilverfahren vom Täter eingeklagt werden. Warum kann ich nicht aufhören, an den Angriff zu denken? Vielen Menschen geht das, was passiert ist, nicht mehr aus dem Kopf. Sie grübeln am Tag darüber nach, wie es dazu kommen konnte, dass sie angegriffen wurden. Oft können die Opfer von Angriffen nachts nicht mehr einschlafen und/oder wachen nach Albträumen schweißgebadet wieder auf. Sie fühlen sich so verunsichert, dass sie alltägliche Dinge, wie einkaufen oder spazieren gehen, nur noch unter großer Angst oder in Begleitung tun können. Manchmal werden sie ganz plötzlich von ihren Erinnerungen überfallen und haben das Gefühl, alles noch einmal durchleben zu müssen, ohne etwas dagegen tun zu können. Viele Fragen sich, ob sie langsam verrückt werden, ob das denn nie mehr aufhören wird. Wir alle sind es gewohnt, körperlichen Verletzungen mehr Aufmerksamkeit zu schenken, als den seelischen Kränkungen und "Verletzungen". Jeder Mensch geht alltäglich davon aus, dass ihm heute nichts passieren wird, dass ihn kein Auto überfährt, dass ihm niemand auf der Strasse auflauert, dass er grundsätzlich sicher ist. Ein körperlicher Angriff erschüttert diese Sicherheit von einer Minute auf die andere. Wie sehr diese Erschütterung einen Menschen aus dem Gleichgewicht bringt und wie er darauf reagiert, ist von Mensch zu Mensch verschieden. Albträume, Panikanfälle mit Schweißausbrüchen, Ein- und Durchschlafschwierigkeiten sowie Appetitlosigkeit sind jedoch die häufigsten Reaktionen. Manchmal kommen diese Schwierigkeiten sofort nach dem Angriff, manchmal auch erst viel später und natürlich gibt es Menschen, die diese Probleme nie haben. So zu reagieren ist aber durchaus normal. Denn wie eine Wunde Zeit braucht, um zu heilen, so braucht auch die Seele Zeit, die Ereignisse zu verarbeiten, zu verdauen. Wie lange dieser Prozess der Heilung bei dem Einzelnen dauert, kann niemand vorhersagen. Zu viele Dinge spielen dabei eine Rolle: Die Lebensumstände (Aufenthaltssicherheit, Wohnsituation), frühere Erlebnisse, die Reaktion von guten Freunden oder der Familie, die Gefahr, erneut angegriffen zu werden. Es ist wichtig, sich die notwendige Zeit zur Verarbeitung der Ereignisse zu nehmen, aber auch sich ganz bewusst zu bestimmten Sachen zu zwingen. Immer wieder zeigt sich, dass es wichtig ist, sich in dieser Verarbeitungsphase nicht zurückzuziehen. Vielen Menschen tut es gut darüber zu reden, wovor sie Angst haben und was ihnen nicht mehr aus dem Kopf geht. Vielen hilft es auch, ihr alltägliches Leben bewusst wieder aufzunehmen, wieder auf die Strasse zu gehen und sich dabei zunächst von Freunden begleiten zu lassen. Bei anhaltenden Schlafstörungen können Entspannungsübungen helfen. Notfalls kann man einen Arzt aufsuchen und sich ein leichtes Schlafmittel verschreiben lassen. Auch regelmäßiges Essen hilft - auch und gerade, wenn der Körper mit Appetitlosigkeit reagiert. Nach einiger Zeit, findet man in der Regel zu seiner Sicherheit zurück und der Angriff wird eine Erfahrung, wie andere zuvor. Wenn es dann nach längerer Zeit zum Prozess gegen die Angreifer kommt und man den Tätern wieder von Angesicht zu Angesicht gegenüber stehen muss, kommen manchmal die alten Gefühle und Ängste noch einmal hoch. Aber auch das vergeht nach einiger Zeit wieder. Manche Menschen kommen allerdings auch noch nach langer Zeit nicht über die Ereignisse hinweg. Noch Monate später fühlen sie sich, als wäre der Angriff gestern passiert. Dann besteht die Gefahr, dass dieser Zustand nicht von allein weggeht, sondern zur dauerhaften Belastung wird, die das Leben in jeder Minute des Tages bestimmt. Die Folge davon können schwere gesundheitliche Schäden, sogenannte psychosomatische Erkrankungen, wie Magengeschwüre, Herzerkrankungen, etc. sein. In solchen Fällen ist es wichtig sich professionelle Unterstützung zu suchen. Ein Spezialarzt kann klären, ob es sich um eine posttraumatische Belastungsstörung handelt, die behandelt werden sollte. Posttraumatische Belastungsstörung Die psychischen Folgen rassistischer Angriffe sind natürlich von Person zu Person verschieden. Dennoch gibt es eine große Anzahl von Gemeinsamkeiten: Viele leiden unter Schlaflosigkeit und Alpträumen, sozialem Rückzug und depressiver Interesselosigkeit, extremer Reizbarkeit und Schreckhaftigkeit. Man unterscheidet die zahlreichen Erscheinungsformen der "Posttraumatischen Belastungsstörung" im Wesentlichen in drei Hauptgruppen: Ungewollte Erinnerungen an den Angriff. Der Angriff geht vielen Menschen fast ständig durch den Kopf, viele machen sich dabei auch noch selbst verantwortlich für das, was ihnen passiert ist. Sie können die Gedanken, Vorwürfe und Selbstvorwürfe nicht "abschalten". Die Erinnerungen drängen sich ihnen immer wieder auf. Besonders vor dem Einschlafen kehren sie mit qualvoller Deutlichkeit in jedem Detail zurück. Wie in der Erinnerung tauchen oft auch in Träumen einzelne Abschnitte des Angriffs in überdeutlicher Klarheit auf und die Person wacht schweißgebadet auf. Häufig kehren immer die gleichen Träume wieder. Manche Menschen erleben den Angriff aber nicht nur in Gedanken und Träumen noch einmal. Es kann vorkommen, dass sie plötzlich handeln oder fühlen, als ob sie den Angriff noch einmal erleben. Diese ungewollten Erinnerungen sind mit starken Gefühlen verbunden, die die Betroffenen wiederholt in eine seelische Erschütterung versetzen. Stark aus dem Gleichgewicht geraten angegriffene Menschen darüber hinaus oft auch dann, wenn sie mit Situationen konfrontiert werden, die sie an den Angriff erinnern. Um sich vor den belastenden Erinnerungen zu schützen, versuchen die Betroffenen oft, Gedanken und Situationen, die sie an den Angriff erinnern, zu verdrängen und zu vermeiden. Sie ziehen sich häufig sozial zurück, nehmen Einladungen nicht an, geben Verpflichtungen und Hobbys abrupt auf. Überhaupt ist das Interesse an wichtigen Aktivitäten nach einem Angriff häufig auffallend geringer. Dinge, die vor dem Angriff noch wichtig waren, haben plötzlich keine Bedeutung mehr. Die Fähigkeit, Freude und Interesse zu empfinden, ist häufig stark eingeschränkt. Die Gefühle sind abgestumpft. Sie haben keine Energie und Ausdauer für die Zukunft zu planen. Alles ist von dem Angriff überschattet. Wer in seinen Gedanken und Gefühlen von Erinnerungen gequält ist, bildet eine innere Nervosität aus, die zu Schreckreaktionen und erhöhter Wachsamkeit, aber auch zu körperlichen Reaktionen, wie ständigem Zittern, führen kann. Menschen, die solch schreckliche Erlebnisse hinter sich haben, sind daher häufig extrem reizbar und neigen ständig zu Wutausbrüchen. Die innere Erregung lässt das Einschlafen und Durchschlafen schwerer werden. Nach einem Angriff können neben der "Posttraumatischen Belastungsstörung" auch andere Störungen, wie beispielsweise Depressionen, auftreten. Oft führt die ständige Nervosität zu körperlichen Beschwerden. Alkohol- und Medikamentenmissbrauch sind ebenfalls häufige Folge einer "Posttraumatischen Belastungsstörung", da viele der Betroffenen versuchen, die Erinnerungen und die Nervosität mit Alkohol und Medikamenten zu kontrollieren. Eine "Posttraumatische Belastungsstörung" kann auch bei zuvor völlig gesunden Menschen auftreten. Besonders wenn es sich um ein völlig unerwartetes, extrem belastendes Erlebnis wie einen rassistischen Angriff handelt. Anzeichen der "Posttraumatischen Belastungsstörung" treten in der Regel innerhalb von drei Monaten nach dem Angriff auf. Dabei können sie als "akute" Reaktionen oder "chronisch" verlaufen. Von einem "chronischen Verlauf" spricht man dann, wenn die "Posttraumatische Belastungsstörung" länger als drei Monate andauert. Sie kann sich jedoch auch erst nach einer langen Zeit entwickeln. Auch Asylbewerber oder Ausländer mit "Duldung" haben ein Recht auf eine solche Behandlung. Dies ist zwar nicht immer leicht durchzusetzen, wenn jedoch ein Spezialist den Behandlungsbedarf bescheinigt, muss das Sozialamt der Kostenübernahme zustimmen. Leider gibt es nur wenige Ärzte, die posttraumatische Belastungsstörungen behandeln können. Und noch weniger, die dies mit Dolmetschern machen. Kostenübernahme für Asylbewerber Nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) haben Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge einen Anspruch auf ärztliche Behandlung, wenn eine Krankheit entweder "akut" oder "schmerzhaft" ist. Ob eine Krankheit "akut" ist, d.h. ein "akuter" Behandlungsbedarf vorliegt, kann nur ein Arzt entscheiden, nicht das Sozialamt, der Sozialarbeiter, Heimleiter etc. Um vom Sozialamt einen Krankenschein zu bekommen, muss daher die Angabe von Schmerzen oder Krankheitssymptomen ausreichen. Da posttraumatische Belastungsstörungen in der Regel ebenso quälend und beeinträchtigend sind wie erhebliche körperliche Schmerzen, besteht auch hier ein Behandlungsanspruch. Dazu gibt es verschiedene Verwaltungsgerichtsurteile. In der Regel ist es allerdings nicht immer einfach zu diesem Recht auch zu kommen. Der Ablauf ist folgendermaßen: Krankenschein von Sozialamt holen, (evtl. auch ohne Krankenschein) einen Termin machen bei einer spezialisierten Einrichtung oder bei einem Facharzt, der den Behandlungsbedarf klärt, ein Gutachten schreibt oder einen Antrag auf Kostenübernahme stellt. Vorladung beim Amtsarzt des Gesundheitsamtes, der den Behandlungsbedarf noch mal prüft. Das Sozialamt muss dafür die Dolmetscherkosten übernehmen. Verneint der Amtsarzt den Behandlungsbedarf, muss man sich in der Regel an eine Beratungsstelle oder an einen Rechtsanwalt wenden und die Behandlung einfordern. Hat das Sozialamt einer Behandlung zugestimmt, übernimmt es auch die Fahrtkosten. Auch Dolmetscherkosten für die Behandlung können beantragt werden, die Bewilligung ist aber umstritten. Ich will hier weg! So geht es vielen nach einem rassistischen Angriff. Und gerade Menschen, die sich im Asylverfahren befinden und mit einer "Aufenthaltsgestattung" leben müssen, haben kein Recht ihren Wohnort frei zu wählen. Ihre "Aufenthaltsgestattung" ist auf einen bestimmten Landkreis beschränkt (Residenzpflicht). Diesen Landkreis dürfen sie nur verlassen, wenn sie von der Ausländerbehörde einen Urlaubsschein bekommen. Ein Recht auf einen Urlaubsschein hat man aber nur, wenn man Sachen, die im Zusammenhang mit dem Asylverfahren stehen, erledigen muss, bestimmte Beratungsstellen aufsuchen will oder einen Termin beim Rechtsanwalt oder Arzt hat. Für eine Umverteilung in einen anderen Landkreis oder ein anderes Bundesland, muss man bei der Ausländerbehörde des eigenen Landkreises einen Antrag stellen. Dabei sollte man konkret schreiben, an welchen Ort, in welchen Kreis man möchte. Die Ausländerbehörde des Landkreises, in dem man wohnt, leitet dann den Antrag an die Ausländerbehörde des Ortes, in den man will, weiter. Die Entscheidung wird dann normalerweise von der Ausländerbehörde des Zielortes getroffen. Wird die Umverteilung abgelehnt, kann man weitere Anträge mit anderen Zielorten stellen. Es gibt auch die Möglichkeit gegen eine Ablehnung vor dem Verwaltungsgericht zu klagen. Das dauert meist sehr lange, kann teuer werden und man braucht dazu unbedingt einen Rechtsanwalt. Rechtlich möglich ist die Umverteilung in Fällen, in denen "dringende humanitäre Gründe" vorliegen. Solche Fälle lassen sich durch folgende Argumente untermauern: Durch die schriftliche Bestätigung von einem spezialisierten Arzt, dass Sie zur Verarbeitung des Erlebten eine Therapie machen sollten und durch eine konkrete schriftliche Zusage, dass für Sie ein Therapieplatz bereitsteht, der in einem anderen Landkreis oder Bundesland liegt. Dass Sie begründete Angst haben müssen, an Ihrem jetzigen Wohnort erneut rassistisch angegriffen zu werden, weil ihn beispielsweise die Täter weiter bedrohen und Sie sich deshalb nicht mehr auf die Strasse trauen Dass Sie nachweisen, dass in der Stadt oder dem Landkreis, wo Sie hinziehen möchten, Familienangehörige oder Freunde wohnen, die Ihnen dabei helfen können, Ihre Angst zu überwinden und wieder ein normales Leben zu führen. Ob sich die Ausländerbehörde von entsprechenden Argumenten überzeugen lässt, hängt ganz von den Sachbearbeitern ab. Es ist daher besser mehrere Begründungen gleichzeitig anzuführen und sich bei der Antragstellung die Mühe zu machen, Papiere beizulegen, die die entsprechende Argumentation unterstützen. Dazu zählen: Anzeigenaufnahme durch die Polizei Zeitungsartikel über den Angriff ein Attest des Arztes oder der therapeutischen Einrichtung unterstützende Schreiben der Ausländerbeauftragten oder anderer Beratungsorganisationen etc. Auch Migranten mit Duldung können einen Antrag stellen, um in einem anderen Landkreis untergebracht zu werden. In diesem Fall handelt es sich nicht um einen Antrag auf "Umverteilung", sondern auf "Zuzug". Die Vorgehensweise ist jedoch die gleiche. Muster einer Strafanzeige Strafanzeige Name Ort, Datum Straße, Hausnummer Postleitzahl, Ort An die Staatsanwaltschaft.... Strafanzeige gegen Unbekannt Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit erstatte ich Strafanzeige und stelle Strafantrag gegen Unbekannt. Am 20.08.200... um ca. 20.45 Uhr ging ich vom Potsdamer Hauptbahnhof in Richtung Innenstadt die Bahnhof Str. entlang. An einer Grünanlage saßen drei Jugendliche, die sofort aufsprangen, als sie mich sahen. Die drei kamen auf mich zu und beschimpften mich mit den Worten: "Du 'Scheiß-Neger' was willst du hier, hau ab nach Afrika oder wir schlagen dich tot." Ich war sehr ängstlich und wollte weglaufen, doch einer hielt mich fest und schubste mich in die Richtung der anderen beiden. Alle drei fingen unvermittelt an, auf mich einzuschlagen bis ich am Boden lag, dann traten sie mir mehrmals in den Magen. Ich stellte mich bewusstlos und die Täter hörten auf, mich zu treten, und liefen davon. Kurz darauf kam eine Frau zu mir und half mir auf die Beine. Sie sagte, dass sie alles gesehen hat und dass ich eine Anzeige machen soll. Die Frau heißt Vera Müller. Die drei Täter kann ich folgendermaßen beschreiben: Der Mann, der mich festgehalten hat, trug eine grüne Fliegerjacke, blaue Jeans und schwarze hohe Stiefel. Er hatte sehr kurze Haare, so dass eine Haarfarbe nicht zu erkennen war. Er ist etwa 1,80 m groß, und ich schätze, dass er 17 bis 19 Jahre alt ist. Einer von den anderen beiden rief ihm zu: "Kalle halt den Neger fest." Die anderen beiden waren ähnlich gekleidet aber kleiner und jünger. Da ich sie aber nur kurz gesehen habe, kann ich keine weiteren Hinweise geben. Ich bin am nächsten Tag zum Arzt gegangen, der mir eine Kieferprellung, eine aufgeplatzte Lippe sowie eine Rippenprellung diagnostiziert hat. Als Zeugin benenne ich Frau Vera Müller, .....str. 37, 14678 Potsdam. Frau Müller ist bereit, als Zeugin auszusagen. Mit freundlichen Grüßen Name Anlage: Ärztliches Attest Strafantrag Strafantrag Name Ort, Datum Straße, Hausnummer Postleitzahl, Ort An die Staatsanwaltschaft.... Strafantrag gegen Unbekannt Tagebuchnummer:.... Sehr geehrte Damen und Harren, hiermit stelle ich in der oben genannten Sache Strafantrag. Mit freundlichen Grüßen Name Dienstaufsichtsbeschwerde Name Ort, Datum Straße, Hausnummer Postleitzahl, Ort An das Polizeipräsidium... Dienstaufsichtbeschwerde gegen die Mitarbeiter der Polizeiwache .....Str. 17, in ...... Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit stelle ich eine Dienstaufsichtbeschwerde gegen die Polizeibeamten, die am 22.08.20... um 11.30 in der oben genannten Polizeiwache Dienst hatten. Die diensthabenden Beamten weigerten sich trotz meiner sichtbaren Verletzungen, Anzeige wegen Körperverletzung aufzunehmen. Vielmehr erklärten sie mir, dass kein Straftatbestand zu erkennen sei und forderten mich auf, die Polizeiwache zu verlassen. Mit freundlichen Grüßen Name Sachstandsanfrage Name Ort, Datum Straße, Hausnummer Postleitzahl, Ort An die Staatsanwaltschaft ... Sachstandsanfrage zur Anzeige gegen Unbekannt Aktenzeichen: ... (Tagebuch-Nr. ...) Sehr geehrte Damen und Herren, Ich habe am 22.08.2006 eine Anzeige gegen Unbekannt gestellt. Ich möchte Sie bitten, mir den Stand der Ermittlungen mitzuteilen. Mit freundlichen Grüßen Name Auskunft über Ausgang des Verfahrens Auskunft über Ausgang des Verfahrens Name Ort, Datum Straße, Hausnummer Postleitzahl, Ort An die Staatsanwaltschaft ... Auskunft über Ausgang des Verfahren Aktenzeichen: ... (Tagebuch-Nr. ...) Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin Geschädigter in der oben genannten Strafsache. Ich möchte wissen, ob und in welchem Maße der Beschuldigte gerichtlich verurteilt wurde. Ich bitte gemäß § 406d StPO um Auskunft über den Ausgang des gerichtlichen Verfahrens. Mit freundlichen Grüßen Name Diesen Text gibt es auch als Broschüre in mehreren Fremsprachen (Englisch, Französisch, Spanisch, Russisch, Vietnamesisch, Türkisch und Arabisch) sowie als Internet-Download. Er wird herausgegeben von den ostdeutschen Opferberatungsstellen unter Federführung der: Externer Link: opferperspektive.de in Brandenburg. Die Broschüre kann von dort bezogen werden.
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
"2011-11-17T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/rechtsextremismus/dossier-rechtsextremismus/41612/was-tun-als-opfer-rechter-gewalt/
Was tun, wenn man Opfer von rechtsextremer Gewalt geworden ist? Eine Broschüre der Opferperspektive in Brandenburg bietet erste Hilfe.
[ "Rechtsextremismus", "Gewalt", "Opfer", "Opferhilfe" ]
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Wahlrechtsgrundsätze | ABDELKRATIE | bpb.de
Wahlen, so wie sie heutzutage in Deutschland praktiziert werden, kommen uns selbstverständlich vor. Natürlich darf jeder Staatsbürger und jede Staatsbürgerin ab dem vollendeten 18. Lebensjahr an Bundestagswahlen teilnehmen. Freilich wählen wir unsere Abgeordneten direkt und ohne Umwege über andere Personen. Zweifelsohne ist die Entscheidung, wem wir unsere Stimme geben, frei. Es kommt uns normal vor, dass jede Stimme gleich zählt. Und natürlich kann niemand außer einem selbst wissen, wie man abgestimmt hat, weil die Wahlen geheim sind. Allerdings sind all diese Grundsätze von Wahlen nicht selbstverständlich. Sie mussten im Laufe der Zeit erdacht und erkämpft werden. Doch was wäre, wenn Wahlen nicht allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim wären? Wenn nur einige wählen dürfen … Allgemein: Wer darf an einer Wahl teilnehmen? Bei Bundestagswahlen sind es deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die mindestens 18 Jahre alt sind. Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass nicht-Staatsangehörige und unter 18-Jährige von der Wahl ausgeschlossen sind. Dennoch gelten Wahlen in Deutschland als allgemein, da niemand aufgrund von Geschlecht, Konfession, Beruf oder politischer Überzeugung vom Wahlrecht ausgenommen ist. Das war nicht immer so. An Wahlen durften ursprünglich nur wohlhabende und männliche Bürger teilnehmen. Zum Teil wurden noch einzelne Berufsgruppen ausgeschlossen, zum Beispiel Angehörige der Armee. Erst mit der Zeit setzte sich durch, dass auch Frauen, ärmere Bevölkerungsgruppen und − seit 2019 – alle Menschen mit Behinderung wählen dürfen. Auch das Wahlalter wurde mit der Zeit vom 25. Lebensjahr bei Wahlen im Deutschen Kaiserreich auf das 18. Lebensjahr bei Bundestagswahlen gesenkt. Im Kern ist mit der Wahlberechtigung die Frage verknüpft, wer über die Zukunft des Gemeinwesens mitbestimmen kann. Ob es beispielsweise sinnvoll ist, Kindern ab Geburt schon ein Wahlrecht zuzusprechen, das sie selbst ausüben können, sobald sie das wünschen, wird öfter diskutiert. Wenn man nur den Mittelsmann oder die Mittelsfrau wählt … Unmittelbar: Wenn eine Person ohne einen Mittelsmann oder eine Mittelsfrau gewählt wird, wählt man ihn oder sie unmittelbar beziehungsweise direkt. Das heißt im Gegenzug, eine Wahl ist mittelbar oder indirekt, wenn eine Person gewählt wird, die stellvertretend für andere Personen abstimmt. Wenn zum Beispiel der Präsident der USA gewählt wird, dann wählen die US-Bürgerinnen und Bürger ihn indirekt. Sie wählen je Staat ihre Mitglieder im "Electoral College", das wiederum den Präsidenten wählt. Theoretisch können die Wahlmänner und Wahlfrauen daher anders abstimmen als die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler. In den USA ist Donald Trump 2016 beispielsweise zum Präsidenten gewählt geworden, obwohl er weniger Stimmen als Hillary Clinton erhielt, denn er konnte mehr Stimmen von den Wahlfrauen und Wahlmännern auf sich vereinigen. Das liegt vor allem am "winner takes it all"-Prinzip, nach dem die meisten Bundesstaaten die Wahlfrauen und Wahlmänner auswählen. Demnach fallen alle Stimmen der Wahlfrauen und -männer eines Bundesstaats an die Gewinnerin beziehungsweise den Gewinner. So spiegelt das Electoral College nicht unbedingt die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung wider. Unabhängig davon gilt: Finden Wahlen nicht unmittelbar statt, kann der Wählerwille ins Gegenteil verkehrt werden. Wenn die Wahl nicht frei ist … Frei: Eine Wahl ist frei, wenn es jedem freisteht, ob man wählen geht und wen oder welche Partei man wählt. In manchen Demokratien, wie Belgien oder Australien, existiert eine Wahlpflicht. Das heißt, dass die Bürger und Bürgerinnen verpflichtet sind, an der Wahl teilzunehmen. Andernfalls drohen kleinere Geldstrafen. Der Sinn einer Wahlpflicht besteht darin, die Wahlbeteiligung zu steigern und jede Person dazu anzuregen, sich mit Politik auseinanderzusetzen. In Deutschland ist die Entscheidung, ob man zur Wahl geht, allerdings ebenso frei, wie die Wahlentscheidung selbst. Im Nationalsozialismus und in der DDR waren Wahlen nicht frei. Wählerinnen und Wähler, die gegen die herrschende Partei stimmen wollten, mussten Konsequenzen fürchten. Diese reichten je nach politischem System von körperlicher Gewalt bis hin zu subtileren Strafen, wie der Nichtberücksichtigung bei der Vergabe von Arbeitsplätzen oder bestimmten Gütern. So war eine freie und unbeeinflusste Wahlentscheidung kaum möglich. Das läuft dem Sinn einer Wahl, nämlich herauszufinden, was die meisten Bürgerinnen und Bürger wollen und denken, zuwider. Wenn nicht jede Stimme gleicht zählt … Gleich: Jede Stimme hat denselben Wert und alle Wahlberechtigten haben dieselbe Anzahl an Stimmen. Wenn das zutrifft, dann sind Wahlen gleich. Auch diese Idee erschien in der Vergangenheit abwegig. So gab es mehrere ungleiche Wahlsysteme, bei denen die Stimmen der Reicheren oder Gebildeteren mehr zählten, als die der Ärmeren und Ungebildeteren (wie zum Beispiel beim Preußischen Dreiklassen-Wahlsystem). Solche Wahlen waren hochgradig ungerecht, da aufgrund der ungleichen Stimmenverteilung eine Minderheit über die Mehrheit entscheiden konnte. Auch wenn heutzutage alle Wählerinnen und Wähler dieselbe Anzahl an Stimmen bei Wahlen in Deutschland haben, gibt es kleinere Ungleichheiten beim Stimmgewicht. Diese kommen zwangsläufig durch Rundungsungenauigkeiten zustande, da es keine halben, viertel oder anderweitig geteilten Abgeordnetenmandate geben kann. Wenn offen abgestimmt wird … Geheim: Es gehört auch zu den demokratischen Grundregeln, dass geheim gewählt wird. Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein fanden Wahlen noch häufig öffentlich statt. Anstatt allein in die Wahlkabine zu gehen und dort zu wählen, wurde der eigene Name öffentlich verlesen, man trat vor und gab vor allen anderen Wahlberechtigten seine Wahlentscheidung bekannt. So wurde auch sozialer Druck erzeugt. Wer anders abstimmen wollte als alle Anwesenden, musste sich das vorher gut überlegen. Außerdem öffnet die nicht-geheime Stimmabgabe Tür und Tor für den Versuch der Einflussnahme. So könnten Stimmen gekauft oder erpresst werden, wenn nicht gewährleistet ist, dass niemand außer einem selbst weiß, wie man gewählt hat. Das Wahlgeheimnis bedeutet auch, dass man sein eigenes Wahlgeheimnis nicht verletzen darf. So sind zum Beispiel Bilder und Videos für Instagram, TikTok und Co. im Wahllokal verboten. Darüber hinaus gilt das Wahlgeheimnis auch in den eigenen vier Wänden, insofern sich eine Person für die Briefwahl entschieden hat. Diese Regeln sind wichtig, um Manipulation und Bestechung zu verhindern. … dann wären Wahlen undemokratisch. Wie wäre es nun also, wenn Wahlen nicht allgemein, indirekt, unfrei, ungleich und nicht geheim wären? Zunächst einmal dürften nur diejenigen wählen, die zu einer bestimmten Gruppe gehören. Sie würden lediglich für Personen stimmen, die wiederum die Abgeordneten wählen würden. Alle Wahlberechtigten wären gezwungen, zur Wahl zu gehen und könnten sich nicht aussuchen, welche Person oder Partei sie wählen. Zudem hätten einige Wenige mehr Stimmen, als alle anderen Wahlberechtigten. Um sicherzustellen, dass jeder so abstimmt, wie es von ihm oder ihr erwartet wird, würde die Stimmabgabe zudem öffentlich stattfinden. So ein Wahlsystem wäre zutiefst undemokratisch und würde seine zentrale Funktion, nämlich die Bündelung und Äußerung von Interessen des Volkes, ad absurdum führen. Aber auch jeder einzelne dieser Wahlrechtsgrundsätze ist für sich genommen wichtig, damit der Bundestag wirklich als Vertretung des Deutschen Volkes arbeiten kann.
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-02-09T00:00:00"
"2021-08-05T00:00:00"
"2022-02-09T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/politisches-system/abdelkratie/337829/wahlrechtsgrundsaetze/
Hier findest Du Hintergrundinfos zum Thema "Wahlrechtsgrundsätze".
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Der Handelsstrom | Geschichte im Fluss. Flüsse als europäische Erinnerungsorte | bpb.de
Der Rhein ist aufgrund seiner Schiffbarkeit, aber auch wegen der 300 Millionen Tonnen Fracht, die jährlich auf ihm befördert werden, die bei weitem bedeutendste Wasserstraße in Europa. 80 Prozent der auf Wasserwegen beförderten Güter führen heutzutage über den Rhein. Damit bildet er eine wichtige Verkehrsachse, die die großen Ballungs- und Industriezentren am Rhein erschließt und sie miteinander verbindet. Dank eines perfektionierten Radarsystems ist der Rhein selbst bei Nebel rund um die Uhr und 365 Tage im Jahr befahrbar. Der Rhein als Grenze und Wirtschaftsraum Dass der Rhein zur zentralen Wirtschaftsachse Europas werden konnte, war nicht selbstverständlich. Je mehr Nationalstaaten an seinem Lauf entstanden, desto größer wurden die nationalen Interessen. Dennoch hat es der Rhein geschafft, eine zusammenhängende Verkehrsachse auf dem Kontinent zu bilden. Fast dreihundert Jahre haben sich die Diplomaten der Anrainerstaaten darum bemüht, die Schifffahrt auf dem Rhein unabhängig von den politischen Auseinandersetzungen zu machen; die Rheinachse sollte "politisch neutralisiert" werden. Mit der Unabhängigkeit der Schweiz waren davon zunächst die Alpenpassagen des Rheins betroffen, es folgten mit der Unabhängigkeit der Niederlande die nördlichen Rheinmündungen. Auf dem Wiener Kongress 1815 hat dann der Zugang zum Fluss einen internationalen Status erhalten, womit er der alleinigen Kontrolle der Anrainerstaaten entzogen wurdet. Flussabwärts sind schließlich im 19. Jahrhundert Belgien und Luxemburg souveräne Staaten geworden. Nach den beiden Weltkriegen haben einige Diplomaten versucht, den umkämpften Raum zwischen Deutschland und Frankreich, also Elsass-Lothringen, das Rheinland, die Ruhr und auch die Saar, für neutral zu erklären, da eine Annexion schwer zu legitimieren war. Allerdings ohne Erfolg. Der französische Geograf Jacques Lévy hat den Rheinraum darum einmal als "Zerstückelungszone" bezeichnet. 50 Millionen Menschen leben im Einzugsgebiet des Rhein. Sie verteilen sich auf die sechs Staaten, durch die der Rhein fließt (Schweiz, Österreich, Deutschland, Frankreich, Liechtensein, Niederlande) sowie die Staaten, die zusätzlich in seinem Einzugsgebiet liegen (Italien, Belgien, Luxemburg) Obwohl im Fokus vieler Konflikte – aber vielleicht auch gerade aufgrund des Wettbewerbs zwischen den Staaten – hat sich das Rheingebiet als Handelsschiene Europas am Ende durchgesetzt. Selbst aus Zeiten, in den das Grenzregime verschärft wurde, ist der Rhein mit einer Intensivierung des Transports und der Wirtschaftsleistung hervorgegangen. Das ist die Erfolgsgeschichte des Rheins. Geblieben sind allerdings national recht unterschiedliche Strategien, den Rhein zur Wasserstraße auszubauen. Deutsche und französische Flussumgestaltungen An der deutsch-französischen Grenze sind die großen Flussumgestaltungen stark von der politischen Entwicklung der Nationalstaaten und den jeweiligen Grenzziehungen beeinflusst worden. Die jeweiligen Eingriffe fanden dabei in mehreren Etappen statt. Die Periode des "konfiszierten Rheins" (1881-1918) ist das Ergebnis der Annexion des Elsass durch das neu gegründete deutsche Kaiserreich im Jahr 1871. Damals wurde Frankreich der direkte Zugang zum Fluss untersagt, was die Rheinschifffahrt flussaufwärts bei Mannheim und schließlich bei Straßburg erschwerte. Frankreich reagierte darauf nach dem Ersten Weltkrieg mit dem "abgewandten Rhein" (1919-1956). Zentrale Bedeutung hatte der Bau des Grand Canal d’Alsace, des Rheinseitenkanals, von Kembs bis Brisach. Bereits am Ende des 19. Jahrhunderts hatte der Mühlhauser Ingenieur René Koechlin den Bau eines Kanals parallel zum Fluss für den Transport und zur Energiegewinnung vorgeschlagen. Aufgegriffen wurde die Idee, als sich Frankreich nach dem Ersten Weltkrieg als Rheinmacht behaupten wollte. 1919 erhielt Frankreich im Artikel 358 des Versailler Vertrages außerdem das alleinige Recht auf Flussumgestaltungen zu Energiezwecken – allerdings unter der Bedingung, dass die freie Schifffahrt gewahrt bleibe. Von den acht vorgesehenen Staustufen zwischen Basel und Straßburg wurden vier auf dem Grand Canal d’Alsace realisiert. Jede befindet sich an einer Kanalschleuse mit zwei Schleusenkammern: bei Kembs (1932), Ottmarsheim (1952), Fessenheim (1956) und Vogelgrun (1957). Die Umgestaltungen und grundlegenden Eingriffe erfolgten vor allem auf der linken Uferseite – auf Kosten der elsässischen Rheinauen. Auf der deutschen Uferseite blieb hingegen die Interner Link: Natur weitgehend erhalten, obwohl sie sehr stark von der Grundwasserabsenkung betroffen ist. Die nächste Etappe war das Luxemburger Abkommen vom 21. Oktober 1956. Als Gegenleistung für ihren endgültigen Verzicht auf das Recht zur Produktion von Wasserenergie erhielt die Bundesrepublik das Recht, das eigene Rheinufer auszubauen und für die Schifffahrt zu nutzen. Dafür verzichtete Frankreich auf den weiteren Ausbau des Grand Canal d’Alsace. Stattdessen wurden nun die Staudämme von Marckolsheim (1961), Rheinau (1963), Gerstheim (1967) und Straßburg gebaut. Man kann das auch als die Periode des "ausgehandelten Rheins" bezeichnen. Das deutsch-französische Abkommen vom 4. Juli 1969 führte das Prinzip der gemeinsamen Entscheidungsgewalt bei Eingriffen in den Fluss flussabwärts von Straßburg ein. Das ist die Periode des "geteilten Rheins", der zum Bau von gemeinsamen Staudämmen auf der Höhe Gambsheim-Freistett (1974) und Iffezheim (1978) führt. Diese Phase zeugt bereits von einer größeren Rücksicht auf ökologische Belange, nachdem die natürliche Landschaft im Süden größtenteils zerstört worden war. Die Konflikte an der Rheinmündung Auch am Niederrhein gab es Konkurrenz und Konflikte, sicherlich abgeschwächter, aber nicht weniger tiefgreifend. Vier Jahrhunderte lang stritten sich Belgien und die Niederlande um die Frage, ob der Hafen von Antwerpen oder der von Amsterdam und Rotterdam die Kontrolle über die rheinischen Meeresmündungen haben soll. Dieser Konflikt ist immer noch aktuell und führt regelmäßig zu politischen Spannungen. Tatsächlich lag Amsterdams Aufstieg im Niedergang Antwerpens begründet. Die niederländische Blockade der Schelde im Jahr 1585 hat Antwerpens Wirtschaftswachstum stark beeinträchtigt. Das flämische Handelszentrum konnte erst viel später mit dem Bau der Eisenbahnlinie über Lüttich und Köln freien Zugang zum Rhein zurückgewinnen. Immer wieder war der junge belgische Staat bemüht, den niederländischen Riegel zu lockern, der ihm den Zutritt zum rheinischen Markt versperrte. Der Interner Link: Rotterdamer Hafen seinerseits, der seit 1872 mit dem "Nieuwe Waterweg" einen verbesserten Zugang zum Rhein besitzt, wurde erst später mit dem Eisenbahnnetz verbunden. Der belgisch-niederländische Spaltungsvertrag von 1839 beließ wiederum Belgien die Initiative zu einer zweiten Eisenbahnstrecke über das niederländische Limburg: dies führte zum "Eisen-Rhein". Die 1879 eröffnete Eisenbahnstrecke wurde schließlich 1993 eingestellt. Aber angesichts des steigenden Verkehrs wünscht die belgische Regierung ihre Wiedereröffnung. Die Debatte, bei der die Antwerpener Interessen auf die niederländischen stoßen, ist bis heute nicht beendet. Nach 15 Jahren Verhandlungen hat der Den Haager Gerichtshof schließlich Belgien Recht gegeben. Der Konflikt hat zu sehr unterschiedlichen Beziehungen zwischen den belgischen und holländischen Häfen mit dem rheinischen Hinterland geführt. Die partikularen Interessen haben lange Zeit überwogen, das System der parallelen Kanäle an der Grenze erinnert immer noch daran. Die Europäische Union und ihr rheinisches Erbe Rhein (unten) und der Grand Canal d'Alsace bei der Staustufe in Breisach. (Norbert Blau, Externer Link: Wikimedia Commons) Lizenz: cc by-sa/3.0/de Kriege und ihnen folgende Friedensabkommen haben die Rechtsgeschichte auch am Rhein tief geprägt. Am Ende aber haben sie zu einer gemeinsamen Verwaltung des Flusses unter Wahrung der Rechte eines jeden Staates geführt – die Machtansprüche der Nachbarstaaten wurden eingegrenzt. Eigens für den Rhein wurden spezielle Artikel in mehreren wichtigen Verträgen der Geschichte verfasst. So führte die Schlussakte des Wiener Kongresses 1815 zur Gründung der Rheinkommission 1831. Von der wiederum führt eine Linie zur Mannheimer Akte von 1868. Beide gelten heute noch für die Rheinschifffahrt. Bei der internationalen Rheinkommission handelt es sich um die älteste noch existierende internationale politische Institution der Welt. Sie zeugt von der bewegten deutsch-französischen Geschichte. Ihren ersten Sitz hatte sie in Mannheim. Nach dem Ersten Weltkrieg hatte der Versailler Vertrag die Verlegung nach Straßburg festgelegt, das wieder an Frankreich gefallen war. Seitdem befindet sich ihr Sitz im Gebäude des "Palais du Rhin", des ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Palastes. Der Kommission obliegt die Festlegung des juristischen Rahmens der Rheinschifffahrt, der die Freiheit und Unentgeltlichkeit der Schifffahrt gewährleistet und die Anrainerstaaten in die Pflicht nimmt, für einen guten Zustand der Fahrrinne Sorge zu tragen. Sie regelt die Einhaltung der Verträge, an die die Anrainerstaaten gebunden sind, und bestimmt die Sicherheitsvorkehrungen, die Arbeitsbedingungen der Rheinschiffer, die Einheit der Schifffahrt und die Entwicklung des Schiffsverkehrs. Die Internationalisierung des Rheins liegt also weit vor dem Aufbau der Europäischen Gemeinschaft und unterscheidet sich in vieler Hinsicht von ihr. Auch wenn die internationale Rheinkommission größtenteils auf ähnlichen Mechanismen wie die EU beruht – etwa auf einer ordnungspolitischen Funktion und einem Souveränitätsverzicht der Anrainerstaaten zugunsten einer gemeinsamen Verwaltung – bleibt sie doch eine intergouvernementale Instanz mit Einstimmigkeitsbeschluss. Außerdem unterscheiden sich die Ziele der beiden Institutionen erheblich. Die Rheinkommission beruht auf einem durch Neutralisierungspolitik geschaffenen geopolitischen Gleichgewicht, während die EU eine immer engere Union der Völker anstrebt. Eine wichtige Herausforderung ist die Harmonisierung der Rheinkommission mit den Richtlinien der Europäischen Union. Die gegenwärtige Verwaltung des Rheins liegt in den Händen der Anrainerstaaten und entzieht sich damit der governance der EU, obwohl letztere seit 1992 für die europäische Transportpolitik zuständig ist. Die Situation stellt einen Präzedenzfall dar, den die Europäische Kommission mit einem einheitlichen Regelwerk für alle Flüsse der EU gern beseitigen würde. Diese Harmonisierungswünsche bereiten manchen Anrainerstaaten Sorgen, da im Falle ihrer Realisierung das bestehende juristische und technische System beeinträchtigt werden könnte. Die Angleichung an die ökonomischen und sozialen Gegebenheiten anderer internationaler Flüsse, welche als weniger effektiv gelten, könnte zu einem Aufweichen der aktuellen Standards und einem Abbau ihrer Errungenschaften führen. Diese Sorge wird vor allem von der Schweiz getragen, die Schwierigkeiten hätte, sich gegen EU-Entscheidungen durchzusetzen. Nicht wenige Mitgliedsstaaten befürchten einen Autonomieverlust und eine technokratische Schwerfälligkeit bei den Entscheidungen, falls sich das Machtzentrum verschiebt und der Rhein nur einer von vielen Flüssen wäre, deren Entscheidungen den EU-Staaten unterliegen, das heißt mehrheitlich Staaten, die nicht am Rhein liegen. Lernen für Europa Eine historische Analyse des Rheins und seiner Rechtsgeschichte bewahrt vor einer allzu einfachen Interpretation von einem alten konfliktreichen Raum hin zu einer friedfertigen Europäisierung der Beziehungen. Die Öffnung des Flusses war zunächst das Ergebnis eines Bemühens um ein klassisches Gleichgewicht zwischen den Staatsmächten. Die Flussumgestaltungen tragen ganz klar die Spuren der vergangenen Konflikte und ihrer Lösungen. So erinnert der Rhein die EU daran, dass Konkurrenz auch einen positiven Antrieb für transnationale Umgestaltungen darstellen kann. Diese Geschichte steht im Kontrast zu den Reden von einer Vertiefung der Integration und dem Aufbau eines einheitlichen Europas. Der Rhein zeigt, dass Europäisierung auch anders möglich ist. Chronologie 1815: Auf dem Wiener Kongress bekommt der Rhein, wie auch andere europäische Flüsse wie die Elbe und die Oder, einen internationalen Status. 1831: Die Mainzer Akte regelt die Gründung der Rheinkommission, der ältesten internationalen Institution der Welt. Der Sitz ist in Mannheim. 1868: Die Mannheimer Akte erweitert die Zahl der Staaten, die sich der Rheinkommission anschließen. 1871: Das deutsche Kaiserreich annektiert Elsass. Frankreich wird der direkte Zugang zum Rhein untersagt. 1919: Mit dem Versailler Vertrag erhält Frankreich das alleinige Recht auf Energieproduktion am Rhein. Der Sitz der Rheinkommission wird nach Straßburg verlegt 1924: Beginn des Baus des Grand Canal d'Alsace, des Rheinseitenkanals. 1956: Im Luxemburger Abkommen erhält die Bundesrepublik Deutschland das Recht, das rechte Rheinufer auszubauen. 1969: Im deutsch-französischen Abkommen wird geregelt, dass beide Staaten bei den Eingriffen in den Rhein kooperieren. 1992: Zuständig für die Transportpolitik und damit auch die europäischen Wasserstraßen ist die EU-Kommission. Bis heute ist das System aus alten Verträgen nicht in das EU-Recht integriert. Aus dem Französischen von Karen Denni Rhein (unten) und der Grand Canal d'Alsace bei der Staustufe in Breisach. (Norbert Blau, Externer Link: Wikimedia Commons) Lizenz: cc by-sa/3.0/de
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Antoine Beyer (F)
"2021-12-13T00:00:00"
"2012-05-11T00:00:00"
"2021-12-13T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/europaeische-geschichte/geschichte-im-fluss/135680/der-handelsstrom/
Lange Zeit vor der Gründung der Europäischen Union wurde der Rhein in ein Geflecht internationaler Abkommen und Verträge gebettet. So entstand über einen Zeitraum von zweihundert Jahren ein Wirtschaftsraum, der den beteiligten Staaten wichtiger war a
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Die Erinnerung an den Holocaust in Israel und Deutschland | Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg | bpb.de
Einleitung Die Kultur der Erinnerung an den Holocaust hat sich in den letzten sechs Jahrzehnten sowohl in Israel als auch in Deutschland dramatisch verändert. In den ersten Jahren nach dem Krieg wurde der Holocaust in beiden Ländern an die Seite gedrängt, denn es gab dringlichere Themen auf der Agenda: Israel hatte soeben den Unabhängigkeitskrieg beendet und eigene Kriterien für Heldentum und Verlust gefunden (die einzig die Ghetto-Kämpfer und die Partisanen erfüllen konnten), und das geteilte Deutschland wurde zum Austragungsort des Kalten Krieges. Die Strategie des Verschweigens der Vergangenheit und die Normalisierung der Gegenwart wurden in beiden Ländern verfolgt. Das versetzte die Regierungen beider Länder in die Lage, bereits 1952 ein Wiedergutmachungsabkommen zu unterzeichnen, einen Vertrag, den Israel dringend für sein wirtschaftliches Überleben und Deutschland ebenso dringend für seine moralische Rehabilitierung im Kreis der demokratischen Nationen des Westens benötigte. Erst Mitte der fünfziger Jahre verabschiedete die Knesset ein Gesetz, das Yad Vashem zur offiziellen Gedenkstätte zur Erinnerung an den Holocaust bestimmte und einen jährlichen Gedenktag im April festlegte, in der Woche zwischen Passah und Unabhängigkeitstag. Noch in den siebziger Jahren war Letzterer für junge Israelis der bedeutungsvollere Feiertag; seit den frühen neunziger Jahren wurde der "Memorial Day of the Holocaust" zum bei weitem wichtigsten offiziellen Gedenktag in Israel, und zwar selbst unter den jungen israelischen Juden, deren Eltern einst aus arabischen Ländern eingewandert waren. Dieser Vorgang belegt den dramatischen Wandel, der sich in Israel hinsichtlich der kollektiven Erinnerung an den Holocaust ereignet hat, und er unterstreicht dessen Rolle als Eckpfeiler der kollektivenisraelischen Identität seit den achtziger Jahren. Auch in Deutschland herrschten lange Jahre Verschweigen und Verzerrung. Die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, welche inder nationalsozialistischen Ära begangen worden waren, wurden weder im Schulunterricht behandelt, noch waren sie Teil des inoffiziellen täglichen Diskurses. In einer Erhebung unter deutschen Studierenden stellte sich noch in den frühen neunziger Jahren heraus, dass nur elf Prozent wussten oder zugaben, dass ihre Großeltern in der NSDAP gewesen waren, während 16 Prozent glaubten, jene seien im Widerstand gewesen; 49 Prozent wussten gar nichts über das Verhalten ihrer Vorfahren in jener Zeit. Vielleicht war es kein Zufall, dass ein offizieller Holocaust-Gedenktag in Deutschland erst nach der Wiedervereinigung 1990 deklariert wurde: der 27. Januar, der Tag, an dem 1945 das Konzentrationslager Auschwitz von der Roten Armee befreit worden war. Das zentrale Holocaust-Mahnmal in Berlin wird demnächst fertig gestellt, nach einer langen Kontroverse über Ort und Zweck: Soll die Nation, aus der die nationalsozialistischen Täter stammten, nur der jüdischen Opfer gedenken? Inwiefern tritt ein solcher Ort in Konkurrenz zu den authentischen Orten des nationalsozialistischen Terrors? Heute ist es eine offene Frage, ob das Mahnmal Teil eines jeden offiziellen Besuchs der Hauptstadt werden wird, wie es in Yad Vashem in den vergangenen Jahrzehnten der Fall war. In diesem Zusammenhang ist es interessant zu bemerken, dass es sich die Deutschen erst seit kurzer Zeitgestatten, ihre eigenen Opfer zu betrauern, etwa in Dresden oder bei Flucht und Vertreibung aus dem Osten. Vielleicht habendie Deutschen zu lange geglaubt, dass sie angesichts dessen, was den Opfern der Nationalsozialisten während des Holocaust geschah, kein Recht hätten, eigene Verluste zubetrauern. Meine These lautet, dass in Israel und Deutschland die Erinnerungskultur und die Kultur des Vergessens des Holocaust eng miteinander verwoben sind. Beides geschieht auf wenigstens zwei Ebenen: zum einen auf der öffentlichen bzw. politischen Ebene, wo die Erinnerungskultur zunehmend für politische Ziele instrumentalisiert wird, zum anderen auf der individuellen Ebene, auf der das Durcharbeiten der Vergangenheit von aktuellen Anlässen abgegrenzt wird. Letzterer ist der wichtigere Prozess, aber es ist schwieriger, die Vergangenheit auf der individuellen Ebene durchzuarbeiten. Manchmal schlagen politische Bemühungen einer Überbetonung der Erinnerung an den Holocaust in ihr Gegenteil um und befördern das Vergessen auf der eher individuellen Ebene, und umgekehrt. Weil mir die israelische Erinnerungskultur näher liegt als die deutsche, werde ich mich im Folgenden auf Israel konzentrieren. Ich hatte kürzlich die Möglichkeit, parallel die Nachwirkungen des Holocaust auf die zweiten und dritten Generationen wie auf den aktuellen israelisch-palästinensischen Konflikt zu erforschen. Einige meiner Eindrücke und Gedanken über die Wechselwirkungen werde ich nun schildern. Ich betrachte Israels aktuelle Situation als Zustand verdichteter Interaktion von Konflikten, bei denen wir nicht das Privileg haben, sie getrennt durcharbeiten zu können. Ich werde mich vor allem auf die Graswurzelebene konzentrieren. Vergangenheit und Gegenwart trennen oder verbinden Gewöhnlich beherrschen Bilder einer geordneten Abfolge von Wandlungsprozessen unsere Vorstellungen. Wir glauben, dass man erst die Traumata der Vergangenheit durcharbeiten müsse, bevor man die Energie aufbringt, sich der Gegenwart zuzuwenden. Oder: Man sollte zuerst aktuelle Konflikte befrieden, bevor man sich den Luxus leistet, ungelöste Konflikte der Vergangenheit zu bearbeiten. Ich bin davon überzeugt, dass die Realität viel chaotischer ist: Wir können keine der beiden Abläufe wirklich befolgen, denn wir müssen unsere gegenwärtige Situation bewältigen, während wir zur gleichen Zeitungelöste Konflikte der Vergangenheit durcharbeiten. Das gilt in besonderer Weise für den Holocaust. Das liegt vor allem daran, dass die meisten Menschen es vorziehen, Konflikte erst gar nicht anzugehen. Wir bevorzugen ein klares Selbstbild von Harmonie und Kohärenz, und so möchten wir auch von unseren Mitmenschen wahrgenommen werden. Viele versuchen dieses Selbstbild sogar dann aufrechtzuerhalten, wenn es Signale gibt, dass es nicht mehr funktioniert, weil es nicht der Realität entspricht. Erst wenn es keine andere Wahl mehr gibt, wenn man sich einer Krise gegenübersieht oder sich in einer Sackgasse befindet, wird man gezwungen, die Konflikte im Selbst oder mit anderen anzugehen. Wenn diese Konflikte in verdichteter Interaktion auftreten, wird es umso schwieriger, sie durchzuarbeiten. Vielleicht liegt darin ein Paradoxon menschlicher Selbstreflexion: Wenn sie hilfreich wäre, wird sie vernachlässigt; wenn sie notwendig ist, ist sie häufig zu schwierig. Israel ist ein Laboratorium der verdichteten Interaktion von Konflikten. Seit dem Jahr 2000 befinden wir uns in einer schwierigen Phase des Konflikts mit unseren Nachbarn, und die israelische Gesellschaft durchlebt zurselben Zeit eine ihrer schwersten gesellschaftlichen Identitätskrisen: säkular gegen religiös, rechts gegen links, ethnisch definierte Immigrantengruppen gegen Veteranen, Reich gegen Arm, Allmacht gegen Ohnmacht. Jeder vorstellbare Konflikt spielt sich hier ab. Zwei meiner Studenten haben vor kurzem mit einer Gruppe von Sabras und russischen Immigranten gearbeitet. Die Teilnehmenden sollten sich zwischen zwei Polen selbst verorten: Der eine bedeutete "100 Prozent Israeli", der andere "das Gegenteil". Überraschenderweise fanden sich die meisten Gruppenmitglieder irgendwo in der Mitte wieder. "Wir wissen, warum wir hier sind, aber wie kommt es, dass ihr hier seid?", fragten die Russen die Sabras. Einige der Sabras führten an, warum sie sich nicht mehr als "100 Prozent Israeli" fühlten. Was hat das zu bedeuten? Während einige die Aussage als Regression deuteten - eine Distanzierung von einer idealisierten israelischen Identität -, sahen andere darin eine Progression, eine Bewegung nach vorne, weil man nun in der Lage sei, den künstlichen Kollektivismus der Vergangenheit kritischer zu sehen und eine Identität zu wählen, anstatt in eine solche gezwungen zu werden. Jene, die zu diesem kritischen inneren Dialog fähig sind, müssen ihn unter sehr ungünstigen Bedingungen vollziehen, begleitet von äußeren Bedrohungen, die gewöhnlich mit jenen Gruppen verbunden sind, die versuchen, diesen Erneuerungsprozess aufzuhalten. Die Vorstellung einer derart verdichteten Interaktion von Konflikten mag dem deutschen Publikum sehr fern erscheinen, denn es befindet sich ja mitten in einer erneuerten deutsch-europäischen Gesellschaft, die ihren eigenen Wohlstand und Einfluss genießt und von vergangenen oder aktuellen Konflikten kaum berührt wird. Doch aus meiner naiven Sicht haben wir mehr gemeinsam, als es von einem politischen Blickwinkel aus den Anschein hat. Unsere beiden Gesellschaften hatten die Wahl zwischen einer Normalisierung der Gegenwart und der Vergangenheit, indem schwierige Themen unterdrückt wurden, und dem Versuch, sich diesen Konflikten zu stellen und sie angemessen durchzuarbeiten. Vielleicht haben die Israelis heute diese Wahl nicht mehr, denn unsere Konflikte, ob wir wollen oder nicht, begegnen uns an jeder Straßenecke und in jeder Zeitung. Dagegen scheint es mir möglich, dass die Deutschen ihren ungelösten Konflikten nach wie vor ausweichen können oder gar behaupten können, sie existierten nicht mehr, weil ihr Einfluss auf das tägliche Leben sehr gering zu sein scheint. Die Israelis haben lange den Schild einer überaus selbstbewussten nationalen Selbstpräsentation benutzt, die jetzt eine kritische undschmerzhafte Phase der Neubewertung durchläuft. Wir müssen bescheidener werden, in unseren Erwartungen wie im Verhältnis zu jenen, mit denen wir als Nachbarn zu leben haben. Deutschland hingegen kann sein Wiedererstarken als wichtigste wirtschaftliche und politische Macht Europas feiern, nachdem es eine lange Periode internationaler und interner Kritik durchlaufen hat. Und doch bleibt die Frage auch für die Deutschen gültig: Was haben wir zurückgelassen - unberührt, unsichtbar, noch immer ungelöst? Gibt es Themen aus der NS-Ära und dem Holocaust, die endlich angegangen werden sollten, die in der Nachkriegsgesellschaft niemals vollständig diskutiert wurden? Das gilt auch für andere europäische Gesellschaften, und dieser Umstand kann Auswirkungen auf die gesellschaftlichen und politischen Belange Europas haben. Diese Frage muss beantwortet werden, und es steht mir nicht zu, dies anstelle der deutschen Intellektuellen zu tun. Ich werde nur einige wenige Punkte ansprechen, die ich als Beispiele für ungelöste Konflikte der Vergangenheit kennzeichne und die für Gegenwart und Zukunft Bedeutung haben. Beim ersten handelt es sich um die Identifikation mit dem Opfer und um das "Auch - wir - haben - gelitten"- Syndrom. Das sind zwei getrennte Vorgänge, die sich auf seltsame Weise gegenseitig beeinflussen - in unserer Psyche, in unserer Selbstpräsentation und in unserer Interaktion mit anderen. Mit "Identifikation" meine ich Empathie mit Opfern eines von Menschen gemachten Unheils. Diese wird häufig von einem versteckten Prozess begleitet, sich von jenen persönlich zu distanzieren: Ich kämpfe für die Rechte der Armen in Ruanda, aber ich möchte sie nicht in meinem eigenen Haus haben. Mit dem "Auch-wir-haben-gelitten"-Syndrom meine ich unsere Tendenz, eigene Leidensgeschichten zu schildern, sobald wir mit denen anderer konfrontiert werden. Dadurch schaffen wir ein psychologisches Gegengewicht gegen die Last der Asymmetrie: Sie leiden und ich nicht, insbesondere, wenn ihr Leiden in meiner Verantwortung liegt oder lag. Ich bin überrascht, wie stark diese Argumentation sein kann und welch guten Schutzschild gegen die moralische Last der Asymmetrie sie jenen bietet, die sie gebrauchen. Wir haben dieses Syndrom zum ersten Mal bei Interviews mit Deutschen entdeckt. Im Krieg aufgewachsene Personen, deren Eltern nicht an den NS-Gräueln beteiligt waren, benutzen diesen Schild sogar noch häufiger als jene, deren Eltern nachgewiesenermaßen NS-Täter waren. Das liegt zunächst einmal daran, dass die Befragten ihre Lebensgeschichten, ihr Leiden im Bombenkrieg und im Hunger der Nachkriegszeit schilderten. Aber das Syndrom wurde zur Flucht vor der Realität, wenn der Befragte es von Anfang bis Ende benutzte: ein Schild, mit dem man das Leid der NS-Opfer relativieren konnte. Es ist ein sehr kluger Schutzschild, denn er wird von persönlichen Erfahrungen gestützt, und was verschwiegen wird, kann leicht von jenen übersehen werden, die an einer ähnlichen psychologischen Störung leiden. Wir glauben, dass es zwei Arten der psychologischen und moralisch unangemessenen Reaktion gibt: solche, die das den NS-Opfern von ihren Familien und der Nation zugefügte Leid übersehen (der moralische Aspekt), und solche, die das ihnen, ihren Familien und ihrer Nation zugefügte Leid übersehen (der psychologische Aspekt). Wir haben in Deutschland deutlich mehr Menschen des ersten Typs getroffen als des zweiten. Wir haben nur sehr wenige Geschichten gehört, die beiden Aspekten zuzuordnen wären und so den Konflikt zwischen moralischer Sauberkeit und psychologischer Gesundheit unter Kontrolle haben. Das ist beileibe kein allein deutsches Problem, wie es manche gerne glauben mögen. Hier tritt ein menschlicher Defekt zutage, den ich auch in anderen, ähnlichen Situationen bemerkt habe. Wenn wir die jüdisch-arabische Gruppe an unserer Universität betrachten, taucht dieses Thema immer wieder auf. Im Gegensatz zu den deutsch-jüdischen Nachkriegsbeziehungen - in denen der eine der Übeltäter, der "völlig Schlechte" war und der andere das Opfer, der "völlig Gute" - tendieren im israelisch-palästinensischen Konflikt beide Seiten dazu, sich selbst als Opfer der anderen Gruppe (und daher als "völlig Gute") zu sehen. Dieser Teil der Geschichte verschlingt sie, sodass sie die Verantwortung der eigenen Bevölkerungsgruppe für das Leid der anderen völlig übersehen. Mehr noch, die jüdische Gruppe sieht sich aufgrund ihrer Geschichte als berechtigter an, sich als Opfer zu fühlen: aufgrund des Holocaust sowie der Verfolgungen und Pogrome früherer Jahrhunderte. Hier liegt die Verbindung zwischen dem, was wir heute sind, und dem, was wir in der Vergangenheit waren. Weil wir die Opferrolle im Holocaust und während anderer Verfolgungen nicht genügend durchgearbeitet haben, kann sich heute ein Gefühl verstärken, ewig Opfer zu sein. Diesen Teufelskreis können wir nur mit einer sehr großen Schleife durchbrechen, die es sehr schwer hat, in das kollektive Bewusstsein zu dringen. Die meisten Menschen neigen dazu, eine Rangfolge aufzustellen: Wir können menschliches Leid nicht einfach als Unterschied zwischen Menschen wahrnehmen, sondern versuchen immer, es als "Mehr" oder "Weniger" einzuschätzen. Wir wissen von Interviews mit Familien von Überlebenden, dass manche eine Art versteckter Skala des Leidens entwickelt haben, die aktuelle Anforderungen der Aufmerksamkeit oder Kompensation bewirkt: Die Auschwitz-Überlebenden haben mehr als jene gelitten, die sich versteckt haben, oder jene, die nach Russland flohen, oder jene, die sich nach Israel absetzen konnten und so dem Holocaust entgingen. Es ist ein schrecklicher Diskurs, unverständlich für Außenstehende, aber ein sehr mächtiger. Vor kurzem hat eine meiner Doktorandinnen drei Generationen der "Kastner-Familie" interviewt. Sie fand heraus, dass die meisten Mitglieder der ersten Generation sich selbst nicht als Holocaust-Überlebende ansahen, weil sie, "verglichen mit jenen, die wirklich in Auschwitz gelitten hatten", gar nicht gelitten hätten. Das war ihr subjektiver Kontext, und sie fühlten sich noch immer schuldig, weil sie gerettet wurden. Es ist kaum vorstellbar, welche Bedeutung dieser Umstand auf ihr Leben und das ihrer Nachkommen ausübt. Es handelt sich um eine starke und wirksame Strategie der Reparatur. Sie hilft den Menschen, einen Sinn aus dem zu gewinnen, was sie im Verhältnis zu anderen durchmachen mussten, und verleiht ihm Bedeutung für ihr weiteres Leben. Die Viktimisierung der Vergangenheit unterstützt die Viktimisierung der Gegenwart und schafft einen Teufelskreis, in dem man sich für alle Zeit verfolgt oder als Opfer wähnt. Diese Strategie ist vielleicht deshalb so erfolgreich, weil unsere Kultur das Leiden (aus einiger Entfernung) hoch einschätzt und Menschen, die gelitten haben, anerkennt, während es den Tätern und ihrer Umgebung den Rücken zuwendet. Ist man einmal in der Psychologie des Opfers gefangen (selbst wenn es ursprünglich gerechtfertigt war), übersieht man nur allzu leicht die Möglichkeit, dass man im Leben niemals nur Opfer ist. Es ist sehr schwierig für uns alle, als Nachkommen von Überlebenden den Täter in uns zu erkennen. Mit dem Opfer in uns können wir frei reden, und zwar von Kindesbeinen an. Viel schwieriger ist es, eine innere Kommunikation mit dem Täter in uns zu beginnen. Die meisten von uns glauben, dass er gar nicht existiert. Die Psychologie hat Werkzeuge entwickelt, um Opfern oder Überlebenden und ihren Nachkommen gerecht zu werden. Allan Young betont das Paradox, dass Vietnam-Veteranen, die während des Krieges Täter waren, zuerst als Opfer anerkannt werden mussten, um wegen Posttraumatischer Belastungsstörungen (PTSD) behandelt werden zu können. Andernfalls hätten sie weder Aufmerksamkeit bekommen, noch wären sie für ihren Militärdienst entschädigt worden. Es gibt kein Modell, um die Tatsache angemessen zu verstehen, dass Menschen innerhalb von wenigen Tagen die schrecklichsten Verbrechen begehen können, nachdem sie mit ihren Opfern jahrelang friedlich zusammengelebt haben, wie es etwa der Fall war in Bosnien, oder wie es Christopher Browning für die NS-Täter beschrieben hat. Ich schlage vor, dass wir uns auf die Suche nach der Beziehung der beiden Rollen in unserer Psyche machen sollten, damit man mit beiden Rollen kommunizieren und sie loslassen kann. Das bedeutet, den Kontext unserer Eltern und Großeltern zu verlassen. Wenn ich nicht mehr Opfer bin, und ebenso wenig Täter, wer bin ich dann? Eine weitere Funktion eines offenen Dialoges mit dem Opferdasein wird offenkundig: Es bedient das Bedürfnis, nicht mit schwierigen Fragen behelligt zu werden, denen wir auszuweichen versuchen. Die jüdische säkulare Bevölkerung erleidet heute weltweit eine ihrer größten Identitätskrisen, denn der kleinste gemeinsame Nenner - die Erinnerung an Verfolgung und Völkermord - ist im Schwinden begriffen. Die Gefahr, den Holocaust zu banalisieren - eine nicht geringere Gefahr als der Revisionismus, ihn zu vergessen oder zu leugnen -, hängt mit der Tatsache zusammen, dass die säkularen Juden das einigende Band verlören, sobald er beiseite geschoben wird. Für die Israelis wurde das zur realen Gefahr, nachdem der Friedensprozess 1993 zur realistischen Möglichkeit wurde. Die Palästinenser als bedrohlichen Feind zu "verlieren" und sie stattdessen als potenzielle Partner anzusehen (ein Vorgang, den sehr viele heute mit allen Mitteln verhindern wollen) ist ein schwieriger Prozess, der alle Energien bindet. Einer meiner Studenten arbeitete als Psychologe und begleitete die gemeinsamen Patrouillen der Israel Defense Force und der palästinensischen Sicherheitskräfte. Sie hatten die Erfahrung machen müssen, aufeinander zu schießen und am nächsten Tag gemeinsam auf Streife zu gehen. Können Sie sich vorstellen, was das von den Menschen verlangt hat? Die Aufgabe der Selbstdefinition als Verfolgte könnte einen Klärungsprozess erfordern: Was ist unsere gemeinsame Basis? In Israel lernen jüdische Kindergartenkinder bereits sehr früh, dass bei jeder Feierlichkeitjemand versucht hat, uns zu verfolgen, und dass wir diese bösen Absichten jedesMal überlebt haben. Ich glaube, dasswirunseren Kindern auch ein paarandere Dinge beibringen müssen. Dies belegt die Vorstellung einer verdichteten Interaktion von Konflikten: Es gibt keine Möglichkeit, einen Einzelkonflikt zu lösen, weil die anderen mit ihm derart eng verbunden sind. Manche Leute würden aus dem bisher Gesagten am liebsten die Konsequenz ziehen, über den Holocaust und seine Folgen nicht mehr zu diskutieren. Das wäre der falsche Weg. Mein Augenmerk liegt auf der Banalisierung des Holocaust, auf seinem Missbrauch für tagespolitische Zwecke, etwa nach dem Motto: "Wir sollten stark sein, weil wirso viel durchgemacht haben." Wir haben diesen Vorgang zuletzt bei Siedlern im Gazastreifen beobachten können, als sie sichaus Protest gegen Sharons Abzugspläneeinen Davidstern anhefteten. Ich glaube, dass diese Leute den Holocaust missbrauchen und ihn aus seinem Kontext herauslösen, aus der Erfahrung der Menschen, die ihn durchlitten haben, mit ihrem täglichen Leid und den Gefühlen des Verlustes und der Hilflosigkeit. Ich möchte bei meiner Auseinandersetzung mit der Banalisierung des Holocaust nicht jene unterstützen, die ihn vergessen möchten oder behaupten, er habe sich nie ereignet. Wir sollten uns auf die ernsten, ungelösten Fragen konzentrieren, die uns der Holocaust überlassen hat. Er bietet uns die Möglichkeit, etwas über die menschliche Natur zu erfahren, was wir noch nicht verarbeitet haben, und vielleicht sind wir nicht in der Lage, es jemals zu verarbeiten: Wie können gewöhnliche Menschen anderen Derartiges antun, und zwar ohne Reue und über einen derart langen Zeitraum hinweg? Wie können andere zur Seite schauen oder sogar stumm applaudieren? Wie können Menschen ein normales Leben führen, nachdem sie die Hölle durchlitten haben? Was bedeutet Normalität, drei Generationen nachdem die Verbrechen stattfanden? In Wirklichkeit sind wir immer noch unfähig, mit dem Holocaust angemessen umzugehen. Die Katastrophe ist so gewaltig, sie hat schmerzhafte Spuren in den Seelen der Überlebenden hinterlassen und Aspekte der Menschlichkeit und ihrer dünnen Schale ans Licht gebracht, die uns denken lassen, da wir einen Teil erfassen, würden wir nun die ganze Geschichte kennen. Durch jede Vita von Überlebenden, die wir interviewt haben, erfahre ich Dinge, die ich bis dahin nicht wusste. Unsere Hilflosigkeit ist so groß, dass die meisten es nicht aushalten können. Wir haben keine Möglichkeit, die Leere darzustellen, die Verlassenheit, die sie erzeugt hat und die Daniel Libeskind mit dem Jüdischen Museum in Berlin versucht hat darzustellen. Es ist genau diese Leere, die Stille, die dem Holocaust folgte (bei Überlebenden wie bei Tätern, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen), die so schwer zu benennen und Stück für Stück durchzuarbeiten ist. Wir können das nicht alleine leisten, und meist können wir es auch nicht in Gruppen (obwohl diese uns eine Illusion von Sicherheit und Kontrolle vermitteln mögen). Es mangelt an fast allem, und zwar in emotionaler, kognitiver und behavioristischer Hinsicht. Einige haben Schwierigkeiten, Mitgefühl mit jenen zu empfinden, die gelitten haben, weil wir uns ihre Situation und ein Überleben darin nicht vorstellen können. Manche tendieren zur Vorstellung einer metaphysischen Welt: Weil diese Menschen zu Opfern wurden, müssen sie etwas begangen haben, was dies rechtfertigt. Andere haben nur begrenzte Einsicht, weil sie sofort an ihr eigenes Leiden denken. Aber es gibt auch Menschen, die sich dem Schmerz stellen und ihn aushalten; die ihren begrenzten Horizont verlassen und die Unendlichkeit des Anderen erfassen können. Das sind die Pioniere der Begegnung mit den Opfern und ihrer Hilfe. Auf der kognitiven Seite haben wir Schwierigkeiten, die inneren Konflikte auszuhalten. Einen Konflikt angehen und zu bewältigen ist etwas anderes, als gegen jemanden zu kämpfen oder Partei für jemanden zu ergreifen; die letzteren Verhaltensweisen sind wir gewohnt. Wir sind gerne Partei für die eine Seite, die uns näher scheint, und greifen die andere an, verleugnen oder delegitimieren sie. Dadurch werden wir zu Sklaven des Konfliktes, denn wir nehmen ihn nicht mehr in seinem ganzen Umfang wahr und versuchen, die Tatsache zu bestreiten, dass jene, die den Konflikt systematisch planten, und jene, diean seinen Auswirkungen litten, Menschen mit demselben Denken, mit Seelen und Körpern waren. Aber es gibt natürlichauch jene, die über die Fähigkeit verfügen, kognitive Kontrolle und Illusionen fahren zu lassen, die systemorientiert denken, für die kognitive Komplexität und Zweideutigkeit Herausforderung und nicht Bedrohung sind. Schließlich können wir nur wenig tun angesichts dieser riesigen Phänomene. Selbst wenn das Böse langsam an Macht gewinnt, scheint es uns anfangs nur sehr klein zu sein, zu klein, um irgend etwas dagegen zu unternehmen. Es wird immer auch Menschen geben, die wacher und auch kognitiv darauf vorbereitet sind, eine neue, vom Menschen verursachte Katastrophe zu verhindern oder eine bereits existierende an der Ausweitung zu hindern. Es ist unsere pädagogische Aufgabe, solche Menschen in den Mittelpunkt unseres Lernens aus Erfahrungen zu stellen und sie nicht etwa zu entwerten, weilsie in unserer westlichen Wettbewerbs- und Konsumgesellschaft nicht als Gewinnergelten. Unsere Vorstellung, wie mit verdichteten Konflikten umzugehen ist, muss deshalb die bisherigen Mängel auf drei Ebenen benennen und jene bestimmen, die besser ausgestattet sind, um mit ihnen umzugehen. In diesem Diagramm werden menschliche Fähigkeiten verzeichnet, die sich fundamental von jenen unterscheiden, die in der Nachkriegsgesellschaft hoch gehalten wurden, die nämlich in Wirklichkeit die Vorkriegswerte fortführten - als ob sich der Holocaust nie ereignet hätte. Der Kalte Krieg hatte zu Stagnation geführt. Jetzt ist die Gelegenheit, diese Prozesse kritisch zu untersuchen, um den Holocaust als persönliche Erfahrung in den Mittelpunkt unserer Untersuchung der menschlichen Erfahrungen zu rücken. Wir müssen versuchen, diese Punkte in aller Bescheidenheit anzubringen, wann immer wir die Möglichkeit dazu sehen, bis sie akzeptiert werden. Darin sollte unsere gemeinsame Kultur der Erinnerung liegen. Der Holocaust und der israelisch-palästinensische Konflikt Ich bin häufig danach gefragt worden, ob ich als israelischer Jude und Wissenschaftler, der über die psychosozialen Nachwirkungen des Holocaust geforscht hat, verstehen kann, wie Menschen, die durch eine Hölle wie den Holocaust gegangen sind, bzw. ihre Nachfahren mit einer solchen Härte gegen die Palästinenser in den besetzten Gebieten vorgehen können. Wie kann es sein, dass die Juden, die nur sechzig Jahre zuvor von den Nationalsozialisten erniedrigt, verfolgt, ghettoisiert und ermordet wurden, heute eine ganze Bevölkerung durch Verfolgung quälen können - durch Checkpoints, Besatzung und Zerstörung von Land und Häusern, durch die Errichtung eines Zaunes, durch unterschiedsloses Schießen und Bomben? Wie ist dieses Paradoxon zu verstehen? Die Fragesteller weisen sehr unterschiedliche Motivationen und Betroffenheiten auf. Zum einen handelt es sich um Antisemiten, die Freude dabei empfinden, Juden zu verletzen, und zwar aus zweifachen Gründen: darüber, was den Juden während des Holocaust angetan wurde und wofür die Antisemiten keinerlei Mitgefühl haben, zweitens wegen der komplizierten Position, in der sich die israelischen Juden derzeit befinden. Den Staat Israel sehen sie als Rechtfertigung für ihr apriori mit Hass verbundenes Denken an. Mit diesen Leuten diskutiere ich nicht, weil ich deren Position als unethisch und illegitim betrachte. Sie haben mit mir keine gemeinsame Kultur des Erinnerns. Zum zweiten sind es Palästinenser oder ihre glühenden Unterstützer, die mich provozieren möchten: Sie möchten die Moralität des israelisch-jüdischen Besatzers in Frage stellen, indem sie das Argument, das gewöhnlich von Juden benutzt wird, um die totale Unterstützung für Israel zu erbitten, nämlich den Hinweis auf das, was den Juden während des Holocaust passiert ist, einfach gegen Israel kehren. Ich glaube, dass sie das Recht haben, diese Frage zu stellen, leben sie doch in unmittelbarem Kontakt mit den israelischen Juden, und sie leiden ganz sicher daran und haben bereits seit vielen Jahren gelitten. Aber nach meiner Erfahrung ist eine Diskussion dieser Fragen mit ihnen nur dann fruchtbar, wenn sie in der Lage und willens sind, nachzuvollziehen, was es bedeutet, dass die Juden durch die Hölle gingen, was es bedeutet, ein Drittel der weltweiten jüdischen Bevölkerung innerhalb von zwölf Jahren des Wahns einer "arischen" Vorherrschaft zu verlieren, während die Welt mehr oder weniger unbeteiligt zusah und es geschehen ließ. In meiner israelisch-arabischen Studentengruppe beginnen manche arabischen Studenten das Seminar, indem sie die jüdischen Kommilitonen mit dieser Frage konfrontieren. Aber nachdem sie sich einige Geschichten von jüdischen Gruppenmitgliedern, deren Großeltern die Shoah durchgemacht hatten, angehört haben, verändert sich der Ton. Sie mögen das Verhalten der Israelis gegenüber den Palästinensern noch immer kritisieren, aber sie haben nun eine Vorstellung davon, was Juden erlitten haben und wovor sie sich noch immer fürchten. Auf ähnliche Weise erfahren jüdische Gruppenmitglieder vom Leiden der Palästinenser, wenn die arabischen Israeli erzählen, was sie von ihren Großeltern oder Eltern gehört haben, und sie denken wiederum über die eigenen Familiengeschichten nach, in denen die Geschichten der Palästinenser keinen Platz haben. Zum dritten stellen Juden und ihre Freunde in der internationalen Gemeinschaft die erwähnten Fragen. Sie sind tief besorgt über ethische und Menschenrechtsfragen. Sie sind verletzt, sie empfinden tatsächlich Schmerz, zumindest seit 1967, als die Palästinenser unter israelische Besatzung gelangten. Sie können es nicht ertragen, in der Position eines potenziellen Gewalttäters und Besatzers zu sein. Was sie aus dem Holocaust gelernt haben, ist die universale und humanistische Lektion, nach der man Opfer und Minderheiten verteidigen sollte, wo immer sie sich befinden, einschließlich der Palästinenser. Sie leiden besonders an der arroganten israelischen und der dominanten jüdischen Diaspora-Position, sich nicht um Araber und um die Palästinenser im Besonderen zu scheren. Ich empfinde Sympathie für diese Einstellung, und einige gute Freunde teilen diese Position. Aber ich fürchte, dass diese Positionen ebenso einseitig ist wie die jüdische Gegenmeinung, mit der sie solche Schwierigkeiten haben. Denn die im Moment lauteste Gruppe in der Diaspora und unter israelischen Juden hat eine vollkommen andere Lektion aus dem Holocaust gelernt: "Wir können niemandem vertrauen, und deshalb sollten wir stark und dominant sein, weil wir nur so in dieser Welt überleben können, und wenn uns die Palästinenser im Weg sind, Pech gehabt, denn wir kümmern uns nur um uns selbst, weil sich niemand damals um uns gekümmert hat." Normalerweise stellen sie die oben erwähnten Fragen nicht. Ich habe ein Problem mit beiden jüdischen Gruppen, den universalen Humanisten und den machtorientierten Isolationisten. Beide haben sie aus dem Holocaust nur jeweils eine Sache gelernt, und sie übertragen diese Lektion auf sehr verschiedene Realitäten. Sie erkennen nicht, wie sehr sich die Welt des Nahen Ostens heute von der in Europa vor dem Holocaust unterscheidet. Nach meiner eigenen psychologischen Terminologie haben sie den Konflikt nicht durchgearbeitet, und sie haben den Holocaust nicht genügend betrauert, um in der Lage zu sein, die heutigen Schwierigkeiten angemessen zu erkennen, ohne sich immer gleich auf den Holocaust zu beziehen. Ihre Logik wird entweder durch kognitive, rationale Werte (die Humanisten) oder durch ängstliche, racheerfüllte Emotionen (die Isolationisten) bestimmt. Die erste Gruppe kann Israels Vorgehen gegen die palästinensische Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten nicht akzeptieren, während die zweite keinerlei Kritik an Israels Besatzungspolitik ertragen kann, nicht einmal am Fehlverhalten der Vergangenheit. Die letztgenannte Gruppe überträgt ihre mit dem Holocaust verbundenen Aggressionen auf die Palästinenser, vielleicht als späte, unkontrollierte Schuldgefühle, weil man damals nicht genug getan habe zur Rettung derer, die hätten gerettet werden können. Es gibt einen anderen Weg. Dieser wird im Moment zwischen den beiden polarisierten Meinungen zermahlen. Er wäre jedoch geeignet, mit den Schwierigkeiten angemessen umzugehen. Nehmen wir zum Beispiel das Thema Trennzaun bzw. Mauer. Weil Hunderte von Israelis in den vergangenen vier Jahren von Selbstmordattentätern getötet wurden und ein Zaun diese von zivilen Zentren in Israel fern halten kann, hat Israel das Recht, seine Bevölkerung durch die Errichtung einer derartigen Barriere zu schützen. Aber weil dieser Zaun bzw. diese Mauer so gebaut wird, wie es die aktuelle israelische Regierung tut, nämlich innerhalb der Palästinensergebiete, und dadurch das alltägliche Leben für Hunderttausende von Menschen unerträglich macht, muss dieser Vorgang offen und laut kritisiert werden. In den vergangenen vier Jahren haben Juden überall auf der Welt die Palästinenser dämonisiert, um sich nicht den wirklichen Themen zuwenden zu müssen: Israel muss die Besatzung beenden und die Siedlungen in der Westbank und in Gaza auflösen, damit die Palästinenser zu einem eigenen Staat in der Lage sind. Diese Zweistaatenlösung bedeutet nicht, dass es in der Zukunft keine Risiken mehr geben wird. Es ist nicht leicht für Juden, im Nahen Osten zu leben. Aber das bedeutet nicht, dass man alles und jedes mit dem Holocaust vergleicht, der ein anderes Ereignis zu einer anderen Zeit der Geschichte war. Meine Kultur der Erinnerung bedeutet, kalkulierbare Risiken auf sich zu nehmen und Mitgefühl gegenüber der palästinensischen Tragödie aufzubringen, aber auch, die Palästinenser mit der unseren zu konfrontieren. Wir waren 1993 für kurze Zeit auf diesem Weg, und dahin müssen wir zurück. Wir sollten dieser Richtung Stimme und Gelegenheit geben, damit Israelis und Palästinenser erst ihre internen Schwierigkeiten austragen, bevor sie verkünden, welche Lehren sie aus der Geschichte gezogen haben. Quellen / Literatur Auszug aus: Interner Link: Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ 15/2005) - Die Erinnerung an den Holocaust in Israel und Deutschland Übersetzung aus dem Englischen: Hans-Georg Golz, Bonn. Auszug aus: Interner Link: Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ 15/2005) - Die Erinnerung an den Holocaust in Israel und Deutschland Übersetzung aus dem Englischen: Hans-Georg Golz, Bonn. Vgl. Tom Segev, The Seventh Million, Jerusalem 1992 (hebräisch/H); dt. Reinbek 1995. Vgl. Dan Bar-On/O. Selah, The "vicious cycle" between current social and political attitudes and attitudes towards the Holocaust among Israeli youngsters, in: Psychologia, 2 (1991) 2, S. 126 - 138 (H). Vgl. Dan Bar-On, The "Other" Within Us: Changes in the Israeli Identity from a Psychosocial Perspective, Jerusalem 1999 (H); dt. Hamburg (Körber-Stiftung) 2001. Vgl. ders./P. Hare/M. Brusten/F. Beiner, "Working through" the Holocaust? Comparing questionnaire results of German and Israeli students, in: Holocaust & Genocide Studies, 7 (1993) 2, S. 230 - 246. Vgl. Helga Hirsch, Schweres Gepäck, Hamburg 2003. Die Sabra ist eine tropische Frucht mit einer dornigen Schale. Sie wurde zur Metapher für den in Israel geborenen Juden, dessen Äußeres häufig rau sei, der aber einen weichen Kern aufweise. Vgl. Dan Bar-On/A. Gaon, "We suffered too": Nazi children's inability to relate to the suffering of the victims of the Holocaust, in: Journal of Humanistic Psychology, 31 (1991) 4, S. 77 - 95. Im Frühsommer 1944 wurden mehr als 15 000 ungarische Juden anstatt nach Auschwitz zur Zwangsarbeit nach Österreich verschickt. Diese so genannten "Kastner-Juden" - Rudolf Kastner verhandelte als Leiter des zionistischen Budapester Hilfs- und Rettungskomitees mit der SS - wurden im Raum Wien und Niederösterreich zum Arbeitseinsatz verschleppt. Ende 1944 und im Frühjahr 1945 wurde ein großer Teil von ihnen nach Theresienstadt deportiert. Insgesamt 1 648 Juden, darunter Mitglieder seiner eigenen Familie, verdanken Kastner ihr Leben. Kastner wurde 1957 in Israel ermordet. In einem Gerichtsverfahren war ihm zuvor vorgeworfen worden, "mit dem Teufel" (Adolf Eichmann) verhandelt und nur jene Juden gerettet zu haben, die ihm nahe standen. Die Rettung war teuer erkauft: Kastner wusste von der bevorstehenden Vernichtung der über 450 000 ungarischen Juden, musste diese aber verschweigen. Vgl. Allan Young, The Harmony of Illusions, Princeton 1996. Vgl. Christopher Browning, Ordinary Men, New York 1992. Vgl. Emanuel Levinas, Totality & Infinity: An Essay on Exteriority, Pittsburgh 1990 (frz. Orig. 1961). Vgl. Dan Bar-On, Who counts as a Holocaust survivor? Who suffered more? Why did the Jews not take revenge on the Germans after the war?, in: Freie Assoziationen, 4 (2001) 2, S. 155 - 187. Vgl. ders., Erzähl dein Leben! Meine Wege zur Dialogarbeit und politischen Verständigung, Hamburg (Körber-Stiftung) 2004.
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Dan Bar-On
"2022-01-03T00:00:00"
"2011-11-08T00:00:00"
"2022-01-03T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/nationalsozialismus-zweiter-weltkrieg/dossier-nationalsozialismus/39632/die-erinnerung-an-den-holocaust-in-israel-und-deutschland/
Nach 1945 mieden Israelis und Deutsche zunächst die Erinnerung an den Holocaust. Heute wird sie hier wie dort öffentlich betrieben – und instrumentalisiert. Am Beispiel des Palästinenser-Konfliktes erläutert Dan Bar-On die politischen und privaten St
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Startschuss für neuen Standort der Bundeszentrale für politische Bildung in Gera | Presse | bpb.de
Sehr geehrte Damen und Herren, die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb eröffnet in Gera ihren dritten Standort neben Bonn und Berlin. Wie an den bisherigen Dienststellen in Bonn (Hauptsitz) und Berlin, wird auch von Gera aus bundesweit gearbeitet. Der erste offizielle Besuch findet am Dienstag, 31. August 2021 statt. Volkmar Vogel, parlamentarischer Staatssekretär beim BMI, wird sich gemeinsam mit Thomas Krüger, Präsident der bpb, sowie weiteren Führungskräften des Hauses ein Bild von den Fortschritten vor Ort machen. Wir laden Sie herzlich ein zu einem Pressetermin am 31.08.2021 um 14:45 Uhr am neuen Standort der bpb in Gera. Adresse: Haus Blendax, Stadtgraben 16, 07545 Gera. Mit dem Standort in Gera will die bpb die Arbeit breiter aufstellen, sichtbarer machen und neue Zielgruppen erreichen. Kerngedanken sind, einen maßgeblichen Beitrag der politischen Bildung für individuelle und gesellschaftliche „Veränderungsprozesse“ zu leisten und deutschlandweit „Transformationsregionen“ in den Fokus der Arbeit zu nehmen. bpb-Präsident Thomas Krüger: „In den vergangenen Monaten haben wir intensiv an unseren neuen Aufgaben, Themen und Projekten gearbeitet. Wir möchten die politische Bildung mit dem neuen Standort in Gera ausbauen, neue Zielgruppen erreichen und dezentrale Strukturen stärken. Wir sind gespannt auf die Arbeit und freuen uns, dass es in Gera nun richtig losgehen kann“. In der bpb in Gera sind drei neue Fachbereiche angesiedelt. Der Fachbereich „Politische Bildung in Veränderungsprozessen“ trägt politische Bildung in die Fläche und adressiert schwerpunktmäßig und bundesweit die von gravierenden sozioökonomischen Transformationsprozessen betroffenen Regionen. Hier sollen Zivilgesellschaft und politische Beteiligung gestärkt werden. Der Fachbereich „Politische Bildung und plurale Demokratie“ wird sich u.a. mit intersektionalem Transformations- und Erinnerungswissen sowie D.I.D. (politische Bildungsarbeit und Diversität, Intersektionalität und Dekolonialität) beschäftigen mit dem Ziel, politische Bildung zugänglicher zu gestalten und Barrieren zur gleichberechtigen Partizipation abzubauen. Der Fachbereich „Politische Bildung und Soziale Medien“ (FBM) beschäftigt sich mit den politischen und gesellschaftlichen Veränderungsprozessen durch Soziale Medien und ihren Folgen für die politische Bildung. Zudem ist im Fachbereich der Arbeitsbereich Kinder- und Familienmedien angesiedelt. Neben dem Ausbau politischer Bildungsangebote für diese Zielgruppe soll der Austausch mit Akteuren der Kindermedienlandschaft in Thüringen, aber auch darüber hinaus intensiviert werden. Meine Kollegin Miriam Vogel wird vor Ort sein und steht für Pressefragen zur Verfügung. Bitte geben Sie mir doch kurz ein Signal, ob sie zum Termin dazu kommen werden (Email an presse@bpb.de). Viele Grüße aus Bonn, Berlin und Gera Ihr Daniel Kraft - Leiter Stabsstelle Kommunikation – Die Pressemitteilung als Interner Link: PDF
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-09-30T00:00:00"
"2021-08-27T00:00:00"
"2021-09-30T00:00:00"
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Bundesbehörde eröffnet dritten Standort in Gera neben Bonn und Berlin / Erster offizieller Besuch von Volkmar Vogel am 31. August 2021
[ "Gera", "Pressemitteilung" ]
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Kommentierte Linkliste | OER - Material für alle | bpb.de
Inhalt: Interner Link: 1. Fächerspezifische Datenbanken, Portale und E-Learning-Angebote Interner Link: 2. Fächerübergreifende Datenbanken und Portale Interner Link: 3. Angebote für Universität und Hochschule Interner Link: 4. Mediendatenbanken Interner Link: 5. Suchmaschinen Interner Link: 6. Online-Tools Interner Link: 7. Software Interner Link: 8. Überblick / Weiterführende Informationsangebote 1. Fächerspezifische Datenbanken, Portale und E-Learning-Angebote 1.1 Geschichte, Politik, Historisch-politische Bildung Externer Link: europeana Europas größte Online-Sammlung von Kunst, Kultur und Wissenschaft. Sie beinhaltet Bücher und Manuskripte, Fotos und Gemälde, Skulpturen und Noten, Videos und Tonaufnahmen, Tagebücher und Karten; unterschiedliche Nutzungsrechte, z.T. CC BY-SA Beispiele: Externer Link: http://www.europeana1914-1918.eu/de: Filmarchiv, Digitalisate privater Erinnerungsstücke, Digitalisate aus Nationalbibliotheken zum Thema Erster Weltkrieg; unterschiedliche Nutzungsrechte, z.T. CC BY-SA Externer Link: http://www.europeana1989.eu/de/: Digitalisate zum Thema Umbrüche in Mittel- und Osteuropa 1989/90; z.T. CC BY-SA Externer Link: SeGu - Selbstgesteuert entwickelter Geschichtsunterricht Die Lernplattform ist ein Projekt am Historischen Institut der Universität zu Köln. Sie bündelt unterschiedliches, selbst erstelltes Material (Videos, Texte, Arbeitsblätter, etc.) für den Geschichtsunterricht, untergliedert in verschiedene Epochen. Die Inhalte stehen dabei unter der Externer Link: CC BY-SA 3.0-Lizenz. Externer Link: wir-waren-so-frei Anbieter: Bundeszentrale für politische Bildung, Deutsche Kinematek Eine Sammlung von fast 7.000 privaten Filmaufnahmen und Fotos im Kontext des Mauerfalls. Viele Materialien unter CC BY-SA oder CC BY-NC-ND. Externer Link: Gezielte Suche nach Lizenztypen möglich. MOOCs (Massive Open Online Courses) zum Thema Geschichte, Politik, Historisch-politische Bildung MOOC "Orientierung Geschichte" Der offene Onlinekurs führt in die Geschichtswissenschaft ein und gibt einen Überblick über die historische Entwicklung der Disziplin, ihre Gegenstandsbereiche und Methoden. Hinweis: In diesem Onlinekurs sind die Kursmaterialien nur dann vollständig abrufbar bzw. zugänglich, wenn der Kurs aktiv angeboten wird. Externer Link: https://iversity.org/de/courses/orientierung-geschichte Weitere MOOC’s: "HanseMOOC": Externer Link: https://www.hanse-mooc.de/ MOOC Moralische Grundlagen von Politik (in engl.) Externer Link: https://www.coursera.org/learn/moral-politics 1.2 MINT: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik Externer Link: Virtuelle Mathe-AG Anbieterin: Heike Winkelvoß Unter einer Externer Link: CC BY-SA 3.0-Lizenz stellt die Anbieterin eigens entwickelte mathematische Rätsel und Knobelaufgaben sowie Arbeitsblätter und Lernspiele für den Mathematikunterricht zur Verfügung. Die meisten Materialien dienen dem Einsatz in der Grundschule. Darüber hinaus findet regelmäßig ein virtueller Mathe-Wettbewerb statt, der auch für ältere Schülerinnen und Schüler Aufgaben bereithält. Externer Link: 3D Geometrie Anbieter: Kurt Meister Ein Mathematik- und ICT-Lehrer aus der Schweiz macht unter der Externer Link: CC BY-NC-SA 2.5 CH-Lizenz Anleitungen verfügbar, die helfen sollen, dreidimensionale geometrische Formen anzufertigen. Daneben gibt es Informationen zu freier Software und Aufgabenstellungen. Externer Link: ChiLe - Chemie interaktiv lernen Anbieter: Prof. Dr. Verena Pietzner (Universität Oldenburg) Diese Plattform widmet sich ausschließlich und intensiv dem interaktiven Chemieunterricht. Unter der Externer Link: CC BY 3.0-Lizenz gibt es Animationen, dreidimensionale Molekülmodelle, Aufgaben und komplette Lerneinheiten. Dahinter steckt die Abteilung für Chemie der Universität Hildesheim. Externer Link: Offene Naturführer Eine Sammlung offener Materialien wie z.B.: Bestimmungshilfen, Lehr- und Lernmaterialien zur Artenvielfalt unter der Externer Link: CC BY-SA 3.0-Lizenz. Es stehen zahlreiche Definitionen, Bilder, Aufgabenstellungen und thematische Diskussionsforen zur Verfügung. Die Plattform wird von Einzelpersonen, Vereinen und Projekten getragen. Externer Link: PSE in Bildern Anbieter: Jürgen Kummer Die chemischen Elemente im Periodensystem hängen doch schon in jedem Klassenzimmer? Stimmt, aber mancher braucht sie auch zu Hause oder bevorzugt ein paar plastische Bilder statt kryptischer Abkürzungen. Das geht mit dem PSE in Bildern, das unter der Externer Link: CC BY 3.0-Lizenz steht. Hier sind zu beinahe allen Elementen Kurzbeschreibungen und Fotos frei verfügbar. Externer Link: Medienportal der Siemens-Stiftung Anbieter: Siemens-Stiftung Das Medienportal der Siemens Stiftung bietet Lehrkräften und Schülern freie, kostenlose und qualitätsgeprüfte Unterrichtsmaterialien für naturwissenschaftlich-technische Fächer. Die rund 3.500 digitalen Medien zu Energie, Umwelt und Gesundheit liegen als Open Educational Resources (OER) vor und dürfen somit bearbeitet, geteilt und verbreitet werden. Sie fördern einen wertebildenden Unterricht und moderne Konzepte wie forschendes, inklusives und kooperatives Lernen. So etwa die Lehr- und Lernform Service-Learning, die fachliches Lernen im Unterricht mit gesellschaftlichem Engagement verbindet. Mittels Web Based Training oder der Handreichung „Service-Learning in den MINT-Fächern“ steigen Lehrkräfte direkt in die Methode ein und erfahren, wie man Kindern und Jugendlichen die gesellschaftliche Bedeutung von MINT vermitteln kann. Für den inklusiven MINT-Unterricht in heterogenen Klassen bietet das Medienportal spezielle Experimentiereinheiten, die auf die Bedarfe von Schülern mit verschiedenen Lernausgangslagen abgestimmt sind, weiter angepasst und im Klassenverbund eingesetzt werden können. Die Materialien eignen sich für alle Altersstufen und Schularten und liegen in Deutsch, Englisch und Spanisch vor. MOOCs (Massive Open Online Courses) für den Fachbereich MINT Hinweis: In einigen Onlinekursen sind die Kursmaterialien nur dann vollständig abrufbar bzw. zugänglich, wenn der Kurs aktiv angeboten wird. MOOC "Mechanik im Alltag" Externer Link: https://imoox.at/wbtmaster/startseite/physik.html MOOC "Aha-Erlebnisse der Experimental-Physik I & II" Externer Link: https://imoox.at/wbtmaster/startseite/experimentalphysik.html Externer Link: https://imoox.at/wbtmaster/startseite/experimentalphysik2.html MOOC "Einführung in Matlab" Externer Link: https://www.edx.org/course/einfuhrung-matlab-tumx-matlabx#! MOOC "Der Kreis" Externer Link: http://imoox.at/wbtmaster/startseite/kreis.html MOOC "Einführung in die menschliche Physiologie" (in engl.) Externer Link: https://www.coursera.org/learn/physiology MOOC "Pflanzen verstehen - Was weiß eine Pflanze?" (in engl.) Externer Link: https://www.coursera.org/learn/plantknows MOOC "Evolution - Ein Kurs für Lehrende" (in engl.) Externer Link: https://www.coursera.org/learn/teaching-evolution 1.3 Religion, Ethik, Philosophie Externer Link: rpi-virtuell.net Anbieter: Comenius-Institut Münster Diese überkonfessionelle religionspädagogische Plattform stellt u.a. offenes Unterrichtsmaterial, geordnet nach thematischen Schlagwörtern, zur Verfügung. Verantwortlich ist das Comenius-Institut München. Nicht alle Materialien stehen unter einer CC-Lizenz. Beim Abruf des jeweiligen Materials ist auf den Lizenzhinweis am Ende zu achten. Eigenes Material kann hochgeladen werden. MOOCs (Massive Open Online Courses) für die Fachbereiche Religion, Ethik, Philosophie MOOC "Wissenschaft, Philosophie, Religion" (in engl.) Dieser Kurs will dem Lernenden das Spannungsfeld von Wissenschaft, Philosophie und Religion näher bringen. Dafür stehen Videos, Texte und kurze Tests zur Verfügung. Externer Link: https://www.coursera.org/learn/philosophy-science-religion-1 Weitere MOOCs MOOC "Antike Philosophie: Plato und seine Vorgänger" (in engl.) Externer Link: https://www.coursera.org/learn/plato 1.4 Bildende Kunst, Musik Externer Link: MusOpen Anbieter: MusOpen (NGO aus den USA) Eine Plattform, die den freien Zugang zu Musik erweitern möchte und daher gemeinfreie Musik bzw. Musik unter freien Lizenzen anbietet. Titel können nach Komponisten, Instrumenten, Epochen, etc. durchsucht werden. Die genaue Lizenz ist nach Wahl eines Titels/Künstlers in der rechten Spalte der Webseite angegeben. MusOpen arbeitet momentan an spezifischen Materialien für den Musikunterricht. Externer Link: MKG Sammlung Online Anbieter: Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg Das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg stellt gemeinfreie Exponate in einer Online-Sammlung zur Verfügung. Es kann frei nach Schlagworten recherchiert werden. MOOCs (Massive Open Online Courses) für die Fachbereiche Bildende Kunst, Musik MOOC Grundlagen Musiktheorie (in engl.) Dieser Kurs ist eine Einführung in die Musiktheorie und beschäftigt sich mit Themen wie Notenlehre, Harmonien, Rhythmus usw.. Es werden Videos mit begleitenden Texten zur Verfügung gestellt. Außerdem gibt es ein Forum in dem sich Teilnehmer zu diesem Kurs austauschen können. Externer Link: https://www.coursera.org/learn/edinburgh-music-theory Weitere MOOCs MOOC Einführung in klassische Musik (in engl.) Externer Link: https://www.coursera.org/learn/introclassicalmusic MOOC Teaching with Themes (in engl.) Externer Link: https://www.coursera.org/learn/ideas MOOC Moderne Kunst Externer Link: https://www.coursera.org/learn/modern-art-ideas MOOC Kunstgeschichte Online Externer Link: http://onlinekurs.staedelmuseum.de 1.5 Deutsch Externer Link: Deutsch-Online Diese Plattform wurde für Lehrerinnen und Lehrer, die Deutsch als Fremdsprache unterrichten, angelegt. Die Kollegen aus vielen Teilen Europas und der ganzen Welt erarbeiten gemeinsam offene Unterrichtsmaterialien, die im DaF-Unterricht Anwendung finden sollen. Dabei spielen v.a. der Einsatz moderner Medien und die neuen Technologien des Web 2.0 eine besondere Rolle. Externer Link: serlo.org: ABC Anbieter: Serlo Education e. V Zur Verfügung gestellt werden Übungen zur Alphabetisierung für Deutschlernende im Selbststudium. Optimiert ist das Angebot für eine Nutzung auf dem Smartphone. MOOCs (Massive Open Online Courses) für den Fachbereich Deutsch MOOC Aussprachetraining für Syrische Deutschlerner Externer Link: https://mooin.oncampus.de/mod/page/view.php?id=1909 1.6 Andere Sprachen MOOCs (Massive Open Online Courses) für den Fachbereich Sprachen Externer Link: Ja, das klingt doch schon italienischerAnbieter: imoox Eine Einführung/ Training in die Aussprache der italienischen Sprache für Menschen mit bereits vorhandenen Grundkenntnissen. Externer Link: https://imoox.at/wbtmaster/startseite/phonetik.html Weitere MOOCs Learn Spanish (englischsprachig, für Einsteiger) Externer Link: https://www.coursera.org/specializations/learn-spanishImprove your English communication skills (englischsprachig: für Fortgeschrittene) Externer Link: https://www.coursera.org/specializations/improve-english 1.7 Sport Externer Link: #Bewegungspause Anbieter: Bildungswerk Sport in Rheinland-Pfalz Als Video werden durchgeführte ‘Bewegungspausen’ auf der Plattform ‘Vimeo’ zur Weiternutzung zur Verfügung gestellt. MOOCs (Massive Open Online Courses) für den Fachbereich Sport Volleyball-Trainer-MOOC Externer Link: http://www.oncampus.de/weiterbildung-fortbildung/mooin/volleyball-trainer-mooc.html MOOC Klettern mit 360 Grad Videos Externer Link: https://imoox.at/wbtmaster/startseite/klettern.html 2. Fächerübergreifende Datenbanken und Portale Externer Link: CC-your-EDU Dieses Blog ist keine klassische Datenbank für freie Bildungsmaterialien. Vielmehr gilt sie als ein herausragendes und umfassendes Beispiel für das gewinnbringende Engagement im Bereich Bildungsmaterial unter freien bzw. offenen Lizenzen einer Einzelperson. Die Seite listet zahlreiche Suchmaschinen, Materialquellen, Infolinks und Tipps zum Einstieg in das Thema auf. Die Inhalte des Blogs stehen unter einer Externer Link: CC BY 3.0-Lizenz. Externer Link: Elixier Anbieter: Deutscher Bildungsserver Seit 2007 kann über das Portal Elixier des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (dipf) freies Bildungsmaterial gefunden werden. Die Metasuchmaschine möchte das offene Material der Deutschen Bildungsserver auffindbar machen. Das Angebot umfasst ca. 50.000 geprüfte Inhalte. In der "Erweiterten Suche" kann die Lizenz, unter der das Material stehen soll, angegeben werden. Externer Link: https://groups.diigo.com/group/openeducationalresources Gruppe zum Austausch von und über OER mit dem Fokus: Schule Externer Link: edutags.de Edutags sind ein Social-Bookmarking-System für Lehrkräfte, das vom Deutschen Bildungsserver angeboten wird. Die Lehrenden können u.a. freie Materialien sammeln, verwalten, bewerten, kommentieren und sich darüber mit anderen angemeldeten Nutzerinnen und Nutzern austauschen. Über die Suchfunktion kann Fremdmaterial von OER-Seiten gefunden werden. Externer Link: lehrer-online.de Diese Plattform stellt u.a. Unterrichtsmaterial in Form von Arbeitsblättern und kompletten Unterrichtseinheiten zu verschiedenen Themen zur Verfügung. Einige dieser Materialien stehen unter CC-Lizenzen. Dabei ist der jeweilige Lizenzhinweis bei Abruf des Materials in einer Box rechts zu beachten. Externer Link: http://www.medien-in-die-schule.de Hier finden Lehrkräfte ganze Unterrichtspakete und Werkzeuge zur Bearbeitung von Medienthemen im Unterricht. Alle Materialien stehen unter einer freien Lizenz. Dahinter stehen die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM), die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) und Google. Externer Link: Gutenberg-Projekt Hier werden mehr als 36.000 freie E-Books zum Herunterladen angeboten, deren Copyright ausgelaufen ist und die somit als gemeinfrei gelten. Von Aristoteles über Brontë und Shakespare bis hin zu Zola sind einige bedeutsame Autorinnen und Autoren in deutscher - und noch viel mehr in englischer - Sprache zu finden. Externer Link: lreforschools.eun.org Plattform, die unterschiedliche, größtenteils CC-lizenzierte Materialien zur Verfügung stellt. Externer Link: Umwelt im Unterricht Anbieter: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit Lehrkräfte finden hier alle zwei Wochen eine neue Unterrichtseinheit zu aktuellen Fragen im Bereich Nachhaltigkeit, Umwelt- und Naturschutz. Das Angebot umfasst einen Hintergrundtext für Lehrende, didaktische Kommentare, Unterrichtsvorschläge und Materialien. Die Inhalte stehen unter CC-Lizenzen. Externer Link: WikiBooks Wikimedia stellt mit WikiBooks eine Online-Bibliothek offener Lehr-, Sach- und Fachbücher zur Verfügung. Die Suche kann nach Begriffen oder nach vorgegebenen Themen erfolgen. Jede/r kann mitmachen. Die Inhalte stehen unter einer Externer Link: CC BY-SA 3.0-Lizenz. Externer Link: Wikiversity Ein weiteres Projekt der Wikimedia-Foundation, das dem gemeinschaftlichen Erstellen von freien Bildungsmaterialien dient. Wikiversity bietet u.a. Online-Lehrveranstaltungen an und stellt Projekte an Schulen und in weiteren Bildungsbereichen vor, die Wikiversity nutzen. Zudem gibt es freies Unterrichtsmaterial unter einer Externer Link: CC BY-SA 3.0-Lizenz. 3. Angebote für Universität und Hochschule Externer Link: https://www.openlearnware.de Web-Plattform der TU Darmstadt für den freien Zugang und Austausch von Lernmaterialien. Externer Link: MIT OpenCourseWare (OCW) OpenCourseWare ist ein Überbegriff für frei verfügbare Lehr- und Lernmaterialien im Internet, die i.d.R. von Hochschulen zur Verfügung gestellt werden. Das MIT hat hierzu eine der bekanntesten und meistbesuchten Plattformen erschaffen, die Ende 2002 online ging. Die Seite steht unter einer Externer Link: CC BY-NC-SA 3.0 US-Lizenz, die Kurse und Materialien in der Regel auch. Das Angebot richtet sich nicht nur an Studierende und umfasst von Technik über Zeitgeschichte bis hin zu Gesellschaft viele Themen. Externer Link: Peer-2-Peer-University (P2PU) Die P2PU bietet freie Online-Kurse, Webinare, MOOCs (Massive Open Online Courses) und Diskussionsforen zu unterschiedlichen Themen an. Die Seite steht unter Externer Link: CC BY-SA 3.0 Unported-Lizenz. Zu ihren Angeboten zählen auch die Externer Link: School of Education (spezialisiert auf freie Inhalte für die schulische Bildung) und die Externer Link: School of Open (bietet Kurse und Workshops zum Thema Open Access und Openness im digitalen Zeitalter an). Externer Link: catalog.flatworldknowledge.com Veröffentlicht eine ständig wachsende Sammlung freier und offener Bildungsinhalte für Hochschulen. Studierende, Dozierende und weitere Hochschulmitarbeitende können diese nutzen. MOOC-Plattformen Externer Link: mooin.oncampus.de MOOCs aus Deutschland Externer Link: imoox.at MOOCs aus Österreich Externer Link: https://iversity.org/de/courses Kurse zu unterschiedlichen Themen Externer Link: https://www.coursera.org/Kostenfreie, überwiegend englischsprachige Online-Kurse unterschiedlicher Universitäten. Externer Link: openuped.eu europäische MOOC-Initiative der Europäischen Vereinigung der Fernlehrinstitute. Sie bündelt MOOCs, deren Materialien bzw. Bausteine den erforderlichen Lizenzbedingungen für OER entsprechen. 4. Mediendatenbanken Externer Link: CCMixter Dies ist eine Plattform, auf der über 40.000 Musikerinnen und Musiker aus aller Welt ihre Remixe und Samples zur Verfügung stellen. Diese stehen unter einer Externer Link: CC BY-NC 3.0 US-Lizenz. Es stehen ebenfalls einige Podcasts und Fotos zur Verfügung. Externer Link: Flickr Hinter flickr.com verbirgt sich eine Fotocommunity, in der zahlreiche Fotos aus aller Welt bereitgestellt werden. Es findet sich sowohl urheberrechtlich geschütztes Material als auch solches, das unter einer CC-Lizenz steht. Über die "Erweiterte Suche" kann das Archiv gezielt nach Inhalten unter bestimmten CC-Lizenzen durchsucht werden. Externer Link: jamendo jamendo ist eine Musikplattform, über die kostenlos Musik hochgeladen, angehört und gedownloadet werden kann. Die Urheber legen durch die Vergabe von CC-Lizenzen die Nutzungsmöglichkeiten der Dateien fest. Externer Link: Freesound.org Kollaborative Soundsammlung mit CC-Lizenzen. Die jeweilige CC-Lizenz wird von den Beitragenden selbst ausgewählt. Zu finden sind überwiegend kurze Audio-Dateien, die mit unterschiedlichen Schlagworten getaggt werden. Externer Link: Pixabay Eine große Datenbank für Bilder und Videos, die alle unter einer CC-Lizenz stehen. Sie können kostenlos heruntergeladen, verändert und kommerziell verwendet werden. Externer Link: Vimeo Auf der Videoplattform steht themenübergreifendes Videomaterial zur Verfügung, das über die erweiterte Suche gezielt gefunden werden kann. Zudem bietet eine Externer Link: Creative Commons-Unterseite Informationen zu den CC-Lizenzen - mit Verweis auf die unter dieser Lizenz jeweils zur Verfügung stehenden Videos. Externer Link: Wikimedia Commons Eine Sammlung von Mediendateien - hauptsächlich Fotografien, Videos, Musik und gesprochenem Text - der Wikimedia Foundation. Die Dateien sind thematisch geordnet und müssen gemeinfrei oder unter einer freien Lizenz (Externer Link: Übersicht) zur Verfügung gestellt werden. Die meisten Inhalte gibt es in englischer, einige auch in deutscher Sprache. Externer Link: Openclipart.org Unter CC0 veröffentlichte Cliparts - sortiert in unterschiedlichen Kategorien. 5. Suchmaschinen Externer Link: CC-Suche bei Google Der meistgenutzte Suchmaschinenanbieter lässt mittlerweile unter seiner "Erweiterten Suche" das Finden von frei lizenziertem Material zu. Über den letzten Punkt der "Erweiterten Suche" können die Nutzerinnen und Nutzer die Ergebnisse nach Nutzungsrechten filtern lassen. Die Trefferseite zeigt dann Inhalte unter der ausgewählten Lizenz an. Achtung: Trotzdem sollten die Lizenzen der einzelnen verlinkten Inhalte noch einmal geprüft werden - manchmal mischen sich Inhalte in die Ergebnislisten, die nicht unter der gewünschten Lizenz stehen. Externer Link: Creative Commons-Suche Creative Commons bietet einen gebündelten Zugriff auf Suchmaschinen an, die Inhalte nach Lizenz filtern können, bzw. auf Portalen, die Inhalte unter einer freien Lizenz zur Verfügung stellen. Die CC-Suche bietet ein gezieltes Finden freier Inhalte über ausgewählte Suchmaschinen und Medienportale an. Auch hier empfiehlt sich ein letzter Lizenzcheck des gefundenen Inhalts. Externer Link: Elixier Seit 2007 kann über das Portal Elixier des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (dipf) freies Bildungsmaterial gefunden werden. Die Metasuchmaschine möchte das offene Material der Deutschen Bildungsserver auffindbar machen. Das Angebot umfasst ca. 50.000 geprüfte Inhalte. In der "Erweiterten Suche" kann die Lizenz, unter der das Material stehen soll, angegeben werden. Externer Link: lern:line NRW lern:line NRW steht auf dem Bildungsportal des Landes Nordrhein-Westfalen zur Verfügung und ist zugleich Katalog und Suchmaschine, die eine Filterfunktion nach CC-Lizenzen besitzt. 6. Online-Tools Externer Link: Lizenzhinweisgenerator: Mit dem Lizenzhinweis-Generator lässt sich automatisiert ein Lizenzhinweis für Inhalte der Wikipedia oder Wikimedia Commons generieren. Externer Link: Tutory: Tutory ist ein Online-Arbeitsplatz-Editor, der Nutzenden Materialien unter CC-Lizenzen zur Verfügung stellt. Externer Link: OERcommons: Gestaltung online von Materialien, Lernmodulen und Kursen. Externer Link: Memucho: Lerninhalte zu unterschiedlichen Themen finden und zuverlässig lernen auf Basis eines Karteikartensystems. Externer Link: Wikidot: In der Basis-Version kostenfreies Tool, um ein Wiki zu erstellen und zu nutzen. Externer Link: Yourpart: Kostenfreies Erstellen von sofort nutzbaren Etherpads - ohne Anmeldung/ Registrierung 7. Software Externer Link: Audacity Audacity steht für eine kostenlose Audiobearbeitungssoftware. Selbst erstellte Audiodateien können mit Hilfe von Audacity aufgezeichnet und bearbeitet werden. Es beinhaltet Standardfunktionen wie Schneiden und Kopieren, bis hin zu der Möglichkeit, sogenannte "Echo‘s“ einzufügen. Externer Link: Calibre Calibre ist eine freie Software zur Erstellung und Strukturierung von E-Books. Kovid Goyal begann 2006 mit der Entwicklung des Programms für Sony, das damals noch den Namen "libprs500“ trug und seit 2008 als "Calibre“ bekannt ist. Externer Link: Etherpad Ein Etherpad ist ein webbasierter Editor, der mehreren Personen eine kollaborative Bearbeitung von Texten 'in Echtzeit‘ ermöglicht. Alle Änderungen sind sofort bei allen Teilnehmenden sichtbar. Seit 2009 ist Google Inc. der Inhaber der (Open-Source)Software. Externer Link: iBooks Author iBooks Author ist eine kostenlose Applikation der Firma Apple, die es Nutzern ermöglicht, digitale (Lehr-)Bücher für das Apple iPad zu erstellen. Zusätzlich zu Textdokumenten ermöglicht iBooks Author auch die Einbindung von Videos, Fotos, Grafiken und Animationen. Externer Link: OpenOffice Apache OpenOffice (AOO), meist nur Open Office genannt, ist ein freies (open Source) Office-Paket mit Programmen zur Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentation und zum Zeichnen. Die Programme sind für alle Betriebssysteme kompatibel. Externer Link: LibreOffice LibreOffice ist eine freie Open Source Office-Software (Office-Paket), die voll kompatibel mit Programmen anderer Office-Anbieter ist. Sie ist kostenfrei erhältlich, frei im Gebrauch und in der Verbreitung. LibreOffice enthält Programme der Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentation und Erstellung von Zeichnungen. Externer Link: Sigil Sigil ist ein Open-Source-Editor, der im Jahr 2009 erstmals entwickelt wurde. Das Ziel ist die Entwicklung eines benutzerfreundlichen Editors für EPUB Dokumente. Sigil beinhaltet die Funktion des WYSIWYG sowie auch das direkte Editieren von HTML-Quellcode. Externer Link: word2cleanHTML Mit der freien Software word2cleanHTML können Nutzer ihre Word-Dokumente in ein Textfeld einfügen und anschließend in HTML konvertieren lassen, ohne selbst programmieren zu müssen. Externer Link: Wordpress Wordpress ist eine frei zugängliche Software (Open-Source-Software), die zur Erstellung und Strukturierung von Text- und Bildinhalten einer Webseite dient. Die Software eignet sich u.a. durch ihre leichte Handhabung besonders gut für Weblogs. 8. Überblick / Weiterführende Informationsangebote Externer Link: OER World Map: Auf einer Weltkarte werden vorhandene OER-Initiativen angezeigt und verlinkt. Externer Link: OER Atlas 2017: Überblick über deutschsprachige OER-Angebote und Initiativen mit Stand 2017. Externer Link: OERinfo: Bildungsbereichsübergreifende und bundesweite Anlaufstelle für das Thema OER: Information, Transfer und Vernetzung. Externer Link: Jointly: Qualifizierung und kollaborative Unterstützung für OER. Externer Link: Open Education in Europe Die Europäische Kommission hat sich mit dieser Plattform dem Thema OER angenommen. Neben allgemeinen Informationen dazu lassen sich auch konkrete Materialien in unterschiedlichen Sprachen finden. Auch hier sollte noch einmal das gefundene Material auf seine Lizenz geprüft werden. Externer Link: Open Education Consortium Sammlung von Werkzeugen zu OER sowie Informationsmaterial, Weiterbildungsmöglichkeiten zum Thema, aber auch ein Reservoir von Bildungsmaterialien zu verschiedenen Themen auf unterschiedlichen Niveaus.
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Redaktion
"2021-06-23T00:00:00"
"2014-09-17T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
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Zur Geschichte von Black America | Black America | bpb.de
Als im November 2008 Barack Obama zum 44. Präsident der Vereinigten Staaten gewählt wurde, glaubten viele, eine neue Zeit sei angebrochen. Von einer postethnischen und postrassischen Gesellschaft war die Rede. Die notorisch unrühmliche color line, die strikte Trennlinie zwischen Schwarzen und Weißen, welche die amerikanische Geschichte seit nunmehr 300 Jahren durchzogen habe, sei endgültig überwunden. Wie so oft irrten die Bannerträger des "Fortschritts". Obwohl sich seit der Bürgerrechtsbewegung der 1950er und 1960er Jahre manches geändert hatte, neigte die medial vermittelte Wahrnehmung schwarzer und weißer US-Amerikaner am Ende der Präsidentschaft Obamas dazu, die Kluft zwischen beiden Ethnien tiefer zu verorten als zu Beginn seiner Amtszeit. Was aber sind die Wurzeln dieser Spaltung? Warum wirkt die color line so lange und so intensiv nach? Vertragsknechte, Kriegsgefangene und Sklaven Alles begann in den 1610er Jahren in den englischen Plantagenkolonien rund um die Chesapeake Bay, den heutigen Bundesstaaten Maryland und Virginia. Da es in Nordamerika keine Gold- und Silbervorkommen gab, deren Ausbeutung sich gelohnt hätte, standen, neben dem ertragreichen Fellhandel, sogenannte cash crops ("Bargeld-Pflanzen") im Mittelpunkt der kolonialen Wirtschaft, die für den imperialen Markt des Mutterlandes hergestellt wurden. Dabei richtete sich das Hauptaugenmerk auf Tabak, Indigo, Reis und vor allem ab den 1790er Jahren auf Baumwolle, die zum Exportschlager des US-amerikanischen Südens wurde. Wegen des subtropischen Klimas und des Arbeitskräftemangels, aber auch, um die Produktionskosten möglichst niedrig zu halten, griffen die Pflanzer anfangs auf indianische Sklaven zurück. Ein Modell, das sich jedoch nicht bewährte: Die ortskundigen Indianer verschwanden fast ebenso schnell, wie sie eingefangen wurden. Deshalb griff man auf das System der indentured servitude (Vertragsknechtschaft) zurück. Landarbeiter und Hausangestellte bekamen von den Grundbesitzern die Überfahrt in die Neue Welt bezahlt und arbeiteten dort als unfreie Zwangsarbeiter fünf bis sieben Jahre lang die entstandenen Kosten ab. Oft kamen arme Engländer und Waliser, aber auch viele Iren nutzten diese Chance, um dem Elend der Grünen Insel zu entfliehen – schließlich hatte man im Anschluss an die Dienstzeit das Recht auf eigenes Land. Da die Pflanzer sich diese Spätkosten gerne ersparten, behandelten sie die Leibeigenen im letzten Dienstjahr besonders schlecht, um deren kostengünstigen Tod zu beschleunigen. Parallel zu den weißen Leibeigenen wurden ab 1619 schwarze Plantagenarbeiter eingeführt, zuerst als indentured servants, die nach der Freilassung dann selbst Landbesitzer und schließlich Dienstherren für weitere indentured servants wurden, danach, ab etwa 1630, in wachsendem Maße westafrikanische Sklaven, meist Kriegsgefangene aus innerafrikanischen Territorialkonflikten. Sklaven waren rechtloser und billiger als die Leibeigenen auf Zeit. Bald wurde der englisch-britische Sklavenhandel zu einem etablierten Bestandteil des Dreieckshandels zwischen Europa, Afrika und Amerika. Zwischen 1619 und 1850 wurden insgesamt 388.747 Schwarzafrikaner lebend als Sklaven in die nordamerikanischen Kolonien Großbritanniens verschleppt, freilich nur ein Bruchteil der insgesamt 10.702.656 Afrikaner, die Amerika lebend erreichten. Allein in die britische Karibik kamen über 2,3 Millionen Sklaven, nach Brasilien sogar über vier Millionen. Anders als in der Karibik oder in Brasilien beherrschten auf dem nordamerikanischen Festland weniger Großplantagen mit 100, 500 und mehr Sklaven die Szenerie, sondern kleine und mittlere Betriebe mit zwei bis zehn, mitunter bis zu 50 Sklaven. Diese Dislozierung verhinderte zum einen die vielen Sklavenaufstände, die für die Zentralgebiete der amerikanischen Sklaverei charakteristisch waren, zum anderen gab sie den Rahmen für die einzige neuweltliche Sklavenpopulation, die sich aus sich heraus reproduzierte. Obwohl die Diskussion über die ökonomische Effizienz von Sklavenhalterwirtschaften noch keineswegs beendet ist, muss man festhalten, dass im frühen 19. Jahrhundert die nordamerikanischen Sklavenhalter zu den reichsten Menschen der Welt zählten, da die von ihnen produzierte Baumwolle inzwischen den Weltmarkt beherrscht hatte. Gleichfalls in der Diskussion ist die Frage, ob die nordamerikanisch-angelsächsische oder die iberoamerikanische beziehungsweise karibische Variante der Sklaverei "menschlicher" war. Für erstere These spricht die höhere Lebenserwartung und höhere Reproduktionsquote nordamerikanischer Sklaven – was allerdings die bloße Folge gesünderer Lebensumstände und nicht jenes spezifisch paternalistischen Ansatzes gewesen sein dürfte, den sich nordamerikanische Sklavenhalter selbst zubilligten, wenn sie etwa von Sklaven als Angehörige ihrer "family black and white" sprachen. Für die zweite These, die erstmals der US-amerikanische Historiker Frank Tannenbaum formulierte, spricht insbesondere die deutlich höhere Freilassungsquote gerade in katholischen Pflanzerkolonien, wo kirchliche Bruderschaften die finanziellen und institutionellen Grundlagen für den Freikauf legten. One-drop rule So umstritten zentrale Fragen zur Sklaverei auf dem nordamerikanischen Festland auch sein mögen, in zwei Problemkomplexen, die für das Verhältnis von schwarzen und weißen US-Amerikanern von bleibender Bedeutung sind, herrscht weitgehend Konsens: Erstens handelte es sich bei der Sklaverei in den britischen Kolonien und den USA um chattel slavery, also eine Form der Sklaverei, die sich von älteren Formen der Leibeigenschaft und Hörigkeit nicht nur durch die Adaption von globalisierten kapitalistischen Produktionsweisen und Marktverhältnissen auszeichnete, sondern die obendrein an der Rechtsfiktion festhielt, dass Sklaven keine humane Personalität besäßen, sondern reine Sachen wären. Damit verband sich zweitens der strikt rassistische Charakter der Sklaverei im Süden der USA. Mit dem Auslaufen der indentured servitude von Weißen im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden die Konzepte "schwarz" und "Sklave" weithin identisch, obwohl es, insbesondere in früheren französischen Kolonialgebieten, etwa dem Louisiana-Territorium, noch bis in die 1860er Jahre freie schwarze Sklavenhalter gab. Dies hing mit den unterschiedlichen Rassenordnungen in lateinisch-katholischen und nordeuropäisch-protestantischen Kolonialgebieten zusammen. Während in katholischen Territorien ein komplexes Kastensystem galt, in das man je nach Herkunft und Färbung der Haut eingegliedert wurde, und es stellenweise durchaus wohlhabende freie Schwarze gab, kannten Briten und Niederländer nur die binäre Unterscheidung von schwarz und weiß, wobei jede noch so geringe Variante von Farbigkeit sozial disqualifizierend wirkte. Im Laufe des 19. Jahrhunderts verfestigte sich diese zuvor traditionale Rassenordnung zur legalen one-drop rule, wonach jeder als schwarz galt, der mindestens zu einem Achtel, also von einem Urgroßelternteil, "schwarzes Blut" aufwies. Dieses Blutquantum sollte bis weit in das 20. Jahrhundert seine gesetzliche Gültigkeit behalten. Im Laufe der 1840er und 1850er Jahre etablierte sich eine essenzialistische Zuschreibung fester Rassencharakteristika in den USA – im Norden und Süden. Schwarze, die zuvor wegen angeblicher kultureller Defizite als bloß rückständig und unzivilisiert gegolten hatten, wurden nun als minderwertige Menschen zweiter Klasse definiert. Selbst eine bessere Bildung, wie sie die Aufklärer des späten 18. Jahrhunderts für angebracht gehalten hatten, erschien mithin als vergebliche Liebesmüh. Einzig wenige evangelikale Sklavenhalter hielten es im Interesse des jenseitigen Seelenheils ihrer Sklaven für angebracht, ihnen gegen das Gesetz das Lesen der Bibel beizubringen, während sich im Gegensatz dazu viele südstaatliche evangelikale Pfarrer weigerten, schwarze Kinder zu taufen. Als biblische Begründung diente die Verfluchung Hams und Kanaans durch Noah in Genesis 9,25. Protestantische Kirchengemeinden waren folgerichtig strikt rassisch segregiert. Allerdings war die religiöse Begründung meist sekundär gegenüber der vordarwinistischen naturwissenschaftlichen Lehre von der Polygenese, nach der Schwarze einer separaten "Menschenrasse" entstammten, die von Natur aus primitiver gewesen sei als die "weiße Rasse", allen voran als die Angelsachsen. Ab den 1860er Jahren fiel dem Sozialdarwinismus die Begründungsfunktion für den weltanschaulichen Rassismus zu. Mit der Lehre von den unabänderlichen Rassecharakteristika setzte sich im Süden die Vorstellung vom naturhaft devoten "Sambo" oder dem treudoofen, aber loyalen "Onkel Tom" durch. Im Norden hingegen, wo im Ausgang des 18. Jahrhunderts die Sklaverei abgeschafft worden war und freie Schwarze die Regel waren, galten – gerade für die Demokratische Partei – die schwarzen Männer als besonders gewalttätig und als potenzielle Vergewaltiger weißer Frauen. Hier herrschte das Stereotyp vom black perpetrator ("schwarzer Verbrecher") vor, das in Verbindung mit den Ängsten in den Südstaaten vor einem blutigen Sklavenaufstand wie dem auf Santo Domingo (Haiti) um 1791 die Wahlkämpfe der Demokraten ab den 1840er Jahren dominierte. Aber selbst die Gegner der Sklaverei, viele Liberale, aufgeklärte Philanthropen, vor allem aber radikale nordstaatliche Evangelikale und Quäker (die ersten Abolitionisten überhaupt), blieben nicht frei von rassistischen Vorurteilen und Stereotypen. Sie strebten zwar aus religiösen, ethischen und wirtschaftlichen Gründen ein Ende der Sklaverei an, viele von ihnen aber hätten es nur zu gerne gesehen, wenn im Anschluss an die künftige Emanzipation alle Schwarzen nach Afrika "zurückgekehrt" wären. Die Gründung des liberianischen Freistaates an der Westküste Afrikas in den 1820er Jahren durch die American Colonization Society, der auch viele Sklavenhalter angehörten, verdankte sich dieser Hoffnung. Black Community, Abolitionismus und Antiabolitionismus Noch zu Zeiten der Sklaverei entstand ab dem ausgehenden 18. Jahrhundert die black community. Als Zentren dienten zum einen freie Schwarze, vor allem Pfarrer der evangelikalen black church, zum anderen Sklaven, die – wie etwa Kutscher oder Hausdiener – über ein gewisses Maß an Beweglichkeit verfügten und Nachrichten von Plantage zu Plantage verbreiten konnten. Auf Großplantagen organisierten die Sklaven außerdem nachts ein afrikanisch-synkretistisch geprägtes religiöses und kulturelles Eigenleben mit afrikanischer Musik, Gesängen und Zeremonien. Es gelang den Sklaven sogar, so etwas wie ein geregeltes Familienleben mit eigenen Hochzeitszeremonien aufrechtzuerhalten, das indes durch die zahllosen Vergewaltigungen schwarzer Frauen durch Sklavenhalter und Aufseher sowie durch den ungehemmten Verkauf schwarzer Familienmitglieder erheblich beeinträchtigt wurde. Zudem zog die sexuelle Rivalität durch Sklavinnen den Zorn weißer Plantagenherrinnen nach sich, die mitunter zu unmenschlichen Strafen für die "Konkurrentinnen" führten. Von einer Solidarität zwischen weißen Frauen und schwarzen Sklavinnen war wenig zu spüren. Daneben formierte sich Widerstand: Aufstände, wie der von Denmark Vesey 1823 und Nat Turner 1831, waren selten. Dafür finden sich Belege von Sabotage, Brandstiftung, Giftanschlägen und Morden. Viele schwarze Mütter trieben ihren Nachwuchs ab, um ihm das Schicksal der Sklaverei zu ersparen. Vielfach jedoch diente die Flucht als Mittel der Wahl. Im Laufe des frühen 19. Jahrhunderts etablierten sich reguläre Fluchtlinien aus dem Süden bis in den Norden und nach Britisch-Nordamerika (Kanada), die Underground Railroad, an der vielfach Quäker ebenso wie umherreisende freie Schwarze, darunter viele Frauen, etwa Harriet Tubman oder Sojourner Truth, wichtige Rollen spielten. Die Südstaatler setzten dagegen das Fugitive Slave Law von 1850 durch, das ihnen erlaubte, flüchtige Schwarze inmitten des sklavenfreien Nordens festzunehmen. Die daraus resultierenden menschlichen Tragödien, darunter öffentliche Selbstmorde ganzer schwarzer Familien, intensivierten bei einer einflussreichen und wortgewaltigen Minderheit im Norden die abolitionistischen Ressentiments gegenüber Sklaverei und Pflanzeraristokratie im Süden. Bereits in der Amerikanischen Revolution (1765–1783) hatte die Sklavenfrage zu Unstimmigkeiten und politischen Friktionen geführt. Nicht dass die Emanzipation der Sklaven für irgendeinen Revolutionär im Zentrum seiner Überlegungen gestanden hatte – im Gegenteil. Eines der ersten Opfer der Revolutionäre in South Carolina war ein freier Schwarzer gewesen, der Kaufmann Thomas Jeremiah. Ihm hatte man vorgeworfen, einen Sklavenaufstand geplant zu haben. Im Laufe der Revolution setzten sich lediglich im Norden und Westen die Gegner der Sklaverei durch. Und letztlich führte der Gründungskompromiss – der Missouri-Kompromiss von 1820 – in der Sklavenfrage zu einer strukturellen Sollbruchstelle in der neuen Union. Ab den 1820er Jahren intensivierte sich die daraus resultierende Krise, die schließlich in den 1830er Jahren definitiv seitens der Antiabolitionisten in Gewalt umschlug, als 1837 der erste Abolitionist im Mittelwesten gelyncht wurde. Um 1830 kam der radikale Abolitionismus auf, der eine sofortige und entschädigungslose Freilassung aller Sklaven forderte. Nordstaatliche Evangelikale erklärten die Sklaverei zur Sünde, Südstaatler nannten sie dagegen ein Institut göttlichen Rechts. Nun spalteten sich die protestantischen Religionsgemeinschaften, und ab 1850 zerfiel das Parteiensystem. 1854 setzte in Kansas ein blutiger Vorbürgerkrieg ein, in dem sich der Terrorist John Brown durch besondere Gewaltakte hervortat, die im Norden zum Teil hymnisch gefeiert wurden. 1860 versuchte er vergeblich, eine Sklavenrevolte in Virginia zu initialisieren, was zu seiner Hinrichtung führte. Parallel dazu radikalisierte sich der Süden. Als dann 1860 der moderate Abolitionist und Republikaner Abraham Lincoln wegen der Spaltung der Demokraten zum Präsidenten der USA gewählt wurde, traten die meisten Sklavenstaaten aus der Union aus – ein Akt, der in den Bürgerkrieg mündete. Lincoln hatte ursprünglich nur die Ausdehnung der Sklaverei in den Westen verhindern wollen, nahm dann aber die Sezession zum Anlass, am 1. Januar 1863 mit der Emanzipationsproklamation die Sklaverei in den abtrünnigen Gebieten aufzuheben. Dies befreite zwar faktisch erst einmal keinen einzigen Sklaven, führte aber alsbald zu einer Massenflucht von den Plantagen. Gerade diese Massenflucht erbitterte die Sklavenhalter, die sich stets als mildtätige, paternalistisch-wohlwollende Herren gesehen hatten. Hinzu kam bei Lincoln unter dem Eindruck des führenden schwarzen Intellektuellen seiner Zeit, Frederick Douglass, ein Meinungswandel, der nicht allein die Emanzipation, sondern auch die bürgerliche Gleichstellung der befreiten Schwarzen anstrebte. Nach dem Mord an Lincoln 1865 nahmen die radikalen Republikaner diese Position auf und garantierten den Schwarzen neben der Freiheit Bürgerrechte und Wahlrecht. Daraufhin koalierte die liberale weiße Frauenbewegung mit rassistischen Demokraten, um mit den Frauen ein Gegengewicht zu den Stimmen der Schwarzen zu bilden. Rassismus blieb konstitutiv für die amerikanische Gesellschaft, selbst für ihr progressives Segment. Reconstruction, Jim-Crow-Gesetze und Lynchjustiz Die befreiten Schwarzen versuchten, ihre teilweise in alle Winde zerstreuten Familien zu sammeln und neu aufzubauen, strebten nach Bildung und politisch-gesellschaftlicher Teilhabe. Die reconstruction (1866–1877) erlaubte ihnen dies im Rahmen der Republikanischen Partei. Selbst nach dem Ende der reconstruction gelang es schwarzen Politikern, teilweise in Zusammenarbeit mit den rassistischen Demokraten, bis in die 1880er Jahre an der Macht zu bleiben. In den Augen der weißen Südstaatler haben diese Regierungen bis heute den Geruch der Korruption und politischen Unfähigkeit. Dabei haben historische Untersuchungen gezeigt, dass die Regierungen nicht korrupter und unfähiger waren als die Regierungen der weißen Rassisten zuvor und danach. Die befürchteten Racheakte nach 200 Jahren Sklaverei und grausamer Unterdrückung blieben hingegen weitgehend aus, wozu einerseits die Präsenz der Unionsarmee beigetragen haben mag, andererseits und vor allem aber der religiös-ethische Einfluss der black church, die bis zum heutigen Tag das moralische Rückgrat der black community darstellt. Die Weißen im Süden reagierten auf diese Partizipationsversuche der Schwarzen mit rechtlicher Ausgrenzung: den black codes, die zugleich die ökonomische Abhängigkeit von den weißen Großgrundbesitzern durch das System des sharecropping zementierten. Schwarze erhielten mehrheitlich keine Bewegungsfreiheit und mussten für dieselben Herren arbeiten wie zu Zeiten der Sklaverei. Da die liberalen Republikaner nicht bereit waren, die Eigentumsverhältnisse im Süden zu verändern, kehrten die Großgrundbesitzer rasch an die Macht zurück. Ihre nominell freien Arbeiter wurden schlecht bezahlt und in permanenter wirtschaftlicher Abhängigkeit gehalten. So waren sie verpflichtet, Güter des alltäglichen Bedarfs in den Warenhäusern der Grundbesitzer zu überteuerten Preisen einzukaufen und deswegen beständig neue Kredite aufzunehmen. Begleitet wurden diese Maßnahmen von einer entsetzlichen Gewaltkultur. Allein 1868 brachten der Ku-Klux-Klan und verwandte Terrororganisationen im tiefen Süden weit über tausend Republikaner und freie Schwarze um. Diese Massaker zogen sich bis 1873 hin, ehe das militärische Eingreifen der Unionsgruppen die gewaltsame Opposition gegen die Reconstruction-Regimes beendete. Danach aber gab die Union die reconstruction auf, und zwischen 1877 und 1896 setzten sich die lokalen und einzelstaatlichen Rassentrennungsgesetze, die Jim-Crow-Gesetze, im Süden auf breiter Front durch. Zwischen 1866 und 1967 waren Mischehen gesetzlich verboten (Entscheidung des Obersten Gerichtshofs "Loving v. Virginia"). Bald wurden das Schulsystem, die Verkehrssysteme, die Restaurants, Schwimmbäder, Trinkbrunnen, Toiletten und Kirchen nach Rassen getrennt. 1896 erklärte der Oberste Gerichtshof mit der Entscheidung "Plessy v. Ferguson" ("separate but equal") das System der Rassentrennung für verfassungskonform. Der solid south mit seinem auf die Demokratische Partei gegründeten Einparteienregime entstand. Ganz wesentlich basierte er auf der color line, die selbst armen Weißen die Möglichkeit eröffnete, sich als tragende Säulen einer "Herrenvolk democracy" zu fühlen, ohne indes sozioökonomisch wirklich von Belang zu sein. Selbst der reformfreudige Franklin D. Roosevelt musste bei seinen Maßnahmen zum New Deal während der Wirtschaftskrise der 1930er Jahre auf die rassistischen Vorbehalte seiner weißen südstaatlichen Wähler Rücksicht nehmen, wie überhaupt die Demokratische Partei bis in die 1960er Jahre von den sogenannten lily whites abhängig blieb. Dies war Ausdruck und Folge der weiterhin außerordentlichen Brutalität, mit der die Rassentrennung durchgesetzt wurde. Zwischen 1890 und 1920 wurden über 3.000 schwarze Männer, nicht selten wegen des imaginierten Vorwurfs der Vergewaltigung, rituell gelyncht. In aller Öffentlichkeit wurden sie gefoltert, getötet, zerstückelt, verbrannt und Körperteile verkauft. Man nahm sogar Eintrittspreise zu diesen keineswegs spontanen Ereignissen. Die Justiz des Südens akzeptierte diese Formen extralegaler Volksgewalt vorbehaltlos. Erst als ab den 1920er Jahren vermehrt Schwarze legal (und bis 1935 öffentlich) hingerichtet wurden, ging die Zahl der lynchings deutlich zurück, um dann im Kampf gegen die Bürgerrechtsbewegung der 1950er und 1960er Jahre wieder zuzunehmen. Die Gewaltkultur des Südens vermochte es indes nicht, die Rassensegregation auf Dauer aufrechtzuerhalten. Insbesondere zwang die ökonomische Entwicklung zum Umdenken. Um 1916 begann, vor dem Hintergrund des sich abzeichnenden Eintritts der USA in den Ersten Weltkrieg und die damit verknüpften Rüstungsanstrengungen, die sogenannte Große Migration vieler Schwarzer in den industrialisierten Norden. Dort stießen sie zwar auf rassisch motivierte Barrieren – weiße Familien weigern sich teilweise bis heute, Schwarze in der Nachbarschaft zu akzeptieren, weil dann die Grundstückspreise sinken –, insgesamt aber besserte sich ihre Situation. Eine schwarze Mittelklasse entstand, die sich dann mit weißen Aktivisten, darunter vielen Juden, verbündete, um etwa die Anti-Lynchbewegung im Norden institutionell abzusichern. Schwarze Bürgerrechtsbewegung Auf diese Weise entstanden die ersten Bürgerrechtsorganisationen, etwa 1909 die National Association for the Advancement of Colored People (NAACP), kurz darauf die sehr moderate National Urban League (NUL) sowie schwarze Gewerkschaften. Gerade die NAACP entwickelte eine streng rechtsstaatliche Strategie und kämpfte vor allem ab den 1930er Jahren erfolgreich gegen die Benachteiligung der Schwarzen im Süden. Gleichzeitig brachte die Große Migration schwarze Kultur in den Norden. Nach dem Bordellverbot in New Orleans 1910 zogen Jazzmusiker nach Chicago und New York, später nach Paris und Berlin. In New York entwickelte sich um 1925 die Harlem Renaissance, eine genuin schwarze Kulturbewegung, die Musik, bildende Künste, Theater, Kabarett und Literatur verband und bei Weißen für großes Aufsehen sorgte. Mit W.E.B. Du Bois und Booker T. Washington traten, erstmals seit Frederick Douglass, wieder hochgebildete schwarze Intellektuelle an eine breitere Öffentlichkeit. Dies war allerdings mit Spaltungen und Fraktionsbildungen verbunden: Unter dem Einfluss von Du Bois gründete Marcus Garvey die United Negro Improvement Association (UNIA), die in Abgrenzung zum liberalen, auf Integration bedachten Universalismus der NAACP einem schwarzen, panafrikanisch-äthiopistischen Nationalismus huldigte. In den 1930er Jahren sollte die Nation of Islam diese partikularistische Perspektive übernehmen. Der schwarze Nationalismus hatte oft antisemitische und homophobe Züge, die sich in den 1930er Jahren bemerkbar machten, als viele radikale Schwarze im Norden offen mit dem Antisemitismus Adolf Hitlers und der Nationalsozialisten sympathisierten. Mit den beiden Weltkriegen nahm die schwarze Bürgerrechtsbewegung Fahrt auf. Nach dem Ersten Weltkrieg waren viele schwarze Veteranen empört, dass sie von den Franzosen besser behandelt wurden als von ihren Vorgesetzten. Zudem kam es 1918 und 1919 wiederholt zu lynchings an schwarzen Veteranen, die im Süden in Uniform wählen gehen wollten. Der Zweite Weltkrieg war noch weitaus entscheidender. Außerhalb des Südens ließ sich der Öffentlichkeit nicht mehr erklären, warum man gegen den nationalsozialistischen Rassenwahn zu Felde zog, im eigenen Land die Schwarzen aber aus offen rassistischen Motiven unterdrückte. Hinzu kam ab 1947 der Kalte Krieg und in den 1950er Jahren die Dekolonisierung Afrikas. Die Sowjetunion zog aus der "Negerfrage" propagandistischen Nutzen, und schwarze Diplomaten aus Guinea, dem Senegal oder Ghana waren empört, als sie in Motels oder Diners nicht bedient wurden, weil sie schwarz waren. Die USA liefen Gefahr, den Propagandakrieg mit den Kommunisten, die sich bereits in den 1930er Jahren an die Seite der Bürgerrechtsbewegung gestellt hatten, zu verlieren. Dennoch reagierte der Bundesstaat mehr als zögerlich, vor allem wegen des anhaltenden Widerstands der demokratischen lily whites im tiefen Süden. Immerhin verfügte Präsident Harry S Truman 1948 die Desegregation der US-Armee, was jedoch im Vietnamkrieg der 1960er Jahre den Effekt hatte, dass nun nicht mehr schwarze Einheiten als erstes in feindliche Dörfer einrückten, um das feindliche Feuer auf sich zu ziehen, sondern die schwarzen Soldaten gemischter Einheiten. Außerdem erfreute sich nun plötzlich die lange aus der Öffentlichkeit verschwundene konföderierte Kriegsflagge der 1860er Jahre bei weißen Soldaten aus dem Süden größter Beliebtheit, die damit, unterstützt von ihren Politikern, gegen ihre schwarzen Kameraden demonstrierten. Im Laufe der 1950er Jahre nahmen einige Südstaaten die konföderierte Kriegsflagge in ihre Staatenfahne auf oder hängten sie auf ihre Staatslegislaturen, um gegen Bürgerrechtsbewegung und Rassenintegration zu mobilisieren. 1954 kam es zu einem folgenreichen Durchbruch, den so niemand, am allerwenigsten der moderat konservative Präsident Dwight D. Eisenhower, erwartet hatte: Der neu ernannte republikanische Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten, Earl Warren, erklärte am 17. Mai mit dem ersten Urteil im Fall "Brown v. Board of Education" den juristischen Grundsatz von "Plessy v. Ferguson" ("separate but equal") für verfassungswidrig. Die Südstaatensenatoren protestierten heftig, und die Bundesregierung tat erst einmal nichts, aber der Gerichtshof drängte nun auf Reformen, um die Rassensegregation zu beenden. Angesichts der Ineffizienz der Bundesregierung nahm die schwarze Bürgerrechtsbewegung im Süden den Kampf in die eigenen Hände: 1955 provozierte die NAACP-Sekretärin Rosa Parks ihre Verhaftung in einem Bus in Montgomery, Alabama, als sie sich weigerte, zugunsten eines Weißen aufzustehen. Die schwarze Bevölkerung reagierte mit einem massiven Boykott, an dessen Spitze sich der schwarze Klerus in der Southern Christian Leadership Conference stellte. Neben Fred Shuttlesworth und Ralph Abernathy stach dabei insbesondere der charismatische, medienwirksame Prediger Martin Luther King Jr. hervor. Bald wurde er zum unumschränkten Anführer. Eine Welle von lokalen Kämpfen gegen die Rassentrennung und die Jim-Crow-Gesetze sowie für ein integriertes Schulsystem überrollte den Süden. Schwarze und weiße Aktivisten aus dem Norden und Süden kämpften für das Wahlrecht der Schwarzen. Die weißen Südstaatler reagierten mit neuerlichen Gewaltexzessen gegen diese, wie sie es nannten, "second reconstruction". Die weiße Polizei setzte Tränengas und Hunde gegen Schulkinder ein. Immer wieder mussten Regierungstruppen oder die Nationalgarde die Ordnung wiederherstellen. Selbst das streng konservative FBI begann gegen Ende der Amtszeit von John F. Kennedy (1961–1963) auf Befehl des Justizministers Robert F. Kennedy, die Bürgerrechtsbewegung zu unterstützen. Am Ende war es Kennedys Nachfolger Lyndon B. Johnson, der als Südstaatler aus Texas 1964 den Civil Rights Act und 1965 den Voting Rights Act durchsetzte. Noch 1965 begann die Abwanderung konservativer Südstaatendemokraten in die Republikanische Partei, wo sie in den 1990er Jahren dann die Mehrheit übernahmen. Der solide demokratische Süden wurde solide republikanisch, blieb aber konservativ. Dennoch zeitigten Bürgerrechtsbewegung und Bürgerrechtsgesetze im Süden die größten Erfolge. Der offene Rassismus der Segregationszeit brach zusammen. Problematischer war die Lage in den urbanen Zentren des Nordens, wo die Rassengrenzen fluider und verdeckter definiert waren und entsprechend die Frustration der Schwarzen groß war. Martin Luther Kings Gegenspieler Malcolm X symbolisierte diese Mischung aus Zorn und Frustration wie kein anderer. Er trat für den bewusst separatistischen Begriff "African-American" ein – anstelle des überkommenen, universalistisch-integrativ konnotierten Ausdrucks "American Negro". In den Städten kam es ab 1964 zu gewaltsamen Aufständen, die nach der Ermordung Martin Luther Kings und Robert F. Kennedys 1968 eskalierten. Anders als im Süden hatten hier nicht die liberalen Universalisten und die Kleriker der black church das Sagen, sondern schwarze Nationalisten und radikale Gruppen wie die Black Panther Party, die vom FBI mit gnadenloser Gewalt zerschlagen wurde. Schluss Trotz der unbestreitbaren Erfolge der Bürgerrechtsbewegung ab den 1930er Jahren blieb die color line für die amerikanische Gesellschaft konstitutiv. Gewiss, die schwarze Mittelklasse wurde breiter, entfernte sich aber auch geistig und materiell, zum Teil auch örtlich von der Masse der black community in den großstädtischen Slums oder den ländlichen Distrikten des Südens. Schwarze Politiker, Firmeninhaber, Akademiker, Polizisten und Kleriker teilen nicht mehr zwangsläufig die Lebenswelt der schwarzen Mehrheit, die wirtschaftlich, sozial, bildungspolitisch, am Arbeitsmarkt und gesundheitlich sowie im Lebensstandard hinter allen anderen amerikanischen Ethnien zurückbleibt, weil sie weiterhin strukturell durch offenen und verdeckten Rassismus sowie durch interne Fehlentwicklungen benachteiligt wird. Und so tragen die USA immer noch schwer am Erbe ihrer rassistischen Vergangenheit. Dieses Narrativ wurde maßgeblich auf David Hollinger zurückgeführt: Postethnic America. Beyond Multiculturalism, New York 2000. Vgl. dazu ausführlich Sven Beckert, King Cotton. Eine Geschichte des globalen Kapitalismus, München 2015. Vgl. John Wareing, Indentured Migration and the Servant Trade from London to America, 1618–1718, Oxford 2017. Vgl. Udo Sautter, Sklaverei in Amerika, Darmstadt 2014, S. 11–47; Robin Blackburn, The Making of New World Slavery. From Baroque to the Modern, 1492–1800, London 2010; John Hope Franklin/Alfred A. Moss Jr., From Slavery to Freedom: History of African Americans, New York 2009; Peter Kolchin, American Slavery, 1610–1877, New York 2003; James Oliver Horton/Lois E. Horton, Slavery and the Making of America, New York 2005; David Brion Davis, The Problem of Slavery in Western Culture, Oxford 1966; Orlando Patterson, Slavery and Social Death. A Comparative Study, Cambridge MA 1982. Vgl. Kenneth Morgan, Transatlantic Slavery, London 2016, S. 23. Eine kritische Evaluation der von Robert F. Fogel und Stanley L. Engerman, Time on the Cross. The Economics of American Negro Slavery, New York 1974 neuerlich angestoßenen, sehr polemischen Debatte um die wirtschaftliche Effizienz der Sklaverei bietet John Ashworth, Slavery, Capitalism, and Politics in the Antebellum Republic, Volume: 1, Commerce and Compromise, 1820–1850, Cambridge 1995, S. 499–509. Das ist ein Standardtopos aus Briefen und Tagebüchern der Sklavenhalter, den man in zahlreichen Quellen findet. Der Ausdruck spiegelt das paternalistische Selbstverständnis weißer Sklavenhalter wider, die vor allem Haussklaven und Sklavenkinder als Bestandteil ihrer Familien ansahen, wobei der Familienbegriff in etwa dem des oikos, des "Hauses", in der Frühneuzeit entspricht, wo ja auch Knechte und Mägde neben der engeren Verwandtschaft zur Familie gezählt wurden. Vgl. Frank Tannenbaum, Slave and Citizen: The Negro in the Americas, New York 1947; Michael Hochgeschwender, Wahrheit, Einheit, Ordnung. Die Sklavenfrage und der amerikanische Katholizismus, 1835–1870, Paderborn 2006, S. 198–207. Vgl. David K. O’Rourke, How America’s First Settlers Invented Chattel Slavery. Dehumanizing Native Americans and Africans with Language, Laws, Guns, and Religion, New York 2005. Vgl. Ibram X. Kendi, Gebrandmarkt. Die wahre Geschichte des Rassismus in Amerika, München 2017; Jochen Meissner et al., Schwarzes Amerika. Eine Geschichte der Sklaverei, München 2008. Siehe Nina Möllers, Kreolische Identität. Eine amerikanische "Rassengeschichte" zwischen Schwarz und Weiß. Die Free People of Color in New Orleans, Bielefeld 2008, S. 99–124. Kannan, der Sohn des Ham wird verflucht, weil Ham sich die Blöße seines betrunkenen Vaters Noah angeschaut hatte – anders als die beiden anderen Söhne Sem und Japhet, die sich schamvoll abwandten. An sich hatte der Text keine rassistische Tendenz. Aber im 18. Jahrhundert machten anglikanische Theologen in Großbritannien Ham zum Urvater der Hamiten Afrikas und legten die Verfluchung dahingehend aus, dass es um die Verurteilung der Afrikaner als Nachfahren Hams geht und darum, sie den Semiten und vor allem den Japhiten als Sklaven unterzuordnen – Japhet wurde als Vorfahr der Europäer gedacht. In manchen naturwissenschaftlichen Kreisen wurde die Stelle als Beleg für die polygenetische These, also die Lehre von den verschiedenen Ursprüngen der Menschenrassen, genommen. Stanley M. Elkins, Slavery. A Problem in American Institutional and Intellectual Life, Chicago 1959. Dieses Stereotyp wurde vor allem durch den abolitionistischen Roman von Harriet Beecher Stowe, Onkel Toms Hütte (1852), weltweit bekannt. Vgl. Elisabeth Fox-Genovese/Eugene D. Genovese, The Mind of the Master Class. History and Faith in the Southern Slaveholders’ Worldview, Cambridge 2005, S. 35–39. Vgl. Eric Burin, Slavery and the Peculiar Solution. A History of the American Colonization Society, Gainesville 2008. Siehe Eugene D. Genovese, Roll, Jordan, Roll. The World the Slaves Made, New York 1973. Siehe Elisabeth Fox-Genovese, Within the Plantation Household. Black and White Women of the Old South, Chapel Hill 1988. Vgl. Herbert Aptheker, American Negro Slave Revolts, New York 1983; Norbert Finzsch, Konsolidierung und Dissens. Nordamerika von 1800 bis 1865, Münster 2005, S. 149–156. Siehe Raymond Bial, The Underground Railroad, Boston 1995. Vgl. William R. Ryan, The World of Thomas Jeremiah. Charles Town at the Eve of the American Revolution, New York 2010. Vgl. Alan Gilbert, Black Patriots and Loyalists. Fighting for Emancipation in the War of Independence, Chicago 2012; Michael Hochgeschwender, Die Amerikanische Revolution. Geburt einer Nation, 1763–1815, München 2016, S. 319–330. Vgl. zur Bedeutung von Sklaverei und Abolitionismus in der Phase vor dem Amerikanischen Bürgerkrieg Hugh Tulloch, The Debate on the American Civil War Era, Manchester 1999, S. 33–104. Siehe die empathische Biografie von David S. Reynolds, John Brown, Abolitionist. The Man Who Killed Slavery, Sparked the Civil War, and Seeded Civil Rights, New York 2005. Vgl. Sara M. Evangs, Born for Liberty. A History of Women in America, New York 1989, S. 123. Siehe Herbert G. Gutman, The Black Familiy in Slavery and Freedom, 1750–1925, New York 1977. Vgl. Richard White, The Republic for which it Stands. The United States during Reconstruction and the Gilded Age, 1865–1896, New York 2017; Steven Hahn, A Nation under our Feet. Black Political Struggles in the Rural South from Slavery to the Great Migration, Cambridge MA 2003. Vgl. Curtis J. Evans, The Burden of Black Religion, Oxford 2008. Vgl. R. Douglas Hurt, African American Life in the Rural South, 1900–1950, Columbia 2003. Vgl. James G. Hollandsworth Jr., An Absolute Massacre. The New Orleans Race Riot of July 30, 1866, Baton Rouge 2001; Hahn (Anm. 27), S. 290–303, S. 455–458. Der Begriff "Solid South" beschreibt die kulturelle Geschlossenheit des US-amerikanischen Südens. Siehe hierzu auch den Beitrag von Christopher Vials in dieser Ausgabe (Anm. d. Red.). Vgl. Manfred Berg, Lynchjustiz in den USA, Hamburg 2014; Grace Elisabeth Hale, Making Whiteness: The Culture of Segregation in the South, 1890–1940, New York 1999. Siehe Alferdteen Harrison (Hrsg.), Black Exodus. The Great Migration from the American South, Jackson 1991. Vgl. Manfred Berg, The Ticket for Freedom. The NAACP and the Struggle for Black Political Integration, Gainesville 2005. Vgl. Mark Whalan, The Great War and the Culture of the New Negro, Gainesville 2008. Vgl. Colin Grant, Negro with a Hat. The Rise and Fall of Marcus Garvey, London 2009. Vgl. Mattias Gardell, In the Name of Elijah Mohammed. Louis Farrakhan and the Nation of Islam, Durham 1996. "Negerfrage" ist ein Quellenbegriff, der auf den deutschen Diskurs über die sozioökonomischen Probleme der schwarzen Minderheit in den USA zwischen den 1920er und 1960er Jahren verweist. Obwohl "Neger" im späten 18. Jahrhundert als ausdrücklicher Wertungsbegriff das nicht diskriminierende, ältere Wort "Mohr" ersetzt hatte, büßte es im Laufe seines Gebrauchs den streng rassistischen Wertungscharakter ein und wurde im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts zum allgemein gebrauchten Begriff für Schwarze, der auch von politisch Progressiven bis in die 1980er Jahre hinein verwendet wurde. Siehe zu dieser Problematik John M. Coski, The Confederate Battle Flag. America’s Most Embattled Emblem, Cambridge 2005. Vgl. Pete Daniel, Lost Revolutions. The South in the 1950s, Chapel Hill 2000; Kevern Verney, The Debate on Black Civil Rights in America, Manchester 2006; Gary Gerstle, American Crucible. Race and Nation in the Twentieth Century, Princeton 2001. Zu Martin Luther King und seinem radikalen Gegenspieler aus den Reihen der Nation of Islam siehe Britta Waldschmidt-Nelson, Gegenspieler. Martin Luther King – Malcolm X, Frankfurt/M. 2000; dies. Malcolm X. Eine Biographie, München 2015.
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, Michael Hochgeschwender
"2022-02-17T00:00:00"
"2018-03-14T00:00:00"
"2022-02-17T00:00:00"
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/266269/zur-geschichte-von-black-america/
Trotz der Erfolge der Bürgerrechtsbewegung ab den 1930er Jahren blieb die color line für die amerikanische Gesellschaft bis heute konstitutiv. Was sind die historischen Wurzeln dieser Spaltung?
[ "USA", "Rassismus", "Martin Luther King", "Bürgerrechtsbewegung", "Sklaverei", "amerikanischer Bürgerkrieg", "APuZ 12/2018", "APuZ", "Black America", "USA" ]
30,107
Von Häusern und Utopien | Zehn Jahre deutsche Einheit | bpb.de
I. Abschnitt So war das auch in diesem bedrückenden Frühjahr, diesem bedrückenden Sommer des Jahres 1989, in dem scheinbar alles lief, wie in den Jahren zuvor: Januar, die Luxemburg/Liebknecht-Demo; der Eklat ganz am Ende, Verhaftungen von Bürgerrechtlern, die meisten Demonstranten hatten nichts gemerkt. Wahlen, die üblichen Prozente, höchstens in den Zehnteln anders. Fälschungen. Sie veränderten nichts. Wer fälschte wozu? Krenz beteuert, er wusste von nichts, aber was heißt das konkret? Dass die kleinen Leute die Diktatur des Proletariats allein durchsetzten, quasi im Selbstlauf? Wohl kaum. Gorbatschows Europäisches Haus faszinierte, vielleicht gerade deshalb, weil Glasnost und Perestroika um die DDR einen Bogen zu machen schienen. Der beängstigende Abwärtstrend war von jedem zu spüren, die Aushöhlung der Ideale beschleunigte sich; allerdings umweht von einem bislang unbekannt-frischen Lüftchen, das aus unterschiedlichen Richtungen kam: aus der Bürgerrechtsecke, von den östlichen Nachbarn, aus den Grüppchen und Gruppen, die sich Umweltschützer, Freunde des Sputnik oder sonst wie nannten, aus den Kirchen. Die Dummheit einer bornierten Führung setzte weiter auf Verbieten, Reglementieren, Erziehen, Ausweisen und sogar Verhaften. Aber, anders als früher, schreckte das nicht mehr dauerhaft ab. Ein Widerschein üblicher Reglementierungen traf auch die von uns redigierte Wochenzeitung Sonntag. Fettnäpfchen waren üppig aufgestellt, in sie zu treten kaum noch vermeidbar. Ein Wort wie Gemüse war tabu, es gab keines. Pferde und Hühner durften nicht genannt werden, sie fressen Korn, das für die Ernährung der Menschen gebraucht wird; die Mangelwirtschaft verlangte eine verkürzte Sprache. Umweltschutz sollte in der Zeitung am besten gar nicht vorkommen, er kostet. Wenn aber doch darüber geschrieben wurde, dann nicht über die eigenen Sünden . . . Ein eher unspektakulär daherkommender Artikel beschreibt, was sowieso jeder sieht: Die Verschmutzung der Elbe hausgemacht, nicht nur durch die tschechische Grenzregion. Er weckt parteioffiziellen Argwohn. Das ZK begutachtet und konstatiert, "diese Zeitung gefällt sich als bürgerliches Boulevardblatt". Das übliche ,,Beratungs"modell direkt durch die "Abteilung" (im Zentralkomitee) wird verordnet. Ein Jahr zuvor hätte das Panik ausgelöst, jetzt nimmt die Redaktion es stoisch zur Kenntnis. Der Beschluss dämmert den Sommer über vor sich hin. Was ist ,,bürgerlich", was soll ,,Boulevard" heißen? Keiner der ,,Ausleser" ruft an, seltener als sonst melden sich die mit der Anleitung der Zeitung beauftragten ,,Genossen". Man hat dort längst andere Probleme. Das Blatt druckt brav die vorbereiteten Artikel zum vierzigsten Jahrestag der DDR. Und leistet sich im besten Falle ein bisschen Nachdenklichkeit. In der Rückschau ist es unnötige Vorsicht. Schulferien. Die eigenen Kinder sind in dem Alter, in dem sie das Zelt nehmen, gen Osten fahren und die Welt erkunden. Die Botschaftsbesetzungen entwickeln einen Sog, wie er nur aus der Zeit vor dem Mauerbau bekannt ist. Angst, sie könnten ihm erliegen, kriecht über die Schulterblätter in den Kopf, überschwemmt die anerzogene Disziplin. Laut Honecker weinen wir denen keine Träne nach. Aber es sind unsere Kinder, sie sind unsere Liebe, unsere Hoffnung; wer, wenn nicht sie, verdient unsere Tränen? Das Volk, auch das Parteivolk, ist entsetzt, murrt. Unter dem Schweigen der Regierenden wird die Unzufriedenheit unüberhörbar. Leipzig trägt sie von den Kirchen auf die Straße, und von dort fließt sie zurück in die Betriebe, Büros, Theater, Redaktionen, auch in Berlin, auch zu uns. Viele denken jetzt öffentlich. Bühnen werden zu Podien, die Theater sind voll wie nie. In der SED kippt die Vortrags,,kultur" allmählich in Debatten,,kultur" um, noch vorsichtig melden sich Leute zu Wort, die Sätze sagen wie: ,,Gegen die Sowjetunion wird es keine DDR geben." ,,Was, wenn wir schuldig werden, wie bis 1945 die Eltern?" und ,,Nach dem 40. Jahrestag wird alles zu spät sein". Die offizielle DDR will das nicht hören. Umso größer die Lust an der Diskussion, den Auseinandersetzungen; die Hoffnung keimt, die starre Oberfläche sei dabei, aufzubrechen . . . Vor dem Gründungstag der DDR die üblichen Betriebsfeiern. Jeder von uns hat x-mal vom Ende dieses Staates gehört, 1953, 1960, 1968. Aber er lebt, noch. Er wird auch diesmal überleben, denken wir, verändert, demokratisch verändert, das ist der Traum - soziale Gerechtigkeit wird es geben, Chancengleichheit, nicht antikommunistisch soll das Land sein, überhaupt nicht, aber ohne Diktatur einer Parteiführung, die sich im Besitz der absoluten Wahrheit wähnt. Dieser zähe Klotz DDR bäumt sich Ende Oktober noch einmal auf, die Prämien fließen, als sollten sie den aufgestauten Unmut wegspülen. Wir schämen uns ein bisschen, als wir das Geld einstecken, und tragen es in die Niquet-Klause, eine Kneipe, die in unmittelbarer Nähe der Hausvogtei den Krieg überstand, dann weichen musste und ein paar Kilometer weiter wieder auferstand. Wir spülen den Frust herunter, über uns selber, über das Hin- und Hergerissensein zwischen Aufbruch und Lähmung, Verbundenheit und Kritik gegenüber einem Land, das mit den Idealen und Hoffnungen der Nachkriegsgeneration gewachsen war und nun an seinem eigenen Starrsinn zugrunde ging. II. Abschnitt Unsere Generation hatte ein neues Deutschland gewollt, das nicht anfällig für Größenwahn und Hass und Besitzstreben sein sollte - ein friedliches vor allem. Wir waren uns lange Zeit sicher, dass jeder, der sich gegen den Faschismus entschieden hatte, auch allen anderen Gefährdungen widerstehen würde, vor allem jenen, die aus der Macht wachsen. Antifaschisten hatten die historisch richtige Perspektive! Wann wurden wir misstrauisch? Ab wann machten wir Witze über die größte DDR, die es je gab? Als die Mauer verlogen ,,antifaschistischer Schutzwall" hieß? Wir wussten, mit Antifaschismus hatte sie so wenig zu tun wie mit dem Einmarsch der Bundeswehr. Aber Angst machten uns erst die karrierebewussten Durchreißer, die die Floskeln so perfekt daherbeteten, dass sie wie Glaubenssätze klangen, die immer und überall funktionierten, von denen aber keine Entscheidung bekannt war, die eigene Überlegung bewiesen hätte. An diesem Abend in der Niquet-Klause beerdigten wir ein paar von unseren Illusionen - über das bessere Deutschland, die Integrität von Antifaschisten und die eigene Entscheidung für dieses Land, die vielleicht doch nur Bequemlichkeit war. Diese Republik würde es so nicht mehr geben, wir ahnen es. Mit melancholischen Liedern und einer Menge Alkohol singen wir sie aus uns heraus, beerdigen eine Liebe und - bauen uns eine neue Utopie. Einige werden später darauf bestehen, dass da auch eine Spur Aufmüpfigkeit dabei war. Die meisten aber gaben einfach einem Gefühl nach, und das wusste: ,,Abschied ist ein bisschen wie sterben." Je billiger die Schlager, desto mehr passende Zeilen für unseren Zweck. Zwei Wochen später macht das Politbüro einen Salto mortale zur ,,Entspannung der Lage", stürzt Honecker und landet - bei sich selbst. Der neue, alte Egon (Krenz) hätte das Unterste zuoberst kehren können, herausgekommen wäre immer dasselbe: bitteres Gelächter. So wollte dieses Volk seine Probleme nicht mehr ,,be"handeln lassen, es wollte handeln. Vier Wochen später waren eine Millionen Menschen auf den Straßen Berlins. Staunend über die eigene Kreativität, die die originellsten Plakate schuf, und darauf hoffend, dass Demokratie und sozialistische Ideale zu verbinden sein würden. ,,Keine Gewalt." War das der Aufbruch, der ideale Aufbruch, diesmal selbstbestimmt und getragen vom Willen der meisten, die im Land lebten? Noch will niemand die DDR auflösen. Sie verbessern, an den Ursprung zurückführen, das soll es sein. Ohne vorgefertigte Schablonen, in die man sich nur noch einpassen muss, ohne Wohlverhalten, das Ämter und Karriereplanung regelt. Jeder hat jetzt Ideen, jede Redaktionskonferenz gerät zum Überflussbasar, viel zu wenig Seiten für viel zu viele wichtige Artikel. Alles ist neu, alles wert, aufgeschrieben zu werden, nichts darf mehr beschönigt oder gar zugekleistert werden. Bündelte sich nicht gerade in der Geschichte der eigenen Zeitung das Widerständige? Jenes 56er Kapitel, das mit Georg Lukacz und dem ungarischen Aufstand verknüpft war? Die Akteure von damals lebten noch, Janka - der Verlagsleiter, Zöger, Just - die Chefredakteure, Harich - der ungeliebte philosophische Kopf. Das gehört in die Zeitung - Aufarbeitung. Versichern wir uns der eigenen Geschichte. Nutzen wir sie für den eigenen Aufbruch. Die Welt ist nicht mehr auf Geschichtsbücher beschränkt, Spannendes passiert, wir sind euphorisiert, aktiv wie sonst nur Zwanzigjährige. Nichts würde es geben, was nicht zu bewältigen wäre. Waren wir mal abgekoppelt von der Moderne? Jetzt lernen wir sie kennen. Haben wir uns vorschreiben lassen, was wir lesen, denken, sagen? Waren wir das, die sich einer dumpfen, phrasenhaften Sprache beugten? Wer sonst? Diesmal aber würden wir die Ideale durchsetzen, den Rücken gerade halten, die Augen nicht senken. Wir entdecken unsere Kraft, machen Pläne, mischen uns ein. Die Mauer fällt. Noch wissen wir nicht, dass mit ihr der demokratische Aufbruch in eine selbstbestimmte Zukunft schon wieder endet. Anfang Dezember tagen die von den Kirchen angeregten ersten Runden Tische: Mitreden, neu machen, alle bestimmen, wo es langgeht. Sie entstehen im Eiltempo und werden zur Institution. Alles ist offen, Glasnost pur, keine Entscheidung ohne Gespräch. Gemeinsame Beschlüsse, Demokratie von unten, die Basis will aktiv werden. Kein Meeting ohne uns, keine Idee, die wir nicht begutachten, jeder ist überall. Die kurze Zeit der ungezählten Genies beginnt. Aufbruch - er enthält so viele mobilisierende Momente, dass der Tag zu wenig Stunden, die Woche zu wenig Tage, der Kopf zu wenig Kapazität hat, um alles zu speichern. Der normale Alltag unterfordert, seit damals wissen wir das genau. Dieser Einfallsreichtum, die Gemeinsamkeiten eines erfolgreich revoltierenden Volkes, sie versanken im begeistert gerufenen, gehauchten, gejauchzten Wort des Jahres 1989 ,,Wahnsinn". Aus denen, die als ,,das Volk" selbstbestimmt neu anfangen wollten, wurden die, die als ,,einig Volk" beim reichen Bruder unterkrochen. Alles, was an Über- oder Unterlegenheitsgefühlen die zehn Jahre bis heute bestimmt, ist diesem Stimmungsumschlag geschuldet. III. Abschnitt Zehn Jahre danach sei die Mauer höher denn je in den Köpfen, in Ost wie West, behaupten jedenfalls die Medien. Wahlergebnisse belegen es, sagen sie, und was könnte signifikanter dafür sein, als der jüngste Urnengang für das Abgeordnetenhaus in Berlin: zwei dominante Parteien - für Westberlin die CDU, für Ostberlin die PDS. Beide erhalten um die 40 Prozent der Stimmen. Hat sich also nach der Wende gar nichts getan? Existieren die Menschen hüben wie drüben unbeeindruckt von äußeren Veränderungen fort? Sehnen sich die Berliner gar nach den alten Grenzen, Normen, Gewohnheiten? Aus dem Ostberliner Sonntag ist durch Zusammenschluss mit der Volkszeitung aus Düsseldorf längst der im ehemaligen Westberlin gemachte Freitag geworden. Paritätisch besetzt, mit ost- und westsozialisierten Redakteuren, erleben wir an uns selbst, was anders ist. Wissen - manchmal -, sicher auch Erfahrung, wir leben (noch) in anderen Zusammenhängen. Durchweg alle Ostfrauen mit Kindern, alle aus dem Westen ohne. Aber die Debatten sind bereichernd. Wer an einem gemeinsamen Projekt arbeitet, ordnet nicht nach Ost und West, sondern nach brauchbar und unbrauchbar. Die Zeitung ist ein einheitliches Produkt, vielleicht deshalb, weil sie es nie um jeden Preis sein wollte. Auch wenn es absurd klingt: Beide Seiten sind in der Einheit angekommen. Und: Beide sehen sich nach diesen zehn Jahren so, wie sie sind. Die überschwänglichen Begrüßungszeremonien, die Freudentaumel über das Ende der gegenseitigen Abstinenz, der Einmauerung und Begrenzung sind kurz nach der Wende mit Liebe verwechselt worden. Schnelle Verbrüderung spricht indes eher für Trunkenheit und Unkenntnis; Liebe auf den ersten Blick zwischen ganzen Volksgruppen gehört auch historisch in das Reich der Fabel. Die Neugierde aufeinander ist der Kenntnis unterschiedlicher Gewohnheiten, Normen, Vorlieben gewichen. Ost wie West stellen sich auf die andere Seite ein. Die Kenntnis von Unterschieden ist Voraussetzung gegenseitiger Akzeptanz. Seit wann ist das Gleiche attraktiv? Seit wann muss man sich mögen, um gut miteinander auszukommen? Strategen der Werbung haben gelernt, unterschiedliche Gruppen unterschiedlich zu bedienen und Bewährtes in beiden Teilen für ihre Zwecke zu nutzen. Das hat'auch im Wahlkampf funktioniert, wenn auch mit unterschiedlichen Präferenzen: Die stolzen 40 Prozent für scheinbar so unterschiedliche Parteien wie CDU und PDS in Berlin können nicht zukleistern, dass die Tendenzen identisch sind, Grüne und SPD verlieren. Nicht weil sie aus dem Westen kommen, sondern weil ihre Politik für Ost und West keine nachvollziehbare, klare politische Linie zeichnet und Sicherheit ein übergreifender Wert ist. Man sucht sie dort, wo man sie zu finden glaubt. Einheit, dachten nach der Wende viele, sei, das Beste aus beiden Teilen zusammenzufügen. Das ist beim kläglichen Resteklauben aus den Fragmenten Ost gelandet; ein überlebendes Ampelmännchen und hin und wieder eines der alten Ostmarkenprodukte im Handel - das Vollwaschmittel Spee zum Beispiel, jetzt allerdings von Henkel, oder Spreewälder Gurken, oder die Zigarettenmarken, die die Ostler süchtig machten: Cabinett, f6, die Kaffeesorten Mona und Rondo. Da ist es schon besser, sich selbst zu kopieren - so, wie auf gar nicht ernst gemeinten Nostalgie-Parties, die die DDR als Parodie liefern: das FDJ-Hemd als Eintrittskarte, die Orden zur Dekoration, alte Fahnen als Poncho. So locker war das alte Staatswesen nie. Die gewerbsmäßige Nutzung von Erinnerungsfetzen zum Amüsement ist bei Ost- wie Westjugendlichen beliebt und streichelt sehr subjektive Vorlieben. Wirkliche Nostalgie ist das nicht, und Vorurteile werden nur dann bedient, wenn da einer bewusst missversteht. Aber mit den Vorurteilen ist es so eine Sache, sie wachsen wie die Haare, werden in der Länge variiert, aber gehen selten ganz aus. Ist das in Hamburg oder Köln anders? IV. Abschnitt Dennoch: Die Abkopplung von der Moderne hatte Nebenwirkungen, die im Osten später auftraten als im Westen: Die menschliche Arbeitskraft galt bis 1989 noch als das Höchste; in München endete diese Auffassung schon Ende der siebziger Jahre. Das hierarchisch durchorganisierte Staatswesen DDR, das alles von oben nach unten ,,durchstellte", hatte für jeden einen Platz. Manchmal war das langweilig, manchmal ungerecht; es machte zufrieden, wütend, lethargisch, hinterließ aber den prägenden Eindruck, man müsse sich mit seiner Kraft ,,einbringen". Der Ostler will einen Platz. Es muss nicht der vertraute sein, aber einer, auf dem er ein Recht hat zu sein. Er ist beweglich, aufgeschlossen, gut ausgebildet und glaubt daran, dass der Mensch seines Glückes Schmied ist. Nostalgisch? Der Ostler hat sich zu Tausenden in die alten Länder aufgemacht. Auch noch nach der Wende. Muss er deshalb die Erinnerung aufgeben? Er hält daran fest, dass um ihn herum nicht nur Lauscher gelebt und ihn angeschwärzt haben, auch wenn er weiß, dass es die gab. Er begegnet allem Vorgedachten, gemäß seinen Erfahrungen, mit Misstrauen; und wenn sich einer ganz besonders darein verbeißt, ihn belehren zu wollen, darüber was gut und richtig und überhaupt das einzig Mögliche ist, dann wird er ganz stumm. Das galt bis 1989 und gilt immer noch. Ist das so einmalig -'zumal für jemanden, der gerade den eigenen Kopf entdeckt und erfahren hat, dass der gar nicht so verkehrt denkt? Warum sollte er einen Lebensstil nachahmen, der seinen Bedürfnissen nicht entspricht? Wenn er ihn kennt, wird er ihn prüfen. Bis dahin begegnet er ihm so ähnlich wie dem der englischen Queen. Nur weil er auf Hochglanzpapier hübsch anzusehen ist (und er schaut durchaus hin), muss dieser Lebensstil nicht seiner werden. Die meisten im Osten haben andere Sorgen - wer noch mitspielen darf im großen Arbeitsreigen ebenso wie der, der zu den Überflüssigen zählt. Und dazu zählen in einigen mecklenburgischen Dörfern so gut wie alle. Frührentner, Langzeitarbeitslose, Sozialhilfeempfänger . . . Der Ostler nagt, in der Regel, nicht am Hungertuch, da ist auch für ihn die Sozialgesetzgebung der Bundesrepublik davor. Aber er nimmt wahr, ohne ihn würden sich die Altländer besser fühlen. Die diskreten Hinweise auf Rentenschmarotzer und Besitzstandswahrer kann er gar nicht überhören, selbst wenn er wollte. Jene, die ihm seine Existenz im ,,Unrechtsstaat" vorhalten - klar, die meinen ihn nicht persönlich. Aber irgendwie partizipiert hat ja jeder. Die nette Westverwandtschaft stellte in den zehn Jahren zunehmend ungenierter ihre Überlegenheit aus - und sei es nur dadurch, dass sie den Neubürger Mitläufer nannte. ,,Mitläufer", was für ein Wort. Läuft nicht jeder mit? Wie viele gibt es, die aussteigen? Sind sie die Geschätzten dieser Gesellschaft? ,,Mitläufer" gilt nur für den Osten und das Dritte Reich. Ist je einer darauf gekommen, die, die bei McDonald vorsichtshalber die Klappe halten und den Betriebsrat gar nicht mehr fordern, weil sie rausfliegen würden, für Mitläufer zu halten? Oder die, die unter Tarif arbeiten? Oder die, die fraglos tun, was der Chef anordnet, oder die, die sich der Politik unterwerfen, weil das bequem ist? Natürlich nicht. Das ist Anpassung an die Zwänge. Die Erfahrung vielgepriesener Freiheiten ist für Leute, deren Portemonnaie deshalb so dünn ist, weil sie ohne Arbeit sind, selten zu machen. Der Mensch sollte zwar ein Recht darauf haben, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen, aber er kann es nicht durchsetzen. Dass er auf den Straßen dafür (meist erfolglos) demonstrieren darf, hat nach der Wende nicht mehr denselben entspannenden Effekt wie vorher. Er ist davon überzeugt, dass er sich diese Demokratie auch erkämpft hat; nun ist sie ein Besitz, nicht das dankbar angenommene Geschenk. Dass man ihn für unfähig erklärt, sie wirklich zu leben, ficht ihn nicht an. Solche Vorwürfe kommen gern von jenen, die darüber klagen, dass er ihre Produkte schmäht, Zeitungen zum Beispiel, die so etwas drucken. Seine Mauer im Kopf ist ein Neubau, der mit der alten nichts mehr zu tun hat. Sie ist sein Schutz: Dahinter kann er er selbst sein, seine Verletzungen, sein ,,Versagen" pflegen - im besten Fall, bis er es überwinden kann, bis die Haut so ledern ist, dass Sticheleien nicht mehr schmerzen. Als die Wirtschaft der DDR zusammenfiel, brachten viele das nicht mit sich selbst, sondern ,,nur" mit einer falschen Wirtschaftspolitik der SED in Verbindung. Dass sie, Fachleute, montäglich vielleicht sogar auf Leipzigs Straßen, den Sprung in die neue Gesellschaft nicht schaffen könnten, kam ihnen nicht in den Sinn. Die erste Reise ins ersehnte westliche Ausland hatten sie noch vom Umgetauschten bezahlt und sie beschrieben auf Postkarten das reine Paradies. Das pralle Sortiment der Angebote war so lange verführerisch, bis das Ersparte für alles zusammen nicht mehr reichte. Und mancher ließ sich den Lohn der nächsten Monate kreditieren - auch das war schließlich neu. Und so blieben einige in ihren Schulden stecken - fast dreißig Prozent sind überschuldet - und fanden schließlich, der väterliche Staat DDR hätte sie davor bewahrt. Nostalgie? Wohl eher der Versuch, die Verantwortung für eigenes Tun zu delegieren, das ist bequem. Und noch etwas: Viele Ostler erlebten, dass Ideen - wie im verflossenen Staat auch - kompatibel sein müssen, verwendbar. Entweder für die wirtschaftlichen Abläufe oder eingepasst, zum Beispiel in eine Parteienlandschaft. Ob sie gut oder schlecht sind, ist nicht ganz so wichtig. Sie haben gelernt, dass der Schein weit mehr zählt als das Sein, aber sie wissen nicht, wie sie ihn aufziehen lassen können. Und ein ganz entscheidendes Manko fühlen sie inzwischen schmerzhaft: Viel zu viele haben kein Kapital. Das disqualifiziert sie für eine Menge Dinge, für den Hausbesitz zum Beispiel: Rund um Berlin gibt es Orte, in denen die Bevölkerung bis zu 60 Prozent ausgetauscht wurde. Dass die meisten ,,Erben" nichts mehr vorgefunden hätten, wenn die Häuser vierzig Jahre unbewohnt geblieben wären, hat nie einer gesagt. Die Entmieteten besaßen selten so viel, dass sie neu anfangen konnten. Für den Aufstieg in den Mittelstand: Einige Handwerker ausgenommen, blieben ihnen ein paar aus der alten Arbeit übernommene Vorstellungen, resultierend aus dem Zusammenprall von Ost und West, von Manufaktur und Computertechnologie. Für andere Bereiche gab es andere Disqualifikationen: Geisteswissenschaftler waren quasi per Spezifik unbrauchbar, und bis heute sind höchstens eine Handvoll der C-4-Professuren an naturwissenschaftlichen Fakultäten von Ostdeutschen besetzt. Die übrig Gebliebenen versuchten, ihr Wissen privatwirtschaftlich zu vermarkten, aber der fehlende finanzielle Grundstock trieb sie allzu häufig ,,guten Freunden" in die Arme. Es ist eine ungleiche Zusammenarbeit, die Misstrauen gesät hat. Bis heute beziehen Ostdeutsche niedrigere Gehälter, und noch die jungen Leute starten unter schlechteren Bedingungen. Die kuriosen Blüten solcher Diskrepanzen beeinträchtigen das Arbeitsklima und verhindern, dass Ost und West so etwas wie Gleichheit fühlen können. Und so benutzen diejenigen, die eine Aufgabe haben, die Mauer,,reste" in den Köpfen zur Erholung, als Gatter um die Privatsphäre. Dahinter müssen sie sich für gelebtes Leben nicht entschuldigen und das Bekenntnis zum neuen Staat vor jedem kritischen Satz können sie auch weglassen. Dahinter sagt auch keiner, den Ostdeutschen hätte man beibringen müssen, was das sei: ordentliche Arbeit. Und ein bisschen nachtragend dürfen sie doch sein, die Brandenburger und Thüringer und die aus Mecklenburg-Vorpommern sowieso. V. Abschnitt Die alte Hausvogtei, ungepflegt und zusammengerödelt, kaum noch Farbe auf den Wänden, aber bewohnbar, zerfiel; ungeliebter Denkmalsrest in der neuen Regierungsbannmeile; die Fenster vermauert, Brandspuren ziehen sich die Wände hinauf. Abgeblättert und misshandelt, ein alter unansehnlicher Zahn zwischen dem Glanz der neuen Republik. Niemand konnte ihn noch mögen. Das Aus für eine Beziehung, endgültig, wie das Aus der DDR. Nach zehn Jahren Einheit kann, wer hinhört, neue Töne wahrnehmen, bis hin zu noch ungewohnt überlegen klingenden Sätzen. Die werden nicht ausformuliert, wohl aber vor sich hergetragen: Gab es nicht falsche Anschuldigungen? Wird dafür jemand zur Rechenschaft gezogen? Haben Ostler nicht über sich selbst nachgedacht? Waren sie nicht bereit, sich zu ändern, haben sie aus ihrer Geschichte nicht wenigstens zu lernen versucht - unter anderem, dass es so eine Sache ist mit der Wahrheit, die offenbar von außen nicht verlässlicher auszumachen ist als von innen. Man muss sie sich erarbeiten. Wer aber tut das, in Ost und West? Ostdeutsche projizieren ihre Skepsis nach den vielen enttäuschten Erwartungen dorthin, wo sie Anstoß erregen, und leisten sich trotzig, was sie nach der Wende selbstverständlich immer haben wollten: eine Meinung, die ruhig vom Mainstream abweichen sollte. Dass das nicht genügen kann, wissen die meisten, aber es scheint ihnen das Machbare für den Augenblick, das Optimum dessen, was sie für sich und ihre Präsenz in diesem einheitlichen Land tun können. Sich dem Geld nicht so weit unterordnen, dass es dieselbe Macht über sie bekommt wie die Partei damals, das ist eine der neuen Utopien. Schlupflöcher brauchen die meisten nicht und auch keine Plätzchen, an denen sie ungestört von Wirklichkeit zurückträumen können. Sie setzen nicht das ,,Anspruchsdenken" aus DDR-Zeiten fort, sie fordern einen angemessenen Platz, ohne vor Institutionen und Meinungen und anderen Überzeugungen den Kotau zu machen. Die Vorsicht der Geprellten rät ihnen, keinen Zipfel Eigenständigkeit mehr aus der Hand zu geben. Wieder einmauern wollen sie nichts. Selbst wenn sie zu den Wendeverlierern zählen, wissen sie, dass es diese alte, verformte DDR nicht mehr geben wird. Ihre Erinnerungen sind längst nicht so einschichtig, wie ihnen unterstellt wird. Leerformeln, die sinnlos dahergebetet werden, hören sie auch jetzt genug. Zunehmend arbeitet diese Bundesrepublik mit für Ostdeutsche sattsam bekannten ,,Argumenten" - es gibt keine Alternative, heißt es immer dann, wenn eine Veränderung schöngeredet werden soll: keine zur Gesundheitspolitik, keine zum Sparparket, keine zum Bombardement des Kosovo. Diese Politik will so alternativlos sein, wie die des Politbüros tatsächlich war - und nimmt in Kauf, dass die ganz alten Politikmodelle von rechts herausgekramt werden. Was sie dagegensetzt, ist zu wenig. Warum sind beinahe alle heute aktiven östlichen Politiker in der Wendezeit politisiert worden? Warum fühlen sich kaum junge, inzwischen von den Hochschulen kommende Talente angeregt, politisch aktiv zu werden? Warum haben so viele Nachgewachsene eines sofort übernommen: die Politikverdrossenheit der alten Bundesrepublik? Wahrscheinlich, weil sie begreifen mussten, dass für die Fortsetzung der vor zehn Jahren gefeierten eigenständigen demokratischen Ansätze, für eine Demokratie von unten kein Platz ist. Diejenigen, die in Schwante 1989 die SDP gründeten, sind nicht mehr auffindbar, und die aus den Bürgerbewegungen haben sich in der Vergangenheit vergraben oder den Sprung zu den Bündnisgrünen gewagt, dabei aber ihre ostdeutschen Wurzeln eingebüßt. Denn wer politisch aktiv sein will, muss Strukturen bedienen, erst danach darf er seine Vorstellungen entwickeln, die freilich auch noch nach üblicher Sprachregelung vorgestellt werden müssen. Bis das akzeptiert ist, wird es für einige Parteien zu spät sein. Die Industrie ist offener, Originalität findet eher Anerkennung, wenigstens in den dafür vorgesehenen Abteilungen. Nostalgie, Ostalgie sind die Schlagworte einer Gesellschaft, die die feierliche Anerkennung der eigenen Werte als die einzig gültigen einfordert. Ostdeutsche sollen dieselben Parteien wählen wie Westdeutsche, weil ihnen die Überlegenheit der ,,Erfahrenen" doch einleuchten muss. Aber gerade weil sie nicht mehr in der Vergangenheit, sondern in der Gegenwart leben, betrachten sie ihre Umwelt mit anderen Augen: Die DDR war kein Gulag mit ein paar Vergünstigungen für Auserwählte. Sie ließ ihren Bewohnern das ganz normale kleine Leben, das die meisten leben, das alltägliche kleine Glück und eine Sicherheit, die Bevormundung war. Und sie ließ ihnen den geträumten Westen nach Fernsehkenntnis. Die neue Gesellschaft hat denen, die das alles selbst abschüttelten, ihre Welt bis zur Unkenntlichkeit zerredet, weil sie besser zu wissen glaubte, wie es war, weil sie glaubte, was der eigene Kopf denkt, muss ein anderer nicht erarbeiten. VI. Abschnitt Das Gorbatschow'sche Europäische Haus ist über den Keller nicht hinaus gekommen, der eigentliche Bau durch Interessenverschiebungen nach der Wende ohnehin gefährdet, inzwischen von den Kriegen im zerfallenden System verschüttet. Eine emotionale Investruine, die neben den westeuropäischen Altbauten NATO und EU nur noch Trauer verströmt. Von diesen Altbauten aus muss nun etwas wachsen. Dort aber bestimmen die mit den Eigentumsrechten, was von den unterschiedlichen Gesellschaftskonzepten eingeebnet, was europäisch aufgehoben wird. Zwar weiß man auch im Osten, dass vom Gelingen des europäischen Zusammenwachsens alles Künftige geprägt sein wird, aber das Vertrauen in die Redlichkeit der ,,Hausherren" ist nicht übermäßig groß. Ost-westdeutsche Empfindlichkeiten sind Dekor oder Warnung, je nach Standort des Betrachters. Aber dass der deutsche Einigungsprozess Lernprozesse für den Umgang mit den anderen Europäern bewirkt haben könnte, wird eher nicht vermutet. Richtung Osteuropa wird ähnlicher missionarischer Eifer, ähnliches Gewinnstreben gelten, nun gesamtdeutsch getragen. Aber wie sich das vereinigte Land in diesem Prozess gebärdet, wieviel Großdeutsches im Umgang mit anderen durchschimmern wird, wird die künftige Wertschätzung des Einheitsstaates bestimmen. Die Demokratie der Bundesrepublik ist nur dann dauerhaft attraktiv, wenn sie sich als lernfähig erweist, eigene Vorurteile überwindet, sich selbst korrigiert und nicht ächtet, was sie nicht kennt. Der überquellende Gestaltungswille aus der Wendezeit enthielt für die alten Länder Momente der Gefährdung des Eigenen. Das gebot Vorsicht gegenüber den Veränderern, Eingemeindung in vorhandene Strukturen war der einzig sichere Weg der Kontrolle. Zehn Jahre nach dem Mauerfall ist darüber nachzudenken, ob dieser Aufbruch nicht verwendbare Elemente enthielt, die zu mehr Bürgerbeteiligung führen können. Die Basisdemokratie implodierte oder wurde totgeredet, die Runden Tische als Politikmodell sind sanft entschlafen, aber Bürgerbewegungen gibt es. Der Bundesneubürger, geboren und aufgewachsen in Ostdeutschland, sucht nach einer neuen Utopie - ohne Ziel ist ihm das Leben nichts -, aber nicht mehr bei Marx. Der dient ihm nur noch zur Begründung für das unvermeidliche Ende eines Versuchs - ,,die Überlegenheit der Produktivkräfte als Voraussetzung für die Überlegenheit eines Systems". Eines aber dämmert inzwischen: Die meisten haben sich wieder einpassen lassen in Strukturen, diesmal materiell nur besser ausgestattet. Zehn Jahre Einheit haben die Deutschen in Ost und West entzaubert. Als Europäer werden sie wieder Gefallen aneinander finden. 1999 - ein ganz gewöhnliches Jahr, jedenfalls für die meisten. Ein bedrückender Frühling - die Illusionen über das, was Rot-Grün an der Regierung sein könnte, verflüchtigten sich; ein bedrückender Sommer, die Probleme, die zu Kohls Niederlage führten, sind nach wie vor ungelöst. Hilflosigkeit. Demos allenthalben. Sie gefährden nichts. Die alte Hausvogtei ist nun Botschaftsgebäude, stilvoll wieder hergerichtet, immer noch allein auf der grünen Wiese; der Charme ihres Alters wirkt anheimelnd.
Article
General, Regina
"2021-12-07T00:00:00"
"2011-10-04T00:00:00"
"2021-12-07T00:00:00"
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/25787/von-haeusern-und-utopien/
Regina General, Redakteurin der Wochenzeitung "Sonntag", berichtet über ihren Arbeitsalltag mit unüberwindbaren Vorschriften und Reglementierungen. Denn: In der DDR existierte keine Pressefreiheit.
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Analyse: Perspektiven einer "grünen" Energiewende in der Ukraine | Ukraine-Analysen | bpb.de
Zusammenfassung Zwei neue Studien untersuchen für die Ukraine Pfade für eine Umstellung auf erneuerbare Energieträger und stellen die offizielle Energiestrategie 2035 der ukrainischen Regierung in Frage. Die Umstellung des Energiesektors der Ukraine auf saubere erneuerbare Energieträger macht eine Überwindung der chronischen sozioökonomischen Krise und den Aufbau einer starken Volkswirtschaft möglich. Bei verbesserter Energiesicherheit kann damit gleichzeitig ein wirksamer Beitrag gegen den globalen Klimawandel geleistet werden. Einleitung Die internationale Gemeinschaft hat sich mit dem Pariser Klimaabkommen ambitionierte Ziele gesetzt. Eine Erwärmung des Planeten um mehr als 2° Celsius verglichen mit dem vorindustriellen Niveau soll vermieden und Anstrengungen zur Begrenzung des Temperaturanstiegs auf nur 1,5° Celsius sollen unternommen werden. Dies erfordert innerhalb eines engen Zeitrahmens eine massive Senkung von Treibhausgasemissionen und damit den Umstieg auf erneuerbare Energieträger. Um die Ökosysteme global und die einzelnen Volkswirtschaften vor den möglichen katastrophalen Folgen des Klimawandels zu bewahren, müssen praktisch alle Länder bis zur zweiten Hälfte des Jahrhunderts CO2-neutral werden. Die Energiewirtschaft, die Industrie, der Transportsektor und die privaten Haushalte müssen ihren Energieverbrauch komplett dekarbonisieren. Diese Perspektive bedeutet gleichzeitig, dass die Masse der bereits entdeckten Vorkommen der fossilen Energieträger im Boden verbleiben muss. Weltweit haben schon mehr als 50 Staaten die komplette Umstellung auf erneuerbare Energieträger zum Ziel ihrer Politik erklärt, darunter sowohl Entwicklungs- als auch Industrieländer. Eine Reihe von Studien haben bereits die technische und ökonomische Machbarkeit im globalen Maßstab untersucht. Die ersten detaillierten Modelle wurden 2007 von Greenpeace mit dem "Energy R Evolution Scenario" vorgelegt. Dessen fünfte Version von 2015 kommt zu dem Ergebnis, dass ein weltweiter Umstieg auf erneuerbare Energieträger im Stromsektor sogar schon bis 2030 technisch machbar wäre. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Untersuchung der Stanford University und der University of California von 2015, in der Modelle für 139 Länder einschließlich der Ukraine berechnet wurden. Es ist jedoch naheliegend, das Ziel der Bekämpfung des Klimawandels durch Umstellung auf 100 % erneuerbare Energieträger nicht isoliert von anderen Dimensionen nachhaltiger Entwicklung zu betrachten, etwa andere ökonomische und soziale Aspekte. Eine Energiewende sollte in einer Weise organisiert werden, die so viele positive Nebeneffekte wie möglich generiert. Erneuerbare Energien haben dafür viel anzubieten – insbesondere auch in Bereichen, die gerade für die Ukraine von großer Bedeutung sind. Beispielhaft genannt seien die Reduzierung von Luftverschmutzung und somit eine Verbesserung der allgemeinen Gesundheit der Menschen, eine verbesserte Energiesicherheit durch Überwindung der Abhängigkeit von Rohstoffimporten sowie zahlreiche Vorteile des modernen dezentralen Einsatzes erneuerbarer Energien wie eine hohe Beschäftigungsintensität auch in strukturschwachen Gebieten. Dank der politischen Botschaften des Pariser Gipfels haben manche Entwicklungen auch schon Fahrt aufgenommen und die Ukraine muss nicht von Null starten. China und andere globale technologische Vorreiter arbeiten bereits am Ersatz fossiler Energieträger. Es wäre nicht nur ökonomisch irrational, sondern sogar gefährlich für die Ukraine, den Trend zu verschlafen und stattdessen die Abhängigkeit von russischen Lieferungen zu verfestigen. Energieeffizienz und den Umstieg auf erneuerbare Energie zur nationalen Priorität zu machen, ist eine logische Konsequenz der akuten strukturellen Probleme des maroden und ineffizienten ukrainischen Energiesektors, des geopolitischen Umfelds und des Kurses der Annäherung an die EU. Die Studie "Transition of Ukraine to 100 % Renewable Energy by 2050" Unter der Leitung von Fachleuten des Instituts für Wirtschaft und Prognose der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine und mit Unterstützung der Heinrich-Böll-Stiftung entstand seit 2016 eine umfassende Studie, in deren Rahmen verschiedene Szenarien für die Entwicklung der ukrainischen Energiewirtschaft samt ihrer Rückwirkungen auf Transport, Industrie, Landwirtschaft und andere Sektoren entwickelt und verglichen wurden. Die Ergebnisse der Modellierung wurden im Herbst in ukrainischer und englischer Sprache im Bericht "Transition of Ukraine to 100 % Renewable Energy by 2050" publiziert. Die Untersuchung zeigt auf, dass die Ukraine großes Potenzial hat, den Weg einer nachhaltigen Transformation erfolgreich zu beschreiten. Das Forscherteam um Oleksandr Diachuk entwickelte drei Szenarien: Konservativ, Liberal, Revolutionär. Im "revolutionären" Szenario wird eine proaktive und konsequente politische Unterstützung von Energieeffizienz und des Ausbaus erneuerbarer Energien angenommen. Der Anteil der Erneuerbaren am gesamten Primärenergieverbrauch der Ukraine steigt nach diesem Szenario bis 2050 auf 91 %. Absolut betrachtet sinkt dabei der Primärenergiebedarf dank Effizienzgewinnen um 27 % verglichen mit 2012 (oder um 42 % verglichen mit dem konservativen Szenario). Die Energieintensität würde sich demnach im Vergleich zu 2012 um den Faktor 4,7 verbessern lassen. 9 % des Energieverbrauchs bleiben auch 2050 nicht erneuerbar, weil das Modell den Fortbestand von metallurgischer und chemischer Industrie vorsieht, für die weiterhin ein Bedarf an fossilen Ressourcen im Wesentlichen für die stoffliche Nutzung angenommen wird. Im Gegensatz zur sehr schwer prognostizierbaren Zukunft der energieintensiven Industrien zeichnen sich globale Trends für Mobilität, Haushalte und Dienstleistungssektor schon etwas klarer ab. Die Elektrifizierung des Transportsektors, sei es über direkt elektrisch betriebene Fahrzeuge oder über strombasiert erzeugte Kraftstoffe, sowie verbesserte Technologien am Bau und in der Produktion und für die Beheizung ermöglichen hier deutliche Effizienzsteigerungen und den Einsatz erneuerbarer Energien für diese Zwecke. Entsprechend ist ein deutlich steigender (erneuerbarer) Stromanteil am Endenergieverbrauch zu erwarten, der schrittweise Öl, Gas, Kohle und Atom ersetzt. 2012 lag der Stromanteil am Endenergiebedarf lediglich bei 17 %. Für 2050 sind im "revolutionären Szenario" nun 56 % angenommen. Die Potenziale der erneuerbaren Energieträger in der Ukraine sind für eine solche Entwicklung ausreichend. Im Ergebnis der Untersuchungen der Studie ist ein vollständiger Umstieg im Stromsektor auf erneuerbare Energieträger nicht nur technisch möglich, sondern auch ökonomisch sinnvoll. Nicht zuletzt ist mit einem solchen Weg auch eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen in Übereinstimmung mit den Pariser Klimazielen machbar. Die Modellierung der Lapeenranta University of Technology (Finnland) Die Studie "The role of storage technologies for the transition to a 100 % renewable energy system in Ukraine" untersucht lediglich den Stromsektor. Auch hier ist im Ergebnis ein graduelles Auslaufen der fossilen und nuklearen Stromerzeugungskapazitäten und deren 100%igen Ersatz durch erneuerbare Energieträger bis 2050 sowohl technisch machbar als auch ökonomisch darstellbar. Der letzte nukleare Block verbleibt auch hier noch bis in die zweite Hälfte der 2040er Jahre am Netz. Dem Staatsunternehmen Energoatom wird hiermit auch Zeit eingeräumt, die entsprechenden Rücklagen für den späteren Rückbau der Reaktoren und die Deponierung der radioaktiven Abfälle zu bilden. Im Gegensatz zur erstgenannten Studie berechnen die Autor/innen aus Finnland die Strombereitstellung auch auf stündlicher Basis im Tagesverlauf zu verschiedenen Jahreszeiten, denn Wind- und Solarstromerzeugung fluktuieren bekanntlich erheblich. Zur Ausbalancierung werden für eine Übergangszeit noch Gasturbinen verfügbar bleiben müssen, bevor nach 2030 die Speicher eine immer größere Rolle einnehmen werden. Das Modell geht von der Nutzung verschiedener Speichertechnologien von Batterie- über Wasser-Pump- und Druckluft- bis hin zu Wärmespeichern aus. Schon 2035 können 90 % des Strombedarfs aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden. Eine weitere Kostendegression für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen und für die Speichertechnologien wird angenommen. Kosteneffiziente technologische Lösungen für den Beginn der Transformation stehen aber auch heute in der modernen Welt schon ausreichend zur Verfügung. Die größere Herausforderung scheinen regulatorische und politische Hindernisse, die dem Durchbruch von Effizienztechnologien und erneuerbaren Energieträgern im Weg stehen. Nationale Klimaschutzziele und die Energiestrategie 2035 Die Energiestrategie der Ukraine bis 2035, die im August 2017 vom Kabinett beschlossen wurde, beschreibt und beklagt zwar die große Ineffizienz der heutigen Energieinfrastruktur und erkennt einen dringenden Bedarf für eine Modernisierung. Pro Einheit des generierten Bruttoinlandsprodukts (BIP) wendet die Ukraine derzeit 3–4 mal mehr Energie auf als der Durchschnitt der EU-Länder und die Ukraine ist damit eine der energieintensivsten Volkswirtschaften Europas. Die Zielwerte der Energiestrategie für die Steigerung der Energieeffizienz scheinen jedoch eher unambitioniert. Laut dem Dokument soll die Ukraine selbst bis 2035 die heutige Energieintensität von Polen oder der Slowakei nicht erreichen. Die Ukraine verbliebe technologisch rückständig und energieverschwenderisch. Der "National Energy Efficiency Action Plan 2020" beziffert für die Periode 2015–2020 den (nicht nur staatlichen) Investitionsbedarf für Energieeffizienzmaßnahmen auf 35 Mrd. Euro bzw. 7 Mrd. Euro pro Jahr, um den Endenergieverbrauch um 9 % gegenüber dem durchschnittlichen Niveau der Jahre 2005 – 2009 zu reduzieren und die Energieinfrastruktur und den Gebäudebestand signifikant zu modernisieren. De facto wurden aus dem Staatshaushalt 2017 lediglich 26 Mio. Euro explizit für die Verbesserung von Energieeffizienz aufgewendet. Dies zeigt die nach wie vor zu geringe Priorität, die dem Thema eingeräumt wird, auch wenn inzwischen der ursprünglich ähnlich gering angesetzte Budgetposten für 2018 deutlich erhöht werden konnte. Die Erreichbarkeit der Energieeinsparziele bis 2020 bleibt fraglich. Nach Expertenschätzungen liegen allein im Wohnungswesen realistische Einsparpotenziale im Gegenwert von 11 Mrd. m3 Erdgas bzw. 2 Mrd. Euro/Jahr. Neben der durch den Verzicht auf Importe steigenden Energiesicherheit stellen derartige Energieeffizienzinvestitionen erhebliche Anreize für die heimische Wirtschaft dar und stimulieren private Investitionen in der Bauwirtschaft, Anlagenbau und Installation. Viele Jobs können so geschaffen und neue Steuereinnahmen generiert werden. Staatliche Anreizsetzung in diesem Bereich zahlt sich für das Land aus und reduziert den Mittelabfluss für Rohstoffimporte. Die in der Energiestrategie fehlenden absoluten Ziele für Energieeinsparungen in der Perspektive bis 2035 werden mit der Unsicherheit der Prognosen im Kontext der Besetzung von Landesteilen gerechtfertigt. Laut der der Energiestrategie zugrundeliegenden Prognose wird unter der Bedingung der Wiedereingliederung der Krim und des heute besetzten Donbass eine Steigerung des Energieverbrauchs der Ukraine um 6,5 % verglichen mit dem Durchschnitt der Jahre 2010–2012 vorhergesagt. Die Struktur der Energiequellen bleibt bis auf den auf Kosten der Kohle steigenden Anteil erneuerbarer Energien nahezu unverändert und die Abhängigkeit von zu einem erheblichen Teil importierten fossilen Rohstoffen bliebe substanziell auch über 2035 hinaus bestehen. Während die Energiestrategie für das Jahr 2035 einen Anteil erneuerbarer Energieträger von 25 % am Endenergieverbrauch anpeilt, können im Vergleich dazu in der Studie des Instituts für Wirtschaft und Prognose Kiew zu diesem Zeitpunkt schon 40 % erreicht werden, wobei in der Studie aufgrund umgesetzter Effizienzmaßnahmen der Energiebedarf absolut um 28 % niedriger ausfällt. Viel größer ist die Diskrepanz, wenn allein der Stromsektor betrachtet wird. Die Lapeenranta Universität hält im Jahr 2035 einen 90%igen Anteil von erneuerbarem Strom für möglich, das Kiewer Institut rechnet mit 63 %, die offizielle ukrainische Energiestrategie aber nur mit 25 %, was angesichts der derzeitigen globalen Trends und der schon jetzt niedrigen Kosten für Wind und Solar ein wirklich sehr geringer Wert ist. Die fehlende Ambition und Inkonsistenz der Energiestrategie wird am offensichtlichsten in den irreführenden Zielen bezüglich der Reduzierung von Treibhausgasemissionen. Im Jahr 2012 betrugen diese lediglich 42,6 % des Niveaus von 1990, das global i. d. R. als Basisjahr verwendet wird. Die Energiestrategie setzt als Ziel jedoch 50 %, was also praktisch einer Erhöhung der Emissionen gegenüber 2012 gleichkäme. Selbst im theoretischen "konservativen" Szenario des Kiewer Instituts, das für den Zeitraum weder Energieeffizienzmaßnahmen noch einen steigenden Anteil erneuerbarer Energien annimmt, würden trotz Wirtschaftswachstums die Emissionen nur auf 56 % des 1990er Niveaus ansteigen. Im jährlichen Ranking des "Climate Action Tracker" (CAT) landete die Ukraine damit prompt auf dem letzten Platz bezüglich der gesetzten Klimaschutzziele. Nach dem "revolutionären" Szenario des Kiewer Instituts kann das Emissionsniveau dagegen bis 2030 schon auf 28 % und bis 2050 sogar auf nur noch 10 % des Niveaus von 1990 gesenkt werden. Dies zeigt die dringende Notwendigkeit, hier ein realistisches Ziel zu formulieren und beim 2018 anstehenden "Review" der Ziele im Rahmen des Pariser Klimaabkommens einzureichen. Die erste Zielsetzung der Ukraine in diesem Prozess im Jahr 2015 war sogar noch schwächer und lag bei 60 % des 1990er Niveaus. Ambitioniertere Ziele würden hier das nötige Umfeld für innovative Firmen und Investitionen in die "grüne" Modernisierung schaffen. Politik für eine Transformation des Energiesektors Wie beschrieben gibt es viele Gründe für eine Ausrichtung der Energiepolitik auf die Ziele der Energieeffizienz und des Umstiegs auf erneuerbare Ressourcen. Klimaschutz ist nur ein Teil des Nutzens eines solchen Wandels. Eine hohe Energieintensität der Volkswirtschaft ist nicht nur ein Wettbewerbsnachteil und ein Merkmal technologischer Rückständigkeit, sondern ist ein Risiko für die Energiesicherheit des Landes und führt aufgrund von notwendigen Importen der Energieträger zu Abfluss von Kapital aus dem Land. Die Fortsetzung eines "Business as Usual" würde diese Probleme nur verstärken. Die Investitionen in die Modernisierung des Energiesektors werden die Entwicklung für einige Jahrzehnte prägen. Daher ist eine langfristige und auch über 2035 hinausgehende Betrachtung von Zielsetzungen erforderlich. Ein weiterer Aspekt ist die erhebliche Umweltverschmutzung, die von den tragenden Säulen des derzeitigen Systems ausgeht. Aufgrund der starken Abhängigkeit von der Kohle im Stromsektor, schlechter Kraftstoffqualität im Transportsektor und des Mangels an wirksamer Umweltregulierung für Industrie und Kraftwerke ist die Luft in einigen Städten der Ukraine schlechter als überall sonst in Europa und die damit zusammenhängenden Krankheits- und Sterberaten sind extrem hoch. Die wirklichen sozialen und ökonomischen Kosten der Verschmutzung von Luft, Wasser und Böden sind wegen des Mangels an systematischer Forschung zu diesen Themen weitgehend unbekannt. Begründete Schätzungen gehen von mehr als 9 Mrd. Euro/ Jahr Folgekosten allein des Stromsektors der Ukraine aus. Nicht zuletzt verlangen auch die ukrainischen Ambitionen auf eine weitere Annäherung an die EU die Einhaltung von Emissionsstandards, die Förderung von Energieeffizienz und Zugang erneuerbarer Energien zu liberalisierten Stromnetzen und Märkten sowie die Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern. Wenn die Ukraine voran schreiten möchte mit dem Aufbau einer modernen postindustriellen Volkswirtschaft, dann sollte die Entwicklung von wissensintensiver und sauberer Produktion und Innovation zu einer echten politischen Priorität werden, die konsistent von allen Ebenen von Politik und Verwaltung unterstützt wird. Einzelne führende Beamte erkennen bereits die Notwendigkeit eines solchen Kurses der Ukraine, aber es gibt noch keine klare Position der Regierung insgesamt oder auch nur einzelner politischer Gruppen oder Fraktionen, die sich damit profilieren wollten. Als positiv bemerkenswert kann hier die Rede des Ministers für Umwelt und natürliche Rohstoffe der Ukraine, Ostap Semerak, im Juni 2017 auf der Tagung "Clean Energy for a Sustainable Future" in Wien angeführt werden, in der er die Bereitschaft der Ukraine unterstrich, Teil der globalen Bemühungen gegen den Klimawandel zu werden und die Notwendigkeit eines "grünen" Politikwechsels auf Basis von Effizienz und Erneuerbaren anerkannte. Gleichzeitig demonstriert das entscheidendere Ministerium für Energie und Kohleindustrie der Ukraine sein weitgehend fehlendes Bewusstsein für die Problematik. Anstatt globale Trends und eine langfristige Energiewende-Vision konzeptionell aufzugreifen, entwickelt das Ministerium Strategien zur Erhöhung der einheimischen Kohleproduktion durch eine Reorganisation der bislang noch im Staatsbesitz befindlichen Bergwerke in Richtung einer "Nationalen Kohle-Gesellschaft". Wie das Ministerium erklärt, sollen zunächst defizitäre Bergwerke geschlossen, potenziell profitable dagegen mit staatlicher Unterstützung modernisiert und danach privatisiert werden. Mit einem solchen Verfahren würden erneut soziale und ökologische Kosten der Kohlewirtschaft vergesellschaftet und von den Unternehmen auf die betroffenen Kommunen abgewälzt, während Gewinne privatisiert würden. Das vom Ministerium angestrebte Ergebnis, nämlich die Schaffung eines zweiten großen Kohle- und Energiekonzerns in der Ukraine, könnte eher zu neuen Marktverzerrungen führen anstatt eine De-Monopolisierung und einen sozial gerechten Strukturwandel zu ermöglichen und zu gestalten. Das Ministerium hat es bislang nicht geschafft, wirksame Anreize und Finanzierungsinstrumente für die Betreiber der Kohlekraftwerke, deren Durchschnittsalter schon die Marke von 45 Jahren überschreitet, zu kreieren und Maßnahmen zur substanziellen Reduzierung der höchst gesundheitsschädlichen Staub-, Schwefel- und Stickoxidemissionen einzuleiten. Ein Hindernis ist das Fehlen einer klaren Perspektive für einzelne Standorte, die auch nach der geplanten Synchronisierung mit dem europäischen ENTSO-E-Netz mittelfristig weiterbetrieben werden sollen bzw. müssen. Die Umsetzung des Nationalen Emissions-Reduzierungs-Plans (NERP) in Bezug auf die wichtigsten Schadstoffe aus großen Verbrennungsanlagen mit einer Leistung von mehr als 50 MW ist eine der entscheidenden Verpflichtungen der Ukraine aus ihrer Mitgliedschaft in der Europäischen Energiegemeinschaft. Mittelfristig können die schädlichen Emissionen damit um die Hälfte reduziert werden. Ein verbindlicher Zeitplan für die schrittweise Reduzierung der Kohlenutzung gäbe allen Seiten genügend Investitionssicherheit. Der Vertrag der Europäischen Energiegemeinschaft ist neben dem EU-Assoziierungsabkommen der wichtigste Treiber für die Reformen im gesamten Energiesektor der Ukraine – obwohl auch hier bereits erhebliche Verzögerungen eingetreten sind. Die EU und das Sekretariat der Energiegemeinschaft bieten konstruktive Unterstützung bei der Entwicklung eines konsistenten Reformwegs in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung an. In der politisch-administrativen Praxis stellt sich die Koordinierung verschiedener Sektorprogramme in Verantwortung unterschiedlicher Ministerien als Schwierigkeit dar. Ziele und Umsetzungsstrategien müssen harmonisiert werden, Behörden besser miteinander kooperieren. Die beiden vorgestellten Energiewende-Studien bieten gute Orientierung für mögliche Leitlinien und systemische Wechselbeziehungen auch zwischen Sektoren. Sie können jedoch nur ein Beginn für einen längeren Prozess sein, der viele Ideen, Kreativität und Ausdauer zur Entwicklung passgenauer Strategien für einzelne Sektoren erfordert. Gerade in Fragen der möglichen Kopplungen zwischen dem Stromsektor auf der einen und dem Wärme- und Transportsektor auf der anderen Seite stecken vermutlich noch weitere ökonomische Potenziale eines auf erneuerbaren Energieträgern basierenden Systems. Das Ziel des Nationalen Aktionsplans für Erneuerbare Energien, bis 2020 einen Anteil der Erneuerbaren am Primärenergieverbrauch in Höhe von 11 % zu erreichen, ist nach Ansicht einiger Expert/innen inzwischen schon kaum noch realistisch. 9 % gelten hier als realistische Größe. Dennoch kann die Ukraine mit der richtigen Rahmensetzung schnell aufholen, so dass das Ziel von 19 % bis 2025 im "revolutionären" Szenario noch realistisch scheint. Wichtiger als die Diskussion über einzelne Prozentpunkte in der ferneren Zukunft sind die mehr oder weniger offensichtlichen nötigen ersten Schritte, wie die Schaffung eines stabilen regulatorischen Rahmens mit einer verlässlichen politischen Unterstützung des Transformationsweges, so dass Investoren Vertrauen gewinnen und Kapital bereitgestellt und heimische Kapazitäten sowohl in der Produktion als auch für nötige Dienstleistungen im Sektor weiter aufgebaut werden können. Damit eng verbunden ist die Notwendigkeit eines diskriminierungsfreien Strommarktes mit wettbewerblichen Bedingungen und die Schaffung einer unabhängigen und kompetenten Regulierungsbehörde, die ggf. auf Missbrauch von Marktmacht wirksam reagieren kann. In vielen Fällen insbesondere im Wärmesektor ist es preiswerter, den Energieverbrauch durch Investitionen in Effizienztechnik zu verringern als neue Erzeugungskapazitäten zu bauen. Dies entspricht nur zuweilen nicht der Geschäftslogik der Energieunternehmen und bedarf einer bewussten politischen Steuerung. Ferner sollte im Grundsatz eine Dezentralisierung der Versorgung verfolgt werden. So können an lokale Verbraucher angepasste Lösungen mit guter Integrierbarkeit der dezentralen erneuerbaren Stromerzeugung verfolgt werden. Private Verbraucher, lokale Genossenschaften und kleine Unternehmen sollten rechtlich die Möglichkeit erhalten, sich selbst und lokale Netze mit Strom und Wärme zu versorgen. Eine solche Politik stärkt sowohl die Akzeptanz für die Energiewende als auch den Wettbewerb und die Sicherheit der Versorgung und eröffnet ökonomische Perspektiven auch in peripheren Gebieten. Als kritischer Faktor für schnelle Erfolge eines solchen Reformweges kann der notwendige politische Gestaltungswille und die Bildung einer breiten Akteurskoalition gelten, die konstruktiv am Projekt mitwirkt. Dabei ist unwahrscheinlich, dass die Regierung den aktivsten Part einnehmen wird. Vielmehr braucht es parallel eine kundige Öffentlichkeit, progressive Unternehmer/innen, beispielgebende Kommunen und Bürgermeister/innen sowie internationale Unterstützung. Global betrachtet hat diese Transformation längst begonnen. Technologische Innovationen und Digitalisierung lassen für die nächsten Jahre eine starke Dynamik der Prozesse erwarten, mit großen Chancen auch für Länder, die vielleicht bisher nicht zu den "Spitzenreitern" der Entwicklung zählten. Längerfristige Visionen, wie sie die beiden hier vorgestellten Studien entwickeln, sind nicht als Zukunftsprognose zu verstehen, sondern sie helfen dem Land den Horizont für eine konstruktive Diskussion über das anzustrebende Entwicklungsmodell zu führen. Übersetzung aus dem Englischen: Robert Sperfeld Lesehinweise Institut für Wirtschaft und Prognose der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine/ Heinrich-Böll-Stiftung Ukraine 2017: "Transition of Ukraine to the Renewable Energy by 2050"; O. Diachuk, M. Chepeliev, P. Podolets, H. Trypolska and others Externer Link: https://ua.boell.org/sites/default/files/transition_of_ukraine_to_the_renewable_energy_by_2050.pdfLapeenranta University of Technology 2017/ M.Child, D.Bogdanov and C.Breyer: "The role of storage technologies for the transition to a 100 % renewable energy system in Ukraine" Externer Link: https://www.researchgate.net/publication/315117520_The_role_of_storage_technologies_for_the_transition_to_a_100 _renewable_energy_system_in_UkraineRazumkov Centre 2017, Kurzbeschreibung der Energiestrategie der Ukraine bis 2035 Externer Link: http://razumkov.org.ua/uploads/article/2017_NES%202035_RazumkovCentre_Ukraine_September%202017_ description.pdfGreenpeace 2015: Energy [R]Evolution Scenario Externer Link: http://www.greenpeace.org/international/en/publications/Campaign-reports/Climate-Reports/Energy-Revolution-2015/
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
"2018-02-15T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/europa/ukraine-analysen/264693/analyse-perspektiven-einer-gruenen-energiewende-in-der-ukraine/
Die Ukraine ist eine der energieintensivsten Volkswirtschaften Europas. Gleichzeitig hat sich das Land zu umfangreichen Klimazielen verpflichtet. Kann eine langfristige Energiewende gelingen?
[ "Ukraine-Analyse" ]
30,109
EURO WAHL GANG 14 | Presse | bpb.de
Gefördert von der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb organisiert die Politikfabrik e.V., eine studentische Agentur für politische Kommunikation, die Kampagne EURO WAHL GANG 14 zur Europawahl. Die EURO WAHL GANG 14 initiiert im Zeitraum von Mitte April bis zur Europawahl Veranstaltungen und Aktionen, die sich an junge Wähler zwischen 18 und 30 Jahren richten. Durch speziell auf sie zugeschnittene Konzepte sollen sie zur Teilnahme an der Europawahl am 25. Mai 2014 motiviert werden. Den Mittelpunkt der EURO WAHL GANG 14 bildet eine Schultour. An Schulen in ganz Deutschland werden u.a. Podiumsdiskussionen mit Kandidaten und Repräsentanten der zur Wahl stehenden Parteien organisiert. Im Mai können Schüler ein Mini-Praktikum bei einem Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus ihrem Wahlkreis absolvieren und so direkt erleben, wie Politik gemacht wird. Bereits im April wurde ein Wahlblog gestartet. Hier berichten Erstwähler aus verschiedenen europäischen Ländern über ihre Erfahrungen mit Europa und moderiert von Yannick Haan diskutieren junge Wähler online mit Wahlbloggern und Politikern über verschiedene Themen der Europapolitik. Bei dem Projekt "Vote on the road – Mitfahren bei Spitzenpolitikern" bieten Politiker eine etwas ungewöhnliche PKW-Mitfahrgelegenheit an. Interessierte Erstwähler erhalten so nicht nur eine Mitfahrgelegenheit von A nach B, sondern haben die Chance, direkt mit den Politikern ins Gespräch zu kommen. Der Wahlspot der EURO WAHL GANG 14 soll jungen Wählern verdeutlichen, welche Bereiche ihres Lebens durch die europäische Politik beeinflusst werden: Externer Link: www.youtube.com/watch?v=reFVOr7G0zw Die Pressemappe zur EURO WAHL GANG 14 und Informationen zu allen Veranstaltungen der Kampagne unterExterner Link: http://eurowahlgang.de/site/uploads/2014/04/pressemappe-euro-wahl-gang3.pdf oder Externer Link: www.eurowahlgang.de . Interner Link: Pressemitteilung als PDF. Pressekontakt bpb: Bundeszentrale für politische Bildung Daniel Kraft Adenauerallee 86 53113 Bonn Tel +49 (0)228 99515-200 E-Mail Link: presse@bpb.de Externer Link: www.bpb.de/presse
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
"2014-05-15T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/die-bpb/presse/pressemitteilungen/184464/euro-wahl-gang-14/
Gefördert von der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb organisiert die Politikfabrik e.V., eine studentische Agentur für politische Kommunikation, die Kampagne EURO WAHL GANG 14 zur Europawahl.
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30,110
Citizenship | Canada | bpb.de
Canada encourages permanent immigrants to adopt Canadian citizenship, and naturalization is regarded by the government as "a significant step in the integration process for newcomers because it signifies full participation in Canadian life." Saleswoman at a vegetable stand in Toronto's St Lawrence Market. (© picture alliance / zb) As a result, the country has one of the highest naturalization rates in the world. In 2011, 85.6 percent of all immigrants who were entitled to naturalize had done so. Over two-thirds (78.3 percent) of Canada’s entire population is Canadian by birth, and another 15.8 percent has acquired citizenship by naturalization, meaning that 94 percent of people residing in the country are Canadian citizens. The high naturalization rate is probably one reason that explains why high levels of immigration and diversity have failed to become political issues that can be taken advantage of by right-wing parties during elections, as has happened in many European countries over the past decade. The high naturalization rate means that the majority of immigrants have the right to vote, and their votes affect election outcomes in areas with the most electoral districts, i.e. the major urban centers where immigrants tend to settle. Thus, politicians (and the parties they belong to) have more to lose than to gain from resorting to inflammatory anti-immigrant or anti-diversity rhetoric. Naturalization requirements changed slightly in 2010. In order to become a naturalized citizen, a person must be a permanent resident of Canada (i.e. must have been granted permission to reside permanently in Canada by immigration authorities), must have lived in Canada for at least three out of the four years prior to application, must demonstrate the ability to communicate in English or French (by passing a language test or by having completed a post-secondary degree in English or French), and must pass a citizenship test to demonstrate knowledge of Canada and the rights and responsibilities of citizenship. Since the new test was introduced in 2010, higher failure rates – which jumped from 4 percent to 30 percent – have been a recurring issue. However, the government has responded by adjusting the test to keep the pass rate at the targeted level of 80-85 percent: a clear sign high naturalization rates are still a policy goal. Maintaining dual citizenship has been possible for Canadian citizens since 1977. In 2011, 944,700 individuals, or 2.9 percent of the population, had multiple citizenships, 79.5 percent of whom were immigrants. In 2009, a new Citizenship Act took effect, limiting the acquisition of Canadian citizenship by descent to the first generation born outside Canada. In other words, if someone is born outside Canada and obtains Canadian citizenship from a parent, that person can no longer pass Canadian citizenship on to their own children, if they are also born abroad. All persons born on Canadian territory automatically acquire Canadian citizenship (jus soli). Saleswoman at a vegetable stand in Toronto's St Lawrence Market. (© picture alliance / zb) Cited in Citizenship and Immigration Canada (2006). Statistics in this section are taken from Statistics Canada (2013b). For a detailed account of the argument, see Triadafilopoulos (2012). For more information on the citizenship test and the material to prepare for it, see the CIC website: Externer Link: www.cic.gc.ca/english/resources/publications/discover/index.asp (accessed: 7-16-2013) See Joppke (2013) for more on this discussion.
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-01-18T00:00:00"
"2013-10-18T00:00:00"
"2022-01-18T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/migration-integration/laenderprofile/english-version-country-profiles/170788/citizenship/
Canada encourages permanent immigrants to adopt Canadian citizenship, and naturalization is regarded by the government as "a significant step in the integration process for newcomers because it signifies full participation in Canadian life."Cited in
[ "citizenship", "immigrants", "migrants", "Kanada", "Staatsbürgerschaft", "Canada" ]
30,111
Parlamentswahl in Schweden 2022 | Hintergrund aktuell | bpb.de
Die Schwedinnen und Schweden waren zur Wahl eines neuen Parlaments aufgerufen. Die Wahl fand am Sonntag, den 11. September statt. Das EU-Mitglied Schweden ist eine parlamentarische Monarchie. Der schwedische Reichstag ("Riksdag") ist das zentrale Gesetzgebungsorgan und wählt den Ministerpräsidenten oder die Ministerpräsidentin. Der schwedische König übt nur eine repräsentative Funktion aus. Die Wahl fand vor dem Hintergrund des Kriegs Russlands gegen die Ukraine, der dadurch ausgelösten Energiekrise und des Beitrittsgesuchs Schwedens bei der Interner Link: NATO statt. Bislang regierte eine sozialdemokratisch geführte Minderheitsregierung das skandinavische Land. Rechter Wahlsieg Das rechts-konservative Lager (Schwedendemokraten, Moderate Sammlungspartei, Christdemokraten, Liberalen) hat die Parlamentswahl in Schweden knapp gewonnen. Es kommt nach dem amtlichen Endergebnis auf 176 der 349 Sitze. Das Mitte-links-Lager (Sozialdemokraten, Zentrumspartei, Linken, Grünen) erhielt insgesamt 173 Sitze im schwedischen Reichstag und verlor damit die Mehrheit. Die sozialdemokratische Regierungschefin Magdalena Andersson kündigte daraufhin ihren Rücktritt an. Die Sozialdemokraten ("Sveriges socialdemokratiska arbetareparti", deutsch: Schwedische sozialdemokratische Arbeiterpartei), konnten 30,3 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Darauf folgen die rechtspopulistischen Schwedendemokraten ("Sverigedemokraterna") mit 20,5 Prozent der Stimmen. 19,1 Prozent erhielt die Moderate Sammlungspartei ("Moderata samlingspartiet"). Die Zentrumspartei ("Centerpartiet") und die Linkspartei ("Vänsterpartiet") erreichten beide 6,7 Prozent der Stimmen. Dann folgen die konservativen Christdemokraten ("Kristdemokraterna") mit 5,3 Prozent, die Grünen ("Miljöpartiet de Gröna", deutsch: Umweltpartei "Die Grünen") mit 5,1 Prozent sowie die Liberalen ("Liberalerna") mit 4,6 Prozent der Stimmen. Möglicherweise wird Ulf Kristersson, Vorsitzender der Moderaten Sammlungspartei, eine neue Regierung anführen. Für eine Mehrheit braucht er die rechtspopulistischen Schwedendemokraten. Bisherige Minderheitsregierung Die Interner Link: Parlamentswahl in Interner Link: Schweden im September 2018 hatte komplizierte Mehrheitsverhältnisse zur Folge. Sowohl die bis dato regierende Koalition aus Sozialdemokraten, Grünen und Linkspartei als auch die bürgerlich-liberale Opposition schafften es nicht, eine Regierung zu bilden. Anfang 2019 verständigten sich Sozialdemokraten, Grüne, Zentrumspartei und Liberale auf eine lagerübergreifende Zusammenarbeit. Sozialdemokraten und Grüne stellten eine Minderheitsregierung, die von bürgerlichen Parteien toleriert wurde. Gleichzeitig war das Bündnis auch vom Stimmverhalten der Linkspartei im Parlament abhängig. Am 18. Januar 2019 bestätigte das Parlament den zuvor amtierenden Sozialdemokraten Stefan Löfven als Ministerpräsident. Löfven blieb fast drei Jahre im Amt. Im Juni 2021 stimmten alle Parteien außer den Sozialdemokraten und den Grünen bei einem Misstrauensvotum gegen den Ministerpräsidenten. Allerdings wurde er bereits zwei Wochen später wieder in sein Amt gewählt. Am 23. August 2021 erklärte Löfven schließlich, dass er im Herbst freiwillig auf sein Amt verzichten werde. Seine Nachfolgerin wurde Magdalena Andersson, die am 24. November 2021 zur ersten Ministerpräsidentin Schwedens gewählt wurde. Noch am selben Tag musste sie zurücktreten, weil die Bildung einer Minderheitsregierung mit den Grünen scheiterte. Fünf Tage später stellte sich Andersson erneut zur Abstimmung: Da nur eine Minderheit im Parlament gegen sie stimmte, wurden Andersson und ihre Regierung toleriert (siehe Infobox). Die Minderheitsregierung unter Führung der Sozialdemokratin verfügte nur über etwas mehr als ein Viertel der Stimmen im Parlament. "Negativer Parlamentarismus" in Schweden Minderheitsregierungen sind in Schweden nicht ungewöhnlich: In den letzten 50 Jahren wurde Schweden überwiegend von Minderheitsregierungen regiert. Das liegt auch an einer verfassungsrechtlichen Besonderheit: Das politische System in Schweden ist vom Prinzip des "negativen Parlamentarismus" geprägt. Während Regierungschefs in Deutschland bei ihrer Wahl im Bundestag die Mehrheit der Abgeordneten hinter sich vereinigen müssen, reicht es für die Wahl schwedischer Ministerpräsidenten oder -präsidentinnen aus, wenn sie von der Mehrheit der Parlamentarierinnen und Parlamentarier nicht abgelehnt werden. Nicht die explizite Zustimmung zu einem Kandidaten oder einer Kandidatin ist demnach ausschlaggebend, sondern eine fehlende Ablehnung der Mehrheit im Parlament. Auch zahlreiche andere Faktoren begünstigen die Bildung und Stabilität einer Minderheitsregierung in Schweden; so z.B. der konsensorientiere Gesetzgebungsprozess, der Opposition und außerparlamentarischen Institutionen einen hohen Grad an Einfluss zubilligt oder auch die Möglichkeit des Parlaments, ein einzelnes Regierungsmitglied abzuberufen ohne die gesamte Regierung in Frage zu stellen. Wie wird gewählt? Die Wahlen zum Reichstag finden in Schweden alle vier Jahre am zweiten Septembersonntag statt. Vorzeitige Wahlen vor Ablauf der Legislaturperiode sind möglich, aber selten, da auch dann am nächsten regulären Wahltermin festgehalten wird. Insgesamt hat das Parlament 349 Sitze, die nach dem Verhältniswahlrecht vergeben werden. 310 der 349 Sitze sind feste Mandate, die proportional zu den Wahlergebnissen in 29 unterschiedlich großen Wahlkreisen vergeben werden. Die übrigen 39 Mandate sind Ausgleichssitze. Die Wählerinnen und Wähler können Kandidatinnen und Kandidaten auf der von ihnen gewählten Parteiliste mit einer Personenstimme bevorzugen. Die Interner Link: Sperrklausel für den Einzug ins Parlament liegt bei vier Prozent. Wahlberechtigt sind in diesem Jahr 7,77 Millionen Bürgerinnen und Bürger. Bei der diesjährigen Wahl sind etwa 439.000 davon Erstwählerinnen und Erstwähler. Über das aktive und passive Wahlrecht verfügen alle schwedischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger mit der Vollendung des 18. Lebensjahrs. Im Reichstag sitzen derzeit acht Parteien. Seit den 1990er-Jahren nimmt die Zergliederung des schwedischen Parteiensystems tendenziell zu. Das relativ schlechte Ergebnis der Sozialdemokraten führte 2018 dazu, dass keine Partei mehr als dreißig Prozent der Stimmen bekommen hat. In den unterschiedlichen politischen Lagern sind mehrere Parteien unter zehn Prozent im Parlament vertreten. Zur diesjährigen Parlamentswahl sind insgesamt 103 Parteien zugelassen. Wer tritt zur Wahl an? Stärkste politische Kraft waren bislang die Sozialdemokraten. Die älteste Partei Schwedens war über Jahrzehnte die dominierende politische Kraft im Land. Seit 2014 führt sie durchgehend die Regierung. Parteivorsitzende der Sozialdemokraten ist die derzeitige Ministerpräsidentin Magdalena Andersson. Die derzeit größte bürgerliche Oppositionskraft war die Moderate Sammlungspartei. Die liberal-konservative Partei erhielt bei der Wahl 2018 fast 20 Prozent der Stimmen. Ihr Vorsitzender ist Ulf Kristersson. Die drittgrößte Fraktion im Reichstag stellten die rechtspopulistischen Schwedendemokraten. Sie kamen vor vier Jahren auf 17,5 Prozent der Stimmen. Ihr Vorsitzender ist Jimmie Åkesson. In Schweden gibt es zwei Parteien mit einem ökologischen Profil. Zum einen die Grünen, die eher im linken politischen Spektrum verordnet werden, zum anderen die Zentrumspartei mit ihrer Vorsitzenden Annie Lööf. Die bürgerlich-liberale Partei aus dem Bauernmilieu vertritt ebenfalls ökologische Ideen. Die Linkspartei ist eine seit Jahrzehnten etablierte politische Kraft in Schweden. Ihre Vorsitzende ist Nooshi Dadgostar. Die konservativen Christdemokraten, mit der Vorsitzenden Ebba Bush an der Spitze, waren zuletzt bis 2014 an einer Regierung beteiligt, stellten aber zuletzt im Parlament nur die sechststärkste Fraktion. Die Liberalen sind eine bürgerlich-liberale Partei, Vorsitzender ist Johan Pehrson. Wahlkampf und Wahlumfragen Das wichtigste Thema im diesjährigen Wahlkampf war die sogenannte Bandenkriminalität. In diesem Jahr kam es in Schweden laut Medienberichten bis Mitte August zu 232 Schießereien. Im Durchschnitt wird pro Woche ein Mensch in Schweden erschossen. Die Anzahl der Opfer von Schusswaffengewalt ist damit zwei- bis dreimal so hoch wie im europäischen Durchschnitt. Die meist sehr jungen Täter gehören oft rivalisierenden Banden der organisierten Kriminalität an. Ministerpräsidentin Magdalena Andersson hatte deswegen im August einen Aktionsplan gegen Bandenkriminalität vorgestellt. Gleichzeitig will die sozialdemokratische Regierungschefin gegen die Bildung von sogenannten Parallelgesellschaften vorgehen: Dauerhafte Aufenthaltsgenehmigungen will sie an Sprachtests knüpfen. Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten verknüpften dieses Thema mit zuwanderungsfeindlichen Ressentiments und forderten strengere Zuwanderungsvorschriften und härtere Sanktionsmaßnahmen. Auch der Antrag Schwedens zum Beitritt in die Nato spielte im Wahlkampf eine Rolle. Allerdings waren sich die meisten Parteien über diesen Schritt einig. Nur die Grünen und die Linkspartei stimmten im Reichstag gegen den Nato-Beitritt. Offen ist, welche Regierungskoalitionen nach der Wahl zustande kommen könnten. Möglich wäre erstmals eine Regierung unter Duldung der Schwedendemokraten. Bisher hatte die Moderate Sammlungspartei dies zuvor stets ausgeschlossen. Ebenso denkbar wäre eine neue sozialdemokratisch geführte Interner Link: Minderheitsregierung, bei der jedoch unklar ist, in welcher Konstellation diese zustande kommen könnte. Der Text ist eine aktualisierte Version des ursprünglichen Hintergrunds, um die neusten Entwicklungen der Parlamentswahl zu berücksichtigen (Stand: 16.09.2022 um 14 Uhr). Mehr zum Thema: Interner Link: Schweden (SWE) (Das Politiklexikon) Interner Link: Thomas Gerlinger / Renate Reiter: Kleine Landeskunde Schwedens Interner Link: Nato-Norderweiterung (Hintergrund aktuell) Externer Link: euro|topics-Debatte: Wahlen in Schweden: Was tun gegen die Gewalt? Minderheitsregierungen sind in Schweden nicht ungewöhnlich: In den letzten 50 Jahren wurde Schweden überwiegend von Minderheitsregierungen regiert. Das liegt auch an einer verfassungsrechtlichen Besonderheit: Das politische System in Schweden ist vom Prinzip des "negativen Parlamentarismus" geprägt. Während Regierungschefs in Deutschland bei ihrer Wahl im Bundestag die Mehrheit der Abgeordneten hinter sich vereinigen müssen, reicht es für die Wahl schwedischer Ministerpräsidenten oder -präsidentinnen aus, wenn sie von der Mehrheit der Parlamentarierinnen und Parlamentarier nicht abgelehnt werden. Nicht die explizite Zustimmung zu einem Kandidaten oder einer Kandidatin ist demnach ausschlaggebend, sondern eine fehlende Ablehnung der Mehrheit im Parlament. Auch zahlreiche andere Faktoren begünstigen die Bildung und Stabilität einer Minderheitsregierung in Schweden; so z.B. der konsensorientiere Gesetzgebungsprozess, der Opposition und außerparlamentarischen Institutionen einen hohen Grad an Einfluss zubilligt oder auch die Möglichkeit des Parlaments, ein einzelnes Regierungsmitglied abzuberufen ohne die gesamte Regierung in Frage zu stellen.
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-09-16T00:00:00"
"2022-09-07T00:00:00"
"2022-09-16T00:00:00"
https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/512821/parlamentswahl-in-schweden-2022/
Am 11. September hat Schweden ein neues Parlament gewählt. Das rechts-konservative Lager hat die Wahl knapp gewonnen. Bislang regierte eine sozialdemokratische Minderheitsregierung das Land.
[ "Schweden", "Parlamentswahl", "Minderheitsregierung", "Sicherheit", "schwedische Regierung", "Wahlen", "Reichstag", "Kandidaten" ]
30,112
Editorial | Geisteswissenschaften | bpb.de
Das Jahr der Geisteswissenschaften neigt sich seinem Ende zu. Wurde das Ziel erreicht, den Menschen ihre gesellschaftliche Bedeutung stärker ins Bewusstsein zu rufen? Ist es gelungen, die vielfältigen Bereiche geisteswissenschaftlicher Forschung und Lehre sowie die damit verbundenen beruflichen Möglichkeiten ins Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken? Werden die Geisteswissenschaften als "Wissenschaften unter Wissenschaften" wahrgenommen oder doch in Abgrenzung zu den Naturwissenschaften, denen in den Jahren 2000 bis 2006 jeweils ein eigenes Jahr gewidmet worden war? Rangieren sie möglicherweise auch hinsichtlich der Erwartungen ökonomischen Nutzens und gesellschaftlicher Relevanz hinter diesen, denen beides nicht selten pauschal unterstellt wird? Die in diesem Jahr geführten Diskussionen haben gezeigt, dass es heute nicht mehr darum gehen sollte, solche Unterschiede zwischen Geistes- und Naturwissenschaften hervorzuheben oder gar zu pflegen. Eine Trennung zwischen den "zwei Kulturen" wird weder dem Charakter des Wissens noch dem der Wissenschaft gerecht. Die Grenzen zwischen den Wissenschaftsdisziplinen sind durchlässiger, Grenzüberschreitungen längst unverzichtbar geworden. Interdisziplinarität ist nicht nur in der Hirnforschung der Königsweg zu neuer Erkenntnis. Im Zeitalter globaler Veränderungen muss die Rolle der Geisteswissenschaften noch genauer definiert werden. Mit Blick auf den Klimawandel käme es beispielsweise darauf an, gemeinsam mit den Naturwissenschaften über Strategien globaler Steuerung nachzudenken und darauf basierend nachdrückliche Forderungen an die Politik zu richten.
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Belwe, Katharina
"2021-12-07T00:00:00"
"2011-10-05T00:00:00"
"2021-12-07T00:00:00"
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/30117/editorial/
Eine Trennung zwischen Geistes- und Naturwissenschaften wird weder dem Charakter des Wissens noch dem der Wissenschaft gerecht. Die Grenzen zwischen den Wissenschaftsdisziplinen sind durchlässiger, Grenzüberschreitungen unverzichtbar geworden.
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30,113
Versäumte Integrationschancen und nachholende Integrationspolitik | Integration | bpb.de
Einleitung Migrations- und Integrationspolitik sind Zentralbereiche der Gesellschaftspolitik im Einwanderungsland Deutschland. Das wird heute zunehmend anerkannt. Lange war das Gegenteil der Fall, gab es doch in Deutschland bis zum Vorabend der Jahrhundertwende ein gesellschaftliches Paradox: eine Einwanderungssituation ohne Einwanderungsland. Folgenreiche Versäumnisse existierten dabei auf beiden Seiten: Es gab sie bei der so genannten "Aufnahmegesellschaft", die sich in Wirklichkeit in stetem Wandel befand und in der längst auch Millionen von Zuwanderern zu Einheimischen geworden waren. Und es gab sie auf Seiten der vielgestaltigen Zuwandererbevölkerung, die vor dem Eintreffen der Aussiedler/Spätaussiedler in größerer Zahl vor allem aus jenen Arbeitswanderern bestand, die man im Volksmund lange "Gastarbeiter" nannte. Gast ist freilich nur, wer nicht auf Dauer bleibt. Aber mehr als drei Millionen Arbeitswanderer beiderlei Geschlechts blieben. Sie verlagerten schließlich ihren Lebensmittelpunkt in die Bundesrepublik und zogen ihre Familien nach. Dieser Prozess wurde durch den "Anwerbestopp" von 1973 beschleunigt, der die Fluktuation zwischen Herkunftsländern und Zuwanderungsland beendete. Unter den meist nur in der männlichen Form adressierten "Gastarbeitern" gab es auch viele Pioniermigrantinnen, die ebenfalls allein zugewandert waren und durch Eheschließung mit deutschen Partnern oder durch Ehegattennachzug Familien in Deutschland gründeten. Zu konstatieren ist insgesamt ein Wandel von der Arbeitswanderung über Daueraufenthalte mit offenem Zeithorizont zu einer echten Einwanderungssituation, mithin ein Wandel von einer Zuwanderer- zu einer Einwandererbevölkerung. Dieses Hinübergleiten in einen echten Einwanderungsprozess wurde von vielen der seit Mitte der 1950er Jahre zugewanderten ausländischen Arbeitskräfte lange nicht hinreichend erkannt. Sie verhielten sich vielfach nicht so, wie es von nach beruflich-sozialem Aufstieg im Einwanderungsland strebenden Einwanderern eigentlich zu erwarten gewesen wäre. Das galt nicht nur für das Bemühen um den Erwerb der Staatsangehörigkeit des Einwanderungslandes, den freilich längere Zeit auch einzelne Herkunftsländer (etwa die Türkei) erschwerten. Es galt auch für das Erlernen der deutschen Sprache sowie für Bildung, Ausbildung und berufliche Qualifikation der zweiten Generation über das Niveau der un- bzw. angelernten Beschäftigungsverhältnisse hinaus, für die die "Gastarbeiter" seit Mitte der 1950er Jahre zumeist angeworben worden waren. In der Mehrheitsgesellschaft durchaus geläufige pauschale Schuldzuweisungen sind freilich fehl am Platz; denn einerseits gab es viele Ausnahmen von dieser nur scheinbaren Regel und auch starke Unterschiede zwischen den Nationalitätengruppen, etwa bei dem am Schulerfolg der zweiten Generation gemessenen Integrationserfolg. Andererseits war hier weniger die nationale als die soziale Herkunft entscheidend - die in keinem anderen europäischen Land so unmittelbar auf die schulische Leistungsbilanz durchschlägt. Nachteilig wirkten oft auch importierte traditionale, in einer postmodernen Industriegesellschaft im Wandel zur tertiären Wissensgesellschaft hinderliche Verhaltensmuster und Wertorientierungen. Das Leben der Einwanderer ohne Staatsangehörigkeit des Einwanderungslandes wurde durch wohlfahrtsstaatliche Reglements erleichtert - nach hinreichend verfestigtem Aufenthaltsstatus nicht selten auch mit Hilfe von staatlichen oder kommunalen Sozialtransfers: Ausländer auch aus Drittstaaten jenseits der EU konnten, wie in den meisten modernen Wohlfahrtsstaaten, bei langem Inlandsaufenthalt alle sozialen und wirtschaftlichen Rechte erwerben, die in klassischen Einwanderungsländern nur Staatsangehörigen oder gezielt ausgewählten Einwanderergruppen zustehen. Damit wurde der migratorische Selbstausleseprozess außer Kraft gesetzt, nach dessen ungeschriebenen harten Gesetzen weiterwandern oder zurückkehren muss, wer sich im Einwanderungsland wirtschaftlich nicht selbst versorgen kann. Hinzu kam eine wachsende Abwehrhaltung des widerwilligen Einwanderungslandes: Zuwanderung wurde immer weniger als Hilfe von außen und immer mehr als soziale Belastung im Innern gewertet. Für die Zuwanderer war dies, jenseits ihrer alltäglichen Akzeptanz, in den politischen und publizistischen Diskursen unverkennbar. Das galt beispielsweise für den jenseits kurzfristiger Scheinerfolge (Mitnahmeeffekte) fehlgeschlagenen Versuch der frühen 1980er Jahre, Ausländer durch "Rückkehrprämien" aus dem Land zu locken. Die Erfahrungen anderer Länder hatten von Beginn an dagegen gesprochen. Die bundesweite Kampagne wurde denn auch von vielen Adressaten als geschönter Hinauswurf empfunden. Kaum anders stand es um die knapp ein Jahrzehnt später inszenierte bundesweite Sympathiewerbung für die aus dem östlichen Ausland zuwandernden - im Vergleich zu den zum Teil seit Jahrzehnten in Deutschland lebenden Ausländern und ihren Familien lange durch großzügige Integrationshilfen unvergleichbar privilegierten - Aussiedler: Im Zentrum der PR-Kampagne standen Großanzeigen in der überregionalen Presse unter der von vielen Ausländern als erniedrigende Degradierung empfundenen Spalterformel "Aussiedler sind keine Ausländer!" Ähnliche Wirkungen zeitigte jüngst die mitunter von Geringschätzung, Misstrauen und Argwohn bestimmte politische Polemik um die "Einbürgerungstests". Sie war von der Fehleinschätzung getragen, die Deutschen könnten sich ihre - zumeist seit Jahrzehnten im Lande lebenden, in immer größerem Anteil auch schon hier geborenen oder doch hier aufgewachsenen - Einwanderer durch "Eignungstests" noch aussuchen. Solche und andere Brüskierungen haben bei vielen dauerhaft im Lande lebenden Ausländern und ihren Familien mentale Verletzungen hinterlassen. Die davon nicht betroffene Mehrheitsgesellschaft hat dafür kaum ein Gespür. Hier liegen die Gründe dafür, dass die Zuwandererbevölkerung eine zum Teil deutlich andere, intergenerativ unterschiedlich gebrochene Erinnerung an die Einwanderungs- und Integrationsgeschichte in Deutschland hat als die Mehrheitsgesellschaft ohne Migrationshintergrund. Gelingende Integration aber setzt Integrationsbereitschaft nicht nur bei der Zuwandererbevölkerung, sondern auch bei der Mehrheitsgesellschaft voraus. In einigen Zuwanderergruppen zu beobachtende Tendenzen zu Selbstabgrenzung und Rückzug in Herkunfts- und Religionsgemeinschaften sind ganz wesentlich auch Echoeffekte auf Desorientierung und tatsächlichen oder auch nur so empfundenen Mangel an Akzeptanz im Integrationsprozess: Ein Einwanderungsland wider Willen sollte sich über gelegentlich widerwillige Einwanderer nicht wundern. Es wäre abwegig, bei der Akzeptanz der Einwanderungssituation und bei den daraus für die jeweilige Seite zu ziehenden Folgerungen von annähernd gleichen Erkenntnischancen und Handlungsspielräumen auszugehen; denn die Definitionsmacht darüber, was ein Einwanderungsland ist, lag ausschließlich bei der Mehrheitsgesellschaft und ihren politischen Repräsentanten. Hier aber fehlte es lange an der Bereitschaft zur Akzeptanz der gesellschaftlichen Realitäten. Dass es durch Zuwanderung und Integration zu Strukturveränderungen der "Aufnahmegesellschaft" kommen und diese im Ergebnis zur "Einwanderungsgesellschaft" werden würde, ist immer wieder vergeblich vorgetragen worden - in wissenschaftlichen Untersuchungen, aber auch in Berichten von Experten der Praxis und von in Arbeitsteams kooperierenden Vertretern beider Gruppen. Den wissenschaftlichen Einschätzungen der späten 1970er und frühen 1980er Jahre lagen in der internationalen Migrationsforschung gültige, in Deutschland noch weitgehend unbekannte Standards für die Einschätzung von Migrations- und Integrationsprozessen zugrunde. Die frühen Forschungsergebnisse wurden nicht zur Kenntnis genommen, sondern verdrängt oder auch aus vermeintlich besserer politischer Weitsicht herablassend abgewiesen. Mehr noch - die Beschäftigung mit ihren Ergebnissen wurde zum Teil bis in die Begrifflichkeiten hinein amtlich untersagt: So war es etwa im Bundesministerium des Innern, wie der Verfasser selbst erleben konnte, noch in den späten 1980er Jahren nicht gestattet, das Stichwort "Einwanderung" auch nur zu erwähnen, geschweige denn darüber zu verhandeln. Einzelne ebenfalls frühzeitig auch in Aufklärungs- und Beratungsabsicht mit den Themen Migration und Integration befasste Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben sich angesichts dieses eklatanten Mangels an politischer Akzeptanzbereitschaft und Lernfähigkeit von diesen Themen abgewandt und sind, wie der Soziologe Hartmut Esser, erst in den letzten Jahren wieder nachdrücklicher zu diesem Forschungsfeld zurückgekehrt. Vorwiegend politische Empörung erweckte vor diesem Hintergrund die frühe kritische Bestandsaufnahme des - dem Bundesarbeitsministerium zugeordneten - ersten Ausländerbeauftragten der Bundesregierung, des vormaligen nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Heinz Kühn aus dem Jahr 1979. Sie ging vor allem auf Kühns scharfsinnigen, mit engagierten Migrationsforschern kooperierenden, bereits 1983 verstorbenen jungen Chefdenker Karlfriedrich Eckstein zurück. Im Kühn-Memorandum wurde unmissverständlich konstatiert, dass aus der "Gastarbeiterbevölkerung" eine Einwandererbevölkerung geworden war. Gefordert wurden Einbürgerungserleichterungen und eine aktive Integrationsförderung: Was man heute nicht in die Integration der ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Familien investiere, das müsse man unter Umständen später für Resozialisierung und Polizei bezahlen. Was Kühn und Eckstein hier vordachten, entspricht der heute weithin akzeptierten Einsicht, dass die sozialen Folgekosten unzureichender Integration bei weitem höher sind als die Kosten rechtzeitig gewährter Integrationshilfen. Dass ihr düsteres Menetekel nicht Wirklichkeit wurde, war zweifelsohne weniger der - jenseits der pragmatisch eingeübten behördlichen Akzeptanz der Zuwandererbevölkerung auf kommunaler Ebene - weitgehend konzeptionslosen deutschen Integrationspolitik, sondern mehr der friedlichen alltäglichen Integrationsbereitschaft der Zuwandererbevölkerung zu verdanken, was in publizistischen und vor allem politischen Diskursen aber kaum Anerkennung fand. Viele Einwanderer und - über die Vererbung der sozialen Startpositionen - auch ihre Kinder haben bei dieser stillen Anpassung ohne zureichende Orientierungshilfen, geschweige denn zielorientierte Förderung im Integrationsprozess, auf ihren Lebenswegen einen hohen Preis gezahlt. So haben viele im Zuge jener weithin zu beobachtenden "Unterschichtung" der einheimischen Erwerbsbevölkerung, die deren beruflich-sozialen Aufstieg ermöglichte, selbst den Fahrstuhl nach oben` verpasst. Das schlägt sich in der Statistik darin nieder, dass von der deutschen Erwerbsbevölkerung jetzt weniger als ein Drittel (29 Prozent), von der ausländischen aber noch mehr als die Hälfte (53 Prozent) zur Arbeiterschaft zählen und die Arbeitslosenquote der ausländischen Erwerbsbevölkerung fast doppelt so hoch ist wie die der deutschen. In die gleiche Entwicklungslinie gehört die viel zu spät erkannte bzw. viel zu lange achselzuckend hingenommene und erst seit dem "PISA-Schock" brüskierend skandalisierte Bildungsmisere der zweiten und dritten Ausländergeneration. Der "Anwerbestopp" von 1973 wirkte, wie ebenfalls frühzeitig erkannt und angemahnt wurde, als Bumerang, weil er den Wandel von der Arbeitswanderung zur Einwanderung nur verstärkte. Im Grunde wären für diejenigen, die sich zum Bleiben entschieden, schon damals gezielte Integrationsförderungen und -forderungen sowie - bei deren Erfüllung - Einbürgerungserleichterungen nötig gewesen; denn es hatte schon zu lange ein gesellschaftliches Nebeneinander ohne zureichende Perspektiven für die gemeinsame Zukunft gegeben. Solche zeitgenössischen Forderungen entsprachen im Kern bereits dem, was heute unter der Maßgabe "Fördern und Fordern" bei Neuzuwanderern für selbstverständlich gehalten wird. Aber der unantastbare, ebenso wirklichkeitsfremde wie gesellschaftlich folgenschwere Dementi-Konsens "Die Bundesrepublik ist kein Einwanderungsland" blockierte die Aufnahme solcher Anregungen. Er hat der Mehrheitsgesellschaft ohne Migrationshintergrund, der Zuwandererbevölkerung und schließlich auch der "Bevölkerung mit Migrationshintergrund" - diese schließt Zuwanderer und deren Nachfahren bis in die dritte Generation ein - die Akzeptanz der Einwanderungssituation unnötig erschwert. Das Gleiche galt für die Akzeptanz der sich immer deutlicher herausbildenden "Einwanderungsgesellschaft", die die Mehrheitsgesellschaft und Bevölkerung mit Migrationshintergrund einschließt. Statt konzeptorientierter Integrationspolitik gab es nach dem "Anwerbestopp" von 1973 noch jahrzehntelang vorwiegend "Ausländerpolitik", die kaum mehr war als Arbeitsmarktpolitik, angewendet auf Ausländer. Sie wurde in den 1980er Jahren begleitet von den illusionären Komponenten einer "sozialen Integration auf Zeit" und einer insbesondere an die deutsch-türkische Zuwandererbevölkerung adressierten "Förderung der Rückkehrbereitschaft" durch bewusste Aufrechterhaltung jener Heimatorientierung` - deren mentale Folgen heute allseits beklagt werden. Ich erinnere mich in dieser Hinsicht noch gut an meine vergebliche Kritik an der "demonstrativen Erkenntnisverweigerung" in den politischen Diskussionen der frühen 1980er Jahre und an meine Warnung vor deren sozialen Folgen, die heute vielerorts ,zu besichtigen` sind. Auch das von mir 1994 initiierte, von 60 deutschen Professorinnen und Professoren unterzeichnete, in großer Auflage verbreitete "Manifest der Sechzig: Deutschland und die Auswanderung", das zu einer Neuorientierung der Migrations- und Integrationspolitik aufrief, blieb in der 13. Legislaturperiode (1994 - 1998) politisch ebenso ohne Echo wie zwei weitere, zeitgleich von mir vorgelegte Bücher, in denen ich vor den gefährlichen gesellschaftlichen Folgen einer weiteren Erkenntnisverweigerung und Handlungsverspätung warnte. Es blieb stattdessen bei dem, was der Historiker Wolfgang J. Mommsen für das Kaiserreich als ein sich stets weiter verselbständiges "System umgangener Entscheidungen" beschrieben hat. Das hatte fatale Folgen dergestalt, dass die immer wieder politisch beschworene Nicht-Existenz der Einwanderungssituation, ebenso Horrorgemälde von einer angeblich drohenden "Überflutung" durch unerwünschte Zuwanderung und die von vielen Politikern mit aggressiver Semantik vorgelebte Abwehrhaltung die politischen Handlungsspielräume mit Blick auf das Wählerverhalten der eigenen Klientel stets weiter verengten. Demonstrative Erkenntnisverweigerung gab es dabei sogar retrospektiv. Ein ehedem höchstrangiger Beamter des Bundesinnenministeriums ließ mich 1996 wissen: Rückblickend hätten wir mit unseren Bestandsaufnahmen und Trendaussagen seinerzeit zwar durchaus Recht gehabt - "aber das konnten Sie damals doch gar nicht wissen!" Neuerdings werden Stichworte, die wir seit den späten 1970er und frühen 1980er Jahren in die Debatte geworfen haben, beherzt neu entdeckt. So werden etwa von mir stammende Formulierungen wie "Integration ist keine Einbahnstraße", "Integrationsförderung als Gesellschaftspolitik" oder "Integration als gesellschaftlicher Prozess auf Gegenseitigkeit" bzw. "als intergenerativer Kultur- und Sozialprozess" heute gern von Prominenten in der Politik verwendet. Das gilt auch für die Rede von einem für die Einwanderungsgesellschaft nötigen "neuen Gesellschaftsvertrag". Heiner Geißler erinnert sich in diesem Sinne an seine frühe Rede von der "neuen sozialen Frage". Barbara John, die frühere Ausländerbeauftragte und spätere Integrationsbeauftragte des Senats von Berlin, teilt die Erfahrung, dass uns heute auf öffentlichen Veranstaltungen mitunter die eigenen, schon ein Vierteljahrhundert alten Ideen oder Redewendungen begegnen, zuweilen sogar mit erhobenem Zeigefinger mahnend vorgehalten werden. Auch Rita Süßmuth, Dieter Oberndörfer und die wenigen anderen heute noch aktiven frühen publizistischen Mitstreiter teilen diese Erfahrungen. Die Veränderung der politischen Diktionen aber signalisierte, dass sich die politischen Einschätzungen von Migration und Integration zu wandeln begannen. Der im engeren Sinne legislative Wandel kam in vier Schritten: Ein erster Schritt war 1990 die Reform des Ausländerrechts unter Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, welche die Einbürgerung erleichterte und als Anspruchseinbürgerung ermöglichte. Der zweite Schritt wurde im Jahr 2000 mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts unter Bundesinnenminister Otto Schily getan. Sie ersetzte das alte, zwar vielfach novellierte, aber noch immer stark ethno-national geprägte Jus sanguinis (Vererbung der Staatsangehörigkeit) im Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 durch ein bedingtes Jus soli (Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt im Land). Es gestattet im Land geborenen Kindern von Ausländern mit rechtlich gesichertem Daueraufenthalt auf Zeit die doppelte Staatsangehörigkeit - bis zum 23. Lebensjahr, vor dessen Vollendung sie sich für eine Staatsangehörigkeit entscheiden müssen. Der dritte Schritt kam im Jahr 2005 durch das ebenfalls von Bundesinnenminister Schily initiierte Zuwanderungsgesetz. Es verband Migrations- und Integrationsrecht in einem großen Gesetzentwurf und erklärte Integration zur staatlichen Aufgabe. Es schuf das aus dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFl) hervorgegangene, auf der Bundesebene zentral für Migration und Integration zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) - dessen neue Zweckbestimmung zweifelsohne zutreffender als "Bundesamt für Migration und Integration" umschrieben worden wäre. Das Zuwanderungsgesetz reduzierte die unübersichtliche Statusvielfalt und vereinfachte die Migrationsverwaltung nach außen hin durch das "One-step-government" (ein zuständiger institutioneller Ansprechpartner für aufenthalts- und arbeitsrechtliche Fragen). Das Ringen um einen tragfähigen politischen Kompromiss führte beim Zuwanderungsgesetz in einem extrem konfliktreichen Abstimmungsverfahren zu schweren programmatischen Einbußen. Am folgenreichsten war dabei die abermals populistisch motivierte generelle Stärkung der Zuwanderungsbegrenzung auf Kosten einer gezielten und damit ohnehin immer auch begrenzenden Zuwanderungsförderung. Das reichte von der Streichung des flexiblen Punktesystems zur Auswahl von passgerechten Einwanderern mit Hilfe variabler Kriterien nach Maßgabe des erfolgreichen kanadischen - und mittlerweile u.a. auch schon englischen, in Tschechien sogar im Sinne des ersten Entwurfs des deutschen Zuwanderungsgesetzes übernommenen - Vorbilds bis zur Abschaffung des im Vorgriff auf das Gesetz schon 2003 von Bundesinnenminister Otto Schily einberufenen unabhängigen Sachverständigenrates für Zuwanderung und Integration (Zuwanderungsrat). Beide Entscheidungen haben Deutschland hinter Einwanderungsländer Europas zurückgeworfen, in denen es eine konzeptorientierte Zuwanderungspolitik und eine - durch abhängige Ressortforschung und fallweise ausgelagerte Auftragsforschung nicht zu ersetzende - unabhängige wissenschaftliche Integrationsberatung gibt, die inzwischen auch Teil der Integrationsagenda der EU vom 1. September 2005 ist. Den vierten Schritt auf Bundesebene bildeten 2006 der Integrationsgipfel von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Kooperation mit der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Maria Böhmer, sowie - damit verschränkt - die Deutsche Islam Konferenz (DIK) von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble. Auf der in Integrationsfragen primär zuständigen Landesebene gab es zeitgleich verschiedene richtungweisende Initiativen, unter denen der vom nordrhein-westfälischen Kabinett beschlossene, unter Leitung des bundesweit ersten Integrationsministers Armin Laschet entwickelte "Aktionsplan Integration" das weitestgehende Querschnittskonzept umfasste. Auf der für Integration strategischen Schlüsselebene der Kommunen schließlich gibt es, zum Teil verschränkt mit den verschiedensten zivilgesellschaftlichen, auch von Stiftungen geförderten Initiativen, eine Vielzahl von oft schon durch langjährige Praxis bewährten und doch immer wieder neu an die sich wandelnden Herausforderungen der urbanen Einwanderungsgesellschaft angepassten Konzepten. Der Staat selbst ist bei der konzeptorientierten Integrationsförderung erst im Vorfeld des Zuwanderungsgesetzes - mit den vorbereitenden Überlegungen der Unabhängigen Kommission Zuwanderung seit 2000/01 - aus einem langen, durch die verschiedensten Appelle nicht zu störenden Tiefschlaf erwacht. Zuvor war die themen- und gruppenorientierte Integrationsarbeit weitgehend an die Wohlfahrtsverbände delegiert worden. Seit der schlafende Riese Staat erwacht ist, gilt es, darauf zu achten, dass er sich nicht zu sehr in Allzuständigkeitsvisionen ergeht, gewissermaßen - frei nach Thomas Mann, der vom "General Dr. von Staat" gesprochen hatte - als "Generalintegrator Dr. von Staat". Zudem sollten historisch-politische Legendenbildungen vermieden werden, etwa in Gestalt der aktuellen politischen Legende, dass das, was uns dem Ziel der "Integrationsförderung als Gesellschaftspolitik" heute - 25 Jahre nach den frühen vergeblichen Appellen - allmählich näher bringt, vorher gesellschaftlich und politisch gar nicht möglich gewesen sei. Es erschien nur lange gesellschaftlich nicht möglich, weil es politisch für unmöglich bzw. für gegenstandslos erklärt wurde ("Die Bundesrepublik ist kein Einwanderungsland"). Wir sollten das neue System einer konzeptorientierten Integrationspolitik auf insgesamt drei Säulen stellen, die ich "präventive", "begleitende" und "nachholende Integrationspolitik" genannt habe. Säule 1: Es kommt darauf an, im Rahmen des Möglichen stärker auf die beruflich-soziale Passfähigkeit und damit vor allem auf die Qualifikation der Neuzuwanderer zu achten. Diese muss nicht immer erst mühevoll und teuer nachgebessert werden. Sie kann auch schon im Ausland vorbereitet werden. Das gilt gleichermaßen für Spätaussiedler und Juden. Diese "präventive Integrationspolitik" wird hier in Ansätzen bereits praktiziert: bei den Spätaussiedlern in Gestalt von in die Herkunftsräume ausgelagerten Sprachkursangeboten und bei Juden aus der GUS zusätzlich in einer Art Punktesystem mit Kriterien (insbesondere Sprache, Beruf, Alter) im Rahmen einer individuellen "Integrationsprognose". Aber in beiden Fällen fehlt noch die zureichende berufs-, arbeitsmarktperspektivische und im weitesten Sinne lebenspraktische Vorbereitung auf den Integrationsprozess. Säule 2: Was vom Zuwanderungsgesetz für den Weg in und durch den Integrationsprozess selbst vorgesehen ist, habe ich "begleitende Integrationspolitik" genannt; denn Integrationspolitik funktioniert nicht im Passiv. Sie kann immer nur fördernde und fordernde Begleitung des wesentlich eigendynamischen Integrationsprozesses sein - Integration bleibt ein Lebensrisiko, das den Einwanderern nicht abgenommen werden kann. Integrationspolitik sollte pragmatisch sein, weite Perspektiven und einen langen Atem haben. Sie sollte selbstbewusst und möglichst klar sein. Nach einschlägigen Erfahrungen sollte sie Versäumnisse am Start, das heißt besonders bei Sprachförderung, vorschulischer Erziehung und schulischer Bildung der nachwachsenden Generation zu vermeiden suchen und deshalb die vom Zuwanderungsgesetz eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von "Fördern und Fordern" im Zweifelsfalle lieber zu generös als zu zurückhaltend nutzen. Säule 3: Wo es anhaltend klemmt, sollte - ebenfalls nach der Maßgabe "Fördern und Fordern" - nachgebessert werden durch das Konzept, das ich "nachholende Integrationspolitik" genannt habe: Nachholende Integrationspolitik ist die wichtigste Säule der Integrationspolitik in Deutschland. Sie wurde im weiteren Rahmen des Zuwanderungsgesetzes - über ein geringes Kontingent (50 000 bis 60 000 Kursplätze) hinaus - nur indirekt und mittelbar vorgesehen, soweit nämlich bei der "Erstintegration" Mittel übrig bleiben. Die nachholende gegenüber der begleitenden Integrationspolitik auf diese Weise hintanzustellen, war ein gesetzgeberischer Denkfehler; denn die Zahl der dauerhaft im Lande lebenden "Bestandsausländer", die niemals die heute für selbstverständlich erachteten Integrationskurse (Sprach- und Orientierungskurse) erhalten haben, übersteigt um ein Vielfaches die stets weiter schrumpfende Gruppe der Neuzuwanderer. Und wenn - grotesk übertrieben - pauschal vom "Scheitern der Integration" (eher noch vom Scheitern der bisherigen Integrationspolitik) als Begründung für solche Maßnahmen gesprochen wird, dann können damit ohnehin nicht die Neuzuwanderer gemeint sein - weil sie ja gerade erst gekommen sind, mithin noch gar nicht gescheitert sein können. Solche Kritik richtet sich vielmehr gerade an jene schon lange im Lande lebenden Einwanderer bzw. "Bestandsausländer" und besonders an deren zweite und dritte Generation, denen das Konzept der nachholenden Integrationspolitik in erster Linie gilt. Auch nachholende Integrationspolitik kann immer nur als begleitende Maßnahme konzipiert werden. Sie kann also die Eigendynamik eines verspäteten Integrationsprozesses nicht etwa ersetzen, sondern nur fördernd begleiten bzw. einen gestörten oder steckengebliebenen Integrationsprozess wieder in Gang zu setzen suchen. Diese fördernde Begleitung durch nachholende Integrationspolitik ist - wie die begleitende Integrationspolitik - an dem Ziel der Eröffnung von Chancen zu einer möglichst gleichberechtigten Partizipation an allen gesellschaftlichen Teilbereichen orientiert. Das gilt insbesondere für die sprachliche Integration, also die zureichende Kommunikationsfähigkeit in der Mehrheitssprache; für die ohne diese Voraussetzung kaum erreichbare soziale Integration; für die kulturelle Integration einschließlich des sich Einlebens in die Grundwerte der Rechtskultur; für die ökonomische Integration, insbesondere den Zugang zum Arbeitsmarkt und, besonders bei jüngeren Menschen, für die Voraussetzungen dazu in Gestalt von familiärer Erziehung, schulischer Bildung und beruflicher Ausbildung bzw. Qualifikation. Aber auch mit großzügig bemessenen und bedarfsorientierten Angeboten nachholender Integrationspolitik können immer nur einige und keineswegs etwa alle Versäumnisse der Vergangenheit korrigiert bzw. in ihren negativen Folgen begrenzt werden; denn irgendwann ist es, gemessen an versäumten früheren Chancen, für manche Gestaltungsmöglichkeiten immer einmal zu spät. Eine Schadensbegrenzung ist ohnehin nur dann möglich, wenn nicht versucht wird, die gesellschaftlichen Folgen der Versäumnisse der Vergangenheit heute noch mit oft überholten Lösungen von gestern zu beheben. Entsprechende Handlungsoptionen müssen deshalb - von unabhängiger Warte aus - stets neu auf ihre Passfähigkeit und Effizienz hin überprüft werden; denn die Einwanderungsgesellschaft ist kein statischer Zustand, sondern verändert sich in einem sich ständig wandelnden Sozial- und Kulturprozess. Diesen Wandel in kultureller Toleranz und sozialem Frieden aktiv zu begleiten, ist eine der größten Herausforderungen für die gesellschaftliche Zukunft in Deutschland und Europa. Klaus J. Bade (Hrsg.), Das Manifest der Sechzig: Deutschland und die Einwanderung, München 1994; ders., Ausländer - Aussiedler - Asyl. Eine Bestandsaufnahme, München 1994; ders., Homo Migrans: Wanderungen aus und nach Deutschland- Erfahrungen und Fragen, Essen 1994. Wolfgang J. Mommsen, Das deutsche Kaiserreich als System umgangener Entscheidungen, in: Helmut Berding u.a. (Hrsg.), Vom Staat des Ancien Régime zum modernen Parteienstaat. Festschrift für Th. Schieder, München 1978, S. 239 - 265.
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Bade, Klaus J.
"2021-12-07T00:00:00"
"2011-10-05T00:00:00"
"2021-12-07T00:00:00"
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/30457/versaeumte-integrationschancen-und-nachholende-integrationspolitik/
Auf dem Weg vom Nebeneinander zum Miteinander in der Einwanderungsgesellschaft gab es Versäumnisse auf beiden Seiten. Zur Gestaltung der gemeinsamen Zukunft gehört deshalb Schadensbegrenzung in Gestalt von nachholender Integrationspolitik.
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Inhalt: Interner Link: 1. Fächerspezifische Datenbanken, Portale und E-Learning-Angebote Interner Link: 2. Fächerübergreifende Datenbanken und Portale Interner Link: 3. Angebote für Universität und Hochschule Interner Link: 4. Mediendatenbanken Interner Link: 5. Suchmaschinen Interner Link: 6. Online-Tools Interner Link: 7. Software Interner Link: 8. Überblick / Weiterführende Informationsangebote 1. Fächerspezifische Datenbanken, Portale und E-Learning-Angebote 1.1 Geschichte, Politik, Historisch-politische Bildung Externer Link: europeana Europas größte Online-Sammlung von Kunst, Kultur und Wissenschaft. Sie beinhaltet Bücher und Manuskripte, Fotos und Gemälde, Skulpturen und Noten, Videos und Tonaufnahmen, Tagebücher und Karten; unterschiedliche Nutzungsrechte, z.T. CC BY-SA Beispiele: Externer Link: http://www.europeana1914-1918.eu/de: Filmarchiv, Digitalisate privater Erinnerungsstücke, Digitalisate aus Nationalbibliotheken zum Thema Erster Weltkrieg; unterschiedliche Nutzungsrechte, z.T. CC BY-SA Externer Link: http://www.europeana1989.eu/de/: Digitalisate zum Thema Umbrüche in Mittel- und Osteuropa 1989/90; z.T. CC BY-SA Externer Link: SeGu - Selbstgesteuert entwickelter Geschichtsunterricht Die Lernplattform ist ein Projekt am Historischen Institut der Universität zu Köln. Sie bündelt unterschiedliches, selbst erstelltes Material (Videos, Texte, Arbeitsblätter, etc.) für den Geschichtsunterricht, untergliedert in verschiedene Epochen. Die Inhalte stehen dabei unter der Externer Link: CC BY-SA 3.0-Lizenz. Externer Link: wir-waren-so-frei Anbieter: Bundeszentrale für politische Bildung, Deutsche Kinematek Eine Sammlung von fast 7.000 privaten Filmaufnahmen und Fotos im Kontext des Mauerfalls. Viele Materialien unter CC BY-SA oder CC BY-NC-ND. Externer Link: Gezielte Suche nach Lizenztypen möglich. MOOCs (Massive Open Online Courses) zum Thema Geschichte, Politik, Historisch-politische Bildung MOOC "Orientierung Geschichte" Der offene Onlinekurs führt in die Geschichtswissenschaft ein und gibt einen Überblick über die historische Entwicklung der Disziplin, ihre Gegenstandsbereiche und Methoden. Hinweis: In diesem Onlinekurs sind die Kursmaterialien nur dann vollständig abrufbar bzw. zugänglich, wenn der Kurs aktiv angeboten wird. Externer Link: https://iversity.org/de/courses/orientierung-geschichte Weitere MOOC’s: "HanseMOOC": Externer Link: https://www.hanse-mooc.de/ MOOC Moralische Grundlagen von Politik (in engl.) Externer Link: https://www.coursera.org/learn/moral-politics 1.2 MINT: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik Externer Link: Virtuelle Mathe-AG Anbieterin: Heike Winkelvoß Unter einer Externer Link: CC BY-SA 3.0-Lizenz stellt die Anbieterin eigens entwickelte mathematische Rätsel und Knobelaufgaben sowie Arbeitsblätter und Lernspiele für den Mathematikunterricht zur Verfügung. Die meisten Materialien dienen dem Einsatz in der Grundschule. Darüber hinaus findet regelmäßig ein virtueller Mathe-Wettbewerb statt, der auch für ältere Schülerinnen und Schüler Aufgaben bereithält. Externer Link: 3D Geometrie Anbieter: Kurt Meister Ein Mathematik- und ICT-Lehrer aus der Schweiz macht unter der Externer Link: CC BY-NC-SA 2.5 CH-Lizenz Anleitungen verfügbar, die helfen sollen, dreidimensionale geometrische Formen anzufertigen. Daneben gibt es Informationen zu freier Software und Aufgabenstellungen. Externer Link: ChiLe - Chemie interaktiv lernen Anbieter: Prof. Dr. Verena Pietzner (Universität Oldenburg) Diese Plattform widmet sich ausschließlich und intensiv dem interaktiven Chemieunterricht. Unter der Externer Link: CC BY 3.0-Lizenz gibt es Animationen, dreidimensionale Molekülmodelle, Aufgaben und komplette Lerneinheiten. Dahinter steckt die Abteilung für Chemie der Universität Hildesheim. Externer Link: Offene Naturführer Eine Sammlung offener Materialien wie z.B.: Bestimmungshilfen, Lehr- und Lernmaterialien zur Artenvielfalt unter der Externer Link: CC BY-SA 3.0-Lizenz. Es stehen zahlreiche Definitionen, Bilder, Aufgabenstellungen und thematische Diskussionsforen zur Verfügung. Die Plattform wird von Einzelpersonen, Vereinen und Projekten getragen. Externer Link: PSE in Bildern Anbieter: Jürgen Kummer Die chemischen Elemente im Periodensystem hängen doch schon in jedem Klassenzimmer? Stimmt, aber mancher braucht sie auch zu Hause oder bevorzugt ein paar plastische Bilder statt kryptischer Abkürzungen. Das geht mit dem PSE in Bildern, das unter der Externer Link: CC BY 3.0-Lizenz steht. Hier sind zu beinahe allen Elementen Kurzbeschreibungen und Fotos frei verfügbar. Externer Link: Medienportal der Siemens-Stiftung Anbieter: Siemens-Stiftung Das Medienportal der Siemens Stiftung bietet Lehrkräften und Schülern freie, kostenlose und qualitätsgeprüfte Unterrichtsmaterialien für naturwissenschaftlich-technische Fächer. Die rund 3.500 digitalen Medien zu Energie, Umwelt und Gesundheit liegen als Open Educational Resources (OER) vor und dürfen somit bearbeitet, geteilt und verbreitet werden. Sie fördern einen wertebildenden Unterricht und moderne Konzepte wie forschendes, inklusives und kooperatives Lernen. So etwa die Lehr- und Lernform Service-Learning, die fachliches Lernen im Unterricht mit gesellschaftlichem Engagement verbindet. Mittels Web Based Training oder der Handreichung „Service-Learning in den MINT-Fächern“ steigen Lehrkräfte direkt in die Methode ein und erfahren, wie man Kindern und Jugendlichen die gesellschaftliche Bedeutung von MINT vermitteln kann. Für den inklusiven MINT-Unterricht in heterogenen Klassen bietet das Medienportal spezielle Experimentiereinheiten, die auf die Bedarfe von Schülern mit verschiedenen Lernausgangslagen abgestimmt sind, weiter angepasst und im Klassenverbund eingesetzt werden können. Die Materialien eignen sich für alle Altersstufen und Schularten und liegen in Deutsch, Englisch und Spanisch vor. MOOCs (Massive Open Online Courses) für den Fachbereich MINT Hinweis: In einigen Onlinekursen sind die Kursmaterialien nur dann vollständig abrufbar bzw. zugänglich, wenn der Kurs aktiv angeboten wird. MOOC "Mechanik im Alltag" Externer Link: https://imoox.at/wbtmaster/startseite/physik.html MOOC "Aha-Erlebnisse der Experimental-Physik I & II" Externer Link: https://imoox.at/wbtmaster/startseite/experimentalphysik.html Externer Link: https://imoox.at/wbtmaster/startseite/experimentalphysik2.html MOOC "Einführung in Matlab" Externer Link: https://www.edx.org/course/einfuhrung-matlab-tumx-matlabx#! MOOC "Der Kreis" Externer Link: http://imoox.at/wbtmaster/startseite/kreis.html MOOC "Einführung in die menschliche Physiologie" (in engl.) Externer Link: https://www.coursera.org/learn/physiology MOOC "Pflanzen verstehen - Was weiß eine Pflanze?" (in engl.) Externer Link: https://www.coursera.org/learn/plantknows MOOC "Evolution - Ein Kurs für Lehrende" (in engl.) Externer Link: https://www.coursera.org/learn/teaching-evolution 1.3 Religion, Ethik, Philosophie Externer Link: rpi-virtuell.net Anbieter: Comenius-Institut Münster Diese überkonfessionelle religionspädagogische Plattform stellt u.a. offenes Unterrichtsmaterial, geordnet nach thematischen Schlagwörtern, zur Verfügung. Verantwortlich ist das Comenius-Institut München. Nicht alle Materialien stehen unter einer CC-Lizenz. Beim Abruf des jeweiligen Materials ist auf den Lizenzhinweis am Ende zu achten. Eigenes Material kann hochgeladen werden. MOOCs (Massive Open Online Courses) für die Fachbereiche Religion, Ethik, Philosophie MOOC "Wissenschaft, Philosophie, Religion" (in engl.) Dieser Kurs will dem Lernenden das Spannungsfeld von Wissenschaft, Philosophie und Religion näher bringen. Dafür stehen Videos, Texte und kurze Tests zur Verfügung. Externer Link: https://www.coursera.org/learn/philosophy-science-religion-1 Weitere MOOCs MOOC "Antike Philosophie: Plato und seine Vorgänger" (in engl.) Externer Link: https://www.coursera.org/learn/plato 1.4 Bildende Kunst, Musik Externer Link: MusOpen Anbieter: MusOpen (NGO aus den USA) Eine Plattform, die den freien Zugang zu Musik erweitern möchte und daher gemeinfreie Musik bzw. Musik unter freien Lizenzen anbietet. Titel können nach Komponisten, Instrumenten, Epochen, etc. durchsucht werden. Die genaue Lizenz ist nach Wahl eines Titels/Künstlers in der rechten Spalte der Webseite angegeben. MusOpen arbeitet momentan an spezifischen Materialien für den Musikunterricht. Externer Link: MKG Sammlung Online Anbieter: Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg Das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg stellt gemeinfreie Exponate in einer Online-Sammlung zur Verfügung. Es kann frei nach Schlagworten recherchiert werden. MOOCs (Massive Open Online Courses) für die Fachbereiche Bildende Kunst, Musik MOOC Grundlagen Musiktheorie (in engl.) Dieser Kurs ist eine Einführung in die Musiktheorie und beschäftigt sich mit Themen wie Notenlehre, Harmonien, Rhythmus usw.. Es werden Videos mit begleitenden Texten zur Verfügung gestellt. Außerdem gibt es ein Forum in dem sich Teilnehmer zu diesem Kurs austauschen können. Externer Link: https://www.coursera.org/learn/edinburgh-music-theory Weitere MOOCs MOOC Einführung in klassische Musik (in engl.) Externer Link: https://www.coursera.org/learn/introclassicalmusic MOOC Teaching with Themes (in engl.) Externer Link: https://www.coursera.org/learn/ideas MOOC Moderne Kunst Externer Link: https://www.coursera.org/learn/modern-art-ideas MOOC Kunstgeschichte Online Externer Link: http://onlinekurs.staedelmuseum.de 1.5 Deutsch Externer Link: Deutsch-Online Diese Plattform wurde für Lehrerinnen und Lehrer, die Deutsch als Fremdsprache unterrichten, angelegt. Die Kollegen aus vielen Teilen Europas und der ganzen Welt erarbeiten gemeinsam offene Unterrichtsmaterialien, die im DaF-Unterricht Anwendung finden sollen. Dabei spielen v.a. der Einsatz moderner Medien und die neuen Technologien des Web 2.0 eine besondere Rolle. Externer Link: serlo.org: ABC Anbieter: Serlo Education e. V Zur Verfügung gestellt werden Übungen zur Alphabetisierung für Deutschlernende im Selbststudium. Optimiert ist das Angebot für eine Nutzung auf dem Smartphone. MOOCs (Massive Open Online Courses) für den Fachbereich Deutsch MOOC Aussprachetraining für Syrische Deutschlerner Externer Link: https://mooin.oncampus.de/mod/page/view.php?id=1909 1.6 Andere Sprachen MOOCs (Massive Open Online Courses) für den Fachbereich Sprachen Externer Link: Ja, das klingt doch schon italienischerAnbieter: imoox Eine Einführung/ Training in die Aussprache der italienischen Sprache für Menschen mit bereits vorhandenen Grundkenntnissen. Externer Link: https://imoox.at/wbtmaster/startseite/phonetik.html Weitere MOOCs Learn Spanish (englischsprachig, für Einsteiger) Externer Link: https://www.coursera.org/specializations/learn-spanishImprove your English communication skills (englischsprachig: für Fortgeschrittene) Externer Link: https://www.coursera.org/specializations/improve-english 1.7 Sport Externer Link: #Bewegungspause Anbieter: Bildungswerk Sport in Rheinland-Pfalz Als Video werden durchgeführte ‘Bewegungspausen’ auf der Plattform ‘Vimeo’ zur Weiternutzung zur Verfügung gestellt. MOOCs (Massive Open Online Courses) für den Fachbereich Sport Volleyball-Trainer-MOOC Externer Link: http://www.oncampus.de/weiterbildung-fortbildung/mooin/volleyball-trainer-mooc.html MOOC Klettern mit 360 Grad Videos Externer Link: https://imoox.at/wbtmaster/startseite/klettern.html 2. Fächerübergreifende Datenbanken und Portale Externer Link: CC-your-EDU Dieses Blog ist keine klassische Datenbank für freie Bildungsmaterialien. Vielmehr gilt sie als ein herausragendes und umfassendes Beispiel für das gewinnbringende Engagement im Bereich Bildungsmaterial unter freien bzw. offenen Lizenzen einer Einzelperson. Die Seite listet zahlreiche Suchmaschinen, Materialquellen, Infolinks und Tipps zum Einstieg in das Thema auf. Die Inhalte des Blogs stehen unter einer Externer Link: CC BY 3.0-Lizenz. Externer Link: Elixier Anbieter: Deutscher Bildungsserver Seit 2007 kann über das Portal Elixier des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (dipf) freies Bildungsmaterial gefunden werden. Die Metasuchmaschine möchte das offene Material der Deutschen Bildungsserver auffindbar machen. Das Angebot umfasst ca. 50.000 geprüfte Inhalte. In der "Erweiterten Suche" kann die Lizenz, unter der das Material stehen soll, angegeben werden. Externer Link: https://groups.diigo.com/group/openeducationalresources Gruppe zum Austausch von und über OER mit dem Fokus: Schule Externer Link: edutags.de Edutags sind ein Social-Bookmarking-System für Lehrkräfte, das vom Deutschen Bildungsserver angeboten wird. Die Lehrenden können u.a. freie Materialien sammeln, verwalten, bewerten, kommentieren und sich darüber mit anderen angemeldeten Nutzerinnen und Nutzern austauschen. Über die Suchfunktion kann Fremdmaterial von OER-Seiten gefunden werden. Externer Link: lehrer-online.de Diese Plattform stellt u.a. Unterrichtsmaterial in Form von Arbeitsblättern und kompletten Unterrichtseinheiten zu verschiedenen Themen zur Verfügung. Einige dieser Materialien stehen unter CC-Lizenzen. Dabei ist der jeweilige Lizenzhinweis bei Abruf des Materials in einer Box rechts zu beachten. Externer Link: http://www.medien-in-die-schule.de Hier finden Lehrkräfte ganze Unterrichtspakete und Werkzeuge zur Bearbeitung von Medienthemen im Unterricht. Alle Materialien stehen unter einer freien Lizenz. Dahinter stehen die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM), die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) und Google. Externer Link: Gutenberg-Projekt Hier werden mehr als 36.000 freie E-Books zum Herunterladen angeboten, deren Copyright ausgelaufen ist und die somit als gemeinfrei gelten. Von Aristoteles über Brontë und Shakespare bis hin zu Zola sind einige bedeutsame Autorinnen und Autoren in deutscher - und noch viel mehr in englischer - Sprache zu finden. Externer Link: lreforschools.eun.org Plattform, die unterschiedliche, größtenteils CC-lizenzierte Materialien zur Verfügung stellt. Externer Link: Umwelt im Unterricht Anbieter: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit Lehrkräfte finden hier alle zwei Wochen eine neue Unterrichtseinheit zu aktuellen Fragen im Bereich Nachhaltigkeit, Umwelt- und Naturschutz. Das Angebot umfasst einen Hintergrundtext für Lehrende, didaktische Kommentare, Unterrichtsvorschläge und Materialien. Die Inhalte stehen unter CC-Lizenzen. Externer Link: WikiBooks Wikimedia stellt mit WikiBooks eine Online-Bibliothek offener Lehr-, Sach- und Fachbücher zur Verfügung. Die Suche kann nach Begriffen oder nach vorgegebenen Themen erfolgen. Jede/r kann mitmachen. Die Inhalte stehen unter einer Externer Link: CC BY-SA 3.0-Lizenz. Externer Link: Wikiversity Ein weiteres Projekt der Wikimedia-Foundation, das dem gemeinschaftlichen Erstellen von freien Bildungsmaterialien dient. Wikiversity bietet u.a. Online-Lehrveranstaltungen an und stellt Projekte an Schulen und in weiteren Bildungsbereichen vor, die Wikiversity nutzen. Zudem gibt es freies Unterrichtsmaterial unter einer Externer Link: CC BY-SA 3.0-Lizenz. 3. Angebote für Universität und Hochschule Externer Link: https://www.openlearnware.de Web-Plattform der TU Darmstadt für den freien Zugang und Austausch von Lernmaterialien. Externer Link: MIT OpenCourseWare (OCW) OpenCourseWare ist ein Überbegriff für frei verfügbare Lehr- und Lernmaterialien im Internet, die i.d.R. von Hochschulen zur Verfügung gestellt werden. Das MIT hat hierzu eine der bekanntesten und meistbesuchten Plattformen erschaffen, die Ende 2002 online ging. Die Seite steht unter einer Externer Link: CC BY-NC-SA 3.0 US-Lizenz, die Kurse und Materialien in der Regel auch. Das Angebot richtet sich nicht nur an Studierende und umfasst von Technik über Zeitgeschichte bis hin zu Gesellschaft viele Themen. Externer Link: Peer-2-Peer-University (P2PU) Die P2PU bietet freie Online-Kurse, Webinare, MOOCs (Massive Open Online Courses) und Diskussionsforen zu unterschiedlichen Themen an. Die Seite steht unter Externer Link: CC BY-SA 3.0 Unported-Lizenz. Zu ihren Angeboten zählen auch die Externer Link: School of Education (spezialisiert auf freie Inhalte für die schulische Bildung) und die Externer Link: School of Open (bietet Kurse und Workshops zum Thema Open Access und Openness im digitalen Zeitalter an). Externer Link: catalog.flatworldknowledge.com Veröffentlicht eine ständig wachsende Sammlung freier und offener Bildungsinhalte für Hochschulen. Studierende, Dozierende und weitere Hochschulmitarbeitende können diese nutzen. MOOC-Plattformen Externer Link: mooin.oncampus.de MOOCs aus Deutschland Externer Link: imoox.at MOOCs aus Österreich Externer Link: https://iversity.org/de/courses Kurse zu unterschiedlichen Themen Externer Link: https://www.coursera.org/Kostenfreie, überwiegend englischsprachige Online-Kurse unterschiedlicher Universitäten. Externer Link: openuped.eu europäische MOOC-Initiative der Europäischen Vereinigung der Fernlehrinstitute. Sie bündelt MOOCs, deren Materialien bzw. Bausteine den erforderlichen Lizenzbedingungen für OER entsprechen. 4. Mediendatenbanken Externer Link: CCMixter Dies ist eine Plattform, auf der über 40.000 Musikerinnen und Musiker aus aller Welt ihre Remixe und Samples zur Verfügung stellen. Diese stehen unter einer Externer Link: CC BY-NC 3.0 US-Lizenz. Es stehen ebenfalls einige Podcasts und Fotos zur Verfügung. Externer Link: Flickr Hinter flickr.com verbirgt sich eine Fotocommunity, in der zahlreiche Fotos aus aller Welt bereitgestellt werden. Es findet sich sowohl urheberrechtlich geschütztes Material als auch solches, das unter einer CC-Lizenz steht. Über die "Erweiterte Suche" kann das Archiv gezielt nach Inhalten unter bestimmten CC-Lizenzen durchsucht werden. Externer Link: jamendo jamendo ist eine Musikplattform, über die kostenlos Musik hochgeladen, angehört und gedownloadet werden kann. Die Urheber legen durch die Vergabe von CC-Lizenzen die Nutzungsmöglichkeiten der Dateien fest. Externer Link: Freesound.org Kollaborative Soundsammlung mit CC-Lizenzen. Die jeweilige CC-Lizenz wird von den Beitragenden selbst ausgewählt. Zu finden sind überwiegend kurze Audio-Dateien, die mit unterschiedlichen Schlagworten getaggt werden. Externer Link: Pixabay Eine große Datenbank für Bilder und Videos, die alle unter einer CC-Lizenz stehen. Sie können kostenlos heruntergeladen, verändert und kommerziell verwendet werden. Externer Link: Vimeo Auf der Videoplattform steht themenübergreifendes Videomaterial zur Verfügung, das über die erweiterte Suche gezielt gefunden werden kann. Zudem bietet eine Externer Link: Creative Commons-Unterseite Informationen zu den CC-Lizenzen - mit Verweis auf die unter dieser Lizenz jeweils zur Verfügung stehenden Videos. Externer Link: Wikimedia Commons Eine Sammlung von Mediendateien - hauptsächlich Fotografien, Videos, Musik und gesprochenem Text - der Wikimedia Foundation. Die Dateien sind thematisch geordnet und müssen gemeinfrei oder unter einer freien Lizenz (Externer Link: Übersicht) zur Verfügung gestellt werden. Die meisten Inhalte gibt es in englischer, einige auch in deutscher Sprache. Externer Link: Openclipart.org Unter CC0 veröffentlichte Cliparts - sortiert in unterschiedlichen Kategorien. 5. Suchmaschinen Externer Link: CC-Suche bei Google Der meistgenutzte Suchmaschinenanbieter lässt mittlerweile unter seiner "Erweiterten Suche" das Finden von frei lizenziertem Material zu. Über den letzten Punkt der "Erweiterten Suche" können die Nutzerinnen und Nutzer die Ergebnisse nach Nutzungsrechten filtern lassen. Die Trefferseite zeigt dann Inhalte unter der ausgewählten Lizenz an. Achtung: Trotzdem sollten die Lizenzen der einzelnen verlinkten Inhalte noch einmal geprüft werden - manchmal mischen sich Inhalte in die Ergebnislisten, die nicht unter der gewünschten Lizenz stehen. Externer Link: Creative Commons-Suche Creative Commons bietet einen gebündelten Zugriff auf Suchmaschinen an, die Inhalte nach Lizenz filtern können, bzw. auf Portalen, die Inhalte unter einer freien Lizenz zur Verfügung stellen. Die CC-Suche bietet ein gezieltes Finden freier Inhalte über ausgewählte Suchmaschinen und Medienportale an. Auch hier empfiehlt sich ein letzter Lizenzcheck des gefundenen Inhalts. Externer Link: Elixier Seit 2007 kann über das Portal Elixier des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (dipf) freies Bildungsmaterial gefunden werden. Die Metasuchmaschine möchte das offene Material der Deutschen Bildungsserver auffindbar machen. Das Angebot umfasst ca. 50.000 geprüfte Inhalte. In der "Erweiterten Suche" kann die Lizenz, unter der das Material stehen soll, angegeben werden. Externer Link: lern:line NRW lern:line NRW steht auf dem Bildungsportal des Landes Nordrhein-Westfalen zur Verfügung und ist zugleich Katalog und Suchmaschine, die eine Filterfunktion nach CC-Lizenzen besitzt. 6. Online-Tools Externer Link: Lizenzhinweisgenerator: Mit dem Lizenzhinweis-Generator lässt sich automatisiert ein Lizenzhinweis für Inhalte der Wikipedia oder Wikimedia Commons generieren. Externer Link: Tutory: Tutory ist ein Online-Arbeitsplatz-Editor, der Nutzenden Materialien unter CC-Lizenzen zur Verfügung stellt. Externer Link: OERcommons: Gestaltung online von Materialien, Lernmodulen und Kursen. Externer Link: Memucho: Lerninhalte zu unterschiedlichen Themen finden und zuverlässig lernen auf Basis eines Karteikartensystems. Externer Link: Wikidot: In der Basis-Version kostenfreies Tool, um ein Wiki zu erstellen und zu nutzen. Externer Link: Yourpart: Kostenfreies Erstellen von sofort nutzbaren Etherpads - ohne Anmeldung/ Registrierung 7. Software Externer Link: Audacity Audacity steht für eine kostenlose Audiobearbeitungssoftware. Selbst erstellte Audiodateien können mit Hilfe von Audacity aufgezeichnet und bearbeitet werden. Es beinhaltet Standardfunktionen wie Schneiden und Kopieren, bis hin zu der Möglichkeit, sogenannte "Echo‘s“ einzufügen. Externer Link: Calibre Calibre ist eine freie Software zur Erstellung und Strukturierung von E-Books. Kovid Goyal begann 2006 mit der Entwicklung des Programms für Sony, das damals noch den Namen "libprs500“ trug und seit 2008 als "Calibre“ bekannt ist. Externer Link: Etherpad Ein Etherpad ist ein webbasierter Editor, der mehreren Personen eine kollaborative Bearbeitung von Texten 'in Echtzeit‘ ermöglicht. Alle Änderungen sind sofort bei allen Teilnehmenden sichtbar. Seit 2009 ist Google Inc. der Inhaber der (Open-Source)Software. Externer Link: iBooks Author iBooks Author ist eine kostenlose Applikation der Firma Apple, die es Nutzern ermöglicht, digitale (Lehr-)Bücher für das Apple iPad zu erstellen. Zusätzlich zu Textdokumenten ermöglicht iBooks Author auch die Einbindung von Videos, Fotos, Grafiken und Animationen. Externer Link: OpenOffice Apache OpenOffice (AOO), meist nur Open Office genannt, ist ein freies (open Source) Office-Paket mit Programmen zur Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentation und zum Zeichnen. Die Programme sind für alle Betriebssysteme kompatibel. Externer Link: LibreOffice LibreOffice ist eine freie Open Source Office-Software (Office-Paket), die voll kompatibel mit Programmen anderer Office-Anbieter ist. Sie ist kostenfrei erhältlich, frei im Gebrauch und in der Verbreitung. LibreOffice enthält Programme der Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentation und Erstellung von Zeichnungen. Externer Link: Sigil Sigil ist ein Open-Source-Editor, der im Jahr 2009 erstmals entwickelt wurde. Das Ziel ist die Entwicklung eines benutzerfreundlichen Editors für EPUB Dokumente. Sigil beinhaltet die Funktion des WYSIWYG sowie auch das direkte Editieren von HTML-Quellcode. Externer Link: word2cleanHTML Mit der freien Software word2cleanHTML können Nutzer ihre Word-Dokumente in ein Textfeld einfügen und anschließend in HTML konvertieren lassen, ohne selbst programmieren zu müssen. Externer Link: Wordpress Wordpress ist eine frei zugängliche Software (Open-Source-Software), die zur Erstellung und Strukturierung von Text- und Bildinhalten einer Webseite dient. Die Software eignet sich u.a. durch ihre leichte Handhabung besonders gut für Weblogs. 8. Überblick / Weiterführende Informationsangebote Externer Link: OER World Map: Auf einer Weltkarte werden vorhandene OER-Initiativen angezeigt und verlinkt. Externer Link: OER Atlas 2017: Überblick über deutschsprachige OER-Angebote und Initiativen mit Stand 2017. Externer Link: OERinfo: Bildungsbereichsübergreifende und bundesweite Anlaufstelle für das Thema OER: Information, Transfer und Vernetzung. Externer Link: Jointly: Qualifizierung und kollaborative Unterstützung für OER. Externer Link: Open Education in Europe Die Europäische Kommission hat sich mit dieser Plattform dem Thema OER angenommen. Neben allgemeinen Informationen dazu lassen sich auch konkrete Materialien in unterschiedlichen Sprachen finden. Auch hier sollte noch einmal das gefundene Material auf seine Lizenz geprüft werden. Externer Link: Open Education Consortium Sammlung von Werkzeugen zu OER sowie Informationsmaterial, Weiterbildungsmöglichkeiten zum Thema, aber auch ein Reservoir von Bildungsmaterialien zu verschiedenen Themen auf unterschiedlichen Niveaus.
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"2021-06-23T00:00:00"
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تعليم المواطنة في هولندا | Country Profiles: Citizenship Education Around the World | bpb.de
تتعرفوا على تعليم المواطنة في هولندا حيث ستجدون معلومات عن تعريف المواطنة، النظام البيئي لتعليم المواطنة الغير رسمي، البيئة القانونية الغنية، الجهات المعنية و التحديات. بالإضافة سنقوم بعرض نتائج مشاركة هولندا في الدراسة الدولية للتربية المدنية وتعليم المواطنة (ICCS). المحتوى: Interner Link: 1. معلومات مرجعية Interner Link: 2. تعريف تعليم المواطنة و البيئة القانونية Interner Link: 3. النظام البيئي لتعليم المواطنة غير الرسمي Interner Link: 4. الجهات المعنية Interner Link: 5. التحديات Interner Link: 6. الهوامش "الحواشي" Interner Link: 7. الحواشي 1. معلومات مرجعية المواطنة هي المفهوم الرئيسي الذي تتمحور حوله السياسات والنظريات والممارسات المتعلقة بالتنمية الشخصية والاجتماعية للأشخاص في وقتنا الحالي، في مرحلة تنشئة المواطن يكون للتعليم دور مهم في هذه العمليّة، حيث تضع جميع الشعوب سياستها الخاصة بالمواطنة، ولكنها تتأثر بالتطورات العالمية التي تتجاوز حدودها الجغرافية. في العقود الماضية، تعمَّق مفهوم المواطنة وتوسَّع نطاقه [1]. ويُقصَد باتساع نطاقه هنا أنَّ المفهوم قد امتد لما وراء الحدود الوطنية إلى الهويات الإقليمية (المواطنة الأوروبية) وإلى الصعيد العالمي (المواطنة العالمية). ويعني تعميق مفهوم المواطنة أنَّ المفهوم لا يُصاغ على الصعيد السياسي فحسب، بل أيضًا على الصعيدَين الاجتماعي والثقافي: فهو يتعلق بنوعية الأشخاص الذين تود الأمة تنميتهم. لكلِّ أمةٍ سياستها الخاصة بالمواطنة وطرق تعليمها حيث يعتمد نوع المواطنة التي تنشد الأمة تطويرها على النظام السياسي المُهيمن. وفي العالم الغربي، عادةً ما يتمُّ التشديد على المنظور الديمقراطي للمواطنة، ولكن ضمن هذا الإطار الديمقراطي هناك مختلف الصِيَغ الممكنة، حيث تؤثر الاختلافات الثقافية والتشكيلات السياسية تأثيرًا شديدًا في نوع المواطنة وتعليم المواطنة الذي تنشد الأمة تحقيقه في عملية التنشئة الاجتماعية لمواطنيها [2]. هولندا لطالما اتسمت مهمة التعليم في التنشئة الاجتماعية في هولندا بالقوة [3]، ولكن لا تكون عمليات التنشئة الاجتماعية دائمًا هي نفسها بالنسبة إلى مختلف المجموعات من الأشخاص. في القرن التاسع عشر، عَمدت النخبة إلى تعليم أولادها في مدارس منفصلة عن بقية المجتمع، ومن ثمَّ نما رأسمالهم الاجتماعي والثقافي وما يقابلهما من تفوُّق. كان "الأشخاص العاديون" أهدافًا لعملياتٍ حضارية تستهدف تنشئة مواطنين مُطيعين يعملون بكد. ولا يزال هذا الانقسام الشديد بين الطبقات، رغم اكتسائه بأسلوبٍ حديث، باديًا للعيان في المجتمع الهولندي وفي المدارس الهولندية بهيكلها الهرمي لمستويات التعليم الثانوي المختلفة والمنفصلة، وحتى مع حكم الجدارة الصارم والمُكرَّس لمنح الفرص للأطفال، تظل عمليات التوارُث الاجتماعي في هولندا ذات بأسٍ في التعليم الهولندي. ويختلف تعليم المواطنة بالنسبة إلى أبناء الطبقة الدنيا في بعض النواحي عن تعليم المواطنة لأبناء النخبة؛ إذ يخضع أبناء الطبقة الدنيا لمزيدٍ من الانضباط فيما يُتاح لأبناء النخبة نطاقٌ أكبر لتطوير استقلاليتهم الذاتية [4]. يتمثل الشقُّ الثاني المهم في التعليم الهولندي ذي الصلة بتعليم المواطنة في التركيز الشديد على التقييم والاختيار والمتابعة، إذ يتمُّ تقييم الطلاب كثيرًا، ولا سيما في مواد اللغات، والرياضيات، والعلوم. وفي سن الثانية عشرة، يتمُّ فصلهم في ستة مستويات مختلفة للتعليم (ثلاثة في التعليم الفني، وثلاثة في التعليم العامّ) فنزول السلم أسهل من تسلُّقه ويدعم هذا الاختيار المبكر وهذه المنافسة القوية فكرة المواطنين المسؤولين بأنفسهم عن نجاحهم الشخصي ومكانتهم داخل المجتمع. وهذا منهجٌ قويٌّ وخفي في تعليم المواطنة. ويتمثل الشقُّ الثالث المهم الذي يؤثر في تعليم المواطنة الهولندي في وفود الكثير من المهاجرين من البلدان غير الغربية في نصف القرن الماضي. أولًا، أتى معظمهم "كعمال زائرين"، والآن الوافدون الجدد هم من اللاجئين. هناك فكرةٌ معينة عن المجتمع متعدد الثقافات، ولكن على المهاجرين التكيُّف مع القيم والعادات الهولندية. يُستخدم تعليم المواطنة لتعزيز العيش مع مجموعاتٍ ثقافيةٍ مختلفة ودمج المهاجرين داخل المجتمع الهولندي [5]. وهناك شقٌ رابع ذو صلة، ولديه تاريخ طويل، وهو دور الدين. لطالما لعب الدين والاختلافات بين الأديان دورًا مهمًّا في المجتمع الهولندي. حيث أنّ مصطلح "الطائفة" معروفٌ للغاية. وقد كان، ولا يزال إلى حدٍّ ما، لكلِّ دين مؤسساته الخاصة. ولا يزال "عزل الطوائف" شديدًا للغاية في مجال التعليم على وجه التحديد. وفي هولندا، يكثر الآن عدد الأشخاص غير المتدينين عن المتدينين، ومع ذلك، فإن ثلثيّ المدارس هي مدارس دينية، ومعظمها مسيحية. تُموِّل الحكومة المدارس الدينية تمويلًا كاملًا، وعلى المدارس اتباع المنهج الوطني لجميع المواد فيما عدا مادة الدراسات الدينية والموضوعات المتعلقة بالدين. ومن هنا، تبدأ الصعوبة بمناهج تعليم المواطنة؛ إذ لا ترغب المجموعات الدينية في أن تحظى بسياسة صارمة لمناهج المواطنة، ويقولون إن المجموعات الدينية نفسها هي مَن عليها الوقوف على نوع المواطنة الذي يتماشى مع تكوينها الاجتماعي والثقافي، وعلى حدِّ قولهم، لا يجب أن تُفرِط الحكومة في التدخل [6]. وإجمالًا، يصير المنهج الخفي لتعليم المواطنة زاخرًا بالتفرقة على حسب الطبقة الاجتماعية، والثقافة والدين. فنادرًا ما تلتقي المجموعات الاجتماعية والثقافية المختلفة، سواء في المدرسة أو في المجتمع الأوسع، ولا يتعلمون حقًّا كيف يعيشون معًا أو يتعاونون لبناء مجتمع ديمقراطي. ويُدرِك العديد من السياسيين هذه التفرقة، وبخاصة المجالس الاستشارية مثل مجلس التعليم [7] ومكتب التخطيط الاجتماعي والثقافي، لكنهم لا يخرجون ليوضحوا ما يعنيه ذلك لتنمية الإحساس بالمواطنة. ويفتقر المجتمع الهولندي المعاصر إلى حركة اجتماعية وسياسية واسعة النطاق لتعزيز العدالة الاجتماعية ومحاربة التفرقة والفصل. وتُقدِّر المنظمات الدينية والعديد من أولياء الأمور الاختيار الحر للمدارس والثقافة المتجانسة للعديد منها. هولندا في الدراسات الدولية المقارنة: الدراسة الدولية للتربية المدنية وتعليم المواطنة (ICCS وتدريس القيم المشتركة) شاركت هولندا في الدراسة الدولية المقارنة للمدنية وتعليم المواطنة (ICCS) في عامَي ٢٠٠٩ و٢٠١٦. وفي كلتا الدراستَين، أحرز الشباب الهولندي تقييمًا ضعيفًا في معرفتهم بالمواطنة وفي رغبتهم في المشاركة النشطة في المجال السياسي. كما أحرزوا أيضًا تقييمًا ضعيفًا للغاية في موقفهم إزاء حقوق المهاجرين. [8]. هناك اهتمامٌ متزايد في المناقشات السياسية وفي التثقيف بشأن هذه المخرجات، كما يوجد دعمٌ متزايد كذلك لمنح المزيدٍ من الاهتمام إلى تعليم المواطنة. أظهرت الأبحاث التي تمَّ إجراؤها بناءً على طلب البرلمان الأوروبي حول سياسة وممارسة الاهتمام بقيم الديمقراطية والتسامح المشتركة في جميع الدول الأعضاء في الاتحاد الأوروبي والبالغ عددها ٢٨ دولة أنَّ الاهتمام بهذه القيم طبقًا لسياسة التعليم الهولندي هو مجرد فكرة مجردة تمامًا، وأنَّه لا يوجد تفعيلٌ حقيقيٌّ لها في ممارسةٍ ملموسة. وكذلك تسود التفرقة وعدم المساواة بشكل متكرر ومتزايد [9]. 2. تعريف تعليم المواطنة والبيئة القانونية [10] منذ عام ٢٠٠٦، كان على المدارس الانتباه إلى تعليم المواطنة. تتمثّل المفاهيم الرئيسية للمواطنة الفاعلة في "المشاركة الفاعلة" و"الاندماج الاجتماعي"، وأيضا "التنوع الثقافي". لا توجد مناهج رسميةٌ حقيقية لتعليم المواطنة: توجد مبادئٌ توجيهية، وبعض الكفاءات المدنية مشمولة ضمن الأهداف الأساسية للتعليم الابتدائي والثانوي، حيث يُوفِّر المعهد الهولندي لتطوير المناهج الدراسية (SLO) المعلومات والأدوات للمدارس من أجل تطوير بيانٍ للرؤية وبرنامج لتعليم المواطنة. تحثُّ جميع المواد، وبخاصة مواد التاريخ والجغرافيا، على إيلاء الانتباه إلى تعليم المواطنة. وبالنسبة إلى التاريخ، فقد وُضِعَ "قانون" خاص بالتاريخ الهولندي. أما مادة الجغرافيا، فيجب أن تُقدِّم نظرةً متعمقة لمكانة هولندا ودورها في أوروبا والعالم. وفي التعليم الثانوي العالي، توجد مادة الدراسات الاجتماعية (maatschappijleer) التي تتناول القضايا الاجتماعية والثقافية والسياسية [11]. وللتمتُّع باعترافٍ أكاديمي، يُركِّز العديد من مُعلمي الدراسات الاجتماعية على المعرفة المُقدَّمة بدروسهم ولا يشددون كثيرًا على تنمية المواقف (Bildung). وإلى جانب المواد الأكاديمية، تُشجِّع أيضًا الحكومة على مشروعات تعلُّم تقديم الخدمات، والتي يتطوع فيها الطلاب لخدمة المجتمع، كما تحثُّ على الأنشطة التي تجتمع فيها المجموعات الثقافية المختلفة معًا. يوضح الباحثون، ومؤخرًا أيضًا مفتشية المدارس، أنَّ العديد من المدارس لا تُولي اهتمامًا كبيرًا لتعليم المواطنة [12]. وترجع أسباب عدم التطبيق إلى ضعف قواعد المنهج، ولا سيما ضعفها مقارنةً بالقواعد والتقييمات المتعلقة بـ "الأساسيات". تخضع المدارس لرقابةٍ شديدة من قِبَل المفتشية وأولياء الأمور فيما يخص النتائج التعليمية المتعلقة بالأساسيات، وليس على صعيد الأنشطة المتعلقة بتنمية المواطنة. هناك الآن أيضًا اعترافٌ من قِبَل العديد من العلماء وبعض السياسيين بأنَّ تركيز تعليم المواطنة على المشاركة الفعالة والاندماج الاجتماعي لهو ضيقٌ للغاية، وأنَّ مفهوم الديمقراطية يجب أن يكون أكثر مركزيةً. وقد اتخذت وزارة التعليم عدة مبادرات لتعريف محتوى المواطنة بشكلٍ أقوى. ومع ذلك، فقد امتنعت عن التكليف بوضع مادةٍ فعلية لتعليم المواطنة وعن صياغة أهداف أكثر واقعيةً لمختلف المواد المعنية (فيما يتعلق بالمناقشات والمبادرات الوطنية الأخيرة، انظر موقع Externer Link: www.slo.nl/thema/meer/burgerschap). 3. النظام البيئي لتعليم المواطنة: دور المنظمات غير الحكومية [13]] لدى هولندا تاريخٌ عريق في المنظمات غير الحكومية وغيرها من أنواع المنظمات التي تعمد إلى إطلاع الشباب والبالغين على حدِّ السواء على القضايا المتعلقة بتعليم المواطنة وتثقيفهم بها. وتُطوِّر هذه المنظمات موادها الخاصة في تعليم المواطنة التي تخرج عن المناهج المدرسية، ويمكن للمدارس استخدامها ولكنها ليست مُلزَمة بذلك، كالبرامج الدراسية حول المثلية الجنسية مثلًا أو المحاضرات التي يلقيها محاضرون زائرون عن الاختلافات الدينية والتسامح. وواحدة من كبريات المنظمات من هذا النوع، والتي تُموِّلها الدولة بشكلٍ جزئي، هي "بيت الديمقراطية وسيادة القانون" (ProDemos). ويكمن هدفها الأساسي في المساعدة في شرح النظام السياسي وسيادة القانون لجمهورٍ غفير وإظهار ما يمكن أن يفعله المواطنون (الصغار) أنفسهم لأجل التأثير السياسي. تُنظِّم العديد من المدارس انتخاباتها الخاصة في المدارس. ومع ذلك، لا تولي العديد من المدارس إلا القليل من الاهتمام إلى تعريف الطلاب على الأحزاب السياسية المختلفة أو إجراء المناقشات حول الانتخابات [14]. ومن الأمثلة الأخرى على البرامج التي يمكن للمدارس الاستفادة منها: متحف دار الإنسانية (Humanity House)، وقلعة الديمقراطية (Castle of Democracy) وهو معرض دائم للأطفال والكبار، وMovies that Matter (مبادرة من منظمة العفو الدولية لتعزيز حقوق الإنسان من خلال الأفلام)، ومؤسسة آنا فرانك (Anne Frank Foundation) المعنية بمناهضة العنصرية، ومنظمة سي أو سي هولندا (COC) التي تُدافِع عن حقوق المثليين والمثليات ومزدوجي الميول الجنسية والمتحولين جنسيًّا (LGBT) بين الشباب والبالغين. وقد تمَّ تطوير برنامج خاص للمدارس الابتدائية، المدرسة السلمية (De Vreedzame School)، من قِبَل إحدى منظمات دعم التعليم لتعزيز الكفاءة الاجتماعية والمواطنة الديمقراطية. وقياسًا بالدول الأوروبية الأخرى، توجد في هولندا مجموعةٌ واسعة من المنظمات التي تدعم المدارس في تقديم تعليم المواطنة. هناك أمثلة كثيرة مثيرة للاهتمام، ومع ذلك، فمعظم المدارس لا تستفيد كثيرًا من هذه الموارد [15]. غالبًا ما تشارك المنظمات غير الحكومية والمنظمات المجتمعية في تعليم الطلاب تقديم الخدمات. وابتداءً من عام ٢٠١١، تَوجَّب على كلِّ طالب في التعليم الثانوي الاضطلاع ببعض التعلم الخدمي. في البداية، لم تتحمس المدارس كثيرًا بسبب عبء العمل الإضافي، ولكن حينما تبيَّنت إيجابية الطلاب إزاء هذه الأنشطة التعليمية واتضح تحسُّن التعاون مع المجتمع المحلي، تحمست المدارس تحمسًا كبيرًا. ومع ذلك، في عام ٢٠١٤، تنصلت الحكومة الجديدة من التعلُّم الخدمي الإلزامي وما يصاحبه من موارد إضافية للمدارس. وأصبح تعليم تقديم الخدمات مرةً أخرى نشاطًا مهمَّشًا في العديد من المدارس. 4. الجهات المعنية كما ذُكِرَ آنفًا، فإنَّ لمجالس المدارس والمنظمات الدينية المناظرة تأثيرًا قويًّا في سياسة تعليم المواطنة. وبالإضافة إلى ذلك، تُزوِّد العديد من المنظمات غير الحكومية المدارس بالمواد الإضافية الخاصة بتعليم المواطنة والخارجة عن المناهج الدراسية. وتتلقى بعض المنظمات تمويلًا حكوميًّا لتطوير مشاريع ومواد معينة، ولكن تملك المدارس دائمًا خيار استخدام المواد من عدم استخدامها. ومع ذلك، فإنَّ وزارة التعليم والثقافة والعلوم، على سبيل المثال، تُلزِم المدارس قانونًا بالتركيز بشكلٍ صريح على موضوع التنوع الجنسي، وهو موضوعٌ بات إلزاميًّا منذ عام ٢٠١٢. ويجوز للمدارس استخدام المواد التي أعدّتها المنظمات غير الحكومية أو وضع الدروس بأنفسها. ومثال آخر هو تعلُّم تقديم الخدمات المجتمعية. في عام ٢٠١١، تمَّ إدخال قانون التعلُّم الإلزامي لتقديم الخدمات المجتمعية في المدارس الثانوية على الصعيد الوطني. وقد أيَّد واحد وثمانون بالمائة من أولياء الأمور التعلُّم الإلزامي لتقديم الخدمات المجتمعية [16]. وبعد ثلاث سنوات، تمَّ إلغاؤه نتيجة لتغيير في الحكومة. وفي الوقت الحاضر، تواصل العديد من المدارس تقديم بعض مواد تعلُّم تقديم الخدمات المجتمعية بشكلٍ تطوعي. وفي كلتا الحالتَين آنفتَي الذِّكر – الاهتمام الصريح بالتنوع الجنسي والتعلُّم الإلزامي لتقديم الخدمات المجتمعية – تسبَّب إلغاء البرامج في نقاش سياسي وعامّ فيما يتعلق بالطابع الإلزامي ومستوى تدخُّل الدولة. 5. التحديات قدَّم وزير التعليم آري سلوب مؤخرًا لوائح جديدة خاصة بتعليم المواطنة [17]. وقد تمَّت مناقشة الاقتراح مع العديد من الجهات المعنية ومع البرلمان. ويدعم معظم الناس فكرة أنَّه يجب أن يكون هناك تركيزٌ أقوى على الديمقراطية. ومع ذلك، يختلف الناس حول التوازن بين ما يمكن للحكومة تحديده وما يخضع لسيطرة مجلس إدارة المدرسة المعنية. وعلى وجه الخصوص، تُعارِض المدارس المسيحية التأثير الحكومي القوي. ويبقى التحدي في كيفية السماح للمدارس بالعمل فعليًّا بحسب منهجٍ رسمي لتعليم المواطنة من ناحية، ومن ناحيةٍ أخرى بالتوفيق بين السياسة الحكومية وتولِّيها كمدرسة لزمام الأمور. ومن الضروري حثُّ المعلمين على تضمين المواطنة بشكلٍ متزايد ضمن ما يقومون بتدريسه [18]. في الوقت الحاضر، تُدرَّس مادة الدراسات الاجتماعية في التعليم الثانوي العالي فحسب. وفي المدارس الثانوية الدنيا، يكون التركيز على تعليم المواطنة موجودًا بشكلٍ خاص في مادتَي التاريخ والجغرافيا، وفي مادة العلوم الدينية في المدارس الدينية، ولكن مع غياب مادة الدراسات الاجتماعية. ومن ثَمَّ، لا بد من تقوية أسس تعليم المواطنة في المنهج التعليمي. من منظور بناء مجتمع شامل، يظل التمييز مشكلةً حقيقية في المجتمع والتعليم. ويتطلب تعزيز التعليم الذي يشمل الجميع ويتمُّ في مجموعات تشمل مختلف طبقات المجتمع المتنوعة نظامًا مدرسيًّا أكثر تكاملًا، إما يشمل القليل من الاختيار أو يتيح الاختيار في سنٍ متأخرة، كما يتطلب ذلك تركيزًا أقوى على التعليم العامّ الذي تكون فيه جميع المجموعات الثقافية موضع ترحابٍ حقيقي. 6. الحواشي الهوامش [1] فوغلرز، دبليو. (محرر). ٢٠١٩. التربية من أجل المواطنة الديمقراطية بين الثقافات. لايدن، هولندا: بريل/ سينس. [2] بفورت بيفورت، آيه.، وفوغلرز، دبليو. ٢٠١٦. المواطنة الفاعلة في مقارنة بين فرنسا وهولندا. في: تعليم المواطنة وتعلُّمها. ١١، ٣، ٣١٥-٣٣٢. [3] فوغلرز، دبليو. ٢٠٠٧. تأسيس تعليم المواطنة الديمقراطي النقدي: تمكين الإنسانية والديمقراطية في التعليم الهولندي. في: كومبير، ٣٧ (١)، ١٠٥. [4] ليندِرز، إتش.، وفوغلرز، دبليو.، ودي كات، إي. ٢٠٠٨-أ. آراء المعلمين بشأن المواطنة في التعليم الثانوي في هولندا. في: مجلة كامبردج للتعليم، ٣٨ (٢)، ١٥٥-١٧٠. [5] سينسِر، آي.، وسِفِرينس، إس.، وفولمان، إم. ٢٠٢٠. التربية على التنوُّع في تعليم المواطنة: مفاهيم وممارسات المعلم المرتبطة بالسياق. في: التدريس وتعليم المعلمين. Externer Link: https://doi.org/10.1016/j.tate.2018.11.015 [آخر دخول بتاريخ ٢٩/٠٦/٢٠٢١] [6] ميدِما، إس.، وبيرترام‐تروست، جي. ٢٠٠٨. المواطنة الديمقراطية والتعليم الديني: التحديات والآفاق أمام المدارس في هولندا. في: المجلة البريطانية للتعليم الديني، ٢:٣٠، ١٢٣-١٣٢، DOI: 10.1080/01416200701830970 [آخر دخول بتاريخ ٢٩/٠٦/٢٠٢١] [7] مجلس التعليم ٢٠١٢. Verder met burgerschap in het onderwijs. لاهاي: مجلس التعليم. [8] شولز، دبليو.، وأينلي، جيه.، وفرايلون، جيه.، وكير، دي.، ولوسيتو، بي. ٢٠١٠. التقرير الدولي للدراسة المعنية بالتربية المدنية وتعليم المواطنة ٢٠٠٩ (ICCS). أمستردام، هولندا: الرابطة الدولية لتقييم التحصيل العلمي (IEA). شولز، دبليو.، وأينلي، جيه.، وفرايلون، جيه.، ولوسيتو، بي.، وأغروستي، جي.، و فريدمان، تي. ٢٠١٧. أن نصبح مواطنين في عالم متغير. التقرير الدولي للدراسة الدولية المعنية بالتربية المدنية وتعليم المواطنة ٢٠١٦ للرابطة الدولية لتقييم التحصيل العلمي (IEA). شام، سويسرا: سبرينغر. [9] فوغلرز، دبليو.، ودي غروت، آي.، وستولك، في. ٢٠١٧. بحث مخصص للجنة CULT (القطاعات الثقافية والإبداعية في الاتحاد الأوروبي) – تدريس القيم المشتركة في أوروبا. بروكسل، بلجيكا: البرلمان الأوروبي، إدارة السياسات لسياسة التلاحم والبنى الهيكلية. فيل فوغلرز هو أستاذ تربية في جامعة الدراسات الإنسانية في أوتريخت. وهو محرِّر مساعد في مجلة التربية الأخلاقية وعضو في اللجنة الاستشارية لبرنامج الدراسة الدولية للتربية المدنية وتعليم المواطنة (ICCS). [10] تمَّ نسخ القسم المتعلق بالمنظمات غير الحكومية والجهات المعنية بشكلٍ كبير من نص سابق كتبه "إيفو برتيس". [11] بيرسين ٢٠١٥. [12] فوغلرز، دبليو. ٢٠١١. تعليم المواطنة بين النظرية والممارسة: حالة السياسة والعلوم والتعليم في هولندا. في: مجلة التعليم، ٢٠٩-٢٢٤. مفتشية التعليم.٢٠١٥. نظام التعليم الهولندي. Onderwijsinspectie.nl، مستخلص من Externer Link: http://www.onderwijsinspectie.nl/english/the-dutch-educational-system [آخر دخول بتاريخ ٢٩/٠٦/٢٠٢١] كوبمانز، إم.، وتِن دام، جي.، وديسترا، آيه. بي.، وفان دير فين، آي. ٢٠٢٠. نحو نموذج شامل لفعالية المدرسة في تعليم المواطنة: تحليل تجريبي للمدارس الثانوية في هولندا. في: العلوم الاجتماعية، ٩، ١٥٧. [13] تمَّ نسخ القسم المتعلق بالمنظمات غير الحكومية والجهات المعنية بشكلٍ كبير من نص سابق كتبه "إيفو برتيس". [14] دي غروت، آي. (٢٠١٧). انتخابات صورية في التربية المدنية: مساحة لتنمية المواطنة الديمقراطية الناقدة. في: مجلة تعليم العلوم الاجتماعية. DOI: Externer Link: https://doi.org/10.4119/jsse-845 [آخر دخول بتاريخ ٢٩/٠٦/٢٠٢١] [15] فوغلرز، دبليو.، ودي غروت، آي.، وستولك، في. ٢٠١٧. بحث مخصص للجنة CULT (القطاعات الثقافية والإبداعية في الاتحاد الأوروبي) – تدريس القيم المشتركة في أوروبا. بروكسل، بلجيكا: البرلمان الأوروبي، إدارة السياسات لسياسة التلاحم والبنى الهيكلية [16] الحكومة الهولندية .٢٠١٠. Ouders voorstander van maatschappelijke stage. الحكومة الهولندية. مستخلص من Externer Link: http://www.rijksoverheid.nl/nieuws/2010/06/09/ouders-voorstander-van-maatschappelijke-stage.html [آخر دخول بتاريخ ٢٩/٠٦/٢٠٢١] [17] وزارة التعليم .٢٠١٩. Wetsvoorstel aanscherping burgerschapsopdracht onderwijs. Externer Link: https://www.tweedekamer.nl/kamerstukken/wetsvoorstellen/detail?id=2019Z23710&dossier=35352 [آخر دخول بتاريخ ٢٩/٠٦/٢٠٢١] [18] ليمان، واي.، ونيفين، إن.، ودي بير، إف.، وفان دير ستين، جيه. ٢٠٢٠. المعلمون كواضعي مناهج: حالة تعليم المواطنة في المدارس الهولندية. في: مجلة المناهج https://doi.org/10.1002/curj.21 [آخر دخول بتاريخ ٢٩/٠٦/٢٠٢١] 7. المراجع بِرتيس، آي. ٢٠١٤. ‘ rol maatschappijleer bij burgerschapsvorming’. Maatschappij & Politiek، ١، ١٥. الجريدة الرسمية. ٢٠٠٥. قانون تعزيز المواطنة الفاعلة والاندماج الاجتماعي. موقع Overheid.nl. مستخلص من Externer Link: https://zoek.officielebekendmakingen.nl/stb-2005-678.html [آخر دخول بتاريخ ٢٩/٠٦/٢٠٢١] Interner Link: English Version المحتوى: Interner Link: 1. معلومات مرجعية Interner Link: 2. تعريف تعليم المواطنة و البيئة القانونية Interner Link: 3. النظام البيئي لتعليم المواطنة غير الرسمي Interner Link: 4. الجهات المعنية Interner Link: 5. التحديات Interner Link: 6. الهوامش "الحواشي" Interner Link: 7. الحواشي 1. معلومات مرجعية المواطنة هي المفهوم الرئيسي الذي تتمحور حوله السياسات والنظريات والممارسات المتعلقة بالتنمية الشخصية والاجتماعية للأشخاص في وقتنا الحالي، في مرحلة تنشئة المواطن يكون للتعليم دور مهم في هذه العمليّة، حيث تضع جميع الشعوب سياستها الخاصة بالمواطنة، ولكنها تتأثر بالتطورات العالمية التي تتجاوز حدودها الجغرافية. في العقود الماضية، تعمَّق مفهوم المواطنة وتوسَّع نطاقه [1]. ويُقصَد باتساع نطاقه هنا أنَّ المفهوم قد امتد لما وراء الحدود الوطنية إلى الهويات الإقليمية (المواطنة الأوروبية) وإلى الصعيد العالمي (المواطنة العالمية). ويعني تعميق مفهوم المواطنة أنَّ المفهوم لا يُصاغ على الصعيد السياسي فحسب، بل أيضًا على الصعيدَين الاجتماعي والثقافي: فهو يتعلق بنوعية الأشخاص الذين تود الأمة تنميتهم. لكلِّ أمةٍ سياستها الخاصة بالمواطنة وطرق تعليمها حيث يعتمد نوع المواطنة التي تنشد الأمة تطويرها على النظام السياسي المُهيمن. وفي العالم الغربي، عادةً ما يتمُّ التشديد على المنظور الديمقراطي للمواطنة، ولكن ضمن هذا الإطار الديمقراطي هناك مختلف الصِيَغ الممكنة، حيث تؤثر الاختلافات الثقافية والتشكيلات السياسية تأثيرًا شديدًا في نوع المواطنة وتعليم المواطنة الذي تنشد الأمة تحقيقه في عملية التنشئة الاجتماعية لمواطنيها [2]. هولندا لطالما اتسمت مهمة التعليم في التنشئة الاجتماعية في هولندا بالقوة [3]، ولكن لا تكون عمليات التنشئة الاجتماعية دائمًا هي نفسها بالنسبة إلى مختلف المجموعات من الأشخاص. في القرن التاسع عشر، عَمدت النخبة إلى تعليم أولادها في مدارس منفصلة عن بقية المجتمع، ومن ثمَّ نما رأسمالهم الاجتماعي والثقافي وما يقابلهما من تفوُّق. كان "الأشخاص العاديون" أهدافًا لعملياتٍ حضارية تستهدف تنشئة مواطنين مُطيعين يعملون بكد. ولا يزال هذا الانقسام الشديد بين الطبقات، رغم اكتسائه بأسلوبٍ حديث، باديًا للعيان في المجتمع الهولندي وفي المدارس الهولندية بهيكلها الهرمي لمستويات التعليم الثانوي المختلفة والمنفصلة، وحتى مع حكم الجدارة الصارم والمُكرَّس لمنح الفرص للأطفال، تظل عمليات التوارُث الاجتماعي في هولندا ذات بأسٍ في التعليم الهولندي. ويختلف تعليم المواطنة بالنسبة إلى أبناء الطبقة الدنيا في بعض النواحي عن تعليم المواطنة لأبناء النخبة؛ إذ يخضع أبناء الطبقة الدنيا لمزيدٍ من الانضباط فيما يُتاح لأبناء النخبة نطاقٌ أكبر لتطوير استقلاليتهم الذاتية [4]. يتمثل الشقُّ الثاني المهم في التعليم الهولندي ذي الصلة بتعليم المواطنة في التركيز الشديد على التقييم والاختيار والمتابعة، إذ يتمُّ تقييم الطلاب كثيرًا، ولا سيما في مواد اللغات، والرياضيات، والعلوم. وفي سن الثانية عشرة، يتمُّ فصلهم في ستة مستويات مختلفة للتعليم (ثلاثة في التعليم الفني، وثلاثة في التعليم العامّ) فنزول السلم أسهل من تسلُّقه ويدعم هذا الاختيار المبكر وهذه المنافسة القوية فكرة المواطنين المسؤولين بأنفسهم عن نجاحهم الشخصي ومكانتهم داخل المجتمع. وهذا منهجٌ قويٌّ وخفي في تعليم المواطنة. ويتمثل الشقُّ الثالث المهم الذي يؤثر في تعليم المواطنة الهولندي في وفود الكثير من المهاجرين من البلدان غير الغربية في نصف القرن الماضي. أولًا، أتى معظمهم "كعمال زائرين"، والآن الوافدون الجدد هم من اللاجئين. هناك فكرةٌ معينة عن المجتمع متعدد الثقافات، ولكن على المهاجرين التكيُّف مع القيم والعادات الهولندية. يُستخدم تعليم المواطنة لتعزيز العيش مع مجموعاتٍ ثقافيةٍ مختلفة ودمج المهاجرين داخل المجتمع الهولندي [5]. وهناك شقٌ رابع ذو صلة، ولديه تاريخ طويل، وهو دور الدين. لطالما لعب الدين والاختلافات بين الأديان دورًا مهمًّا في المجتمع الهولندي. حيث أنّ مصطلح "الطائفة" معروفٌ للغاية. وقد كان، ولا يزال إلى حدٍّ ما، لكلِّ دين مؤسساته الخاصة. ولا يزال "عزل الطوائف" شديدًا للغاية في مجال التعليم على وجه التحديد. وفي هولندا، يكثر الآن عدد الأشخاص غير المتدينين عن المتدينين، ومع ذلك، فإن ثلثيّ المدارس هي مدارس دينية، ومعظمها مسيحية. تُموِّل الحكومة المدارس الدينية تمويلًا كاملًا، وعلى المدارس اتباع المنهج الوطني لجميع المواد فيما عدا مادة الدراسات الدينية والموضوعات المتعلقة بالدين. ومن هنا، تبدأ الصعوبة بمناهج تعليم المواطنة؛ إذ لا ترغب المجموعات الدينية في أن تحظى بسياسة صارمة لمناهج المواطنة، ويقولون إن المجموعات الدينية نفسها هي مَن عليها الوقوف على نوع المواطنة الذي يتماشى مع تكوينها الاجتماعي والثقافي، وعلى حدِّ قولهم، لا يجب أن تُفرِط الحكومة في التدخل [6]. وإجمالًا، يصير المنهج الخفي لتعليم المواطنة زاخرًا بالتفرقة على حسب الطبقة الاجتماعية، والثقافة والدين. فنادرًا ما تلتقي المجموعات الاجتماعية والثقافية المختلفة، سواء في المدرسة أو في المجتمع الأوسع، ولا يتعلمون حقًّا كيف يعيشون معًا أو يتعاونون لبناء مجتمع ديمقراطي. ويُدرِك العديد من السياسيين هذه التفرقة، وبخاصة المجالس الاستشارية مثل مجلس التعليم [7] ومكتب التخطيط الاجتماعي والثقافي، لكنهم لا يخرجون ليوضحوا ما يعنيه ذلك لتنمية الإحساس بالمواطنة. ويفتقر المجتمع الهولندي المعاصر إلى حركة اجتماعية وسياسية واسعة النطاق لتعزيز العدالة الاجتماعية ومحاربة التفرقة والفصل. وتُقدِّر المنظمات الدينية والعديد من أولياء الأمور الاختيار الحر للمدارس والثقافة المتجانسة للعديد منها. هولندا في الدراسات الدولية المقارنة: الدراسة الدولية للتربية المدنية وتعليم المواطنة (ICCS وتدريس القيم المشتركة) شاركت هولندا في الدراسة الدولية المقارنة للمدنية وتعليم المواطنة (ICCS) في عامَي ٢٠٠٩ و٢٠١٦. وفي كلتا الدراستَين، أحرز الشباب الهولندي تقييمًا ضعيفًا في معرفتهم بالمواطنة وفي رغبتهم في المشاركة النشطة في المجال السياسي. كما أحرزوا أيضًا تقييمًا ضعيفًا للغاية في موقفهم إزاء حقوق المهاجرين. [8]. هناك اهتمامٌ متزايد في المناقشات السياسية وفي التثقيف بشأن هذه المخرجات، كما يوجد دعمٌ متزايد كذلك لمنح المزيدٍ من الاهتمام إلى تعليم المواطنة. أظهرت الأبحاث التي تمَّ إجراؤها بناءً على طلب البرلمان الأوروبي حول سياسة وممارسة الاهتمام بقيم الديمقراطية والتسامح المشتركة في جميع الدول الأعضاء في الاتحاد الأوروبي والبالغ عددها ٢٨ دولة أنَّ الاهتمام بهذه القيم طبقًا لسياسة التعليم الهولندي هو مجرد فكرة مجردة تمامًا، وأنَّه لا يوجد تفعيلٌ حقيقيٌّ لها في ممارسةٍ ملموسة. وكذلك تسود التفرقة وعدم المساواة بشكل متكرر ومتزايد [9]. 2. تعريف تعليم المواطنة والبيئة القانونية [10] منذ عام ٢٠٠٦، كان على المدارس الانتباه إلى تعليم المواطنة. تتمثّل المفاهيم الرئيسية للمواطنة الفاعلة في "المشاركة الفاعلة" و"الاندماج الاجتماعي"، وأيضا "التنوع الثقافي". لا توجد مناهج رسميةٌ حقيقية لتعليم المواطنة: توجد مبادئٌ توجيهية، وبعض الكفاءات المدنية مشمولة ضمن الأهداف الأساسية للتعليم الابتدائي والثانوي، حيث يُوفِّر المعهد الهولندي لتطوير المناهج الدراسية (SLO) المعلومات والأدوات للمدارس من أجل تطوير بيانٍ للرؤية وبرنامج لتعليم المواطنة. تحثُّ جميع المواد، وبخاصة مواد التاريخ والجغرافيا، على إيلاء الانتباه إلى تعليم المواطنة. وبالنسبة إلى التاريخ، فقد وُضِعَ "قانون" خاص بالتاريخ الهولندي. أما مادة الجغرافيا، فيجب أن تُقدِّم نظرةً متعمقة لمكانة هولندا ودورها في أوروبا والعالم. وفي التعليم الثانوي العالي، توجد مادة الدراسات الاجتماعية (maatschappijleer) التي تتناول القضايا الاجتماعية والثقافية والسياسية [11]. وللتمتُّع باعترافٍ أكاديمي، يُركِّز العديد من مُعلمي الدراسات الاجتماعية على المعرفة المُقدَّمة بدروسهم ولا يشددون كثيرًا على تنمية المواقف (Bildung). وإلى جانب المواد الأكاديمية، تُشجِّع أيضًا الحكومة على مشروعات تعلُّم تقديم الخدمات، والتي يتطوع فيها الطلاب لخدمة المجتمع، كما تحثُّ على الأنشطة التي تجتمع فيها المجموعات الثقافية المختلفة معًا. يوضح الباحثون، ومؤخرًا أيضًا مفتشية المدارس، أنَّ العديد من المدارس لا تُولي اهتمامًا كبيرًا لتعليم المواطنة [12]. وترجع أسباب عدم التطبيق إلى ضعف قواعد المنهج، ولا سيما ضعفها مقارنةً بالقواعد والتقييمات المتعلقة بـ "الأساسيات". تخضع المدارس لرقابةٍ شديدة من قِبَل المفتشية وأولياء الأمور فيما يخص النتائج التعليمية المتعلقة بالأساسيات، وليس على صعيد الأنشطة المتعلقة بتنمية المواطنة. هناك الآن أيضًا اعترافٌ من قِبَل العديد من العلماء وبعض السياسيين بأنَّ تركيز تعليم المواطنة على المشاركة الفعالة والاندماج الاجتماعي لهو ضيقٌ للغاية، وأنَّ مفهوم الديمقراطية يجب أن يكون أكثر مركزيةً. وقد اتخذت وزارة التعليم عدة مبادرات لتعريف محتوى المواطنة بشكلٍ أقوى. ومع ذلك، فقد امتنعت عن التكليف بوضع مادةٍ فعلية لتعليم المواطنة وعن صياغة أهداف أكثر واقعيةً لمختلف المواد المعنية (فيما يتعلق بالمناقشات والمبادرات الوطنية الأخيرة، انظر موقع Externer Link: www.slo.nl/thema/meer/burgerschap). 3. النظام البيئي لتعليم المواطنة: دور المنظمات غير الحكومية [13]] لدى هولندا تاريخٌ عريق في المنظمات غير الحكومية وغيرها من أنواع المنظمات التي تعمد إلى إطلاع الشباب والبالغين على حدِّ السواء على القضايا المتعلقة بتعليم المواطنة وتثقيفهم بها. وتُطوِّر هذه المنظمات موادها الخاصة في تعليم المواطنة التي تخرج عن المناهج المدرسية، ويمكن للمدارس استخدامها ولكنها ليست مُلزَمة بذلك، كالبرامج الدراسية حول المثلية الجنسية مثلًا أو المحاضرات التي يلقيها محاضرون زائرون عن الاختلافات الدينية والتسامح. وواحدة من كبريات المنظمات من هذا النوع، والتي تُموِّلها الدولة بشكلٍ جزئي، هي "بيت الديمقراطية وسيادة القانون" (ProDemos). ويكمن هدفها الأساسي في المساعدة في شرح النظام السياسي وسيادة القانون لجمهورٍ غفير وإظهار ما يمكن أن يفعله المواطنون (الصغار) أنفسهم لأجل التأثير السياسي. تُنظِّم العديد من المدارس انتخاباتها الخاصة في المدارس. ومع ذلك، لا تولي العديد من المدارس إلا القليل من الاهتمام إلى تعريف الطلاب على الأحزاب السياسية المختلفة أو إجراء المناقشات حول الانتخابات [14]. ومن الأمثلة الأخرى على البرامج التي يمكن للمدارس الاستفادة منها: متحف دار الإنسانية (Humanity House)، وقلعة الديمقراطية (Castle of Democracy) وهو معرض دائم للأطفال والكبار، وMovies that Matter (مبادرة من منظمة العفو الدولية لتعزيز حقوق الإنسان من خلال الأفلام)، ومؤسسة آنا فرانك (Anne Frank Foundation) المعنية بمناهضة العنصرية، ومنظمة سي أو سي هولندا (COC) التي تُدافِع عن حقوق المثليين والمثليات ومزدوجي الميول الجنسية والمتحولين جنسيًّا (LGBT) بين الشباب والبالغين. وقد تمَّ تطوير برنامج خاص للمدارس الابتدائية، المدرسة السلمية (De Vreedzame School)، من قِبَل إحدى منظمات دعم التعليم لتعزيز الكفاءة الاجتماعية والمواطنة الديمقراطية. وقياسًا بالدول الأوروبية الأخرى، توجد في هولندا مجموعةٌ واسعة من المنظمات التي تدعم المدارس في تقديم تعليم المواطنة. هناك أمثلة كثيرة مثيرة للاهتمام، ومع ذلك، فمعظم المدارس لا تستفيد كثيرًا من هذه الموارد [15]. غالبًا ما تشارك المنظمات غير الحكومية والمنظمات المجتمعية في تعليم الطلاب تقديم الخدمات. وابتداءً من عام ٢٠١١، تَوجَّب على كلِّ طالب في التعليم الثانوي الاضطلاع ببعض التعلم الخدمي. في البداية، لم تتحمس المدارس كثيرًا بسبب عبء العمل الإضافي، ولكن حينما تبيَّنت إيجابية الطلاب إزاء هذه الأنشطة التعليمية واتضح تحسُّن التعاون مع المجتمع المحلي، تحمست المدارس تحمسًا كبيرًا. ومع ذلك، في عام ٢٠١٤، تنصلت الحكومة الجديدة من التعلُّم الخدمي الإلزامي وما يصاحبه من موارد إضافية للمدارس. وأصبح تعليم تقديم الخدمات مرةً أخرى نشاطًا مهمَّشًا في العديد من المدارس. 4. الجهات المعنية كما ذُكِرَ آنفًا، فإنَّ لمجالس المدارس والمنظمات الدينية المناظرة تأثيرًا قويًّا في سياسة تعليم المواطنة. وبالإضافة إلى ذلك، تُزوِّد العديد من المنظمات غير الحكومية المدارس بالمواد الإضافية الخاصة بتعليم المواطنة والخارجة عن المناهج الدراسية. وتتلقى بعض المنظمات تمويلًا حكوميًّا لتطوير مشاريع ومواد معينة، ولكن تملك المدارس دائمًا خيار استخدام المواد من عدم استخدامها. ومع ذلك، فإنَّ وزارة التعليم والثقافة والعلوم، على سبيل المثال، تُلزِم المدارس قانونًا بالتركيز بشكلٍ صريح على موضوع التنوع الجنسي، وهو موضوعٌ بات إلزاميًّا منذ عام ٢٠١٢. ويجوز للمدارس استخدام المواد التي أعدّتها المنظمات غير الحكومية أو وضع الدروس بأنفسها. ومثال آخر هو تعلُّم تقديم الخدمات المجتمعية. في عام ٢٠١١، تمَّ إدخال قانون التعلُّم الإلزامي لتقديم الخدمات المجتمعية في المدارس الثانوية على الصعيد الوطني. وقد أيَّد واحد وثمانون بالمائة من أولياء الأمور التعلُّم الإلزامي لتقديم الخدمات المجتمعية [16]. وبعد ثلاث سنوات، تمَّ إلغاؤه نتيجة لتغيير في الحكومة. وفي الوقت الحاضر، تواصل العديد من المدارس تقديم بعض مواد تعلُّم تقديم الخدمات المجتمعية بشكلٍ تطوعي. وفي كلتا الحالتَين آنفتَي الذِّكر – الاهتمام الصريح بالتنوع الجنسي والتعلُّم الإلزامي لتقديم الخدمات المجتمعية – تسبَّب إلغاء البرامج في نقاش سياسي وعامّ فيما يتعلق بالطابع الإلزامي ومستوى تدخُّل الدولة. 5. التحديات قدَّم وزير التعليم آري سلوب مؤخرًا لوائح جديدة خاصة بتعليم المواطنة [17]. وقد تمَّت مناقشة الاقتراح مع العديد من الجهات المعنية ومع البرلمان. ويدعم معظم الناس فكرة أنَّه يجب أن يكون هناك تركيزٌ أقوى على الديمقراطية. ومع ذلك، يختلف الناس حول التوازن بين ما يمكن للحكومة تحديده وما يخضع لسيطرة مجلس إدارة المدرسة المعنية. وعلى وجه الخصوص، تُعارِض المدارس المسيحية التأثير الحكومي القوي. ويبقى التحدي في كيفية السماح للمدارس بالعمل فعليًّا بحسب منهجٍ رسمي لتعليم المواطنة من ناحية، ومن ناحيةٍ أخرى بالتوفيق بين السياسة الحكومية وتولِّيها كمدرسة لزمام الأمور. ومن الضروري حثُّ المعلمين على تضمين المواطنة بشكلٍ متزايد ضمن ما يقومون بتدريسه [18]. في الوقت الحاضر، تُدرَّس مادة الدراسات الاجتماعية في التعليم الثانوي العالي فحسب. وفي المدارس الثانوية الدنيا، يكون التركيز على تعليم المواطنة موجودًا بشكلٍ خاص في مادتَي التاريخ والجغرافيا، وفي مادة العلوم الدينية في المدارس الدينية، ولكن مع غياب مادة الدراسات الاجتماعية. ومن ثَمَّ، لا بد من تقوية أسس تعليم المواطنة في المنهج التعليمي. من منظور بناء مجتمع شامل، يظل التمييز مشكلةً حقيقية في المجتمع والتعليم. ويتطلب تعزيز التعليم الذي يشمل الجميع ويتمُّ في مجموعات تشمل مختلف طبقات المجتمع المتنوعة نظامًا مدرسيًّا أكثر تكاملًا، إما يشمل القليل من الاختيار أو يتيح الاختيار في سنٍ متأخرة، كما يتطلب ذلك تركيزًا أقوى على التعليم العامّ الذي تكون فيه جميع المجموعات الثقافية موضع ترحابٍ حقيقي. 6. الحواشي الهوامش [1] فوغلرز، دبليو. (محرر). ٢٠١٩. التربية من أجل المواطنة الديمقراطية بين الثقافات. لايدن، هولندا: بريل/ سينس. [2] بفورت بيفورت، آيه.، وفوغلرز، دبليو. ٢٠١٦. المواطنة الفاعلة في مقارنة بين فرنسا وهولندا. في: تعليم المواطنة وتعلُّمها. ١١، ٣، ٣١٥-٣٣٢. [3] فوغلرز، دبليو. ٢٠٠٧. تأسيس تعليم المواطنة الديمقراطي النقدي: تمكين الإنسانية والديمقراطية في التعليم الهولندي. في: كومبير، ٣٧ (١)، ١٠٥. [4] ليندِرز، إتش.، وفوغلرز، دبليو.، ودي كات، إي. ٢٠٠٨-أ. آراء المعلمين بشأن المواطنة في التعليم الثانوي في هولندا. في: مجلة كامبردج للتعليم، ٣٨ (٢)، ١٥٥-١٧٠. [5] سينسِر، آي.، وسِفِرينس، إس.، وفولمان، إم. ٢٠٢٠. التربية على التنوُّع في تعليم المواطنة: مفاهيم وممارسات المعلم المرتبطة بالسياق. في: التدريس وتعليم المعلمين. Externer Link: https://doi.org/10.1016/j.tate.2018.11.015 [آخر دخول بتاريخ ٢٩/٠٦/٢٠٢١] [6] ميدِما، إس.، وبيرترام‐تروست، جي. ٢٠٠٨. المواطنة الديمقراطية والتعليم الديني: التحديات والآفاق أمام المدارس في هولندا. في: المجلة البريطانية للتعليم الديني، ٢:٣٠، ١٢٣-١٣٢، DOI: 10.1080/01416200701830970 [آخر دخول بتاريخ ٢٩/٠٦/٢٠٢١] [7] مجلس التعليم ٢٠١٢. Verder met burgerschap in het onderwijs. لاهاي: مجلس التعليم. [8] شولز، دبليو.، وأينلي، جيه.، وفرايلون، جيه.، وكير، دي.، ولوسيتو، بي. ٢٠١٠. التقرير الدولي للدراسة المعنية بالتربية المدنية وتعليم المواطنة ٢٠٠٩ (ICCS). أمستردام، هولندا: الرابطة الدولية لتقييم التحصيل العلمي (IEA). شولز، دبليو.، وأينلي، جيه.، وفرايلون، جيه.، ولوسيتو، بي.، وأغروستي، جي.، و فريدمان، تي. ٢٠١٧. أن نصبح مواطنين في عالم متغير. التقرير الدولي للدراسة الدولية المعنية بالتربية المدنية وتعليم المواطنة ٢٠١٦ للرابطة الدولية لتقييم التحصيل العلمي (IEA). شام، سويسرا: سبرينغر. [9] فوغلرز، دبليو.، ودي غروت، آي.، وستولك، في. ٢٠١٧. بحث مخصص للجنة CULT (القطاعات الثقافية والإبداعية في الاتحاد الأوروبي) – تدريس القيم المشتركة في أوروبا. بروكسل، بلجيكا: البرلمان الأوروبي، إدارة السياسات لسياسة التلاحم والبنى الهيكلية. فيل فوغلرز هو أستاذ تربية في جامعة الدراسات الإنسانية في أوتريخت. وهو محرِّر مساعد في مجلة التربية الأخلاقية وعضو في اللجنة الاستشارية لبرنامج الدراسة الدولية للتربية المدنية وتعليم المواطنة (ICCS). [10] تمَّ نسخ القسم المتعلق بالمنظمات غير الحكومية والجهات المعنية بشكلٍ كبير من نص سابق كتبه "إيفو برتيس". [11] بيرسين ٢٠١٥. [12] فوغلرز، دبليو. ٢٠١١. تعليم المواطنة بين النظرية والممارسة: حالة السياسة والعلوم والتعليم في هولندا. في: مجلة التعليم، ٢٠٩-٢٢٤. مفتشية التعليم.٢٠١٥. نظام التعليم الهولندي. Onderwijsinspectie.nl، مستخلص من Externer Link: http://www.onderwijsinspectie.nl/english/the-dutch-educational-system [آخر دخول بتاريخ ٢٩/٠٦/٢٠٢١] كوبمانز، إم.، وتِن دام، جي.، وديسترا، آيه. بي.، وفان دير فين، آي. ٢٠٢٠. نحو نموذج شامل لفعالية المدرسة في تعليم المواطنة: تحليل تجريبي للمدارس الثانوية في هولندا. في: العلوم الاجتماعية، ٩، ١٥٧. [13] تمَّ نسخ القسم المتعلق بالمنظمات غير الحكومية والجهات المعنية بشكلٍ كبير من نص سابق كتبه "إيفو برتيس". [14] دي غروت، آي. (٢٠١٧). انتخابات صورية في التربية المدنية: مساحة لتنمية المواطنة الديمقراطية الناقدة. في: مجلة تعليم العلوم الاجتماعية. DOI: Externer Link: https://doi.org/10.4119/jsse-845 [آخر دخول بتاريخ ٢٩/٠٦/٢٠٢١] [15] فوغلرز، دبليو.، ودي غروت، آي.، وستولك، في. ٢٠١٧. بحث مخصص للجنة CULT (القطاعات الثقافية والإبداعية في الاتحاد الأوروبي) – تدريس القيم المشتركة في أوروبا. بروكسل، بلجيكا: البرلمان الأوروبي، إدارة السياسات لسياسة التلاحم والبنى الهيكلية [16] الحكومة الهولندية .٢٠١٠. Ouders voorstander van maatschappelijke stage. الحكومة الهولندية. مستخلص من Externer Link: http://www.rijksoverheid.nl/nieuws/2010/06/09/ouders-voorstander-van-maatschappelijke-stage.html [آخر دخول بتاريخ ٢٩/٠٦/٢٠٢١] [17] وزارة التعليم .٢٠١٩. Wetsvoorstel aanscherping burgerschapsopdracht onderwijs. Externer Link: https://www.tweedekamer.nl/kamerstukken/wetsvoorstellen/detail?id=2019Z23710&dossier=35352 [آخر دخول بتاريخ ٢٩/٠٦/٢٠٢١] [18] ليمان، واي.، ونيفين، إن.، ودي بير، إف.، وفان دير ستين، جيه. ٢٠٢٠. المعلمون كواضعي مناهج: حالة تعليم المواطنة في المدارس الهولندية. في: مجلة المناهج https://doi.org/10.1002/curj.21 [آخر دخول بتاريخ ٢٩/٠٦/٢٠٢١] 7. المراجع بِرتيس، آي. ٢٠١٤. ‘ rol maatschappijleer bij burgerschapsvorming’. Maatschappij & Politiek، ١، ١٥. الجريدة الرسمية. ٢٠٠٥. قانون تعزيز المواطنة الفاعلة والاندماج الاجتماعي. موقع Overheid.nl. مستخلص من Externer Link: https://zoek.officielebekendmakingen.nl/stb-2005-678.html [آخر دخول بتاريخ ٢٩/٠٦/٢٠٢١] Interner Link: English Version
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فيل فوغلرز
"2022-02-16T00:00:00"
"2021-03-03T00:00:00"
"2022-02-16T00:00:00"
https://www.bpb.de/die-bpb/partner/nece/327914/t-lym-almwatnt-fy-hwlnda/
تتعرفوا على تعليم المواطنة في هولندا حيث ستجدون معلومات عن تعريف المواطنة، النظام البيئي لتعليم المواطنة الغير رسمي، البيئة القانونية الغنية، الجهات المعنية و التحديات. بالإضافة سنقوم بعرض نتائج مشاركة هولندا في الدراسة الدولية للتربية المدنية وتعليم
[ "NECE", "political education", "Netherlands", "Netherlands" ]
30,116
Stadt im Klimawandel | Stadt und Gesellschaft | bpb.de
Einführung Städte tragen aktiv zum Klimawandel bei und sind gleichzeitig von seinen Folgen betroffen. Sie haben aber auch Handlungsmöglichkeiten, mit denen sie ihren Beitrag zum Klimawandel und ihre Betroffenheit verringern können. Die Begrenzung des Klimawandels erfordert die Absenkung der anthropogenen Emission von Treibhausgasen (THG) auf null. Dazu ist eine „Dekarbonisierung der Energie- und Transportsysteme“ erforderlich – und diese Herausforderung kann nur mit den Städten bewältigt werden. In Deutschland stellen sich durch den Klimawandel andere Herausforderungen als in Entwicklungs- und Schwellenländern. Viele deutsche Städte und Stadtquartiere gehören zu den „reifen“ Städten bzw. Quartieren, die eine lange Geschichte und eine ausgeprägte Urbanität haben. Sie wachsen häufig nur noch langsam, und teilweise ermöglicht ein „Schrumpfen“ Optionen für im Klimawandel vorteilhafte Freiräume und Begrünungen. Die vorhandenen Stadtstrukturen, der Gebäudebestand, die vorhandenen Technologien und Verkehrssysteme, die systemische Vernetzung unserer Gesellschaft und die komplexen Governancestrukturen bedingen aber auch Pfadabhängigkeiten, die eine Umsteuerung erschweren. Folgende Perspektiven sind für eine aktive Rolle der Städte im Klimawandel relevant: Den eigenen Beitrag zum Klimawandel erkennen, Betroffenheiten erkennen und Risiken bewerten, Handlungsmöglichkeiten identifizieren und ergreifen. Den eigenen Beitrag zum Klimawandel erkennen Die anthropogene Emission von Treibhausgasen (THG) hat einen erheblichen Anteil am Klimawandel, und die negativen Auswirkungen des Klimawandels werden in unseren Breiten die positiven Effekte deutlich übersteigen. Städte nehmen zwar nur ca. 3 Prozent der Erdoberfläche ein, aber sie verbrauchen global über 70 Prozent der verfügbaren Energie und emittieren über 70 Prozent des globalen energiebezogenen CO2-Ausstoßes. Die Zahlen verdeutlichen das Problem, sind aber für jede Stadt zu konkretisieren. Denn sowohl die THG-Emissionsmengen der einzelnen Städte als auch die Pro-Kopf-Emissionen unterscheiden sich, da urbane THG-Emissionen durch eine Vielzahl von Faktoren wie geographische Lage, Stadtstruktur, Bevölkerungsdynamik, Einkommensniveau und Wirtschaftskraft beeinflusst werden. Etwa ein Drittel der Endenergie wird durch Gebäude verbraucht (Bau und Betrieb mit Heizung und Kühlung), und ein Fünftel der energiebezogenen THG-Emissionen werden durch Gebäude verursacht. Unterschiedliche klimatische Bedingungen, Bauweisen, Baumaterialien, Lebensstiltypen und Wohnformen führen hierbei zu lokalen Unterschieden. In Städten in Deutschland ist der Straßenverkehr die Hauptquelle der Luftbelastung durch Stickoxide, Ozon, Kohlenmonoxid, Feinstaub und Ruß. Die Stadtstruktur beeinflusst die Verkehrsinfrastruktur, und diese wiederum den Umfang der urbanen THG-Emissionen. So haben etwa europäische Städte wegen ihrer Kompaktheit, Nutzungsmischung und öffentlichen Verkehrsmitteln oftmals einen geringeren THG-Ausstoß pro Kopf als zum Beispiel nordamerikanische Städte. Da sich aber Städte in Deutschland auch untereinander sehr voneinander unterscheiden, muss jede Stadt ihre Hauptbelastungsquellen identifizieren, um ihren Handlungsbedarf zu erkennen und Prioritäten setzen zu können. Betroffenheiten erkennen und Risiken bewerten Aufgrund der großen Dichte von Bevölkerung, ökonomischen Schaltstellen und Gütern sowie von kritischen Infrastrukturen werden Städte als besonders vulnerabel (verwundbar, verletzlich) gegenüber dem Klimawandel beurteilt. Städte in Deutschland werden vor allem von höheren Lufttemperaturen, weniger Sommerniederschlägen und mehr Hochwassern im Winterhalbjahr sowie von mehr Wetterextremen wie Hitzewellen und Gewitterstürmen betroffen sein. Die Zahl der heißen Tage (tmax ≥ 30°C) und der Tropennächte (tmin ≥ 20°C) wird voraussichtlich zunehmen. Besonderheiten des Stadtklimas wie die Ausbildung städtischer Wärmeinseln und Windanomalien (d.h. geringere durchschnittliche Windgeschwindigkeiten bei stärkerer Böigkeit) haben die Stadtbewohner schon immer erlebt; sie werden jedoch durch den Klimawandel verstärkt. Bei höheren Lufttemperaturen entsteht unter der Einwirkung der Sonneneinstrahlung auch mehr bodennahes Ozon, was zu gesundheitlichen Problemen führen kann. Hitzewellen wirken sich in Städten aufgrund der sowieso schon höheren Temperaturen besonders stark auf Umwelt und Gesundheit aus, so zum Beispiel durch Belastungen des Herz-Kreislauf-Systems, die Ausbreitung von Allergien und Infektionskrankheiten bis hin zu vorzeitigen Todesfällen. Besonders vulnerabel sind alte und kranke Menschen und Kleinstkinder. Höhere Wintertemperaturen und weniger Frost- und Eistage (tmin ≤ 0°C bzw. tmax < 0°C) begünstigen das Überleben von Krankheitserregern, die bisher in wärmeren Klimaten beheimatet waren. Starkregenereignisse können Überflutungen verursachen, da in der Regel zu wenige Retentionsräume vorhanden und Kanalisationen schnell überlastet sind. Bei Niedrigwasserständen der Flüsse ist die Kühlung von Kraftwerken in Frage gestellt. Alle Städte der Küstenregionen sind durch den Anstieg des Meeresspiegels gefährdet. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Folgen des Klimawandels für „Kritische Infrastrukturen“. Das sind zum Beispiel Krankenhäuser, Altenheime, Kindergärten, Kraftwerke oder Katastrophenschutzeinrichtungen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung erhebliche Versorgungsengpässe, Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere schwerwiegende Folgen eintreten würden. Klimamodelle, Vulnerabilitätsanalysen und Risikoanalysen sowie die klimawandelbezogene Fortentwicklung von Gefahren- und Risikokarten für das Hochwasserrisikomanagement und von Klimatop- oder Klimafunktionskarten sind wertvolle Instrumente zur Risikobewertung und Identifikation von Handlungsmöglichkeiten. Handlungsmöglichkeiten identifizieren und ergreifen Klimapolitik auf der kommunalen Ebene wird durch die Klimapolitik von UN, EU, Bundesregierung und Landesregierungen bedingt bzw. beeinflusst. Darüber hinaus engagieren sich u.a. Kommunalvertretungen wie der Deutsche Städtetag und internationale Netzwerke wie ICLEI und die C40-Städte um die Interessenvertretung, Vernetzung und Beratung der Kommunen in der Klimapolitik. Kommunale Klimapolitik ist also in ein komplexes Mehrebenen-Governancesystem eingebettet. Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel sind komplementäre Strategien, die beide gleichermaßen erforderlich sind, um die Risiken des Klimawandels zu verringern und zu managen – und die beide von Städten wahrgenommen werden können. Klimaschutzmaßnahmen zielen auf die Reduktion von THG-Emissionen durch Verzicht auf fossile Brennstoffe z.B. bei Energieproduktion, Industrie, Gewerbe und Verkehr, sowie auf die Steigerung der Energieeffizienz, v.a. durch Technologieentwicklung und die Isolierung von Gebäuden. Viele Kommunen erarbeiten wegen der großen Synergien gleichzeitig Konzepte zur Klima- und Energiepolitik. Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel sollen die nicht zu verhindernden Auswirkungen des Klimawandels verringern. In allen Handlungsfeldern ist ein vorsorgendes Herangehen sinnvoll, etwa über eine Integration von Klimawandelbelangen in alle raumwirksamen Planungen bzw. über deren Weiterentwicklung. Auch eine intensivere Zusammenarbeit von Stadt- und Infrastrukturplanungen ist hilfreich. Spätestens in der Stadtentwicklungsplanung, besser bereits in der Landes- und Regionalplanung, sollte geprüft werden, welche Maßnahmen zur Flächenvorsorge oder welche Nutzungsbeschränkungen zur Schadensvermeidung anwendbar sind. Praxisakteure und Betroffene sollten frühzeitig einbezogen und wissenschaftliche Beratung in Anspruch genommen werden. Inzwischen liegen zahlreiche Handlungsempfehlungen für Städte zum Umgang mit Klimawandelfolgen und für eine klimawandelgerechte Stadtentwicklung vor. Vegetation und Wasserflächen – die „grüne“ und „blaue“ Infrastruktur der Städte – haben hierbei einen hohen Stellenwert. Der Erhalt und die Schaffung von Kaltluftentstehungsgebieten, die Freihaltung von Belüftungsbahnen, Entsiegelung, Begrünungen von Frei- und Gebäudeflächen, die Anlage von Wasserflächen oder die Verwendung heller Oberflächenmaterialien dienen dem Temperaturausgleich und können einer Überwärmung vorbeugen. Entsiegelungen, die Vermeidung von Neuversiegelung, eine zeitlich verzögerte Regenwasserversickerung und hochwasserangepasstes Bauen dämpfen oder vermeiden Überflutungen. Viele Klimaschutz- und -anpassungsmaßnahmen sind nach Ansicht des Deutschen Städtetages bereits Bestandteile einer „guten städtebaulichen Praxis“, gehören „zum klassischen Repertoire der Europäischen Stadt“ und haben einen Mehrfachnutzen – insofern stelle ihre Durchführung keine grundsätzlich neue Herausforderung dar. Für eine erfolgreiche Umsetzung der Maßnahmen sind allerdings die Verankerung des Politikfeldes Klimaschutz auf hoher politischer Ebene, die Schaffung klarer Zuständigkeiten, die Integration der Klimapolitik in andere kommunale Aufgaben sowie die Nutzung und Fortentwicklung der vorhandenen Planungs- und Steuerungsinstrumente vorteilhaft. Fazit Inzwischen werden viele Klimawandelfolgen für Städte nicht nur von internationalen und nationalen Organisationen, wissenschaftlichen Einrichtungen, kommunalen Interessenvertretungen, Nicht-Regierungs-Organisationen und Umweltverbänden für sehr wahrscheinlich gehalten, sondern auch von vielen Stadtverwaltungen. Nationale Programme unterstützen die Kommunen in Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel, und eine wachsende Zahl von Kommunen hat bereits Klimaschutzkonzepte aufgestellt oder plant dies zu tun. Insgesamt hat der Kenntnisstand zu Beitrag, Betroffenheit und Handlungsmöglichkeiten der Städte in den letzten Jahren stark zugenommen – das ist die positive Nachricht. Andererseits behindern aber die eingangs genannten Pfadabhängigkeiten schnelle und grundlegende Innovationen der Wirtschafts-, Produktions-, Siedlungs- und Verkehrsformen. Angesichts nur langsam sinkender THG-Emissionen klafft eine Lücke zwischen Klimapolitik und kommunalen Bemühungen auf der einen Seite und der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Realität auf der anderen Seite. Bis zum Erreichen der geforderten Null-THG-Emission und der Dekarbonisierung der Energie- und Transportsysteme, mit denen der Klimawandel in beherrschbaren Grenzen gehalten werden soll, ist es noch ein weiter Weg. Quellen / Literatur BBSR (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung) (Hrsg.) (2016): Anpassung an den Klimawandel in Stadt und Region. Bonn. 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An indicator-based report. EEA Report No 12/2012. Kopenhagen. IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) (2015): Climate Change 2014: Synthesis Report. Summary for Policymakers. Genf: IPCC. Kaminski, U., Mebs, D., Amendt, H., Kuch, U., Klimpel, S. (2012). Auswirkungen auf die Gesundheit. In Mosbrugger, V., Brasseur, G., Schaller, M., Stribrny, B. (Hrsg.): Klimawandel und Biodiversität – Folgen für Deutschland. Darmstadt: WBG, S. 308–342. Kennedy, C.A.; Ramaswami, A.; Carney, S.; Dhakal, S. (2011): Greenhouse gas emission baselines for Global Cities and Metropolitan Regions. In: The World Bank (Hrsg.): Cities and climate change: Responding to an urgent agenda. Washington, DC, S. 15–54. Kohlhuber, M., Schenk, T., Weiland, U. (2012). Verkehrsbezogene Luftschadstoffe und Lärm. In: Bolte, G. et al. (Hrsg.): Umweltgerechtigkeit. Chancengleichheit bei Umwelt und Gesundheit: Konzepte, Datenlage und Handlungsperspektiven. Bern: Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, S. 87–89. Kuttler, W. (20132). Klimatologie. Paderborn: Schöningh. Lucon, O., Urge-Vorsatz, D., Zain Ahmed, A. et al. (2014): Buildings. In: IPCC – Intergovernmental Panel on Climate Change (Hrsg.): Climate Change 2014: Mitigation of Climate Change. Contribution of Working Group III to the Fifth Assessment Report of the IPCC. Cambridge, New York: Cambridge University Press, S. 671–738. McGranahan, G., Marcotullio, P., Bai, X., Balk, D., Braga, T., Douglas, I., Elmqvist, T., Rees, W., Satterthwaite, E., Songsore, D., Zlotnik, H. (2006): Urban systems. In: Hassan, R., Scholes, R., Ash, N. (Hrsg.): Ecosystems and human well-being: Current state and trends. Vol. 1. Washington, DC: Island Press, S. 31–52. MKULNV (Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen) (Hrsg.) (2011): Handbuch Stadtklima. Maßnahmen und Handlungskonzepte für Städte und Ballungsräume zur Anpassung an den Klimawandel. Düsseldorf. 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Contribution of Working Group III to the Fifth Assessment Report of the IPCC. Cambridge, New York: Cambridge University Press, S. 671–738. McGranahan, G., Marcotullio, P., Bai, X., Balk, D., Braga, T., Douglas, I., Elmqvist, T., Rees, W., Satterthwaite, E., Songsore, D., Zlotnik, H. (2006): Urban systems. In: Hassan, R., Scholes, R., Ash, N. (Hrsg.): Ecosystems and human well-being: Current state and trends. Vol. 1. Washington, DC: Island Press, S. 31–52. MKULNV (Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen) (Hrsg.) (2011): Handbuch Stadtklima. Maßnahmen und Handlungskonzepte für Städte und Ballungsräume zur Anpassung an den Klimawandel. Düsseldorf. OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) (2010): Cities and Climate Change – An Urgent Agenda. Washington, DC. Seto, K. C., Dhakai, S., Bigio, A., et al. (2014): Human settlements, infrastructure and spatial planning. 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Hier besagt er, dass vorhandene Stadtstrukturen, Technologien, die Vernetzung der Gesellschaft etc. grundsätzliche und schnelle Veränderungen be- und verhindern können. vgl. BBSR 2016; Simon, Fragkias 2008 vgl. IPCC 2015; EEA 2012 vgl. McGranahan et al. 2006 vgl. Seto et al. 2014: 927 vgl. Lucon et al. 2014 vgl. Kohlhuber et al. 2012 vgl. Seto et al. 2014; Kennedy et al. 2011 vgl. EEA 2012: 222 ff. vgl. Kuttler 2013: 213 vgl. BMVBS 2011; OECD 2010 vgl. Kaminski et al. 2012: 311 vgl. BBSR 2012: 53 So etwa die Modellierung der klimatischen Wirkungen unterschiedlicher Bebauungsstrukturen in Jena, vgl. BBSR 2016: 19. Beispielsweise für die Region Westsachsen, vgl. BBSR 2016: 20, 24. Siehe dazu etwa die synthetische Klimafunktionskarte von Gelsenkirchen, vgl. Kuttler 2013: 296. vgl. DST 2014 Local Governments for Sustainability; internationales Städtenetzwerk für nachhaltige Entwicklung und Umweltschutz. C40 unterstützt vor allem große Städte in Klimaschutz und –anpassung; deutsche Mitgliedsstädte sind Berlin und Heidelberg. vgl. IPCC 2015: 17 vgl. BBSR 2016; BMUB 2015; Dosch 2015; BMVBS 2013 u. 2011; MKULNV 2011; World Bank 2011 vgl. DST 2014: 2 vgl. BBSR 2016 vgl. Statistisches Bundesamt 2016
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-02-01T00:00:00"
"2015-12-04T00:00:00"
"2022-02-01T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/stadt-land/stadt-und-gesellschaft/216883/stadt-im-klimawandel/
Städte tragen aktiv zum Klimawandel bei und sind von seinen Folgen betroffen. Über stadtpolitische Handlungsmöglichkeiten im Klimawandel informiert Ulrike Weiland.
[ "Klimawandel", "Stadt", "Stadtentwicklung" ]
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Güler Orgun - Eine türkisch-jüdisch-muslimische Geschichte | Gerettete Geschichten: Elf jüdische Familien im 20. Jahrhundert | bpb.de
In diesem Film berichtet Güler Orgun über die türkisch-jüdisch-muslimische Geschichte ihrer Familie. Deren Wurzeln lassen sich bis in das 15. Jahrhundert zurückverfolgen: Gülers Vorfahren waren "Sephardim", spanischstämmige Juden, die in das Reich der Osmanen geflohen sind. Ihre Eltern, ursprünglich Juden, werden in Istanbul Muslime, weshalb Güler Orgun geborene Muslimin ist. Güler wiederum konvertiert 1950 vor ihrer Hochzeit mit einem jüdischen Türken zum Judentum. Nach Scheidung, zweiter Heirat (1965) und Geburt zweier Kinder lebt sie bis heute in Istanbul - der Stadt, die eine Brücke zwischen den Kontinenten und den Religionen und zugleich eine zentrale Station ihrer eigenen Familie ist. Ausführliche Informationen über das Leben von Güler Orgun finden Sie Externer Link: hier
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"2022-01-07T00:00:00"
"2012-11-16T00:00:00"
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https://www.bpb.de/themen/holocaust/gerettete-geschichten/149194/gueler-orgun-eine-tuerkisch-juedisch-muslimische-geschichte/
Die 1937 in Istanbul geborene Güler Orgun erzählt die Geschichte ihrer jüdisch-muslimischen Familie - beginnend bei ihren jüdischen Vorfahren in Spanien bis hin zu ihrem eigenen Leben im Istanbul der Gegenwart.
[ "Centropa", "Türkei", "Istanbul" ]
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Chronik: 27. Oktober – 2. November 2014 | Ukraine-Analysen | bpb.de
27.10.2014 In Wolnowacha im Gebiet Donezk muss die Stimmauszählung in einem Wahllokal wegen eines ausgebrochenen Gefechts in der Nähe unterbrochen werden. 27.10.2014 Das Zentrale Wahlkomitee veröffentlicht Zahlen zur Wahlbeteiligung bei der vorgezogenen Parlamentswahl. Sie beträgt 52,4 %, wobei die Gebiete Lwiw (70 %), Ternopil (68 %) und Wolyn (65 %) die höchsten Beteiligungsraten und die Gebiete Luhansk (33 %) und Donezk (32 %) die niedrigsten Werte aufweisen. 27.10.2014 Bei Gefechten im Gebiet der»Anti-Terror-Operation« kommen zwei Soldaten der ukrainischen Armee ums Leben. 27.10.2014 Im Rahmen der»Lustrationskampagne«, der Überprüfung hoher Beamter auf Korruptionsdelikte, entlässt Präsident Petro Poroschenko den stellvertretenden Vorsitzenden der Präsidialverwaltung, Oleh Rafalskij. 27.10.2014 Die Venedig-Kommission des Europarates lobt das Gesetzesprojekt zur Verfassungsreform, das Präsident Petro Poroschenko dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt hatte. Es sieht einerseits eine Ausweitung der Macht des Präsidenten im Verhältnis zum Parlament, andererseits eine Dezentralisierung politischer Entscheidungen vor. Die Kommission kritisiert den fehlenden Austausch mit der Zivilgesellschaft bei der Ausarbeitung des Gesetzes. 27.10.2014 Der Gouverneur des Gebietes Saporischschja, Walerij Baranow, tritt zurück. 27.10.2014 Ein Moskauer Gericht verlängert die Untersuchungshaft der ukrainischen Kampfpilotin Nadeschda Sawtschenko, die im Sommer in Russland inhaftiert und wegen des Verdachts auf Beihilfe zum Mord an russischen Journalisten angeklagt worden war. Nachdem die Partei Vaterland sie auf ihre Parteiliste gesetzt hatte, ist sie nun formal ins ukrainische Parlament gewählt worden. 28.10.2014 Der russische Außenminister Sergej Lawrow erklärt, dass Russland die für den 2. November geplanten Wahlen in den »Volksrepubliken« im Donbass anerkennen werde. Die Wahlen seien wichtig für die Legitimierung der politischen Führer, die auch in den Friedensverhandlungen von Minsk als solche anerkannt worden seien. 28.10.2014 Bei Smile im Gebiet Luhansk kommen bei Gefechten um einen Kontrollposten zehn Soldaten der ukrainischen Armee ums Leben. Zwei weitere Soldaten werden bei Gefechten getötet. 28.10.2014 Das russische Ministerium für Katastrophenschutz erklärt, es werde einen vierten Hilfskonvoi in die umkämpften Gebiete in der Ostukraine schicken. Das Internationale Rote Kreuz nehme an der Aktion nicht teil. 29.10.2014 Nach der Parlamentswahl laufen in der Ukraine Koalitionsverhandlungen zwischen den Parteien an. Arsenij Jazenjuk, Ministerpräsident und Vorsitzender der neu gegründeten Partei Volksfront, die in der Auszählung der Stimmen knapp vor dem Block Petro Poroschenko liegt, erklärt, dass er Ministerpräsident bleiben wolle. Er lädt die Parteien Block Petro Poroschenko, Selbsthilfe, Vaterland und die Radikale Partei von OlehLjaschko zu Koalitionsgeprächen ein. 29.10.2014 Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigt an, dass der Gasrücktransport aus der EU in die Ukraine nur weiter erfolge, wenn Russland und die Ukraine sich in ihrem seit Monaten andauernden Gasstreit einigen. 30.10.2014 Der US-Botschafter in der Ukraine, Geoffrey Pyatt, kündigt an, dass die USA der Ukraine Militärberater und militärisches Training bereitstellen werden. 30.10.2014 In Nowotoschkiwske im Gebiet Luhansk kommen bei Granatbeschuss von Wohngebäuden mehrere Zivilisten ums Leben. Die Stadtverwaltung beschuldigt die Separatisten. 30.10.2014 Bei Gefechten kommen sieben Soldaten der ukrainischen Armee ums Leben. 30.10.2014 Vertreter des Innenministeriums erklären, dass bisher etwa 300 Verfahren wegen Wahlbetrugs eingeleitet worden seien. 31.10.2014 Russland, die Ukraine und die EU-Kommission einigen sich auf einenÜbergangsvertrag über russische Gaslieferungen an die Ukraine. Bis Ende März soll russisches Gas zu einem Preis von 385 US-Dollar pro 1000 Kubikmeter an die Ukraine geliefert werden. Die Vereinbarung sieht vor, dass der ukrainische Gasversorger Naftohaz an den russischen Konzern Gazprom bis Endedes Jahres 4,6 Milliarden US-Dollar zu zahlen hat, um die ausstehenden Schulden zu begleichen und weitere vier Milliarden Kubikmeter zu erstehen. 31.10.2014 In Donezk kommt bei Gefechten ein Zivilist ums Leben. Ein Soldat der ukrainischen Armee wird getötet. 31.10.2014 Russland und die Ukraine unterzeichnen eine Vereinbarung zur gemeinsamen Grenzkontrolle amÜbergang von Kujbyschowo-Djakowo im Gebiet Luhansk. 01.11.2014 Die Vereinten Nationen geben die offizielle Zahl an Todesopfern des Krieges im Donbass mit 4035 an – die tatsächliche Zahl liege jedoch wahrscheinlich weit höher. 01.11.2014 Der ukrainische Geheimdienst SBU beschuldigt die Separatisten in der Ostukraine, im Vorfeld der geplanten Wahlen in Uniformen der ukrainischen Nationalgarde»Provokationen« zu verüben, um die ukrainischen Sicherheitskräfte zu diskreditieren. 01.11.2014 Sechs Soldaten der ukrainischen Armee werden auf dem Gebiet der»Anti-Terror-Operation« getötet. 01.11.2014 Im Gebiet Luhansk kommt ein Grenzschützer bei der Explosion eines nicht näher identifizierten Objekts, möglicherweise einer Mine, ums Leben. 01.11.2014 Das Zentrale Wahlkomitee erklärt, dass die Stimmen aus dem Wahlkreis Nummer 50 im Gebiet Donezk neu ausgezählt werden müssen. Die Polizei hatte dort am Wahltag alle Beobachter, auch zivilgesellschaftliche Organisationen, von der Stimmzählung ausgeschlossen. 02.11.2014 Bei Gefechten in der Zone der»Anti-Terror-Operation« kommen fünf Soldaten der ukrainischen Armee ums Leben. Zwei davon sterben bei der Explosion einer ferngesteuerten Autobombe bei Mariupol. 02.11.2014 Im Gebiet Donezk führen die Separatisten der »Volksrepublik Donezk« und der »Volksrepublik Luhansk« Wahlen durch. Der ukrainische Geheimdienst beklagt zahlreiche Manipulationen und Einschüchterungsversuche der Wählerinnen und Wähler. Gegen die Durchführung der Wahlen gehen die ukrainischen Behörden mit einer Klage vor. Im Gebiet Donezk liegt der bisherige Separatistenführer Oleksandr Sachartschenko bei der Wahl zum »Staatsoberhaupt« mit 81 % der abgegebenen Stimmen am Abend klar in Führung. 02.11.2014 Präsident Petro Poroschenko erklärt, die von den Separatisten im Donbass abgehaltenen Wahlen seien eine »Farce«. Kein zivilisiertes Land erkenne sie an. Zusammengestellt von Jan Matti Dollbaum Sie können die gesamte Chronik seit Februar 2006 auch auf http://www.laender-analysen.de/ukraine/ unter dem Link »Chronik« lesen.
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
"2014-11-07T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/europa/ukraine-analysen/194651/chronik-27-oktober-2-november-2014/
Aktuelle Ereignisse aus der Ukraine: Die Chronik vom 17. Oktober bis 2. November 2014.
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Ablauf und Hinweise | Klassiker sehen – Filme verstehen | bpb.de
Hinweise für Lehrende Themenschwerpunkt: Bedeutende Regisseure Mit dem Programm "Hitchcock & Truffaut – Partners in Crime" begegnen wir zwei Regisseuren, die für die Filmgeschichte ebenso wegweisend waren wie auch für spätere Filmemacher/innen: Alfred Hitchcock (1899-1980) und François Truffaut (1932-1984). Beide gelten als Prototypen des Autorenfilmers. Das bedeutet, dass sie nicht nur für einzelne Aufgaben wie die Schauspielerführung und Ablaufkoordination zuständig waren, sondern sämtliche künstlerische Aspekte des Films – etwa auch das Drehbuch und den Schnitt – selbst bestimmt haben. Autorenfilmer/innen verstehen sich daher, ähnlich einem/r Schriftsteller/in, bildenden Künstler/in oder Komponisten/in als alleinige/r Urheber/in eines Werkes. Im Zusammenhang mit dem Schaffen der beiden Filmemacher bietet es sich an, dass sich die Schüler/innen zunächst mit dem Regie-Beruf auseinandersetzen. Im Weiteren wird, mit Blick auf Hitchcock und Truffaut, auf grundlegende persönliche Motive ihres Schaffens eingegangen. Zeichnet es doch bedeutende Regisseure nach der Autorentheorie aus, dass sie ihrem Gesamtwerk durch kontinuierlich wiederkehrende Gedanken und Themen die besondere Note verleihen. Ihr subjektiver Blick auf die erzählte Geschichte ist so wichtig wie die Geschichte selbst. Weniger an der handwerklichen Meisterschaft als an der künstlerischen Grundhaltung, den stilistischen Vorstellungen, Eigenheiten oder auch Fehlern erkennt man die Urheberschaft eines filmischen Werkes – im Gegensatz industriellen Filmproduktion. Themenschwerpunkt: Kriminalfilm Beide Filme dieses Programms – Hitchcocks Vertigo und Truffauts Die Braut trug schwarz – gehören zur Gattung des Kriminalfilms. Kriminalfilme gibt es bereits seit der Stummfilmzeit. Dieses Genre ist neben den formalen Aspekten des Spannungsaufbaus auch deswegen interessant, weil es sich in besonderem Maße mit Persönlichkeitsstudien und gesellschaftlichen Strömungen beschäftigt. Dies gilt insbesondere für den Film Noir der amerikanischen 1940er-Jahre, der von Hitchcock wesentlich geprägt und von Truffaut wiederholt stilistisch aufgegriffen wurde. Im Kapitel werden grundlegende Entwicklungen des Genres aufgezeigt und anschließend mit dem Werk beider Regisseure in Beziehung gesetzt. Sowohl in den beiden Programmfilmen wie in den Bezugsfilmen lernen die Schüler/innen beispielhaft das Filmwerk beider Regisseure aus unterschiedlichen Schaffensperioden kennen. Weitere Informationen liefern die Abschnitte zu Alfred Hitchcock und François Truffaut. Vorbereitungstipps für Lehrende Sie finden im ersten Teil der Materialien Vor dem Screening Kompaktinformationen zu den beiden Regisseuren sowie zum Thema Kriminalfilm. Darüber hinaus gibt es in Teil IV eine Linkliste, die zur thematischen Motivation und Anregung dienen. Diese Liste ist zur Weitergabe an Schüler/innen gedacht, kann aber auch von Lehrenden genutzt werden, die sich über die Kompaktinformationen hinaus weiter thematisch beschäftigen möchten. Je nach Lerngruppe empfehlen sich alternativ folgende Herangehensweisen: Sie vermitteln den Schüler/innen die Kompaktinformationen selbst in einem Vortrag, verknüpfen die Vorinformationen mit einem anschließenden Unterrichtsgespräch und geben den Schüler/innen die Links und Materialien zur Vertiefung in Eigenbeschäftigung. Die Schüler/innen erhalten die Informationsmaterialien sowie die Vorbereitungstipps zum eigenen Studium und stellen ihre Ergebnisse in Kurzreferaten der Gesamtgruppe vor. Sie kombinieren beide Varianten. Die methodische Gewichtung ist dabei Ermessenssache, die je nach Lernvoraussetzungen erfolgt. Sie können bei dieser Variante auch zusätzlich Filmausschnitte oder Storyboards einsetzen (s. Linkliste, Informationen zum Storyboard oder eigene DVDs mit Filmen aus den 1950er-Jahren von Hitchcock oder Truffaut in Auszügen, sofern vorhanden). Welche Variante Sie dabei bevorzugen, bleibt Ihre Wahl. Wichtig ist, dass die Schüler/innen vor dem Kinobesuch einen Überblick über die Regisseure, das Genre sowie ein Gefühl für die zeitliche Einordnung der Schaffensperioden im Rahmen von Historie allgemein, aber auch im Rahmen der Filmgeschichte, erhalten. Im thematischen Zusammenhang mit Filmgeschichte und zu den Grundbegriffen der Filmsprache, vor allem der Bildgestaltung, gibt es verschiedene Werke zur Filmanalyse.
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-02-25T00:00:00"
"2016-09-19T00:00:00"
"2022-02-25T00:00:00"
https://www.bpb.de/lernen/filmbildung/234239/ablauf-und-hinweise/
Hier finden Sie Hinweise zur thematischen Vorbereitung und weiterführenden Recherche zum Double-Feature "Partners in Crime".
[ "Filmklassiker", "Alfred Hitchcock", "François Truffaut", "Filmbildung" ]
30,120
Wie gut können Grundschüler:innen Lesen? (2021) | Bildung | bpb.de
In Reaktion auf das überraschend schlechte Abschneiden deutscher Schüler:innen bei der ersten PISA-Studie wurden hierzulande auf Initiative der Kultusminister:innen-Konferenz (KMK) erstmals deutschlandweit einheitliche „Bildungsstandards“ formuliert. In ihnen ist festgelegt, was genau Schüler:innen zu einem bestimmten Zeitpunkt ihrer Bildungskarriere in einem bestimmten Fach (in der Sekundarstufe auch abhängig vom angestrebten Schulabschluss) wissen und können sollen, etwa in Mathematik, Deutsch, Fremdsprache(n) und Naturwissenschaften. Um zu überprüfen, inwieweit es den Schulen tatsächlich gelingt, die entsprechenden Kompetenzen zu vermitteln, führt das hierfür gegründete Institut für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) in regelmäßigen Abständen Kompetenztests mit einer repräsentativen Auswahl von Schüler:innen aller Bundesländer durch, den sogenannten „IQB-Bildungstrend“. Diese Grafik zeigt die Testergebnisse des IQB-Bildungstrends 2021 für Grundschüler:innen der vierten Klassenstufe im Lesen (für Testergebnisse im Bereich der mathematischen Kompetenz siehe Grafik „Interner Link: Wie gut können Grundschüler:innen Mathe?“). In der prozentualen Verteilung der Schüler:innen auf die einzelnen Kompetenzstufen zeigt sich, dass deutschlandweit mehr als die Hälfte (57,6 Prozent) der getesteten Viertklässler:innen Lesekompetenzen zeigten, die dem Regelstandard entsprechen oder darüber hinausgehen (Kompetenzstufen III-V). Während ein knappes Viertel (23,6 Prozent) der Viertklässler:innen in den Kompetenztests immerhin noch den Mindeststandard erreichte, verfehlte fast ein Fünftel der getesteten Schüler:innen (18,8 Prozent) selbst diesen untersten Standard der für die Altersgruppe erwarteten Lesefähigkeiten. Diese sogenannte Risikogruppe kompetenzarmer Schüler:innen ist in einigen Bundesländern sogar noch erheblich größer. In Bremen etwa umfasste sie mit 31,0 Prozent fast ein Drittel der getesteten Grundschüler:innen. Aber auch in Berlin (27,2 Prozent) war der Anteil der Viertklässler:innen, die aufgrund ihrer schwachen Lesefähigkeit der Risikogruppe zuzurechnen sind, deutlich größer als im Bundesdurchschnitt. Am kleinsten war die Risikogruppe in Sachsen (12,9 Prozent) und Bayern (14,1 Prozent), wo zugleich auch mehr als jede:r zehnte Schüler:in zu den besonders starken Leser:innen gehört, deutlich mehr als im Bundesdurchschnitt (7,8 Prozent). Auch in Hamburg (10,9 Prozent) und im Saarland (9,4 Prozent) erreichten vergleichsweise viele Viertklässler:innen Ergebnisse in dem IQB-Kompetenztest, die dem „Optimalstandard“ entsprechen. In diesen Zahlen, so ist allerdings hervorzuheben, kommen in erheblichem Maße soziale Bedingungen zum Tragen, die sich zwischen den Bundesländern deutlich unterscheiden. So zeigt zum Beispiel ein Abgleich mit der Grafik Interner Link: „Welcher Anteil der Kinder erhält Sozialleistungen nach SGB II?“, dass der Anteil der Schüler:innen, der die Mindestkompetenzstandards nicht erreicht, typischerweise gerade in jenen Ländern besonders hoch ausfällt, in denen zugleich auch ein besonders hoher Anteil der Schüler:innenschaft in Armutsverhältnissen aufwächst. Denn welche Kompetenzen Schüler:innen im Laufe ihrer Bildungskarriere erreichen, hängt bekanntermaßen stark mit der sozialen Lage ihrer Herkunftsfamilie zusammen.
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2023-04-26T00:00:00"
"2022-12-13T00:00:00"
"2023-04-26T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/bildung/dossier-bildung/516331/wie-gut-koennen-grundschueler-innen-lesen-2021/
Mehr als die Hälfte der Viertklässler:innen in Deutschland erreicht mindestens den Regelstandard im Lesen, doch gut ein Fünftel verfehlt den Mindeststandard - bei großen Bundesländerunterschieden.
[ "Lesen", "Lesefähigkeiten" ]
30,121
Editorial | Syrien, Irak und Region | bpb.de
Sowohl Syrien als auch der Irak sind als souveräne Staaten nicht (mehr) handlungsfähig. Der Irak ist in die Einflusssphären der Regierung in Bagdad, der Kurden im Nordosten und die vom sogenannten Islamischen Staat (IS) kontrollierten Gebiete zerfallen. In Syrien machen sich das Regime, Rebellen unterschiedlicher Couleur, Kurden und der IS ihre derzeitigen Territorien wechselseitig und gewaltsam streitig. Beide Länder sind zudem Schauplatz des Austrags konfessioneller und politisch-ideologischer Konflikte Dritter, insbesondere dem zwischen Saudi-Arabien und Iran. Anders als im Irak 2003 die USA will jetzt allerdings keine Großmacht die Regie für die Konfliktregulierung in Syrien und die Bekämpfung des IS übernehmen. Die Folgen dieser komplexen Konfliktkonfigurationen hat Europa 2015 mit kaum vorhersehbarer Wucht zu spüren bekommen: Durch Anschläge des IS, vor allem aber in Gestalt von Hunderttausenden von Flüchtlingen, die ihre bevorzugten Zufluchtsländer, allen voran Deutschland, auf eine harte und voraussichtlich langfristige Probe stellen. Die Fluchtgründe der Syrer und Iraker sind – neben den unmittelbaren Folgen der Kriegshandlungen, Repressionen und Verfolgungen – die schiere Aussichtslosigkeit, in ihren Heimatländern eine lebenswerte Existenz erhalten oder gar ausbauen zu können. Was ist zu tun? Militärisch intervenieren, weitere Sanktionen verhängen, in Wien, Genf, München und anderswo unbeirrt weiter verhandeln? Zu diesen drei Optionen der internationalen Staatengemeinschaft, den Krieg in Syrien zu beenden, gehört mindestens noch eine vierte: die in Syrien verbliebene Bevölkerung in die Lage zu versetzen, eine handlungsfähige Instanz jenseits der aktiven Kriegsparteien aufzubauen und sie mit politischen Garantien zu unterstützen. Ansonsten gehen die Einschätzungen über die Wirkkräfte der Diplomatie, die Chancen für einen Waffenstillstand und einen damit verbundenen politischen Übergangsprozess weit auseinander. Konsens besteht lediglich über die Notwendigkeit, die Situation der Flüchtlinge vor allem in den Nachbarländern Syriens nachhaltig zu verbessern.
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Barbara Kamutzki
"2021-12-07T00:00:00"
"2016-02-18T00:00:00"
"2021-12-07T00:00:00"
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/221163/editorial/
[ "Syrien", "Irak und Region", "Islamischer Staat (IS)", "Deutschland" ]
30,122
Krieg in den Medien | Krieg in den Medien | bpb.de
Lange Jahre musste in unserem Land zum Glück kaum jemand einen Krieg am eigenen Leib erfahren. Wenn Kinder und Jugendliche also eine Vorstellung von Krieg entwickelt haben, dann durch die immer seltener werdenden Erlebnisberichte der älteren Generation, die noch Kriege erlebt hat, durch den Geschichtsunterricht oder durch die Medien. Mit den friedenserhaltenden und -sichernden Einsätzen der Bundeswehr im Ausland seit Anfang der Neunzigerjahre, der Aufnahme von Flüchtlingen insbesondere aus den Kriegsgebieten im ehemaligen Jugoslawien Mitte der Neunzigerjahre und der Ende der Neunzigerjahre einsetzenden Beteiligung der Bundeswehr an Kampfeinsätzen im ehemaligen Jugoslawien und später in Afghanistan hat das Thema "Krieg" eine neue Relevanz bekommen: Erstmals gab es wieder seit dem Zweiten Weltkrieg Berichte und Bilder von toten deutschen Soldaten. In diesem Zusammenhang sind die Medien zwangsläufig nicht nur Berichterstatter, sondern auch Akteure. Denn die Politik braucht Medien, um die Öffentlichkeit zu einer Akzeptanz für ihre Vorhaben zu bewegen. Die Bereitschaft, einer militärischen Beteiligung des eigenen Landes zuzustimmen, ist in demokratischen Gesellschaften meist nicht sehr groß. Die Regierenden müssen also deutlich machen können, dass der Gegner unmenschlich, böse und auch für unsere Gesellschaft gefährlich ist. Dazu werden die Medien benötigt. Allerdings sind auch die Medien auf die Politik und die Militärs angewiesen, denn von ihnen erhalten sie wichtige Informationen. Manche Ereignisse werden eigens für die Medien produziert. Auch terroristische Anschläge würden an Wirkung verlieren, wenn die Medien darüber nicht berichteten. Insgesamt entsteht so eine Mischung aus seriöser Berichterstattung, Propaganda und gezielter Inszenierung von Ereignissen, die der Zuschauer nicht ohne Weiteres auseinanderhalten kann. Er versucht, sich aus all den Bildern und veröffentlichten Nachrichten ein Bild zu konstruieren, das er mit bereits bestehenden Vorstellungen kombiniert. Diese Vorstellungen resultieren nicht zuletzt auch aus Kriegsfilmen, Antikriegsfilmen und Computerkriegsspielen.
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-01-28T00:00:00"
"2012-04-17T00:00:00"
"2022-01-28T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/medien-journalismus/krieg-in-den-medien/130580/krieg-in-den-medien/
Die wenigsten Menschen haben Krieg selbst erfahren. Ihre Vorstellung vom Krieg wird vor allem durch die Medien geprägt. Insbesondere den Bildschirmmedien kommt dabei eine große Bedeutung zu.
[ "Propaganda", "Krieg", "Medien", "Presse", "Gewaltdarstellung", "Kriegsfilme", "Afghanistan", "Bundeswehrm", "Computerspiele" ]
30,123
Gegenwärtige Herausforderungen politischer Bildung | Presse | bpb.de
Sehr geehrter Herr Minister Dr. de Maizière, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie meinerseits sehr herzlich zur Fachtagung "Gesellschaftlicher Zusammenhalt im Fokus von Politik und politischer Bildung". "Bildung ist Bedingung für die innere und äußere Freiheit des Menschen", heißt es im aktuellen Koalitionsvertrag. "Sie schafft geistige Selbständigkeit, Urteilsvermögen und Wertebewusstsein." Bildung ist Voraussetzung für umfassende Teilhabe des Einzelnen und damit Voraussetzung für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Bildung ist Bürgerrecht. Politische Bildung trägt damit, so darf ich also als Konsens voraussetzen, erheblich zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts bei – als stete Auseinandersetzung und als dynamischer Prozess. Für die politische Bildung ist der gesellschaftliche Zusammenhalt das zentrale Thema, die Befragung des Verhältnisses von Individuum, Staat und Gesellschaft, konstitutiv. Es geht heute darum, Herausforderungen für die politische Bildung zu analysieren und zugleich zu zeigen, wie wir sie beantworten. Ich möchte kurz benennen, welche mir besonders am Herzen liegen. Konkrete Beispiele zu meinen Anmerkungen werden Sie im Laufe der Tagung kennenlernen. In letzter Zeit wird verstärkt von einer "Krise der Demokratie" gesprochen. Gleich, ob man von Krise sprechen will oder nicht, einig ist man sich in der Diagnose, dass die Gestaltungsmacht der etablierten Parteien in den Augen der Bürgerinnen und Bürger schwindet. Die Globalisierung der Märkte, die Übertragung politischer Entscheidungen auf die transnationale Ebene und das Voranschreiten der elektronischen Kommunikation, verschärft durch die aktuelle Finanzkrise – viele Problemlagen scheinen die Möglichkeiten der nationalen Politik zu übersteigen. Gleichzeitig werden viele Lebensbereiche in die private Verantwortung von Individuen oder in die Wirtschaftskraft von kommerziellen oder zivilgesellschaftlichen Organisationen gelegt – ob es die Altersversorgung ist, die Lösung von Umweltproblemen, der Erhalt von Arbeitsplätzen oder Theatern. Kein Wunder, dass "Fragen der Demokratie bei der Bewältigung des Lebensalltags den Leistungs- und Konsumanforderungen untergeordnet werden", wie Heike Walk (Zentrum Technik und Gesellschaft der TU Berlin) feststellt, und dass "dabei solidarische und Gerechtigkeitsideen in den Hintergrund treten, während Individualwerte an Bedeutung gewinnen." Aber: Im Zuge einer wachsenden Individualisierung werden viele Lebensbereiche der Verantwortung des Einzelnen zugeschrieben, deren Ursachen und Bedingungen ebenso wie deren Beherrschbarkeit keineswegs beim Individuum liegen, sondern politische Aufgaben sind und bleiben. Das demokratische Bewusstsein des Einzelnen ist doch eigentlich recht intakt, wenn es auf Einfluss und Regelung auch solcher Bereiche pocht, die aus der politischen Verantwortung entlassen werden und sich dennoch als politikrelevant und regelungsbedürftig erweisen. Es ist daher meines Erachtens mehr denn je Aufgabe der politischen Bildung, die politischen Implikationen sozialer, gesellschaftlicher und individueller Fragen deutlich zu machen. Sie muss Anknüpfungspunkte im Alltag der Menschen benennen und die Anstrengung unternehmen, das Politische im scheinbar Privaten, in sozialen Beziehungen, im Kulturellen oder in kommunikativen Communities aufzuzeigen. Nur eine solche "Entgrenzung" des Politischen bzw. der politischer Bildung kann diejenigen Themen und Anliegen, die aus dem Fokus politischer Gestaltbarkeit scheinbar ausgewandert sind, wieder ins Bewusstsein der Betroffenen und der Politik heben. Herausforderungen wie die Globalisierung, Migration und soziale Verteilungsprozesse haben aber auch eine Sehnsucht nach allumfassenden Lösungen und gemeinsamen Identifikationsflächen hervorgebracht. Natürlich sind Konsens, Versöhnung, Integration und Inklusion gesellschaftlich anzustrebende Werte. Sie setzen jedoch den offenen, kontroversen Diskurs voraus, dem es um die besten politischen Lösungen geht. "Eine politische Grundhaltung", sagt die belgische Politikwissenschaftlerin Chantal Mouffe, "die von der Sehnsucht nach dem Konsens bestimmt wird, gerät nicht nur in die Gefahr, eigentlich politische Fragen auf der moralischen Ebene auszutragen. Sie versäumt es auch, den vorhandenen widerstreitigen Positionen legitime demokratische Ausdrucksformen zu bieten." Ähnlich argumentiert der niederländische Politikwissenschaftler Paul Scheffer, wenn er kritisiert, dass wir interkulturelle Konflikte als einen Mangel an Integration begreifen. Das Gegenteil sei der Fall, meint er, die Vermeidung konflikthafter Auseinandersetzung werde oft als Toleranz missverstanden, keine Fragen zu stellen als Geste der Höflichkeit. In Wahrheit aber sei die Thematisierung von Unterschieden, das Austragen von Konflikten die beste Strategie, mit Vielfalt um zugehen. Politische Bildung muss dazu beitragen, die Fähigkeit zur konstruktiven, politischen Auseinandersetzung zu stärken und dafür gegebenenfalls neue demokratische Streitformen und neue Formen der öffentlichen Auseinandersetzung anregen und moderieren. Die politische Bildung muss mitten rein ins Leben und die Menschen dabei unterstützen, Gestaltungsräume zu erkennen und wahrzunehmen. Dafür haben wir in den letzten Jahren einen Paradigmenwechsel vollzogen: Nicht mehr nur der Wissenstransfer steht im Mittelpunkt unserer Arbeit, sondern eine aktivierende politische Bildung, die vor Ort wirkt, Perspektiven erweitert, vernetzt und Aufmerksamkeit erregt, und deren Ziel die Partizipation und Handlungsfähigkeit aller Bürgerinnen und Bürger ist. Unser Projekt "Regionale Netzwerkarbeit mit bildungsfernen Zielgruppen" zielt in diese Richtung und wird Ihnen heute Nachmittag vorgestellt. Damit bin ich bei einer weiteren Herausforderung für die politische Bildung – den Veränderungen der Kommunikationswege und damit einer tiefgreifenden Veränderung von Öffentlichkeit. Das Verhältnis von Privatem und Öffentlichem hat sich mit Verbreitung und im Umgang mit dem Internet drastisch verändert. Die so genannte "Öffentliche Meinung" wird nicht nur durch mediale Information und Inszenierung repräsentiert, sondern durch Grasswurzelbewegungen, Blogs, ad-hoc-Foren oder Vernetzungs-Kampagnen. Sie münden immer häufiger in realen politischen Aktionen, wie wir spätestens seit Internet-Petitionen wie gegen das "Zugangserschwerungsgesetz" sehen können. Oder jetzt im Vorfeld des Wahl des Bundespräsidenten. Kommunen nutzen das Internet für partizipative Prozesse wie für Entscheidungen zu Lärmschutzmaßnahmen oder zur Aufstellung ihrer Etats, Abgeordnete twittern mit ihren Wählern, Ministerinnen berichten über ihren Arbeitsalltag. Und natürlich ist das Netz auch eine Plattform für Mobbing und Bashing, für Machtpositionen ohne Legitimation, für antidemokratische Ideologien links- und rechtsextremer Akteure. Der virtuelle Raum ist vielfältig und lebendig, und er ist hochpolitisch. Die jüngsten "14 Thesen zur Netzpolitik" des Bundesministers des Innern, Ihre Thesen, lieber Herr de Maizière, tragen dieser Entwicklung Rechnung. Sie dokumentieren, dass die Politik in Bezug auf das Internet auf der Höhe der Diskussion angekommen ist. Sie markieren aber auch die Herausforderungen für die politische Bildung. Denn es ist ihre Aufgabe, die möglichen und tatsächlichen Folgen für unsere Demokratie – von der Teilhabe an der politischen Willensbildung im Internet bis hin zu netzpolitischen Entscheidungen – fördernd wie kritisch zu begleiten. Netzpolitik ist ein Thema, das "heiß" diskutiert wird, und das die politische Bildung gemäß ihrem Kontroversitätsgebot genauso plural aufnehmen muss. Die bpb stellt sich dieser Aufgabe, morgen am sog. Runden Tisch mit den von uns geförderten Trägern der politischen Bildung werden wir dieses Thema ebenfalls behandeln. Die politische Bildung muss rein ins Netz. Es ist schnell, interessant und für seine Nutzer leicht zugänglich. Es kann auf individuelle Informations- und Kommunikationsbedürfnisse eingehen und ebenso dem Interesse nach Austausch entgegenkommen. Es ermöglicht Kontakt über geografische und soziale Grenzen hinweg und schafft gemeinsame Arbeitsräume, manchmal zwischen äußerst unterschiedlichen Akteuren. Aber der virtuelle Raum ist auch exklusiv. Bereits jetzt gibt es einen Generationen- und Kulturkonflikt zwischen den "digital natives", der Generation, die einen selbstverständlichen Zugang zu neuen Informations- und Kommunikationstechniken hat, und dem "nicht-netzaffinen" Rest der Bevölkerung, der qua Alter oder sozialer Herkunft davon ausgenommen ist. Wenn das Internet Mittel einer Demokratisierung von Öffentlichkeit sein soll, muss politische Bildung dafür Kompetenzen fördern. Damit sind sowohl die Fähigkeiten gemeint, an dieser Öffentlichkeit teilzuhaben und sie für eigene politische Interessen zu nutzen, als auch die Fähigkeit zur kritischen Distanz und richtigen Einschätzung ihrer legitimen Reichweiten. Alle bisher von mir genannten Punkte weisen einmal mehr auf die Frage, was ein politisch gebildeter Mensch wissen und können sollte. Die Europäisierung der Bildungsforschung und der Bildungspolitik haben zu Debatten geführt, die bildungstheoretische und didaktische Ansätze der politischen Bildung in Deutschland unmittelbar betreffen. Es ist eine dringliche Aufgabe, allgemeine und spezifische Kompetenzdefinitionen für die politische Bildung zu finden, Möglichkeiten der Wirkungsforschung auszuloten, Modelle der Zertifizierung zu diskutieren und das Verhältnis von formaler und nicht-formaler politischer Bildung zu klären. Hier besteht für die politische Bildung die Chance, ihren handlungsorientierten Ansatz, ihre aktivierende Funktion deutlich zu machen. Die Entwicklung verlangt jedoch auch, dass sich die schulische wie außerschulische politische Bildung deutlicher positioniert und dies nicht nur im deutschen Kontext, sondern im Verbund mit internationalen, vor allem mit europäischen Partnern tut, die ebenfalls für eine "active democratic citizenship" eintreten. Damit komme ich zu meiner letzten Anmerkung: Alle Herausforderungen, die ich genannt habe, kann die politische Bildung nicht allein aufnehmen und in ihrer Praxis beantworten. Sie braucht eine bessere Flankierung durch die Wissenschaft, vor allem die empirische Forschung. Eine wissenschaftlich gestützte Debatte schützt vor unzulässiger Vereinfachung und Ideologisierung, führt langfristig zu nachhaltigeren Modellen und verhilft uns in den oft stürmischen Debatten um mehr und bessere Bildung – auch gegenüber der Politik – zu einer gesicherteren Position. Gesellschaftlicher Zusammenhalt lebt vom Streit um die besten Lösungen. Unternehmen mit einer ausgebildeten Konfliktkultur sind stabiler und produktiver. Lassen Sie uns als "konfliktfreudiges, lernendes Unternehmen politischer Bildung" gute Beispiele präsentieren und miteinander in den Dialog treten. Ich wünsche Ihnen und uns eine interessante Tagung. - Es gilt das gesprochene Wort -
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
"2011-12-23T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/die-bpb/presse/51101/gegenwaertige-herausforderungen-politischer-bildung/
Es ist mehr denn je Aufgabe der politischen Bildung, die politischen Implikationen sozialer, gesellschaftlicher und individueller Fragen deutlich zu machen. Sie muss Anknüpfungspunkte im Alltag der Menschen benennen und die Anstrengung unternehmen, d
[ "Unbekannt (5273)" ]
30,124
Kommentar: Erbitterter Nachwahlkampf in der Ukraine um die einfache Parlamentsmehrheit | Ukraine-Analysen | bpb.de
Die Zentrale Wahlkommission (ZWK) gab zwei Wochen nach der Abstimmung das offizielle Ergebnis der Wahl zur siebten Werchowna Rada, dem ukrainischen Parlament, bekannt. Nachdem die herrschende Partei der Regionen von Präsident Wiktor Janukowytsch und die drei Oppositionsparteien Vaterland, UDAR und Swoboda (Freiheit) mit insgesamt 185 bzw. 178 Mandaten ungefähr gleichauf liegen, werden die Weichen für die Mehrheitsbildung in jenen Einerwahlkreisen gestellt, in denen sog. selbst-aufgestellte Kandidaten gewonnen haben. Nach endgültiger Auszählung der Stimmen kommt die regierende Mehrheit aus der Partei der Regionen und den Kommunisten auf 43,18 % der Listenstimmen. Die drei Oppositionsparteien, denen die Überwindung der mit dem neuen Wahlgesetz eingeführten 5%-Hürde gelang, kommen zusammen auf 49,94 % der 225 Listenplätze. Zählt man jedoch die gewonnenen Mehrheitswahlkreise hinzu, erzielt die Partei der Regionen mehr als 40 % der 450 Gesamtsitze des Parlaments; gemeinsam mit den Kommunisten und den sog. selbst-aufgestellten Kandidaten, von denen mindestens 20 klar der Partei der Regionen zugerechnet werden können, kommen die Anhänger von Präsident Janukowytsch auf über 50 % der 450 Parlamentssitze. Allerdings ist der Partei der Regionen sehr daran gelegen, auch ohne die Kommunisten zumindest die einfache Parlamentsmehrheit von 226 Mandaten sicher zu wissen. Deshalb spielen die 43 sog. selbst-aufgestellten Einzelkandidaten eine noch bedeutendere Rolle als ursprünglich angenommen. Ähnliches gilt für die in Einerwahlkreisen erfolgreichen Kandidaten unbedeutender Parteien, die es nicht über die Listenwahl ins Parlament geschafft haben – insgesamt sieben, von denen allenfalls zwei klar der Partei der Regionen zugerechnet werden können. Von beiden Lagern erwartet die Partei der Regionen mehr Zugeständnisse als von den Kommunisten. Bereits in ihren ersten Äußerungen verwiesen Wahlbeobachter auf die besondere Gefahr von Unregelmäßigkeiten bei der Addierung der Wahlergebnisse aus den Wahllokalen. Auf das nach heutiger Lesart ehrgeizige Ziel der einfachen Mehrheit der Partei der Regionen dürfte es zurückzuführen sein, dass mit fortschreitender Auszählung die Anzahl jener Wahlkreise zunahm, in denen der Opposition Stimmen im Nachhinein wieder aberkannt wurden, indem Ergebnisse in einem oder mehreren Wahllokalen für ungültig erklärt wurden, obwohl Wahlbeobachter keine Formfehler oder Verstöße festgestellt hatten. Gleiches gilt für Stimmen, die der Opposition gar nicht erst zugeschlagen wurden, weil Protokolle und Wahlzettel aus Bezirkswahlkommissionen entwendet wurden, zum Teil unter Einsatz der Sonderpolizeieinheit Berkut. Zuletzt war die Zahl jener Wahlkreise, für die die Opposition massive nachträgliche Stimmenverluste geltend macht, auf 13 angewachsen. Dass sich die ZWK und das Parlament gegenseitig den Schwarzen Peter zuschoben, anstatt das Problem zu lösen, verdeutlicht die allgemeine Unsicherheit. Nachdem das noch amtierende Parlament auf Ersuchen der ZWK beschloss, dass die ZWK in jenen fünf Wahlkreisen Nachwahlen anordnen solle, in denen die Opposition den Auszählungsprozess zuallererst bemängelt hatte, erklärten einzelne Vertreter der ZWK (eine einheitliche ZWK-Meinung gab es nicht), die Protokolle für die umstrittenen Wahlkreise nicht abzeichnen zu wollen. Die Oppositions-Troika reichte Klage beim höchsten Verwaltungsgericht ein, mit dem Ziel, dass die ZWK die Wahlergebnisse feststellen solle. Neuwahlen sind ebenso wenig im Interesse der Opposition wie im Interesse der Partei der Regionen: Sie verzögern die neue Parlamentsbildung noch einmal um mehrere Monate und erfordern erneut viel Geld. Nachdem der stellvertretende Leiter der ZWK noch am 8. November erklärt hatte, in den strittigen Wahlkreisen seien die Ergebnisse nicht zu bestimmen und davon die Rede war, die Parlamentsarbeit mit fünf Deputierten weniger beginnen und im März nachwählen zu lassen, veröffentlichte die ZWK am 9. November überraschend die Ergebnisse aller Einerwahlkreise, auch jene aus den strittigen. Obwohl in allen fünfen Oppositionskandidaten die meisten Stimmen bekommen haben dürften, gewannen demnach in zweien die Partei der Regionen-Kandidaten, in einem ein selbst-aufgestellter aber der Regionenpartei naher Kandidat, in einem ein selbst-aufgestellter, nicht eindeutig zuzuordnender – und nur in einem der Oppositionskandidat. In den am 13. November in der Parlamentszeitschrift veröffentlichten offiziellen Wahlergebnissen fehlen die Angaben für diese Wahlkreise allerdings wieder, mit der Begründung, die Zentrale Wahlkommission habe hier kein Ergebnis ermitteln können – was die Oppositions-Troika, mit Hinweis auf existierende Protokolle, von Beginn an bestritt. Die Opposition hatte zuvor mit Vorschlägen, aus Protest Mandate gar nicht erst anzunehmen oder nach der Annahme niederzulegen, eine denkbar schlechte Figur gemacht – insbesondere, wenn man bedenkt, dass sie, nach unterschiedlichen Einschätzungen, in bis zu 30 Mehrheitswahlkreisen deshalb verlor, weil sie sich zuvor nicht auf einen einheitlichen Auftritt gegen die Parteien der Regierungsmehrheit einigen konnte. Dabei bedarf es inzwischen in der Ukraine besonderen Engagements, um öffentliche Proteste auslösen und gezielt Druck auf die Machthaber ausüben zu können – z. B. um aberkannte Stimmen – wieder – anerkannt zu bekommen. Denn vor der Wahl erklärten 70,9 % der Bevölkerung in einer unabhängigen Umfrage, sie würden selbst dann nicht protestieren, wenn sie sicher seien, dass die Wahlergebnisse gefälscht wurden. Währenddessen wurden im alten Parlament noch Gesetze verabschiedet, die so wichtige Fragen berühren wie die Wahl des Parlamentssprechers, die Befugnisse der Abgeordneten aus Mehrheitswahlkreisen oder gar die Einführung eines nationalen Referendums, das auch Änderungen in der Verfassung auf den Weg bringen könnte. Möchte die künftige Opposition im neuen Parlament Gesetze zurücknehmen oder ändern, braucht sie dafür mindestens eine einfache Mehrheit. Macht der Präsident von seinem Vetorecht Gebrauch, sogar eine Zweidrittelmehrheit. Den internationalen Wahlbeobachtern war auch die »Oligarchisierung« der Wahl negativ aufgefallen – nicht nur bezogen auf den exorbitant teuren Wahlkampf, sondern auch in der Hinsicht, dass das nächste Parlament einige Milliardäre und mehrere Dutzend Multi-Millionäre aufweisen wird. Dazu kommen jene sog. selbst-aufgestellten Parlamentarier, die in Mehrheitswahlkreisen nur mit massiver finanzieller Unterstützung anderer gewählt wurden. Ukrainische Oligarchen und Wirtschaftsmächtige, die Janukowytsch früher stützten, bangen inzwischen um ihren Einfluss. Viele verstanden die Parlamentswahl als letzte Chance, ihr Terrain wirksam gegen die bei Präsident Janukowytsch und seiner »Familie« zentrierte Macht zu verteidigen. Die Anzeichen für Auseinandersetzungen innerhalb der Elite haben zugenommen. Während der Wahlkampfzeit begannen TV-Sender, der Opposition bedeutend mehr Sendezeit einzuräumen, und es kam zu offen kritischer Berichterstattung über Personen aus Janukowytschs unmittelbarer Umgebung. In der ukrainischen Presse mehrten sich Gerüchte über den Rücktritt zentraler Personen, z. B. von Präsidialamtschef Serhij Ljowotschkin, die dann wieder dementiert wurden. Inwiefern in der siebten Werchowna Rada eine inhaltliche, für die Bürger nachvollziehbare Auseinandersetzung stattfinden kann, wird sich in den kommenden zwei Monaten zeigen – aber es steht zu befürchten, dass die Einzelinteressen weniger Mächtiger wie zuvor jene der Bürger und des Landes marginalisieren. Umso wichtiger ist es daher, weiter jene Kräfte zu stärken, die sich ernsthaft für einen Übergang zu wirklich demokratischen Strukturen in der Ukraine einsetzen. Dieser Prozess war in Osteuropa schon mehrfach von Erfolg gekrönt. Die konkrete Perspektive einer Kooperation mit der EU war dabei ein unterstützender Faktor. Es wäre fahrlässig, die Ukraine jetzt wegen Stimmenfälschungen und inhaftierter Oppositioneller ihrem Schicksal zu überlassen – und unfair gegenüber jenen Ukrainern, die sich für einen Wandel zu europäischen Werten stark machen.
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
"2012-11-15T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/europa/ukraine-analysen/149002/kommentar-erbitterter-nachwahlkampf-in-der-ukraine-um-die-einfache-parlamentsmehrheit/
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Vorschau auf das Jahr 2017 | Hintergrund aktuell | bpb.de
Januar 1. Januar 2017: Gesetzlicher Mindestlohn steigt auf 8,84 Euro Mit Jahresbeginn steigt der Mindestlohn von 8,50 Euro auf 8,84 Euro brutto pro Stunde. Die Mindestlohnkommission, die aus Vertreterinnen und Vertretern der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite sowie aus zwei beratenden wissenschaftlichen Mitgliedern besteht, hatte diese Erhöhung Ende Juni 2016 beschlossen. Das Bundeskabinett folgte dem Beschluss und verabschiedete Ende Oktober eine entsprechende Verordnung. Der Mindestlohn in Deutschland wurde Interner Link: Anfang 2015 eingeführt. Alle zwei Jahre erarbeitet die Kommission für die Bundesregierung einen Vorschlag, wie viel der Mindestlohn genau betragen soll. Auch in den gesetzlichen Regelungen für die Pflege und Externer Link: im Bereich der Rente gibt es Neuerungen. Letztere soll es Menschen ermöglichen, individueller zu gestalten, wann und wie sie vom Erwerbsleben in die Rente wechseln möchten ("Flexirentengesetz"). 1. Januar 2017: Erster Teil des Bundesteilhabegesetzes tritt in Kraft Mit dem Bundesteilhabegesetz will die Bundesregierung Menschen mit Behinderung stärken: Sie sollen dadurch selbstbestimmter leben und besser an der Gesellschaft teilhaben können. Am 1. Dezember hatte der Bundestag das Bundesteilhabegesetz in zweiter und dritter Lesung beschlossen, am 1. Januar 2017 soll das Gesetz in Kraft treten. Das Gesetz sieht vor, dass die Eingliederungshilfe künftig nicht mehr Teil der Sozialhilfe ist, sondern stattdessen in das Neunte Sozialgesetzbuches (SGB IX) eingefügt wird. Zudem sind Ehe- und Lebenspartner gesetzlich nicht mehr zur Finanzierung von Fachleistungen der Eingliederungshilfe verpflichtet. Unter dem Motto "Nicht mein Gesetz" hatten Menschen mit und ohne Behinderung im Vorfeld gegen den Gesetzentwurf protestiert. Auch Behindertenverbände kritisierten das Gesetz. Anfang November forderten Expertinnen und Experten im Rahmen einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales Nachbesserungen. Kritik übten sie dabei unter anderem an dem Vorhaben, die Eingliederungshilfe von Einschränkungen in fünf von neun Lebensbereichen abhängig zu machen. Infolge heftiger Kritik wurde dieses Vorhaben aus dem Gesetzesentwurf gestrichen. "Es bleiben noch Baustellen, aber das Gesetz bietet eine Basis für die weitere Arbeit. Diese Arbeit geht 2017 los", erklärte die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung Verena Bentele nach der Verabschiedung des Gesetzes durch den Bundestag. In Deutschland leben rund zehn Millionen Menschen mit einer Behinderung, darunter sind 7,6 Millionen Schwerbehinderte. 1. Januar 2017: António Guterres wird neuer UN-Generalsekretär António Guterres bei einer Pressekonferenz im Oktober 2014. (© picture-alliance, AA) Am 1. Januar tritt der Portugiese Interner Link: António Guterres sein Amt als Generalsekretär der Vereinten Nationen an. Er ist der Nachfolger von Ban Ki-Moon. Guterres hatte zuletzt zehn Jahre lang das Amt des UN-Flüchtlingshochkommissars inne. Zuvor war er Premierminister Portugals (1995 bis 2002). Als neunter UN-Generalsekretär wird er das Sekretariat der Vereinten Nationen leiten und steht weltweit rund 44.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor. 17. Januar: Urteilsverkündung des Bundesverfassungsgerichts zum NPD-Verbotsverfahren Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe eröffnete am 1.3.2016 die mündlichen Verhandlungen zum NPD-Verbotsverfahren. (© picture-alliance/dpa) Ob die NPD verboten wird oder nicht, darüber entscheidet Mitte Januar der Zweite Senat des Interner Link: Bundesverfassungsgerichts. Das Urteil wird auf Grundlage der mündlichen Verhandlung vom 1., 2. und 3. März 2016 verkündet. Der Bundesrat hatte im Dezember 2013 eine entsprechende Klage eingereicht. Nachdem die Morde des rechtsterroristischen Interner Link: Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) 2011 bekannt wurden, war die Debatte über ein Verbot der NPD nach Jahren wieder in Gang gekommen. Damit eine Partei verboten werden kann, muss nicht nur nachweisbar sein, dass sie verfassungsfeindliche Ideen propagiert. Sie muss außerdem eine Externer Link: "aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung, auf deren Abschaffung die Partei abzielt" aufweisen. Ein Antrag auf das Verbot einer Partei kann von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung gestellt werden. 20. Januar 1942: Vor 75 Jahren wurde auf der Wannsee-Konferenz die Ermordung aller europäischen Juden beschlossen Vor 75 Jahren kamen Vertreter der Interner Link: NSDAP und SS sowie mehrerer Reichsministerien zur sogenannten Interner Link: Wannsee-Konferenz zusammen. Die Teilnehmer verständigten sich dabei auf Zuständigkeiten und Zusammenarbeit bei der Deportation und Ermordung aller europäischen Jüdinnen und Juden ("Endlösung der Judenfrage"). Auf diese Weise wurde der bereits seit 1941 stattfindende Massenmord an Jüdinnen und Juden zu einem systematischen Völkermord ausgeweitet. Bis Ende des Zweiten Weltkrieges fielen etwa 6 Millionen jüdische Menschen dem Holocaust zum Opfer. 20. Januar 2017: Donald Trump wird neuer Präsident der USA António Guterres bei einer Pressekonferenz im Oktober 2014. (© picture-alliance, AA) Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe eröffnete am 1.3.2016 die mündlichen Verhandlungen zum NPD-Verbotsverfahren. (© picture-alliance/dpa) Am 20. Januar wird Interner Link: Donald Trump in Washington D.C. als neuer Präsident der USA vereidigt. Als Kandidat der Republikanischen Partei hatte Trump die Präsidentschaftswahl am 8. November für sich entschieden. Externer Link: Mit 306 Stimmen erhielt er deutlich mehr Wahlmänner/-frauen-Stimmen als seine demokratische Konkurrentin Hillary Clinton, die auf 232 Stimmen kam. Im Wahlkampf hatte Trump, ein Unternehmer und Quereinsteiger in die Politik, immer wieder durch kontroverse Aussagen polarisiert. Die Republikanische Partei stellt zurzeit sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus die Mehrheit. Januar 2017: Wahlen des Präsidenten/der Präsidentin des Europaparlaments Der Plenarsaal des Europaparlaments in Straßburg (2014). (© picture-alliance) Das Interner Link: Parlament der Europäischen Union wählt einen neuen Präsidenten oder eine neue Präsidentin. Die Amtszeit des amtierenden Parlamentspräsidenten Martin Schulz, Mitglied der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten, läuft im Januar aus. In demselben Monat stimmen die Abgeordneten des Europäischen Parlamentes (EP) über seine Nachfolge ab. Für die konservative Europäische Volkspartei (EVP) tritt der italienische EU-Parlamentarier Antonio Tajani an. Die sozialdemokratische Fraktion hat den Italiener Gianni Pittella als Kandidaten nominiert. Februar 7. Februar 1992: Vor 25 Jahren wurde der Vertrag von Maastricht unterzeichnet Der Plenarsaal des Europaparlaments in Straßburg (2014). (© picture-alliance) Vor 25 Jahren unterzeichneten die Staats- und Regierungschefs der damaligen Länder der Europäischen Gemeinschaft den Externer Link: Vertrag von Maastricht über die Europäische Union. War der Zusammenschluss bis dato vor allem eine Wirtschaftsgemeinschaft, so wurde die Staatengemeinschaft mit dem Vertrag auf ein neues Fundament gehoben: Mit ihm wurde die Europäische Union (EU) geschaffen und ihre drei Säulen – die Europäische Gemeinschaft, die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres – definiert. Im Vertrag von Maastricht wurde zudem die Freizügigkeit festgeschrieben und ein Zeitplan für die Einführung der Wirtschafts- und Währungsunion festgelegt. Das Europäische Parlament erhielt darüber hinaus mehr Rechte. 12. Februar 2017: Wahl des Bundespräsidenten Nach der fünfjährigen Amtszeit von Bundespräsident Joachim Gauck wählt die Bundesversammlung am 12. Februar 2017 einen neuen Bundespräsidenten oder eine neue Bundespräsidentin. Zur Wahl stehen gegenwärtig der derzeitige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), dessen Kandidatur auch von CDU/CSU unterstützt wird, Christoph Butterwegge, der als Kandidat für die Partei Die Linke antritt sowie Albrecht Glaser (AfD) und Alexander Hold, der von den Freien Wählern für das Amt nominiert wurde. März Ende März: Wird Großbritannien den Austritt aus der Europäischen Union starten? Bei dem Interner Link: Referendum am 23. Juni 2016 stimmte die Mehrheit der wahlberechtigten Britinnen und Briten für den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union. Es wäre das erste Mal seit Bestehen der EU, dass ein Mitgliedstaat aus dem Staatenbündnis austritt. Laut Artikel 50 des EU-Vertrages von Lissabon Interner Link: hat jeder Mitgliedstaat das Recht, aus der EU auszutreten. Genauere Regelungen, wie dies zu erfolgen hat, gibt der Vertrag allerdings nicht vor – der Mitgliedstaat muss dem Europäischen Rat seine Absicht mitteilen, der Austritt und die zukünftigen Beziehungen müssen anschließend vom austretenden Staat und der EU verhandelt und festgelegt werden. Premierministerin Theresa May erklärte Ende November 2016, dass sie einen Zeitplan aufgestellt hat, der es ermögliche, Artikel 50 noch vor Ende März auszulösen. Ob dieser Zeitplan eingehalten werden kann, wird auch davon abhängen, wie viel Mitspracherecht der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs (Supreme Court of the United Kingdom) dem Parlament bei der Auslösung des Artikels 50 zubilligt. Die Verhandlungen darüber haben am 5. Dezember begonnen. Das Urteil wird Anfang 2017 erwartet. 15. März 2017: Parlamentswahlen in den Niederlanden Die Niederländerinnen und Niederländer wählen Mitte März ein neues Parlament. Im Repräsentantenhaus, der zweiten Kammer des Parlaments, sind 150 Sitze zu vergeben. Gegenwärtig sind 17 Parteien im Parlament vertreten, von denen acht jedoch nur über einen bzw. zwei Sitze verfügen. Seit Herbst 2012 wird das Land von einer Koalition aus Konservativliberalen (VVD) und Sozialdemokraten (PvdA) regiert. Ministerpräsident ist bereits seit 2010 Mark Rutte (VVD). Laut Externer Link: einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Ipsos könnte die rechtspopulistische PVV bei der Wahl stärkste Kraft werden. 25. März 1957: Vor 60 Jahren wurden die Römischen Verträge unterzeichnet und die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft gegründet Vor 60 Jahren unterzeichneten Belgien, Deutschland, die Niederlande, Frankreich, Italien und Luxemburg die Römischen Verträge und gründeten damit die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (EAG, Euratom). Die Römischen Verträge gelten als Grundstein für die Europäische Union. Die Vertragsstaaten hofften, durch den Zusammenschluss ihrer Wirtschaftskräfte Frieden und Freiheit zu wahren und zu festigen. Ziel der Römischen Verträge war es, eine Zollunion mit einem gemeinsamen Außenzoll aufzubauen, Handelsbarrieren zu verringern und einen gemeinsamen Markt zu errichten. Darüber hinaus sollten mit den Römischen Verträgen die Hindernisse für den freien Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr beseitigt und eine friedliche Nutzung der Atomenergie gefördert werden. 26. März 2017: Landtagswahlen im Saarland Blick auf den Saarländischen Landtag in der Landeshauptstadt Saarbrücken. (© picture-alliance/dpa) Am 26. März wählen die Bürgerinnen und Bürger im Saarland ein neues Landesparlament. Ministerpräsidentin ist seit 2011 Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Nach dem Scheitern der Koalition aus CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen fanden im März 2012 vorgezogene Wahlen statt. Die CDU wurde mit 35,2 Prozent stärkste, die SPD mit 30,6 Prozent zweistärkste Kraft im Parlament. Seitdem regieren die beiden Parteien zusammen in einer Großen Koalition. April 2017 April 2017: Neue Regelungen für Leiharbeit Im April soll das Externer Link: Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in Kraft treten. Laut dem Gesetz sollen die rund 950.000 Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter nach neun Monaten den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaft erhalten. Darüber hinaus soll die Höchstverleihdauer zukünftig 18 Monate betragen. Mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD hatte der Bundestag Ende Oktober 2016 dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zugestimmt. Mit der Neuregelung von Leiharbeit und Werkverträgen will die Bundesregierung Missbrauch von Leiharbeit verhindern. Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter dürfen künftig auch nicht mehr als Streikbrecher eingesetzt werden. Kritik kommt von der Opposition: Nur ein Viertel der Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter sei länger als neun Monate in einem Betrieb tätig. Nur wenige würden daher von der Gleichbezahlung profitieren, kritisieren die Fraktionen Die Linke und Bündnis90/Die Grünen. Blick auf den Saarländischen Landtag in der Landeshauptstadt Saarbrücken. (© picture-alliance/dpa) 23. April 2017: Präsidentschaftswahl in Frankreich Am 23. April wählen die Franzosen und Französinnen eine neue Präsidentin oder einen neuen Präsidenten. Sollte an diesem Wahlsonntag keine Kandidatin oder kein Kandidat die absolute Mehrheit erreichen – wie bisher bei jeder Wahl seit der Einführung der Direktwahl im Jahr 1962 – kommt es am 7. Mai zur Stichwahl. Für die Republikaner tritt François Fillon (Les Républicains, LR) zur Wahl an. Er konnte sich in den Vorwahlen der Partei Ende November 2016 gegen Alain Juppé durchsetzen. Der teils als rechtspopulistisch, teils als rechtsextrem eingeordnete Front National (FN) geht mit Marine Le Pen in das Rennen um die Präsidentschaft. Frankreichs Sozialisten, die Parti socialiste (PS), wollen im Januar eine Kandidatin oder einen Kandidaten küren. Der amtierende Präsident Interner Link: François Hollande (PS) tritt nicht für eine zweite Amtszeit an – angesichts schlechter Umfragewerte und auf Druck seiner Partei hatte er seinen Verzicht erklärt. 3. Mai 1957: Vor 60 Jahren wurde das Gleichberechtigungsgesetz beschlossen Der Artikel 3 des Grundgesetzes zur Gleichheit von Männern und Frauen steht auf einer Platte aus Glas, aufgenommen am 03.04.2016 in Berlin im Bezirk Mitte im Regierungsviertel. (© picture-alliance/dpa) Am 3. Mai 1957 beschloss der Deutsche Bundestag das Externer Link: Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts. Gut ein Jahr später trat es am 1. Juli 1958 in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Ehemann in der Familie allein das Recht, Entscheidungen zu treffen. War er mit der Haushaltsführung seiner Frau nicht zufrieden, durfte er ihr Arbeitsverhältnis kündigen. Das Kündigungsrecht wurde mit dem Gleichberechtigungsgesetz abgeschafft, zudem wurde die Zugewinngemeinschaft als gesetzlicher Güterstand in der Ehe eingeführt. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau war damit noch lange nicht erreicht. Unter anderem brauchten Ehefrauen bis 1977 die Einwilligung ihres Mannes, um arbeiten zu dürfen, Vergewaltigungen in der Ehe wurden erst 1997 strafbar. 7. Mai 2017: Landtagswahlen in Schleswig-Holstein In Schleswig-Holstein wird am 7. Mai ein neues Landesparlament gewählt. Seit Juni 2012 regiert unter Führung von Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) in Kiel eine Koalition aus SPD, den Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW). Interner Link: Der SSW – die Vertretung der dänischen Minderheit – erhielt bei der vergangenen Wahl zwar nur 4,6 Prozent, da er jedoch Externer Link: als Partei einer nationaler Minderheit von der Fünfprozenthürde befreit ist, zog der Verband dennoch in den Landtag ein. 14. Mai 2017: Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen Blick in den Landtag von Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Im Mai 2017 wird in dem einwohnerstärksten Bundesland Deutschlands gewählt. (© picture-alliance/dpa) Ein halbes Jahr vor der Bundestagwahl gilt die Wahl im bevölkerungsreichsten Bundesland als Stimmungstest für den Bund. In Nordrhein-Westfalen steht Ministerpräsidentin Hannelore Kraft seit 2010 einer rot-grünen Koalition vor. Nach der Wahl im Jahr 2010 regierte Kraft zwei Jahre lang mit einer rot-grünen Minderheitsregierung. Bei vorgezogenen Landtagswahlen im Jahr 2012 erhielt die SPD 39,1 Prozent, die Grünen 11,3 Prozent der Stimmen. Die CDU erzielte mit 26,3 Prozent ihr bisher schlechtestes Ergebnis in NRW. Die FDP kam auf 8,6 Prozent und die Piraten auf 7,8 Prozent. Auch dieses Mal will die SPD mit Hannelore Kraft als Spitzenkandidatin in den Wahlkampf ziehen. Für die CDU tritt der Vorsitzende der Landtagsfraktion Armin Laschet an. 2. Juni 1967: Vor 50 Jahren wurde Benno Ohnesorg erschossen Der Artikel 3 des Grundgesetzes zur Gleichheit von Männern und Frauen steht auf einer Platte aus Glas, aufgenommen am 03.04.2016 in Berlin im Bezirk Mitte im Regierungsviertel. (© picture-alliance/dpa) Blick in den Landtag von Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Im Mai 2017 wird in dem einwohnerstärksten Bundesland Deutschlands gewählt. (© picture-alliance/dpa) Am 2. Juni 1967 starb der 26-jährige Student Interner Link: Benno Ohnesorg in Berlin bei einer Demonstration gegen den Staatsbesuch des Schahs von Persien, Mohammad Reza Pahlavi. Er wurde von Kriminalobermeister Karl-Heinz Kurras erschossen. Ohnesorgs Tod führte bundesweit zu Unruhen und Protesten. Mehr als 100.000 Studierende demonstrierten in den Tagen nach seinem Tod. Karl-Heinz Kurras musste sich vor Gericht für den Tod von Benno Ohnesorg verantworten, wurde allerdings in mehreren Instanzen freigesprochen. 2009 wurde bekannt, dass Kurras Mitglied der SED und inoffizieller Mitarbeiter des Interner Link: Ministeriums für Staatssicherheit der DDR war. Für den Verdacht, dass er Ohnesorg im Auftrag der Stasi erschossen habe, gibt es aber bis heute keine Beweise. 15. Juni 2017: Keine Roaming-Gebühren mehr in der EU Ab 15. Juni können Europäerinnen und Europäer ihre Mobilfunkgeräte innerhalb der EU zu denselben Preisen wie zuhause nutzen. Mitte Dezember 2016 hatte die EU-Kommission die Regeln und Mechanismen zur Abschaffung der Roaming-Gebühren in der EU formell angenommen. Den Zeitraum, in dem keine Roaming-Gebühren erhoben werden dürfen, hat die Interner Link: EU-Kommission auf mindestens 90 Tage im Jahr festgesetzt. 1. Juli 2017: Neue Regelungen zum Prostitutionsgewerbe Das Bordell "Pascha" in Köln ist schon von außen eindeutig als solches zu erkennen. (© picture alliance/ JOKER) Mit dem "Externer Link: Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen" will die Bundesregierung das Prostitutionsgewerbe stärker reglementieren und Prostituierte besser vor Ausbeutung, Gewalt und Gesundheitsschäden schützen. Im Juli 2016 hatte der Bundestag das Gesetz mit den Stimmen der Abgeordneten von CDU/CSU und SPD angenommen, am 1. Juli 2017 tritt es in Kraft. Alle zwei Jahre müssen sich Prostituierte in Deutschland künftig bei den Kommunen anmelden und sich einmal im Jahr gesundheitlich beraten lassen. Mit Inkrafttreten des Gesetzes bestehen zudem eine Kondompflicht sowie eine Erlaubnispflicht für die Betreiber von Bordellen und anderen Orten der Prostitution. Verbände und zivilgesellschaftliche Organisationen im Bereich sexueller Dienstleistungen kritisieren, dass das Gesetz nicht der Perspektive der Betroffenen entspreche. Die Anmeldepflicht wirke diskriminierend, sei datenschutzrechtlich bedenklich und berge die Gefahr eines Zwangsoutings. Auch Gesundheitsberatungen für Prostituierte seien nachhaltiger, wenn sie freiwillig erfolgten. 7.–8. Juli 2017: G20-Gipfeltreffen in Hamburg Deutschland hat zum 1. Dezember 2016 den Vorsitz der G20 übernommen. In der Interner Link: Gruppe der G20 treffen sich die 20 führenden Industrie- und Schwellenländer. Sie ist ein Forum zur internationalen Zusammenarbeit in Finanz- und Wirtschaftsfragen. Beim G20-Gipfel am 7. und 8. Juli 2017 in Hamburg werden neben Staats- und Regierungschefs und -chefinnen auch internationale Organisationen vertreten sein. Auf der Tagesordnung werden unter anderem die Stabilität der Weltwirtschaft und des Welthandels, die Verbesserung der Zukunftsfähigkeit in den Bereichen Klima und Energie sowie Digitalisierung und die Bekämpfung von Fluchtursachen stehen. In Teilen Deutschlands regt sich Widerstand. Eine Großdemonstration des "Bündnis gegen das G20-Treffen in Hamburg", bei dem unter anderem das globalisierungskritische Netzwerk Interner Link: Attac Mitglied ist, ist angekündigt. 15. Juli 1937: Vor 80 Jahren wurde das Konzentrationslager Buchenwald errichtet Das Bordell "Pascha" in Köln ist schon von außen eindeutig als solches zu erkennen. (© picture alliance/ JOKER) Das Konzentrationslager (KZ) Buchenwald wurde von Häftlingen errichtet, es wurde vor 80 Jahren am 15. Juli fertiggestellt. Zu den ersten Insassen zählten politische Gegner des NS-Regimes, Zeugen Jehovas und Homosexuelle. In der Zeit zwischen 1937 und 1945 waren insgesamt 265.980 Menschen in Buchenwald interniert. Externer Link: 38.049 Tote hat die Gedenkstätte Buchenwald aus den Lagerunterlagen ermittelt, die geschätzte Gesamtzahl der Toten des Lagers liegt bei 56.000. Buchenwald ist aber auch Symbol für den Interner Link: organisierten Widerstand der Gefangenen. Am 11. April 1945 Interner Link: befreite die US-Armee das Lager. 21.000 der Häftlinge erlebten ihre Befreiung. 22.–26. August 1992: Vor 25 Jahren kam es zu Angriffen auf das Asylbewerberheim in Rostock-Lichtenhagen Das ausgebrannte Asylbewerberheim in Rostock-Lichtenhagen nach den dortigen rechtsextremen Ausschreitungen im August 1992. (© picture-alliance/dpa) Vor 25 Jahren kam es in Rostock-Lichtenhagen zu pogromartigen Ausschreitungen. Die dortige Zentrale Annahmestelle für Asylbewerber war nach dem Andrang an Asylbewerberinnen und -bewerbern in den Monaten zuvor überbelegt. Die neu angekommenen Asylsuchenden campierten zum Teil im Freien. Eine Menschenmenge versammelte sich am 22. August 1992 und den nachfolgenden Tagen vor dem Gebäude, in dem die Asylbewerber und Asylbewerberinnen sowie 150 vietnamesische Vertragsarbeiter und Vertragsarbeiterinnen wohnten. Mit Steinen griff die Menge das Gebäude an und setzte es schließlich in Brand. Die Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen reihen sich ein in weitere fremdenfeindliche Taten, die bundesweit für Diskussionen sorgten: Auch in Hoyerswerda, Mölln und Solingen kam es Anfang der 1990er Jahre zu Ausschreitungen, Brandanschlägen und Pogromen. Zwischen dem 23. August und dem 22. Oktober: Bundestagswahl Das ausgebrannte Asylbewerberheim in Rostock-Lichtenhagen nach den dortigen rechtsextremen Ausschreitungen im August 1992. (© picture-alliance/dpa) Zwischen August und Oktober 2017 wird ein neuer Interner Link: Bundestag gewählt. Das genaue Datum steht noch nicht fest. Die Wahl wird frühestens am 23. August und spätestens am 22. Oktober stattfinden. Über das Datum entscheidet der Bundespräsident in Rücksprache mit der Bundesregierung rund neun Monate vor Abstimmung. Bei der vergangenen Bundestagswahl im Jahr 2013 erhielt die CDU die meisten Zweitstimmen (34,1 Prozent), gefolgt von der SPD (25,7 Prozent), der Partei DIE LINKE (8,6 Prozent), den GRÜNEN (8,4 Prozent) sowie der CSU (7,4 Prozent). CDU, CSU und SPD bildeten zusammen eine "Große Koalition". 11. September 2017: Parlamentswahl in Norwegen Interner Link: Norwegen wählt am 11. September 2017 ein neues Parlament. Aktuell regiert in dem skandinavischen Land eine Minderheitsregierung aus der konservativen Høyre-Partei und der populistischen Fortschrittspartei. Die Høyre-Partei stellt auch die Premierministerin Erna Solberg. Die Regierungskoalition, die über 77 von 169 Parlamentsmandate verfügt, wird von den kleineren Parteien Christliche Volkspartei und der sozialliberalen Partei Venstre per Vereinbarung in ihren Hauptzielen unterstützt. Oktober 2017: Parlamentswahl in der Tschechischen Republik Im Oktober wählen die Interner Link: Tschechinnen und Tschechen ein neues Abgeordnetenhaus. Das tschechische Parlament besteht aus zwei Kammern, dem Abgeordnetenhaus und dem Senat. Derzeit wird das Land von einer Koalition aus Sozialdemokraten (ČSSD), Christdemokraten (KDU-ČSL) und der liberal-populistischen Bewegung ANO (Aktion unzufriedener Bürger) regiert. Die Regierungskoalition verfügt über 111 der insgesamt 200 Mandate im Abgeordnetenhaus. Die Regionalwahlen im Oktober 2016, bei denen auch ein Drittel des Senats neu gewählt wurde, gelten als Stimmungstest der Abgeordnetenhauswahl 2017. Bei der Wahl erhielt ANO mit 21,1 Prozent die meisten Stimmen. Die Sozialdemokraten (ČSSD) erlangten 15,2 Prozent und die Kommunistische Partei (KSČM) 10,5 Prozent der Stimmen. Ihnen folgte die liberal-konservative ODS (9,5 Prozent), die christdemokratische KDU-ČSL (6,3 Prozent) sowie weitere Parteien und Bündnisse, die weniger als fünf Prozent erzielten. 26. Oktober 2017: Veröffentlichung der restlichen Akten zur Ermordung von John F. Kennedy Am 22. November 1963 Interner Link: starb US-Präsident John F. Kennedy bei einem Attentat in Dallas. Der JFK Assassination Records Collection Act aus dem Jahr 1992 legte fest, dass alle Akten zum Fall spätestensExterner Link: 25 Jahre später veröffentlicht werden sollen. Die Sammlung besteht aus rund fünf Millionen Datensätzen, von denen 88% bereits vollständig öffentlich sind, 11% um empfindliche Inhalte bereinigt wurden und etwa 1% bisher unter Verschluss geblieben sind, darunter befinden sich auch CIA- und FBI-Dokumente. Der von 1994 bis 1998 aktive Externer Link: Ausschuss zur Sichtung der Morddokumente (Assassination Records Review Board, ARRB) hatte die Aufgabe, die Datensätze zu prüfen und freizugeben bzw. einzubehalten. Kennedys Nachfolger, Präsident Lyndon B. Johnson, rief eine Woche nach dem Mordanschlag die Warren-Kommission ins Leben, um die Hintergründe des Attentats aufzuklären. Die Kommission legt zehn Monate später ihren Externer Link: Bericht vor, in dem sie zum Schluss kommt, dass Harvey Lee Oswald, der zwei Tage nach seiner Festnahme ermordet worden war, drei Schüsse auf Kennedy abgefeuert und alleine gehandelt haben soll. Die Ergebnisse der Warren-Kommission sind umstritten. Zu weiteren Ausschüssen, die sich später in den Jahren 1975 und 1976 mit dem Fall beschäftigten, gehörten unter anderem die Externer Link: Rockefeller-Kommission, das Externer Link: Church Committee, sowie ein Externer Link: Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses (HSCA). Der Externer Link: Abschlussbericht des ARRB aus dem Jahr 1998 fasst die dahin erfolgten investigativen Bemühungen zusammen. Widersprüchliche Ermittlungsergebnisse geben immer wieder Anlass für Spekulationen. Die Hintergründe des Attentats gelten deshalb bis heute als nicht zweifelsfrei aufgeklärt. 31. Oktober 2017: 500 Jahre Reformation Ein Plakat wirbt mit dem charakteristischen Porträt Luthers für das Reformationsjubiläum 2017. (© picture alliance/ Winfried Rothermel) Vor 500 Jahren soll der Mönch Martin Luther 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg geschlagen haben. Ob es sich wirklich so zugetragen hat, ist seit Jahrzehnten ein Streitpunkt zwischen Theologen und Historikern. Als gesichert gilt aber, dass Luther seine 95 Thesen zu dieser Zeit an Würdenträger und Theologen schickte. In den Thesen kritisierte er den Ablasshandel der katholischen Kirche: Für unmoralisch hielt er die Praxis der Ablassprediger, aber auch das Buße-Verständnis, das dem Ablasshandel zugrunde lag. So heißt es in These 36: "Ein jeder Christ, der wahre Reue und Leid hat über seine Sünden, der hat völlige Vergebung von Strafe und Schuld, die ihm auch ohne Ablaßbrief gehört." Martin Luther, Johannes Calvin und Huldrych Zwingli waren Vertreter einer Erneuerungsbewegung, die heute als Reformation bezeichnet wird. Sie führte zur Abspaltung verschiedener protestantischer Konfessionen von der römisch-katholischen Kirche. Der Reformationstag ist in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ein Feiertag. Zum 500. Jahrestag wird der 31. Oktober 2017 in ganz Deutschland ein Feiertag sein. 2. November 1917: Vor 100 Jahren wurde die Balfour-Erklärung unterzeichnet Vor 100 Jahren schrieb der damalige britische Außenminister Arthur Balfour einen Brief an Lord Lionel Walter Rothschild, einen führenden Vertreter der jüdischen Gemeinde im damaligen England: Man betrachte das Errichten einer Heimat für Juden in Palästina mit Wohlwollen. In dem Brief schrieb Balfour auch, dass die Ankunft der Jüdinnen und Juden die Bürgerrechte und religiösen Rechte der nicht-jüdischen Menschen in Palästina nicht beeinträchtigen dürfte. Die Erklärung war ein großer Hoffnungsschimmer für die Interner Link: Zionisten, die schon Jahre zuvor einen eigenen Staat für Juden gefordert hatten. Als nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reichs die Briten 1922 vom Völkerbund das Mandat über Palästina erhielten, wurde die Balfour-Erklärung Bestandteil dieses Mandats. 1948 entstand auf palästinensischem Boden der Staat Israel. 7. November 1917: Vor 100 Jahren fand die Oktoberrevolution in Russland statt Ein Plakat wirbt mit dem charakteristischen Porträt Luthers für das Reformationsjubiläum 2017. (© picture alliance/ Winfried Rothermel) Vor hundert Jahren wurden die gesellschaftlichen Verhältnisse im bäuerlich geprägten Russland umgestürzt: Arbeiter und Bauern, Angehörige der liberalen Elite und nationale wie religiöse Minderheiten protestierten gegen die herrschende Ordnung. Nachdem Zar Nikolaus II. infolge der Februarrevolution im März 1917 abgedankt hatte, hatte sich eine Interner Link: Doppelherrschaft mit einer Provisorischen Regierung auf der einen und Arbeiter- und Soldatenräten (Sowjets), vor allem jenen in Petrograd (heute: St. Petersburg), auf der anderen Seite etabliert. Wladimir Lenin und die Bolschewiki, eine Abspaltung der Russischen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, kritisierten die Provisorische Regierung. In seinen "Aprilthesen" warf Lenin ihr vor, die Außenpolitik der vorangegangenen Regierung fortzusetzen und innenpolitische Reformen nicht durchführen zu können. Mit der Oktoberrevolution putschten sich die Bolschewiki an die Macht. Am 7. November (dem 25. Oktober nach dem damals in Russland verwendeten julianischen Kalender) besetzten die Bolschewiki wichtige strategische Orte in Petrograd. Einen Tag später stürmten die Aufständischen den Winterpalast, den Sitz der Provisorischen Regierung, und verhafteten die Regierungsmitglieder. Unter der Führung Lenins errichteten die Bolschewiki eine "Provisorische Arbeiter- und Bauernregierung" (Rat der Volkskommissare). 26. November 1987: Vor 30 Jahren verabschiedete der Europarat die Europäische Antifolterkonvention Am 26. November 1987 verabschiedete der Europarat die "Europäische Konvention zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe", kurz: die Europäische Anti-Folterkonvention. Bisher haben Externer Link: 47 Staaten das Übereinkommen ratifiziert, unter ihnen auch die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1990. Während die Interner Link: Antifolterkonvention der Vereinten Nationen das allgemeine Folterverbot konkretisiert und die Vertragsstaaten zu dessen rechtlicher Ausgestaltung verpflichtet, soll die Europäische Antifolterkonvention durch Kontrollbesuche die Folter und erniedrigende Behandlung von inhaftierten Menschen verhindern. Zu diesem Zweck besucht das "Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung" (CPT) die Vertragsstaaten regelmäßig nach vorheriger Ankündigung. Dabei prüft das CPT, wie Menschen in Einrichtungen behandelt werden, in denen ihnen die Freiheit entzogen wird – etwa in Gefängnissen, Polizeirevieren oder psychiatrischen Kliniken. Der letzte Besuch des CPT in Deutschland fand Ende 2015 statt. Dezember 2017 11.12.1997: Vor 20 Jahren wurde das Kyoto-Protokoll verabschiedet Vor 20 Jahren wurde in Japan das Kyoto-Protokoll verabschiedet. Damit wurden erstmals völkerrechtlich verbindliche Regelungen für den Ausstoß von Treibhausgasen getroffen: Die Vertragsstaaten verpflichteten sich, zwischen 2008 und 2012 ihre Treibhausgasemissionen um fünf bis acht Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 zu senken. In Kraft trat das Protokoll im Jahr 2005, 141 Staaten hatten es zu dem Zeitpunkt ratifiziert. Voraussetzung für das Inkrafttreten war, dass mindestens 55 Staaten es ratifizierten, die zusammen für einen Anteil von mindestens 55 Prozent der Treibhausgasemissionen der Industriestaaten im Jahr 1990 verantwortlich waren. Die Regelungen des Kyoto-Protokolls galten bis 2012 und wurden danach um weitere acht Jahre verlängert. Sein Nachfolgevertrag ist das Externer Link: Klimaabkommen von Paris, das auf der UN-Klimakonferenz im Dezember 2015 beschlossen wurde. 195 Staaten vereinbarten, den globalen Temperaturanstieg auf deutlich unter 2 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Die globalen Emissionen von Treibhausgasen sollen zügig den Punkt erreichen, an dem sie nicht weiter steigen, und anschließend verringert werden. Das Abkommen von Paris trat am 4. November 2016 in Kraft.
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"2021-08-30T00:00:00"
"2016-12-21T00:00:00"
"2021-08-30T00:00:00"
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Der Amtsantritt Donald Trumps, die Entscheidung im NPD-Verbotsverfahren und die Bundestagswahl – unsere Vorschau zeigt, welche Entscheidungen und Ereignisse im Jahr 2017 wichtig werden.
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Deutsche Länderpolizeien | Polizei | bpb.de
Einleitung Im System der Inneren Sicherheit Deutschlands bilden die Länderpolizeien der 16 Bundesländer sowohl hinsichtlich ihres Umfanges als auch ihres Aufgabenspektrums das Rückgrat des staatlichen Gewaltmonopols, unabhängig davon, dass es in Form der Bundespolizei (bis 2005 Bundesgrenzschutz) eine nationale Schutzpolizei und in Form des Bundeskriminalamtes (BKA) eine national koordinierende Kriminalpolizei gibt. Neben dem Kultusbereich bildet die Innere Sicherheit die wichtigste (verbliebene) Kompetenz der Länder im föderalistischen Staatsaufbau der Bundesrepublik, wird aber aufgrund von Kriminalitätsphänomenen wie der Organisierten Kriminalität oder dem internationalen Terrorismus nicht nur von Seiten des Bundes-, sondern auch von Seiten der Europäischen Union (EU) zunehmend in Frage gestellt. Obwohl die Polizei mit rund 270 000 Vollzugsbeamten des Bundes und der Länder insgesamt einen bedeutenden Sektor des öffentlichen Dienstes darstellt und die Bürgerinnen und Bürger ihr als "handelndem Staat" begegnen, etwa bei Alkoholkontrollen im Straßenverkehr oder wenn bei einer Festnahme "unmittelbarer Zwang" (physische Gewalt) angewandt wird, findet dies kaum Niederschlag in den Sozialwissenschaftlichen. Hauptgrund für die Vernachlässigung des Politikbereiches Innere Sicherheit und damit der Institution Polizei dürfte die Problematik sein, mit der sich Forscher konfrontiert sehen, wenn sie mit der Polizei, Geheimdiensten oder anderen Akteuren der Inneren Sicherheit zu tun haben. Für die deutsche Politikwissenschaft ist dies aber kein Ausnahmefall und trifft auch auf andere Teile der Exekutive zu wie etwa die Ministerialverwaltung. Dabei ließe sich Staatstätigkeit in einem komplexen Beziehungsgeflecht mit vertikalen und horizontalen Verschränkungen innerhalb des kooperativen Föderalismus Deutschlands hier besonders gut studieren. Über die Pluralität der Organisationsstrukturen, die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren Ausbildung und Karrierewege, über allgemeine und spezielle polizeirechtliche Befugnisse, die Verarbeitung von problematischen Einsätzen und Skandalen, die polizeipolitischen Prägungen der Parteien, die sich auch in Leitbildern oder Polizeiphilosophien niederschlagen, besteht vielfach Unklarheit. Personal und Polizeidichte Für die 82 Millionen Einwohner Deutschlands sind neben 31 000 Vollzugsbeamten der Bundespolizei und 5 600 Beschäftigten des Bundeskriminalamtes rund 221 000 Polizeibeamte der Länder zuständig (vgl. Tabelle der PDF-Version). Insbesondere die Länderpolizeien bearbeiten rund 6,3 Millionen Straftaten (2006), wobei es ihnen bei einer Aufklärungsquote von 55,4 Prozent in gut der Hälfte der Fälle gelingt, einen Tatverdächtigen zu ermitteln; absolut werden 2,28 Millionen Tatverdächtige erfasst. Die Kriminalitätsbelastung variiert dabei zwischen 5 338 Straftaten pro 100 000 Einwohner in Bayern und 14 576 in Berlin. Das Land Bayern weist neben dem geringsten Kriminalitätsaufkommen mit 64,9 Prozent zugleich die höchste Aufklärungsquote aller Bundesländer auf, während Bremen mit 43,7 Prozent das Schlusslicht bildet. Die Polizeidichte ist in Deutschland mit insgesamt 1:372 (ein Landespolizist trifft statistisch auf 372 Einwohner) im europäischen Vergleich eher niedrig: Innerhalb der EU gibt es in Südeuropa und in Osteuropa mehr Polizeibeamte als in Deutschland, während in Skandinavien im Vergleich nur rund zwei Drittel des deutschen Polizeipersonals für Sicherheit und Ordnung sorgen. Zwischen den Bundesländern existieren systematische Unterschiede (vgl. Tabelle der PDF-Version): Relativ die meisten Polizeibeamten finden sich in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen, wobei Berlin mit 1:162 die höchste Polizeidichte hat. Das lässt sich mit dem Status als Bundeshauptstadt und den damit zusammenhängenden Anforderungen an die Polizei (Demonstrationsgeschehen; Staatsbesuche) erklären. Gegenüber den westdeutschen Flächenländern haben die ostdeutschen Länder auch fast 20 Jahre nach der Wiedervereinigung eine höhere Polizeidichte. Dies hängt mit der Übernahme der DDR-Volkspolizisten in die Polizei der neuen Länder zusammen. Entlassen oder ausgetauscht wurde im Rahmen der Vereinigung (nur) die Polizeiführung, die durch "Westimporte" leicht ersetzbar und im Gegensatz zur Masse der Volkspolizisten "funktional entbehrlich" war. Sachsen hat sich schon weitgehend an westdeutsche Flächenländer angenähert, die einen Polizeidichte von rund 1:380 bis 1:450 aufweisen, während andere ostdeutsche Länder eine Polizeidichte von 1:290 bis 1:360 haben. In Ostdeutschland wurde dabei in den letzten beiden Dekaden schon Personal abgebaut, wobei diese Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist. Die Polizeidichte korrespondiert in etwa mit der Kriminalitätsbelastung, die regional nicht gleich verteilt ist. An der Spitze stehen die Stadtstaaten mit 13 500 bis 14 500 Straftaten pro 100 000 Einwohner im Jahre 2006, gefolgt von drei der fünf ostdeutschen Länder mit rund 8 900 Straftaten. Sachsen und Thüringen, die in ihrem Kriminalitätsaufkommen westdeutschen Flächenländern gleichen, weisen Häufigkeitszahlen von 7 250 bzw. 6 233 auf und liegen damit unter dem Bundesdurchschnitt von 7 635. Eine Betrachtung der Extremwerte zeigt, dass ist die Kriminalitätsbelastung in Berlin und Bremen fast dreimal so hoch ist wie in Baden-Württemberg oder Bayern. Organisation und Ausbildung Heute weisen die Länderpolizeien trotz einiger markanter Unterschiede in Organisation und Ausbildung prinzipiell eine ähnliche Struktur der polizeilichen Aufgabenerfüllung auf, was auf die Novellierung des Polizeirechts ab Mitte der 1970er Jahre zurückzuführen ist. Damals wurde von der Innenministerkonferenz der (erste) Mustergesetzentwurf für ein einheitliches Polizeigesetz (1975) von Bund und Ländern verabschiedet, dem die Länder weitgehend folgten. Vereinheitlicht wurde damit das "Was", nicht aber das "Wie" der Polizeiarbeit. Bis zu diesem Zeitpunkt kam es auch zu einer "Entkommunalisierung" der Polizei: München überführte 1975 als letzte Stadt die kommunale Polizei in die Zuständigkeit des Landes Bayern. Innerhalb der Länderpolizeien existiert eine funktionale Differenzierung zwischen Schutz- und Kriminalpolizei, die auch unter dem Begriff "polizeilicher Einzeldienst" zusammengefasst werden, ergänzt durch die Bereitschaftspolizei, wobei alle drei Sparten nochmals Spezialisierungen aufweisen. Die (uniformierte) Schutzpolizei (verkörpert durch den klassischen "Schutzmann an der Ecke"), leistet den Posten- und Streifendienst sowie die Verkehrslenkung- und Verkehrsüberwachung. Hinzu kommen der "erste Angriff" und Ermittlungen bei Ordnungswidrigkeiten und Straftaten. Eine spezielle Untergruppe ist die Wasserschutzpolizei, die schutzpolizeiliche Aufgaben auf den Binnen- und Küstengewässern ausübt. Vier von fünf Landespolizisten gehören der Schutzpolizei an, die auch über spezielle Einsatzmittel zum Beispiel in der Hubschrauber-, Hunde- oder Reiterstaffel verfügt. In Spezialeinsatzkommandos (SEK) und Mobilen Einsatzkommandos (MEK) verfügt die Kriminalpolizei über trainierte Spezialisten für besonders gefährliche Einsätze (etwa Geiselnahmen) oder spezielle Observationsaufgaben. SEKs wurden dabei ab den 1970er Jahren als Reaktion auf den Linksterrorismus in Deutschland aufgebaut. Die Kriminalpolizei bekämpft insbesondere die (schweren) Straftaten, die Spezialwissen, geeignete Ressourcen und umfangreiche Ermittlungsarbeit voraussetzen. In organisatorisch ausdifferenzierten Dienststellen werden zum Beispiel Tötungs- oder Staatsschutzdelikte bearbeitet. Die Bereitschaftspolizei als selbstständige Polizeiorganisation beruht auf einer Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern und dient in ihrer stärker auf militärischen Prinzipien ausgerichteten Ausbildung, Struktur und Ausrüstung (etwa Wasserwerfer und gepanzerte Fahrzeuge) der Bewältigung von (länderübergreifenden) Großeinsätzen bei Demonstrationen oder Fußballspielen, bei denen geschlossene Polizeiverbände notwendig sind. Im Gegensatz zur Schutz- und Kriminalpolizei, für deren Finanzierung allein das jeweilige Bundesland aufkommt, beteiligt sich der Bund bei den Sachkosten für die Bereitschaftspolizei, verfügt im Gegenzug aber auch über Mitbestimmungsrechte bei Einsätzen. Dem föderalistischen Beistandsgedanken verpflichtet ist die gegenseitige Hilfe durch Bereitstellung von Bereitschaftspolizeieinheiten für Einsätze, bei denen die Polizeikräfte eines Landes allein überfordert wären (etwa Atommülltransporte). Die Polizei untersteht in allen Bundesländern dem jeweiligen Innenminister bzw. Innensenator. Hier ist die politische Verantwortung für die Polizei im demokratischen Rechtsstaat angesiedelt und hier liegt die Schnittstelle zwischen Politik und Polizei (Verwaltung) innerhalb der Exekutive. Damit enden die Gemeinsamkeiten zwischen den Bundesländern und dem Bund bereits. Prinzipiell lassen sich Systeme mit einer Sonderverwaltung für die Polizei von solchen unterscheiden, bei denen die Polizei in die allgemeine innere Verwaltung integriert ist. Steht im ersten Fall zumeist ein Landespolizeipräsidium an der Spitze der Polizeihierarchie, so bildet im zweiten eine Ministerialabteilung die Kompetenz für die Polizei auf Ebene der obersten Landesbehörden ab. Am Beispiel von Nordrhein-Westfalen ("Einheitsverwaltung") und Hessen ("Sonderverwaltung Polizei") werden die beiden Grundtypen der Organisation näher dargestellt: In NRW besteht zur Zeit ein dreistufiger Verwaltungsaufbau der Polizei. Die Polizeiabteilung im Innenministerium bildet nach der politisch-ministeriellen Führung die administrative Spitze. Auf der nächst unteren Ebene gibt es Polizeiabteilungen bei den fünf Bezirksregierungen sowie das Landeskriminalamt als funktionale Sonderbehörde. In den Regierungsbezirken bestehen Polizeipräsidien (zumeist in kreisfreien Städten), in den Kreisen Landratsbehörden. Diese Kreispolizeibehörden sind für den operativen Polizeidienst zuständig. Fast 50 Behörden sind in dem einwohnerstärksten Bundesland aktiv. In Hessen unterstehen dem Landespolizeipräsidium seit der Polizeireform aus dem Jahr 2001, als dieses Bundesland von der "Einheitsverwaltung" zur "Sonderverwaltung Polizei" wechselte, zehn Polizeipräsidien sowie die Polizeischule als zentrale Fortbildungsinstitution. Bei den Polizeipräsidien handelt es sich um sieben regional zuständige Behörden ("Flächenpräsidien"), die das Gesamtterritorium Hessen erfassen sowie die funktional für ganz Hessen zuständigen Präsidien für "Technik/Logistik/Verwaltung" und für "Bereitschaftspolizei" sowie das Hessische Landeskriminalamt. Das Verhältnis von 50 Behörden in NRW zu zehn Behörden in Hessen verdeutlicht, dass es unterschiedliche Polizeiphilosophien und Vorstellungen zur politischen Führung und Organisation gibt. In Hessen wird die Ansicht vertreten, dass es eine klare politische und polizeiliche Steuerungs- und Führungsstruktur geben sollte, und dass hierfür auf eine Hierarchiestufe verzichtet werden und die polizeiliche Aufgabenbewältigung flexibler und sachnäher gestaltet werden könnte. In Nordrhein-Westfalen waren und sind zumindest einige Parteien der Auffassung, dass die Anbindung an die Landräte bzw. auch die Präsidiumsorientierung an den Stadtgebieten eine größere Problemnähe, eine klarere politische Verantwortung und überschaubarere Einheiten mit sich bringe. Auch auf Behördenebene werden unterschiedliche Vorstellungen gehegt und gepflegt. Erkennbar sind zwei Grundorientierungen, die jedoch nicht in Reinform existieren: das Regionalprinzip und das Funktionalprinzip. Regionalprinzip bedeutet, dass die Behörde in örtlich zuständige Untereinheiten zergliedert wird. In NRW - so das Beispiel einer Landratsbehörde - bestanden bislang in der Abteilung Gefahrenabwehr/Strafverfolgung mehrere Polizeiinspektionen, denen Polizei (haupt)wachen (insbesondere für den Streifendienst zuständig) nachgeordnet waren und in den einzelnen Orten zudem Bezirksdienstbeamte auf Quartiersebene als Ansprechpartner zur Verfügung standen. In Hessen gliedern sich die sieben Präsidien in 21 Direktionen mit 80 Stationen und 36 Revieren sowie weiteren 29 Polizeiposten in kleineren Kommunen. Im Funktionalprinzip steht die Orientierung an den polizeilichen Fachlichkeiten im Vordergrund, wobei häufig zwischen Verwaltung, Einsatz, Kriminalitätskontrolle, Verkehrsangelegenheiten und anderen Diensten (zum Beispiel Autobahnpolizei) unterschieden wird. In der Behördenrealität werden jeweils Kombinationen beider Prinzipien vorfindbar sein. Der Blick in die Organigramme der Länderpolizeien macht deutlich, dass bei den Polizeien der Länder kaum Übereinstimmung hinsichtlich der Begrifflichkeiten der Untergliederungen besteht. Die dem hessischen Landespolizeipräsidenten unterstehenden Polizeipräsidien werden in Niedersachsen oder Baden-Württemberg Polizeidirektion genannt. Im nordrhein-westfälischen Polizeisprachgebrauch ist eine Polizeidirektion demgegenüber eine Untergliederung eines Polizeipräsidiums. Die verwirrenden Begrifflichkeiten sind Ausdruck der Organisationshoheit der Länder, die es ihnen erlaubt, nicht nur verschiedene Organisationsmodelle zu wählen, sondern auch unabhängig über Bezeichnungen zu entscheiden. Neben der Vollzugspolizei existieren in einigen Ländern "Angestelltenpolizeien" mit eingeschränkten Befugnissen und einem begrenzten Aufgabenspektrum; außerdem gibt es die Möglichkeit des ehrenamtlichen Bürgerengagements im Bereich Innere Sicherheit. Diese "Randsektoren" der Polizeiarbeit sind ein weiterer Ausdruck der Polizeihoheit der Bundesländer. Hauptamtlich tätige Angestelltenpolizeien finden sich in Berlin (Angestellte im Polizeidienst), Hamburg (Angestellte im Wachdienst), Sachsen und Hessen (Wachpolizei). Neben ihrem statusrechtlichen Unterschied zu den beamteten Polizeivollzugsbeamten verfügen sie über eine kürzere Ausbildung (9 bis 14 Wochen im Vergleich zu rund 3 Jahren) und haben auch nur eingeschränkte Kompetenzen. Sie werden überwiegend für Bewachungs- und Kontrollaufgaben (etwa Objektschutz; Verkehrskontrolle; Erkennungsdienst oder Gefangenentransporte) eingesetzt. Tendenziell handelt es sich um eine Organisationsidee konservativer Polizeipolitik, deren Ziel darin besteht, Polizeipräsenz kostengünstig und flexibel zu erhöhen und den Polizeivollzugsdienst von "einfachen" Tätigkeiten zu entlasten. In Hessen wurde dementsprechend die Wachpolizei auch nach dem Regierungswechsel von einer rot-grünen zu einer bürgerlich-liberalen Koalition 1999 zunächst als Modellversuch eingeführt, später verstetigt und ausgebaut. Auch das ehrenamtliche Engagement von Bürgerinnen und Bürgern zur Verbesserung der Inneren Sicherheit in Form von "Laienpolizeien" ist eine primär konservative Strategie der Polizeipolitik. In Hessen und Baden-Württemberg (und Berlin bis 2002) firmiert dieses Instrument unter "Freiwilliger Polizeidienst", in Bayern und Sachsen unter "Sicherheitswacht", in Brandenburg unter "Sicherheitspartner" und jüngst in Niedersachsen unter "Freiwilliger Ordnungs- und Streifendienst". Hier wird versucht, die Bereitschaft von Bürgerinnen und Bürgern, sich im Rahmen ihrer Kommune für Sicherheitsaufgaben zu engagieren, dazu zu nutzen, das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu verstärken. Am weitesten geht dabei Baden-Württemberg. Hier gehen (bewaffnete) ehrenamtliche Laienpolizisten gemeinsam mit Polizeivollzugsbeamten auf Streife. In den anderen Ländern sollen Angehörige der freiwilligen Polizei als Ansprechpartner für die Bürger fungieren; sie sollen in öffentlichen Räumen präsent sein, denen sich die Vollzugspolizei nicht widmen kann, und sie sollen bei Gefahrenlagen die professionelle Polizei schnell herbeirufen. Eine zwiespältige Haltung nehmen Polizeigewerkschaften gegenüber solchen Entprofessionalisierungstendenzen in der Polizeiarbeit ein. Insbesondere gilt dies gegenüber den Angestelltenpolizeien, die sie aus prinzipiellen Gründen ablehnen, deren Interessen sie aber auch dann vertreten müssen, wenn sie als Angehörige der Polizei selbst Gewerkschaftsmitglieder werden. Als hoheitliche Einrichtung beschäftigt die Polizei im Vollzugsdienst fast ausschließlich Beamte. Für die Beamten gilt (noch) eine weitgehend identische und im deutschen Beamtentum allgemein übliche Laufbahngliederung, die sich aufteilt in den einfachen, den mittleren, den gehobenen und den höheren Dienst. Der einfache Dienst wird in der Polizei schon lange nicht mehr besetzt und es wird auch nicht für ihn ausgebildet. Bis in die 1990er Jahre galt für den mittleren Polizeivollzugsdienst die Regel, dass nach der Ausbildung für diesen Dienst in der Bereitschaftspolizei ein Leistungs- und Bewährungsaufstieg möglich war. Die Masse der Polizistinnen und Polizisten gehörte dem mittleren Dienst an, schon deutlich weniger waren im gehobenen Dienst tätig und nur eine Spitze von unter zwei Prozent der Beamten zählte zum höheren Dienst. Interessant dabei ist, dass Bund und Länder bei der Ausbildung für den mittleren und gehobenen Polizeivollzugsdienst die volle Souveränität jeweils für sich beanspruchen, sich aber bei der Ausbildung für den höheren Polizeivollzugsdienst, also der zahlenmäßig kleineren "Polizeielite", eines Bund-Länder-Abkommens bedienen, um zumindest in diesem Sektor eine Gleichförmigkeit zu erzielen. Die Deutsche Hochschule der Polizei (früher Polizeiführungs-Akademie) in Münster-Hiltrup garantiert zentral für Deutschland ein Jahr des zu absolvierenden Studiums; ein zweites ist in den jeweiligen Entsendeländern vorgeschaltet. Einige Länder (Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen) haben sich seit den 1990er Jahren für die zweigeteilte Laufbahn entschieden, bilden also nur noch für den gehobenen und höheren Polizeivollzugsdienst aus, womit als Eingangsvoraussetzung mindestens ein Fachabitur notwendig ist. Die Polizei hat sich in diesen Ländern "akademisiert"; der Weg in die Polizei führt über ein Fachhochschulstudium. Andere Länder, wie beispielsweise Baden-Württemberg, Bayern und die meisten ostdeutschen Länder, haben sich gegen diese Variante entschieden und die dreigeteilte Laufbahn beibehalten. Gründe für dieses Festhalten sind einerseits polizeifachlicher Art (Polizei sei ein Erfahrungsberuf, verschiedene Tätigkeiten im Objektschutz und in Hundertschaften erfüllten nicht die Kriterien des gehobenen Dienstes, praxisorientierte Ausbildung sei besser möglich) und andererseits finanzieller Art, erhöht doch die Verlagerung des Beschäftigungsschwerpunkts vom mittleren in den gehobenen Dienst die Personalkosten immens. Tendenziell favorisierten sozialdemokratisch geführte Landesregierungen (auch unter Beteiligung grüner und liberaler Koalitionspartner) dabei die zweigeteilte Laufbahn, während unionsgeführte Landesregierungen am "alten" Modell der Polizeiausbildung festhielten. Eine genaue Analyse der Einführung der zweigeteilten Laufbahn ergibt aber, dass hinter diesem Prozess weniger Parteien und Regierungen mit ihrer ideologischen Färbung zu verorten sind, als vielmehr die "mächtigen" Polizeigewerkschaften, denen es in einigen Ländern gelang, politische Akteure für ihre Idee zu gewinnen. Frauen und Beamte mit Migrationshintergrund in der Polizei Eine weitere Strukturveränderung ist mit dem Einzug von Frauen in die (uniformierte) Schutzpolizei verbunden. In der Kriminalpolizei gab es schon seit den 1920er Jahren einige Frauen, aber erst ab 1978 wurden alle Länderpolizeien für Frauen geöffnet. Dieser Prozess der "Feminisierung" der Polizei wurde 1990 formal abgeschlossen, als auch Bayern erstmals Frauen in die Schutzpolizei rekrutierte. Der Beruf - traditionell ein Männerberuf - ist aber immer noch männlich geprägt: Mit ca. einem Drittel Frauen, die derzeit den Polizeiberuf ergreifen, werden jedoch sukzessiv Jahrgänge mit höherem Frauenanteil Pensionierungsjahrgänge mit geringem Frauenanteil ersetzen. Die höchsten Frauenanteile aller Länderpolizeien weisen 2006/2007 mit rund 20 Prozent Brandenburg, Sachsen, Hamburg und Thüringen auf, während im Saarland nur 10 Prozent und in Bayern 13 Prozent der Polizeivollzugsbeamten weiblich sind. Innerhalb der Organisation Polizei hat sich mit der Etablierung von Frauen ebenso ein Wandel vollzogen wie im Verhältnis zu den Bürgerinnen und Bürgern, für die die Existenz von Polizistinnen mittlerweile eine Selbstverständlichkeit ist. Die Rekrutierung von Polizeibeamten mit Migrationshintergrund war dagegen bislang weniger erfolgreich, obwohl sich die Länderpolizeien nach einem Beschluss der Innenministerkonferenz von 1993 intensiv darum bemühen. Nur etwa ein Prozent aller deutschen Polizeibeamten sind nicht deutscher Herkunft, wobei insbesondere in Ländern, die als Zugangsvoraussetzung für den Polizeiberuf ein (Fach)abitur verlangen, es weniger Bewerberinnen und Bewerber mit Migrationshintergrund gibt. In der hessischen Polizei befinden sich dabei vor allem Beamte mit einem türkischen Hintergrund oder aus Spätaussiedlerfamilien. Inwieweit "Migrationsbeamte" einen Integrationsbeitrag leisten oder die Polizeiarbeit verbessern helfen, lässt sich aufgrund ihrer geringen Zahl derzeit noch nicht feststellen. Zukunft der Länderpolizeien Aktuell sehen sich Länderpolizeien mit folgenden Problemen konfrontiert: Mit der Bundespolizei, die nach der deutschen Wiedervereinigung ihr Aufgabenspektrum ausweiten konnte, existiert heute ein Akteur, der nicht nur an den Außengrenzen Deutschlands polizeilichen Einzeldienst versieht, sondern mit der Übernahme der Bahnpolizei auch intern arbeitet (an Bahnhöfen, in der Flugsicherung) - und damit in Konkurrenz zu den Länderpolizeien. Mit der Europäisierung und Internationalisierung der Polizeiarbeit sind Kompetenzeinschränkungen für Länderpolizeien verbunden; gleichzeitig müssen Länderpolizeien (zusammen mit der Bundespolizei) aber auch Auslandseinsätze (etwa in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens) leisten, und damit Aufgaben erfüllen, auf die sie zunächst nicht vorbereitet sind. Das Anwachsen privater Sicherheitsdienste kann zwar Länderpolizeien entlasten, gleichzeitig wird dadurch ihre dominante Position auf dem Gebiet der Inneren Sicherheit tangiert. Parallel zu Verwaltungsreformen in der allgemeinen inneren Verwaltung verändern sich Länderpolizeien unter aktuellen Haushaltszwängen. Mithilfe neuer Steuerungsmodelle (etwa Budgetierung) und anderer Elemente aus der Privatwirtschaft (etwa Leitbilder für die Polizeiarbeit) soll die Polizeiarbeit optimiert werden, um als Dienstleistungsinstitution mehr Bürgernähe und Effizienz zu erreichen. Neue Elemente in den Polizeien der Länder, wie Sicherheitspartnerschaften in den Kommunen, freiwilliges Engagement der Bürgerinnen und Bürger oder die Wachpolizei als angestellte Polizei für "einfache Polizeiaufgaben" weichen die Grenzen der Polizei auf und sind Beispiele der aktuellen Polizeipolitik in den Ländern. Die Polizei als Institution und damit primär die Länderpolizeien genießen in der Bevölkerung sehr großes Vertrauen, dass nur noch vom Bundesverfassungsgericht übertroffen wird und weit vor politischen Institutionen wie dem Parlament oder den Parteien liegt. Dieser Ausdruck der rechtsstaatlichen Verankerung der deutschen Polizei steht aber in Kontrast zur schwachen politischen Kontrolle der Polizei. Polizeipolitik ist eine primär von der Exekutive geprägte und korporatistisch "versäulte" Politik, wenn der enorme Einfluss der Polizeigewerkschaften berücksichtigt wird. Abstimmungsprozesse im kooperativen Föderalismus laufen weitgehend unter Ausschluss der Landesparlamente ab, wofür die exekutiv dominierte Innenministerkonferenz ein markantes Beispiel ist. Versuche einer stärkeren (basis)demokratischen Kontrolle der Polizei in Deutschland sind größtenteils gescheitert. Institutionen wie "Polizeibeauftragte" oder "Polizeikommissionen", über die sich Bürgerinnen und Bürger direkt und ohne formalen Rechtsweg über die Arbeit der Polizei beschweren können, konnten sich nicht etablieren. Vgl. Hermann Groß/Bernhard Frevel/Carsten Dams (Hrsg.), Handbuch der Polizeien Deutschlands, Wiesbaden 2008; Bernhard Frevel/Hermann Groß, "Polizei ist Ländersache" - Politik der Inneren Sicherheit, in: Achim Hildebrandt/Frieder Wolf (Hrsg.), Die Politik der Bundesländer. Staatstätigkeit im Vergleich, Wiesbaden 2008, S. 67 - 88. Vgl. den Beitrag von Bernhard Frevel in diesem Heft. Vgl. den Beitrag von Martin H. W. Möllers und Robert Chr. van Ooyen in diesem Heft. Vgl. Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Zweiter Periodischer Sicherheitsbericht, Berlin 2006, S. 54. Vgl. den Beitrag von Michael Bäuerle in diesem Heft. Vgl. Hermann Groß/Peter Schmidt, Arbeitsbedingungen und Berufszufriedenheit in der Hessischen Wachpolizei, in: Clemens Lorei (Hrsg.), Polizei & Psychologie. Kongressband der Tagung "Polizei & Psychologie" am 18. und 19. März 2003 in Frankfurt am Main, Frankfurt/M. 2003, S. 313 - 334. Vgl. Hermann Groß, Fachhochschulausbildung in der Polizei: Lehrgang oder Studium?, in: Hans-Jürgen Lange (Hrsg.), Die Polizei der Gesellschaft. Zur Soziologie der Inneren Sicherheit, Opladen 2003, S. 141 - 155. Vgl. Hermann Groß/Peter Schmidt, Kann man Polizei studieren? Theorie und Praxis aus Sicht von Bewerbern und Absolventen, in: Jürgen Distler/Clemens Lorei/Karl-Heinz Reinstädt (Hrsg.), Festschrift zum 25-jährigen Bestehen der Verwaltungsfachhochschule in Wiesbaden, Frankfurt/M. 2005, S. 93 - 107. Vgl. Landtag von Baden-Württemberg, Drs. 14/1486 (5.7. 2007), Anlage 1, S. 7 - 8. Vgl. Hermann Groß, Zwischen Spezialität und Normalität: Migrationsbeamte in der hessischen Polizei, in: Bernhard Frevel/Hans-Joachim Asmus (Hrsg.), Empirische Polizeiforschung X: Einflüsse von Globalisierung und Europäisierung auf die Polizei, Frankfurt/M. 2008, S. 56 - 67. Vgl. den Beitrag von Wilhelm Knelangen in diesem Heft.
Article
Groß, Hermann
"2021-12-07T00:00:00"
"2011-10-05T00:00:00"
"2021-12-07T00:00:00"
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/30826/deutsche-laenderpolizeien/
Länderpolizeien bilden den Kern "eingreifenden Verwaltungshandelns" in Deutschland. Personalstärke und -struktur, Organisation, Ausbildung, Frauen und Migrationsbeamte in der Polizei sowie die aktuelle Polizeipolitik der Länder werden vergleichend an
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Zum Stand der Gleichstellungspolitik in Polen | Polen | bpb.de
Gender Mainstreaming, diversity, Gleichstellung der Geschlechter, Frauenrechte sind Menschenrechte, für gleiche Arbeit gleicher Lohn, Selbstbestimmungsrechte und viele andere Postulate sind nach wie vor aktuell, nicht nur in Bezug auf die Situation der Frauen in den neuen EU-Beitrittsländern, sondern auch auf die in den alten EU-Mitgliedsstaaten. Auf EU-Ebene müssten eigentlich Gleichstellungsbeauftragte genauso agieren, wie in manchen Ländern, wo sie sich sowohl in staatlichen als auch in privaten Institutionen und Firmen bewährt haben. Und für ihre Berufung könnten vielleicht die weiblichen EU-Abgeordneten gewonnen werden. Die Erfahrungen der polnischen Frauen seit der Wende von 1989 bestätigen diese Notwendigkeit für die neuen Mitgliedstaaten der EU exemplarisch. Verachtung der Rechte von Seiten der staatlichen Instanzen den Frauen gegenüber und mangelndes Interesse seitens der regierenden Parteien an der öffentlichen Meinung der Frauen in ihrer eigenen Sache ist in den osteuropäischen Ländern keine Seltenheit. Für Letzteres ist der Umgang der Regierungen in Polen mit dem Amt für Geschlechtergleichstellung ein Beispiel. Es wurde 2006 von der Kaczynski-Regierung aufgelöst, 2008 hat Ministerpräsidenten Tusk die Gleichstellungsbeauftragte ohne klare Kompetenzzuweisung wieder ins Amt berufen. Beides geschah ohne jegliche Konsultation von Frauenorganisationen. Es gibt auch Aktivitäten der Regierung, die wie Scheinhandlungen aussehen, wie z.B. bei der zweibändigen Publikation, die im Auftrag des Ministeriums für Arbeit und Soziales 2006 entstand. Ihr Titel lautet "Krajowy System Monitorowania Równego Traktowania Kobiet i Mężczyzn" (Landesmonitoringsystem der Gleichbehandlung von Frauen und Männern), er suggeriert die Existenz eines Monitoringsystems, was nicht stimmt. Das Ministerium behält die herausgegebenen Exemplare in einem seiner Büros zurück. Weder ihre Versendung, ihr Vertrieb noch eine Werbung dafür sind vorgesehen, angeblich wegen Geldmangel, was offiziell nicht bestätigt wird. Von der Existenz dieser Bände und der Tatsache, dass sie kostenlos abgeholt werden können, wissen nur Eingeweihte und dies nur durch die Flüsterpost. Der Bericht stellt zwar keine gender-kritische Analyse dar, bietet aber Daten, die für die Alltagspraxis der Staatsverwaltung und der NGO´s jeglicher Art behilflich sein können. Man erfährt u. a., dass die Aktivität der Frauen in allen Lebensbereichen zunimmt, während die der Männer im familiären Bereich eher abnimmt, wodurch das traditionelle Familienmodell mit der Doppelbelastung von Frauen dominant bleibt. Frauen sind im größeren Maße als Männer auf politische Konjunktur angewiesen, denn die einmal verabschiedeten Gesetze, die sie direkt betreffen, pflegen sich mit jedem Regierungswechsel zu ändern. Alimente, Mutterschaftsurlaub und vieles mehr werden gesetzlich immer wieder neu geregelt, so dass sich die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen scheuen, Arbeitsplätze mit Frauen zu besetzen. Niemand will den Vorschlag der Pflicht zum Vaterschaftsurlaub diskutieren, obwohl diese Lösung sowohl den gebärfähigen als auch den älteren Frauen helfen würde, weil die Konkurrenzfähigkeit der älteren Männer durch potenzielle Vaterschaft eingeschränkt werden könnte. Frauen NGO'S Ständige Änderungen von Vorschriften führen auch zu Turbulenzen in den Frauen-NGO´s, weil sie ihre Arbeitsschwerpunkte auf neue Problembereiche immer wieder verschieben müssen. Auch die Finanzierung von NGO´s ist davon betroffen. Außer dem einen Prozent, den jeder Pole bzw. jede Polin zugunsten dieser oder anderer Organisation von der Steuer absetzen kann, gibt es keine andere Absicherung für ihre Tätigkeit. So suchen sie meistens nach Unterstützung im Ausland, wodurch sie in den Verdacht geraten, dass sie im Dienste fremder Kulturen handeln. Und so schließt sich der Kreis unter dem Motto der kulturellen Eigenheit, mit der sich das offizielle Polen die Mängel in seiner Geschlechterpolitik auf internationalen Foren gern rechtfertigt. Wenn man aber bedenkt, dass die staatliche Unterstützung der Kampagne und Hilfe gegen die Gewaltanwendung den Frauen gegenüber 2007 in Polen sage und schreibe 40.000 Zlotys (ca. 12.000 Euro) betrug, zeugt es eher von einer Vernachlässigung der Frauenfragen als von der kulturellen Eigenheit dieses Landes. Zu seiner politischen Kultur gehört aber sicher, dass die politische Partizipation der Frauen einzig bei Wahlkampagnen diskutiert wird, denn bis heute sind die Vorschläge in diesem Bereich über eine 30%-Quotierung auf den Wahllisten einiger Parteien nicht hinausgegangen. Die Liste der nicht erledigten Probleme der Geschlechter- und Frauenpolitik in Polen, die in der politischen Rhetorik familienorientierter ist als je zuvor, ist lang. Frauen werden nur als integraler Teil einer traditionell aufgefassten Familie betrachtet. Die Familienpolitik konzentriert sich vor allem auf sie als Schwangere. Nach der Entbindung bekommen sie 1000 Złoty "Entbindungsgeld" ("Becikowe"), unabhängig von ihrer finanziellen Lage, womit die staatliche Unterstützung für sie aber schon so gut wie ausgeschöpft ist. Denn das Kindergeld, welches kinderreiche Familien bekommen, ist sehr gering bemessen und stellt eher eine symbolische denn reale Hilfe dar. In der Arbeitswelt ist die Frage der Kinderbetreuung nicht gelöst. Die Rentenversicherung ist geschlechtsspezifisch geregelt, wodurch Frauen benachteiligt sind, weil sie früher pensioniert werden und dadurch eine kürzere Arbeitszeit erreichen. Die so genannte "Frauenfrage" ist daher seit 2005 aktueller denn je geworden. Die Kommunikation zwischen der Regierung und den feministischen Nichtregierungsorganisationen (ca. 300 in ganz Polen), die sich seit Jahren um die Gleichstellung der Geschlechter in Polen bemühen, ist praktisch abgebrochen. Die Polinnen erfahren, dass die demokratische Idee der civil society als Informationsfluss und Zusammenarbeit zwischen allen politischen Strukturen praktiziert werden kann, aber nur solange der politische Wille seitens der staatlichen Macht dazu besteht. Das Diversity-Prinzip Die Gleichstellung der Geschlechter steht in keinem EU-Mitgliedstaat oben auf der Agenda. Das Thema gehört eher zum Reservoir der Stichworte für Wahlkampagnen oder des guten politischen Willens. Besonders prekär ist die Situation in Polen, wo trotz mehrmaliger Versuche seitens der Frauenorganisationen, der Parlamentarischer Frauengruppe, der früheren Gleichstellungsbeauftragten immer noch kein Gleichstellungsgesetz verabschiedet worden ist, trotz der Verpflichtung, die Polen einging. Die EU-Standards waren in Bezug auf die Geschlechtergleichstellung ein viel besseres Instrument im Dialog mit der Regierung vor dem EU-Beitritt, als danach. Seitdem die neuen Beitrittsländer wissen, dass sie sich auf diversity-Prinzip berufen können, d.h. auf kulturelle Unterschiede, handhaben sie Frauenfragen je nach eigenem Dünken. Damit hängt die Einführung des restriktiven Abtreibungsgesetzes in Polen zusammen. Es war ein deutliches Signal dafür, dass die Regierungen nach 1989 bei politischen Entscheidungen über Frauen auf ähnliche Weise wie über andere Benachteiligten, wie Pensionierte oder Homosexuelle frei verfügen wird. Sie werden nicht nach ihrer Meinung gefragt, die katholische Kirche hingegen schon. So wurde das Abtreibungsgesetz von einem Parlament (dem Polnischen Sejm) entschieden, in dem die Zahl der weiblichen Abgeordneten auf 10% gesunken war. Die politische Mündigwerdung der Gesellschaft, die mit der Wende von 1989 begann, umfasst vor allem die Männer. Kein Wunder also, dass die Verabschiedung des Abtreibungsgesetzes nicht nur eine Welle von Frauenprotesten hervorrief, sondern zur Geburtsstunde der zweiten Frauenbewegung in Polen wurde. Zweite polnische Frauenbewegung Die zweite polnische Frauenbewegung entwickelte sich von Anfang an in Form von Nichtregierungsorganisationen, die eigentlich nur in demokratischen Strukturen wirksam sein können. Ihre Aktivistinnen verstanden sich nie als eine radikale oder revolutionäre Kraft. Sie stammen zum großen Teil aus ehemaligen Solidarność-Kreisen, die ihre erste Schule einer demokratischen Debatte waren. Zum Ausgangspunkt für ihre Bemühungen nahmen sie die europäischen Standards der Geschlechterpolitik, das Pekinger Abschlussdokument "Platform for Action" und die Situation der Frauen in Polen vor 1989, vor allem das Recht auf Selbstbestimmung in Sachen Abtreibung, gesicherte Arbeitsplätze nach dem Mutterschaftsurlaub, zahlreiche Kinderkrippen und Kindergärten. All dies war in der Volksrepublik Polen eine Realität, die nach der Wende verloren gegangen ist. Als sich die Frauen für diese Ziele in den 1990er Jahren einzusetzen begannen, wurden sie kommunistischer Gesinnung bezichtigt. Die politisch aktiven Frauen wussten nach der Wende von 1989 aber sehr wohl mit der politischen Vergangenheit der Volksrepublik Polen kritisch umzugehen. Das Regime bot ihnen in den 1950er Jahren nur die Liga der Frauen als Massenorganisation und den Kreis für Landwirtinnen, wo autonomes Engagement untersagt wurde. Erst in den 80er Jahren engagierten sich Frauen politisch, vor allem nach der Internierung vieler Mitglieder von Solidarność während des Kriegszustandes, den General Jaruzelski im Dezember 1981 verhängte. Sie reaktivierten diese Gewerkschaft im Untergrund. Heute brauchen die Polinnen keinen Untergrund für ihre politische Arbeit mehr. Regionale Frauenorganisationen, wie die KARAT-Koalition, das größte Netzwerk mittel- und osteuropäischer Fraueninitiativen, oder Organisationen wie etwa NEWW-Polska in Danzig, unterstützen vor allem die Entfaltung ökonomischer Kompetenz und politischer Einflussnahme von Frauen. Sie fragen nach der geschlechtsrelevanten Rolle ausländischer Investitionen, analysieren die Wirkung der europäischen Beschäftigungsmaßnahmen auf die Arbeitsmärkte und pochen auf Gender Mainstreaming im Bereich der Haushalts- und Finanzplanung. All diese Initiativen können jedoch nur dann effektiv sein, wenn die entsprechenden Ministerien mit den Frauenorganisationen kooperieren, was einer politischen Situation bedarf, in der die regierende Elite den Bürgerinitiativen ein gewisses Maß an Kompetenz zuspricht. Andernfalls stellen diese Initiativen nur eine Nischenarbeit dar, die keinen bedeutenden Einfluss auf die Situation der Frauen haben kann. In der jetzigen Situation können sogar Frauen, die die Fraueninteressen nicht im feministischen Sinne vertreten, zur Lösung von "Frauenfragen" kaum etwas beitragen. Viele unter ihnen versuchen sich in den ProLife-Organisationen dafür einzusetzen, die sich einer starken Unterstützung der katholischen Kirche und der rechten Parteien erfreuen. Aber auch ihnen gelang es bis heute nicht, die Familienpolitik so zu beeinflussen, dass man sagen könnte, wenigstens in der Familie ist die Frauenexistenz zufriedenstellend abgesichert. 2007 rührte sich sogar unter den politisch eher indifferenten Frauen der politische Handlungswille in Form einer Frauenpartei. Sie zählt nach den Angaben der Initiativgruppe ca. 700.000 Menschen. Da die zweite Frauenbewegung Parteiaktivitäten lange Zeit ablehnte, sind diese heute für jene Frauen interessant, die von den Feministinnen nicht gewonnen werden konnten. Sie sind aber durch deren langjährige Aufklärungsarbeit für die Frauenbelange sensibilisiert, wenn auch nur beschränkt. Diese Partei ist ideologisch eindeutig auf dem rechten Flügel anzusiedeln. Sie schließt nämlich lesbische Frauen von der Mitgliedschaft aus und will Frauen nur im Kontext der Familie vertreten. Eine katholische Frauenbewegung ist dagegen in Polen bisher nicht entstanden. Sogar die Hilfestellung des Papstes Johannes Paul II. konnte dies nicht bewirken, als er den Polinnen nach der IV. Weltfrauenkonferenz von 1995 den Neuen Feminismus vorschlug, in dem die Mutter Gottes als Trägerin der weiblichen Würde und des weiblichen Genius die zentrale Rolle einnehmen sollte. Hoffen auf Druck von außen Initiativen seitens der Regierung zugunsten der Gleichstellungspolitik scheinen im Gegensatz zu sozialen Bürgerbewegungen nur dann zu funktionieren, wenn Druck von außen erfolgt. Davon zeugt die schnelle Aufnahme von Frauen in die Armee, sobald es klar wurde, dass es die Grundbedingung für die Mitgliedschaft Polens in der NATO ist. Andere Initiativen sind meistens von kurzer Dauer, wie die Geschichte des Amtes für Geschlechtergleichstellung zeigt. Seine Form ist durch die EU nicht vorgegeben. Dieser Freiraum wird durch die Regierungen aller Mitgliedsstaaten voll genutzt. In Polen wagte bis heute keine der regierenden Parteien, diese Zuständigkeiten einer Expertin zuzuweisen. So kommt es in Polen wohl am deutlichsten zum Ausdruck, wie politisch die Rolle der Gleichstellungsbeauftragten sein kann. Das politische Potenzial der Geschlechterfragen zeigt sich in den letzten Märzsitzungen des polnischen Parlaments zum Thema des Lisabonner Vertrags, das der Ratifizierung harrt. Eines der wichtigsten Argumente gegen dessen Annahme ist, dass er die Trauung von gleichgeschlechtlichen Paaren möglich macht. Was als Hoffnung bleibt, ist weiterhin eine konsequente frauenfreundliche Geschlechterpolitik der EU, der sich Polen wie jeder andere EU-Mitgliedstaat im Zuge der Modernisierung und Demokratisierung anpassen muss. Das Tempo hängt aber – wie das polnische Beispiel zeigt – davon ab, mit welchen Konsequenzen Regierungen auf nationaler Ebene zu rechnen haben, wenn sie sich gegen die EU-Gleichstellungspolitik sträuben. Aber so lange diese nicht den Status einer harten Forderung verliehen bekommt, wird sie auf nationaler Regierungsebene nicht ernst genommen.
Article
Bożena Chołuj
"2021-12-09T00:00:00"
"2011-11-17T00:00:00"
"2021-12-09T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/europa/polen/40779/zum-stand-der-gleichstellungspolitik-in-polen/
Welche Folgen hatte der EU-Beitritt für die polnischen Frauen? Wie ist es in Polen überhaupt um die Rechte der Frauen bestellt? Dies sind einige der Fragen, die Bożena Chołuj in ihrem Beitrag beantwortet.
[ "Polen", "Frauenrechte", "Gleichstellungspolitik", "Frauenbewegung", "EU-Gleichstellungspolitik" ]
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Baader-Meinhof international? | 1977 und die RAF | bpb.de
Einleitung Lange vor den Terroranschlägen der Al-Qaida in den USA am 11. September 2001 erschütterte in den 1970er und 1980er Jahren ein "hausgemachter" Terrorismus die Bundesrepublik Deutschland. Die internationale Dimension des deutschen Linksterrorismus nimmt sich auf den ersten Blick bescheiden aus, verglichen mit den Anschlägen des islamistischen Terrornetzwerks auf fast allen Kontinenten, seinen weltweit rekrutierten Kadern und seinen Nachrichtenwegen über das World-wide-web. Die Wurzeln der politisch motivierten Gewalt lagen großenteils in der Bundesrepublik, die RAF-Mitglieder waren Deutsche, und nur selten kam es zu Anschlägen jenseits der Landesgrenzen. Doch auch das Vorgehen von Roter Armee Fraktion (RAF), der "Bewegung 2. Juni" und Revolutionären Zellen (RZ) besaß eine internationale Dimension. Die politisch motivierte Gewalt gilt zumeist weniger den unmittelbar Angegriffenen selbst, sondern dem dahinter vermuteten Gegner - etwa den westlichen Demokratien und der amerikanischen Führungsmacht (dem "Imperialismus"). Gerade die RAF betrachtete sich als Teil einer weltweiten Front und pflegte intensive Kontakte zu anderen (links-)terroristischen Organisationen in Westeuropa, was in gemeinsamen Bekennerschreiben und Strategiepapieren zum Ausdruck kam. Die internationalen Verbindungen nährten Motivation und Selbstverständnis (bzw. Selbstüberschätzung) der Terroristen und waren vor allem von praktischem Nutzen. So wurden gelegentlich knappe Ressourcen wie Waffen, Sprengstoff oder Geld miteinander geteilt. Vielfach wurde im Ausland ein militärisches Training absolviert und verfolgungsfreier Aufenthalt gesucht - meist im Nahen Osten, zeitweilig aber auch in der DDR. Nachfolgend gilt es zu prüfen, wie eng und bedeutsam die internationale "Anbindung" der deutschen "Stadtguerilla" tatsächlich war, wurde darüber doch schon vielfach spekuliert. Dimensionen der Verflechtung Die deutschen Linksterroristen der 1970er und 1980er Jahre erklärten wie die studentische Protestbewegung von 1968, gegen die Ausbeutung in der "Dritten Welt" zu kämpfen, und engagierten sich international in unterschiedlichem Maße. Insgesamt blieb die "Bewegung 2. Juni" am stärksten auf ihr lokales Umfeld (in West-Berlin) konzentriert, suchte aber dennoch Unterstützung im Nahen Osten. Für ihre Vorläuferorganisation, die "Tupamaros Westberlin", hatte die palästinensische Befreiungsbewegung sogar die Rolle eines "Geburtshelfers" gespielt. Denn der Anführer der "Tupamaros", Rainer Kunzelmann, hatte im September 1969 zusammen mit anderen bei der Al-Fatah in Jordanien den Umgang mit Waffen erlernt. Auch die Ideologie der Gruppe wurde dadurch beeinflusst, und fortan war ihr der palästinensisch-israelische Konflikt wichtiger als der Vietnam-Krieg. Aufgrund von Kontakten der "Bewegung 2. Juni" zu den Palästinensern war der linksrevolutionäre Südjemen dann auch bereit, jene Terroristen aufzunehmen, die durch die Entführung des Berliner CDU-Vorsitzenden Peter Lorenz im Februar 1975 freigepresst worden waren. Die RZ suchten seit ihrer Bildung im Jahr 1973 die Kooperation mit der Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP), der zweitstärksten Fraktion innerhalb der PLO. Nach einer gemeinsamen, jedoch umstrittenen Flugzeugentführung im Jahr 1976 nach Entebbe in Uganda kam es über die Frage der internationalen Koordination zur Spaltung. Johannes Weinrich und Magdalena Kopp schlossen sich der Gruppe des Top-Terroristen "Carlos" an. Die hierarchischen Strukturen der RAF sowie ihre konspirative Abschottung hätten einer internationalen Vernetzung abträglich sein müssen. Jedoch existierte die Gruppe vergleichsweise lange, so dass sich internationale Bande entwickeln und festigen konnten. So erklärte sich die RAF zur Verbündeten der nordvietnamesischen FNL, der PLO, der nordirischen IRA und der mosambikanischen Frelimo. Der RAF-Angehörige Volker Speitel traf außerdem Vertreter der baskischen Terrorgruppe ETA. Besonders die dritte Generation der RAF pflegte mit "wechselndem Erfolg" Kontakte zu Gesinnungsgenossen in Frankreich, Belgien und Italien. Ideologisch gerechtfertigt wurde dies im so genannten Mai-Papier von 1982 mit dem angeblich notwendigen Aufbau einer gemeinsamen "antiimperialistischen Front" in Westeuropa. Doch nicht immer waren die Annäherungsversuche von Erfolg gekrönt. So benannte die RAF das Kommando beim Anschlag auf Ernst Zimmermann im Jahr 1985 nach dem getöteten IRA-Aktivisten Patsy O'Hara. Die nordirische Terrororganisation wies dies jedoch als "Schändung des Namens" zurück. Verbindungen zum Nahen Osten Da die deutsche "Stadtguerilla" ein potenzielles "revolutionäres Subjekt" hierzulande kaum finden konnte, boten sich Befreiungsbewegungen in der "Dritten Welt" als natürliche Verbündete an. Diese waren Adressaten (und Empfänger) von Zuspruch und Bestätigung, sie waren Vorbilder und Objekte der Identifikation. Die deutschen Linksterroristen stützten ihre Weltanschauung neben einem stark selektiv rezipierten Marxismus-Leninismus insbesondere auf die Befreiungsideologie aus der "Dritten Welt", etwa von Che Guevara, Ho Chi Minh, Carlos Marighella und Régis Debray. Zu Fehlwahrnehmung und Selbstüberschätzung neigend, sah die RAF in der Entstehung teilweise mächtiger Befreiungsbewegungen einen untrüglichen Beweis dafür, dass der globale gesellschaftliche Umsturz nicht mehr lange auf sich warten lassen würde. Durch ihre Anschläge auf den "Imperialismus" glaubte die RAF den "Sieg im Volkskrieg" in entfernten Erdteilen befördern zu können - und sah sich umgekehrt durch das Agieren der Befreiungsbewegungen hierzulande im Aufwind. In der Praxis schätzte die RAF, von der ersten bis zur dritten Generation, besonders die Kooperation mit der palästinensischen Befreiungsbewegung. Bereits wenige Wochen nach der Baader-Befreiung, dem inoffiziellen Gründungsdatum der RAF, reisten neben Andreas Baader auch Horst Mahler, Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin und andere zum Training bei der Al-Fatah nach Jordanien. Später suchte die RAF enge Kontakte insbesondere zum Chef der PFLP, Wadi Haddad, der vom sowjetischen KGB unterstützt wurde. In palästinensischen Trainingscamps in Jordanien, später im Südjemen und zuletzt im Libanon wurden RAF-Angehörige militärisch ausgebildet - neben Angehörigen der ETA, IRA und der Irischen Nationalen Befreiungsarmee. Bereits 1981 wurde angenommen, dass mindestens jeder zehnte deutsche Terrorist eine Ausbildung in einem palästinensischen Lager durchlaufen hatte - der tatsächliche Anteil dürfte weit höher liegen. Im Mai 1972 kam es angeblich zu einer Übereinkunft der RAF mit palästinensischen (sowie japanischen) Terroristen, sich fortan gegenseitig zu unterstützen. Als die palästinensische Terrorgruppe "Schwarzer September" kurz darauf die israelische Olympiamannschaft in München überfiel, forderte sie die Freilassung von 234 Palästinensern aus israelischer Haft, wollte aber auch Baader und Meinhof auf freiem Fuß sehen. Im Jahre 1976 sollte dann in Nairobi ein gemischtes deutsch-palästinensisches Kommando ein israelisches Flugzeug abschießen. Mit der Entführung eines Lufthansa-Verkehrsflugzeuges im Herbst 1977 griff die PFLP der deutschen Seite erneut massiv unter die Arme. Kooperation mit palästinensischen Gruppen bedeutete vor allem punktuelle Zusammenarbeit bei Anschlägen und der Ausbildung - nicht so sehr weltanschauliche Auseinandersetzung. Dass palästinensische Waffenbrüder Seite an Seite mit ihnen kämpften, bestärkte die deutschen Linksterroristen in ihrer Motivation. Dabei waren die Kräfteverhältnisse eindeutig: Die PFLP hielt tausende junger Männer unter Waffen, wohingegen die RAF wohl zu keinem Zeitpunkt mit mehr als einem Dutzend Mitglieder gleichzeitig im Nahen Osten präsent war. Allerdings waren die palästinensischen Terrorgruppen an westlichen Verbündeten interessiert, denn diese konnten zur Vorbereitung von Anschlägen viel unauffälliger durch Europa reisen. Bei den teilweise mehrmonatigen Trainingsaufenthalten in palästinensischen Camps kam es bisweilen zu konkurrierenden Loyalitäten. So schied Friederike Krabbe aus der RAF aus und blieb im Nahen Osten, weil sie sich in einen Palästinenser verliebt hatte. Krabbe ist bis heute verschwunden. Waffenbrüder in Westeuropa Anders als gegenüber den Palästinensern entwickelten sich die Kontakte der RAF zur französischen Action Directe (AD) zunächst auf einer theoretischen Ebene, bevor es in der Praxis zu gemeinsamen Aktionen kam. Bereits ihre Entstehung im Frühjahr 1979 führten die französischen Linksterroristen auch auf die als "vorbildlich" verstandene Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer zurück. Neben persönlichen Bindungen kam es zu gegenseitiger logistischer Hilfestellung wie etwa dem Austausch von Sprengstoff oder gefälschten Ausweisen. Ein gemeinsames Strategiepapier von 1985 war auf deutsch verfasst und dann schlecht ins Französische übersetzt worden, was eine "ideologische Hegemonie" der RAF und eine "weitgehende Unterordnung" der AD erkennen ließ. In diesem Jahr bekannten sich die Gruppierungen gemeinsam zu zwei Mordanschlägen in Deutschland und Frankreich, und auch ein Hungerstreik der inhaftierten Mitglieder beider Gruppen wurde zeitgleich beendet. Die Verhaftung von vier Anführern der AD im Jahr 1987 setzte den Schlussstrich unter die Kooperation. Bereits zwei Jahre zuvor hatte ebenfalls ein großer Fahndungserfolg zum weitgehenden Abbruch der Beziehungen zwischen der RAF und den belgischen Cellules Communistes Combattantes (CCC) geführt, die in den Jahren zuvor gemeinsame Erklärungen unterzeichnet und Sprengstoff gleicher Herkunft verwendet hatten. Einen vergleichsweise langen, doch nicht nur von Erfolg gekrönten Kontakt pflegte die RAF zu den italienischen Roten Brigaden. Bereits Anfang der siebziger Jahre war es zu ersten Treffen gekommen, doch war offenbar keine gemeinsame Linie gefunden worden. Die weltanschaulichen Dissonanzen resultierten wohl daraus, dass der Terrorismus insgesamt "in Italien stärker in der Gesellschaft verwurzelt (war) als in Deutschland", und so fühlten sich italienische Linksterroristen eher zur "Bewegung 2. Juni" hingezogen, die stärkere Bindungen in die linksextreme Szene besaß als die RAF. Die Entführung von Schleyer durch die RAF verärgerte den führenden Vertreter der italienischen Terrororganisation, Mario Moretti, denn angesichts der bevorstehenden Entführung des früheren Ministerpräsidenten Aldo Moro war ihm "die Show gestohlen" worden. Im Jahr 1978 wollte die RAF gemeinsam mit den Roten Brigaden den NATO-Oberbefehlshaber Alexander Haig entführen, doch letztlich kam es zu keiner Vereinbarung. Auch als sich im Folgejahr Brigitte Mohnhaupt, Werner Lotze und zwei weitere RAF-Mitglieder mit Moretti trafen, forderte dieser "Parteistrukturen" von der RAF. Dem hatte die deutsche Seite nichts entgegenzusetzen, weswegen das Gespräch ein "völliges Desaster" war. Trotz weiterer Begegnungen blieb es bei "Tauschaktionen falscher Papiere" sowie finanziellen Transaktionen im Rahmen einer "gewissen Solidarität", wie Moretti später erklärte. Noch 1986/87 wurden Terrorkommandos nach gefallenen Angehörigen der jeweils anderen Gruppe benannt; im Jahre 1988 wurde zudem ein Bekennerschreiben von beiden Seiten unterzeichnet. Dann jedoch entzweiten ideologische Differenzen und der Führungsanspruch der RAF die deutschen und die italienischen Linksterroristen. RAF und DDR-Staatssicherheit Auf der Suche nach Verbündeten richtete die RAF verstohlene Blicke auch auf das andere Deutschland. Die Linksterroristen und der SED-Staat teilten einen weltanschaulichen Grundkonsens und politische Interpretationsmuster in einer "unübersehbaren Geistesverwandtschaft". Beide sahen sich an der Seite der Befreiungsbewegungen und kämpften gegen "Imperialismus" und "Kapitalismus". Aus marxistisch-leninistischer Sicht blieb Ost-Berlin allerdings skeptisch, was die Kampfform des "individuellen Terrorismus" betraf. Und die sowjetische Maßgabe der "friedlichen Koexistenz" respektierte die RAF ebenso wenig wie die führende Rolle der kommunistischen Parteien. Als im April 1970 in Guatemala eine linksgerichtete Guerilla den bundesdeutschen Botschafter, Karl Graf Spreti, ermordete, begrüßte dies das "Neue Deutschland" - und die Baader-Meinhof-Gruppe fasste dies wiederum als Bestätigung auf. Als die RAF im August vom militärischen Training in Jordanien zurückkehrte, traf Hans-Jürgen Bäcker als erster in Berlin-Schönefeld ein. Dort wurde er wegen einer mitgeführten Pistole zwar festgenommen, berichtete anschließend jedoch freizügig über die Tatbeteiligungen wie auch über die weiteren Pläne der Gruppe und wurde freigelassen. Meinhof selbst flog ein paar Tage später zurück und ersuchte beim Zentralrat der FDJ darum, die "Organisierung des Widerstandes in West-Berlin" von der DDR aus betreiben zu können. Doch Meinhof wurde hingehalten und am nächsten Tag nicht mehr über die Grenze gelassen - zu einem Pakt war das SED-Regime (noch) nicht bereit. Hätte es Meinhof erneut versucht, wäre sie vermutlich ebenfalls verhört und abgeschöpft worden. Trotz der Ablehnung ließ die Baader-Meinhof-Gruppe die Hoffnung jedenfalls nicht fahren und schrieb zwei Jahre später, ihr Ziel sei "ein einheitliches sozialistisches Deutschland, mit der Arbeiterklasse der DDR und ihrer Partei, und niemals gegen sie". Die zweite Generation der RAF stand Ost-Berlin zunächst gleichgültig, teilweise sogar kritisch gegenüber. Weiterhin profitierten die steckbrieflich gesuchten Terroristen jedoch von den Reisemöglichkeiten über Schönefeld. Weil sie gefälschte Personaldokumente verwendeten, schlüpften sie manchmal sogar unerkannt durch die Grenze. Das RAF-Mitglied Willy Peter Stoll wurde zwar einmal angehalten, nach Feststellung seiner wahren Identität jedoch umgehend freigelassen. Ähnliche Erfahrungen machte im Frühjahr 1978 Inge Viett. Ihr wurde Reisefreiheit zugesichert. Als ihr Kampfgefährte Till Meyer im Mai 1978 gewaltsam aus dem Gefängnis in Moabit befreit wurde, konnten die Täter so über Ost-Berlin entkommen. Und als Viett einen Monat später in Prag festgenommen wurde, organisierte das Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) sogar ihre Freilassung. Die mittlerweile zur RAF gewechselte Viett wurde zur Mittelsperson, als zunächst acht Gruppenmitglieder Anfang 1980 ein sicheres Aufnahmeland suchten. Viett sollte mit Hilfe Ost-Berlins den Kontakt zu einem linksrevolutionären Staat (wie Algerien, Mosambik oder den Kapverdischen Inseln) herstellen. Nun bot das MfS an, die Betreffenden in die DDR aufzunehmen. Werner Lotze, Silke Maier-Witt, Susanne Albrecht, Monika Helbing, Ekkehard von Seckendorff-Gudent, Christine Dümlein, Sigrid Sternebeck und Ralf Baptist Friedrich erhielten im Oktober 1980 in der DDR eine neue Identität. Als Nachzügler folgten Henning Beer und Viett. Zunächst wurden die Aussteiger in so genannten Operativen Personenkontrollen bearbeitet, dann teilweise als Inoffizielle Mitarbeiter (IM) angeworben. Die problemlose Aufnahme weckte "das politische und materielle Interesse der RAF". Zwischen 1980 und 1982 kamen so zwei- bis dreimal jährlich die RAF-Angehörigen Christian Klar, Adelheid Schulz, Helmut Pohl und die damals noch aktive Inge Viett in die DDR. Die Untergrundkämpfer seien dort regelrecht "aufgepäppelt" worden, so ein dafür Verantwortlicher. Die Staatssicherheit habe zudem über geheimpolizeiliche Kanäle in den Fahndungscomputern des Bundeskriminalamts prüfen lassen, welche gefälschten Ausweise der Linksterroristen im Westen zu einer Verhaftung führen könnten, und sie vor deren weiterer Verwendung gewarnt. Als "vertrauensbildende Maßnahme" habe das MfS mindestens zweimal ein militärisches Training organisiert: "Inge Viett hat gut geschossen, Pohl hat schlecht geschossen und Klar normal." Bei den Schießübungen wurde ein Schäferhund in einem Mercedes angekettet, um die Wirkung einer Panzerfaust auf lebende Objekte zu testen. Aus Furcht, die DDR könne der Unterstützung des internationalen Terrorismus bezichtigt werden, tendierte das MfS zunehmend zu einer vorsichtigeren Linie - und hielt die Linksterroristen hin. "Wir hätten - statt mit ihnen zu reden - [zuletzt] auch das Neue Deutschland' lesen können", stellte Helmut Pohl enttäuscht fest. So ging die "RAF-Stasi-Connection" 1983/84 teilweise in die Brüche. Gegenüber der dritten Generation der RAF lautete jetzt die Maxime, neu bekannt gewordene Mitglieder "zur Verhinderung von Diskriminierungs- und Diffamierungsmaßnahmen des Gegners gegenüber der DDR unter operative Personenkontrolle" zu stellen. Um die Verbindungen zu verschleiern, kamen Inoffizielle Mitarbeiter wie der Ex-Terrorist Till Meyer zum Einsatz. Er sollte im Auftrag des MfS "falsche Fährten" legen, wenn Journalisten den Aufenthalt der RAF-Aussteiger recherchieren wollten und ihn deswegen als "Insider" kontaktierten. Trotz dieser Absicherung wurde 1986 die Identität von Maier-Witt, Albrecht und Viett bekannt. Maier-Witt waren westliche Geheimdienste auf die Spur gekommen. Daher musste sie ihr bisheriges Umfeld über Nacht verlassen und abermals eine neue Identität annehmen. Im Jahr 1987 fragte das Bundeskriminalamt in Ost-Berlin nach, 1988 sogar die Bundesregierung, ohne jedoch über Beweise zu verfügen. Auch im Umfeld von Albrecht wucherten 1986 Gerüchte, doch die Staatssicherheit drohte ihren misstrauischen Arbeitskollegen mit strafrechtlicher Verfolgung. Viett wurde 1986 von einer Bekannten bei einer Westreise auf einem Fahndungsplakat erkannt - und erhielt von der Staatssicherheit eine neue Identität. Während sich die RAF offen zu ihren Verbindungen mit palästinensischen und anderen "Befreiungsbewegungen" bekannte, stellte sie die Unterstützung durch das MfS auch nach dem Untergang der DDR in Abrede. Die deutschen Linksterroristen wollten wohl als politisch unabhängig gelten und mit der Spießbürgerlichkeit sowie dem Dogmatismus des erstarrten Einheitssozialismus nicht in Verbindung gebracht werden. Schluss Die internationalen Kontakte der RAF waren weltanschaulich, psychologisch und praktisch bedeutsam: Ihre Kampfgefährten suggerierten die Einbindung in eine weltweite Front (die nie existierte). Die Trainingscamps waren unverzichtbar, um den Umgang mit Waffen zu erlernen. Die Unterstützung durch palästinensische Kräfte hat den Aufbau einer deutschen Stadtguerilla erheblich erleichtert, und die spätere Protektion durch das MfS der DDR hat ihren Fortbestand mit ermöglicht. Trotzdem operierte die RAF "immer selbständig" und hat "ihre Unabhängigkeit nie beschränkt". Die externe Unterstützung kann nicht als primäre Ursache des Linksterrorismus in der Bundesrepublik gelten. Fahndungserfolge in mehreren europäischen Staaten Ende der 1980er Jahre beschnitten die internationalen Verbindungen der RAF. Von den inhaftierten Gesinnungsgenossen waren nur noch Solidaritätsadressen zu erwarten, jedoch keine praktische Unterstützung mehr. Endgültig in die Isolation geriet die RAF aber erst, als sie nach der so genannten Kinkel-Initiative auf eine moderatere Linie einschwenkte und im Jahr 1992 auf Gewalt gegen Menschen verzichtete. Diesen Kurswechsel geißelten die Action Directe, die Roten Brigaden und die Cellules Communistes Combattantes als konterrevolutionäres Einknicken vor dem Gegner. Vgl. Ulrich Schneckener, Transnationaler Terrorismus. Charakter und Hintergründe des "neuen" Terrorismus, Frankfurt/M. 2006, S. 12 - 14. Vgl. u.a. Peter Waldmann, Terrorismus. Provokation der Macht, München 1998, S. 12 - 13. Vgl. u.a. Oliver Tolmein, Vom Deutschen Herbst zum 11. September. Die RAF, der Terrorismus und der Staat, Hamburg 2002. Vgl. die teilweise spekulativen Studien von Michael Müller/Andreas Kanonenberg, Die RAF-Stasi-Connection, Berlin 1992, sowie Claire Sterling, The terror network. The secret war of international terrorism, New York 1981. Vgl. dazu Bob Woodward, Geheimcode Veil. Reagan und die geheimen Kriege der CIA, München 1987, S. 150 - 154. Vgl. Konrad Hobe, Zur ideologischen Begründung des Terrorismus (hrsg. vom Bundesministerium der Justiz), Bonn 1979, S. 23. Wanda von Baeyer-Katte, Agitatorischer Terror und dessen Wirkung in sozial-psychologischer Sicht, in: Hans Maier (Hrsg.), Terrorismus. Beiträge zur geistigen Auseinandersetzung, Mainz 1979, S. 17. Vgl. Ralf Reinders/Ronald Fritzsch, Die Bewegung 2. Juni. Gespräche über Haschrebellen, Lorenzentführung, Knast, Berlin 1995, S. 29. Vgl. Der Blues. Gesammelte Texte der Bewegung 2. Juni, o.O., o.J., Bd. 1, S. 82f. Vgl. u.a. Oliver Schröm, Im Schatten des Schakals. Carlos und die Wegbereiter des internationalen Terrorismus, Berlin 2002, S. 125. Vgl. Christopher Daase, Die RAF und der internationale Terrorismus, in: Wolfgang Kraushaar (Hrsg.), Die RAF und der linke Terrorismus, 2 Bde., Hamburg 2006, S. 905. Vgl. O. Tolmein (Anm. 3), S. 70. Vgl. Volker Speitel, Wir wollten alles und gleichzeitig nichts, in: Der Spiegel, (1980) 33, S. 33. Vgl. Alexander Straßner, Die dritte Generation der Roten Armee Fraktion. Entstehung, Struktur und Zerfall einer terroristischen Organisation, Wiesbaden 2003, S. 299. Zit. in: Der Spiegel, (1986) 29, S. 28. Vgl. u.a. Alex Schubert, Stadtguerilla. Tupamaros in Uruguay. Rote Armee Fraktion in der Bundesrepublik, Berlin 1971, S. 7 - 26. Vgl. Gerd Langguth, Guerilla und Terror als linksextremistische Kampfmittel. Rezeption und Kritik, in: Manfred Funke (Hrsg.), Extremismus im demokratischen Rechtsstaat. Ausgewählte Texte und Materialien, Düsseldorf 1978 (Schriftenreihe der bpb 122), S. 114. Vgl. Friedhelm Neidhardt, Soziale Bedingungen terroristischen Handelns. Das Beispiel der "Baader-Meinhof-Gruppe" (RAF), in: Wanda von Baeyer-Katte/Dieter Claessens/Hubert Feger u.a. (Hrsg.), Gruppenprozesse (Analysen zum Terrorismus 3, hrsg. v. Bundesministerium des Innern/BMI), Opladen 1982, S. 357. Vgl. Butz Peters, Tödlicher Irrtum. Die Geschichte der RAF, Berlin 2004, S. 732. Vgl. Stefan Aust, Der Baader Meinhof Komplex, Hamburg 1986, S. 103 - 105. Vgl. Christopher Andrew/Wassili Mitrochin, Das Schwarzbuch des KGB II. Moskaus Geheimoperationen im Kalten Krieg, Berlin 2006, S. 360 - 378. Protokoll der Vernehmung von Peter-Jürgen Boock am 1.4. 1992. Vgl. Gerhard Schmidtchen, Terroristische Karrieren. Soziologische Analyse anhand von Fahndungsunterlagen und Prozessakten, in: Herbert Jäger/ders./Lieselotte Süllwold, Lebenslaufanalysen (Analysen zum Terrorismus 2, hrsg. vom BMI), Opladen 1981, S. 54. Vgl. Simon Reeve, Ein Tag im September. Die Geschichte des Geiseldramas bei den Olympischen Spielen in München 1972, München 2006, S. 67. Vgl. Tobias Wunschik, Baader-Meinhofs Kinder. Die zweite Generation der RAF, Opladen 1997, S. 264 - 275. Vgl. Ch. Daase (Anm. 10), S. 909. Vgl. Protokoll (Anm. 21). Vgl. Ch. Daase (Anm. 10), S. 910. Vgl. A. Straßner (Anm. 13), S. 623. Vgl. Dieter Pass, Frankreich: Der integrierte Linksradikalismus, in: Henner Hess (Hrsg.), Angriff auf das Herz des Staates. Soziale Entwicklung und Terrorismus, Bd. 2, Frankfurt/M. 1988, S. 267. Vgl. A. Straßner (Anm. 13), S. 304, S. 307. Vgl. Alberto Franceschini/Pier Vittorio Buffa/Franco Giustolisi, "Das Herz des Staates treffen", Wien 1990, S. 62 - 64. Henner Hess, Italien: Die ambivalente Revolte, in: ders. (Anm. 29), S. 14. Vgl. A. Franceschini (Anm. 31), S. 63. Vgl. Valerio Morucci, "Die RAF und wir - feindliche Konkurrenten", in: Der Spiegel, (1986) 31, S. 106 - 114. Vgl. T. Wunschik (Anm. 24), S. 387 - 389. Rossana Rossanda/Carla Mosca, Mario Moretti. Eine italienische Geschichte, Hamburg 1996, S. 211; vgl. auch Anna Laura Braghetti, "Die Antwort hieß: Mord", in: Der Spiegel, (1998) 11, S. 150 - 152. Vgl. B. Peters (Anm. 18), S. 640, S. 743. Uwe Backes, Bleierne Jahre. Baader-Meinhof und danach, Erlangen 1991, S. 200. Vgl. Martin Jander, Differenzen im antiimperialistischen Kampf. Zu den Verbindungen des Ministeriums für Staatssicherheit mit der RAF und dem bundesdeutschen Linksterrorismus, in: W. Kraushaar (Anm. 10), S. 698, S. 705. Vgl. Neues Deutschland (ND) vom 7.4. 1970, S. 6; ND vom 8.4. 2007, S. 6. Zur Reaktion der RAF: unveröff. Ms., Mai 1972, zit. in: Iring Fetscher/Herfried Münkler/Hannelore Ludwig, Ideologien der Terroristen in der Bundesrepublik Deutschland, in: Iring Fetscher/Günter Rohrmoser (Hrsg.), Ideologien und Strategien (Analysen zum Terrorismus 1, hrsg. vom BMI), Opladen 1981, S. 217. Es ist unklar, ob der an die Partei der Arbeit Nordkoreas gerichtete Brief abgesendet wurde. Vgl. Die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen (BStU), MfS, Hauptabteilung (HA) IX 16906; S.Aust (Anm. 19), S. 114. Vgl. BStU, Zentralarchiv (ZA), HA XX AIG 496, Bl. 17 - 19; AKK 10454/76, Bl. 27. RAF, unveröff. Ms. (Anm. 40). Vgl. Gert Schneider/Christof Wackernagel, Der Prozeß gegen Christof und Gert ist ein Prozess gegen die RAF. Dokumentation zum Düsseldorfer RAF-Prozess, Teil III, hrsg. v. M.A.W. Hanegraaff van de Colff, Amsterdam 1980, S. 19. A[auswerungs und]I[nformations]G[ruppe] der Hauptabteilung P[ersonen]S[chutz], Operativer Auskunftsbericht über anarchistische Gruppierungen in Westberlin vom 12.2. 1975; BStU, ZA, ZAIG 14967, Bl. 68 - 77. Vgl. Volker Speitel, Ich mach das Affentheater nicht mehr mit, in: Stern, (1981) 35, S. 141. Vgl. u.a. Peter Siebenmorgen, "Staatssicherheit" der DDR. Der Westen im Fadenkreuz der Stasi, Bonn 1993, S. 227. Vgl. Inge Viett, Nie war ich furchtloser. Autobiographie, Hamburg 1996, S. 196. Information zu Aktivitäten von Vertretern der palästinensischen Befreiungsorganisation in Verbindung mit internationalen Terroristen zur Einbeziehung der DDR bei der Vorbereitung von Gewaltakten in Ländern Westeuropas, Berlin 3.5. 1979, in: BStU, ZA, HA XXII 18613, Bl. 287. Vgl. Tobias Wunschik, Magdeburg statt Mosambique, Köthen statt Kap Verden. Die RAF-Aussteiger in der DDR, in: Klaus Biesenbach (Hrsg.), Zur Vorstellung des Terrors: Die RAF-Ausstellung, Bd. 2, Göttingen 2005, S. 236 - 240. 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Article
Wunschik, Tobias
"2021-12-07T00:00:00"
"2011-10-05T00:00:00"
"2021-12-07T00:00:00"
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Die RAF, die "Bewegung 2. Juni" und die Revolutionären Zellen verfügten über internationale Verbindungen. Anfang der 1980er Jahre wurde die RAF vom MfS der DDR protegiert.
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Literatur- und Datenquellenverzeichnis (gesamt) | Verteilung von Armut + Reichtum | bpb.de
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"2021-12-22T00:00:00"
"2018-07-11T00:00:00"
"2021-12-22T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/soziale-lage/verteilung-von-armut-reichtum/272475/literatur-und-datenquellenverzeichnis-gesamt/
Hier finden Sie das Literatur- und Quellenvberzeichnis zum bpb-Dossier "Verteilung von Armut + Reichtum".
[ "Literaturverzeichnis", "Datenquellen", "Arm und Reich" ]
30,130
Gedächtnis im Zeitalter der Globalisierung | Holocaust und historisches Lernen | bpb.de
Kann Erinnerung überhaupt mit Globalisierung in Zusammenhang gebracht werden? Ist nicht gerade die ‚kollektive Erinnerung‘ bestimmend für das ‚Lokale‘, das sich der Globalisierung Widersetzende? Mit diesen Fragen leitete ich 2001 einen Artikel in dieser Zeitschrift ein. Die Fragen sind noch immer aktuell: Bedeutet eine globalisierte Welt also eine "Menschheit ohne Erinnerung"? Zusammen mit meinem Kollegen Daniel Levy habe ich schon vor einiger Zeit die These entwickelt, dass es eine kennzeichnende Form kollektiver Erinnerung im Zeitalter der Globalisierung gibt. Im Folgenden werde ich der Frage nachgehen, was diese Annahme mit Blick auf Identität im globalen Zeitalter bedeutet und inwiefern sich daraus Prinzipien für eine neue Politik ableiten lassen. Kosmopolitisierung der Erinnerung Beginnen wir im "kleinen" europäischen Rahmen. Wer nach der Europäisierung nationaler Erinnerungskulturen fragt, stößt in der einschlägigen Literatur auf einen bemerkenswerten Grundzug. In den entsprechenden Studien wird zumeist davon ausgegangen, dass die Beziehung zwischen Europa und dem Nationalen meist (mehr oder weniger unausgesprochen) auf ein gemeinsames europäisches Gedächtnis und eine entsprechende Identität zuläuft. Im Kern wird also stillschweigend unterstellt, dass sich Europäisierung nach dem Modell der vergrößerten Nationalstaatsbildung im 19. Jahrhundert vollzieht – oder eben nicht. Entsprechend wird die Frage der europäischen und der nationalen Identifikationen und Identitäten meistens in sich gegenseitig ausschließenden Kategorien begriffen. Patriotische Europäer sind demnach also keine "Kosmopoliten", sondern entweder national oder europäisch – als ob es sich hierbei um ein dichotomisches Gegensatzpaar handle. Es ist klar, dass der nationale Referenzrahmen nach wie vor dominant und relevant ist. Was jedoch bezeichnend zu sein scheint, und ebenso typisch wie problematisch, dass in diesen Untersuchungsergebnissen das Nationale als getrennt, ja sogar als antithetisch zum Europäischen und Globalen begriffen wird. Diese zumeist unreflektiert vorausgesetzte Entweder-oder-Logik des Nationalen und des Transnationalen kennzeichnet einen Grundzug eines großen Teils der sozialwissenschaftlichen Forschung zu Fragen europäischer Gedächtniskulturen und Identifikationen. Mit anderen Worten: Auch dieser Teil der sozialwissenschaftlichen Forschung und Diskussion vollzieht sich im epistemologischen Gefängnis des "methodologischen Nationalismus", indem davon ausgegangen wird, dass das "Nationale" das Schlüsselprinzip und die Messlatte ist und bleibt für die Untersuchung von sozialen, ökonomischen, politischen und kulturellen Prozessen. Diese Gleichsetzung von Gesellschaft und Nation kennzeichnet auch das Konzept der "kollektiven Erinnerung": Offizielle und öffentliche Erinnerungsdiskurse werden demnach sowohl theoretisch als auch empirisch innerhalb des nationalen Containers angesiedelt. Sie stehen danach zum einen im Widerspruch zur Signatur der neuen Uneindeutigkeit, die seit Anfang des 21. Jahrhunderts prägend geworden ist, zum anderen zu den Wirklichkeiten der Europäisierung, verstanden als Erinnerungskulturen, die sich jenseits dieses Rahmens bewegen. Hier geht es nicht um das eigentlich Geschehene, sondern um die politischen Konsequenzen des möglichen Geschehenen. Damit öffnet sich ein neuer Raum, ja, vielleicht handelt es sich sogar um einen Meta-Wandel nationaler Erinnerungslandschaften inner- und außerhalb Europas. Um das sozialwissenschaftlich untersuchen zu können, bedarf es eines methodologischen und theoretischen Perspektivwechsels. Wie in der wachsenden Literatur zu einem sozialwissenschaftlich erneuerten Kosmopolitismus argumentiert wird, ist es dafür notwendig, ein analytisches Verständnis von "moderner Gesellschaft" zu entwickeln. Hierfür gilt es, die Ontologie des Nationalen abzustreifen und den erkenntnistheoretischen Horizont zu öffnen. Dabei will ich hier gar nicht die kontinuierliche Relevanz nationaler Orientierungen oder Erinnerungen infrage stellen. Vielmehr liegt die Bedeutung länderspezifischer Erfahrungen nicht darin, warum und wie das Nationale dominant bleibt, sondern darin, wie europäische Referenzen und Identifikationen in das politisch-kulturelle Skript der Nationen inkorporiert werden und so das Nationale transformiert wird. Entscheidend ist, das Europäische und das Nationale nicht als sich ausschließende Dichotome vorauszusetzen, sondern als sich wechselseitig ergänzende und verändernde Momente zu begreifen: Europäische Identifikationsmerkmale werden zum integralen Teil nationaler Diskurse und problematisieren und reformulieren auf diese Weise die Sinngehalte des Nationalen. Diese Kosmopolitisierung der nationalen europäischen Identitätslandschaften wird unter anderem durch das, was man den weltkulturellen Gedächtnisimperativ nennen könnte, vorangetrieben. Dieser findet seinen Ausdruck in einem spezifischen Satz von politischen und normativen Erwartungen, die dazu auffordern, sich mit den dramatischen Ungerechtigkeiten und Verletzungen der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Das europäische Phänomen des "Nie wieder!", das aus den moralischen Belastungen des Zweiten Weltkriegs hervorgeht, wird somit zur politischen Herausforderung. Erinnerungen als Dämonen Aber dort beginnt es. Die Erinnerungen an den Holocaust haben sich verallgemeinert und verwandelt in einen universalen Code, was gleichbedeutend ist mit einem Imperativ, vergangenes Unrecht – sowohl legal als auch in Formen und Normen des Erinnerns – immer aufs Neue ins Gedächtnis zu rufen und wachzuhalten. Während dieser Gedächtnisimperativ aus der Zentralität der Holocausterinnerungen in den 1990er Jahren hervorging, ist dieser nun ein dekontextualisierter Code geworden für Menschenrechtsverletzungen im Allgemeinen. Die Folge ist: Europäische Nationalstaaten engagieren sich (oder wenigstens sehen sie sich mit dieser Erwartung konfrontiert) in der Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Geschichte – und zwar in der skeptischen Auseinandersetzung mit dieser. Aus dem "Nie wieder" bildet sich eine eigene Ethik heraus. Während traditionelle Gedächtnisnarrative geschichtliche Ereignisse im Lichte eines nationalen Gründungsmythos beleuchten und organisieren, decken derartige skeptische Geschichtsnarrative auch Ereignisse auf, die in der Vergangenheit begangene eigene Untaten ins Zentrum rücken. Erinnerungen werden so gleichsam zu Dämonen, zu Zwischenwesen, die sich in einem Bereich zwischen Geschichte und Gegenwart, Zeit und Raum, dem Unwirklichen und Wirklichen bewegen. Sie sind wie Geister, die zwischen Leben und Tod wandeln. Shakespeare drückte es so aus: "Die Zeit ist aus den Fugen" – so erschrickt sich Prinz Hamlet, als er mit dem Geist seines Vaters konfrontiert wird. Diese Dämonen können auch "unbestimmt" handeln, unerwartet auftauchen und somit letztlich Politik beeinflussen. In der Erinnerung können mehrere Geschichten und damit auch Universalismus und Partikularismus, das Allgemeine und das Besondere gleichzeitig existieren. Die konkreten und abstrakten Geister, die durch die Erinnerung hervorgerufen werden, sind weder menschlich noch heilig und verwahren sich jeglicher Form von Abschluss oder Festlegung. Sie sind ständig im Fluss, werden permanent verhandelt, verändert und verändern ihrerseits – zum Beispiel die Politik, die Teil der Verhandlung und Unterhaltung ist. Sie bewohnen einen Raum, den man thirdspace nennen kann, wo Raum, Kultur und Geschichte miteinander verschmelzen. Es handelt sich hier also nicht um am Ort gebundene Geschichte, sondern um die ständige Ambivalenz von Ort und Zeit. Die alltäglichen Erfahrungen und die unendliche Geschichte laufen hier zusammen. Aber auch diese Geister müssen sich einer rituellen Ordnung unterwerfen (durch Museen, Denkmäler, politische Debatten, Gerichtsverhandlungen, Abhandlungen wie diese). So entsteht eine Stimmenpluralität, die integraler Bestandteil der Erinnerungspolitik ist. Diese Stimmen machen uns ständig Angebote, die miteinander verbinden und gegenseitig trennen, die national und transnational sein können, sowohl als Teil der Hoch- als auch der populären Kultur. Folgerungen aus dem Gedächtnisimperativ "Nie wieder!" Erinnerung bewegt sich somit im Zwischenraum – so wie auch Geister zwischen Menschen und Göttern "leben". Wie Furien wettern die Geister gegen das Vergessen der Toten – unabhängig davon, ob es sich nun um Opfer des Holocaust, "Verschwundene" in Lateinamerika, von Francos Falangisten ermordete Oppositionelle in Spanien oder Opfer kommunistischer Säuberungen in der ehemaligen Sowjetunion handelt. Diese Geister haben oft die gleiche Botschaft: "Nie wieder!" Die Politik des "Nie wieder" ist somit nicht nur ein hehres Ideal, das von menschlicher Größe ausgeht, sondern eine klare Forderung – und eine Herausforderung an unser Leben. Es geht darum, wie man nach der Katastrophe weiterleben kann. Wenn eine solche Politik in irgendeiner Form überhaupt Sinn ergibt, dann nur, wenn sowohl das Allgemeine als auch das Besondere bewahrt bleiben, ohne dass man Gefahr läuft, das eine auf das andere zu verkürzen. Damit wird auch eine neue Zeit – thirdtime – erzeugt, die irgendwo zwischen Vergangenheit und Zukunft "nicht" verankert ist. Es ist daher lebensnotwendig, transnationale Debatten historisch einzubetten und zu verankern. Das gilt insbesondere auch für Diskussionen über transnationale Gerechtigkeit, in denen es über europäische Ansätze hinausgehen soll und bei denen es auch um die "Traditionen der Unterdrückten" geht. Partikulare Stimmen, also Stimmen von Minderheiten, sind daher historisch und theoretisch notwendig. Wer sich auf partikulare Traditionen berufen will, findet seinen Blick auf Katastrophen gerichtet. Es gibt nicht mehr die gemeinsame "abendländische Welt", keinen gemeinsam geglaubten Gott, kein allgemeingültiges Menschen- oder Weltbild. Ein gemeinsames Bewusstsein lässt sich nur durch Negationen charakterisieren: durch die Erfahrung des Zerfalls der geschichtlichen Erinnerung, durch den Mangel eines herrschenden Grundwissens, durch die Ratlosigkeit in Bezug auf die absolute Ungewissheit der Zukunft. Und hier beginnt die Politik des "Nie wieder" im Sinne einer historisch-pragmatischen Politik, deren Gültigkeit und Geltung zwar aus der Erfahrung historischer Katastrophen erwächst, aber immer erst gegen Widerstände erarbeitet, ja erkämpft werden muss. Angesichts gravierender Menschenrechtsverletzungen im Kosovo entschied sich 1999 die Bundesrepublik Deutschland im Zusammenspiel mit den USA und anderen NATO-Partnern, ohne UN-Mandat militärisch in den Konflikt zwischen Serbien (als Teil der Bundesrepublik Jugoslawien) und Kosovo-Albanern einzugreifen, um metaphorisch oder praktisch ein neues "Auschwitz" zu verhindern (so der damalige Außenminister Joschka Fischer). Auch im intellektuellen Umfeld wurde die Beteiligung Deutschlands unter anderem von Jürgen Habermas und Ulrich Beck erinnerungspolitisch gerechtfertigt: Hier wurde also die Politik des "Nie wieder" auf die Erwartung der Zukunft angewendet. Dies führte in Deutschland zwar zu erbittertem Widerstand, erzeugte aber auch Konsens. Die Intervention selbst wurde zum ersten Krieg des linken Milieus und hat bis heute erinnerungspolitische Konsequenzen. Die Verletzung des Weltbürgerrechts durch einen nationalstaatlichen Akteur (hier: Jugoslawien) bildete somit den Ansatzpunkt, um dem gleichsam "embryonalen" Weltrecht zum Durchbruch beziehungsweise zu seiner "Geburt" zu verhelfen. So materialisierten sich die Geister und wurden dadurch zur kosmopolitischen Erinnerung. Dieses "Nie wieder" hallt bis heute nach, ob nun über die Intervention in Syrien oder um die Aufnahme von Flüchtlingen in Europa diskutiert wird. Vielfalt der Erinnerungen teilen Kosmopolitische Erinnerung – als Folge des Gedächtnisimperativs "Nie wieder" – setzt voraus, dass die Geschichte und die Erinnerungen der "Anderen" anerkannt werden. Dieser kosmopolitische Moment, die eigene Geschichte auch mit den Augen der Anderen zu sehen, ist zu einer wichtigen Quelle der inneren und äußeren Legitimation staatlichen Handelns geworden. Entsprechendes gilt für die Signatur des Europäischen in den nationalen Erinnerungslandschaften Europas. Es handelt sich hier um einen reflexiven Partikularismus der Erinnerung. Dies bedeutet, dass der Nationalstaat in den entstehenden transnationalen europäischen Erinnerungslandschaften aufgewertet wird. Allerdings kann diese Entwicklung weder reduziert werden auf die Persistenz noch auf den Bedeutungsverlust des Nationalismus; vielmehr zeigt sie, dass das Nationale selbst neu verhandelt und definiert wird. Kosmopolitisierung besteht somit nicht darin, dass ein einheitlicher europäischer Erinnerungsdiskurs sich durchsetzt, sondern darin, dass widerstreitende Elemente und Momente in spezifischen Formen des Sowohl-als-auch nebeneinander praktiziert oder auch miteinander verbunden werden. In diesem Sinne drückt sich die Praxis des reflexiven Partikularismus darin aus, dass erstens Prinzipien der Erinnerungsarbeit geteilt werden, die zweitens affirmative und ambivalente Wahrnehmungen und Bewertungen des Europäisch-Seins enthalten, drittens zugleich allerdings auch skeptische Narrative über die Nation (in denen zum Beispiel Täterschaft thematisiert wird), und viertens auch ein Perspektivwechsel praktiziert wird, der sich mit dem Blick der Anderen auf geschichtliche Ereignisse auseinandersetzt. Die verschiedenen Erinnerungen an den Holocaust sind der Schlüssel für diese Politik; gemeinsam geteilt schaffen sie die Grundlage für eine neue kosmopolitische Erinnerung, die über ethnische und nationale Grenzen hinausgeht. Erinnerungen an den Holocaust sind im Laufe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich ausgefallen. Mit der wachsenden Verbreitung von Bildern hat es eine zunehmende massenmediale Durchwirkung von Holocausterinnerungen gegeben. Das soll nicht zu dem Fehlschluss führen, dass globale Symbole überall die gleiche Bedeutung hätten. Aber nicht nur der Ort verliert an nationaler Bedeutungskraft. Die nationalstaatliche Zeit, die ethnische Zeit, ja das Gedächtnis schlechthin wird durch globale Prozesse rasender. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verlieren ihre verorteten Verknüpfungen. Unter anderem Migration, Medien und Massenkultur sorgen dafür, dass "unsere" Vergangenheit plötzlich auch "deren" Zukunft wird. Wie erinnern sich zum Beispiel türkischstämmige Deutsche, israelische Araber, Schwarze Amerikaner nicht nur an den Holocaust, sondern auch an anderes historisches Unrecht? Historische und gegenwärtige Ereignisse am einen Ende des Globus betreffen die Menschen am anderen Ende und machen sie mitunter betroffen. Das Leiden auf der anderen Seite des Planeten wird sichtbar. Medien und Mitgefühl Die Bilder der Konzentrationslager waren der Beginn. In ihrer Eindringlichkeit entkoppelten sie das Ereignis vom spezifischen Ort und von der spezifischen Zeit und brachten auf diese Weise – wenigstens einen historischen Augenblick lang – die nationalen Mauern der kosmopolitischen Apathie zum Einsturz, die nach innen Räume des Mitleidens und nach außen Räume der Mitleidlosigkeit schaffen und aufrechterhalten. Dies kann man nun nicht nur für medial verbreitete Bilder sagen, sondern für Sprache ganz allgemein (Sprache der Fotografie, der Malerei, der Literatur). Alle Horizonte müssen entfaltet und genutzt werden, wenn kosmopolitische Empathie möglich und Wirklichkeit werden soll. Dichtung denkt und fühlt das Leid der entfernten Anderen als eigenes Leid, kosmopolitisches Mitleiden findet in der Sprache oder gar nicht statt. Der Schrecken für Andere wird auf diese Weise zum Schrecken für uns, und der Schrecken hat für uns nicht ein anderes Gesicht, er hat viele Gesichter, und alle sehen aus wie unser eigenes. Weil jeder und jede zum generalisierten Mitleidenden wird, kann jeder (muss aber nicht) denken: Das Gesicht der Tragödie könnte mein eigenes sein. Gerade die traumatische Obszönität, in der Bild und Wirklichkeit, Sprache und Mitleiden eins werden, kann voneinander getrennte Individuen einen. Das ist die Kraft der Dämonen und Geister, die zwischen den Welten die Zeit überbrücken. Die ganze Vielfalt der heutigen Kommunikationsmöglichkeiten macht Entfernungen irrelevant, tötet Gleichgültigkeit, weckt Neugierde. Sie ermöglicht es, per Mausklick Schicksale aufzuspüren, auszutauschen, zu überprüfen, in ihre Einzelheiten hinein zu verfolgen. Bis zu einem gewissen Grad kann jeder sich überall einmischen, zum Reporter werden, der seiner eigenen Story des Dabeiseins nachgeht. Die traumatische Vergangenheit lässt sich zwar nicht mehr ändern, aber die Zukunft dieser traumatischen Vergangenheit kann damit verhindert werden. Kosmopolitische Erinnerung und Menschenrechte Wenn wir also behaupten, dass Erinnerung frei über Grenzen schwebt, und dass das gerade für die Holocausterinnerung zutrifft, dann sind Menschenrechte die Verkehrsmittel, in denen diese Erinnerungen reisen. Natürlich bedeutet das keine Homogenisierung. Die Träger der kosmopolitischen Erinnerung zeichnen sich dadurch aus, dass ihre persönlichen Einstellungen weniger von Staaten als von der Welt an sich bestimmt sind. Das bedeutet dann auch, dass sie die Welt anders interpretieren – ihnen ist daran gelegen, "innere Angelegenheiten" abzuschaffen und alle Menschenrechtsverletzungen zu Weltangelegenheiten zu machen. Die grundlegenden UN-Konventionen unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg wären ohne den Holocaust nicht denkbar gewesen. Dieser kurze "kosmopolitische Augenblick" wurde jedoch schon bald vom Kalten Krieg abgelöst und von nationalen Mustern verdrängt. Nach dem Kalten Krieg kam es zu einer Wiederbelebung: In der vernetzten Welt haben sich die Menschenrechte aus dem Blockdenken des Kalten Kriegs befreit. Und hier wird die Holocausterinnerung zentral: Die Erinnerung wird zur entscheidenden Trägerin einer moralischen Gewissheit. Diese bildet das kulturelle Fundament der massiven kosmopolitischen Reaktion, mit der die jüngsten Verbrechen gegen die Menschheit verarbeitet werden. Es gibt mindestens vier Wege, den Holocaust zu generalisieren. Erstens hinsichtlich der Opfer: Handelte es sich um Juden, oder war es eine Vielzahl von allen möglichen Menschen? Zweitens hinsichtlich der Täter: Waren die Nazis einzigartig grausam, oder waren sie nur effizienter als andere Massenmörder? Drittens hinsichtlich der Zukunft: Besteht die Lehre daraus, dass ähnliches niemals mehr den Juden angetan werden darf oder überhaupt niemandem mehr? Und viertens hinsichtlich des Gegenstands der Erinnerung: Wer kann und wer muss Zeuge sein? Wer hat das Recht, in die Souveränität anderer Staaten einzugreifen? Es handelt sich dabei allerdings nicht um eine Erinnerung, aus der vergangenheitsbezogene, formative Gründungsmythen geschaffen werden, es geht hier vielmehr vor allem um zukunftsweisende Erinnerungen. Diskussionen um neue postnationale Gemeinschaften konzentrieren sich meist auf die Zukunft, wobei die Kernfrage lautet: Wie können Risiken eingeschränkt werden? Die Möglichkeit postnationaler Solidarität beruht zumeist auf der politischen Anerkennung und medialen Vermittlung von grenzüberschreitenden Risiken sowie auf zivilgesellschaftlichen Initiativen gegen diese. Durch neue Kriege kommt jedoch ein neues, weiteres Risiko dazu: Völkermord. In diesem Zusammenhang besinnt sich Europa der Vergangenheit des Holocaust. Kosmopolitismus schafft somit auch den Raum für eine Moralisierung der Politik, die sich nicht mehr allein auf das nationale "Wir" berufen kann. Opfer der Universalisierung Dies eröffnet wiederum den Raum für kosmopolitische Erinnerungen. Der Holocaust ist das Ereignis, das diesen Wert der kosmopolitischen Erinnerung am besten ausdrückt, da das Ereignis selbst ein transnationales Verbrechen und daher auch ein Angriff auf den Kosmopolitismus selbst war. Bezeichnenderweise gewinnt dieser Öffnungsprozess gerade in dem Augenblick an Zuspruch, da einzelne europäische Staaten nicht mehr umhin können, sich mit ihrem eigenen Verhalten während des Zweiten Weltkriegs auseinanderzusetzen. Im globalen Zeitalter muss man sich nicht nur nach innen, sondern auch nach außen legitimieren. Der Preis: All diese Entwicklungen entfernen sich von den jüdischen Opfern des Holocaust, die in dieser kosmopolitischen Perspektive im Namen der "Menschheit" nochmals geopfert werden. Dieses kosmopolitische Modell ist daher eine radikale christliche Vereinnahmung der jüdischen Katastrophe, die sich aber gleichzeitig als fortschrittlich und frei von ethnischen Bindungen präsentiert. Es gibt noch ein weiteres Interpretationsmuster des Holocaust; und es ist natürlich kein Zufall, dass dieses Narrativ seinen Ursprung in Europa hat: Der Täterbegriff der Nazis wird aufgelöst in Metaphern, nach denen die wahren Schuldigen keine konkreten Menschen sind, sondern "die Moderne", "die Bürokratie" oder gar "der Mensch". Es ist gerade die postmoderne Kritik an der Aufklärung, die den Holocaust als "Beweis" für das Scheitern der Moderne anführt. Die sozialwissenschaftliche Reflexion des Holocaust hat mit guten Gründen einen Verzweiflungsdiskurs hervorgebracht. Nach Max Horkheimer und Theodor W. Adorno ist es die Aufklärung selbst, deren Dialektik die Perversion hervortreibt. Diese Kausalitätsvermutung von Modernität und Barbarei wirkt auch in Zygmunt Baumans "Dialektik der Ordnung" fort. Aber dieser verzweifelte Abschied von der Moderne muss nach dieser kosmopolitischen Auffassung nicht das letzte Wort sein. Ja, er ist sogar blind dafür, dass und wie mit der Europäischen Union ein Ringen um Institutionen mit dem Ziel beginnt, dem europäischen Horror mit europäischen Mitteln und Werten zu begegnen: Die Alte Welt erfindet sich neu. Moderne und Postmoderne ergänzen sich hier jedoch. Beides sind europäische Projekte, die auf europäische Erfahrungen und Erinnerung zurückgreifen. Beide sehen in der jüdischen Erinnerung nichts anderes als das Überbleibsel einer überwundenen Moderne. Im neuen kosmopolitischen Europa wird die Erinnerung an den Holocaust zu einem Mahnmal für die allgegenwärtige Modernisierung der Barbarei – nicht für den institutionalisierten Hass gegen die Juden. Darin drückt sich die historische Erfindung der national und staatlich entgleisten Moderne aus, die das moralische, politische, ökonomische und technologische Katastrophenpotenzial wie im Schreckensbilderbuch des Reallabors ohne Erbarmen und Rücksicht auf Selbstzerstörung entfaltet hat. Kosmopolitismus wird über die Holocausterinnerung zur Kritik des europäischen Pessimismus der Modernität und der Postmoderne, die die Verzweiflung auf Dauer stellt. Die Geister verfolgen uns überall. Die jüdischen Geister werden zur Metapher des universalisierten "Nie wieder", und das ist der Preis für die globalisierte Erinnerung. Dieser Aufsatz ist Ulrich Beck gewidmet, der am 1. Januar 2015 verstarb. Viele der hier aufgeschriebenen Gedanken sind im gemeinsamen Gespräch entstanden. Natan Sznaider, Holocausterinnerung und Terror im globalen Zeitalter, in: APuZ, (2001) 52–53, S. 23–28. Vgl. Daniel Levy/Natan Sznaider, Erinnerung im Globalen Zeitalter. Der Holocaust, Frankfurt/M. 2001. Vgl. die vergleichende Analyse von Erinnerungskulturen in sieben europäischen Ländern von Richard Lebow/Wulf Kansteiner/Claudio Fogu (Hrsg.), The Politics of Memory in Post-War Europe, London 2006. Die Alternativen zu dieser nationalstaatlich orientierten Denkweise in der Politik der Erinnerung sind Begriffe wie "Postmemory" von Marianne Hirsch, "multi-directional memory" von Michael Rothberg und "travelling memory" von Astrid Erll, die gemeinsam mit dem von Daniel Levy und mir entwickelten Begriff der "kosmopolitischen Erinnerung" versuchen, den Rahmen der Analyse zu öffnen. Vgl. Astrid Erll, Travelling Memory, in: Parallax, 17 (2011) 4, S. 4–18; Marianne Hirsch, The Generation of Postmemory: Visual Culture after the Holocaust, New York 2012; Michael Rothberg, Multidirectional Memory: Remembering the Holocaust in the Age of Decolonization, Stanford 2009. Siehe auch Aleida Assmann/Sebastian Conrad (Hrsg.), Memory in a Global Age. Discourses, Practives and Trajectories, Basingstoke 2010. Für eine Einführung in das Feld der kollektiven Erinnerungskulturen siehe Astrid Erll, Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen, Stuttgart 2005. Vgl. D. Levy/N. Sznaider (Anm. 1). William Shakespeare, Hamlet, 1. Aufzug, 5. Szene. Siehe auch Aleida Assmann, Ist die Zeit aus den Fugen? Aufstieg und Fall des Zeitregimes der Moderne, München 2013. Zur Politik des unerwarteten Handelns vgl. Hannah Arendt, The Human Condition, Chicago 1958; deutsche Übersetzung: Vita Activa oder vom tätigen Leben, München 1960. Der Begriff thirdspace wurde vor allem von Edward Soja geprägt: Edward Soja, Thirdspace: Journeys to Los Angeles and Other Real-and-Imagined Places, Oxford 1996. Siehe dazu auch die postkolonialistische Erörterung von Homi Bhabha, The Location of Culture, Routledge 2004. Vgl. Jürgen Habermas, Bestialität und Humanität, in: Die Zeit vom 29.4.1999; Ulrich Beck, Über den postnationalen Krieg, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, (1999) 8, S. 984–990. Das ist nicht nur in Europa der Fall. Der argentinische Menschenrechtsdiskurs über die in den 1970er Jahren herrschende Militärdiktatur löst sich allmählich vom Begriff des "Staatsterrorismus" und benutzt aus den genannten Gründen zunehmend den Begriff des Genozids. Aus den militanten Kämpfern der linken Untergrundorganisationen werden "unschuldige" Opfer. Zygmunt Bauman, Dialektik der Ordnung. Die Moderne und der Holocaust, Hamburg 1992.
Article
Natan Sznaider
"2022-02-17T00:00:00"
"2016-01-14T00:00:00"
"2022-02-17T00:00:00"
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Die Erinnerungen an den Holocaust sind zu einem universalen Code geworden. Im Zentrum kosmopolitischer Gedächtniskultur steht nicht mehr der institutionalisierte Judenhass, sondern die allgegenwärtige Modernisierung der Barbarei.
[ "Holocaust", "Historisches Lernen", "Erinnerungskultur und Geschichtspolitik" ]
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Termine, Stellen, News, Materialien, Videos & Hintergrund-InfosNewsletter zu Radikalisierung & Prävention abonnieren Bleiben Sie auf dem Laufenden im Arbeitsfeld Radikalisierungsprävention! Termine, Stellen, News, Materialien, Videos & neue Hintergrund-Beiträge des Infodienst Radikalisierungsprävention – alle sechs Wochen per E-Mail. Interner Link: → Zum Newsletter-Abonnement Die Infodienst-Handreichung "Interner Link: Schule und religiös begründeter Extremismus" können Sie kostenfrei herunterladen und als Print-Version bestellen. 1. Unterrichtslektüre Es gibt eine Reihe aktueller (Jugend-)Bücher zum Thema Radikalisierung und Dschihad, die sich als Unterrichtslektüre (z. B. im Fach Deutsch) eignen. Zum Teil sind begleitende Unterrichtsmaterialien erschienen. Hier werden einige Beispiele vorgestellt. Einige Autorinnen und Autoren stehen für Lesungen in Schulen zur Verfügung, die Kontaktaufnahme erfolgt meist über den Verlag. Details zu den Materialien finden Sie, indem Sie auf den Titel der Materialien klicken. Interner Link: Djihad ParadiseAnna Kuschnarowa, 2016 Interner Link: Dschihad CallingChristian Linker, 2016 Interner Link: Dschihad OnlineMorton Rhue, 2017 Interner Link: Papa, was ist ein Terrorist?Tahar Ben Jelloun, 2016 Interner Link: Zwei BrüderMahir Guven, 2019 Interner Link: Zwei Schwestern. Im Bann des DschihadÅsne Seierstad, 2018 Djihad Paradise Anna Kuschnarowa, Gulliver / Beltz & Gelberg 2016, 416 S., 8,95 Euro Julian Engelmann alias Abdel Jabbar Shahid ist kurz davor, sich selbst mit einem Sprengstoffgürtel in einem Berliner Einkaufszentrum in die Luft zu jagen. Da ruft eine bekannte Stimme seinen Namen. Er hält inne und erinnert sich – an seine große Liebe Romea, die Zeit vor dem Terrorcamp und warum sich Romea irgendwann von ihm abwandte … Im Roman geht es um eine Liebe und ein Leben, die am radikalen religiösen Wahn zerbrechen. Dazu erhältlich: Katja Bergmann: "Djihad Paradise" im Unterricht: Lehrerhandreichung (Klassenstufe 9 – 11), Beltz Verlag 2016, 7,95 Euro. Dschihad Calling Christian Linker, dtv 2016, 320 S., 8,95 Euro Der 18-jährige Jakob verliebt sich in die Augen eines unbekannten verschleierten Mädchens – Samira. Sie ist Mitglied eines Salafisten-Vereins, dennoch versucht er Kontakt zu ihr aufzunehmen. Jakob lernt so ihren Bruder Adil kennen, der mit den Kriegern des "Islamischen Staats" sympathisiert. Obwohl für ihn zunächst undenkbar, fühlt auch Jakob sich angezogen von dem Gedankengut und der Lebensgemeinschaft der Salafisten. Jakob radikalisiert sich, bricht alle alten Kontakte ab und konvertiert. Aber will er wirklich mit Adil nach Syrien ziehen? Interner Link: Zur Rezension des Buches auf bpb.de Dschihad Online Morton Rhue, Ravensburger Verlag 2017, 256 S., 7,99 Euro Wie geraten Jugendliche unter den Einfluss radikaler Islamisten? Der 16-jährige Khalil kann nichts mit den hasserfüllten Onlinevideos anfangen, die sein Bruder Amir ständig im Internet anschaut. Doch Amir will Khalil von "der Sache" überzeugen. Ein Buch des Autors von "Die Welle". Dazu sind Materialien zur Unterrichtspraxis erhältlich, hrsg. von Birgitta Reddig-Korn. Papa, was ist ein Terrorist? Tahar Ben Jelloun, Piper Verlag 2016, 128 S., 9,99 Euro Der Pariser Autor Tahar Ben Jelloun beantwortet in verständlichen, einprägsamen Worten Fragen über islamistischen Terrorismus. Er erklärt die Rolle der Religion, analysiert die Bedeutung der Propaganda im Internet und beschreibt die Motive der Täter. Angst ist unvermeidlich, stellt er fest, aber der Angriff auf unsere Lebensweise dürfe unsere Kultur der Vernunft und gegenseitigen Akzeptanz nicht erschüttern. Die französische Originalausgabe "Le Terrorisme expliqué à nos enfants" eignet sich für den Französischunterricht der Oberstufe. Zwei Brüder Mahir Guven, Aufbau Verlag 2019, 282 S., 20,00 Euro Der große Bruder fährt mit seinem Taxi durch die Straßen von Paris, der kleine Bruder arbeitet als Assistenzarzt in einer Klinik. Während der Große in die Fußstapfen des Vaters tritt, taucht der Kleine eines Tages in Syrien ab und schließt sich Dschihadisten an. Bis er plötzlich, nach Jahren des Schweigens, wieder vor der Tür steht. Wo fängt Radikalisierung an, wo hört Bruderliebe auf? Der Roman geht der Frage nach, warum sich junge Menschen einer Ideologie unterwerfen. Externer Link: Zu einem Beitrag über das Buch auf deutschlandfunkkultur.de Zwei Schwestern. Im Bann des Dschihad Åsne Seierstad, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2018, 526 S., 4,50 Euro Warum beschließen junge, im Westen sozialisierte Menschen, in den Dschihad zu ziehen? Die Autorin Åsne Seierstad erzählt die Geschichte zweier Schwestern aus Norwegen, die – zur Überraschung ihres Umfeldes – eines Tages von zu Hause ausreißen, um nach Syrien zu gehen und dort für den IS zu kämpfen. Interner Link: Zum Buch auf bpb.de Interner Link: Zum Podcast zum Buch auf bpb.de Interner Link: Zum Interview mit der Autorin auf bpb.de Interner Link: Zum Anfang der Seite 2. Erklärvideos Hier werden einige Erklärvideos vorgestellt, die sich gut für den Einsatz im Unterricht eignen. Details zu den Materialien finden Sie, indem Sie auf den Titel der Materialien klicken. Interner Link: Begriffswelten IslamBundeszentrale für politische Bildung, 2016 Interner Link: Radikalisierung von MuslimenBundeszentrale für politische Bildung, 2017 Interner Link: Was ist Salafismus?Arte/Bundeszentrale für politische Bildung, 2013 Begriffswelten Islam Je 6 – 8 Minuten, Bundeszentrale für politische Bildung, 2016 Die Youtuber LeFloid, Hatice Schmidt und MrWissen2Go setzen sich in der bpb-Produktion in animierten Kurzfilmen mit Begriffen des Islams wie "Umma", "Dschahiliyya" oder "Bidʿa" auseinander und besuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Externer Link: Zu den Videos auf youtube.com Radikalisierung von Muslimen 19 Minuten, Bundeszentrale für politische Bildung, 2017 Viele der islamistischen Attentäter von Paris und Brüssel sind in Frankreich und Belgien aufgewachsen und haben sich dort radikalisiert. Auch in Deutschland radikalisieren sich junge Menschen. Für die Gesellschaft ist das eine enorme Herausforderung. Wer radikalisiert sich, und warum? Ist das vergleichbar mit anderen Extremismen? Und welche Rolle spielt dabei der Islam? Interner Link: Zum Video auf bpb.de Was ist Salafismus? 12 Minuten, Arte/Bundeszentrale für politische Bildung, 2013 In dieser Folge der Arte-Sendung "Mit offenen Karten" wird erklärt, was es mit dem fundamentalistischen Ansatz des Salafismus auf sich hat. Darüber hinaus wird die Entwicklung des Salafismus nach den Protesten in Nordafrika ("Arabischer Frühling") untersucht. Interner Link: Zum Video auf bpb.de Interner Link: Zum Anfang der Seite 3. Videos aus der/für die Präventionspraxis Die folgenden Videos wurden speziell für die Präventionsarbeit mit Jugendlichen erstellt oder sie sind in Präventionsprojekten entstanden. Details zu den Materialien finden Sie, indem Sie auf den Titel der Materialien klicken. Interner Link: Der Nahostkonflikt im Unterrichtufuq.de, 2022 Interner Link: Filmreihe zur Prävention von Muslimfeindlichkeit und für ein solidarisches Miteinander an GrundschulenZEOK e. V., 2022 Interner Link: Jamal al-Khatib X NISATurn und bpb, 2017 und 2019 Interner Link: Radikalisierung hat kein GeschlechtBayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, 2022 Interner Link: Reflect Your Pastendemol und bpb, 2019 Interner Link: RISE: Jugendkulturelle Antworten auf islamistischen ExtremismusRISE, 2020 Interner Link: Say My NameKooperative Berlin und bpb, 2019 und 2020 Interner Link: Tipps für ExtremismuspräventionRedaktion werkstatt.bpb.de, 2022 Der Nahostkonflikt im Unterricht 13 Minuten, ufuq.de, 2022 Wie kann man den Nahostkonflikt erfolgreich im Unterricht thematisieren? Darüber spricht Mehmet Can im "ufuq Couch Talk". Er ist Lehrer an einer Berliner Schule und hat gemeinsam mit Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern eine Reise nach Israel und Palästina unternommen. Außerdem hat er eine "Jerusalem AG" ins Leben gerufen und einen Comic zum Thema herausgebracht. Im Gespräch mit Sakina Abushi von ufuq.de erzählt er von seinen Erfahrungen und gibt Tipps für die Praxis. Externer Link: Zum Video auf ufuq.de Filmreihe zur Prävention von Muslimfeindlichkeit und für ein solidarisches Miteinander an Grundschulen 3 x 2–3 Minuten, ZEOK e. V., 2022 Die Filmreihe für die Grundschule bietet einen kindgerechten Einstieg in das Thema Muslimfeindlichkeit. Der Verein ZEOK hat drei kurze Animationsfilme erstellt, die Impulse geben, um mit Kindern über Identität, Vielfalt, Vorurteile und Diskriminierung zu sprechen. Die begleitende Handreichung enthält Tipps und Materialhinweise für die Auseinandersetzung mit diesen Themen in Schule oder Hort. Externer Link: Zur Videoreihe auf zeok.de Jamal al-Khatib X NISA Turn – Verein für Gewalt- und Extremismusprävention und bpb, 2017 und 2019 Das Internet spielt eine zentrale Rolle dabei, dass Jugendliche mit religiös begründeten extremistischen Inhalten in Berührung kommen. Vor diesem Hintergrund versucht das Projekt, alternative Narrative zu dschihadistischer Propaganda zu vermitteln. Hier erfahren Sie mehr über die Hintergründe, können die Projektvideos anschauen und Unterrichtsmaterialien herunterladen. Interner Link: Zum Video auf bpb.de Radikalisierung hat kein Geschlecht 16 x 11–18 Minuten, Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, 2022 Wie hängen Geschlecht und Radikalisierung zusammen? Wie beeinflussen Geschlechterklischees die Wahrnehmung von Radikalisierung? Und wie geht geschlechtersensible Präventionsarbeit? Die Videoreihe erklärt Begriffe, thematisiert Vorurteile und beleuchtet praktische Präventionsansätze in Bezug auf Gender und Extremismus. Die Inhalte stehen auch als Audiodateien oder Transkripte zur Verfügung. Externer Link: Zur Videoreihe auf stmas.bayern.de Reflect Your Past 3 x 23 – 27 Minuten, endemol und bpb, 2019 Die Webvideoreihe "Reflect Your Past" veranschaulicht Radikalisierungsprozesse anhand von Lebensgeschichten. Prominente Youtuberinnen treffen Aussteigerinnen und Aussteiger aus verschiedenen extremistischen Strömungen. Dazu gehört auch Dominic Schmitz, der von seinem Weg in den Salafismus und seinem Ausstieg berichtet. Die drei Roadtrip-Videos werden durch weitere Videos (Diskussionsrunde, Reaktion auf Kommentare und MrWissen2go-Video) ergänzt. Zur Videoreihe gibt es Begleitmaterialien: Hintergrundtexte zu den behandelten Themen können dabei unterstützen, die Videos einzuordnen und sie für pädagogische Settings einzusetzen. Interner Link: Zur Videoreihe auf bpb.de RISE: Jugendkulturelle Antworten auf islamistischen Extremismus 6 x 8 – 14 Minuten, RISE, 2020 Wie können Jugendliche gegen extremistische Ansprachen gestärkt werden? Im Projekt RISE des JFF – Institut für Medienpädagogik antworten Jugendliche auf diese Frage mit eigenen Medienprodukten. Die Filme werden durch pädagogische Materialien gerahmt und Fachkräften für ihre Arbeit zur Verfügung gestellt. Aktuell sind in der Mediathek des JFF sechs Filme online. Externer Link: Zu den Videos auf rise-jugendkultur.de Say My Name 15 x 5 – 25 Minuten, Kooperative Berlin und bpb, 2019 und 2020 Das Webvideoprojekt "Say My Name" richtet sich an junge Frauen und behandelt die Themenkomplexe Zusammenleben, Integration und Identifikation. "Say My Name" arbeitet mit jungen kreativen Frauen (z. B. Youtuberinnen) zusammen, die sich gegen alle Formen von Extremismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Hassrede einsetzen. Interner Link: Zum Webvideoprojekt auf bpb.de Tipps für Extremismusprävention 4 Minuten, Redaktion werkstatt.bpb.de, 2022 Was können Lehrkräfte tun, damit Schülerinnen und Schüler nicht auf ideologische Mobilmachung im Internet hereinfallen? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Folge des Formats "Bildungshacks". Moderatorin Filli Montag spricht mit Islamwissenschaftler Götz Nordbruch über Chancen und Möglichkeiten der Präventionsarbeit im Netz. Interner Link: Zum Video auf bpb.de Interner Link: Zum Anfang der Seite 4. Sonstige Videos und Filme Die meisten der folgenden Filme wurden für Fernsehen oder Kino erstellt, eignen sich jedoch auch gut für den Einsatz im Unterricht. Teilweise sind begleitende Unterrichtsmaterialien verfügbar. Details zu den Materialien finden Sie, indem Sie auf den Titel der Materialien klicken. Interner Link: Der Himmel wird wartenWillow Films, 2016 Interner Link: GrenzgängerMedienprojekt Wuppertal, 2019 Interner Link: Leonora: Einmal IS-Terror und zurückARD: Video/Audio, 2022 Interner Link: Leonora – Wie ein Vater seine Tochter an den IS verlorNDR, 2019 Interner Link: Mein Enkel, der mutmaßliche IS-Terrorist: Eine Oma auf Spurensuche in SyrienProSieben: Das Thema, 2022 Interner Link: Tracing AddaiFilmuniversität Babelsberg Konrad Wolf, 2018 Interner Link: Verlorene Söhne – IS-Terror in deutschen FamilienZDF, 2016 Interner Link: Von der Terrorgruppe zurück in ein normales Leben Bayerischer Rundfunk, 2020 Der Himmel wird warten 105 Minuten, UGC, Willow Films, 2016 Der prämierte französische Spielfilm thematisiert Gründe und Wege der Radikalisierung. Die Geschichten der jugendlichen Protagonistinnen Mélanie und Sonia beschreiben eine Entwicklung in entgegengesetzte Richtungen: den Weg von der Normalität in die Radikalisierung und umgekehrt. Ihre Eltern scheinen hilflos zu sein, weil ihre Kinder sich radikalisiert haben und in Syrien für den IS kämpfen wollen. Der Film ist kostenfrei auf bpb.de verfügbar. Interner Link: Zum Spielfilm auf bpb.de Begleitend zu dem Film gibt es in einem Online-Spezial Unterrichtsmaterialien, eine Filmbesprechung, themenbezogene Hintergrundtexte sowie ein Interview mit einem Präventionsexperten. Interner Link: Zu den Arbeitsmaterialien auf bpb.de Grenzgänger 5 Kurzfilme, insgesamt 76 Minuten, Medienprojekt Wuppertal, 2019 Das Medienprojekt Wuppertal hat eine Reihe von Kurzfilmen zum Thema Religiös begründeter Extremismus bei Jugendlichen veröffentlicht. Die Filme sind gegen Gebühr zu kaufen, auszuleihen oder zu streamen und können dann z. B. im Unterricht eingesetzt werden. Die Filme beinhalten Geschichten über Radikalisierungsprozesse, Interviews mit einer Expertin und einem Experten und Gespräche mit Jugendlichen über ihre Bezüge zu Religion und zu Extremismus. Externer Link: Zu den Kurzfilmen auf medienprojekt-wuppertal.de Leonora: Einmal IS-Terror und zurück 30–40 Minuten, ARD: Video/Audio, 2022 Mit 15 Jahren schloss sich Leonora M. der Terrororganisation "Islamischer Staat" in Syrien an und lebte dort sieben Jahre lang mit einem Dschihadisten zusammen. Die Reportage erzählt von den Erlebnissen der jungen Frau beim "IS" und dem jahrelangen Kampf ihres Vaters, seine Tochter zurückzuholen. Wie ist Leonora die Rückkehr gelungen, wie funktioniert ein Neuanfang in Deutschland? Die Dokumentation ist als Videoreihe und Podcast verfügbar. Externer Link: Zum Video auf daserste.de Leonora – Wie ein Vater seine Tochter an den IS verlor 59 Minuten, NDR, 2019 Ein Vater kämpft um seine Tochter, die sich der Terrormiliz "Islamischer Staat" in Syrien angeschlossen hat. Vier Jahre lang begleiten Reporter den Vater dabei, wie er Schleuser trifft, mit Terroristen verhandelt und versucht, seinen Alltag als Bäcker in Sachsen-Anhalt zu meistern. Über Sprachnachrichten halten Vater und Tochter Kontakt. Externer Link: Zum Video auf ndr.de Mein Enkel, der mutmaßliche IS-Terrorist: Eine Oma auf Spurensuche in Syrien 5 Teile à 10–20 Minuten, ProSieben: Das Thema, 2022 Der Journalist Thilo Mischke begleitet die Großmutter eines deutschen "IS"-Kämpfers nach Syrien. Sie will dort ihren Enkel wiederfinden. Mischke geht in der Video-Reihe den Fragen nach, wie ein 19-jähriger Deutscher dazu kommt, sich der Terrororganisation "Islamischer Staat" anzuschließen, und warum Deutschland sich so schwertut, ehemalige Angehörige des "IS" zurückzuholen. Externer Link: Zum Teil 1 auf youtube.com Externer Link: Zum Teil 2 auf youtube.com Externer Link: Zum Teil 3 auf youtube.com Externer Link: Zum Teil 4 auf youtube.com Externer Link: Zum Teil 5 auf youtube.com Tracing Addai 30 Minuten, Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf, 2018 Der animierte Dokumentarfilm zeichnet die letzten Spuren des 21-jährigen Deutschen Addai nach, der sich einer extremistischen Vereinigung anschließt und im Syrienkrieg unter mysteriösen Umständen mutmaßlich ums Leben kommt. Mit seiner dokumentarischen Erzählung und animierten szenischen Bildern rekonstruiert der Film fragmentarisch die letzten Monate des jungen Mannes und lässt Familie und Freunde zu Wort kommen. Pädagogische Begleitmaterialien unterstützen den Einsatz des Films in Lernkontexten. Interner Link: Zum Film und Materialien auf bpb.de Verlorene Söhne – IS-Terror in deutschen Familien 29 Minuten, ZDF, 2016 Warum schließen sich junge Deutsche islamistischen und terroristischen Gruppierungen an? Die Reportage 37 Grad begleitet Joachim G., dessen Söhne Fabian und Manuel im Oktober 2014 an der syrischen "IS"-Front verschwanden, und stellt einen ehemaligen Salafisten vor, der aus der extremistischen Szene ausgestiegen ist. Externer Link: Zum Video auf zdf.de Von der Terrorgruppe zurück in ein normales Leben 8 Minuten, Bayerischer Rundfunk, 2020 Der Fernsehbeitrag stellt den Fall des Münchners Bilal Fani vor, der im Frühjahr 2014 freiwillig aus Syrien zurückkehrte, wo er mehrere Monate bei einer al-Qaida-nahen Terrorgruppe verbracht hatte. In Deutschland wurde er zu sechs Jahren Haft verurteilt. Nach seiner Entlassung will er nun zurück in ein normales Leben. In einem Interview berichtet er von seiner Radikalisierung, seiner Zeit in Syrien, von seiner Haft und seinem Wunsch, wieder in ein normales Leben zurückzukehren. Thomas Mücke vom Violence Prevention Network berichtet über seine Einschätzung der Situation von Rückkehrenden. Externer Link: Zum Video auf br.de Interner Link: Zum Anfang der Seite 5. Audiobeiträge und Podcasts Radiobeiträge und Podcasts bieten einen weiteren lebendigen Zugang zu Fakten und Radikalisierungsbiografien. Details zu den Materialien finden Sie, indem Sie auf den Titel der Materialien klicken. Interner Link: Bilals Weg in den TerrorNDR Kultur, 2017 Interner Link: Islamische Redewendungen im Alltag: Mehr als Allahu akbarDeutschlandfunk Kultur, 2021 Interner Link: Konversion zum Islam mit Dennis Sadik Kirschbaumufuq.de: Wovon träumst du eigentlich nachts?, 2021 Interner Link: Leonora – Wie ein Vater seine Tochter an den IS verlorNDR, 2019 Interner Link: Mädchen und junge Frauen und ihre Rolle im DschihadismusRadiofabrik – Frauenzimmer, 2016 Interner Link: "Muslim" oder "Moslem"? Respekt drückt sich auch in der Benennung ausDeutschlandfunk Kultur, 2021 Interner Link: Neu-Musliminnen auf Instagram: Das Kopftuch lässt sich auch auf fränkische Art binden Deutschlandfunk Kultur, 2021 Interner Link: Töten im Namen Allahs – Radikalisierung muslimischer Jugendlicherhr inforadio, 2019 Interner Link: Was tun gegen antimuslimischen Rassismus im Klassenzimmer?ufuq.de, 2022 Bilals Weg in den Terror 5 x 30 Minuten, NDR Kultur, 2017 Mit 14 Jahren konvertierte Florent aus Hamburg zum Islam und nannte sich fortan Bilal. Mit 17 Jahren zog er für den sogenannten "Islamischen Staat" nach Syrien in den Krieg, und starb dort nach nur zwei Monaten. In der fünfteiligen Radio- und Podcast-Serie kommen Menschen aus Bilals Umfeld zu Wort. Die Geschichte zeigt exemplarisch, wie es dazu kommt, dass deutsche Jugendliche in die salafistische Szene geraten und sogar in den Dschihad ziehen. Interner Link: Zum Podcast auf bpb.de Islamische Redewendungen im Alltag: Mehr als Allahu akbar 8 Minuten, Deutschlandfunk Kultur, 2021 Alhamdullilah, Maschallah, Inschallah – arabische Redewendungen sind in migrantisch geprägten deutschen Großstädten inzwischen häufig zu hören. Ihr Ursprung ist islamisch, doch der Beitrag geht der Frage nach, ob im Alltag aus ihnen tatsächlich noch ein religiöses Bekenntnis spricht. Externer Link: Zum Audiobeitrag auf deutschlandfunkkultur.de Konversion zum Islam mit Dennis Sadik Kirschbaum 24 Minuten, ufuq.de: Wovon träumst du eigentlich nachts?, 2021 Dennis Sadik Kirschbaum ist in der DDR geboren und studiert Politik und Philosophie auf Lehramt. Der 31-jährige konvertierte vor einigen Jahren zum Islam. In einer Podcast-Folge berichtet er über seinen ungewöhnlichen Weg als weiße Person zum Islam, der als Rebellion gegen die Familie begann, dann aber zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der Religion und schließlich zu einer bewussten Entscheidung wurde. Externer Link: Zur Podcastfolge auf ufuq.de Leonora – Wie ein Vater seine Tochter an den IS verlor 5 x 30-47 Minuten, NDR, 2019 Ein Vater kämpft um seine Tochter, die sich der Terrormiliz „Islamischer Staat“ in Syrien angeschlossen hat. Vier Jahre lang begleiten Reporter den Vater dabei, wie er Schleuser trifft, mit Terroristen verhandelt und versucht, seinen Alltag als Bäcker in Sachsen-Anhalt zu meistern. Über Sprachnachrichten halten Vater und Tochter Kontakt. Anders als in der dazugehörigen Externer Link: Doku steht im Podcast vor allem die Recherchearbeit im Fokus. Externer Link: Zum Podcast auf ndr.de Mädchen und junge Frauen und ihre Rolle im Dschihadismus 29 Minuten, Radiofabrik – Frauenzimmer, 2016 Die Verheißungen des "IS" erreichten Mädchen und junge Frauen aus allen Gesellschaftsschichten mit unterschiedlicher Herkunft. Die Expertin Claudia Dantschke berichtet in diesem Beitrag unter anderem darüber, was den "IS" für junge Frauen attraktiv machte, mit welchen Vorstellungen sie nach Syrien oder in den Irak gingen und wie die Rekrutierung erfolgte. Dantschke zeigt Ansätze und Handlungsstrategien auf, um der Radikalisierung junger Frauen entgegenzuwirken. Externer Link: Zum Audiobeitrag auf cba-fro.at "Muslim" oder "Moslem"? Respekt drückt sich auch in der Benennung aus 6 Minuten, Deutschlandfunk Kultur, 2021 Es sind nur zwei Vokale, aber sie machen einen feinen Unterschied: Im Beitrag geht es um Sprachwandel, korrekte Benennung und weshalb diese so eine wichtige Rolle in der Eigen- und Fremdbezeichnung spielt. Zu hören sind Toya Zurkuhlen, Videoproduzentin bei den Datteltätern, einem jungen muslimischen Kollektiv, Mira Sievers, Junior-Professorin für Islamische Theologie und Rauf Ceylan, Religionssoziologe. Externer Link: Zum Audiobeitrag auf deutschlandfunkkultur.de Neu-Musliminnen auf Instagram: Das Kopftuch lässt sich auch auf fränkische Art binden 8 Minuten, Deutschlandfunk Kultur, 2021 Unter Namen wie "Hijabi on Tinder" präsentieren sich junge Frauen auf Instagram, die zum Islam konvertiert sind. Sie sind selbstbewusst und wehren sich gegen Ablehnung und Vorurteile. Warum setzen sich die Frauen dem aus? Und wieso suchen sie so bewusst die Öffentlichkeit? Der Radiobeitrag erzählt die Geschichten dreier junger Aktivistinnen und berichtet von ihrem Wunsch, gehört zu werden. Externer Link: Zum Audiobeitrag auf deutschlandfunkkultur.de Töten im Namen Allahs – Radikalisierung muslimischer Jugendlicher 25 Minuten, hr inforadio, 2019 Wie groß ist die Zahl der Jugendlichen, die sich für eine radikale Auslegung des Islams begeistern? Was weiß man über ihre Motive? Und was kann eine Gesellschaft dem entgegensetzen? Diese Fragen beantwortet der Podcast von hr info. Zu Wort kommen unter anderem Religionslehrerin und Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor, Psychologe Ahmad Mansour, Wissenschaftler Andreas Zick sowie Janusz Biene vom Projekt "PRO Prävention". Externer Link: Zum Audiobeitrag auf hr-inforadio.de Was tun gegen antimuslimischen Rassismus im Klassenzimmer? 28 Minuten, ufuq.de, 2022 Wie zeigt sich antimuslimischer Rassismus in der Schule? Welche Handlungsoptionen gibt es für Lehrkräfte auf individueller sowie Schulen auf struktureller Ebene? Diese Fragen beantwortet Politikwissenschaftlerin Fatima El Sayed im ufuq.de-Webtalk. Sie stellt Bezüge zu ihrem aktuellen Forschungsprojekt her und verdeutlicht, dass es aus ihrer Sicht ein stärkeres Einbeziehen zivilgesellschaftlicher Akteure in den Lernraum Schule braucht. Externer Link: Zum Webtalk-Mitschnitt auf ufuq.de Interner Link: Zum Anfang der Seite 6. Onlinespiele und andere Onlineressourcen Einige Anbieter haben Onlinespiele zum Thema Radikalisierung entwickelt, in denen man in verschiedenen Rollen unterschiedliche Perspektiven auf das Thema kennenlernen kann. Details zu den Materialien finden Sie, indem Sie auf den Titel der Materialien klicken. Interner Link: Extremismus.info/DECOUNT – Onlinespiel, Film und pädagogisches Material zu Radikalisierungsprozessen Interner Link: "Hidden Codes" – Mobile Game über Radikalisierung im digitalen Zeitalter Interner Link: PRECOBIAS – Online-Kurs über kognitive Verzerrungen bei Radikalisierung Interner Link: Rollenspiel: Radikalisiert – was tun? Interner Link: Website: Die Tränen der Dawa Interner Link: Wer? Wie? Was? – Das Quiz zu extremistischen Narrativen und wie du auf sie reagieren kannst! Extremismus.info/DECOUNT – Onlinespiel, Film und pädagogisches Material zu Radikalisierungsprozessen Extremismus.info bietet Informationen und Materialien zum Thema Radikalisierung und Extremismusprävention. Die Website präsentiert ein Spiel, in dem man Radikalisierungsverläufe nachspielen kann, und sie enthält eine Anleitung für den Einsatz des Spiels in Jugendzentren oder in der Schule. Ein Kurzfilm zum Thema Vorurteile wurde ebenfalls für pädagogische Zwecke aufbereitet. Eine Materialiensammlung bietet Links zu Videos und PDFs zum Thema Extremismus. Entstanden ist die Website im Rahmen des zweijährigen österreichischen EU-Projekts DECOUNT unter Mitarbeit zahlreicher staatlicher und zivilgesellschaftlicher Akteure. Externer Link: Zur Webseite auf www.extremismus.info "Hidden Codes" – Mobile Game über Radikalisierung im digitalen Zeitalter Bildungsstätte Anne Frank, 2021 "Hidden Codes" ist ein Mobile Game, das junge Menschen für Anzeichen von rechtsextremer und islamistischer Radikalisierung sensibilisieren soll. In einer simulierten Social Media-Umgebung chatten und interagieren die Spielerinnen und Spieler mit Jugendlichen aus dem Game. Die Spielenden sollen dazu befähigt werden, problematische Inhalte zu erkennen und kompetent darauf zu reagieren. Die Strategien radikaler Gruppen, aber auch politische Codes und Verschwörungsmythen werden thematisiert. Externer Link: Zum kostenfreien Spiel auf hidden-codes.de Externer Link: Zum Gespräch mit Projektleiterin Deborah Schnabel auf deutschlandfunknova.de PRECOBIAS – Online-Kurs über kognitive Verzerrungen bei Radikalisierung Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), 2022 Das Projekt PRECOBIAS will die digitale Resilienz und die Fähigkeiten zum kritischen Denken bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen stärken – und sie so vor Radikalisierung schützen. Ziel ist es, Jugendliche für die Gefahren extremistischer Inhalte und dahinterliegender Mechanismen zu sensibilisieren. In einem 12-stündigen Online-Kurs befassen die Teilnehmenden sich mit Radikalisierungsprozessen sowie mit kognitiven Verzerrungen, die durch extremistische Online-Inhalte ausgelöst werden können. Das Projekt stellt zudem Toolkits für Fachkräfte aus Schule und Sozialarbeit zur Verfügung. Externer Link: Zur Projektwebseite und zum kostenfreien Online-Kurs auf precobias.eu/de Externer Link: Zur Informationsseite der LMU München auf ifkw.uni-muenchen.de Rollenspiel: Radikalisiert – was tun? Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales Eine Lehrerin merkt, dass sich ein Schüler radikalisiert. Eine Mutter/ein Vater stellt fest, dass die Tochter Salafistin geworden ist. Wie kann man die Jugendlichen schützen? In Comic-Videos und Podcasts kann man in verschiedene Rollen schlüpfen und selbst entscheiden, wie die Storys sich entwickeln. Das Spiel wurde entwickelt von "Antworten auf Salafismus. Bayerns Netzwerk für Prävention und Deradikalisierung". Externer Link: Zum Rollenspiel auf antworten-auf-salafismus.de Website: Die Tränen der Dawa Violence Prevention Network e.  V. Auf der Website wird die Geschichte der beiden Freunde Daniel und Toufik erzählt – mit Text, Fotos und Videos ansprechend und niedrigschwellig gestaltet. Beide Jugendliche sind gläubige Muslime. Daniel nimmt zunehmend radikalere Ansichten an und wird von einer radikalen Gruppe immer stärker beeinflusst – bis er sogar nach Syrien zieht, um sich dem vermeintlichen Befreiungskrieg des sogenannten Islamischen Staates anzuschließen. Beide Freunde entfernen sich immer mehr voneinander. Daniel kehrt schließlich desillusioniert und psychisch schwer angeschlagen zurück und wird verhaftet. Externer Link: Zur Webseite auf www.traenen-der-dawa.de Wer? Wie? Was? – Das Quiz zu extremistischen Narrativen und wie du auf sie reagieren kannst! JFF – Institut für Medienpädagogik, 2022 Im Online-Quiz können Jugendliche sich mit extremistischen und populistischen Narrativen auseinandersetzen. Sie müssen erraten, welche Aussagen von welchen Gruppen oder Personen stammen. Zur Auswahl stehen Aussagen von rechtsextremen, rechtspopulistischen und islamistischen Gruppierungen und Personen. Beim Spielen wird deutlich, welche Aussagen in den Narrativen stecken, wie ähnlich die verschiedenen Gruppierungen und Personen manchmal denken und was man den Narrativen entgegensetzen kann. Externer Link: Zum Online-Quiz auf rise-jugendkultur.de Interner Link: Zum Anfang der Seite 7. Spiele und Kartensets Spiele mit Karten aus Karton lassen sich gut im Unterricht und bei Fortbildungen einsetzen. Details zu den Materialien finden Sie, indem Sie auf den Titel der Materialien klicken. Interner Link: Antidiskriminierung, Rassismuskritik und Diversität. Reflexionskarten für die PraxisBeltz Juventa, 2019 Interner Link: Der Islam – Das interaktive WissensspielBeltz Verlag, 2017 Interner Link: STOP-OK! Ein ModerationsspielInitiative Gesicht zeigen Antidiskriminierung, Rassismuskritik und Diversität. Reflexionskarten für die Praxis Beltz Juventa 2019, 29,95 Euro Wie viele Angriffe gab es 2017 auf Musliminnen / Muslime und muslimische Einrichtungen? Was verbirgt sich hinter dem Begriff Antiziganismus? Auf 105 Karten werden Rassismus, Diskriminierung und Diversität thematisiert. Die Karten sind dafür geeignet, mit Menschen ab 14 Jahren über diese Themen ins Gespräch zu kommen. Sie helfen, Ungerechtigkeiten und Dis­kriminierungen angemessen zu thematisieren und tragen zur (Selbst-)Reflexion bei. Externer Link: Zum Spiel auf beltz.de Der Islam – Das interaktive Wissensspiel Beltz Verlag 2017, 39,95 Euro Dieses Spiel fördert Wissen und Austausch zum Thema Islam und Muslime in Deutschland. Die Teilnehmenden stellen zentrale Begriffe pantomimisch, zeichnerisch oder mündlich dar – die anderen müssen den Begriff erraten. Dabei geht es um Begriffe wie "Kopftuch" oder "Halal" und Fragen wie "Warum feiern Muslime das Opferfest?". Für die Spielleitung gibt es zu jedem Begriff das notwendige Faktenwissen. Stichwortkarten helfen, das neue Wissen zu sichern und das Booklet unterstützt bei der Moderation. Das Spiel ermöglicht einen informativen und spielerischen Einstieg in das Thema (ab Klasse 7). Externer Link: Zum Spiel auf beltz.de STOP-OK! Ein Moderationsspiel Initiative Gesicht zeigen, 10 Euro In dem Moderationsspiel STOP-OK! geht es darum, gemeinsam mit einer Gruppe biografische Wendepunkte in Radikalisierungsverläufen zu erkennen und alternative Handlungsoptionen zu entwickeln. Im Zentrum des Spiels steht der (inter-)aktive Austausch von Einschätzungen, Haltungen und Lösungsideen. Das Spiel enthält sieben fiktive Fallbeispiele von Radikalisierungsverläufen junger Menschen aus den Bereichen Islamismus und Rechtsextremismus. Bunte Spielelemente helfen, Prozesse und Ergebnisse anschaulich zu präsentieren. Das Spiel eignet sich für Fortbildungen von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, insbesondere Lehrkräften, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern und Stadtteilmüttern. Externer Link: Zum Spiel auf gesichtzeigen.de Bei der Initiative "Gesicht zeigen – für ein weltoffenes Deutschland" sind weitere Spiele zu den Themenfeldern Demokratie und Toleranz zu finden. Interner Link: Zum Anfang der Seite Infodienst RadikalisierungspräventionMehr Infos zu Radikalisierung, Prävention & Islamismus Das Online-Portal Infodienst Radikalisierungsprävention der bpb bietet Hintergrundwissen, pädagogische Materialien, einen Newsletter und eine Übersicht mit Beratungsangeboten. Interner Link: → Zur Infodienst-Startseite Bleiben Sie auf dem Laufenden im Arbeitsfeld Radikalisierungsprävention! Termine, Stellen, News, Materialien, Videos & neue Hintergrund-Beiträge des Infodienst Radikalisierungsprävention – alle sechs Wochen per E-Mail. Interner Link: → Zum Newsletter-Abonnement Das Online-Portal Infodienst Radikalisierungsprävention der bpb bietet Hintergrundwissen, pädagogische Materialien, einen Newsletter und eine Übersicht mit Beratungsangeboten. Interner Link: → Zur Infodienst-Startseite
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2023-08-03T00:00:00"
"2021-06-02T00:00:00"
"2023-08-03T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/infodienst/334263/medien-fuer-den-unterricht/
Romane und Sachbücher, Erklärvideos, Dokumentationen und Spielfilme sowie Podcasts und Online-Spiele. Viele Medien sind didaktisch aufbereitet mit begleitenden Unterrichtsmaterialien.
[ "Medien für den Unterricht", "Islamismus", "Salafismus", "religiös begründeter Extremismus", "Unterrichtsmaterial", "Pädagogische Praxis", "Radikalisierungsprävention" ]
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Das Milieu der so genannten Unterstützer und Sympathisanten | Die Geschichte der RAF | bpb.de
Die RAF war vom ersten Moment an auch eine bevorzugte Projektionsfläche für die radikale Linke, für all jene, die eine solche Option zwar grundsätzlich nicht für unmöglich hielten, jedoch noch nicht oder gar nicht bereit waren, den Schritt, sich zu bewaffnen und in den Untergrund zu gehen, auch praktisch zu vollziehen. Der französische Philosoph Jean-Paul Sartre besucht am 4.12.1974 Andreas Baader in Stuttgart-Stammheim. (© AP) Die sich bald ausbreitende Etikettierung als "Sympathisant", als deren Archetypen mit dem Schriftsteller Heinrich Böll und dem Psychologieprofessor Peter Brückner nicht zufällig zwei prominente Intellektuelle fungierten, diente damals zweifelsohne als "Ausgrenzungsbegriff". Im Zuge der sogenannten "Mescalero-Affäre" erreichte die Diskussion, die nach der Ermordung Jürgen Pontos und der bald darauf folgenden Entführung Hanns-Martin Schleyers immer weiter eskalierte, im Spätsommer 1977 ihren Höhepunkt. In der Folge galten "Sympathisanten" in großen Teilen der Öffentlichkeit, wie es ein Springer-Journalist in jenen Tagen formuliert hat, als "das stille Reserveheer des Terrorismus". Selbst der damalige Berliner Wissenschaftssenator Peter Glotz hatte in einem Interview mit seiner Definition, dass unter Sympathisanten Personen zu verstehen seien, die Terror und Mord nicht nur billigten, sondern auch praktisch unterstützten, die Grenzen zwischen Sympathisierenden und Unterstützern weitgehend verwischt. Gegen ein derartig fragwürdiges Verständnis, das einer missbräuchlichen Verwendung Tür und Tor öffnete, haben sich seinerzeit nur wenige zu Wort gemeldet, die auf einer qualitativen Differenz insistierten. Einer von ihnen war der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Günther Nollau. In einem Artikel im Spiegel betonte er vor allem, dass der stigmatisierende Begriff strafrechtlich irrelevant sei: "Das Strafrecht kennt den Begriff des Sympathisanten nicht. Es unterscheidet 'Täter', 'Gehilfen', 'Begünstiger'. Da wird nicht mit Vermutungen operiert [...] Da müssen Tatsachen bewiesen werden, Tatsachen, aus denen hervorgeht, welchen Beitrag einer zur Tat geleistet hat. Einem solchen Tatbeitrag kann (muss aber nicht) 'Sympathie' für den Täter oder die Tat als Motiv zugrunde liegen. Sympathie allein ist kein Tatbeitrag. Sympathie hegen, Wohlgefallen, Zuneigung empfinden ist nicht strafbar [...]." Diese grundlegende Unterscheidung wurde in der öffentlichen Auseinandersetzung, die mitunter Züge einer Hexenjagd annahm, jedoch weitgehend ignoriert. Mit einem Anflug von Selbstironie hatte der Verband des Linken Buchhandels (VLB) im Oktober 1977 mit dem an einen Song der Rolling Stones erinnernden Aufkleber "Sympathy for the devil / Hexenjagd auf die Linke" für eine Podiumsdiskussion auf der Frankfurter Buchmesse geworben. Die radikale Linke fühlte sich in die Ecke gedrängt und zu Unrecht stigmatisiert. Eine Vorstellung vom Ausmaß an Projektionen auf die RAF-Häftlinge, von Delegierungen uneingestandener Wünsche an ihre noch aktiven Mitglieder, besaß sie allerdings nicht. Jedenfalls spielten sie in der erwähnten Diskussion, an der u. a. Walter Boehlich, Peter Brückner, Daniel Cohn-Bendit und Alice Schwarzer teilnahmen, keine Rolle. Diese Dimension blieb in der ansonsten wegen ihrer Bereitschaft zur Dauerdebatte so bekannten Szene sorgsam ausgespart. Was die außerordentlich hohe Anziehungskraft der RAF für die radikale Linke und ihre wichtigsten intellektuellen Wortführer, ihren habituellen Magnetismus anbetrifft, gilt es neben dem Auschwitz-Phantasma von Ulrike Meinhof, in welchem sie die Haftbedingungen der RAF-Täter mit denen der NS-Vernichtungslager gleichsetzt, eine ganze Reihe zusätzlicher Faktoren zu benennen: die Suggestivität einer Idee des bewaffneten Kampfes zu einer Zeit, in der eine pragmatische Reformpolitik von der sozialliberalen Koalition, also von Exponenten des ansonsten so verhassten Staates, selbst besetzt war;das Faszinosum Krieg in einer immer saturierter, jedoch in ethisch-moralischer Hinsicht nicht unbedingt glaubwürdiger gewordenen Nachkriegsgesellschaft;das Geheimnisumwitterte des Untergrunds und das Außeralltägliche des Guerillakampfes in einer an Abenteuern arm gewordenen Wohlstandsgesellschaft;der existentialistische Gestus, der der tendenziellen Sinn- und Perspektivlosigkeit der eigenen Biografie ein Ende zu machen versprach;die Entschlossenheit als Grundhaltung der Mitglieder der Stadtguerilla unddie Verlockung einer absoluten Machtphantasie, deren Auskostung Züge einer spezifischen "Lebensform RAF" annehmen konnte. Dies alles hat das ehemalige RAF-Mitglied Volker Speitel 1980 in einer Nachbetrachtung in der Fiktion einer Sehnsucht, der größenwahnsinnigen Suche nach dem "neuen Menschen", zusammengefasst: "Der Eintritt in die Gruppe, das Aufsaugen in die Norm und die Knarre am Gürtel entwickeln ihn dann schon, den 'neuen' Menschen. Er ist Herr über Leben und Tod geworden, bestimmt, was gut und böse ist, nimmt sich, was er braucht und von wem er es will; er ist Richter, Diktator und Gott in einer Person – wenn auch für den Preis, daß er es nur für kurze Zeit sein kann." Diese von der RAF verkörperte Machtphantasie war offenbar überaus verlockend. Oder in einer von Herfried Münkler gebrauchten und von Niklas Luhmann entlehnten Wendung, die die Allmachtsphantasien und das Suggestive des bewaffneten Kampfes auf einen gemeinsamen Nenner bringt: Die selbsternannte Guerilla der RAF sei eine "Komplexitätsreduktion mit Waffe" gewesen. Mit der Waffe in der Hand schien eine erfahrene Macht und eine absehbare politische Aussichtslosigkeit potentiell umkehrbar zu sein. Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Ausschnitt des Aufsatzes "Mythos RAF" von Wolfgang Kraushaar. Erschienen in: Wolfgang Kraushaar (Hrsg.): Die RAF und der linke Terrorismus, Hamburger Edition HIS Verlag, Hamburg 2007. Der französische Philosoph Jean-Paul Sartre besucht am 4.12.1974 Andreas Baader in Stuttgart-Stammheim. (© AP)
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Wolfgang Kraushaar
"2021-12-23T00:00:00"
"2011-12-21T00:00:00"
"2021-12-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/linksextremismus/geschichte-der-raf/49229/das-milieu-der-so-genannten-unterstuetzer-und-sympathisanten/
Nicht wenige Menschen sympathisierten mit der linksradikalen Ideologie der RAF. In der öffentlichen Meinung galten sie manchen als "das stille Reserveheer des Terrorismus".
[ "Rote Armee Fraktion", "RAF", "Terrorismus", "radikale Linke" ]
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Erinnerungskultur im Wandel | Danach – Der Holocaust als Erfahrungsgeschichte 1945 – 1949 | bpb.de
Claudia Lenz führte in dem Workshop "Kollaboration und Widerstand in den Nachkriegserzählungen Europas" der Gruppe vor Augen, wie trotz der unterschiedlichen Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg nach 1945 sehr ähnliche Ordnungsversuche unternommen wurden. Die Projektion, die man sich von dem Widerstand machte, bot eine positive Identifikationsmöglichkeit und stand der Kollaboration entgegen. Diese Polarisierung versperrte den Blick für die Grauzonen, so Lenz: Wie viele hatten eigentlich kollaboriert, wo fängt Widerstand, wo Kollaboration an? Jüdinnen und Juden zu verstecken, wurde in der unmittelbaren Nachkriegszeit selten als Widerstand anerkannt. Kollaborateure wurden "als Teil der Nation disqualifiziert"; gerade Frauen, die sich mit dem Feind eingelassen hatten, wurden oft mit einem langanhaltenden Stigma belegt. Lenz berichtete, dass zum Beispiel in Norwegen Frauen, die einen deutschen Soldaten geheiratet hatten, nach dem Krieg die Staatsbürgerschaft entzogen wurde. Bis heute haben sie diese nicht wiederbekommen. Nationale Ordnungsversuche am Körper der Frau Der Fokus des Workshops lag auf der Situation in Norwegen, wobei die Teilnehmenden auch Vergleiche mit Frankreich, Dänemark und Polen anstellten. Dreh- und Angelpunkt der Diskussion blieben die Frauen, die nach dem Krieg "auf archaische und anarchische Weise" durch die Orte getrieben wurden. Der Hass und Hohn, der ihnen auf offener Straße entgegen gebracht wurde, hält bei einigen dieser damaligen Bystander bis heute an. Lenz erzählte von Zeitzeuginnen, älteren Damen, die diese Frauen noch immer als "Abschaum" bezeichneten. Die Sexualität der Frauen zu kontrollieren, blieb ein wichtiges nationales Anliegen. In der Symbolik der Frau als Trägerin der Nation war gerade der sexuelle Kontakt zum Feind ein besonders neuralgischer Punkt. Die Männer hingegen, die politisch kollaboriert hatten, wurden noch immer ernst genommen und auf Augenhöhe – nämlich in der Regel in Prozessen – verurteilt. Scham bringt Erinnerungen zum Schweigen Nicht nur die Mutter von Anni-Frid Lyngstad, ABBA-Sängerin und "Deutschenkind", verließ ihre Heimat, um sich dem Hass zu entziehen. Die norwegische Erinnerungskultur erwähnte die "Deutschenmädchen" solange nicht, bis sich ihre Kinder in den 80er-Jahren organisierten. Erst im Zuge dieser Kampagne wurden die Erinnerungsdiskurse wieder aufgenommen, wobei noch immer kaum eine Mutter über ihre Vergangenheit sprechen wollte. Ähnlich schambesetzt war das Leiden traumatisierter Männer, die Schwäche der Invaliden. In den ersten Jahrzehnten konnten diese Aspekte nicht ausgesprochen werden, sie widersprachen den zeitgenössischen Konstruktionen von Männlichkeit. Erst in der Auseinandersetzung mit dem Holocaust hätte es Raum für das Leiden der Männer gegeben, so Lenz. Wie sich Erinnerungskultur entlang neuer Strukturen ändert, stellten die Teilnehmenden an einer weiteren heteronormativen Verengung fest: Von homosexuellen Beziehungen der Einheimischen mit deutschen Soldaten und deren Ahndung hatte noch keiner der Anwesenden gehört. Die Erfahrungsgeschichte des Holocaust und des Nationalsozialismus wird offensichtlich weiterhin ein aktuelles Thema bleiben; sie öffnet sich für bisher unterdrückte Narrative und entlang neuer Werte und Normen. Bildungsauftrag: Dekonstruktion Über die Frage, was dies für die aktuelle Bildungspolitik bedeuten könnte, wurde im Workshop aus Zeitmangel nicht mehr diskutiert. Claudia Lenz verriet zum Schluss nur so viel: In Zeiten von wirtschaftlichen, politischen und Identitätskrisen erlebten wir momentan ein Rollback zu Konstruktionen nationaler Zugehörigkeit. Die Bildungspolitik könnte dem entgegenwirken, diese Scheinidentitäten zu dekonstruieren, indem sie sich – wie im Workshop geschehen – mit Erinnerungskultur(en) kritisch auseinandersetzt. Interner Link: Vortragstranskript Claudia Lenz
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
"2015-01-27T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/veranstaltungen/reihen/konferenz-holocaustforschung/konferenz-holocaustforschung/200394/erinnerungskultur-im-wandel/
Wie die sogenannten "Basisnarrative" von Kollaboration und Widerstand in verschiedenen nationalen Kontexten der Nachkriegszeit ausgehandelt wurden, thematisierte Workshop vier unter der Leitung von Claudia Lenz. Ein Blick auf die Geschlechterrollen v
[ "Erinnerungskultur", "Deutschenmädchen", "Kollaboration", "Widerstand", "Gender" ]
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Verteilung der nachgewiesenen Erdöl-Reserven | Globalisierung | bpb.de
Durch Neufunde und neue Bewertungen bereits bekannter Ölvorkommen nahmen – parallel zum steigenden Ölverbrauch – die Erdöl-Reserven seit 1980 um rund 150 Prozent zu. Zum Beispiel können in Zeiten hoher Rohstoffpreise teure Fördertechniken zum Einsatz kommen und entsprechend den Reservebestand erhöhen. So sind unter den drei Staaten mit den höchsten Erdöl-Reserven mit Venezuela und Kanada (Rang 1 und 3) zwei Staaten, deren Reserven oft nur unter hohem Aufwand gefördert werden können. Hingegen kann in Saudi-Arabien – als Teil des ölreichen Mittleren Ostens (47,7 Prozent der weltweiten Reserven) – ganz überwiegend mit konventionellen Methoden gefördert werden. Fakten Nach Angaben des Energiekonzerns British Petroleum (BP) erhöhten sich die weltweiten Erdöl-Reserven zwischen 1980 und 2014 von 683 auf 1.700 Milliarden Barrel. Obwohl der tägliche Ölverbrauch parallel von 61 auf 92 Millionen Barrel zunahm (plus 50,4 Prozent), reduzierten sich die Erdöl-Reserven im gesamten Zeitraum von 1980 bis 2014 lediglich zweimal (1997/1998 um 19,6 Mrd. Barrel und 2013/2014 um 0,9 Mrd. Barrel). Die Steigerung der Erdöl-Reserven ist dabei sowohl auf Neufunde als auch auf Neubewertungen zurückzuführen. Neubewertungen erfolgen insbesondere dann, wenn durch neue Techniken bekannte, aber bisher nicht zu fördernde Ressourcen gefördert werden können oder wenn steigende Ölpreise den Einsatz teurer Techniken ermöglichen – und damit zum Beispiel auch nicht-konventionelles Erdöl, wie Ölsand oder Erdöl aus dichten Gesteinen, gefördert werden kann. Bei den Neufunden handelt es sich häufig um Funde in der Nähe bereits bekannter Ölvorkommen. In diesem Zusammenhang stellte die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in einer 2009 veröffentlichten Studie fest: Werden die Zuwächse bei bereits entdeckten Lagerstätten auf das jeweilige Fundjahr zurückdatiert ('Back Dating'), dann nehmen die Meldungen von Neufunden seit Anfang der 1960er-Jahre insgesamt ab. Die weltweiten Erdöl-Reserven sind sehr ungleich verteilt. So lag der Anteil des Mittleren Ostens an den weltweiten Reserven im Jahr 2014 bei 47,7 Prozent. Mit großem Abstand folgten Mittel- und Südamerika mit 19,4 Prozent, Nordamerika mit 13,7 Prozent sowie Europa und Eurasien mit einem Anteil von 9,1 Prozent. Afrika (7,6 Prozent) und Asien-Pazifik (2,5 Prozent) waren die beiden Regionen mit dem niedrigsten Anteil an den Ölreserven. Bezogen auf die einzelnen Staaten ist Venezuela seit 2010 der Staat mit dem höchsten Anteil an den weltweiten Erdöl-Reserven – noch vor Saudi-Arabien (2014: 17,5 gegenüber 15,7 Prozent). Diese Entwicklung ist vor allem auf die Neubewertung der Ölvorkommnisse im Orinoco-Gürtel zurückzuführen. Ebenso steht Kanada bei den Reserven an dritter Stelle (2014: 10,2 Prozent), weil – im Gegensatz zu früheren BP-Berichten – auch die Ölsand-Vorkommen Kanadas zu den Reserven gezählt werden. Es folgten Iran (9,3 Prozent), Irak (8,8 Prozent), Russland (6,1 Prozent), Kuwait (6,0 Prozent), die Vereinigten Arabischen Emirate (5,8 Prozent), die USA (2,9 Prozent), Libyen (2,8 Prozent) sowie Nigeria (2,2 Prozent). Werden die Erdöl-Reserven des Jahres 2014 in Beziehung zum Verbrauch desselben Jahres gesetzt, dauert es unter sonst gleichbleibenden Bedingungen und ohne Neufunde beziehungsweise Neubewertungen noch 50,6 Jahre bis die Reserven komplett aufgebraucht sind. 1980 lag dieser Wert noch genau zwanzig Jahre niedriger. Zusätzliche Ölfunde sowie technische und wirtschaftliche Neubewertungen haben den Wert bis 1987 auf 41,3 Jahre steigen lassen – diese Marke wurde seitdem nicht mehr unterschritten. Könnten die einzelnen Regionen ausschließlich auf die eigenen Reserven des Jahres 2014 zurückgreifen, würde es – ausgehend von dem Verbrauch des Jahres 2014 – keine 4 Jahre dauern, bis ganz Asien-Pazifik ohne Öl auskommen müsste (3,8 Jahre). In Nordamerika wären es 27,3 Jahre, in der Region Europa und Eurasien 23,2 Jahre – die EU käme dabei allerdings nur ein gutes Jahr mit ihren Reserven aus (1,3 Jahre). Im Mittelfeld lagen im Jahr 2014 Afrika mit 93,2 Jahren sowie Mittel- und Südamerika mit 127,0 Jahren. Lediglich der ölreiche Mittlere Osten müsste erst in gut 255 Jahren unabhängig vom Öl sein (255,1 Jahre). Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen Zu den Erdöl-Reserven zählen die nachgewiesenen Vorkommen, die unter den derzeitigen wirtschaftlichen und technischen Bedingungen künftig gefördert werden können. Von den Reserven sind grundsätzlich die Ressourcen zu unterscheiden. Ressourcen sind zum einen die nachgewiesenen, aber derzeit technisch und/oder wirtschaftlich nicht gewinnbaren Mengen an Energierohstoffen, zum anderen die nicht nachgewiesenen, aber geologisch möglichen, künftig gewinnbaren Mengen an Energierohstoffen. Erdöl ist ein natürlich vorkommendes Gemisch aus flüssigen Kohlenwasserstoffen. Die bei der Erdgasförderung anfallenden flüssigen Kohlenwasserstoffe wie Natural Gas Liquids (NGL) und Kondensate werden der Erdölförderung zugerechnet. Konventionelles Erdöl ist vergleichsweise flüssig und kann mit relativ einfachen Methoden (Eigendruck, Hochpumpen, Fluten mit Wasser oder Einpressen von Wasser bzw. Gasen) gefördert werden. Nicht-konventionelles Erdöl (darunter Schwerstöl, Ölsand, Erdöl aus dichten Gesteinen, Ölschiefer) kann nicht mit "klassischen" Methoden gefördert werden und ist oft nur bedingt oder nicht fließfähig. Die von BP veröffentlichten Angaben zu den Ölsand-Vorkommen Kanadas, die aktiv erschlossen werden, sind offizielle Schätzungen. Die Angaben zu den Reserven Venezuelas im Orinoco-Gürtel basieren auf Angaben der Regierung und des OPEC-Sekretariats. Informationen zur Endlichkeit des Rohstoffs Erdöl finden Sie Interner Link: hier... OPEC – Organization of the Petroleum Exporting Countries (Organisation erdölexportierender Länder) OECD – Organisation for Economic Co-operation and Development (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) Eine (metrische) Tonne Rohöl entspricht 7,33 Barrel. Quellen / Literatur British Petroleum (BP): Statistical Review of World Energy 2015 British Petroleum (BP): Statistical Review of World Energy 2015
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-01-14T00:00:00"
"2012-01-10T00:00:00"
"2022-01-14T00:00:00"
https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/globalisierung/52764/verteilung-der-nachgewiesenen-erdoel-reserven/
Durch Neufunde und neue Bewertungen bereits bekannter Ölvorkommen nahmen – parallel zum steigenden Ölverbrauch – die Erdöl-Reserven seit 1980 um rund 150 Prozent zu. Zum Beispiel können in Zeiten hoher Rohstoffpreise teure Fördertechniken zum Einsatz
[ "Zahlen und Fakten", "Globalisierung", "Energie", "Erdöl", "Erdöl-Reserven", "Energieabhängigkeit", "fossile Brennstoffe", "Ressourcenverbrauch" ]
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Integration - gesellschaftliches Risiko und politisches Symbol - Essay | Integration | bpb.de
Einleitung Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Zu- und Einwanderungsland. Diesen Sachverhalt anzuerkennen und politisch und rechtlich auszugestalten - damit hat sie sich lange Zeit schwer getan. Nach den ersten Reformen des Ausländergesetzes 1990 und 1993 sowie der Öffnung des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts für Zuwanderer im Jahre 2000 trat im Jahr 2005 das Zuwanderungsgesetz in Kraft. Dank des Statistischen Bundesamtes haben wir kurz danach erfahren: Jedem fünften in Deutschland lebenden Menschen ist die Zuwanderung in die Familienbiographie eingeschrieben. Und für die Zukunft steht fest, dass die demographischen Ungleichgewichte einer alternden Bevölkerung zwar durch Zuwanderung allein nicht korrigiert, einige ihrer problematischen Folgen für Wirtschaft, private Haushalte und die sozialen Sicherungssysteme aber doch abgemildert werden könnten, wenn es denn bei einer positiven Wanderungsbilanz bliebe. Damit zeichnet sich ab: Es gibt keine Alternative zur Integration von Migrantinnen und Migranten. Sie werden gebraucht, und sie sind umgekehrt ihrerseits an ihrer Integration interessiert, geht es dabei doch um den Zugang zu den für die Lebensführung wichtigen gesellschaftlichen Bereichen wie Bildung, Arbeit, Gesundheit, Wohnung, Recht und Sicherheit. Es kann daher fast nicht mehr erstaunen, dass sich gegenwärtig alle um Integration als politisches Symbol versammeln. Zwischenzeitlich öffentlichkeitswirksam kommunizierte Übertreibungen, denen zufolge überall Anzeichen für das Scheitern der Integration auszumachen sind, haben den von Kanzlerin Angela Merkel einberufenen Integrationsgipfel provoziert; und mittlerweile ist in zahlreichen ministeriellen Arbeitsgruppen am nationalen Integrationsplan gearbeitet worden. Die List der Vernunft hat offenbar die Migrations- und Integrationsskeptiker zu den Beförderern genau der politischen Anstrengungen werden lassen, welche von den Befürwortern lange vergeblich angemahnt wurden. Aber politische Konjunkturen sind vergänglich. Will man auf den Feldern von Migration und Integration nicht die Übersicht verlieren, empfiehlt es sich, Fragen der gesellschaftlichen Integration von Migranten, Möglichkeiten ihrer politischen Gestaltung und symbolische Politik auseinander zu halten: Der Grad der gesellschaftlichen Integration von Migranten gibt - soziologisch gesehen - im Kern Antwort auf die Frage, in welchem Ausmaß es diesen gelingt, an den für die Lebensführung bedeutsamen gesellschaftlichen Bereichen teilzunehmen, also Zugang zu Arbeit, Erziehung und Ausbildung, Wohnung, Gesundheit, Recht, Politik, Massenmedien und Religion zu finden. Die moderne Gesellschaft mutet allen Individuen - nicht nur Migranten - zu, dies eigenständig und in Ausrichtung an den in den verschiedenen Bereichen jeweils gültigen Anforderungen zu realisieren. Integration bezeichnet daher eine Problemstellung, mit der unterschiedslos alle Menschen konfrontiert sind. Dabei ist kein Individuum auf Dauer in "die Gesellschaft" als solche integriert. Integration erfolgt stets nur auf Zeit in die jeweils bedeutsamen sozialen Zusammenhänge, und sie gelingt keineswegs selbstverständlich, wie die jüngste Debatte um "das abgehängte Prekariat" zeigt; jedes Individuum muss sich ggf. stets aufs Neue darum bemühen. Ausschlaggebend für den Verlauf von Integration sind die Bedingungen, unter denen die Individuen sich dieser modernen Zumutung stellen. Diese betreffen einerseits die sozialen Anforderungen, wie sie auf Märkten, im Erziehungssystem, im Recht, in der Politik oder im Gesundheitswesen gültig sind, andererseits die den Individuen zur Verfügung stehenden materiellen, sozialen und kulturellen Ressourcen. Das gilt zunächst für alle. Migrantinnen und Migranten unterscheiden sich ggf. von anderen im Hinblick auf ihre individuelle Ausstattung - insbesondere mit kulturellen und sozialen Ressourcen: Sie müssen meist die Verkehrssprache des Zuwanderungslandes, insbesondere die Schriftsprache erlernen, ihr erlerntes Wissen und Können, ihre Wertvorstellungen und normativen Erwartungen gemäß den Anforderungen der Gesellschaft neu ausrichten und erweitern sowie in neue soziale Beziehungen zu relevanten Organisationen und Personen treten, die den Zugang zu den wichtigen Lebensbereichen vermitteln. Ihre mitgebrachten Ressourcen können sich dabei sowohl als Potenziale als auch als Barrieren der Integration erweisen. Ob Migranten ihre Kompetenzen zur Geltung bringen können, hängt auch von den sozialen Bedingungen und Barrieren ab, auf die sie treffen. Sehen sich Migranten in verschiedenen Bereichen der Integration Anforderungen gegenüber, die für alle gleich gültig sind? Oder treffen sie auf Barrieren, die insbesondere sie benachteiligen, sei es auf dem Arbeitsmarkt beim Zugang zu Arbeitsplätzen, sei es im Bildungssystem hinsichtlich der Vermittlung von Wissen und der Zuweisung von Kompetenz und Karriereaussichten, sei es im Staat beim Zugang zu bürgerlichen und sozialen Rechten, sei es in Kommunen beim Zugang zu Leistungen der Gesundheit, der Beratung und Fürsorge, sei es in Familien hinsichtlich der Ausrichtung auf Erziehung und Ausbildung oder des Knüpfens von Freundschaften. Die Integration, ihre Verläufe, ihre Erfolge und Misserfolge sind in erster Linie das Ergebnis der Anstrengungen der Migranten, die Anforderungen in den verschiedenen Bereichen zu erfüllen: also in den Arbeit nachfragenden oder Leistungen bereitstellenden Organisationen in Wirtschaft, Erziehung und Ausbildung, Gesundheit, Recht und Politik. Den Migranten und ihren Familien werden trotz und wegen der Freiheit der kulturellen Lebensgestaltung erhebliche Anpassungsleistungen abverlangt. Zugleich sind ihre Erfolgsaussichten aber durch Hürden eingeschränkt, die kaum funktionalen Erfordernissen von Unternehmen, Schulen, Verwaltungen oder Krankenhäusern geschuldet sind, sondern vielmehr der Kontrolle der Arbeitgeber über den Zugang zu Arbeits- und Ausbildungsplätzen, den organisatorischen Alltagsroutinen in Verwaltungen und Schulen oder der Durchsetzungsfähigkeit der Mittel- und Oberschichten in der Konkurrenz um Bildung. Integration heißt auch Konkurrenz um knappe Güter und Irritation organisatorischer Alltagsroutinen durch ein sich wandelndes Publikum. Sie kann nur durch beides hindurch gelingen - und sie kann, weil sie in Unternehmen, Schulen, Krankenhäusern und lokalen Verwaltungen sowie in Familien erfolgen muss, nicht etwa allein oder auch nur vorwiegend politisch verordnet und ebensowenig politisch bewirkt werden. Denn ggf. verdient man Geld in Unternehmen, erwirbt Wissen in der Schule, überwindet Krankheiten mit Hilfe des Arztes und wird geliebt in der Familie. In der politisch-öffentlichen Diskussion über Migration und Integration muss auf eine solche Selbstverständlichkeit wie die, dass die Politik nicht stellvertretend integrieren kann, immer wieder hingewiesen werden; denn hier trifft man auf einen erstaunlichen Glauben an die Reichweite der Politik, der doch sonst längst abhanden gekommen ist. Es gilt zu unterscheiden zwischen der Frage, welche Möglichkeiten die Politik in der Gestaltung von Integrationsprozessen hat, und welche Bedeutung der Kommunikation von Integrationspolitik als politischem Symbol zukommt. Der Politik stehen im Feld der Integration wie auch sonst im Kern drei Möglichkeiten zur Verfügung: Recht, Geld und mobilisierende "Überredung". Es wird Geld für Integrationskurse bereitgestellt, das Zuwanderungsgesetz legt aber zugleich fest, dass Migranten, die es nötig zu haben scheinen, auch teilnehmen müssen, andernfalls drohen ihnen Sanktionen. Die übrigen Migranten, die nicht mehr zur Teilnahme an diesen Kursen gezwungen werden können, werden durch Kampagnen dazu "überredet". Integrationspolitik kann, genau betrachtet, aus nichts anderem bestehen als aus solchen Bündeln von Gesetzen, der Bereitstellung von Geld für Programme und Maßnahmen sowie aus "mobilisierenden Überredungen". Diese sind entweder an die Migrantenfamilien und ihre Integrationsressourcen - Sprache, Wissen und Können, soziale Beziehungen - oder an die verschiedenen gesellschaftlichen Bereiche der Integration und ihre Organisationen in der Wirtschaft, Erziehung, Gesundheit, Religion, an das Recht oder die Politik selbst adressiert. Man verbietet rechtlich Diskriminierung, fördert Beschäftigung sowie Aus- und Weiterbildung mit Geld, mobilisiert Migrantinnen und Migranten und ihre Vereine und Verbände zur Integration und überredet die Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen zu Beschäftigungspakten und anderen Selbstverpflichtungen sowie "die Zivilgesellschaft" - also lokale Sport- und andere Vereine, Kulturorganisationen, Nachbarschaften oder freie Träger - zu mehr Offenheit für "Verschiedenheit": "Managing diversity" und "interkulturelle Öffnung" lauten die europaweiten Mobilisierungsformeln. Damit wird in das öffentliche Bewusstsein gerückt, dass die Integration von Migranten eine generationenübergreifende und keine vorübergehende Problemstellung ist. Unter den Bedingungen von internationaler Migration und Integration kommt es zur Neuauflage einer den europäischen Wohlfahrtsstaaten vertrauten und sie im Kontext der Globalisierung verstärkt herausfordernden Problemstellung: Es geht nicht nur um die Gewährleistung von Teilnahmechancen und sozialer Sicherheit für alle Individuen, sondern auch um die Verhinderung der Stabilisierung von Ungleichheits- und Ausschlussverhältnissen. Ihrem institutionalisierten Selbstverständnis nach gehört es zu den Aufgaben von modernen Wohlfahrtsstaaten, allen Individuen die Chance einzuräumen, die Ungleichheitsverhältnisse, in die sie hineingeboren worden sind, hinter sich lassen zu können: ihnen nicht schicksalartig ausgeliefert zu sein. Der "aktivierende Wohlfahrtsstaat" verlangt den Individuen mehr Eigenverantwortung ab, er setzt nicht mehr - wie der fürsorgende Wohlfahrsstaat - auf materielle Gleichheit, sondern auf Chancengleichheit bei Akzeptanz von materieller Ungleichheit. Er verspricht aber im Gegenzug, all jenen, die sich in prekären Verhältnissen befinden, Unterstützung zu gewähren, um aus diesen herauszukommen. Die Resultate der PISA-Studien haben an der Einlösbarkeit dieses Versprechens bestehende erhebliche Zweifel untermauert. Die festgestellte Stabilität der Bildungsungleichheit betrifft nicht nur die Migrantenkinder, sondern alle bildungsfernen Schichten - sie scheinen ihrem Schicksal kaum entkommen zu können. Die Migranten und ihre Kinder sind nur die jüngsten Kandidaten, die von den Mechanismen der Stabilisierung sozialer Ungleichheit und sozialem Ausschluss erfasst werden. Vor diesem Hintergrund erschließt sich die Ambivalenz der zentralen Stellung von Integration als einem politischen Symbol. In dem Maße, in dem Migration und Integration als politisch unabweisbare und dauerhafte Aufgabenstellungen begriffen worden sind, richtete sich in der öffentlichen Diskussion die Aufmerksamkeit auf die problematischen Resultate bisheriger Integrationsverläufe. Es ist sicher hilfreich, wenn die soziale Integration von Migranten und deren Nachkommen öffentlichkeitswirksam als Daueraufgabe angemahnt und wenn ein Bewusstsein dafür geschaffen wird, dass alle gesellschaftlichen Bereiche in Deutschland wie in ganz Europa lernen müssen, sich darauf einzustellen und entsprechende Routinen auszubilden. Aber gerade weil Prozesse der Integration riskant sind und weil sie - insbesondere nach der späten Einsicht in die Erfordernisse ihrer politischen Gestaltung - Zeit brauchen, ist in ihrer jüngsten symbolischen Aufladung schon die Möglichkeit der Enttäuschung überhöhter Erwartungen eingeschlossen. Nicht alle Programme und Maßnahmen werden greifen, und sie können sich auch als unbeabsichtigte Barrieren erweisen. So gehen zum Beispiel in zahlreichen nordwesteuropäischen Ländern Arbeitsförderungsprogramme mit hoher Dauerarbeitslosigkeit (nicht nur) von Migranten einher, während die südeuropäischen Länder, die kaum solche Programme haben, keine vergleichbare Dauerarbeitslosigkeit von Migranten kennen. Wenn Integrationspolitik öffentlich vor allem als Sonderanstrengung begriffen wird und nicht als regulärer Teil einer ohnehin schwieriger gewordenen Gesellschaftspolitik in den europäischen Wohlfahrtsstaaten, Risiken der Zunahme von Ungleichheit und des sozialen Ausschlusses einzuschränken, dann wird die symbolische Aufladung dieser Politik den Boden dafür bereiten, dass misslingende Integration erneut einseitig zugeschrieben wird: sei es den Migranten als Verweigerung oder Versagen, sei es einer in ihren Möglichkeiten überschätzten Politik. Der Verlauf der Integration von Migrantinnen und Migranten ist absehbar nur ein Indiz unter vielen dafür, inwieweit europäischen Wohlfahrtsstaaten die Gestaltung von Integration insgesamt noch gelingt.
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Bommes, Michael
"2021-12-07T00:00:00"
"2011-10-05T00:00:00"
"2021-12-07T00:00:00"
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/30447/integration-gesellschaftliches-risiko-und-politisches-symbol-essay/
In der modernen Gesellschaft ist Integration schwierig: nicht nur für Migrantinnen und Migranten. Deshalb ist in ihrer jüngsten symbolischen Aufladung schon die Möglichkeit der Enttäuschung überhöhter Erwartungen eingeschlossen.
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Die Galerie Arkade | Autonome Kunst in der DDR | bpb.de
Bildergalerie zur "Galerie Arkade" Im März 1973 übernahm der Kunsthistoriker Klaus Werner die Geschäftsführung der Genossenschaft bildender Künstler, die dort ein Kunstgewerbegeschäft betrieb. Am 12. November desselben Jahres eröffnete er mit Unterstützung des Vorstandes der Genossenschaft eine Galerie für Gegenwartskunst, mit deren Programm er vor allem jüngeren, noch unbekannten und umstrittenen älteren Künstlerinnen und Künstlern Anerkennung verschaffen wollte. Im Juli 1975 wurde die Galerie vom im Jahr zuvor gegründeten Staatlichen Kunsthandel der DDR übernommen. Klaus Werner war bereits mehrfach reglementiert und aus Anstellungen entlassen worden, weil er sich dem Diktat einer politisch-ideologisch begründeten Kunstpolitik nicht unterworfen hatte und stattdessen unerwünschte Außenseiter protegierte. Er hatte Kunstgeschichte an der Berliner Humboldt-Universität studiert und war von 1963 bis 1964 Referent im Ministerium für Kultur der DDR. Nach seiner Entlassung profilierte er sich als freiberuflicher Kunstwissenschaftler. 1968 folgten eine Assistenz beim Rat für Kulturwissenschaften im Ministerium für Kultur unter Klaus Gysi, ein "Bewährungsaufenthalt“ als Referent für bildende Kunst beim Rat des Bezirkes in Neubrandenburg, die Leitung der Druckwerkstätten der Kunsthochschule Berlin-Weißensee und schließlich 1973 die Beschäftigung bei der Künstlergenossenschaft. In den acht Jahren des Bestehens der Galerie Arkade entstanden 67 Ausstellungen. Klaus Werner konzipierte die Einzelpräsentationen mit den Künstlern selbst, verstand seine Arbeit jedoch in der Tradition der großen Galeristen des frühen 20. Jahrhunderts, die nicht nur die Künstler als Freunde und Mäzene unterstützten, sondern immer auch die Öffentlichkeit, das heißt den Sammler und Kunstliebhaber, im Blick hatten. Künstlern der älteren Generation wie Hermann Glöckner und Willy Wolff bot die Galerie ein Podium ebenso wie den damals Mitvierzigern Horst Bartnig, Carlfriedrich Claus, Harald Metzkes, Robert Rehfeldt, Gil Schlesinger und Max Uhlig. Das Programm wurde ergänzt durch neuere Positionen von Michael Morgner, Thomas Ranft, Dagmar Ranft-Schinke und Gregor-Torsten Kozik (Schade) – sie gründeten 1977 die unabhängige Produzentengalerie Interner Link: „Clara Mosch“ in Karl-Marx-Stadt – oder Manfred Butzmann, Lutz Dammbeck, Eberhard Göschel, Hans-Hendrik Grimmling und Erhard Monden. Der Galerist legte gleichfalls großen Wert auf die kunstwissenschaftliche Dokumentation seiner Arbeit und vermittelte damit zeitgenössische Kunst auf eine Weise, die damals eher unüblich war: Er veröffentlichte Werkverzeichnisse, Editionen, Mappenwerke und Kataloge zu thematischen Ausstellungen mit dem Ziel, ein kleines Kompendium zur Kunst der DDR im Kontext neuester, auch internationaler Entwicklungen herauszugeben. Neben den Ausstellungen wurden von der Galerie Vorträge zu internationalen Kunstentwicklungen, Pleinairs, Auktionen sowie Studien- und Städtereisen organisiert. Diese Veranstaltungen, vor allem die Interner Link: Pleinairs, führten zu Werners fristloser Entlassung und zur Schließung der Galerie. Die Direktion des Staatlichen Kunsthandels warf ihm vor, Videokameras und Fotoapparate für die Aktionen illegal beschafft zu haben. Die Anschuldigungen dienten jedoch eher als Vorwand, dem engagierten Galeristen das Wirkungsfeld zu entziehen. Nach der Schließung der Galerie Arkade und seiner fristlosen Entlassung Ende 1981 lebte Klaus Werner als freier Kunsthistoriker in Leipzig. 1991 gründete er dort die Galerie für zeitgenössische Kunst, deren Direktor er 1998 bis 2000 war. Im Jahre 2000 wurde er zum Professor und Rektor der Interner Link: Hochschule für Grafik und Buchkunst berufen. Klaus Werner starb im Januar 2010 in Leipzig. Quellen / Literatur Klaus Werner: Für die Kunst. Hrsg. von der Stiftung NEUE KULTUR Potsdam/Berlin. Köln 2009. Klaus Werner: Für die Kunst. Hrsg. von der Stiftung NEUE KULTUR Potsdam/Berlin. Köln 2009.
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Uta Grundmann
"2022-04-01T00:00:00"
"2012-01-20T00:00:00"
"2022-04-01T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/deutsche-teilung/autonome-kunst-in-der-ddr/55802/die-galerie-arkade/
Zu den wichtigsten öffentlichen Orten nichtideologischer Kunstproduktion in der DDR zählte die Galerie Arkade. Sie lag bis zu ihrer Schließung im Jahre 1981 am Strausberger Platz, einem sehr exponierten Platz an der Karl-Marx-Allee in Ostberlin.
[ "Galerie Arkade", "Kunst", "Kultur", "Galerie", "DDR", "Berlin" ]
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Putins Dienstausweis im Stasi-Archiv | Deutschland Archiv | bpb.de
Der Anlass ist feierlich, wert gewürdigt zu werden und eine treffliche Gelegenheit, diese Zeit zu reflektieren. Drei Jahrzehnte haben mittlerweile unser aller persönliches und politisches Leben neu geprägt. In diesen drei Jahrzehnten seit dem 3. Oktober 1990 haben viele von uns ehemaligen Volkskammerabgeordneten wieder in ihre ursprüngliche Beschäftigung zurückgefunden oder waren in der „Berufspolitik“ mit Europa-, Bundes- und Landtagsmandaten im Wählerauftrag tätig, viele von uns haben aber auch in der Kommunalpolitik ihre Berufung gefunden, unsere freie Bürgergesellschaft mitzugestalten - so mühsam das manchmal auch ist und so wenig Aufmerksamkeit das leider oft erfährt. Drei Jahrzehnte hatten wir also in Deutschland und Europa Zeit, dem Auftrag der Friedlichen Revolution vom Herbst ´89 zu folgen und den Vorgaben des Einigungsvertrages entsprechende Entscheidungen zu treffen. Wurde eigentlich alles umgesetzt, was damals mühsam ausgehandelt wurde? Ob man dazu wissenschaftliche Expertise braucht oder das dem gesunden Menschenverstand überlässt, ist sicher die Frage zwischen historischer und individueller Betrachtung. Ich persönlich halte die wesentlichen Wünsche und damaligen Forderungen für erfüllt. Damals war es eine sehr vorbildhafte Arbeitsweise in der Volkskammer. Auch wir, die Liberale Fraktion unter Rainer Ortleb, bewerteten alle Vorschläge von Fraktionen und die Gesetzentwürfe der Regierung maßgeblich daran, ob diese jeweils gut oder schlecht für den schnellen Weg zur Deutschen Einheit waren. Dem nachfolgenden 12. Deutschen Bundestag gestehe ich persönlich und als Staatsbürger diese Herangehensweise gerne auch noch zu. Ansonsten mag das jeder gerne selbst bewerten. Doch für die Konstellationen der bekannten sogenannten „Großen Koalitionen“ und den Trend zur „Besitzstandswahrung“ in den Parlamenten der letzten Jahre gilt das für mich nicht mehr. Diese durchaus kritische Betrachtung gehört zur politischen Ehrlichkeit selbst-verständlich dazu. Folgende Anregung leitet sich für mich daraus ab: Anregung: Längere Wahlperioden aber begrenzte Amtszeiten Wir 409 Mitglieder der letzten Volkskammer waren nur 173 Tage im Amt und leisteten eine beispielhaft intensive Gesetzesarbeit, an deren Ende wir uns als Parlament sogar selber abschafften. Heute sehen wir Abgeordnete, die wesentlich länger amtieren, aber es deutlich schwerer haben zu vermitteln, was das Ergebnis ihrer Arbeit als Berufspolitiker eigentlich ist. Manche verteidigen ihre Sitze mehr als drei Legislaturperioden. Aber entspricht das eigentlich demokratischem Geist? Müssen nicht gerade demokratische Institutionen vorbildlich ermöglichen, dass junge Demokraten/Innen dort auch Fuß fassen können, so dass wirklich alle Generationen vertreten sind? Die Amtszeit des Bundespräsidenten ist aus gutem Grund auf zwei Amtsperioden beschränkt. Warum nicht auch die eines Bundeskanzlers oder einer Bundeskanzlerin? Und wäre es nicht vernünftig, dass auch Bundestagsabgeordnete nur zweimal oder höchstens dreimal in den Bundestag gewählt werden dürfen? Gegebenenfalls mit der Verlängerung der Wahlperiode auf fünf Jahre sowie der Begrenzung der Gesamtmandate im Bundestag. Wie viel mehr Ideen, frischen Geist und neue Sichtweisen würde das in das Parlament bringen, und wie viel mehr demokratischer Wettbewerb würde die kommunale Ebene beleben, dort wo die Bundestags-Kandidaten ihre Wahlkreise haben. Dies nur nebenbei als ein Denkanstoß. Lassen Sie mich aber für einen positiven Rückblick erst noch einmal zum Herbst ´89 und zum parlamentarischen Jahr 1990 zurückkommen. Im Herbst ´89 stellte sich für mich und tausende weitere DDR-Bürger und Bürgerinnen die Frage: Weiter so oder Widerstand? Nicht alle, aber plötzlich unübersehbar viele, die lange schwiegen, entschieden sich für Demonstrationen gegen das DDR-Regime und gegen den DDR-Unrechts-Staat. Zehntausende demonstrierten für Meinungsfreiheit, für freie Wahlen, für gesellschaftliche und politische Veränderungen. Andere machten ihre Kritik deutlich, indem sie über Ungarn oder die Tschechoslowakei flüchteten, die spektakulären Botschaftsbesetzungen, die Züge in die Freiheit, all das veränderte die Situation in der DDR. Und der Bürgermut wuchs. Bis hin zu den der Besetzung der Stasi-Bezirksverwaltungen im Dezember 1989. Keine Gewalt, sondern die Macht der Straße und die Ohnmacht der Mächtigen, wie das mein Freund Joachim Gauck einmal beschrieb, setzte ein ganzes totalitäres Machtgefüge außer Kraft. Die Lehre daraus: Friedliche Veränderungen sind möglich, parteilicher Disput ohne Gewalt, Akzeptanz von Mehrheiten und die Präferenz von Recht und Ordnung – ohne menschliches Leid – das kann funktionieren! Schon allein diese Botschaft wäre es in den letzten 30 Jahren wert gewesen, jedes Jahr proklamiert zu werden als ein Zeichen gegen politischen Extremismus jeder Art. Das wäre vor allem für die heutige Jugend ein wichtiger Anstoß für den politischen Diskurs. Im Ergebnis dieser Zeitreise versuchte damals die Modrow-Übergangsregierung - zum Teil mit alten Eliten - eine reformierte DDR zur Beruhigung der Lage aufzubauen. Das Ministerium für Staatssicherheit, das MfS, zwischenzeitlich umbenannt in AfNS, sollte Verfassungsschutz der damaligen DDR werden. Aber diese DDR und ihre alten Repräsentanten hatten keine Überzeugungskraft und keine politische Glaubwürdigkeit mehr, noch weniger in der Wirtschaft. Die Modrow-Regierung und die am 1. März 1990 von ihr etablierte Treuhand hätten besser das ernüchternde Schürer-Papier aus dem Herbst ´89 zur desaströsen volkswirtschaftlichen Lage in der DDR lesen sollen als zu glauben, man könnte den Folgen der sozialistischen Planwirtschaft noch entkommen. Dass es auch gut geführte Betriebe gab, tolle Ingenieurleistungen und respektable Bemühungen, aus der Mangelwirtschaft etwas zu machen, ist dabei unbestritten. Was aber nicht zu verhindern war, war der anhaltende Wille der Menschen nach den gleichen Freiheiten und Chancen, nach den gleichen Lebens und Wirtschaftsbedingungen wie sie die Menschen in der Bundesrepublik seit Jahrzehnten schon hatten. Mit der vorgezogenen Volkskammerwahl auf den 18. März 1990 bot sich die greifbare Möglichkeit, zur sozialen Marktwirtschaft zu kommen, zu einem demokratischen Rechtsstaat und vor allem zur Deutschen Einheit. Auch für mich bedeutete das zu meiner großen Überraschung ein Volkskammer-Mandat. Das Wahl-Ergebnis zeigte, die Menschen wollten keine weiteren sozialistischen Experimente, sie wollten die Deutsche Einheit - so schnell als möglich! Das wurde zu unserem Auftrag für die 10. Volkskammerwahlperiode - für vier Jahre gewählt. Für mich war die Friedliche Revolution im Parlament angekommen! Den Auftrag von diesem Wahlabend haben wir dann gemeinsam in nur einem halben Jahr abgearbeitet. Schnell holte uns der parlamentarische Alltag mit einem Vollzeit-Job in Berlin ein. Eine nach heutigem Muster notwendige Wahlkreisarbeit war damals kaum möglich. Zu gewaltig waren die Aufgaben für uns alle – sowohl im Parlament als auch für die Regierung von Lothar de Maiziére. Die Konstituierung der Volkskammer und der Fraktionen, im Ergebnis die Verteilung der Arbeit in den jeweiligen Ausschüssen, parlamentarische Arbeit bis in die Nächte hinein. Dies alles höchst improvisiert - ohne angemessene Arbeits- und Unterbringungsmöglichkeiten. Schwerpunkt Stasiaufarbeitung Mich schickte die Liberale Fraktion in ein Gremium, das nur wenige Fraktionskollegen attraktiv fanden, in den „Ausschuss zur Kontrolle der Auflösung des MfS/AfNS“ und in den „Abgeordneten-Überprüfungs-Ausschuss“. Hier wuchs ich in eine Aufgabe hinein, die bis zum Ruhestand meine weitere berufliche Tätigkeit prägen sollte - in der Stasi-Unterlagen-Behörde an deren Standorten in Chemnitz, Erfurt und zuletzt 20 Jahre lang in Dresden. Dort fand sich Ende 2018 kurz vor meinem Ruhestand der Stasi-Hausweis Wladimir Putins, mit dem er problemlos als KGB-Mann Stasi-Dienststellen aufsuchen konnte. Manchmal denke ich, wäre nicht der Reformer Gorbatschow damals an die Macht in der Sowjetunion gekommen, sondern ein so von Geheimdienstfeindbildern geprägter Mann, es hätte weder eine Friedliche Revolution, eine freie Volkskammer oder Wiedervereinigung gegeben, und erst recht keine Stasi-Unterlagen-Behörde. Daher ist diese „Institution“ für mich bis heute ein weltweit einzigartiges Vermächtnis der Friedlichen Revolution und unserer parlamentarischen Volkskammer-Arbeit. Ermöglicht wurde auf beispielhafte Weise die rechtsstaatlichen Aufarbeitung der Geheimpolizei einer Diktatur. Künftig - als ein Teil des „Bundesarchivs“ - ist dieses Symbol meiner Meinung nach so nicht mehr erkennbar. Es wird daher absehbar bedauerlicherweise seine Wirkung verlieren. Was uns damals aber noch für Aufgaben und Entscheidungen erwarteten, ahnten wir im März/April 1990 alle nicht. Mein zusätzliches Amt in der Volkskammer als Stellvertreter im Ausschuss Deutsche Einheit war dabei eher noch ein angenehmer Ausblick auf die Zeit, welche nach dem 3. Oktober 1990 im 11. Deutschen Bundestag folgen sollte. 144 Mitglieder der 10. Volkskammer wurden im Jahr 1990 Mitglied in zwei deutschen Parlamenten! Ein Geschenk für viele von uns in der Parlamentsgeschichte. Aber erst einmal waren wir als Abgeordnete Getriebene einer rasanten Entwicklung. Von den DDR Kommunalwahlen im Mai ´90 über die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion zur Einführung der D-Mark, zum Ländereinführungsgesetz und zum „Dicken Wälzer“ des Einigungsvertrages, um nur einige Beispiele zu nennen. Eine Mammutaufgabe für uns alle. Viele Entscheidungen betrafen natürlich auch die Kohl-/Genscher-Regierung und den 11. Deutschen Bundestag. Denn es ging um die Deutsche Einheit, nicht mehr aber auch nicht weniger. Dazu kamen die anstehenden Wahlen zum 12. Deutschen Bundestag, die erstmals in 16 Bundesländern stattfinden konnten. Auch für viele gestandene Parlamentarier der Bundesrepublik eine ganz neue Herausforderung. Dies alles war für einen „normalen“ Abgeordneten noch zu leisten, aber was wir alle schwer beeinflussen konnten, waren die außenpolitischen Bedingungen für die staatliche Einheit, die sich ebenso rasant veränderten. In dieser Zeit auf einen deutsch-deutschen, sehr komplexen Verfassungsprozess zu verzichten, halte ich heute noch für die richtige Entscheidung. Der Beitritt zur Bundesrepublik war damals alternativlos. Das Grundgesetz hatte sich ja bewährt und bot auch Optionen zu möglichen Modifizierungen - soweit das damals rein deutsche Probleme gewesen wären. Aber weit gefehlt, die KSZE-Konferenzen, die 2+4 Gespräche, also eine Abstimmung mit den Besatzungsmächten waren vielfach im Ergebnis nicht präzise abwägbar. Aus meiner Erinnerung waren der größte Garant für gute Ergebnisse die Autorität und Integrität der handelnden Akteure, von Kohl und Genscher bis Gorbatschow und Schewardnadse sowie die Persönlichkeiten in den USA, Frankreich und Großbritannien – obwohl gerade dort etwas „nachgeholfen“ werden musste. Ich glaube aber die Bilanz dieser äußerst schwierigen Verhandlungen ist beispiellos: Die Ermöglichung der Deutschen Einheit, in gewisser Weise die formale Beendigung des 2. Weltkrieges durch die Aufhebung des Besatzungsstatus Deutschlands sowie der Abzug der damaligen Sowjetischen Streitkräfte aus der ehemaligen DDR bis Ende 1994! Was haben wir gemeinsam diskutiert, ob die verbleibenden NATO-Truppen bis an die Elbe oder an der Oder stationiert werden sollten. Neun Jahre später wurde Polen selbst NATO-Mitgliedsstaat. Der Diplomatenpass des Volkskammerabgeordneten Konrad Felber (© Privat) Damals haben wir auch den Weg für die EU-Osterweiterung ermöglicht. Was mich allerdings in meiner Bilanz stört, ist das Abflachen der damaligen Begeisterung über das neue „Europäische Haus“ in den letzten Jahren, besonders irritierend auch in Polen und Ungarn. Zunehmend ist wirtschaftliche und politische „Kleinstaaterei“ zu beobachten, und das trotz der großen historischen Aufgaben wie der Bewältigung von Flüchtlingskrisen oder der Verhinderung und Beendigung von Kriegen weltweit, um nur wenige Beispiele zu nennen. Für mich stehen dabei die aufgeblähte EU-Administration und die mittlerweile höchst unterschiedlichen Vorstellungen der EU-Mitgliedsstaaten in deutlicher Diskrepanz zur aktuellen Weltwirtschaftssituation, von den gegenwärtigen Herausforderungen der Corona-Pandemie einmal ganz abgesehen. Aber lassen Sie mich wieder zurückkommen zum Jahr 1990 und dem Ende unserer 10. Volkskammerwahlperiode. Mit der Tagesordnung der vorletzten Volkskammer-Sitzung am 28. September 1990 wurde damals noch einmal die ganze Brisanz persönlicher Verstrickungen und der Problematik der Aufarbeitung von SED und Stasi-Unrecht deutlich. Zentrales Streitthema: Dürfen die Namen von Stasispitzeln unter den Volkskammerabgeordneten öffentlich genannt werden oder nicht? Beim Nachlesen des damaligen Sitzungsprotokolls wurde mir schlagartig deutlich, wie sehr sich auch nach 30 Jahren ein Blick in dieses Wortprotokoll lohnt, nicht nur für Historiker. Gedauert hatte diese Sitzung im Übrigen von 7.30 bis 23.30 Uhr – und das bei bis zuletzt fast vollzähliger Anwesenheit! Abschließende Festsitzung am 2. Oktober Deutlich staatstragender und positiv emotional war dann die letzte und 38. Tagung dieser 10. Volkskammer-Wahlperiode am 2. Oktober 1990. Als Festsitzung beschrieben und von Festakten umrahmt, konnte sich die Bilanz von 164 Gesetzen und 93 Beschlüssen, welche beraten und verabschiedet wurden, sehen lassen. Ich glaube, wir alle waren mit und ohne parteipolitische Vorerfahrungen ein sehr fleißiges, transparentes und kollegiales Parlament. Fraktionsübergreifende Entscheidungsvorlagen waren eher an der Tagesordnung als manches von der Parteipolitik geprägtes, eher wenig nützliches Geplänkel in heutiger Zeit. Im Klein-Klein hätten wir die gewaltigen Aufgaben in dem halben Jahr, welches uns nur zur Verfügung stand, keinesfalls gemeinsam lösen können. Dafür allen damals Beteiligten und ihren Unterstützern und Unterstützerinnen meinen Dank! Zu den Feiern im Reichstag waren zum Abschluss viele Gäste und Angehörige geladen - und die Parlamente und Regierungen beider deutscher Staaten in bester Feierlaune. In Erinnerung blieb mir ein Gespräch mit Joachim Gauck, der mir bei einem Glas Wein erzählte, dass er sein Bundestags-Mandat nicht antreten würde, da er ab dem 3. Oktober 1990 Sonderbeauftragter zur Aufarbeitung der Stasi-Akten werden sollte. Keiner von uns beiden ahnte damals, dass wir drei Monate später deshalb wieder miteinander sprechen würden. Er überzeugte mich, gemeinsam mit ihm und vielen Mitarbeitern/Innen jene Stasi-Unterlagen-Behörde aufzubauen, die mittlerweile weltweit ihresgleichen sucht. Sein Weg und der vom damaligen Sprecher der Bürgerkomitees, die die Stasi-Dienststellen besetzt hatten, Interner Link: David Gill, führte später in das Bundespräsidialamt und mich in die Kommunalpolitik. Immer als Streiter für eine freie, engagierte Bürgergesellschaft... Der Diplomatenpass des Volkskammerabgeordneten Konrad Felber (© Privat) Zuerst aber wurde es Mitternacht. Wir standen vor dem Reichstag, sahen gegenüber tausende begeisterte Bürger und Bürgerinnen, die Flagge wurde gehisst und die Nationalhymne erklang: „Einigkeit und Recht und Freiheit“. Danach ging für alle Beteiligten eine historische Zeit zu Ende, und wir gingen ganz unterschiedliche Wege weiter durchs Leben. Es folgten dann noch drei Monate als Abgeordneter des 11. Deutschen Bundestages. Die anschließenden Wahlen in den Neuen Ländern und zum 12. Deutschen Bundestag boten für uns alle die Chance, unsere persönlichen Vorstellungen und politischen Ziele einzubringen und nach Möglichkeit umzusetzen. Dabei fällt naturgemäß die Bilanz der letzten 30 Jahre sehr individuell und auch unterschiedlich aus. Da will ich niemandem vorgreifen. Ein Gespräch mit Otto Graf Lambsdorff in der FDP-Bundestagsfraktion 1990 blieb mir jedenfalls in Erinnerung. Das könnte sich auch heute so wiederholen. Ich fragte ihn, ob wir jetzt mit dem Ende der SED zwar die „Linken“ los wären, aber dafür die „Rechten“ bekommen hätten, da sich rechts außen zwei Parteien etabliert hatten. Er sagte auf seine Art, das sähe ich falsch. „Eine Demokratie ermögliche immer auch politische Ränder. Aber wenn die politische Mitte der Gesellschaft stark ist, arbeitet sich das ab.“ Wenn mir das zu unsicher wäre, müsste ich die Diktatur einführen und verhaften lassen – aber so ein System hätte ja die Friedliche Revolution gerade davon gejagt. Wahre Worte, die meiner Meinung nach auch heute noch Bestand haben. Zu unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung gibt es keine Alternative, aber wir müssen sie ständig schützen und bewahren. Dafür brauchen wir aber stets eine starke Mitte der Gesellschaft und der demokratischen Parteien. Dafür brauchen wir eine starke Bürgerschaft und gemeinnütziges Engagement! Vor allem werden junge Menschen gebraucht, die aus dem Berufsleben kommen und sich in Vereinen engagieren, die im Ehrenamt in der Kommunalpolitik lernen – und mit diesen Erfahrungen in die Bundespolitik streben, bevor es dort zu abstrakt wird. Und wir brauchen noch flächendeckender die Vermittlung der Spielregeln von Demokratie und Meinungsfreiheit, zum Beispiel durch deutlich mehr Bezug zu gesellschaftlichen Lebensrealitäten, dabei kreativ unterstützt durch die Bundeszentrale für politische Bildung und die Landeszentralen für politische Bildung. Wir dürfen nicht aufhören, die Erfahrungen der Friedlichen Revolution zu vermitteln, dass es friedlich gelingen kann, politische Veränderungen, Umweltschutz und wirtschaftliche Entwicklungen zu verbinden. Nachhaltigkeit muss der Leitsatz sein! Dazu brauchen wir weder Extremisten noch Populisten, sondern eine kluge, die Menschen mitnehmende und überzeugende Politik. Nichts ist wichtiger als die Unversehrtheit von Leib und Leben. Und das Bewusstsein für den Kernsatz unseres Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar!“ Das sollte uns allen doch gemeinsam gelingen, wie vor inzwischen über 30 Jahren und auch in den nächsten Jahrzehnten. Überall in Deutschland. Und Europa! Auch im Land Putins. Zitierweise: "Als die Friedliche Revolution in der Volkskammer ankam“, Konrad Felber, in: Deutschland Archiv, 9.4.2020, Link: www.bpb.de/307589. Weitere "Ungehaltene Reden" ehemaliger Parlamentarier und Parlamentarierinnen aus der ehemaligen DDR-Volkskammer werden nach und nach folgen. Eine öffentliche Diskussion darüber ist im Lauf des Jahres 2021 geplant. Es sind Meinungsbeiträge der jeweiligen Autorinnen und Autoren, sie stellen keine Meinungsäußerung der Bundeszentrale für politische Bildung dar. In dieser Reihe bereits erschienen: - Sabine Bergmann-Pohl, Interner Link: "Ein emotional aufgeladenes Parlament" - Rüdiger Fikentscher, Interner Link: "Die 10. Volkskammer als Schule der Demokratie" - Hinrich Kuessner Interner Link: „Corona führt uns die Schwächen unserer Gesellschaft vor Augen“ - Klaus Steinitz, Interner Link: "Eine äußerst widersprüchliche Vereinigungsbilanz" - Richard Schröder -Interner Link: "Deutschland einig Vaterland" - Maria Michalk, Interner Link: "Von PDS-Mogelpackungen und Europa?" - Markus Meckel, Interner Link: "Eine Glücksstunde mit Makeln" - Hans-Peter Häfner, Interner Link: "Brief an meine Enkel" - Konrad Felber, Interner Link: "Putins Ausweis" - Walter Fiedler, Interner Link: "Nicht förderungswürdig" - Hans Modrow, Interner Link: "Die Deutsche Zweiheit" - Joachim Steinmann, "Interner Link: Antrag auf Staatsferne" - Christa Luft, Interner Link: "Das Alte des Westens wurde das Neue im Osten" - Dietmar Keller, "Interner Link: Geht alle Macht vom Volke aus?" - Rainer Jork, Interner Link: "Leistungskurs ohne Abschlusszeugnis" - Jörg Brochnow, Interner Link: "Vereinigungsbedingte Inventur" - Gunter Weißgerber, "Interner Link: Halten wir diese Demokratie offen" - Hans-Joachim Hacker, Interner Link: "Es gab kein Drehbuch" - Marianne Birthler - Interner Link: "Das Ringen um Aufarbeitung und Stasiakten" - Stephan Hilsberg - Interner Link: "Der Schlüssel lag bei uns" - Ortwin Ringleb - Interner Link: "Mensch sein, Mensch bleiben" - Martin Gutzeit, Interner Link: "Gorbatschows Rolle und die der SDP" - Reiner Schneider - Interner Link: "Bundestag - Volkskammer 2:2" - Jürgen Leskien - Interner Link: "Wir und der Süden Afrikas" - Volker Schemmel - Interner Link: "Es waren eigenständige Lösungen" - Stefan Körber - "Interner Link: Ausstiege, Aufstiege, Abstiege, Umstiege" - Jens Reich - Interner Link: Revolution ohne souveränes historisches Subjekt - Carmen Niebergall - Interner Link: "Mühsame Gleichstellungspolitik - Eine persönliche Bilanz" - Susanne Kschenka - Interner Link: "Blick zurück nach vorn" - Wolfgang Thierse - Interner Link: "30 Jahre später - Trotz alldem im Zeitplan" - u.a.m. Mehr zum Thema: - Die Interner Link: Wahlkampfspots der Volkskammerwahl - Die Interner Link: Ergebnisse der letzten Volkskammerwahl - Film-Dokumentation Interner Link: "Die letzte Regierung der DDR" - Analyse von Bettina Tüffers: Interner Link: Die Volkskammer als Schule der repräsentativen Demokratie, Deutschland Archiv 25.9.2020
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Konrad Felber
"2023-01-03T00:00:00"
"2020-04-08T00:00:00"
"2023-01-03T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/deutschlandarchiv/307589/putins-dienstausweis-im-stasi-archiv/
Konrad Felber, damals Gründungsmitglied der Deutschen Forum Partei DFP, und späterer Leiter mehrerer Außenstellen der Stasi-Unterlagenbehörde, stieß auf den MfS-Hausausweis von Wladimir Putin.
[ "DDR-Volkskammer", "Stasi", "Wiedervereinigung", "Deutsche Einheit" ]
30,138
Chinas Außenpolitik – wie umgehen mit dem selbstbewussten Riesen? | China | bpb.de
Die Debatte um eine angemessene Chinapolitik nimmt in Deutschland und Europa wieder einmal an Schärfe zu. Die Gründe dafür sind einerseits in der deutlich aggressiveren US-amerikanischen Chinapolitik, aber auch in dem immer selbstbewussteren Auftreten Chinas zu suchen. Der Handelskrieg, den die USA unter ihrem Präsidenten Donald Trump begonnen haben, mutiert schrittweise zu einem "Kalten Krieg" und zwingt Europa und Deutschland in ein Wahldilemma: das Gespenst der Entkoppelung der Weltwirtschaft, der Zweiteilung der Interner Link: Weltwirtschaft in einen US-amerikanisch und einen chinesisch dominierten Teil, prangt wie ein Menetekel an der Wand. Für Globalisierungsgewinner wie Deutschland ist das ein Horrorszenario. Gleichzeitig sorgt Chinas zunehmend aktive, manche mögen sagen aggressive Außenpolitik für wachsende Irritationen. Die Seidenstraßen-Initiative ("Belt and Road Initiative"), Formate wie 17 + 1 ("China-Mittel-Ost-Europa-Gipfel") und chinesische Investitionen in westliche Hochtechnologie haben nicht zur Beruhigung europäischer Gemüter beigetragen. Und zu allem Übel ist China auch noch das Ursprungsland der Corona Pandemie. Wohin man schaut, überall ist Chinas Einfluss spürbar und insofern gewinnt die Frage, wie man erfolgreich mit diesem Land außenpolitisch umgehen kann, eine immer stärkere Bedeutung. Chinas gewachsene Bedeutung auf globaler Ebene muss eigentlich nicht besonders betont oder begründet werden. Zu offensichtlich ist, dass ein Land mit einer Fläche von 9,5 Millionen km2 , einer Bevölkerung von rund 1,4 Milliarden Menschen und einem seit über vierzig Jahre anhaltenden, im Durchschnitt zweistelligen jährlichen Wirtschaftswachstum früher oder später auch zu einem politischen und militärischen Machtfaktor wird. Chinas Aufstieg ist insofern ein normaler Prozess. Mit ihm umzugehen stellt allerdings seine Nachbarn und Partner, und nicht zuletzt westliche Demokratien, vor gewaltige Probleme. Zudem ist Chinas Außenpolitik seit dem Amtsantritt von Präsident Xi Jinping deutlich aktiver und selbstbewusster geworden. Das hat weniger mit der Persönlichkeit des chinesischen Präsidenten zu tun, sondern muss als die logische Fortsetzung der zurückhaltenderen Politik seiner Vorgänger angesehen werden. Insofern lautet eine der vordringlichsten Fragen westlicher Chinapolitik: Wie kann es gelingen, ein angemessenes Verständnis und eine entsprechend erfolgreiche außenpolitische Strategie gegenüber der neuen globalen Supermacht zu entwickeln? Das Problem mit den westliche Wahrnehmungsperspektiven Die Suche nach einer Antwort wird durch die Tatsache erschwert, dass westliche Wahrnehmungsperspektiven zur wirtschaftlichen und politischen Entwicklung Chinas unter drei Syndromen leiden. Die Kenntnis dieser Syndrome ist aufschlussreich, wenn unnötige Konfrontationen, Fehleinschätzungen und langwierige Abstimmungsprozesse vermieden werden sollen. Zunächst gibt es trotz des großen öffentlichen Interesses an Chinas Entwicklung und den wirtschaftlichen Hoffnungen ein geradezu paradoxes Aufmerksamkeitssyndrom: Die Kenntnis der inneren Funktionsweise des Interner Link: politischen Systems der Volksrepublik China ist unter westlichen Politikerinnen und Politikern, vor allem aber unter Journalistinnen und Journalisten und gelegentlich auch bei Unternehmerinnen und Unternehmern außerordentlich gering ausgeprägt, obwohl kaum eine Debatte zu globalen und regionalen Themen ohne Chinabezug auskommt. Wesentliche Aspekte europäischer Chinapolitik sind überwiegend den Notwendigkeiten innenpolitischer Überlegungen und nur begrenzt den Erfordernissen bilateraler Beziehungen oder gar den Entwicklungen in China selbst geschuldet. Dies gilt insbesondere für die sensitiven Bereiche Menschenrechte, Investitionsschutz, Wertedebatten und politische Reformen. Das zweite Syndrom lässt sich als Erwartungssyndrom beschreiben: Europäische und US-amerikanische Chinapolitik leidet gleichermaßen unter einem einseitigen Erwartungsmanagement. Extreme Erwartungshaltung, Besserwisserei, ungebetene Reformvorschläge und entsprechende Frustrationen, wenn diese nicht von China befolgt werden, prägen eine öffentliche Debatte, die deutlich negative Einflüsse auf reale Politik zur Folge hat. Da viele der vom Westen erteilten Ratschläge ins Leere laufen bzw. von der chinesischen Regierung nicht aufgenommen werden, entstehen Frustrationen, die sich dann ihrerseits wieder in fundamentaler Kritik an der Politik der Volksrepublik China niederschlagen. Zudem führen diese frustrierten Erwartungen zu einer außerordentlich großen Bandbreite der Einschätzung von Chinas zukünftiger Entwicklung. Diese reicht von immer wieder vorgetragenen Prognosen zur möglichen Destabilisierung des politischen Systems bis hin zu Aussagen, die China auf dem direkten Weg zur Weltherrschaft sehen. Zwischen beiden Extrempositionen oszilliert die Einschätzung chinesischer Politik in Abhängigkeit von der jeweiligen persönlichen oder innenpolitischen Disposition der Betrachterin oder des Betrachters. Es ist deshalb nicht weiter verwunderlich, dass die Reaktion von Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Medien und Privatwirtschaft im Westen von einem regelrechten und immer wieder auftretenden Angstsyndrom geleitet wird: Aus der Mischung aus begrenztem Wissen, der Frustration über gescheiterte Erwartungshaltungen und den daraus entstehenden Ungewissheiten speist sich ein Angstsyndrom, in dem sich mangelndes Verständnis, vorhandene Intransparenz und nicht zuletzt die Sorge wachsender chinesischer Wettbewerbsfähigkeit zu einem emotionalen Gemisch verbinden, das zu erheblichen Problemen in den bilateralen Beziehungen beiträgt. Wer trotz dieser Ausgangslage um eine realistische Einschätzung Chinas bemüht ist, sollte die folgenden fünf Aspekte beachten: China ist sicherlich formal nach wie vor ein kommunistisches System, aber alles, was wir traditionell über Interner Link: Kommunismus wissen, hat in China keine Gültigkeit mehr. Das Land ist nicht mehr von Ideologie bestimmt, sondern von der außerordentlich erfolgreichen Kombination aus Pragmatismus und Meritokratie. Im Gegensatz zu der von westlichen Demokratien präferierten Input-Legitimität setzt die politische Führung konsequent auf Output-Legitimität: das Ergebnis und nicht seine ideologische Begründung zählt. Wahlen haben keine Auslese-, sondern lediglich eine Bestätigungsfunktion. Aber in verantwortliche Positionen aufsteigen kann nur, wer seine Qualifikation unter Beweis gestellt hat. Historische Traumata sind nicht aus dem Spektrum fundamentaler Einflussfaktoren chinesischer Politik verschwunden. Das gilt sowohl für das Trauma der internationalen Erniedrigung und des Verlustes von Souveränität in der zweiten Hälfte des 19. und ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, es gilt auch für das Trauma des innenpolitischen Chaos, das auch die heutige Führungselite zuletzt in den verheerenden Jahren der Interner Link: Kulturrevolution (1966 – 1969) durchleben musste. Die politische Führung in Peking hat erkennbar klare strategische Ziele, deren Verletzung sie nicht toleriert. Dazu gehört die Erhaltung nationaler Souveränität ebenso wie die Aufrechterhaltung innenpolitischer Stabilität, aber auch die Fortsetzung des ökonomischen Aufholprozess als Grundlage der machtpolitischen Legitimation der Partei und nicht zuletzt das Streben nach größerem politischem Einfluss auf globaler Ebene. Aus der Kenntnis dieses Spektrums ergibt sich auch ein besseres Verständnis für die Hartnäckigkeit, mit der die chinesische Regierung ihre Politik gegenüber Tibet, Xinjiang, Hongkong und Taiwan verteidigt. Sie erklärt auch das harsche Vorgehen gegen jede Form der Dissidenz, auch wenn dieses aus westlicher Sicht nicht zu entschuldigen ist. Diese strategischen Ziele zu kennen, ist selbstverständlich nicht gleichbedeutend damit, sie in ihren Auswirkungen auch unwidersprochen zu akzeptieren. Chinas machtpolitische Ambitionen sind offensichtlich. Die politische Führung hält nicht damit hinter dem Berg, wo sie das Land in den nächsten Jahren sehen möchte. Den globalen Führungsanspruch, den sie mittlerweile offensiv vertritt, formuliert sie in Strategien wie "China 2025", den Überlegungen des 5. Plenums des 19. Zentralkomitees zu "China 2035" und nicht zuletzt in der Zielvorstellung, das Land im Jahre 2049, dem 100. Geburtstag der Volksrepublik China, an die Spitze der globalen Machtpolitik geführt zu haben. Und natürlich bildet die Seidenstraßen-Initiative nach wie vor das Kerninstrument einer gegen amerikanische Dominanz gerichteten geopolitischen Zielsetzung. Schließlich sollte man – entgegen den Postulaten konservativer US-amerikanischer Strateginnen und Strategen – akzeptieren, dass China zu groß ist, um erfolgreich eingedämmt zu werden. Der Traum, dass das gelingen könnte, um die Vormachtstellung des Westens und insbesondere der Vereinigten Staaten zu erhalten, droht zum Albtraum zu werden. Aufstiege und relative Abstiege von Mächten sind kein neues Phänomen in der internationalen Politik des 21. Jahrhunderts. Die zentrale Aufgabe für westliche Außenpolitik besteht darin, diesen Prozess bei allen Kontroversen, Frustrationen und Herausforderungen letztendlich friedlich zu gestalten. Wir wissen aus der Geschichte, dass dieses nicht immer gelingt. Wie also kann ein Fazit zum richtigen Umgang mit der neuen globalen Supermacht lauten? Wichtig ist vor allem eine schlichte, aber entscheidende Einsicht: unsere Beziehungen zu China sind multidimensional und sie dürfen nicht ausschließlich auf Einzelaspekte reduziert werden. Dies gilt insbesondere für die falsche Konfrontation von Wirtschafts- und Menschenrechtsinteressen. Beide müssen integraler Bestandteil deutscher Chinapolitik sein und zum jeweils richtigen Zeitpunkt mit der entsprechenden Klarheit und auch Deutlichkeit im bilateralen Dialog vorgebracht werden. Wer nur auf Menschenrechtspolitik setzt, muss zwangsläufig scheitern, weil er seine Kompromissfähigkeit in schwierigen Dialogsituationen verliert. Das ist die Crux einer wertegeleiteten Außenpolitik, die daran scheitern muss, dass Werte nicht verhandelbar sind. Eine zukunftsorientierte und belastbare Chinapolitik braucht allerdings auch keine "grand strategy" – China entzieht sich solchen Textmonstern aus Wohlklang und politischer Korrektheit in schöner Regelmäßigkeit. Stattdessen wären die folgenden vier Prinzipien für eine erfolgversprechende Chinapolitik hilfreich: Erstens die Akzeptanz, dass es keine Wertegemeinschaft mit China gibt, dass folglich Dissens ohne Ereiferung ständiger Wegbegleiter eines kritischen Dialogs mit China sein müssen. Zweitens sollte Pragmatismus ohne Selbstverleugnung helfen, das Spannungsverhältnis zwischen konkurrierenden außenpolitischen Zielen, insbesondere in Bezug auf die Menschenrechtsfrage, handhabbar zu machen. Drittens wären wir gut beraten, unser Erwartungsmanagement gegenüber China zu überdenken und auf möglichst kompetente Beobachtung chinesischer Interessen zu setzen, um nicht subjektiven Wahrnehmungen mit anschließenden politischen Frustrationen zu erliegen. Und schließlich wird nichts daran vorbeiführen, Paradoxa in der chinesischen Entwicklung, aber auch in unserem Verhältnis zu China als solche anzuerkennen und sie mit der angesprochenen Bereitschaft, pragmatische Lösungen zu finden, anzugehen. Prof. Dr. Eberhard Sandschneider
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-01-17T00:00:00"
"2020-11-30T00:00:00"
"2022-01-17T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/asien/china/322047/chinas-aussenpolitik-wie-umgehen-mit-dem-selbstbewussten-riesen/
Wie umgehen mit Chinas gewachsener Bedeutung auf globaler Ebene? Eberhard Sandschneider, Freie Universität Berlin, rät zu Pragmatismus. In seinem Kommentar legt er auch dar, was Entscheidungsträger/-innen oft daran hindert, China multidimensional und
[ "China", "Supermacht", "Kulturrevolution", "Kommunismus", "Volksrepublik" ]
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Sex(ismus) ohne Grund? | Rap | bpb.de
Zu den häufigsten Vorwürfen gegenüber HipHop beziehungsweise seiner populärsten Ausdrucksform, dem Rap, zählen jene des Sexismus, der Misogynie und der Homophobie. Rapper_innen, so eine verbreitete Meinung, seien frauenverachtend, schwulenfeindlich und im Allgemeinen "asozial". Mehr oder weniger grundlos beleidigen und erniedrigen sie andere, vornehmlich weibliche Personen und reduzieren diese dabei zumeist auf ihren Körper und ihre Sexualität. Diese Schilderungen treffen tatsächlich auf einen Teil von Rap zu. Den Zusammenhang von Rap und Geschlecht auf Sexismus, Misogynie oder Homophobie zu reduzieren, ist jedoch verkürzt und wird der Komplexität und Diversität der Rapszene im Hinblick auf Geschlecht nicht gerecht. Denn Ausschluss und Zugehörigkeit werden im Rap auch entlang weiterer sozialer Differenzlinien wie zum Beispiel Herkunft verhandelt, und zugleich überschneiden sich diese Kategorien. Bei einer Analyse von Geschlechterkonstruktionen im Rap ist dies zu berücksichtigen. Eine solche intersektionale Perspektive ist jedoch nicht die einzige Verstehensdimension, die helfen kann, diskriminierende Diskurse im Bereich Rap umfassender nachzuvollziehen. Hintergrundwissen zum Genre, der Textsorte, dem historischen Entstehungskontext des HipHop beziehungsweise Rap sowie zu dessen Geschlechterstruktur und -modellen ist ebenfalls notwendig, um dem Zusammenhang von Rap und Geschlecht vorurteilsbewusst begegnen zu können. Dieses soll der vorliegende Beitrag in der gebotenen Knappheit vermitteln, bevor die Frage diskutiert wird, ob angesichts jüngerer Entwicklungen von einer Neuverhandlung von Geschlecht und Männlichkeit im Rap gesprochen werden kann. Sind tradierte Annahmen zum Zusammenhang von Rap und Geschlecht möglicherweise zu revidieren? Rap als Textsorte Die Begriffe "HipHop" und "Rap" werden oft synonym verwendet, meinen aber unterschiedliche Dinge. Während "HipHop" im Allgemeinen die Gesamtheit der Kultur fasst, die sich Anfang der 1970er Jahre nach und nach in der New Yorker South Bronx entwickelt hat, bezeichnet "Rap" lediglich eine ihrer Erscheinungsformen. Aufgrund der anhaltenden Kommerzialisierung von Rapmusik, dem großen Erfolg des Subgenres Gangsta-Rap und der überproportionalen medialen Berichterstattung über dessen auffälligste Vertreter, wie in Deutschland zum Beispiel Bushido, kam es im Laufe der Zeit zu begrifflichen Unschärfen und einer Homogenisierung, die nicht imstande ist, die Gesamtheit des Rap abzubilden. Die hypermaskulin konnotierten Text- und Bildwelten des Gangsta-Rap sind also "nur ein Teil der Kultur". Zugleich sind sie höchst voraussetzungsreich. Zu ihrer Entschlüsselung bedarf es unter anderem einer Einordnung im Rahmen der Textsorte. Als Ausdrucksform steht Rap in der Tradition afroamerikanischer Kultur- und Sprachpraktiken wie dem playing the dozens oder signifying. Diese bis auf die Zeiten der Sklaverei zurückreichenden Beleidigungs- und Schlagfertigkeitsrituale zeichnen sich durch ihr kompetitives Element (verbal duelling) aus, aber auch durch ihre Performativität und Fiktionalität. Raptypische Sprechhandlungen wie die eigene Selbstüberhöhung (boasting) oder die Beleidigung Dritter (dissing) müssen demnach entsprechend historisch kontextualisiert werden. Hier geht es weniger um Informationsaustausch als vielmehr darum, ein fiktives Gegenüber möglichst kreativ und gewitzt, dabei jedoch stets spielerisch auszustechen. Sexismus ist zweifellos ein bedeutsamer Exklusionsmechanismus, dessen sich vorwiegend, aber nicht ausschließlich männliche Rapper bedienen, um andere Personen zu diskreditieren. So befremdlich das Aufrufen der Frau als "Bitch" oder "Nutte" oder die Herabsetzung von Müttern in Raptexten auf Außenstehende wirken mag, so sehr handelt es sich dabei auch um Spezifika der Textsorte. Ebenso zählen das subversive Moment des Brechens von Sprachnormen sowie die Rückeroberung diffamierender Bezeichnungen zu diesen Besonderheiten. Rap bietet damit als Textsorte selbstverständlich auch ein probates Mittel, um reale Vorbehalte gegenüber Frauen oder Homosexuellen auszudrücken und im Rahmen der Kunstfreiheit zu legitimieren. Um die im Genre weit verbreitete und besonders effektive Diffamierungsstrategie der Beleidigung der gegnerischen Mutter oder Freundin sowie die diskursive Konstruktion untergeordneter Männlichkeiten als Exklusionsmechanismen zu erhellen, lohnt ein geschlechtertheoretisch informierter Blick auf den Komplex Rap und Männlichkeit. Bedeutung von Männlichkeit im Rap Mit welcher "Geschlechterbrille" man auf Rap blickt, hängt von der jeweiligen analytischen Haltung ab, die wiederum auf verschiedenen Theorietraditionen fußt. Für Theoretiker_innen, die sich im Poststrukturalismus verorten und sich dabei häufig auf die Philosophin Judith Butler berufen, sind geschlechtliche und sexuelle Identitäten performativ und damit auch veränderbar. Durch Mittel der Ironie, Parodie und Verfremdung könnten Frauen im HipHop demnach den männlichen Normenkodex unterwandern und somit gleichsam verändern. Indem sie etwa auf übersteigerte Art und Weise jene Frauenbilder verkörpern, die Rap für sie bereithält, thematisieren sie dieses einseitige Rollenverständnis und nehmen ihm dadurch seine diskreditierende Wirkung. Selbiges wird für die Rückeroberung von sexistischen Sprachcodes angenommen. Vertreter_innen einer patriarchatstheoretischen Perspektive argumentieren hier anders. Unter Berufung auf den Soziologen Pierre Bourdieu gehen sie von einer "männlichen Herrschaft" im Rap aus. Das Genre sei nicht nur männlich dominiert, Männlichkeit sei auch das primäre Organisationsprinzip des Rap. Weiblichkeitsbilder entsprechen demnach lediglich der männlichen Fantasie und oszillieren weitestgehend zwischen den Polen der Heiligen und der Hure. Die Rechnung, im Rahmen einer Rückeroberungsstrategie ganz bewusst die Hure zu mimen, geht diesen Annahmen zufolge nicht auf. Denn die Rolle der Hure ist selbst ein Produkt männlicher Herrschaft, und eine Frau verfügt im Rap nicht über ausreichend Glaubwürdigkeit beziehungsweise über eine "legitime Sprecherposition", um diese Rollentransformation als solche sozusagen gleichberechtigt durchzusetzen. Theoretiker_innen der Cultural Studies nehmen schließlich vor allem Aneignungsprozesse des Rap in den Blick. Ob einer männlichen Bilderwelt, deren Zeichen und Symbole als polysem, also als mehrdeutig angenommen werden, subversiv oder affirmativ begegnet wird, hängt aus dieser Perspektive von der lebensweltlichen Relevanz der Symbole für die geschlechtliche Identitätsarbeit der jeweiligen Rezipient_innen ab. Unabhängig von der geschlechtertheoretischen Perspektive scheint festzustehen, dass Rap eine zahlenmäßig männlich dominierte Kulturpraxis ist. Mit Bushido, Sido, Casper, Cro, Haftbefehl oder Marteria lassen sich die kommerziell erfolgreichsten Rapkünstler_innen der vergangenen Jahre durchweg als männlich klassifizieren. Weiterhin können viele diskursmächtige Positionen der deutschsprachigen Rapszene als von Männern besetzt gelten, so etwa die Geschäftsführungen der einflussreichsten Labels oder die Chefredaktionen der wichtigsten Szenemedien. Geht man von einer geschlechtsspezifischen, entlang des Gegensatzpaars Mann/Frau "vergesellschafteten" Sozialisation aus, im Zuge derer ein "weiblicher" oder "männlicher" Geschlechtshabitus erworben wird, so lässt sich argumentieren, dass dieser sich aufgrund der Überrepräsentation von Männern im Rap immer wieder (re)produziert. Selbst wenn man Männlichkeit als das allgemeine Ordnungsmuster des Rap annimmt und einen Großteil seiner Diskurse und Praktiken als männlich konnotiert begreift, so ist der Zusammenhang von Rap und Geschlecht damit jedoch noch nicht abschließend ausgeleuchtet. Denn zum einen gibt es die eine Männlichkeit oder Weiblichkeit nicht, und zum anderen wird Geschlecht gemeinhin als relationale Kategorie begriffen: "Ohne den Kontrastbegriff ‚Weiblichkeit‘ existiert ‚Männlichkeit‘ nicht." Geschlechtermodelle im Rap Ob nun Casper, Haftbefehl, Samy Deluxe oder Max Herre, Sabrina Setlur, Melbeatz, Sookee oder SXTN – diese Künstler_innen bedien(t)en nicht nur unterschiedliche Genres, sondern verkörpern auch völlig verschiedene Geschlechtermodelle. Als geschlechtlich binär und heteronormativ strukturiertes Feld findet die Ausbildung der Geschlechtsidentität im Rap in erster Linie entlang des Dualismus Mann/Frau statt. Wie bereits erwähnt, ist hierbei jedoch nicht von homogenen Geschlechtsklassen auszugehen. Im Gegenteil gibt es seit Anbeginn unterschiedliche Männlichkeits- und Weiblichkeitsmodelle im Rap. Vor dem Hintergrund des HipHop-Entstehungskontextes und der Bedeutung des Rap als Ausdrucksmittel marginalisierter Schwarzer und lateinamerikanischer Jugendlicher in den USA gilt es, diese rap role models stets postkolonial sensibilisiert zu denken. So wirken restriktive Identitätsskripte, wie sie durch die Verweigerung oder Überdeterminierung Schwarzer Sexualität im Kontext der Sklaverei entstanden sind, bis heute nach. Viele hypersexualisierte Geschlechtermodelle US-amerikanischer Rapper_innen wie jenes der "Bitch", das etwa Lil’ Kim verkörpert, oder des "Gangsters" à la 50 Cent können deshalb auch als empowernde Reaktion gegenüber einer weißen Dominanzkultur interpretiert werden, da es dabei unter anderem um die Wiederaneignung Schwarzer Körper und Sexualitäten geht. Das Modell der "Bitch", ein Begriff, den sich nicht wenige US-Rapperinnen selbst zuschreiben, ist dabei weiterhin als Rückeroberung von Deutungsmacht über den eigenen weiblichen Schwarzen Körper im Kontext patriarchaler Kategorisierungsmacht lesbar. Um Geschlechtermodelle der hiesigen Szene zu verstehen, ist vorauszuschicken, dass Rap nicht nur als "Schwarze", sondern auch als "glokale" Kultur begriffen wird. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Diskurse, Bilder und Narrative des Rap zwar global zirkulieren, im jeweiligen lokalen Kontext jedoch spezifisch angeeignet und dabei neu interpretiert werden. In Ermangelung einer vergleichbaren Kolonialgeschichte und Gesellschaftsstruktur funktioniert die Figur des "Schwarzen männlichen Rappers" in Deutschland daher unter veränderten Vorzeichen. Als Verständnishintergrund für die deutschsprachige Gangster-Männlichkeit kann so etwa der lokale Kontext der Migration gelten. Die Hypermaskulinität, wie sie seitens Bushido, Haftbefehl oder Massiv inszeniert wird, ist dann auch als empowernde Reaktion gegenüber restriktiven migrantisch-männlichen Identitätsskripten interpretierbar, wie sie von einer autochthonen Mehrheitsgesellschaft hervorgebracht werden. Auch der Mechanismus der Rückeroberung stigmatisierender Zuschreibungen wird von deutschsprachigen Rapper_innen rekontextualisiert. In migrantisch dominierten Subgenres hat sich so die Selbstbezeichnung "Kanake" etabliert, und auch Begrifflichkeiten, die Weiblichkeit diffamieren, werden durch diese Strategien in ihrer diskreditierenden Wirkung zu schwächen versucht, etwa im Fall von "Bitch" bei Lady Bitch Ray oder "Fotze" bei SXTN. Wie eingangs erwähnt, stellt Geschlecht also nicht die einzige machtvolle Kategorie dar, die über die soziale Positionierung in der Rapszene entscheidet. Vor allem ein Blick in die Text- und Bildwelten des Gangsta-Rap offenbart die Relevanz von Herkunft als einer weiteren sozialen Kategorie. Gangsta-Rap: Männlichkeit, Herkunft, Identität Durch die soziale Randständigkeit seines Entstehungsortes in der New Yorker South Bronx beziehungsweise seiner jungen Pionier_innen hat sich im HipHop eine Art "Ursprungsmythos" entwickelt, dessen Kern in der Berufung auf eine gemeinsam geteilte Erfahrung von Marginalisierung besteht. Wenn sich Rapper_innen weltweit also an diesem Topos abarbeiten – die Thematisierung des "Ghettos" oder der "Hood" zieht sich wie ein roter Faden durch deutschsprachige Raptexte, und kaum ein Musikvideo kommt ohne die Darstellung von Hochhäusern, Plattenbauten oder Skylines aus – so ist das auch als Konstruktion von Zugehörigkeit zu einer transnationalen HipHop-Gemeinschaft zu verstehen. Das häufige Thematisieren der eigenen Herkunft hat auch mit der Bedeutung von Authentizität im HipHop beziehungsweise Rap zu tun. Kaum ein Diskursstrang zieht sich so nachhaltig durch Rap wie die Verhandlung dessen, was real, also glaubwürdig ist und was nicht. Zwar hat man sich in der Forschung weitestgehend auf die Kontextabhängigkeit von Authentizität geeinigt, eine eindeutige Definition dieses Rap-Schlüsselbegriffs wurde bislang jedoch nicht vorgelegt. Der Kommunikationswissenschaftler Kembrew McLeod hat mit Blick auf die US-amerikanische Szene sechs semantische Dimensionen von Authentizität im HipHop herausgearbeitet: Als real gilt demnach, wer unter anderem "schwarz" und "von der Straße" ist. Obwohl die insgesamt sechs Dimensionen mittlerweile einiger Modifikationen bedürfen, sind sie auch auf die deutschsprachige Rapszene übertragbar. Vor allem die Glaubwürdigkeit der Gangster-Männlichkeit scheint dabei eng an die Kategorie der Herkunft geknüpft. Gangsta-Rap, mehr Lebensgefühl als klar abgrenzbares Genre, wurde Anfang der 1980er Jahre an der US-amerikanischen Westküste populär und trat seinen Siegeszug in Deutschland etwa ab der Jahrtausendwende an. Dafür zeichneten vor allem Rapper aus dem Umfeld des Berliner Labels Aggro Berlin wie Bushido und Sido verantwortlich, jedoch sind auch Vertreter der darauffolgenden Generation wie Haftbefehl oder Farid Bang seither anhaltend wirtschaftlich erfolgreich. Als Kernnarrativ des Subgenres kann erneut die Erzählung von Marginalisierung gelten. Um diese Rahmenhandlung gruppieren sich zahlreiche anschlussfähige Topoi, die von expliziter Kritik an sozialen Missständen über die detailgetreue Schilderung eines drogen- und partyaffinen Lebensstils bis hin zum alles überragenden Motiv vom sozialen Aufstieg reichen. Das Themenspektrum des Gangsta-Rap ist also breit gefächert; und doch ermöglicht die Aufrufung der Gangster-Narrative vor allem eines: die Konstruktion von Männlichkeit. Kaum ein Bereich des Rap bietet so viele "vergeschlechtlichte" Motive an und macht die Identitätsarbeit entlang der Kategorie Männlichkeit so notwendig wie die maskulin konnotierten Spielarten des Gangsta- und Straßen-Rap. Weder ein Überleben im kriminalitätsbelasteten "Viertel", noch die Darstellung einer durchzechten Partynacht inklusive Drogenkonsum und Frauenbekanntschaften ist ohne die zumindest implizite Aufrufung männlich konnotierter Attribute wie Autorität, Härte oder Potenz möglich, geschweige denn glaubwürdig. Auch das Narrativ "from rags to riches" kann als vergeschlechtlicht betrachtet werden, gilt (Erwerbs-)Arbeit doch als zentraler Baustein männlicher Identitätsarbeit. Die genrekonstitutive Marginalisierungserzählung wird schließlich durch den Verweis auf eine deprivilegierte Herkunft begründet und gleichsam legitimiert. Diese wird in erster Linie entlang der Dimensionen Ethnizität und Klasse verhandelt und damit letztlich in den Kontext sozialer Ungleichheit gestellt. Ein (medialer) Krisendiskurs, wie er um "deviante migrantische Männlichkeiten" geführt wird, dient dabei als zusätzliche Referenzquelle für die Inszenierung des Gangsters. Die Gangster-Männlichkeit wird üblicherweise unter den Vorzeichen von Hypermaskulinität diskutiert. Weil sich diese auch über die Abgrenzung gegenüber Weiblichkeiten und anderen Männlichkeiten herausbildet und dies mitunter mittels expliziter Sprache und gezielter Tabubrüche erfolgt, wird die geschlechtliche Überinszenierung des Gangsters nicht selten aus einer defizitorientierten Perspektive in den Blick genommen. Weiterführender erscheint es hingegen, die Gangster-Männlichkeit als eine Art multifaktorielles Destillat verschiedenster Anforderungen und Entwicklungen zu begreifen. Neben Textsortenspezifika wie etwa das besonders autoritäre Sprechverhalten und Genrezwängen wie zum Beispiel street credibility und vergeschlechtlichte Narrative lässt sich an dieser Stelle die bereits angedeutete Identitätsarbeit im Kontext von Migration, aber auch jene "innerhalb" der Rapszene anführen. Denn die Aushandlung von Männlichkeit und männlicher Hegemonie wird insbesondere seit einigen Jahren auch im innerszenischen Zusammenhang vor neue Herausforderungen gestellt. Geschlechtliche Modernisierungsprozesse im Rap So eigenwillig vieles auf den ersten Blick erscheinen mag, was im Rap passiert: Die deutschsprachige Rapszene ist kein hermetisch abgeschlossener Mikrokosmos. Weder sind Diskriminierungsformen wie Sexismus, Homophobie oder Antisemitismus exklusiv im Bereich des Rap rekonstruierbar, noch ist die Szene immun gegenüber gesamtgesellschaftlichen Transformationsprozessen. Im Gegenteil: Gerade die gegenwärtige Verfassung des Rap zeigt anschaulich, wie durchlässig die Musikszene beispielsweise für Liberalisierungstendenzen hinsichtlich tradierter Geschlechternormen ist. Dabei bedingen sich viele verschiedene Entwicklungen wechselseitig, die den deutschsprachigen Rap in den vergangenen Jahren erfasst haben. Im Zuge stetiger Ausdifferenzierung etwa haben sich Dutzende neue Spielarten, Subgenres oder "Bewegungen" entwickelt, darunter Emo-Rap, Cloud-Rap, Trap-Rap oder jüngst der sogenannte Afro-Trap. Damit gehen unter anderem unterschiedliche thematische Schwerpunkte einher, die eine Relevanz von Geschlecht oder (Hyper-)Maskulinität nicht zwangsläufig notwendig machen. Anders ausgedrückt: Wenn für Cloud-Rap ein atmosphärischer Sound und weniger die Geschichte der "Straße" im Mittelpunkt steht, braucht es keine Inszenierung maskuliner Attribute, um diesen Stil glaubwürdig zu "erzählen". Auch der technische Fortschritt und die damit verbundenen vereinfachten Produktionsbedingungen, wie sie im Zuge der Medialisierung durch Internet und Web 2.0 geschaffen wurden, erweitern die Möglichkeitsräume für Inszenierungen von Geschlecht. So müssen Rapszenegänger_innen im digitalen Raum zum Beispiel nicht zwangsläufig als Geschlechtswesen auftreten. Die Eintrittsschwelle zu einer Szene, deren soziale Exklusionsmechanismen entlang der Differenzlinien Geschlecht, Körper und Sexualität verlaufen, kann dadurch sinken. Schließlich öffnen sich durch soziale Medien und Online-Plattformen wie Youtube oder Soundcloud neue Chancen der Selbstvermarktung. Abseits der Verwertungslogik marktbeherrschender Major-Labels können auf diese Weise auch alternative geschlechtliche Rollenbilder breite Aufmerksamkeit erlangen. Es sind aber auch die zunehmende Professionalisierung von Rapperinnen sowie allgemein feststellbare Liberalisierungstendenzen im Hinblick auf Geschlecht, die allmählich bis in die wertkonservative Rapszene durchsickern. So hat sich abseits des US-amerikanischen Mainstreams bereits seit dem Jahr 2000 eine "Homohop"-Szene herausgebildet. Queere Künstler_innen wie Deadlee oder Johnny Dangerous konterkarieren dabei die vorherrschenden heteronormativen Geschlechterimages des Rap und setzen ihnen Bilder schwulen Begehrens entgegen. Auch Rapper_innen wie Mykki Blanco, Angel Haze, Princess Nokia oder Young M.A. definieren sich jenseits von Heteronormativität und erreichen mit ihrem künstlerischen Schaffen inzwischen ein Millionenpublikum. Als "crack in the foundation of HipHop" wird schließlich das Outing von Frank Ocean bezeichnet, einem Schwarzen US-amerikanischen HipHop- und R&B-Künstler, der sich 2012 zu seiner Bisexualität bekannte. Das Ereignis wurde von einer Welle von Solidaritätsbekundungen begleitet und führte zur landesweiten Propagierung der gleichgeschlechtlichen Ehe, die von vielen einflussreichen HipHop- beziehungsweise Rap- und R&B-Künstler_innen wie 50 Cent, Tyler the Creator, Ice Cube, Beyoncé oder Jay-Z mitgetragen wurde. Im Zuge dieser Liberalisierung, aber auch vor dem Hintergrund der Ausdifferenzierung und Medialisierung, konnten sich alternative Geschlechtsmodelle sukzessive auch im Rapmainstream durchsetzen. Rapper wie Drake, Young Thug, Kendrick Lamar oder Lil B. propagieren nicht nur eine positive Lebensweise, sondern verhandeln auch Topoi, die die restriktiven Identitätsmodelle Schwarzer (Rap-)Männlichkeiten aufbrechen, zum Beispiel Depressionen, Einsamkeit, Schwäche, Mode oder Liebe. Mit diesen semantischen Verschiebungen tradierter Männlichkeitsmodelle feiern sie nicht nur überaus große wirtschaftliche Erfolge, sondern bieten auch alternative männliche Orientierungsmodelle für junge deutschsprachige Rapper_innen an, für die die US-amerikanische Szene eine Inspirations- und Legitimationsquelle darstellt. Auch in Rap-Deutschland ist im Laufe der vergangenen Jahre eine geschlechtliche Vielfalt sichtbar geworden, in der Rapper_innen verschiedener Generationen und mit jeweils unterschiedlichen "Geschlechterbrillen" agieren, sich ausprobieren und immer häufiger auch kollaborieren. Die queere Rapperin Sookee – jahrelang für ihre Soziologievorlesungen ähnelnden Alben kritisiert – hat mittlerweile ihren festen Platz im Diskursuniversum des deutschsprachigen Rap inne, und auch das Label "Frauen-Rap", ein vormals gern genutzter sprachlicher Differenzmarker, um weibliches Rapschaffen als solches auszuweisen, verliert angesichts von Quantität und Qualität weiblicher MCs wie SXTN, Haiyti oder Eunique an Wirkmächtigkeit. Im Gegenteil werden Letztere von einschlägigen Szenemedien zu den vielversprechendsten Newcomer_innen gerechnet. So zierte mit der Hamburgerin Haiyti Anfang 2018 die erste deutschsprachige Rapperin das Cover des symbolträchtigen Szenemagazins "Juice". Auch die Grenzen tradierter Männlichkeitsmodelle werden seitens einer neuen, geschlechtsliberal sozialisierten Rapgeneration neu ausgelotet. Etwa wenn Rapper Juicy Gay subversiv-unbedarft das Homosexualitätstabu des Rap parodiert, oder Rin und Young Hurn zugunsten von Mode, Liebe oder Kunst auf viele (wenngleich nicht auf alle) klassische Männlichkeitstopoi des Rap verzichten. Mit dem sogenannten Afro-Trap, einer aus Frankreich adaptierten tanzlastigen Rapspielart, zeigt sich aktuell sogar die letzte Bastion traditioneller Männlichkeit offen für geschlechtliche Modernisierungsprozesse: Selten konnte man so viele tanzende Gangsta- und Straßen-Rapper beobachten wie in den Rapmusikvideos der Jahre 2016/17. Ein Schritt vor und zwei zurück? Ist die deutschsprachige Rapszene nun also auch in puncto Geschlecht in der Postmoderne angekommen? Ist Sexismus im Rap ein Relikt vergangener Tage? Nicht ganz. Denn die nachgezeichneten Entwicklungen und Liberalisierungstendenzen haben auch ihre Schattenseiten. Die Anonymität und mangelnde Sanktionierbarkeit im Web 2.0 öffnet neuen alten Diskriminierungsformen Tür und Tor. So haben Body Shaming und sexistische Kommentare gegenüber weiblichen Rapmoderatorinnen 2017 eine neue Debatte über "Deutschraps Sexismusproblem" ausgelöst. Und auch andernorts ist eine Art Backlash im Gender-Modernisierungsprozess des Rap zu beobachten. So tauchen in maskulin konnotierten Subgenres verstärkt Formen von Mehrfachdiskriminierung auf, etwa wenn zur Visualisierung kriminalisierter Handlungen vornehmlich Women of Color eingesetzt oder zunehmend Frauen osteuropäischer Herkunft verobjektiviert werden. So sind beispielsweise in den Crack-Küchen deutschsprachiger Rapvideos überdurchschnittlich viele leicht bekleidete Women of Color zu sehen, und auch als Trägerinnen von Waffen und Sturmmasken werden in Rapvideos häufig Schwarze Frauen eingesetzt, wodurch sich eine doppelte Diskriminierung in der Verschränkung von race und Gender ergibt. Textzeilen wie "Zwei, drei Mädchen vom Balkan", "Ein, zwei ostdeutsche Groupies im Bett" oder "ficke circa sechs Rumäninnen" wecken nicht nur die Assoziation von osteuropäischen beziehungsweise ostdeutschen Frauen als promiskuitiv und sexuell verfügbar, sie aktivieren auch den Frame "Sexarbeit".So wird die Frau hier nicht nur auf ihren Körper und ihre Sexualität reduziert, sondern diese/r wird durch die ungenaue Zahlenangabe auch als preiswerte und gleichsam minderwertige Ware dargestellt. Letzteres wird schließlich an der Herkunft aus strukturschwachen Gegenden festgemacht, die im Zuge der EU-Freizügigkeitsverordnung eine neue Debatte um Frauenhandel und Zwangsprostitution ausgelöst haben. Auch die Überthematisierung und -visualisierung des männlichen Körpers, etwa durch Kampfsportelemente in Rapvideos, oder eine wiedererstarkte Bezugnahme auf die genuin männliche Crew sind als Formen von Re-Maskulinisierung im Sinne eines Backlash lesbar. Zwar ließen sich diese Tendenzen auch mithilfe von Kontextwissen, Genre- und Textsortenspezifika dechiffrieren. Als gleichsam aufschlussreich erweist sich an dieser Stelle aber auch ein Blick in die Männlichkeitsforschung: Übermäßiger männlicher Körperkult oder der verstärkte Rückbezug auf die homosoziale Männergemeinschaft werden hier im Kontext fragil gewordener männlicher Hegemonie beziehungsweise als Ausdruck habitueller Verunsicherung interpretiert – eine Analyseperspektive, wie sie angesichts der geschilderten Modernisierungsprozesse im Rap nicht allzu fernliegend erscheint. "Sex ohne Grund" ist ein Track von Ali Bumaye und Shindy aus dem Jahr 2015. Der Titel ist eine Anspielung auf den Song "Stress ohne Grund" aus dem Jahr 2013, der den Rappern Bushido und Shindy mehrere Strafanzeigen unter anderem wegen Volksverhetzung und Beleidigung einbrachte. Unter das Paradigma der Intersektionalität lassen sich Analyseperspektiven zusammenfassen, die die Wechselwirkungen zwischen Ungleichheitskategorien wie race, Klasse und Gender untersuchen. Als klassische Ausdrucksformen des HipHop gelten gemeinhin die vier Elemente DJing, MCing (rapping), Breakdancing und Graffiti-Writing. Darüber hinaus werden auch das Element Wissen (knowledge) sowie Beatboxing, Producing, Skateboarding oder auch Mode zur Gesamtheit der HipHop-Kultur gezählt. "Nur ein Teil der Kultur" ist ein Track von Marius No. 1 und Cora E. aus dem Jahr 1994. Zur Textsorte Rap vgl. z.B. David Toop, Rap Attack 3. African Rap to Global HipHop, London 2000; Arnulf Deppermann/Andrea Riecke, Krieg der Worte: Boasten und Dissen im HipHop-Battle, in: Birgit Richard/Klaus Neumann-Braun (Hrsg.), ICH-Armeen. Täuschen, Tarnen, Drill, Paderborn 2006, S. 157–165. Der Poststrukturalismus entwickelte sich aus der Revision und Neudefinition des Strukturalismus im Frankreich der 1960er Jahre. Seinen transdisziplinär verortbaren Denker_innen ist eine gemeinsame Bezugnahme auf die Bedeutung der Sprache beziehungsweise auf deren wirklichkeitskonstituierende Macht gemeinsam. Unter Rückgriff auf die Zeichentheorie des Linguisten Ferdinand de Saussure wird das Subjekt als "in der Sprache gefangen" verstanden, weil durch diese erst hervorgebracht. Da sich dadurch auch die Möglichkeit von Neudefinition und Umdeutung ergibt, wurden poststrukturalistische Perspektiven auch innerhalb feministischer Arbeiten fruchtbar gemacht, so zum Beispiel durch Luce Irigaray, Julia Kristeva oder Judith Butler. "Die männliche Herrschaft" ist Titel eines Aufsatzes (1997) sowie einer Monografie (2005) Bourdieus. In dem Phänomen der männlichen Herrschaft sieht der Soziologe eine besondere Zuspitzung "symbolischer Gewalt" (ein weiteres Konzept Bourdieus) und wendet seine soziologischen Erkenntnisse damit erstmals umfassend auf das Ordnungsprinzip Geschlecht beziehungsweise Männlichkeit an. Vgl. Gabriele Klein/Malte Friedrich, Is This Real? Die Kultur des HipHop, Frankfurt/M. 2003. In der Männlichkeitsforschung spricht man daher meist auch von Männlichkeiten im Plural. Raewyn Connell, Der gemachte Mann. Konstruktion und Krise von Männlichkeiten, Wiesbaden 2015, S. 120. Heteronormativität ist ein zentraler Begriff der Queer Theory und meint, dass Zweigeschlechtlichkeit und Heterosexualität als gesellschaftliche Normen gelten. Um den Konstruktionscharakter dieser analytischen und politischen Kategorien zu markieren, wird "Schwarz" groß und "weiß" klein und kursiv geschrieben. Vgl. z.B. Gwendolyn D. Pough, HipHop Soul Divas and Rap Music: Critiquing the Love That Hate Produced, in: Eileen M. Hayes/Linda F. Williams (Hrsg.), Black Women and Music. More Than the Blues, Urbana 2007, S. 23–50; Michael P. Jeffries, Thug Life. Race, Gender and the Meaning of HipHop, Chicago 2011. Vgl. Kimiko Leibnitz, Die bitch als ambivalentes Weiblichkeitskonzept im HipHop, in: Karin Bock/Stefan Meier/Gunter Süss (Hrsg.), HipHop Meets Academia. Globale Spuren eines lokalen Kulturphänomens, Bielefeld 2007, S. 157–169. Vgl. Kembrew McLeod, Authenticity Within HipHop and Other Cultures Threatened With Assimilation, in: Journal of Communication 4/1999, S. 134–150. Vgl. z.B. Sylka Scholz, Männlichkeitssoziologie, Münster 2015. Vgl. Martin Seeliger, Deutscher Gangsta-Rap. Zwischen Affirmation und Empowerment, Berlin 2013. Siehe auch den Beitrag dess. in dieser Ausgabe (Anm. d. Red.). Tarek Badawia spricht hier von einer "biografischen Extraleistung". Vgl. ders., Zweiheimisch – eine innovative Integrationsformel, in: Cornelia Spohn (Hrsg.), Zweiheimisch: Bikulturell leben in Deutschland, Hamburg 2006, S. 181–191. Wie auch im Fall des Gangsta-Rap sind eindeutige Genre-Kategorisierungen hier praktisch unmöglich beziehungsweise werden seitens eines Großteils der Szene(protagonist_innen) abgelehnt. Vgl. Matze Jung/Christian Schmidt, "Nur ein Junge von der Straße": Männlichkeiten in der HipHop-Kultur, in: Klaus Farin/Kurt Möller (Hrsg.), Kerl sein. Kulturelle Szenen und Praktiken von Jungen, Berlin 2014, S. 51–71. Der Track "Wavvy" von Mykki Blanco kann auf Youtube aktuell über zwei Millionen Klicks verzeichnen, während es Young M.A. mit "OOOUUU" bereits auf über 250 Millionen Klicks bringt. Erik Nielson/Travis L. Gosa, Introduction: The State of HipHop in the Age of Obama, in: dies. (Hrsg.), The HipHop & Obama Reader, New York 2015, S. 1–30, hier S. 16. Vgl. Anthony Obst, Drake als Vorbote einer inklusiven Männlichkeit im Rap des Internetzeitalters, in: Marc Dietrich (Hrsg.), Rap im 21. Jahrhundert. Eine (Sub-)Kultur im Wandel, Bielefeld 2016, S. 55–80. Mit einem Vermögen von 90 Millionen US-Dollar belegte Drake im Forbes-Ranking Platz 5 der bestverdienenden Rapper 2017. Vgl. dazu "Ich möchte keine ‚geile Sau‘ sein": Visa Vie über Sexismus im Deutschrap, 16.3.2016, Externer Link: https://broadly.vice.com/de/article/xwqmq7/ich-moechte-gar-keine-geile-sau-sein-visa-vie-ueber-sexismus-im-deutschrap. Die Zeilen entstammen Texten der Rapper Raf Camora, Bonez MC und Farid Bang aus den Jahren 2011 bis 2017. Vgl. z.B. Michael Meuser, Geschlecht und Männlichkeit. Soziologische Theorie und kulturelle Deutungsmuster, Opladen 1998.
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, Heidi Süß
"2022-02-17T00:00:00"
"2018-02-21T00:00:00"
"2022-02-17T00:00:00"
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/265104/sex-ismus-ohne-grund/
Zu den häufigsten Vorwürfen gegenüber Rap zählen Sexismus, Misogynie und Homophobie. Den Zusammenhang von Rap und Geschlecht auf diese teils zutreffenden Schilderungen zu reduzieren, wird der Komplexität und Diversität der Szene mit Blick auf Geschle
[ "HipHop", "Rap", "Musik", "Jugendkultur", "Authentizität", "sexismus", "Homophobie", "Frauenfeindlichkeit/Misogynie", "Gender", "Männlichkeit", "Kriminalität", "Herkunft" ]
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Der Jüdische Friedhof in Weißensee | Geteilte Geschichte | bpb.de
Das Objekt Der Jüdische Friedhof in Berlin-Weißensee von Hermann Simon Die Interner Link: Jüdische Gemeinde Berlin existiert seit 1671; bereits 1672 wurde ein Friedhof eingerichtet, der sich im Laufe der Jahre als zu klein erwies, so dass in den Jahren ab 1827 ein Grundstück in der Schönhauser Allee als Begräbnisort diente. Am 9. September 1880 wurde wiederum ein neuer Friedhof der Jüdischen Gemeinde zu Berlin eingeweiht, und zwar im Nordosten Berlins im Bezirk Weißensee, heute zu Pankow gehörig. Auf 42 Hektar (etwa 1,0 km lang und 0,5 km breit) befinden sich mehr als 115.000 Grabstätten; die erste Beisetzung erfolgte am 22. September 1880. Historischer Essay Der Friedhof in Weißensee steht für die Geschichte der Juden in Deutschland und spiegelt die Interner Link: jüdische Geschichte Berlins, die Judenemanzipation, den Nationalsozialismus, die DDR und die Wiedervereinigung wider. von Hermann Simon Der Friedhof in Weißensee steht stellvertretend für die Geschichte der Juden in Deutschland und ist ein Interner Link: Spiegelbild jüdischer Geschichte in Berlin, insbesondere der Ereignisse, wie die Interner Link: jüdische Emanzipation, Interner Link: Nationalsozialismus, Interner Link: DDR, und die deutsche Wiedervereinigung. Auf seinem Areal befindet sich ein Ensemble von Architektur- und Kunstdenkmalen der jüdischen Grabmalkultur des 19./20. Jahrhunderts von Weltrang. Der Friedhof ist ein vielbeachtetes Zeugnis der Erneuerung der jüdischen Friedhofskultur Ende des 19. Jahrhunderts durch seine überzeugende Verbindung von Gartenarchitektur und Grabmalkunst und darüber hinaus ein einzigartiges Zeugnis der Interner Link: Emanzipation der liberalen Großstadtjuden im 19./20. Jahrhundert. Die Gründung eines Friedhofs galt und gilt als besonders verdienstliche Erfüllung einer religiösen Pflicht (Mizwa). Jüdische Gräber dürfen niemals eingeebnet werden, damit Platz für eine erneute Belegung entsteht. Sie haben, da sie Eigentum der in ihnen Ruhenden für alle Zeit sind, dauernden Bestand. "Es war und bleibt die vornehmste Aufgabe des jüdischen Friedhofes einer jeden und einem jeden Verstorbenen das individuelle Grab dauerhaft, ohne jede zeitliche Begrenzung zu bewahren. Eine Vorstellung, die sich bereits in der biblischen Erzählung von Abrahams Erwerb der Grabstätte für Sarah in Hebron andeutet [Genesis 23].“ (Michael Brocke) Deutsche Geschichte, europäische, ja Weltgeschichte des 19., 20. und 21. Jahrhunderts sind hier in Weißensee ablesbar wie vielleicht nirgendwo in Berlin. Der Friedhof Weißensee ist ein herausragendes Zeugnis von Ruhestätten international bedeutender Persönlichkeiten der Medizin, Natur- und Geisteswissenschaften, bildenden Kunst, Literatur und Publizistik, Technik, Industrie, Handel, und Wirtschaft. Auch deshalb ist in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten über diesen Ort viel publiziert worden. Die intensive Beschäftigung begann mit einem kleinen Heft, das die Ostberliner Jüdische Gemeinde im Jahre 1980 herausbrachte. Viele weitere Publikationen in beiden Teilen der Stadt sollten folgen. Heinz Galinski, langjähriger Vorsitzender der Westberliner Jüdischen Gemeinde war sich immer, vor allem aber sofort nachdem er Vorsitzender der logischer- und konsequenterweise vereinigten beiden jüdischen Gemeinden geworden war, der Bedeutung des Friedhofes bewusst. Seinem Engagement ist in den 1990er Jahren ein erster Digitalisierungsversuch des Archivs des Friedhofs zu verdanken. Inzwischen wurden flächendeckend ca. 115.000 Grabstätten von den Mitarbeitern des Fachgebiets Bau- und Stadtbaugeschichte der Technischen Universität Berlin im Auftrag des Berliner Landesdenkmalamts in Kooperation mit der Jüdischen Gemeinde aufgenommen. Aus den erhobenen Daten der Grabsteine und der damit korrespondierenden schriftlichen Überlieferung ergeben sich für die wissenschaftliche Forschung unendlich viele Möglichkeiten zur Rekonstruktion der Sozialstruktur der Berliner Jüdischen Gemeinde im Zeitraum von 1880 bis 1933 und auch darüber hinaus. Von besonderem Interesse ist die Tatsache, dass der Friedhof auch während der Verfolgung durch die Nazis ständig in Betrieb war. Friedhof und Jüdisches Krankenhaus in der Iranischen Straße repräsentierten den letzten Rest der Berliner Jüdischen Gemeinde. Auf dem Friedhof, der sich für manche Verfolgte als Refugium bewährte, wirkte nach dem 10. Juni 1943 Interner Link: Martin Riesenburger und nahm in jüdischer Verantwortung seine Aufgaben wahr; in seinen Erinnerungen hat er darüber berichtet: "Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass jeder Jude, der bis zur Stunde der Befreiung im Jahre 1945 starb, genau nach Vorschrift unserer jüdischen Religion beerdigt wurde. Die ungeheure und oft seelisch schwer belastende Tätigkeit der wenigen auf dem hiesigen Friedhof wirkenden jüdischen Menschen darf nie vergessen werden." Auch in der Zeit des finstersten Terrors hat Interner Link: Riesenburger an die Befreiung und die Zukunft der jüdischen Gemeinde geglaubt. Die Rettung von über 500 Torarollen, die auf dem Friedhof durch ihn versteckt worden waren, ist ein Beweis dafür. Nach dem Ende der Naziherrschaft standen die Torarollen der sich wieder findenden jüdischen Gemeinschaft zur Verfügung. Eindrucksvoll schildert Riesenburger die Befreiung des Friedhofs am 23. April 1945, die zugleich seine persönliche war: "Als es 15.00 Uhr nachmittags war [...], da durchschritt das Tor unseres Friedhofes der erste sowjetische Soldat! Aufrecht und gerade war sein Gang. Ich hatte das Gefühl, dass er mit jedem Schritt bei seinem Kommen zu uns ein Stück des verruchten Hakenkreuzes zertrat." Nur noch 7.000 Mitglieder hatte die nun entstehende Nachkriegsgemeinde. Dies war, so Bruno Blau, "der Bestand, mit dem sie ihren Neuaufbau begann". Die Einheit der Gemeinde war nicht von Dauer; es entstanden 1952/53 Ost- und Westberliner Gemeinde. Weißensee befand sich im Osten und war für Westberliner schwer zu erreichen, so dass die Westberliner Gemeinde 1955 einen neuen Friedhof an der Heerstraße anlegte. Jüdischer Friedhof im Berliner Stadtteil Weißensee, 2008: Unbekannte haben auf dem Friedhof etwa 30 Grabsteine umgeworfen. (© picture-alliance/dpa) Die immer kleiner werdende Ostberliner Jüdische Gemeinde war dem gewaltigen Erbe "Friedhof Weißensee" kaum gewachsen. Immer wieder kam es in den 1950er Jahren zu Buntmetalldiebstählen und später auch Interner Link: Schändungen (z. B. 1971, 1977, 2008). Vornehmlich durch die Bemühungen des Vorsitzenden der Westberliner Gemeinde Interner Link: Heinz Galinski und das Engagement kirchlicher Kreise konnte ein Straßenbau über den Friedhof in letzter Minute (Oktober 1986) verhindert werden. Es war ein alter Plan, den Verkehr über einen auf dem Friedhof freigehaltenen Streifen stadtauswärts zu führen, der jetzt realisiert werden sollte. Heute wird sowohl in der Heerstraße als auch in Weißensee beerdigt, die Fläche für die nicht gebaute Straße, die quer durch den Friedhof Weißensee führen sollte, ist längst belegt; auffällig sind die vielen Gräber von Interner Link: Jüdinnen und Juden aus der ehemaligen Sowjetunion, die nach dem Fall der Mauer nach Berlin kamen. Jüdischer Friedhof im Berliner Stadtteil Weißensee, 2008: Unbekannte haben auf dem Friedhof etwa 30 Grabsteine umgeworfen. (© picture-alliance/dpa) Persönliche Geschichte Eines der Mausoleen in Weißensee ist dem Gedenken der Familie Mosse gewidmet, insbesondere dem des Zeitungsverlegers Rudolf Mosse. von Frank Mecklenburg Bei einem Gang über den Friedhof Weißensee lässt sich, so gut wie kaum an einer anderen Stelle, der Aufstieg von Jüdinnen und Juden in das Interner Link: Berliner Bürgertum beobachten. Die gut erhaltenen Matzewot (jüdischen Grabsteine) und imposanten Grabmale berichten von dem Erfolg Einzelner und bezeugen die Entstehung von Dynastien. Angesichts der Bedeutung des Friedhofs ist es kaum überraschend, dass sich in den Beständen des LBI auch zahlreiche Photographien des Friedhofs Weißensee finden lassen. Darunter auch eine Reihe von Aufnahmen des Historikers George L. Mosse aus den 1980er Jahren, die ihn beim Besuch des Familienmausoleums zeigen. Interner Link: Die Familie Mosse, und insbesondere der erfolgreiche Interner Link: Zeitungsverleger Rudolf Mosse, waren im Berlin der Kaiserzeit und der 1920er Jahre jedem ein Begriff. Eine kurze Straße durch die Anlage des heutigen Jahnparks, zwischen Gaudystraße und Eberswalder Straße im Prenzlauer Berg, wurde zu Ehren Rudolfs Mosses anlässlich seines 70. Geburtstages nach ihm benannt. Für die Nazis hingegen war Mosse ein besonders verhasster Name, und 1936 war die zuvor noch im Berliner Adressbuch verzeichnete Rudolf-Mosse-Straße verschwunden. Die neuen Machthaber hatten sie in Sonnenburger Straße umbenannt, um den Namen Interner Link: Mosse aus dem Gedächtnis zu tilgen. Inzwischen gibt es wieder eine Rudolf-Mosse-Straße in Berlin Wilmersdorf, in ihr befindet sich der 1895 errichtete Mosse Stift, den Rudolf und Emilie Mosse einst als Waisenhaus eingerichtet hatten. Rudolf Mosse war es auch, der unmittelbar nach dem Tod seines Bruders Wolfgang im Jahre 1885, die Errichtung eines Mausoleums in Weißensee beauftragte. Ein Jahr später war das beindruckende Bauwerk fertig. Auf dem nicht weit vom Friedhofseingang befindlichen Gräberfeld M1 liegen seither eine Reihe von Familienmitgliedern. Neben seinem 1840 geborenen Bruder Wolfgang Mosse, der in die USA ausgewandert war und am amerikanischen Bürgerkrieg teilgenommen hatte, fand auch ihre 1888 gestorbene Mutter Ulrike Mosse, geborene Wolff, dort ihre letzte Ruhestätte. Auch Rudolf Mosse selbst und seine Frau Emilie wurden dort bestattet. Rudolf besaß dreizehn Geschwister. Somit ist es kaum verwunderlich, dass mehrere Familienmitglieder ebenfalls in Weißensee und in unmittelbarer Nähe des Familienmausoleums liegen. Dazu gehört der älteste Bruder, Salomon Mosse und dessen Familie; der mit Rudolfs Schwester Therese verheiratete Sanitätsrat Dr. Carl; der 1916 im Krieg gefallene drittälteste Bruder Theodor; der ebenfalls 1885 verstorbene Bruder Paul; und der 1911 verstorbene Bruder Emil Mosse, der zugleich Rudolfs Geschäftspartner war. Jedoch gab es auch Ausnahmen: Ein weiterer Bruder, Albert Mosse, 1925 gestorben, sowie seine Frau Caroline, 1934 gestorben, und deren Sohn Hans, 1916 im Krieg bei Verdun gefallen, sind auf dem alten Jüdischen Friedhof in der Schönhauser Allee begraben. Rudolf Mosse, dessen Ehe mit Emilie kinderlos war, adoptierte 1910 seine leibliche Tochter Felicia Marx und gestattete deren Ehemann, den Namen Mosse zu führen. Zehn Jahre später starb Rudolf Mosse als angesehener und geschätzter Bürger Berlins. Sein Enkelsohn George L. Mosse, musste sich wenige Jahre später dem Zugriff der Nazis als Jugendlicher entziehen. George L. Mosse wanderte über England in die USA aus, wo er erfolgreich an der Universität von Wisconsin in Madison unterrichtete. Zusammen mit seinem Cousin Werner Mosse bemühte er sich, die Geschichte seiner Familie vor dem Vergessen zu bewahren und die Errungenschaften seiner Vorfahren wieder ans Licht zu bringen. Währenddessen verfiel in den Jahrzehnten nach der Vertreibung der Familie das prächtige Mausoleum in Weißensee. Erst Mitte der 1990er Jahre wurde mit einer umfassenden Restaurierung des Familiengrabes begonnen, die 1999 abgeschlossen wurde. George L. Mosse erlebte die Fertigstellung nicht mehr - er starb am 22. Januar 1999. Dieser Beitrag ist Teil des Externer Link: Shared History Projektes vom Externer Link: Leo Baeck Institut New York I Berlin.
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-02-01T00:00:00"
"2021-11-05T00:00:00"
"2022-02-01T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/zeit-kulturgeschichte/geteilte-geschichte/343115/der-juedische-friedhof-in-weissensee/
Am 9. September 1880 wurde im Nordosten Berlins ein neuer jüdischer Friedhof eingeweiht. Heute liegen 115.00 Menschen dort begraben.
[ "Dissens", "Distributive Politik", "Redistributive Politik", "Dogma/Dogmatismus", "Grundsatz", "Grabmal", "Doyen", "Amtsältester", "DIHK", "Heinz Galinski", "Drei-Elemente-Lehre", "Bürgertum", "Mausoleum", "Shared History", "Judentum", "Juden", "jüdisch", "deutsch-jüdische Geschichte", "Jüdische Geschichte", "1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland", "Leo-Baeck-Institut", "Antisemitismus", "Akkulturation", "Diaspora", "Migration", "Inklusion", "Ausgrenzung", "Verfolgung", "Holocaust", "Shoah", "Deutschland", "Berlin", "Weissensee" ]
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Entwicklung bis zum Ende der Monarchie | Tschechien | bpb.de
Einleitung Im Raum, der später als Böhmen und Mähren bezeichnet wurde, siedelten um 500 v. Chr. keltische Stämme. Der Name Böhmen (lat.: boiohaemum, Bojerheim) geht auf die keltischen Bojer zurück, die um 60 v. Chr. von Germanen verdrängt wurden. Im Verlaufe der im vierten Jahrhundert n. Chr. beginnenden Völkerwanderung kamen im sechsten Jahrhundert schließlich slawische Stämme ins Land. Im siebten Jahrhundert konstituierte sich im heutigen Mähren sowie in Teilen der Westslowakei und Niederösterreichs ein slawischer Stämmebund unter dem Fürsten Samo. Zwischen 830 und 895 gab es ein "Großmährisches Reich", dessen Zentrum wahrscheinlich in Mähren und der Slowakei lag und dessen Einfluss sich zeitweise bis nach Meißen, Krakau und an die Ufer des Balaton (Plattensee) erstreckte. Nach seinem Ende wurde die Slowakei zur ungarischen Provinz "Oberungarn". Im westlichen Teil, in Böhmen hingegen, war das Ende dieses frühen Reiches der Beginn einer eigenständigen staatlichen Entwicklung, getragen von den um Prag siedelnden Tschechen unter ihren Herzögen aus dem Geschlecht der Premysliden. Am Beginn dieser Entwicklung stand Wenzel I. (Václav I.; 921–929/35), der sich um die Verbreitung des Christentums im Land bemühte. Nach der Ermordung durch seinen Bruder Boleslav (der ihm als Herzog nachfolgte) wurde er heilig gesprochen. Als Landespatron hatte er große Symbolkraft für die Stabilisierung des Staatswesens und von seiner Bedeutung für das neuzeitliche Selbstverständnis der Tschechen zeugt sein monumentales Denkmal am oberen Ende des Prager Wenzelsplatzes. Am Ende des zehnten Jahrhunderts wurde mit der Unterwerfung und Vernichtung eines anderen mächtigen böhmischen Fürstengeschlechts, der Slavníkiden, die Vorherrschaft der Premysliden im Raum des heutigen Böhmen und Mähren erreicht, die noch weitere drei Jahrhunderte währte. Böhmisch-europäische Verflechtungen Im zehnten Jahrhundert geriet das Premyslidenreich in die außenpolitische Abhängigkeit des Heiligen Römischen Reiches. Seit Anfang des 11. Jahrhunderts wurde es als direktes Lehen des Reiches bezeichnet. Könige wurden die tschechischen Herrscher im Gefolge von internen Machtkämpfen innerhalb des Reiches: 1085 verlieh Kaiser Heinrich IV. diesen Titel persönlich an Vratislav II. (1061–1092), um sich dessen Unterstützung in der Auseinandersetzung mit dem Papst zu sichern. Auch die Königskrönung von Vladislav II. (1140–1173) im Jahre 1158 durch Friedrich I. (Barbarossa) diente der Machtsicherung des Kaisers. 1212 bestätigte der Stauferfürst und spätere Kaiser Friedrich II. aus den gleichen Gründen die Erblichkeit des böhmischen Königtums. Wie der Historiker Ferdinand Seibt hervorhebt, standen der Kaiser und die böhmischen Fürsten bzw. Könige in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis. Während der Regierung von Premysl II. Otakar (1253–1278) wurde das Reich vom böhmischen König dominiert. Unter seiner Herrschaft entstand für kurze Zeit ein Großreich, das mit dem Herzogtum Krajn bis knapp vor die Adriaküste reichte. Während der Herrschaft der Premysliden kamen die ersten deutschen Siedler ins Land. Im zwölften Jahrhundert wanderten Bauern, Bergleute und Handwerker aus Österreich nach Südmähren und aus der Oberpfalz nach Westböhmen ein. So entstanden deutsch besiedelte Grenzregionen, und es wird geschätzt, dass um 1300 circa ein Sechstel der 1,5 Millionen Bewohner der böhmischen Länder deutscher Herkunft waren. Die Könige begünstigten die Gründung von freien Städten als Gegengewicht zum Einfluss des Adels und gewährten auch die Übernahme der neuen städtischen Rechtsordnungen, die nach ihren Ursprungsorten als Magdeburger, Wiener oder Nürnberger Recht bezeichnet wurden. Nach dem Aussterben der Premysliden ging die Herrschaft von 1310 bis 1437 an das Haus der Luxemburger über. Unter Karl (Karel) IV., von 1346 bis 1378 deutscher und böhmischer König und 1355 in Rom zum deutschen Kaiser gekrönt, wurden die böhmischen Länder Kernländer des Reiches und Prag wurde Residenzstadt. 1344 betrieb Karl IV. die Ernennung Prags zum Erzbistum und gründete 1348 hier die "Karls-Universität" (Univerzita Karlová), deren innere Organisation Vorbild für weitere Universitätsgründungen im Reich war. Unter den Luxemburgern umfassten die Länder der böhmischen Krone auch Luxemburg und Brabant, Brandenburg, die Lausitz und Schlesien. Ein weiteres Beispiel für die Verflechtung von böhmischer und europäischer Geschichte bietet der Prager Reformator Johannes Huß (tsch.: Jan Hus, um 1369– 1415). Gestützt auf die Thesen des englischen Theologen John Wiclif (um 1320– 1384) und die Lehren der südfranzösischen Waldenser stritt er für eine Erneuerung der Kirche und beeinflusste seinerseits spätere reformatorische Bestrebungen, so ein Jahrhundert später Martin Luther. Nach der Verbrennung von Jan Hus als Ketzer 1415 in Konstanz entwickelte sich in den böhmischen Ländern die Bewegung der Hussiten, eine kirchenreformerische bzw. -revolutionäre Bewegung in Böhmen. Gemeinsames religiöses Symbol war der "Laienkelch" als Zeichen der Darreichung des Abendmahlweines nicht nur an die Kleriker, sondern auch an die Laien. Zwischen 1419/20 und 1433/34 kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen kaiserlichen und hussitischen Truppen, die mit einem Kompromiss zugunsten der gemäßigten Hussiten beendet wurden. Die Hussitenkriege brachten eine Schwächung der böhmischen Krone mit sich. Zwar war mit Georg von Podiebrat (1458–1471) noch einmal ein böhmischer Adliger Träger der Wenzelkrone. Aber nach ihm kämpften die polnischen Jagiellonen und Ungarn um deren Besitz, und ab 1526 war sie für die nächsten vier Jahrhunderte fest in den Händen der Habsburger. Herrschaft der Habsburger Eine weitere Verbindung von böhmischer und europäischer Geschichte manifestierte sich im so genannten Prager Fenstersturz am 23. Mai 1618, als zwei kaiserliche Statthalter von böhmischen Protestanten aus den Fenstern der Prager Burg, des Hradschins, geworfen wurden. Darin offenbarte sich ein tiefgreifender Konflikt zwischen den protestantischen Ständen der böhmischen Länder und der zentralistischen, prokatholischen Politik des deutschen Kaisers. Er gilt als auslösendes Ereignis des Dreißigjährigen Krieges. Ein böhmischer Adliger, Albrecht von Wallenstein (1583–1634), wurde für einige Jahre erfolgreichster Kriegsherr des Kaisers im Kampf gegen die protestantischen Fürsten, ein Abenteurer, der 1634 in Eger (Cheb) ermordet wurde. In dieser Zeit wurden 150000 Menschen aus ihrer böhmischen Heimat vertrieben. Die Rekatholisierung, die hinter diesen Vertreibungen und freiwilligen Auswanderungen stand, prägte fortan das religiöse und kulturelle Leben des Landes. Einer der Emigranten war Johann Comenius (1592–1670), der durch seine Schriften großen Einfluss auf die Begründung der modernen Pädagogik ausübte. Die Zeitspanne zwischen der Niederlage der böhmischen Stände und protestantischen Fürsten in der Schlacht am Weißen Berg bei Prag 1620 bis zum Beginn der tschechischen Nationalbewegung wird von manchen tschechischen Historikern als Periode der Finsternis begriffen. Dagegen sprechen jedoch nicht nur die Jahrzehnte des Friedens bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts, sondern auch die rege Bautätigkeit dieser Epoche. Im Stile des Barock entstanden Klöster, Kirchen und Schlösser, die bis heute die Landschaft prägen. Zur Mitte des 18. Jahrhunderts setzten dann die Reformen der Staatsverwaltung, des Rechtssystems und des Schulwesens ein, die im Zeitalter des "aufgeklärten Absolutismus" durch die Habsburger Kaiserin Maria-Theresia (1740–1780) und Kaiser Joseph II. (1765–1780 als Mitregent, bis 1790 alleiniger Throninhaber) initiiert und vorangetrieben wurden. Diese Reformen trugen auch viel zur Modernisierung von Gesellschaft und Wirtschaft in Böhmen und Mähren bei. Tschechische Nationalbewegung Überall in Europa wuchs im Laufe des 19. Jahrhunderts das nationale Selbstbewusstsein. Als eine wesentliche Ursache dafür gelten die Säkularisierung und Modernisierung der Gesellschaften im Zuge der Aufklärung, die dem einzelnen Menschen zwar einen größeren Handlungsspielraum gaben, ihn aber alter Gewissheiten beraubten. Neue Sicherheit versprach in dieser Situation der Gedanke der Nation als einer neuen Form politischer Gemeinschaft. Ein weiterer Grund für das steigende Ansehen nationaler Unabhängigkeit lag darin, dass Frankreich – nachdem es sich im Zuge der Revolution von 1789 als moderner Nationalstaat konstituiert hatte – unter der Herrschaft Napoleon Bonapartes andere europäische Staaten militärisch unterworfen hatte, was bei der einheimischen Bevölkerung der eroberten Staaten patriotische Gefühle und eine Rückbesinnung auf das eigene Selbstverständnis auslöste. Die Reformen Maria Theresias und Josephs II. in den Ländern der Habsburgermonarchie gaben wichtige Impulse für die Entwicklung des nationalen Gedankens. Das Bemühen um eine moderne und zentralisierte Verwaltung führte zur Festlegung des Deutschen als Amtssprache. Dies erweckte bei den nichtdeutschen Bevölkerungsteilen Befürchtungen vor einer Dominanz des Deutschen. Als Gegengewicht entwickelten sich Bewegungen für die Modernisierung der eigenen Schriftsprache und einen landessprachlichen Schulunterricht. Der Philosoph und Historiker Josef Dobrovský (1753–1829) sowie der Philologe und Schriftsteller Josef Jungmann (1773–1847) schufen die Grundlagen für die moderne tschechische Sprache, so wie an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert auch in anderen europäischen Ländern moderne Sprachlehren ausgearbeitet wurden. Anfangs herrschte noch nicht die Auffassung, dass jede Nation sich gegenüber den anderen behaupten und durchsetzen müsse. Namhafte deutsche Intellektuelle in den böhmischen Ländern plädierten zu Beginn für eine Gleichberechtigung beider Kulturen im Land (als Bohemismus bezeichnet) und die tschechischen Intellektuellen, die sich für die nationale Wiedergeburt (obrození) einsetzten, schrieben ihre Texte zunächst noch in Deutsch. Der Historiker und Politiker Frantipiek Palacký (1798–1876) begriff, auf Johann Gottfried Herders geschichtsphilosophischen Vorstellungen von der Existenz stabiler Volkscharaktere aufbauend, das Zusammentreffen und das Gegeneinander von Germanen- und Slawentum als das uralte Grundgesetz der böhmischen Geschichte. Das Problematische an dieser Sichtweise, die zu dieser Zeit sehr populär war, besteht darin, den in der Mitte des 19. Jahrhunderts beginnenden Selbstbehauptungskampf zwischen den nationalen Gemeinschaften in frühere Geschichtsepochen zurück zu verlegen. 1848 distanzierten sich die Tschechen erstmals eindeutig vom "großdeutschen Projekt" (also der Schaffung eines deutschen Nationalstaates in den Grenzen des früheren Römischen Reiches deutscher Nation), welches das deutsche Nationalparlament zum gleichen Zeitpunkt an seinem Tagungsort, der Frankfurter Paulskirche, diskutierte. Stattdessen bekannten sie sich zur österreichischen Donaumonarchie als einem Vielvölkerstaat und Palacký lehnte es mit diesem Argument ausdrücklich ab, die Einladung zur Versammlung in der Frankfurter Paulskirche anzunehmen. Vielmehr berief er im Juni 1848 einen Slawenkongress nach Prag ein, der im Auftrag des Kaisers von österreichischen Truppen unter Fürst Windischgrätz gewaltsam aufgelöst wurde. Die Tschechen strebten jedoch weiterhin nach Gleichberechtigung der Landessprachen im Erziehungswesen und nach politischer Gleichstellung unter Anerkennung der eigenen tausendjährigen staatsrechtlichen Tradition. Ihre Anstrengungen verstärkten sich nach 1867, als die ungarischen Oberschichten eine Wiedereinsetzung in historische Rechte und ihre auch symbolische Aufwertung durch die Umwandlung des Reiches in eine österreichisch-ungarische Doppelmonarchie erreichten. Die Deutschen in der Habsburgermonarchie empfanden die Bemühungen um eine verstärkte Eigenständigkeit der tschechischen Kultur und die Gleichberechtigung der Tschechen immer stärker als existenzielle Herausforderung. Im Streit darum, ob das Deutsche und das Tschechische gemeinsame Behördensprachen sein sollten, fanden diese Auseinandersetzungen ihren ersten Höhepunkt. Die Wiener Herrscher suchten dies durch einen Kompromiss zu entschärfen. Ein Ergebnis dieser Bemühungen war die Teilung der alten Prager Universität 1881–82 in eine tschechische und eine deutsche. Im Jahr 1882 wurde mit einer Ausweitung des Wahlrechts auf größere Teile der männlichen Bevölkerung der politische Einfluss der Tschechen ausgedehnt. Die Einführung des Tschechischen als gleichberechtigte Behörden- und Gerichtssprache hingegen scheiterte vorerst 1899 am starken deutschen Widerstand, nachdem schon 1897 der österreichische Ministerpräsident Kasimir Felix Graf Badeni (1895–1909), der eine entsprechende Verordnung auf den Weg gebracht hatte, nach Tumulten im Parlament und auf den Straßen durch den Kaiser abberufen werden musste. QuellentextKonkurrenz zweier Kulturen Der Aufstieg der tschechischen Kultur war eng mit der nationalen Emanzipation im 19. Jahrhundert verwoben. Vordem hatte die Grenze zwischen der deutschen und tschechischen Sprachgruppe nicht nur nationale, sondern auch sozial definierte Gruppen getrennt. Eine höhere Bildung war ausschließlich in Deutsch zu erhalten. Bis Mitte des Jahrhunderts hatte sich diese Lage aber bereits wesentlich verändert. Aus der Pflege der tschechischen Sprache und ihrer Durchsetzung auf der Bildungs- und Kulturebene erwuchs bald darauf die Forderung, sie auch in Verwaltungs- und Staatsangelegenheiten zu benutzen, was die Konflikte zwischen Deutschen und Tschechen anheizte. Am Ende des 19. Jahrhunderts standen in den böhmischen Ländern dann zwei sprachlich unterschiedliche Kulturen gleichwertig nebeneinander. 1882 wurde die Karl-Ferdinand-Universität in Prag in eine deutsche und eine tschechische geteilt, neben der alten, gemeinsamen "Königlich-Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften" finden wir in den neunziger Jahren noch zwei weitere, national definierte Akademien – die "Böhmische (das heißt tschechische) Kaiser-Franz-Joseph-Akademie der Wissenschaften, Literatur und Kunst in Prag", die 1890 gegründet wurde, und die "Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaften, Kunst und Literatur in Böhmen", die im darauffolgenden Jahr entstand. Alle wichtigen Vereine gab es sowohl in tschechischer als auch in deutscher Version. Diese seltsame Situation wurde im Jahr 1900 treffend von Alfred Klaar, dem Redakteur der Berliner "Vossischen Zeitung" beschrieben: "Prag ist ein Unikum, als die Stadt zweier Universitäten, zweier technischer Hochschulen und zweier großer Opern, die beispielsweise gleichzeitig zwei Lohengrin-Aufführungen veranstalten." Die nationale Spaltung in der Kultur setzte sich auch in der Zwischenkriegszeit fort. Zu den berühmtesten Repräsentanten böhmischer Kultur gehörten in erster Linie deutsch sprechende Prager Juden – zum Beispiel Franz Kafka, Max Brod, Franz Werfel. Bekannt sind auch die deutschen Literaten Rainer Maria Rilke oder Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach geworden. Unter den tschechischen Schriftstellern erlangte Jarosláv Hapiek Weltruhm mit seiner Gestalt des "braven Soldaten Schwejk". Karel Cápek machte mit seinem Roman "R. U. R." (Rossums Universal Robots) 1920 den eigentlich von seinem Bruder Josef Cápek erfundenen Begriff "Roboter" zur international gebräuchlichen Bezeichnung. Alena Mípiková Mit dem Erstarken des Nationalbewusstseins wurden kulturelle Institutionen geschaffen und prächtige Gebäude – etwa das Nationaltheater und das Nationalmuseum – gebaut. Es entwickelte sich ein vielfältiges böhmisches Vereins-, Verbands- und Parteienleben. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert existierten in den böhmischen Ländern zwei nationale Parteiensysteme, ein deutsches und ein tschechisches. Die Gesellschaft war kulturell und politisch gespalten. Der Aufstieg der tschechischen Kultur war eng mit der nationalen Emanzipation im 19. Jahrhundert verwoben. Vordem hatte die Grenze zwischen der deutschen und tschechischen Sprachgruppe nicht nur nationale, sondern auch sozial definierte Gruppen getrennt. Eine höhere Bildung war ausschließlich in Deutsch zu erhalten. Bis Mitte des Jahrhunderts hatte sich diese Lage aber bereits wesentlich verändert. Aus der Pflege der tschechischen Sprache und ihrer Durchsetzung auf der Bildungs- und Kulturebene erwuchs bald darauf die Forderung, sie auch in Verwaltungs- und Staatsangelegenheiten zu benutzen, was die Konflikte zwischen Deutschen und Tschechen anheizte. Am Ende des 19. Jahrhunderts standen in den böhmischen Ländern dann zwei sprachlich unterschiedliche Kulturen gleichwertig nebeneinander. 1882 wurde die Karl-Ferdinand-Universität in Prag in eine deutsche und eine tschechische geteilt, neben der alten, gemeinsamen "Königlich-Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften" finden wir in den neunziger Jahren noch zwei weitere, national definierte Akademien – die "Böhmische (das heißt tschechische) Kaiser-Franz-Joseph-Akademie der Wissenschaften, Literatur und Kunst in Prag", die 1890 gegründet wurde, und die "Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaften, Kunst und Literatur in Böhmen", die im darauffolgenden Jahr entstand. Alle wichtigen Vereine gab es sowohl in tschechischer als auch in deutscher Version. Diese seltsame Situation wurde im Jahr 1900 treffend von Alfred Klaar, dem Redakteur der Berliner "Vossischen Zeitung" beschrieben: "Prag ist ein Unikum, als die Stadt zweier Universitäten, zweier technischer Hochschulen und zweier großer Opern, die beispielsweise gleichzeitig zwei Lohengrin-Aufführungen veranstalten." Die nationale Spaltung in der Kultur setzte sich auch in der Zwischenkriegszeit fort. Zu den berühmtesten Repräsentanten böhmischer Kultur gehörten in erster Linie deutsch sprechende Prager Juden – zum Beispiel Franz Kafka, Max Brod, Franz Werfel. Bekannt sind auch die deutschen Literaten Rainer Maria Rilke oder Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach geworden. Unter den tschechischen Schriftstellern erlangte Jarosláv Hapiek Weltruhm mit seiner Gestalt des "braven Soldaten Schwejk". Karel Cápek machte mit seinem Roman "R. U. R." (Rossums Universal Robots) 1920 den eigentlich von seinem Bruder Josef Cápek erfundenen Begriff "Roboter" zur international gebräuchlichen Bezeichnung. Alena Mípiková
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Dieter Segert
"2021-12-07T00:00:00"
"2011-09-13T00:00:00"
"2021-12-07T00:00:00"
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/tschechien-276/9636/entwicklung-bis-zum-ende-der-monarchie/
Tschechische Geschichte war immer eng verflochten mit der europäischen Geschichte: Ab dem 10. Jahrhundert setzt sich das Christentum durch, deutsche Siedler kommen ins Land, die Region wird abhängig vom Heiligen Römischen Reich und Teil des Habsburge
[ "Informationen zur politischen Bildung 276", "Tschechien", "tschechische Geschichte", "Monarchie", "Europa", "Christentum", "Heiliges Römisches Reich", "Habsburger Vielvölkerstaat", "Tschechische Nationalbewegung" ]
30,142
Editorial | U.S.A. | bpb.de
Amerika gilt gemeinhin als die Neue Welt. Diese Sichtweise ist wichtig für sein Verständnis. Sie deutet auf die enormen Ausmaße des Amerikanischen, auf kolossale Proportionen in jeder Beziehung hin. Diese Tatsache bestimmt wesentlich die Politik des Landes und muss bei deren Beurteilung immer mit reflektiert werden. Eine weitere Konstante ist die Vorstellung der "Auserwähltheit" und der damit einhergehende hohe moralische Anspruch an sich selbst, verbunden mit einem großen Sendungsbewusstsein. Die Verbreitung des "American way of life" ist ein Erfolgsrezept und sollte für alle Völker gelten. Ein solches Lebensgefühl setzt das Amerikanische mit dem Demokratischen gleich. Dieses elitäre Politikverständnis und das große Selbstbewusstsein stoßen oft auf Unverständnis auch bei den europäischen Partnern der USA und sind eine der Ursachen für Missverständnisse. Auch unter der Präsidentschaft Bill Clintons hat sich daran nichts geändert. In seinem Essay weist Karsten D.Voigt auf Gemeinsamkeiten wie Unterschiede zwischen den USA und den Europäern hin. Trotz dieser Differenzen beruht die transatlantische Partnerschaft auf gemeinsamen Werten, die die Beziehungen nicht in Frage stellen. Dass die Differenzen heute stärker in den Vordergrund treten, führt der Autor auch auf die Globalisierung zurück. Die Globalisierungskritik, die überwiegend aus Europa komme, spiegele somit auch die Schwäche Europas wider. Trotz zahlreicher Auseinandersetzungen seien wir "Zeugen der Geburtswehen eines neuen Atlantizismus". Bei allem optimistischen Grundtenor überwiegt bei den Autoren der Beiträge ein kritischer Realismus gegenüber der Amtszeit Präsident Clintons. Die hohen Erwartungen, die ihn ins Amt gebracht haben, sind weitgehend enttäuscht worden. Die Bilanz der achtjährigen Amtszeit ist gemischt. So war Clinton in der Innen- und Rechtspolitik nach Meinung von Michael Dreyer wenig erfolgreich. In den ersten vier Jahren seiner Präsidentschaft seien seine ambitionierten Pläne gescheitert und hätten ihm eine republikanische Mehrheit im Kongress beschert. Die zweite Amtszeit war aufgrund der Lewinsky-Affäre ein Totalausfall. Besser sieht die sozialpolitische Bilanz der Clinton-Administration aus. Nach Söhnke Schreyer ist die Clinton-Ära die sozialpolitisch produktivste Phase seit dem Ende der sechziger Jahre gewesen. Clintons "Vermächtnis" liege vor allem in den Veränderungen der Rahmenbedingungen der politischen Debatte und der Eröffnung neuer Gestaltungsspielräume. Ebenso positiv nimmt sich die Wirtschaftspolitik aus. Alle sozialpolitischen und volkswirtschaftlichen Daten wie die Zahl der Arbeitslosen, Wirtschaftswachstum, Lohnentwicklung und Geldwertstabilität seien besser als vor seinem Amtsantritt, wie Martin Thunert feststellt. Daraus resultiere auch seine Popularität trotz einer skandalträchtigen zweiten Amtsperiode. Vom Wachstum der Wirtschaft haben aber vorwiegend die Reichen profitiert. Präsident Clinton versuchte, das Ende seiner Amtszeit mit einem außenpolitischen Erfolg zu krönen, und zwar mit einem Friedensvertrag zwischen Israelis und Palästinensern. Er bedient sich dabei eines konventionellen Mittels, nämlich politischen Drucks. Gerade der Rückfall in eine traditionell verstandene Außen- und Sicherheitspolitik wird von Peter Rudolf und Jürgen Wilzewski kritisiert. Nicht Multilateralismus und Ökonomisierung, sondern Unilateralismus sei das Movens amerikanischer Außenpolitik. Viel zu spät hätten die USA Abschied von der "Schurkenstaaten"-Doktrin genommen, die zu den Schattenseiten von Clintons Vermächtnissen gehöre.
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Ludwig Watzal
"2021-12-07T00:00:00"
"2011-10-04T00:00:00"
"2021-12-07T00:00:00"
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/25362/editorial/
Ein elitäres Politikverständnis und das große Selbstbewusstsein der Amerikaner stoßen oft auf Unverständnis bei den europäischen Partnern. Die Folge sind eine Reihe von Missverständnissen.
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Fremdenfeindlichkeit und interethnische Konflikte in Russland | Russland-Analysen | bpb.de
Nach dem Mord an einem russischen Fußballspieler kam es Ende 2010 zu fremdenfeindlichen Auseinandersetzungen in Moskau. Foto: AP (© AP ) Interethnische Beziehungen und Konflikte gewinnen im heutigen Russland zunehmend an Bedeutung. Dies trifft im besonderen auf den Nordkaukasus zu, wo anhaltende Unsicherheit kombiniert mit einer stagnierenden Wirtschaft zu wachsendem russischen Nationalismus, Xenophobie und der Angst vor Einwanderung führen. Im Bezirk Stawropol, dem einzigen Gebiet im Föderalbezirk Nordkaukasus, in dem ethnische Russen die Mehrheit stellen, ist die Lage besonders bedrohlich. Die Zunahme von interethnischen Spannungen und interethnischer Gewalt zeigt, dass die Durchschnittsbürger ihr eigenes Verständnis von interethnischen Beziehungen haben, das in scharfem Kontrast zum offiziell propagierten "ewigen interethnischen Frieden« steht. Alle Tabellen und Grafiken zu den Russland-Analysen 217 finden Sie in der Interner Link: PDF-Version (2,3 MB). Nach dem Mord an einem russischen Fußballspieler kam es Ende 2010 zu fremdenfeindlichen Auseinandersetzungen in Moskau. Foto: AP (© AP )
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
"2011-12-20T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/europa/russland-analysen/48293/fremdenfeindlichkeit-und-interethnische-konflikte-in-russland/
Fremdenfeindlichkeit und interethnische Konflikte nehmen in Russland zu - Ende 2010 zeigte sich dies auf dem Manegen-Platz in Moskau. Hunderte Menschen versammelten sich zu Gewalt und rechten Parolen.
[ "Russland", "Analysen", "Fremdenfeindlichkeit", "Moskau", "Konflikte" ]
30,144
Prerequisites for Immigration and Integration in Turkey | Zuwanderung, Flucht und Asyl: Aktuelle Themen | bpb.de
The immigration of highly qualified people of Turkish descent is made legally possible mainly by the option available to former Turkish citizens or their descendants of applying for a so-called Mavi Kart (blue card). This grants them extensive rights, such as the right to reside in Turkey and to practice a profession or the right to purchase real estate, without the restrictions that apply to foreigners. Holders of the Mavi Kart are thus as far as possible on an equal footing with Turkish citizens. Restrictions exist solely with respect to the right to vote and the right to hold public office. These rights are exclusively reserved for Turkish citizens. The Mavi Kart and German citizenship facilitate a transnational lifestyle, because they enable unrestricted commuting between Germany and Turkey. The Mavi Kart regulations facilitate (structural ) integration in Turkey but they by no means guarantee it. Thus, for example, the recognition of certain qualifications acquired abroad is not guaranteed. The recognition of such qualifications is the responsibility of the Turkish Council of Higher Education (YÖK = Yüksek Öğretim Kurulu), which makes the recognition of educational degrees which were not obtained at a Turkish university subject to certain conditions and can, for example, demand a post qualification in the form of a compensatory program of study at a Turkish university or the passing of an equivalency examination. Highly qualified people of Turkish origin with a diploma from a German university are thus basically subjected to the same risk of having their educational qualifications rejected as immigrants who are not of Turkish origin. Findings from migration research point to the fact that the non-recognition of qualifications obtained in the home country results in highly qualified individuals in the country of immigration frequently landing in non-skilled employment situations. The recognition of institutional "cultural capital" (Bourdieu) that has been obtained is thus a critical aspect of migration upon which subsequent integration processes depend, since they determine the possibilities of placement in the labor market of the target country. Highly qualified people of Turkish descent develop strategies for avoiding the devaluation of the educational qualifications they obtained in Germany and for positioning themselves successfully in the Turkish labor market. The majority of the twelve highly qualified female (re)migrants interviewed by Hanewinkel practice professions in which they can put especially their knowledge of German to full advantage. They work in German cultural and educational institutions in Istanbul, such as the Goethe Institute and the German School, are employed in the Turkish branch of a German firm, or work in close contact with such entities. Here they can successfully contribute their German university degrees, their knowledge of the German and the Turkish language as well as their socialization in two "cultures." At the same time, they indicate that in the German firms they also encounter the "German attitude to work." Compared with this, especially settling into a Turkish firm is often not easy. The adaptation to new work flows and operating procedures demands time and energy. There are complaints about the strongly developed hierarchies as well as about the competitive thinking among female and male colleagues. The interviewees of Aydın/Pusch (2011) and Hanewinkel (2010) also miss (stereotypical) "German virtues" such as punctuality, order, and well-defined structures. Some of the interviewees feel like strangers in Turkey. Frequently they come to experience that they are not, as indicated in numerous media reports , welcomed with open arms. The salaries, spheres of activity or the working hours often do not meet the interviewees’ expectations. Idealized images of Turkey from childhood and youth do not hold up to reality. Migrants from Germany of Turkish origin are named almancılar (Deutschländer) in Turkey, a term that has a rather negative connotation and suggests prejudice. All of these factors can mean that the stay in Turkey is only temporary and that a return to Germany or migration to another country occurs. It has already been suggested here that in the case of emigration of highly qualified people of Turkish origin from Germany we are not necessarily dealing with a brain drain – as the media reporting has repeatedly suggested. Rather, the general willingness to return or the actually completed return to Germany points to the phenomenon of brain circulation. The fact too that many of the emigrants work in German firms or organizations in Turkey suggests that they continue to be available to the German economy. Generally it is striking that the emigrants continue to cultivate active contact with Germany – through friendship networks, regular family visits, through their job, or also through German-Turkish exchange platforms such as the "regulars’ table (Stammtisch) of returnees" in Istanbul. Once a month this meeting brings together (highly qualified) emigrants of Turkish descent from Germany, who all share the experience of having spent a good part of their lives in Germany. This text is part of the policy brief on Interner Link: "The Emigration of Highly Qualified German Citizens of Turkish Descent to Turkey". German Embassy Ankara: http://www.ankara.diplo.de (accessed: 2-1-2012). Structural integration is understood here to mean placement in the labor market. Cf. Nohl et al. (2006). Cf. for example Gottschlich (2010), Jacobsen (2009), Steinvorth (2010). Aydın/Pusch (2011, p. 34). Experiences of foreignness and the lack of belonging find expression in the saying: Almanya'da yabancı, Türkiye'de almancı = In Germany a foreigner, in Turkey a Deutschländer (German-like). Cf. for example Goessmann (2008), Wierth (2009).
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
"2012-04-20T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/migration-integration/kurzdossiers/132855/prerequisites-for-immigration-and-integration-in-turkey/
The immigration of highly qualified people of Turkish descent is made legally possible mainly by the option available to former Turkish citizens or their descendants of applying for a so-called Mavi Kart (blue card).
[ "highly qualified people", "Germany", "Turkey" ]
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Aktuelles: Nachrichten und Termine | Fördermittel und Fundraising für die politische Bildung | bpb.de
Förderung: Aktionsfonds Stark gegen Rassismus Ehrenamtliche Initiativen und kleinere Vereine können sich mit ihren Ideen für lokale Antirassismus-Projekte für eine Förderung durch den Aktionsfonds Stark gegen Rassismus bewerben. Der Fonds unterstützt bis zu 20 Projekte mit 5.000 € und mit einem Fortbildungsprogramm. Der Aktionsfonds wird aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Antirassismus gefördert und von Citizens for Europe umgesetzt. Bewerbungsfrist: 11. Juni 2023 Weitere Informationen: Externer Link: https://starkgegenrassismus.de/aufruf/ Deutscher Engagementpreis: Nominierungsphase Für den Deutschen Engagementpreis 2023 können Projekte und Initiativen nominiert werden, die seit dem 1. Juni 2022 für ihr freiwilliges Engagement bereits durch andere Preise ausgezeichnet wurden. Im Dezember werden fünf Jurypreise á 5.000 Euro und ein Publikumspreis á 10.000 Euro vergeben. Nominierungsfrist: 12. Juni 2023 Weitere Informationen: Externer Link: https://www.deutscher-engagementpreis.de/ Beratungsstipendien für soziale Initiativen Startsocial vergibt erneut 100 viermonatige Beratungsstipendien an soziale Initiativen. Die Beratung mit zwei Profis aus der Wirtschaft kann z. B. für eine nachhaltige Finanzierungsstrategie, für die Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit oder interner Prozesse genutzt werden. Bewerben können sich alle sozialen Initiativen, die Ehrenamtliche in ihre Tätigkeit einbinden. 25 herausragende soziale Initiativen werden am Ende des Stipendiums gekürt und erhalten Preisgelder. Bewerbungsphase: 3. Mai bis 10. Juli 2023 Weitere Informationen: Externer Link: https://startsocial.de/ Mikroförderprogramm für Engagement in ländlichen Regionen Mit dem Mikroförderprogramm "Ehrenamt gewinnen. Engagement binden. Zivilgesellschaft stärken." unterstützt die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt ehrenamtlich getragene Organisationen in strukturschwachen und ländlichen Regionen dabei, Ehrenamts-Nachwuchs zu gewinnen. Mit jeweils bis zu 2.500 Euro sollen die Strukturen für Engagement und Ehrenamt gestärkt werden. Bewerbungen für Projekte 2023 sind fortlaufend möglich. Weitere Informationen: Externer Link: https://www.deutsche-stiftung-engagement-und-ehrenamt.de/foerderung/mikrofoerderprogramm/ Publikation: Jugend-Budgets In vielen Kommunen in Deutschland gibt es Beteiligungsverfahren, bei denen junge Menschen Gelder für ein Projekt beantragen können: Bürgerbudgets, Kinder- und Jugendbudgets oder Schüler/-innenhaushalte. Die Publikation "Hier entscheiden junge Leute!" stellt Erfahrungen aus Fachdiskurs und Praxis am Beispiel Brandenburgs zusammen. Zum kostenlosen Download: Externer Link: https://jugend-budget.de Publikation: Finanzierungsgrundlagen der organisierten Zivilgesellschaft im Wandel Das fünfseitige Memo Paper aus dem Forum Zivilgesellschaftsdaten befasst sich mit der Frage, welche Veränderungen im Spendenverhalten in den vergangenen Jahren beobachtet werden können. Erste Datenauswertungen der Coronakrise zeigen zum Beispiel, dass die damit einhergehende beschleunigte Digitalisierung im bürgerschaftlichen Engagement neue Möglichkeiten der Finanzierung geschaffen hat. Zum kostenlosen Download: Externer Link: www.ziviz.de Terminübersicht Web-Talk Akquisos Live – 60 Minuten Fundraising für die politische Bildung: "Online-Fundraising: Worauf es ankommt" Mit Jona Hölderle, Experte für Online-Fundraising Wann: 23.5.2023 | 11-12 Uhr (Online, Zoom) Teilnahme: kostenlos Jetzt hier anmelden: Externer Link: https://eu01web.zoom.us/webinar/register/WN_WfevoJDUT7u3wqOrll2T3g Online-Seminar: #DSEEinformiert: Mittelabrufe, Mittelverwendung, Verwendungsnachweise Termine (zur Auswahl): 15.5., 15.6., 6.7.2023| 17–18:15 Uhr (online) Veranstalter: Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt Teilnahmebeitrag: kostenlos Weitere Informationen: Externer Link: www.deutsche-stiftung-engagement-und-ehrenamt.de Online-Seminar: Der Verwendungsnachweis: (k)ein Buch mit 7 Siegeln – Projektmittel richtig abrechnen für Initiativen, Vereine und Projekte Termine: 24.5.2023| 16–18:30 Uhr (online) Veranstalter: Stiftung Mitarbeit Teilnahmebeitrag: 40 Euro Weitere Informationen: Externer Link: www.mitarbeit.de Kompetenzseminar: Das 1x1 der Antragstellung. Wie und wo beantragen wir Geld für soziale Projekte? Termin: 25.5.2023 | 10–18 Uhr, Potsdam Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung/Landesbüro Brandenburg Teilnahmebeitrag: 30 Euro Weitere Informationen: Externer Link: www.politische-bildung-brandenburg.de Online-Seminar: Anerkannt gutes Engagement! Kreative Ideen für Auszeichnungen, Ehrungen und Preise Termin: 31.5.2023 | 13:30–14:45 Uhr (online) Veranstalter: Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt Teilnahmebeitrag: kostenlos Weitere Informationen: Externer Link: www.deutsche-stiftung-engagement-und-ehrenamt.de Seminar: Mittelbeschaffung und Fundraising Termine: 3.6.2023 | 10–15:30 Uhr, wahlweise Rosdorf oder Duderstadt Veranstalter: Volkshochschule Göttingen Osterode Teilnahmebeitrag: kostenlos Weitere Informationen: Externer Link: vhs-goettingen.de Seminar: Vereinsmitglieder gewinnen, begeistern und halten Termin: 16.6.2023 | 9:30–17:00 Uhr, München Veranstalter: IBPro e.V. Teilnahmebeitrag: 170 Euro Weitere Informationen: Externer Link: www.ibpro.de Hinweis: Die IBPro e.V. bietet weitere Fundraising-Seminare an: Externer Link: www.ibpro.de/fundraising-und-offentlichkeitsarbeit/ Online-Seminar: Fundraising – Spenden für die gute Sache gewinnen Termine: 20.6.2023 | 18:30–20 Uhr (online) Veranstalter: vhs Bad Salzuflen Teilnahmebeitrag: kostenlos Weitere Informationen: Externer Link: www.vhs-badsalzuflen.de Veranstaltung: Fundraisingtag Stuttgart Termin: 12.7.2023 | 10:00–17:00 Uhr, Filderstadt Veranstalter: Fundraiser Magazin GbR Teilnahmebeitrag: ab 179 Euro (Frühbucher) Weitere Informationen: Externer Link: https://fundraisingtage.de/event/frt-stg-2023/
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2023-05-08T00:00:00"
"2021-12-08T00:00:00"
"2023-05-08T00:00:00"
https://www.bpb.de/die-bpb/foerderung/akquisos/344547/aktuelles-nachrichten-und-termine/
Hier finden Sie aktuelle Nachrichten und Veranstaltungen aus dem Bereich Fundraising für Akteure der politischen Bildung. Stand: Mai 2023
[ "Akquisos", "Nachrichten und Termine", "Fundraising" ]
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Mauern bauen – Mauern fallen | Presse | bpb.de
Steckt Demokratie an? Die Mauer konnte sie auf Dauer nicht verhindern. 1989 kam sie mit den Revolutionen in die DDR und nach Mittelosteuropa. Was werden die jüngsten Revolutionen im Nahen Osten und Nordafrika bringen? Darüber diskutieren am 23. September in der Akademie der Künste Wissenschaftler, Politiker und Publizisten in der Tagung "1961 – 1989 – 2011 Mauern bauen – Mauern fallen" der Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., die sie zusammen mit Mitarbeitern der ehemaligen Ständigen Vertretung in der DDR und ehemaligen DDR-Korrespondenten organisiert hat. Die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb fördert die Tagung. Programm Eröffnung Thomas Krüger, Präsident der bpbHans Otto Bräutigam, ehem. Leiter der Ständigen Vertretung 10:15 - 13:00 Uhr: Mauern bauen Einführung und Thesen: Gert Weisskirchen Podium:Rainer Eppelmann (Vorsitzender der Stiftung Aufarbeitung)Hans-Hermann Hertle (Historiker),Renate Höppner (Pfarrerin)Thomas KrügerGert Weisskirchen Moderation: Jaqueline Boysen, Evangelische Akademie 14:15 - 17:00 Uhr: Mauern fallen Einführung und Thesen: Klaus Töpfer Podium:Friedrich Bauer, Wien (ehem. Botschafter in Ost-Berlin, Bonn und Moskau)Wolfgang Hauptmann (ehem. ARD-Korrespondent Naher Osten)Roland Jahn (Bundesbeauftragter für die Stasiunterlagen)<Yasser Sabek (Ägyptologe)Hodah Salah (Politikwissenschaftlerin) undKlaus Töpfer Moderation: Ulrich Leidholdt, Leiter Nahost Büro, ARD Für die Teilnahme an der Tagung ist eine Anmeldung bis zum 19. September 2011 erforderlich! Anmeldung/Tagung Anmeldungen per Mail an: E-Mail Link: info@zba-buch.de oder per Post: zba.BUCH Ullsteinstraße 98-106 12109 Berlin Auf einen Blick Zeit 23. September 201110 bis 17 Uhr Ort Akademie der Künste Pariser Platz 4 10117 Berlin Bereits am Donnerstag, dem 22. September, 15:00 Uhr, bietet die Robert Havemann-Gesellschaft den Teilnehmern der Tagung eine Führung durch das Archiv der DDR-Bürgerbewegung in 10437 Berlin Schliemannstr. 23 Anmeldung unter Tel +49 (0)30 447108-0 Fax +49 (0)30 447108-19 oder E-Mail Link: info@havemann-gesellschaft.deInterner Link: Pressemitteilung als PDF-Version (191 KB) Pressekontakt/Robert-Havemann-Gesellschaft e.V. Uwe Richter Presse/Öffentlichkeitsarbeit Robert-Havemann-Gesellschaft e.V. Schliemannstraße 23 10437 Berlin Tel +49 (0)30 447108-14 Fax +49 (0)30 447108-19 E-Mail Link: uwe.richter@havemann-gesellschaft.de Externer Link: www.havemann-gesellschaft.de Externer Link: www.revolution89.de Pressekontakt/bpb Bundeszentrale für politische Bildung Daniel Kraft Adenauerallee 86 53113 Bonn Tel +49 (0)228 99515-200 Fax +49 (0)228 99515-293 E-Mail Link: presse@bpb.de
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
"2011-12-23T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/die-bpb/presse/pressemitteilungen/49794/mauern-bauen-mauern-fallen/
Steckt Demokratie an? Die Mauer konnte sie auf Dauer nicht verhindern. 1989 kam sie mit den Revolutionen in die DDR und nach Mittelosteuropa. Was werden die jüngsten Revolutionen im Nahen Osten und Nordafrika bringen? Darüber diskutieren Wissenschaft
[ "Unbekannt (5273)" ]
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Flight and Asylum | Croatia | bpb.de
In Croatia, refuge and asylum are matters that are strongly influenced by the Yugoslav Wars in the 1990s and increasingly more considerably by the closer partnership with the EU in the 21st century. Accordingly, the after effects of the Yugoslav Wars on the one hand and the current immigration of refugees and the asylum policies directed at it on the other hand should be differentiated between. The long-term effects of the war alone are presently numerically meaningful. In January, 2012, the United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR) counted 24,301 people in Croatia and 85,402 people from Croatia as people to whom it felt itself obliged ('Population of Concern'). Only with a few of these people is the status legally clear (partly due to e.g. the status 'returned refugee' being connected with high restrictions). More frequent are the cases in which people e.g. are threatened by statelessness or are waiting for the possibility to return and are exactly because of this observed by the UNHCR. Table 6 gives information about the internal breakdown of these overall numbers. Table 6: Snapshot of the refugee situation in January 2012 Refugees and displaced persons in CroatiaRefugees and displaced persons from Croatia Refugees 82462,649 Asylum seekers 235739 Returned refugees (in 2011) 439439 Internal refugees 00 Returned internal refugees (in 2011)6767 Stateless persons 1,720- Miscellaneous 21,01621,508 Total24,301 85,402 Source: UNHCR: Externer Link: www.unhcr.org/pages/49e48d7d6.html# (3-1-2013) Right of Asylum The first right to asylum in Croatia was enacted in 2004. This establishment of the right to asylum, as well as its configuration, was clearly influenced by the conditions of the targeted EU-membership. With regard to chapter 24 of the Acquis Communitaire (justice, freedom and security), Croatia was obliged to adopt European Community law, or rather to harmonize their own legislation with European law, the demands of the Geneva Convention, as well as with the Protocol relating to the Status of Refugees. Two years after the enactment of the law, in 2006, the right to asylum was granted for the first time. The right to asylum provides different protection statuses and integration measures. It regulates questions of stay, housing, work, health care and education, grants religious freedom, the right of family reunification, the right to access a legal system as well as social support and integration help. In practice, different ministries and other institutions like the Red Cross ensure that these rights are granted and implemented. The Number of Asylum Applicants The number of asylum seekers has thus far been low, even though it has risen most recently. According to Šabić et al., by 6 October 2011, 1,539 people had applied for asylum (the numbers vary slightly from source to source). In the same time frame 22 people were granted the right to asylum and another 22 people received subsidary protection. These figures do not show the difference between those asylum procedures that were rejected and those that were called off because the applicants cancelled the proceedings and migrated to another country (preferably and probably an EU member state). According to data from the UNHCR Croatia, the latter has been the case, nevertheless, in 80% of all applications. Table 7: Number of asylum applications in Croatia 20072008200920102011 Asylum applications200160150290810 Source: UNHCR (2012), p. 20 In comparison with 44 other European and non-European industrial nations, Croatia held 27th place in 2011 if the number of asylum applicants is correlated with the total population, and 28th place if the gross domestic product per capita is used comparatively. Corresponding to these low numbers, the topic of asylum is discussed neither by the political parties nor by a wider public. The small number of cases may also be responsible for the largely smooth processing of asylum applications so far. Whether the communication and coordination channels currently set up are also appropriate for larger numbers of cases and how the Croatian population will react to a probable rise in cases can currently not be answered seriously. The attraction of EU-member states all in all, the geographic position of Croatia, its future position on the EU external border as well as the EU regulations on asylum procedures (Dublin II Regulation) will, however, probably cause a rise in the number of asylum application with the accession of Croatia into the EU Cf. also the discussion on the validity of data: UNHCR (2011). Cf. Šabić et al. (2011), p. 3. Šabić et al. (2011). UNHCR (2012), p. 20. Cf. Šabić et al. (2011), p. 2.
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-01-19T00:00:00"
"2013-06-03T00:00:00"
"2022-01-19T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/migration-integration/laenderprofile/english-version-country-profiles/162365/flight-and-asylum/
In Croatia, refuge and asylum are matters that are strongly influenced by the Yugoslav Wars in the 1990s and increasingly more considerably by the closer partnership with the EU in the 21st century. Accordingly, the after effects of the Yugoslav Wars
[ "Flight", "asylum", "Flucht und Asyl", "Kroatien", "Flüchtlinge", "Croatia" ]
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Sozialbudget | Datenreport 2021 | bpb.de
Einen Überblick über das System der sozialen Sicherung bietet das Sozialbudget der Bundesregierung. Hier werden die verschiedenen Leistungen des Sicherungssystems jährlich zusammengestellt. Außerdem ist die Höhe der jeweiligen Finanzierung durch öffentliche Zuweisungen sowie durch die Beiträge der Versicherten und der Arbeitgeber abzulesen. Die Leistungen des Sozialbudgets beliefen sich 2019 für Deutschland auf insgesamt 1.040,3 Milliarden Euro. Die Sozialleistungsquote – also das Verhältnis dieser Sozialleistungen im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt – betrug 2019 für Deutschland 30 %. Wer finanziert das soziale Netz? Drei große Beitragszahler sind auszumachen: der Staat (also Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherung), die privaten Haushalte und die Arbeitgeber. Im Jahr 2019 floss der größte Anteil des Sozialbudgets in die "Sozialversicherungssysteme". Die Leistungen der Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung sowie der Unfallversicherung beliefen sich dabei zusammen auf 629,8 Milliarden Euro. Die "Förder- und Fürsorgesysteme" bildeten mit 193,1 Milliarden Euro das zweitgrößte System im Sozialbudget. Zu diesem Leistungsbereich gehören das Kindergeld und der Familienleistungsausgleich sowie das Erziehungsgeld / Elterngeld. Außerdem sind die Grundsicherung für Arbeitsuchende, die Arbeitslosenhilfe / sonstige Arbeitsförderung und die Ausbildungs- und Aufstiegsförderung hier zugeordnet, des Weiteren auch die Sozialhilfe, Kinder- und Jugendhilfe sowie das Wohngeld. Info 1Darstellung im Sozialbudget Um eine Vergleichbarkeit der einzelnen Bereiche untereinander und mit den umfassenderen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (siehe Interner Link: Kapitel 4.1) zu ermöglichen, werden für die Darstellung im Sozialbudget die Leistungen und deren Finanzierung bereinigt. Beispielsweise werden im Sozialbudget die Sozialleistungen insgesamt um die Selbstbeteiligung der Leistungsempfängerinnen und -empfänger und um die Beiträge des Staates zur Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung für Empfängerinnen und Empfänger sozialer Leistungen bereinigt. Aus diesem Grund und wegen methodischer Unterschiede weichen die Angaben teilweise von den in den folgenden Abschnitten dargestellten Statistiken ab. Für die "Arbeitgebersysteme" wurden insgesamt 100,4 Milliarden Euro aufgewendet. Hierzu zählen die Entgeltfortzahlungen zum Beispiel im Krankheitsfall, die betriebliche Altersversorgung und die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst sowie sonstige Arbeitgeberleistungen. Die "Systeme des öffentlichen Dienstes" hatten 2019 mit 84,5 Milliarden Euro einen Anteil von 8 % am Sozialbudget. Wie bei den "Sozialversicherungssystemen" steht auch hier die Altersversorgung, und zwar die des öffentlichen Dienstes, im Vordergrund. Um eine Vergleichbarkeit der einzelnen Bereiche untereinander und mit den umfassenderen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (siehe Interner Link: Kapitel 4.1) zu ermöglichen, werden für die Darstellung im Sozialbudget die Leistungen und deren Finanzierung bereinigt. Beispielsweise werden im Sozialbudget die Sozialleistungen insgesamt um die Selbstbeteiligung der Leistungsempfängerinnen und -empfänger und um die Beiträge des Staates zur Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung für Empfängerinnen und Empfänger sozialer Leistungen bereinigt. Aus diesem Grund und wegen methodischer Unterschiede weichen die Angaben teilweise von den in den folgenden Abschnitten dargestellten Statistiken ab. Die "Sondersysteme" hatten zusammen einen Leistungsumfang von 37,2 Milliarden Euro. Dazu zählen die private Kranken- und Pflegeversicherung, die private Altersvorsorge sowie die Versorgungswerke für freiberuflich Tätige und die Alterssicherung der Landwirtinnen und Landwirte. Die Bedeutung der "Entschädigungssysteme" verliert mit zunehmendem Abstand zur Zeit des Nationalsozialismus (1933 bis 1945) an Gewicht. Im Jahr 2019 wurden 2,5 Milliarden Euro für Entschädigungen verschiedener Art ausgegeben.
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Heike Heilmann, Heiko Pfaff, Johannes Proksch, Andrea Wolff
"2021-06-23T00:00:00"
"2021-03-26T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/datenreport-2021/soziale-sicherung-und-uebergaenge-in-den-ruhestand/330148/sozialbudget/
Einen Überblick über das System der sozialen Sicherung bietet das Sozialbudget der Bundesregierung. Hier werden die verschiedenen Leistungen des Sicherungssystems jährlich zusammengestellt.
[ "Datenreport", "soziale Sicherung", "Sozialbudget", "Finanzierung des Sozialbudgets" ]
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Mahamat-Saleh Haroun präsentiert auf deutschlandweiter Tournee den Spielfilm "Abouna – Der Vater" | Presse | bpb.de
Anfang Dezember 2005 wird Mahamat-Saleh Haroun seinen Spielfilm "Abouna – Der Vater" auf Einladung des Evangelischen Zentrums für Entwicklungsbezogene Filmarbeit (EZEF) und der Bundeszentrale für politische Bildung präsentieren. Mahamat-Saleh Haroun hat mit "Abouna – Der Vater" den ersten international bekannt gewordenen Spielfilm des Tschad realisiert. Tahir und sein jüngerer Bruder Amin leben in Ndjamena, der Hauptstadt des Tschad. Als ihr Vater auf geheimnisvolle Weise verschwindet, beginnen die beiden, die Schule zu schwänzen und machen sich auf die Suche nach ihm. Bei einem Kinobesuch glauben sie, sein Gesicht auf der Leinwand wiederzuerkennen. Doch ihr Versuch, die Filmrolle aus dem Kino zu stehlen, scheitert. Sie werden erwischt und der Polizei übergeben. Ihre überforderte Mutter schickt sie daraufhin in eine strenge Koranschule, wo ihnen wieder Ordnung beigebracht werden soll. Der britische "Guardian" urteilte über den Film: "Ein sanfter und klarer Film, voll unaufdringlicher Menschlichkeit. "Abouna – Der Vater" ist ein Film über Liebe und Verlust, durchzogen von einer tiefen Zärtlichkeit gegenüber Kindern und Kindheit." Tournee 4. Dezember, Hackesche Höfe, Berlin 5. Dezember, Filmhaus, Nürnberg (Abendveranstaltung) 6. Dezember, Filmhaus, Nürnberg (Schulveranstaltung) 7. Dezember, Filmhaus (11. Stuttgarter Kinderfilmtage) / VHS Stuttgart 8. Dezember, Kino Obscura / VHS Ulm 9. Dezember, Kommunales Kino, Hannover 10. Dezember, Kino Lumière, Göttingen "Abouna – Der Vater" ist einer von zwölf afrikanischen Spielfilmen, die im Rahmen von "Afrika auf der Leinwand" zu Sonderkonditionen entliehen werden können. Mehr zum Gesamtprojekt und weitere Auskünfte zur Tournee erhalten Sie beim EZEF. Weitere Informationen zum Themenschwerpunkt der bpb "Fokus Afrika: Africome 2004-2006" finden Sie im Internet unter: Externer Link: www.africome.de Pressekontakt/EZEF Evangelisches Zentrum für Entwicklungsbezogene Filmarbeit Kniebisstraße 29 70188 Stuttgart Tel.: +49 (0) 711 – 284 72 43 Fax: +49 (0) 711 – 284 69 36 E-Mail: E-Mail Link: info@ezef.de Pressekontakt/bpb Bundeszentrale für politische Bildung Pressearbeit Adenauerallee 86 53113 Bonn Tel.: +49 228 99515-284 Fax: +49 228 99515-293 E-Mail: E-Mail Link: presse@bpb.de
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
"2011-12-23T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/die-bpb/presse/pressemitteilungen/50664/mahamat-saleh-haroun-praesentiert-auf-deutschlandweiter-tournee-den-spielfilm-abouna-der-vater/
Anfang Dezember 2005 wird Mahamat-Saleh Haroun seinen Spielfilm "Abouna – Der Vater" auf Einladung des Evangelischen Zentrums für Entwicklungsbezogene Filmarbeit (EZEF) und der Bundeszentrale für politische Bildung präsentieren. Mahamat-Saleh Haroun
[ "Unbekannt (5273)" ]
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Österreich: Aktuelle Entwicklung | Österreich | bpb.de
Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs war Österreich Ziel einer Reihe internationaler Zuwanderungen. In den 1960er Jahren wurden ausländische Arbeitskräfte angeworben. Mit der Öffnung des Eisernen Vorhangs und dem Beginn des Balkankriegs stieg die Zahl der Asylsuchenden und Kriegsflüchtlinge stark an. Die jüngste Phase des österreichischen Wanderungsgeschehens hängt eng mit dem Beitritt Österreichs zur EU und den in weiteren Etappen erfolgten EU-Erweiterungen in Richtung Osten und Südosten Europas zusammen. 1995 erfolgte der Beitritt Österreichs zur EU, 2004 jener der östlichen Nachbarstaaten Österreichs, insbesondere Ungarns, der Slowakei und Polens, und 2007 der Beitritt Rumäniens und Bulgariens. Schließlich wurde 2013 Kroatien Mitglied der EU. Die EU-Erweiterungen hatten für das Wanderungsgeschehen weitreichende Folgen, zählt doch die Niederlassungsfreiheit zu einer der Grundfreiheiten innerhalb der Europäischen Union. Österreich hatte zwar Interner Link: Übergangsbestimmungen beansprucht, diese konnten die Freizügigkeitsgewährung aber nur hinauszögern und nicht grundsätzlich verhindern. Das Hochlohnland Österreich, geographisch den neu aufgenommenen Mitgliedstaaten nahe gelegen, wurde zum Ziel einer verstärkten Zuwanderung aus dem EU-Raum, insbesondere nach dem Wegfall der Übergangsbestimmungen. Hatten 2002 erst rund vier Zehntel der Zuwanderer im Land eine EU-Staatsangehörigkeit, waren es 2014 bereits knapp zwei Drittel. Die Zunahme der Einwanderungszahlen in den vergangenen Jahren ist nahezu ausschließlich auf die Zuwanderung von EU-Staatsangehörigen zurückzuführen, die Zahl der zuwandernden Drittstaatsangehörigen hingegen stagnierte. Gleichzeitig differenzierten sich die Struktur und die Motivation der Zuwanderer in vielfältiger Art und Weise. Es kamen nicht mehr nur abhängig beschäftigte Arbeitskräfte, sondern auch Studierende, Familienangehörige, Selbstständige und Saisonarbeitskräfte. Die Zuwanderungen aus der EU wurden leichter möglich; die sozialen und technischen “Kosten“ dieser Migrationen sanken (z.B. leichtere Aufrechterhaltung der sozialen Beziehungen über die Grenzen hinweg, keine rechtliche Beschränkung bei der Arbeitsaufnahme, geringere Transportkosten) und sie verloren auch den Charakter der Dauerhaftigkeit. Die traditionelle Siedlungswanderung, die mit einer Aufgabe des Wohnortes im Herkunftsland und einer dauerhaften Niederlassung im Zielland verbunden ist, trat in den Hintergrund und wurde durch flexible, temporäre Wohnsitzverlagerungen abgelöst – ein Phänomen, das in der Migrationsforschung auch als "liquid migration" bezeichnet wird. Neben der Zuwanderung aus der EU hat aktuell auch die Zuwanderung von Asylbewerbern und Kriegsflüchtlingen wieder deutlich an Bedeutung gewonnen. Die Anzahl der Asylanträge stieg von 17.503 im Jahr 2013 auf 28.027 im Jahr 2014. Im ersten Halbjahr 2015 wurde diese Zahl bereits übertroffen und die offizielle Schätzung geht von 80.000 Asylbewerbern für 2015 aus. Das Niveau der frühen 1990er Jahre wurde damit wieder erreicht (siehe dazu das Kapitel Interner Link: Flucht und Asyl). Dieser Text ist Teil des Interner Link: Länderprofils Österreich. Diese Ergebnisse sind auf den Gebietsstand der EU im Jahr 2014 berechnet, schließen also alle Zuzüge der seit 2004 der EU beigetretenen Staaten ein, auch der aus Kroatien. 2015 wird aufgrund der Flüchtlingszuwanderung aus dem Nahen Osten eine andere Aufteilung in Drittstaats- und EU-Zuwanderung ergeben. Der langfristige Trend bleibt davon aber unberührt.
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Heinz Fassmann
"2022-01-11T00:00:00"
"2015-11-06T00:00:00"
"2022-01-11T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/migration-integration/laenderprofile/215098/oesterreich-aktuelle-entwicklung/
Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs war Österreich Ziel einer Reihe internationaler Zuwanderungen. In den 1960er Jahren wurden ausländische Arbeitskräfte angeworben. Mit der Öffnung des Eisernen Vorhangs und dem Beginn des Balkankriegs stieg die Zah
[ "Einwanderung nach Österreich", "Einwandererbevölkerung", "Ein- und Auswanderungen", "Niederlassungserlaubnis" ]
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Veranstaltungen: Vorträge, Podiumsdiskussionen & Fachgespräche | Infodienst Radikalisierungsprävention | bpb.de
Termine, Stellen, News, Materialien, Videos & Hintergrund-InfosNewsletter zu Radikalisierung & Prävention abonnieren Bleiben Sie auf dem Laufenden im Arbeitsfeld Radikalisierungsprävention! Termine, Stellen, News, Materialien, Videos & neue Hintergrund-Beiträge des Infodienst Radikalisierungsprävention – alle sechs Wochen per E-Mail. Interner Link: → Zum Newsletter-Abonnement 1. Veranstaltungsdokumentationen: Video-Vorträge & Berichte Klicken Sie auf die Titel, um zur Beschreibung zu gelangen. Interner Link: Radikalisierung verstehen, vorbeugen und begegnen6 Stunden (mit Kapiteleinteilungen), RADIS, 2022 Interner Link: Veranstaltungen der BAG RelExBundesarbeitsgemeinschaft religiös begründeter Extremismus (BAG RelEx), 2019-2022 Interner Link: Resilienzförderung im Kontext rassismuskritischer Bildungsarbeitufuq.de, 2021 Interner Link: Von Blicken und Brandbomben. Antimuslimischer Rassismus heutebpb, 2019 Interner Link: Glocal Islamism 2019 – Phänomene, Interdependenzen, Präventionbpb, 2019 Interner Link: In Gottes Namen?! Streit um Religion in Gesellschaft und Politikbpb, 2019 Interner Link: Kind. Kegel. Kalifat. Frauen und Kinder – blinde Flecken in der Salafismusprävention?bpb, 2018 Interner Link: Themenreihe: Extremistische Radikalisierung – Herausforderung für Kommunen und Möglichkeiten der PräventionDEFUS/dpt-i, 2017 Radikalisierung verstehen, vorbeugen und begegnen 6 Stunden (mit Kapiteleineteilungen), RADIS, 2022 Wie können wir in Deutschland mit Islamismus umgehen? Zu dieser Frage veranstaltete das RADIS-Forschungsnetzwerk im Mai 2022 einen Fachtag. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gaben Einblicke in ihre Forschungsprojekte, zum Beispiel zu Wechselwirkungen von islamischem Unterricht und islamistischer Radikalisierung oder Krisenkommunikation muslimischer Organisationen. Das Video der Fachtagung ist in Kapitel eingeteilt, um direkt zu relevanten Abschnitten springen zu können. Verfügbar auf Externer Link: youtube.de Interner Link: Zum Anfang der Seite Veranstaltungen der BAG RelEx Bundesarbeitsgemeinschaft religiös begründeter Extremismus (BAG RelEx), 2019-2022 Die BAG RelEx bietet regelmäßig (Online-)Veranstaltungen an, umpädagogisch-praktische und wissenschaftliche Perspektiven zu beleuchten und Erfahrungen mit Präventions- und Ausstiegsarbeit zu teilen. In der Mediathek finden sich unter anderem Aufzeichnungen zu folgenden Themen: Umgang mit Rückkehrer:innen aus dem sogenannten Islamischen Staat Die Rolle dschihadistischer Bewegungen in sozialen Medien Der sogenannte Islamische Staat: eine Bestandsaufnahme Städtischer Raum und Radikalisierung Erkenntnisse aus Forschung und Beratungspraxis im Phänomenbereich Islamismus Antimuslimischer Rassismus Radikalisierungsfaktor soziale Ungleichheit? Islamische und migrantische Vereine in der Extremismusprävention Radikalisierung und soziale Medien Wie Islamist:innen und Rechtsextreme gemeinsam die offene Gesellschaft herausfordern Verfügbar auf Externer Link: bag-relex.de sowie im Externer Link: YouTube-Kanal der BAG RelEx Interner Link: Zum Anfang der Seite Resilienzförderung im Kontext rassismuskritischer Bildungsarbeit ufuq.de, 2021 Die Materialsammlung beinhaltet Präsentationen, Literaturhinweise und Aufzeichnungen von Vorträgen, Podcasts und Diskussionen. Sie wurden bei einem Fachtag am 8. Oktober 2020 aufgezeichnet. Im Fokus der Tagung standen Lebensrealitäten von Kindern, die Rassismus erfahren haben und sozial benachteiligt sind. Ziel der Materialien ist es, die Resilienz im Schulalltag zu fördern. Verfügbar auf Externer Link: ufuq.de Interner Link: Zum Anfang der Seite Von Blicken und Brandbomben. Antimuslimischer Rassismus heute bpb, 2019 Wie ist es um antimuslimischen Rassismus in Deutschland zehn Jahre nach dem Tod von Marwa El-Sherbini bestellt? Wie wirken sich Ablehnung, Hass und Gewalt auf das Leben von Musliminnen und Muslimen aus sowie auf Menschen, die als muslimisch markiert werden? Das waren Kernfragen einer bpb-Fachtagung in Celle im Juli 2019. Die Dokumentation enthält Video-Mitschnitte mehrerer Vorträge sowie Video-Interviews, unter anderem zu den Themen Antimuslimischer Rassismus und Populismus, Versicherheitlichung des Islams und deren Auswirkungen sowie zu Muslimen zwischen Identitätskrise und fehlender Teilhabe. Verfügbar auf Interner Link: bpb.de Interner Link: Zum Anfang der Seite Glocal Islamism 2019 – Phänomene, Interdependenzen, Prävention bpb, 2019 Im Rahmen der Fachtagung "Glocal Islamism" haben sich im Oktober 2019 über 400 internationale Teilnehmende ausgetauscht. Ein Fokus, der sich durch das gesamte Programm zog, lag dabei auf der "Glokalität" islamistischer Entwicklungen. Neben gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen des Islamismus wurden auch spezifische islamistische Organisationen in den Blick genommen. Darunter die Muslimbrüder, der "Islamische Staat", Millî Görüş und Hizb ut-Tahrir. Videomitschnitte dokumentieren die zentralen Vorträge der dreitägigen Veranstaltung. In Video-Interviews sprechen die Expertinnen und Experten außerdem über Prävention und Lösungsansätze. Verfügbar auf Interner Link: bpb.de Interner Link: Zum Anfang der Seite In Gottes Namen?! Streit um Religion in Gesellschaft und Politik bpb, 2019 Welche Rolle spielt Religion in Konfliktfeldern wie Antisemitismus oder religiös begründetem Extremismus? Wie politisch muss oder darf Religion sein? Welche Probleme birgt religiöse Vielfalt? Die Frage nach der Rolle von Religion in Gesellschaft und Politik führt vielfach zu kontroversen und emotionalen Debatten. So auch auf der dreitägigen Fachtagung im Januar 2019 in Essen. Zwei Fachvorträge sind als Videomitschnitt verfügbar. Verfügbar auf Interner Link: bpb.de Interner Link: Zum Anfang der Seite Kind. Kegel. Kalifat. Frauen und Kinder – blinde Flecken in der Salafismusprävention? bpb, 2018 Wie kann verhindert werden, dass Kinder, die in salafistischen Familien aufwachsen, der Ideologie ihrer Eltern nacheifern? Wie soll die Gesellschaft mit Kindern von "IS"-Rückkehrerinnen umgehen? Wie müssen Präventionsmaßnahmen für Frauen und Kinder gestaltet werden? Die Düsseldorfer Fachtagung "Kind. Kegel. Kalifat. Frauen und Kinder: blinde Flecken in der Salafismusprävention?" suchte nach Antworten auf diese und weitere Fragen. Verfügbar auf Interner Link: bpb.de Interner Link: Zum Anfang der Seite Themenreihe: Extremistische Radikalisierung – Herausforderung für Kommunen und Möglichkeiten der Prävention 8 x 60 Minuten, DEFUS/dpt-i, 2017 Die von DEFUS und dem Institut für angewandte Präventionsforschung des Deutschen Präventionstages (dpt-i) gemeinsam organisierte Online-Seminar-Reihe beleuchtet die unterschiedlichen Facetten des Themenkomplexes Extremismus und Radikalisierung. Zahlreiche Expertinnen und Experten kommen dabei zu Wort. Radikalisierung und Deradikalisierung im StrafvollzugMustafa Doymus, Justizvollzugsanstalt Remscheid Radikalisierung durch Soziale MedienAlexander Ritzmann, European Foundation for DemocracyJulia Ebner, Institute for Strategic Dialogue Genderaspekte in der Arbeit mit gefährdeten Jugendlichen – Prävention von Radikalisierung von Mädchen und jungen FrauenGötz Nordbruch, ufuq.deDiana Schubert, Stadt Augsburg Präventionsansätze in der Familie, in der Schule, in der KommuneJanusz Biene, Kreis Offenbach Rechtspopulismus als MittelschichtsphänomenProf. Dr. Marc Coester, HWR BerlinSebastian Ramnitz, Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus Land Niedersachsen Organisationsstrukturen islami(sti)scher Vereine, Möglichkeiten der Kontaktaufnahme, Methoden der Bestandsaufnahme in KommunenProf. Dr. Susanne Schröter, Universität FrankfurtFrank Buchheit, LKA Baden-Württemberg Salafismus, Islamismus, Dschihadismus – alles das Gleiche, oder doch nicht? Phasen der Radikalisierung und mögliche GegenmaßnahmenMenno Preuschaft, Landespräventionsrat NiedersachsenThomas Mücke, Violence Prevention Network (VPN) Radikalisierung – Definitionsprobleme und psychologische GrundlagenProf. Dr. Andreas Beelmann, Universität Jena Verfügbar auf Externer Link: defus.de Interner Link: Zum Anfang der Seite 2. Podiumsdiskussionen & Fachgespräche Klicken Sie auf die Titel, um zur Beschreibung zu gelangen. Interner Link: Chancen und Grenzen von Deplatforming in Social Media1 Stunde, Bildungsstätte Anne Frank, 2022 Interner Link: Werden Moscheen genug geschützt?21 Minuten, Mediendienst Integration, 2022 Interner Link: Umgang mit "IS"-Rückkehrenden24 Minuten & 85 Minuten, Bundesarbeitsgemeinschaft religiös begründeter Extremismus (BAG RelEx), 2022 Interner Link: Deradikalisierung und Ausstiegsarbeit97 Minuten, International Centre for Counter-Terrorism (ICCT), 2021 Interner Link: Welche Rolle spielt das Geschlecht in der Ausstiegsarbeit?32 Minuten, International Forum for Expert Exchange on Countering Islamist Extremism (InFoEx), 2021 Interner Link: Europäische Ansätze bei der Reintegration von Rückkehrenden67 Minuten, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e. V., 2021 Interner Link: Moscheen als Orte der Prävention?123 Minuten, bpb, 2019 Interner Link: Wo beginnt der Hass? Grenzen zwischen Religionskritik und Rassismus114 Minuten, bpb, 2019 Interner Link: Radikalisierung der Gesellschaft? Wie Rechtsextreme und Islamisten das gesellschaftliche Zusammenleben herausfordern115 Minuten, bpb, 2018 Interner Link: Über Märtyrerinnen und Mitläuferinnen. Die Rolle der Frau im Islamismus99 Minuten, bpb, 2018 Interner Link: Vom Knast in den Dschihad? Radikalisierung und Prävention in deutschen Gefängnissen125 Minuten, bpb, 2018 Chancen und Grenzen von Deplatforming in Social Media 1 Stunde, Bildungsstätte Anne Frank, 2022 Was bringt es, Personen und Gruppen von digitalen Plattformen auszuschließen, die dort gezielt Verschwörungstheorien verbreiten? Kann ein sogenanntes "Deplatforming" nachhaltig wirken, oder führt es dazu, dass Akteure auf anderen Plattformen noch freier Desinformation verbreiten können? Zu diesen Fragen veranstaltete die Bildungsstätte Anne Frank im Juni 2022 ein Fachgespräch. Expertinnen und Experten diskutierten gemeinsam über Nutzen und Probleme der Deplatforming-Strategie. Verfügbar auf Externer Link: youtube.de Interner Link: Zum Anfang der Seite Werden Moscheen genug geschützt? 21 Minuten, Mediendienst Integration, 2022 Moscheen sind immer wieder Ziel von Angriffen. Wie können sie besser geschützt werden? Durch Polizeischutz und eine informierte Nachbarschaft, sagten Fachleute bei einem Pressegespräch des Mediendienst Integration. Sie diskutierten außerdem, welche Maßnahmen die Bundesländer bereits umsetzen und wie die Bedrohungslage von Seiten der Sicherheitsbehörden einzuschätzen ist. Verfügbar auf Externer Link: mediendienst-integration.de Interner Link: Zum Anfang der Seite Umgang mit "IS"-Rückkehrenden 24 Minuten & 85 Minuten, Bundesarbeitsgemeinschaft religiös begründeter Extremismus (BAG RelEx), 2022 Die BAG RelEx veranstaltete im November 2021 ein Pressegespräch zum Umgang mit Rückkehrenden aus dem sogenannten Islamischen Staat nach Deutschland. Der erste Teil der Veranstaltung bestand aus zwei Kurzvorträgen, auf deren Basis Fachkräfte aus Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung im zweiten Teil diskutierten. Verfügbar auf Externer Link: bag-relex.de Interner Link: Zum Anfang der Seite Deradikalisierung und Ausstiegsarbeit 97 Minuten, International Centre for Counter-Terrorism (ICCT), 2021 Welche Rolle spielt Ideologie im Deradikalisierungs- und Ausstiegsprozess? Welche Herangehensweisen und Best Practices werden in der Benelux-Region angewendet? Diese Fragen diskutierten vier Expertinnen und Experten des ICCT. Verfügbar auf Externer Link: youtube.de Interner Link: Zum Anfang der Seite Welche Rolle spielt das Geschlecht in der Ausstiegsarbeit? 32 Minuten, International Forum for Expert Exchange on Countering Islamist Extremism (InFoEx), 2021 Welche Rolle spielt das Geschlecht in Bezug auf Radikalisierung und Ausstieg? Welche Unterschiede gibt es in der Strafverfolgung zwischen männlichen und weiblichen Extremisten und Extremistinnen? Welche Auswirkungen hat das auf die Ausstiegsarbeit? Zu diesen Fragestellungen hat InFoEx ein englischsprachiges Online-Event veranstaltet. Zu Gast waren Expertinnen und Experten aus Zivilgesellschaft, Strafverfolgung und Wissenschaft. Verfügbar auf Externer Link: youtube.de Interner Link: Zum Anfang der Seite Europäische Ansätze bei der Reintegration von Rückkehrenden 67 Minuten, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e. V., 2021 Insbesondere Akteure aus Jugend- und Sozialämtern, Justizvollzug und Bewährungshilfe sowie der psychosozialen Grundversorgung spielen eine wichtige Rolle bei der Reintegration von Rückkehrenden aus Syrien und dem Irak. Im Rahmen von zwei Fallstudien aus Deutschland und Belgien wurde die Rolle von beteiligten Institutionen diskutiert – insbesondere außerhalb des Sicherheitskontextes. Es wurde erörtert, wie diese wirksam(er) eingebunden werden können. Im englischsprachigen Online-Panel wurden zentrale Ergebnisse vorgestellt. In einem Q&A-Abschnitt wurden Fragen der Zuschauenden beantwortet. Verfügbar auf Externer Link: youtube.de Interner Link: Zum Anfang der Seite Moscheen als Orte der Prävention? 123 Minuten, bpb, 2019 Moscheegemeinden und muslimische Verbände stehen in einem großen Spannungsfeld. Auf der einen Seite wird gefordert, sie sollten aktiver in der Präventionsarbeit sein. Auf der anderen Seite stehen sie schnell selbst im Verdacht, islamistische, politische Ziele zu verfolgen. Der Einbindung von Moscheen in die Präventionsarbeit wird daher oft skeptisch entgegengetreten. Welcher Weg sollte also eingeschlagen werden: Einbindung oder Ausgrenzung? Wie kann das gegenseitige Misstrauen muslimischer Verbände und (Sicherheits-)Behörden überwunden werden? Diese und weitere Fragen diskutierte ein Podium bestehend aus Dr. Lale Akgün, Pinar Çetin, Samy Charchira, Eren Güvercin und Marfa Heimbach. Verfügbar auf Interner Link: bpb.de Interner Link: Zum Anfang der Seite Wo beginnt der Hass? Grenzen zwischen Religionskritik und Rassismus 114 Minuten, bpb, 2019 Lassen sich Islamfeindlichkeit, Antisemitismus, der Umgang mit Konfessionslosen sowie Christenfeindlichkeit vergleichen? Kann in Bezug auf Religionsgemeinschaften tatsächlich von Rassismus gesprochen werden? Wo hört Religionskritik auf und wo fängt die Abwertung an? Diese und weitere Fragen diskutierten Dr. Lale Akgün, Saba-Nur Cheema, Dr. Yasemin El-Menouar und Prof. Dr. Gert Pickel im Rahmen eines Podiumsgesprächs. Verfügbar auf Interner Link: bpb.de Interner Link: Zum Anfang der Seite Radikalisierung der Gesellschaft? Wie Rechtsextreme und Islamisten das gesellschaftliche Zusammenleben herausfordern 115 Minuten, bpb, 2018 Rechtsextremismus und islamistischer Extremismus stellen Herausforderungen für die pluralistische Gesellschaft dar. Rechtsextreme und Islamisten versuchen für ihre Zwecke zu mobilisieren, negative Emotionen anzustacheln und Desintegrationsprozesse zu befördern. Auf einer Podiumsdiskussion diskutierten Dr. Matthias Quent (Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft) und Yassin Musharbash (Die Zeit), wie extremistische Akteure interagieren und wie sich Menschen gegen Versuche extremistischer Vereinnahmung wehren können. Verfügbar auf Interner Link: bpb.de Interner Link: Zum Anfang der Seite Über Märtyrerinnen und Mitläuferinnen. Die Rolle der Frau im Islamismus 99 Minuten, bpb, 2018 Die Bedeutung von Frauen im Islamismus wächst. Längst haben sie sich in der Szene, die oftmals als männlich dominiert wahrgenommen wird, einen Namen gemacht. Welche Rolle(n) nehmen Frauen in der Szene wahr? Welche Motivation treibt sie an und wie viel Gefahr geht von ihnen aus? Darüber diskutierten im Dezember 2018 Claudia Dantschke, HAYAT-Deutschland; Dr. Gerwin Moldenhauer, Staatsanwalt beim GBA beim Bundesgerichtshof; Prof. Dr. Esther Lehnert, Alice Salomon Hochschule und Thomas Mücke, Violence Prevention Network. Verfügbar auf Interner Link: bpb.de Interner Link: Zum Anfang der Seite Vom Knast in den Dschihad? Radikalisierung und Prävention in deutschen Gefängnissen 125 Minuten, bpb, 2018 Verurteilte Terroristen treffen auf Kleinkriminelle, Hochideologisierte auf Haltsuchende. Können Gefängnisse ein Nährboden für eine Hinwendung zum Islamismus sein? Welche Akteure sind wichtig für die Präventionsarbeit im Vollzug? Braucht es sozialpädagogische oder eher seelsorgerische Fähigkeiten? Dazu diskutierten in Köln Katja Grafweg, Ahmad Mansour, Prof. Dr. Abdelmalek Hibaoui, Prof. Dr. Jens Borchert und Mustafa Cimşit. Verfügbar auf Interner Link: bpb.de Interner Link: Zum Anfang der Seite Infodienst RadikalisierungspräventionMehr Infos zu Radikalisierung, Prävention & Islamismus Das Online-Portal Infodienst Radikalisierungsprävention der bpb bietet Hintergrundwissen, pädagogische Materialien, einen Newsletter und eine Übersicht mit Beratungsangeboten. Interner Link: → Zur Infodienst-Startseite Bleiben Sie auf dem Laufenden im Arbeitsfeld Radikalisierungsprävention! Termine, Stellen, News, Materialien, Videos & neue Hintergrund-Beiträge des Infodienst Radikalisierungsprävention – alle sechs Wochen per E-Mail. Interner Link: → Zum Newsletter-Abonnement Das Online-Portal Infodienst Radikalisierungsprävention der bpb bietet Hintergrundwissen, pädagogische Materialien, einen Newsletter und eine Übersicht mit Beratungsangeboten. Interner Link: → Zur Infodienst-Startseite
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-09-05T00:00:00"
"2020-04-03T00:00:00"
"2022-09-05T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/infodienst/307409/veranstaltungen-vortraege-podiumsdiskussionen-fachgespraeche/
Sie finden hier Videos von Veranstaltungen, bei denen Fachleute sich über Erkenntnisse und Handlungsstrategien zur Radikalisierungsprävention ausgetauscht und diese diskutiert haben.
[ "Islamismus", "Radikalisierung", "Extremismus", "Prävention", "Veranstaltungsdokumentationen" ]
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Kultur und Identitäten | Politische Kultur - politische Bildung | bpb.de
I. Abschnitt Als der 1862 geborene bedeutende liberale Historiker Friedrich Meinecke, ein kompromissloser Gegner des nationalsozialistischen Regimes, unmittelbar nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches seine "Betrachtungen und Erinnerungen" niederschrieb - unter dem Titel "Die deutsche Katastrophe" 1946 erschienen -, spendete er den noch einmal Davongekommenen trostreichen kulturellen Rat: In jeder deutschen Stadt und größeren Ortschaft sollten Gemeinschaften gleichgesinnter Kulturfreunde entstehen, denen er "am liebsten den Namen ,Goethegemeinde' geben würde". Diese hätten die Aufgabe, die "lebendigsten Zeugnisse des großen deutschen Geistes durch den Klang der Stimme ins Herz zu tragen - edelste deutsche Musik und Poesie". Interner Link: PDF-Version: 32 KB Im Rückblick ist man gerührt, aber auch irritiert, mit welchem erhebenden Pathos abgründigste Geschichtserfahrungen bewältigt - oder doch wohl mehr verdrängt werden sollten. Etwas weniger naiv, aber mit gleichem Tenor, hatte Thomas Mann in einer Ansprache am 10. Mai 1945 an seine deutschen Rundfunkhörer - in einer Sendereihe der BBC, die den in die USA emigrierten Dichter seit Oktober 1940 zu Wort kommen ließ -, festgestellt, dass zwar schwer zu tilgender Schaden dem deutschen Namen zugefügt worden, "deutsche Würde" jedoch nicht völlig verloren gegangen sei: "Deutsch war es einmal und mag es wieder werden, der Macht Achtung, Bewunderung abzugewinnen durch den menschlichen Beitrag, den freien Geist." In einer Zeit, da religiös-fundamentalistischer Terrorismus besonders die westliche Welt tief erschüttert (im doppelten Wortsinne), mag es gut sein, sich an eine Zeit zu erinnern, in der Kultur als "Überlebensmittel", und zwar von breiten Bevölkerungskreisen, empfunden wurde. Zwiespältige Gefühle sind dabei freilich angebracht. Theodor W. Adorno meinte damals, Auschwitz habe das Misslingen der Kultur unwiderleglich bewiesen. Dass die bis dahin unvorstellbaren nationalsozialistischen Verbrechen geschehen konnten "inmitten aller Tradition der Philosophie, der Kunst und der aufklärenden Wissenschaften, sagt mehr als nur, dass diese, der Geist, es nicht vermochte, die Menschen zu ergreifen und zu verändern". Was sollte da noch Kultur bewirken? Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben sei barbarisch, lautete 1949 sein bitteres, später freilich revidiertes Diktum. Die These, dass Kultur, der Prozess der Enkulturation und Zivilisation, den Glauben an die Theodizee (unsere Welt als die beste aller möglichen Welten) bekräftige oder gar bestätige, wird im Besonderen nach den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts kaum noch gewagt werden können. Würde man aber am "Kulturstaat" als Realutopie - Friedrich Schiller spricht vom "ästhetischen Staat" - nicht festhalten, suspendierte man in aufgeklärten säkularisierten Gesellschaften das System der Werte und Normen; ohne dieses wird Demokratie zur leer laufenden Maschinerie; sie mag funktionieren - sinnlos. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland lässt keinen Zweifel: Dieser Staat ist ein Kulturstaat. Doch immer mehr scheint die normsetzende Idee für die Wirklichkeit an Bedeutung zu verlieren. Der Diskurs, den Anfang der siebziger Jahre Jürgen Habermas mit Niklas Luhmann führte, ist nach wie vor von hoher aktueller Bedeutung: Habermas geht es - in Abgrenzung vom "coolen" Systemtheoretiker ("System-Ingenieur") Luhmann - nicht um das reibungslose Funktionieren von Staat und Gesellschaft; er fordert die Mobilisierung aller Kräfte für die Verwirklichung von Werten. Inmitten der Trostlosigkeit einer "entzauberten Welt" (Max Weber) gelte es, mit Hilfe von Vernunft Orientierung zu finden und Verantwortung zu übernehmen. Nicht nur seit der Aufklärung, aber besonders seit dieser, ist Vernunft - wenn sie nicht durch Instrumentalisierung vereinseitigt und veroberflächlicht wird - ins Subjekt hinein verlegt: "Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines andern zu bedienen. Selbst verschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung." Diese viel zitierte Definition Immanuel Kants ermutigt den Menschen, sich selbst in den Mittelpunkt des Handelns zu rücken, jeden Determinismus von sich weisend - ein Denken, wie es bereits Pico della Mirandolas ketzerische Abhandlung "De dignitate hominis" ("Über die Würde des Menschen") 1496 bekundete. Als Prämisse demokratischer politischer Bildungsarbeit könnte und müsste das "sapere aude - Habe den Mut, (selbst) zu denken" - ein Pfahl sein im weichen Fleisch postmoderner hedonistischer Mentalität, die durch die gedankenlose entsolidarisierende Gleichgültigkeit des Anything-goes, All-is-pretty, Don't-worry-be-happy geprägt ist. Da aber auch die Politik unter dem Motto "Seid nett zueinander" geistige Schärfe und Differenz degoutant findet und allzu oft in oberflächliche, die Anstrengung des Begriffs meidende Wortstreitigkeiten flüchtet ("Leitkultur"), bleibt Kulturpolitik, bleibt politische Kultur ohne Anregung, Erregung, Aufregung. II. Abschnitt Jürgen Habermas hat nicht nur die Vorstellung vom Staat als einer bloßen Addition selbstreferenzieller Subsysteme - was eine höchst gefährliche Aushöhlung demokratischer Sinnhaftigkeit darstellt - zurückgewiesen, sondern quasi im Gegenzug Kant für den Möglichkeitssinn unserer Zeit fortgeschrieben, sich damit als wegweisender Idealist offenbart: Die "Sollgeltung von Normen" ist nicht mehr wie beim "Kategorischen Imperativ", der Lebensgrundsätze wie den Schutz von Leib und Leben, Ehrlichkeit und Hilfeleistung in Not postuliert, unbezweifelbares "Gesetz", sondern diese Sollgeltung muss im Diskurs erarbeitet werden. Solche "Diskursethik" setzt voraus, dass die Teilnehmer am Diskurs als einem Ort der moralischen Prüfung von Normen sich nicht belügen, betrügen oder gar umbringen, sondern dass sie, kommunikationsfreudig und -fähig, zu ",libidinöser Moral" (Herbert Marcuse) vorstoßen: Sollen wird zum Wollen. "Demokratische Ethik" ist nicht abhängig von privilegierten Einsichten - etwa von den Festlegungen durch Priester, Philosophen, staatliche Autoritäten (auch nicht der politischen Bildung) oder gesellschaftlichen Traditionen. Die demokratische Diskursethik ist vielmehr "ein Versuch, den strengen Anspruch des kategorischen Imperativs bei vorbehaltsloser Anerkenung des egalitären und pluralistischen Charakters der modernen Kultur aufrechtzuerhalten und neu zu formulieren" (Andras Kuhlmann). Es ist weiterhin die große Leistung der Aufklärung, dass sie den fundamentalistischen Wahrheitsbegriff, den fast jede Religion für sich in Anspruch nimmt - was dann zum "Kampf der Kulturen" führen kann -, infrage gestellt hat und so der "Endlichkeit" des Menschen ("ich weiß, dass ich nichts weiß") gerecht wurde. Kultur macht es aber dennoch möglich, der Existenz inmitten von Relativismus und Aporie, wie sie sich als Folge der destruierenden Philosophie des Zweifels einstellen, Halt und Identität zu geben. Identität muss dabei freilich anders gesehen werden, als sie häufig eindimensional interpretiert wird. Als "vollkommene Gleichheit oder Übereinstimmung in Bezug auf Dinge oder Personen" bzw. als die "selbt erlebte innere Einheit der Person" ist sie kulturell fragwürdig; um sie zu erreichen, müsste kritische Selbstreflexion, vor allem Sensibilität gegenüber dem Unterbewusstsein und die Wahrnehmung der Anderen wie des Anderen, reduziert werden. Nimmt man Identität als sozialpsychologischen Terminus - etwa als Gleichsetzung des Ich mit einer Gruppe, einem Volk, einer Nation -, so ist diese ebenfalls nur dann vollständig erreichbar, wenn man seine eigene (widersprüchliche) Individualität ausschaltet und stattdessen sich der Außensteuerung überantwortet. Selbst die Moden der Warenästhetik und Spaßgesellschaft bringen es verhältnismäßig leicht fertig, durch Gehirn- bzw. Gefühlswäsche den Menschen in einen Zombie, einen bedingungslosen Konsumenten zu verwandeln. Wenn also z. B. "deutsche Identität" eingefordert wird, so sollte man zumindest deutlich machen, dass "Wesensgleichheit" immer letztlich antikulturelle Vereinfachung von Komplexität bedeutet. Theodor W. Adorno kommt daher zu dem Gegen-Satz, dass das Nicht-Identische das eigentlich Identische sei. Sicherlich ist das hier formulierte Spannungsverhältnis schwer auszuhalten - aber es ist realitätsnah Jedes Zusammenleben bedarf der Zurücknahme persönlicher Unverwechselbarkeit und eines Eingehens auf die Besonderheit des/der Anderen. Identität heißt dann, sich einer Gruppe zugehörig zu fühlen und gleichzeitig ein Bewusstsein von sich als widersprüchlichem Individuum beizubehalten. Der Glaube, durch Öffnung für das Anders-Sein das Eigen-Sein mit dem humanen Gemeinsam-Sein verbinden zu können, bestimmt Aufklärung. Zugleich aber bleibt persönliche Bindung unangetastet; sie ist freilich eingebettet in "produktive Skepsis": "Der rechte Ring vermutlich ging verloren". Wahrheit ist ersetzt durch redliches subjektives Bemühen, das Lessing in der Ringparabel ("Nathan der Weise") einfordert: "Wohlan!/Es eifre jeder seiner unbestochnen,/von Vorurteilen freien Liebe nach!/Es strebe von euch jeder um die Wette,/die Kraft des Steins in seinem Ring an Tag zu legen! Komme dieser Kraft mit Sanftmut,/mit herzlicher Verträglichkeit, mit Wohltun,/mit innigster Ergebenheit in Gott/zu Hilf!" III. Abschnitt Identität ist mit Authentizität (Echtheit, Zuverlässigkeit, Glaubwürdigkeit) verbunden. Kulturelle Glaubwürdigkeit besteht darin, dass man Identität nicht als Ganzheit suggeriert, sondern um deren "Zerbrechlichkeit" und "Gebrochenheit" weiß. Der Mensch, sagt Kant, ist aus krummem Holz geschnitzt; so auch die Kultur, so auch die "authentische" Identität. Solche Einsicht verhindert dogmatische Hybris und die furchtbaren, gewalttätigen Simplifikationen der Ideologien. Kultur ist voller Fragwürdigkeiten und Verunsicherungen, voller Antinomien, Ambivalenzen und Aporien. Sie schafft nicht fix-und-fertige Lösungen, sondern macht, dem Geschwindigkeitssog wie den Appellen zur Übereinstimmung sich entziehend, aus Lösungen immer wieder Probleme. Auch wenn das Wort inzwischen recht abgegriffen ist: "...und sehn betroffen,/den Vorhang zu und alle Fragen offen" (B. Brecht). Kultur hat stets das Doppelgesicht von clair-obscur, von hell-dunkel. Denkarbeit lässt sich kategorial definieren als explizites, implizites und sich erinnerndes Denken (ich folge hier dem Gehirnforscher Ernst Pöppel). Dies gilt auch für die Wahrnehmung des Politischen, also auch für die politische Bildung. Alle drei Denkweisen agieren nach einem gewissermaßen kulturellen Prinzip: Das explizite Denken will die Fülle der Phänomene (das Chaos) mit Hilfe von gliedernden und zergliedernden Begriffen sortieren, systematisieren - also Ordnung schaffen. Man kann auch von analytischer Vernunft sprechen. Mit ihrer Hilfe hat in der Moderne der Prozess der Zivilisation einen Höhepunkt erreicht; man schuf - ob in der Produktion oder der Erziehung, in der Medizin oder den Natur- wie Geisteswissenschaften - immer kleinere Einheiten, maximierte und perfektionierte sein Wissen über solche Subsysteme (Spezialistentum) und entwickelte eine daraus abgeleitete, höchst erfolgreiche Praxis. Wenn man aber von immer weniger immer mehr weiß, geht freilich das Überblicks- bzw. Orientierungswissen verloren; es beruht auf der Einsicht in Zusammenhänge und Wechselwirkungen: "...Dann hat er die Teile in seiner Hand,/fehlt leider nur das geistige Band" (J. W. v. Goethe). Explizites Denken ist zwar nicht ich-los, aber ich-fern; es nutzt vornehmlich das Denken der Anderen. Die Welt zu ordnen zielt nicht darauf, sein eigenes Selbst zu suchen. Anders die Ich-Nähe des impliziten Denkens; dieses ist spontan, intuitiv, subjektiv. Es handelt sich um die Vernunft der Emotion, der Phantasie. Die im impliziten Denken zutage tretende Unverwechselbarkeit äußert sich bis in die Physiognomie oder die Gestik. In jedem Gesicht, in jedem Verhalten erscheint ein komplexes Selbst. Die Vernunft des Erinnerns denkt in Bildern - einst erlebt, bleiben sie gespeichert; durch sie hindurch blickt man auf die Welt. Ohne Bilder und Anschauungen ist das Denken leer; ohne eigene Erinnerung verkommt das Ich in Nichtigkeit. Menschen, die sich an nichts erinnern, sind nicht glaubwürdig. Das komplexe Beziehungsgefüge von Leben, Gesellschaft und Welt bedarf der Verbindung aller Denkformen. Darauf kommt es bei der Kultur an, auch der politischen. Es ist immer auch ein Weg zur eigenen Identität - wobei unser Wissen, dass wir diese nicht vollständig erreichen können, dass wir stets auf Ergänzungen angewiesen sind, unsere Authentizität ausmacht.
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Glaser, Hermann
"2021-12-07T00:00:00"
"2011-10-04T00:00:00"
"2021-12-07T00:00:00"
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/25844/kultur-und-identitaeten/
"Kampf der Kulturen" - "Kampf um die Kultur" - "Kultur der Toleranz". Das waren und sind Schlagworte in den derzeitigen politischen Feuilletons.
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Staatsaufbau und politisches System | Israel | bpb.de
Anders als alle westlichen Demokratien hat Israel weder eine geschriebene noch eine ungeschriebene Verfassung. Dies war das Ergebnis einer heftigen, kontrovers geführten Debatte in den ersten Jahren nach der Staatsgründung, in der sich die Gegner einer Verfassung durchsetzen konnten. Rechtliche Grundlagen Die Befürworter einer Verfassung argumentierten mit der Notwendigkeit, durch eine Verfassung die Grundrechte zu sichern, für Recht, Ordnung und Stabilität zu sorgen, die Regierungsmacht zu begrenzen sowie ein Symbol der Einheit zu errichten. Außerdem entfalte eine Verfassung erzieherische Wirkung, da in ihr die Werte des Staates niedergelegt seien. Demgegenüber meinten die Gegner einer Verfassung, die Zeit sei noch nicht reif, da erst eine Minderheit des jüdischen Volkes in Israel sei. Die Mehrheit sei noch in der Diaspora und werde in Zukunft nach Israel einwandern; ihr müsse die Chance zur Mitwirkung bei der Gestaltung des Staates gegeben werden. Ein weiteres Argument war, dass eine Verfassung die Souveränität des Parlaments begrenzen und die Bevölkerung polarisieren würde. Die orthodoxen Parteien betonten, die Thora sei das höchste Gesetz des jüdischen Volkes und deshalb sei jedes andere "höhere Gesetz" abzulehnen. Vor allem aber befürchteten sie, dass eine liberal-demokratische Verfassung den labilen Kompromiss in der Frage des Verhältnisses von Staat und Religion gefährden würde (etwa durch die Einführung der Zivilehe). Außerdem war Staatsgründer und Ministerpräsident David Ben Gurion nicht gewillt, seine Macht und die der Regierungspartei durch eine Verfassung begrenzen zu lassen. Als Ersatz für die Verfassung gelten die so genannten Grundgesetze (nicht zu verwechseln mit dem deutschen Grundgesetz, das einer Verfassung entspricht), die laut Knessetbeschluss von 1950 künftig in einer Verfassung zusammengefasst werden sollen. Mehr als 50 Jahre nach diesem Beschluss ist dies aus den genannten Gründen bislang nicht geschehen. Außerdem fehlt es noch an Grundgesetzen zu den meisten Grundrechten. Eine Schlüsselfrage ist, in welcher Weise die Unabhängigkeitserklärung vom 14. Mai 1948 als Verfassungsersatz gelten kann. Sie besteht aus drei Teilen: einem historisch-ideologischen Kapitel, das die moralische, ideelle und rechtliche Erklärung für die Staatsgründung enthält, einem operativen Teil, in dem der neue Staat proklamiert und sein Name bestimmt wird, und einem dritten Teil, in dem die Grundwerte des neuen Staates festgelegt werden. Im letzteren ist die Rede von der Verpflichtung des neu gegründeten Staates unter anderem zur Freiheit, zu Gerechtigkeit und Frieden, zur völligen sozialen und politischen Gleichheit aller Bürgerinnen und Bürger ungeachtet ihrer Rasse, Religion oder ihrem Geschlecht, zur Glaubens- und Gewissensfreiheit sowie zur Freiheit der Sprache, Erziehung und Kultur. Urteile des israelischen Obersten Gerichtshofs haben jedoch festgelegt, dass die Unabhängigkeitserklärung weder eine Verfassung sei noch über den einfachen Gesetzen stehe. Trotzdem hat die Proklamation rechtliche und sogar verfassungsrechtliche Bedeutung. So haben sich die Gerichte immer wieder auf ihre Prinzipien (zum Beispiel "Freiheit") gestützt, wenn es in Grundfragen keine konkreten Gesetze gab. Eine weitere rechtliche Bedeutung erhielt die Unabhängigkeitserklärung, als in den neuen Grundgesetzen "Menschenwürde und Freiheit" und "Berufsfreiheit" ausdrücklich davon die Rede war, dass die Grundrechte im "Sinne der Prinzipien der Unabhängigkeitserklärung" respektiert werden. Dennoch sind bisher alle Versuche gescheitert, die Unabhängigkeitserklärung in ihrer Gesamtheit in eine Verfassung zu verwandeln. Bis heute hat die Knesset elf Grundgesetze zu verschiedenen Aspekten des Staatswesens verabschiedet: Nr. 1: Gesetz über das israelische Parlament, die Knesset (1958);Nr. 2: Gesetz über die öffentlichen Böden, das heißt Böden, die dem Staat bzw. dem Jüdischen Nationalfonds gehören (1960);Nr. 3: Gesetz über den Staatspräsidenten (1964);Nr. 4: Gesetz über die Regierung (1968, 1992, 2001);Nr. 5: Gesetz über den öffentlichen Haushalt (1975);Nr. 6: Gesetz über das Militär (1976);Nr. 7: Gesetz über den Status Jerusalems als Hauptstadt Israels (1980);Nr. 8: Gesetz über das Gerichtswesen (1984);Nr. 9: Gesetz über die Staatskontrolle (1988):Zu den Aufgaben des Staatskontrolleurs, der vom Staatspräsidenten auf Vorschlag der Knesset ernannt wird und nur dieser verantwortlich ist, gehören beispielsweise die Kontrolle aller Ministerien, der Nationalbank, des staatlichen Rundfunks und Fernsehens, der staatlichen Unternehmen, der religiösen Räte auf kommunaler Ebene sowie der Universitätsverwaltungen;Nr. 10: Gesetz über Menschenwürde und Freiheit (1992);Nr. 11: Gesetz über die Berufsfreiheit (1992, 1994). Eine demokratische Verfassung hat im Allgemeinen drei wesentliche Aufgaben. Sie muss die Grundordnung des Staates festlegen, insbesondere die Staatsform sowie Einrichtung und Aufgaben seiner obersten Staatsorgane. Außerdem enthält sie Grundsätze und Grundwerte des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens sowie zur Rechtsstellung seiner Bürgerinnen und Bürger einschließlich der Garantie der Menschen- und Bürgerrechte. Und schließlich muss eine Verfassung über normalen Gesetzen stehen und darf nur in einem besonderen Verfahren (zum Beispiel Zweidrittelmehrheit im Parlament) geändert werden können. Von diesen Wesensmerkmalen einer Verfassung erfüllen Israels Grundgesetze nur die erste. Sechs der Grundgesetze (Nr. 1, 3, 4, 6, 8 und 9) legen die institutionellen Grundlagen des Staates fest. Weitere drei Gesetze (Nr. 2, 5 und 7) befassen sich indirekt mit institutionellen, "formalen" Aspekten. Das Grundgesetz "Menschenwürde und Freiheit" hat zwar das Recht des Menschen auf Eigentum, Privatleben und Briefgeheimnis sowie die Freiheit der Ein- und Ausreise zum Inhalt. Das Grundgesetz "Berufsfreiheit" garantiert die Freiheit des Berufs und jeder wirtschaftlichen Tätigkeit. Beide Gesetze handeln jedoch nicht von den klassischen Menschen- und Bürgerrechten (wie Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Religionsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Demonstrationsrecht, Gleichheit vor dem Gesetz). Damit erfüllen die Grundgesetze nicht die Voraussetzungen, die an eine liberal-demokratische Verfassung gestellt werden. Außerdem können sie, von einigen Ausnahmen abgesehen, fast alle mit einfacher Mehrheit, wie jedes andere Gesetz, geändert werden. So bedarf es der absoluten Mehrheit (61 von 120) der Knessetabgeordneten, um das Grundgesetz "Berufsfreiheit" und einzelne Paragraphen in einigen anderen Grundgesetzen (zum Beispiel Paragraph vier im Grundgesetz Nr. 1, der das Wahlsystem behandelt) zu ändern. Aber dies ist auch nur eine minimale "besondere" Mehrheit, über die jede Regierung in der Regel verfügt. Wegen dieses einfachen Verfahrens wurden im Laufe der Jahre viele Paragraphen der Grundgesetze geändert. Zwei von ihnen - die Grundgesetze Nr. 4 und 11 - wurden sogar völlig neu verabschiedet. Die beiden letzten Grundgesetze Nr. 10 und 11 haben in der Fachwelt eine heftige Diskussion ausgelöst. Zum einen wird behauptet, bei beiden neuen Gesetzen handele es sich um eine "konstitutionelle Revolution", da es um Grundrechte gehe und da in dem Grundgesetz "Menschenwürde und Freiheit" nicht ausdrücklich genannte Rechte (zum Beispiel auf Gleichheit) ebenfalls geschützt seien. Die gegenteilige Meinung spielt deren Bedeutung herunter, da klassische Grundrechte nicht ausdrücklich genannt und alle bestehenden Gesetze und Verordnungen geschützt seien, selbst wenn sie der Würde und Freiheit des Menschen sowie der Berufsfreiheit entgegenstünden. Parlamentarisches System Israels Parlament, die Knesset (hebr.; Versammlung) in Jerusalem, hat 120 Sitze. Diese Zahl geht auf die "Knesset Gdola" zurück - eine parlamentsähnliche Versammlung von Juden zur Zeit der griechischen Besatzung vor über 2000 Jahren. Die Abgeordneten werden in einer reinen Verhältniswahl - mit einer Sperrklausel von zwei Prozent (bis 1992 ein Prozent) - alle vier Jahre gewählt. Die Wahlen sind direkt, gleich, geheim, allgemein und landesweit (das heißt, das gesamte Land ist ein Wahlkreis). Wahlberechtigt sind alle israelischen Staatsangehörigen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben (passives Wahlrecht mit 21 Jahren) und sich am Wahltag in Israel befinden. Die Möglichkeit einer Briefwahl besteht nicht. Gewählt werden Parteilisten. Die Knesset übernimmt wie jedes andere Parlament Funktionen der Repräsentation, der Gesetzgebung und der Regierungsaufsicht. Außerdem wählt sie den Staatspräsidenten. Das dominierende Staatsorgan des israelischen politischen Systems ist jedoch die Exekutive. Anders als etwa in den USA kann die Regierung existenzielle Entscheidungen über Krieg und Frieden treffen, ohne das Parlament zu befragen. Sie muss auch nicht die Zustimmung des Parlaments einholen, um internationale Verträge zu unterzeichnen oder Notstandsverordnungen zu erlassen. Auch die Gesetzesinitiativen haben zum Teil ihren Ursprung in der Exekutive und nicht in der Legislative. Obwohl bislang alle israelischen Regierungen aus Koalitionsregierungen bestanden, waren und sind es meist "starke" Regierungen, in denen in der Regel ein informelles Kabinett alle wichtigen Entscheidungen traf und trifft. Der Premier hat eine starke Stellung innerhalb der Regierung. Er ist zwar formell primus inter pares, denn alle Regierungsentscheidungen werden mit Mehrheit bestimmt, doch in der Realität fällt der Ministerpräsident alle wichtigen Entscheidungen. Ihm unterstehen Organe und Institutionen wie der Auslandsgeheimdienst Mossad, der Inlandsgeheimdienst Schabak und die Atomenergiekommission. Der Premier kann Minister ernennen und entlassen. Seit 2002 hat er im Einverständnis mit dem Staatspräsidenten die Befugnis, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen auszurufen. Eine weitere Reform von 2002 ist das konstruktive Misstrauensvotum, bei dessen Einführung das deutsche Modell Pate gestanden hat. Mit diesen Änderungen sollte das parlamentarische System an Effektivität und Stabilität gewinnen. Staatspräsident Dem von der Knesset für eine Amtszeit von sieben Jahren gewählten Staatspräsidenten kommt vor allem eine repräsentative Bedeutung zu - ähnlich wie dem deutschen Bundespräsidenten. Formal unterzeichnet er unter anderem von der Knesset verabschiedete Gesetze und internationale Abkommen, ernennt Richter und hat die Vollmacht zu begnadigen, aber er ist nicht autonom in diesen Funktionen. Der Staatspräsident beauftragt das Knessetmitglied mit der Regierungsbildung, dem er nach Beratungen mit den Parlamentsfraktionen die besten Erfolgsaussichten einräumt. Dabei gilt, dass er nur einen Kandidaten benennen kann, der der Knesset angehört. Der Staatspräsident kann auch durch seine moralische Autorität politischen Einfluss nehmen. Staatspräsident Jizchak Navon (1978-1983) hat zum Beispiel 1982 mit Rücktritt gedroht, um eine staatliche Untersuchung zur Aufklärung der Massaker von Sabra und Schatila im Libanonkrieg zu erzwingen. (In den Flüchtlingslagern Sabra und Schatila wurden während des Libanonkrieges und der israelischen Besatzung im September 1982 hunderte von Palästinensern von christlich-libanesischen Milizen ermordet. Die israelische Untersuchungskommission befand die israelische Militärführung indirekt für dieses Massaker verantwortlich und erzwang den Rücktritt des damaligen Verteidigungsministers Ariel Scharon.) Später hat Präsident Ezer Weizman (1993-2000) mit seiner Autorität den Zusammenbruch des Friedensprozesses durch die Politik von Premier Benjamin Netanjahu (1996-1999) zu verhindern versucht. Auch der 2007 gewählte Staatspräsident Schimon Peres hat schon in den ersten Tagen seiner Amtszeit zu erkennen geben, dass er kein unpolitischer Präsident sein wird. Er betonte, dass er eine Friedenspolitik aktiv unterstützen werde und veröffentlichte sogar einen Friedensplan, der einen Rückzug aus allen besetzten Gebieten vorsieht. Auszug aus: Informationen zur politischen Bildung (Heft 278) Israel, überarbeitete Neuauflage 2008.
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Benyamin Neuberger
"2022-01-25T00:00:00"
"2011-12-02T00:00:00"
"2022-01-25T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/naher-mittlerer-osten/israel/45024/staatsaufbau-und-politisches-system/
Israel ist die einzige Demokratie im Nahen Osten mit einem vielschichtigen Parteiensystem. Welche rechtlichen Grundlagen gibt es und wie funktioniert das parlamentarische System in Israel?
[ "Israel Verfassung", "politisches System Israels", "Parlamentarisches System Israels", "Knesset" ]
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Impressum | Saarland 2022 | bpb.de
Der Wahl-O-Mat zur Landtagswahl im Saarland 2022 ist ein Produkt der Bundeszentrale für politische Bildung und der Externer Link: Landeszentrale für politische Bildung des Saarlandes. Sie wurden unterstützt von der Externer Link: Arbeitskammer des Saarlandes und dem Externer Link: Landesjugendring Saar. Thesen und Inhalte des Wahl-O-Mat wurden von einem Redaktionsteam aus Jungwählerinnen und Jungwählern aus dem Saarland, Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Journalismus und Bildung sowie den Verantwortlichen der Bundeszentrale für politische Bildung und der Landeszentrale für politische Bildung des Saarlandes entwickelt. Diensteanbieter gemäß § 5 Telemediengesetz (TMG) Bundeszentrale für politische Bildung Adenauerallee 86 53113 Bonn Tel.: +49 228 99515-0 Fax: +49 228 99515-113 Internet: Interner Link: https://www.bpb.de Präsident: Thomas Krüger Verantwortlich gemäß § 18 Medienstaatsvertrag (MStV) Thorsten Schilling (Anschrift s.o.) Leitung Fachbereich Multimedia Projektleitung für die Bundeszentrale für politische Bildung Pamela Brandt Martin Hetterich Lea Schrenk E-Mail: E-Mail Link: info@wahl-o-mat.de Projektleitung für die Landeszentrale für politische Bildung des Saarlandes Dr. Erik Harms-Immand Beethovenstraße 26 / Pavillon 66125 Saarbrücken-Dudweiler Tel.: +49 6897 7908-104 Internet: Externer Link: https://www.lpb.saarland.de E-Mail: E-Mail Link: info@lpb.saarland.de Pressekontakt Journalistinnen und Journalisten wenden sich bitte an die Pressestelle der Bundeszentrale für politische Bildung oder die Externer Link: Landeszentrale für politische Bildung des Saarlandes. Inhalt und Redaktion Jungwählerinnen und Jungwähler Deborah Aimionowane, Angelina Henn, Paul Tetsu Herzog, Luisa Jacoby, Mara Maria Klein, Marie Leukel, Anouk Linsel, Timon Scheuer Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Journalismus und Bildung Christine Alt, Tanja Binder, Janek Böffel, Henrik Domansky, Jörg Hektor, Oliver Hilt, Jörg Jacoby, Christian Otterbach, Dr. Maike Rump, Gereon Schloßmacher, Georg Vogel Landeszentrale für politische Bildung des Saarlandes Christina Biehl, Dr. Erik Harms-Immand Bundeszentrale für politische Bildung Martin Hetterich, Lea Schrenk, Belinda Nüssel Übersetzung in Deutsche Gebärdensprache Gebärdenwerk GmbH E-Mail: E-Mail Link: service@gebaerdenwerk.de Internet: Externer Link: https://www.gebaerdenwerk.de Umsetzung, Gestaltungskonzept und Design 3pc GmbH Neue Kommunikation E-Mail: E-Mail Link: info@3pc.de Internet: Externer Link: https://3pc.de Programmierung GLAMUS GmbH E-Mail: E-Mail Link: santo@glamus.de Internet: Externer Link: https://www.glamus.de Nach einer Idee von Externer Link: ProDemos - Huis voor democratie en rechtsstaat Den Haag/Niederlande Die Vervielfältigung, Verbreitung und die öffentliche Wiedergabe des Wahl-O-Mat ist nicht gestattet. Der Wahl-O-Mat ist urheberrechtlich geschützt.
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-02-23T00:00:00"
"2022-02-16T00:00:00"
"2022-02-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/wahl-o-mat/saarland-2022/505240/impressum/
Der Wahl-O-Mat zur Landtagswahl im Saarland 2022 ist ein Produkt der Bundeszentrale für politische Bildung und der Landeszentrale für politische Bildung des Saarlandes.
[ "Wahl-O-Mat Saarland", "Landtagswahl Saarland", "Saarland", "Impressum Wahl-O-Mat" ]
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Editorial | Frankreich | bpb.de
Vor einem Jahr erlebte Frankreich den schwersten Terroranschlag seiner Geschichte. Zu dem Angriff auf die Besucher eines Fußball-Länderspiels, eines Rockkonzerts sowie mehrerer Restaurants und Bars in Paris und Saint-Denis am 13. November 2015 bekannte sich der sogenannte Islamische Staat (IS). Bereits am 7. Januar hatten schwer bewaffnete Islamisten die Redaktion der Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" und einen jüdischen Supermarkt angegriffen. Präsident François Hollande erklärte den "Krieg gegen den Terrorismus"; der Notstand wurde verhängt und bis heute nicht wieder aufgehoben. Zwar konnten zahlreiche weitere Attentate vereitelt werden, doch im Sommer 2016 ermordeten Dschihadisten zwei Polizeimitarbeiter und einen katholischen Priester, und am Nationalfeiertag am 14. Juli fuhr ein "IS"-Sympathisant in Nizza einen Lkw in eine feiernde Menge. Die Anschlagsserie stellt den gesellschaftlichen Zusammenhalt in einem ohnehin geschwächten Land auf eine harte Probe. Die französische Wirtschaft stagniert seit Jahren, und Ansätze für Reformen stoßen auf massiven Widerstand. Die Franzosen sind unzufrieden, und Hollande ist so unbeliebt wie keiner seiner Vorgänger. Wenige Monate vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen ist abzusehen, dass der rechtsextreme Front National Rekordwerte erzielen wird. Eine disziplinierende Wirkung scheint diese Situation nicht zu entfalten: Durch das linke Lager ziehen sich Gräben, und auch die Konservativen ringen um Geschlossenheit. Eine öffentliche Analyse der Missstände im Land, die an die Ideale der Republik rühren, und eine Grundsatzdiskussion über entsprechende Auswege bleiben bislang weitgehend aus. So droht der anstehende Wahlkampf ein weiteres Symptom der tiefen Krise zu werden, in der Frankreich sich befindet.
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Anne-Sophie Friedel
"2021-12-07T00:00:00"
"2016-11-24T00:00:00"
"2021-12-07T00:00:00"
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/237938/editorial/
[ "Frankreich", "französische Innenpolitik", "französische Gesellschaft", "Terroranschlag", "Frankreich" ]
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Glossar | Ravensbrück – Überlebende erzählen | bpb.de
"Aktion 14 f 13" Auch "Sonderbehandlung 14 f 13". Die "Aktion 14 f 13" war die Fortführung des "Euthanasie"-Programms der Nationalsozialisten, wonach "lebensunwertes" Leben systematisch vernichtet wurde. Insassen von Heil- und Pflegeanstalten waren die ersten Opfer, danach wurden Konzentrationslagerhäftlinge weitgehend willkürlich "ausgesondert" und in den "Euthanasie"-Anstalten Hartheim, Bernburg und Sonnenstein ermordet. Die Zahl der Opfer allein der "Sonderbehandlung 14 f 13" wird auf zwanzigtausend Menschen geschätzt, darunter ca. eintausendvierhundert Frauen und Männer, mehrheitlich jüdischer Herkunft, aus dem Konzentrationslager Ravensbrück. Anweiserin Auch Anweisungshäftling, Anweisehäftling oder Kolonnenführerin. Die Anweiserin, selbst eine Häftlingsfrau, stand einem Arbeitskommando vor, in dem sie die Aufsicht zu führen hatte. Sie war selbst von körperlicher Arbeit befreit, musste aber die ihr zugewiesenen Gefangenen zur Arbeit einteilen, sie antreiben und für die Einhaltung der Lagerordnung sorgen. Sie konnte sich solidarisch gegenüber den Frauen in ihrer Arbeitskolonne verhalten oder ihre Macht ihnen gegenüber ausleben und sie sogar schlagen. Appell(stehen) Ursprünglich ein militärisches Ordnungsritual. In Ravensbrück mussten sich die Frauen früh morgens und abends nach der Zwangsarbeit in Zehnerreihen auf der Lagerstraße aufstellen und wurden abgezählt. Der Zählappell diente der SS als Mittel zur Kontrolle der Häftlingsanzahl, der Arbeitsappell der Zusammenstellung der Arbeitskommandos. Der Appell bedeutete für die Gefangenen eine oft stundenlang dauernde Tortur bei Wind und Wetter, die sie zusätzlich schwächte. Während des Appells war Sprechen verboten, erschöpfte Frauen durften nicht gestützt werden, zusammengebrochene Frauen mussten liegen bleiben, bis der Appell zu Ende war. Arbeitseinsatz Eine Abteilung des Konzentrationslagers Ravensbrück, die alle Häftlingsfrauen in Berufskarteien erfasste. Der Arbeitseinsatz der Lagerinsassen unterstand in der Regel den Arbeitsdienstführern, die die Arbeit der Häftlinge für die Arbeitsstellen inner- und außerhalb des Lagers einteilten. In Ravensbrück wurde dieser bedeutende Bereich ausschließlich von Häftlingsfrauen verwaltet, die durch das Manipulieren der Listen die Möglichkeit hatten, geschwächte Frauen oder Freundinnen heimlich in "besseren" Arbeitskommandos unterzubringen oder bedrohte Frauen in Transporte einzuschleusen, die sie in ein Außenlager brachten. Arbeitskommando Auch Kommando oder Arbeitskolonne. Bezeichnung für eine Gruppe von Häftlingsfrauen, die für die Ausführung einer bestimmten Zwangsarbeit zusammengestellt wurde. Es gab so genannte Innenkommandos, die der Aufrechterhaltung des Lagerbetriebes dienten (Küche, Wäscherei, Schreibstuben, Krankenrevier usw.), die meistens über einen längeren Zeitraum in gleicher Besetzung arbeiteten. Die so genannten Außenkommandos waren im Freien eingesetzt z. B. im Straßenbau, bei Wald- und Feldarbeiten, wobei sie von einer SS-Aufseherin mit Hund - der Kommandoführerin - bewacht wurden. Da diese Arbeitskommandos besonders kräftezehrend waren, konnten die meisten Häftlingsfrauen diese Zwangsarbeit nur kurze Zeit durchhalten und mussten dann durch neue Arbeitskräfte ersetzt werden. Asoziale Sammelbegriff für eine Häftlingsgruppe, der Frauen zugerechnet wurden, die nach den Prinzipien der nationalsozialistischen Ideologie von der Norm abwichen, die also nach ihrer Persönlichkeit und Lebensführung den Anforderungen der "Volksgemeinschaft" nicht genügten. Dazu zählten im Dritten Reich Wohnungslose, Personen, die bettelten, die Wohlfahrt bezogen, die ihrer Arbeits- und Dienstpflicht nicht nachkamen ("Arbeitsscheue"), aber auch psychisch Kranke, Alkoholikerinnen, allein Erziehende sowie Prostituierte. In Ravensbrück wurden diese Häftlingsfrauen mit einem "schwarzen Winkel" gekennzeichnet, bis auf wenige Ausnahmen waren sie Deutsche oder Österreicherinnen. Aufnahme(prozedur) Alle neu in Ravensbrück eingewiesenen Frauen wurden "aufgenommen". Hinter dieser scheinbar neutralen Bezeichnung verbarg sich jedoch eine entwürdigende, demütigende und häufig traumatische Prozedur: Die Frauen mussten sich nackt ausziehen - in der Regel im Beisein von SS-Männern, die sich über sie lustig machten; sie mussten ihre Kleider und persönlichen Habseligkeiten abgeben; waren die Kopfhaare verlaust, wurden sie geschoren, auch die restlichen Körperhaare wurden abrasiert. Dann mussten die Frauen duschen, wurden einer flüchtigen ärztlichen Begutachtung unterzogen und ihre Körperöffnungen nach versteckten Gegenständen untersucht. Ihre Personaldaten wurden auf einer Karteikarte erfasst. Sie erhielten blau-grau gestreifte Häftlingskleidung, je nach Lagerphase aber nur noch wahllos zusammengestellte Kleider. Jede Frau erhielt eine Häftlingsnummer und wurde mit einem farbigen Dreieck (Winkel) gekennzeichnet, der ihren "Haftgrund" symbolisieren sollte. Den Verlust des Namens und die Degradierung zu einer "Nummer" empfanden die meisten Frauen als schlimmste Demütigung. Außenlager Die SS errichtete diese meist aus wenigen Baracken bestehenden Lager in der Nähe von Rüstungsbetrieben, in denen Häftlingsfrauen aus Ravensbrück zwangsarbeiteten, die von dem Betrieb gegen eine geringe Gebühr als Arbeitskräfte "gemietet" werden konnten. Die Außenlager ersparten weite Anfahrtswege. Das größte Außenlager von Ravensbrück befand sich in Neubrandenburg. Insgesamt gab es über sechzig Außen- und Nebenlager von Ravensbrück. Quelle: Gabriele Knapp, Frauenstimmen – Musikerinnen erinnern an Ravensbrück, Berlin, 2003.
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
"2012-01-29T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/holocaust/ravensbrueck/60779/glossar/
Im Überblick werden verschiedene Begriffe sowie die Gebäude und die Organisation von Ravensbrück sowie Uckermark beschrieben.
[ "KZ", "Glossar", "Ravensbrück", "Konzentrationslager", "Nationalsozialismus", "Deutschland", "Ravensbrück" ]
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"Gute Vor- und Nachbereitung und Zeit zur Reflexion sind wichtig" | Fördermittel und Fundraising für die politische Bildung | bpb.de
Akquisos: Sie prüfen beim IBB Förderanträge für nicht-schulische Gedenkstättenfahrten. Was sollten Organisationen bei der Antragstellung beachten? Olga Rensch (© privat) Olga Rensch: Zunächst einmal müssen die Externer Link: Förderrichtlinien beachtet werden. Bei uns bedeutet das zum Beispiel, dass eine Gedenkstättenfahrt zwischen 4 und 8 Tagen dauert und dass 80% des Programms am Ort der Gedenkstätte stattfinden müssen. Das bedeutet nicht unbedingt in der Gedenkstätte selbst, aber eben in dem Ort – also beispielsweise in Oświęcim (Auschwitz), und nicht etwa in der nahegelegenen Stadt Krakau. Im Antrag müssen neben dem geplanten Programm auch die Vor- und Nachbereitung erläutert werden, dazu gehören Motivation und Ziele, die Methoden und Mittel und die Einbeziehung der Teilnehmenden in Vorbereitung und Gestaltung des Projekts. Auch die Form der Dokumentation ist uns wichtig. Worauf achten Sie bei der Bewertung eines Antrags? Was fällt positiv auf? Wir schauen zum Beispiel darauf, ob im Programm genügend Zeit für die Vor- und Nachbereitung eingeplant wird. Außerdem finde ich es sehr wichtig, dass vor Ort nach den Programmpunkten in der Gedenkstätte, den Besuchen von Ausstellungen oder Stadtführungen am Abend stets Zeit zur Reflexion ist. Oft ist man während der Programmpunkte unter Zeitdruck, und später kommen viele Fragen und Gedanken auf. Die Teilnehmenden brauchen abends Zeit und Raum, um diese zu besprechen und das Erlebte nachzubereiten, und um sich auf den folgenden Tag vorzubereiten. Außerdem sollten die einzelnen Programmteile aufeinander aufbauen. Es ist zum Beispiel gut, sich am ersten Tag zunächst mit dem Ort und der Umgebung zu befassen, bevor man dann das Lager bzw. die Gedenkstätte selbst besucht und sich anschließend vertieft mit bestimmten Themen beschäftigt. Und eine Brücke zur Gegenwart darf nicht fehlen, zum Beispiel zur Frage: Wie sehen jüdisches Leben und jüdische Kultur heute aus? Es ist außerdem gut, wenn die Nachbereitung und Form der Dokumentation von vornherein mitgedacht werden. Einige Gruppen arbeiten zum Beispiel mit Tagebüchern, andere fertigen Zeichnungen und Fotos an, die dann später ausgestellt oder in einer Broschüre veröffentlicht werden. Wo sehen Sie die wesentlichen Schwierigkeiten bei den Anträgen, die bei Ihnen eingereicht werden? Manchmal werden die Förderrichtlinien nicht beachtet oder nicht genau genug gelesen. In den Richtlinien des BMFSFJ ist vorgesehen, dass nur eine Gedenkstätte besucht wird und dass man sich intensiv mit der Geschichte dieses Ortes befasst. Einige Träger möchten lieber mehrere Orte besuchen, das ist bei uns derzeit jedoch nicht möglich. Andere möchten zum Beispiel lieber in Krakau übernachten statt in Oświęcim – weil dies für die Jugendlichen möglicherweise interessanter ist. Dann sitzen sie allerdings morgens und abends je 1,5 Stunden im Bus und verlieren wertvolle Zeit für eine ruhige Reflexion und Freiräume. Besuche von anderen Orten können laut unseren Richtlinien im Rahmen von 20% des Programms stattfinden, beispielsweise ist eine Programmgestaltung von drei Tagen in Oświęcim und einem Tag in Krakau denkbar. Wir beraten die Antragstellenden aber gern und geben ihnen Tipps und Erfahrungswerte mit. Welche Tipps haben Sie für Organisationen, die eine Gedenkstättenfahrt durchführen wollen im Hinblick auf die Finanzierung? Bei unserer Förderung handelt es sich um eine Festbetrags-Förderung und die Pauschalen sind gut bemessen. Die restlichen Kosten werden meist durch Teilnehmendenbeiträge abgedeckt, es gibt jedoch auch weitere Möglichkeiten, um Fördermittel oder Spenden einzuwerben. In manchen Bundesländern ist es möglich, Landesmittel mit der Förderung aus dem KJP des Bundes und dem Bundesprogramm "Jugend erinnert" zu kombinieren. Manche Organisationen erhalten auch Mittel von ihrer Stadt, zum Beispiel wenn sie mit bestimmten Zielgruppen arbeiten. Es gibt häufiger Spenden von den örtlichen Sparkassen, aber auch von regional oder überregional aktiven Stiftungen. Ich rate den Antragstellenden, sich in ihrer Umgebung nach geeigneten Unterstützern umzuschauen. Es ist immer gut, bestehende Kontakte persönlich anzusprechen. Wie wirken sich die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie auf Ihre Arbeit aus? Im Frühjahr 2020 konnten wegen der Corona-Pandemie gar keine Fahrten durchgeführt werden, alles wurde abgesagt. Derzeit (September 2020) finden wieder Fahrten statt, doch nach wie vor kommen viele Absagen, einige auch schon für das Jahr 2021. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat die Richtlinien für Gedenkstättenfahrten befristet bis zum 31.12.2020 angepasst. Bis Ende dieses Jahres sind demnach auch kürzere Fahrten zu Erinnerungsorten mit Gruppen-Aufteilung sowie digitale Formate wie Video-Konferenzen, digitale Seminare und Online-Zeitzeugengespräche förderungsfähig. Wie es 2021 weitergeht, entscheidet sich im Oktober. Wir entwickeln derzeit Konzepte für kürzere Fahrten als Blended-Learning Maßnahmen an Gedenkstätten innerhalb Deutschlands, die digitale und Präsenz-Formate verknüpfen. Diese können auch alternativ durchgeführt werden, falls eine geplante Fahrt zum Beispiel nach Auschwitz oder Treblinka wegen der aktuellen Situation nicht stattfinden kann. So müssen die Träger sich das nicht mühsam selbst erarbeiten. Vielen Dank für das Gespräch! Weitere Informationen: Externer Link: https://kjp-gedenkstaettenfahrten.de/ Olga Rensch (© privat)
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-10-05T00:00:00"
"2020-11-03T00:00:00"
"2022-10-05T00:00:00"
https://www.bpb.de/die-bpb/foerderung/akquisos/gedenkstaettenfahrten/318192/gute-vor-und-nachbereitung-und-zeit-zur-reflexion-sind-wichtig/
Olga Rensch vom IBB, der Zentralstelle Fördermittel des Bundes für nicht-schulische Gedenkstättenfahrten, gibt Tipps zur Planung, Antragstellung und Durchführung von Gedenkstättenfahrten.
[ "Akquisos Newsletter", "Gedenkstättenfahrten" ]
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Das jüdische Olympia | Bundesliga: Spielfeld der Gesellschaft | bpb.de
Debora Rosenthal trägt eine Kette mit ihrem Namen in hebräischer Schrift. Es war ein Geschenk zur ihrer Bat Mitzwa, so bezeichnet man den feierlichen Tag, an dem ein Mädchen in die Religionsmündigkeit eintritt, im Alter von zwölf Jahren. Im Sommer 2015 ist Berlin erstmals Gastgeber der Europäischen Makkabi-Spiele, des größten jüdischen Sportfests des Kontinents. Debora Rosenthal, genannt Debby, gehört zu den wichtigen Stützen des deutschen Hockey-Teams. Sie mag spannende Spiele, Teamgeist und Spaß. Trotzdem sei Makkabi etwas ganz besonderes: „Es ist das Ereignis, wo ich das jüdische Gemeinschaftsgefühl am intensivsten spüre.“ Debby Rosenthal hat in Berlin eine jüdische Grundschule besucht, streng religiös aufgewachsen ist sie jedoch nicht. In ihrem Freundeskreis und in ihren Hockeyvereinen spielte die jüdische Kultur keine Rolle. Zweimal war es anders: 2009 und 2013 nahm sie an der Makkabiade in Israel teil, den Weltspielen des Judentums, die dort alle vier Jahre stattfinden. Sie sagt: ZitatDas größte Gemeinschafts-Ereignis In Israel ist mir aufgefallen, dass mir die jüdische Kultur ein wenig gefehlt hat, weil ich sie zu Hause wenig praktiziere. Die Makkabiade ist das größte Gemeinschafts-Ereignis, wo das jüdische Leben zu spüren ist. In Israel muss man sich gar keine Gedanken machen, wenn man seinen Davidstern zeigt. Ähnlich habe ich es noch in New York erlebt. Da hatte ich das Gefühl, dass jeder zweite mich auf meine Kette angesprochen hat. Und sich gefreut hat, dass ich jüdisch bin. In Deutschland habe ich zwar keine Angst, den Davidstern zu zeigen, trotzdem denke ich manchmal: Halt dich lieber etwas zurück, ich möchte niemanden damit provozieren. Doch bei den Makkabi-Spielen ist das völlig anders. Quelle: Debby Rosenthal, Spielerin im jüdischen Hockeyteam aus Deutschland Debby Rosenthal (@ Wilfried Chruscz) In Berlin wurden die Spiele als großes jüdisches Klassentreffen geplant: mit Wettbewerben, Bildungsveranstaltungen, Partys. Fast alle 2300 Athleten aus 37 Ländern übernachten in einem Hotel. Wie in einem olympischen Dorf. Viele Athleten stammen laut dem Organisationsteam von Überlebenden des Holocaust ab, auch Debby Rosenthal, die ihren Großvater von Erzählungen ihrer Eltern kennt – und aus dem Fernsehen. Hans Rosenthal, der Moderator der Unterhaltungssendung Dalli Dalli, war eine Ikone der siebziger und achtziger Jahre. Er starb 1987 – und doch wird er in diesem Sommer in den Gedanken seiner Enkelin irgendwie anwesend sein. Die meisten Wettbewerbe finden im Berliner Olympiapark statt, wo die Nazis jüdische Sportler 1936 von den Wettbewerben ausgeschlossen hatten. Aus diesem Grund sind die Makkabi-Spiele für Debby Rosenthal ein Anlass, um über ihre Wurzeln nachzudenken, auch über das Leid ihres Großvaters: Mein Großvater wurde im Dritten Reich in einer Laubhüttenkolonie von drei Damen versteckt und konnte überleben. Dadurch, dass er in dieser schrecklichen Zeit auch etwas Gutes erlebt hat, wenn man das sagen darf, hatte er nie einen Hass auf Deutschland. Er wollte in diesem Land bleiben, weil er daran glaubte, dass es hier auch gute Menschen gibt. Wahrscheinlich wurde mir von Anfang an von meinem Vater und meiner Oma beigebracht, keinen Hass auf dieses Land zu haben, sondern diese positive Einstellung beizubehalten. Debby Rosenthal, geboren 1993, ist in Berlin aufgewachsen, sie hat dort lange für den Steglitzer TK Hockey gespielt. Inzwischen studiert sie in Köln Medien- und Kulturwissenschaften. Ihr aktueller Klub ist der BTHV Bonn, der Bonner Tennis- und Hockey-Verein. Mit Mühe haben sie für die Europäischen Makkabi-Spiele ein komplettes jüdisches Hockeyteam aus Deutschland zusammenbekommen. Das Leistungsgefälle innerhalb der Gruppe ist groß. Ihr Rückhalt ist die ehemalige Nationalspielerin Rebecca Landshut. Auch in anderen der 19 Sportarten, die in Berlin vertreten sind, war es nicht immer leicht, jüdische Mitglieder zu finden, erzählt Debby Rosenthal: QuellentextWarum schließt Ihr euch aus? Freunde haben mich öfter gefragt: Ach, das ist ja ganz spannend, aber warum schließt Ihr euch als Juden selber aus? So verwerflich finde ich diese Nachfrage gar nicht. Ich weiß, dass es keine christlichen oder muslimischen Kontinentalspiele gibt – warum brauchen wir also jüdische Spiele? Aber wir haben eine Geschichte, die Christen nicht haben. Und es ist nach dem Holocaust noch nicht wieder alles in Ordnung. Es ist schön, dass wir ein Sportfest haben, dass den Zusammenhalt unserer Religion stärkt. Quelle: Debby Rosenthal Die Geschichte des organisierten jüdischen Sports reicht 120 Jahre zurück: Ende des 19. Jahrhunderts sahen die Väter des Zionismus in der jüdischen Tradition, die auf geistige Bildung ausgerichtet war, ein Problem. Auf dem zweiten Zionistenkongress in Basel prägte Max Nordau den Begriff des „Muskeljuden“. Für den Aufbau einer sicheren Heimstätte in Palästina forderte der Arzt in seinen Reden körperliches Training, „um dem schlaffen jüdischen Leib die verlorene Spannkraft wiederzugeben“. Nordau und seine Mitstreiter verlangten Stärke, Widerstandsfähigkeit und Selbstbeherrschung. Achtundvierzig junge Berliner folgen dem Appell: Unter dem Philosophiestudenten Wilhelm Lewy gründeten sie am 22. Oktober 1898 den ersten deutsch-jüdischen Turnverein, benannt nach Bar Kochba, dem legendären Anführer des jüdischen Aufstands gegen die römischen Eroberer. In Israel ist mir aufgefallen, dass mir die jüdische Kultur ein wenig gefehlt hat, weil ich sie zu Hause wenig praktiziere. Die Makkabiade ist das größte Gemeinschafts-Ereignis, wo das jüdische Leben zu spüren ist. In Israel muss man sich gar keine Gedanken machen, wenn man seinen Davidstern zeigt. Ähnlich habe ich es noch in New York erlebt. Da hatte ich das Gefühl, dass jeder zweite mich auf meine Kette angesprochen hat. Und sich gefreut hat, dass ich jüdisch bin. In Deutschland habe ich zwar keine Angst, den Davidstern zu zeigen, trotzdem denke ich manchmal: Halt dich lieber etwas zurück, ich möchte niemanden damit provozieren. Doch bei den Makkabi-Spielen ist das völlig anders. Quelle: Debby Rosenthal, Spielerin im jüdischen Hockeyteam aus Deutschland Debby Rosenthal (@ Wilfried Chruscz) Freunde haben mich öfter gefragt: Ach, das ist ja ganz spannend, aber warum schließt Ihr euch als Juden selber aus? So verwerflich finde ich diese Nachfrage gar nicht. Ich weiß, dass es keine christlichen oder muslimischen Kontinentalspiele gibt – warum brauchen wir also jüdische Spiele? Aber wir haben eine Geschichte, die Christen nicht haben. Und es ist nach dem Holocaust noch nicht wieder alles in Ordnung. Es ist schön, dass wir ein Sportfest haben, dass den Zusammenhalt unserer Religion stärkt. Quelle: Debby Rosenthal 1903 schließen sich elf jüdische Vereine mit insgesamt 2000 Mitgliedern zu einem Dachverband zusammen, ihr Sitz: Berlin. Es gab zu diesem Zeitpunkt bereits jüdische Klubs in Konstantinopel und Philippopel, die sich als Folge von wachsendem Antisemitismus gegründet hatten. Doch zum Fundament der Sportbewegung wurde Berlin, wo auch die „Jüdische Turnzeitung“ mit der Veröffentlichung Mut machender Artikel und Fotos zur wichtigen Inspirationsquelle für neue Vereine wurde. Wenige Jahre später bauten Einwanderer-Familien in Palästina die erste jüdische Stadt auf: Tel Aviv. Einige von ihnen trafen sich zum Sport und gründeten ebenfalls neue Vereine. Auf dem 21. Zionistenkongress im tschechischen Karlsbad (September 1921) hoben Vertreter aus neun Ländern den Makkabi-Weltverband aus der Taufe. In der Namensgebung griffen die Gründer abermals eine 2000 Jahre alte Geschichte auf. „Die historische Symbolik spielt eine wichtige Rolle“, sagt der Historiker Moshe Zimmermann von der Hebräischen Universität Jerusalem, der sich seit Jahrzehnten auch mit den politischen Hintergründen des Sports beschäftigt. „Wo waren die Juden heldenhaft, muskulös und stark? In der Zeit der Makkabäer.“ Im zweiten Jahrhundert vor Christus hatte der Freiheitskämpfer Judas Makkabäus sein Volk in eine Schlacht gegen die Seleukiden geführt. Diese hatten von den Juden verlangt, ihrer Religion abzuschwören. Judas Makkabäus gewann die Schlacht. „So bleibt er als heldenhafter Feldherr in kollektiver Erinnerung“, sagt Zimmermann. „Diese Symbolik wurde kultiviert und wird auch in der Gegenwart deutlich betont.“ Im Rahmen des Makkabi-Weltkongresses fand in der Nähe von Prag 1929 ein großes Sportfest statt: Die ersten Europäischen Makkabi-Spiele. Die Teilnehmer diskutierten die Idee eines jüdisches Olympias: Die erste Makkabiade fand dann 1932 in Palästina statt, 1800 Jahre nach dem Aufstand von Bar Kochba. 390 Sportler aus 19 Ländern und Regionen nahmen teil, ebenso 20000 Zuschauer. In Berlin war der Ur-Verein Bar Kochba inzwischen stark gewachsen, von 48 Gründungsmitgliedern auf 2000 Mitglieder. Doch in der Weimarer Republik interessierten sich bei weitem nicht alle Juden auch für jüdische Sportklubs. Im Gegenteil: Viele jüdische Sportler blickten skeptisch auf die zionistischen Leibesübungen. Sie waren integrierte Bürger, die Religion stand für sie nicht im Vordergrund. Das änderte sich 1933: Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten schlossen bürgerliche Sportvereine ihre jüdischen Mitglieder aus. Viele suchten Zuflucht bei Makkabi, wo sie sich unter Gleichgesinnten wohler fühlten. Die Zahl der jüdischen Vereine im Deutschen Reich vervielfachte sich: 1938 waren in 350 jüdischen Sportgruppen etwa 50000 Mitglieder aktiv. Nach der Pogromnacht 1938 wurden auch sie verboten. Nach dem Krieg gründeten wenige jüdische Überlebende in Deutschland neue Sportvereine, aber diese hatten nicht lange Bestand. Die meisten wanderten nach Israel aus. Erst die sechziger Jahre veränderten das gesellschaftliche Klima: Der Eichmann-Prozess in Jerusalem 1961 und die Auschwitz-Prozesse in Frankfurt ab 1963 führten zu einer Debatte über deutsche Verbrechen. 1965 nahmen Israel und Deutschland diplomatische Beziehungen auf. Zunehmend ließen sich Juden wieder in Deutschland nieder, einer von ihnen: Gideon Osterer, aufgewachsen in Rumänien. Für ein Wirtschaftsstudium zog Osterer 1965 aus Israel nach Köln. Osterer resümmiert im Interview: QuellentextSport war kein Hauptthema Unsere kleine Gemeinschaft bestand aus älteren Leuten, die die Schoah überlebt hatten. Mit der Zeit aber haben wir Jüngeren den Entschluss gefasst, Sport zu treiben und einen jüdischen Verein zu gründen. Wir haben uns bei Makkabi am Anfang ein oder zwei Mal in der Woche getroffen. An einem organisierten Spielbetrieb haben wir nicht teilgenommen, so weit waren wir noch nicht. Weil es immer wieder unsicher war: haben wir überhaupt genug Sportler? Gerade in dieser Zeit ging es für die meisten darum, ein geregeltes Leben aufzubauen: Sport war kein Hauptthema. Quelle: Gideon Osterer, Sportler bei Makkabi, zog aus Israel nach Köln Sportler wie Gideon Osterer leisteten Mitte und Ende der sechziger Jahre wichtige Aufbauarbeit: Makkabi erwuchs in Deutschland zu neuem Leben, vor allem in Frankfurt, München, Berlin und Köln. 1969 durfte ein deutsches Team erstmals wieder an der Makkabiade teilnehmen, die alle vier Jahre in Israel stattfindet. Vorher waren sie aus dem Land, in dem der Holocaust geplant wurde, nicht willkommen. Die deutsche Delegation lief bei den Eröffnungsfeiern nicht in den Farben Schwarz-Rot-Gold auf, das war untersagt, sondern in Blau und Weiß. Auch die deutsche Hymne wurde nicht gespielt. Gideon Osterer hat mehrfach an den Makkabi-Spielen teilgenommen, als Basketballspieler, Trainer, Betreuer und Funktionär. Welche Erfahrungen hat er damals in Israel gemacht? „Es war immer ein bisschen schwierig. Persönlich haben wir uns wunderbar verstanden. Aber in dem Moment, wo es hieß: ,Ihr seid die deutsche Mannschaft’, dann war es was ganz anderes. Und dieses Gefühl haben uns nicht nur andere europäische Teams gegeben, sondern auch die großen Delegationen aus den USA, Kanada, Australien. Das hat sich mit der Zeit sehr, sehr gebessert.“ Unsere kleine Gemeinschaft bestand aus älteren Leuten, die die Schoah überlebt hatten. Mit der Zeit aber haben wir Jüngeren den Entschluss gefasst, Sport zu treiben und einen jüdischen Verein zu gründen. Wir haben uns bei Makkabi am Anfang ein oder zwei Mal in der Woche getroffen. An einem organisierten Spielbetrieb haben wir nicht teilgenommen, so weit waren wir noch nicht. Weil es immer wieder unsicher war: haben wir überhaupt genug Sportler? Gerade in dieser Zeit ging es für die meisten darum, ein geregeltes Leben aufzubauen: Sport war kein Hauptthema. Quelle: Gideon Osterer, Sportler bei Makkabi, zog aus Israel nach Köln Rasant gewachsen ist die Makkabi-Bewegung in den neunziger Jahren. Aus der ehemaligen Sowjetunion wanderten tausende Juden nach Deutschland ein und Makkabi half ihnen bei der Integration: Sportler begegneten sich, auch ohne Deutsch-Kenntnisse, in Übungseinheiten. Sie organisierten Feste und unterstützten sich gegenseitig, zum Beispiel bei Behördengängen. Heute sind laut Makkabi Deutschland in 37 Ortsvereinen mehr als 4000 Mitglieder aktiv. Sie pflegen die jüdische Kultur, aber religiöse Rituale stehen laut Gideon Osterer nicht im Vordergrund. Auch am Schabbat, dem jüdischen Ruhetag, lassen viele Makkabi-Klubs den Betrieb nicht ruhen. Makkabi ist offen für Christen, Muslime, Atheisten. Sie alle werden immer wieder mit Antisemitismus konfrontiert, berichtet Osterer. Mit körperlichen Angriffen auf dem Spielfeld, mit Schmierereien an ihren Vereinsheimen, mit Drohungen im Internet. Und mit Vorurteilen. Gemeinsam mit dem Zentralrat der Juden beteiligt sich Makkabi immer wieder an Präventionskampagnen gegen Judenhass, auf lokaler und bundesweiter Ebene. Was erwartet der 72-jährige Gideon Osterer von den Europäischen Makkabi-Spielen? QuellentextWir fühlen uns Deutsch Ich war nicht dafür, dass sie in Deutschland stattfindet. Ich denke an meine älteren Makkabi-Kollegen aus anderen Ländern. Viele von ihnen können noch nicht verstehen, dass Juden in Deutschland überhaupt leben, geschweige denn so eine fröhliche Veranstaltung durchführen. Einige von ihnen werden deutschen Boden nicht betreten. Was mich letztendlich überzeugt hat, doch an die Spiele in Berlin zu glauben, ist die jüngere Generation. Ihr Motto ist: Wir glauben, dass Deutschland so weit ist. Wir fühlen uns sehr stark Deutsch. Quelle: Gideon Osterer Die junge Generation trifft sich im Juni 2015 in Berlin zu einer Pressekonferenz. Der Historische Saal der Jüdischen Gemeinde an der Oranienburger Straße ist gut gefüllt. Der Fußballkommentator Marcel Reif moderiert die Veranstaltung, er ist offizieller Botschafter der Spiele. Auch die ehemalige Leistungsschwimmerin Sarah Poewe ist gekommen. Bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen war sie die erste jüdische Sportlerin, die nach 1936 eine Medaille für Deutschland gewann. Nun übernimmt sie die Patenschaft für die Schwimm-Wettbewerbe. Beim Basketball steht der ehemalige deutsche Nationalspieler Pascal Roller Pate, beim Fußball der aktuelle deutsche Nationalspieler Jérôme Boateng. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ist Patin für das Dressurreiten. In der ersten Reihe des Historischen Saales hat Oren Osterer Platz genommen. Der Sohn von Gideon Osterer ist 34 Jahre alt und leitet 2015 das Organisationsteam der Makkabi-Spiele. Osterer hatte es in der Vorbereitungszeit nicht leicht: Er und sein Team haben alle großen DAX-Unternehmen angeschrieben – bis auf Sachleistungen wollte kein Konzern als Sponsor für die Spiele einsteigen. Der promovierte Historiker erinnert an die letzten Europäischen Makkabi-Spiele 2011 in Wien: QuellentextDie eigene Identität darstellen Die Reaktionen auf die Eröffnungsfeier und gerade auf den Inhalt waren geteilt an einer Generationenlinie. Die ältere Generation fand das sehr gut: das erste Mal European Maccabi Games auf dem Boden des ehemaligen Dritten Reiches. Und die jüngere Generation fand das gar nicht so gut. Weil man sicher nicht nach Wien gekommen ist, und auch viele werden nicht nach Berlin kommen, um – ich sage es jetzt mal provokativ –, Holocaust-Gedenkspiele abzuhalten. Es geht darum, als junge Generation, die in Deutschland geboren ist, die eigene Existenz und die eigene Identität als deutsche Juden wieder darstellen zu können. Quelle: Oren Osterer, leitet das Organisationsteam der Makkabi-Spiele 2015 Wer dem Kern der jüdischen Sportbewegung näher kommen möchte, sollte nach Israel reisen: Das Hauptquartier der Makkabi-Bewegung liegt in Ramat Gan, einem Bürokomplex in der Nähe von Tel Aviv. Im angrenzenden Sportmuseum sind Pokale ausgestellt, Urkunden, vergilbte Fotos. Auf einem Plakat reichen sich Motorradfahrer die Hände. Sie waren Anfang der dreißiger Jahre durch Europa gefahren und luden jüdische Sportler zur ersten Makkabiade ein. Die Organisatoren wollten ihren Anspruch auf Palästina zum Ausdruck bringen. Bei den zweiten Weltspielen 1935 waren auch 134 deutsche Athleten aktiv, gegen den Willen der Nazis. Viele kehrten nicht zurück – und überlebten den Holocaust. Ich war nicht dafür, dass sie in Deutschland stattfindet. Ich denke an meine älteren Makkabi-Kollegen aus anderen Ländern. Viele von ihnen können noch nicht verstehen, dass Juden in Deutschland überhaupt leben, geschweige denn so eine fröhliche Veranstaltung durchführen. Einige von ihnen werden deutschen Boden nicht betreten. Was mich letztendlich überzeugt hat, doch an die Spiele in Berlin zu glauben, ist die jüngere Generation. Ihr Motto ist: Wir glauben, dass Deutschland so weit ist. Wir fühlen uns sehr stark Deutsch. Quelle: Gideon Osterer Die Reaktionen auf die Eröffnungsfeier und gerade auf den Inhalt waren geteilt an einer Generationenlinie. Die ältere Generation fand das sehr gut: das erste Mal European Maccabi Games auf dem Boden des ehemaligen Dritten Reiches. Und die jüngere Generation fand das gar nicht so gut. Weil man sicher nicht nach Wien gekommen ist, und auch viele werden nicht nach Berlin kommen, um – ich sage es jetzt mal provokativ –, Holocaust-Gedenkspiele abzuhalten. Es geht darum, als junge Generation, die in Deutschland geboren ist, die eigene Existenz und die eigene Identität als deutsche Juden wieder darstellen zu können. Quelle: Oren Osterer, leitet das Organisationsteam der Makkabi-Spiele 2015 In Ramat Gan ist der Unternehmer Amir Peled gut mit der Geschichte vertraut, er hat viele Aufgaben für Makkabi übernommen. Bei den letzten Weltspielen 2013 leitete er die Organisation. Er sagt im Interview: „Was mich bei Makkabi motiviert, ist der Glaube an Israel als das Zentrum des jüdischen Lebens. Eine Möglichkeit, um diese jüdische Identität weltweit zu pflegen, ist eine Art jüdisches Olympia. Die meisten Sportler, die an der Makkabiade teilnehmen, reisen zum ersten Mal nach Israel. 2013 haben immerhin zwanzig Delegationen ihre Premiere bei den Spielen gefeiert, zum Beispiel Kuba, Montenegro oder Slowenien. Wir haben dafür ein Programm aufgelegt, wir nennen es ,Die Suche nach den verlorenen Gemeinschaften’. Ich weiß, dass die jungen Sportler diese zwei Wochen in ihrem Leben nie vergessen werden.“ Für den Makkabi-Weltverband sind die Spiele noch immer ein zionistisches Ereignis, um die Verbindung von Juden aus der Diaspora mit Israel zu stärken. Heute sind laut dem Weltverband in 450 Vereinen weltweit mehr als 400.000 Mitglieder sportlich aktiv. Zu ihren sechzig Heimatländern auf fünf Kontinenten gehören Simbabwe, Taiwan oder die Marshallinseln. Bei den Weltspielen ist es Tradition, dass der israelische Premierminister oder der Staatspräsident während der Eröffnungsfeier zur jüdischen Einwanderung nach Israel aufruft. Amir Peled berichtet: QuellentextBeziehung zu Israel stärken Wir lassen tausende Touren in den Alltag der Sportler einfließen. Dazu gehören Besichtungen von Sehenswürdigkeiten oder Gedenkstätten. Unsere Gäste sollen die Kultur Israels kennenlernen, die Schönheit dieses Landes. Die Erfahrung früherer Spiele hat gezeigt, dass etwa fünf Prozent der Athleten später nach Israel einwandern. Sie nehmen zum Beispiel ein Studium auf. Es wäre schön, wenn es mehr wären. Aber wenn nicht, ist das auch nicht schlimm. Die Makkabiade ist keine Operation, um junge Juden nach Israel zu locken. Der Hauptgrund ist, ihre Beziehung zu Israel zu stärken. Und ihre Beziehungen zu jüdischen Menschen auf der ganzen Welt. Quelle: Amir Pered Die Nationalverbände von Makkabi haben ein unterschiedliches Selbstverständnis. Der US-amerikanische Verband appelliert auf seiner Internetseite an seine Mitglieder, sich als „starke und stolze Juden“ zu zeigen. Man solle „die Herzen der jüngeren Generation für das Wunder Israel öffnen“. Der deutsche Verband formuliert es anders. Die Organisatoren der Europäischen Spiele würden die Wettbewerbe gern auch für Sportler nichtjüdischen Glaubens öffnen, um noch stärker auf die deutsche Gesellschaft ausstrahlen zu können, doch das untersagt der Europäische Makkabi-Verband. Stattdessen wird es in Berlin viele Möglichkeiten der Begegnung geben: Die Makkabi-Fußballer spielen in einem Freundschaftsspiel gegen eine Auswahl ehemaliger Nationalspieler, die Basketballer treffen auf Alba Berlin. Von den 15 Mitarbeitern im Organisationsteam sind drei jüdischen Glaubens. Wir lassen tausende Touren in den Alltag der Sportler einfließen. Dazu gehören Besichtungen von Sehenswürdigkeiten oder Gedenkstätten. Unsere Gäste sollen die Kultur Israels kennenlernen, die Schönheit dieses Landes. Die Erfahrung früherer Spiele hat gezeigt, dass etwa fünf Prozent der Athleten später nach Israel einwandern. Sie nehmen zum Beispiel ein Studium auf. Es wäre schön, wenn es mehr wären. Aber wenn nicht, ist das auch nicht schlimm. Die Makkabiade ist keine Operation, um junge Juden nach Israel zu locken. Der Hauptgrund ist, ihre Beziehung zu Israel zu stärken. Und ihre Beziehungen zu jüdischen Menschen auf der ganzen Welt. Quelle: Amir Pered „Wir wollen uns öffnen“, diesen Satz hört man von jüdischen Gemeindemitgliedern und Sportlern immer wieder. Auch in der Neuen Synagoge im Zentrum von Gelsenkirchen, einem beeindruckenden Bau mit klaren Formen. Die Fensterfront ist breit, der Innenhof hell. Im Betraum gibt Judith Neuwald-Tasbach Führungen, sie ist die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde. An diesem Nachmittag haben zwanzig Mitarbeiter des FC Schalke 04 Platz genommen. In der Nacht, als das deutsche Fußball-Nationalteam 2014 Weltmeister wurde, warfen Vermummte die Scheiben der Synagoge mit einem Gullideckel ein. Zudem gab es Drohungen im Internet. Peter Peters, Geschäftsführer des FC Schalke, sicherte Unterstützung zu. Der Klub übernahm die Kosten der neuen Fenster. Auch in der Gedenkkultur und Prävention gegen Antisemitismus verbinden der Bundesligist und die Jüdische Gemeinde eine intensive Zusammenarbeit. Regelmäßig kommen Schulklassen oder Jugendgruppen in die Synagoge. Judith Neuwald-Tasbach spricht dann auch über Fußball, sie war schon als Kind ins Stadion von Schalke gegangen: „Ich versuche im Gespräch mit jungen Leuten immer wieder Verbindungen zur Gegenwart herzustellen: Julian Draxler ist heute ein toller, junger Spieler bei Schalke. Im Dritten Reich gab es auch tolle, junge Spieler, zum Beispiel Arthur Herz. Eines Tages durfte er nicht mehr mitspielen. Man sollte sich heute mal vorstellen, was passiert, wenn man Julian Draxler aus der Mannschaft entfernt, nur weil er dunkle Haare hat.“ Gelsenkirchen hat etwa 260.000 Einwohner. Die Jüdische Gemeinde ist klein, sie zählt 400 Mitglieder, neunzig Prozent von ihnen stammen aus Osteuropa. Ihr Durchschnittsalter liegt bei 56 Jahren, berichtet Judith Neuwald-Tasbach. Sie hat viele Partner aus Politik und Kultur gewonnen. Die Gemeinde organisiert Ausstellungen, Tanzveranstaltungen, Hebräisch-Kurse, in ihrem Umfeld haben sich Theater- und Musik-Gruppen organisiert. Mehr als 50000 Menschen besuchten die Neue Synagoge seit ihrer Eröffnung 2007. Gemeinsam mit dem FC Schalke hat Judith Neuwald-Tasbach mehrere Veranstaltungen organisiert, sagt sie, der Sport sei dabei wichtig, um junge Menschen zu erreichen: QuellentextVorurteile und Vorbehalte abbauen Sport kann wesentlich dazu beitragen, um Vorurteile und Vorbehalte abzubauen, die aus Unkenntnis entstanden sind. Es war für uns eine große Umstellung, so viele Besucher zu haben und so viele Aktivitäten zu planen. Lange war unsere Gemeinde ganz ruhig, wie viele andere Gemeinden in Deutschland. Wir wurden kaum beachtet von der Öffentlichkeit. Aber wir möchten dazu beitragen, dass es in dieser Stadt ein gutes Zusammenleben gibt. Quelle: Judith Neuwald-Tasbach, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen Die jüdische Gemeinschaft in Deutschland gilt als die am schnellsten wachsende weltweit, auch wenn die Zuwanderung stark zurückgegangen ist. Etwa 200000 Juden leben in Deutschland. Die Hälfte ist laut dem Zentralrat der Juden in 108 jüdischen Gemeinden organisiert. Bundesjustizminister Heiko Maas kommentierte das in der Bundespressekonferenz Mitte Juli so: „Die Zuwachsraten in den letzten Jahren sind kontinuierlich. Dass in Deutschland jüdischen Leben wächst, empfinden wir als eine Art unverdientes Geschenk. Und dass die Makkabi-Games hier eine neue Facette aufmachen, ist außerordentlich positiv.“ Die großen Gemeinden in Berlin, Frankfurt oder München arbeiten schon lange intensiv mit den Sportvereinen und -Verbänden zusammen. Bei den kleineren Gemeinden ist das noch nicht so, es fehlen finanzielle Mittel, Räume und Netzwerke. Gelsenkirchen bildet da eine Ausnahme. Judith Neuwald-Tasbach hofft, dass die Europäischen Makkabi-Spiele daran etwas ändern werden: „Ich bin die Tochter von Holocaust-Überlebenden. Diese Spiele auf dem Olympia-Gelände sind ein später Triumph über Hitler. Hier in Deutschland sind wir eine Minderheit. Aber wenn so viele jüdische Menschen zusammen kommen, ist das ein sehr schönes Gefühl.“ Die Organisatoren betonen: Die Europäischen Makkabi-Spiele haben für den deutschen Sport eine historische Bedeutung. Jüdische Sportler aus ganz Europa möchten sich in Wettbewerben messen, sie wünschen sich Normalität. Dass nun ausgerechnet der Berliner Olympiapark Schauplatz dieser Normalität ist, gilt Mitstreitern der Spiele als wichtigstes Zeichen, nach innen und außen. Die Hockeyspielerin Debora Rosenthal aus Berlin fasst es so zusammen: „Durch Sport können wir zeigen, wie selbstverständlich jüdisches Leben in Deutschland 2015 ist. Dass auf dem Berliner Olympia-Gelände ein fröhliches Sportfest für Juden aus ganz Europa stattfindet, ist ein schönes Zeichen: Niemand muss hier mehr Angst haben.“ Klaus Böger, der Präsident des Landessportbundes Berlin, geht in der Bundespressekonferenz Mitte Juli einen Schritt weiter: „Aus sportlicher Sicht mag das Champions-League-Finale dieses Jahr für Berlin wichtiger gewesen sein, aber gesellschaftspolitisch sind die Makkabi-Spiele noch wichtiger.“ Literatur Bahro, Berno; Braun, Jutta; Teichler, Hans Joachim (Hrsg.) (2009): Vergessene Rekorde: jüdische Leichtathletinnen vor und nach 1933, Berlin. Blecking, Diethelm; Peiffer, Lorenz (Hrsg.) (2012): Sport im „Jahrhundert der Lager“. Profiteure, Widerständler und Opfer, Göttingen. Brenner, Michael; Reuveni, Gideon (Hrsg.) (2006): Emanzipation durch Muskelkraft. Juden und Sport in Europa, Göttingen. Friedler, Eric (1998): Makkabi chai. Makkabi lebt. Die jüdische Sportbewegung in Deutschland 1898 – 1998, Wien. Niewerth, Toni; Jurek, Tomasz; Mattausch, Wolf-Dieter (Red.) (2010): Jüdischer Sport und Jüdische Gesellschaft. Jewish Sport and Jewish Community, Berlin. Peiffer, Lorenz; Schulze-Marmeling, Dietrich (Hrsg.) (2008): Hakenkreuz und rundes Leder. Fußball im Nationalsozialismus, Göttingen. Peiffer, Lorenz; Zimmermann, Moshe (Hrsg.) (2013): Sport als Element des Kulturtransfers. Jüdische Sportler zwischen NS-Deutschland und Palästina, Göttingen. Schulze-Marmeling, Dietrich (Hrsg.) (2003): Davidstern und Lederball. Die Geschichte der Juden im deutschen und internationalen Fußball, Göttingen. Streppelhoff, Robin (2015): Makkabi Chai. Der jüdische Sport in Deutschland nach 1945, in: DOSB-Presse am 26. Mai 2015, Frankfurt. Wahlig, Henry (2015): Sport im Abseits. Die Geschichte der jüdischen Sportbewegung im nationalsozialistischen Deutschland, 2015. Makkabi-Archiv und Sportmuseum in Ramat Gan (The Joseph Yekutieli Maccabi Sport Archive) Internet Externer Link: Makkabi Deutschland Externer Link: Maccabi World Union Externer Link: Zentralrat der Juden Externer Link: Zentrum Deutsche Sportgeschichte Sport kann wesentlich dazu beitragen, um Vorurteile und Vorbehalte abzubauen, die aus Unkenntnis entstanden sind. Es war für uns eine große Umstellung, so viele Besucher zu haben und so viele Aktivitäten zu planen. Lange war unsere Gemeinde ganz ruhig, wie viele andere Gemeinden in Deutschland. Wir wurden kaum beachtet von der Öffentlichkeit. Aber wir möchten dazu beitragen, dass es in dieser Stadt ein gutes Zusammenleben gibt. Quelle: Judith Neuwald-Tasbach, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen Dieses Zitat und alle folgenden Zitate stammen aus persönlich geführten Interviews mit dem Autor, die zwischen Januar und Juni 2015 stattgefunden haben. vgl. hierzu Eric Friedler, 1998 vgl. hierzu Michael Brenner und Gideon Reuveni, 2006 vgl. hierzu Toni Niewerth, Tomasz Jurek und Tomasz; Mattausch, 2010 vgl. hierzu Henry Wahlig, 2015 6. vgl. hierzu Diethelm Blecking und Lorenz Peiffer, 2012 vgl. hierzu Robin Streppelhoff, 2015 vgl. hierzu Makkabi Deutschland vgl. hierzu Henry Wahlig, 2015 vgl. hierzu Zentralrat der Juden
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-01-19T00:00:00"
"2015-07-07T00:00:00"
"2022-01-19T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/sport/bundesliga/209273/das-juedische-olympia/
Die Makkabiade ist Sportfest und politisches Forum. 1800 Jahre nach dem Aufstand des Freiheitskämpfers Makkabäus gegen die Römer fanden die ersten Spiele statt. Die Gründer brachten ihren Anspruch auf Palästina zum Ausdruck. Bis heute stellen die Spi
[ "Makkabi-Spiele", "Makkabiade", "Jüdisches Olympia", "Sportgeschichte", "Israel", "Deutschland" ]
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Bundeswahlausschuss zur Bundestagswahl 2017 | Hintergrund aktuell | bpb.de
Aktualisierung vom 08.08.201742 Parteien treten zur Bundestagswahl 2017 an Von den 48 zur Bundestagswahl zugelassenen Parteien treten 42 zur Wahl an. Das hat der Bundeswahlleiter Externer Link: am 8. August bekannt gegeben. 34 Parteien treten mit Landeslisten an, acht Parteien nur mit Wahlkreiskandidatinnen und -kandidaten. Sechs Parteien hatten weder Landeslisten noch Wahlkreisvorschläge erfolgreich aufgestellt. Neun Parteien treten in allen Bundesländern mit Landeslisten an: SPD, DIE LINKE, GRÜNE, FDP, AfD, FREIE WÄHLER, Die PARTEI, MLPD und BGE. Die CDU tritt in allen Ländern bis auf Bayern an; dort steht die CSU als Schwesterpartei der CDU mit ihrer einzigen Landesliste zur Wahl. Was ist der Bundeswahlausschuss? Der Bundeswahlausschuss entscheidet darüber, welche Parteien in Deutschland zu Wahlen zugelassen werden. Er besteht aus dem Bundeswahlleiter als Vorsitzenden, acht Beisitzern und zwei Richtern des Bundesverfassungsgerichts. Der Externer Link: Bundeswahlleiter bereitet u.a. die Wahlen zum Deutschen Bundestag vor. Er sorgt außerdem dafür, dass sie rechtmäßig durchgeführt werden und gibt das amtliche Wahlergebnis bekannt. Bei seiner Arbeit unterstützen ihn die Landeswahlleiter und auch die Leiter der Wahlkreise und Wahlbezirke. Im Oktober 2015 ist Dieter Sarreither, der Präsident des Statistischen Bundesamts, vom Innenminister zum Bundeswahlleiter auf unbestimmte Zeit ernannt worden. Worüber hat der Bundeswahlausschuss am 6. und 7. Juli entschieden? Externer Link: 63 Parteien und politische Vereinigungen haben angezeigt, dass sie an der Bundestagswahl 2017 teilnehmen wollen. Der Bundeswahlausschuss hat nun in öffentlicher Sitzung geprüft, ob es sich bei den politischen Vereinigungen, die zur Wahl antreten wollen, um Parteien im Sinne des Parteiengesetzes handelt. Denn damit eine Vereinigung von Menschen eine Partei darstellt, muss sie gewisse Voraussetzungen erfüllen. Parteien, die bereits im Bundestag oder einem Landtag seit deren letzter Wahl aufgrund eigener Wahlvorschläge ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten sind, müssen dies nicht tun. Auch welche diese Parteien sind, hat der Bundeswahlausschuss festgestellt. Insgesamt Externer Link: hat der Bundeswahlausschuss 48 Parteien zur Bundestagswahl 2017 zugelassen. Acht Parteien waren ununterbrochen im Deutschen Bundestag oder einem Landtag seit deren letzter Wahl auf Grund eigener Wahlvorschläge mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten. Sie müssen keine weiteren Unterstützungsunterschriften bei der Einreichung von Wahlvorschlägen für die Bundestagswahl 2017 vorbringen. Alle anderen 40 zugelassenen Parteien müssen dies tun. 15 politischen Vereinigungen wurden vom Bundeswahlausschuss nicht als Parteien anerkannt. Sie haben die Möglichkeit, binnen vier Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einzulegen. Wann wird eine Vereinigung als Partei anerkannt? Die bloße Gründung einer Partei bedeutet noch nicht, dass sie als Partei anerkannt ist und zu Wahlen antreten darf. Anerkannt wird eine Partei erst im Rahmen ihrer Zulassung zu einer Wahl und auch nur für die jeweilige Wahl. Solange Parteien noch nicht im Bundestag oder einem Landtag seit deren letzter Wahl aufgrund eigener Wahlvorschläge ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten sind, müssen sie dem Bundes- bzw. dem zuständigen Landeswahlausschuss ihre Wahlbeteiligung schriftlich anzeigen. Anhand der Unterlagen prüft der jeweilige Ausschuss daraufhin die Parteieneigenschaft. Für diese müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Die Mitglieder einer Partei müssen mehrheitlich Deutsche sein und ihr Sitz muss sich in Deutschland befinden, der Vorstand muss aus mindestens drei Personen bestehen, der Name muss sich von anderen Parteien unterscheiden, ihre Satzung muss bestimmten Mindestanforderungen insbesondere hinsichtlich der innerparteilichen Demokratie entsprechen und das Programm muss politische Ziele erkennen lassen (welche dies sind, ist unerheblich). Zudem muss die Partei die organisatorischen, personellen und finanziellen Ressourcen besitzen, ihre Funktionen, insbesondere die Mitwirkung in einem Parlament, wahrzunehmen. Nimmt eine Partei sechs Jahre lang weder an einer Bundes- noch an einer Landtagswahl teil, verliert sie ihre Rechtsstellung als Partei. Mehr erfahren... Interner Link: ... zur Bundestagswahl 2017 Interner Link: ... zu den Voraussetzungen, Rechten und Pflichten der Parteien Interner Link: ... zur Rolle und den Funktionen der Parteien in Deutschland Interner Link: ... zu Begriffen und Typologien politischer Parteien in Deutschland Mitschnitt der öffentlichen Sitzung des Bundeswahlausschusses am 6. Juli 2017 Zugelassene Parteien zur Bundestagswahl 2017 Nach der Sitzung des Bundeswahlausschusses am 6. und 7. Juli 2017 Nr.Partei Fünf Parteien sind bereits im Bundestag vertreten: 1Christliche Demokratische Union Deutschlands (CDU) 2Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) 3DIE LINKE (DIE LINKE) 4BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (GRÜNE) 5Christlich-Soziale Union in Bayern e.V. (CSU) Drei weitere Parteien sind in mindestens einem Landtag vertreten und gelten als etabliert: 6Freie Demokratische Partei (FDP) 7Alternative für Deutschland (AfD) 8FREIE WÄHLER (FREIE WÄHLER) 40 politische Vereinigungen wurden vom Bundeswahlausschuss als Parteien anerkannt: 9Allianz für Menschenrechte, Tier- und Naturschutz (Tierschutzallianz) 10Die Violetten; für spirituelle Politik (DIE VIOLETTEN) 11Magdeburger Gartenpartei; ökologisch, sozial und ökonomisch (MG) 12Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 13Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) 14DIE RECHTE (DIE RECHTE) 15Die GERADE Partei (DGP) 16DEUTSCHE KONSERVATIVE (Deutsche Konservative) 17UNABHÄNGIGE für bürgernahe Demokratie (UNABHÄNGIGE) 18Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) 19PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ (Tierschutzpartei) 20Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (Die PARTEI) 21bergpartei, die überpartei; ökoanarchistisch-realdadaistisches sammelbecken (B*) 22Bayernpartei (BP) 23Menschliche Welt; für das Wohl und Glücklich-Sein aller (MENSCHLICHE WELT) 24Transhumane Partei Deutschland (TPD) 25Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) 26Deutsche Mitte; Politik geht anders… (DM) 27Feministische Partei DIE FRAUEN (DIE FRAUEN) 28Familien-Partei Deutschlands (FAMILIE) 29DEMOKRATIE IN BEWEGUNG (DiB) 30Ab jetzt…Demokratie durch Volksabstimmung; Politik für die Menschen (Volksabstimmung) 31Partei der Humanisten (Die Humanisten) 32Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 33Bündnis C - Christen für Deutschland (Bündnis C) 34Bündnis Grundeinkommen; Die Grundeinkommenspartei (BGE) 35V-Partei³ - Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer (V-Partei3) 36Partei für Gesundheitsforschung (Gesundheitsforschung) 37Jugend- und Entwicklungspartei Deutschlands (JED) 38Die Urbane. Eine HipHop Partei (du.) 39Neue Liberale – Die Sozialliberalen (keine Kurzbezeichnung) 40DIE EINHEIT (DIE EINHEIT) 41Allianz Deutscher Demokraten (keine Kurzbezeichnung) 42DIE REPUBLIKANER (REP) 43Piratenpartei Deutschland (PIRATEN) 44Die Grauen – Für alle Generationen (Die Grauen) 45Partei der Vernunft (PDV) 46Deutsche Zentrumspartei - Älteste Partei Deutschlands gegründet 1870 (ZENTRUM) 47Sozialistische Gleichheitspartei, Vierte Internationale (SGP) 48Mieterpartei (MIETERPARTEI) Externer Link: Der Bundeswahlleiter, Pressemitteilung vom 07.06.2017 Von den 48 zur Bundestagswahl zugelassenen Parteien treten 42 zur Wahl an. Das hat der Bundeswahlleiter Externer Link: am 8. August bekannt gegeben. 34 Parteien treten mit Landeslisten an, acht Parteien nur mit Wahlkreiskandidatinnen und -kandidaten. Sechs Parteien hatten weder Landeslisten noch Wahlkreisvorschläge erfolgreich aufgestellt. Neun Parteien treten in allen Bundesländern mit Landeslisten an: SPD, DIE LINKE, GRÜNE, FDP, AfD, FREIE WÄHLER, Die PARTEI, MLPD und BGE. Die CDU tritt in allen Ländern bis auf Bayern an; dort steht die CSU als Schwesterpartei der CDU mit ihrer einzigen Landesliste zur Wahl. Der Bundeswahlausschuss entscheidet darüber, welche Parteien in Deutschland zu Wahlen zugelassen werden. Er besteht aus dem Bundeswahlleiter als Vorsitzenden, acht Beisitzern und zwei Richtern des Bundesverfassungsgerichts. Der Externer Link: Bundeswahlleiter bereitet u.a. die Wahlen zum Deutschen Bundestag vor. Er sorgt außerdem dafür, dass sie rechtmäßig durchgeführt werden und gibt das amtliche Wahlergebnis bekannt. Bei seiner Arbeit unterstützen ihn die Landeswahlleiter und auch die Leiter der Wahlkreise und Wahlbezirke. Im Oktober 2015 ist Dieter Sarreither, der Präsident des Statistischen Bundesamts, vom Innenminister zum Bundeswahlleiter auf unbestimmte Zeit ernannt worden. Externer Link: 63 Parteien und politische Vereinigungen haben angezeigt, dass sie an der Bundestagswahl 2017 teilnehmen wollen. Der Bundeswahlausschuss hat nun in öffentlicher Sitzung geprüft, ob es sich bei den politischen Vereinigungen, die zur Wahl antreten wollen, um Parteien im Sinne des Parteiengesetzes handelt. Denn damit eine Vereinigung von Menschen eine Partei darstellt, muss sie gewisse Voraussetzungen erfüllen. Parteien, die bereits im Bundestag oder einem Landtag seit deren letzter Wahl aufgrund eigener Wahlvorschläge ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten sind, müssen dies nicht tun. Auch welche diese Parteien sind, hat der Bundeswahlausschuss festgestellt. Insgesamt Externer Link: hat der Bundeswahlausschuss 48 Parteien zur Bundestagswahl 2017 zugelassen. Acht Parteien waren ununterbrochen im Deutschen Bundestag oder einem Landtag seit deren letzter Wahl auf Grund eigener Wahlvorschläge mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten. Sie müssen keine weiteren Unterstützungsunterschriften bei der Einreichung von Wahlvorschlägen für die Bundestagswahl 2017 vorbringen. Alle anderen 40 zugelassenen Parteien müssen dies tun. 15 politischen Vereinigungen wurden vom Bundeswahlausschuss nicht als Parteien anerkannt. Sie haben die Möglichkeit, binnen vier Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einzulegen. Die bloße Gründung einer Partei bedeutet noch nicht, dass sie als Partei anerkannt ist und zu Wahlen antreten darf. Anerkannt wird eine Partei erst im Rahmen ihrer Zulassung zu einer Wahl und auch nur für die jeweilige Wahl. Solange Parteien noch nicht im Bundestag oder einem Landtag seit deren letzter Wahl aufgrund eigener Wahlvorschläge ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten sind, müssen sie dem Bundes- bzw. dem zuständigen Landeswahlausschuss ihre Wahlbeteiligung schriftlich anzeigen. Anhand der Unterlagen prüft der jeweilige Ausschuss daraufhin die Parteieneigenschaft. Für diese müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Die Mitglieder einer Partei müssen mehrheitlich Deutsche sein und ihr Sitz muss sich in Deutschland befinden, der Vorstand muss aus mindestens drei Personen bestehen, der Name muss sich von anderen Parteien unterscheiden, ihre Satzung muss bestimmten Mindestanforderungen insbesondere hinsichtlich der innerparteilichen Demokratie entsprechen und das Programm muss politische Ziele erkennen lassen (welche dies sind, ist unerheblich). Zudem muss die Partei die organisatorischen, personellen und finanziellen Ressourcen besitzen, ihre Funktionen, insbesondere die Mitwirkung in einem Parlament, wahrzunehmen. Nimmt eine Partei sechs Jahre lang weder an einer Bundes- noch an einer Landtagswahl teil, verliert sie ihre Rechtsstellung als Partei. Interner Link: ... zur Bundestagswahl 2017 Interner Link: ... zu den Voraussetzungen, Rechten und Pflichten der Parteien Interner Link: ... zur Rolle und den Funktionen der Parteien in Deutschland Interner Link: ... zu Begriffen und Typologien politischer Parteien in Deutschland
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-04-21T00:00:00"
"2017-07-05T00:00:00"
"2022-04-21T00:00:00"
https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/251900/bundeswahlausschuss-zur-bundestagswahl-2017/
48 Parteien dürfen zur Bundestagswahl 2017 antreten. Das hat der Bundeswahlausschuss am 6. und 7. Juli entschieden. Wir erklären, was der Bundeswahlausschuss ist und wann eine Partei zur Wahl zugelassen wird.
[ "Bundeswahlausschuss", "Bundeswahlleiter", "Bundestagswahl", "Bundestagswahl 2017", "Parteien", "Vereinigungen", "Parteieigenschaft", "Deutschland" ]
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Buntes Programm zum Tag der Offenen Tür | Presse | bpb.de
Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) in Bonn lädt ein zum Tag der Offenen Tür. Am 17. Oktober ab 13.30 Uhr öffnet sie ihre Pforten an ihrem neuen Standort in der Adenauerallee 86 und bietet Bonnern und Bonnerinnen einen Einblick in ihre Arbeit. Informationen und Hintergrundgespräche gibt es zu den zahlreichen Büchern und Zeitschriften, dem Jugend- und Kinderangebot sowie zu den Veranstaltungen und Studienreisen. Zu den Ausbildungsplätzen der bpb geben die Azubis und der Ausbildungsleiter Auskunft. Punkt 14.00 Uhr werden die Gäste begrüßt von Dr. Göttrik Wewer, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Bärbel Dieckmann, Oberbürgermeisterin der Bundesstadt Bonn und Thomas Krüger, Präsident der bpb. Ausgiebig gefeiert und gelacht werden kann mit "Pause & Alich" vom Pantheon Theater, die um 15 Uhr auf der Bühne stehen, und mit Isabel Trimborn, die ihr kabarettistisch-musikalisches Programm "Paradies und das ..." präsentiert. Jazzmusik gibt es von "Knaller & Die Herren", später legt ein DJ aktuelle Hits und Chill-Out bis in den späten Abend auf. Dass die Kleinen bei der bpb nicht zu kurz kommen, zeigt das Kinderprogramm: Nach dem Toben auf der Hüpfburg, dem Kinderschminken oder dem Besuch der Button-Bastel-Straße können die jungen Gäste der bpb Christoph von der Maus zusammen mit der Handpuppe Bärbel Breitfuß aus HanisauLand.de auf der Bühne erleben. Die Bundeszentrale für politische Bildung kann auf 50 Jahre erfolgreiche politische Bildungsarbeit zurückblicken - 50 Jahre, die auch durch die bewährte Zusammenarbeit mit der Bundesstadt Bonn geprägt sind. Das spannende Zusammenspiel von Kontinuität und Innovation bei den Inhalten, Themen und Formaten zeichnet ihre Arbeit aus - eine Mischung, die sich in ihrer Produktpalette und den Aktionen, Veranstaltungen sowie in Aktivitäten innerhalb der vielfältigen Förderlandschaft widerspiegelt. Mit dem Umzug in einen modernen und attraktiven Bürokomplex beendet die bpb auch räumlich ihre strategische Neupositionierung und -ausrichtung. Weitere Informationen zum Programm unter Tag der Offenen Tür. Zur Bundeszentrale für politische Bildung gelangen Sie mit den U-Bahnlinien 16, 63, 66, Haltestelle Bundesrechnungshof/Auswärtiges Amt. Sie sind herzlich eingeladen zum Presserundgang um 15.30 Uhr durch das neue Haus, geführt von Thomas Krüger, Präsident der bpb. Treffpunkt: Pressestand an der Pergola im Garten. Pressekontakt Bundeszentrale für politische Bildung Swantje Schütz Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Adenauerallee 86 53113 Bonn Tel +49 228 99515-284 Fax +49 228 99515-293 E-Mail Link: schuetz@bpb.de
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
"2011-12-23T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/die-bpb/presse/pressemitteilungen/50894/buntes-programm-zum-tag-der-offenen-tuer/
Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) in Bonn lädt ein zum Tag der Offenen Tür. Am 17. Oktober ab 13.30 Uhr öffnet sie ihre Pforten an ihrem neuen Standort in der Adenauerallee 86 und bietet Bonnern und Bonnerinnen einen Einblick in ihre Ar
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JUGEND & SCHULE IM PIXEL | 10. Festival // Reich – München 2018 | bpb.de
JUGEND & SCHULE IM PIXEL (© Marco Merz) Im PIXEL, einem Zwischennutzungsraum, fanden Präsentationen und eine Sound- und Videoinstallation des Schul- und Jugendprogramms statt. Das PIXEL ist der Raum für Medien, Kultur und Partizipation im Münchner Gasteig. Im Festivalzeitraum war das PIXEL für das Programm Jugend & Schule reserviert. Hier fanden als offene Angebote mediale Projekte und Präsentationen aus dem Schul- und Jugendprogramm des Theaterfestivals statt. Veranstaltungen: 1. November 2018, 18 Uhr: LiFE-Sendung aus dem PIXEL LiFE ist die neue Jugendredaktion des Medienzentrums München, die jede Woche ein Video-Magazin auf YouTube sendet. Der Beitrag am 1. November drehte sich rund um den Festivalstart an diesem Tag. 4. November 2018, 15-17 Uhr: MONOPOLIS // Das Glück: Offene Spielhölle im PIXEL Monopoly ist viel mehr als die Brettspielversion schnellen Reichwerdens und qualvoll langsamer Verarmung! Welche Stadt steckt hinter dem Spielplan? Wer wird reich, und wer nicht? Geht es nur ums Geld? Was geschieht, wenn man die Spielregeln ändert? Nach einer ersten Sommerferien-Werkstatt in der Spielstadt Mini-München fand in den Herbstferien eine Werkstatt bei Interner Link: FERIEN-REICH statt: Kinder zwischen 8 und 12 Jahren haben neue Stadt- und Spielpläne erfunden. Gespielt wurde an Spieltischen nur mit Kopfhörern. In der (realen) Stadt eingefangene Geräusche und selbstgemixte Soundcollagen lieferten wechselnde Spielanweisungen, Informationen, Hintergründe und Stimmungen. Leitung: Verena Schlechte (Bildende Künstlerin) & Colin Djukic (Soundkünstler) Ein Projekt von Kultur & Spielraum e.V. Gefördert von: Kulturreferat der Landeshauptstadt München Finanziell unterstützt von: Festival Politik im Freien Theater Video- und Soundinstallation Jugend & Schule: In einer Video- und Soundinstallation wurden Arbeiten aus dem Schul- und Jugendprogramm des Festivals gezeigt. Termine: 8./9. November 2018 (jeweils ganztägig) Konzept & Gestaltung: Anne Paffenholz (bpb) & Marco Merz Bildergalerie: JUGEND & SCHULE IM PIXEL (© Marco Merz) JUGEND & SCHULE IM PIXEL
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2023-02-01T00:00:00"
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Im PIXEL, einem Zwischennutzungsraum, fanden Präsentationen und eine Sound- und Videoinstallation des Schul- und Jugendprogramms statt.
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Die Epoche der Autokraten | Naher Osten | bpb.de
Panzerfahrt durch Bagdad nach dem Militärputsch im Irak am 14. Juli 1958. Am Fahrzeug Porträts der Leitfiguren: Brigadegeneral Abdel Karim Kassem, nun Premierminister des Irak (li.), und Ägyptens Präsident Gamal Abdel Nasser (re.). (© AP Photo / HO) Bevor der Nahe Osten um die Mitte des 20. Jahrhunderts seine reale Unabhängigkeit von den europäischen Kolonialmächten erlangte, hatte es dort mehrheitlich Monarchien gegeben. Republiken bestanden eher vereinzelt und vor allem in den französischen Mandatsgebieten, wie etwa im Libanon. Im Kampf um die Unabhängigkeit wurden viele Monarchen gestürzt und Republiken gegründet, sodass die Region heute fast zu gleichen Teilen aus Monarchien und Republiken besteht (siehe auch Interner Link: Ländertabelle hier). Mitunter bestimmte die Art und Weise, wie einzelne Staaten ihre vollständige Souveränität erreichten, die jeweils anschließende Staatsform. Als die arabischen Staaten im ersten Nahostkrieg 1948 dem israelischen Militär unterlagen, löste dieser Schock eine Welle von Unruhen aus. Denn die Gründung des Staates Israel wurde als Versuch der Europäer gedeutet, ihre Einflussnahme in der Region wieder zu beleben. Als Reaktion kam es zu einer Reihe von politischen Umstürzen durch das Militär, wie zum Beispiel 1952 in Ägypten oder 1958 im Irak. Die dortigen Könige wurden gestürzt, Republiken ausgerufen, und es wurde die vollständige Unabhängigkeit von den Kolonialmächten erlangt. Die neue politische Eigenständigkeit war mit großen Hoffnungen verbunden. Das Militär galt in der Bevölkerung als modernisierende Kraft, die neuen Wohlstand und politische Selbstbestimmung für die arabischen Staaten erreichen sollte. Andere Staaten des Nahen Ostens wiederum erlangten ihre Souveränität ohne republikanische Umstürze und blieben Monarchien. Die Vereinigten Arabischen Emirate, Oman und Bahrain beispielsweise wurden 1971 ohne eigenes Zutun von den Briten in die Unabhängigkeit entlassen. Dies geschah vor allem aus innenpolitischen Beweggründen: Großbritannien wäre mit einer Verteidigung seiner Protektorate am Golf im Ernstfall personell und finanziell überfordert gewesen. Die Republiken Die neuen Republiken begriffen sich als Avantgarde der arabischen Unabhängigkeitsbewegung, getragen von der Ideologie des arabischen Nationalismus. Vom Atlantik bis zum Golf versprach er Prosperität und Stärke für alle arabischen Staaten. Mit wirtschaftlicher Entwicklung und Modernisierung sollte die arabische Welt ihre Schwäche der Kolonialzeit überwinden und den Menschen ein höherer Lebensstandard geboten werden. Populistischer Autoritarismus Dementsprechend erklärten die neuen Republiken eine massive und schnelle wirtschaftliche Entwicklung zur obersten Priorität. Sie sollte durch eine staatlich gelenkte Industrialisierung erreicht werden. Für das politische System hatte dies zwei Konsequenzen: Zum einen wurden vorzugsweise Technokraten, beispielsweise Ingenieure oder Wirtschaftswissenschaftler, in die Regierung berufen, und auch die neuen Präsidenten – selbst wenn sie ursprünglich dem Militär entstammten – gaben sich fortan technokratisch und tauschten mit dem Amtsantritt ihre Uniformen gegen zivile Kleidung. Zum anderen entwickelte sich ein "starker Staat", der auch die Wirtschaft und die Gesellschaft dominierte. Das Individuum und Vorstellungen von Bürgerrechten wurden als weniger bedeutsam angesehen – Faktoren, die die Grundlage für die Errichtung autoritärer Systeme schufen. Diese autoritären Systeme unterschieden sich grundlegend von Demokratien: Letztere sind maßgeblich durch Gewaltenteilung gekennzeichnet. In Demokratien kontrollieren sich Exekutive (Regierung und die Bürokratie als ausübende Gewalt), Legislative (das Parlament als beschließende und gesetzgebende Gewalt) und Judikative (die Gerichte als rechtsprechende Gewalt) gegenseitig. Diese Gewaltenteilung soll Machtmissbrauch vorbeugen. In regelmäßigen freien Wahlen legitimiert das Volk das Parlament und den Regierungschef. In den autoritären Regimen der arabischen Welt waren die Regierungen dagegen durch Putsche und nicht durch freie Wahlen zustande gekommen. Und auch dort, wo es Parlamente gab, waren deren Abgeordnete nicht vom Volk gewählt worden. Stattdessen wurden in den Republiken Einheitsparteien gegründet, die direkt dem Präsidenten unterstanden. Alternativen standen nicht zur Wahl, alle weiteren Parteien wurden verboten. Ins Parlament gelangten so nur regierungskonforme Abgeordnete. Auch gab es keine wechselseitige Kontrolle der Gewalten. Vielmehr dominierte die Regierung, bestehend aus dem Staatspräsidenten und seinem Kabinett, massiv über Legislative und Judikative. Das Parlament war an der Gesetzgebung inhaltlich nicht beteiligt. Es hatte nur die Gesetzesentwürfe der Regierung "abzunicken" und besaß kein Recht, sie zu kontrollieren. Auch das Gerichtswesen war ein loyaler Erfüllungsgehilfe des Regimes. Unabhängige bzw. nicht regimetreue Richter wurden entlassen und nicht selten verhaftet. In vielen Ländern sorgten Sondergerichtshöfe und Militärgerichte dafür, dass unliebsamen Zivilisten, politischen Aktivisten sowie nicht linientreuen Intellektuellen schnelle Verfahren drohten. Hinzu kamen zwei Mechanismen der Herrschaftssicherung, die die Funktionsweisen der politischen Institutionen maßgeblich bestimmten: Kooptation und Repression. Kooptation: Nach der Verstaatlichung der Wirtschaft bewirkte die staatlich gelenkte Industrialisierung in den 1950er- und frühen 1960er-Jahren zunächst, wie erhofft, einen wirtschaftlichen Aufschwung. Er erlaubte es den Regimen, gestaltend in die gesellschaftlichen Strukturen einzugreifen und sich eine eigene Machtbasis in der Bevölkerung aufzubauen. Ehemals dominante Bevölkerungsschichten, wie zum Beispiel einflussreiche Großgrundbesitzer, die mit den Kolonialmächten kollaboriert hatten, wurden zurückgedrängt und zu großen Teilen enteignet. Ihr Besitz wurde an eine breitere Schicht des Volkes umverteilt, namentlich an die Unterschicht und die unteren Mittelschichten, die als neue Machtbasis fungieren sollten. Großzügige staatliche Wohlfahrtsleistungen, wie massive Subventionen von Grundnahrungsmitteln und Energie oder niedrige Mieten, sollten auch ärmeren Menschen einen besseren Lebensstandard ermöglichen und dem Staat ihre Loyalität sichern. Diese Konzentration auf das Volk kann als staatlicher Populismus (lat.: populus; dt.: Volk) betrachtet werden. Da die neuen Regime die Besitzverhältnisse in der Gesellschaft änderten, können sie auch als sozialrevolutionär angesehen werden. Zentrale Einrichtungen, wie das Parlament, die Bürokratie und die Einheitspartei, hatten in den populistisch-autoritären Republiken nun die Funktion, die Anbindung der Unter- und Mittelschichten an den Staat zu institutionalisieren und zu zementieren. Sie wurden massiv erweitert – insbesondere der bürokratische Apparat –, um immer mehr Menschen einbinden zu können. Letztere erhielten materielle Anreize in Form von Gehältern, Pensionen und allerlei Vergünstigungen und wurden dadurch vom Staat abhängig gemacht sowie zu politischer Loyalität verpflichtet. Dieser Mechanismus – der auch als Tauschhandel beschrieben werden kann, bei dem materielle Anreize gegen politische Loyalität eingetauscht werden – wird in der politikwissenschaftlichen Literatur oft als "Kooptation" bezeichnet (so z. B. in Nazih N. Ayubi "Over-stating the Arab State"). Repression: Personen oder Gruppen, die gegen die Tauschregeln der Kooptation verstießen und politische Kritik wagten oder einer dem Regime unliebsamen sozialen Gruppe angehörten (wie zum Beispiel ehemalige Eliten), begegnete der Staat mit direkter Unterdrückung (Repression). Dabei bediente er sich eines repressiven Apparates, der im Wesentlichen aus dem Militär und den Geheim- bzw. Sicherheitsdiensten bestand und kontinuierlich ausgebaut wurde. Schließlich entstanden Polizeistaaten, in denen die Geheimdienste und die Polizei das Alltagsleben der Menschen überwachten. Klassische Beispiele für solch populistisch-autoritäre Republiken sind das Syrien der 1950er- sowie das Ägypten der 1960er-Jahre. In beiden Ländern fanden Militärputsche statt, und neue Republiken wurden gegründet. Diese neuen Regime griffen massiv in das gesellschaftliche und politische Leben ihres Landes ein, in Syrien noch radikaler als in Ägypten. Die Wirtschaft wurde verstaatlicht und eine staatlich gelenkte Industrialisierung auf den Weg gebracht. Der daraus anfänglich entstehende wirtschaftliche Erfolg rief in der Bevölkerung eine gewisse Bewunderung und Wertschätzung für die neuen Regime hervor, die durch das Charisma der jeweiligen Präsidenten noch erhöht wurde. Insbesondere in Ägypten verehrte das Volk seinen Präsidenten Gamal Abdel Nasser, der in mitreißenden Reden den Aufschwung, die Stärke und die Unabhängigkeit Ägyptens sowie der ganzen arabischen Welt beschwor. Viele Menschen brachten die Entstehung des Polizeistaats und die damit verbundene Unterdrückung zunächst nicht in direkten Zusammenhang mit dem Präsidenten und dem "neuen" Regime, das dahinter stand. Zahlreiche politische Gefangene, die in den Gefängnissen unter menschenunwürdigen Bedingungen vegetierten und Folter ausgesetzt waren, glaubten nach eigenem Bekunden vielmehr, dass lediglich die unteren Bediensteten der Polizeiapparate diese Verbrechen zu verantworten hatten. Die populistischen Regime genossen somit, trotz der undemokratischen Systeme, die sie errichtet hatten, zunächst eine gewisse Legitimation und Glaubwürdigkeit im Volk. Dies galt jedoch nur bis in die 1970er-Jahre. Post-Populismus Im Verlauf der 1970er-Jahre brach der wirtschaftliche Anfangserfolg der staatlich gelenkten Volkswirtschaften ein. Damit waren die immensen Wohlfahrtsleistungen für das Volk, wie Subventionen für Grundnahrungsmittel, Strom und Gas, immer schwerer zu finanzieren, sie mussten somit für viele schmerzlich spürbar zurückgefahren werden. Der Tauschhandel "Wohlfahrt gegen Loyalität" mit den Unterschichten und unteren Mittelschichten wurde schrittweise aufgegeben. Stattdessen suchten die autoritären Regime eine neue Machtbasis in gesellschaftlichen Gruppen, die über privates Kapital verfügten. Deren Anbindung wurde erreicht, indem man die verstaatlichte Wirtschaft allmählich wieder für private Unternehmer öffnete, eine Entwicklung, die auch auf Druck der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Kreditgeber für in Finanznot geratene Staaten, zustande kam. Die wirtschaftliche Öffnung glich aber nicht einer Wirtschaftsliberalisierung im westlichen Sinne, in der zu großen Teilen der freie Markt die Wirtschaft lenken soll. Die Regime hielten diesen Prozess der Öffnung vielmehr fest in der Hand und kontrollierten ihn gemäß den eigenen Interessen. Wirtschaftlich tätig sein konnten nur Unternehmer, die das Wohlwollen der Machthaber besaßen und sich loyal verhielten. Wer besonders loyal und gut vernetzt war, bekam zum Beispiel die Möglichkeit, verstaatlichtes Land oder Fabriken aus staatlichem Besitz preiswert zu erwerben und gewinnbringend zu bewirtschaften. Viele Geschäftsleute kamen so mithilfe des Staates zu erheblichem Wohlstand. Es entstand eine neue Schicht von privaten Unternehmern, die sich um das jeweilige Regime gruppierte und von ihm abhängig war, indem sie materielle Bevorteilung in Anspruch nahm und somit dem Regime politische Loyalität schuldete. Aber auch die Politiker, die an diesen Verteilungsprozessen beteiligt waren, konnten sich selbst bereichern und über das Verteilen von Marktzugängen an eigene, illegale Provisionen kommen. Die Folge war ein explosionsartiger Anstieg der Korruption. Während eine kleine Schicht privater Unternehmer zu immer mehr Wohlstand gelangte, war die ehemalige Machtbasis der Regime – die Unterschichten und unteren Mittelschichten, die die Mehrheit der Bevölkerung bildeten – mit einer Verschlechterung ihrer Lebensumstände konfrontiert, denn der Staat zog sich aus sozialen Dienstleistungen immer weiter zurück. Stattdessen kontrollierten Polizei und Geheimdienste zunehmend das Alltagsleben der Menschen, und Polizeiwillkür nahm drastisch zu. Folter stand auf der Tagesordnung und wurde sogar bei minderen zivilen Vergehen angewendet. Oft wurde sie zur Einschüchterung der Bevölkerung genutzt. Ein Fall, der Aufsehen erregte, war die Folter und Vergewaltigung eines Minibusfahrers in einem Kairoer Gefängnis 2006. Er hatte bei einem Streit zwischen Polizisten und seinem Cousin interveniert und war unter dem Vorwurf des Widerstands gegen die Staatsgewalt inhaftiert worden. QuellentextOrt des Schreckens […] Tadmor, über 200 Kilometer nordöstlich von Damaskus in der syrischen Wüste gelegen, ist eine Stadt mit zwei Gesichtern. Die Welt kennt sie unter dem Namen Palmyra, ein Sehnsuchtsort aus römischen Zeiten, der vom "Islamischen Staat" erobert wurde, um hier Massenexekutionen durchzuführen und Teile des Weltkulturerbes zu zerstören. Syrer und viele Libanesen kennen Palmyra unter dem Namen Tadmor, und das heißt: als einen Ort des Schreckens. Hier, in einem Militärgefängnis, richtete Hafis al-Assad 1971 das schlimmste Folterzentrum des Landes ein. […] […] "Das Königreich des Todes und des Wahnsinns" – so hat der syrische Dichter Faradsch Bairakdar das Gefängnis beschrieben, der ebenfalls mehrere Jahre dort einsaß. In Tadmor wurde nicht verhört, es gab nichts mehr zu gestehen. Es war ein Ort der Qualen. Neuankömmlinge wurden mit einer "Willkommensparty" empfangen: 300, manchmal 500 Schlägen, meist auf die Fußsohlen. Manche starben wenig später an den Wunden. Die meisten Häftlinge wurden in Sammelzellen mit mehr als 200 Insassen eingepfercht. Es gab keine Bücher, nichts zu schreiben, keine Tische, kein Essgeschirr. Wärter anzusehen oder anzusprechen, nach oben durch das Gitter zu blicken, sich nachts zu bewegen oder aufs Klo zu gehen – all das war verboten. Jeder tatsächliche oder vermeintliche Verstoß wurde bestraft: durch den Befehl, Kakerlaken zu essen, durch Peitschenschläge auf Kopf und Hände, und immer wieder mit dem "Reifen". Der Häftling wurde mit Händen und Füßen in einen Autoreifen gezwungen, dann auf den Rücken gelegt, und musste die 200 oder 300 Schläge auf die Fußsohlen zählen. Entwich ihm ein Schmerzensschrei, begann die Tortur von vorn. […] Nach Recherchen von Amnesty International sind in Syrien seit Beginn der Proteste 2011 mehr als 17.000 Menschen in Haftanstalten an Folter, Krankheit und Unterernährung gestorben. Tadmor – oder Palmyra – ist [nach der Befreiung vom IS] seit dem März dieses Jahres wieder unter der Kontrolle von Assads Armee. Das Zentrum des Gefängnisapparates liegt inzwischen in Sednaya in der Nähe von Damaskus. Berichte ehemaliger Häftlinge von dort decken sich mit denen von Raymond Bouban, Moussa Saab oder Saad Saifeddine [ehemaligen Häftlingen in Tadmor]. Das "Königreich des Todes und des Wahnsinns" besteht weiter. Es ist nur umgezogen. Andrea Böhm, "Aus einem Trauma wird Kino", in: Die Zeit Nr. 42 vom 6. Oktober 2016 Externer Link: www.zeit.de/2016/42/tadmor-film-palmyra-syrien-krieg-monika-borgmann-lokman-slim Gepaart mit der wirtschaftlichen Öffnung für Privatunternehmer, die auch Investoren und Kapital aus dem westlichen Ausland anziehen sollte, wurden politische Reformen vorgenommen. Dies sollte westlichen Hilfsgeldgebern, wie den USA, dem IWF und der Weltbank, sowie Investoren entgegenkommen, aber auch dem Legitimitätsverlust der Machthaber bei breiten Teilen der arabischen Bevölkerung entgegenwirken, die vermehrt unter Armut und verschärfter staatlicher Unterdrückung litten. Die Liberalisierung der politischen Strukturen fand allerdings nur vordergründig statt. So gestaltete man das Einparteiensystem zu einem Mehrparteiensystem um, schränkte jedoch durch eine entsprechende Gesetzgebung alle Parteien außer der Regierungspartei stark in ihren Handlungsmöglichkeiten ein. Beispielsweise durften sie kaum auf kommunaler Ebene aktiv sein, damit sie möglichst keine Anhängerschaft in der Bevölkerung aufbauen konnten. Gruppierungen, die nicht als legale Parteien agierten, wie zum Beispiel die ägyptische Muslimbruderschaft, waren dagegen an diese Auflagen nicht gebunden. Ihr kommunales Engagement sicherte ihnen eine breite Basis in der Bevölkerung. Die legalen Oppositionsparteien wurden zusätzlich geschwächt, indem die autokratischen Machthaber ihre Führungsleute kooptierten und korrumpierten. Somit verloren diese jegliche Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung und galten für viele "als Teil des autoritären Systems". Bei den Parlamentswahlen sorgten Wahlfälschung und der Einsatz von Gewalt in Wahllokalen dafür, dass die Oppositionsparteien – aufgrund prozentual meist nur einstelliger Wahlergebnisse – stets mit nur sehr wenigen Sitzen im Parlament vertreten blieben. Auch die Zivilgesellschaft ließen die Regime nur scheinbar gewähren: Nichtregierungsorganisationen/NRO (engl.: Non-Governmental Organization/NGO) zum Beispiel durften nur innerhalb eng gezogener Grenzen tätig werden, finanziell und thematisch blieben sie stark eingeschränkt. Interessenverbände wie Gewerkschaften und Berufsverbände wurden staatlich kontrolliert und konnten daher nur sehr begrenzt die Belange ihrer Mitglieder bündeln und vertreten. Und die Presse bekam ebenfalls nur vordergründig Spielraum: Die Oppositionsparteien durften zwar Parteiblätter herausgeben, und einige wenige andere, nicht regierungsnahe Zeitungen durften erscheinen. Jedoch sorgten Zensur, Einschüchterung und Inhaftierung von Journalisten dafür, dass die Pressefreiheit stark eingeschränkt blieb. Die Rolle des Militärs Nachdem das Militär sein Ansehen als Modernisierer mit dem Ende des wirtschaftlichen Aufschwungs und den darauffolgenden Krisen spätestens zu Beginn der 1970er-Jahre eingebüßt hatte, begann es sich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen. Hinter den Kulissen blieb es jedoch eine gewichtige Instanz. In Syrien, Iran und Ägypten konnte es Wirtschaftsimperien aufbauen, die sich bis heute jeglicher ziviler Kontrolle entziehen. Auch in politischer Hinsicht wahrte das Militär einen maßgeblichen Einfluss. So war der Hohe Militärrat in Ägypten, in dem die militärischen Führer des Landes vertreten sind, stets an der politischen Entscheidungsfindung beteiligt, auch wenn er vor dem Sturz Hosni Mubaraks 2011 nicht in der Öffentlichkeit aufgetreten war. Erst wenn die politischen und wirtschaftlichen Vorrechte, die sich das Militär in den verschiedenen arabischen Staaten hat aufbauen können, zurückgedrängt werden und der Einfluss des Militärs verändert werden kann, wird es möglich sein, den Autoritarismus in der Region zu überwinden. QuellentextDie Hüter ihres Staates: die Militärs und ihre Herrschaft in Ägypten Unter Führung des charismatischen Leutnants Gamal Abdel Nasser putschte sich im Juli 1952 in Ägypten eine Gruppe "Freier Offiziere" an die Macht. Ihre selbst ausgerufene Revolution, die sich gegen die Monarchie und die britische Fremdherrschaft richtete, führte indes nicht nur zur Ausrufung der Republik (1953). Der Staatsstreich begründete auch die Herrschaft des Militärs, das nicht zuletzt die Kriege gegen Israel nutzte, um sich als Hüter des Staates darzustellen und dabei einen eigenen Staat im Staate aufzubauen. Nach der Übernahme des Präsidentenamtes 1956 verdrängte Nasser potenzielle Konkurrenten, wie die islamistische Muslimbruderschaft, aus dem politischen System und besetzte wichtige Posten in Ministerien und der öffentlichen Verwaltung mit Militärs. Durch eine Landreform und die Verstaatlichung der Wirtschaft erlangten die Streitkräfte zudem die Kontrolle über Grund und Boden sowie zahlreiche Unternehmen. Nach Nassers Tod 1970 übernahm mit Anwar al-Sadat ein weiteres ehemaliges Mitglied der "Freien Offiziere" das Präsidentenamt. Sadat leitete einen wirtschaftlichen Öffnungsprozess des Landes ein, ließ die ökonomischen Aktivitäten des Militärs aber unangetastet. Diese waren umso wichtiger geworden, da die Aufgabe der Landesverteidigung durch den 1979 erfolgten Friedensschluss mit Israel an Bedeutung verloren hatte und die Streitkräfte ein neues Betätigungsfeld brauchten. Entsprechend expandierte auch in der 30-jährigen Amtszeit von Sadats Nachfolger, dem ehemaligen Luftwaffenchef Hosni Mubarak, das militärische Wirtschaftsimperium. Den Streitkräften kam hierbei die enge Sicherheitspartnerschaft mit den USA entgegen, die der ägyptisch-israelischen Annäherung gefolgt war. Seit den 1980er-Jahren wurden bis zu 80 Prozent der ägyptischen Rüstungsausgaben durch US-amerikanische Militärhilfen (jährlich ca. 1,3 Milliarden US-Dollar) finanziert, wodurch mehr Mittel zum Ausbau ziviler Wirtschaftsaktivitäten blieben. Heute betreibt das Militär nicht nur Hühnerfarmen und produziert Konsumgüter wie Kühlschränke, sondern stellt auch landesweit Infrastruktur wie Straßen und Telefonleitungen bereit. Ein wichtiger Vorteil gegenüber der Privatwirtschaft besteht in der billigen Arbeitskraft von Wehrdienstleistenden. Die allgemeine Wehrpflicht ist allerdings nicht nur von wirtschaftlicher Bedeutung für die Streitkräfte. Durch sie kommt dem Militär auch eine wichtige Rolle bei der Sozialisierung junger Männer zu. Dabei ist für viele von ihnen das Militär auch nach dem Wehrdienst ein attraktiver Arbeitgeber. So verspricht der Eintritt in die Streitkräfte noch immer ein finanziell abgesichertes Leben, das allerdings weitestgehend in einer auch wirtschaftlich geschlossenen Parallelwelt stattfindet. Militärangehörige leben in eigenen Städten, in denen sie Zugang zu vergünstigtem Wohnraum, Autos, Freizeit- und Urlaubseinrichtungen sowie Konsumgütern haben. Gleichzeitig sind die Streitkräfte durch ihre Nahrungsmittelproduktion auch an der Versorgung ärmerer Bevölkerungsschichten beteiligt und steigern hierüber ihr Ansehen innerhalb der ägyptischen Gesellschaft. Die Popularität des Militärs in Teilen der Bevölkerung kam 2011 eindrücklich in dem während des Januar-Aufstandes skandierten Slogan "Die Armee und das Volk gehen Hand in Hand" zum Ausdruck. Die Militärs, angeführt von dem als unpolitisch geltenden damaligen Verteidigungsminister Mohammed Tantawi, verhielten sich während der Massenproteste gegen Präsident Mubarak zunächst neutral. Sie fürchteten nicht nur die internationalen Konsequenzen einer gewaltsamen Niederschlagung des Aufstands; viele Offiziere sympathisierten sogar mit der Protestbewegung, da sie einen Vater-Sohn-Wechsel im Präsidentenamt ablehnten, der sich unter Mubarak angedeutet hatte. Im Februar 2011 zwang die Militärführung Mubarak schließlich zum Rücktritt und leitete einen politischen Transformationsprozess ein. Proteste in den Folgemonaten wurden durch eine Mischung aus Zugeständnissen und brutaler Repression geschickt kontrolliert. Im Juni 2012 machten die Generäle schließlich den Weg für Präsidentschaftswahlen frei, die der Muslimbruder und Zivilist Mohammed Mursi gewann. Allerdings unterstützten sie die Bruderschaft in ihren Auseinandersetzungen mit Gegnern im Staatsapparat und in der Judikative nicht. Vielmehr nutzten sie, angeführt vom neuen Verteidigungsminister Abdel Fatah al-Sisi, im Juni 2013 abermals die Unzufriedenheit in der Bevölkerung, um Mursi abzusetzen. Seit dem Putsch 2013 ist das Militär darauf bedacht, seine Macht weiter zu festigen – und zwar mit allen Mitteln. In einer neuen Verfassung wurde die bis dahin eher informelle Rolle als Staat im Staate weitgehend formalisiert. Und mit der undemokratischen Wahl al-Sisis in das Präsidentenamt steht seit Juni 2014 wieder ein ehemaliger Militär an der Staatsspitze. Vor allem aber gehen die Streitkräfte mit aller Härte gegen Opposition und kritische Zivilgesellschaft vor. Militärgerichte urteilen Zivilisten in Schnellverfahren ab, und die Militärpolizei unterstützt Polizei und Staatssicherheit bei der gewaltsamen Niederschlagung von Protesten. Ohne Rücksicht auf zivile Opfer führen die Streitkräfte zudem eine bislang wenig erfolgreiche Anti-Terror-Kampagne gegen dschihadistische Gruppierungen auf der Sinai-Halbinsel. Auch die militärischen Wirtschaftsaktivitäten wurden weiter ausgebaut. Lukrative Aufträge, insbesondere für große Infrastrukturprojekte wie den Ausbau des Suezkanals, gingen an die Streitkräfte. Und während Ägypten seine Zahlungsfähigkeit nur durch Kredite und Zuwendungen aus den Golfstaaten aufrechterhalten konnte, wurden die Militärausgaben deutlich gesteigert. Dabei dürften die rund fünf Milliarden US-Dollar, die 2015 aus der Staatskasse überwiesen wurden, nur einen Teil des Militärhaushalts ausmachen. Darauf deutet auch die kostspielige Aufrüstungspolitik hin, die unter Präsident al-Sisi betrieben wird. Anders als in der Mubarak-Ära werden Rüstungsgüter nun nicht mehr weitgehend exklusiv über die USA gekauft. Vielmehr wurden seit 2014 Waffengeschäfte in Höhe von Milliarden US-Dollar auch mit anderen Staaten, allen voran Frankreich und Russland, getätigt. Offenkundig soll durch die Aufrüstung dem regionalen Bedeutungsverlust begegnet werden, den Ägypten trotz der Größe seiner Streitkräfte (rund 440.000 Soldaten und über 470.000 Reservisten) in den vergangenen Jahrzehnten erfahren hat. Zukünftig könnte das Militär daher nicht nur innen-, sondern auch außenpolitisch eine noch gewichtigere Rolle spielen. In jedem Fall sind Veränderungsprozesse in Ägypten gegen den Willen der Generäle kaum vorstellbar. Stephan Roll / Jessica Noll Dr. Stephan Roll ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Jessica Noll Forschungsassistentin in der Forschungsgruppe Naher/Mittlerer Osten und Afrika bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (swp) in Berlin. Die konservativen Monarchien Als Mitte des 20. Jahrhunderts die ersten Staaten der arabischen Welt ihre Unabhängigkeit erlangten, galten diejenigen Staaten, die Monarchien blieben, als konservativ, ja "altmodisch". Der anfänglichen Strahlkraft der neuen Republiken konnten die Monarchien nur drei zentrale Merkmale entgegensetzen, die ihre Herrschaft sichern und legitimieren sollten: Ölreichtum, "Stammesstrukturen" und konservativer Islam. Doch auch auf dieser Basis bildeten sich schließlich dieselben Herrschaftsformen heraus wie in den Republiken: Kooptation und Repression. Die meisten arabischen Monarchien, wie Saudi-Arabien, Katar, Bahrain, Kuwait oder Oman, befinden sich am Persischen Golf und verfügen über große Ölvorkommen. Ausnahmen sind lediglich Marokko und Jordanien. Mit der drastisch wachsenden Nachfrage nach Erdöl und dem rasanten Anstieg des Erdölpreises gelangten die Golfmonarchien zu großem Reichtum. Dieser wird – ähnlich wie zunächst in den populistischen autoritären Republiken – auch dazu verwendet, um breite Teile der Bevölkerung durch großzügige staatliche Wohlfahrtsleistungen an das Herrscherhaus zu binden. QuellentextMärchensultanat Oman Das "Märchensultanat Oman" hat seit 1970 eine atemberaubende Entwicklung vollzogen. Unter Sultan Qabus konnte sich das Land aus seiner fast vollständigen Isolation lösen und zu einer weithin geachteten, aufstrebenden Nation und zu einem verlässlichen internationalen Partner entwickeln. Die personalisierte Herrschaft des populären Sultans, der Aufstieg des Landes unter seiner Regierung und seine tolerante Religionspolitik gegenüber unterschiedlichen muslimischen und nichtmuslimischen Gruppen haben ein omanisches Nationalgefühl gefördert, in dessen Zentrum der Landesvater steht. Wirtschaftlich ist Oman mit seiner Versorgungspolitik und einem großen Anteil ausländischer Arbeiter ein typischer Rentierstaat der Golfregion, wenngleich in gemäßigterem Ausmaß als die kleineren Golfmonarchien Kuwait, Katar und Vereinigte Arabische Emirate. Die Proteste des Arabischen Frühlings hat das Sultanat mit einer Kombination aus steigenden Wohlfahrtsausgaben, institutioneller Anpassung und Repression bewältigt. Zentrale strukturelle Probleme blieben dabei allerdings ungelöst: Der aktuelle Rückgang der Weltmarktpreise für Öl und Gas und die dadurch sinkenden Staatseinnahmen verdeutlichen die Abhängigkeit von diesen Sektoren. Oman war der erste Mitgliedstaat des Golfkooperationsrates, der 2015 Schulden aufnehmen musste, und die Eingliederung der Bevölkerung Omans in den Arbeitsmarkt ist ins Stocken geraten. Das politische System bleibt weiterhin auf die Person des kinderlosen Sultans zugeschnitten, der gesundheitlich angeschlagen ist und wohl nur noch eine beschränkte Herrschaftszeit vor sich hat. Die Regelung seiner Nachfolge ist ungewöhnlich und muss im Kontext der spezifischen Gegebenheiten des Sultanats betrachtet werden. Im omanischen Grundgesetz, dem Basic Law of the State, ist in Artikel 5 bis 7 festgelegt, dass der königliche Familienrat innerhalb von drei Tagen nach dem Ableben des Sultans einen Nachfolger zu bestimmen hat. Wenn ihm das nicht gelingt, ist der nationale Verteidigungsrat zusammen mit den Sprechern der beiden Parlamentskammern sowie dem Vorsitzenden und den beiden ältesten Mitgliedern des Obersten Gerichts beauftragt, einen neuen Sultan einzusetzen. Dessen Name soll in einem bereits vor vielen Jahren von Qabus hinterlegten Brief stehen, den der Verteidigungsrat dann öffnen würde. Mit der seit fast 20 Jahren gültigen Regelung vermied es Qabus, einen Nachfolger öffentlich bekannt zu geben, der ihm irgendwann zum Rivalen hätte werden können. Gleichzeitig zwingt er die königliche Familie, im Falle seines Ablebens zügig eine Einigung herzustellen, da andernfalls Akteure außerhalb der Herrscherfamilie daran beteiligt wären, ein Familienmitglied zum nächsten Sultan zu küren. Es ist davon auszugehen, dass sich der Nachfolger von Qabus zunächst eigene persönliche Legitimität erarbeiten muss. Für den Übergang wäre es daher vorteilhaft, wenn die politische Entscheidungsfindung bereits weiter institutionalisiert wäre und eine bessere Koordination der Verwaltungsabläufe im Staat bestünde. Denkbar wäre, dass der jetzige Sultan einen Premierminister ernennt, der hilft, die Machtübergabe abzusichern. Weiterhin müsste die Legislative gestärkt werden. Bislang ist nur das Unterhaus vom Volk gewählt, und die Parlamentarier beider Kammern verfügen nur über eingeschränkte Möglichkeiten, um eine von der Regierung unabhängige parlamentarische Arbeit durchzuführen. Ohne Qabus gäbe es das Sultanat Oman in seiner heutigen Form nicht. Ein Fortbestehen des Landes ohne ihn ist daher für viele Omanis kaum vorstellbar. Andererseits scheinen die politischen Institutionen und Entscheidungsstrukturen sowie der omanische "Way of Life" des multiethnischen Zusammenlebens größtenteils zu funktionieren. Der Test, ob sie auch ohne den Sultan nachhaltig stabil sein können, muss allerdings erst noch erbracht werden. Thomas Richter Vgl. für eine ausführlichere Darstellung: GIGA Focus Nahost, 10/2014 Als Verteilungskanäle für diese Wohlfahrtsleistungen werden vor allem Stammesstrukturen genutzt. Arabische Stämme kennzeichnet ein starker innerer Zusammenhalt, jedes Mitglied des Stammes bringt dem Stammesführer absolute Loyalität entgegen. So müssen die Monarchen nur die Stammesführer kooptieren, ihnen und ihren Stämmen Zugang zu materiellen Werten bieten, um sich damit die politische Loyalität des gesamten Stammes zu sichern. Mit der Unterstützung des althergebrachten Stammeswesens geben sich die Monarchien darüber hinaus als "Bewahrer traditioneller Werte". Das weiterhin hohe Öleinkommen ermöglichte es ihnen, ihre Wohlfahrtsleistungen an das Volk bis in die Gegenwart aufrechtzuerhalten. Sie müssen deshalb tendenziell auch weniger oft und intensiv repressive Mittel einsetzen als die Republiken. Dennoch gibt es auch in den Monarchien Menschenrechtsverletzungen, Folter und Unterdrückung derjenigen, die ihre politische Loyalität verweigern und Kritik an der Regierung üben. Auch hier überwachen repressive Apparate mit gut ausgebauten Geheimdiensten die Bevölkerung. Genauso verbreitet ist das Phänomen der Korruption, denn wo Kooptation besteht, können Personen mit besonderer politischer Position dieses Gewicht für die eigene Vorteilsnahme einsetzen und sich illegal bereichern. Für die Legitimierung der Monarchen beim Volk spielt der Islam eine wichtige Rolle. Prinzipiell ist die Golfregion durch eine konservative Auslegung des Islam geprägt. Die Monarchien treten im öffentlichen Leben als seine Bewahrer auf. So müssen zum Beispiel Frauen Kopftuch, Gesichtsschleier und die traditionelle schwarze Abaya, ein dem orientalischen Obergewand des Kaftan ähnliches, bodenlanges Gewand, tragen, obwohl es sich hierbei streng genommen um vorislamische Kleidungsstücke handelt, die zunehmend zu islamischen Symbolen stilisiert werden. Der jordanische und der marokkanische König beanspruchen für sich, direkte Nachkommen des Propheten Mohammed zu sein, während das saudische Herrscherhaus seine islamische Legitimität und seine herausragende Stellung in der gesamten Region aus seiner Rolle als "Hüter der Heiligen Stätten Mekka und Medina" und aus seiner Verbindung mit dem Wahhabismus bezieht. Eine Moral- und Sittenpolizei, die mutawwa, überwacht die Umsetzung strikter ultrakonservativer religiöser Verhaltensweisen in der Öffentlichkeit: Es gibt eine strenge Trennung von Männern und Frauen im öffentlichen Leben, und die harten Körperstrafen der Scharia, die in kaum einem anderen muslimischen Land durchgesetzt werden, finden in Saudi-Arabien Anwendung. So kann Dieben beispielsweise die Hand abgehackt werden. Was die formale Organisation der Macht betrifft, gibt es zwei verschiedene Formen von Monarchien: absolute und konstitutionelle (also mit einer Verfassung ausgestattete) Monarchien. In absoluten Monarchien verfügt der König über uneingeschränkte Macht. So regiert König Salman Ibn Abd al-Aziz Al Saud in Saudi-Arabien ohne eine Verfassung, die seine Herrschaft einschränken oder regulieren könnte. Gleichzeitig sind die zentralen politischen Ämter mit Mitgliedern aus der Königsfamilie besetzt. In den konstitutionellen Monarchien hingegen, wie zum Beispiel in Marokko und Jordanien, existiert eine Verfassung, die ein gewähltes Parlament und neben dem König eine Regierung vorsieht, mit der dieser sich die Macht teilt. Es gibt unterschiedliche Parteien, die bei Parlamentswahlen um Stimmen werben. Obwohl konstitutionelle Monarchien prinzipiell mit freiheitlichen und rechtsstaatlichen Prinzipien vereinbar sein können – wie das Beispiel Großbritannien zeigt –, so sind doch alle Monarchien der arabischen Welt, unabhängig davon, ob absolut oder konstitutionell, von Autoritarismus gekennzeichnet. Auch hier dominieren, ebenso wie in den Republiken, das Staatsoberhaupt und seine engsten Verbündeten die anderen Staatsgewalten, Legislative und Judikative. Und auch hier ist Parteienpluralismus, wenn überhaupt, meist nur formell gegeben. De facto werden Oppositionsparteien in ihren Handlungsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Freie Meinungsäußerung und Kritik am Regime, ob in Presse oder Interessengruppen, sind nur begrenzt möglich. Gegen politische Kritiker werden Geheimdienste und Polizei eingesetzt. Der Arabische Frühling im Jahr 2010/2011 hat den Autoritarismus im Nahen Osten erstmals ins Wanken gebracht. Tunesien, Ägypten, Syrien, Jemen, Libyen und auch Bahrain erlebten massive Proteste breiter Bevölkerungskreise. Die Besonderheit des Arabischen Frühlings war, dass er sich nicht nur gegen die eigentlichen Machthaber richtete, sondern darüber hinaus gegen ihre Prinzipien der Machtausübung – Kooptation und Repression – als solche. "Soziale Gerechtigkeit" wurde gefordert, um der Korruption ein Ende zu bereiten. Und der im Arabischen Frühling oft vernommene Ruf nach "Würde" wollte der willkürlichen Gewalt der Polizei und Geheimdienste ein Ende bereiten. Diese Forderungen finden bei den Bevölkerungen der meisten Länder der Region Widerhall. Bisher scheint aber nur noch Tunesien Hoffnungsträger des Arabischen Frühlings zu sein, obwohl es auch hier Anfang 2016 zu Protesten gegen soziale Missstände kam. Panzerfahrt durch Bagdad nach dem Militärputsch im Irak am 14. Juli 1958. Am Fahrzeug Porträts der Leitfiguren: Brigadegeneral Abdel Karim Kassem, nun Premierminister des Irak (li.), und Ägyptens Präsident Gamal Abdel Nasser (re.). (© AP Photo / HO) […] Tadmor, über 200 Kilometer nordöstlich von Damaskus in der syrischen Wüste gelegen, ist eine Stadt mit zwei Gesichtern. Die Welt kennt sie unter dem Namen Palmyra, ein Sehnsuchtsort aus römischen Zeiten, der vom "Islamischen Staat" erobert wurde, um hier Massenexekutionen durchzuführen und Teile des Weltkulturerbes zu zerstören. Syrer und viele Libanesen kennen Palmyra unter dem Namen Tadmor, und das heißt: als einen Ort des Schreckens. Hier, in einem Militärgefängnis, richtete Hafis al-Assad 1971 das schlimmste Folterzentrum des Landes ein. […] […] "Das Königreich des Todes und des Wahnsinns" – so hat der syrische Dichter Faradsch Bairakdar das Gefängnis beschrieben, der ebenfalls mehrere Jahre dort einsaß. In Tadmor wurde nicht verhört, es gab nichts mehr zu gestehen. Es war ein Ort der Qualen. Neuankömmlinge wurden mit einer "Willkommensparty" empfangen: 300, manchmal 500 Schlägen, meist auf die Fußsohlen. Manche starben wenig später an den Wunden. Die meisten Häftlinge wurden in Sammelzellen mit mehr als 200 Insassen eingepfercht. Es gab keine Bücher, nichts zu schreiben, keine Tische, kein Essgeschirr. Wärter anzusehen oder anzusprechen, nach oben durch das Gitter zu blicken, sich nachts zu bewegen oder aufs Klo zu gehen – all das war verboten. Jeder tatsächliche oder vermeintliche Verstoß wurde bestraft: durch den Befehl, Kakerlaken zu essen, durch Peitschenschläge auf Kopf und Hände, und immer wieder mit dem "Reifen". Der Häftling wurde mit Händen und Füßen in einen Autoreifen gezwungen, dann auf den Rücken gelegt, und musste die 200 oder 300 Schläge auf die Fußsohlen zählen. Entwich ihm ein Schmerzensschrei, begann die Tortur von vorn. […] Nach Recherchen von Amnesty International sind in Syrien seit Beginn der Proteste 2011 mehr als 17.000 Menschen in Haftanstalten an Folter, Krankheit und Unterernährung gestorben. Tadmor – oder Palmyra – ist [nach der Befreiung vom IS] seit dem März dieses Jahres wieder unter der Kontrolle von Assads Armee. Das Zentrum des Gefängnisapparates liegt inzwischen in Sednaya in der Nähe von Damaskus. Berichte ehemaliger Häftlinge von dort decken sich mit denen von Raymond Bouban, Moussa Saab oder Saad Saifeddine [ehemaligen Häftlingen in Tadmor]. Das "Königreich des Todes und des Wahnsinns" besteht weiter. Es ist nur umgezogen. Andrea Böhm, "Aus einem Trauma wird Kino", in: Die Zeit Nr. 42 vom 6. Oktober 2016 Externer Link: www.zeit.de/2016/42/tadmor-film-palmyra-syrien-krieg-monika-borgmann-lokman-slim Unter Führung des charismatischen Leutnants Gamal Abdel Nasser putschte sich im Juli 1952 in Ägypten eine Gruppe "Freier Offiziere" an die Macht. Ihre selbst ausgerufene Revolution, die sich gegen die Monarchie und die britische Fremdherrschaft richtete, führte indes nicht nur zur Ausrufung der Republik (1953). Der Staatsstreich begründete auch die Herrschaft des Militärs, das nicht zuletzt die Kriege gegen Israel nutzte, um sich als Hüter des Staates darzustellen und dabei einen eigenen Staat im Staate aufzubauen. Nach der Übernahme des Präsidentenamtes 1956 verdrängte Nasser potenzielle Konkurrenten, wie die islamistische Muslimbruderschaft, aus dem politischen System und besetzte wichtige Posten in Ministerien und der öffentlichen Verwaltung mit Militärs. Durch eine Landreform und die Verstaatlichung der Wirtschaft erlangten die Streitkräfte zudem die Kontrolle über Grund und Boden sowie zahlreiche Unternehmen. Nach Nassers Tod 1970 übernahm mit Anwar al-Sadat ein weiteres ehemaliges Mitglied der "Freien Offiziere" das Präsidentenamt. Sadat leitete einen wirtschaftlichen Öffnungsprozess des Landes ein, ließ die ökonomischen Aktivitäten des Militärs aber unangetastet. Diese waren umso wichtiger geworden, da die Aufgabe der Landesverteidigung durch den 1979 erfolgten Friedensschluss mit Israel an Bedeutung verloren hatte und die Streitkräfte ein neues Betätigungsfeld brauchten. Entsprechend expandierte auch in der 30-jährigen Amtszeit von Sadats Nachfolger, dem ehemaligen Luftwaffenchef Hosni Mubarak, das militärische Wirtschaftsimperium. Den Streitkräften kam hierbei die enge Sicherheitspartnerschaft mit den USA entgegen, die der ägyptisch-israelischen Annäherung gefolgt war. Seit den 1980er-Jahren wurden bis zu 80 Prozent der ägyptischen Rüstungsausgaben durch US-amerikanische Militärhilfen (jährlich ca. 1,3 Milliarden US-Dollar) finanziert, wodurch mehr Mittel zum Ausbau ziviler Wirtschaftsaktivitäten blieben. Heute betreibt das Militär nicht nur Hühnerfarmen und produziert Konsumgüter wie Kühlschränke, sondern stellt auch landesweit Infrastruktur wie Straßen und Telefonleitungen bereit. Ein wichtiger Vorteil gegenüber der Privatwirtschaft besteht in der billigen Arbeitskraft von Wehrdienstleistenden. Die allgemeine Wehrpflicht ist allerdings nicht nur von wirtschaftlicher Bedeutung für die Streitkräfte. Durch sie kommt dem Militär auch eine wichtige Rolle bei der Sozialisierung junger Männer zu. Dabei ist für viele von ihnen das Militär auch nach dem Wehrdienst ein attraktiver Arbeitgeber. So verspricht der Eintritt in die Streitkräfte noch immer ein finanziell abgesichertes Leben, das allerdings weitestgehend in einer auch wirtschaftlich geschlossenen Parallelwelt stattfindet. Militärangehörige leben in eigenen Städten, in denen sie Zugang zu vergünstigtem Wohnraum, Autos, Freizeit- und Urlaubseinrichtungen sowie Konsumgütern haben. Gleichzeitig sind die Streitkräfte durch ihre Nahrungsmittelproduktion auch an der Versorgung ärmerer Bevölkerungsschichten beteiligt und steigern hierüber ihr Ansehen innerhalb der ägyptischen Gesellschaft. Die Popularität des Militärs in Teilen der Bevölkerung kam 2011 eindrücklich in dem während des Januar-Aufstandes skandierten Slogan "Die Armee und das Volk gehen Hand in Hand" zum Ausdruck. Die Militärs, angeführt von dem als unpolitisch geltenden damaligen Verteidigungsminister Mohammed Tantawi, verhielten sich während der Massenproteste gegen Präsident Mubarak zunächst neutral. Sie fürchteten nicht nur die internationalen Konsequenzen einer gewaltsamen Niederschlagung des Aufstands; viele Offiziere sympathisierten sogar mit der Protestbewegung, da sie einen Vater-Sohn-Wechsel im Präsidentenamt ablehnten, der sich unter Mubarak angedeutet hatte. Im Februar 2011 zwang die Militärführung Mubarak schließlich zum Rücktritt und leitete einen politischen Transformationsprozess ein. Proteste in den Folgemonaten wurden durch eine Mischung aus Zugeständnissen und brutaler Repression geschickt kontrolliert. Im Juni 2012 machten die Generäle schließlich den Weg für Präsidentschaftswahlen frei, die der Muslimbruder und Zivilist Mohammed Mursi gewann. Allerdings unterstützten sie die Bruderschaft in ihren Auseinandersetzungen mit Gegnern im Staatsapparat und in der Judikative nicht. Vielmehr nutzten sie, angeführt vom neuen Verteidigungsminister Abdel Fatah al-Sisi, im Juni 2013 abermals die Unzufriedenheit in der Bevölkerung, um Mursi abzusetzen. Seit dem Putsch 2013 ist das Militär darauf bedacht, seine Macht weiter zu festigen – und zwar mit allen Mitteln. In einer neuen Verfassung wurde die bis dahin eher informelle Rolle als Staat im Staate weitgehend formalisiert. Und mit der undemokratischen Wahl al-Sisis in das Präsidentenamt steht seit Juni 2014 wieder ein ehemaliger Militär an der Staatsspitze. Vor allem aber gehen die Streitkräfte mit aller Härte gegen Opposition und kritische Zivilgesellschaft vor. Militärgerichte urteilen Zivilisten in Schnellverfahren ab, und die Militärpolizei unterstützt Polizei und Staatssicherheit bei der gewaltsamen Niederschlagung von Protesten. Ohne Rücksicht auf zivile Opfer führen die Streitkräfte zudem eine bislang wenig erfolgreiche Anti-Terror-Kampagne gegen dschihadistische Gruppierungen auf der Sinai-Halbinsel. Auch die militärischen Wirtschaftsaktivitäten wurden weiter ausgebaut. Lukrative Aufträge, insbesondere für große Infrastrukturprojekte wie den Ausbau des Suezkanals, gingen an die Streitkräfte. Und während Ägypten seine Zahlungsfähigkeit nur durch Kredite und Zuwendungen aus den Golfstaaten aufrechterhalten konnte, wurden die Militärausgaben deutlich gesteigert. Dabei dürften die rund fünf Milliarden US-Dollar, die 2015 aus der Staatskasse überwiesen wurden, nur einen Teil des Militärhaushalts ausmachen. Darauf deutet auch die kostspielige Aufrüstungspolitik hin, die unter Präsident al-Sisi betrieben wird. Anders als in der Mubarak-Ära werden Rüstungsgüter nun nicht mehr weitgehend exklusiv über die USA gekauft. Vielmehr wurden seit 2014 Waffengeschäfte in Höhe von Milliarden US-Dollar auch mit anderen Staaten, allen voran Frankreich und Russland, getätigt. Offenkundig soll durch die Aufrüstung dem regionalen Bedeutungsverlust begegnet werden, den Ägypten trotz der Größe seiner Streitkräfte (rund 440.000 Soldaten und über 470.000 Reservisten) in den vergangenen Jahrzehnten erfahren hat. Zukünftig könnte das Militär daher nicht nur innen-, sondern auch außenpolitisch eine noch gewichtigere Rolle spielen. In jedem Fall sind Veränderungsprozesse in Ägypten gegen den Willen der Generäle kaum vorstellbar. Stephan Roll / Jessica Noll Dr. Stephan Roll ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Jessica Noll Forschungsassistentin in der Forschungsgruppe Naher/Mittlerer Osten und Afrika bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (swp) in Berlin. Das "Märchensultanat Oman" hat seit 1970 eine atemberaubende Entwicklung vollzogen. Unter Sultan Qabus konnte sich das Land aus seiner fast vollständigen Isolation lösen und zu einer weithin geachteten, aufstrebenden Nation und zu einem verlässlichen internationalen Partner entwickeln. Die personalisierte Herrschaft des populären Sultans, der Aufstieg des Landes unter seiner Regierung und seine tolerante Religionspolitik gegenüber unterschiedlichen muslimischen und nichtmuslimischen Gruppen haben ein omanisches Nationalgefühl gefördert, in dessen Zentrum der Landesvater steht. Wirtschaftlich ist Oman mit seiner Versorgungspolitik und einem großen Anteil ausländischer Arbeiter ein typischer Rentierstaat der Golfregion, wenngleich in gemäßigterem Ausmaß als die kleineren Golfmonarchien Kuwait, Katar und Vereinigte Arabische Emirate. Die Proteste des Arabischen Frühlings hat das Sultanat mit einer Kombination aus steigenden Wohlfahrtsausgaben, institutioneller Anpassung und Repression bewältigt. Zentrale strukturelle Probleme blieben dabei allerdings ungelöst: Der aktuelle Rückgang der Weltmarktpreise für Öl und Gas und die dadurch sinkenden Staatseinnahmen verdeutlichen die Abhängigkeit von diesen Sektoren. Oman war der erste Mitgliedstaat des Golfkooperationsrates, der 2015 Schulden aufnehmen musste, und die Eingliederung der Bevölkerung Omans in den Arbeitsmarkt ist ins Stocken geraten. Das politische System bleibt weiterhin auf die Person des kinderlosen Sultans zugeschnitten, der gesundheitlich angeschlagen ist und wohl nur noch eine beschränkte Herrschaftszeit vor sich hat. Die Regelung seiner Nachfolge ist ungewöhnlich und muss im Kontext der spezifischen Gegebenheiten des Sultanats betrachtet werden. Im omanischen Grundgesetz, dem Basic Law of the State, ist in Artikel 5 bis 7 festgelegt, dass der königliche Familienrat innerhalb von drei Tagen nach dem Ableben des Sultans einen Nachfolger zu bestimmen hat. Wenn ihm das nicht gelingt, ist der nationale Verteidigungsrat zusammen mit den Sprechern der beiden Parlamentskammern sowie dem Vorsitzenden und den beiden ältesten Mitgliedern des Obersten Gerichts beauftragt, einen neuen Sultan einzusetzen. Dessen Name soll in einem bereits vor vielen Jahren von Qabus hinterlegten Brief stehen, den der Verteidigungsrat dann öffnen würde. Mit der seit fast 20 Jahren gültigen Regelung vermied es Qabus, einen Nachfolger öffentlich bekannt zu geben, der ihm irgendwann zum Rivalen hätte werden können. Gleichzeitig zwingt er die königliche Familie, im Falle seines Ablebens zügig eine Einigung herzustellen, da andernfalls Akteure außerhalb der Herrscherfamilie daran beteiligt wären, ein Familienmitglied zum nächsten Sultan zu küren. Es ist davon auszugehen, dass sich der Nachfolger von Qabus zunächst eigene persönliche Legitimität erarbeiten muss. Für den Übergang wäre es daher vorteilhaft, wenn die politische Entscheidungsfindung bereits weiter institutionalisiert wäre und eine bessere Koordination der Verwaltungsabläufe im Staat bestünde. Denkbar wäre, dass der jetzige Sultan einen Premierminister ernennt, der hilft, die Machtübergabe abzusichern. Weiterhin müsste die Legislative gestärkt werden. Bislang ist nur das Unterhaus vom Volk gewählt, und die Parlamentarier beider Kammern verfügen nur über eingeschränkte Möglichkeiten, um eine von der Regierung unabhängige parlamentarische Arbeit durchzuführen. Ohne Qabus gäbe es das Sultanat Oman in seiner heutigen Form nicht. Ein Fortbestehen des Landes ohne ihn ist daher für viele Omanis kaum vorstellbar. Andererseits scheinen die politischen Institutionen und Entscheidungsstrukturen sowie der omanische "Way of Life" des multiethnischen Zusammenlebens größtenteils zu funktionieren. Der Test, ob sie auch ohne den Sultan nachhaltig stabil sein können, muss allerdings erst noch erbracht werden. Thomas Richter Vgl. für eine ausführlichere Darstellung: GIGA Focus Nahost, 10/2014
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Ranko, Annette
"2021-12-07T00:00:00"
"2016-12-13T00:00:00"
"2021-12-07T00:00:00"
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/naher-osten-331/238913/die-epoche-der-autokraten/
Nachdem die arabischen Staaten ihre tatsächliche – nicht mehr lediglich formale – Unabhängigkeit von den europäischen Kolonialmächten erlangt hatten, dominierten im Nahen Osten langlebige Autokratien von großer Stabilität. Doch die Protestbewegungen
[ "naher Osten", "Diktatur", "Autokrat", "Autokratie", "Kolonie", "Arabischer Frühling", "Autoritarismus" ]
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Die Zukunft liegt in Halle | Deutschland Archiv | bpb.de
Zunächst die Vorgeschichte: Wie eine Einheit feiern, deren Erfolg seit einigen Jahren durch unüberhörbaren Unmut in Ostdeutschland zumindest diskussionswürdig erscheint? Vor dieser Aufgabe stand 2020 die vom Bundesinnenministerium eingesetzte Expertenkommission „30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit”. Die Idee der Kommission, die damals bevorstehenden Jahrestage vor allem auch zum Anlass einer Untersuchung der Stimmungslage in Ostdeutschland zu nehmen und auf dieser Grundlage Handlungsempfehlungen für die Bundesregierung zu entwickeln, war darauf sicher nicht die schlechteste Antwort. 22 Mitglieder aus Politik, Kultur und Wissenschaft gehörten dem Gremium bis Ende 2020 an, 65 Millionen Euro umfasste der Etat für zwei Jahre, geplant wurden unter anderem Debatten, Bürgerdialoge und Werbekampagnen. In ihrem Abschlussbericht, den sie am 7. Dezember 2020 in der Bundespressekonferenz vorgestellt hat, bezeichnet die Kommission die Deutsche Einheit als zumindest unabgeschlossen. Die Autor*innen machen sich stark dafür, „Defizite und Fehlentwicklungen“ im Einheitsprozess zu benennen und „die Debatte über Stand und Zukunft der inneren Einheit unseres Landes auf eine neue Grundlage“ zu stellen. Sie konstatieren, dass Folgeprobleme der Einheit, wie Arbeitslosigkeit und Abwanderung, unter Ostdeutschen zu „Aussichts- und Hoffnungslosigkeit“, politischer und gesellschaftlicher „Verdrossenheit“ und „Entfremdung“ geführt haben. Sie problematisieren die fehlende Sichtbarkeit und Würdigung der Lebensleistungen Ostdeutscher und ihre Unterrepräsentanz in gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Führungspositionen. Mit ihren Handlungsempfehlungen wollte die Kommission diesen Missständen gegensteuern. Ein Kernstück der Externer Link: Empfehlungen, die am 8. Dezember 2020 auch online öffentlich zugänglich publiziert wurden, ist die Einrichtung eines „Zukunftszentrums für Europäische Transformation und Deutsche Einheit“ in Ostdeutschland, als Ort der „praxisorientierten Auseinandersetzung mit Geschichte.“ In einem interdisziplinären Kompetenzzentrum, eingerichtet in einem „identitätsstiftenden“ Gebäude in Ostdeutschland, sollen die Leistungen und Erfahrungen der Ostdeutschen in der Transformation verarbeitet und für die Zukunft nutzbar gemacht werden. Das Zentrum soll ein wissenschaftliches Institut, ein Dialog- und Begegnungszentrum und ein Kulturzentrum umfassen, Preise und Stipendien vergeben, Konferenzen und Ausstellungen ausrichten und Formen des Austauschs im und jenseits des Zentrums organisieren. Handlungsempfehlung sieht Zentrum bis 2028 vor Das Bundeskabinett griff die Handlungsempfehlungen der Kommission im März 2021 auf und setzte neben einer am Bundesinnenministerium angesiedelten Lenkungsgruppe eine achtköpfige Arbeitsgruppe ein, die schon bis Ende Juni 2021 ein „detailliertes Konzept“ zu den Aufgaben und Arbeitsweisen eines solches „Zukunftszentrums für Europäische Transformation und Deutsche Einheit“ erstellen sollte. Zu Mitgliedern dieser AG wurden berufen: Brandenburgs ehemaliger Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der parlamentarische Staatssekretär und Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), die SPD-Politikerin Katrin Budde aus Sachsen-Anhalt, der ehemalige Bundesinnenminister Thomas de Mazière (CDU), der Görlitzer Soziologe Raj Kollmorgen, die Demokratieforscherinnen Astrid Lorenz aus Leipzig und Gwendolyn Sasse aus Berlin sowie der Leiter des Europäischen Solidarność-Zentrums in Danzig, der Politologe und Publizist Basil Kerski. Nicht Frankfurt (Oder) sondern Halle Der Bericht der Arbeitsgruppe wurde am 16. Juni 2021 vorgelegt. Das Zentrum solle "in einer ostdeutschen Stadt mit universitärer Anbindung entstehen, bis zu 200 Millionen Euro kosten und möglichst in sechs Jahren seine Arbeit aufnehmen". Der Standort werde in einem Wettbewerb ermittelt und müsse nicht zentral gelegen, aber für internationale Gäste gut erreichbar sein, hieß es bei der Vorstellung des Berichts. Die im September 2021 neu gewählte Bundesregierung hat dann an diese Planungen angeknüpft und machte die Kriterien für den Standortwettbewerb am 17. Oktober 2022 öffentlich: "Geplant ist ein Gebäude mit einer herausgehobenen modernen Architektur. Das „Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation“ ist ein Ort, an dem die Erfahrungen und Leistungen der Menschen aus und in Ostdeutschland in den letzten 30 Jahren sichtbar gemacht werden. Hier sollen die Bedingungen für eine Transformation von Wirtschaft und Gesellschaften erforscht und Lebensleistungen gewürdigt werden. Das Zentrum bietet Raum für Kultur, Dialog und lebendige Diskussionen." Erste Interessensbekundungen gab es daraufhin unter anderem aus Jena in Thüringen, Leipzig & Plauen im Verbund in Sachsen, Halle und Magdeburg in Sachsen-Anhalt, außerdem aus den thüringischen Städten Eisenach und Mühlhausen (letztere in Kooperation mit der hessischen Stadt Eschwege) und aus Frankfurt (Oder) in Brandenburg, das sich gemeinsam mit dem polnischen Słubice als "Europäische Doppelstadt" versteht. Eisenach entwickelte sich dabei lange Zeit als ein Geheimtipp der Jury, weil die Stadt viele der formulierten Anforderungen erfüllte, noch überzeugender gelang das aber letzten Endes dem besonders zentral im Osten Deutschlands gelegenen Halle. Die Jury-Entscheidung fiel nach intensiven Standortchecks am Abend des 14. Februar 2023 in weitgehendem Konsens auf die sachsen-anhaltinische Universitätsstadt. Lange Zeit galten auch Jena, Leipzig und Frankfurt (Oder) als Favoriten. Abhängig war die Ortswahl aber auch davon, wo kann ein für ein markantes Gebäude geeignetes, bebaubares Grundstück zur Verfügung gestellt werden, dass später bis zu 200 Mitarbeitende fasst? Jährlich soll das Zentrum dafür mit einem 40 Millionen-Euro-Etat ausgestattet werden. In Halle erwies sich der zentrale Riebeckplatz direkt vor dem Hauptbahnhof als geeignetster Standort. Der bisherige Verkehrsknotenpunkt zwischen Bahnhof und Innenstadt soll entsprechend attraktiv umgestaltet werden und BesucherInnen der Stadt gleich mit dem markanten Gebäude zum Durchspazieren empfangen; Halles Stadtplaner haben dabei gleich an ein Hochhaus gedacht, für das ein Bauwettbewerb ins Leben gerufen werden soll. Die größte Stadt in Sachsen-Anhalt sei ein typischer Ort "für gelingende Transformation seit der Wende", habe mit der Nationalen Akademie Leopoldina und der Martin-Luther-Universität gute wissenschaftliche Andockmöglichkeiten und ein "herausragendes kulturelles Umfeld", betonten Jurymitglieder. Zudem ist Halle ICE-Knotenpunkt. Eine eigene Website dokumentiert die siegreiche Bewerbung: Externer Link: https://zukunftszentrum-halle.de. Besondere Hoffnungen hatte sich allerdings schon früh vor allem Frankfurt (Oder) als Brückenstadt nach Osteuropa gemacht, hier aber sahen mehrere Jurymitglieder schon die Universität Viadrina als aktiven Brückenbauer vor Ort und empfanden die Nähe zu Berlin als zu groß. Im Juli 2021 erfolgte die Zustimmung der vormaligen (schwarz-roten) Bundesregierung zu dem Gesamt-Konzept. Im Koalitionsvertrag vom 24.11.2021 hielt die nachfolgende, rot-grün-gelbe Koalition daran fest. Dort heißt es auf S. 130: "Die Erfahrungen der Ostdeutschen im Wandel und die Bedingungen für gelingende Transformation sollen im neuen „Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation“ für zukünftige Herausforderungen erforscht und besser vermittelt werden". Zügig wurde zunächst die nun entschiedene Standortausschreibung auf den Weg gebracht. Der stellvertretende Jury-Vorsitzende Basil Kerski, er ist Politikwissenschaftler und leitet das Europäische Solidarność-Zentrum in Danzig, begründete gegenüber dem Deutschlandarchiv die Entscheidung für Halle wie folgt: Die Saalestadt sei besonders zentral in Ostdeutschland gelegen und "prädestiniert als künftiger Forschungs- und Dialogort ein besonderes Zeichen für Deutschland und Europa zu setzen". Halle veranschauliche die Epochen Europas und die der deutsch-deutschen Transformation auf vielfältige Weise, vom Mittelalter bis hin zu den Bausünden aus der DDR-Zeit und dem inzwischen modernisierten Stadtteil Halle-Neustadt, wo auch viele Geflüchtete gut aufgenommen worden seien. Außerdem habe sich Halle konzeptionell von vornherein "in die Region und den ganzen Osten hinein gedacht" und sich dabei nicht nur auf sich selbst bezogen. Diese Aufgeschlossenheit mache "die Stadt Händels" auch für viele Zuwanderer, Studierende aus aller Welt und ausländischen Gäste attraktiv. Potenziale und Fallstricke Aber nun zu den inhaltlichen Aspekten des künftigen Zukunftszentrums, das der derzeit amtierende Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), als eines "der wichtigsten Projekte für die Festigung der Deutschen Einheit und des Zusammenhalts in Europa in den kommenden Jahren" bezeichnet. Mein nachfolgender Text soll die Potenziale, aber auch mögliche Fallstricke einer solchen Einrichtung aufzeigen. Auf welche geschichts- und diskurspolitische Situation reagiert eigentlich der Vorschlag für dieses Zentrum? Auf welche Defizite in der bisherigen Aufarbeitung ostdeutscher Transformationsgeschichte will, kann oder müsste es reagieren? Welche Formen der Umsetzung des Vorschlags wären einer solchen Aufgabe angemessen? Welche Fehler in der bisherigen staatlichen Aufarbeitungspolitik gilt es zu vermeiden? Ich nähere mich diesen Fragen im Folgenden aus der Perspektive meiner eigenen langjährigen forschenden und künstlerischen Beschäftigung mit der Geschichte der Revolution von 1989/90 und ihrer Vor- und Nachgeschichte und verstehe diesen Text als Anregung und Beitrag zu einer hoffentlich regen Diskussion zu dem vorgeschlagenen Zentrum und seinen Themen. Zwischen Currywurst und Spitzelstaat: Darstellungen von DDR-Geschichte und -biographien bis 2014 Der durch die Coronapandemie in den Medien weitgehend untergegangene Bericht der Kommission war und ist zunächst Zeugnis und sicher auch Produkt einer Öffnung und Diversifizierung des Umgangs mit ostdeutscher Geschichte und ostdeutschen Biographien. Noch die Feierlichkeiten des letzten größeren Jubiläums von „Mauerfall und deutscher Einheit“ in den Jahren 2014/15 bewegten sich irgendwo zwischen „Trabbi, Mauer und Currywurst“ auf der einen und Unrechtsstaat und Diktatur auf der anderen Seite und verdeutlichten damit auch den Stand der Debatte zur DDR-Geschichte. Wenn über die DDR gesprochen oder zur DDR geforscht wurde, geschah dies ab 1990 entlang eines aus dem Kalten Krieg übernommenen binären Erzählmusters: hier der freiheitliche Westen als Normalität, dort der totalitäre, repressive Staatsozialismus als historischer Irrweg, der 1989 glücklich und endgültig überwunden wurde. Viele Ostdeutsche – von denen zu diesem Zeitpunkt laut Umfragen 74 Prozent den Sozialismus für „eine gute Idee, die nur schlecht umgesetzt wurde“ hielten – fanden sich in einer solchen Erzählung aber nicht wieder. Ihre Lebensleistungen ließen sich in einer auf Repression und Widerstand reduzierten Geschichte weder würdigen noch überhaupt erst einmal erzählen. In den westdeutsch dominierten Medien tauchten ostdeutsche Leben als Klischees auf – oder gar nicht. Es entstand der „Eindruck” – wie es die Kommission zurückhaltend formulierte –, dass die Ostdeutschen in der öffentlichen Debatte nicht angemessen vorkämen. Und wer meint, durch den starken Fokus auf das Thema Stasi wäre wenigstens die Aufarbeitung dieses einen Themas gelungen, sei an den heftig geführten Streit um die Ernennung Andrej Holms zum Staatssekretär für Wohnen in Berlin 2017 erinnert, der eindrücklich zeigte, dass der gegenwärtige Stand der Debatte sich eher für tagespolitische Instrumentalisierungen als für eine tatsächliche Verständigung jenseits simpler Opfer-Täter-Schemata eignet. Es ist bitter, dass es scheinbar erst die ab 2015 von Pegida und AfD betriebene Skandalisierung und Funktionalisierung ostdeutscher Fehlentwicklungen brauchte, um eine breitere Debatte zu und Neubewertung der Transformation in Ostdeutschland zu erzwingen. Es ist daher ein wichtiger Schritt nach vorne, dass sich die Kommission mit ihrem Bericht und ihren Vorschlägen der ostdeutschen „Entfremdung und Verdrossenheit“ jetzt angenommen hat und diese „klar zu benennen und ihnen möglichst umfassend entgegenzuwirken“ als eine zentrale gesamtgesellschaftliche und staatliche Aufgabe verstanden wissen möchte. Eine solche Neubewertung müsste aber notwendigerweise mit einer kritischen Befragung der bislang verwendeten Begriffe und Narrative anfangen. So erweist sich, wie ich im Folgenden kurz ausführen möchte, schon das Reduzieren des Umbruchs und der Transformation in Ostdeutschland ab 1989 auf den Begriff der „Deutschen Einheit“ für eine Würdigung der, auch demokratischen, Leistungen der Ostdeutschen und eine Bewertung ihres politischen Engagements und Interesses als unzureichend. Transformationsgeschichte ist Revolutionsgeschichte: Die Revolution von 1989/90 als unvollendete demokratische Ermächtigung erzählen Im April 2019 sprach die Bundesregierung in ihrem Einsetzungsbeschluss zur „Durchführung der Feierlichkeiten 30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit davon, dass diese „Jubiläumsjahre“ auch dazu dienen sollten, ein „Bewusstsein“ dafür zu schaffen, „dass die Deutsche Einheit ein Prozess ist, der noch nicht abgeschlossen ist. Die Jubiläumsjahre sollen das gemeinsame und gegenseitige Verständnis für die Leistungen fördern, die zur Wiedervereinigung geführt haben und für das Zusammenwachsen von Ost und West erbracht wurden“. Doch damit blieben erneut all jene Aspekte und Hoffnungen des Umbruchs von 1989/90 unerwähnt, die über die Übernahme der „real existierende[n] Demokratie vom Rhein“ hinausgingen, wie sie Joachim Gauck einmal definierte. Eine solche Erzählung der Revolution von 1989/90 entlässt deren Akteur*innen nicht als Träger einer radikalen und alle gesellschaftlichen Bereiche ergreifenden kollektiven Selbstermächtigung in die Post-Revolution, sondern als „Lehrlinge“ oder – buchstäblich – als Kinder. Sie setzt so den Ton für genau jene eigentlich kritisierte Herabwürdigung von Ostdeutschen, welcher die Kommission mit dem geplanten Zentrum entgegenwirken möchte. Es ist insofern ein gutes Zeichen, dass sich die Kommission 2019/20 entschied, die Liste der zu feiernden Ereignisse um eine Reihe weiterer „Meilensteine”, darunter auch das Gründungstreffen des Neuen Forums im September 1989 und die Interner Link: Montagsdemonstrationen am 9. Oktober 1989, zu ergänzen. Ein solches erweitertes Verständnis der Revolution von 1989/90 sollte sich entsprechend auch in der von der Kommission vorgeschlagenen Würdigung der Transformationsleistungen der Ostdeutschen niederschlagen. Forschung und Dialog im geplanten Zentrum sollten sich, neben der Geschichte von 1989/90 als Einheitsgeschichte, auch dessen annehmen, was aus dem Umbruch von 1989/90 an uneingelösten Versprechen und vergessenen emanzipatorischen Praxen liegengeblieben ist. Viele der Vorschläge der damals Engagierten für eine ökologische Neugestaltung der Wirtschaft, für eine gerechtere globale Ordnung oder für die in der DDR behauptete, aber nicht erzielte Geschlechtergerechtigkeit, sind auf dem eher westdeutsch dominierten Weg in die deutsche Einheit auf der Strecke geblieben – erscheinen aber 30 Jahre später so aktuell wie hellsichtig. Kein Gejammer: Ostdeutsche Protestgeschichte ab 1989 Mit einem solchen erweiterten Ansatz ließe sich anerkennen, dass die post-DDR-Bürger*innen ihre Transformationsleistungen nicht nur unter dem Vorzeichen des Verlustes der politischen, kulturellen und sozialen Koordinaten ihres bisherigen Lebens, sondern auch jenes Möglichkeitsraums erbracht haben, den sie sich im Herbst und Winter 1989/90 erkämpft hatten. Die massive ostdeutsche Protestbewegung der frühen 1990er Jahre ließe sich, statt sie als typisches „Jammerossitum“ abzutun, in Kontinuität mit einem demokratischen Selbstbestimmungsanspruch untersuchen, der nach dem 3. Oktober 1990 nicht erlosch, sondern nun vielmehr auf die neuen Verhältnisse angewendet wurde. Circa 150 bis 200 Streiks, Betriebsbesetzungen und andere Proteste pro Jahr zwischen 1991 und 1994 müssten in diesem Sinne nicht als eine „zweite Revolution im Osten“, sondern als Fortsetzung der ersten analysiert werden. Die Enttäuschung vieler Ostdeutscher nach 1990 entspringt auch der großen Fallhöhe zwischen ihrem 1989 erlernten demokratischen Anspruch und der damals von der Treuhand propagierten Politik wirtschaftlicher Sachzwänge. Statt die begonnenen demokratischen „Experimente“ zu verstetigen, wurde der Osten nun zu einem Labor einer so in Europa noch nie gesehenen Privatisierung und Liquidation einer Volkswirtschaft, die – teils bis heute – als alternativlos deklariert wird. Die demokratischen Defizite einer solchen „Transformation von oben“ müssen in dem geplanten Zentrum diskutierbar werden, wenn die von der Kommission gewünschte Anerkennung ostdeutscher Enttäuschungen und Verletzungen gelingen soll. Der für das Zentrum vorgeschlagene osteuropäische und transnationale Rahmen könnte sich hier als hilfreich erweisen. Die Geschichten der oft erfolgreicheren osteuropäischen Alternativen sind gut geeignet, die behauptete Unumgänglichkeit der ostdeutschen Schockprivatisierung zu überprüfen. Auch die Frage nach der Politverdrossenheit der Ostdeutschen und ihrem vermeintlich fehlenden politischen Engagement, dem „geringe[n] Vertrauen in die Demokratie und ihre Institutionen“, die den Bericht und die Vorschläge der Kommission durchzieht, ließe sich so jenseits abwertender Stereotype noch einmal anders und produktiver darstellen. Die signifikante Protesterfahrung der Ostdeutschen, die sich nach 1990 nicht nur in Anti-Treuhandprotesten (1991-94), sondern auch in Montagsdemonstrationen gegen den Irakkrieg (2003) und gegen Harz IV (2004) manifestierte, könnte als Zeichen eines durchaus vorhandenen, aber als wenig wirkmächtig erlebten, spezifisch ostdeutschen politischen Engagements untersucht und gewürdigt werden. So ließe sich auch der 2014 begonnenen Aneignung ostdeutschen Protests durch Rechtspopulisten und Rechtsextremisten begegnen. Gegen eine rechte Vereinnahmung: Nationale Narrative feiern oder hinterfragen? Es ist gut, dass die Kommission diese Aneignung und Mobilisierung ostdeutscher Frustrationen problematisiert und ihr mit ihren Vorschlägen und in dem geplanten Zentrum entgegenwirken möchte. In Zeiten, in denen gerade im Osten zivilgesellschaftliches Engagement oft mittels einer kruden Rechts-Links-Gleichsetzung diskreditiert und finanziell eher entwertet als gefördert wird, könnte das Zentrum so tatsächlich gegensteuern und ein wichtiges Zeichen setzen. Der Bericht der Kommission wirft aber Fragen auf, wenn er seine Vorschläge, auch die für das Zukunftszentrum, mit einem Aufruf zu einem stärkeren deutschen Nationalbewusstsein, einem „positiven demokratischen Patriotismus“ (im Bericht auf S. 30), einem "heiteren Feiern" (S. 23) des Nationalen verbindet. Hier zeigt sich ein zentrales Problem eines Handlungskonzeptes, dem sein ursprünglicher Auftrag, das nationale Projekt Deutsche Einheit vor allem positiv zu würdigen, noch überdeutlich anzumerken ist. So leisten der Bericht und seine Vorschläge aus meiner Sicht einem Feiernationalismus Vorschub, der schon in den 1990er Jahren nicht als harmloses Wohlfühldispositiv funktioniert hat. Westdeutsche mit türkischen Wurzeln und Schwarze (Ost)deutsche haben damals erleben müssen, wie sie aus dem gemeinsamen Feiern der Revolution im Osten in dem Maße ausgeschlossen wurden, wie daraus das nationale Projekt der "deutschen Wiedervereinigung" wurde. [20] Der Bericht erweckt den Eindruck, als wiederhole die Kommission diese Ausschlüsse nun in Inhalt und Form. Die nahezu „biodeutsche“ Zusammensetzung der Kommission zieht auch inhaltliche Schieflagen nach sich. So fehlt mir im Bericht die Anerkennung der Tatsache, dass sich auch Deutsche mit ausländischen Wurzeln und Vertragsarbeiter*innen, wie jene, die der Einigungsvertrag aus bilateralen Abkommen der DDR mit Mosambik, Vietnam und Angola in die Ungewissheit entließ, in der post-DDR ein neues Leben aufbauten. Ihre Lebensleistungen gehören ebenso zur ostdeutschen Transformationsgeschichte, wie auch ihre Erfahrungen mit Rassismus und Neofaschismus, der von dem mit der Einheit verbundenen Aufschwung des Nationalen befördert und von drastischen Einschränkung des deutschen Asylrechts flankiert wurde. Diese Zusammenhänge zwischen dem Wiedererstarken nationaler Narrative ab 1990 und dem, was in den letzten Jahren unter dem Hashtag „Baseballschläger-Jahre“ diskutiert wurde, gehören unbedingt in das Themen- und Forschungsspektrum des geplanten Zentrums, finden aber in Bericht und Vorschlägen keine angemessene Berücksichtigung. Die fehlende Sensibilisierung und Expertise zu migrantischen Perspektiven schlägt im Bericht leider noch an anderen Stellen negativ zu Buche. So werden Forderungen für mehr Engagement gegen „Fremdenfeindlichkeit“ in den Handlungsempfehlungen mit der Notwendigkeit begründet, (ausländische) „Talente“ nicht zu verprellen. So knüpft man das Recht von Menschen, nicht rassistisch beleidigt oder angegriffen zu werden, an das Erbringen wirtschaftlicher Leistungen. Und wenn die Notwendigkeit, „Zugewanderte“ mit den kulturellen Aktivitäten des Zukunftszentrums zu „erreichen“, damit begründet wird, für diese sei „die Verinnerlichung der europäischen Werte von hoher Bedeutung”, unterstellt das implizit, dass ihnen diese Werte prinzipiell fremd oder äußerlich wären. Solch eine Formulierung ist besonders problematisch, wenn man bedenkt, dass Geflüchtete Europa und seinen praktizierten Werten aktuell häufig als allererstes in Form eines gewaltvollen und oft tödlichen europäischen Grenzregimes begegnen. Hier sollte sich die Bundesregierung bei der weiteren Planung des Zentrums dringend sensibilisieren und die nötige Expertise einholen. Die Bewertung der deutschen Einheit und Transformation sollte also in einem Forschungszentrum nicht bereits auf die im Bericht anklingende positive Weise festgeschrieben werden, sondern Inhalte und Ziele sollten eine in alle Denkrichtungen offene und kritische gesellschaftliche Auseinandersetzung ermöglichen. Wi(e)der eine Geschichtspolitik von oben? Zur Form des Zentrums und seiner Planung Das wirft die grundsätzlichere Frage auf, was es heißt, die vorgeschlagene staatliche Förderung von Forschen und Erinnern an eine zentrale Einrichtung und einen repräsentativen Auftrag zu binden. Die Kommission sieht den Vorteil des geplanten zentralen Ansatzes in der Bündelung von Kompetenzen und Aufgaben und der so möglichen Intensivierung des Austauschs. Es ist nachvollziehbar, dass sie so zwischen den sehr unterschiedlichen, teils antagonistischen Narrativen zum und im Osten vermitteln möchte. Aber eine solche Zentralisierung und staatliche Lenkung des Erinnerns birgt auch Gefahren. Die Sensibilität gegenüber Versuchen einer staatlich gelenkten Geschichtsdeutung oder gar Belehrung oder Umerziehung ist aus meiner Sicht im Osten zu Recht groß. Die Transformationsleistungen, die im Zentrum gewürdigt werden sollen, sind von Ostdeutschen von unten und oft entgegen staatlicher Politiken erbracht worden. Dem gilt es, auch in der Form ihrer Aufarbeitung Rechnung zu tragen. Das Bemühen darum ist dem Vorschlag an vielen Stellen anzumerken. Aber es gerät in Konflikt mit dem bereits erwähnten Primat einer prinzipiell positiven Bewertung der Deutschen Einheit. Was passiert mit Stimmen, die ihre Kritik nicht in ein solches Narrativ vereinnahmt wissen wollen? Kritischen Stimmen innerhalb der Arbeit des Zentrums Raum zu geben, ist nötig und wichtig, aber es braucht auch eine kritische und gleichberechtigte Auseinandersetzung zwischen dem Zentrum und anderen Ansätzen, Akteur*innen und Institutionen. Letztendlich geht es um ein breites, auch widerspruchsvolles Mosaik. Die andere Seite der Proteste: Parole für Reformen in Ost-Berlin im Herbst 1989. (© Holger Kulick) Wenn das Zentrum das Erinnern und die Forschung zur Transformation auf die im Bericht anklingende Weise an einen staatlichen Auftrag bindet, dann könnte es im Hinblick auf die geforderte größere Vielfalt möglicherweise mehr Schaden anrichten als helfen. Fatal wäre zum Beispiel, wenn anderen Akteur*innen im Zuge der Einrichtung des Zentrums Gelder zur Bearbeitung vergleichbarer Themen entzogen oder Projektanträge bei anderen, offeneren Förderungen mit Verweis auf dessen Existenz abgelehnt würden. Genau diese Wirkung ist in den vergangenen Jahren aber bereits einem prominenten ostdeutschen Erinnerungsprojekt vorgeworfen worden: der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Ihre Geschichte bietet ein wichtiges Beispiel für die Probleme, die mit an einen staatlichen Auftrag geknüpften Aufarbeitungsprojekten einhergehen können. Die Stiftung wurde 1998, ebenfalls aufgrund der Empfehlungen zweier von der Bundesregierung eingesetzter (Enquete-)Kommissionen, gegründet. Sie stellt seither Gelder zur Erforschung der DDR-Geschichte bereit, bindet diese aber aus Sicht ihrer Kritiker*innen auch an die Lesart, die ihr bereits im Namen eingeschrieben ist. Sie hat so maßgeblich zu der oben beschriebenen, von vielen Ostdeutschen als zu eng empfundenen Ausrichtung der DDR-Geschichtsschreibung beigetragen. Der DDR-Bürgerrechtler und Historiker Thomas Klein hat im Herbst 2020 beschrieben, wie kleinere und prekärere nicht-staatliche Akteure der Aufarbeitung aus bürgerbewegten Kreisen, die andere Ansätze der Historisierung verfolgen hätten können und auch wollten, sich entweder in Antizipation „der Erwartungen der fördernden Einrichtung“ oder unter politischem Druck den Vorgaben dieses wichtigsten Geldgebers beugten. Auch der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk – eine der bekanntesten Stimmen der bisherigen DDR-Aufarbeitung und zeitweise Mitglied der Kommission – hat der Stiftung 2016 am Beispiel einer Buchproduktion "Geschichtspolitik" im Sinne einer Monopolisierung und Verstaatlichung der DDR-Forschung vorgeworfen. Problematisch ist hier also nicht der inhaltliche Fokus auf Repression und deren Opfer an sich, sondern dass dieser durch die privilegierte Stellung der Stiftung den Platz einer breiter gefächerten DDR-Aufarbeitung einnimmt. Die Bundesregierung und die mit der Planung des Zentrums Beauftragten sollten auf diese Vorerfahrungen achten und deutlicher als im vorliegenden Bericht erklären, wie man vergleichbaren Prozessen in Bezug auf das geplante Zentrum vorbeugen und eine diverse und kontroverse Debatte zur Aufarbeitung der Nachwende innerhalb und jenseits des geplanten Zentrums gewährleisten möchte. Fazit: Von der Aufarbeitung in die Debatte In einem Interview anlässlich seiner Amtseinsetzung 2017 lehnte der seinerzeitige Berliner Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Tom Sello, die Forderung nach einer Aufarbeitung der Verwerfungen der Nachwendezeit noch mit der Begründung ab, dies sei nicht Aufgabe eines Beauftragten, sondern Gegenstand der „politischen Auseinandersetzung“ und einer „demokratisch legitimierte[n] politische[n] Willensbildung und Entscheidungsfindung“. Doch was ist Aufarbeitung, wenn sie letzteres nicht ist? Und was heißt es, wenn nun doch auch die Geschichte ab 1990 zum Gegenstand vergleichbarer staatlicher Erinnerungspolitiken gemacht wird? Im Idealfall könnten neu ausgerichtete Fördermechanismen dazu beitragen, Ostdeutsche, aber auch OsteuropäerInnen endlich vom Objekt zum Subjekt von Geschichtsschreibung und Zukunftsplanung werden zu lassen. Forschung und kulturelle Programme könnten die Erfahrung von Revolutions- und Transformationserfahrungen zum Ausgangspunkt einer kritischen Befragung des krisenbehafteten Heute machen, insbesondere nachdem es nach der Zeitenwende 1989/90 im Februar 2022 mit dem Beginn von Russlands Krieg gegen die Ukraine zu einer ganz neuen Geschichte(n) schreibenden Zeitenwende nach der Zeitenwende gekommen ist. Um der Idee einer Einrichtung gerecht zu werden, die nah an den Lebenserfahrungen der Ostdeutschen und OsteuropäerInnen in all ihren Facetten angesiedelt wäre, sollte die Debatte zur Ausrichtung und Gestaltung eines solchen Zentrums allerdings nicht, wie aktuell geplant, nur von einer kleinen, vom Bundesinnenministerium „gelenkten“ eingesetzten Arbeitsgruppe, sondern von einer breiten Öffentlichkeit geführt werden. Dem Zentrum, das von nun an in Halle wachsen soll, eine Form zu geben, die ihrem inhaltlichen Fokus, der Transformationsleistung der Ostdeutschen und auch OsteuropäerInnen, entspräche, hieße, seine Planung und das Gespräch zu den damit verbundenen Wünschen und Befürchtungen möglichst öffentlich, möglichst ergebnisoffen und möglichst auch „von unten“ zu gestalten. Mein Text versteht sich als Beitrag – auch Aufruf – zu einem solchen Austausch über ein Zukunfts-Debattenzentrum, bei dem als Grundfrage auch bleibt: Warum entsteht es eigentlich erst jetzt mit so immensem Aufwand, mit voraussichtlicher Fertigstellung 38 Jahre nach der Vereinigung. Zitierweise: Elske Rosenfeld, „Die Zukunft liegt in Halle“, in: Deutschland Archiv, 21.06.2021, zunächst unter dem Titel "Geschichtspolitik von oben", zuletzt ergänzt am 15.02.2023 von Holger Kulick. Link: www.bpb.de/334869. Weitere Beiträge zu diesem Thema werden nach und nach folgen. Es sind Meinungsbeiträge der jeweiligen Autorinnen und Autoren, sie stellen keine Meinungsäußerung der Bundeszentrale für politische Bildung dar. Ergänzend: Iris Mayer, Externer Link: "Ein Guggenheim der Deutschen Einheit", Süddeutsche Zeitung vom 12.2.2023 Schwabe, KowalczuK, Kersy u.a.m.; Externer Link: "Welche Zukunft braucht das Zukunftszentrum? Ein Plädoyer angesichts des Urainekriegs", Deutschlandarchiv vom 12.4.2022 Buchtipp zum Thema (erschienen am 24. Juni 2021): Interner Link: Ostdeutschlands Weg 1989 bis heute Die andere Seite der Proteste: Parole für Reformen in Ost-Berlin im Herbst 1989. (© Holger Kulick) Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, Abschlussbericht der Kommission „30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit”, Berlin, 7.12.2020. Bundesregierung, Stellungnahme zum ‘Abschlussbericht der Kommission „30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“, Drucksache 19/28060, 23.03.2021. Behandelt im Bundeskabinett am 17.03.2021, TOP 4, https://www.bundesregierung.de/breg-de/bundesregierung/bundeskanzleramt/kabinettssitzungen/themen-im-bundeskabinett-ergebnisse-1877668, zuletzt aufgerufen am 05.06.2021. Vgl. FAZ-Online vom 16.06.2021 https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/zentrum-zur-deutschen-einheit-in-ostdeutschland-geplant-17392914.html, zuletzt aufgerufen am 21.06.2021 Vgl. Zeit-Online vom 16.06.2021, https://www.zeit.de/news/2021-06/16/zukunftszentrum-deutsche-einheit-soll-im-osten-entstehen, zuletzt aufgerufen am 21.06.2021. Vgl. Eintrag vom 17.10.2022 auf der Website www.bundesregierung.de: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/deutsche-einheit/zukunftszentrum-einheit-2059090, letzter Zugriff 13.2.2023 Vgl. https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/halle/halle/zukunftszentrum-deutsche-einheit-investition-jobs-100.html, sowie: https://www.tagesschau.de/inland/zukunftszentrum-halle-103.html und https://www.sueddeutsche.de/politik/zukunftszentrum-ost-deutsche-einheit-1.5749776 und https://www.tagesspiegel.de/potsdam/brandenburg/juryentscheid-zum-zukunftszentrum-holt-frankfurt-oder-den-sieg-9341081.html, letzte Zugriffe 13.2.2023. Vgl. u.a. Tagesspiegel vom 13.2.2023 https://www.tagesspiegel.de/potsdam/brandenburg/juryentscheid-zum-zukunftszentrum-holt-frankfurt-oder-den-sieg-9341081.html, Märkische Oderzeitung vom 19.06.2021, in: https://www.pressreader.com/germany/maerkische-oderzeitung-strausberg/20210619/281784222050070, zuletzt aufgerufen am 14.02.2023. Vgl. https://cms.gruene.de/uploads/documents/Koalitionsvertrag-SPD-GRUENE-FDP-2021-2025.pdf, S. 130, Zugriff am 24.11.2021. Der Absatz im Koalitionsvertrag lautete komplett: "Wir verbessern die Repräsentation Ostdeutscher in Führungspositionen und Entscheidungsgremien in allen Bereichen. Für die Ebene des Bundes legen wir bis Ende 2022 ein Konzept zur Umsetzung vor. Die Erfahrungen der Ostdeutschen im Wandel und die Bedingungen für gelingende Transformation sollen im neuen „Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation“ für zukünftige Herausforderungen erforscht und besser vermittelt werden. Die Standortausschreibung soll Anfang 2022 zügig auf den Weg gebracht werden. Neue und zu erweiternde Bundes- und Forschungseinrichtungen siedeln wir bevorzugt in den ostdeutschen Bundesländern und strukturschwachen Regionen an, bis ein dem Bevölkerungsanteil entsprechender Stand erreicht ist. Die Bundesregierung wird zur Umsetzung bis spätestens Mitte 2022 ein Konzept mit objektiven Kriterien vorlegen." Siehe: 25 Jahre Deutsche Einheit, http://www.mauerfall-berlin.de/deutsche-einheit/25-jahre-deutsche-einheit-2015/, zuletzt aufgerufen 21.4.2021. Vgl. In deutschen Köpfen: Wie Ost und West seit der Einheit denken, Statistiken 1991 bis 2010, in: www.zeit.de/gesellschaft/deutschland-ost-west-umfragen.html, zuletzt aufgerufen 21.4.2021. Diese mediale (Nicht-)Behandlung ostdeutscher Themen ist in den letzten Jahren vielfach problematisiert worden; siehe z.B. Stefan Locke, Wie aus dem Kongo, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2.10.2020, https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/wie-berichten-medien-ueber-ostdeutschland-16981516.html, zuletzt aufgerufen 21.4.2021 Vgl. Ilko-Sascha Kowalczuk, "Einmal Stasi - immer Stasi?", bpb 17.3.2017, https://www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/stasi/240047/einmal-stasi-immer-stasi, zuletzt aufgerufen am 10.6.2021, und: Elske Rosenfeld, Zur „Causa Holm”, Teil 1, auf: Dissidencies (blog), 20.12.2016, http://dissidencies.net/causa-holm-1/, zuletzt aufgerufen 21.4.2021. Vgl. Fußnote 2, Abschlussbericht, S. 106. Vgl. Deutscher Bundestag - Rede von Joachim Gauck, Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, 9.11.1999, https:/ Ebd. Boris Buden beschreibt diesen Vorgang in Zone des Übergangs: Vom Ende des Postkommunismus, Frankfurt/M. 2009, S. 34, wie folgt: „Menschen, die in den demokratischen Revolutionen 1989/90 gerade Vgl. Elske Rosenfeld, Noch einmal eintauchen in die Zeit der Wende, in: Der Tagesspiegel, 7.3.2019, https://www.tagesspiegel.de/kultur/haus-der-berliner-festspiele-noch-einmal-eintauchen-in-die-zeit-der-wende/24073106.html, zuletzt aufgerufen 21.4.2021. Vgl. Jörg Roesler, Die Kurze Zeit der Wirtschaftsdemokratie. Zur „Revolution von Unten" in Kombinaten und Betrieben der DDR während des 1. Halbjahres 1990, Berlin 2005, S.46 f. Diese Formulierung benutzte der Moderator eines TV-Interviews mit Detlev Karsten Rohwedder in Bezug auf die Proteste im Frühjahr 1991 – zu sehen in der Netflix-Dokuserie „Rohwedder: Einigkeit und Mord und Freiheit“ (2020). Auch Klaus Wolfram, u.a. Vertreter des Neuen Forums am Zentralen Runden Tisch, benennt die Proteste gegen die Schließung des Kaliwerks in Bischofferode 1993 als eigentliches Ende der Revolution von 1989/90; siehe: Klaus Wolfram/Elske Rosenfeld/Jan Wenzel, Das Gewicht der Stimmen: Wie die Bürgerbewegungen 1990 einen Verfassungsentwurf und neue Öffentlichkeiten schufen, Berlin 2020, https://www.berlinerfestspiele.de/de/berliner-festspiele/die-institution/publikationen/publikationen.html, zuletzt aufgerufen 21.4.21. Vgl. hierzu: Karl-Heinz Paqué, Die Bilanz. Eine wirtschaftliche Analyse der deutschen Einheit, München 2009, S.41. Vgl. zur Begrifflichkeit der Transformation „von oben“ Michael Frisch/Michael Wyrwich, Ein langer Weg – Anpassungsprobleme in der ostdeutschen Unternehmenslandschaft, in: bpb-Dossier: Lange Wege der Deutschen Einheit 13.5.2020, https://www.bpb.de/47208, zuletzt aufgerufen am 08.5.2021. Der Wirtschaftshistoriker Jörg Roesler bezeichnet es als „Paradoxon“, dass das deutsche Transformationsmodell, trotz wesentlich besserer Ausgangsbedingungen, im osteuropäischen Vergleich, gemessen z.B. am Bruttoinlandsprodukt der neuen Bundesländer, eher mittelmäßig abschneidet. In: Das ostdeutsche Paradoxon, Berlin 2016, S. 43. Siehe dazu auch: Philipp Ther, "Der Preis der Einheit - Die Die deutsche Schocktherapie im ostmitteleuropäischen Vergleich", Deutschland Archiv vom 20.3.2020, https://www.bpb.de/geschichte/zeitgeschichte/deutschlandarchiv/305972/der-preis-der-einheit, zuletzt aufgerufen am 10.6.2021. Siehe zum Beispiel Interviews mit türkischstämmigen Westberlinern in Can Candan's Dokumentarfilm Duvarlar-Mauern-Walls (2000). Interview mit Peggy Piesche über Lesben in der DDR: „Sichtbarkeit kann niemals nur die eigene sein“, in: Mädchenmannschaft (blog), 26.5.2015, https://maedchenmannschaft.net/interview-peggy-piesche-lesben-in-der-ddr-sichtbarkeit-kann-niemals-nur-die-eigene-sein/, zuletzt aufgerufen 21.4.2021. Bei einem öffentlichen Gespräch im Sommer 2019 im FXHB Friedrichshain-Kreuzberg Museum erinnerte die Kulturwissenschaftlerin Peggy Piesche daran, dass der Begriff „Wiedervereinigung“ sich 1990 direkt auf Nazi-Deutschland vor der Teilung nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bezog. Siehe zum Beispiel Leserkommentare unter meinen Beitrag zum Thema in der Wochenzeitschrift Der Freitag: Elske Rosenfeld, Transformation - Post-DDR-Geschichte wird gemacht’, 17.2.21, https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/post-ddr-geschichte-wird-gemacht, zuletzt aufgerufen 21.4.21. Ilko Sascha Kowalczuk, Historikerstreit über DDR-Forschung: Die Aufarbeitung ist gescheitert, in: Die Tageszeitung, 20.4.2016, http://www.taz.de/!5293270/, zuletzt aufgerufen 21.4.21. Thomas Klein, Erinnerungen an eine Revolution oder Geschichte einer Entfremdung, telegraph (blog), 29.10.2020, https://telegraph.cc/erinnerungen-an-eine-revolution-oder-geschichte-einer-entfremdung/ zuletzt aufgerufen 21.4.21. Kowalczuk, Historikerstreit über DDR-Forschung. Thomas Rogalla, Interview mit Tom Sello: „Das Beste an der DDR war ihr Ende“, in: Berliner Zeitung, 27.11.2017, https://www.berliner-zeitung.de/berlin/interview-mit-tom-sello--das-beste-an-der-ddr-war-ihr-ende--28956728, zuletzt aufgerufen 21.4.21.
Article
Elske Rosenfeld
"2023-02-16T00:00:00"
"2021-06-14T00:00:00"
"2023-02-16T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/deutschlandarchiv/334869/die-zukunft-liegt-in-halle/
Am 14. Februar 2023 fiel die Jury-Entscheidung: In Halle soll bis 2028 für 200 Millionen Euro ein "Zukunftszentrum Deutsche Einheit und Europäische Transformation" entstehen. Doch mit welchem Konzept?
[ "Zukunftszentrum", "Einheitszentrum", "Deutsche Einheit", "Kommission", "Wiedervereinigung", "DDR", "Transformation" ]
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Growth and progress 1961-1969 | Federal Agency for Civic Education | bpb.de
The construction of the Berlin Wall in August 1961 cemented the division of Germany. Federal Chancellor Konrad Adenauer's determined policy of Westbindung, or "Western orientation", became the foundation of the Federal Republic's statehood. Meanwhile, the trial against Adolf Eichmann, which ran from April 11 to December 15, 1961 in Jerusalem and attracted much attention in Western Germany, marked the beginning of a new approach towards dealing with the country's National Socialist past. Public debate in the Federal Republic of Germany began to focus on the questions of blame and responsibility, a process that also led to a new outlook on German post-war democracy. Student protests, the Außerparlamentarische Opposition movement and the first Social Democrat-led federal government were visible signs of the profound changes taking place in West German society. The recession that began in 1966 – the first economic depression to hit West Germany since the birth of the country's successful new social market economy – and the rise of the right-wing extremist National Democratic Party (NPD) in the second half of the 1960s were clear signs that the country's political and educational institutions had to start adapting to this political and social paradigm shift. Reorganisation and renaming In September 1961 the Agency underwent a structural reform. The departments that had hitherto reported straight to the Director were assigned to one of three working groups. Two of them, Administration/Publishing and Educational Materials, had two departments each. Seven departments were assigned to the working group for Journalism, Film, Conferences, Psychological Affairs and General Planning. The department for Cooperation with TV was added in 1966. This working group was managed by a newly appointed General Planning Officer who was also responsible for coordinating all activities of the Agency. The Ostkolleg continued to report straight to the Director of the Agency. On June 15, 1963 the Agency was renamed Bundeszentrale für politische Bildung, or Federal Agency for Civic Education, later abbreviated to BpB (or, from 2001 onwards, bpb). The outdated term Heimatdienst (homeland services) was now a thing of the past. The name change also signalled a clearer definition of the Agency's remit. At the same time, a change of generation took place within the Agency's staff. The Agency began to recruit an increasing number of employees whose careers had begun post-1945. By the end of the 1960s the number of employees had risen to over 80. The Agency's budget in 1969 was 15 million German marks. After moving from Bad Godesberg to Bonn, first to Viktoriastrasse, later to Königsstrasse, in 1964 the bpb moved to the city centre to Berliner Freiheit 7. This office would remain the Agency's home for almost four decades. During the 1960s the Agency also began to work more closely with the Externer Link: State Agencies for Civic Education which had been set up from 1954 onwards in the eleven Länder. The "federal friendship" between the Agencies manifested itself in jointly organised conferences at which participants debated conceptual, methodological and didactic issues as well as more fundamental challenges, such as how to position government civic education in society. Civic education under reassessment The anti-Semitic wave of 1959/1960, during which many Jewish institutions were attacked by young people, above all, in the form of e.g., desecration of Jewish cemeteries and racist graffiti, put into question the perception the young Federal Republic had of itself. The voices of those who doubted the effectiveness of civic education grew louder. In 1960 a subcommittee was set up to advise the Federal Government on civic education issues. Its work resulted in increased support for civic education at the Federal and Länder level and led to a critical review of the curricula and materials covered so far. In previous years emphasis had been put on educating the public about their rights and obligations as citizens of the state; however, this was no longer considered sufficient. From now on, greater attention was to be paid to enhancing each individual citizen's capacity for judgement and to encouraging them to assert their own interests. "Civic education cannot just consist of teaching, raising awareness and debating. A knowledge of one's rights and obligations as a citizen, of one's responsibilities and the associated dangers is nowhere near enough. Citizens must be encouraged to participate politically and to take free and informed decisions. That should be the declared aim of a government civic education programme," read the bpb's planning report of 1963. Topical issues began to appear on the civic education curriculum. However, there was quite a bit of disagreement concerning the extent to which active political participation should be encouraged. The emergence of radical movements in the second half of the 1960s – manifested in the rise of the right-wing extremist NDP on the one hand and in the student movement on the other – pushed the civic education debate to the top of the political agenda. Questions were asked, for instance, whether civic education in its present form had failed. However, many also felt that civic education functioned as a kind of "crisis manager" and began to think about how it could be adapted in response to these challenges. The Federal Government's response to two parliamentary questions posed in 1968 by the parliamentary groups in the Bundestag made particular reference to two requirements to be fulfilled by civic education. They indicated that expectations were changing: The intense debate on the National Socialist legacy and on Communism should be scaled back somewhat, the Government stated, since the constant defensive attitude was producing a sense of fatigue and distracting from the issues of the present and future. The “harmonising” and "romanticised" view of democracy and the overemphasis on community, understanding and partnership that had been dominating civic education to date, the Government's response continued, was threatening to obscure the true nature of politics. Greater emphasis should be given to terms such as "interests", "conflict" and "power" in order to paint a more realistic picture of democracy. New areas of activity The Federal Agency for Civic Education remained true to its traditional areas of activity throughout the 1960s, too, notably the promotion of democratic and European ideals, the debate on Communism and National Socialism, and the fight against anti-Jewish sentiment. Faced with the wave of anti-Semitism, the Agency began to look for new ways to respond to prejudices through civic education. In 1963 it organised its first Externer Link: study trip to Israel – two years before the establishment of diplomatic relations between the Federal Republic of Germany and Israel. In the decades since, several thousand people have participated in these trips. In 1965 a new area of activity was added to the Agency's traditional portfolio. In its 1965 Activity Report the Agency wrote, "The work programme has been restructured in order to communicate to the public the rapid changes in our environment, especially in the economic and social spheres, and to debate the problems of tomorrow. This has led to an extension in the scope of the Agency to include the current political agenda." Another requirement placed on the Agency was to increase its general reach. In 1967, for instance, the Board of Trustees called for more innovation. "Despite impressive achievements on the part of the Federal Agency, the current state of civic education suggests that it would be opportune (...) to dare to experiment, to set new priorities, and to develop new methods in order to reach out to population groups that hitherto have not been in focus." In 1963 the bpb began to produce supplements in the form of one-sided print templates that were reprinted in local newspapers and hence reached a large audience. These supplements discussed political issues of the day across a wide range of social areas. In order to reach an even greater audience, however, the Agency began to work more closely with empirical social researchers. In 1967/68, it commissioned the Frankfurt-based political scientist Thomas Ellwein to conduct a comprehensive study on political participation among the German population. In the years that followed, empirical research would continue to play a major role in the work of the Agency.
Article
Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-12-09T00:00:00"
"2012-11-05T00:00:00"
"2021-12-09T00:00:00"
https://www.bpb.de/die-bpb/ueber-uns/federal-agency-for-civic-education/148079/growth-and-progress-1961-1969/
In the 1960s, public debate began to focus on ways to deal intellectually with the legacy of the National Socialist regime. In 1963 the recently renamed Federal Agency for Civic Education organised its first study trip to Israel.
[ "The Federal Agency for Civic Education" ]
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Rechtssystem | Deutsche Demokratie | bpb.de
Öffentliches Recht und Privatrecht Man teilt das Recht ein in die beiden großen Rechtsgebiete Privatrecht und öffentliches Recht. Das Privatrecht regelt die Rechtsbeziehungen der einzelnen Bürger zueinander. Sein Kern ist das bürgerliche Recht, das im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) niedergelegt ist. Es enthält Regelungen für den bürgerlichen Alltag, zum Beispiel für Kauf und Verkauf, für Pacht, Leihe und Schenkung, für Eheschließung und Ehescheidung, für Unterhaltsansprüche und Vormundschaft, für Erbschaft. Zum Privatrecht gehören auch das Handelsrecht, das nur unter Kaufleuten gilt, und das Arbeitsrecht, soweit es die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern (mit Ausnahme der Beamten) umfasst, sowie das Urheber- und Patentrecht. Das öffentliche Recht regelt die Beziehungen des Einzelnen zur öffentlichen Gewalt (Staat, Land, Gemeinde, öffentliche Körperschaft) und die Beziehungen der öffentlichen Gewalten zueinander, zum Beispiel zwischen Bund und Ländern. Zum öffentlichen Recht gehören das Verwaltungsrecht, das Straf- und Prozessrecht sowie das Verfassungsrecht, das Staatsrecht und das Völkerrecht. Zweige der Gerichtsbarkeit Die Recht sprechende Gewalt ist in der Bundesrepublik Deutschland in fünf selbstständige Gerichtszweige gegliedert, die mit den Begriffen "ordentliche" und "besondere Gerichtsbarkeit" unterschieden werden. Die "ordentliche Gerichtsbarkeit" umfasst die Zivil- und Strafgerichte, zur "besonderen Gerichtsbarkeit" zählen Verwaltungsgerichte, Arbeitsgerichte, Sozialgerichte und Finanzgerichte. Die Bezeichnung "ordentliche Gerichtsbarkeit" erklärt sich historisch daraus, dass früher nur die Zivil- und Strafgerichtsbarkeit mit unabhängigen Richtern besetzt war. Dagegen wurde die Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit von weisungsgebundenen Beamten ausgeübt. Dies änderte sich mit dem Gerichtsverfassungsgesetz von 1877. Die Artikel 92 und 97 GG geben der richterlichen Unabhängigkeit Verfassungsrang. Bundes- und Landesgerichte In allen Gerichtszweigen gibt es jeweils Gerichte der Länder und des Bundes. Innerhalb der einzelnen Gerichtszweige bestehen mehrere Instanzen, das sind Stufen des gerichtlichen Verfahrens, die einander übergeordnet sind. In der Regel gibt es drei Instanzen, die ersten beiden sind Gerichte der Länder, die oberste Instanz ist ein Bundesgericht. Die Instanzen der ordentlichen Gerichtsbarkeit sind Amtsgerichte, Landgerichte, die je nach Bedeutung eines Falles erste oder zweite Instanz sein können, Oberlandesgerichte und der Bundesgerichtshof. Die Verwaltungs-, Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit ist dreistufig, die Finanzgerichtsbarkeit zweistufig. Die obersten Instanzen sind das Bundesverwaltungsgericht, das Bundesarbeitsgericht, das Bundessozialgericht und der Bundesfinanzhof. Für Streitigkeiten bei der gewerblichen Nutzung von Patenten, die für Erfindungen beim Bundespatentamt beantragt und erteilt werden können, ist ein Bundesgericht, das Bundespatentgericht, eingerichtet. Eine Sonderstellung nimmt die Verfassungsgerichtsbarkeit ein. Zivilgerichte Zivilgerichte sind für bürgerliche (zivile) Rechtsstreitigkeiten zuständig, das sind Streitigkeiten, die zum Bereich des Privatrechts gehören. Sie werden angerufen, wenn es etwa Streit um einen Kaufvertrag gibt, wenn ein Schuldner seiner Zahlungspflicht nicht nachkommt, wenn ein Mieter eine Mieterhöhung für ungerechtfertigt hält. Sie scheiden Ehen und legen die Unterhaltszahlungen und das Sorgerecht für die Kinder fest. Sie entscheiden über Haftung und Schadensersatz, wenn jemand einem anderen einen Schaden zugefügt, ihn verletzt oder bestohlen hat, sie fällen aber auch ein Urteil, wenn ein öffentlicher Bediensteter seine Amtspflicht verletzt hat. Alle diese Streitigkeiten gehören zur "streitigen Gerichtsbarkeit". Zur Zivilgerichtsbarkeit gehört auch die "freiwillige Gerichtsbarkeit". Sie ist vor allem für Vormundschaftssachen und Nachlassangelegenheiten zuständig (Vormundschafts- und Nachlassgerichte). Zivilprozess Ein Zivilprozess beginnt mit der Erhebung einer Klage. Kläger und Beklagter heißen Parteien. Die Parteien stehen sich gleichberechtigt gegenüber. Der Kläger begründet seinen Antrag, der Beklagte bestreitet die Behauptungen insgesamt oder teilweise. Beide Parteien können Beweismittel vorlegen und Zeugen beibringen. Das Gericht prüft nur, was die Parteien vorbringen, es ermittelt nicht selbst von Amts wegen. Man spricht deshalb im Zivilprozess von Parteiherrschaft. Instanzen Das Amtsgericht ist die erste Instanz bei einem Streitwert bis einschließlich 5000 Euro. Der Streitwert ist der Wert des Streitgegenstandes. Wenn nicht ohnehin eine bestimmte Geldsumme eingeklagt wird, setzt das Gericht ihn fest. Nach dem Streitwert bestimmen sich die Gerichtskosten und Anwaltsgebühren. Außerdem werden vom Amtsgericht Mietstreitigkeiten, Ehescheidungen und die sich daraus ergebenden Streitigkeiten verhandelt. Für alle übrigen Rechtsstreitigkeiten ist das Landgericht zuständig. Das Verfahren in der ersten Instanz endet mit einem Urteil, soweit es nicht auf andere Weise abgeschlossen wurde, etwa durch Rücknahme der Klage oder durch gütliche Einigung, einen Vergleich. Das Urteil ist rechtskräftig, wenn die Parteien keine Rechtsmittel einlegen oder wenn die Einlegung von Rechtsmitteln nicht mehr zulässig ist. Unter Rechtsmitteln versteht man die Möglichkeit, eine gerichtliche Entscheidung anzufechten und ihre Nachprüfung durch ein höheres Gericht (höhere Instanz) zu verlangen. Berufung und Revision Die wichtigsten Rechtsmittel sind Berufung und Revision. Bei einer Berufung überprüft die höhere Instanz sowohl den Sachverhalt als auch die rechtliche Seite des Falles, der Prozess wird neu aufgerollt. Die Berufung gegen Urteile des Amtsgerichts wird vom Landgericht verhandelt, gegen Urteile des Landgerichts vom Oberlandesgericht. Berufung kann nur eingelegt werden, wenn der Beschwerdewert (der vom Streitwert abweichen kann) 600 Euro überschreitet. Bei der Revision wird nur geprüft, ob die Vorinstanz das Recht richtig angewandt hat. Revision kann nur gegen Berufungsurteile des Oberlandesgerichts beim Bundesgerichtshof beantragt werden. Die Revision ist im Allgemeinen nur zulässig, wenn der Fall grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn ein Urteil von der Entscheidung des Bundesgerichtshofes in einem ähnlich gelagerten Fall abweicht. Auf diese Weise soll die einheitliche Auslegung der Gesetze gesichert werden. Strafgerichte Strafgerichte sind für die Anwendung des Strafrechts zuständig, das im Strafgesetzbuch (StGB) niedergelegt ist. Strafrechtsvorschriften enthalten aber auch viele andere Gesetze, zum Beispiel das Betäubungsmittelgesetz, das Versammlungsgesetz, das das "Vermummungsverbot" enthält, und das Außenwirtschaftsgesetz, das Waffenexporte in bestimmte Länder verbietet. Strafprozess Ein Strafverfahren beginnt mit der Erhebung der Anklage durch die Staatsanwaltschaft. Vorausgegangen ist gewöhnlich eine Strafanzeige bei der Polizei, beim Amtsgericht oder bei der Staatsanwaltschaft. In dem nun einsetzenden Ermittlungsverfahren stellt die Staatsanwaltschaft in Zusammenarbeit mit der Polizei fest, ob ein hinreichender Verdacht auf eine strafbare Handlung vorliegt. Ist das der Fall, so muss Anklage erhoben werden. Die Staatsanwaltschaft handelt nach dem Legalitätsprinzip, sie ist zur Verfolgung einer Straftat verpflichtet. Ausgenommen sind so genannte Antragsdelikte (Beleidigung, leichte oder fahrlässige Körperverletzung, Hausfriedensbruch und andere). Ist das Antragsdelikt zugleich ein Privatklagedelikt, wird nur dann Anklage erhoben, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt; andernfalls bleibt dem Verletzten nur die Möglichkeit einer Privatklage. Ablauf des Strafverfahrens Bei Verdacht auf eine Straftat wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Ist der Beschuldigte hinreichend verdächtig, wird das Hauptverfahren eröffnet. Mit dem Eröffnungsbeschluss wird der Beschuldigte zum Angeklagten. Das Gericht hat den Sachverhalt zu ermitteln und dem Angeklagten seine Schuld nachzuweisen. Es ist dabei nicht an die vom Staatsanwalt vorgelegten Beweise gebunden, sondern kann selbst Beweise erheben, Zeugen vernehmen, Sachverständige heranziehen. Der Angeklagte hat das Recht auf Verteidigung. Er kann sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, bei schweren Straftaten ist dies vorgeschrieben. Kann er den Verteidiger nicht bezahlen, bestellt das Gericht auf Staatskosten einen Pflichtverteidiger. Das Strafverfahren endet mit einem Urteil. Sofern keine Rechtsmittel eingelegt werden, wird es rechtskräftig und wird vollstreckt. Instanzen der Strafjustiz In erster Instanz entscheidet der Strafrichter als Einzelrichter bei Vergehen, wenn eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe zu erwarten ist;das Schöffengericht beim Amtsgericht (ein oder zwei Richter, zwei Schöffen) bei Verbrechen und Vergehen mit Freiheitsstrafen bis zu vier Jahren;die Große Strafkammer beim Landgericht (zwei oder drei Richter, zwei Schöffen) bei schweren Verbrechen, als Schwurgericht bei Tötungsverbrechen;der Große Strafsenat beim Oberlandesgericht (fünf Richter) bei Staatsschutzsachen (Landesverrat, terroristische Gewalttaten). Schöffen sind ehrenamtliche Richter, die nicht juristisch vorgebildet sind. Sie haben in der Verhandlung und bei der Beratung über das Urteil dieselben Rechte und Pflichten wie Berufsrichter. Durch ihre Mitwirkung soll die Lebens- und Berufserfahrung der Bürger bei der Rechtsprechung genutzt werden. Rechtsmittel Gegen das Urteil kann der Verurteilte Rechtsmittel einlegen. Berufung ist nur bei Urteilen der Amtsgerichte zulässig. Gegen erstinstanzliche Urteile der Landgerichte ist nur Revision beim Bundesgerichtshof zugelassen. Ordnungswidrigkeiten Von Straftaten zu unterscheiden sind Ordnungswidrigkeiten. Das sind Verstöße gegen staatliche Gebote und Verbote, die nicht so schwerwiegend sind, dass eine Strafe verhängt werden müsste. Sie werden von Verwaltungsbehörden geahndet, die per Bußgeldbescheid ein Bußgeld auferlegen. Geringfügige Ordnungswidrigkeiten, deren häufigste die Geschwindigkeitsüberschreitung im Straßenverkehr und das Falscheparken sind, werden mit einem Verwarnungsgeld belegt. Jugendgerichte Für Straftaten Jugendlicher (14–18 Jahre) gilt das Jugendstrafrecht. Es wird häufig auch bei Heranwachsenden (18–21 Jahre) angewandt. Das Jugendstrafrecht sieht Erziehungsmaßregeln vor, zum Beispiel die Weisung, eine gemeinnützige Arbeit zu verrichten, oder das Verbot, Gast- und Vergnügungsstätten zu besuchen, bis hin zur Anordnung der Fürsorgeerziehung. Reicht das nicht aus, können Zuchtmittel verhängt werden, zum Beispiel die Auflage, den Schaden wieder gutzumachen, oder Jugendarrest. Wegen besonders schweren oder wiederholten Straftaten wird Jugendstrafe verhängt. Sie wird in einer Jugendstrafanstalt verbüßt und beträgt mindestens sechs Monate, höchstens zehn Jahre. Über straffällige Jugendliche entscheiden Jugendgerichte, und zwar je nach Schwere des Falles der Jugendrichter als Einzelrichter, das Jugendschöffengericht (ein Jugendrichter, zwei Jugendschöffen) oder die Jugendkammer beim Landgericht (drei Jugendrichter, zwei Jugendschöffen). Verwaltungsgerichte Verwaltungsgerichte sind zuständig für Streitigkeiten zwischen den Bürgern und der Staatsgewalt. Sie bieten dem Bürger Rechtsschutz, wenn er sich durch eine Maßnahme der Verwaltung in seinen Rechten verletzt glaubt. Verwaltungsgerichte entscheiden beispielsweise, wenn gegen die Versagung einer Baugenehmigung geklagt wird. Sie können gegen die als ungerecht empfundene Benotung eines Schülers ebenso angerufen werden wie etwa bei Auseinandersetzungen über den Bau eines neuen Flughafens, einer Autobahn oder eines Hochtemperaturreaktors. Gegen einen als rechtswidrig empfundenen Verwaltungsakt muss der Betroffene zunächst Widerspruch einlegen. Im Widerspruchsverfahren soll die Behörde noch einmal prüfen, ob ihre Entscheidung rechtmäßig und zweckmäßig ist. Wird der Widerspruch abgelehnt, kann das Verwaltungsgericht angerufen werden. Erste Instanz ist das Verwaltungsgericht, Berufungsinstanz das Oberverwaltungsgericht, in einigen Bundesländern Verwaltungsgerichtshof genannt, Revisionsinstanz das Bundesverwaltungsgericht. Bei Streitigkeiten über technische Großprojekte und bei Vereinsverboten ist das Oberverwaltungsgericht die erste Instanz. Arbeitsgerichte Arbeitsrechtliche Streitigkeiten ergeben sich in der Regel aus Verträgen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern und sind somit eigentlich zivilrechtliche Konflikte. Allerdings sind die Arbeitsgerichte auch für entsprechende Streitigkeiten im öffentlichen Dienst zuständig. Die Einrichtung einer besonderen Arbeitsgerichtsbarkeit, erstmals 1926 in Deutschland, trägt der besonderen Bedeutung des Arbeitslebens in der Industriegesellschaft Rechnung. Außer für Streitigkeiten aus Arbeitsverhältnissen – zum Beispiel wegen Gehalts- bzw. Lohnzahlungen, Kündigung, Arbeitsschutz – sind Arbeitsgerichte für Auseinandersetzungen über Mitbestimmung zuständig. Diese betreffen sowohl die Rechte des Betriebsrates als auch die Konflikte zwischen den Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden um Tarifverträge und um die Rechtmäßigkeit eines Streiks. Die Arbeitsgerichtsbarkeit ist dreistufig. Erste Instanz ist das Arbeitsgericht, zweite das Landesarbeitsgericht und höchste das Bundesarbeitsgericht. Arbeitsgerichte sind mit Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern besetzt. Die ehrenamtlichen Richter kommen je zur Hälfte aus den Kreisen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Arbeitsgerichtsverfahren sind kostengünstiger als andere Gerichtsverfahren. Die Parteien können den Rechtsstreit selbst führen oder sich, für Mitglieder kostenlos, durch Prozessvertreter der Gewerkschaft bzw. des Arbeitgeberverbandes vertreten lassen. Vorab wird eine gütliche Einigung versucht. Einige Sondervorschriften dienen der Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens. Sozialgerichte Sozialgerichte entscheiden über Rechtsstreitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Arbeitslosen- und Unfallversicherung, der Kriegsopferversorgung und des Kindergeldes. Beispielsweise kann das Sozialgericht angerufen werden, damit es feststellt, dass eine Arbeitsunfähigkeit Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit ist, sodass Anspruch auf eine Unfallrente besteht. Das Gericht muss den Sachverhalt von Amts wegen erforschen. Die drei Instanzen der Sozialgerichtsbarkeit sind die Sozialgerichte, die Landessozialgerichte als Berufungs- und das Bundessozialgericht als Revisionsinstanz. In allen Instanzen wirken neben Berufsrichtern ehrenamtliche Richter mit, sie werden aus dem mit der speziellen Materie vertrauten Personenkreis berufen. Vor Sozialgerichten, außer vor dem Bundessozialgericht, kann sich jeder selbst vertreten oder sich durch Experten einschlägiger Verbände vertreten lassen. Bei Sozialgerichtsverfahren entstehen keine Gerichtskosten. Finanzgerichte Finanzgerichte sind bei Streitigkeiten von Bürgerinnen und Bürgern mit den Finanzbehörden zuständig. Das sind in der überwiegenden Zahl der Fälle Klagen gegen Steuerbescheide. Zuvor muss gegen einen Bescheid des Finanzamtes Einspruch eingelegt werden. Bleibt dieser erfolglos, kann Klage beim Finanzgericht erhoben werden. Gegen Urteile der Finanzgerichte ist Revision an den Bundesfinanzhof zulässig. Es gibt nur diese beiden Instanzen. Finanzgerichte sind mit drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern besetzt, der Bundesfinanzhof mit fünf Berufsrichtern. Kritik an der Rechtsprechung Die Recht sprechende Gewalt genießt in Deutschland hohes Ansehen. Es wird allgemein anerkannt, dass die Richter und die anderen Justizorgane nach besten Kräften die Gesetze anwenden und Recht sprechen. Dennoch gibt es vielfältige Kritik an der Rechtsprechung. Sie richtet sich meist nicht gegen die Justizorgane, sondern gegen Missstände, die sich im Laufe der Zeit herausgestellt haben und die letztlich der Gesetzgeber zu verantworten hat. Unter den Missständen leiden die Bürger, die in irgendeiner Weise mit den Gerichten in Berührung kommen, ebenso wie die Bediensteten der Justiz. Kritik wird gerade auch von Juristen geübt. Dabei stehen folgende Kritikpunkte im Vordergrund: Es gibt zu viele Gesetze: Ständig werden neue Gesetze verabschiedet, wird vorhandenes Recht geändert oder außer Kraft gesetzt. Immer mehr Lebensbereiche unterliegen immer komplizierteren Regelungen. Die Fachleute sprechen von einer "Normenflut".Die Gesetze sind zu kompliziert:Ihr Inhalt ist abstrakt, sie sind in einer künstlichen Sprache abgefasst und enthalten Begriffe, die im täglichen Leben nicht verwendet werden. Das Zivilrecht, das Recht des Alltagslebens, ist für den Laien kaum noch durchschaubar. Im "Paragrafendschungel" des Steuer- und Sozialrechts finden sich selbst Spezialisten nicht mehr zurecht.Die Gerichtsverfahren dauern zu lange: Privatrechtliche Streitigkeiten, in denen es auf schnelle Entscheidung ankommt, werden oft erst nach langwierigen Verfahren abgeschlossen, in allzu vielen Fällen erst nach Ausschöpfung des Rechtsweges. Kritiker sprechen vom "Rechtswegestaat". Strafprozesse werden vielfach über alle zulässigen Instanzen geführt. Manche Prozesse werden regelrecht verschleppt, durch immer neue Beweisanträge, durch zahlreiche Befangenheitsanträge, durch endloses Vorlesen von Urkunden. Es gibt Prozesse, die drei Jahre und länger dauern, enorme Kosten verursachen und dann womöglich ohne Urteil enden.Gerichte entscheiden über politische Fragen: Sie greifen immer mehr in Bereiche ein, die in die Kompetenz der Legislative und der Exekutive fallen. Politische Konflikte werden zu Rechtsstreitigkeiten. Verwaltungsgerichte werden in steigendem Maße angerufen, um Maßnahmen der demokratisch legitimierten Organe, von der Anlage eines Kinderspielplatzes bis zum Bau eines Großflughafens, zu verzögern oder zu verhindern. Gegen diese Kritikpunkte wird eingewandt: Die Klage über die große Zahl von Gesetzen gibt es bereits seit Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches, das die Rechtsverhältnisse der Industriegesellschaft regeln soll. Die Gesetze sind so kompliziert, weil unsere Lebenswelt kompliziert ist. Den Gerichten ist im politischen System auch eine politische Rolle zugewiesen.In der modernen Gesellschaft wird ständig neu geplant und geregelt; daher wächst die Zahl der Eingriffe in die Sphäre des Einzelnen. Vor dem Hintergrund einer sich wandelnden politischen Kultur nimmt die Bereitschaft der Bürger zu, gegen solche Eingriffe den Schutz der Gerichte anzurufen. Justizreform Reformen des Gerichtswesens zielen darauf ab, die Dauer der Verfahren zu verkürzen und die Gerichte zu entlasten. Um in Zivilverfahren die Zuständigkeit des Amtsgerichts zu erweitern, wurden die Streitwertgrenzen immer wieder heraufgesetzt, von 1000 DM im Jahre 1950 bis auf 5000 Euro heute. Ebenso wurde die Berufungssumme auf 600 Euro erhöht. Vorschläge, die darauf abzielen, die Rechtsmittel einzuschränken, etwa Amtsgerichte und Landgerichte zu einem einheitlichen Eingangsgericht zusammenzulegen, sind bisher nicht realisiert worden. Aus: Pötzsch, Horst: Die Deutsche Demokratie. 5. überarbeitete und aktualisierte Auflage, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2009, S. 137-143.
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Horst Pötzsch
"2021-06-23T00:00:00"
"2011-11-06T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/politisches-system/deutsche-demokratie/39392/rechtssystem/
Das Rechtssystem ist in Privatrecht und öffentliches Recht unterteilt. Mit Rechtsmitteln - wie Berufung und Revision - kann man eine gerichtliche Entscheidung anfechten und ihre Nachprüfung durch ein höheres Gericht verlangen.
[ "Deutschland", "Demokratie", "Rechtsprechung", "Rechtsstaat", "Privatrecht", "Öffentliches Recht", "Gerichtswesen" ]
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Chronik: Vom 30. Mai bis zum 13. Juni 2013 | Russland-Analysen | bpb.de
30.05.2013 Das Lewada-Zentrum entscheidet sich nach einer Verwarnung durch die Staatsanwaltschaft, in Zukunft auf Finanzierung aus dem Ausland zu verzichten. 31.05.2013 Das Moskauer Stadtgericht spricht den Geschäftsmann Alexej Koslow in der Revision vom Vorwurf der Geldwäsche frei, hält den Anklagepunkt des Betrugs aber aufrecht. Die Haftzeit wird um ein Jahr verkürzt. Am 3.6. wird Koslow auf freien Fuß gesetzt. Das Verfahren, in dem er ursprünglich verurteilt worden war, war in der Öffentlichkeit sehr umstritten. 31.05.2013 Auf dem Moskauer Triumphalplatz werden bei der nicht genehmigten»Strategie-31« Demonstration, zur Vertreidigung der Versammlungsfreiheit, 14 Personen festgenommen. 01.06.2013 Sicherheitskräfte töten im Tscherekskij Rajon (Republik Kabardino-Balkarien) in einem Feuergefecht zwei Personen, die die regionalen Untergrundkämpfern mit Waffen beliefert haben. 01.06.2013 Sicherheitskräfte nehmen den Bürgermeister Machatschkalas (Dagestan), Said Amirow, fest. Amirow wird verdächtigt, den Mord an einem Ermittlungsbeamten organisiert zu haben. 01.06.2013 Im Gebiet Moskau findet der Erste Parteitag der wiedergegründeten Partei »Rodina« (Heimat) statt. Vorsitzender ist der Dumaabgeordnete Alexej Shurawljow. »Rodina« knüpft an die gleichnamige Organisation an, die zwischen 2003 und 2006 unter Sergej Glasjew und Dmitrij Rogosin eine Rolle gespielt hat. 03.–04.06.2013 In Ekaterinburg findet der 31. EU-Russland Gipfel statt. Präsident Wladimir Putin und russische Regierungsvertreter erörtern mit Herman Van Rompuy, Vorsitzender des Europäischen Rates, José Manuel Barroso, Vorsitzender der EU-Kommission, sowie Catherine Ashton, Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Fragen der Handels- und Wirtschaftskooperation, eines neues Kooperationsabkommens sowie die Lage in Syrien. 04.06.2013 Ein Moskauer Bezirksgericht verurteilt eine unabhängige Organisation, die mit der Wahlrechtsassoziation »Golos« verbunden ist, wegen der Weigerung, sich als »ausländischer Agent« zu registrieren, zu einer Geldstrafe von 300.000 Rubel (ca. € 7.200). »Golos« teilt mit, dass es 800.000 Rubel (ca. € 19.000) an Spenden für Strafzahlungen und die weitere Tätigkeit aufgebracht hat. 05.06.2013 Präsident Wladimir Putin nimmt das Rücktrittsgesuch des Moskauer Bürgermeisters Sergej Sobjanin an und beauftragt ihn, die Amtsgeschäfte bis zu den vorgezogenen Bürgermeisterwahlen wahrzunehmen. Sobjanin tritt zurück, um eine vorgezogene Bürgermeisterwahl abhalten zu können. 05.06.2013 Garry Kasparow, Schachweltmeister und russischer Oppositionsaktivist, gibt auf einer Pressekonferenz in Genf bekannt, er werde vorerst nicht nach Russland zurückkehren, da er eine Strafverfolgung im Rahmens des Bolotnaja-Verfahrens befürchtet. 05.06.2013 Auf derältesten Metrolinie Moskaus (Sokolnitscheskaja) kommt es innerhalb weniger Stunden zu zwei Kurzschlüssen und einem Kabelbrand. Ca. 4.500 Personen werden evakuiert, ca. 80 Personen erleiden Rauchvergiftungen. 06.06.2013 Im Moskauer Stadtgericht beginnt das Verfahren wegen der Unruhen auf dem Bolotnaja Platz am 6. Mai 2012. 12 Personen werden beschuldigt, bei der Demonstration zu Massenunruhen aufgerufen, an diesen teilgenommen und Gewalt gegen Staatsbeamte angewendet zu haben. Die Untersuchungshaft aller Angeklagten wird um ein halbes Jahr verlängert. 06.06.2013 Sergej Sobjanin, Mitglied im Büro des Obersten Parteirats von »Einiges Russland« und kommissarischer Bürgermeister Moskaus, teilt mit, dass er bei den Moskauer Bürgermeisterwahlen als Direktkandidat ohne offizielle Parteibindung antreten will. 06.06.2013 Ein Gericht in St. Petersburg verurteilt die NGO»LGBT-Kinofestival ›Bok o Bok‹ (Seite an Seite)«, die seit 2007 ein schwul-lesbisches Kinofestival organisiert, wegen fehlender Registrierung als »ausländischer Agent« zu 500.000 Rubel Strafe (ca. € 12 Tsd.). 06.06.2013 Im Gebiet Chabarowsk stürzt ein Mi-8 Hubschrauber mit 5 Personen an Bord ab. Alle Insassen kommen ums Leben. 06.06.2013 Präsident Wladimir Putin und Ludmilla Putina geben bekannt, dass sie sich scheiden lassen werden. 07.06.2013 Die Moskauer Stadtduma beschließt auf einer außerplanmäßigen Sitzung, die vorgezogenen Bürgermeisterwahlen in Moskau am 8. September durchzuführen. 07.06.2013 Präsident Wladimir Putin ernennt seinen Gehilfen Jewgenij Schkolow zum Bevollmächtigten für Antikorruptionsüberprüfungen. Schkolow erhält danach die Vollmacht, Korruptionskontrollen anordnen zu können. 07.06.2013 Bei der Vorlage des Planes zur Umsetzung der»Mai-Erlasse« von 2012 kritisiert Präsident Wladimir Putin die Regierung. Innerhalb von zwei bis drei Wochen soll der Plan konkretisiert werden und Verantwortliche nennen. 08.06.2013 Bei einem Angriff von Untergrundkämpfern auf einen Polizeiposten in Naltschik (Republik Kabardino-Balkarien) wird ein Polizist sowie ein Angreifer getötet. 11.06.2013 Die russische Staatsduma verabschiedet in zweiter und dritter Lesung ein Gesetz, dass die»Propaganda von nichttraditionellen sexuellen Beziehungen unter Minderjährigen« unter Strafe stellt. Die Strafen von 4.000 bis eine Million Rubel (ca. € 93 – 23.250) . Ausländischen Staatsbürgern droht die Abschiebung. 11.06.2013 Die Staatsduma verabschiedet in dritter Lesung ein Gesetz, dass die Verletzung religiöser Gefühle unter Strafe stellt. Als Höchststrafe wirde eine Geldstrafe 500.000 Rubel (ca. € 11.600) bzw. eine dreijährige Haft festgelegt. 11.06.2013 Bei einemÜberfall durch Untergrundkämpfer im Rayon Nowolakskij (Dagestan) werden drei Angehörige einer Sondereinheit sowie zwei Angreifer getötet. Außerdem werden zwei Zivilpersonen verletzt. Im Rayon Chasawjurt (Dagestan) töten Sicherheitskräfte drei Untergrundkämpfer, als es bei einer Fahrzeugkontrolle zu einem Feuergefecht kommt. 12.06.2013 Wladimir Putin gibt einen Empfang im Moskauer Kreml zum»Tag Russlands«. In einer Rede unterstreicht er die zentrale Bedeutung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Menschenrechte für die russische Entwicklung. 12.06.2013 Gründungskongress der »Allrussischen Volksfront« (ONF). Die ONF, die bisher nur Bewegungscharakter hatte, formiert sich zu einer gesellschaftlichen Organisation und benennt sich in »Volksfront ›Für Russland‹« um. Präsident Wladimir Putin wird einstimmig zum Vorsitzenden gewählt. Der Dumaabgeordnete Andrej Botscharow wird Vorsitzender des Exekutivkomitees. 12.06.2013 In Moskau findet ein genehmigter Protestmarsch oppositioneller Gruppen zur Unterstützung politischer Gefangener statt. Die Polizei spricht von 6.000 Teilnehmern, die Organisatoren von 20.000. 13.06.2013 Das russische Bildungsministerium veröffentlicht einen »Fahrplan« zur Ausarbeitung eines einheitlichen Lehrbuchs für Geschichte in Russland. Die Arbeitsgruppe leitet Sergej Naryschkin, Vorsitzender der Staatsduma. 13.06.2013 Präsident Vladimir Putin informiert die Regierung und Vertreter der Präsidialadministration bei einer gemeinsamen Beratung, dass er die Botschaft zur Haushaltspolitik 2014 – 2016 unterzeichnet habe, die die Grundlage für den Föderalhaushaltes darstellen soll. Die Haushaltspolitik soll auf die Umsetzung sozialer Verpflichtungen und die Erfüllung der »Mai-Erlasse« von 2012 ausgerichtet sein. Sie können die gesamte Chronik seit 1964 auch auf Externer Link: http://www.laender-analysen.de/russland/ unter dem Link »Chronik« lesen.
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
"2013-06-17T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/europa/russland-analysen/163364/chronik-vom-30-mai-bis-zum-13-juni-2013/
Aktuelle Ereignisse aus Russland: Die Chronik vom 30. Mai bis zum 13. Juni 2013.
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10 Beispiele für multimediales Storytelling | Vernetztes Erinnern | bpb.de
VvonWatt – Vivienne von Watt Transmediales Storytelling-Projekt über die Schweizerin Vivienne von Wattenwyl (1900-1957), die 1923 zu einer Expedition nach Kenia aufbrach (mehr Informationen zu Vivienne von Wattenwyl Externer Link: hier). Basierend auf ihrer Geschichte entwickelte Externer Link: Caspar Lösche für das Stadttheater Bern ein transmediales Projekt: Interessierte konnten die Reiseroute der Protagonistin auf Externer Link: Google Maps verfolgen, und Vivienne berichtete quasi live via Twitter und Blog von ihrer Reise. Website(s): Externer Link: http://vvonwatt.blogspot.de/, Externer Link: https://twitter.com/vvonwatt, Externer Link: https://storify.com/casparloesche/vvonwatt-1 Initiatoren: Caspar Lösche für das Stadttheater Bern, 2012 Einsatzmöglichkeiten für Lehrende: Frauengeschichte, afrikanische Geschichte Verräterisches Handy Der Grünenpolitiker Externer Link: Malte Spitz klagte seine in sechs Monaten gesammelten persönlichen Vorratsdaten ein und stellte sie ZEIT ONLINE zur Verfügung. Auf Basis dieser Daten ließ er die Leser und Leserinnen all seine Bewegungen in diesem Zeitraum nachvollziehen. Die Daten wurden zusätzlich mit frei im Netz verfügbaren Informationen aus dem Leben des Abgeordneten (Externer Link: Twitter, Externer Link: Blogeinträge und Externer Link: Websites) ergänzt. Das Projekt zeigt, welche Erkenntnisse mithilfe der von Telekommunikationsanbietern erfassten Daten gewonnen werden können. Website(s): Externer Link: http://www.zeit.de/datenschutz/malte-spitz-vorratsdaten Initiatoren: ZEIT ONLINE und Malte Spitz, 2009–2010 Einsatzmöglichkeiten für Lehrende: Datenschutz, Überwachung, gläserner Mensch @digitalpast – Heute vor 70 Jahren Twitter-Projekt ("Twistory") von fünf studierten und studierenden Historikern und Historikerinnen, die auf ihrem Account @digitalpast Tweets im Namen von Personen schreiben, die die letzten zwei Monate des Zweiten Weltkrieges miterlebt haben. Die Tweets basieren u. a. auf Tagebuchaufzeichnungen. Parallel dazu ist das E-Book Externer Link: Als der Krieg nach Hause kam erschienen. Die Publikation gibt Hintergrundinformationen zu den Tweets, kann aber auch unabhängig von diesen gelesen werden. Website(s): Externer Link: http://digitalpast.de/als-der-krieg-nach-hause-kam, Externer Link: https://twitter.com/digitalpast Initiatoren:digital past, 2015 Einsatzmöglichkeiten für Lehrende: Geschichte des Zweiten Weltkriegs, "Geschichte von unten“ Kopf hoch, Lenin! Die Geschichte des Berliner Lenin-Denkmals blickt auf den Umgang mit Bauwerken und Denkmälern der kommunistischen Diktatur im öffentlichen (Stadt-)Raum. Das Denkmal wurde aus der Stadtmitte entfernt, in Brandenburg vergraben, fast 25 Jahre später (zum Teil) wieder geborgen und in der Öffentlichkeit ausgestellt. Eine Multimedia-Reportage mit vielen Videos, Karten und Fotos. Website(s): Externer Link: https://berlinerverlag.atavist.com/lenin Initiatoren: Anja Reich, Silvia Perdoni und Corinne Plaga von der Berliner Zeitung, 2015 Einsatzmöglichkeiten für Lehrende: Geschichte der DDR, Kommunismus, Geschichtskultur, Geschichtspolitik, Lokalgeschichte Auferstanden als Ruine Das 2014 veröffentlichte Projekt Externer Link: Auferstanden als Ruine der Journalistin Sandra Weiss und des Fotografen Florian Kopp betrachtet die Folgen des Erdbebens in Haiti aus verschiedenen Perspektiven. Anhand von Videos, Texten und Audioformaten lässt sich nachvollziehen, welche Akteure in Haiti aktiv sind, wer von den Folgen des Erdbebens profitiert und wer weiter unter ihnen leidet. Website(s): Externer Link: http://www.weko-media.de/ Initiatoren: Sandra Weiss (Journalistin) und Florian Kopp (Fotograf), 2014 Einsatzmöglichkeiten für Lehrende: Haiti und seine Geschichte, Katastrophenhilfe, Globalisierung Digital Storytelling – Ein Werkzeug für den Strukturierten Dialog Gefördert vom EU-Programm Externer Link: Jugend in Aktion fanden 2013 bis 2015 Workshops mit je zehn Teilnehmenden statt. Das Projekt richtete sich besonders an Jugendliche, die häufig durch Diskriminierung von einer gleichberechtigten Teilhabe in unterschiedlichen Lebensbereichen ausgeschlossen sind. Am Ende präsentierten die Jugendlichen ihre Kurzfilme der Öffentlichkeit und sprachen mit politischen Entscheidungsträgern über notwendige gesellschaftliche Veränderungen. Website(s): Externer Link: http://www.capture-your-life.net Initiatoren: Naturfreundejugend Deutschland, 2013–2015 Einsatzmöglichkeiten für Lehrende: Wertevermittlung, Medienkunde (innovative Erzählformen), strukturelle Diskriminierung, gerechte Gesellschaft TitanicVoyage Über den Twitter-Account Externer Link: @TitanicRealTime konnten im April 2014 mehr als 65.000 Follower über Tweets den Untergang der Titanic "live" miterleben. Aus Sicht verschiedener Passagiere, des Kapitäns, des Orchesterleiters und weiterer Seeleute wurden die dramatischen Stunden des 14. April 1912 in Echtzeit nachgestellt. Experten und Expertinnen des britischen Geschichtsverlags "The History Press" lieferten die Inhalte für dieses "Twistory"-Projekt. Website(s): Externer Link: https://twitter.com/TitanicRealTime Initiatoren: The History Press (Britischer Geschichtsverlag), 2014 Einsatzmöglichkeiten für Lehrende: Technikgeschichte, Public History, Britische Geschichte, US-amerikanische Geschichte Geheimer Krieg Die 2013 ins Netz gestellte Reportage Externer Link: Geheimer Krieg ist eine Kooperation der SZ und des NDR. Das Projekt versucht, den Drohnenkrieg der USA und seine Verbindungen zu Deutschland nachzuvollziehen. Auf einer interaktiven Karte finden sich relevante Orte wie US-amerikanische Militärstützpunkte. Aus dem Online-Projekt entstand ein von den SZ-Autoren und NDR-Mitarbeitern Christian Fuchs und John Goetz veröffentlichtes Buch, in dem die Ergebnisse der Recherchen offline nachzuvollziehen sind. Website(s): Externer Link: http://www.geheimerkrieg.de/#entry-5-7879-das-projekt, Initiatoren: Süddeutschen Zeitung und NDR, 2013 Einsatzmöglichkeiten für Lehrende: „Krieg gegen den Terror“, Drohnenkrieg, USA und Deutschland, Geheimdienste Sie heißt jetzt Lotte "Sie heißt jetzt Lotte" ist ein 3D-Kurzfilm, der 2014 in München als Teil eines transmedialen Projektes zu den Themen "Nationalsozialismus" und "Freundschaft" gedreht wurde. Die Geschichte ist angelehnt an die Kindheit von Charlotte Knobloch, der ehemaligen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland (2006–2010), die als Kind von einer katholischen Familie versteckt wurde und so den Holocaust überlebte. Neben dem Kurzfilm sind ein interaktives Lernspiel und eine Online-Community Teil des Projektes. Website(s): Externer Link: http://www.sie-heisst-jetzt-lotte.de Initiatoren: Annekathrin Wetzel (Autorin und Regisseurin), 2014 Einsatzmöglichkeiten für Lehrende: Geschichte des Nationalsozialismus, Holocaust-Erinnerungen, Geschichte von Widerstand und Rettung im NS Keine Zeit für Wut Zwei Jahre nach der Reaktor-Katastrophe in Fukushima kehrten der Journalist Marcel Gyr und der Fotograf Christoph Bangert im Auftrag der Neuen Zürcher Zeitung nach Fukushima zurück, um das Leben der Menschen nach der Katastrophe zu porträtieren. Getroffen haben sie unter anderem einen Bauern, der im Sperrgebiet ausharrt, einen Fischer, der Probleme hat, seine Fische zu verkaufen, und einen Taxifahrer, der gezwungen war, sein Haus aufzugeben. Anhand von Bildern und kleinen Videos lassen sich diese Begegnungen auch multimedial nachvollziehen. Website(s): Externer Link: http://fukushima.nzz.ch Initiatoren: Neue Zürcher Zeitung Einsatzmöglichkeiten für Lehrende: Fukushima, Atomkatastrophe, Kernkraft
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-08-04T00:00:00"
"2016-06-30T00:00:00"
"2022-08-04T00:00:00"
https://www.bpb.de/lernen/digitale-bildung/werkstatt/212445/10-beispiele-fuer-multimediales-storytelling/
Die Werkstatt hat für Sie zehn Beispiele für multimediales Storytelling zusammengestellt, die zeigen, wie vielfältig das digitale Erzählen von Geschichte(n) sein kann. Viel Spaß beim Lesen, Hören und Anschauen!
[ "storytelling", "multimedial" ]
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Was dürfen Journalisten? | Lokaljournalismus | bpb.de
Der Lokalteil einer Zeitung soll das Publikum über alle Vorgänge informieren, die in der Gemeinde und der Umgebung geschehen und für den Leser wichtig sind. Wichtig sind alle Informationen, die er benötigt, um als Staatsbürger oder im gesellschaftlichen Leben rationale Entscheidungen treffen zu können. Deshalb gehört zu einer guten Lokalberichterstattung zum einen eine umfassende und kritische Berichterstattung über lokalpolitische Angelegenheiten aller Art und auf allen Gebieten, also auch über die lokale Wirtschafts-, Kultur- und Sportpolitik. Ein berechtigtes Interesse hat der Leser darüber hinaus aber auch an Informationen, die ihm helfen, sich in der Gesellschaft zurechtzufinden, sein persönliches Leben im beruflichen, gesellschaftlichen oder privaten Bereich zu gestalten. So umfasst die „öffentliche Aufgabe“ der Lokalpresse die Berichterstattung über das Angebot an Kultur- und Sportveranstaltungen ebenso wie über die wirtschaftliche Entwicklung und Informationen, die für den Leser in seiner Eigenschaft als Verbraucher von Bedeutung sind. Recht und Schutz Informationen sind das entscheidende Gut, um diese öffentliche Aufgabe zu erfüllen. Journalisten sprechen mit Informanten, recherchieren und müssen die Informationen gewichten, nach ihrer Bedeutsamkeit auswählen und ordnen, damit am Ende ein informativer, verständlicher und wahrer Bericht veröffentlicht wird. Damit sie ihrer gesellschaftlichen Aufgabe ungehindert nachkommen können, stellt ihnen die Rechtsordnung eine Reihe von Sonderrechten zur Verfügung: In Bezug auf die Informationssammlung gehören dazu der Auskunftsanspruch und das Zeugnisverweigerungsrecht. Der presserechtliche Auskunftsanspruch verpflichtet alle Behörden, Anfragen von Journalisten wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten, soweit nicht im Einzelfall berechtigte Geheimhaltungsinteressen des Staates, betroffener Unternehmen oder von Privatpersonen entgegenstehen. Die Auskunft kann also verweigert werden, um Staatsgeheimnisse, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse oder die Privatsphäre zu schützen. So sind zum Beispiel Auskünfte über die persönlichen Verhältnisse einzelner Sozialhilfeempfänger zu verweigern. Den Auskunftsanspruch missachtet hingegen ein Behördenleiter, der einem Verlag androht, seine Mitarbeiter künftig nicht mehr mit Informationen zu versorgen, wenn ein ihm unangenehmer Beitrag in der Zeitung erscheint. Außerdem haben Journalisten das Recht, ihre Informanten dadurch zu schützen, dass sie die Identität der Auskunftsgeber für sich behalten. Mit dem "publizistischen Zeugnisverweigerungsrecht" soll erreicht werden, dass diese wichtige Informationsquelle von Journalisten nicht deshalb versiegt, weil der Informant fürchten muss, Nachteile wie zum Beispiel Disziplinarverfahren oder eine Kündigung zu erleiden. Sonderrechte bei der Informationsverbreitung gelten vor allem für den Ehrenschutz und den Datenschutz. Ehrenschutz Zur "öffentlichen Aufgabe" der Presse gehört die Verbreitung von Fakten (Tatsachenbehauptungen) und Meinungsäußerungen (Werturteilen), die die Bürger kennen müssen, um sich eine eigene Meinung bilden zu können. Ein Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung darf auch harsche oder gar polemische Urteile enthalten. De Frage, wie ein bestimmter Sachverhalt zu bewerten ist,soll in freier öffentlicher Debatte erörtert werden können und nicht durch Gerichte entschieden werden. Ihre Grenze findet die Meinungsäußerungsfreiheit in den Fällen,in denen Angelegenheiten von allgemeiner Bedeutung diskutiert werden, erst dort wo es nicht mehr um die Sache, sondern nur noch um die Beschimpfung des Kontrahenten geht (Schmähkritik). Als Schmähkritik wird beispielsweise die Äußerung zu werten sein: "Ich kann Deine blöde Fresse nicht mehr sehen!" Persönlichkeitsschutz Bei jeder Berichterstattung über Personen greift der Journalist in deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein: Er verbreitet Informationen über das Leben eines anderen. Und grundsätzlich hat jeder das Recht, selbst zu entscheiden, welche Informationen er über sein Leben Dritten zugänglich macht. Die Gesetze zum Datenschutz wahren diese Angaben zur Person und erlauben ihre Weitergabe nur in bestimmten Fällen. Auch hier geht es um eine Abwägung zwischen dem Schutz des Einzelnen und der Allgemeinheit: Überwiegt das öffentliche Informationsinteresse? Für diese Abwägung haben die Gerichte im Laufe der Zeit eine Reihe von (Faust-)Regeln entwickelt. So gilt für die Wortberichterstattung die sogenannte "Sphärentheorie". Nach ihr wird das menschliche Leben in unterschiedliche Bereiche ("Sphären") eingeteilt, die unterschiedlich strengen Schutz genießen: "Öffentlichkeitssphäre" Keinen Schutz gegen wahrheitsgemäße Berichterstattung genießt, wer sich selbst an die Öffentlichkeit wendet, also öffentlich auftritt, eine öffentliche Rede hält oder einen Leserbrief an die Lokalzeitung schreibt. "Sozialsphäre" Hier geht es um das Verhalten eines Menschen an öffentlich zugänglichen Plätzen, im Beruf oder im Zusammenwirken mit anderen. Die Anforderungen, damit eine Berichterstattung in diesen Fällen zulässig ist, sind gering. Hier reicht ein einfaches Informationsinteresse der Öffentlichkeit zur Rechtfertigung aus. So darf eine Lokalzeitung in einem Bericht über ein lokales Ereignis (Schützenfest, Theaterpremiere etc.) mitteilen, welche bekannten Persönlichkeiten anwesend waren, ohne die Betroffenen um Erlaubnis bitten zu müssen. "Privatsphäre" Strenger geschützt ist die "Privatsphäre", das heißt, der Bereich, in dem sich der Betroffene unbeobachtet glauben darf. Räumlich gilt das zum Beispiel für die eigene Wohnung, den eigenen Garten, aber auch für einsame Strände. Sachlich betrifft es Informationen über das Privatleben im weitesten Sinne, also etwa Informationen über familiäre Angelegenheiten, Einkommens- und Vermögensverhältnisse, Zugehörigkeit zu Vereinen, Religionsgemeinschaften und ähnliches. Informationen aus der Privatsphäre dürfen nur verbreitet werden, wenn das Informationsinteresse der Allgemeinheit an ihnen so hoch ist, dass der Schutz des Betroffenen dahinter zurücktreten muss. So geht es die Öffentlichkeit grundsätzlich nichts an, bei welcher Bank und mit welchen Summen ein Ministerpräsident den Erwerb seines Privathauses finanziert. Anders verhält es sich jedoch, wenn der Verdacht besteht, dass er auf Grund seiner beruflichen Stellung besonders günstige Vertragskonditionen erhalten hat oder er gegenüber dem Parlament oder der Öffentlichkeit unwahre oder unvollständige Angaben macht. "Geheimsphäre" Hierzu gehören alle Informationen, die von Gesetzes wegen oder ihrer Natur nach besonders geheimhaltungsbedürftig sind. Das sind beispielsweise Tagebuchaufzeichnungen oder der Inhalt von abgehörten Telefongesprächen. Solche Informationen dürfen ebenso wie Informationen aus der "Intimsphäre" nur in seltenen Ausnahmefällen beim Vorliegen eines "überragenden öffentlichen Informationsinteresses" verbreitet werden. Erhält eine Zeitung die Mitschrift eines abgehörten Telefongesprächs, das zwei Lokalpolitiker miteinander geführt haben, darf sie diese nur veröffentlichen, wenn in dem Gespräch ein erhebliches Fehlverhalten vereinbart wurde. Beispiel: Kurz vor der nächsten Kommunalwahl verabreden der Oberbürgermeister und der Führer der Mehrheitsfraktion im Rat, die lokale Öffentlichkeit über die tatsächliche Finanzlage der Stadt zu täuschen, um die eigenen Wahlchancen nicht zu gefährden. "Wahr" und "Seriös" Grundsätzlich darf die Zeitung nur Informationen verbreiten, deren Wahrheit sie zuvor sorgfältig geprüft hat. "Wahr" ist ein Bericht nur dann, wenn die mitgeteilten Fakten stimmen und die Darstellung keinen falschen Eindruck erweckt – weil zum Beispiel Informationen weggelassen wurden, die man kennen muss, um den Sachverhalt richtig zu verstehen. Jeder, über den in einem Bericht etwas Unwahres verbreitet oder ein falscher Eindruck erweckt wird, kann von dem Autor und der Zeitung verlangen, dass dies unterbleibt und die falsche Behauptung richtig gestellt wird. Hat die Redaktion ihre Sorgfaltspflicht verletzt – beispielsweise von Informanten gemachte Angaben nicht überprüft - kommen außerdem Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche in Betracht. Wird das Ansehen des Betroffenen durch den unzutreffenden Bericht beschädigt, liegt darüber hinaus eine Straftat vor. "Üble Nachrede" lautet das Vergehen, das aber nur auf Antrag des Verletzten verfolgt wird. Bestraft wird es mit einer Geld- oder in besonders schweren Fällen auch mit einer Freiheitsstrafe. Sorgfältig geprüft haben Autor und Zeitung die Fakten dann, wenn sie alle ihnen zur Verfügung stehenden Quellen genutzt haben, um die Wahrheit herauszufinden. Dazu gehört in der Regel auch, dass sie dem Betroffenen vor der Veröffentlichung Gelegenheit geben, zu ihnen Stellung zu nehmen. Informationen aus "seriösen Quellen" darf die Zeitung allerdings auch ohne eigene Recherche verwenden. Erklärt z.B. der Pressesprecher der Stadtverwaltung auf Anfrage der Zeitung, die Gewerbeaufsicht habe festgestellt, dass in einem namentlich genannten Betrieb "Gammelfleisch" verarbeitet worden sei, darf die Zeitung von der Wahrheit dieser Behauptung ausgehen und über den Vorwurf entsprechend berichten. Stellt sich später heraus, dass der Pressesprecher sich bei der Angabe des Betriebes geirrt hat, kann der Betriebsinhaber von der Zeitung zwar eine Richtigstellung verlangen. Den Schaden, den er durch die Veröffentlichung erlitten hat, kann er aber nur von der Stadt ersetztverlangen, nicht von der Zeitung. Je nach Faktenlage spielt dabei die Art der Berichterstattung eine Rolle: Lässt sich die Wahrheit einer Behauptung auch durch eine sorgfältige Recherche nicht abschließend klären, liegen aber beweisbare Indizien für ihre Richtigkeit vor, darf die Zeitung die Behauptung trotzdem publizieren. Sie kann jedoch nur den Verdacht äußern, dass die Behauptung stimmt. Häufig steht in einem solchen Fall Aussage gegen Aussage, dann darf die Zeitung den Sachverhalt "neutral" schildern, also so, dass offen bleibt, wer von den Kontrahenten die Wahrheit sagt. Hat z.B. der Oberbürgermeister bei dem Verleger der Konkurrenzzeitung angerufen, um Einfluss auf einen bevorstehenden Bericht zu nehmen, verbreiten der Oberbürgermeister und der Verleger aber unterschiedliche Versionen über den Inhalt des Gesprächs, darf die Tageszeitung den Streit über den Inhalt des Gesprächs schildern, sich in ihrer Berichterstattung aber nicht ohne weiteres auf die Seite eines der beiden Kontrahenten schlagen. Täter und Opfer Besondere Zurückhaltung muss die Zeitung zu wahren, wenn sie über Straftaten berichtet. In solchen Fällen ist besonders streng darauf zu achten, dass der Persönlichkeitsschutz des Beschuldigten und des Tatopfers gewahrt wird. Besonderer Schutz gilt dabei dem Opfer einer Straftat. Informationen über sein Privatleben, die in der Verhandlung erörtert wurden, dürfen demnach nicht verbreitet werden. Ein Artikel ist deshalb so abzufassen, dass Leser, die von dem Ereignis bislang nichts wussten, das Opfer nicht identifizieren können. Weniger schutzwürdig ist der Täter. Auch er hat aber einen Anspruch darauf, nicht vorverurteilt oder schon bei leichtem Fehlverhalten an den Pranger gestellt zu werden. Deshalb ist eine identifizierende Berichterstattung bei Ordnungswidrigkeiten und leichten Straftaten nicht zulässig. Anders ist dies bei Taten von Personen des öffentlichen Lebens, die in besonderer Weise einer öffentlichen Kritik und Kontrolle ausgesetzt sind, also insbesondere Politiker, Inhaber staatlicher Ämter und von Führungspositionen in Wirtschaft und Gesellschaft. Für die Lokalberichterstattung reicht es schon, dass der Betroffene im Verbreitungsgebiet der Zeitung - der Stadt oder Region - eine herausgehobene Stellung bekleidet. Abbildungen von Menschen dürfen im Allgemeinen nur mit deren Einwilligung verbreitet werden. Ausnahmen gelten für Bilder von Personen der Zeitgeschichte, Versammlungsfotos, Kunstwerke und Aufnahmen von Gegenständen und Landschaften, auf denen die Abgebildeten nur "Beiwerk" sind. Solche Fotos bedürfen nur dann einer Einwilligung der Abgebildeten, wenn sie aus der Privatsphäre stammen oder sonstige berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzen. Solche Interessen verletzen zum Beispiel Gruppenfotos, die Informationen über die persönlichen Verhältnisse der Abgebildeten enthalten. Das gilt etwa für Aufnahmen, die im Arbeitsamt oder im Sozialamt aufgenommen worden sind. Weiterführende Links netzwerk recherche e.V. (Hrsg.): Presserecht: Praxis-Wissen für den Paragraphen-Dschungel, 2011 Externer Link: http://www.netzwerkrecherche.de/files/nr-werkstatt-19-presserecht.pdf Presserechtliche Fälle aus dem Lokaljournalismus Externer Link: www.drehscheibe.org/presserecht Um die Lesbarkeit zu erleichtern, wird nur die männliche Form verwendet. Selbstverständlich gelten die Ausführungen für Menschen beiderlei Geschlechts.
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
"2012-12-17T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/medien-journalismus/lokaljournalismus/151751/was-duerfen-journalisten/
Für Lokaljournalisten gelten die gleichen Rechte und Pflichten wie für alle Journalisten. Das Umfeld indessen, vor allem das Distanz-Verhältnis, ist häufig ein anderes. Unterläuft Lokaljournalisten ein Fehler, steht am nächsten Tag vielleicht der dad
[ "Presserecht", "Lokaljournalismus", "Persönlichkeitsschutz", "Privatsphäre" ]
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Rap light | Jugendkulturen in Deutschland | bpb.de
Der Stuttgarter Top-Act Die Fantastischen Vier, die 1991 die Idee des engagierten Sprechgesangs zwar aufgriffen, aber in ihren Texten eigentlich "nichts zu sagen haben" (Jacob 1993, S. 214), und natürlich die unzähligen von Musikkonzernen "gecasteten" rappenden Boygroups und Daily-Soap-Sternchen wie Oli P. oder Die 3. Generation sind nur zufällige Belege für die Loslösung des HipHop aus seinen ursprünglichen Zusammenhängen und die Verwandlung einer schwarzen Jugendkultur in eine Mode für jedermann. Noch immer sind das "Ghetto" ein zentraler Mythos der deutschen HipHop-Szene und der afroamerikanische Rapper, Writer oder B-Boy eine prägende Leitfigur. Doch mit dem Siegeszug des "Deutschen HipHop" ab Mitte der 90er-Jahre betraten unzählige deutschstämmige Mittelschichtkids die Szene, die beim besten Willen zu keiner an den Rand gedrängten ethnischen oder sozialen Minderheit gehören – und dementsprechend auch andere Themen in ihren Raps aufgreifen. "Die Straße ist da, wo man herkommt", erklärt Bo von Fünf Sterne Deluxe im taz-Interview. "Ich komme aus Horst bei Elmshorn. Da gibt es die Drogenprobleme nicht, also kann ich auch nicht drüber reden. Meine Straße ist schon eher die Sesamstraße" (zitiert nach Klein/Friedrich 2003, S. 75). Also reicht das Themenspektrum von Hymnen auf aktuelle Fernsehsendungen oder angesagte Comics und Computerspiele über Auseinandersetzungen mit Lehrern und Neonazis bis zu – merkwürdig oft unerfreulichen – Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht. Im Mittelpunkt stehen fast immer die eigenen Gefühlswelten gelangweilter oder sonstwie unzufriedener Bürgerkinder – und die unterscheiden sich doch deutlich von denen amerikanischer Ghettokids. Während manche "old-school"-Verfechter darin den Ausverkauf des HipHop und den Verlust von Authentizität und Realness sehen, schätzen andere gerade jene HipHop-Aktivisten als authentisch ein, die nicht bloß die US-amerikanischen Ghetto-Images kopieren, sondern ihre eigenen Themen und Lebenserfahrungen künstlerisch bearbeiten. Entscheidend für den Erwerb von Respect und Fame ist für sie nicht die eigene (marginalisierte) gesellschaftliche Position, sondern die Originalität der eigenen Kunst und die Ernsthaftigkeit der Teilhabe an der HipHop-Community. "Anders als in anderen Pop-Szenen reicht eine Konsumhaltung nicht, um sich als Mitglied der Szene zu fühlen oder dort Akzeptanz zu erzielen: Man kann zwar Rocker sein, weil man Rockmusik hört, knatschenge Lederhosen trägt und ein Motorrad fährt, aber im HipHop ist man nicht real, nur weil man Sneakers trägt, Rap-Musik hört und am Wochenende in HipHop-Clubs geht. Nur durch Engagement erhält man Anerkennung und Respekt" (Klein/Friedrich 2003, S. 156). Ende der 90er-Jahre hatte HipHop Techno überholt und war zur größten und umsatzstärksten Jugendkultur angewachsen. Immer mehr Rapper und Sprayer konnten von ihrer Kreativität gut leben. David Toop, Musiker und Journalist, notiert 1991 im Vorwort der Neuauflage seines 1984er Standardwerkes "Rap Attack": "Einer der größten Unterschiede ist vielleicht der, dass ich bei den Recherchen zum ersten Teil des Buches die meisten Rapper bei ihrer Mutter am Telefon erreichen konnte, während man sich heute durch eine Mauer von Managern und persönlichen Referenten hindurchkämpfen muss" (Toop 1992/2000, S. 17). Dieser gewaltige kommerzielle Siegeszug des HipHop (der längst zum Imagefaktor für andere Industrieschöpfungen wie Streetball geworden ist) wurde jedoch nur möglich, weil es nach wie vor auch den HipHop-Underground gibt: eine breite Subkultur mit Dutzenden von eigenen Fanzines und Homepages, unabhängigen Plattenfirmen und Kassettenvertrieben, selbst- und nicht von szenefremden Veranstaltern organisierten Jams, einer eigenen (Jugend-)Klub- und oft illegalen Graffitiszene und mit Rappern, die wissen, wovon sie reden. So hat das "Anything goes" der Gesamtgesellschaft auch die HipHop-Kultur erreicht. Ihr Spektrum reicht inzwischen vom aufklärerischen "Edutainment" bis zum puren Party-HipHop, von antifaschistischen bis zu rassistischen Aussagen. Der Ursprungsidee von HipHop – gegen Gewalt und (harte) Drogen – hat sich seit den 90er-Jahren ein Gewalt- und Drogenkult dazugesellt, der inzwischen viele potentielle Veranstalter davor zurückschrecken lässt, HipHop-Jams anzubieten, da sie massive Randale und Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Gruppen befürchten müssen. HipHop ist nach wie vor "eine Art CNN der Schwarzen, ein Netzwerk, das wir niemals zuvor hatten", wie Chuck D von Public Enemy meint (zit. nach Blümner 2002, S. 302), und zugleich "noch so´n Amüsement" geworden, "das der Regierung hilft, den Mob von der Straße fernzuhalten", wie John Cale von Velvet Underground schon 1975 über Rockmusik feststellte. Allerdings hat HipHop der Rockmusik immer noch eins voraus: Während große Teile der Rockmusik sich sehr schnell ihrer "schwarzen" Wurzeln entledigten (bis hin zu – im Extremfall – White-Power-Nazi-Rock), ist HipHop eine im Wortsinn multikulturelle Szene geblieben. So wie schon die ersten DJs vor dreißig Jahren das Gebräu namens HipHop (bzw.: Rap) aus einer Synthese aus Funk, Soul, Disco, Latin, Salsa, Rock und diversen anderen Stilen kreierten (Afrika Bambaataa etwa benutzte für seine ersten Mixes Kraftwerk, die Rolling Stones, James Brown und Beethoven!), so verfügt heute fast jede in Deutschland beheimatete Minderheit von den Deutschrussen über arabische und türkische Jugendliche bis zu Sachsen und Franken über eine eigene (regionale) HipHop-Community, die wiederum weit über die Landesgrenzen hinaus vernetzt ist. Auch wenn die Realität widersprüchlicher aussieht, gilt HipHop nach wie vor aufgrund seiner Geschichte und der massiven Präsenz afroamerikanischer und aus Einwandererfamilien stammender Szenestars als Jugendkultur, die gegen Rassismus und Neonazis – gegen "rechts" – steht. Dass eine Jugendkultur mit diesem Image Ende der 90er-Jahre in Ost- wie Westdeutschland zur umsatzstärksten Teenager-"Marke" werden konnte, ist vielleicht nicht unbedingt eine der schlechtesten Nachrichten zum Ausklang des 20. Jahrhunderts. Quellen / Literatur Blümner, Heike: Street Credibility. HipHop und Rap. In: Kemper/Langhoff/ Sonnenschein (Hrsg.) 2002, S. 292 – 306. Jacob, Günther: Agit-Pop. Schwarze Musik und weiße Hörer. Berlin 1993. Klein, Gabriele/Friedrich, Malte: Is this real? Die Kultur des HipHop. Frankfurt am Main 2003. Toop, David: Rap Attack. African Jive bis Global HipHop. A-St. Andrä-Wördern 1992 u. A-Höfen 2000. Blümner, Heike: Street Credibility. HipHop und Rap. In: Kemper/Langhoff/ Sonnenschein (Hrsg.) 2002, S. 292 – 306. Jacob, Günther: Agit-Pop. Schwarze Musik und weiße Hörer. Berlin 1993. Klein, Gabriele/Friedrich, Malte: Is this real? Die Kultur des HipHop. Frankfurt am Main 2003. Toop, David: Rap Attack. African Jive bis Global HipHop. A-St. Andrä-Wördern 1992 u. A-Höfen 2000.
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Klaus Farin
"2021-12-02T00:00:00"
"2011-10-13T00:00:00"
"2021-12-02T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/zeit-kulturgeschichte/jugendkulturen-in-deutschland/36300/rap-light/
Die Industrie schuf eine zweite Rapkultur mit garantiert pflegeleichten Acts, die Mode und die Signalsprache der HipHop-Kultur kopierten, aber ihren sozialen Kontext ausblendeten. Rap light.
[ "Jugendkulturen", "HipHop", "Kommerzialisierung" ]
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Die Mietpreisbremse tritt in Kraft | Hintergrund aktuell | bpb.de
Seit dem 1. Juni 2015 gilt bundesweit das Mietnovellierungsgesetz (MietNovG), welches die erlaubten Preisanstiege bei Wiedervermietungen von Bestandswohnungen sowie die Übernahme der Maklerkosten regelt. Kernpunkt des Gesetzes ist zum einen, dass die Mietpreise bei Weiter- bzw. Neuvermietungen von Bestandswohnungen maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen dürfen. Damit soll verhindert werden, dass Gering- und Normalverdiener aus begehrten Wohngebieten verdrängt werden. Zum anderen müssen Mieter fortan keine Maklergebühren mehr zahlen, wenn der Makler vom Vermieter beauftragt ist. Die Neuregelung zur Übernahme von Maklergebühren gilt bundesweit. Die Mietpreisbremse als neues Element der Interner Link: Wohnungspolitik gilt dabei nicht automatisch und flächendeckend im gesamten Bundesgebiet. Wirksam wird das Gesetz erst, wenn es auch in den jeweiligen Länderverordnungen umgesetzt wird. So können die Bundesländer durch die gesetzliche Neuregelung per Rechtsverordnung bestimmte Gebiete als "angespannte Wohnungsmärkte" ausweisen. Nur dort greifen die Regelungen der Mietpreisbegrenzungen. Die Mietpreisbremse gilt in den jeweils ausgewiesenen Kommunen oder Bezirken aber nur für maximal fünf Jahre – also vorerst nur bis zum 31. Dezember 2020. Ausgenommen sind Neubauwohnungen, die erstmals nach dem 1. Oktober 2014 vermietet wurden; zudem sind umfassend modernisierte Wohnungen für drei Jahre von der Mietpreisbremse ausgenommen. Schon seit dem 1. Mai können die Bundesländer die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen von 20 Prozent auf 15 Prozent absenken. Doch diese Begrenzung, die ebenfalls ausschließlich in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt gilt, greift nur bei bestehenden Mietverträgen. Bei Wiedervermietungen gab es bislang keine Interner Link: gesetzliche Regelung. Geplante und umgesetzte Neuregelungen per Rechtsverordnung Berlin hat am 1. Juni als erstes Bundesland die sofortige Einführung der Mietpreisbremse beschlossen und das gesamte Stadtgebiet zum "angespannten Wohnungsmarkt" erklärt. Nordrhein-Westfalen will zum 1. Juli entsprechende Verordnungen erlassen. Bayern, Hessen, Niedersachsen, Brandenburg und andere Länder wollen ebenfalls einige Kommunen ausweisen. Bundesländer wie das Saarland oder Sachsen-Anhalt, in denen eher eine hohe Zahl von Wohnungen leer steht, planen keine Erlasse. Andere Bundesländer zögern noch oder wollen kein Limit für die Mietpreise setzen. In der Frage der Maklergebühren bei Vermietungen gilt ab dem 1. Juni das sogenannte Besteller-Prinzip ("Wer bestellt, der bezahlt"). Bislang werden Vermittlungsgebühren in der Regel von den neuen Mietern getragen, obwohl der Makler meist von den Vermietern beauftragt wird. Wohnungssuchende dürfen fortan nur dann belastet werden, wenn sie den Makler selbst beauftragen. Dennoch können auch künftig sowohl Mieter als auch Vermieter Wohnungsvermittler beauftragen. Angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt Anlass für das Mietnovellierungsgesetz war weniger der durchschnittliche bundesweite Anstieg der Mieten; dieser lag etwa im Jahr 2014 bei lediglich 1,3 Prozent. Problematisch sind vielmehr etliche Großstädte und Ballungsräume, aber auch mittelgroße Zentren und Universitätsstädte, in denen die Mieten in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind. So sind etwa in Berlin die Mietpreise für eine durchschnittliche Drei-Zimmerwohnung im Zeitraum 2009-2014 um gut 30 Prozent angestiegen, in Wolfsburg um gut 40 Prozent und in Jena um knapp 22 Prozent. Mietervereinigungen wie der Deutsche Mieterbund (DMB) begrüßen daher die Neuregelung. Der DMB fordert andere Bundesländer auf, dem Beispiel Berlins zu folgen und Verordnungen für angespannte Wohnungsmärkte zu erlassen. Eigentümer-Verband kündigt Klage an Der Verband "Haus und Grund", der deutschlandweit Hauseigentümer vertritt, will die Mietpreisbremse vom Verfassungsgericht prüfen lassen. Sie stelle "einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes" dar. Zudem sei sie unsozial, weil "sie nicht die Mieter schützt, sondern tendenziell wohlhabende Wohnungssuchende". Maklerverbände kritisieren ihrerseits vor allem das "Besteller-Prinzip" der Novelle. Experten schätzen, dass das Besteller-Prinzip vielfach umgangen werden dürfte und Kosten etwa durch Aufschläge bei den Mieten oder erhöhte Abstandszahlungen für Möbel in den vermieteten Wohnungen auf Mieter umgelegt werden könnten. Die Opposition im Bundestag begrüßt die Mietpreisbremse im Grundsatz. Laut den Grünen habe sie aber nur einen minimalen Effekt und könne eine "sozial orientierte Wohnungspolitik" nicht ersetzen, so Grünen-Bundestagsabgeordneter Christian Kühn. Auch die Linkspartei fordert, den Interner Link: sozialen Wohnungsbau zu verstärken und kritisiert zudem die zeitliche Begrenzung der als "angespannter Wohnungsmarkt" ausgewiesenen Gebiete auf fünf Jahre. Die Bundesregierung hingegen verteidigt das Gesetz. Es sei ein "gerechter Ausgleich zwischen Interessen von Vermietern und Mietern", so Bundesjustizminister Heiko Maas. Die Neuregelung trage dazu bei, die Investitionen auf dem Wohnungsmarkt zu fördern und zu erhalten. Mehr zum Thema: Interner Link: Holm, Andrej: Wiederkehr der Wohnungsfrage Interner Link: Hannemann, Christiane: Heimischsein, Übernachten und Residieren - wie das Wohnen die Stadt verändert Interner Link: Voigtländer, Michael: Herausforderungen der Wohnungspolitik aus ökonomischer Perspektive Interner Link: Egner, Björn: Wohnungspolitik seit 1945 Interner Link: Häussermann, Hartmut: Armutsbekämpfung durch Stadtplanung? Interner Link: Breckner, Ingrid: Gentrifizierung im 21. Jahrhundert Interner Link: Füller, Henning; Glasze, Georg: Gated communities und andere Formen abgegrenzten Wohnens
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-08-31T00:00:00"
"2015-06-10T00:00:00"
"2021-08-31T00:00:00"
https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/208048/die-mietpreisbremse-tritt-in-kraft/
Seit dem 1. Juni 2015 ist das Gesetz zu Mietpreisbegrenzungen und neuen Regeln für Maklergebühren in Kraft. Die Bundesregierung betont die Verbesserungen für Mieter, Kritiker sehen Schlupflöcher und weiteren Handlungsbedarf.
[ "Mietpreisbremse", "Miete", "Wohnungsmarkt", "Wohnungspolitik", "Wohnen", "Eigentum", "Gentrifizierung", "Wohnungslosigkeit", "Armut", "Vermietung" ]
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Rechtsprechung | 24 x Deutschland | bpb.de
Bei Streitigkeiten zwischen Bürgern, Arbeitnehmern und Arbeitgebern oder im Geschäftsverkehr ist die Grundlage für die Rechtsprechung das so genannte Privatrecht, welches unter anderem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) niedergeschrieben ist. Im Privatrecht werden die Beziehungen von Personen geregelt, die gleichgestellt sind. Das so genannte öffentliche Recht hingegen regelt die Beziehungen zwischen den Trägern der öffentlichen Gewalt und privaten Rechtssubjekten. Dies umfasst insbesondere Streitfälle zwischen staatlichen Stellen und Bürgern. Die Rechtsprechung in der Bundesrepublik baut auf mehreren im Grundgesetz verankerten Prinzipien auf. Ein zentraler Grundsatz ist die Unabhängigkeit der Richter. Diese sind nach Artikel 92 Grundgesetz (GG) nur dem Gesetz unterworfen und unterliegen keinerlei Weisung. Um das zu gewährleisten, können sie auch nicht abgesetzt oder versetzt werden. Ausnahmen bilden schwere Dienstvergehen. Das in Artikel 101 GG garantierte Recht auf einen gesetzlichen Richter schließt die Schaffung von Ausnahmegerichten aus. Sondergerichte für politische Straftaten, wie in Diktaturen üblich, werden damit unmöglich. Artikel 103 GG garantiert, dass jeder die Gelegenheit bekommt, sich zum Sachverhalt zu äußern. Mit dieser Rechtsgarantie ist die Pflicht des Gerichtes verbunden, nur Dinge und Sachverhalte zu berücksichtigen, zu denen alle Beteiligten Stellung nehmen konnten. Ferner garantiert das Grundgesetz an dieser Stelle zwei elementare Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit: Keiner darf für eine Tat bestraft werden, deren Strafbarkeit nicht gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Und niemand darf auf Grund derselben Tat mehrmals bestraft werden. In Artikel 104 GG werden festgenommenen Menschen besondere Garantien gegeben. So müssen sie spätestens nach Ablauf des auf die Festnahme folgenden Tages einem Richter vorgeführt werden, der schriftlich über einen weiteren Freiheitsentzug entscheidet. Man unterscheidet in der Bundesrepublik zwischen ordentlicher und besonderer Gerichtsbarkeit. Zur ordentlichen Gerichtsbarkeit zählen die Straf- und Zivilgerichte und die sogenannte freiwillige Gerichtsbarkeit, bei der Beurkundungen, Grundbuch-, Betreuungs- oder Nachlassangelegenheiten geregelt oder vollzogen werden. Die so genannte besondere Gerichtsbarkeit unterscheidet sich in der Realität nicht mehr von der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Die Bezeichnung ist ein Resultat der geschichtlichen Entwicklung dieser Spezialgerichte aus Verwaltungsbehörden. Sie umfasst Bereiche wie die Arbeitsgerichtsbarkeit, die Verwaltungsgerichtsbarkeit oder die Sozialgerichtsbarkeit. Auch diese werden mit ordentlichen und unabhängigen Richtern besetzt. Bei den meisten Streitfällen sind in der deutschen Rechtsprechung für den jeweils zuständigen Gerichtszweig mehrere Instanzen vorgesehen. Die ersten beiden Stufen eines gerichtlichen Verfahrens sind in der Regel an Gerichten der Bundesländer angesiedelt, die oberste Instanz ist ein Bundesgericht. Auch in der Arbeits-, Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit sind drei Instanzen vorgesehen. Die jeweils nächsthöhere Instanz ist diejenige, die über Revisionen oder Berufungen gegen Urteile der unteren Instanz entscheidet.
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-10-26T00:00:00"
"2011-11-12T00:00:00"
"2021-10-26T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/politisches-system/24-deutschland/40466/rechtsprechung/
Deutschland ist ein Rechtsstaat. Die Rechtsprechung gewährleistet den inneren Frieden und die Freiheit der Bürger, auch gegenüber dem Staat.
[ "Recht", "Rechtsprechung", "Gerichtsbarkeit", "Verwaltungsgericht", "Arbeitsgerichtsbarkeit" ]
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Sorge vor Eskalation des Korea-Konflikts | Hintergrund aktuell | bpb.de
Bislang hatte die südkoreanische Präsidentin trotz aller Drohungen aus Nordkorea wiederholt ihre Bereitschaft zum Dialog bekräftigt. Doch am Montag (1. April) verschärfte auch Park Geun Hye ihren Ton, nachdem Pjöngjang am Samstag (30. März) den Kriegszustand mit dem Süden erklärt und mit Atomkrieg gedroht hatte. Offiziell befinden sich Nord- und Südkorea seit Jahrzehnten im Kriegszustand, weil der Korea-Krieg (1950-1953) nicht mit einem Friedensvertrag, sondern nur mit einem Waffenstillstand beendet wurde. Den seit 60 Jahren geltenden Waffenstillstandsvertrag hatte Pjöngjang bereits am 8. März gekündigt. Regelmäßig versucht Nordkorea mit massiven Drohungen, sein Nachbarland Südkorea und die USA einzuschüchtern. In den vergangenen Wochen wurde der Ton jedoch immer schärfer. Angesichts der Drohungen verstärken die USA ihre militärische Präsenz in der Region. Neben Tarnkappenbombern, die auch Atombomben abwerfen können, haben die USA auch Kampfflugzeuge in die Region entsendet. Medienberichten zufolge sollen auch Kriegsschiffe vor der koreanischen Halbinsel patroullieren. Dennoch rechnen die USA nicht mit einem Angriff des kommunistischen Staates. Nach Aussagen des Sprechers des Weißen Hauses, Jay Carney, gibt es keinen Hinweis darauf, dass Nordkorea Truppen mobilisiere. Unterdessen hat Nordkorea angekündigt, seinen Atomreaktor Yongbyon wieder in Betrieb zu nehmen. Dieser war im Sommer 2007 nach Verhandlungen der Sechser-Gruppe (Nord- und Südkorea, China, Japan, Russland und die USA) abgeschaltet worden. In Yongbyon wurde Plutonium produziert, das Nordkorea für seinen ersten Atomwaffentest im Oktober 2006 nutzte. Auseinandersetzungen um Atomwaffenprogramm Seit etwa zwei Jahrzehnten kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen um das nordkoreanische Atomwaffenprogramm. Nach eigenen Angaben verfügt das Land über mehrere einsatzbereite Atombomben. Im Oktober 2006 hatte Pjöngjang erstmals unterirdisch eine Atomwaffe gezündet und damit weltweit für Aufregung gesorgt. Der UN-Sicherheitsrat verabschiedete daraufhin einstimmig die Resolution 1718. Darin wurde der Atomwaffentest als eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit bezeichnet. Nordkorea wurde aufgefordert, alle Massenvernichtungswaffen, Kernwaffen und ballistischen Raketen zu vernichten. Zudem wurden Sanktionen verhängt, die die Einfuhr von Waffen und Luxusgütern betrafen. Wie in der UN-Resolution gefordert, beteiligte sich Nordkorea an den Sechs-Parteien-Gesprächen. Die Verhandlungen mündeten im Oktober 2007 in einer weiteren Verpflichtung, alle Nuklearanlagen des Landes unbrauchbar zu machen und jegliche Nuklearaktivitäten offenzulegen. Im Gegenzug wurden dem Land umfangreiche Wirtschaftshilfen in Aussicht gestellt. Nach anfänglicher Kooperation Nordkoreas – wie etwa der Sprengung eines Reaktorkühlturms in Yongbyon – geriet der Prozess dann aber ins Stocken. Neuerliche Eskalation Vorläufiger negativer Höhepunkt war ein erneuter Atomwaffentest am 12. Februar dieses Jahres. Die Militärdiktatur machte trotz massiver internationaler Warnungen unmissverständlich deutlich, dass sie ihr Atom- und Raketenprogramm nicht aufgeben will. Daraufhin erklärte der UN-Sicherheitsrat nach einer Dringlichkeitssitzung, der Test stelle eine "eindeutige Bedrohung des internationalen Friedens und der Sicherheit dar". Auch Nordkoreas Verbündete China und Russland hatten bis zuletzt mehrfach versucht, Pjöngjang von den Tests abzubringen. Die Regierung in Peking forderte die Führung in Nordkorea auf, weitere Drohungen zu unterlassen. Anfang März beschloss der UN-Sicherheitsrat einstimmig, die bestehenden Sanktionen gegen Nordkorea zu verschärfen. Seither drohte Nordkorea wiederholt mit Angriffen auf die Vereinigten Staaten und auf Südkorea und versetzte bereits Raketen in Bereitschaft, da es sich von Übungsflügen von US-Kampfflugzeugen provoziert fühlte. Auch ein atomarer Erstschlag auf die USA wurde angedroht. Hohe Militärausgaben trotz Hunger Mit mehr als 1,2 Millionen Soldaten unterhält das von Hungersnöten geplagte Land eine der größten Armeen Asiens. Ausgaben für das Militär haben weiterhin Vorrang vor der Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln. Aufgrund von Misswirtschaft leiden große Teile der Bevölkerung Nordkoreas an chronischer Unterernährung. Das Land kann sich selbst nicht ausreichend mit Nahrung versorgen. Vor allem Kinder, schwangere und stillende Frauen sowie ältere und behinderte Menschen sind auf Hilfe angewiesen. Laut Welternährungsprogramm der UN sind sechs Millionen Nordkoreaner von Hunger bedroht. Zudem zählt Nordkorea zu den Ländern mit den weltweit schwersten Menschenrechtsverletzungen. Willkürliche Verhaftungen, Folter und ungesetzliche Hinrichtungen gehören zum repressiven Repertoire des Landes. Etwa 200.000 Menschen sind nach Schätzungen des "10. Berichts der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik" in Straf- und Umerziehungslagern inhaftiert. Mehr zum Thema Interner Link: Herbert Wulf: Poker um Nordkoreas Atomprogramm Interner Link: Oliver Thränert: Die "globale Null" für Atomwaffen
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-11-04T00:00:00"
"2013-04-02T00:00:00"
"2021-11-04T00:00:00"
https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/157467/sorge-vor-eskalation-des-korea-konflikts/
Die Sorge vor einer Eskalation des Konflikts zwischen Nord- und Südkorea wächst: Nachdem Nordkorea am Samstag den Kriegszustand ausgerufen hatte, kündigte die südkoreanische Präsidentin Park Geun Hye für den Fall von Provokationen sofortige Vergeltun
[ "Nordkorea", "Atomwaffenprogramm", "Südkorea", "Korea-Konflikts", "Park Geun Hye", "Kim Jong-un", "Korea" ]
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JugendMedienEvent 2004 | Presse | bpb.de
Liebe junge Medienmacherinnen und -macher, ich freue mich, dass so viele junge Menschen aus ganz Deutschland hier nach Bottrop und Essen gekommen sind, um ein Wochenende lang miteinander Neues zu erleben, zu lernen, zu diskutieren und dabei auch Spaß zu haben. Ich begrüße Sie alle recht herzlich zum JugendMedienEvent 2004. Bereits zum siebten Mal hat die Junge Presse Nordrhein-Westfalen es geschafft, eine so umfangreiche und spannende Veranstaltung zu organisieren: Sie hat mittlerweile darin eine Menge Erfahrung, doch gute Referenten und Referentinnen zu gewinnen, für technisches Equipment, die Verpflegung und Unterbringung von fast 500 Leuten zu sorgen, ist eine große Herausforderung. Das Team der Jungen Presse NRW hat wirklich viel geleistet. Mein Kompliment! Mit diesem Event hat nicht nur die Junge Presse etwas sehr Wichtiges angestoßen, auch Sie alle, die nach Essen gekommen sind, tun etwas Entscheidendes, ohne sich dessen vielleicht bewusst zu sein: Sie setzen sich für sich selbst und Ihre Interessen ein. Sie wollen etwas tun: sich einbringen, mitmachen. Damit übernehmen Sie auch Verantwortung – für sich und für Ihr Handeln. Ich möchte mich dem gerade aus dem Amt geschiedenen Bundespräsidenten Johannes Rau in diesem Punkt anschließen, der in seiner letzten Berliner Rede am 12. Mai deutlich gemacht hat, dass es nicht nur wichtig ist, Vertrauen haben zu können in die, die für uns Verantwortung tragen. Es ist wichtig, auch selbst bereit zu sein, Verantwortung zu übernehmen. Nur dann lässt sich gesellschaftlich etwas bewegen. Unser Staat ist mehr als ein Dienstleistungsbetrieb. Der Staat, die Gesellschaft, das Land – das sind schließlich wir, meint Alt-Bundespräsident Johannes Rau. Und er hat Recht. Die Gesellschaft ist unsere gemeinsame Sache, die wir selbst gestalten können. Das fängt schon im Kleinen an: Sie möchten vielleicht lernen, wie Sie die Pressearbeit Ihrer Initiative verbessern können, damit die Medien endlich auf Sie aufmerksam werden. Wie Sie eine Partei gründen können, damit Ihre Interessen im Stadtrat endlich gehört werden, oder Sie wollen, dass der Artikel, den Sie für die Schülerzeitung schreiben, so ankommt, dass auch der Direktor ihn nicht ignorieren kann. Auch das sind Formen, Verantwortung zu übernehmen und ein eigenes Umfeld gestalten zu wollen. Hier beim JugendMedienEvent haben Sie die Möglichkeit, dazu das nötige Handwerkszeug zu erlernen. Das richtige Know-How ist nämlich entscheidend, wenn es darum geht, sich für seine Interessen einzusetzen. Die Junge Presse hat deshalb die praktische Arbeit mit Fachleuten in vielen verschiedenen Kursen in den Mittelpunkt des Events gestellt: Vom journalistischen Basiswissen bis zu Schlüsselkompetenzen wie Rhetorik und Präsentation. Ich glaube jede und jeder kann hier das finden, was für sie oder ihn nützlich ist. Doch wozu diese Fähigkeiten? Natürlich, Sie wissen es bereits – um sich für Interessen einzusetzen. Aber indem Sie das tun, geschieht etwas sehr Wertvolles: Sie erhalten unsere Gesellschaft, unser Zusammenleben lebendig. Denn sich einsetzen bedeutet, mit Anderen zu sprechen, dabei Argumente zu vertreten und zu akzeptieren, Kompromisse zu finden. Das sind Grundprinzipien der Demokratie und indem Sie sich einsetzen und mitmachen, "leben" sie Demokratie. Das macht übrigens auch wesentlich mehr Spaß, als wenn nur jemand Ihnen erklären würde, was eigentlich Demokratie ist. Da bin ich auch schon bei einem ganz entscheidenden Punkt: Es macht doch Lust, sich zu engagieren. Es macht Spaß, zusammen etwas auf die Beine zu stellen und zu sehen, dass sich etwas bewegen lässt. Auch wer als Journalistin und Journalist über das berichtet, was passiert – ob im Irak oder hier in Bottrop, wer Informationen so aufbereitet, dass Andere sie verstehen und sich dann ihre Meinung bilden können – der setzt etwas in Bewegung und tut etwas Wichtiges. Er bringt sich ein und leistet einen Beitrag zu unserer Demokratie. Die Junge Presse hat hier alles selbst organisiert, sich Themen und Aufgaben gestellt. Sie alle wollen mit dem Erfahrenen und Erlernten etwas anfangen, ob Artikel schreiben, Marketing für die Schule oder Pressearbeit für eine Initiative machen – das ist gelebte Demokratie und politische Bildung live. Die Bundeszentrale für politische Bildung ist daher ausgesprochen gerne beim JugendMedienEvent 2004 dabei – soviel Engagement möchten wir unterstützen. Denn die Zusammenarbeit mit der Jungen Presse Nordrhein-Westfalen nützt schließlich auch uns. Wir wollen wissen, was junge Leute denken und wünschen. Wir brauchen den regelmäßigen Austausch, damit auch wir unsere Arbeit besser machen können. Deshalb unterstützen wir konkrete Visionen und Projekte junger Menschen – zum Beispiel mit der Kampagne "Projekt P – misch dich ein". Das P steht hier für Politik und für Partizipation. Die Bundeszentrale für politische Bildung hat sich mit dieser Kampagne vorgenommen, zusammen mit dem Bundesjugendministerium und dem Deutschen Bundesjugendring, Jugeninitiativen zu vernetzen und zu fördern. Mit dem Jugend-Onlineportal fluter.de und dem Jugendmagazin fluter möchten wir Ihnen außerdem Informations- und Kommunikationsangebote machen. Ich möchte Sie herzlich dazu einladen, sich mit eigenen Ideen und Wünschen einzubringen. Wir freuen uns über regen Kontakt und viel Feedback. Doch nun wünsche ich Ihnen viel Spaß und produktive Tage in hier in Bottrop und Essen.
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
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https://www.bpb.de/die-bpb/presse/51180/jugendmedienevent-2004/
Zum siebten Mal organisiert die Junge Presse Nordrhein-Westfalen den JugendMedienEvent. Er bietet jungen medieninteressierten Menschen die Möglichkeit, das nötige Handwerkszeug für die Pressearbeit zu erlernen, vom journalistischen Basiswissen über R
[ "Unbekannt (5273)" ]
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Helfer, Retter und Netzwerker des Widerstands | Presse | bpb.de
Mit den Ursachen, Ereignissen, Opfern und Täterinnen und Tätern des Nationalsozialismus hat sich die Forschung intensiv auseinandergesetzt. Vergleichsweise wenig wissen wir jedoch über diejenigen, die sich dem Nationalsozialismus entgegengestellt haben. Diese Helfer und Retter kamen aus den unterschiedlichsten Schichten, traten in ganz unterschiedlicher Gestalt und mit unterschiedlichsten Motiven auf. Warum und wie jemand Helfer, Retter oder Netzwerker im Nationalsozialismus wurde und welche Schlüsse wir daraus für Gegenwart und Zukunft ziehen können: Dies sind die Themen der 3. Internationalen Konferenz zur Holocaustforschung vom 27. bis 28. Januar 2011 in Berlin. Auf der Konferenz werden die neuesten Erkenntnisse der Helferforschung zu prosozialem Verhalten unter totalitären Bedingungen aus interdisziplinärer Perspektive vorgestellt. Zur Konferenz laden die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, das Kulturwissenschaftliche Institut Essen und die Stiftung Gedenkstätte Deutscher Widerstand ein. Den Eröffnungsvortrag hält Bundesminister des Innern, Thomas de Maizière. In Podien und Vorträgen kommen u.a. zu Wort: Ladislaus Löb, Universität Sussex in Brighton/ Autor des Buches "Geschäfte mit dem Teufel", Harald Welzer, Kulturwissenschaftliches Institut Essen, Johannes Tuchel, Stiftung Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Wolfram Wette, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Barbara Schieb, Gedenkstätte Stille Helden, Dennis Riffel, Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V., Beate Kosmala, Gedenkstätte Stille Helden, Bob Moore, Universität Sheffield, Irena Steinfeldt, Gedenkstätte Yad Vashem, Jerusalem, Marten Düring, Kulturwissenschaftliches Institut Essen, Ethan Hollander, Wabash College, Crawfordsville, Indiana, Gerd Hankel, Hamburger Institut für Sozialforschung, Natan Sznaider, Academic College of Tel-Aviv, Susanne Beer, Kulturwissenschaftliches Institut Essen, Deidre Berger, American Jewish Committee und Reinhard Kahl, Journalist. Praxisforum: Zivilcourage lernen am 29. Januar Im Anschluss an die Konferenz findet am 29. Januar 2011 das Praxisforum "Zivilcourage lernen" statt. Hier werden die Bedeutung prosozialen Verhaltens in der Gegenwart sichtbar gemacht, Handlungsspielräume aufgezeigt und für sie sensibilisiert. Beispiele für die Förderung von Zivilcourage werden präsentiert und unterschiedliche Handlungsfelder zum Thema Zivilcourage im Kontext der Aufgaben der politischen Bildung diskutiert. Es sprechen u.a.: Philip George Zimbardo (em.), Stanford Universität, bekannt durch das Stanford Prison Experiment und Alfons Kenkmann, Universität Leipzig. Datum: 27. bis 29. Januar 2011 Ort: dbb forum berlin Friedrichstraße 169/170 10117 Berlin Es wird kein Teilnahmebeitrag erhoben. Verbindliche Anmeldung unter:Externer Link: www.lab-concepts.de/anmeldung/holocaustforschung Akkreditierung für Journalisten: E-Mail Link: presse@bpb.de Tagungsprogramm und weitere Informationen unter: Externer Link: www.kulturwissenschaften.de und Externer Link: www.bpb.de/veranstaltungen Veranstaltungsankündigung als Interner Link: PDF-Version (150 KB) Pressekontakt KWI Kulturwissenschaftliches Institut Essen (KWI) Viola Noll Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Goethestraße 31 45128 Essen Tel +49 (0)201 7204-152 Fax +49 (0)201 7204-159 E-Mail Link: viola.noll@kwi-nrw.de Externer Link: www.kulturwissenschaften.de Pressekontakt bpb Bundeszentrale für politische Bildung Daniel Kraft Stabsstelle Kommunikation Adenauerallee 86 53113 Bonn Tel +49 (0)228 99515-200 Fax +49 (0)228 99515-293 E-Mail Link: presse@bpb.de Externer Link: www.bpb.de/presse
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
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https://www.bpb.de/die-bpb/presse/pressemitteilungen/49927/helfer-retter-und-netzwerker-des-widerstands/
Mit den Ursachen, Ereignissen, Opfern und Täterinnen und Tätern des Nationalsozialismus hat sich die Forschung intensiv auseinandergesetzt. Vergleichsweise wenig wissen wir jedoch über diejenigen, die sich dem Nationalsozialismus entgegengestellt hab
[ "Unbekannt (5273)" ]
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Analytica verkündet | Big Data für die Kinder- und Jugendbildung | bpb.de
Methode zur Reflexion von Zukunftsszenarien der Datenanalyse Downloads: Interner Link: Analytica - Einführung Interner Link: Analytica - Die Gesetze Interner Link: Analytica - Arbeitsblatt Interner Link: Analytica - Steckbrief Links: Externer Link: Soundeffekt Externer Link: Auswertungstool Plickers Ziele der Methode Reflexion und Medienanalyse Checkliste Dauer: ca. 90-120 Minuten Technik: Beamer, Computer, SoundgerätMaterial: Kreppband o.ä. für eine Linie, die mitten im Raum gezogen wird Zwei Schilder, eins mit "+" und eins mit "–" Symbol Ausgedruckte Arbeitsblätter Stifte Ablauf Die Teilnehmenden stellen sich nebeneinander auf die Linie. Der Spielleiter liest den Einleitungstext laut vor. Damit werden die Teilnehmenden in die Zukunft versetzt. Hier regiert Analytica. Die Linie ist der Zeitpunkt, an dem Analytica an den Start geht. Nach einem selbstgewählten Soundsignal wird auf einer Wand mit dem Beamer das erste neue Gesetze von Analytica gezeigt. Die Teilnehmenden müssen das Gesetz bewerten. Wird es positiv bewertet, gehen sie einen kleinen Schritt vor, wird es negativ bewertet, gehen sie einen kleinen Schritt zurück. Jedes neue Gesetz wird mit dem Soundsignal angekündigt und wird mit einem Schritt vor oder zurück bewertet. Wiederholen, bis alle Gesetze von den Teilnehmenden bewertet wurden. An den letzten Positionen zur Mittellinie lässt sich ablesen, ob die Gesetzte insgesamt für den einzelnen Teilnehmenden eine positive oder negative Veränderung bewirkt haben. Es folgt die Reflexionsrunde: Die Arbeitsblätter werden verteilt. Die einzelnen Gesetze werden hier unter dem Gesichtspunkt bewertet, welche Tendenz zu erkennen ist: Ist es eine reine Zukunftsversion, ist eine Tendenz in Richtung des Gesetzes erkennbar oder ist es bereits Realität? Anschließend werden die Ergebnisse aus dem Spiel und den Arbeitsblättern gemeinsam diskutiert. Varianten Die Teilnehmenden bilden am Anfang kleine Gruppen (2 bis 4 Teilnehmende). Die Gesetze werden sofort in der Gruppe diskutiert und bewertet. Nach jedem neuen Gesetz stellen sich die Teilnehmenden an der Nulllinie auf. Sie können sich je nach ihrem Zustimmungs- oder Ablehnungsgrad zu dem neu angezeigten Gesetze, mehr oder weniger von der Nulllinie entfernen. Das Spiel kann auch analog, ohne Beamer und Computer gespielt werden. Die Gesetze werden ausgedruckt und hochgehalten. Das Geräusch kann mit einem Smartphone erzeugt werden. Die gesammelten Gesetzte der Teilnehmenden werden noch einmal gemeinsam durchgespielt. Die Bewertung erfolgt nicht durch Schritte im Raum, sondern mit dem Analyse-Tool Plickers. Tipps/Tricks Je nach zur Verfügung stehender Zeit, kann die Anzahl der Gesetze variiert werden. In der Reflexionsrunde können auch die Teilnehmenden nach möglichen neuen Gesetzen gefragt werden, die Analytica erlassen soll. Hinweis darauf, dass es beim Arbeitsblatt nicht um richtig oder falsch geht, sondern nur um die persönliche Einschätzung. In der analogen Variante können einzelne Teilnehmende in die Spielleitung einbezogen werden, indem sie die Gesetze hochhalten, verlesen und/oder die Geräusche erzeugen.
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Saskia Nakari; Claus Faika
"2021-06-23T00:00:00"
"2017-09-12T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/lernen/medienpaedagogik/big-data-kinder-und-jugendbildung/255939/analytica-verkuendet/
"Analytica verkündet" zeigt den Teilnehmenden ein Zukunftsszenario, in dem das Medienunternehmen "Analytica" die Gesetze verkündet. Wie ein derartiges Szanario aussehen kann und ob dieser Zustand für einen selbst positiv oder negativ aufzufassen ist,
[ "Planspiel", "BigData", "Utopie", "Distopie", "Big Brother", "Überwachung", "digital" ]
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„Halten Sie stand – Behalten Sie Hoffnung“ | Prag 1968 | bpb.de
Der Versuch, einen Sozialismus mit „menschlichem Antlitz“ aufzubauen, löste 1968 in der tschechoslowakischen Gesellschaft euphorische Zustimmung aus. Dieses Ziel, Sozialismus und Demokratie zu verbinden, wurde 1968 von oben, aus der Partei heraus, ermöglicht, aber schon in den Vorjahren vor allem durch Schriftsteller und Intellektuelle in Gang gesetzt. Auch in der DDR hofften viele Menschen auf eine Aufweichung des starren, rigiden Systems, und hofften, dass der Funke aus Prag auch auf Ost-Berlin überspringt. Einer von ihnen war Bernd Eisenfeld, damals Bankangestellter und Wehrdienstverweigerer. Mit Folgen: er verlor seinen Job. 1968 erfolgte seine Inhaftierung nach einer Flugblattaktion gegen den Einmarsch in die Tschechoslowakei. Sein Prozess erfolgte unter Ausschluss der Öffentlichkeit - das Urteil: zweieinhalb Jahre Haft. Während Funktionärskinder, die wegen ähnlicher Delikte inhaftiert wurden, schon im November 1968 durch eine Amnestie auf freien Fuß kamen, musste Eisenfeld seine Strafe absitzen. 1975 konnte er nach zahlreichen Ausreiseanträgen die DDR verlassen – er hatte sich zwischenzeitlich hilfesuchend sogar an die UNO gewandt. Er studierte Geschichte und arbeitete als Historiker im Gesamtdeutschen Institut, bzw. später der Bundeszentrale für politische Bildung. Mit Gründung der Stasi-Unterlagen-Behörde übernahm er dort die Leitung des Fachbereichs Forschung. Eisenfeld starb 2010. Das nachfolgende Gespräch hatte kurz zuvor die Autorin Doris Liebermann mit ihm geführt. Doris Liebermann: Herr Eisenfeld, Sie wurden 1968 im Zusammenhang mit der Niederschlagung des Prager Frühlings verhaftet. Könnten Sie zunächst etwas zu Ihrer Lebenssituation vor der Verhaftung erzählen? Bernd Eisenfeld: Ich hatte 1968 bereits ein Berufsverbot. Ich hatte Finanzwirtschaft in Gotha studiert, über den zweiten Bildungsweg, den es in der DDR gab, wenn man kein Arbeiterkind war. Danach war ich bei einer Bank in Halle beschäftigt, sie war zuständig für die Finanzierung der Elektrochemie und dann des Kombinats Chemische Werke Buna. Aber ich konnte dort nicht lange bleiben. Denn 1967 hatte ich mich für den damaligen Wehr-Ersatzdienst in der DDR, den Bausoldaten-Dienst entschieden. Als ich von den Bausoldaten zurückkam, erhielt ich quasi ein Berufsverbot. Die Begründung lautete: "Wer nicht bereit ist, den Ehrendienst mit der Waffe zu leisten, hat im Staatsapparat, zu dem die Banken der DDR gehören, nichts zu suchen". Das beschnitt automatisch auch viele Zugänge zu anderen Bereichen des – heute würde man sagen – öffentlichen Dienstes der DDR. Wegen Engagements im ökumenischen Friedenskreis in Halle, waren Sie damals schon ins Visier der Stasi gekommen. Da muss die Nachricht von der Entmachtung des tschechoslowakischen Präsidenten und Parteichefs Antonín Novotný und der Wahl Alexander Dubčeks im Januar 1968 zu seinem Nachfolger große Hoffnungen in Ihnen geweckt haben? Bernd Eisenfeld: Bis zum Prager Frühling hatten wir Andersdenkenden keine Legitimationsbasis. Wir mussten uns auf den Westen oder auf Jugoslawien berufen, wenn es um bürgerliche Freiheiten ging. Nun gab es erstmals die Situation, dass man sich auf das Programm eines Ostblockstaates stützen konnte, das Demokratie und Sozialismus vereinte. Deswegen war ich von Anfang an ein Anhänger des Prager Frühlings. Ich engagierte mich sehr stark und sprach mich offen dafür aus, sowohl in meinem Arbeitsfeld als auch öffentlich durch Diskussionsbeiträge, Leserbriefe an Zeitungen und ähnliches. Im Frühjahr 1968 versuchte ich, an einem öffentlichen Forum in Halle teilzunehmen und die Vorstellungen über die Entwicklungen in der Tschechoslowakei unterzubringen. Ich sprach mich offen für mehr Informationsfreiheit und Demokratie aus. Ich berief mich auf den Reformkommunisten Robert Havemann und auf die Entwicklung in der Tschechoslowakei. Heute weiß ich nach der Einsicht in meine Stasi-Unterlagen, dass unmittelbar nach dieser Veranstaltung ein operativer Vorgang gegen mich eingeleitet wurde mit dem Ziel, mich wegen staatsfeindlicher Hetze zu verurteilen. Sind Sie 1968 auch nach Prag gefahren? Bernd Eisenfeld (gest. 2010) (© www.jugendopposition.de) Ja klar, im Mai 1968 mit zweien meiner Brüder, übrigens ohne, dass die Stasi das mitbekam. Prag war natürlich eine richtige Offenbarung. Das Klima, die Stimmung, die Euphorie, auf der anderen Seite aber auch Ängste. Die Leute waren besorgt: geht das denn so weiter? Wir sprachen mit Medienvertretern, besuchten Radio Prag, suchten eine deutschsprachige Zeitung in Prag auf und informierten uns. Wir führten Diskussionen und waren sehr beeindruckt von dieser Entwicklung, vor allem, was die Gesellschaft betraf. Einer meiner Brüder ist Maler. Wir suchten Galerien auf, und die Künstler schwärmten damals in Prag: Sie konnten frei reisen, sie durften ihre Bilder verkaufen, sogar gegen westliche Währung. Auch was sich in der Literatur und Musik tat, war faszinierend. Deshalb war für mich dann natürlich klar, als wir in die vergleichsweise triste DDR zurückkehrten, dass man diesen Weg, der von so vielen Schichten der Bevölkerung getragen wurde, verteidigen muss und möglichenfalls auch in der DDR etwas auslösen könnte. Wie stellten Sie sich das vor? Ich versuchte, mit vielen Zeitungsredaktionen in der DDR in Kontakt zu kommen und die Prager Positionen zu verteidigen, zumal die DDR von Anfang an diesen Prozess scharf attackierte. Aber ich habe nie einen Leserbrief unterbringen können, obwohl ich zum Beispiel mit dem Leiter der Leserbriefredaktion der Sächsischen Zeitung einen langen Dialog führte, der sich aber immer mehr verschärfte. Am Ende drohte er sogar damit, dass er mich eigentlich belangen und den Schriftwechsel jemand anderem übergeben könnte. Diese Zeit war von viel Hoffnung, aber auch Bangen darüber begleitet, was sich in der Tschechoslowakei entwickeln könnte. Wir waren uns bewusst, wenn sich der Prager Frühling mit seinem Programm durchsetzen sollte, würde das zu einem ernsten Problem für den Ostblock werden. Auch für die DDR. Dass dies mit Gewalt unterdrückt wird, war nie auszuschließen. Als es dann tatsächlich dazu kam, war ich trotzdem schockiert. Ich glaubte, dass man das Selbstbestimmungsrecht eines Volkes nicht so mit Füßen treten könne. Ich dachte auch, das könne sich der Ostblock aus politischen Gründen, wegen der UNO, nicht leisten. Außerdem erwartete ich, dass in der Tschechoslowakei ein Generalstreik ausgerufen wird, um der Weltöffentlichkeit deutlich zu machen, das ganze Volk steht gegen diese Intervention. Und innerhalb der DDR? Nach dem Einmarsch führte sich die SED wie eine siegreiche Partei auf. Ulbricht triumphierte. Bei der DDR-Bevölkerung löste der Einmarsch Entsetzen aus und rief Proteste hervor, auch wenn die SED-Propaganda das Gegenteil verkündete. Das MfS verzeichnete 2.129 Protestbekundungen, wovon es 1.360 zu den „wesentlichen Vorkommnissen“ zählte. Damit war gemeint: Anschmieren von „Hetzlosungen“ [1690], Verbreitung selbst gefertigter „Hetzschriften“ [7587], anonyme „Hetze“ in Form von Telefonanrufen und Briefen [294], zum Beispiel bei Zeitungen und SED-Kreisleitungen oder organisierte Sympathiebekundungen [74]. Aber das MfS konnte 1968 nur einen geringen Teil aufklären: Die Stasi verfügte damals noch über kein flächendeckendes Überwachungssystem. Eine Folge war, dass die „operative Wachsamkeit“ in den Jahren darauf erhöht wurde. Nun wurden vor allem auf Paragrafen gesetzt, die „staatsfeindliche Hetze“, „Widerstand gegen staatliche Maßnahmen“, „Staatsverleumdung“, „Missachtung staatlicher und gesellschaftlicher Symbole“ oder „Beschädigung öffentlicher Bekanntmachungen“, unter Strafe stellten, Haftstrafen zumeist. Auch innerhalb der SED gab es Säuberungen: Ausschlüsse, Streichungen, strenge Rügen und Verwarnungen. Wie haben Sie reagiert? Unmittelbar nach der Intervention, am 23. August, schickte ich ein Telegramm an die Tschechoslowakische Botschaft in Ostberlin, natürlich mit Adresse und Absender: „Halten Sie Stand. Behalten Sie Hoffnung.“ Solange die Dubček-Leute noch im Amt waren - er selber blieb ja standhaft noch bis zum 17. April 1969 Parteichef - war die Sache für mich noch nicht endgültig verloren. Deshalb glaubte ich, dass man besonders solidarisch sein müsse, dass die Reformkräfte vielleicht an der Macht bleiben und man Wege finden würde, dass sie allen Gegenwind geschickt umschiffen, um dann wieder ihren Kurs durchzusetzen. Ein moralischer Aspekt spielte für mich allerdings auch eine Rolle. Ich hatte mit meinem Vater hin und wieder Diskussionen über das Dritte Reich. Er war von Anfang an bei der NSDAP, zunächst aus Idealismus, wie er mir glaubhaft vermittelte. Darüber gab es dann aber Streit: Warum hat er sich später dieser Partei nicht entzogen, als Hitler und das Dritte Reich immer aggressiver wurden? Ich fühlte mich nun in einer ähnlichen Situation. Ich dachte mir: Die Deutschen sind wieder dabei, ein Volk mit Gewalt zu unterdrücken, noch dazu ein Volk, das sie schon einmal unterdrückt hatten. Wie verhältst du dich jetzt in dieser Situation? Reicht es aus, wenn man sich nur argumentativ damit auseinandersetzt, oder muss man etwas in Bewegung setzen? Ich entschied mich, Flugblätter zu fertigen, allerdings vom Inhalt und von der Art der Verteilung her so, dass ich glaubte, mich im Rahmen der DDR-Gesetze zu bewegen. Ich wählte einen Text von Lenin und vervielfältigte ihn mit der Schreibmaschine. Nicht weil ich Leninist war, im Gegenteil, ich glaubte, dass Lenin Marx auf den Kopf gestellt hatte. Doch ich wusste: Lenin ist der geistige Vater der DDR, da sollen die SED-Funktionäre doch mal sehen, wie sie mit dem Zitat klarkommen. Es war ein Zitat aus dem „Dekret über den Frieden“. Dort hat Lenin den Begriff der Annexion definiert - als "....jede Angliederung einer kleinen oder schwachen Völkerschaft an einen großen oder mächtigen Staat, ohne dass diese Völkerschaft ihr Einverständnis und ihren Wunsch genau, klar und freiwillig zum Ausdruck gebracht hat..". Ich dachte, das trifft ja wie die Faust aufs Auge. Über das Flugblatt schrieb ich: „Denk bitte nach! Bitte schweig nicht!!“. Dann das Lenin-Zitat, dass eine Annexion auch als "Eroberung und Vergewaltigung" kritisiert. Und unten drunter in Klammern: "Lenin, aus dem Dekret über den Frieden". Ohne Kommentar. Ich fertigte 180 Exemplare mit dem Durchschlagverfahren an und verteilte sie einen Monat nach der Intervention. Ein Exemplar ließ ich absichtlich im Zug liegen, als ich zu meinen Eltern fuhr. Die anderen verteilte ich vom 20. zum 21. September 1968. Am ersten Abend lief das noch einigermaßen reibungslos ab. Ich hatte zwar Konflikte am Haus der Gewerkschaften in Halle, wo eine Veranstaltung stattfand und ich das Flugblatt verteilte. Da kamen zwei – heute weiß ich es – Mitglieder der SED-Kreisleitung und wollten diese Blätter von mir haben. Das habe ich verweigert, ich sagte: „Bitte, ist nicht kommentiert, ich verteile ein Lenin-Zitat, was wollen Sie überhaupt?“ So entzog ich mich diesen Leuten, die mich eigentlich schon greifen wollten. Den Hauptteil dieser Flugblätter verteilte ich auf dem Theaterplatz in Halle. Passenderweise wurden dort gerade „Die Räuber“ gespielt. Als die Tür aufging und die Leute herausströmten, gingen die Flugblätter weg wie warme Semmeln. An den Lichtsäulen bildeten sich kleine Grüppchen, es waren auch viele junge Leute dabei, auch Abiturienten, und lasen, was auf diesem Blatt stand. 60 Exemplare hatte ich noch zu Hause und plante am nächsten Tag erneut loszugehen. Bernd Eisenfeld (gest. 2010) (© www.jugendopposition.de) Was ist dann passiert? Abends ging ich zum Kino „Universum“, es wurde „My Fair Lady“ gespielt. Ich dachte, es werden wieder eine Menge Leute da sein. Die Tür des Kinos ging auf, und kaum begann ich zu verteilen, hingen mir schon zwei Zivilisten am Arm. Einer drehte mir eine Knebelkette sehr schmerzhaft ins Handgelenk und dann war es schon passiert. Ich habe inzwischen meine Stasi-Akten eingesehen: Aufgrund der Verteilung der Flugblätter am Vortag war stadtweit Alarm ausgelöst worden. Interessanterweise las ich, dass Polizei und Staatssicherheit nur zwei Flugblätter in die Hände gefallen waren. Das bedeutete, die meisten Menschen, die dieses Flugblatt bekommen hatten, waren nicht zur Polizei gegangen. Aber diese zwei reichten der Kripo und dem MfS aus, um alle strategischen, öffentlichkeitswirksamen Punkte zu besetzen. Es war eine Frage der Zeit. Sie warteten und griffen zu. Sie traten mich und brachten mich zunächst zur Polizeidienststelle. Bei der Kripo hatte ich noch einen ganz guten Eindruck. Ich hatte eine erste Vernehmung mit einem Kripo-Offizier, und dachte, klar, die lassen mich laufen. Ich hatte dieses Zitat ja nicht kommentiert, es konnte auf die Tschechoslowakei, auf Nahost oder auf Vietnam zutreffen. Ich wollte den Leuten selbst die Interpretation überlassen und dachte, mir kann ja eigentlich nichts passieren. Trotzdem wurden Sie verurteilt... Zunächst wurde ich in eine Dunkelzelle geschlossen. Nach einer halben Stunde erschien eine Richterin an und stellte einen Haftbefehl wegen Staatsverleumdung aus. Ich habe mich natürlich dagegen verwahrt. Aber sie meinte, es bestünde „Verdunkelungsgefahr“, deshalb müsste ich jetzt inhaftiert werden. Ich kam in eine Zelle bei der Kripo, dort folgte eine Nachtvernehmung. Wie sich später herausstellte, führte sie mein künftiger MfS-Vernehmer durch. Es war ein sehr brutales Verhör. Nicht, dass ich körperlich belangt oder gefoltert wurde, aber er schrie mich an und ich begann, nachdenklicher über die Situation zu werden. Ich hätte mehrfache Verbrechen begangen. Dann kam es zum Transport. Ich wusste nicht, wo es hinging und erfuhr es erst später: Ich landete in der Hallenser Untersuchungshaftanstalt des Staatssicherheitsdienstes, im „Roten Ochsen“. Heraus kamen zweieinhalb Jahre Haft wegen staatsfeindlicher Hetze, die ich bis zum letzten Tag absitzen musste. Mein Vernehmer, mit dem ich mich ständig stritt, mit dem ich dann auch nicht mehr diskutieren durfte, sagte mir immer: „Eisenfeld, begreifen Sie, wir haben die Macht. Begreifen Sie: Wir haben die Macht!“ Und das war die DDR. Das wurde mir nun endgültig klar, und deshalb begann ich auch neu über Perspektiven nachzudenken. Ich hatte schon vorher sinngemäß in meinen Tagebuchaufzeichnungen vermerkt: Wenn dieser Reform-Prozess in der Tschechoslowakei unterbunden wird, obwohl ein ganzes Volk hinter seiner politischen Führung steht, auch mit allen Gewerkschaftsverbänden an der Seite, wenn da eine Demokratisierung nicht möglich ist, wie soll es dann in der DDR je möglich werden? Wurde noch vom Prager Frühling geredet, als Sie aus dem Gefängnis entlassen wurden? Als ich aus der Haft kam, war diese Zeit – so hatte ich den Eindruck – in der DDR vergessen. Es sprach keiner mehr davon. Ich war noch voll von dieser Zeit und voller Hoffnung, die systematisch durch Salami-Taktik zerstört wurde. Ich dachte: Mein Gott, keiner spricht mehr darüber, was damals geschah. Auch der Westen hat sich mit dem „Prager Frühling“ kaum auseinandergesetzt. Deswegen war ich natürlich, als ich später in den Westen kam, auch sehr neugierig, und sah mich um, was publiziert und berichtet wurde. Das war sehr wenig. Zum Beispiel? Eher wurden die Geschichten kurzzeitig inhaftierter Kinder und Jugendlicher in Ost-Berlin thematisiert. Die DDR hatte offensichtlich aufgrund einer Reihe inhaftierter prominenter Söhne und Töchter aus SED-treuen Familien eine Amnestie erlassen, wahrscheinlich unter dem Druck der eigenen Funktionäre. Davon profitierten rund 300 junge Leute. Aber alle anderen, die standhaft blieben, saßen meist zwei bis drei Jahre. In der Haft in Cottbus habe ich eine ganze Menge wegen Prag inhaftierter Leute angetroffen, darunter kaum Intellektuelle, sondern überwiegend Arbeiter, Studenten und Jugendliche. Es ist inzwischen auch wissenschaftlich belegt, dass es nicht die Intellektuellen waren, sondern Arbeiter, die spontan auf die Niederschlagung des Prager Frühlings reagierten. Man riss solche Leute aus ihren Arbeitskollektiven und verurteilte sie wegen staatsfeindlicher Hetze, weil sie spontan ihren Widerspruch geäußert hatten. Meistens wurden dann diejenigen rausgefischt, die das MfS auch vorher schon im Visier hatte. Man wartete nur die Gelegenheit ab und hatte jetzt die Beweisfähigkeit, um sie vor Gericht zu verurteilen. Ich war schon überrascht, wie viele sich gewehrt hatten. Erfuhren Sie in der Haft von jener Amnestie, von der beispielsweise auch Thomas Brasch, der Sohn des stellvertretenden Kulturministers Horst Brasch, profitierte? Es gab Gerüchte über eine Amnestie. Während der Untersuchungshaft erfuhr ich über Klopfzeichen davon. Offensichtlich saßen da auch Jugendliche, die im Dezember amnestiert wurden. Aber offen darüber gesprochen wurde nicht, auch nicht vom Vernehmer. Ich konnte auch keine Zeitung lesen, auch nicht das „Neue Deutschland“, das wurde mir verboten. Praktisch befand ich mich in Isolationshaft und war ziemlich abgeschnitten von dem, was sich draußen abspielte. Zu weiteren Texten & Dokumenten im neuen Externer Link: bpb-Dossier Prag 1968 Alle Abbildungen in diesem Text stammen aus dem Archiv der Robert-Havemann-Gesellschaft, die gemeinsam mit der bpb die Website Externer Link: www.jugendopposition.de betreut. Angaben nach: Monika Tantzscher, Maßnahme „Donau“ und Einsatz „Genesung“. Die Niederschlagung des „Prager Frühlings“ 1968/69 im Spiegel der MfS-Akten (Analysen und Berichte, Reihe B, Nr. 1/1998), Berlin 1998, S. 36. Das auf Eisenfelds Flugblatt abgedruckte Lenin-Zitat lautete: "Unter Annexion oder Aneignung fremder Territorien versteht die Regierung, im Einklang mit dem Rechtsbewusstsein der Demokratie im Allgemeinen und der werktätigen Klassen im Besonderen, jede Angliederung einer kleinen oder schwachen Völkerschaft an einen großen oder mächtigen Staat, ohne dass diese Völkerschaft ihr Einverständnis und ihren Wunsch genau, klar und freiwillig zum Ausdruck gebracht hat, unabhängig davon, wann diese gewaltsame Angliederung erfolgt ist, sowie unabhängig davon, wie entwickelt oder rückständig eine solche mit Gewalt angegliederte oder mit Gewalt innerhalb der Grenzen eines gegebenen Staates festgehaltene Nation ist, und schließlich unabhängig davon, ob diese Nation in Europa oder in fernen, überseeischen Ländern lebt. Wenn irgendeine Nation mit Gewalt in den Grenzen eines gegebenen Staates festgehalten wird, wenn dieser Nation entgegen ihrem zum Ausdruck gebrachten Wunsche – gleichviel, ob dieser Wunsch in der Presse oder in Volksversammlungen, in Beschlüssen der Parteien oder in Empörungen und Aufständen gegen die nationale Unterdrückung geäußert wurde – das Recht vorenthalten wird, nach vollständiger Zurückziehung der Truppen der die Angliederung vornehmenden oder überhaupt der stärkeren Nation in freier Abstimmung über die Formen ihrer staatlichen Existenz ohne den mindesten Zwang selbst zu entscheiden, so ist eine solche Angliederung eine Annexion, d. h. eine Eroberung und Vergewaltigung.“ Als prominentester Fall hatte im Herbst 1968 der Prozess gegen den (2001 verstorbenen) Schriftsteller und Dramatiker Thomas Brasch für Aufsehen gesorgt, sogar DDR-Zeitungen berichteten darüber. Bis hin zur New York Times interessierte man sich für die angeklagten Töchter und Söhne prominenter Funktionäre. Sie hatten entweder „Dubček“ auf Häuserwände gepinselt oder Flugblätter verteilt. Vom 21. bis zum 28. Oktober standen sie vor dem Berliner Stadtgericht. Angeklagt waren: Thomas Brasch, damals 23 Jahre alt, Sohn des stellvertretenden Kulturministers Horst Brasch, der wegen der Verurteilung seines Sohnes abgelöst wurde. Erika Berthold, Tochter des Direktors des Instituts für Marxismus-Leninismus beim SED-Zentralkomitee. Lothar Berthold verlor noch im selben Jahr seinen Posten. Rosita Hunzinger, die Tochter einer bekannten Bildhauerin, Sandra Weigel, eine Nichte von Helene Weigel, Hans-Jürgen Utzkoreit, Sohn des Direktors der Dresdner Musikhochschule, und die beiden Havemann-Söhne Frank und Florian, 18 und 16 Jahre alt. Die Urteile reichten von zwei Jahren und drei Monaten für Hunzinger und Brasch bis zur sogenannten erzieherischen Maßnahme bei Florian Havemann. Noch im November 1968 wurden alle auf Bewährung freigelassen, da sie, so schrieb die Berliner Zeitung „reuevolle Einsicht“ gezeigt hatten. Vermutlich war es der Druck der Funktionärsväter, dass der Generalstaatsanwalt der DDR im Dezember 1968 eine Amnestie für alle 16- bis 20-Jährigen verkündete. Etwa 300 junge Leute kamen frei.
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Doris Liebermann
"2021-06-23T00:00:00"
"2018-09-05T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/kalter-krieg/prag-1968/275378/halten-sie-stand-behalten-sie-hoffnung/
Solidarität aus der DDR konnte teuer zu stehen kommen. Der spätere DDR-Historiker Bernd Eisenfeld kam zweieinhalb Jahre in Stasi-Haft. Nur wegen einem Flugblatt, auf dem er Lenin zitierte.
[ "Prag 1968", "Doris Liebermann" ]
30,177
1. Stunde: Wo kommen Abmachungen vor? | VorBild – Politische Bildung für Förderschulen und inklusive Schulen | bpb.de
Ziele des Bausteins und damit der ersten Stunde Die Schüler/innen haben einen Überblick über für sie relevante Bereiche, in denen für sie Regeln bestehen. Sie wissen, dass in allen Lebensbereichen Vereinbarungen und Regelungen des Zusammenlebens existieren. Die Teilnehmenden haben einen Zugang zum Modul gefunden und eine Verknüpfung zu ihrem Leben hergestellt. Sie sind bereit, sich aktiv am Modul zu beteiligen. Die Lehrkraft hat einen Überblick, welche Regeln für die Schüler/innen in ihren Lebensbereichen von Bedeutung sind. Inhalte Zugang zum Thema finden bestehende Regelungen in den relevanten Lebensbereichen Schule, Familie, Freunde und Freizeit entdecken Achtsamkeiten Eine vertrauensvolle und offene Atmosphäre ist Voraussetzung, wenn angestrebte Offenheit erreicht werden soll. Diskussionen und unterschiedliche Standpunkte sind erwünscht und sollten auch herausgearbeitet werden. Notwendiger Zeitaufwand 1 bis 2 Unterrichtsstunden Notwendige Materialien Schreibkarten Schreibstifte bunte Malstifte Malpapier Klebestift Schere in jeder Ecke des Zimmers werden ein oder zwei Tische als Stationspunkte zusammengestellt Interner Link: Stationskarten: Familie, Schule, Freunde, Freizeit Interner Link: Arbeitsaufträge für die jeweilige Station Interner Link: Piktogramme Interner Link: Regelbuch Es folgen Ideen zum Stundenablauf Annäherung an das Thema (5 min): Rückerinnerung an das gemeinsame Regelerstellen im Modul "Die Basiskompetenzen des sozialen Lernens". Zur Unterstützung werden die gemeinsam erstellten Visualisierungen wieder präsent gemacht und die Klasse erinnert sich an die gemeinsame Erarbeitung: "Erinnert ihr euch, wie es war, als wir diese Regeln erstellt haben?" "Wie ist das außerhalb der Schule, bestehen da auch Regeln?" Für Regeln in verschiedenen Bereichen können Sie folgende Alternativen nutzen. Sie können sich daraus passende Anregungen für Ihre Klasse heraussuchen und/oder klassenspezifische Fragen ergänzen.
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-05-31T00:00:00"
"2013-01-21T00:00:00"
"2022-05-31T00:00:00"
https://www.bpb.de/lernen/angebote/vorbild/153548/1-stunde-wo-kommen-abmachungen-vor/
Um den Zugang zum Thema zu erleichtern, werden zunächst bestehende Regelungen in relevanten Lebensbereichen erkundet: in der Schule, Familie, Freizeit und mit Freunden.
[ "1. Stunde", "Stundenablauf", "Regeln" ]
30,178
Arbeitsblatt Barrieren Teil 1 - Handreichungen für Pädagog*innen | Geschlechtliche Vielfalt - trans* | bpb.de
Hier finden Sie die Handreichung zur Ansicht und zum Download sowie Ausdruck als PDF und als odt-Datei, so dass Sie es für Ihre Lerngruppe anpassen können. Interner Link: Download "Handreichung: Barrieren - Teil 1" als pdf-Datei Interner Link: Download "Handreichung: Barrieren - Teil 1" als odt-Datei Videoclip: Jessey: 1:17, So Satt 3:09, Mein Name ist 2:28, Personal Space 1:42 Altersempfehlung: ab 14 Jahren Fächer: Sozialkunde, Deutsch, Lebenskunde, Ethik und Religion Schwerpunkte: trans* nicht-binär, gesellschaftliche Barrieren, Diskriminierungserfahrungen Ziele: Bewusstsein entwickeln für die Erfahrungen von Barrieren in der Lebensrealität von Trans* menschen. Erkennen, dass diese Barrieren in vielen Lebensbereichen präsent sein können. Empathie entwickeln. Weitere Hinweise: Es kann durchaus sein, dass es Jugendliche in der Klasse gibt, die sich in einem Prozess befinden, sich als trans* zu identifizieren. Dafür wäre es gut, wenn die Lehrkraft Informationen zu Hilfsangeboten für Schüler*innen bereitstellt. Mögliche deutschlandweite Hilfsangebote: Jugendnetzwerk Lambda: Externer Link: www.lambda-online.de/ In & Out : Externer Link: www.comingout.de/ Mein Geschlecht: Externer Link: meingeschlecht.de Ggf. weitere Kontakte von Vereinen recherchieren, die vor Ort angeboten werden und für Schüler*innen verfügbar machen. In einem ersten Schritt geht es darum, ein Bewusstsein über die Lebensrealität von Trans*menschen zu entwickeln. Dafür werden zunächst Begriffe vermittelt. Dann erkennen die Schüler*innen die Barrieren, die Trans* menschen in unser Gesellschaft erleben. Sie werden zudem für den Verlust von Freiheit und Glück, der aus diesen Barrieren entsteht, sensibilisiert. Zu Übung 1 a): Dauer: ca. 10 Minuten Nach der Diskussion zu den Fragen auf dem Arbeitsblatt können Sie diese Definition gegeben: Trans* menschen fühlen sich nicht oder nicht nur dem Geschlecht zugehörig, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde; das heißt nicht automatisch, dass sie sich als Mann oder Frau fühlen – sie können sich als weder-noch, oder dazwischen/'beides' fühlen. Trans* ist ein recht junger, im deutschsprachigen Raum inzwischen verbreiteter, weit gefasster Oberbegriff für eine Vielfalt von Identitäten. Dabei dient der Stern * als Platzhalter für diverse geschlechtliche Selbstidentifizierung. Nicht-binär ist eine Selbstbezeichnung für Menschen, die sich außerhalb der Einteilung in zwei Geschlechter verorten. Das kann bedeuten, dass sich ein Mensch weder weiblich noch männlich oder nicht ausschließlich als weiblich oder männlich versteht. Nicht-binäre Menschen können ganz unterschiedliche Selbstbezeichnungen haben, wie "genderqueer" "agender" etc. und auch neue Pronomen erfinden. In dem Trickfilm Jessey, identifiziert sich die Person als nicht-binär (deu. für eng. Wort: non-binary). Mehr Informationen: Externer Link: http://www.nonbinary.ch/was-ist-non-binaer/ Zu Übung 1 b): Dauer: ca. 20 Minuten Es gibt eine Auswahl von vier Videos (Jessey: 1:17, So Satt 3:09, Mein Name ist 2:28, Personal Space 1:42 ). Es müssen nicht alle gezeigt werden. Zwischen den Videos und danach können Fragen gestellt und diskutiert werden. Es ist hier hilfreich, während des Anschauens der Videos die Schüler*innen beispielhaft auf die entsprechenden Barrieren hinzuweisen. Mögliche Antworten Es gibt keine Toilette, die der Identität entspricht (nicht-binär) Geschlechtsidentität wird vom Umfeld/Eltern nicht akzeptiert Äußerliche Attributen werden ständig kommentiert Die Frage: Bist du ein Mann oder eine Frau? (Einordnungszwang) Als krank gesehen werden, obwohl die Person nicht krank ist (Pathologisierung) Der eigene Körper/Stimme (Dysphorie) Nicht als das richtige Geschlecht gesehen zu werden Nicht als normal gesehen zu werden Sprache (falscher Name und Pronomen werden benutzt) Privatsphäre wird nicht respektiert (grenzüberschreitende Fragen) Verlust von Selbstbewusstsein durch Hinterfragen der Identität Zu Übung 2: Dauer: ca. 5 min. Freies Schreiben ist eine Methode, die aus dem Bereich des Kreativen Schreibens stammt. Die Schüler*innen nähern sich der kreativen Methoden, die in den Videos benutzt wurden. Wichtig ist, dass Schüler*innen nicht viel nachdenken, sondern einfach drauf los schreiben. Der Stift bewegt sich also während der gesamten Schreibzeit. Schüler*innen müssen davor wissen, dass es danach keine Vorlesepflicht gibt. Zu Übung 3: Dauer: ca. 10 Minuten Sollte keine*r der Schüler*innen bereit sein vorzulesen, könnte unmittelbar mit der Diskussion begonnen werden. Bezüge zu den eigenen Texten bzw. zu den Filmen sind jederzeit möglich. Es gibt keine Toilette, die der Identität entspricht (nicht-binär) Geschlechtsidentität wird vom Umfeld/Eltern nicht akzeptiert Äußerliche Attributen werden ständig kommentiert Die Frage: Bist du ein Mann oder eine Frau? (Einordnungszwang) Als krank gesehen werden, obwohl die Person nicht krank ist (Pathologisierung) Der eigene Körper/Stimme (Dysphorie) Nicht als das richtige Geschlecht gesehen zu werden Nicht als normal gesehen zu werden Sprache (falscher Name und Pronomen werden benutzt) Privatsphäre wird nicht respektiert (grenzüberschreitende Fragen) Verlust von Selbstbewusstsein durch Hinterfragen der Identität
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-02-09T00:00:00"
"2018-06-27T00:00:00"
"2022-02-09T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/gender-diversitaet/geschlechtliche-vielfalt-trans/271669/arbeitsblatt-barrieren-teil-1-handreichungen-fuer-paedagog-innen/
Die Handreichung zum Arbeitsblatt Barrieren Teil 1 gibt Anregungen zur Nutzung der Videos im Unterricht und in der außerschulischen Bildungsarbeit. Mit den Videos und dem dazugehörigem Arbeitsblatt wird ein Bewusstsein für die Erfahrungen von Barrier
[ "Barrieren" ]
30,179
Ostdeutschland als Teil der europäischen Transformation | Lange Wege der Deutschen Einheit | bpb.de
Die friedliche Revolution in der DDR von 1989 war Teil eines Transformationsprozesses, der das gesamte sozialistische Mittel- und Osteuropa (MOE) erfasste. Im Vergleich zu den meisten Demokratisierungsprozessen in anderen Weltregionen war die Systemtransformation in den ehemaligen Ostblockstaaten insofern umfassender angelegt, als sie auf drei Ebenen gleichzeitig ablief (Offe 2020, S. 75). Erstens wurden viele Staaten in MOE nach 1990 neugegründet, was zu Konflikten um kulturelle Identitäten und nationale Minderheiten führte. Zweitens vollzogen die mittel- und osteuropäischen Länder einen politischen Systemwechsel von der kommunistischen Parteidiktatur zur pluralistischen Demokratie, der jedoch keineswegs reibungslos vonstattenging und teilweise in neoautoritäre Regime mündete. Drittens fand ein Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft statt, der enorme sozioökonomische Anpassungsleistungen erforderlich machte. Die gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen, die aus dieser dreifachen Transformation resultierten, stellten sich für die einzelnen Länder unterschiedlich dar. Die DDR wies dabei einige Ähnlichkeiten zu den Entwicklungen in anderen MOE-Staaten auf. Zugleich war die ostdeutsche Transformation durch mehrere Alleinstellungsmerkmale gekennzeichnet, die durch das besondere Verhältnis zur Bundesrepublik und die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten verursacht wurden. Staatliche Transformation und kulturelle Integration Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Mittel- und Osteuropa territorial neugeordnet. Die Tschechoslowakei, die durch die deutsche Okkupation geteilt worden war, wurde ohne das als Karpatenrussland bezeichnete Gebiet wiederhergestellt. Auch andere Länder wie Rumänien mussten Gebiete an die Sowjetunion abtreten, Polen wurde unter Gebietsverlusten im Osten auf die ehemals deutschen Territorien "nach Westen verschoben", und die baltischen Staaten waren bereits seit der sowjetischen Besetzung 1940 Teilrepubliken der UdSSR. Infolgedessen verließen über 20 Millionen Menschen ihre Heimat. Deutsche flohen aus den Gebieten östlich der Oder-Neiße-Linie nach Westen, Polen siedelten sich innerhalb der neu geschaffenen Grenzen ihres Staates an, während wiederum Weißrussen und Ukrainer das polnische Staatsgebiet verließen (Fassmann und Münz 1994, S. 522). Aufgrund des territorialen Neuzuschnitts und der folgenden Migrationsbewegungen wurden einige MOE-Staaten wie Polen und Ungarn in ethnisch-kultureller Hinsicht relativ homogen. In anderen Ländern wie Bulgarien, Rumänien oder der Slowakei fanden sich verschiedene nationale Minderheiten wieder, die großenteils bis heute existieren. Deutschland wurde in vier Besatzungszonen aufgeteilt. In der Sowjetischen Besatzungszone in Ostdeutschland wurde sukzessive ein sozialistisches System etabliert, während in den westlichen Zonen eine pluralistische Demokratie errichtet wurde. Mit Gründung der Bundesrepublik am 23. Mai 1949 und der DDR am 7. Oktober 1949 war dann die staatliche Teilung Deutschlands besiegelt. Bereits zuvor hatten ehemalige Exil-Kommunisten in den anderen MOE-Ländern mit Unterstützung Moskaus sozialistische Parteidiktaturen gegründet. Unter Führung der Sowjetunion gingen diese Staaten 1949 über den Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) eine enge ökonomische Kooperation ein und schlossen 1955 mit der Warschauer Vertragsorganisation ein Militärbündnis, das als Gegenstück zur NATO firmierte. Damit bildeten sie gemeinsam den Ostblock, der durch den "Eisernen Vorhang" von Westeuropa getrennt war (Abbildung 1).   Abbildung 1: Politische Landkarte Mittel- und Osteuropas Als Staat innerhalb des kommunistischen Blocks war die DDR durch eine Besonderheit gekennzeichnet. Sie war zwar in ethnisch-kultureller Hinsicht hochgradig homogen, aber zugleich ein Land mit nur einer halben Hauptstadt (Ost-Berlin) und einer Bevölkerung, die "weniger als eine Nation" umfasste (Offe 2020, S. 79). Sowohl die politische Führung der DDR als auch ihre Bürger verglichen sich und ihre Entwicklung deshalb nicht vorrangig mit den anderen sozialistischen Ländern, sondern mit der Bundesrepublik und der dortigen "Referenzkultur", die als "‚Klassenfeind‘ jeden Abend über das Fernsehen ins Pantoffelkino kam" (von Beyme 1998, S. 97). Bereits seit den 1950er Jahren übten das westdeutsche Wirtschaftswunder und die damit einhergehenden "Westprodukte" eine starke Anziehungs- und Strahlkraft auf die DDR-Bevölkerung aus. Jedes Jahr gingen mehrere hunderttausend Ostdeutsche, von denen viele jung und hochqualifiziert waren, in die Bundesrepublik. Die DDR-Führung versuchte diese Abwanderung mit dem Mauerbau im August 1961 zu unterbinden, doch wurde die Sehnsucht nach dem "goldenen" Westen durch die Abschottung eher noch verstärkt. Zwischen 1962 und 1988 verließen noch einmal 625.000 Personen das Land (Martens 2020). Dabei behandelte die Bundesrepublik die DDR-Bürger als Staatsangehörige im Sinne des Grundgesetzes (Art. 116 GG). So emigrierten weit mehr Menschen aus der DDR als aus den anderen MOE-Staaten, wo das restriktive Grenzregime größere Abwanderungsbewegungen bis in die späten 1980er Jahre unterbinden konnte. Die politische Liberalisierung in der Sowjetunion, die 1985 unter Michail Gorbatschow begann ("Glasnost" und "Perestroika"), schien zunächst keine größeren Auswirkungen auf die Staatsstrukturen in MOE zu haben. Auch nach Beginn der demokratischen Transition 1989/90 blieben die "alten" Nationalstaaten der Region – Polen, Ungarn, Bulgarien und Rumänien – in ihren Grenzen bestehen. Dies galt ebenso für die Tschechoslowakei (ČSSR), die nach der "Samtenen Revolution" von 1989 als demokratische Föderation (ČSFR) weiterexistierte. Da sich jedoch die Vertreter der tschechischen und slowakischen Republik nicht auf eine Kompetenzverteilung zwischen den staatlichen Ebenen einigen konnten und die Parlamentswahl vom Juni 1992 in beiden Landesteilen komplett unterschiedliche Ergebnisse hervorbrachte, wurde der gemeinsame Staat mit Wirkung zum 1. Januar 1993 einvernehmlich aufgelöst (Wolchik 2018, S. 263). Bereits ein Jahr zuvor zerfiel die Sowjetunion. Vorausgegangen waren Unabhängigkeitsforderungen in einzelnen Landesteilen, die am stärksten in den baltischen Republiken ausfielen. Nach einem gescheiterten Putschversuch gegen Gorbatschow im August 1991 stellte sich die Regierung der russischen Teilrepublik unter Boris Jelzin an die Spitze der Unabhängigkeitsbefürworter, woraufhin die anderen Republikführungen nachzogen und die Auflösung der Sowjetunion zum 21. Dezember 1991 beschlossen. Somit fand auch die UdSSR ein friedliches Ende, wiewohl in einigen ihrer Nachfolgestaaten – von Moldawien über den Kaukasus bis Zentralasien – bis heute bewaffnete Konflikte ausgetragen werden. Allein der Zerfall Jugoslawiens, der dritten sozialistischen Föderation in MOE, verband sich mit einem blutigen Bürgerkrieg, in dem die Belgrader Zentralgewalt bzw. die serbische Teilrepublik vergeblich versuchte, die Unabhängigkeitsbestrebungen der anderen Republiken wie Slowenien, Kroatien oder Bosnien-Herzegowina aufzuhalten. Vor diesem Hintergrund bildet die ostdeutsche Transformation in mehrfacher Hinsicht einen Sonderfall. Anders als in allen anderen MOE-Staaten ging es in der späten DDR weder um den Erhalt noch den Zerfall des bestehenden Staatsgebildes, sondern um den Zusammenschluss mit dem anderen Teil der Nation. Schon bald nach der Mauerfall vom 9. November 1989, der von den ostdeutschen Bürgern erzwungen worden war, wurde der revolutionäre Ruf "Wir sind das Volk" durch "Wir sind ein Volk" abgelöst. Angesichts der massiven Abwanderung Ostdeutscher nach der Grenzöffnung, der Forderungen nach einer schnellen Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion sowie des abzusehenden Kollapses des DDR-Haushalts gewann der deutsch-deutsche Einigungsprozess eine enorme Schubkraft. Am Ende löste sich die DDR auf und trat am 3. Oktober 1990 der Bundesrepublik gemäß Art. 23 GG bei. Die dauerhafte Etablierung einer Demokratie innerhalb der alten Staatsstrukturen, wie sie noch am Runden Tisch diskutiert worden war, schien aufgrund der Dynamik der Ereignisse nicht mehr möglich. Darüber hinaus war die staatliche Neukonstituierung der DDR der einzige Fall in MOE, der die Zustimmung anderer Nationen erforderte, weil die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs ihren Souveränitätsvorbehalt gegenüber Deutschland nach 1945 nie formal aufgehoben hatten. Als Bundeskanzler Helmut Kohl am 28. November 1989 im Bundestag einen "Zehn-Punkte-Plan zur Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas" präsentierte, wurde dieser von den vier ehemaligen Alliierten mit großer Skepsis und teilweise offener Ablehnung aufgenommen. In der Folgezeit änderten jedoch Frankreich, Großbritannien, die USA und die Sowjetunion ihre Haltung, so dass am 12. September 1990 in Moskau der "Zwei-plus-Vier-Vertrag" unterzeichnet werden konnte, der Deutschland die volle Souveränität zusicherte und die friedliche Vereinigung der beiden deutschen Staaten ermöglichte. Schließlich wurden auch die politisch-kulturellen Wahrnehmungen in Deutschland durch den Einigungsprozess in spezifischer Weise geprägt. Bei vielen ehemaligen DDR-Bürgern währte das Glücksgefühl über die wiedergewonnene Einheit nur kurz, da sich der Osten nicht in die von Kanzler Kohl versprochenen "blühenden Landschaften" verwandelte. Stattdessen rückten die Schwierigkeiten des sozioökonomischen Umbruchs ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit. Dabei machte sich auch ein Gefühl der Fremdbestimmung breit, da der Umbau von Staat und Wirtschaft im Wesentlichen von der alten Bundesrepublik aus gesteuert wurde. Letztlich trug also die staatliche Einigung dazu bei, dass die Referenzkultur aus DDR-Zeiten erhalten blieb: Um die eigenen Lebensverhältnisse zu beurteilen, richteten die Ostdeutschen ihren Blick weiterhin "nach drüben" auf westdeutsche Standards und weniger "nach außen" auf andere postsozialistische Staaten, obwohl diese mit vergleichbaren und nicht selten größeren Transformationsproblemen zu kämpfen hatten. Politische Transformation: demokratischer Systemwechsel Nachdem die kommunistischen Parteidiktaturen in MOE mehr als vier Jahrzehnte bestanden hatten, brachen sie 1989/90 innerhalb kürzester Zeit zusammen. Obwohl die sozialistischen Regierungssysteme ähnlich aufgebaut waren und nahezu gleichzeitig endeten, verlief ihre Transformation unterschiedlich. Zudem gab es in den einzelnen Ländern unterschiedliche Voraussetzungen für eine nachhaltige Etablierung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Die MOE-Staaten hatten bereits zwischen den beiden Weltkriegen erste Erfahrungen mit demokratischen Regierungsformen gesammelt. Nach 1918 führten die meisten von ihnen das allgemeine Wahlrecht ein, doch waren die demokratischen Regime vielfach fragil und nur von kurzer Dauer. Die hochindustrialisierte Tschechoslowakei war das einzige Land in MOE, das bis zu seiner Zerschlagung und Okkupation durch das nationalsozialistische Deutschland 1939 eine demokratische Regierungsform beibehielt (Wolchik 2018, S. 257). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in allen MOE-Staaten auf Betreiben der Sowjetunion sozialistische Systeme installiert. Die kommunistische Machtübernahme erfolgte durch die sukzessive Ausgrenzung oder organisatorische Gleichschaltung der bürgerlich-konservativen und sozialdemokratischen Parteien, die sich gegen diese "Salami-Taktik" mehr oder weniger entschieden zur Wehr setzten, aber letztlich erfolglos blieben (Wolchik und Curry 2018, S. 13). So wurde in der Sowjetischen Besatzungszone im April 1946 die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) gegründet, die aus der Zwangsvereinigung von KPD und SPD hervorging und die politische Führungsrolle übernahm. Die Christlich-demokratische Union (CDU) und die Liberal-demokratische Partei (LDPD) blieben zwar bis zum Ende der DDR als formal selbständige Organisationen bestehen, doch waren sie als "Blockparteien" politisch gleichgeschaltet und vertraten mithin keine eigenständigen Positionen. Auch in den folgenden Jahrzehnten war der Widerstand gegen die kommunistischen Regime, die weiterhin dem Diktat Moskaus unterstanden, von Land zu Land unterschiedlich stark. So gab es in Bulgarien und Rumänien vor 1989 keine nennenswerten Proteste gegen das sozialistische System, unter dem sich beide Länder in erheblichem Ausmaß modernisieren konnten. In Polen fanden dagegen seit Mitte der 1950er Jahre immer wieder größere Streikwellen statt, auf die die Regierung mit geringfügigen Reformen reagierte. 1980 wurde dort die Solidarność ("Solidarität") als erste unabhängige Gewerkschaft im Ostblock gegründet, die mit etwa 10 Mio. Mitgliedern landesweite Streiks organisierte und auch von der katholischen Kirche unterstützt wurde. Im Dezember 1981 verhängte die polnische Staatsführung unter General Jaruzelski das Kriegsrecht und kam damit einer sowjetischen Militärintervention zuvor. Danach brachte das Regime kleinere wirtschaftliche und politische Liberalisierungsmaßnahmen auf den Weg, um sich die erforderliche Legitimität bei der Bevölkerung zu sichern, was aber nur begrenzt gelang. In Ungarn begann nach dem Tod Stalins 1953 die Regierung unter Imre Nagy mit grundlegenden Reformen des sozialistischen Systems, wurde aber schon nach zwei Jahren vom stalinistischen Parteiflügel abgesetzt. Daraufhin kam es 1956 zu einem Volksaufstand, der von der Roten Armee blutig niedergeschlagen wurde. Um die Akzeptanz der kommunistischen Herrschaft wiederherzustellen, schuf die neue Regierung unter János Kádár gesellschaftliche und wirtschaftliche Freiräume, die im MOE-Vergleich einmalig waren. Das kádáristische Ungarn galt daher vielen Beobachtern als "kommunistisches Wunderland" (Futaky 1983). In der ČSSR trat 1968 eine reformkommunistische Regierung unter Alexander Dubček an, um einen "Sozialismus mit menschlichem Antlitz" zu schaffen. Doch auch dieser "Prager Frühling" wurde von Truppen der Warschauer Pakt-Staaten brutal beendet. Anders als in Polen und Ungarn reagierte die tschechoslowakische Führung danach nicht mit Liberalisierungsmaßnahmen auf den offensichtlichen Legitimitätsverlust, sondern stellte das alte Regime mit repressiven Mitteln wieder her. Innerhalb der Kommunistischen Partei fanden Säuberungen statt, und jeder zivilgesellschaftliche Widerstand wurde gewaltsam unterdrückt. Damit folgte die ČSSR dem Weg, den die DDR schon zuvor eingeschlagen hatte. Dort war es in den Tagen um den 17. Juni 1953 zu einem Arbeiteraufstand gekommen, der von Ost-Berlin aus das ganze Land erfasste und von der Sowjetarmee rigoros niedergeschlagen wurde. Danach baute die DDR-Führung den staatlichen Überwachungsapparat massiv aus und verstärkte die bewaffneten Kräfte bei Militär, Polizei und Sicherheitsbehörden. Unter diesen Bedingungen konnte sich bis Ende der 1980er Jahre keine organisierte Systemopposition herausbilden, zumal viele ostdeutsche Dissidenten und Regimekritiker in die Bundesrepublik gingen bzw. ausgewiesen wurden. Tabelle 1: Akteurskonstellationen und Transformationspfade in Mittel- und Osteuropa Reformorientierte RegimeelitenRestaurationsorientierte Regimeeliten Schwache Regimeopposition Transformation "von oben“ (Bulgarien, Russland) Ideologiegesteuerter Erneuerungs- versuch (UdSSR2) Starke Regimeopposition Ausgehandelter Systemwechsel (Polen, Ungarn) Revolutionärer Regimekollaps (DDR, ČSSR) Tabellenbeschreibung 1 Zunächst als Teilrepublik der Sowjetunion;2 Auflösung im Dezember 1991. Eigene Darstellung nach Klaus von Beyme: Systemwechsel in Osteuropa. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1994, S. 95. Die demokratische Systemtransformation von 1989/90 war durch die bisherigen Entwicklungspfade der einzelnen Länder geprägt. Dabei kam dem Verhältnis zwischen der kommunistischen Staatsführung und der Regimeopposition besondere Bedeutung zu (Tabelle 1). Am Anfang stand der bereits erwähnte Liberalisierungsprozess in der UdSSR, der 1985 mit dem Amtsantritt von Michail Gorbatschow als Staats- und Parteichef begann. In den anderen Ostblockstaaten wurde dies vielfach als Signal verstanden, dass künftig größere Freiheitsräume möglich würden, ohne dass eine militärische Intervention Moskaus drohte. Allerdings waren Glasnost und Perestrojka nicht als Vorstufe einer Demokratisierung gedacht, sondern stellten einen "ideologiegesteuerten Erneuerungsversuch" des sozialistischen Systems dar (von Beyme 1994, S. 95). Da es in der Sowjetunion auf gesamtstaatlicher Ebene weder eine organisierte Regimeopposition noch starke zivilgesellschaftliche Proteste gab, wurden bis zu ihrer Auflösung 1991 keine echten Demokratisierungsschritte unternommen. Allerdings fand ab 1990 in vielen Teilrepubliken der UdSSR – u. a. in Russland –, eine demokratische Transition statt. Diese wurde von reformorientierten Regimeeliten gesteuert, weil die zivilgesellschaftlichen Kräfte sehr schwach waren. Nur in Estland und Lettland übernahmen komplett neue Eliten nach der Unabhängigkeit die Staatsführung, während in Litauen zunächst noch die Reformkommunisten dominant waren. Auch in Bulgarien blieb die ehemalige Staatspartei – unter dem neuen Namen Bulgarische Sozialistische Partei (BSP) – die bestimmende politische Kraft, nachdem der langjährige Staatschef Todor Schiwkow am 10. November 1989 aus dem Amt entfernt worden war und sich die zuvor wenig sichtbaren Oppositionsgruppierungen zur Union demokratischer Kräfte (SDS) zusammengeschlossen hatten. Rumänien stellte insofern einen Sonderfall dar, als der autokratisch regierende Staatschef Nicolae Ceaușescu nach Massenprotesten und blutigen Unruhen im Dezember 1989 abgesetzt und nach kurzem Prozess hingerichtet wurde. Nach dem Systemwechsel wurde die neugegründete Sozialdemokratische Partei (PSD), in der sich der reformorientierte Teil der alten Regimeeliten organisierte, zur dominanten Kraft. Am Anfang der demokratischen Systemtransformation im engeren Sinn stand Polen. Dort wurde im Februar 1989 der erste Runde Tisch in MOE eingerichtet, an dem Vertreter der Gewerkschaft Solidarność und des kommunistischen Regimes den Übergang zu Demokratie und Marktwirtschaft aushandelten (Grotz 2000, S. 100–107). Weil zu diesem Zeitpunkt nicht klar war, wie die Sowjetunion auf eine komplette Abschaffung des sozialistischen Systems reagieren würde, einigten sich die Teilnehmer am Runden Tisch auf die Abhaltung einer semi-kompetitiven Parlamentswahl, bei der nur eine Minderheit der Mandate in freiem Wettbewerb vergeben wurde und die Mehrheit für die alten Regimeorganisationen reserviert blieb. Als jedoch alle freien Mandate von der Solidarność bzw. von Unabhängigen gewonnen wurden, war die Idee eines "halben" Systemübergangs nicht mehr zu halten. Im August 1989 wurde mit Tadeusz Mazowiecki ein Solidarność-Vertreter vom Parlament zum Regierungschef gewählt, und im Herbst 1990 fanden die ersten freien Präsidentschaftswahlen statt, die der Solidarność-Führer Lech Wałęsa gewann. Die ehemalige kommunistische Staatspartei unterzog sich daraufhin einem grundlegenden Reformprozess und konnte unter neuem Namen bereits die zweiten freien Parlamentswahlen von 1993 gewinnen und die Regierung stellen. Auch in Ungarn wurde im Juni 1989 ein Runder Tisch nach polnischem Vorbild eingerichtet. Allerdings verständigten sich dort die Vertreter des alten Regimes und der Opposition sofort auf die Durchführung freier Parlamentswahlen und handelten deren rechtliche Rahmenbedingungen aus. Anders als in Polen war die Regimeopposition bereits in verschiedene parteienähnliche Organisationen gegliedert. Darunter befand sich u. a. der Bund Junger Demokraten (Fidesz), der seit 1990 im ungarischen Parlament vertreten ist und seit 2010 die Regierung stellt. Auch in der kommunistischen Staatspartei (MSZMP) gewannen die reformorientierten Kräfte rasch die Oberhand. Unter dem Namen Ungarische Sozialistische Partei (MSZP) traten sie ab 1990 auch bei den demokratischen Parlamentswahlen an und übernahmen nach ihrem Wahlsieg von 1994 die Regierung. In der ČSSR dagegen hielten die kommunistischen Hardliner an ihrer Herrschaft fest, bis sie durch friedliche Massenproteste Mitte November 1989 zum Rücktritt gezwungen wurden. Im Dezember 1989 wurde der Reformkommunist Marián Čalfa zum Chef einer Übergangsregierung bestimmt und der bekannte Schriftsteller und Bürgerrechtler Václav Havel, der kurz zuvor noch eine politische Haftstrafe verbüßt hatte, wurde vom sozialistischen Parlament einstimmig zum Staatspräsident gewählt. Im Unterschied zu Polen und Ungarn war die zivilgesellschaftliche Opposition in der ČSSR wegen des repressiven Charakters des Regimes zum Zeitpunkt des Systemwechsels noch unorganisiert. Erst nach Beginn der Massenproteste schloss sie sich unter der Ägide prominenter Dissidenten in den beiden Bewegungen "Bürgerforum" (Tschechien) und "Öffentlichkeit gegen Gewalt" (Slowakei) zusammen, die zum Nukleus späterer Parteigründungen wurden. Die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei (KSČ) konnte den demokratischen Systemwechsel überleben, blieb jedoch ihrem orthodoxkommunistischen Kurs unter nur leicht verändertem Namen (KSČM) treu. Seit 1990 erfuhr sie daher weder einen größeren Wählerzuspruch noch galt sie aus Sicht der anderen Parteien als koalitions- bzw. regierungsfähig. Die politische Systemtransformation der DDR wies weitgehende Parallelen zur ČSSR auf. Tatsächlich wurde der Fall der Berliner Mauer vom 9. November 1989, der durch die friedlichen Demonstrationen erzwungen wurde, zum Symbol und ermutigenden Vorbild für die nachfolgenden Massenproteste in der Tschechoslowakei und anderen Ostblockstaaten. Umgekehrt wäre der Zusammenbruch des SED-Regimes nicht ohne die bahnbrechende Entwicklung in Polen und die Grenzöffnung durch die reformkommunistische Regierung Ungarns im Sommer 1989 möglich gewesen. So sehr die demokratische Transition der DDR in die mittel- und osteuropäische Transformation eingebettet war, so deutlich unterschied sich der nachfolgende Prozess der demokratischen Konsolidierung von den anderen Staaten des ehemaligen Ostblocks. Die Partei des demokratischen Sozialismus (PDS), die Anfang 1990 aus der SED hervorging, erfuhr zunächst wenig Akzeptanz in der Bevölkerung und ließ im Vergleich zu ihren polnischen und ungarischen Schwesterorganisationen eine nur begrenzte Reformbereitschaft erkennen. In der Folgezeit konnte sie sich jedoch als Vertreterin ostdeutscher Interessen im gesamtdeutschen Parteiensystem verankern und durchlief mehrere personelle und inhaltliche Veränderungen, bis sie sich 2007 mit der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit zur Partei "Die Linke" zusammenschloss. Von den Parteien, die von der ehemaligen Regimeopposition gegründet wurden, konnte sich keine dauerhaft halten. Nur bei den Grünen erinnert der Namenszusatz "Bündnis 90" noch an die ostdeutschen Bürgerrechtsgruppierungen, die 1993 mit der westdeutschen Partei fusionierten. Auch die anderen Bundestagsparteien dehnten ihre Organisationsstrukturen auf die ostdeutschen Bundesländer aus, wobei Union und FDP die jeweiligen Blockparteien (CDU bzw. LDPD) übernahmen, was ihre Mitgliederzahl allerdings nur kurzfristig erhöhte. Insgesamt blieb der Organisationsgrad der etablierten Parteien in Ostdeutschland deutlich geringer als im Westen, zugleich war die Wählerfluktuation stärker ausgeprägt. Auch die bundesdeutschen Unternehmerverbände, Gewerkschaften und weiteren Interessengruppen, die sich nach 1989 in den neuen Ländern etablierten, konnten dort deutlich weniger Mitglieder gewinnen als in den alten Ländern (Beitrag Interner Link: "Unternehmerverbände und Gewerkschaften"). Im innerstaatlichen Vergleich weist das Parteien- und Verbändesystem in Ostdeutschland also nach wie vor strukturelle Asymmetrien zu Westdeutschland auf; im Vergleich zu den meisten MOE-Staaten erscheint es jedoch als relativ homogen und stabil. Eine weitere wichtige Besonderheit, die die ostdeutsche Transformation im MOE-Vergleich aufwies, war ein weitgehender Elitenwechsel auch jenseits der politischen Spitzenpositionen. Vor allem in Justiz, Militär und öffentlicher Verwaltung wurde das Führungspersonal nahezu komplett ausgetauscht und durch Fachleute aus der alten Bundesrepublik ersetzt (Hoffmann-Lange 2002, S. 115). Einerseits wurde dadurch der Aufbau eines funktionsfähigen Rechtsstaats, demokratiekompatibler Streitkräfte und einer professionellen Verwaltung wesentlich erleichtert. Andererseits verstärkte der Elitentransfer von West nach Ost (Beitrag Interner Link: "Ostdeutsche in den Eliten nach der Vereinigung") das Gefühl der Fremdbestimmung bei den ehemaligen DDR-Bürgern, die zu den wenigen Gesellschaften in MOE gehörten, die sich ihre Freiheit in einer friedlichen Revolution selbst erkämpft hatten. Sozioökonomische Transformation: von der Plan- zur Marktwirtschaft Die Planwirtschaften des Ostblocks, die im RGW unter Führung der Sowjetunion zusammengeschlossen waren, erlebten in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg ein schnelles Wachstum, das sich mit einem deutlichen Anstieg des Lebensstandards für große Teile der Bevölkerung verband (Spohr 2019, S. 97). Allerdings beruhte diese sozioökonomische Performanz auf einem erhöhten Ressourceneinsatz und der Mobilisierung aller verfügbaren Arbeitskräfte. Als die expansive Wachstumsstrategie ausgeschöpft war, wurden die Löhne und der Konsum künstlich niedrig gehalten, um weiteres Wachstum zu schaffen. Betriebe und Fabriken arbeiteten nach zentralen Produktions- und Investitionsvorgaben der Politik. Dabei blieben die Anreize für Effizienzsteigerungen und Innovationen gering. Auch wenn viele sozialistische Länder die Grundlagen- und Militärforschung stark förderten, wurden die daraus gewonnenen Erkenntnisse nur selten für die Weiterentwicklung kommerzieller Produkte genutzt. So verpassten die MOE-Staaten in den 1970er und 1980er Jahren auch die bahnbrechenden Fortschritte im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik, was etwa an der im Vergleich zu den USA und Westeuropa viel geringeren Anzahl an PCs, Faxgeräten und Telefonen deutlich wurde (Berend 2009, S. 24-27). Für den Arbeitsmarkt hatte die mangelnde Innovationskraft der sozialistischen Volkswirtschaften kaum Konsequenzen, da es keine Entlassungen oder Betriebsschließungen wegen Überkapazitäten oder Unwirtschaftlichkeit gab. Auch verhinderten massive Subventionen, Preisregulierungen und die Nicht-Konvertibilität der Währungen eine offene Inflation. Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln und Gütern des täglichen Bedarfs zu erschwinglichen Preisen war für die Bevölkerung der meisten MOE-Staaten gesichert. Dagegen konnten materielle Konsumgüter mit hohem Produktionsaufwand gar nicht oder nur mit großen Schwierigkeiten erworben werden, selbst wenn man in der Lage war, den offiziellen Preis zu bezahlen (Kornai 2008, S. 28). War eine gefragte Ware im Angebot, bildeten sich Schlangen vor der Verkaufsstelle. Auf manche Produkte, wie beispielsweise einen neuen "Trabant", warteten DDR-Bürger weit über zehn Jahre. Der RGW war der wichtigste Absatzmarkt für seine Mitgliedstaaten, insbesondere für Bulgarien und die Tschechoslowakei, die drei Viertel ihrer Exportgüter in andere MOE-Staaten lieferten (Berend 2009, S. 54-55). Aber auch die anderen sozialistischen Länder wickelten ungefähr die Hälfte ihres Außenhandels über den RGW ab. Daneben unterhielten die Ostblockländer auch wirtschaftliche Beziehungen zum "Westen". Durch den Warenexport über den Eisernen Vorhang hinweg erwirtschafteten sie Devisen, mit denen sie notwendige Importe finanzieren, ihre Auslandsschulden bedienen und die Konsumwünsche ihrer Bevölkerung zumindest ansatzweise befriedigen konnten. In den 1970er Jahren waren Fremdwährungskredite noch vergleichsweise günstig, da die ölexportierenden Länder ihre Einnahmen auf dem Kreditmarkt reinvestierten. Bald jedoch geriet das Verhältnis von exportgenerierten Devisen und Auslandsschulden im RGW-Raum aus dem Gleichgewicht. Gestiegene Rohstoffpreise, Handelsschranken und Fehlinvestitionen führten zu einer Überschuldung vieler Ostblockstaaten. 1989 überstieg etwa Polens Schuldenstand die gesamten Deviseneinkünfte des Landes seit 1970 um das Fünffache (Berend 2009, S. 33). Rumänien zahlte bis Ende 1989 seine Schulden komplett zurück, was allerdings mit immensen sozialen Kosten einherging: Die Läden blieben leer, die Elektrizität wurde häufig gekappt und es gab kaum Heizmaterial für den Winter. Nur der Tschechoslowakei gelang es, einen relativ ausgeglichenen Haushalt zu bewahren, ohne die Bevölkerung in drastische Armut zu stürzen. Die baltischen Länder wiederum konnten Ende 1991 ohne Staatsdefizit in die Unabhängigkeit starten, da sämtliche Verbindlichkeiten der Sowjetunion von Russland als deren Rechtsnachfolger übernommen wurden. Obwohl alle MOE-Staaten in den RGW eingebunden waren, war ihre wirtschaftliche Ausgangslage unmittelbar vor dem Fall des Eisernen Vorhangs unterschiedlich (Fisher 2018). Ungarn und Polen hatten relativ früh liberale Wirtschaftsreformen umgesetzt und traten bereits in den 1980er Jahren dem Internationalen Währungsfonds (IWF) bei. So konnten in Polen landwirtschaftliche Betriebe privat geführt werden, und in Ungarn erwirtschafteten kleine Privatunternehmen bereits 1985 ein Drittel des BIP (Berend 2009, S. 61). Dagegen gehörten Bulgarien und Rumänien zu den ökonomisch schwächsten und am wenigsten industrialisierten MOE-Ländern. Rumänien galt zwar in den ersten Jahren der Ceaușescu-Herrschaft als "Liebling" des Westens und wurde bereits 1972 in den IWF aufgenommen, doch setzte das Land diese Annäherung nicht fort und isolierte sich auch im Ostblock zunehmend. Bulgarien war in seinen Wirtschaftsbeziehungen durchweg stark auf den RGW und die Sowjetunion fixiert. Ende der 1980er Jahre war das Land ähnlich hoch verschuldet wie Polen und praktisch zahlungsunfähig. Die stärksten Industrienationen im Ostblock waren die DDR und die Tschechoslowakei. Vor allem im tschechischen Landesteil war viel Schwerindustrie angesiedelt, deren Ursprünge in die österreich-ungarische Herrschaftszeit zurückgingen (Wolchik 2018, S. 256). Ebenso verfügte die DDR aufgrund ihrer historischen Wirtschaftsstruktur über brachliegende Ressourcen und Wachstumsquellen, obwohl sie durch die Demontage von Produktionsstätten und Reparationszahlungen an die Sowjetunion in den ersten Nachkriegsjahren erheblich geschwächt worden war. In den 1950er und 1960er Jahren erlebte das Land im Zuge des weltweiten Wirtschaftsbooms einen starken Aufschwung, doch wurde dieses Potenzial durch die Ineffizienz der politisch gesteuerten Planwirtschaft nach und nach aufgezehrt (Steiner 2007, S. 16–17). Anders als in Polen und Ungarn nahmen die politischen Führungen der DDR und der ČSSR vor 1990 keine nennenswerten Wirtschaftsreformen in Angriff. Die sozialistische Planerfüllung blieb das zentrale Ziel, weswegen es auch kaum Anreize für ökonomische Innovationen gab. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und des von ihr getragenen RGW wurden die MOE-Staaten Teil des globalen Markts. Nun standen sie im offenen Wettbewerb mit westlichen Industrieländern, die technologisch deutlich weiter entwickelt waren. Folglich mussten sie ihre staatlich gesteuerte Wirtschaft komplett umstrukturieren: Zollschranken und Preisregulierungen wurden abgebaut, die Währungsregime liberalisiert, die Steuersysteme neu aufgestellt und sozialistische Staatsbetriebe privatisiert. Dieser Umbau der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft verlief in den einzelnen Ländern unterschiedlich schnell. Außerdem kamen verschiedene Transformationsstrategien und -maßnahmen zum Einsatz, wobei sich die Ereignisse teilweise überschlugen und bei weitem nicht alle Schritte vorhersehbar waren und in ihren Konsequenzen abgeschätzt werden konnten.  In Bulgarien und Rumänien gingen die Regierungen die Wirtschaftsreformen nur langsam an. Für die Privatisierung der ehemaligen Staatsbetriebe nutzen sie überwiegend die Coupon-Methode, bei der die Bürger Anteilsscheine erhielten, die sie halten oder verkaufen konnten. Gleichwohl wurden in beiden Ländern bis 1995 nur 15-20 Prozent der Staatsbetreibe privatisiert (Cernat 2006, S. 50). Ausländische Direktinvestitionen blieben weitgehend aus. Dagegen verlief der Übergang zur Marktwirtschaft in Polen und Ungarn rasant. Wie in den baltischen Staaten kamen hier nach 1990 Regierungen an die Macht, deren Mitglieder der ehemaligen Regimeopposition angehörten und relativ kompromisslos liberale Wirtschaftsreformen umsetzten. Diese "Schocktherapie" brachte schmerzhafte Nebenwirkungen mit sich, wie z. B. eine starke Inflation und Währungsabwertung, einen Einbruch der Produktion und einen sprunghaften Anstieg der Arbeitslosenzahlen (Tabellen 2 bis 4). Ungarn öffnete sich umgehend ausländischen Investoren, so dass bis 1997 fast alle lukrativen Betriebe verkauft waren (Fisher 2018, S. 68). In Polen verlief der Privatisierungsprozess zunächst etwas langsamer, nahm aber bald ebenso Fahrt auf. Tabelle 2: Inflationsraten ausgewählter Staaten (in %) 1990 1992 1995 2000 DE 2,7 5,1 1,7 1,4 PL 812,2 42,9 28,1 10,1 HU 28,4 23,7 28,3 9,8 CZ N/A 11,1 9,0 3,8 SK N/A 9,9 9,8 12,0 Quelle: OECD. 2021. ‘Consumer Price Indices (CPIs)’ Dataset. Externer Link: https://stats.oecd.org/ (10. August 2021). Tabelle 3: BIP pro Kopf ausgewählter Staaten (in USD zu konstanten Preisen (inflationsbereinigt) und unter Berücksichtigung der Kauf-kraftparitäten von 2015;) 1990 1992 1995 2000 DE 34.183 36.103 36.802 40.320 PL 10.973 10.421 12.141 15.712 HU 16.036 15.578 16.174 18.897 CZ 22.043 19.468 21.324 23.370 SK N/A 12.193 13.821 16.303 Tabellenbeschreibung 1 zu konstanten Preisen (inflationsbereinigt) und unter Berücksichtigung der Kaufkraftparitäten von 2015; 2 1991. OECD. 2021. ‘Level of GDP per Capita and Productivity’ Dataset. Externer Link: https://stats.oecd.org/ (10. August 2021). Tabelle 4: Registrierte Arbeitslosigkeit ausgewählter Staaten (in %) 1990 1992 1995 2000 DE N/A 8,5 10,4 10,7 West 7,2 6,4 9,1 8,4 Ost N/A 14,4 14,8 18,5 PL 6,5 14,3 14,9 15,1 HU 1,7 12,3 10,4 8,9 CZ 0,7 2,6 2,9 8,8 SK 1,6 10,4 13,1 17,9 Statistisches Bundesamt. 2021. Registrierte Arbeitslose und Arbeitslosenquote nach Gebietsstand. Externer Link: https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Konjunkturindikatoren/Lange-Reihen/Arbeitsmarkt/lrarb003ga.html (10. August 2021); UN ECE. 2005. Eco-nomic Survey of Europe 2004 No. 2. New York, Genf: United Nations, S. 85. Auch die Tschechoslowakei strebte eine schnellstmögliche Privatisierung der Wirtschaft an, versuchte allerdings, durch die Coupon-Methode einen überstürzten "Ausverkauf" zu verhindern (Fisher 2018, S. 68). Zwar stießen etwa 70 Prozent der Bürger ihre Anteile relativ zügig ab, doch wurden diese großenteils von Fonds staatlich kontrollierter Banken gekauft. So fand zunächst nur eine Scheinprivatisierung statt, die eine tiefgehende wirtschaftliche Umstrukturierung verhinderte (Berend 2009, S. 63). 1997 zwang eine Wirtschaftskrise Tschechien dazu, sich stärker internationalen Investoren zu öffnen. Die Slowakei schlug ein Jahr später den gleichen Weg ein. Der Umbau der DDR-Wirtschaft ähnelte insofern der Situation in Polen und Ungarn, als die staatlich festgesetzten Produktpreise relativ rasch freigegeben, der Außenhandel liberalisiert und die umfangreichen Subventionen abgebaut wurden (Wiesendahl 1995). Gleichzeitig unterschied sich die ökonomische Transformation in Ostdeutschland fundamental von allen anderen MOE-Staaten, weil sie durch die Vereinigung mit der wirtschaftsstarken Bundesrepublik geprägt wurde. So blieben die Ostdeutschen dank der Währungsunion von einer Hyperinflation verschont (Tabelle 2). Die in DDR-Mark existierenden Sparguthaben, Löhne, Gehälter und Renten wurden bereits zum 1. Juli 1990 zu politisch festgelegten Kursen in D-Mark konvertiert. Dadurch konnten sich die ostdeutschen Bürger sofort Westprodukte leisten, die sie häufig bevorzugten, selbst wenn es gleichwertige Ostprodukte gab (wie z. B. Lebensmittel). Das vergrößerte allerdings die Absatzprobleme der ehemaligen Staatsbetriebe, denen zusätzlich die traditionellen Abnehmer in MOE wegbrachen, nachdem der RGW aufgelöst war. Zwar galten die Produkte aus der DDR im ehemaligen Ostblock als hochwertig, im marktwirtschaftlichen Wettbewerb konnten sie sich jedoch kaum durchsetzen. Eine weitere Kehrseite des über dem Marktwert liegenden Umtauschkurses von DDR-Mark in D-Mark war, dass dieser die Arbeitsproduktivität im Osten überstieg. Die im Verhältnis eins zu eins umgestellten Löhne und Gehälter verteuerten die Ostprodukte um das Vierfache gegenüber der alten Transferrechnung (Rödder 2009, S. 308), was zu Betriebsschließungen, einem Einbruch des BIP und einem sprunghaften Anstieg der Arbeitslosigkeit beitrug (Tabelle 4). Im Rückblick wurde der Zustand der ostdeutschen Staatsbetriebe insgesamt zu positiv eingeschätzt. Tatsächlich war die DDR-Wirtschaft marode. Mit diesem Problem kämpfte insbesondere die "Treuhand", eine 1990 gegründete Anstalt öffentlichen Rechts, die mit der Privatisierung der Staatsbetriebe beauftragt war (Beitrag Interner Link: "Treuhandanstalt und Wirtschaftsumbau"). Diese Privatisierungsstrategie ähnelte dem ungarischen Vorgehen, wobei die Verkaufserlöse zur Refinanzierung der Transformationskosten genutzt werden sollten. Am Ende stand jedoch ein hoher Verlust, der einerseits aus Fehlern und Veruntreuung, andererseits aus der unrealistischen Einschätzung der wirtschaftlichen Substanz resultierte. Über 70 Prozent der Ostdeutschen verloren im Zuge der Privatisierungen ihre Arbeitsplätze, während die Treuhand unter westdeutscher Führung stand und die meisten Investoren ebenfalls aus dem Westen kamen. Dies trug in Ostdeutschland zu einer verbreiteten Wahrnehmung der Fremdbestimmung und des "Ausverkaufs" des Landes an Westdeutsche bei. Die Wirtschaftsstärke der alten Bundesrepublik hatte auch zur Folge, dass in die neuen Bundesländer viel mehr Geld floss als in die anderen ehemaligen Ostblockstaaten. Die Pro-Kopf-Finanztransfers von West- nach Ostdeutschland beliefen sich 1993 fast auf das zwei-hundertfache der Summe, die ausländische Kapitalgeber im selben Zeitraum in den Visegrád-Staaten sowie Bulgarien und Rumänien pro Kopf investierten (Berend 2009, S. 109). Mit diesen enormen Transferzahlungen konnten auch die sozioökonomischen Folgekosten der Transformation in einem Umfang abgefedert werden, den kein anderes Land in MOE erbringen konnte. So wurden die ostdeutschen Bürger in die bundesrepublikanischen Systeme der sozialen Sicherung mit ihrem hohen Leistungsniveau eingegliedert; außerdem wurden in den ostdeutschen Ländern enorme Summen in die Sanierung und Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur investiert. Gleichzeitig hat der Umstand, dass die Transformation der DDR-Wirtschaft vom Westen aus gesteuert wurde, problematische Konsequenzen entfaltet, die bis heute nachwirken. Noch immer haben nur sehr wenige deutsche Großunternehmen ihre Forschungs- und Entwicklungsabteilungen, geschweige denn ihren Hauptsitz in den neuen Ländern. Meist wurden die ostdeutschen Industriestandorte zu verlängerten Werkbänken des Westens (Rödder 2009, S. 313). Deswegen ist in Ostdeutschland der Anteil hochqualifizierter und -innovativer Arbeitsplätze noch immer geringer und das Lohnniveau niedriger als in Westdeutschland, was sich auch auf die Entscheidung von Fachkräften und jungen Menschen negativ auswirkt, sich dort anzusiedeln. Fazit Die staatliche, politische und wirtschaftliche Transformation der DDR wird meist aus einer innerdeutschen Sicht analysiert und bewertet. Als Erfolgsmaßstab gilt dabei "nicht nur der zurückgelegte Weg, sondern auch und vor allem der Abstand vom Ziel gleicher Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland" (Wiesenthal 1995, S. 134). Der Blick auf die anderen postsozialistischen Staaten Mittel- und Osteuropas ergänzt diese Binnenperspektive insofern, als er hilft, den dreifachen Transformationsprozess besser zu verstehen und differenziert zu beurteilen. So offenbart der internationale Vergleich, dass die ostdeutsche Transformation einige Parallelen mit den Entwicklungen in anderen postsozialistischen Staaten aufweist. Zugleich führt er die Besonderheiten des deutschen Falls vor Augen. Die historisch gewachsene, aber zunehmend veraltete Infrastruktur und der strikt planwirtschaftliche Kurs in der späten DDR wiesen weitgehende Ähnlichkeiten zur ČSSR auf. Der Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft, bei dem die Treuhand eine wesentliche Rolle spielte, glich der ungarischen Strategie. Gleichzeitig wurde die ökonomische Transformation in der DDR von Anfang an durch die wirtschaftsstarke Bundesrepublik bestimmt. Einerseits wurden dadurch soziale Härten abgefedert wie nirgendwo sonst im ehemaligen Ostblock, andererseits trug die Dominanz westdeutscher Unternehmen und Eliten zu den fortdauernden sozioökonomischen Disparitäten zwischen "alten" und "neuen" Ländern und zu der im Osten verbreiteten Wahrnehmung der Fremdbestimmung bei. Der politische Systemwechsel in der DDR erfolgte unter ähnlichen Bedingungen wie in der Tschechoslowakei, wo reformresistente Parteikader durch Massendemonstrationen gestürzt wurden. Dagegen unterscheidet sich die demokratische Konsolidierung Ostdeutschlands von allen anderen MOE-Staaten dadurch, dass die westdeutschen Institutionen sowie das Parteien- und Verbändesystem auf die neuen Bundesländer ausgedehnt wurden (Beitrag Interner Link: "Entwicklung und Wandel des Parteiensystems"). Im Bereich der staatlichen Transformation und kulturellen Integration überwiegen schließlich die Alleinstellungsmerkmale Ostdeutschlands. Die Wiedervereinigung der DDR mit der Bundesrepublik bildete nicht nur einen Sonderfall im postsozialistischen Vergleich, sondern weckte auch hohe Erwartungen bei der ostdeutschen Bevölkerung. Bis heute wird der "Stand der deutschen Einheit" überwiegend an der Annäherung der ostdeutschen Bundesländer an die bisher nur teilweise erreichten West-Standards gemessen. Der Blick auf andere MOE-Staaten verdeutlicht hingegen, dass viele Transformationsprobleme in Ostdeutschland trotz aller Ungewissheiten und Fehler durchaus erfolgreich bewältigt wurden. Quellen / Literatur Berend, Ivan T. 2009. From the Soviet Bloc to the European Union: The Economic and Social Transformation of Central and Eastern Europe since 1973. Cambridge: Cambridge University Press. Beyme, Klaus von. 1994. Systemwechsel in Osteuropa. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Beyme, Klaus von. 1998. Kulturpolitik und nationale Identität: Studien zur Kulturpolitik zwischen staatlicher Steuerung und gesellschaftlicher Autonomie. Opladen: Westdeutscher Verlag. Cernat, Lucian. 2006. Europeanization, Varieties of Capitalism and Economic Performance in Central and Eastern Europe. Houndmills, New York: Palgrave Macmillan. Fassmann, Heinz, und Rainer Münz. 1994. European East-West Migration, 1945-1992. International Migration Review 28 (3): 520–538. Fisher, Sharon. 2018. Re-Creating the Market. In Central and East European Politics: From Communism to Democracy, 4. Aufl., Hrsg. Sharon L. Wolchik und Jane Leftwich Curry, 57–88. Lanham, London: Rowman & Littlefield. Futaky, István (Hrsg.). 1983. Ungarn - ein kommunistisches Wunderland? Reinbek: Rowohlt. Grotz, Florian. 2000. Politische Institutionen und post-sozialistische Parteiensysteme in Ostmitteleuropa: Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei im Vergleich. Opladen: Leske + Budrich. Hoffmann-Lange, Ursula. 2002. Elite West - Elite Ost: Eliten in den alten und den neuen Bundesländern. In Deutschland Ost - Deutschland West: Eine Bilanz, Hrsg. Hans-Georg Wehling, 105–131. Opladen: Leske + Budrich. Kornai, János. 2008. The Great Transformation of Central Eastern Europe: Success and Disappointment. In Institutional Change and Economic Behaviour, Hrsg. János Kornai, László Mátyás und Gérard Roland, 1–37. Basingstoke, New York: Palgrave Macmillan. Martens, Bernd. 2020. Der Zug nach Westen – Jahrzehntelange Abwanderung, die allmählich nachlässt. Interner Link: https://www.bpb.de/geschichte/deutsche-einheit/lange-wege-der-deutschen-einheit/47253/zug-nach-westen. Zugegriffen: 13. Juli 2021. Offe, Claus. 2020. Die Integration nachkommunistischer Gesellschaften: Die ehemalige DDR im Vergleich zu ihren osteuropäischen Nachbarn (1993). In Übergänge, 75–97. Wiesbaden: Springer VS. Rödder, Andreas. 2009. Deutschland einig Vaterland: Die Geschichte der Wiedervereinigung. München: C.H. Beck. Spohr, Kristina. 2019. Wendezeit: Die Neuordnung der Welt nach 1989. München: Deutsche Verlags-Anstalt. Steiner, André. 2007. Von Plan zu Plan: Eine Wirtschaftsgeschichte der DDR. Berlin: Aufbau. Wiesenthal, Helmut. 1995. Die Transformation Ostdeutschlands: Ein (nicht ausschließlich) privilegierter Sonderfall der Bewältigung von Transformationsproblemen. In Transformation sozialistischer Gesellschaften: Am Ende des Anfangs. Leviathan Sonderheft 15, Hrsg. Hellmut Wollmann, Helmut Wiesenthal und Frank Bönker, 134–159. Opladen: Westdeutscher Verlag. Wolchik, Sharon L. 2018. The Czech and Slovak Republics: Two Paths to the Same Destination. In Central and East European Politics: From Communism to Democracy, 4. Aufl., Hrsg. Sharon L. Wolchik und Jane Leftwich Curry, 255–285. Lanham, London: Rowman & Littlefield. Wolchik, Sharon L., und Jane Leftwich Curry. 2018. Democracy, the Market, and the Return to Europe: From Communism to the European Union and NATO. In Central and East European Politics: From Communism to Democracy, 4. Aufl., Hrsg. Sharon L. Wolchik und Jane Leftwich Curry, 3–29. Lanham, London: Rowman & Littlefield. Berend, Ivan T. 2009. From the Soviet Bloc to the European Union: The Economic and Social Transformation of Central and Eastern Europe since 1973. Cambridge: Cambridge University Press. Beyme, Klaus von. 1994. Systemwechsel in Osteuropa. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Beyme, Klaus von. 1998. 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Article
Bundeszentrale für politische Bildung
"2023-02-10T00:00:00"
"2022-03-09T00:00:00"
"2023-02-10T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/deutsche-einheit/lange-wege-der-deutschen-einheit/506016/ostdeutschland-als-teil-der-europaeischen-transformation/
Der politische Systemwechsel in der DDR erfolgte unter ähnlichen Bedingungen wie in der Tschechoslowakei: Reformresistente Parteikader wurden durch Massendemonstrationen gestürzt. Die demokratische Konsolidierung Ostdeutschlands unterscheidet sich vo
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Innerstädtisches Gymnasium (Rostock) | bpb.de
Große Freude am Innerstädtischen Gymnasium Einer der Hauptpreise der Wettbewerbskategorie „Politik brandaktuell“ ging an den Sozialkunde-Grundkurs 12.2 des Innerstädtischen Gymnasiums Rostock. In ihrem Beitrag haben sich die Schülerinnen und Schüler auf hohem Niveau mit den rassistisch motivierten Ausschreitungen in Rostock Lichtenhagen vor 30 Jahren auseinandergesetzt. Den Schülerinnen und Schülerinnen ist es gelungen durch die Befragung von Zeitzeugen die Ursachen und die Nachwirkung des zeithistorischen Ereignisses differenziert darzustellen. Die Arbeit zeigt wie aktuell das Thema Rassismus ist und welche dramatische Folgen auch alltägliche Fremdenfeindlichkeit haben kann. Daher hat die Jury des Wettbewerbes die Klasse mit einem Geldpreis in der Höhe von 2000 Euro ausgezeichnet. Neben dem Hauptpreis wurden am Innerstädtischen Gymnasium noch dreiweitere Preise vergeben: Der Kurs 12.1 hat zum Thema Ukraine-Krieg 100 € gewonnen, der Kurs 11.3 zum Thema Inflation 250 € und der Grundkurs Sozialkunde 11.3 ebenfalls 250 € zum Thema Transgeschlechtlichkeit. Nicole Giest, die betreuende Lehrerin der Klasse zeigte sich sehr erfreut und stolz über die Leistungen ihrer Schülerinnen und Schüler, vor allem auch, weil es ihrer Klasse bereits im vergangen Jahr gelungen ist einen hohen Geldpreis beim Schülerwettbewerb zu gewinnen. Auch Schulleiter Markus Riemer zeigte seine Begeisterung für die Leistungen der Schülerinnen und Schüler. Er betonte, dass es gerade in Zeiten, in denen die Demokratie immer mehr angegriffen wird, die Aufgabe von Schulen sei junge Menschen für Demokratie zu sensibilisieren. In derselben Kategorie gingen 1.250€ an die 10b (Juliane Trieschmann) der Heimschule Lender Gymnasium in 77880 Sasbach sowie an den Literaturkurs 12 (Laura Blankenheim) der Städtischen Gesamtschule Lippstadt in 59557 Lippstadt. Herzlichen Glückwunsch! Pressemeldungen/weiterführende Links: Externer Link: Bericht in der in der Ostseezeitung vom 23.02.2023 Externer Link: Bericht in den Norddeutschen Neuesten Nachrichten Bilder der Preisverleihung in Rostock: Große Freude am Innerstädtischen Gymnasium Große Freude am Innerstädtischen Gymnasium
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2023-02-27T00:00:00"
"2022-02-24T00:00:00"
"2023-02-27T00:00:00"
https://www.bpb.de/lernen/angebote/schuelerwettbewerb/326993/innerstaedtisches-gymnasium-rostock/
Der Sozialkunde-Grundkurs 12.2 des Innerstädtischen Gymnasiums Rostock überzeugte die Jury mit einem Video zu dem Thema "Politik brandaktuell".
[ "Schülerwettbewerb 2020", "Mörike-Gymnasium", "Esslingen am Neckar", "Preis", "Gewinn", "Reise" ]
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Free Tunes – über die gesellschaftliche Bedeutung der Jazzmusik in Deutschland | Presse | bpb.de
Der Aufklärer Settembrini distanziert sich in Thomas Manns "Zauberberg" von "politisch verdächtiger" Musik. Im Unterschied zur positiven gesellschaftlichen Funktion von Literatur misst er der Musik im Allgemeinen keinen Aufklärungscharakter zu. Die Entschlüsselung musikalischer Codes scheint ihm im Gegensatz zu sprachlichen Codes ein zu ambiguitives, zu unberechenbares Unterfangen. Dabei kann Musik von jeher auch als Faszinosum gelten. Wir kennen in Deutschland etliche Beispiele dafür. Gerade die Diskussionen um das "Gesamtkunstwerk" Richard Wagners schillern zwischen dem aufklärenden ästhetischen Bildungsanspruch auf der einen und einem verklärenden, mit der Metapher der Kulturnation mythisch aufgerüsteten Narrativ auf der anderen Seite. Auch die Jazzmusik bewegt sich seit dem frühen 20. Jahrhundert in Deutschland zwischen einer Art Skepsis des vermuteten Kulturuntergangs und dem durch die Subkultur getriebenen Faszinosum, wie es sich schon in "An die Schönheit", einem Gemälde von Otto Dix aus dem Jahre 1922, ausdrückt. Dabei wird die Jazzmusik und ihr Swing als amerikanische Kultur rezipiert, obwohl ihr aus heutiger Sicht eindeutig auch europäische Wurzeln zuzuschreiben sind. Der viel zu früh verstorbene Cornettist Bix Beiderbecke zum Beispiel, der aus einer mecklenburgischen Familie stammte und zu den ersten großen Musikern des Jazz gehörte, steht Pate für viele Musiker, die im Zuge der Auswanderungswellen des 19. Jahrhunderts aus Europa nach Amerika migriert sind und ihre musikalischen Wurzeln mit dortigen musikalischen Traditionen fusionierten. In Deutschland wird die Jazzmusik in den 20ern vor allem in den Städten, wie Berlin und Dresden relevant. Tanzkapellen adaptieren und popularisieren die Swingmusik. Aber auch die zeitgenössische Musik reagiert auf die musikalischen Impulse. Komponisten wie Hindemith, Krenek, Weill und später auch Eisler integrieren Jazzfiguren in ihre Tonsprache und etablieren die Jazzmusik zwischen der Unterhaltungsmusik und der sogenannten ernsten Musik. Jazz etabliert sich hier sogar weltweit das erste Mal an einer Hochschule: Bernhardt Sekles Jazzklasse in Frankfurt am Main wird unter lauten Protesten 1928 eingerichtet. In den USA passiert das erst in den späten 40er Jahren. Die Zäsur kam mit den Nationalsozialisten, die sukzessive Jazzverbote erließen: So z.B. schon 1930 in Thüringen, dann wurde Jazzmusik in Jugendherbergen verboten (1933) und später auch das Abspielen von Jazzmusik im Rundfunk (1935). Die Nazis knüpften an reaktionäre deutschnationale Traditionen an, bei denen ein homogenes, geschlossen, nationales Kulturverständnis vorherrschte. Kulturelle Einflüsse jedweder Provenienz waren verdächtig. So überrascht nicht, dass die Nazis die "Umtriebe" des Jazz zur Chefsache machten: "Alle Rädelsführer, ... die feindlich eingestellt sind und die Swing-Jugend unterstützen, sind in ein Konzentrationslager einzuweisen. Dort muss die Jugend zunächst einmal Prügel bekommen... Der Aufenthalt im Konzentrationslager für diese Jugend muss ein längerer, 2-3 Jahre, sein." (SS-Führer Heinrich Himmler 1942) Mit der bedingungslosen Kapitulation 1945 war auch der nationalhomogene Kulturmonopolismus geschwächt. Ein Vakuum tat sich auf, in dem neue kulturelle Impulse in fast alle Genres vorstießen. Die Ablehnung des Jazz durch die Nazis und der reproduzierte, latente Antiamerikanismus haben die Nachkriegs-Jazzszene über verschiedenste Stilrichtungen hinweg sogar eher zusammengeschweißt. Unterschiedliche musikalische Konzepte konnten sich vor allem in der jungen Bundesrepublik etablieren und unter einem großen Dach einer "denazifizierenden" Kultur ihre Legitimation erfahren – was aber noch lange keinen ungehinderten Siegeszug bedeutete. Der Begriff der "Denazifizierung" steht dabei nicht nur für eine Entideologisierung des durch die Nazis instrumentalisierten deutschen kulturellen Gedächtnisses, sondern auch positiv für eine Horizonterweiterung kultureller Praktiken und Perspektiven, ja am Ende des Tages für einen generellen Paradigmenwechsel hin zu einem heterogenen und multiperspektivischen Kulturverständnis. Während in der DDR noch längere Zeit der "amerikanische Einfluss" die Jazzmusik politisch verdächtig machte, gewann die Musik im Westen eine treue Hörerschaft, feste Spielstätten und Radiosendezeiten, auch wenn diese alles in allem quantitativ überschaubar blieben. Gerade erinnert das Jazzfest Berlin mit der Pianistin Jutta Hipp an eine der großen, auch international viel beachteten Protagonistinnen der 50er Jahre. Kulturell gesehen, versammelte sich in der westdeutschen Szene ein eher aufgeschlossenes, und durchaus gesellschaftskritisches Publikum. Ekkehardt Jost verweist hier gerne auf empirische Umfragewerte, die überproportional auf eine, einst stabile rot-grüne, und heute eher grün-rote Wählerschaft verweisen. Jazz in der Bundesrepublik war keine Mehrheitsveranstaltung. Sie konnte mit Jost aber auf ein Zeitfenster besonderer politischer Relevanz verweisen: "Die Ehe zwischen dem Jazz und der Politik ist ... ein zeitbedingtes Phänomen, gebunden an eine bestimmte Phase des historischen Prozesses, in der es sowohl im gesellschaftlichen und politischen Leben wie auch im Jazz zu gewaltigen Umwälzungen kam." In den USA assoziieren wir diesen Zeitraum Jazz mit Musikern und Werken wie Charles Mingus ("Fables of Faubus"), John Coltrane ("Alabama"), Sonny Rollins ("Freedom-Suite"), Archie Shepp ("Malcolm, Malcom semper Malcolm") und Charlie Haden ("Liberation Music"). In der Bundesrepublik Deutschland formieren sich u.a. Musiker wie Kowald, Brötzmann, von Schlippenbach, Schoof, Mangelsdorff, sie finden im Label FMP ihr Dach und in unvergessenen Formationen wie dem Globe Unity Orchestra ihre expressive Improvisationssprache. In der DDR wirkte der Einfluss von Weill und Eisler erst mit den späten 60er Jahren und eröffnete zunächst sehr zögerlich, dann Ende der 70er Jahre mit zunehmendem Tempo den Raum für eine frei improvisierende Szene, die dann auch offiziell mehr oder weniger Anerkennung fand. In den 70er Jahren begann sich die Szene international zu vernetzen und feste Auftrittsorte zu organisieren. Das Open Air Festival in dem kleinen Fischerdorf Peitz bei Cottbus versammelte Anfang der 80er Jahre, organisiert durch die dortige Jazzwerkstatt um Uli Blobel und Peter Jimmy Metag schließlich Tausende von Fans der Freien Improvisation. Hier trafen die Altvorderen des DDR-Jazz wie Ernst-Ludwig Petrowsky, Uli Gumpert, Baby Sommer und Conrad Bauer auf ihre bundesdeutschen Wahlverwandten, aber auch auf internationale Größen wie Willem Breucker, Gianluigi Trovesi, Luis T.Moholo, Irene Schweitzer und Evan Parker. Die Settembrinis der kommunistischen Kulturkader bekamen schließlich kalte Füße und überließen es der Staatssicherheit, das jammende "Woodstock am Karpfenteich" zu verbieten. Das Hohelied der freien Töne war aber längst nicht verklungen. Nach Peitz etablierte sich eine Vielzahl von kleinen, durchaus offiziellen Klubs, die der internationalen Free-Jazz Szene ein dankbares und begehrendes Publikum bescherten. Das subventionierte und durchaus kreative internationale Umfeld dieser Musik verleitete Fred van Hove, einen der Protagonisten der europäischen Improvisationskünstler, später zu dem unvorsichtigen und politisch inkorrekten Ausspruch vom "gelobten Land der frei improvisierten Musik". Mit dem Untergang der DDR kam allerdings auch die Jazzmusikerszene in den "Mühen der Ebene" an und fristete dort jahrelang ein trostloses Dasein. Etwas zugespitzt kann man mit diesem Beispiel durchaus von einer politisch und historisch bedingten, durchaus tragischen Dekonstruktion ästhetischer Identitätskonstruktionen sprechen. Derartige Identitätskonstruktionen begegnen uns in der Geschichte ambitionierter Jazzmusik immer wieder und sie können in aller Regel auf politische und historische Referenzereignisse verweisen. Nur ein Beispiel: Als sich Ende der 80er und vor allem in den 90er Jahren die "Radical Jewish Culture" um John Zorn, Elliot Sharp, David Krakauer, Shelly Hirsch, Fred Frith rund um das Tsadik-Label zu etablieren beginnen, betritt eine Generation jüdischer Künstler die Bühne, die quasi New York als ihr Israel definieren und gegen den Trend ihre Identität auf verschiedene Art und Weise politisch und postnational konstruieren. Mit der Deutschen Einheit differenzierten sich nach 1990 nicht nur die Stilrichtungen aus, sondern auch das Publikum. Ein breites, fast unüberschaubares Feld junger Musikerinnen und Musiker bestimmt heute die Szene, die in aller Regel nicht von ihrer Profession und Leidenschaft leben kann. Die politische Hochzeit in und mit dem Kalten Krieg ist einer Pluralität der Stile und Handschriften gewichen, die der Freiheit des Improvisierens eine sympathische Vielgesichtigkeit verleiht. Immer neue Hybride im Kontext globaler jazzmusikalischer und genreübergreifender Begegnungen und der permanente originäre Rückgriff auf die Geschichte und das Gedächtnis der Jazzmusiktradition kennzeichnen die musikalischen Entwicklungen der letzten Jahre. Ermutigend ist dabei in Deutschland die Vielfalt der Ausbildungsmöglichkeiten an den Musikhochschulen, die jedoch viel mehr professionelle Musikerinnen und Musiker hervorbringen, als die Spielstätten präsentieren können und das Publikum zu sehen begehrt. Was also nützt der Überfluss an Talenten, wenn er für dieselben geradewegs in prekäre Lebensverhältnisse führt? Wo bleibt eigentlich hier der Aufschrei oder besser "Der Urschrei", um das gleichnamige Oratorium von Wolfgang Dauner zu zitieren, das die Situation des Jazzmusikers thematisiert und auf die im heutigen Kontext etwas lächerliche Formel bringt: "Wir sitzen am längeren Hebel, wir machen die Musik." Enttäuschend sind nach wie vor die Rahmenbedingungen für öffentliche Auftritte. Seit der sogenannten "Ausländersteuer" Mitte der 90er Jahre, die internationale Acts in Klubs drastisch verteuerten und damit ausdünnten, ging vieles bergab. Es fehlte zu oft an potenten, risikobereiten Spielstätten und einem unterstützenden Umfeld. Gerade der vielgestaltige Jazz und sein experimentelles Potential brauchen über die kalten Mechanismen des Marktes hinweg passionierte, mutige und überzeugte Veranstalter, Vermittler und Vermarkter, sowie verlässliche öffentliche Förderung und Unterstützung. Die Förderung von Auftrittsmöglichkeiten im Ausland und der Export kreativer Acts waren lange Zeit Mangelware. Nachwuchsbands haben oft lange Wege, ja Umwege zu gehen, um ihr Publikum zu erreichen. Immerhin gibt es mit "Jazz Ahead" eine jährliche Jazzmesse in Bremen, die Standortbeschreibungen erlaubt. Aber es gibt auch einige neue Fördermöglichkeiten mit der Initiative Musik für Nachwuchsbands und Infrastrukturprojekte, die von regionalen Festivals bis zu internationalen Support- und Werbemaßnahmen reichen. Mit der Kulturstiftung des Bundes und dem Hauptstadtkulturfonds sind zwei potente öffentliche Geldgeber im Bereich der Jazzmusik aktiv geworden. Derartige Quellen sind jedoch oft abhängig von Jurybesetzungen und ihren Präferenzen. Von einer strukturierten Jazzförderung kann in Deutschland leider derzeit keine Rede sein. Dabei gibt es so viele junge, gut ausgebildeten Jazzer, die wohl bis auf weiteres davon leben müssen, Taxi zu fahren – oder heute eher Software zu programmieren. Dem musikskeptischen Aufklärer aus Thomas Manns "Zauberberg" kann man so jedenfalls nicht den Marsch blasen... - Es gilt das gesprochene Wort -
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
"2012-11-21T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/die-bpb/presse/149544/free-tunes-ueber-die-gesellschaftliche-bedeutung-der-jazzmusik-in-deutschland/
Der Aufklärer Settembrini distanziert sich in Thomas Manns "Zauberberg" von "politisch verdächtiger" Musik. Im Unterschied zur positiven gesellschaftlichen Funktion von Literatur misst er der Musik im Allgemeinen keinen Aufklärungscharakter zu. Die E
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Fundraising Glossar | Fördermittel und Fundraising für die politische Bildung | bpb.de
Das Glossar wurde von 2016 bis 2020 aufgebaut und im Rahmen unserer Akquisos Ausgaben sukzessive um einzelne Begriffe erweitert. ABC-Analyse Die ABC-Analyse zählt zu den vereinfachten >> Scoring-Verfahren, um den monetären Wert der eigenen Spenderschaft zu ermitteln. Es ist eindimensionales Verfahren und daher auch für kleinere Organisationen anwendbar. Der Spenderstamm wird anhand des Spendenumsatzes in drei Gruppen eingeteilt: Die A-Spender sind für 80% des Gesamtumsatzes verantwortlich und bilden die wichtigste Gruppe. Die B-Spender sorgen für 15% des Umsatzes und die C-Spender bringen 5% auf. Die Gruppengröße variiert je nach Organisation und Betrachtungszeitraum. In der Regel ist die A-Gruppe jedoch die kleinste und die C-Gruppe die größte. Wenige Spender/-innen sorgen somit für viel Umsatz, die Mehrzahl der Spender/-innen für wenig. Die ABC-Analyse ermöglicht es auf einfache Art, die spendenstärksten Spender/-innen zu identifizieren und gesondert zu betreuen. Sie lässt jedoch viele weitere wichtige Faktoren außer Acht. Eine noch weiter reduzierte Variante ist die Paretoregel, die auf Basis einer 80/20-Verteilung nur noch zwei Gruppen benennt. Weiterführende Informationen: P. Iversen-Schwier (2016). Analyseverfahren. In: Fundraising Akademie (Hrsg.): Fundraising. Handbuch für Grundlagen, Strategien und Methoden, Wiesbaden, S. 284 ff. Anlassspende Anlassspenden sind Spenden, die zu einem besonderen Ereignis (=Anlass) getätigt werden. Dies kann ein Geburtstag, eine Hochzeit, ein Jubiläum oder auch ein Trauerfall sein. Menschen wünschen sich dann anstelle eines Geschenks eine Spende an eine Organisation, manchmal auch für ein spezifisches Projekt ihrer Wahl. Viele gemeinnützige Organisationen stellen den Jubilar/-innen bzw. Hinterbliebenen zu diesem Zweck Flyer, Infomaterial, Spendenboxen oder Überweisungsträger zur Verfügung. Meist wird für solche Zwecke ein spezielles Kennwort vereinbart, so dass die Spenden zugeordnet werden können. Üblicherweise wird den Jubilar/-innen oder Hinterbliebenen anschließend eine Liste mit allen Spender/-innen sowie Informationen über den Gesamtbetrag zugesandt. Weiterführende Informationen: Marita Haibach: Handbuch Fundraising: Spenden, Sponsoring, Stiftungen in der Praxis. Campus Verlag, 2012. Artikel "Anlassspenden Best Practice": Externer Link: http://sozialmarketing.de/anlassspenden-best-practice/ Anreizaustauschelement Mit Anreizaustauschelement ist ein symbolischer Gegenwert für eine Spende gemeint – zum Beispiel ein Stuhl oder ein Backstein im Studienhaus, ein gepflanzter Baum oder ähnliches. Dabei liegt der materielle Gegenwert meist weit unter der tatsächlichen Spendenhöhe. Mit solchen Anreizaustauschelementen lehnt man sich einerseits an das gängige Konsumverhalten an („ich bekomme etwas für mein Geld“). Gleichzeitig wird die Spende für die Spenderinnen und Spender selbst konkret sichtbar. Falls Namensplaketten an >> Spendentafeln, auf Stühlen, Steinen oder ähnlichem angebracht werden, werden auch für andere die Spenderinnen und Spender identifizierbar. Antragsfrist Öffentliche Geldgeber oder Stiftungen vergeben Fördergelder häufig im Rahmen von Förderprogrammen mit bestimmten inhaltlichen Schwerpunkten. Um Fördermittel zu erhalten, ist es fast immer notwendig, einen Antrag zu stellen, meist in einer vorgegebenen Form und bis zu einem festgelegten Zeitpunkt. Diese sogenannten Antragsfristen sind unbedingt einzuhalten, da sonst der Antrag nicht in die Auswahl der Entscheidungsgremien aufgenommen wird. Manche Geldgeber haben 1-2 Antragsfristen pro Jahr, für manche Förderprogramme gibt es überhaupt nur eine einzige Antragsfrist. Es ist also unbedingt erforderlich, stets auf dem Laufenden zu sein, welche Förderprogramme für ein Projekt infrage kommen und wann die Antragsfristen sind, denn ein Antrag will gut vorbereitet sein und braucht Zeit. Weiterführende Informationen: Checkliste zur Konzeption eines Antragskonzepts: Externer Link: www.bpb.de/lernen/kulturelle-bildung/60068/checkliste-zur-konzeption-eines-antragskonzepts/ bpb Artikel Interner Link: Money for nothing? Arbeitslohnspende Siehe Eintrag "Payroll-Giving" Basar Im deutschen Sprachgebrauch meint das Wort Basar meist den Verkauf von Waren für einen wohltätigen Zweck. Bei "Abgabebasaren" stiften Menschen Waren, die sie zuvor beim Veranstalter, zum Beispiel einem Bildungsträger, abgeben. Dieser kontrolliert die Waren auf Eignung, sortiert sie und verkauft sie am Basartag. Die Preise sind im Vorfeld festgelegt und der Erlös wandert direkt in die Kasse des Veranstalters. Beim "Selbstverkäuferbasar"(Flohmarkt) bauen die Verkäuferinnen und Verkäufer einen eigenen Stand auf und sind für die Waren, die Preisgestaltung, Auf- und Abbau etc. selbst verantwortlich. Der Veranstalter erhält als Spende z.B. eine Standgebühr oder einen Teil des Verkaufserlöses. Weiterführende Informationen: Interner Link: www.bpb.de/216661 Praxisbeispiele: Interner Link: www.bpb.de/216666/ Bußgeldfundraising (auch: Geldauflagenmarketing). Im Rahmen von Bewährungsauflagen und bei Einstellung von Strafverfahren können Richter/-innen und Staatsanwälte veranlassen, dass die Bußgelder gemeinnützigen Organisationen zugutekommen. Die Richter/-innen entscheiden allein, wem sie das Geld zuweisen. Wollen gemeinnützige Organisationen mit Zuweisungen bedacht werden, müssen sie sich in einem Verzeichnis beim zuständigen Oberlandesgericht eintragen lassen. Um die Chancen bedacht zu werden zu erhöhen, ist es sinnvoll, dass Organisationen die Ansprechpartner/-innen regelmäßig kontaktieren und über ihre Arbeit informieren. Weiterführende Informationen Akquisos "Bußgelder für Bildungsprojekte": Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/207862 Bürgerstiftung Bürgerstiftungen sind gemeinnützige Stiftungen von Bürger/-innen für Bürger/-innen. Sie engagieren sich nachhaltig und dauerhaft für das Gemeinwesen in einer bestimmten Region oder Gemeinde. Sie sind in der Regel fördernd und operativ tätig. Mit ihrer Arbeit unterstützen sie bürgerschaftliches Engagement. Bürgerstiftungen sind bestrebt, ihr Stiftungsvermögen kontinuierlich zu steigern. Auch kleinere Zustiftungen sind möglich. Zum Selbstverständnis von Bürgerstiftungen gehört in der Regel die völlige Unabhängigkeit von staatlichen, kommunalen oder Unternehmensstrukturen. Sie werden von einer Vielzahl und Vielfalt von Stiftern errichtet und getragen. Der Arbeitskreis Bürgerstiftungen stellte im Jahr 2000 "10 Merkmale einer Bürgerstiftung" zusammen und entwickelte ein Gütesiegel. Es gibt derzeit (2016) etwa 400 Bürgerstiftungen in Deutschland. Weiterführende Informationen:Externer Link: www.buergerstiftungen.org Externer Link: www.aktive-buergerschaft.de/buergerstiftungen 10 Merkmale einer Bürgerstiftung:Externer Link: www.buergerstiftungen.org/de/ueber-buergerstiftungen/die-10-merkmale.html Call-to-Action Im Marketing und Fundraising bezeichnet ein Call-to-Action (CTA) eine konkrete Handlungsaufforderung an die angesprochenen Personen. Der CTA gibt kurz und prägnant vor, was nach dem Lesen, Hören oder Sehen der Werbe-/Spendenbotschaft getan werden soll. Ein CTA steht daher meist am Ende der Botschaft. Manchmal jedoch bereits ganz am Anfang, um klarzustellen, was erwartet wird. Er ist grafisch oder lautmalerisch besonders hervorgehoben, damit er in jedem Fall wahrgenommen wird. Es empfiehlt sich, nur einen CTA zu verwenden, damit sich verschiedene Handlungsaufforderungen nicht gegenseitig neutralisieren. Ein CTA ist konkret, auffordernd (Imperativ) und spricht die potenziell Handelnden direkt an. Er ist aber keinesfalls bevormundend. Letztlich soll er nur den letzten Impuls geben. Typische Bespiele sind: Spenden Sie jetzt! Besuchen Sie unsere Webseite. Informieren Sie sich vor Ort. Melden Sie sich direkt hier an. Nutzen Sie unser praktisches Online-Formular. Werden Sie Mitglied. Unterzeichnen Sie die Petition am besten sofort. (Hier) Klicken und anmelden. Unterstützen Sie uns mit Ihrer Stimme. Charity Shopping Beim Charity Shopping spenden Kundinnen und Kunden "nebenbei", wenn sie etwas einkaufen. Ein kleiner Teil des Kaufbetrages für ein Produkt fließt dabei an gemeinnützige Organisationen. Charity Shopping findet in der Regel bei Online-Käufen statt. Online-Verkaufs- oder Vergleichsportale geben dabei einen Teil ihrer Vermittlungsprovision oder ihres Gewinns an gemeinnützige Organisationen weiter. Vorteil für die Kundinnen und Kunden: Sie können sich bei den Portalen eine Organisation aussuchen (sofern diese am Programm teilnimmt) und an diese spenden, ohne dafür ein Spendenformular ausfüllen oder zusätzliches Geld für die Spende ausgeben zu müssen. Die Spende ist im Kaufpreis des Produkts, das sie ohnehin erwerben wollten, bereits enthalten (Ausnahme: Bücher, da aufgrund der Buchpreisbindung keine Provision ausgeschüttet werden darf). Für die Portale ist Charity Shopping eine Vertriebsmethode. Sie werben damit für die Nutzung ihrer Dienstleistung und geben sich ein wohltätiges Image. Gemeinnützige Organisationen nehmen zusätzliche Spenden ein. Nachteile für die Organisationen: Sie erhalten meist keine Kontaktmöglichkeit zu den Spender/-innen. Die gespendeten Einzelbeträge sind oftmals sehr gering und lohnen sich erst in der Summe vieler Einkäufe. Die Organisation muss meist selbst dafür werben. Corporate Social Responsibility (CSR) Corporate Social Responsibility (CSR) ist ein Konzept gesellschaftlicher Verantwortung von Unternehmen. Es orientiert sich am Prinzip der Nachhaltigkeit und erstreckt sich auf die Bereiche Ökonomie, Ökologie und Soziales. Unternehmen mit einer CSR-Strategie bemühen sich demnach um verantwortliches Handeln in der eigenen Geschäftstätigkeit, im ökologischen Bereich, bei den Beziehungen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und im Austausch mit relevanten gesellschaftlichen Akteuren. Viele Großunternehmen verfügen über eigene CSR-Abteilungen, die Maßnahmenpläne entwickeln und umsetzen. Es gibt international anerkannte CSR-Grundsätze und Leitlinien wie den United Nations Global Compact oder auf EU-Ebene das "Grünbuch – Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen". Ein Teilbereich von CSR ist das bürgerschaftliche Engagement von Unternehmen, auch Corporate Citizenship genannt. Weiterführende Informationen Deutsches Global Compact Netzwerk: Externer Link: www.globalcompact.de Grünbuch - Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen: Externer Link: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex%3A52001DC0366 Corporate Citizenship Das freiwillige bürgerschaftliche Engagement in und von Wirtschaftsunternehmen nennt man auch Corporate Citizenship. Es ist ein Teilbereich von Corporate Social Responsibility (CSR). Zu Corporate Citizenship gehören an der Schnittstelle zum Fundraising zum Beispiel Unternehmenskooperationen mit gemeinnützigen Organisationen in Form von Sponsoring, Spendenaktivitäten, Förderung durch Unternehmensstiftungen oder Freiwilligen-Engagement wie Freiwilligentage, an denen Unternehmensmitarbeiter/-innen unentgeltlich bei gemeinnützigen Organisationen oder Projekten mithelfen. Crowdfunding Anstatt für ein einzelnes Projekt wenige Menschen zu suchen, die viel Geld geben, wird beim Crowdfunding eine große Masse (=crowd) gewonnen, die das Projekt mit vielen kleineren Beträgen (=funds) unterstützt. Dies geschieht üblicherweise mit einer zeitlich befristeten Kampagne über eine Online-Plattform. Falls das Finanzierungsziel mit Ablauf des Kampagnenzeitraums nicht erreicht wurde, erhalten die Unterstützer/-innen ihr Geld zurück. Unabhängig davon erhalten sie in der Regel noch eine Gegenleistung in Form eines "Dankeschöns", das sich nach der Unterstützungssumme richtet. Weiterführende Informationen Crowdfunding – Eine Einführung: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/186040/einfuehrung Praxistipps für Crowdfunding-Projekte im Bereich politische Bildung: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/186069/praxistipps-fuer-crowdfunding-projekte Dank Eine Spende ist per Definition eine freiwillige Leistung ohne Gegenleistung. Sie ist demnach ein Geschenk, auf das die Spenden empfangende Organisation mit einem Dankeschön reagieren sollte. Dies ist nicht nur ein Aspekt der Höflichkeit, es zeigt Wertschätzung und Anerkennung und trägt somit maßgeblich zur Bindung der Spender/-innen bei. Das Dankeschön kann immateriell (ausgesprochener Dank) oder in Verbindung mit einem Dankgeschenk erfolgen. Großspenden werden in der Regel aufwändiger und teurer bedankt als Kleinspenden. Ein Dankgeschenk, z. B. eine besondere Einladung, muss vom Wert aber deutlich unter dem Wert der Spende liegen, damit keine gleichwertige Gegenleistung entsteht. Es empfiehlt sich, eine Danksystematik zu entwickeln, die einen verbindlichen Rahmen absteckt: Wem wird wann in welcher Form von wem gedankt. Akquisos-Ausgabe zum Thema Spenderdank: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/260525/danken 8 Tipps zum Danken: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/260532/8-tipps-fuer-ein-anerkennendes-dankeschoen Datenbank Siehe Eintrag "Fundraising-Software" Dauerspende Eine Dauerspende bezeichnet – im Gegensatz zu einer unregelmäßigen Mehrfachspende – eine geregelte Unterstützung. Die Regelmäßig ist definiert, kann aber in Höhe und Frequenz (monatlich, (halb-) jährlich) individuell bestimmt werden. Den Spender/-innen stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung: die eigenmächtige Einrichtung eines Dauerauftrages, die Erteilung einer Lastschrifteinzugsermächtigung an die Organisation. Auch wenn letztere aufgrund des notwendigen SEPA-Mandats aufwändiger ist, wird sie von den Organisationen in der Regel bevorzugt. Zum einen, weil sie nur so die Höhe und Frequenz sicher kennen und entsprechend mit den voraussichtlichen Spendeneinnahmen planen können und zum anderen, weil ein SEPA-Mandat zwar jederzeit und ohne Angaben von Gründen gekündigt werden kann, dies aber in schriftlicher Form erfolgen muss. Diese Hürde verspricht längere Einnahmen. Da Dauerspenden von vielen Spender/-innen als unflexibel empfunden werden, gehen Organisationen dazu über, neue Namen (z. B. "Treuespende") oder Spendenprodukte (z. B. "Starthelfer", "Schutzengel") zu entwickeln. Eine "Patenschaft" ist eine besonders intensive Form der Dauerspende. Donor Journey Die Donor Journey (engl. für Spenderreise) ist eine "virtuelle Reise", bei der alle Kontaktpunkte (sog. Touchpoints), die einzelne Spender/-innen mit der Organisation haben werden, strategisch geplant sind. Die Kommunikation mit den Spender/-innen wird so koordiniert, dass diese eine positive "Reise" mit der Organisation erleben und dadurch langfristig gebunden werden. Neben globalen Donor Journeys (welche Berührungspunkte gibt es von Erstkontakt bis Spendenende?), können Donor Journeys auch für einzelne Phasen geplant werden. Kontaktpunkte im Rahmen einer Erstspende können bspw. sein: Spendenaufruf, Dank, Willkommensbrief, Informationsschreiben nach Zeitpunkt X. Idealerweise berücksichtigt und koordiniert eine Donor Journey verschiedene Kanäle (Brief, Telefon, Social Media, Infostände, Spenderservice usw.), damit die Spender/-innen eine stimmige "Reise" erleben. Weiterführende Informationen: L. Künzer (2016). Donor Journeys. In: Fundraising Akademie (Hrsg.): Fundraising. Handbuch für Grundlagen, Strategien und Methoden, Wiesbaden, S. 450 ff. Drittmittel Der Begriff Drittmittel wird meist im Zusammenhang mit Hochschulen oder anderen Bildungsträgern verwendet. Deren laufende Haushaltsmittel und Investitionen (Grundausstattung) werden vor allem staatlich finanziert. Drittmittel sind diejenigen finanziellen Mittel, die den Einrichtungen oder einzelnen Wissenschaftlern/-innen zusätzlich von dritter Seite für bestimmte Projekte oder Bereiche zufließen. Häufig sind vor allem die privaten Drittmittel gemeint, die bei Wirtschaftsunternehmen oder Stiftungen eingeworben werden. Auch Schulen und andere Bildungsträger werben mittels Fundraising Drittmittel ein, etwa über Spenden und Sponsorenleistungen, meist bei Fördervereinen, Stiftungen, Unternehmen und Privatleuten. In den Hochschul- und Schulgesetzen der Länder ist geregelt, unter welchen Bedingungen die Einwerbung von Drittmitteln zulässig ist. Die Einwerbung von privaten Drittmitteln bei Bildungsträgern steht immer wieder in der Kritik, weil z.B. Einflussnahmen der Wirtschaftsunternehmen auf Forschungsinhalte und Lehre befürchtet werden. Weiterführende Informationen Interner Link: www.bpb.de/gesellschaft/kultur/zukunft-bildung/205534/ Dritter Sektor Der Dritte Sektor umfasst Organisationen, die weder dem idealtypischen Pol des Marktes noch dem des Staates zugeordnet werden können. Sie sind also nicht gewinnorientiert und staatsunabhängig. Sie agieren in einer Mischung aus Fürsorge, Vorsorge und Solidarität. Die Ausprägungen und Formen variieren dabei: Non-Profit-Organisationen, zivilgesellschaftliche Organisationen, Vereine, Stiftungen, Genossenschaften usw. 2007 wies der Dritte Sektor 2,3 Mio. Voll- und Teilzeitbeschäftige auf*. Die meisten im Sozial- und Gesundheitswesen. Bei den ehrenamtlich Engagierten liegen Sportvereine vorne. Ehrenamtliche in der Jugendarbeit und Erwachsenenbildung finden sich seltener. Der Anteil steigt aber stetig an. Um den Dritten Sektor von dem in der Volkswirtschaftslehre ebenfalls so betitelten Dienstleistungssektor zu unterscheiden, hat sich der Name Non-Profit-Sektor synonym etabliert. Weiterführende Informationen: Annette Zimmer: Fundraising und der Dritte Sektor. (S. 93-105) *Eckhard Priller: Umfang und Struktur des gemeinnützigen Sektors. (S. 106-123) beide in: Fundraising Akademie (Hrsg.): Fundraising. Handbuch für Grundlagen, Strategien und Methoden. (5. Aufl.). Wiesbaden: Springer Gabler 2016. Siehe auch: Interner Link: www.bpb.de/nachschlagen/lexika/politiklexikon/17369/dritter-sektor Ein-Cent-Überweisung Wenn Spenderinnen und Spender einer Organisation Geld überweisen ohne ihre Adresse anzugeben, besteht die Möglichkeit einer Rücküberweisung, um mit ihnen in Kontakt zu treten. Ein Cent ist der kleinste Betrag, der für solch eine Überweisung benötigt wird. Entsprechend kostengünstig ist die Kontaktaufnahme. Der Verwendungszweck wird zur Nachrichtenübermittlung genutzt. In der Regel dankt die Organisation für die Spende und bittet darum, die Adresse durchzugeben, um eine Spendenbescheinigung versenden zu können. Die Adresse kann dann auch für zukünftige Spenderbindungsmaßnahmen und Spendenwerbung genutzt werden. Datenschutzrechtlich ist diese Form der Kontaktaufnahme umstritten, aber gerichtlich bisher (Stand 2016) nicht eindeutig entschieden. Datenschutzrechtliche Einordnung: Christian Schmoll: Datenschutzrecht (S. 957-971) in: Fundraising Akademie (Hrsg.): Fundraising. Handbuch für Grundlagen, Strategien und Methoden. (5. Aufl.). Wiesbaden: Springer Gabler 2016. Emergency-Mailing Im Rahmen von großen Katastrophen oder plötzlich eintretenden Krisen wird mittels sogenannter Emergency-Mailings (auch: Katastrophen- oder Notfall-Mailing) um Spenden gebeten. In der Regel tritt aufgrund der Katastrophe, zum Beispiel einem Erdbeben, einer Sturmflut oder einer Epidemie, ein kurzfristiger, nicht eingeplanter und hoher Geldbedarf auf, um Soforthilfe zu leisten. Die Herausforderung eines Krisenmailings liegt darin, die Spenderinnen und Spender schnell zu informieren und die Dringlichkeit der Hilfe herauszustellen. Krisenmailings haben daher meist einen dramatischen Tonfall, können damit aber mehr Menschen aktivieren als unter „normalen“ Umständen. Bei großen Katastrophen reagieren auf Nothilfe spezialisierte Organisationen schnell und versenden die Spendenaufrufe entweder sofort online oder innerhalb weniger Tage per Post. Bei länger andauernden oder sich aufbauenden Katastrophen, wie zum Beispiel Hungersnöten, wird oft der Zeitpunkt der höchsten medialen Aufmerksamkeit genutzt. Face-to-Face Fundraising Ein Fundraisinginstrument, das auf den direkten Kontakt zwischen Spender/-in und Anwerber/-in setzt, ist das so genannte Face-to-Face (=von Angesicht zu Angesicht) Fundraising, kurz: F2F-Fundraising. In der Regel wird es als Straßenwerbung in Fußgängerzonen an Infoständen, vor Supermärkten oder als Haustürsammlung durchgeführt. F2F-Fundraising ist ein Instrument der Neuspender(-innen)gewinnung und setzt – in Abgrenzung zum "Persönlichen Gespräch" – auf die Kaltakquise. Auch wenn im Einzelkontakt weniger Menschen erreicht werden als mit einem schriftlichen Mailing, bringt es den Vorteil, dass im Dialog Fragen individuell geklärt und Informationen an den persönlichen Bedarf der Spender/-innen angepasst werden. Dadurch gewinnen F2F-Fundraiser/-innen gleich im ersten Gespräch Dauerspender/-innen durch unmittelbare Abschlüsse von (Förder-) Mitgliedschaften oder Patenschaften. F2F-Fundraiser/-innen sind nicht immer Mitarbeiter/-innen der Organisation. Oft werden auf F2F-Fundraising spezialisierte Agenturen beauftragt. Weiterführende Informationen Mehr zum Thema: Externer Link: http://sozialmarketing.de/face2face-fundraising-zwischen-schwarzen-schafen-und-profis-i/ Förderantrag Öffentliche Geldgeber oder Stiftungen vergeben Fördergelder häufig im Rahmen von Förderprogrammen mit bestimmten inhaltlichen Schwerpunkten. Um Fördermittel zu erhalten, ist es fast immer notwendig, einen Antrag zu stellen, meist in einer vorgegebenen Form. Der Förderantrag besteht häufig aus einem Formular, in dem neben den formalen Angaben zum Antragssteller auch Ziele, Zielgruppen und Schritte zur Umsetzung des Projekts dargestellt werden sollen. Diesem Antrag ist im Regelfall ein Finanzierungsplan beizulegen, der die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben des Projekts darstellt. Auf Basis dieses Antrags und des Finanzierungsplans entscheiden die Förderer über die Vergabe von Mitteln. Weiterführende Informationen Checkliste zur Konzeption eines Antragskonzepts Money for nothing? Fördermitgliedschaft Viele gemeinnützige Organisationen haben als Rechtsform den eingetragenen Verein (e.V.) gewählt und können Mitglieder aufnehmen. Die Fördermitgliedschaft ist daher ein beliebtes Instrument zur Gewinnung von Dauerspender/-innen. Für die meisten gemeinnützigen Fördermitgliedschaften gilt: Der festgesetzte (Mindest-)Mitgliedsbeitrag ist in regelmäßigen Abständen, z.B. monatlich, fällig, und die Mitgliedschaft wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, wobei jederzeit ein Kündigungsrecht besteht*. Fördermitglieder drücken durch den finanziellen Beitrag ihre Verbundenheit aus und "fördern die gute Sache". Im Gegensatz zu ordentlichen Mitgliedern, die die Geschicke und Inhalte des Vereines mitbestimmen können, haben sie meist weder ein (aktives und/oder passives) Wahl- noch Stimmrecht*. Sie sind jedoch ein wichtiger Teil des Vereins und sollten entsprechend betreut werden. Viele Vereine veröffentlichen z.B. (Förder-) Mitgliederzeitschriften oder veranstalten spezielle Veranstaltungen und Feste für Mitglieder. * Näheres und Ausnahmen regelt die jeweilige Satzung Förderprogramm(e) Förderprogramme (ugs. auch "Fördertöpfe" genannt) sind Rahmenbedingungen für begrenzte Mittel aus dem Haushalt einer Förderinstitution, die für einen bestimmten Förderzweck vorgesehen sind. Förderinstitutionen sind zumeist die öffentliche Verwaltung (z.B. auf Bundes-, Landes- oder EU-Ebene), spezielle Institutionen (z.B. KfW, Förderbanken etc.) oder Stiftungen. Förderprogramme setzen die Bedingungen für die Beantragung von Fördergeldern bei der jeweiligen Institution für Projekte im ausgeschriebenen Gebiet. Sie beinhalten verbindliche Angaben zu den Förderzwecken, -voraussetzungen und -bedingungen. Beispiele für nationale Förderprogramme im Bildungsbereich sind die Studienstiftung des deutschen Volkes zur Begabtenförderung oder die Deutsche Forschungsgemeinschaft zur Forschungsförderung. Die Förderlandschaft ist sehr vielfältig und unübersichtlich. Es gibt spezielle Angebote zur Recherche geeigneter Förderprogramme, z.B. Recherche von Förderprogrammen auf Bundes- Landes- und EU-Ebene Externer Link: www.foerderdatenbank.de Recherche von Förderprogrammen bei Stiftungen: Externer Link: www.stiftungen.org Rechercheinstrument des Fundraiser Magazins Externer Link: www.fundraiser-magazin.de/dossier/hier-finden-sie-die-passenden-foerdermittel.html Förderverein Ein Förderverein ist ein eigenständig agierender eingetragener Verein, der mit dem Ziel gegründet wurde, Mittel für eine bestimmte gemeinnützige Organisation einzuwerben. Der Förderverein selbst ist somit nicht im Sinne des gemeinnützigen Zweckes der Mutterorganisation tätig. Die Aktivitäten richten sich auf die Mitteleintreibung, z.B. durch Ansprache und Netzwerken mit potenten Geldgeber/-innen oder der Ausrichtung von Benefizveranstaltungen. Als eingetragener Verein unterliegt der Förderverein dem Vereinsrecht. Er benötigt einen Vorstand, eine Satzung, regelmäßige Mitgliederversammlungen und eine eigenständige (von der Mutterorganisation getrennte!) Buchführung. Dafür kann der Förderverein die Gemeinnützigkeit beantragen und selbst Spendenbescheinigungen ausstellen. Auch wenn er Mittel einzig für die Zwecke der Mutterorganisation einwirbt, so ist er rechtlich von ihr getrennt. Somit hat die „Mutter“ keinen Zugriff oder Einfluss auf den Förderverein und die eingeworbenen Mittel. Dafür ermöglicht der Förderverein Fundraisingmaßnahmen durchzuführen, wo es der „Mutter“ rechtlich oder bürokratisch erschwert ist (z.B. bei Schulen). Mehr zu Vor- und Nachteilen eines Fördervereins und der Abgrenzung zum Freundeskreis: Externer Link: https://fundraising-coach.de/foerdervereine-und-foerderkreise/ Freianzeige Freianzeigen (auch: Füllanzeigen) sind eine kostengünstige Möglichkeit für gemeinnützige Organisationen, um für ihr Anliegen in der Öffentlichkeit zu werben. Die Schaltung der Anzeige ist kostenfrei, denn sie erfolgt auf Initiative des schaltenden Printmediums. Die Mediengestalter/-innen einer Zeitschrift oder Zeitung profitieren davon, vorgefertigte Anzeigen von gemeinnützigen Organisationen nutzen zu können, um kurz vor Druck "weiße" Lücken auf einer Seite zu vermeiden. Um in den Genuss einer Freianzeige zu kommen, müssen vorab Anzeigenvorlagen in verschiedenen Formaten, Größen, Farbigkeiten und ggf. Motiven vorliegen, damit die Anzeige kurzfristig in die entstandene Lücke eingefügt werden kann. Diese Vorlagen sollten leicht und frei zugänglich sein, z.B. über einen Download im Pressebereich der Organisationswebseite. Die Mediengestalter/-innen müssen zusätzlich über das Vorhandensein von Freianzeigenvorlagen informiert werden. Freistellungsbescheid Mit dem Freistellungsbescheid bescheinigt das zuständige Finanzamt einer Körperschaft wie einem Verein oder einer Stiftung, dass sie von der Körperschaftssteuer und der Gewerbesteuer freigestellt wird. Der Freistellungsbescheid beinhaltet folgende Feststellungen: die Gemeinnützigkeit des Vereins, die Steuerbefreiung der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe, den Förderungszweck und die Möglichkeiten im Umgang mit Zuwendungsbestätigungen. Das Finanzamt prüft turnusmäßig alle drei Jahre die Mittelverwendung der Körperschaft und erteilt bei positivem Ergebnis einen neuen Freistellungsbescheid. Freundeskreis (Förderkreis) Ein Freundeskreis (auch: Förderkreis) ist eine formal nicht näher bestimmte Gruppe von Personen, die sich in der Regel für die Mittelerwerbung (Fundraising) einer gemeinnützigen Organisation einsetzt. Im Unterschied zu einem >> Förderverein hat ein Freundeskreis keine rechtliche Grundlage. Er ist vergleichbar mit einer externen Arbeitsgruppe. Der Vorteil dieser Form liegt darin, dass keine Formalien zur Gründung, Aufrechterhaltung oder Auflösung nötig sind. Dies reduziert unter Umständen die Langlebigkeit des Freundeskreises, fördert aber gleichzeitig die Aufnahme der Arbeit. Für „Freunde“ ist der Einstieg niederschwelliger, da keine festen Mitgliedschaften nötig sind. Da Freundeskreise nicht rechtlich eigenständig sind, können sie keine Vereinskonten führen und die für Spendenbescheinigungen notwenige Gemeinnützigkeit nicht beantragen. Die eingeworbenen Mittel kommen nicht dem Freundeskreis, sondern direkt der Mutterorganisation zugute. Der Freundeskreis tritt nur stellvertretend auf. Mehr zu Vor- und Nachteilen eines Freundeskreis und der Abgrenzung zum Förderverein: Externer Link: https://fundraising-coach.de/foerderkreis/ Fundraising Der Begriff Fundraising stammt aus den USA und setzt sich aus den beiden Worten "fund" (=Mittel, Gelder, Kapital) und "to raise" (=beschaffen) zusammen. Daher liest man im Deutschen häufig den Begriff "Mittelbeschaffung". Mit Mitteln sind dabei sämtliche Ressourcen gemeint, die eine gemeinnützige Organisation zur Erfüllung ihres Satzungszweckes benötigt. Dies betrifft neben Geld- auch Sach- und Zeitspenden. Eine adäquate Übersetzung für "Fundraising" gibt es im Deutschen jedoch nicht. Der Begriff bezeichnet das gesamte Konzept der systematischen Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Aktivitäten im Rahmen der Mittelakquise. Darüber hinaus beinhaltet er den Beziehungsaspekt zwischen Fund-Raiser und Fund-Giver: So ist es Aufgabe der ersten, das Anliegen der Organisation zum Anliegen der Unterstützer/-innen zu machen. Fundraising-Event Unter Fundraising-Events versteht man Benefizveranstaltungen für einen gemeinnützigen Zweck. Die häufigsten Formen von Fundraising-Events sind Musik- und Theaterveranstaltungen, Basare, Versteigerungen und Sportveranstaltungen, (zum Teil sehr exklusive) Essen, auch Gummientenrennen erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Ein wichtiger Zweck von Fundraising-Events ist, Geld einzunehmen. Doch es geht auch darum, die jeweilige Organisation und ihre Anliegen zu präsentieren und persönliche Kontakte zu pflegen. Als eine Form der Öffentlichkeitsarbeit können sie den Kreis der Unterstützerinnen und Unterstützer erweitern. Fundraising-Events stellen in der Regel Unterhaltungs- und Erlebniselemente in den Vordergrund, auch das "Sehen und Gesehen werden" spielt häufig eine wichtige Rolle. Zielgruppe können Privatpersonen, Unternehmen und Politikerinnen und Politiker sein. Die Organisation von Events ist aufwändig und bedarf einer langfristigen Planung. Kosten und Nutzen sind gut abzuwägen. Bei der Entscheidung über die Art des Events sollte bedacht werden, dass es zum Image der Organisation passt und nicht im Widerspruch zu deren Zielen steht. Weiterführende Informationen: Haibach, Marita (2019): Handbuch Fundraising, S. 381 ff. Akquisos-Ausgabe Basare und Tombolas: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/216651/ Fundraisinginstrument Fundraisinginstrumente sind die Handwerkszeuge der Fundraiser/-innen. Mit ihrer Hilfe erreichen sie ihre Fundraisingziele. Die Instrumente sind Formen des Fundraisings, die die Möglichkeit bieten, potenzielle und/oder bestehende Unterstützer/-innen anzusprechen und die benötigten Mittel zu beschaffen. Dazu zählen bspw. Haustür- und Straßensammlungen, Fundraisingveranstaltungen, Fördermittel, Online-Fundraising (wiederum unterteilt in Spendenplattformen, Charity-Shopping usw.), Telefonfundraising, SMS-Spenden, Ehrenamtsprogramme, Großspendenfundraising. Für jedes Instrument ist wiederum ein Bündel an spezifischen Maßnahmen aufzulegen, die sich sinnvoll ergänzen. In der Regel werden mehrere Fundraisinginstrumente parallel eingesetzt. Auch hier ist eine strategische Gesamtplanung wichtig. Im Akquisos vorgestellte Fundraisinginstrumente: Aktionen für mehr Aufmerksamkeit: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/238239/ Basare und Tombolas: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/216651/ Bußgelder: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/207862/ Crowdfunding: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/186039/ Danken: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/260525/ Mailings: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/163068/ Nachlassfundraising: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/286774/ Patenschaften: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/197347/ Persönliches Gespräch: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/228900/ Spendenflyer: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/295920/ Unternehmensfundraising: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/265592 Fundraising-Software Computergestütztes Kontakt- und Informationsmanagement ist eine wichtige Voraussetzung für strategische und erfolgreiche Fundraising-Aktivitäten. Dafür ist eine Fundraising-Software bzw. Spenderdatenbank ein wichtiges Hilfsmittel. Spendensammelnde Organisationen haben potenziell viele Personen und vielfältige Kontakte zu erfassen. Standard-Datenbanken oder Tabellenkalkulationsprogramme geraten schnell an ihre Grenzen. Spezifische Fundraising-Software ist in der Lage, Datensätze miteinander zu verknüpfen, sodass zum Beispiel schnell übersichtliche Darstellungen von Spendengewohnheiten, Profil- oder Reaktionsdaten etc. möglich sind. Sie bieten idealerweise auch Schnittstellen zur Buchhaltung und können an die Bedürfnisse der Organisationen angepasst werden. Die Einrichtung, Anpassung und Mitarbeiterschulungen sind allerdings recht kostenintensiv, vor der Entscheidung sollte man sich daher umfassend informieren. Literaturtipp: Andreas Berg: Database + Fundraising. Mehr Spenden und bessere Marketing-Kommunikation mit Data-Driven-Fundraising, Dresden 2019. Informationen des Deutschen Fundraising Verbands: Externer Link: www.dfrv.de/fundraising-branche/fundraising-software/ Gemeinnützigkeit Ein Verhalten von Personen oder Körperschaften, das dem Gemeinwohl dient, wird als gemeinnützig bezeichnet. Die Tätigkeit muss darauf gerichtet sein, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Gemeinwohl wird als Gegenbegriff zu Einzel- oder Gruppeninteressen verstanden. Das Verhalten darf also nicht einem eng definierten, in der Anzahl dauerhaft kleinen Personenkreis zugutekommen. In Abgrenzung dazu ist die Mildtätigkeit zu sehen, die sich an (einzelne) Personen richtet, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Einnahmen für gemeinnützige Zwecke werden nach § 52 der Abgabenordnung steuerbegünstigt. Ein Verein wird als gemeinnützig anerkannt, wenn er nach der Satzung und nach seiner tatsächlichen Geschäftsführung steuerbegünstigte Zwecke fördert. Darunter fallen u.a. Förderung von Wissenschaft und Forschung, Erziehung, Kunst und Kultur, der Religion, der Völkerverständigung, der Entwicklungshilfe, des Umwelt- und Denkmalschutzes, der Jugendhilfe, der Altenhilfe sowie die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens in der Bundesrepublik Deutschland (vollständige Auflistung in § 52 AO). Weiterführende Informationen § 52 AO: Externer Link: www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__52.html Merkblatt zur Gemeinnützigkeit und zum Spendenrecht: Externer Link: www.ofd.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=17514&article_id=67744&_psmand=110 Genossenschaft Eine Genossenschaft ist eine Organisationsform, die auf einem gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb basiert. Dabei schließen sich natürliche oder juristische Personen zusammen mit dem Ziel, ihre Mitglieder wirtschaftlich und/oder sozial zu fördern oder gemeinsam etwas zu erwerben. Die ersten Genossenschaften gab es bereits vor 150 Jahren. Es gibt Genossenschaften in den verschiedensten Märkten (z.B. Medien, Banken, Wohnungsbau), Größen und Strukturen. Alle Genossenschaften haben gemeinsam, dass die Mitglieder zugleich Eigentümer und Kunden ihrer Genossenschaft sind – dies unterscheidet sie zum Beispiel von einer GmbH. Im Vordergrund steht der genossenschaftliche Förderzweck und nicht die Zahlung einer Rendite. In einer Genossenschaft schließen sich die Mitglieder freiwillig zusammen, um gemeinsam zu wirtschaften, und dies aus eigener Kraft und nicht durch Unterstützung Dritter bzw. des Staates. Die Genossenschaft wird von Personen geführt (Vorstand und Aufsichtsrat), die selbst Mitglied der Genossenschaft sind. Die grundsätzlichen Entscheidungen werden in der Generalversammlung der Mitglieder getroffen. Jedes Mitglied hat unabhängig von seiner Kapitalbeteiligung nur eine Stimme. Jede Genossenschaft gehört einem gesetzlichen Prüfungsverband an, der die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung prüft. Weitergehende Informationen: Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V. Externer Link: https://www.dgrv.de/de/genossenschaftswesen/genossenschaft.html Großspende Eine Großspende bezeichnet eine überdurchschnittlich hohe Spende einer einzelnen Person oder eines Unternehmens zugunsten einer gemeinnützigen Organisation oder einer Partei. Da die Durchschnittsspende von Organisation zu Organisation variiert, ist eine Großspende unterschiedlich definiert. Kleinere Organisationen sprechen bereits ab 500 oder 1.000 Euro von einer Großspende, andere Organisationen ziehen die Grenze erst ab 10.000 oder 50.000 Euro. Eine Großspende muss nicht auf einmal getätigt werden, sondern kann sich aus der Kumulation eines definierten Zeitraums ergeben, z.B. innerhalb von zwölf Monaten. Sobald eine Großspende getätigt wurde, wird die/der Spender/-in fortan als Großspender/-in (engl. Major Donor) geführt und idealerweise in ein Großspendenprogramm aufgenommen. Unabhängig von der Höhe der Folgespenden erfahren Großspender/-innen darin fortan eine gesonderte Behandlung. Großspenden an politische Parteien müssen ab 10.000 Euro im Rechenschaftsbericht ausgewiesen, ab 50.000 Euro unverzüglich der/m Bundestagspräsidenten/-in angezeigt und anschließend veröffentlicht werden. Weiterführende Informationen Dossier "Großspenden Fundraising" des Fundraiser-Magazins: Externer Link: www.fundraiser-magazin.de/dossier/gross-spenden.html Veröffentlichte Parteiengroßspenden ab 2002: Externer Link: www.bundestag.de/bundestag/parteienfinanzierung Hausliste Die Hausliste ist der Datenschatz jeder Spenden sammelnden Organisation. Sie umfasst die Adressen und Kontaktdaten von bestehenden und ehemaligen Spender/-innen sowie Interessent/-innen. Eine gepflegte, d.h. stets aktuell gehaltene Hausliste ist das wichtigste Werkzeug des Fundraising. Mit ihr werden Spender/-innen gewonnen, gebunden und entwickelt (s. Spenderpyramide). Spendenaufrufe an die Hausliste erzielen höhere Rückläufe als an eine Fremdliste. Fremdlisten bestehen aus (z.B. angekauften) Adressen von Personen, die bisher noch nicht in Kontakt mit der Organisation standen. Sie werden für die Kaltakquise genutzt, um neue Spender/-innen zu finden und die Hausliste zu erweitern. Hybridstiftung Eine Hybridstiftung (auch: Teilverbrauchsstiftung) vereint die Vorteile einer üblichen auf Dauer angelegten Ewigkeitsstiftung und einer Verbrauchsstiftung, die neben den Erträgen auch das eingesetzte Grundkapital zur Förderung der Satzungszwecke nutzen darf. Sie kann damit auf schwankende Zinsniveaus flexibler reagieren. Insbesondere bei der Einwerbung großer Zuwendungen profitiert die Hybridstiftung im Vergleich zur Verbrauchsstiftung, weil eine Zustiftung in den Grundkapitalstock einen erhöhten steuerlichen Abzug ermöglicht. Für die Zuordnung der zugefügten und entnommenen Gelder ist wichtig, in Satzung und Geschäftsbericht streng zwischen dem auf Ewigkeit angelegten Stiftungsvermögen und dem verbrauchbaren Vermögen zu unterscheiden. Da sich nur der Verbrauchsteil auflösen darf, ist die gesamte Stiftung letztlich eine Ewigkeitsstiftung mit Ausnahmeregelung. Sie muss rechtlich gesehen daher den Satzungszweck auch allein aus den Erträgen der Stiftungsvermögen erfüllen können. Incentives (Mailingbeigaben) Der Begriff Incentive (engl. für Anreiz, Antrieb oder Ansporn) steht im Fundraising üblicherweise für Geschenke, die einem Spendenmailing beigelegt werden, um die angeschriebenen Personen zu einer Spende zu motivieren. Diese Vorabgeschenke reichen von personalisierten Adressaufklebern oder Postkarten über "handgeknüpfte" Freundschaftsbändchen oder kleine Stifte bis hin zu Musik-CDs oder Schutzdecken. Sie werden insbesondere zur Neuspendergewinnung eingesetzt. Spendenaufrufe mit Beigaben erzielen in der Regel einen (zum Teil deutlich) höheren Spendenrücklauf. Ziel ist es, dass die Höhe der Spenden die Kosten der Geschenke übertreffen. Auch wenn dies oft gelingt, stehen Incentives in der Kritik. Zum einen aus ökologischen Gesichtspunkten, da die meisten (ggf. bereits unökologisch produzierten) Beigaben weggeworfen werden. Zum anderen aus ethischem Blickwinkel, da sich viele Angeschriebene - insbesondere bei teureren Beigaben - verpflichtet fühlen, das Geschenk mit einer Spende zu beantworten. Zudem ist umstritten, ob die so geworbenen Spender/-innen in der Folge noch spenden, wenn weitere Anreize ausbleiben. Von Incentives abzugrenzen sind kleine Dank-Geschenke für bereits geleistete Spenden, zum Beispiel an langjährig aktive Spender/-innen. Jahresbericht Mit dem Jahresbericht legt eine Organisation Rechenschaft über ihre Arbeit eines abgeschlossenen Jahres ab. Gemeinnützige Organisationen sind zwar – anders als Kapitalgesellschaften – nicht dazu verpflichtet, einen Jahresbericht zu erstellen, es ist aber empfehlenswert. Wenn ein Jahresbericht die Leistungen und Entwicklungen der Organisation gut darstellt, können sich Förderer/-innen und Spender/-innen einen Überblick darüber verschaffen, was mit ihrem Geld passiert ist. Für künftige Geldgeber/-innen oder Kooperationspartner/-innen kann er ein Anreiz zur Unterstützung sein. Für die Vergabe von Spenden- und Transparenzsiegeln ist er oft Voraussetzung. Ein Jahresbericht sollte mindestens enthalten: Darstellung der Organisationsstruktur und Organe, Zielsetzungen und Strategien, Information über die Projekte und Programmbereiche, Erfolge und Misserfolge, wichtige Partner, Wirkungsbeobachtung, Zahlen der Mitglieder und Beschäftigten und die Finanzberichterstattung. Bei der Gestaltung eines Jahresberichts gibt es große Freiheiten – so können Anekdoten und Erfolgsgeschichten, professionelle Infografiken und Fotos die Darstellung beleben und zur Lektüre animieren. Weitere Informationen und Tipps: Externer Link: https://old.ngo-dialog.de/index.php/newsletter-artikel-lesen/items/praxis-09-2010.html Externer Link: www.fundraiser-magazin.de/praxis-archiv/jahresbericht-schickes-aushaengeschild-statt-droeger-bilanz.html Kapitalkampagne (Capital Campaign) Bei einer Kapitalkampagne wird mit einer langfristigen, gezielt geplanten Spendenkampagne für einen bestimmten Zweck (z.B. für einen Gebäudeneubau oder das Grundstockkapital einer neuen Stiftung) eine hohe, mindestens sechs-, auch sieben- oder achtstellige Summe (Kapital) über Spenden eingeworben. Eine Kapitalkampagne beinhaltet viele einzelne Fundraisingmaßnahmen, die im Rahmen eines systematischen Projektmanagements geplant und zusammengeführt werden. Sie ist oft auf mehrere Jahre angelegt. Bei einer so hohen Endsumme können Kleinspenden nur einen Teil betragen. Es sind immer mehrere Großspenden einzuwerben. Ein entsprechendes Potenzial sowie ein starkes Fundraisingziel, das Großspender/-innen ausreichend motiviert, sind Grundvoraussetzung für das Gelingen. Weiterführende Informationen: M. Haibach (2016). Kapitalkampagne. In: Fundraising Akademie (Hrsg.): Fundraising. Handbuch für Grundlagen, Strategien und Methoden, Wiesbaden, S. 500 ff. A. Schiemenz, D. Fröhlen & J. Schepers (2018) Kapitalkampagne: Der Turbo im Fundraising. In: Stiftung & Sponsoring, 2. K. Dörfner (2005). Wege der Hoffnung - Die Gründung der Stiftung der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart, in: Sieglinde Ruf / Ralf Stieber (Hrsg.), Mit Stiftungen Gemeinden gestalten, Herrenalber Protokolle, Band 118, Karlsruhe. Katastrophen-Mailing Siehe Eintrag "Emergency-Mailing" Lead / Leadgenerierung Lead ist ein Begriff aus dem Marketing und meint eine qualifizierte Kontaktadresse einer Person, die sich für ein Unternehmen oder ein Produkt interessiert und die ihre Daten zur weiteren Kommunikation preisgibt. Damit wird die Person mit höherer Wahrscheinlichkeit später zur Kundin oder zum Kunden. Leads in hoher Datenqualität zu generieren ist ein wichtiger Teil der Neukundengewinnung und ein zentrales Ziel von Unternehmen. Leads spielen auch im professionellen Fundraising eine wichtige Rolle. Um eigene Interessenten-Datenbanken in signifikanter Größe aufzubauen, nutzen immer mehr Organisationen den Weg der gezielten Leadgenerierung. Im klassischen Offline-Direktmarketing kommen dazu unter anderem Anzeigen oder Mailings mit Coupons oder aufgeklebter Bestell- oder Antwortkarte zum Einsatz. Online können sehr vielfältige Werbemittel (Werbebanner, Newsletter, Textlinks etc.) in so gut wie allen verfügbaren Auslieferungskanälen (klassische Websites, E-Mail, Soziale Netzwerke, Suchmaschinen etc.) eingesetzt werden. In diesen Werbemitteln finden sich Gewinnspiele, Coupons, Broschüren etc. Klickt der User darauf, wird er zur Internetseite der Lead-Werbekampagne weitergeleitet, wo er seine Daten eingeben kann und sein Einverständnis dafür gibt, dass diese vom Werbungtreibenden/der Organisation gespeichert werden dürfen. Lettershop Ein Lettershop ist ein Unternehmen, das personalisierte Postsendungen wie Mailings bzw. Werbebriefe oder Kataloge be- und verarbeitet und zur Übergabe an die Post vorbereitet. Im Lettershop werden die zu personalisierenden Bestandteile eines Mailings mittels Laserdruck- oder Ink-jet-Verfahren beschriftet bzw. adressiert. Außerdem werden die einzelnen Bestandteile einer Sendung maschinell in die Versandhülle kuvertiert oder in Folie eingeschweißt. Dabei wird sichergestellt, dass die personalisierten Bestandteile korrekt zusammengeführt werden (Anschreiben an Herrn Müller zusammen mit Überweisungsträger mit Herrn Müllers Spendernummer). Lettershops übernehmen teilweise die „postalische“ Vorarbeit, indem Adressenabgleiche und eine Portooptimierung stattfinden oder fehlerhafte Adressen bereinigt werden. Bei Lettershops ist auf einen professionellen Umgang mit den Adressdaten, die der Auftraggeber zur Verfügung stellt, zu achten - vor allem hinsichtlich des Datenschutzes. Mäzenatentum / Philanthropie Als Mäzen/-in wird eine (meist wohlhabende) Person bezeichnet, die eine andere Person oder eine Institution (Verein, Stiftung, etc.) finanziell oder mit Sachleistungen großzügig und uneigennützig fördert (Mäzenatentum). Das bedeutet, dass er oder sie für seine oder ihre Leistung keinerlei Gegenleistung erwartet oder bekommt. Dem Mäzen geht es lediglich um eine gute Tat. Mäzene möchten oftmals öffentlich gar nicht in Erscheinung treten. Spenden und Stiften können als mäzenatische Handlungsweisen bezeichnet werden. Als Namensgeber des Mäzenatentums gilt der römische Kunst- und Kulturförderer Gaius Clinius Maecenas (70 - 8 vor Christus), der als Berater und Freund von Kaiser Augustus bedeutende Dichter des Römischen Reiches unterstützte. Mäzenatentum und der Begriff Philanthropie (engl. philanthropy, wörtl. übersetzt: Menschenliebe) werden oft synonym verwendet. Mailings Mailings bzw. Spendenbriefe gelten als Klassiker der Fundraisinginstrumente. Sie spielen nach wie vor im Fundraising-Mix die bedeutendste Rolle. Zwar sind die Zahlen der persönlich adressierten Mailings insgesamt rückläufig und die Responsequote von 1% bei Fremdadressen erscheint mager, dennoch stellen Spendenbriefe nach wie vor den wichtigsten Spendenanstoß dar (24,7% im Jahr 2015 lt. Dt. Spendenrat). Ein Spendenmailing besteht normalerweise aus vier Teilen: Umschlag, Anschreiben, Zahlungsträger und Beilagen, die über den Spendenzweck Auskunft geben. Um wirkungsvoll zu sein, braucht ein Mailing eine Geschichte, die die potenziellen Spender anspricht. Viele Spenderinnen und Spender wurden überhaupt erst durch einen Spendenbrief auf die Organisation aufmerksam und so zu Erst- und Folgespendern. Ein Briefmailing ist eines der persönlichsten Fundraising-Instrumente, mit dem dennoch viele Menschen gleichzeitig erreicht werden. Ein persönlicher Absender, das Blatt in der Hand, der Umschlag im eigenen Postkasten, der aufwändigere Versandweg, das macht ihn aus Sicht der Empfängerinnen und Empfänger persönlicher als z.B. eine E-Mail. Dadurch hat der Spendenbrief einen hohen Bindungsfaktor. Weiterführende Informationen: Akquisos-Ausgabe Mailings: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/163071/im-fokus-mailings Matching-Fund Mit Hilfe eines Matching-Funds koppeln öffentliche Institutionen, Stiftungen, Privatpersonen oder Unternehmen ihren Zuschuss an durch die Organisation eigenständig eingeworbene Mittel. Die Bedingungen können dabei variieren: (A) So kann ein fixer Betrag, z.B. 5.000€, zugesichert werden, wenn private Mittel in einem bestimmten Verhältnis (1:2, 1:3) gewonnen werden (also 10.000€, 15.000€). Oder (B): Jeder eingeworbene Euro wird durch den Geldgeber 1:1 oder 1:2 aufgestockt. Diese Zuschüsse können an Mindesteinnahmen gebunden oder nach oben gedeckelt werden. Vorteile dieser komplementären Finanzierungsart: Die öffentliche Hand leistet die Anschubfinanzierung, spart aber insgesamt Zuschüsse ein (A). Matching-Funds sind Ansporn für private Spenderinnen und Spender, da ihre Spende mehr Wert bekommt (insb. bei B und ohne Deckelung). Weitere Varianten: Externer Link: www.fundraising-evangelisch.info/sites/default/files/images/Download_Matching_Fund.pdf Nachlassfundraising, Erbschaften und Legate Das Nachlassfundraising bezeichnet das systematische Planen und Durchführen von Aktivitäten zur Mittelbeschaffung durch Nachlässe. Zu unterscheiden sind aus Sicht der Organisation Erbschaften und Vermächtnisse (auch: Legate). Bei einer Erbschaft wird die Organisation Rechtsnachfolgerin des Erblassers – mit allen Rechten und Pflichten. Bei einem Vermächtnis werden die Erben im Testament verpflichtet, der Organisation einen definierten Erbteil zu überlassen. Es kommt vor, dass das Legat bei den Erben eingeklagt werden muss. Vielfach wird das Nachlassfundraising in den Organisationen dem Großspenden-Fundraising zugeordnet, doch unterscheiden sich beide strukturell und inhaltlich. Gemeinsam ist ihnen jedoch, dass ein besonderes Vertrauensverhältnis und eine Verbundenheit mit der Organisation aufgebaut werden muss. Vorbereitend für den Nachlass bieten viele Organisationen Unterstützung und Beratung rund um die Themen "Testamente" und "Vererben" an. Dieses sensible Thema wird zurückhaltend, oft nur auf Anfrage bearbeitet. Weiterführende Informationen: Akquisos-Ausgabe Interner Link: Nachlassfundraising NGO und NPO Die Abkürzungen NGO für Non-governmental Organisation und NPO für Non-Profit-Organisation werden häufig synonym verwendet. Eine exakte und einheitliche Abgrenzung der Begriffe findet sich weder im alltagssprachlichen Gebrauch noch in der Fachliteratur. Viele NGOs sind NPOs und umgekehrt. Bei Verwendung des Begriffs NGO ist der Fokus stärker auf die staatliche Unabhängigkeit gerichtet. NGOs werden aus der Zivilgesellschaft heraus gegründet, um staatlich-politische Aufgaben zu übernehmen. Sie verfolgen Ziele zu Themen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit, Humanitären Hilfe, Menschenrechte sowie Umwelt/Ökologie und sind meist demokratisch organisiert. Der Begriff NPO umfasst sehr breit alle Organisationen, die nicht aus wirtschaftlichen, sondern ideellen Zwecken gegründet wurden. Bestehendes Vermögen und erwirtschafte Mittel werden nicht an die Mitglieder ausgeschüttet, sondern vollständig in die Gründungszwecke reinvestiert. Dies trifft auf Vereine, Verbände, Gewerkschaften, gemeinnützige Gesellschaften (gGmbH, gUG oder gAG), Genossenschaften oder Stiftungen zu. Auch viele NPOs übernehmen staatliche Aufgaben, z.B. im Sozial- und Gesundheitsbereich. Online-Fundraising Online-Fundraising bezeichnet im weitesten Sinne sämtliche Aktivitäten, bei den das Internet zur Mittelbschaffung genutzt wird. Das wären zum Beispiel: Gewinnung von Neuspender/-innen, Online-Zahlungen und Spendenformulare, Crowdfunding-Kampagnen, Spendenbitten an bestehende Förderer, Fördererbindung, zum Dank und zur Bereitstellung von Informationen für (potenzielle) Spender/-innen. Der zentrale Faktor ist eine gut und ansprechend gestaltete nutzerfreundliche Webseite, die ständig aktualisiert wird. Weitere Instrumente des Online-Marketings wie Mailings (per E-Mail), Social Media Aktivitäten (auf Facebook, Twitter, Youtube und Co), Suchmaschinenmarketing oder Banner nehmen üblicherweise auf die Webseite Bezug. Eine wichtige Funktion der Internetpräsenz ist es, Vertrauen aufzubauen mit übersichtlichen Informationen, einem Impressum nach gesetzlicher Vorschrift und direkten Kontaktaufnahmemöglichkeiten. Online-Fundraising dient nicht nur der Ressourcenbeschaffung, sondern ist Teil des Beziehungsmanagements zu den (potenziellen) Unterstützer/-innen und sollte wie alle Kommunikationsformen einer Organisation strategisch geplant und mit allen anderen Aktivitäten abgestimmt sein. Opt-In und Opt-Out Opt-In nennt man die Erlaubnis von (potenziellen) Spender/-innen oder Kund/-innen zur Kontaktaufnahme durch Organisationen oder Unternehmen. Sei es mittels Anruf, Brief oder Email. Double Opt-In ist die im Datenschutzgesetz verankerte Pflicht zur Bestätigung (Verifizierung) der Erlaubnis, mit einer interessierten Person in Kontakt zu treten. Am häufigsten findet man das Double Opt-In bei Email-Newsletter-Abonnements: Erstes Opt-In: Newsletter-Bestellung auf der Website oder Eintrag in eine Liste. Zweites Opt-In: Antwort auf bzw. Klick auf einen Link in der daraufhin vom Anbieter versandten Bestätigungs-Email. Damit wird sichergestellt, dass das erste Opt-In nicht durch eine fremde Person gegeben wurde. Opt-Out bedeutet, dass die Empfänger/-innen von Emails, Briefen oder Anrufen sich gegen eine Kontaktaufnahme aussprechen. Die Möglichkeit zum Opt-Out (bzw. Widerspruch) zum Beispiel in Form eines Links (z.B. "Sie möchten diesen Newsletter nicht mehr erhalten? Klicken Sie hier") ist gesetzlich verpflichtend. Öffentlichkeitsarbeit Öffentlichkeitsarbeit, gleichbedeutend mit Public Relations (kurz PR), ist ein weit gefasster Begriff für das Management der öffentlichen Kommunikation von Organisationen (intern und extern). Als Ziele von Öffentlichkeitsarbeit gelten der Aufbau von Bekanntheit der Organisation und das Schaffen von Vertrauen sowie eines positiven und unverwechselbaren Images. Zu den operativen Kommunikationsinstrumenten der PR gehören zum Beispiel Pressearbeit, Publikationen und Eventkommunikation. Sowohl Öffentlichkeitsarbeit als auch Fundraising sollten Teil einer kohärenten und systematischen Kommunikationsstrategie einer Organisation sein. Die Übergänge zwischen den Bereichen sind fließend. Sie sollten aufeinander abgestimmt sein, jedoch nicht miteinander verwechselt werden. Während bei der Öffentlichkeitsarbeit die Steigerung des Bekanntheitsgrades einer Organisation und ihrer Anliegen im Mittelpunkt steht, hat Fundraising zum Ziel, Menschen zu einer direkten Reaktion, zum Handeln bzw. zum Spenden zu bewegen. Weiterführende Informationen: Deutsche Public Relations Gesellschaft e.V.: Externer Link: www.dprg.de Öffentlichkeitsarbeit im Fundraising: Externer Link: www.fundraising-evangelisch.de/wissen/strategie/oeffentlichkeitsarbeit-im-fundraising Patenschaft Verschiedene Modelle von Patenschaft haben erfolgreich Einzug in das Fundraising gefunden. Sie setzen eine persönliche Identifikation und ein Verantwortungsgefühl für das Patenkind oder das Patenobjekt voraus. Dies zu schaffen und aufrecht zu erhalten, erfordert jedoch einen hohen Betreuungs- und Verwaltungsaufwand seitens der Organisation. Patenschaften haben den Vorteil, dass Spender/-innen langfristig gebunden werden können. Man kann unterscheiden zwischen Patenschaften als Bindungselement (z.B. Patenschaften für benachteiligte Kinder), Namens- und Objektpatenschaften (z.B. im Museum) und Mentoringprogrammen (zum Beispiel in der Nachwuchsförderung von Parteien). Weiterführende Informationen: Akquisos "Paten für die politische Bildung gesucht": Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/197347 Payroll-Giving Payroll-Giving (deutsch: Arbeitslohnspende) bedeutet, dass ein Arbeitgeber in bestimmten Katastrophenfällen in Absprache mit den Arbeitnehmer/-innen einen Teil des Bruttogehaltes einbehält, um diesen an eine gemeinnützige Organisation zu spenden. Für den einbehaltenen Teil müssen keine Steuern bezahlt werden, da er nicht zum steuerpflichtigen Einkommen gezählt wird. Wegen dieses Steuervorteils darf die Organisation, die die Spenden erhält, keine Spendenbescheinigung ausstellen. Um von der steuerlichen Vereinfachung zu profitieren, ist eine Ausnahmeregelung des Bundesfinanzministeriums notwendig. In der Regel wird diese bei (Natur-)Katastrophen im In- und Ausland oder anlässlich besonderer Lagen (wie z. B. der Flüchtlingskrise ab 2015) ausgesprochen. Die Sozialversicherungsbeiträge werden jedoch auf Basis des Gehalts inklusive der Spende berechnet. Eine Ausnahme hierfür besteht nur bei Naturkatastrophen im Inland (Externer Link: www.gesetze-im-internet.de/svev/__1.html Absatz (1) Satz 11). Reaktivierung Personen, deren letzte Spende an eine Organisation länger als (je nach organisationsinterner Definition) 12, 24 oder bis zu 60 Monate zurückliegt, gelten als inaktiv. Da sie die Arbeit der Organisation bereits mindestens einmal aktiv unterstützt haben, ist es Erfolg versprechender, diese Personen zu re-aktivieren, also zu einer weiteren Spende aufzufordern, als neue Spender/-innen anzuwerben. Zudem ist es kostengünstiger, da die Adressen vorhanden sind und nicht eingekauft werden müssen. Spezielle Reaktivierungsprogramme wenden sich mit einer gesonderten Ansprache im Mailing oder per Telefon an die (ehemaligen) Spender/-innen. Sie sind erfolgversprechender, wenn die Organisation nicht bis zur völligen Einstellung der Spendenaktivität wartet, sondern bereits ansetzt, wenn jemand die Spendenfrequenz oder -höhe signifikant herabsenkt. Response-Quote Die Response (=Reaktion/Resonanz)-Quote bezeichnet das Verhältnis zwischen der Anzahl von Antworten zur Anzahl der angesprochenen Personen. Da der Begriff aus dem Direktmarketing stammt, bezieht er sich in der Regel auf Mailings und daraus resultierende intendierte Reaktionen. Beispiel: Bei einem Versand von Spendenaufrufen an 10.000 Adressen entsprechen 500 Spenderinnen und Spendern - einer Response-Quote von 2%. Es fließen keine Personen ein, die Informationsmaterial anfordern oder ihre Adressdaten ändern lassen. Auch wenn dies wünschenswerte Reaktionen sind, waren sie nicht Ziel der Maßnahme. Response-Quoten werden durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst: u.a. Adressauswahl (Fremdadressen vs. Hausliste), Bekanntheit des Absenders, Bindung der angeschriebenen Personen (aktive Spender vs. Interessierte), Responseziel (Kleinspende, Fördermitgliedschaft, Teilnahme an Umfrage), Zeitpunkt des Versands (Urlaubszeit vs. Weihnachten), beiliegendes Responsemittel (Überweisungsträger, Antwortkarte/Rückumschlag, Telefonnummer), Verstärker (Gewinnspiele, Geschenke). Daher können Response-Quoten zwischen 0,3% und 50% schwanken. Die Quote allein sagt nichts über den Erfolg der Maßnahme aus, sie ist aber ein Indikator und ermöglicht Vergleiche. Rest-Cent-Spende Die Rest-Cent-Spende ist eine (steuerrechtlich) einfachere Variante des >> Payroll-Giving. Dabei wird der Nachkomma-Betrag des Nettogehaltes vom Arbeitgeber automatisch einbehalten und an eine gemeinnützige Organisation gespendet. So kommen im Jahr maximal 11,88 Euro pro Mitarbeiter/-in zusammen. Im Schnitt sind es 5 bis 6 Euro. Bei Kommunen oder Unternehmen mit einer großen Zahl von Angestellten kommen schnell relevante Summen zusammen. In einigen Unternehmen dürfen die Angestellten selbst bestimmen oder gemeinsam abstimmen, an welche Organisation der Betrag gespendet wird. Die Teilnahme und Dauer sind in jedem Fall für alle freiwillig. Da sich die Rest-Cent-Spende in vielen Unternehmen etabliert hat, bieten einige Abrechnungssoftwares bereits integrierte Spendentools an. Return on Investment (ROI) Der Return on Investment, kurz ROI (dt. Rückkehr der Investition, im übertragenen Sinne: "Rentabilität”) ist eine statistische Kennziffer der Betriebswirtschaftslehre, die die Rendite misst. Der ROI setzt die Einnahmen ins Verhältnis zu den aufgewandten Kosten. Im Fundraising hat sich der ROI als Maßzahl für die Effizienz einer Fundraisingaktion etabliert. Bei einem postalischen Spendenaufruf berechnet sich der ROI bspw. wie folgt: ROI = Spendeneinnahmen geteilt durch Gesamtkosten des Mailings (Grafik, Text, Druck, Beilagen, Porto). Für ein positives, d.h. überschüssiges Spendenergebnis muss der ROI >1 sein. Je höher der ROI desto effizienter die Maßnahme. Dies ist aber nicht gleichzusetzen mit dem Gesamterfolg der Maßnahme. Diesen kann der ROI für sich genommen nicht abbilden. So hat eine Fundraisingaktion mit 10.000 Euro Einnahmen bei 5.000 Euro Kosten zwar einen höheren ROI (ROI = 2) als eine Aktion mit 25.000 Euro Einnahmen bei 15.000 Kosten (ROI = 1,7). Der Nettoerlös ist bei der zweiten Aktion jedoch doppelt so hoch (10.000 Euro vs. 5.000 Euro). Des Weiteren kann der ROI keine immateriellen "Einnahmen" (Image, Spenderbindung, Weiterempfehlung) oder zukünftigen Einnahmen (z. B. Testamente) abbilden. RFM-Analyse Mithilfe der RFM-Analyse wird der monetäre Wert eines Spenders oder einer Spenderin anhand des Spendenverhaltens ermittelt. Die Buchstaben stehen für Recency, als Kennwert für die Aktualität der Spende (wann wurde zuletzt gespendet?), Frequency als Kennwert für die Häufigkeit der Spenden (wie oft wird in einem definierten Zeitraum gespendet?) und Monetary Value als Kennwert für den Spendenumsatz (wie viel wird insgesamt in einem definierten Zeitraum gespendet?). Jeder Buchstabe wird mit einem Wert von 1 bis 4 versehen. Je höher der Wert, desto besser. Entscheidend ist zudem die Reihenfolge: Eine Gruppe ist (monetär gesehen) umso wertvoller, je höher der erste/zweite Buchstabe bewertet wird. Eine Spendergruppe mit dem Wert 4-3-1 hat mehr Gewicht als eine Spendergruppe der Kategorie 1-3-3. Da dieses >> Scoring-Verfahren durch die vielen Kombinationen sehr komplex wird, ist ein großer Spenderkreis empfehlenswert. Nur dann können einzelne Gruppen sinnvoll analysiert werden. Bei einem kleinen Spenderstamm müssen Gruppen zusammengefasst werden, um effizient unterschiedliche Maßnahmen zu entwickeln. Weiterführende Informationen: H.-J. Hönig, I. Roeb (2016). Zielgruppensegmentierung im Fundraising. In: Fundraising Akademie (Hrsg.) Fundraising. Handbuch für Grundlagen, Strategien und Methoden. Springer Gabler. S. 437 ff. P. Iversen-Schwier (2016). Analyseverfahren. In: Fundraising Akademie (Hrsg.) Fundraising. Handbuch für Grundlagen, Strategien und Methoden. Springer Gabler. S. 288 f. Richtlinienförderung (der bpb) Bildungseinrichtungen, die bei der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) Fördermittel für Bildungsmaßnahmen beantragen möchten, müssen zuvor als Bildungsträger von der bpb anerkannt worden sein. Die Förderrichtlinien legen die Bedingungen fest, unter denen ein Projekt unterstützt werden kann. Dazu gehört zum Beispiel, dass politische Bildung im Zentrum des Projektes steht, dass Kontroversen angemessen darzustellen sind und dass die Veranstaltungen allgemein zugänglich sein müssen. Weiterführende Informationen Richtlinienförderung: Interner Link: www.bpb.de/partner/foerderung/140003/richtlinienfoerderung Sachspende Neben Geld- und Zeitspenden sind Sachspenden eine wichtige Form im Spendenwesen. Bei Sachspenden handelt es sich um neue oder gebrauchte Gegenstände, die einer Organisation unentgeltlich überlassen werden. Dies können z.B. Kleidung, Haushaltsgegenstände oder Spielzeug für Bedürftige sein, aber auch Büroausstattung oder technische Geräte für das Vereinsbüro. Privatpersonen erwarten häufig keine Zuwendungsbescheinigung für Sachspenden, Unternehmen schon eher. Hier entsteht das Problem der Wertangabe, vor allem bei gebrauchten Gegenständen. Denn bei neuen Gegenständen gilt der Kaufbeleg oder ein nachgewiesener aktueller Verkaufspreis. Bei gebrauchten Gegenständen muss der aktuelle Wert geschätzt werden bzw. gilt bei Unternehmen, die etwas aus dem Betriebsvermögen entnehmen, der Buchwert. Das Unternehmen muss jedoch Umsatzsteuer auf den Wiederbeschaffungswert abführen. Es ist wichtig, sich gut zu informieren, bevor man eine Zuwendungsbescheinigung für gebrauchte Gegenstände ausstellt, ein Verein haftet ggf. für falsche Angaben. Weitere Informationen: Sachspendenfalle (Download): Externer Link: www.vereinswelt.de/sachspendenfalle Sammlungserlaubnis Sammlungsgesetze regeln in Deutschland, wer auf öffentlichen Plätzen Gelder einwerben darf. Besteht ein Sammlungsgesetz, so ist eine behördlich genehmigte Sammlungserlaubnis einzuholen. Wird die rechtmäßige Verwendung der Spenden durch die sammelnde Organisation nicht nachgewiesen, so kann ein Sammlungsverbot ausgesprochen werden. Im Rahmen von Bürokratieabbau haben mittlerweile 13 Bundesländer die Sammlungsgesetze abgeschafft. Damit darf dort jede Person öffentlich an jedem Ort, zu jeder Zeit und für jeden Zweck Gelder sammeln. 2013 hob Baden-Württemberg als vorerst letztes Bundesland sein Sammlungsgesetz mit der Begründung auf, dass Bürger/-innen durch die neuen Medien (Internet) nicht mehr vor unseriösen Organisationen geschützt werden könnten und müssten. Vielmehr sollen sie "frei und eigenverantwortlich entscheiden […], ob und wem sie eine Spende geben wollen." * Sammlungsgesetze bestehen noch in Thüringen, dem Saarland und in Rheinland-Pfalz. In letzterem spricht die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) als besonders aktives Kontrollorgan jährlich mehrere Sammlungsverbote aus. Diese gelten jedoch ausschließlich für das eigene Bundesland. Dennoch sind sie wichtige Hinweise an Bürger-/innen aus Bundesländern ohne Sammlungsgesetze. Weiterführende Informationen: DZI-Spendentipps "Sammlungsgesetze" Externer Link: www.dzi.de/wp-content/pdfs_Spendentipps/Sammlungsgesetze.pdf ADD: Sammlungsrecht in Rheinland-Pfalz, inkl. Sammlungsverbote seit 2002: Externer Link: https://add.rlp.de/de/themen/staat-und-gesellschaft/ordnung/sammlungen/ * Land Baden-Württemberg "Sammlungsgesetz wird zum Jahreswechsel aufgehoben": Externer Link: www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/sammlungsgesetz-wird-zum-jahreswechsel-aufgehoben/ Satzungszweck (für steuerbegünstigte Körperschaften) Für eine Steuerbegünstigung ist zwingend erforderlich, dass die Satzung einer Körperschaft (z.B. eines Vereins oder einer Stiftung) bestimmt, dass sie ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke verfolgt, selbstlos und nicht in erster Linie eigenwirtschaftlich tätig ist, ihre Mittel nur für den steuerbegünstigten Zweck verwendet, den Mitgliedern nichts zuwendet und auch sonst niemanden zweckfremd begünstigt, das Vermögen im Fall der Auflösung oder Aufhebung oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke steuerbegünstigt verwendet oder einem steuerbegünstigten Empfänger zweckgebunden übergibt. "Mittel der Körperschaft dürfen nur für die satzungsgemäßen Zwecke verwendet werden", so ist es für gemeinnützige Vereine in der Abgabenordnung ausdrücklich vorgeschrieben. Oberster Grundsatz ist daher dass die Mittel des Vereins nur für die Erreichung der Vereinsziele und die Umsetzung der Vereinszwecke eingesetzt werden dürfen. Sammelt ein Verein Spenden für einen anderen Zweck als in der Satzung aufgeführt, müssen diese als Einnahmen versteuert werden. Weiterführende Informationen Externer Link: www.vereinswelt.de/verein-spenden-sammeln Frage-Antwort-Katalog zum Bereich Gemeinnützigkeit des Landesamts für Steuern Niedersachsen: Externer Link: www.ofd.niedersachsen.de/steuer/steuermerkblaetter_und_broschueren/merkblatt-zur-gemeinnuetzigkeit-und-zum-spendenrecht Abgabenordnung § 55 Abs. 1 Nr. 1: Externer Link: www.gesetze-im-internet.de Scoring Scoring ist ein Begriff aus der Wirtschaftslehre. Er wird u.a. zur Kundenbewertung herangezogen. Der Score (engl. für Ergebnis) eines Spenders oder einer Spenderin bezeichnet anhand einer Kennzahl (Punktewert) den monetären Wert, den die Person für die Organisation hat. Es gibt verschiedene Scoring-Verfahren, um diesen Wert zu ermitteln. Die bekanntesten sind die relativ einfach gehaltenen >> ABC- und Pareto-Analysen sowie die komplexere >> RFM-Analyse. Die unterschiedlichen Analysen berücksichtigen mehr oder weniger Faktoren. Allen ist jedoch gemein, dass der Spendenumsatz, also das monetäre Ergebnis, enthalten ist. Der Ansatz des Donor Lifetime Values berücksichtigt nicht nur das aktuelle oder vergangene Ergebnis, sondern prognostiziert zudem zukünftig zu erwartende Einnahmen. Alle Verfahren möchten die wichtigsten (=umsatzträchtigsten) Personen identifizieren, um Fundraising-Maßnahmen möglichst effektiv einzusetzen. Shopping-Liste Ein kurzer Katalog mit Spenden-Beispielen wird "Shopping-Liste" genannt. Sie veranschaulicht die mögliche Wirkung einer Spende. Dazu werden einzelnen Spendensummen konkrete Bedarfe zugeordnet: "Mit 20 Euro können wir einen Monat lang…". In der Regel werden 2-4 Beispiele angeführt. Diese Beispiele bieten Orientierung und die Möglichkeit, Menschen zu etwas höheren Spenden zu bewegen. Sie begrenzen aber zugleich. Entscheidend ist daher, die vorgegebenen Spendensummen nicht zu hoch oder zu niedrig anzusetzen. Wichtig ist außerdem, den Beispielcharakter hervorzuheben, um eine Zweckbindung zu vermeiden. Dies gilt insbesondere für umfangreichere Online-Spenden-Kataloge, bei denen aus einer Vielzahl von Beispielen ausgewählt werden kann und die Spende virtuell in einen Warenkorb gelegt wird. In seltenen Fällen werden "echte" Kataloge erstellt, aus denen Spenderinnen und Spender tatsächlich benötigte Komponenten auswählen können. Dies bietet sich bei der Finanzierung von in sich geschlossenen Projekten mit einer fixen Finanzierungssumme an. Der Aufwand ist nicht zu unterschätzen. Der Vorteil besteht aber darin, dass sich die Spenderinnen und Spender aus einer großen Bandbreite an Spendensummen aussuchen können und genau wissen, was sie beigetragen haben. Spende Eine Spende ist eine freiwillige Leistung, die ohne Gegenleistung erbracht wird. Rechtlich entspricht sie einer Schenkung nach §516 BGB. Die Freiwilligkeit bezieht sich sowohl auf die Höhe/Umfang als auch auf den Zeitpunkt der Spende. Erfolgt eine Gegenleistung, z. B. in Form eines „Dankeschöns“, so muss auch diese freiwillig erfolgen und darf nicht Bedingung für die Spende sein. Darüber hinaus darf die Gegenleistung nicht im selben Verhältnis stehen, das heißt der Wert der Gegenleistung muss erheblich unter dem Wert der Spende liegen. Spenden können >> zweckbestimmt werden. Dies ist der Fall, wenn an einen satzungsgebundenen Verein gespendet wird. Dann müssen die Mittel im Sinne der Satzung verwendet werden. Darüber hinaus können sie von der spendenden Person konkreten Projekten oder Aufgaben zugewiesen werden. Die gespendete Leistung kann in Form von Geld, Sachen (Wertgegenständen) oder Dienstleistungen bzw. unentgeltlicher Arbeitskraft erbracht werden. Kommt eine Geld- oder Sachspende einem als steuerbegünstigt anerkannten Zweck zugute (gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Art nach §52-54 AO), so kann die Spende unter weiteren bestimmten Voraussetzungen steuerlich geltend gemacht werden. Sie mindert die Einkommensteuer und bei der Körperschaftsteuer als abzugsfähige Ausgaben das Einkommen. §516 BGB: Externer Link: www.gesetze-im-internet.de/bgb/__516.html §51-54 AO: Externer Link: www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__51.html (ff.) Voraussetzungen und Reglungen zur steuerlichen Absetzbarkeit von Spenden: Externer Link: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/spenden.html Spendendose / Spendenbox Eine Spendendose oder Spendenbox ist ein Behälter, in dem Geldspenden für einen gemeinnützigen oder wohltätigen Zweck gesammelt werden. Manche Organisationen führen damit Haustür- oder Straßensammlungen durch, andere stellen ihre Dosen in eigenen Zweigstellen oder in Geschäften an der Kasse auf. Im 19. Jahrhundert wurden Spendendosen bereits von Missionsvereinen, der Heilsarmee und der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger verwendet. Spendendosen können sehr verschiedene Formen haben: Die Heilsarmee sammelt z.B. traditionell in umfunktionierten Suppentöpfen Spenden, dann gibt es die bekannten Blechdosen mit Griff, aktuellere Varianten bestehen z.B. aus Plexiglas oder sind aufwändig bedruckt. Die Zukunft der Spendendose an der Kasse steht in Frage, da auch Deutschland immer häufiger - neuerdings auch Kleinbeträge - mit Geldkarte bezahlt werden. Restgeld fällt dann nicht mehr an. Weiterführende Informationen (PDF-Download): Externer Link: www.dzi.de/wp-content/pdfs_Spendentipps/Sammlungsgesetze.pdf Spendensiegel Da Spender/-innen die Wirksamkeit einer Spende und den ordnungsgemäßen Einsatz der Gelder kaum selbst überprüfen können, verleihen verschiedene Institutionen Spendensiegel als Gütezeichen für die korrekte Verwendung der Mittel. Spendensiegel sind daher Vertrauensverstärker. Vergeben werden sie entweder von Kontrollinstitutionen, die stellvertretend für die Spender/-innen die Einhaltung bestimmter Standards nach definierten Kriterien prüfen. Die bekannteste deutsche Kontrollstelle ist das nicht-staatliche Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI). Es prüft jedoch nicht alle spendensammelnden Organisationen, sondern nur solche, die die kostenpflichtige Prüfung eigenständig beantragen. Alternativ vergeben beispielsweise der Deutsche Spendenrat oder die „Initiative Transparente Zivilgesellschaft“ (Transparency International Deutschland e.V.) Siegel an ihre Mitglieder, die sich zur Einhaltung gewisser Standards selbstverpflichtet haben. Weiterführende Informationen: Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI): Externer Link: www.dzi.de Deutscher Spendenrat: Externer Link: www.spendenrat.de Initiative Transparente Zivilgesellschaft: Externer Link: www.transparency.de/Initiative-Transparente-Zivilg.1612.0.html Spendentafel / Spendenplakette Viele Institutionen bringen Spendentafeln oder Spendenplaketten an, um Spenderinnen und Spender öffentlich sichtbar zu machen. Sie sind ein dauerhaftes Zeichen der Dankbarkeit. Auf den Tafeln oder Plaketten sind die Namen, manchmal auch weitere Angaben der Spenderinnen und Spender oder der spendenden Unternehmen bzw. Organisationen benannt. Spendentafeln befinden sich häufig im Eingangsbereich oder im Foyer von Gebäuden und listen mehrere Spender auf. Manchmal gibt es Abstufungen (nach Größe oder Material, zum Beispiel in Silber, Gold und Platin) je nach Höhe der Spendensumme. Spendenplaketten sind kleinere Schilder, häufig aus Metall, mit eingravierten Angaben zu den Spendern. Man sieht sie an Parkbänken, Stühlen, Steinen – sie geben den Spenderinnen das Gefühl, gewürdigt zu werden und einen konkreten Anhaltspunkt, wohin ihr Geld geflossen ist. Spendentafeln und -plaketten können Motivation für andere sein, auch zu spenden. Eine Abwandlung sind Spendensteine, bei denen die Spenderdaten eingraviert werden. Diese können in Mauern oder Fußböden eingearbeitet werden. Spenderpyramide Die Spenderpyramide beschreibt eines der bekanntesten Modelle des Fundraisings und wurde 1991 von Joan Flanagan beschrieben. Sie bildet einerseits die Anzahl von Spender/-innen und andererseits die Höhe der Spenden ab. Marita Haibach fügte 2002 als unterste und zahlenmäßig breiteste Stufe die Gruppe der Interessenten hinzu, die (zunächst) nichts spenden. Auf den nächsten Stufen folgen Erstspender, Mehrfachspender, Dauerspender, Großspender und Erblasser. Die Anzahl der Personen nimmt ab, die Höhe der Spenden zu. Daraus ergibt sich eine Pyramidenform, die ein systematisches Verteilungsbild der Spender/-innen darstellen soll. Mit Hilfe - meist beziehungsbasierter - Upgrading- (=Beförderungs) Maßnahmen versuchen Fundraiser, die Spender Stufe um Stufe nach oben zu hieven. Kritik an der Pyramide bezieht sich darauf, dass sie zu abstrakt sei und in der Realität so idealtypisch selten vorkomme sowie dass sie nicht-monetäre Gaben (Sach- und Zeitspenden) außer Acht lässt. Weiterführende Literatur Joan Flanagan: Successful Fundraising. A Complete Handbook for Volunteers and Professionals. McGraw-Hill Contemporary, Chicago, 1991. Marita Haibach: Handbuch Fundraising: Spenden, Sponsoring, Stiftungen in der Praxis. Campus Verlag, 2002. Sponsoring Als Sponsoring wird eine Förderung von (bspw.) Organisationen oder Veranstaltungen durch (bspw.) ein kommerziell orientiertes Unternehmen in Form von Geld-, Sach- und Dienstleistungen bezeichnet, die auf einer konkreten Gegenleistung beruht. Diese beinhaltet in der Regel die besonders hervorgehobene Nennung des Sponsors mit dem Ziel, dessen Markenbekanntheit und Image zu steigern. Insbesondere wenn Mittel bei Unternehmen eingeworben werden, ist es wichtig darauf zu achten, ob die Zahlung als >> Spende oder Sponsoring einzustufen ist. Dies hat steuerrechtliche Konsequenzen sowohl für die gemeinnützige Organisation als auch für das Unternehmen. Eine falsche Zuordnung kann zu Nachzahlungen und steuerrechtlichen Strafen auf beiden Seiten führen. Daher ist der Abschluss eines Sponsorenvertrags ratsam, in dem sowohl die Höhe der Zahlung als auch die zu erbringende Gegenleistung exakt definiert wird. Da die gemeinnützige Organisation eine Leistung erbracht hat, unterliegen die Einnahmen einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (Umsatz-, Gewerbesteuer). Im Gegensatz zu einer Spende kann das Unternehmen die Aufwendung für die erbrachte Leistung im vollen Umfang als Betriebsausgabe ansetzen. Weitere Informationen zur Unterscheidung Unternehmensspende vs. Sponsoring: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/265595/unternehmensspende-vs-sponsoring-ein-entscheidender-unterschied Stiftungen Eine Stiftung ist eine Einrichtung, die mit Hilfe eines Vermögens einen vom Stifter oder der Stifterin festgelegten Zweck verfolgt. Bei Stiftungen wird in der Regel das Vermögen auf Dauer erhalten, die Erträge werden für den Stiftungszweck eingesetzt. Stiftungen können in verschiedenen rechtlichen Formen (privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich) und zu jedem legalen Zweck errichtet werden. In Deutschland werden 95% der Stiftungen in privatrechtlicher Form errichtet und dienen gemeinnützigen Zwecken. Man unterscheidet Förderstiftungen, die Tätigkeiten Dritter finanziell fördern, und operative Stiftungen, die zur Erfüllung der Stiftungszwecke selbst Projekte durchführen. Seit den 1990er-Jahren ist in Deutschland ein regelrechter Stiftungsboom zu verzeichnen. Rechtliche Änderungen, das Anwachsen von Vermögenswerten, Möglichkeiten zur Steuereinsparung und das Wiedererstarken der Idee des Bürgerengagements sind Gründe dafür. Neben privaten Stifterpersönlichkeiten treten vermehrt auch Unternehmen, Vereine, Verbände oder Kommunen als Stifter auf. Weiterführende Literatur Bundesverband Deutscher Stiftungen: Externer Link: www.stiftungen.org Telefon-Fundraising Die Kontaktaufnahme per Telefon ermöglicht Organisationen einen direkten Dialog mit ihren (potenziellen) Spender/-innen, um etwas über sie zu erfahren und direktes Feedback zur eigenen Arbeit zu erhalten. Somit können persönliche Bindungen aufgebaut oder verstärkt werden. Unterschieden wird zwischen ausgehenden und eingehenden Anrufen. Bei ausgehenden Anrufen (Outbound Calls) rufen die Organisation oder beauftragte Dienstleister eine/-n (potenziellen) Förderer/-in an. Gründe können zum Beispiel sein, sich für Spenden zu bedanken, Spender/-innen zu reaktivieren oder sie zu höheren Spendensummen zu ermutigen. Bei eingehenden Anrufen (Inbound Calls) kann es darum gehen, dass Spender/-innen oder Mitglieder eine Spende tätigen, eine Adressänderung mitteilen oder sich beschweren möchten. Zu den datenschutzrechtlichen Bedingungen beim Telefon-Fundraising sollte eine Organisation sich unbedingt beraten lassen. Tombola Bei einer Tombola erwerben die Teilnehmenden Lose, von denen einige etwas gewinnen, andere gehen leer aus. Sie unterscheidet sich von Lotterien dadurch, dass Sachpreise statt Geld ausgespielt werden. Eine Tombola ist oft mit karitativem Ansinnen verknüpft. Die Preise sind in der Regel gestiftet und der Erlös, der durch den Verkauf der Lose entsteht, kommt einem guten Zweck zugute. Tombolas lassen sich gut in bestehende Veranstaltungen integrieren und können thematisch ausgerichtet werden. Es sind viele Varianten denkbar, die auch Erlebnischarakter haben können (z.B. „Entenrennen“). Zu beachten ist, dass es sich bei Tombolas im rechtlichen Sinn um Glücksspiele handelt. Sie müssen somit vom zuständigen Ordnungsamt zwingend genehmigt werden. Auch ist zu klären, ob und wie die Einnahmen des Losverkaufs zu versteuern sind. Mehr unter: Externer Link: www.bpb.de/216663 Praxisbeispiele: Interner Link: www.bpb.de/216666/ Upgrade Ziel eines Upgrade (=Höherstufung) ist es, ein/e Spender/-in zu zusätzlichen oder erhöhten Spenden zu bewegen, um die Jahres- oder Lebensspendensumme dieser Person zu steigern. Upgrademaßnahmen setzen bei bestehenden Spender/-innen an, die bereits durch erste Spenden gezeigt haben, dass sie der Organisation nahe stehen und über deren Arbeit informiert wurden. Sie werden gezielt angesprochen und um eine Anhebung des Spendensatzes gebeten. Das Upgrade kann zwischen den Stufen der Spenderpyramide ansetzen (z.B. Mehrfachspenden in regelmäßige Dauerspenden umwandeln, Großspender/-innen zur Begünstigung der Organisation im Testament auffordern) oder innerhalb einer Stufe der Pyramide (z.B. Erhöhung der monatlichen Dauerspende von 10 auf 20 Euro). Verbrauchsstiftung Eine Verbrauchsstiftung ist im Gegensatz zu einer klassischen Stiftung nicht auf die Ewigkeit angelegt, sondern zeitlich begrenzt. Die Begrenzung kann über einen bestimmten Zeitraum definiert werden (z.B. 30 Jahre, mindestens 10 Jahre) oder durch den Satzungszweck. Ist letzterer erfüllt, so wird die Stiftung aufgelöst. Beispiele für solch einen Satzungszweck sind die Errichtung eines Gebäudes, die Einführung und Etablierung einer bestimmten Maßnahme oder die Erforschung eines bestimmten Medikaments. Ein weiterer wesentlicher Unterschied ist, dass sich die Verbrauchsstiftung nicht nur aus den Erträgen bedienen darf, sondern das Grundkapital selbst bis zur satzungsbestimmten Auflösung verbrauchen darf. So kann auch mit einem kleinen Vermögen gefördert werden und die Verbrauchsstiftung ist weniger anfällig für Niedrigzinsphasen. Möchte sich die stiftende Person nicht "verewigen", sondern lieber das Wirken ihrer Stiftung aktiv zu Lebzeiten oder nur kurz über den Tod hinaus gestalten, so hat sie in der Verbrauchstiftung eine bessere, da kurzfristige Kontrolle über die eingesetzten Organe. Für Verbrauchsstiftungen gelten dieselben Kriterien der Gemeinnützigkeit wie für Ewigkeitsstiftungen. Die steuerliche Absetzbarkeit des Stiftungsvermögens für (Zu-)Stifter/-innen ist jedoch unterschiedlich geregelt. Weiterführende Literatur: Wohltätigkeit mit Verfallsdatum, in: Fundraiser-Magazin, 1/2017, S. 78-29. Was ist eigentlich ... EINE VERBRAUCHSSTIFTUNG? brand eins Magazin: Externer Link: www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2007/zu-viel/was-ist-eigentlich-eine-verbrauchsstiftung Verwaltungskosten § 55 Nr. 1 und 3 der Abgabenordnung (AO) stellt fest, dass ein spendenfinanzierter Verein nur dann als "selbstlos" gilt, wenn er seine Mittel "in erster Linie" für satzungsmäßige Zwecke verwendet. Andernfalls droht die Entziehung der steuerbegünstigten Gemeinnützigkeit. Satzungsfremde Kosten werden gemeinhin als Verwaltungskosten (VK) bezeichnet. Hierzu zählen insbesondere, aber nicht abschließend: Personalkosten, Miete, Kosten für Büro und Kommunikation, Reisekosten, Werbeausgaben für Spendergewinnung und -betreuung. Eine genaue Grenze über die Höhe der VK schreibt das Gesetz nicht vor. Die Formulierung "in erster Linie" legt eine Marke von 50% nahe. Dies wird jedoch im Einzelfall geprüft und entschieden. So darf es in den Gründungsjahren eines Vereins mehr sein. Gleichzeitig kann die Gemeinnützigkeit auch bei einem prozentual eher geringen Verwaltungskostenanteil entzogen werden, wenn Kosten wirtschaftlich nicht sinnvoll oder der Leistung nicht angemessen sind (z.B. überhöhte Honorare). Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) vergibt sein Siegel nur, wenn die Verwaltungskosten maximal 30% betragen. In der Realität liegen die meisten Organisationen darunter (durchschnittlich 14% VK bei Organisationen mit DZI-Siegel*). Weiterführende Informationen: § 55 der Abgabeordnung Externer Link: www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__55.html DZI-Konzept Werbe- und Verwaltungsausgaben Spenden sammelnder Organisationen: Externer Link: www.dzi.de/wp-content/pdfs_Spenderberatung/DZI-Konzept_W%2BV_2019.pdf * Quelle: Externer Link: www.dzi.de/spenderberatung/das-spenden-siegel/so-wird-das-spenden-siegel-vergeben/ Verwendungsnachweis Wer Fördergelder bei öffentlichen Trägern oder Stiftungen eingeworben hat, muss die rechtmäßige Verwendung der Gelder nach Abschluss des Projektes nachweisen, um Zweckentfremdung und Subventionsbetrug auszuschließen. Ein Verwendungsnachweis besteht aus zwei Teilen, dem Sachbericht und dem zahlenmäßigen Nachweis (Finanzbericht). Der Sachbericht beschreibt die ordnungsgemäße Erfüllung des Zuwendungszwecks auf inhaltlicher Ebene. Der Finanzbericht weist Einnahmen und Ausgaben nach. Art und Umfang richten sich in der Regel nach der Höhe der Zuwendung – je größer die bereitgestellten Summen, desto umfangreicher der Verwendungsnachweis. Oft machen Förderer bereits im Fördervertrag genaue Angaben, was der Verwendungsnachweis enthalten soll, welche Fristen einzuhalten sind und ob der Finanzbericht Belege enthalten muss. Hält der Verwendungsnachweis einer Prüfung nicht stand, können bereits ausgezahlte Gelder, ggf. inklusive Zinsen, zurückgefordert werden. Praxistipps: Externer Link: https://foerdermittel-wissenswert.de/verwendungsnachweis-und-sachbericht/ Zeitspende Wer ehrenamtlich oder pro bono für eine Organisation arbeitet, ohne dafür entlohnt zu werden, leistet eine Zeitspende. Der Begriff verdeutlicht, dass es sich auch bei diesen Tätigkeiten um eine Form des Spendens (neben Sach- oder Geldspenden) handelt. Viele Menschen (besonders im Rentenalter oder Jugendliche/Studierende) arbeiten ehrenamtlich, um ihre freie Zeit sinnvoll zu nutzen und eine gemeinnützige Sache zu unterstützen. Von pro bono-Tätigkeit spricht man bei fachlich hochqualifizierter Arbeit, die unentgeltlich für das Gemeinwohl geleistet wird, etwa Beratungstätigkeiten oder juristische Vertretung. Wer in Deutschland aufgrund bestimmter Tätigkeiten einen Anspruch auf Zahlung von Aufwandsentschädigungen erwirbt, darauf aber verzichtet und sich eine Spendenquittung ausstellen lässt, kann diese Beträge unter bestimmten Bedingungen von der Steuer absetzen ("Aufwandsspende"). Weitere Informationen: Externer Link: www.vereinsknowhow.de/kurzinfos/aufwandspenden-bmf.htm Zuwendungsbescheinigung Eine Zuwendungsbescheinigung oder -bestätigung (auch: Spendenbescheinigung) wird von einer als gemeinnützig, mildtätig oder kirchlich anerkannten Organisation ausgestellt, um den Empfang einer Geld- oder Sachspende zu bestätigen. Der/Die Spender/-in kann damit den gespendeten Betrag steuerlich geltend machen. Zuwendungsbestätigungen können für Einzelspenden oder als Sammelbescheinigung bspw. für einen Jahreszeitraum ausgestellt werden. Die Anforderungen an eine Zuwendungsbestätigung regelt das Bundesministerium der Finanzen (BMF). Für Spenden bis 200€ gilt als Vereinfachter Zuwendungsnachweis der Kontoauszug, Bareinzahlungsbeleg, Überweisungsbeleg oder Lastschrifteinzugsbeleg in bestimmten Fällen aus. Näheres regelt § 50 Abs. 2 EStDV. Weiterführende Informationen § 50 EStDV: Externer Link: www.gesetze-im-internet.de/estdv_1955/__50.html Muster des BMF für Zuwendungsbestätigungen: Externer Link: www.formulare-bfinv.de/ffw/content.do Zweckbindung Der Begriff Zweckbindung meint, dass bestimmte Geldmittel (oder Sachleistungen) nur zu gesetzlich oder vertraglich genau bestimmten Zwecken eingesetzt werden dürfen. Bei Spenden erfolgt eine Zweckbindung in der Regel bereits mit dem Spendenaufruf. Spendenempfängerinnen und -empfänger sind an die von den Spendenden ausgesprochene Zweckbindung gebunden. Verwenden die Empfängerinnen und Empfänger die erhaltene Spende nicht vereinbarungsgemäß, können die Spender/-innen ihre finanzielle Zuwendung zurückfordern. Spendenempfängerinnen und -empfänger bestimmen daher häufig den Zweck nicht zu eng oder lassen ihn offen (so genannte „freie Spenden“), um eventuelle Rückzahlungsforderungen zu vermeiden. Manchmal findet sich im Spendenaufruf ein Passus, dass bei Erreichen des Spendenziels die überschüssigen Mittel auch für andere Zwecke eingesetzt werden können. Weiterführende Informationen: Externer Link: www.vereinsknowhow.de/kurzinfos/zweckbindung-spende.htm Die ABC-Analyse zählt zu den vereinfachten >> Scoring-Verfahren, um den monetären Wert der eigenen Spenderschaft zu ermitteln. Es ist eindimensionales Verfahren und daher auch für kleinere Organisationen anwendbar. Der Spenderstamm wird anhand des Spendenumsatzes in drei Gruppen eingeteilt: Die A-Spender sind für 80% des Gesamtumsatzes verantwortlich und bilden die wichtigste Gruppe. Die B-Spender sorgen für 15% des Umsatzes und die C-Spender bringen 5% auf. Die Gruppengröße variiert je nach Organisation und Betrachtungszeitraum. In der Regel ist die A-Gruppe jedoch die kleinste und die C-Gruppe die größte. Wenige Spender/-innen sorgen somit für viel Umsatz, die Mehrzahl der Spender/-innen für wenig. Die ABC-Analyse ermöglicht es auf einfache Art, die spendenstärksten Spender/-innen zu identifizieren und gesondert zu betreuen. Sie lässt jedoch viele weitere wichtige Faktoren außer Acht. Eine noch weiter reduzierte Variante ist die Paretoregel, die auf Basis einer 80/20-Verteilung nur noch zwei Gruppen benennt. Weiterführende Informationen: P. Iversen-Schwier (2016). Analyseverfahren. In: Fundraising Akademie (Hrsg.): Fundraising. Handbuch für Grundlagen, Strategien und Methoden, Wiesbaden, S. 284 ff. Anlassspenden sind Spenden, die zu einem besonderen Ereignis (=Anlass) getätigt werden. Dies kann ein Geburtstag, eine Hochzeit, ein Jubiläum oder auch ein Trauerfall sein. Menschen wünschen sich dann anstelle eines Geschenks eine Spende an eine Organisation, manchmal auch für ein spezifisches Projekt ihrer Wahl. Viele gemeinnützige Organisationen stellen den Jubilar/-innen bzw. Hinterbliebenen zu diesem Zweck Flyer, Infomaterial, Spendenboxen oder Überweisungsträger zur Verfügung. Meist wird für solche Zwecke ein spezielles Kennwort vereinbart, so dass die Spenden zugeordnet werden können. Üblicherweise wird den Jubilar/-innen oder Hinterbliebenen anschließend eine Liste mit allen Spender/-innen sowie Informationen über den Gesamtbetrag zugesandt. Weiterführende Informationen: Marita Haibach: Handbuch Fundraising: Spenden, Sponsoring, Stiftungen in der Praxis. Campus Verlag, 2012. Artikel "Anlassspenden Best Practice": Externer Link: http://sozialmarketing.de/anlassspenden-best-practice/ Mit Anreizaustauschelement ist ein symbolischer Gegenwert für eine Spende gemeint – zum Beispiel ein Stuhl oder ein Backstein im Studienhaus, ein gepflanzter Baum oder ähnliches. Dabei liegt der materielle Gegenwert meist weit unter der tatsächlichen Spendenhöhe. Mit solchen Anreizaustauschelementen lehnt man sich einerseits an das gängige Konsumverhalten an („ich bekomme etwas für mein Geld“). Gleichzeitig wird die Spende für die Spenderinnen und Spender selbst konkret sichtbar. Falls Namensplaketten an >> Spendentafeln, auf Stühlen, Steinen oder ähnlichem angebracht werden, werden auch für andere die Spenderinnen und Spender identifizierbar. Öffentliche Geldgeber oder Stiftungen vergeben Fördergelder häufig im Rahmen von Förderprogrammen mit bestimmten inhaltlichen Schwerpunkten. Um Fördermittel zu erhalten, ist es fast immer notwendig, einen Antrag zu stellen, meist in einer vorgegebenen Form und bis zu einem festgelegten Zeitpunkt. Diese sogenannten Antragsfristen sind unbedingt einzuhalten, da sonst der Antrag nicht in die Auswahl der Entscheidungsgremien aufgenommen wird. Manche Geldgeber haben 1-2 Antragsfristen pro Jahr, für manche Förderprogramme gibt es überhaupt nur eine einzige Antragsfrist. Es ist also unbedingt erforderlich, stets auf dem Laufenden zu sein, welche Förderprogramme für ein Projekt infrage kommen und wann die Antragsfristen sind, denn ein Antrag will gut vorbereitet sein und braucht Zeit. Weiterführende Informationen: Checkliste zur Konzeption eines Antragskonzepts: Externer Link: www.bpb.de/lernen/kulturelle-bildung/60068/checkliste-zur-konzeption-eines-antragskonzepts/ bpb Artikel Interner Link: Money for nothing? Siehe Eintrag "Payroll-Giving" Im deutschen Sprachgebrauch meint das Wort Basar meist den Verkauf von Waren für einen wohltätigen Zweck. Bei "Abgabebasaren" stiften Menschen Waren, die sie zuvor beim Veranstalter, zum Beispiel einem Bildungsträger, abgeben. Dieser kontrolliert die Waren auf Eignung, sortiert sie und verkauft sie am Basartag. Die Preise sind im Vorfeld festgelegt und der Erlös wandert direkt in die Kasse des Veranstalters. Beim "Selbstverkäuferbasar"(Flohmarkt) bauen die Verkäuferinnen und Verkäufer einen eigenen Stand auf und sind für die Waren, die Preisgestaltung, Auf- und Abbau etc. selbst verantwortlich. Der Veranstalter erhält als Spende z.B. eine Standgebühr oder einen Teil des Verkaufserlöses. Weiterführende Informationen: Interner Link: www.bpb.de/216661 Praxisbeispiele: Interner Link: www.bpb.de/216666/ (auch: Geldauflagenmarketing). Im Rahmen von Bewährungsauflagen und bei Einstellung von Strafverfahren können Richter/-innen und Staatsanwälte veranlassen, dass die Bußgelder gemeinnützigen Organisationen zugutekommen. Die Richter/-innen entscheiden allein, wem sie das Geld zuweisen. Wollen gemeinnützige Organisationen mit Zuweisungen bedacht werden, müssen sie sich in einem Verzeichnis beim zuständigen Oberlandesgericht eintragen lassen. Um die Chancen bedacht zu werden zu erhöhen, ist es sinnvoll, dass Organisationen die Ansprechpartner/-innen regelmäßig kontaktieren und über ihre Arbeit informieren. Weiterführende Informationen Akquisos "Bußgelder für Bildungsprojekte": Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/207862 Bürgerstiftungen sind gemeinnützige Stiftungen von Bürger/-innen für Bürger/-innen. Sie engagieren sich nachhaltig und dauerhaft für das Gemeinwesen in einer bestimmten Region oder Gemeinde. Sie sind in der Regel fördernd und operativ tätig. Mit ihrer Arbeit unterstützen sie bürgerschaftliches Engagement. Bürgerstiftungen sind bestrebt, ihr Stiftungsvermögen kontinuierlich zu steigern. Auch kleinere Zustiftungen sind möglich. Zum Selbstverständnis von Bürgerstiftungen gehört in der Regel die völlige Unabhängigkeit von staatlichen, kommunalen oder Unternehmensstrukturen. Sie werden von einer Vielzahl und Vielfalt von Stiftern errichtet und getragen. Der Arbeitskreis Bürgerstiftungen stellte im Jahr 2000 "10 Merkmale einer Bürgerstiftung" zusammen und entwickelte ein Gütesiegel. Es gibt derzeit (2016) etwa 400 Bürgerstiftungen in Deutschland. Weiterführende Informationen:Externer Link: www.buergerstiftungen.org Externer Link: www.aktive-buergerschaft.de/buergerstiftungen 10 Merkmale einer Bürgerstiftung:Externer Link: www.buergerstiftungen.org/de/ueber-buergerstiftungen/die-10-merkmale.html Im Marketing und Fundraising bezeichnet ein Call-to-Action (CTA) eine konkrete Handlungsaufforderung an die angesprochenen Personen. Der CTA gibt kurz und prägnant vor, was nach dem Lesen, Hören oder Sehen der Werbe-/Spendenbotschaft getan werden soll. Ein CTA steht daher meist am Ende der Botschaft. Manchmal jedoch bereits ganz am Anfang, um klarzustellen, was erwartet wird. Er ist grafisch oder lautmalerisch besonders hervorgehoben, damit er in jedem Fall wahrgenommen wird. Es empfiehlt sich, nur einen CTA zu verwenden, damit sich verschiedene Handlungsaufforderungen nicht gegenseitig neutralisieren. Ein CTA ist konkret, auffordernd (Imperativ) und spricht die potenziell Handelnden direkt an. Er ist aber keinesfalls bevormundend. Letztlich soll er nur den letzten Impuls geben. Typische Bespiele sind: Spenden Sie jetzt! Besuchen Sie unsere Webseite. Informieren Sie sich vor Ort. Melden Sie sich direkt hier an. Nutzen Sie unser praktisches Online-Formular. Werden Sie Mitglied. Unterzeichnen Sie die Petition am besten sofort. (Hier) Klicken und anmelden. Unterstützen Sie uns mit Ihrer Stimme. Beim Charity Shopping spenden Kundinnen und Kunden "nebenbei", wenn sie etwas einkaufen. Ein kleiner Teil des Kaufbetrages für ein Produkt fließt dabei an gemeinnützige Organisationen. Charity Shopping findet in der Regel bei Online-Käufen statt. Online-Verkaufs- oder Vergleichsportale geben dabei einen Teil ihrer Vermittlungsprovision oder ihres Gewinns an gemeinnützige Organisationen weiter. Vorteil für die Kundinnen und Kunden: Sie können sich bei den Portalen eine Organisation aussuchen (sofern diese am Programm teilnimmt) und an diese spenden, ohne dafür ein Spendenformular ausfüllen oder zusätzliches Geld für die Spende ausgeben zu müssen. Die Spende ist im Kaufpreis des Produkts, das sie ohnehin erwerben wollten, bereits enthalten (Ausnahme: Bücher, da aufgrund der Buchpreisbindung keine Provision ausgeschüttet werden darf). Für die Portale ist Charity Shopping eine Vertriebsmethode. Sie werben damit für die Nutzung ihrer Dienstleistung und geben sich ein wohltätiges Image. Gemeinnützige Organisationen nehmen zusätzliche Spenden ein. Nachteile für die Organisationen: Sie erhalten meist keine Kontaktmöglichkeit zu den Spender/-innen. Die gespendeten Einzelbeträge sind oftmals sehr gering und lohnen sich erst in der Summe vieler Einkäufe. Die Organisation muss meist selbst dafür werben. Corporate Social Responsibility (CSR) ist ein Konzept gesellschaftlicher Verantwortung von Unternehmen. Es orientiert sich am Prinzip der Nachhaltigkeit und erstreckt sich auf die Bereiche Ökonomie, Ökologie und Soziales. Unternehmen mit einer CSR-Strategie bemühen sich demnach um verantwortliches Handeln in der eigenen Geschäftstätigkeit, im ökologischen Bereich, bei den Beziehungen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und im Austausch mit relevanten gesellschaftlichen Akteuren. Viele Großunternehmen verfügen über eigene CSR-Abteilungen, die Maßnahmenpläne entwickeln und umsetzen. Es gibt international anerkannte CSR-Grundsätze und Leitlinien wie den United Nations Global Compact oder auf EU-Ebene das "Grünbuch – Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen". Ein Teilbereich von CSR ist das bürgerschaftliche Engagement von Unternehmen, auch Corporate Citizenship genannt. Weiterführende Informationen Deutsches Global Compact Netzwerk: Externer Link: www.globalcompact.de Grünbuch - Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen: Externer Link: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex%3A52001DC0366 Das freiwillige bürgerschaftliche Engagement in und von Wirtschaftsunternehmen nennt man auch Corporate Citizenship. Es ist ein Teilbereich von Corporate Social Responsibility (CSR). Zu Corporate Citizenship gehören an der Schnittstelle zum Fundraising zum Beispiel Unternehmenskooperationen mit gemeinnützigen Organisationen in Form von Sponsoring, Spendenaktivitäten, Förderung durch Unternehmensstiftungen oder Freiwilligen-Engagement wie Freiwilligentage, an denen Unternehmensmitarbeiter/-innen unentgeltlich bei gemeinnützigen Organisationen oder Projekten mithelfen. Anstatt für ein einzelnes Projekt wenige Menschen zu suchen, die viel Geld geben, wird beim Crowdfunding eine große Masse (=crowd) gewonnen, die das Projekt mit vielen kleineren Beträgen (=funds) unterstützt. Dies geschieht üblicherweise mit einer zeitlich befristeten Kampagne über eine Online-Plattform. Falls das Finanzierungsziel mit Ablauf des Kampagnenzeitraums nicht erreicht wurde, erhalten die Unterstützer/-innen ihr Geld zurück. Unabhängig davon erhalten sie in der Regel noch eine Gegenleistung in Form eines "Dankeschöns", das sich nach der Unterstützungssumme richtet. Weiterführende Informationen Crowdfunding – Eine Einführung: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/186040/einfuehrung Praxistipps für Crowdfunding-Projekte im Bereich politische Bildung: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/186069/praxistipps-fuer-crowdfunding-projekte Eine Spende ist per Definition eine freiwillige Leistung ohne Gegenleistung. Sie ist demnach ein Geschenk, auf das die Spenden empfangende Organisation mit einem Dankeschön reagieren sollte. Dies ist nicht nur ein Aspekt der Höflichkeit, es zeigt Wertschätzung und Anerkennung und trägt somit maßgeblich zur Bindung der Spender/-innen bei. Das Dankeschön kann immateriell (ausgesprochener Dank) oder in Verbindung mit einem Dankgeschenk erfolgen. Großspenden werden in der Regel aufwändiger und teurer bedankt als Kleinspenden. Ein Dankgeschenk, z. B. eine besondere Einladung, muss vom Wert aber deutlich unter dem Wert der Spende liegen, damit keine gleichwertige Gegenleistung entsteht. Es empfiehlt sich, eine Danksystematik zu entwickeln, die einen verbindlichen Rahmen absteckt: Wem wird wann in welcher Form von wem gedankt. Akquisos-Ausgabe zum Thema Spenderdank: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/260525/danken 8 Tipps zum Danken: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/260532/8-tipps-fuer-ein-anerkennendes-dankeschoen Siehe Eintrag "Fundraising-Software" Eine Dauerspende bezeichnet – im Gegensatz zu einer unregelmäßigen Mehrfachspende – eine geregelte Unterstützung. Die Regelmäßig ist definiert, kann aber in Höhe und Frequenz (monatlich, (halb-) jährlich) individuell bestimmt werden. Den Spender/-innen stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung: die eigenmächtige Einrichtung eines Dauerauftrages, die Erteilung einer Lastschrifteinzugsermächtigung an die Organisation. Auch wenn letztere aufgrund des notwendigen SEPA-Mandats aufwändiger ist, wird sie von den Organisationen in der Regel bevorzugt. Zum einen, weil sie nur so die Höhe und Frequenz sicher kennen und entsprechend mit den voraussichtlichen Spendeneinnahmen planen können und zum anderen, weil ein SEPA-Mandat zwar jederzeit und ohne Angaben von Gründen gekündigt werden kann, dies aber in schriftlicher Form erfolgen muss. Diese Hürde verspricht längere Einnahmen. Da Dauerspenden von vielen Spender/-innen als unflexibel empfunden werden, gehen Organisationen dazu über, neue Namen (z. B. "Treuespende") oder Spendenprodukte (z. B. "Starthelfer", "Schutzengel") zu entwickeln. Eine "Patenschaft" ist eine besonders intensive Form der Dauerspende. Die Donor Journey (engl. für Spenderreise) ist eine "virtuelle Reise", bei der alle Kontaktpunkte (sog. Touchpoints), die einzelne Spender/-innen mit der Organisation haben werden, strategisch geplant sind. Die Kommunikation mit den Spender/-innen wird so koordiniert, dass diese eine positive "Reise" mit der Organisation erleben und dadurch langfristig gebunden werden. Neben globalen Donor Journeys (welche Berührungspunkte gibt es von Erstkontakt bis Spendenende?), können Donor Journeys auch für einzelne Phasen geplant werden. Kontaktpunkte im Rahmen einer Erstspende können bspw. sein: Spendenaufruf, Dank, Willkommensbrief, Informationsschreiben nach Zeitpunkt X. Idealerweise berücksichtigt und koordiniert eine Donor Journey verschiedene Kanäle (Brief, Telefon, Social Media, Infostände, Spenderservice usw.), damit die Spender/-innen eine stimmige "Reise" erleben. Weiterführende Informationen: L. Künzer (2016). Donor Journeys. In: Fundraising Akademie (Hrsg.): Fundraising. Handbuch für Grundlagen, Strategien und Methoden, Wiesbaden, S. 450 ff. Der Begriff Drittmittel wird meist im Zusammenhang mit Hochschulen oder anderen Bildungsträgern verwendet. Deren laufende Haushaltsmittel und Investitionen (Grundausstattung) werden vor allem staatlich finanziert. Drittmittel sind diejenigen finanziellen Mittel, die den Einrichtungen oder einzelnen Wissenschaftlern/-innen zusätzlich von dritter Seite für bestimmte Projekte oder Bereiche zufließen. Häufig sind vor allem die privaten Drittmittel gemeint, die bei Wirtschaftsunternehmen oder Stiftungen eingeworben werden. Auch Schulen und andere Bildungsträger werben mittels Fundraising Drittmittel ein, etwa über Spenden und Sponsorenleistungen, meist bei Fördervereinen, Stiftungen, Unternehmen und Privatleuten. In den Hochschul- und Schulgesetzen der Länder ist geregelt, unter welchen Bedingungen die Einwerbung von Drittmitteln zulässig ist. Die Einwerbung von privaten Drittmitteln bei Bildungsträgern steht immer wieder in der Kritik, weil z.B. Einflussnahmen der Wirtschaftsunternehmen auf Forschungsinhalte und Lehre befürchtet werden. Weiterführende Informationen Interner Link: www.bpb.de/gesellschaft/kultur/zukunft-bildung/205534/ Der Dritte Sektor umfasst Organisationen, die weder dem idealtypischen Pol des Marktes noch dem des Staates zugeordnet werden können. Sie sind also nicht gewinnorientiert und staatsunabhängig. Sie agieren in einer Mischung aus Fürsorge, Vorsorge und Solidarität. Die Ausprägungen und Formen variieren dabei: Non-Profit-Organisationen, zivilgesellschaftliche Organisationen, Vereine, Stiftungen, Genossenschaften usw. 2007 wies der Dritte Sektor 2,3 Mio. Voll- und Teilzeitbeschäftige auf*. Die meisten im Sozial- und Gesundheitswesen. Bei den ehrenamtlich Engagierten liegen Sportvereine vorne. Ehrenamtliche in der Jugendarbeit und Erwachsenenbildung finden sich seltener. Der Anteil steigt aber stetig an. Um den Dritten Sektor von dem in der Volkswirtschaftslehre ebenfalls so betitelten Dienstleistungssektor zu unterscheiden, hat sich der Name Non-Profit-Sektor synonym etabliert. Weiterführende Informationen: Annette Zimmer: Fundraising und der Dritte Sektor. (S. 93-105) *Eckhard Priller: Umfang und Struktur des gemeinnützigen Sektors. (S. 106-123) beide in: Fundraising Akademie (Hrsg.): Fundraising. Handbuch für Grundlagen, Strategien und Methoden. (5. Aufl.). Wiesbaden: Springer Gabler 2016. Siehe auch: Interner Link: www.bpb.de/nachschlagen/lexika/politiklexikon/17369/dritter-sektor Wenn Spenderinnen und Spender einer Organisation Geld überweisen ohne ihre Adresse anzugeben, besteht die Möglichkeit einer Rücküberweisung, um mit ihnen in Kontakt zu treten. Ein Cent ist der kleinste Betrag, der für solch eine Überweisung benötigt wird. Entsprechend kostengünstig ist die Kontaktaufnahme. Der Verwendungszweck wird zur Nachrichtenübermittlung genutzt. In der Regel dankt die Organisation für die Spende und bittet darum, die Adresse durchzugeben, um eine Spendenbescheinigung versenden zu können. Die Adresse kann dann auch für zukünftige Spenderbindungsmaßnahmen und Spendenwerbung genutzt werden. Datenschutzrechtlich ist diese Form der Kontaktaufnahme umstritten, aber gerichtlich bisher (Stand 2016) nicht eindeutig entschieden. Datenschutzrechtliche Einordnung: Christian Schmoll: Datenschutzrecht (S. 957-971) in: Fundraising Akademie (Hrsg.): Fundraising. Handbuch für Grundlagen, Strategien und Methoden. (5. Aufl.). Wiesbaden: Springer Gabler 2016. Im Rahmen von großen Katastrophen oder plötzlich eintretenden Krisen wird mittels sogenannter Emergency-Mailings (auch: Katastrophen- oder Notfall-Mailing) um Spenden gebeten. In der Regel tritt aufgrund der Katastrophe, zum Beispiel einem Erdbeben, einer Sturmflut oder einer Epidemie, ein kurzfristiger, nicht eingeplanter und hoher Geldbedarf auf, um Soforthilfe zu leisten. Die Herausforderung eines Krisenmailings liegt darin, die Spenderinnen und Spender schnell zu informieren und die Dringlichkeit der Hilfe herauszustellen. Krisenmailings haben daher meist einen dramatischen Tonfall, können damit aber mehr Menschen aktivieren als unter „normalen“ Umständen. Bei großen Katastrophen reagieren auf Nothilfe spezialisierte Organisationen schnell und versenden die Spendenaufrufe entweder sofort online oder innerhalb weniger Tage per Post. Bei länger andauernden oder sich aufbauenden Katastrophen, wie zum Beispiel Hungersnöten, wird oft der Zeitpunkt der höchsten medialen Aufmerksamkeit genutzt. Ein Fundraisinginstrument, das auf den direkten Kontakt zwischen Spender/-in und Anwerber/-in setzt, ist das so genannte Face-to-Face (=von Angesicht zu Angesicht) Fundraising, kurz: F2F-Fundraising. In der Regel wird es als Straßenwerbung in Fußgängerzonen an Infoständen, vor Supermärkten oder als Haustürsammlung durchgeführt. F2F-Fundraising ist ein Instrument der Neuspender(-innen)gewinnung und setzt – in Abgrenzung zum "Persönlichen Gespräch" – auf die Kaltakquise. Auch wenn im Einzelkontakt weniger Menschen erreicht werden als mit einem schriftlichen Mailing, bringt es den Vorteil, dass im Dialog Fragen individuell geklärt und Informationen an den persönlichen Bedarf der Spender/-innen angepasst werden. Dadurch gewinnen F2F-Fundraiser/-innen gleich im ersten Gespräch Dauerspender/-innen durch unmittelbare Abschlüsse von (Förder-) Mitgliedschaften oder Patenschaften. F2F-Fundraiser/-innen sind nicht immer Mitarbeiter/-innen der Organisation. Oft werden auf F2F-Fundraising spezialisierte Agenturen beauftragt. Weiterführende Informationen Mehr zum Thema: Externer Link: http://sozialmarketing.de/face2face-fundraising-zwischen-schwarzen-schafen-und-profis-i/ Öffentliche Geldgeber oder Stiftungen vergeben Fördergelder häufig im Rahmen von Förderprogrammen mit bestimmten inhaltlichen Schwerpunkten. Um Fördermittel zu erhalten, ist es fast immer notwendig, einen Antrag zu stellen, meist in einer vorgegebenen Form. Der Förderantrag besteht häufig aus einem Formular, in dem neben den formalen Angaben zum Antragssteller auch Ziele, Zielgruppen und Schritte zur Umsetzung des Projekts dargestellt werden sollen. Diesem Antrag ist im Regelfall ein Finanzierungsplan beizulegen, der die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben des Projekts darstellt. Auf Basis dieses Antrags und des Finanzierungsplans entscheiden die Förderer über die Vergabe von Mitteln. Weiterführende Informationen Checkliste zur Konzeption eines Antragskonzepts Money for nothing? Viele gemeinnützige Organisationen haben als Rechtsform den eingetragenen Verein (e.V.) gewählt und können Mitglieder aufnehmen. Die Fördermitgliedschaft ist daher ein beliebtes Instrument zur Gewinnung von Dauerspender/-innen. Für die meisten gemeinnützigen Fördermitgliedschaften gilt: Der festgesetzte (Mindest-)Mitgliedsbeitrag ist in regelmäßigen Abständen, z.B. monatlich, fällig, und die Mitgliedschaft wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, wobei jederzeit ein Kündigungsrecht besteht*. Fördermitglieder drücken durch den finanziellen Beitrag ihre Verbundenheit aus und "fördern die gute Sache". Im Gegensatz zu ordentlichen Mitgliedern, die die Geschicke und Inhalte des Vereines mitbestimmen können, haben sie meist weder ein (aktives und/oder passives) Wahl- noch Stimmrecht*. Sie sind jedoch ein wichtiger Teil des Vereins und sollten entsprechend betreut werden. Viele Vereine veröffentlichen z.B. (Förder-) Mitgliederzeitschriften oder veranstalten spezielle Veranstaltungen und Feste für Mitglieder. * Näheres und Ausnahmen regelt die jeweilige Satzung Förderprogramme (ugs. auch "Fördertöpfe" genannt) sind Rahmenbedingungen für begrenzte Mittel aus dem Haushalt einer Förderinstitution, die für einen bestimmten Förderzweck vorgesehen sind. Förderinstitutionen sind zumeist die öffentliche Verwaltung (z.B. auf Bundes-, Landes- oder EU-Ebene), spezielle Institutionen (z.B. KfW, Förderbanken etc.) oder Stiftungen. Förderprogramme setzen die Bedingungen für die Beantragung von Fördergeldern bei der jeweiligen Institution für Projekte im ausgeschriebenen Gebiet. Sie beinhalten verbindliche Angaben zu den Förderzwecken, -voraussetzungen und -bedingungen. Beispiele für nationale Förderprogramme im Bildungsbereich sind die Studienstiftung des deutschen Volkes zur Begabtenförderung oder die Deutsche Forschungsgemeinschaft zur Forschungsförderung. Die Förderlandschaft ist sehr vielfältig und unübersichtlich. Es gibt spezielle Angebote zur Recherche geeigneter Förderprogramme, z.B. Recherche von Förderprogrammen auf Bundes- Landes- und EU-Ebene Externer Link: www.foerderdatenbank.de Recherche von Förderprogrammen bei Stiftungen: Externer Link: www.stiftungen.org Rechercheinstrument des Fundraiser Magazins Externer Link: www.fundraiser-magazin.de/dossier/hier-finden-sie-die-passenden-foerdermittel.html Ein Förderverein ist ein eigenständig agierender eingetragener Verein, der mit dem Ziel gegründet wurde, Mittel für eine bestimmte gemeinnützige Organisation einzuwerben. Der Förderverein selbst ist somit nicht im Sinne des gemeinnützigen Zweckes der Mutterorganisation tätig. Die Aktivitäten richten sich auf die Mitteleintreibung, z.B. durch Ansprache und Netzwerken mit potenten Geldgeber/-innen oder der Ausrichtung von Benefizveranstaltungen. Als eingetragener Verein unterliegt der Förderverein dem Vereinsrecht. Er benötigt einen Vorstand, eine Satzung, regelmäßige Mitgliederversammlungen und eine eigenständige (von der Mutterorganisation getrennte!) Buchführung. Dafür kann der Förderverein die Gemeinnützigkeit beantragen und selbst Spendenbescheinigungen ausstellen. Auch wenn er Mittel einzig für die Zwecke der Mutterorganisation einwirbt, so ist er rechtlich von ihr getrennt. Somit hat die „Mutter“ keinen Zugriff oder Einfluss auf den Förderverein und die eingeworbenen Mittel. Dafür ermöglicht der Förderverein Fundraisingmaßnahmen durchzuführen, wo es der „Mutter“ rechtlich oder bürokratisch erschwert ist (z.B. bei Schulen). Mehr zu Vor- und Nachteilen eines Fördervereins und der Abgrenzung zum Freundeskreis: Externer Link: https://fundraising-coach.de/foerdervereine-und-foerderkreise/ Freianzeigen (auch: Füllanzeigen) sind eine kostengünstige Möglichkeit für gemeinnützige Organisationen, um für ihr Anliegen in der Öffentlichkeit zu werben. Die Schaltung der Anzeige ist kostenfrei, denn sie erfolgt auf Initiative des schaltenden Printmediums. Die Mediengestalter/-innen einer Zeitschrift oder Zeitung profitieren davon, vorgefertigte Anzeigen von gemeinnützigen Organisationen nutzen zu können, um kurz vor Druck "weiße" Lücken auf einer Seite zu vermeiden. Um in den Genuss einer Freianzeige zu kommen, müssen vorab Anzeigenvorlagen in verschiedenen Formaten, Größen, Farbigkeiten und ggf. Motiven vorliegen, damit die Anzeige kurzfristig in die entstandene Lücke eingefügt werden kann. Diese Vorlagen sollten leicht und frei zugänglich sein, z.B. über einen Download im Pressebereich der Organisationswebseite. Die Mediengestalter/-innen müssen zusätzlich über das Vorhandensein von Freianzeigenvorlagen informiert werden. Mit dem Freistellungsbescheid bescheinigt das zuständige Finanzamt einer Körperschaft wie einem Verein oder einer Stiftung, dass sie von der Körperschaftssteuer und der Gewerbesteuer freigestellt wird. Der Freistellungsbescheid beinhaltet folgende Feststellungen: die Gemeinnützigkeit des Vereins, die Steuerbefreiung der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe, den Förderungszweck und die Möglichkeiten im Umgang mit Zuwendungsbestätigungen. Das Finanzamt prüft turnusmäßig alle drei Jahre die Mittelverwendung der Körperschaft und erteilt bei positivem Ergebnis einen neuen Freistellungsbescheid. Ein Freundeskreis (auch: Förderkreis) ist eine formal nicht näher bestimmte Gruppe von Personen, die sich in der Regel für die Mittelerwerbung (Fundraising) einer gemeinnützigen Organisation einsetzt. Im Unterschied zu einem >> Förderverein hat ein Freundeskreis keine rechtliche Grundlage. Er ist vergleichbar mit einer externen Arbeitsgruppe. Der Vorteil dieser Form liegt darin, dass keine Formalien zur Gründung, Aufrechterhaltung oder Auflösung nötig sind. Dies reduziert unter Umständen die Langlebigkeit des Freundeskreises, fördert aber gleichzeitig die Aufnahme der Arbeit. Für „Freunde“ ist der Einstieg niederschwelliger, da keine festen Mitgliedschaften nötig sind. Da Freundeskreise nicht rechtlich eigenständig sind, können sie keine Vereinskonten führen und die für Spendenbescheinigungen notwenige Gemeinnützigkeit nicht beantragen. Die eingeworbenen Mittel kommen nicht dem Freundeskreis, sondern direkt der Mutterorganisation zugute. Der Freundeskreis tritt nur stellvertretend auf. Mehr zu Vor- und Nachteilen eines Freundeskreis und der Abgrenzung zum Förderverein: Externer Link: https://fundraising-coach.de/foerderkreis/ Der Begriff Fundraising stammt aus den USA und setzt sich aus den beiden Worten "fund" (=Mittel, Gelder, Kapital) und "to raise" (=beschaffen) zusammen. Daher liest man im Deutschen häufig den Begriff "Mittelbeschaffung". Mit Mitteln sind dabei sämtliche Ressourcen gemeint, die eine gemeinnützige Organisation zur Erfüllung ihres Satzungszweckes benötigt. Dies betrifft neben Geld- auch Sach- und Zeitspenden. Eine adäquate Übersetzung für "Fundraising" gibt es im Deutschen jedoch nicht. Der Begriff bezeichnet das gesamte Konzept der systematischen Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Aktivitäten im Rahmen der Mittelakquise. Darüber hinaus beinhaltet er den Beziehungsaspekt zwischen Fund-Raiser und Fund-Giver: So ist es Aufgabe der ersten, das Anliegen der Organisation zum Anliegen der Unterstützer/-innen zu machen. Unter Fundraising-Events versteht man Benefizveranstaltungen für einen gemeinnützigen Zweck. Die häufigsten Formen von Fundraising-Events sind Musik- und Theaterveranstaltungen, Basare, Versteigerungen und Sportveranstaltungen, (zum Teil sehr exklusive) Essen, auch Gummientenrennen erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Ein wichtiger Zweck von Fundraising-Events ist, Geld einzunehmen. Doch es geht auch darum, die jeweilige Organisation und ihre Anliegen zu präsentieren und persönliche Kontakte zu pflegen. Als eine Form der Öffentlichkeitsarbeit können sie den Kreis der Unterstützerinnen und Unterstützer erweitern. Fundraising-Events stellen in der Regel Unterhaltungs- und Erlebniselemente in den Vordergrund, auch das "Sehen und Gesehen werden" spielt häufig eine wichtige Rolle. Zielgruppe können Privatpersonen, Unternehmen und Politikerinnen und Politiker sein. Die Organisation von Events ist aufwändig und bedarf einer langfristigen Planung. Kosten und Nutzen sind gut abzuwägen. Bei der Entscheidung über die Art des Events sollte bedacht werden, dass es zum Image der Organisation passt und nicht im Widerspruch zu deren Zielen steht. Weiterführende Informationen: Haibach, Marita (2019): Handbuch Fundraising, S. 381 ff. Akquisos-Ausgabe Basare und Tombolas: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/216651/ Fundraisinginstrumente sind die Handwerkszeuge der Fundraiser/-innen. Mit ihrer Hilfe erreichen sie ihre Fundraisingziele. Die Instrumente sind Formen des Fundraisings, die die Möglichkeit bieten, potenzielle und/oder bestehende Unterstützer/-innen anzusprechen und die benötigten Mittel zu beschaffen. Dazu zählen bspw. Haustür- und Straßensammlungen, Fundraisingveranstaltungen, Fördermittel, Online-Fundraising (wiederum unterteilt in Spendenplattformen, Charity-Shopping usw.), Telefonfundraising, SMS-Spenden, Ehrenamtsprogramme, Großspendenfundraising. Für jedes Instrument ist wiederum ein Bündel an spezifischen Maßnahmen aufzulegen, die sich sinnvoll ergänzen. In der Regel werden mehrere Fundraisinginstrumente parallel eingesetzt. Auch hier ist eine strategische Gesamtplanung wichtig. Im Akquisos vorgestellte Fundraisinginstrumente: Aktionen für mehr Aufmerksamkeit: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/238239/ Basare und Tombolas: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/216651/ Bußgelder: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/207862/ Crowdfunding: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/186039/ Danken: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/260525/ Mailings: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/163068/ Nachlassfundraising: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/286774/ Patenschaften: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/197347/ Persönliches Gespräch: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/228900/ Spendenflyer: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/295920/ Unternehmensfundraising: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/265592 Computergestütztes Kontakt- und Informationsmanagement ist eine wichtige Voraussetzung für strategische und erfolgreiche Fundraising-Aktivitäten. Dafür ist eine Fundraising-Software bzw. Spenderdatenbank ein wichtiges Hilfsmittel. Spendensammelnde Organisationen haben potenziell viele Personen und vielfältige Kontakte zu erfassen. Standard-Datenbanken oder Tabellenkalkulationsprogramme geraten schnell an ihre Grenzen. Spezifische Fundraising-Software ist in der Lage, Datensätze miteinander zu verknüpfen, sodass zum Beispiel schnell übersichtliche Darstellungen von Spendengewohnheiten, Profil- oder Reaktionsdaten etc. möglich sind. Sie bieten idealerweise auch Schnittstellen zur Buchhaltung und können an die Bedürfnisse der Organisationen angepasst werden. Die Einrichtung, Anpassung und Mitarbeiterschulungen sind allerdings recht kostenintensiv, vor der Entscheidung sollte man sich daher umfassend informieren. Literaturtipp: Andreas Berg: Database + Fundraising. Mehr Spenden und bessere Marketing-Kommunikation mit Data-Driven-Fundraising, Dresden 2019. Informationen des Deutschen Fundraising Verbands: Externer Link: www.dfrv.de/fundraising-branche/fundraising-software/ Ein Verhalten von Personen oder Körperschaften, das dem Gemeinwohl dient, wird als gemeinnützig bezeichnet. Die Tätigkeit muss darauf gerichtet sein, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Gemeinwohl wird als Gegenbegriff zu Einzel- oder Gruppeninteressen verstanden. Das Verhalten darf also nicht einem eng definierten, in der Anzahl dauerhaft kleinen Personenkreis zugutekommen. In Abgrenzung dazu ist die Mildtätigkeit zu sehen, die sich an (einzelne) Personen richtet, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Einnahmen für gemeinnützige Zwecke werden nach § 52 der Abgabenordnung steuerbegünstigt. Ein Verein wird als gemeinnützig anerkannt, wenn er nach der Satzung und nach seiner tatsächlichen Geschäftsführung steuerbegünstigte Zwecke fördert. Darunter fallen u.a. Förderung von Wissenschaft und Forschung, Erziehung, Kunst und Kultur, der Religion, der Völkerverständigung, der Entwicklungshilfe, des Umwelt- und Denkmalschutzes, der Jugendhilfe, der Altenhilfe sowie die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens in der Bundesrepublik Deutschland (vollständige Auflistung in § 52 AO). Weiterführende Informationen § 52 AO: Externer Link: www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__52.html Merkblatt zur Gemeinnützigkeit und zum Spendenrecht: Externer Link: www.ofd.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=17514&article_id=67744&_psmand=110 Eine Genossenschaft ist eine Organisationsform, die auf einem gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb basiert. Dabei schließen sich natürliche oder juristische Personen zusammen mit dem Ziel, ihre Mitglieder wirtschaftlich und/oder sozial zu fördern oder gemeinsam etwas zu erwerben. Die ersten Genossenschaften gab es bereits vor 150 Jahren. Es gibt Genossenschaften in den verschiedensten Märkten (z.B. Medien, Banken, Wohnungsbau), Größen und Strukturen. Alle Genossenschaften haben gemeinsam, dass die Mitglieder zugleich Eigentümer und Kunden ihrer Genossenschaft sind – dies unterscheidet sie zum Beispiel von einer GmbH. Im Vordergrund steht der genossenschaftliche Förderzweck und nicht die Zahlung einer Rendite. In einer Genossenschaft schließen sich die Mitglieder freiwillig zusammen, um gemeinsam zu wirtschaften, und dies aus eigener Kraft und nicht durch Unterstützung Dritter bzw. des Staates. Die Genossenschaft wird von Personen geführt (Vorstand und Aufsichtsrat), die selbst Mitglied der Genossenschaft sind. Die grundsätzlichen Entscheidungen werden in der Generalversammlung der Mitglieder getroffen. Jedes Mitglied hat unabhängig von seiner Kapitalbeteiligung nur eine Stimme. Jede Genossenschaft gehört einem gesetzlichen Prüfungsverband an, der die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung prüft. Weitergehende Informationen: Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V. Externer Link: https://www.dgrv.de/de/genossenschaftswesen/genossenschaft.html Eine Großspende bezeichnet eine überdurchschnittlich hohe Spende einer einzelnen Person oder eines Unternehmens zugunsten einer gemeinnützigen Organisation oder einer Partei. Da die Durchschnittsspende von Organisation zu Organisation variiert, ist eine Großspende unterschiedlich definiert. Kleinere Organisationen sprechen bereits ab 500 oder 1.000 Euro von einer Großspende, andere Organisationen ziehen die Grenze erst ab 10.000 oder 50.000 Euro. Eine Großspende muss nicht auf einmal getätigt werden, sondern kann sich aus der Kumulation eines definierten Zeitraums ergeben, z.B. innerhalb von zwölf Monaten. Sobald eine Großspende getätigt wurde, wird die/der Spender/-in fortan als Großspender/-in (engl. Major Donor) geführt und idealerweise in ein Großspendenprogramm aufgenommen. Unabhängig von der Höhe der Folgespenden erfahren Großspender/-innen darin fortan eine gesonderte Behandlung. Großspenden an politische Parteien müssen ab 10.000 Euro im Rechenschaftsbericht ausgewiesen, ab 50.000 Euro unverzüglich der/m Bundestagspräsidenten/-in angezeigt und anschließend veröffentlicht werden. Weiterführende Informationen Dossier "Großspenden Fundraising" des Fundraiser-Magazins: Externer Link: www.fundraiser-magazin.de/dossier/gross-spenden.html Veröffentlichte Parteiengroßspenden ab 2002: Externer Link: www.bundestag.de/bundestag/parteienfinanzierung Die Hausliste ist der Datenschatz jeder Spenden sammelnden Organisation. Sie umfasst die Adressen und Kontaktdaten von bestehenden und ehemaligen Spender/-innen sowie Interessent/-innen. Eine gepflegte, d.h. stets aktuell gehaltene Hausliste ist das wichtigste Werkzeug des Fundraising. Mit ihr werden Spender/-innen gewonnen, gebunden und entwickelt (s. Spenderpyramide). Spendenaufrufe an die Hausliste erzielen höhere Rückläufe als an eine Fremdliste. Fremdlisten bestehen aus (z.B. angekauften) Adressen von Personen, die bisher noch nicht in Kontakt mit der Organisation standen. Sie werden für die Kaltakquise genutzt, um neue Spender/-innen zu finden und die Hausliste zu erweitern. Eine Hybridstiftung (auch: Teilverbrauchsstiftung) vereint die Vorteile einer üblichen auf Dauer angelegten Ewigkeitsstiftung und einer Verbrauchsstiftung, die neben den Erträgen auch das eingesetzte Grundkapital zur Förderung der Satzungszwecke nutzen darf. Sie kann damit auf schwankende Zinsniveaus flexibler reagieren. Insbesondere bei der Einwerbung großer Zuwendungen profitiert die Hybridstiftung im Vergleich zur Verbrauchsstiftung, weil eine Zustiftung in den Grundkapitalstock einen erhöhten steuerlichen Abzug ermöglicht. Für die Zuordnung der zugefügten und entnommenen Gelder ist wichtig, in Satzung und Geschäftsbericht streng zwischen dem auf Ewigkeit angelegten Stiftungsvermögen und dem verbrauchbaren Vermögen zu unterscheiden. Da sich nur der Verbrauchsteil auflösen darf, ist die gesamte Stiftung letztlich eine Ewigkeitsstiftung mit Ausnahmeregelung. Sie muss rechtlich gesehen daher den Satzungszweck auch allein aus den Erträgen der Stiftungsvermögen erfüllen können. Der Begriff Incentive (engl. für Anreiz, Antrieb oder Ansporn) steht im Fundraising üblicherweise für Geschenke, die einem Spendenmailing beigelegt werden, um die angeschriebenen Personen zu einer Spende zu motivieren. Diese Vorabgeschenke reichen von personalisierten Adressaufklebern oder Postkarten über "handgeknüpfte" Freundschaftsbändchen oder kleine Stifte bis hin zu Musik-CDs oder Schutzdecken. Sie werden insbesondere zur Neuspendergewinnung eingesetzt. Spendenaufrufe mit Beigaben erzielen in der Regel einen (zum Teil deutlich) höheren Spendenrücklauf. Ziel ist es, dass die Höhe der Spenden die Kosten der Geschenke übertreffen. Auch wenn dies oft gelingt, stehen Incentives in der Kritik. Zum einen aus ökologischen Gesichtspunkten, da die meisten (ggf. bereits unökologisch produzierten) Beigaben weggeworfen werden. Zum anderen aus ethischem Blickwinkel, da sich viele Angeschriebene - insbesondere bei teureren Beigaben - verpflichtet fühlen, das Geschenk mit einer Spende zu beantworten. Zudem ist umstritten, ob die so geworbenen Spender/-innen in der Folge noch spenden, wenn weitere Anreize ausbleiben. Von Incentives abzugrenzen sind kleine Dank-Geschenke für bereits geleistete Spenden, zum Beispiel an langjährig aktive Spender/-innen. Mit dem Jahresbericht legt eine Organisation Rechenschaft über ihre Arbeit eines abgeschlossenen Jahres ab. Gemeinnützige Organisationen sind zwar – anders als Kapitalgesellschaften – nicht dazu verpflichtet, einen Jahresbericht zu erstellen, es ist aber empfehlenswert. Wenn ein Jahresbericht die Leistungen und Entwicklungen der Organisation gut darstellt, können sich Förderer/-innen und Spender/-innen einen Überblick darüber verschaffen, was mit ihrem Geld passiert ist. Für künftige Geldgeber/-innen oder Kooperationspartner/-innen kann er ein Anreiz zur Unterstützung sein. Für die Vergabe von Spenden- und Transparenzsiegeln ist er oft Voraussetzung. Ein Jahresbericht sollte mindestens enthalten: Darstellung der Organisationsstruktur und Organe, Zielsetzungen und Strategien, Information über die Projekte und Programmbereiche, Erfolge und Misserfolge, wichtige Partner, Wirkungsbeobachtung, Zahlen der Mitglieder und Beschäftigten und die Finanzberichterstattung. Bei der Gestaltung eines Jahresberichts gibt es große Freiheiten – so können Anekdoten und Erfolgsgeschichten, professionelle Infografiken und Fotos die Darstellung beleben und zur Lektüre animieren. Weitere Informationen und Tipps: Externer Link: https://old.ngo-dialog.de/index.php/newsletter-artikel-lesen/items/praxis-09-2010.html Externer Link: www.fundraiser-magazin.de/praxis-archiv/jahresbericht-schickes-aushaengeschild-statt-droeger-bilanz.html Bei einer Kapitalkampagne wird mit einer langfristigen, gezielt geplanten Spendenkampagne für einen bestimmten Zweck (z.B. für einen Gebäudeneubau oder das Grundstockkapital einer neuen Stiftung) eine hohe, mindestens sechs-, auch sieben- oder achtstellige Summe (Kapital) über Spenden eingeworben. Eine Kapitalkampagne beinhaltet viele einzelne Fundraisingmaßnahmen, die im Rahmen eines systematischen Projektmanagements geplant und zusammengeführt werden. Sie ist oft auf mehrere Jahre angelegt. Bei einer so hohen Endsumme können Kleinspenden nur einen Teil betragen. Es sind immer mehrere Großspenden einzuwerben. Ein entsprechendes Potenzial sowie ein starkes Fundraisingziel, das Großspender/-innen ausreichend motiviert, sind Grundvoraussetzung für das Gelingen. Weiterführende Informationen: M. Haibach (2016). Kapitalkampagne. In: Fundraising Akademie (Hrsg.): Fundraising. Handbuch für Grundlagen, Strategien und Methoden, Wiesbaden, S. 500 ff. A. Schiemenz, D. Fröhlen & J. Schepers (2018) Kapitalkampagne: Der Turbo im Fundraising. In: Stiftung & Sponsoring, 2. K. Dörfner (2005). Wege der Hoffnung - Die Gründung der Stiftung der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart, in: Sieglinde Ruf / Ralf Stieber (Hrsg.), Mit Stiftungen Gemeinden gestalten, Herrenalber Protokolle, Band 118, Karlsruhe. Siehe Eintrag "Emergency-Mailing" Lead ist ein Begriff aus dem Marketing und meint eine qualifizierte Kontaktadresse einer Person, die sich für ein Unternehmen oder ein Produkt interessiert und die ihre Daten zur weiteren Kommunikation preisgibt. Damit wird die Person mit höherer Wahrscheinlichkeit später zur Kundin oder zum Kunden. Leads in hoher Datenqualität zu generieren ist ein wichtiger Teil der Neukundengewinnung und ein zentrales Ziel von Unternehmen. Leads spielen auch im professionellen Fundraising eine wichtige Rolle. Um eigene Interessenten-Datenbanken in signifikanter Größe aufzubauen, nutzen immer mehr Organisationen den Weg der gezielten Leadgenerierung. Im klassischen Offline-Direktmarketing kommen dazu unter anderem Anzeigen oder Mailings mit Coupons oder aufgeklebter Bestell- oder Antwortkarte zum Einsatz. Online können sehr vielfältige Werbemittel (Werbebanner, Newsletter, Textlinks etc.) in so gut wie allen verfügbaren Auslieferungskanälen (klassische Websites, E-Mail, Soziale Netzwerke, Suchmaschinen etc.) eingesetzt werden. In diesen Werbemitteln finden sich Gewinnspiele, Coupons, Broschüren etc. Klickt der User darauf, wird er zur Internetseite der Lead-Werbekampagne weitergeleitet, wo er seine Daten eingeben kann und sein Einverständnis dafür gibt, dass diese vom Werbungtreibenden/der Organisation gespeichert werden dürfen. Ein Lettershop ist ein Unternehmen, das personalisierte Postsendungen wie Mailings bzw. Werbebriefe oder Kataloge be- und verarbeitet und zur Übergabe an die Post vorbereitet. Im Lettershop werden die zu personalisierenden Bestandteile eines Mailings mittels Laserdruck- oder Ink-jet-Verfahren beschriftet bzw. adressiert. Außerdem werden die einzelnen Bestandteile einer Sendung maschinell in die Versandhülle kuvertiert oder in Folie eingeschweißt. Dabei wird sichergestellt, dass die personalisierten Bestandteile korrekt zusammengeführt werden (Anschreiben an Herrn Müller zusammen mit Überweisungsträger mit Herrn Müllers Spendernummer). Lettershops übernehmen teilweise die „postalische“ Vorarbeit, indem Adressenabgleiche und eine Portooptimierung stattfinden oder fehlerhafte Adressen bereinigt werden. Bei Lettershops ist auf einen professionellen Umgang mit den Adressdaten, die der Auftraggeber zur Verfügung stellt, zu achten - vor allem hinsichtlich des Datenschutzes. Als Mäzen/-in wird eine (meist wohlhabende) Person bezeichnet, die eine andere Person oder eine Institution (Verein, Stiftung, etc.) finanziell oder mit Sachleistungen großzügig und uneigennützig fördert (Mäzenatentum). Das bedeutet, dass er oder sie für seine oder ihre Leistung keinerlei Gegenleistung erwartet oder bekommt. Dem Mäzen geht es lediglich um eine gute Tat. Mäzene möchten oftmals öffentlich gar nicht in Erscheinung treten. Spenden und Stiften können als mäzenatische Handlungsweisen bezeichnet werden. Als Namensgeber des Mäzenatentums gilt der römische Kunst- und Kulturförderer Gaius Clinius Maecenas (70 - 8 vor Christus), der als Berater und Freund von Kaiser Augustus bedeutende Dichter des Römischen Reiches unterstützte. Mäzenatentum und der Begriff Philanthropie (engl. philanthropy, wörtl. übersetzt: Menschenliebe) werden oft synonym verwendet. Mailings bzw. Spendenbriefe gelten als Klassiker der Fundraisinginstrumente. Sie spielen nach wie vor im Fundraising-Mix die bedeutendste Rolle. Zwar sind die Zahlen der persönlich adressierten Mailings insgesamt rückläufig und die Responsequote von 1% bei Fremdadressen erscheint mager, dennoch stellen Spendenbriefe nach wie vor den wichtigsten Spendenanstoß dar (24,7% im Jahr 2015 lt. Dt. Spendenrat). Ein Spendenmailing besteht normalerweise aus vier Teilen: Umschlag, Anschreiben, Zahlungsträger und Beilagen, die über den Spendenzweck Auskunft geben. Um wirkungsvoll zu sein, braucht ein Mailing eine Geschichte, die die potenziellen Spender anspricht. Viele Spenderinnen und Spender wurden überhaupt erst durch einen Spendenbrief auf die Organisation aufmerksam und so zu Erst- und Folgespendern. Ein Briefmailing ist eines der persönlichsten Fundraising-Instrumente, mit dem dennoch viele Menschen gleichzeitig erreicht werden. Ein persönlicher Absender, das Blatt in der Hand, der Umschlag im eigenen Postkasten, der aufwändigere Versandweg, das macht ihn aus Sicht der Empfängerinnen und Empfänger persönlicher als z.B. eine E-Mail. Dadurch hat der Spendenbrief einen hohen Bindungsfaktor. Weiterführende Informationen: Akquisos-Ausgabe Mailings: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/163071/im-fokus-mailings Mit Hilfe eines Matching-Funds koppeln öffentliche Institutionen, Stiftungen, Privatpersonen oder Unternehmen ihren Zuschuss an durch die Organisation eigenständig eingeworbene Mittel. Die Bedingungen können dabei variieren: (A) So kann ein fixer Betrag, z.B. 5.000€, zugesichert werden, wenn private Mittel in einem bestimmten Verhältnis (1:2, 1:3) gewonnen werden (also 10.000€, 15.000€). Oder (B): Jeder eingeworbene Euro wird durch den Geldgeber 1:1 oder 1:2 aufgestockt. Diese Zuschüsse können an Mindesteinnahmen gebunden oder nach oben gedeckelt werden. Vorteile dieser komplementären Finanzierungsart: Die öffentliche Hand leistet die Anschubfinanzierung, spart aber insgesamt Zuschüsse ein (A). Matching-Funds sind Ansporn für private Spenderinnen und Spender, da ihre Spende mehr Wert bekommt (insb. bei B und ohne Deckelung). Weitere Varianten: Externer Link: www.fundraising-evangelisch.info/sites/default/files/images/Download_Matching_Fund.pdf Das Nachlassfundraising bezeichnet das systematische Planen und Durchführen von Aktivitäten zur Mittelbeschaffung durch Nachlässe. Zu unterscheiden sind aus Sicht der Organisation Erbschaften und Vermächtnisse (auch: Legate). Bei einer Erbschaft wird die Organisation Rechtsnachfolgerin des Erblassers – mit allen Rechten und Pflichten. Bei einem Vermächtnis werden die Erben im Testament verpflichtet, der Organisation einen definierten Erbteil zu überlassen. Es kommt vor, dass das Legat bei den Erben eingeklagt werden muss. Vielfach wird das Nachlassfundraising in den Organisationen dem Großspenden-Fundraising zugeordnet, doch unterscheiden sich beide strukturell und inhaltlich. Gemeinsam ist ihnen jedoch, dass ein besonderes Vertrauensverhältnis und eine Verbundenheit mit der Organisation aufgebaut werden muss. Vorbereitend für den Nachlass bieten viele Organisationen Unterstützung und Beratung rund um die Themen "Testamente" und "Vererben" an. Dieses sensible Thema wird zurückhaltend, oft nur auf Anfrage bearbeitet. Weiterführende Informationen: Akquisos-Ausgabe Interner Link: Nachlassfundraising Die Abkürzungen NGO für Non-governmental Organisation und NPO für Non-Profit-Organisation werden häufig synonym verwendet. Eine exakte und einheitliche Abgrenzung der Begriffe findet sich weder im alltagssprachlichen Gebrauch noch in der Fachliteratur. Viele NGOs sind NPOs und umgekehrt. Bei Verwendung des Begriffs NGO ist der Fokus stärker auf die staatliche Unabhängigkeit gerichtet. NGOs werden aus der Zivilgesellschaft heraus gegründet, um staatlich-politische Aufgaben zu übernehmen. Sie verfolgen Ziele zu Themen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit, Humanitären Hilfe, Menschenrechte sowie Umwelt/Ökologie und sind meist demokratisch organisiert. Der Begriff NPO umfasst sehr breit alle Organisationen, die nicht aus wirtschaftlichen, sondern ideellen Zwecken gegründet wurden. Bestehendes Vermögen und erwirtschafte Mittel werden nicht an die Mitglieder ausgeschüttet, sondern vollständig in die Gründungszwecke reinvestiert. Dies trifft auf Vereine, Verbände, Gewerkschaften, gemeinnützige Gesellschaften (gGmbH, gUG oder gAG), Genossenschaften oder Stiftungen zu. Auch viele NPOs übernehmen staatliche Aufgaben, z.B. im Sozial- und Gesundheitsbereich. Online-Fundraising bezeichnet im weitesten Sinne sämtliche Aktivitäten, bei den das Internet zur Mittelbschaffung genutzt wird. Das wären zum Beispiel: Gewinnung von Neuspender/-innen, Online-Zahlungen und Spendenformulare, Crowdfunding-Kampagnen, Spendenbitten an bestehende Förderer, Fördererbindung, zum Dank und zur Bereitstellung von Informationen für (potenzielle) Spender/-innen. Der zentrale Faktor ist eine gut und ansprechend gestaltete nutzerfreundliche Webseite, die ständig aktualisiert wird. Weitere Instrumente des Online-Marketings wie Mailings (per E-Mail), Social Media Aktivitäten (auf Facebook, Twitter, Youtube und Co), Suchmaschinenmarketing oder Banner nehmen üblicherweise auf die Webseite Bezug. Eine wichtige Funktion der Internetpräsenz ist es, Vertrauen aufzubauen mit übersichtlichen Informationen, einem Impressum nach gesetzlicher Vorschrift und direkten Kontaktaufnahmemöglichkeiten. Online-Fundraising dient nicht nur der Ressourcenbeschaffung, sondern ist Teil des Beziehungsmanagements zu den (potenziellen) Unterstützer/-innen und sollte wie alle Kommunikationsformen einer Organisation strategisch geplant und mit allen anderen Aktivitäten abgestimmt sein. Opt-In nennt man die Erlaubnis von (potenziellen) Spender/-innen oder Kund/-innen zur Kontaktaufnahme durch Organisationen oder Unternehmen. Sei es mittels Anruf, Brief oder Email. Double Opt-In ist die im Datenschutzgesetz verankerte Pflicht zur Bestätigung (Verifizierung) der Erlaubnis, mit einer interessierten Person in Kontakt zu treten. Am häufigsten findet man das Double Opt-In bei Email-Newsletter-Abonnements: Erstes Opt-In: Newsletter-Bestellung auf der Website oder Eintrag in eine Liste. Zweites Opt-In: Antwort auf bzw. Klick auf einen Link in der daraufhin vom Anbieter versandten Bestätigungs-Email. Damit wird sichergestellt, dass das erste Opt-In nicht durch eine fremde Person gegeben wurde. Opt-Out bedeutet, dass die Empfänger/-innen von Emails, Briefen oder Anrufen sich gegen eine Kontaktaufnahme aussprechen. Die Möglichkeit zum Opt-Out (bzw. Widerspruch) zum Beispiel in Form eines Links (z.B. "Sie möchten diesen Newsletter nicht mehr erhalten? Klicken Sie hier") ist gesetzlich verpflichtend. Öffentlichkeitsarbeit, gleichbedeutend mit Public Relations (kurz PR), ist ein weit gefasster Begriff für das Management der öffentlichen Kommunikation von Organisationen (intern und extern). Als Ziele von Öffentlichkeitsarbeit gelten der Aufbau von Bekanntheit der Organisation und das Schaffen von Vertrauen sowie eines positiven und unverwechselbaren Images. Zu den operativen Kommunikationsinstrumenten der PR gehören zum Beispiel Pressearbeit, Publikationen und Eventkommunikation. Sowohl Öffentlichkeitsarbeit als auch Fundraising sollten Teil einer kohärenten und systematischen Kommunikationsstrategie einer Organisation sein. Die Übergänge zwischen den Bereichen sind fließend. Sie sollten aufeinander abgestimmt sein, jedoch nicht miteinander verwechselt werden. Während bei der Öffentlichkeitsarbeit die Steigerung des Bekanntheitsgrades einer Organisation und ihrer Anliegen im Mittelpunkt steht, hat Fundraising zum Ziel, Menschen zu einer direkten Reaktion, zum Handeln bzw. zum Spenden zu bewegen. Weiterführende Informationen: Deutsche Public Relations Gesellschaft e.V.: Externer Link: www.dprg.de Öffentlichkeitsarbeit im Fundraising: Externer Link: www.fundraising-evangelisch.de/wissen/strategie/oeffentlichkeitsarbeit-im-fundraising Verschiedene Modelle von Patenschaft haben erfolgreich Einzug in das Fundraising gefunden. Sie setzen eine persönliche Identifikation und ein Verantwortungsgefühl für das Patenkind oder das Patenobjekt voraus. Dies zu schaffen und aufrecht zu erhalten, erfordert jedoch einen hohen Betreuungs- und Verwaltungsaufwand seitens der Organisation. Patenschaften haben den Vorteil, dass Spender/-innen langfristig gebunden werden können. Man kann unterscheiden zwischen Patenschaften als Bindungselement (z.B. Patenschaften für benachteiligte Kinder), Namens- und Objektpatenschaften (z.B. im Museum) und Mentoringprogrammen (zum Beispiel in der Nachwuchsförderung von Parteien). Weiterführende Informationen: Akquisos "Paten für die politische Bildung gesucht": Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/197347 Payroll-Giving (deutsch: Arbeitslohnspende) bedeutet, dass ein Arbeitgeber in bestimmten Katastrophenfällen in Absprache mit den Arbeitnehmer/-innen einen Teil des Bruttogehaltes einbehält, um diesen an eine gemeinnützige Organisation zu spenden. Für den einbehaltenen Teil müssen keine Steuern bezahlt werden, da er nicht zum steuerpflichtigen Einkommen gezählt wird. Wegen dieses Steuervorteils darf die Organisation, die die Spenden erhält, keine Spendenbescheinigung ausstellen. Um von der steuerlichen Vereinfachung zu profitieren, ist eine Ausnahmeregelung des Bundesfinanzministeriums notwendig. In der Regel wird diese bei (Natur-)Katastrophen im In- und Ausland oder anlässlich besonderer Lagen (wie z. B. der Flüchtlingskrise ab 2015) ausgesprochen. Die Sozialversicherungsbeiträge werden jedoch auf Basis des Gehalts inklusive der Spende berechnet. Eine Ausnahme hierfür besteht nur bei Naturkatastrophen im Inland (Externer Link: www.gesetze-im-internet.de/svev/__1.html Absatz (1) Satz 11). Personen, deren letzte Spende an eine Organisation länger als (je nach organisationsinterner Definition) 12, 24 oder bis zu 60 Monate zurückliegt, gelten als inaktiv. Da sie die Arbeit der Organisation bereits mindestens einmal aktiv unterstützt haben, ist es Erfolg versprechender, diese Personen zu re-aktivieren, also zu einer weiteren Spende aufzufordern, als neue Spender/-innen anzuwerben. Zudem ist es kostengünstiger, da die Adressen vorhanden sind und nicht eingekauft werden müssen. Spezielle Reaktivierungsprogramme wenden sich mit einer gesonderten Ansprache im Mailing oder per Telefon an die (ehemaligen) Spender/-innen. Sie sind erfolgversprechender, wenn die Organisation nicht bis zur völligen Einstellung der Spendenaktivität wartet, sondern bereits ansetzt, wenn jemand die Spendenfrequenz oder -höhe signifikant herabsenkt. Die Response (=Reaktion/Resonanz)-Quote bezeichnet das Verhältnis zwischen der Anzahl von Antworten zur Anzahl der angesprochenen Personen. Da der Begriff aus dem Direktmarketing stammt, bezieht er sich in der Regel auf Mailings und daraus resultierende intendierte Reaktionen. Beispiel: Bei einem Versand von Spendenaufrufen an 10.000 Adressen entsprechen 500 Spenderinnen und Spendern - einer Response-Quote von 2%. Es fließen keine Personen ein, die Informationsmaterial anfordern oder ihre Adressdaten ändern lassen. Auch wenn dies wünschenswerte Reaktionen sind, waren sie nicht Ziel der Maßnahme. Response-Quoten werden durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst: u.a. Adressauswahl (Fremdadressen vs. Hausliste), Bekanntheit des Absenders, Bindung der angeschriebenen Personen (aktive Spender vs. Interessierte), Responseziel (Kleinspende, Fördermitgliedschaft, Teilnahme an Umfrage), Zeitpunkt des Versands (Urlaubszeit vs. Weihnachten), beiliegendes Responsemittel (Überweisungsträger, Antwortkarte/Rückumschlag, Telefonnummer), Verstärker (Gewinnspiele, Geschenke). Daher können Response-Quoten zwischen 0,3% und 50% schwanken. Die Quote allein sagt nichts über den Erfolg der Maßnahme aus, sie ist aber ein Indikator und ermöglicht Vergleiche. Die Rest-Cent-Spende ist eine (steuerrechtlich) einfachere Variante des >> Payroll-Giving. Dabei wird der Nachkomma-Betrag des Nettogehaltes vom Arbeitgeber automatisch einbehalten und an eine gemeinnützige Organisation gespendet. So kommen im Jahr maximal 11,88 Euro pro Mitarbeiter/-in zusammen. Im Schnitt sind es 5 bis 6 Euro. Bei Kommunen oder Unternehmen mit einer großen Zahl von Angestellten kommen schnell relevante Summen zusammen. In einigen Unternehmen dürfen die Angestellten selbst bestimmen oder gemeinsam abstimmen, an welche Organisation der Betrag gespendet wird. Die Teilnahme und Dauer sind in jedem Fall für alle freiwillig. Da sich die Rest-Cent-Spende in vielen Unternehmen etabliert hat, bieten einige Abrechnungssoftwares bereits integrierte Spendentools an. Der Return on Investment, kurz ROI (dt. Rückkehr der Investition, im übertragenen Sinne: "Rentabilität”) ist eine statistische Kennziffer der Betriebswirtschaftslehre, die die Rendite misst. Der ROI setzt die Einnahmen ins Verhältnis zu den aufgewandten Kosten. Im Fundraising hat sich der ROI als Maßzahl für die Effizienz einer Fundraisingaktion etabliert. Bei einem postalischen Spendenaufruf berechnet sich der ROI bspw. wie folgt: ROI = Spendeneinnahmen geteilt durch Gesamtkosten des Mailings (Grafik, Text, Druck, Beilagen, Porto). Für ein positives, d.h. überschüssiges Spendenergebnis muss der ROI >1 sein. Je höher der ROI desto effizienter die Maßnahme. Dies ist aber nicht gleichzusetzen mit dem Gesamterfolg der Maßnahme. Diesen kann der ROI für sich genommen nicht abbilden. So hat eine Fundraisingaktion mit 10.000 Euro Einnahmen bei 5.000 Euro Kosten zwar einen höheren ROI (ROI = 2) als eine Aktion mit 25.000 Euro Einnahmen bei 15.000 Kosten (ROI = 1,7). Der Nettoerlös ist bei der zweiten Aktion jedoch doppelt so hoch (10.000 Euro vs. 5.000 Euro). Des Weiteren kann der ROI keine immateriellen "Einnahmen" (Image, Spenderbindung, Weiterempfehlung) oder zukünftigen Einnahmen (z. B. Testamente) abbilden. Mithilfe der RFM-Analyse wird der monetäre Wert eines Spenders oder einer Spenderin anhand des Spendenverhaltens ermittelt. Die Buchstaben stehen für Recency, als Kennwert für die Aktualität der Spende (wann wurde zuletzt gespendet?), Frequency als Kennwert für die Häufigkeit der Spenden (wie oft wird in einem definierten Zeitraum gespendet?) und Monetary Value als Kennwert für den Spendenumsatz (wie viel wird insgesamt in einem definierten Zeitraum gespendet?). Jeder Buchstabe wird mit einem Wert von 1 bis 4 versehen. Je höher der Wert, desto besser. Entscheidend ist zudem die Reihenfolge: Eine Gruppe ist (monetär gesehen) umso wertvoller, je höher der erste/zweite Buchstabe bewertet wird. Eine Spendergruppe mit dem Wert 4-3-1 hat mehr Gewicht als eine Spendergruppe der Kategorie 1-3-3. Da dieses >> Scoring-Verfahren durch die vielen Kombinationen sehr komplex wird, ist ein großer Spenderkreis empfehlenswert. Nur dann können einzelne Gruppen sinnvoll analysiert werden. Bei einem kleinen Spenderstamm müssen Gruppen zusammengefasst werden, um effizient unterschiedliche Maßnahmen zu entwickeln. Weiterführende Informationen: H.-J. Hönig, I. Roeb (2016). Zielgruppensegmentierung im Fundraising. In: Fundraising Akademie (Hrsg.) Fundraising. Handbuch für Grundlagen, Strategien und Methoden. Springer Gabler. S. 437 ff. P. Iversen-Schwier (2016). Analyseverfahren. In: Fundraising Akademie (Hrsg.) Fundraising. Handbuch für Grundlagen, Strategien und Methoden. Springer Gabler. S. 288 f. Bildungseinrichtungen, die bei der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) Fördermittel für Bildungsmaßnahmen beantragen möchten, müssen zuvor als Bildungsträger von der bpb anerkannt worden sein. Die Förderrichtlinien legen die Bedingungen fest, unter denen ein Projekt unterstützt werden kann. Dazu gehört zum Beispiel, dass politische Bildung im Zentrum des Projektes steht, dass Kontroversen angemessen darzustellen sind und dass die Veranstaltungen allgemein zugänglich sein müssen. Weiterführende Informationen Richtlinienförderung: Interner Link: www.bpb.de/partner/foerderung/140003/richtlinienfoerderung Neben Geld- und Zeitspenden sind Sachspenden eine wichtige Form im Spendenwesen. Bei Sachspenden handelt es sich um neue oder gebrauchte Gegenstände, die einer Organisation unentgeltlich überlassen werden. Dies können z.B. Kleidung, Haushaltsgegenstände oder Spielzeug für Bedürftige sein, aber auch Büroausstattung oder technische Geräte für das Vereinsbüro. Privatpersonen erwarten häufig keine Zuwendungsbescheinigung für Sachspenden, Unternehmen schon eher. Hier entsteht das Problem der Wertangabe, vor allem bei gebrauchten Gegenständen. Denn bei neuen Gegenständen gilt der Kaufbeleg oder ein nachgewiesener aktueller Verkaufspreis. Bei gebrauchten Gegenständen muss der aktuelle Wert geschätzt werden bzw. gilt bei Unternehmen, die etwas aus dem Betriebsvermögen entnehmen, der Buchwert. Das Unternehmen muss jedoch Umsatzsteuer auf den Wiederbeschaffungswert abführen. Es ist wichtig, sich gut zu informieren, bevor man eine Zuwendungsbescheinigung für gebrauchte Gegenstände ausstellt, ein Verein haftet ggf. für falsche Angaben. Weitere Informationen: Sachspendenfalle (Download): Externer Link: www.vereinswelt.de/sachspendenfalle Sammlungsgesetze regeln in Deutschland, wer auf öffentlichen Plätzen Gelder einwerben darf. Besteht ein Sammlungsgesetz, so ist eine behördlich genehmigte Sammlungserlaubnis einzuholen. Wird die rechtmäßige Verwendung der Spenden durch die sammelnde Organisation nicht nachgewiesen, so kann ein Sammlungsverbot ausgesprochen werden. Im Rahmen von Bürokratieabbau haben mittlerweile 13 Bundesländer die Sammlungsgesetze abgeschafft. Damit darf dort jede Person öffentlich an jedem Ort, zu jeder Zeit und für jeden Zweck Gelder sammeln. 2013 hob Baden-Württemberg als vorerst letztes Bundesland sein Sammlungsgesetz mit der Begründung auf, dass Bürger/-innen durch die neuen Medien (Internet) nicht mehr vor unseriösen Organisationen geschützt werden könnten und müssten. Vielmehr sollen sie "frei und eigenverantwortlich entscheiden […], ob und wem sie eine Spende geben wollen." * Sammlungsgesetze bestehen noch in Thüringen, dem Saarland und in Rheinland-Pfalz. In letzterem spricht die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) als besonders aktives Kontrollorgan jährlich mehrere Sammlungsverbote aus. Diese gelten jedoch ausschließlich für das eigene Bundesland. Dennoch sind sie wichtige Hinweise an Bürger-/innen aus Bundesländern ohne Sammlungsgesetze. Weiterführende Informationen: DZI-Spendentipps "Sammlungsgesetze" Externer Link: www.dzi.de/wp-content/pdfs_Spendentipps/Sammlungsgesetze.pdf ADD: Sammlungsrecht in Rheinland-Pfalz, inkl. Sammlungsverbote seit 2002: Externer Link: https://add.rlp.de/de/themen/staat-und-gesellschaft/ordnung/sammlungen/ * Land Baden-Württemberg "Sammlungsgesetz wird zum Jahreswechsel aufgehoben": Externer Link: www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/sammlungsgesetz-wird-zum-jahreswechsel-aufgehoben/ Für eine Steuerbegünstigung ist zwingend erforderlich, dass die Satzung einer Körperschaft (z.B. eines Vereins oder einer Stiftung) bestimmt, dass sie ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke verfolgt, selbstlos und nicht in erster Linie eigenwirtschaftlich tätig ist, ihre Mittel nur für den steuerbegünstigten Zweck verwendet, den Mitgliedern nichts zuwendet und auch sonst niemanden zweckfremd begünstigt, das Vermögen im Fall der Auflösung oder Aufhebung oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke steuerbegünstigt verwendet oder einem steuerbegünstigten Empfänger zweckgebunden übergibt. "Mittel der Körperschaft dürfen nur für die satzungsgemäßen Zwecke verwendet werden", so ist es für gemeinnützige Vereine in der Abgabenordnung ausdrücklich vorgeschrieben. Oberster Grundsatz ist daher dass die Mittel des Vereins nur für die Erreichung der Vereinsziele und die Umsetzung der Vereinszwecke eingesetzt werden dürfen. Sammelt ein Verein Spenden für einen anderen Zweck als in der Satzung aufgeführt, müssen diese als Einnahmen versteuert werden. Weiterführende Informationen Externer Link: www.vereinswelt.de/verein-spenden-sammeln Frage-Antwort-Katalog zum Bereich Gemeinnützigkeit des Landesamts für Steuern Niedersachsen: Externer Link: www.ofd.niedersachsen.de/steuer/steuermerkblaetter_und_broschueren/merkblatt-zur-gemeinnuetzigkeit-und-zum-spendenrecht Abgabenordnung § 55 Abs. 1 Nr. 1: Externer Link: www.gesetze-im-internet.de Scoring ist ein Begriff aus der Wirtschaftslehre. Er wird u.a. zur Kundenbewertung herangezogen. Der Score (engl. für Ergebnis) eines Spenders oder einer Spenderin bezeichnet anhand einer Kennzahl (Punktewert) den monetären Wert, den die Person für die Organisation hat. Es gibt verschiedene Scoring-Verfahren, um diesen Wert zu ermitteln. Die bekanntesten sind die relativ einfach gehaltenen >> ABC- und Pareto-Analysen sowie die komplexere >> RFM-Analyse. Die unterschiedlichen Analysen berücksichtigen mehr oder weniger Faktoren. Allen ist jedoch gemein, dass der Spendenumsatz, also das monetäre Ergebnis, enthalten ist. Der Ansatz des Donor Lifetime Values berücksichtigt nicht nur das aktuelle oder vergangene Ergebnis, sondern prognostiziert zudem zukünftig zu erwartende Einnahmen. Alle Verfahren möchten die wichtigsten (=umsatzträchtigsten) Personen identifizieren, um Fundraising-Maßnahmen möglichst effektiv einzusetzen. Ein kurzer Katalog mit Spenden-Beispielen wird "Shopping-Liste" genannt. Sie veranschaulicht die mögliche Wirkung einer Spende. Dazu werden einzelnen Spendensummen konkrete Bedarfe zugeordnet: "Mit 20 Euro können wir einen Monat lang…". In der Regel werden 2-4 Beispiele angeführt. Diese Beispiele bieten Orientierung und die Möglichkeit, Menschen zu etwas höheren Spenden zu bewegen. Sie begrenzen aber zugleich. Entscheidend ist daher, die vorgegebenen Spendensummen nicht zu hoch oder zu niedrig anzusetzen. Wichtig ist außerdem, den Beispielcharakter hervorzuheben, um eine Zweckbindung zu vermeiden. Dies gilt insbesondere für umfangreichere Online-Spenden-Kataloge, bei denen aus einer Vielzahl von Beispielen ausgewählt werden kann und die Spende virtuell in einen Warenkorb gelegt wird. In seltenen Fällen werden "echte" Kataloge erstellt, aus denen Spenderinnen und Spender tatsächlich benötigte Komponenten auswählen können. Dies bietet sich bei der Finanzierung von in sich geschlossenen Projekten mit einer fixen Finanzierungssumme an. Der Aufwand ist nicht zu unterschätzen. Der Vorteil besteht aber darin, dass sich die Spenderinnen und Spender aus einer großen Bandbreite an Spendensummen aussuchen können und genau wissen, was sie beigetragen haben. Eine Spende ist eine freiwillige Leistung, die ohne Gegenleistung erbracht wird. Rechtlich entspricht sie einer Schenkung nach §516 BGB. Die Freiwilligkeit bezieht sich sowohl auf die Höhe/Umfang als auch auf den Zeitpunkt der Spende. Erfolgt eine Gegenleistung, z. B. in Form eines „Dankeschöns“, so muss auch diese freiwillig erfolgen und darf nicht Bedingung für die Spende sein. Darüber hinaus darf die Gegenleistung nicht im selben Verhältnis stehen, das heißt der Wert der Gegenleistung muss erheblich unter dem Wert der Spende liegen. Spenden können >> zweckbestimmt werden. Dies ist der Fall, wenn an einen satzungsgebundenen Verein gespendet wird. Dann müssen die Mittel im Sinne der Satzung verwendet werden. Darüber hinaus können sie von der spendenden Person konkreten Projekten oder Aufgaben zugewiesen werden. Die gespendete Leistung kann in Form von Geld, Sachen (Wertgegenständen) oder Dienstleistungen bzw. unentgeltlicher Arbeitskraft erbracht werden. Kommt eine Geld- oder Sachspende einem als steuerbegünstigt anerkannten Zweck zugute (gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Art nach §52-54 AO), so kann die Spende unter weiteren bestimmten Voraussetzungen steuerlich geltend gemacht werden. Sie mindert die Einkommensteuer und bei der Körperschaftsteuer als abzugsfähige Ausgaben das Einkommen. §516 BGB: Externer Link: www.gesetze-im-internet.de/bgb/__516.html §51-54 AO: Externer Link: www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__51.html (ff.) Voraussetzungen und Reglungen zur steuerlichen Absetzbarkeit von Spenden: Externer Link: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/spenden.html Eine Spendendose oder Spendenbox ist ein Behälter, in dem Geldspenden für einen gemeinnützigen oder wohltätigen Zweck gesammelt werden. Manche Organisationen führen damit Haustür- oder Straßensammlungen durch, andere stellen ihre Dosen in eigenen Zweigstellen oder in Geschäften an der Kasse auf. Im 19. Jahrhundert wurden Spendendosen bereits von Missionsvereinen, der Heilsarmee und der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger verwendet. Spendendosen können sehr verschiedene Formen haben: Die Heilsarmee sammelt z.B. traditionell in umfunktionierten Suppentöpfen Spenden, dann gibt es die bekannten Blechdosen mit Griff, aktuellere Varianten bestehen z.B. aus Plexiglas oder sind aufwändig bedruckt. Die Zukunft der Spendendose an der Kasse steht in Frage, da auch Deutschland immer häufiger - neuerdings auch Kleinbeträge - mit Geldkarte bezahlt werden. Restgeld fällt dann nicht mehr an. Weiterführende Informationen (PDF-Download): Externer Link: www.dzi.de/wp-content/pdfs_Spendentipps/Sammlungsgesetze.pdf Da Spender/-innen die Wirksamkeit einer Spende und den ordnungsgemäßen Einsatz der Gelder kaum selbst überprüfen können, verleihen verschiedene Institutionen Spendensiegel als Gütezeichen für die korrekte Verwendung der Mittel. Spendensiegel sind daher Vertrauensverstärker. Vergeben werden sie entweder von Kontrollinstitutionen, die stellvertretend für die Spender/-innen die Einhaltung bestimmter Standards nach definierten Kriterien prüfen. Die bekannteste deutsche Kontrollstelle ist das nicht-staatliche Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI). Es prüft jedoch nicht alle spendensammelnden Organisationen, sondern nur solche, die die kostenpflichtige Prüfung eigenständig beantragen. Alternativ vergeben beispielsweise der Deutsche Spendenrat oder die „Initiative Transparente Zivilgesellschaft“ (Transparency International Deutschland e.V.) Siegel an ihre Mitglieder, die sich zur Einhaltung gewisser Standards selbstverpflichtet haben. Weiterführende Informationen: Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI): Externer Link: www.dzi.de Deutscher Spendenrat: Externer Link: www.spendenrat.de Initiative Transparente Zivilgesellschaft: Externer Link: www.transparency.de/Initiative-Transparente-Zivilg.1612.0.html Viele Institutionen bringen Spendentafeln oder Spendenplaketten an, um Spenderinnen und Spender öffentlich sichtbar zu machen. Sie sind ein dauerhaftes Zeichen der Dankbarkeit. Auf den Tafeln oder Plaketten sind die Namen, manchmal auch weitere Angaben der Spenderinnen und Spender oder der spendenden Unternehmen bzw. Organisationen benannt. Spendentafeln befinden sich häufig im Eingangsbereich oder im Foyer von Gebäuden und listen mehrere Spender auf. Manchmal gibt es Abstufungen (nach Größe oder Material, zum Beispiel in Silber, Gold und Platin) je nach Höhe der Spendensumme. Spendenplaketten sind kleinere Schilder, häufig aus Metall, mit eingravierten Angaben zu den Spendern. Man sieht sie an Parkbänken, Stühlen, Steinen – sie geben den Spenderinnen das Gefühl, gewürdigt zu werden und einen konkreten Anhaltspunkt, wohin ihr Geld geflossen ist. Spendentafeln und -plaketten können Motivation für andere sein, auch zu spenden. Eine Abwandlung sind Spendensteine, bei denen die Spenderdaten eingraviert werden. Diese können in Mauern oder Fußböden eingearbeitet werden. Die Spenderpyramide beschreibt eines der bekanntesten Modelle des Fundraisings und wurde 1991 von Joan Flanagan beschrieben. Sie bildet einerseits die Anzahl von Spender/-innen und andererseits die Höhe der Spenden ab. Marita Haibach fügte 2002 als unterste und zahlenmäßig breiteste Stufe die Gruppe der Interessenten hinzu, die (zunächst) nichts spenden. Auf den nächsten Stufen folgen Erstspender, Mehrfachspender, Dauerspender, Großspender und Erblasser. Die Anzahl der Personen nimmt ab, die Höhe der Spenden zu. Daraus ergibt sich eine Pyramidenform, die ein systematisches Verteilungsbild der Spender/-innen darstellen soll. Mit Hilfe - meist beziehungsbasierter - Upgrading- (=Beförderungs) Maßnahmen versuchen Fundraiser, die Spender Stufe um Stufe nach oben zu hieven. Kritik an der Pyramide bezieht sich darauf, dass sie zu abstrakt sei und in der Realität so idealtypisch selten vorkomme sowie dass sie nicht-monetäre Gaben (Sach- und Zeitspenden) außer Acht lässt. Weiterführende Literatur Joan Flanagan: Successful Fundraising. A Complete Handbook for Volunteers and Professionals. McGraw-Hill Contemporary, Chicago, 1991. Marita Haibach: Handbuch Fundraising: Spenden, Sponsoring, Stiftungen in der Praxis. Campus Verlag, 2002. Als Sponsoring wird eine Förderung von (bspw.) Organisationen oder Veranstaltungen durch (bspw.) ein kommerziell orientiertes Unternehmen in Form von Geld-, Sach- und Dienstleistungen bezeichnet, die auf einer konkreten Gegenleistung beruht. Diese beinhaltet in der Regel die besonders hervorgehobene Nennung des Sponsors mit dem Ziel, dessen Markenbekanntheit und Image zu steigern. Insbesondere wenn Mittel bei Unternehmen eingeworben werden, ist es wichtig darauf zu achten, ob die Zahlung als >> Spende oder Sponsoring einzustufen ist. Dies hat steuerrechtliche Konsequenzen sowohl für die gemeinnützige Organisation als auch für das Unternehmen. Eine falsche Zuordnung kann zu Nachzahlungen und steuerrechtlichen Strafen auf beiden Seiten führen. Daher ist der Abschluss eines Sponsorenvertrags ratsam, in dem sowohl die Höhe der Zahlung als auch die zu erbringende Gegenleistung exakt definiert wird. Da die gemeinnützige Organisation eine Leistung erbracht hat, unterliegen die Einnahmen einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (Umsatz-, Gewerbesteuer). Im Gegensatz zu einer Spende kann das Unternehmen die Aufwendung für die erbrachte Leistung im vollen Umfang als Betriebsausgabe ansetzen. Weitere Informationen zur Unterscheidung Unternehmensspende vs. Sponsoring: Interner Link: www.bpb.de/partner/akquisos/265595/unternehmensspende-vs-sponsoring-ein-entscheidender-unterschied Eine Stiftung ist eine Einrichtung, die mit Hilfe eines Vermögens einen vom Stifter oder der Stifterin festgelegten Zweck verfolgt. Bei Stiftungen wird in der Regel das Vermögen auf Dauer erhalten, die Erträge werden für den Stiftungszweck eingesetzt. Stiftungen können in verschiedenen rechtlichen Formen (privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich) und zu jedem legalen Zweck errichtet werden. In Deutschland werden 95% der Stiftungen in privatrechtlicher Form errichtet und dienen gemeinnützigen Zwecken. Man unterscheidet Förderstiftungen, die Tätigkeiten Dritter finanziell fördern, und operative Stiftungen, die zur Erfüllung der Stiftungszwecke selbst Projekte durchführen. Seit den 1990er-Jahren ist in Deutschland ein regelrechter Stiftungsboom zu verzeichnen. Rechtliche Änderungen, das Anwachsen von Vermögenswerten, Möglichkeiten zur Steuereinsparung und das Wiedererstarken der Idee des Bürgerengagements sind Gründe dafür. Neben privaten Stifterpersönlichkeiten treten vermehrt auch Unternehmen, Vereine, Verbände oder Kommunen als Stifter auf. Weiterführende Literatur Bundesverband Deutscher Stiftungen: Externer Link: www.stiftungen.org Die Kontaktaufnahme per Telefon ermöglicht Organisationen einen direkten Dialog mit ihren (potenziellen) Spender/-innen, um etwas über sie zu erfahren und direktes Feedback zur eigenen Arbeit zu erhalten. Somit können persönliche Bindungen aufgebaut oder verstärkt werden. Unterschieden wird zwischen ausgehenden und eingehenden Anrufen. Bei ausgehenden Anrufen (Outbound Calls) rufen die Organisation oder beauftragte Dienstleister eine/-n (potenziellen) Förderer/-in an. Gründe können zum Beispiel sein, sich für Spenden zu bedanken, Spender/-innen zu reaktivieren oder sie zu höheren Spendensummen zu ermutigen. Bei eingehenden Anrufen (Inbound Calls) kann es darum gehen, dass Spender/-innen oder Mitglieder eine Spende tätigen, eine Adressänderung mitteilen oder sich beschweren möchten. Zu den datenschutzrechtlichen Bedingungen beim Telefon-Fundraising sollte eine Organisation sich unbedingt beraten lassen. Bei einer Tombola erwerben die Teilnehmenden Lose, von denen einige etwas gewinnen, andere gehen leer aus. Sie unterscheidet sich von Lotterien dadurch, dass Sachpreise statt Geld ausgespielt werden. Eine Tombola ist oft mit karitativem Ansinnen verknüpft. Die Preise sind in der Regel gestiftet und der Erlös, der durch den Verkauf der Lose entsteht, kommt einem guten Zweck zugute. Tombolas lassen sich gut in bestehende Veranstaltungen integrieren und können thematisch ausgerichtet werden. Es sind viele Varianten denkbar, die auch Erlebnischarakter haben können (z.B. „Entenrennen“). Zu beachten ist, dass es sich bei Tombolas im rechtlichen Sinn um Glücksspiele handelt. Sie müssen somit vom zuständigen Ordnungsamt zwingend genehmigt werden. Auch ist zu klären, ob und wie die Einnahmen des Losverkaufs zu versteuern sind. Mehr unter: Externer Link: www.bpb.de/216663 Praxisbeispiele: Interner Link: www.bpb.de/216666/ Ziel eines Upgrade (=Höherstufung) ist es, ein/e Spender/-in zu zusätzlichen oder erhöhten Spenden zu bewegen, um die Jahres- oder Lebensspendensumme dieser Person zu steigern. Upgrademaßnahmen setzen bei bestehenden Spender/-innen an, die bereits durch erste Spenden gezeigt haben, dass sie der Organisation nahe stehen und über deren Arbeit informiert wurden. Sie werden gezielt angesprochen und um eine Anhebung des Spendensatzes gebeten. Das Upgrade kann zwischen den Stufen der Spenderpyramide ansetzen (z.B. Mehrfachspenden in regelmäßige Dauerspenden umwandeln, Großspender/-innen zur Begünstigung der Organisation im Testament auffordern) oder innerhalb einer Stufe der Pyramide (z.B. Erhöhung der monatlichen Dauerspende von 10 auf 20 Euro). Eine Verbrauchsstiftung ist im Gegensatz zu einer klassischen Stiftung nicht auf die Ewigkeit angelegt, sondern zeitlich begrenzt. Die Begrenzung kann über einen bestimmten Zeitraum definiert werden (z.B. 30 Jahre, mindestens 10 Jahre) oder durch den Satzungszweck. Ist letzterer erfüllt, so wird die Stiftung aufgelöst. Beispiele für solch einen Satzungszweck sind die Errichtung eines Gebäudes, die Einführung und Etablierung einer bestimmten Maßnahme oder die Erforschung eines bestimmten Medikaments. Ein weiterer wesentlicher Unterschied ist, dass sich die Verbrauchsstiftung nicht nur aus den Erträgen bedienen darf, sondern das Grundkapital selbst bis zur satzungsbestimmten Auflösung verbrauchen darf. So kann auch mit einem kleinen Vermögen gefördert werden und die Verbrauchsstiftung ist weniger anfällig für Niedrigzinsphasen. Möchte sich die stiftende Person nicht "verewigen", sondern lieber das Wirken ihrer Stiftung aktiv zu Lebzeiten oder nur kurz über den Tod hinaus gestalten, so hat sie in der Verbrauchstiftung eine bessere, da kurzfristige Kontrolle über die eingesetzten Organe. Für Verbrauchsstiftungen gelten dieselben Kriterien der Gemeinnützigkeit wie für Ewigkeitsstiftungen. Die steuerliche Absetzbarkeit des Stiftungsvermögens für (Zu-)Stifter/-innen ist jedoch unterschiedlich geregelt. Weiterführende Literatur: Wohltätigkeit mit Verfallsdatum, in: Fundraiser-Magazin, 1/2017, S. 78-29. Was ist eigentlich ... EINE VERBRAUCHSSTIFTUNG? brand eins Magazin: Externer Link: www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2007/zu-viel/was-ist-eigentlich-eine-verbrauchsstiftung § 55 Nr. 1 und 3 der Abgabenordnung (AO) stellt fest, dass ein spendenfinanzierter Verein nur dann als "selbstlos" gilt, wenn er seine Mittel "in erster Linie" für satzungsmäßige Zwecke verwendet. Andernfalls droht die Entziehung der steuerbegünstigten Gemeinnützigkeit. Satzungsfremde Kosten werden gemeinhin als Verwaltungskosten (VK) bezeichnet. Hierzu zählen insbesondere, aber nicht abschließend: Personalkosten, Miete, Kosten für Büro und Kommunikation, Reisekosten, Werbeausgaben für Spendergewinnung und -betreuung. Eine genaue Grenze über die Höhe der VK schreibt das Gesetz nicht vor. Die Formulierung "in erster Linie" legt eine Marke von 50% nahe. Dies wird jedoch im Einzelfall geprüft und entschieden. So darf es in den Gründungsjahren eines Vereins mehr sein. Gleichzeitig kann die Gemeinnützigkeit auch bei einem prozentual eher geringen Verwaltungskostenanteil entzogen werden, wenn Kosten wirtschaftlich nicht sinnvoll oder der Leistung nicht angemessen sind (z.B. überhöhte Honorare). Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) vergibt sein Siegel nur, wenn die Verwaltungskosten maximal 30% betragen. In der Realität liegen die meisten Organisationen darunter (durchschnittlich 14% VK bei Organisationen mit DZI-Siegel*). Weiterführende Informationen: § 55 der Abgabeordnung Externer Link: www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__55.html DZI-Konzept Werbe- und Verwaltungsausgaben Spenden sammelnder Organisationen: Externer Link: www.dzi.de/wp-content/pdfs_Spenderberatung/DZI-Konzept_W%2BV_2019.pdf * Quelle: Externer Link: www.dzi.de/spenderberatung/das-spenden-siegel/so-wird-das-spenden-siegel-vergeben/ Wer Fördergelder bei öffentlichen Trägern oder Stiftungen eingeworben hat, muss die rechtmäßige Verwendung der Gelder nach Abschluss des Projektes nachweisen, um Zweckentfremdung und Subventionsbetrug auszuschließen. Ein Verwendungsnachweis besteht aus zwei Teilen, dem Sachbericht und dem zahlenmäßigen Nachweis (Finanzbericht). Der Sachbericht beschreibt die ordnungsgemäße Erfüllung des Zuwendungszwecks auf inhaltlicher Ebene. Der Finanzbericht weist Einnahmen und Ausgaben nach. Art und Umfang richten sich in der Regel nach der Höhe der Zuwendung – je größer die bereitgestellten Summen, desto umfangreicher der Verwendungsnachweis. Oft machen Förderer bereits im Fördervertrag genaue Angaben, was der Verwendungsnachweis enthalten soll, welche Fristen einzuhalten sind und ob der Finanzbericht Belege enthalten muss. Hält der Verwendungsnachweis einer Prüfung nicht stand, können bereits ausgezahlte Gelder, ggf. inklusive Zinsen, zurückgefordert werden. Praxistipps: Externer Link: https://foerdermittel-wissenswert.de/verwendungsnachweis-und-sachbericht/ Wer ehrenamtlich oder pro bono für eine Organisation arbeitet, ohne dafür entlohnt zu werden, leistet eine Zeitspende. Der Begriff verdeutlicht, dass es sich auch bei diesen Tätigkeiten um eine Form des Spendens (neben Sach- oder Geldspenden) handelt. Viele Menschen (besonders im Rentenalter oder Jugendliche/Studierende) arbeiten ehrenamtlich, um ihre freie Zeit sinnvoll zu nutzen und eine gemeinnützige Sache zu unterstützen. Von pro bono-Tätigkeit spricht man bei fachlich hochqualifizierter Arbeit, die unentgeltlich für das Gemeinwohl geleistet wird, etwa Beratungstätigkeiten oder juristische Vertretung. Wer in Deutschland aufgrund bestimmter Tätigkeiten einen Anspruch auf Zahlung von Aufwandsentschädigungen erwirbt, darauf aber verzichtet und sich eine Spendenquittung ausstellen lässt, kann diese Beträge unter bestimmten Bedingungen von der Steuer absetzen ("Aufwandsspende"). Weitere Informationen: Externer Link: www.vereinsknowhow.de/kurzinfos/aufwandspenden-bmf.htm Eine Zuwendungsbescheinigung oder -bestätigung (auch: Spendenbescheinigung) wird von einer als gemeinnützig, mildtätig oder kirchlich anerkannten Organisation ausgestellt, um den Empfang einer Geld- oder Sachspende zu bestätigen. Der/Die Spender/-in kann damit den gespendeten Betrag steuerlich geltend machen. Zuwendungsbestätigungen können für Einzelspenden oder als Sammelbescheinigung bspw. für einen Jahreszeitraum ausgestellt werden. Die Anforderungen an eine Zuwendungsbestätigung regelt das Bundesministerium der Finanzen (BMF). Für Spenden bis 200€ gilt als Vereinfachter Zuwendungsnachweis der Kontoauszug, Bareinzahlungsbeleg, Überweisungsbeleg oder Lastschrifteinzugsbeleg in bestimmten Fällen aus. Näheres regelt § 50 Abs. 2 EStDV. Weiterführende Informationen § 50 EStDV: Externer Link: www.gesetze-im-internet.de/estdv_1955/__50.html Muster des BMF für Zuwendungsbestätigungen: Externer Link: www.formulare-bfinv.de/ffw/content.do Der Begriff Zweckbindung meint, dass bestimmte Geldmittel (oder Sachleistungen) nur zu gesetzlich oder vertraglich genau bestimmten Zwecken eingesetzt werden dürfen. Bei Spenden erfolgt eine Zweckbindung in der Regel bereits mit dem Spendenaufruf. Spendenempfängerinnen und -empfänger sind an die von den Spendenden ausgesprochene Zweckbindung gebunden. Verwenden die Empfängerinnen und Empfänger die erhaltene Spende nicht vereinbarungsgemäß, können die Spender/-innen ihre finanzielle Zuwendung zurückfordern. Spendenempfängerinnen und -empfänger bestimmen daher häufig den Zweck nicht zu eng oder lassen ihn offen (so genannte „freie Spenden“), um eventuelle Rückzahlungsforderungen zu vermeiden. Manchmal findet sich im Spendenaufruf ein Passus, dass bei Erreichen des Spendenziels die überschüssigen Mittel auch für andere Zwecke eingesetzt werden können. Weiterführende Informationen: Externer Link: www.vereinsknowhow.de/kurzinfos/zweckbindung-spende.htm
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-08-22T00:00:00"
"2016-03-03T00:00:00"
"2022-08-22T00:00:00"
https://www.bpb.de/die-bpb/foerderung/akquisos/222394/fundraising-glossar/
Im Akquisos-Glossar werden Begriffe aus dem Themenbereich Fundraising kurz und verständlich erklärt.
[ "Glossar", "Akquisos" ]
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Partizipative Stadt- und Raumgestaltung | Kulturelle Bildung | bpb.de
Was ist öffentlicher Raum? Und wem gehört er? Unsere Plätze, Straßen und Wege, Parks und Grünflächen sind öffentlicher Raum. Die Zugänglichkeit zu diesem öffentlichen Raum ohne jede Beschränkung ist ein wichtiges Merkmal. Hierin grenzt er sich vom privaten Raum ab, der einer Person oder einem Unternehmen gehört und daher unmittelbar deren sozialer und zugangsrechtlicher Kontrolle unterliegt. Als Zwischenform gibt es noch halböffentliche Räume. Die rechtliche Fragestellung „Wem gehört der öffentliche Raum“ ist also zunächst leicht zu beantworten: Kennzeichnend ist, dass er der Gemeinde oder Stadt gehört und von ihr bewirtschaftet und unterhalten wird. Er gehört damit der Gesellschaft und kann von allen ihren Mitgliedern benutzt werden. Neben der bebauten Fläche ist es vor allem diese unbebaute Fläche, die das Image einer Stadt oder Gemeinde prägt. Die Freiflächen tragen maßgeblich zur Lebensqualität bei und sind der Ort, die Bühne, für das öffentliche Leben: Sie sind Treffpunkte und Erholungsfläche, bieten Raum für Fortbewegung, Unterhaltung, Kunst und Konsum. Die Schaffung, Aufrechterhaltung und Pflege dieser Räume ist für die jeweiligen kommunalen Verwaltungen zentrale Aufgabe und große Herausforderung. Die Nutzung des öffentlichen Raums verändert sich Zum einen werden vor allem in den Städten die freien Flächen intensiver genutzt, es findet deutlich mehr Leben auf der Straße statt. Dieser Trend verstärkt sich seit ca. zehn Jahren. Das Freizeitverhalten ist insgesamt öffentlicher geworden, insbesondere junge Menschen verbringen viel Zeit außerhalb der privaten Wohnung. Organisierte Angebote wie Public Viewing, Straßenfeste oder Freiluftkino werden stark nachgefragt, aber auch die nicht organisierten Nutzungen wie spontane Partys auf einer Verkehrsinsel, das gemeinsame Genießen des Sonnenuntergangs auf der Brücke, Grillfeste und das Ausüben von sportlichen Aktivitäten sind außerordentlich beliebt. Die Umwandlung von ehemals industriell oder durch Verkehrsbauten wie Flugfelder oder Gleisanlagen genutzten Flächen in Freiflächen schaffen neue Möglichkeiten mitten in der Stadt. Zum anderen wird der öffentliche Raum seit 2001 als Folge der Terroranschläge in New York und in anderen Großstädten deutlich intensiver als zuvor aufgrund von Sicherheitserwägungen durch Sicherheitspersonal, Polizei oder Videoüberwachungsanlagen kontrolliert. Und ein weiterer Aspekt beschneidet das öffentliche Leben: Viele der vormals öffentlichen Räume werden in halböffentliche oder private Zonen umgewandelt. Auch hierfür sind die Gründe vielfältig, im Ergebnis bedeutet es aber, dass diese Flächen nicht mehr allen Nutzerinnen und Nutzern gleichermaßen offen stehen und zum Beispiel auf die Kunden/-innen eines Einkaufszentrums oder die Bewohner/-innen von gated communities (geschlossene Wohnanlagen), beschränkt werden oder werden könnten. Die noch verbleibenden freien Flächen werden knapper und daher umso intensiver genutzt, mancherorts kommt es regelrecht zu einer für alle strapaziösen Übernutzung. Viele Faktoren bestimmen die Nutzung Die meisten der öffentlichen Räume geben aufgrund ihrer Lage, Beschaffenheit, Ausstattung, Möblierung usw. eine oder mehrere Nutzungsarten vor. Am deutlichsten wird dies im öffentlichen Straßenraum, in dem die Bereiche eindeutig markiert, zoniert und geregelt sind, zum Beispiel als Fahrspuren oder Parkflächen. Viele der Flächen sind aber nicht so eindeutig einer Nutzung zugeordnet und können je nach Interesse bespielt werden. Die Benutzung wird häufig durch diejenigen entschieden oder geprägt, die sich regelmäßig vor Ort einfinden und die Stellen besetzen. Wir alle kennen die daraus entstehenden Nutzungskonflikte, etwa zwischen Hundebesitzern und Familien mit Kleinkindern in Parks, Radfahrerinnen und Fußgängern auf Gehwegen oder ruhesuchenden Spaziergängerinnen und grillenden Großgruppen in Grünanlagen. Neue Beteiligungsformen in der Planung und Umsetzung Neben den gesetzlich vorgeschriebenen, formalen Beteiligungsinstrumenten wurden in den letzten Jahren aus unterschiedlichen Gründen neue Mitsprache- und Beteiligungsformen entwickelt, von denen beispielhaft drei Berliner Projekte vorgestellt werden sollen. In allen drei Projekten ist die Stadt die Besitzerin der Flächen. Planung und Nutzung aber wird in unterschiedlichen Konstellationen gestaltet, daher können sie als drei unterschiedliche Typen verstanden werden. Den Projekten ist gemein, dass sie aus der Not eine Tugend gemacht haben. Angesichts knapper Kassen und sinkenden Personalstandes haben die kommunalen Verwaltungen kaum noch Kapazitäten, um Freiraumprojekte zu entwickeln und nachhaltig zu bewirtschaften. Die Zauberformel heißt „bürgerschaftliches Engagement“ und verspricht durch ein neues Verständnis von Planungskultur, ein enormes Potenzial an Kompetenzen, Zeit, Fantasie und Identifikation der Bewohner/-innen für die Quartiere nutzbar zu machen. Dies gelingt aber nur dann nachhaltig und erfolgreich, wenn die Stadt oder eine sie vertretende Stelle ihre neue Rolle verlässlich einnimmt: die des Unterstützers, Moderators und Qualitätssicherers. Nur dann kann dauerhaft sichergestellt werden, dass Aushandlungsprozesse zwischen verschiedenen Nutzergruppen fair verhandelt werden und weiterhin allen Gruppen eine gleichberechtigte Nutzung möglich ist. Wriezener Freiraumlabor Wriezener Freiraumlabor (© Moczek/Rambow) Auf dem Gelände eines ehemaligen Bahnhofs und Schienenfeldes unweit des Berliner Ostbahnhofs ist seit 2005 eine langgestreckte Parkfläche entstanden. Projektträger ist das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, das sich aber wegen fehlender Gelder auf die reine Verwaltung des Geländes beschränken muss. Es wurde als Forschungsprojekt in das Programm für experimentellen Wohn- und Städtebau ExWoSt aufgenommen und bis 2009 finanziell mit fast einer halben Million Euro gefördert. Zu Beginn der Planung der fast 1,8 Hektar großen Brache standen mehrere organisierte Planungstreffen, in deren Rahmen eine zukünftige Nutzung ausgehandelt wurde. Anwohner/-innen, Schulen, Initiativen und lokale Unternehmen beteiligten sich und engagieren sich auch heute noch mehr oder weniger regelmäßig an der Umsetzung. Bis Ende 2009 gab es hierfür monatliche feste Termine. Das Freiraumlabor ist jederzeit geöffnet, es gibt keine Zugangskontrolle. Dies eröffnet einerseits große Freiheiten in der Nutzung, andererseits besteht die Gefahr, dass das Projekt ökologisch und sozial kippt: In der direkten Nachbarschaft gibt es viele Hostels und einen großen Club, deren junge Gäste das Gelände gerne und ausgiebig für Partys nutzen. Deren kurze Aufenthaltsdauer allerdings steht in Kontrast zu der ebenfalls wichtigen regelmäßigen Pflege, Wartung und Unterhalt, ohne die der Garten in kurzer Zeit wieder zu verwahrlosen droht. Landmarke des Geländes ist der ehemalige Lokschuppen, der für zehn Jahre von dem Künstler Peter Goi gepachtet ist. Dort soll ab Sommer 2012 ein Raum für Kunst und Kultur entstehen. Ebenfalls ein wichtiger Nutzer ist das nahegelegene Dathe-Gymnasium, dessen Lehrer/-innen und Schüler/-innen die Fläche als grünes Klassenzimmer nutzen. Wriezener Freiraumlabor (© Moczek/Rambow) Prinzessinnengarten Seit Sommer 2009 befindet sich in Berlin-Kreuzberg der 6000 Quadratmeter große Prinzessinnengarten. 60 Jahre lang war der Ort eine Brache, heute wachsen dort Gemüse- und Kräutersorten in Bioqualität, es gibt ein Gartencafé, Workshops und Veranstaltungen. In einem Bezirk mit hoher Verdichtung, wenig Grün und vielen sozialen Problemen schaffen Kinder, Jugendliche und Erwachsene gemeinsam einen Ort urbanen Lebens. Da der Betreiber Nomadisch Grün gGmbH die Fläche von der Stadt jeweils nur für ein Jahr mieten kann, gleicht der Garten einer temporären Installation: Die Gebäude bestehen aus Containern und die Pflanzen werden in recycelten Bäckerkisten, Reissäcken und Tetra-Paks angepflanzt. Das macht den Garten mobil und ermöglicht einen Anbau auch auf versiegelten Flächen. Urban Gardening ist der Fachbegriff für diese Form des gemeinschaftlichen Gärtnerns, weltweit gibt es viele solcher Projekte. Ihnen allen ist gemein, dass vormals brach liegende Flächen in Gärten umgewandelt werden. Besonders spektakuläre Beispiele finden sich derzeit in Detroit und anderen amerikanischen Städten. Unter dem Begriff ‚Urban Farming’ wachsen derzeit tausende Gemüsegärten, oft verknüpft mit dem Anspruch nicht nur sinnvolle Beschäftigungsangebote zu bieten, sondern schlicht und einfach auch die lokale Versorgung mit gesundem Gemüse für arme Bevölkerungsschichten zu sichern. Der Garten in Kreuzberg unterliegt keiner starren Planung, sondern wird definiert und wächst durch die Ideen und Projekte, die seine unterschiedlichen Nutzer/-innen einbringen. Jeder kann mitgärtnern, für Garten-Anfänger gibt es entsprechende Einführungsabende. Das geerntete Gemüse wird ausschließlich in der Gartenküche verwertet, durch den Verkauf der Speisen und Spenden finanziert sich das Projekt. Die Kombination aus städtischer und privater Verantwortung sichert diesem Projekt den Erfolg. Tempelhofer Freiheit Eröffnungsfest der Tempelhofer Freiheit (© Moczek/Rambow) Derzeit das spektakulärste Projekt in Berlin ist der stillgelegte Flughafen Tempelhof, und dies nicht nur wegen seiner enormen Größe. Nach rund 100 Jahren Nutzung als Flugfeld hat sich das Areal seit der Schließung im Oktober 2008 und Wiedereröffnung im Mai 2010 rasant in eine riesige Spielwiese verändert. So spontan und ungeplant manche der Bereiche auch aussehen, es eint sie doch eine lange Planungsgeschichte. 1994 wurde ein erstes Gutachten zu einer Nachnutzung in Auftrag gegeben, 1995 tagte die erste Konzeptwerkstatt mit internationalen Experten, 1998 folgte eine Zukunftswerkstatt als Grundlage für den Masterplan der Nachnutzung. Seit 2007 wurde auch die lokale Bevölkerung in die Planung einbezogen, u.a. fanden moderierte Ideenwerkstätten, Fachdiskussionen, Online-Dialoge, Ausstellungen und Veranstaltungen statt, welche von über 36.000 Besuchern/-innen genutzt wurden, insgesamt wurden rund 1.300 Vorschläge eingebracht. Dieser riesige Ideenpool wurde zu vier Schwerpunktthemen verdichtet, denen die heutige, temporäre, Nutzung folgt: Tempelhof als Grün- und Freifläche, Sport und Bewegung, Kreativwirtschaft sowie Wohnen. Seit Juni 2009 wurden das Leitbild und das städtebauliche Konzept weiterentwickelt. Verantwortlich, auch für die ökonomische Entwicklung, ist der Entwicklungsträger Tempelhof Projekt GmbH. Auf drei sogenannten Pionierfeldern können im Zeitraum bis 2014 bzw. 2016 noch Projekte umgesetzt werden, danach werden sie neuen Nutzungen zugeführt. Unter anderem ist ein Bildungsquartier mit dem Neubau der Zentral- und Landesbibliothek geplant, Unternehmen aus den Bereichen der Clean Technologies, dem Aus- und Weiterbildungssektor und der Gesundheitswirtschaft sollen angesiedelt werden. Wohnungsbau ist in den Bereichen am Columbiadamm, dem Tempelhofer Damm und entlang der Oderstraße vorgesehen. Kernstück ist und bleibt eine riesige Parklandschaft, die sich in den kommenden Jahren zu einem modernen Freiraum mit hoher Gestaltungsqualität entwickeln soll. Der Park ist täglich von Sonnenauf- bis -untergang geöffnet. Neben der freien Nutzung des Geländes werden auch geführte Touren angeboten, u.a. in das 300.000 Quadratmeter große, denkmalgeschützte Flughafengebäude. Die nächsten großen Meilensteine sind die Realisierung der neuen Parklandschaft und die Ausrichtung der IGA, der Internationalen Gartenausstellung im Jahr 2017. Literatur Bischoff, Ariane, Selle, Klaus und Sinning, Heidi (2005): Informieren. Beteiligen. Kooperieren. Eine Übersicht zu Formen, Verfahren Methoden und Techniken. Kommunikation im Planungsprozess Bd. 1, vollst. überarb. Neuauflage, Dortmund. Nagler, Heinz, Rambow, Riklef & Sturm, Ulrike (Hrsg.). (2004). Der öffentliche Raum in Zeiten der Schrumpfung. Berlin: Leue. Nomadisch Grün (Hg.) (2012): Prinzessinnengärten. Anders gärtnern in der Stadt. Dumont Links zu den Projekten Externer Link: http://prinzessinnengarten.net/ Externer Link: http://www.freiraumlabor.org/ und Externer Link: http://www.lokdock.com/ Externer Link: http://www.tempelhoferfreiheit.de/ Externer Link: http://www.urbanfarming.org/ Eröffnungsfest der Tempelhofer Freiheit (© Moczek/Rambow)
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Riklef Rambow und Nicola Moczek
"2022-09-07T00:00:00"
"2012-06-06T00:00:00"
"2022-09-07T00:00:00"
https://www.bpb.de/lernen/kulturelle-bildung/137868/partizipative-stadt-und-raumgestaltung/
Öffentliche Räume, die für alle Bürgerinnen und Bürger nutzbar und frei zugänglich sind, haben großen Einfluss auf die Lebensqualität einer Stadt. Die knappen Kassen der Kommunen ermöglichen vermehrt Projekte, in denen Bürger Freiräume selbst planen
[ "Raumordnungspolitik" ]
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Der Wahl-O-Mat zur Landtagswahl in Niedersachsen 2022 ist ein Produkt der Bundeszentrale für politische Bildung und derExterner Link: Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung. Thesen und Inhalte des Wahl-O-Mat wurden von einem Redaktionsteam aus Jungwählerinnen und Jungwählern aus Niedersachsen, Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Journalismus und Bildung sowie den Verantwortlichen der Bundeszentrale für politische Bildung und der Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung entwickelt. Diensteanbieter gemäß § 5 Telemediengesetz (TMG) Bundeszentrale für politische Bildung Adenauerallee 86 53113 Bonn Tel.: +49 228 99515-0 Fax: +49 228 99515-113 Internet: Interner Link: https://www.bpb.de Präsident: Thomas Krüger Verantwortlich gemäß § 18 Medienstaatsvertrag (MStV) Thorsten Schilling (Anschrift s.o.) Leitung Fachbereich Multimedia Projektleitung für die Bundeszentrale für politische Bildung Pamela Brandt Martin Hetterich Lea Schrenk E-Mail: E-Mail Link: info@wahl-o-mat.de Projektleitung für die Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung Charlotte Lauber Georgsplatz 18/19 30159 Hannover E-Mail: E-Mail Link: poststelle@lpb.niedersachsen.de Tel.: +49 511/120-7500 Internet: Externer Link: https://demokratie.niedersachsen.de Pressekontakt Journalistinnen und Journalisten wenden sich bitte an die Pressestelle der Bundeszentrale für politische Bildung oder an die Externer Link: Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung. Inhalt und Redaktion Jungwählerinnen und Jungwähler Yasmin Akan, Erik Andreas, Emirhan Dalci, Sehriwan Gürses, Mona Hartkens, Mirja Malin Hartmann, Marie Jacob, Mattis Jaquet, Jacqueline Kochius, Frieder Kreußel, Friederike Lauer, Charlotte Leysner, Luzian Massarrat, Ben Meisborn, Rouwena Pasemann, Hilke Rater, Nina Rosnerski, Noah Sievert, Leo Suchan, Arthur Wohlfahrt Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Journalismus und Bildung Anisa Abdulaziz, Theresa Bechtel, Tanja Binder, Wolf Dittmayer, Henrik Domansky, Dr. Michael Jankowksi, Dr. Christina-Marie Juen, Prof. Dr. Stefan Marschall Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung Eleni Kinze, Charlotte Lauber, Mikis Rieb, Viviann Wilmot Bundeszentrale für politische Bildung Pamela Brandt, Martin Hetterich, Kathrin Linßen, Lea Schrenk Übersetzung in Deutsche Gebärdensprache Yomma GmbH E-Mail: E-Mail Link: service@yomma.de Internet: Externer Link: https://www.yomma.de Übersetzung in Leichte Sprache Blomstra, Gesellschaft für Bildungsberatung, Grabowy&Partner E-Mail: E-Mail Link: ">info@blomstra.de> Internet: Externer Link: https://www.blomstra.de Umsetzung, Gestaltungskonzept und Design 3pc GmbH Neue Kommunikation E-Mail: E-Mail Link: info@3pc.de Internet: Externer Link: https://3pc.de Programmierung GLAMUS GmbH E-Mail: E-Mail Link: santo@glamus.de Internet: Externer Link: https://www.glamus.de Nach einer Idee von Externer Link: ProDemos - Huis voor democratie en rechtsstaat Den Haag/Niederlande Die Vervielfältigung, Verbreitung und die öffentliche Wiedergabe des Wahl-O-Mat ist nicht gestattet. Der Wahl-O-Mat ist urheberrechtlich geschützt.
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-09-08T00:00:00"
"2022-08-24T00:00:00"
"2022-09-08T00:00:00"
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Genossenschaften und Wohneigentum | Eigentum | bpb.de
Genossenschaften sind im 19. Jahrhundert als Reaktion auf gesellschaftliche und wirtschaftliche Umbrüche entstanden. Mit den Genossenschaftspionieren Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch kann Deutschland als Ausgangspunkt einer weitreichenden Genossenschaftsbewegung gesehen werden, die auf zahlreiche andere Länder ausgestrahlt hat. Vorläufer gab es bereits vorher in mehreren Staaten. Rückblickend können die genossenschaftlichen Kooperationen jener Zeit als eine institutionelle Innovation gesehen werden, die sich fast weltweit verbreitet hat und heute ebenso problemlösend wirkt wie damals. Menschen taten sich zusammen, um sich gemeinsam selbst zu helfen, ohne auf staatliche Unterstützung oder private Wohltätigkeit zu setzen oder zu hoffen. Die Umwälzungen in Wirtschaft und Gesellschaft Mitte des 19. Jahrhunderts zogen auch Wohnungsnot nach sich, vor allem in den Städten, die Zuzugsort für viele Menschen waren, die ehemals auf dem Land gelebt und in der Landwirtschaft gearbeitet hatten. So entstanden in Deutschland ab 1850 die ersten Wohnungsgenossenschaften. Sie wurden von Handwerkern, Gewerbetreibenden oder Facharbeitern, manche auch von einzelnen Berufsgruppen, die Zugang zu speziellen Förderprogrammen hatten (Beamte, Angestellte, Eisenbahner), mit großem persönlichen Einsatz gegründet. Manche dieser Wohnungsgenossenschaften bestehen auch heute noch, die älteste ist die Baugenossenschaft München von 1871. Andere sind im Laufe der Geschichte untergegangen. Auch heute werden noch Wohnungsgenossenschaften gegründet. Neugründungen liegen aber nicht nur der Wunsch nach finanzierbarem Wohnen, sondern häufig auch Vorstellungen von bestimmten Wohn- und Lebensformen zugrunde. Die grundsätzlichen Merkmale von Wohnungsgenossenschaften, die manchmal auch als Baugenossenschaften oder Wohnungsbaugenossenschaften bezeichnet werden, sind bis heute unverändert. Sie machen genossenschaftliches Wohnen aus und sind im Genossenschaftsgesetz festgeschrieben. Ihren Ausgang nehmen sie beim Wohnungseigentum. Mit der gemeinsamen Problemlösung als Akt der privaten Selbsthilfe durch die Betroffenen ist verbunden, dass diese gleichzeitig Nutzer, also Mieter, und Eigentümer, also Investoren, sowie gleichberechtigte Mitglieder ihrer Genossenschaft sind. Individuell nutzen sie die Leistungen der Wohnungsgenossenschaft, deren Eigentümer sie gemeinsam sind und deren strategische Weichenstellungen und Prinzipien der Geschäftspolitik sie in den Eigentümerversammlungen festlegen. Aktuell stellen in Deutschland etwa 2.000 Wohnungsgenossenschaften mehr als zehn Prozent des gesamten Mietwohnungsbestandes bereit. Dies sind 2,2 Millionen Wohnungen, in denen über fünf Millionen Menschen leben. Über 2,8 Millionen Menschen sind Mitglieder und damit Eigentümer von Wohnungsgenossenschaften, mit steigender Tendenz. Legt man die Anzahl genossenschaftlicher Wohnungen zugrunde, können viele Wohnungsgenossenschaften als kleine und mittlere Unternehmen gelten. Insgesamt investieren sie jährlich mehr als 5,5 Milliarden Euro in Neubau, Instandhaltung und Modernisierung von Wohnungen. Verglichen mit den anderen Unternehmen der Wohnungswirtschaft fallen für die vergangenen Jahrzehnte das stetige Investitionsverhalten sowie die steigenden Investitionsvolumina der Wohnungsgenossenschaften auf. Ihre durchschnittliche Kaltmiete pro Quadratmeter liegt zudem unter jener der anderen Wohnungsunternehmen, ihre durchschnittliche Wohnungsgröße hingegen darüber. Genossenschaftliches Wohneigentum als Wesensmerkmal Die Besonderheit des genossenschaftlichen Wohneigentums besteht darin, dass es sich zwar um Privateigentum handelt, jedoch nicht Individualeigentum an dem bewohnten Wohnobjekt ist. Es ist vielmehr Eigentum an der gesamten Genossenschaft, das alle Mitglieder zusammen halten, also Kollektiveigentum. Für das einzelne Mitglied ist das genossenschaftliche Eigentum daher als ein Nutzungseigentum zu verstehen, denn es begründet keine isolierte Eigentümerschaft an einem Wohnobjekt, sondern ein Recht auf die Nutzung von Wohnraum. Damit ist auch verbunden, dass die Geschäftsanteile, die mit dem Beginn der Mitgliedschaft zu zeichnen sind, nicht als finanzielle Anlageinstrumente zu verstehen sind, sondern die Nutzungsrechte für Wohnraum verkörpern. Sie umfassen ein lebenslanges Wohnrecht, den Schutz vor Eigenbedarfskündigungen sowie ausdifferenzierte Beteiligungsrechte. Dieses Recht ist aber kein Eigentumsrecht an einer speziellen Wohnung. Die Wohnungsgenossenschaft muss zur eigenen Entwicklung die Möglichkeit besitzen, Wohnungen zu sanieren oder auch zu ersetzen. Ebenso davon unberührt bleibt natürlich die Möglichkeit einer Kündigung gegenüber Mitgliedern bei mietrechtlichen Verstößen. Dies dient auch dem Schutz anderer Mitglieder. Die aufgezeigten Unterschiede führen dazu, dass die Eigentümerrechte bei privat genutztem Eigentum gehaltvoller sind als genossenschaftliche Eigentümerrechte. Dies ist unmittelbar einsichtig, müssen doch bei genossenschaftlichen Entscheidungen die Interessen zahlreicher Mitglieder in Einklang gebracht werden. In der genossenschaftlichen Entscheidungsfindung werden Investoreninteressen und Mieterinteressen stets simultan berücksichtigt, weil jedes Mitglied diese beiden Funktionen in sich vereint. Selbstverständlich trifft dies auch bei Wohnungseigentümern zu, die ihr Wohnungseigentum selbst nutzen. Werden hingegen Mietbeziehungen eingegangen, kommt es zu einer Trennung der Investoren- und Mieterinteressen, und zwar unabhängig davon, ob die Eigentümer privat oder staatlich sind. Es können geradezu entgegengesetzte Wünsche aufeinandertreffen, zum Beispiel bei der Höhe des Mietpreises oder der Ausstattung von Wohnungen. Aus den skizzierten Besonderheiten des genossenschaftlichen Eigentums resultiert eine spezielle Entscheidungskonstellation in Wohnungsgenossenschaften: Einerseits erfolgt durch die Personalunion von Eigentümern und Mietern die gleichzeitige Berücksichtigung von Anbieter- und Nachfragerinteressen. Andererseits entstehen Herausforderungen, wenn sich die Mitglieder durch heterogene Interessen auszeichnen. Man stelle sich eine Kombination von Eigentümern vor, die an einem niedrigen Nutzungsentgelt interessiert sind, und solchen, die Investitionen in den Wohnungsbestand bevorzugen. Dass Abstimmungen in Genossenschaften nicht nach Kapitalanteilen erfolgen, sondern jede Stimme, also jedes Mitglied, denselben Einfluss hat, führt dazu, dass Genossenschaften manchmal auch als demokratische Organisationen bezeichnet werden. Strategische Orientierung als Alleinstellungsmerkmal Ihre Eigentumsmerkmale enthalten auch die Vorgaben für die strategische Orientierung von Wohnungsgenossenschaften. Diese unterscheidet sich von jener der anderen Wohnungsunternehmen grundlegend. Gesetzlich vorgegeben ist die Orientierung an den Mitgliedern. Ausschließlich für sie sind Werte zu schaffen, was durch die Erfüllung ihrer Bedürfnisse geschieht. Es gilt also, einen Mitgliederwert, einen MemberValue zu schaffen. Da die Mitglieder die Eigentümer sind, ist dieser Mitgliederwert gleichzeitig ein Eigentümerwert und bildet den Gesamtwert der unternehmerischen Tätigkeit der Wohnungsgenossenschaft für die Mitglieder. Der Eigentümerwert von privaten Wohnungsgesellschaften, etwa Aktiengesellschaften, fließt den Investoren laufend als Dividende und/oder als Wertzuwachs beim Verkauf von Anteilen zu. Dies ist der Shareholder Value. Er geht an die Investoren, wird dem Wohnungsunternehmen also entzogen. Bei den Wohnungsgenossenschaften ist es hingegen so, dass der MemberValue aus drei Bestandteilen besteht, von denen jeder ausschließlich an die Mitglieder fließt. Erstens entstehen Werte für die Mitglieder durch die Wohnleistungen und die wohnrelevanten Serviceleistungen, jeweils unter Berücksichtigung der Wohn- und Servicequalität, der Nutzungsentgelte und Servicegebühren. Serviceleistungen sind zum Beispiel Betreuungs- und Pflegeangebote für Senioren, Freizeit- und Kulturleistungen für Kinder und Jugendliche oder Mobilitäts- und Reinigungsdienste. Dieses Element wird als unmittelbarer MemberValue bezeichnet, der die Leistungsbeziehung zwischen Mitgliedern und ihrer Wohnungsgenossenschaft zum Ausdruck bringt. Zweitens entstehen Werte für die Mitglieder durch die Nutzung ihrer Vermögensrechte sowie der Beteiligungsrechte. Diese stehen den Mitgliedern zu, weil sie das Unternehmen mit Eigenkapital ausstatten und somit die finanzielle Basis für die gemeinsamen Aufgaben aufbringen. Konkret geht es um die Verzinsung des Eigenkapitals oder die Ausschüttungen in Form von Dividenden. Ob solche Zahlungen erfolgen, ist in der Satzung festzulegen. Die meisten Wohnungsgenossenschaften in Deutschland haben sich dafür entschieden. Die Partizipationsrechte decken die gesetzlich verpflichtend vorgegebene Beteiligung der Mitglieder ab, vor allem Mitwirkungsrechte in der Mitglieder- oder Vertreterversammlung, die Kontrollrechte der Mitglieder als Aufsichtsräte sowie die Gestaltungsrechte der Vorstände. Hinzu kommt die freiwillige Partizipation der Mitglieder in Form von Beratungsrechten, die häufig in diversen Beiräten ausgeübt werden, sowie Organisationsrechte, die etwa durch Nachbarschaftsaktivitäten genutzt werden. Insgesamt umfasst dies den mittelbaren MemberValue, der die Eigentümerbeziehung abbildet. Der dritte Bestandteil ist der nachhaltige MemberValue, der der Investitionsbeziehung entspricht. Er ermöglicht die Unternehmensentwicklung und ist durch die Existenz und Leistungsfähigkeit der Wohnungsgenossenschaft ein Optionsnutzen für die Zukunft. Es ist naheliegend, dass die Bewohner bereits heute einen Wert in einem gesicherten zukünftigen Wohnraum sehen. Dafür sind Investitionen in Leistungen, Prozesse und organisatorische Strukturen notwendig, die durch vergangene oder gegenwärtige Gewinne finanziert werden. Eine unmittelbare Folge dieser drei Wertkomponenten ist, dass Wohnungsgenossenschaften ihren Mitgliedern nicht den billigsten, sondern einen preiswerten (im wahrsten Sinne des Wortes) Wohnraum anbieten, der zu deren Anforderungsprofilen passt. Ebenso können sich Wohnungsgenossenschaften bei der Gestaltung ihrer Nutzungsentgelte nicht den Anforderungen des Marktes und der Regulierung der Wohnungsmärkte entziehen und Wohnraum unter Wert anbieten, der die Substanz der Wohnungsgenossenschaft auszehren und deren nachhaltigen Bestand gefährden würde. Einzelwirtschaftliche Vorteile für die Menschen Die drei Bestandteile des MemberValues hängen eng miteinander zusammen. Die Ausschüttung von Dividenden und das aktuelle Leistungsvolumen begrenzen zum Beispiel die Möglichkeiten, zusätzliches Eigenkapital über Rücklagen zu bilden. Werden große Investitionsvolumina beschlossen, reduziert dies die Möglichkeit zur Ausschüttung von Dividenden. Untersuchungen zum MemberValue von Wohnungsgenossenschaften haben gezeigt, dass die Mitglieder hier klare Prioritäten setzen. An der Spitze der Präferenzen stehen die Leistungen, knapp vor der Langfristigkeit, mit der sie in Anspruch genommen werden können. Erst dann folgen die Vermögens- und Partizipationsrechte. Auf der Leistungsebene dominiert eine hohe Wohnsicherheit, gefolgt von einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis, während erst dann die Verfügbarkeit zusätzlicher wohnrelevanter Dienstleistungen gewürdigt wird. Die genossenschaftliche Mitgliederorientierung ermöglicht es, Werte für die Mieter zu schaffen, ohne dass diese mit den besonderen Anforderungen durch kommunale Vermieter oder den Nachteilen einer investorenorientierten Shareholder-Value-Strategie konfrontiert werden. Letztere maximiert den Wert des Unternehmens durch die Mieteinnahmen für die Investoreneigentümer. Bei der MemberValue-Orientierung wird der Wert der Wohnungsgenossenschaft hingegen durch die Wohnungsnutzung der Mitglieder für die Mitglieder bestimmt. Da Genossenschaftsanteile nicht auf dem Finanzmarkt gehandelt werden, kann dessen mitunter negative Eigendynamik nicht in die Wohnungsgenossenschaften getragen werden. Es ist somit ausgeschlossen, dass isolierte Investoreninteressen unternehmerische Entscheidungen dominieren. Wohnungsgenossenschaften sind daher in der Realwirtschaft verankert. Sie sind nicht finanzmarktgetrieben, und sie können nicht feindlich übernommen werden. Diese positiven Merkmale wirken sich entsprechend aus: So unterbleibt erstens eine Disziplinierung des Genossenschaftsvorstands durch die Investoren. Stattdessen erfolgt eine Beschränkung des Managerhandelns durch den Wettbewerb auf dem Wohnungsmarkt sowie durch die Mitglieder. Eine zweite Folge sind die Grenzen für die Beschaffung von Eigenkapital, da der Finanzmarkt für Genossenschaften nicht zur Verfügung steht. Eigenkapital kann nur von den Mitgliedern bei ihrem Eintritt in die Genossenschaft und von nicht verwendeten Gewinnen herrühren. Um investieren und die Leistungen der Genossenschaft weiter entwickeln zu können, sind gute wirtschaftliche Ergebnisse daher eine grundlegende Voraussetzung. Selbstverständlich können auch Wohnungsgenossenschaften Gewinne machen. Sie benötigen sie sogar, weil ihnen der Kapitalmarkt verschlossen ist und die Zukunftsfähigkeit von Wohnungsunternehmen hohe Investitionen erfordert. Im Genossenschaftsgesetz ist detailliert vorgegeben, wie diese Gewinne entstehen und wie sie verwendet werden dürfen: Sie gehen immer an die Mitglieder, unmittelbar oder mittelbar, in der Gegenwart oder in der Zukunft. Eine dritte Konsequenz ist, dass Wohnungsgenossenschaften über ein inhärent nachhaltiges Geschäftsmodell verfügen. Die Entscheidungen werden von Menschen getroffen, die ihre Vorteile aus den aktuellen und zukünftigen Leistungen der Genossenschaft erzielen. Dies verhindert es, über eine isolierte Renditeorientierung das Investitionsbudget auszutrocknen. Zudem können Investitions- und Leistungsentscheidungen nicht zum Abzug von Eigenkapital führen, wenn Investoren eine Verringerung der Rendite befürchten. Die inhärenten Anreize zu nachhaltigen Entscheidungen sind eine eindeutige Stärke des genossenschaftlichen Eigentums. Aufwertung von Wohn- und Lebensräumen für die Gesellschaft Durch die Aktivitäten von Wohnungsgenossenschaften entstehen zusätzlich gesamtwirtschaftliche und gesellschaftliche Effekte, die über die einzelnen Genossenschaften hinauswirken, also Kollateraleffekte. Diese entstehen durch den Verzicht auf eine isolierte und kurzfristig orientierte Gewinnmaximierung, die über den Verkauf des Unternehmens, die Erhöhung der Mieten oder den Austausch von Mietern oder Raumnutzern erreicht werden soll. Wohnungsgenossenschaften sind daher in der Lage, Wohnungsmärkte zu stabilisieren. Dies gilt für Wohnquartiere und Stadtteile ebenso wie für Standorte im ländlichen Raum, also für den Wohnungsmarkt insgesamt. Hinzu kommt, dass erfolgreiche Wohnungsgenossenschaften Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen und entsprechende Möglichkeiten bieten, Einkommen zu erzielen. Sie vergeben Aufträge, tragen zum Steueraufkommen bei und investieren in Infrastrukturen. Auf diese Weise können Lebens- und Wirtschaftsräume aufgewertet und die Lebensqualität von Menschen erhöht werden. Daraus folgt, dass die Aktivitäten von Wohnungsgenossenschaften teilweise wirtschaftspolitische Maßnahmen ersetzen oder zumindest ergänzen können, zum Beispiel in der Sozialpolitik oder in der Stadtentwicklungspolitik. Zusätzlich gehen viele Wohnungsgenossenschaften Partnerschaften im Rahmen sozialer, kultureller, ökologischer oder bildungsorientierter Projekte ein. Dies sind sekundäre Effekte genossenschaftlicher Strategien, die die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung bedeuten. Selbstverständlich kann die Frage gestellt werden, ob die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung eine Besonderheit von Wohnungsgenossenschaften ist. Können nicht auch kommunale Anbieter und private Gesellschaften solche gesellschaftliche Effekte hervorrufen? Dies ist sehr wohl möglich. Bei Wohnungsgenossenschaften handelt es sich jedoch um eine direkte Folge der Umsetzung ihrer strategischen Orientierung. Dies ist, zumindest im Bereich der Wohnungsmärkte, einzigartig. Antworten auf Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft In den skizzierten einzelwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Vorteilen von Wohnungsgenossenschaften werden zugleich ihre Stärken vor dem Hintergrund aktueller Rahmenbedingungen sichtbar: Finanzierbarer und sicherer Wohnraum, Kombination einer eigentümer- und mieterorientierten Strategie, Beteiligungsrechte, Ausweitung der Teilhabe von Menschen in der Gesellschaft, Aufwertung von Lebensräumen – all dies sind wichtige Komponenten einer menschenfreundlichen Städte- und Baupolitik. Menschen formulieren zudem steigende Anforderungen an Unternehmen. Sie artikulieren mehr und mehr den Wunsch nach der Berücksichtigung gesellschaftlicher Werte wie Ehrlichkeit und Transparenz, Nachhaltigkeit und langfristige Orientierung, Verankerung, Nähe und Identität, Kontrollmöglichkeiten, die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung sowie Stabilität, Sicherheit und Verlässlichkeit. Diese Werte entsprechen der genossenschaftlichen MemberValue-Strategie. Betrachtet man den MemberValue und seine Bestandteile aus dem Blickwinkel gesellschaftlicher Werte, werden die Verbindungen offensichtlich. Der unmittelbare MemberValue weist einen Bezug zu realwirtschaftlicher Verankerung, Nähe und Identität auf. Der mittelbare MemberValue entspricht der Möglichkeit zur Kontrolle und der Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung. Der nachhaltige MemberValue bringt neben der Nachhaltigkeit Stabilität und Sicherheit zum Ausdruck. Die heute eingeforderten gesellschaftlichen Werte sind also genau jene Werte, die dem genossenschaftlichen Geschäftsmodell seit seiner Entstehung inhärent sind. Das genossenschaftliche Wertegerüst passt ausgezeichnet zu den aktuellen Erwartungen der Menschen an Unternehmen. Zum geforderten Verantwortungseigentum im Rahmen einer Purpose-Economy, in der die Unternehmenswerte in das Zentrum allen Handelns gestellt werden und dem Unternehmen Sinn verleihen, passen Wohnungsgenossenschaften ausgezeichnet. Antworten auf interne Herausforderungen Diese positive Einschätzung soll nicht verbergen, dass sich die Wohnungsgenossenschaften internen Herausforderungen gegenübersehen, die aus den gegenwärtigen demografischen, gesellschaftlichen, ökologischen und wirtschaftlichen Trends resultieren. Von manchen dieser Entwicklungen sind sie stärker betroffen als andere Unternehmen, was mit ihrer mittelständischen Unternehmensgröße, mit dem durchschnittlichen Alter ihrer Bewohner wie ihrer Wohnungsbestände – und bei manchen Genossenschaften auch ihrem Standort – zusammenhängt. Die einzelnen Wohnungsgenossenschaften unterscheiden sich hinsichtlich Betroffenheit und Anpassungsfähigkeit deutlich voneinander. Wie aber mit den aktuellen und den sich abzeichnenden zukünftigen Herausforderungen umgehen? Erstens können Wohnungsgenossenschaften und ihre Mitglieder nur dann ihre geschilderten Vorteile vollständig ausspielen, wenn sie sich dieser auch bewusst sind und sie alle Aktivitäten konsequent in eine umfassende Strategie einbinden. Deren professionelle Entwicklung und Umsetzung, ausgehend von den Mitgliederwünschen, ist eine wesentliche Voraussetzung für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit von Wohnungsgenossenschaften. Zweitens legt eine gezielte Unternehmensentwicklung die Prüfung nahe, ob eine Bewältigung der Aufgaben Kooperationspartner erfordert. Die Bildung größerer Netzwerke oder überschaubarer Kooperationen in unterschiedlichen Formen (Arbeitsgemeinschaften, Vereine, Besorgungs- und Kooperationsverträge, gemeinsame Gesellschaften), temporär oder auf Dauer, können Kostensenkungen, eine Risikoteilung, eine Verbreiterung und Ausdifferenzierung des Leistungsangebotes, eine Verbesserung der Managementqualität, den Zugang zu ergänzenden Kompetenzen, die Nutzung von Erfahrungen, eine Erhöhung der Mitgliederbindung, den Zugang zu neuen Mitgliedergruppen sowie viele weitere Zielsetzungen zum Inhalt haben. Entsprechend bieten sich als Partner andere Wohnungsgesellschaften, Genossenschaften anderer Sparten, kommerzielle oder soziale Dienstleistungsanbieter sowie kommunale und staatliche Organisationen an. Die demografische Entwicklung von Wohnungsgenossenschaften, verbunden mit der Mitgliederstruktur, legt es nahe, das Augenmerk auf zusätzliche Zielgruppen zu richten, was eine offensive Kommunikationsstrategie über die Besonderheiten von Wohnungsgenossenschaften erfordert. Die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen und die Erfahrungen der Menschen in Krisensituationen haben diese neugierig auf Genossenschaften gemacht. Eine offensive Kommunikation könnte die Alleinstellungsmerkmale sowie die Vor- und Nachteile des genossenschaftlichen Modells noch transparenter machen und überdies den Mitgliedern auch die Nutzung ihrer Partizipationsrechte erleichtern. Perspektiven für Wohnungsgenossenschaften Die Politik neigt dazu, Wohnungsgenossenschaften kontextabhängig sowohl zu überschätzen als auch zu unterschätzen. So werden sie manchmal als eine Wunderwaffe zur Lösung wohnungs-, sozial- und gesellschaftspolitischer Herausforderungen betrachtet. Manchmal werden sie aber auch, ihre Potenziale ignorierend, unterschätzt. Beides wird ihnen nicht gerecht und missachtet ihre Besonderheiten. Dazu tragen übrigens auch solche Mitglieder bei, die sich nicht als Eigentümer, sondern nur als Mieter verstehen, oder solche, die Genossenschaften als isolierte Institutionen der Vermögensanlage missverstehen und so das Fehlverhalten einzelner Genossenschaften als verdeckte Kapitalsammelstellen ermöglichen. Es handelt sich in solchen Fällen häufig um einen Missbrauch der genossenschaftlichen Rechtsform, der eine Gefahr für die Reputation der Wohnungsgenossenschaften insgesamt bedeutet und den es konsequent zu bekämpfen gilt. Wohnungsgenossenschaften haben bezahlbaren Wohnraum geschaffen, seit es sie gibt. Ihre Besonderheiten spiegeln die Zeit, in der sie entstanden sind, nämlich bitterste Wohnungsnot verbunden mit staatlicher Enthaltsamkeit auf dem Wohnungsmarkt. Heute bieten Wohnungsgenossenschaften Alternativen für eine Situation, die uns, wenn auch auf anderem Niveau, nicht gänzlich fremd erscheint. Damals wie heute bieten Wohnungsgenossenschaften Alternativen für Mieter, für den sozialen Wohnungsbau und für die Selbstnutzung von Wohneigentum. Sie sollten daher von der Politik als das wahrgenommen werden, was sie sind: Wohnungsunternehmen, die auf Rahmenbedingungen angewiesen sind, die es nahelegen, in Wohnraum zu investieren. Benötigt werden adäquate Grundstücke sowie eine Verringerung der Regulierungsintensität in der Wohnungswirtschaft. Dies würde nicht nur die bestehenden Wohnungsgenossenschaften fördern, sondern auch neue entstehen lassen. Solche werden dann gegründet, wenn sich Menschen finden, die bereit sind, in Eigeninitiative und im eigenen Interesse zusammen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und die dazu auch in der Lage sind. Vgl. Theresia Theurl, Genossenschaften 2018: Begründet durch eine Innovation von Friedrich Wilhelm Raiffeisen, in: dies. (Hrsg.), Ökonomische Innovation – Gesellschaftliche Orientierung, Wiesbaden 2018, S. 7–42. Zu den quantitativen Informationen vgl. GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, Wohnungswirtschaftliche Daten und Trends, Berlin, unterschiedliche Jahrgänge. Vgl. Theresia Theurl, Wohnungsgenossenschaften, in: Michael Voigtländer/Otto Depenheuer (Hrsg.), Wohneigentum – Herausforderungen und Perspektiven, Berlin 2014, S. 77–94. Eigentümer- oder Verfügungsrechte sind umso gehaltvoller, je weniger Personen über diese Rechte verfügen und je umfassender der Entscheidungsbereich ist. Die gesetzliche Vorgabe findet sich in Paragraf 1 des Genossenschaftsgesetzes und wird auch als Förderauftrag bezeichnet: Das genossenschaftliche Unternehmen hat die Verpflichtung, seine Mitglieder zu fördern. Vgl. Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Genossenschaftsgesetz) in der Fassung vom 16.10.2006, zuletzt geändert durch Gesetz vom 12.8.2020 (BGBl. I S. 1874), Externer Link: http://www.gesetze-im-internet.de/geng/BJNR000550889.html. Zum Begriff des "MemberValue" vgl. Theresia Theurl, Genossenschaftliche Mitgliedschaft und MemberValue, in: Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen 1/2005, S. 136–145. Vgl. Theresia Theurl, "Shareholder Value" und "genossenschaftlicher Förderauftrag" – Zwei unvereinbare strategische Ausrichtungen?, in: dies./Rolf Greve (Hrsg.), Vom Modell zur Umsetzung – Strategische Herausforderungen für Genossenschaften, Aachen 2002, S. 51–91. Vgl. Jörg-Matthias Böttiger, MemberValue für Wohnungsbaugenossenschaften. Ein Ansatz zur Operationalisierung des MemberValues für Wohnungsbaugenossenschaften und Handlungsempfehlungen für ein MemberValue-Management, Aachen 2009. Vgl. Theresia Theurl, Gesellschaftliche Verantwortung von Genossenschaften durch MemberValue-Strategien, in: Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen 2/2013, S. 1–14. Vgl. Aaron Hurst, The Purpose Economy: How Your Desire for Impact, Personal Growth and Community Is Changing the World, Boise 2014. Vgl. Theresia Theurl, Genossenschaftliches MemberValue-Management, in: Markus Gmür et al. (Hrsg.), Performance Management in Nonprofit-Organisationen, Bern 2013, S. 316–325. Vgl. Caroline Schmitter, Zeitgemäße Mitgliederkommunikation bei Wohnungsgenossenschaften: Eine empirische Analyse der Nutzung Neuer Medien, Aachen 2012. Vgl. Theresia Theurl, Bezahlbaren Wohnraum schaffen: Wohnungsgenossenschaften leisten ihren Beitrag, in: ifo Schnelldienst 21/2018, S. 20ff.
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, Theresia Theurl
"2021-12-07T00:00:00"
"2020-10-01T00:00:00"
"2021-12-07T00:00:00"
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/316460/genossenschaften-und-wohneigentum/
Wohnungsgenossenschaften haben seit jeher Wohnraum geschaffen. Sie machen Mieter zu Miteigentümern, die damit Verantwortung übernehmen. Es ist an der Zeit, die Vorteile und Eigenschaften dieser marktwirtschaftlichen Organisationsform wiederzuentdecke
[ "Wohnungsgenossenschaften", "Wohneigentum", "Wohnraum", "bezahlbarer Wohnraum", "Miete", "Eigentümer", "Kollektiveigentum", "Beteiligungsrechte", "Investitionen", "Eigenkapital" ]
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Alternative für Deutschland | Landtagswahl Nordrhein-Westfalen 2022 | bpb.de
Alternative für Deutschland (AfD) Die "Alternative für Deutschland" (AfD) tritt 2022 zum zweiten Mal seit ihrer Gründung im Jahr 2013 zu einer Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen an. Nach dem Austritt dreier Abgeordneter, darunter der Landes- und Fraktionsvorsitzende Marcus Pretzell, stellt die Partei derzeit die kleinste Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag. Lagen die Kerninhalte der Partei zu Gründungszeiten noch bei Themen rund um die EU und die Währungspolitik, besetzt sie nunmehr ein breiteres Feld gesellschaftspolitischer Themen. Dabei setzt die Partei den Fokus insbesondere auf asyl- und migrationspolitische Themen, zuletzt auch auf die Kritik an den Corona-Schutzmaßnahmen. In der Politikwissenschaft wird die AfD als rechtspopulistische und in Teilen auch rechtsradikale, völkisch-nationalistische und rassistische Partei eingeordnet. Die Jugendorganisation "Junge Alternative" wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistischer "Verdachtsfall" eingestuft, ebenso der inzwischen aufgelöste "Flügel". Nach einem Urteil in erster Instanz des Verwaltungsgerichts Köln aus dem März 2022 kann die gesamte AfD fortan vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft und mit geheimdienstlichen Mitteln beobachtet werden. Fakten zur Partei Gründungsjahr Landesverband: 2013* Landesvorsitz: Dr. Martin Vincentz* Mitgliederzahl in Nordrhein-Westfalen: 5.272* Wahlergebnis 2017: 7,4 % * nach Angaben der Partei Im Rahmen der Landtagswahl legt die Partei einen Schwerpunkt auf die Corona-Politik. Sie positioniert sich ablehnend gegenüber gesetzlichen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung oder einer Impfpflicht. Weiterhin fordert sie mehr Abschiebungen, ein Arbeitsverbot während laufender Asylverfahren und die Abschaffung der Härtefallkommission, des Kirchenasyls sowie sämtlicher Integrationsräte. Dem Islam widmet die AfD in ihrem Wahlprogramm ein eigenes Kapitel und mahnt dazu, seine Ausbreitung zu stoppen. In der Schulpolitik hält die Partei am mehrgliedrigen Schulsystem fest. Eine verbindliche Bekleidungsrichtlinie soll freizügige oder provozierende Kleidung aus den Schulen verbannen. Den menschengemachten Klimawandel leugnet die AfD und fordert den Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen. Sie steht weiterhin gegen die Subventionierung von Windkraft, Photovoltaik und Biogas. Die Lösung für eine importunabhängige Stromversorgung sieht die Partei in der Atomkraft. Darüber hinaus möchte sie Verschärfungen in der Sicherheitspolitik durchsetzen und fordert hierfür eine Aufstockung der Polizei und mehr Kontrollen an den nordrhein-westfälischen Außengrenzen. Alternative für Deutschland (AfD) Gründungsjahr Landesverband: 2013* Landesvorsitz: Dr. Martin Vincentz* Mitgliederzahl in Nordrhein-Westfalen: 5.272* Wahlergebnis 2017: 7,4 % * nach Angaben der Partei
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-04-21T00:00:00"
"2022-04-13T00:00:00"
"2022-04-21T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/parteien/wer-steht-zur-wahl/nordrhein-westfalen-2022/507260/alternative-fuer-deutschland/
Die AfD wurde 2013 gegründet. Die Partei setzt ihren Fokus insbesondere auf Asyl- und Migrationspolitik. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet die Partei und stuft sie als Verdachtsfall ein.
[ "AfD", "Landtagswahl Nordrhein-Westfalen 2022", "Wer steht zur Wahl " ]
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Sachsen: Prävention von Islamismus | Infodienst Radikalisierungsprävention | bpb.de
Termine, Stellen, News, Materialien, Videos & Hintergrund-InfosNewsletter zu Radikalisierung & Prävention abonnieren Bleiben Sie auf dem Laufenden im Arbeitsfeld Radikalisierungsprävention! Termine, Stellen, News, Materialien, Videos & neue Hintergrund-Beiträge des Infodienst Radikalisierungsprävention – alle sechs Wochen per E-Mail. Interner Link: → Zum Newsletter-Abonnement 1. Gibt es eine landeseigene Präventionsstrategie im Bereich Islamismus? In Sachsen wird die Präventionsarbeit in der Koordinierungs- und Beratungsstelle Radikalisierungsprävention (KORA) zusammengeführt, die im Jahr 2017 ins Leben gerufen wurde. Ziel von KORA ist es, durch Beratungs- und Fortbildungsangebote islamistische Radikalisierung zu verhindern beziehungsweise ihr entgegenzuwirken. Gleichzeitig sollen Betroffene dabei unterstützt werden, wieder Teil der freiheitlich-demokratischen Gesellschaft zu werden. Weiterhin engagiert sich KORA gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit und vermittelt Betroffenen Hilfsangebote. An der Umsetzung von KORA sind sowohl staatliche als auch zivilgesellschaftliche Akteure beteiligt. KORA ist im Demokratie-Zentrum Sachsen angesiedelt, das im Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt verortet ist. KORA wurde am 28.3.2017 in der Kabinettspressekonferenz in Dresden vorgestellt. KORA ist ein Vorhaben der folgenden drei Ministerien: Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen ZusammenhaltSächsisches Staatsministerium des InnernSächsisches Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung Bleiben Sie auf dem Laufenden im Arbeitsfeld Radikalisierungsprävention! Termine, Stellen, News, Materialien, Videos & neue Hintergrund-Beiträge des Infodienst Radikalisierungsprävention – alle sechs Wochen per E-Mail. Interner Link: → Zum Newsletter-Abonnement Die Infografik als Interner Link: PDF zum Herunterladen. Interner Link: > Zum Anfang der Seite 2. Wie ist die Präventionsarbeit organisiert? 2.1 Koordinierungs- und Beratungsstelle Radikalisierungsprävention (KORA) Die Koordinierungs- und Beratungsstelle Radikalisierungsprävention (KORA) ist im Demokratie-Zentrum Sachsen angesiedelt, das im Sächsischen Staatsministerium für ­Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt verortet ist. Die Arbeit von KORA ist in einem Fünf-Säulen-Konzept organisiert. Die ersten beiden Säulen sind der Prävention zuzuordnen, während die Säulen drei bis fünf der Intervention und Deradikalisierung gewidmet sind. An der Umsetzung der Arbeit sind sowohl staatliche als auch zivilgesellschaftliche Akteure beteiligt: 1. Säule: Vertrauensvoller Dialog mit muslimischen Organisationen Dieser wird durchgeführt durch die Landeskoordinatoren und -koordinatorinnen des Demokratie-Zentrums Sachsen, angesiedelt im Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, unterstützt durch Partner vor Ort. 2. Säule: Informations-, Sensibilisierungs- und Fortbildungsveranstaltungen Diese werden durchgeführt durch die Beratungsstelle Sachsen von Violence Prevention Network e. V. 3. Säule: Beratung von Angehörigen Diese wird durchgeführt durch das Aussteigerprogramm Sachsen, das als gemeinsames Projekt des Landespräventionsrates Sachsen (LPR) mit nichtstaatlichen Organisationen bei der Geschäftsstelle des LPR im Sächsischen Staatsministerium des Innern angesiedelt ist. 4. Säule: Deradikalisierungsberatung Diese wird durchgeführt durch die Beratungsstelle Sachsen und das Modellprojekt Prisma von Violence Prevention Network e. V. 5. Säule: Ausstiegsberatung Diese wird durchgeführt durch das Aussteigerprogramm Sachsen, das als gemeinsames Projekt des Landespräventionsrates Sachsen (LPR) mit nichtstaatlichen Organisationen bei der Geschäftsstelle des LPR im Sächsischen Staatsministerium des Innern angesiedelt ist. Die Koordination von KORA übernehmen die Landeskoordinatoren und -koordinatorinnen des Demokratie-Zentrums Sachsen. Insgesamt gibt es im Demokratie-Zentrum fünf Landeskoordinatoren und -koordinatorinnen. Das Sächsische Staatsministerium der Justiz beteiligt sich an KORA, um die Umsetzung der Maßnahmen der Radikalisierungsprävention und Deradikalisierung in juristischen Bereichen (beziehungsweise Justizvollzugsanstalten) zu vereinfachen. Zusätzlich werden durch die Zusammenarbeit die Bedarfe des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung sowie seiner nachgeordneten Behörden in die Arbeit von KORA integriert. Jedes Jahr im vierten Quartal findet zudem das sogenannte KORA-Forum, eine jährliche Informations- und Vernetzungsveranstaltung, statt. Daran nehmen üblicherweise über 100 Fachkräfte aus der Zivilgesellschaft, der Wohlfahrt, der Kommunalverwaltung, den Sicherheitsbehörden, Schulen und muslimischen Organisationen teil. 2.2 Demokratie-Zentrum Sachsen (Säule 1) Die erste Säule der sächsischen Präventionsarbeit wird von den für KORA zuständigen Landeskoordinatoren und ­koordinatorinnen des Demokratie-Zentrums Sachsen betreut. Das Demokratie-Zentrum Sachsen ist ein Kooperationsverbund, der staatliche und nichtstaatliche Akteure vereint, die sich für die Stärkung der Demokratie und gegen extremistische und menschenfeindliche Bestrebungen in Sachsen engagieren. Zu ihm gehören neben KORA die Landeskoordinierungsstelle Sachsen, die Beratungsstelle Sachsen sowie ein dazugehöriges Expertengremium. Außerdem sind die Landesarbeitsgemeinschaft Vielfalt, die geförderten Projekte im Rahmen des Landesprogramms Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz (WOS) und die sächsischen Projekte des Bundesprogramms Zusammenhalt durch Teilhabe Teil des Demokratie-Zentrums Sachsen. Aufgabe in der ersten Säule ist laut Konzept der "vertrauensvolle Dialog mit muslimischen Organisationen" in Sachsen. Dafür werden Kontakte zu muslimischen Organisationen in Sachsen aufgebaut und gepflegt sowie die Vermittlung von Kontakten zwischen institutionellen, behördlichen und muslimischen Ansprechpartnern und Ansprechpartnerinnen sichergestellt. Die Moscheegemeinden werden von den Landeskoordinatoren und -koordinatorinnen direkt aufgesucht. Beim Erstkontakt werden Themen wie die Gemeindestruktur und -organisation sowie mögliche Probleme und Bedarfe der Moscheegemeinden angesprochen. Ziel ist es, Vertrauen zwischen muslimischen Organisationen und Verbänden sowie anderen Akteuren der Präventionslandschaft wie Trägern der Wohlfahrt, Sicherheitsbehörden sowie der Zivilgesellschaft zu schaffen und zu stärken. Bei der Kontaktherstellung werden die Landeskoordinatoren und -koordinatorinnen von Partnern vor Ort unterstützt, so zum Beispiel von den Partnerschaften für Demokratie oder in Leipzig durch den zivilgesellschaftlichen Träger Zentrum für Extremismusprävention. Die Landeskoordinatoren und -koordinatorinnen des Demokratie-Zentrums Sachsen betreuen zudem eine Hotline zu den Themen "Radikalisierungsprävention im Hinblick auf islamistischen Extremismus" sowie "Islam- und Muslimfeindlichkeit in Sachsen". 2.3 VPN: Beratungsstelle Sachsen (Säulen 2 und 4) Die zweite Säule befasst sich mit der Umsetzung und Durchführung von Informations-, Sensibilisierungs- und Fortbildungsveranstaltungen für Akteure oder Beteiligte in der Präventionsarbeit. Sie wird vom Verein Violence Prevention Network (VPN) im Rahmen der Beratungsstelle Sachsen umgesetzt. Zu ihren Zielgruppen gehören unter anderem Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Flüchtlingseinrichtungen, muslimischen Organisationen, Schulen, Stadtverwaltungen, Jugendämtern und Justizvollzugsanstalten. Die Fortbildungsveranstaltungen sind jeweils ganztägig konzipiert und werden zu den Themen Islam, Muslimfeindlichkeit und Radikalisierungsprävention angeboten. Ziel ist es, die Zielgruppen in der Früherkennung von Radikalisierungstendenzen zu schulen, ihre Handlungskompetenzen zu stärken und Muslimfeindlichkeit abzubauen. Die vierte Säule umfasst ebenfalls ein Beratungsangebot, allerdings richtet sich dieses an Radikalisierte im frühen Stadium, nicht ausstiegswillige Rückkehrerinnen und Rückkehrer aus Kriegsgebieten und andere Radikalisierte. Diese Deradikalisierungs- beziehungsweise Distanzierungsberatung wird ebenfalls von Violence Prevention Network im Rahmen der Beratungsstelle Sachsen durchgeführt. 2.4 Landespräventionsrat Sachsen: Aussteigerprogramm Sachsen (Säulen 3 und 5) Bei der dritten Säule liegt der Fokus auf der Beratung von Angehörigen. Zur Zielgruppe gehören Familie, Freunde und Freundinnen, Mitschüler und Mitschülerinnen, Lehrkräfte sowie weitere Personen aus dem Umfeld von Radikalisierten. Durchgeführt wird die Beratung vom Aussteigerprogramm Sachsen, das als gemeinsames Projekt des Landespräventionsrates Sachsen (LPR) mit nichtstaatlichen Organisationen bei der Geschäftsstelle des LPR im Sächsischen Staatsministerium des Innern angesiedelt ist. Das Aussteigerprogramm Sachsen umfasst ein multiprofessionelles Team mit psychologischem und sozialwissenschaftlichem Hintergrund. Das Beratungsangebot des Aussteigerprogramms Sachsen hat zum Ziel, die Handlungskompetenzen der Beteiligten zu stärken und sie in der Deutung sowie im Umgang mit Anzeichen einer Radikalisierung bei Angehörigen zu unterstützen. Die fünfte Säule der Präventionsarbeit von KORA widmet sich der Ausstiegsberatung. Das Aussteigerprogramm Sachsen unterstützt Ausstiegswillige, Rückkehrerinnen und Rückkehrer aus Syrien / Irak und andere Radikalisierte gezielt bei ihrem Ausstieg aus der radikalen Szene und ihrer Wiedereingliederung in die Gesellschaft. 2.5 VPN, Outlaw und Aussteigerprogramm Sachsen: Prisma Sachsen Neben der von KORA in den fünf Säulen organisierten Arbeit existiert noch ein Modellprojekt, das an KORA angegliedert ist: Prisma Sachsen. Dieses Projekt wird von Violence Prevention Network in Kooperation mit dem Träger Outlaw gGmbH und dem Aussteigerprogramm Sachsen durchgeführt und im Rahmen von Demokratie leben! gefördert. Es widmet sich der Präventions- und Deradikalisierungsarbeit im sächsischen Strafvollzug und der Bewährungshilfe. Im Rahmen von Prisma Sachsen wird unter anderem eine phänomenübergreifende Fortbildung für Fachkräfte in Strafvollzug und Bewährungshilfe angeboten sowie Ausstiegsbegleitung und Interventionsarbeit bei radikalisierten Straftäterinnen und Straftätern geleistet. Die Fortbildungen sollen die Verhaltenssicherheit und eine kompetente Haltung gegenüber radikalisierten Straftäterinnen und Straftätern stärken. Dabei übernimmt das Aussteigerprogramm Sachsen die Koordination und Durchführung der Ausstiegsbegleitung, während Violence Prevention Network für die Fortbildung der Fachkräfte verantwortlich ist. KORA fungiert als zentrale Anlaufstelle und ist Vermittler zwischen Akteuren der Extremismusprävention innerhalb und außerhalb des Strafvollzugs. Auch nach der Haft werden die ehemaligen Inhaftierten in enger Kooperation mit der Bewährungshilfe für bis zu zwölf Monate weiter betreut. Vorab wird zudem in Form von Einzelsitzungen eine Vorbereitung auf die Entlassung angeboten. Ziel des Projekts ist es, radikalisierte Straftäterinnen und Straftäter zu einer Reflexion ihrer ideologischen Denkmuster zu bewegen und ihre Empathiefähigkeit zu fördern. Langfristig sollen neue Lebensperspektiven durch einen Ausstieg geschaffen werden. 2.6 Interministerielle Arbeitsgruppe Die Landeskoordinatoren und -koordinatorinnen des Demokratie-Zentrums organisieren Treffen einer Interministeriellen Arbeitsgruppe (IMAG) mit folgenden Teilnehmenden: Landeskoordinatoren und -koordinatorinnen (Demokratie-Zentrum Sachsen, Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt) Sächsisches Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung Sächsisches Staatsministerium des Innern (SMI) – Referat 16 (Verfassungsschutz, Geheimschutz) Sächsisches Staatsministerium des Innern (SMI) – Referat 33 (Kriminalitätsbekämpfung und Geschäftsstelle Landespräventionsrat) Landesamt für Verfassungsschutz (nachgeordnete Behörde SMI) Landeskriminalamt – Polizeiliches Terrorismus- und Extremismus-Abwehrzentrum (nachgeordnete Behörde SMI) Landeskriminalamt – Zentralstelle für polizeiliche Prävention (nachgeordnete Behörde SMI) Die IMAG begleitet KORA fachlich und sichert den Austausch der drei Ministerien. Bei quartalsweise stattfindenden Treffen werden aktuelle Probleme und Bedarfe der einzelnen Bereiche diskutiert sowie neue Konzepte und Maßnahmen zur Radikalisierungsprävention und Deradikalisierung beschlossen. 3. Welche Rolle spielen die Akteure der Bundesebene in Sachsen? 3.1 Arbeitsgruppen der Bundesländer Die Behörden und besonders die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern stimmen sich bereits seit 2009 in der Arbeitsgruppe Deradikalisierung des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums (GTAZ) über das Phänomen des islamistischen Extremismus ab. Seit 2018 wird Sachsen durch KORA beziehungsweise die KORA-Landeskoordinatoren und -koordinatorinnen in der AG Deradikalisierung vertreten. Des Weiteren existieren verschiedene Bund-Länder-Arbeitsgruppen im Rahmen der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK). 3.2 Kooperationsnetzwerk der Beratungsstelle Radikalisierung des BAMF Auch das Kooperationsnetzwerk der Beratungsstelle Radikalisierung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) dient als Plattform für den Austausch zwischen Bund und Ländern. In Sachsen übernimmt KORA die Funktion der Landeskoordinierungsstelle im Rahmen des BAMF-Netzwerks. Die Beratungsstelle Sachsen des Trägers Violence Prevention Network e. V. und das Aussteigerprogramm Sachsen sind als Partner vor Ort mit der aktiven Fallarbeit befasst. 3.3 BMFSFJ: Bundesprogramm Demokratie leben! Über das Bundesprogramm Demokratie leben! des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) kofinanziert der Bund einen Teil der Präventionsarbeit auf den Ebenen der Länder und Kommunen. Im Rahmen von Demokratie leben! werden in Sachsen 21 Partnerschaften für Demokratie gefördert. Dabei handelt es sich um lokale und regionale Bündnisse, die vor Ort passende Strategien für die konkrete Situation entwickeln. In jedem Bundesland unterstützen Landes-Demokratiezentren die Weiterentwicklung von Konzepten und Strategien zur Förderung von Demokratie und Vielfalt. Sie sorgen für eine Vernetzung der lokalen Aktivitäten – insbesondere der Partnerschaften für Demokratie. In Sachsen ist das Landes-Demokratiezentrum in Form des Demokratie-Zentrums Sachsen beim Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt angesiedelt. Des Weiteren werden im Rahmen von Demokratie leben! Modellprojekte zur Extremismusprävention in den Bereichen "Islamistischer Extremismus", "Phänomenübergreifende Prävention: Wechselwirkungen einzelner Phänomene, Deeskalationsarbeit" sowie "Prävention und Deradikalisierung in Strafvollzug und Bewährungshilfe" gefördert. In Sachsen ist dies das folgende Projekt: Prisma Sachsen – Radikalisierung erkennen, Deradikalisierung begleiten, Kompetenzen bündeln (Violence Prevention Network, Kooperationspartner: Outlaw gGmbH und Aussteigerprogramm Sachsen) 3.4 Jugendmigrationsdienste: Respekt Coaches Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) finanziert auch das Programm Respekt Coaches. Es wird von den Jugendmigrationsdiensten (JMD) an rund 190 Standorten in allen Bundesländern umgesetzt. Die JMD kooperieren dafür mit Schulen und weiteren Partnern. Das Programm soll in Gruppenangeboten demokratische Werte für junge Menschen erlebbar machen und sie in ihrer Persönlichkeit stärken. Schülerinnen und Schüler sollen den Wert einer vielfältigen Gesellschaft erfahren und lernen, unterschiedliche Weltanschauungen und Lebensweisen besser zu verstehen. Dies soll auch der Extremismusprävention dienen. In Sachsen gibt es acht Standorte der Respekt Coaches. Interner Link: > Zum Anfang der Seite 4. Wie arbeiten Landesebene und kommunale Ebene zusammen? Im Rahmen des "vertrauensvollen Dialoges mit muslimischen Organisationen" wird die Zusammenarbeit von KORA mit den Kommunen überwiegend über die ebenfalls im Bundesprogramm Demokratie leben! geförderten Partnerschaften für Demokratie geleistet (Interner Link: siehe Abschnitt 3.3). Darüber hinaus existieren im Freistaat Sachsen weitere kommunale beziehungsweise lokale Arbeitsgruppen und -gremien, Runde Tische und Netzwerktreffen zu den Themen Migration, Integration und Sicherheit in den verschiedenen Landkreisen, Städten und Gemeinden, mit denen KORA bei Bedarf kooperiert. 4.1 Zentrum für Extremismusprävention: Leipziger Präventionsnetzwerk gegen religiös begründeten Extremismus In der Stadt Leipzig wurde in den vergangenen Jahren durch den Verein Zentrum für Extremismusprävention in Kooperation mit KORA das Leipziger Präventionsnetzwerk gegen religiös begründeten Extremismus aufgebaut. Im Fokus steht die Vermittlung von freiheitlich-demokratischen Grundwerten an entscheidenden Orten wie Schulen, Vollzugsanstalten oder Flüchtlingsunterkünften. Zum Leipziger Präventionsnetzwerk gehören Akteure der Wohlfahrt, der Sicherheitsbehörden, der Stadtverwaltung und der Zivilgesellschaft. Das Ziel des Präventionsnetzwerks ist es, die unterschiedlichen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteure in Leipzig, die Berührungspunkte zum Themenfeld haben, zu verbinden und einen Austausch zu ermöglichen. Dafür sollen Arbeitsgruppen ins Leben gerufen und Vorträge, Flyer und Informationsbroschüren im Sinne der Aufklärung und Stärkung der Handlungskompetenz erstellt werden. Gefördert wird das Projekt durch das Landesprogramm Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz (WOS) des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. Interner Link: > Zum Anfang der Seite 5. Welche zivilgesellschaftlichen Akteure sind aktiv und wie arbeiten staatliche Akteure mit ihnen zusammen? Im Rahmen der Koordinierungs- und Beratungsstelle Radikalisierungsprävention (KORA) arbeitet das Land Sachsen im Wesentlichen mit dem bundesweiten Träger Violence Prevention Network e. V. sowie mit dem Zentrum für Extremismusprävention in Leipzig zusammen (Interner Link: siehe Abschnitte 2.2, 2.4, Interner Link: 4.1). Weiterhin greift es im Bedarfsfall auf die weiteren im Demokratie-Zentrum vertretenen Beratungsträger zurück und vermittelt so Kontakte zur Mobilen Beratung (Kulturbüro Sachsen e. V., Institut für Beratung, Begleitung und Bildung e. V.), zur Mobilen Beratung im Kontext Schule (Courage-Werkstatt für demokratische Bildungsarbeit e. V.) und zur Opferberatung Support (RAA Sachsen e. V.). Auch das Aussteigerprogramm Sachsen bei der Geschäftsstelle des Landespräventionsrates Sachsen im Sächsischen Staatsministerium des Innern arbeitet mit nichtstaatlichen Organisationen zusammen. Interner Link: > Zum Anfang der Seite 6. Welche Besonderheiten gibt es in Sachsen hinsichtlich der Präventionsarbeit? Eine Besonderheit der Präventionsstrategie Sachsens ist das auf fünf Säulen basierende Konzept von KORA. Damit soll eine zielgruppenspezifische und thematisch fokussierte Präventions- und Beratungsarbeit geleistet werden. Gleichzeitig fällt auf, dass die bei KORA angesiedelte Hotline des Landes Sachsen zur Beratung sowohl für Fälle von islamistischer Radikalisierung als auch für islam- und muslimfeindliche Vorfälle ansprechbar ist. Interner Link: > Zum Anfang der Seite 7. Quellen, Anlaufstellen und Präventionsprojekte in Sachsen 7.1 Wichtige Quellen und Websites Medienservice Sachsen: Externer Link: Demokratie-Zentrum Sachsen ist Fundament der Demokratiearbeit in Sachsen Sächsische Staatsministerin für Gleichstellung und Integration: Externer Link: Intervention – Radikalisierung wirksam begegnen Sächsische Staatsministerin für Gleichstellung und Integration: Externer Link: Prävention – Islamistische Radikalisierung 7.2 Anlaufstellen und Präventionsprojekte Demokratie-Zentrum Sachsen, Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt: Externer Link: KORA – Koordinierungs- und Beratungsstelle Radikalisierungsprävention Landespräventionsrat Sachsen, Sächsisches Staatsministerium des Innern: Externer Link: Aussteigerprogramm Sachsen Violence Prevention Network e. V.: Externer Link: Beratungsstelle Sachsen Violence Prevention Network e. V., Outlaw gGmbH, Aussteigerprogramm Sachsen: Externer Link: Prisma Sachsen Zentrum für Extremismusprävention e. V.: Externer Link: Leipziger Präventionsnetzwerk gegen religiös begründeten Extremismus Die Infografik als Interner Link: PDF zum Herunterladen. Stand: Februar 2020 Präventionsarbeit ist ein dynamischer Bereich mit vielen aktuellen Entwicklungen. Die Redaktion freut sich daher über Ihre Hinweise auf Akteure, Aktivitäten oder Zusammenhänge, die in diesem Beitrag bislang nicht berücksichtigt worden sind. Schreiben Sie uns gerne eine E-Mail an: E-Mail Link: radikalisierungspraevention@redaktion-kauer.de Interner Link: > Zum Anfang der Seite Infodienst RadikalisierungspräventionMehr Infos zu Radikalisierung, Prävention & Islamismus Das Online-Portal Infodienst Radikalisierungsprävention der bpb bietet Hintergrundwissen, pädagogische Materialien, einen Newsletter und eine Übersicht mit Beratungsangeboten. Interner Link: → Zur Infodienst-Startseite Das Online-Portal Infodienst Radikalisierungsprävention der bpb bietet Hintergrundwissen, pädagogische Materialien, einen Newsletter und eine Übersicht mit Beratungsangeboten. Interner Link: → Zur Infodienst-Startseite Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt: Externer Link: KORA-Forum 2019.
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-11-02T00:00:00"
"2019-08-15T00:00:00"
"2022-11-02T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/infodienst/295270/sachsen-praevention-von-islamismus/
Seit März 2017 arbeiten in Sachsen Akteure der Präventionsarbeit im Bereich Islamismus gemeinsam in einem Netzwerk. Beteiligt sind drei Ministerien in Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Trägern.
[ "Infodienst Salafismus", "Präventionsstrukturen", "Sachsen" ]
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Rechercheübung "Lifestyle" | teamGLOBAL | bpb.de
Als PDF herunterladen (92.1kB) Werbung in ihren unterschiedlichen Formen ist allgegenwärtig. Kaum eine Fläche oder ein Ort, an dem wir nicht über aktuelle Produkte und ihre (fantastischen) Eigenschaften informiert werden. In vielen Werbebotschaften treten dabei die klassischen Produkteigenschaften in den Hintergrund und es werden Merkmale hervorgestellt, die dem Käufer ein "Identitätsangebot" machen bzw. für einen bestimmten Lebensstil werben. Eine (Internet-)Rechercheübung auf der Suche nach dem aktuellen Life-Style und nach Merkmalen für ein gutes Leben. LERNINHALTE: Auffinden und Reflexion von identitätsstiftenden Eigenschaften, Werten, Ideen und Zielen in der Werbung von heute ZEITBEDARF: 90-120 Minuten ZIELGRUPPE UND GRUPPENGRÖßE ab 16 Jahre, Teilnehmerzahl: 10-25 Zum Download: Interner Link: Methodenbaustein Lifestyle Als PDF herunterladen (92.1kB)
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
"2012-02-26T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/die-bpb/partner/teamglobal/67639/rechercheuebung-lifestyle/
Mit welchen identitätsstiftenden Eigenschaften wird heute geworben? Welche Werte, Ideen und Ziele werden als erstrebenswert kommuniziert? Und: Was sind Merkmale für ein gutes Leben? Bei dieser Rechercheübung erstellen die Teilnehmenden eine Collage u
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Auf der Suche nach den Grenzen filmischer Wahrheit | "Wer wenn nicht wir" | bpb.de
Andreas Baader - Kann ein Drehbuch historische Realität abbilden? Andreas Baader - Kann ein Drehbuch historische Realität abbilden? Andres Veiel, Klaus Stern und Willi Winkler im Gespräch mit Jürgen Albers Am Rande des Max-Ophüls-Filmfestivals 2011 diskutierten die Filmemacher Andres Veiel und Klaus Stern gemeinsam mit den Journalisten Willi Winkler und Jürgen Albers, inwieweit ein Drehbuch historische Realität abbilden kann. Ein Audio-Podcast mit freundlicher Genehmigung des "Saarländischen Rundfunks". Andreas Baader - Kann ein Drehbuch historische Realität abbilden? Andreas Baader - Kann ein Drehbuch historische Realität abbilden? Andres Veiel, Klaus Stern und Willi Winkler im Gespräch mit Jürgen Albers
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"2021-06-23T00:00:00"
"2011-11-29T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/lernen/filmbildung/43373/auf-der-suche-nach-den-grenzen-filmischer-wahrheit/
Am Rande des Max-Ophüls-Filmfestivals 2011 diskutierten die Filmemacher Andres Veiel und Klaus Stern gemeinsam mit den Journalisten Willi Winkler und Jürgen Albers, inwieweit ein Drehbuch historische Realität abbilden kann.
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Politisierte Medizin in der DDR: Geschlossene Venerologische Stationen und das Ministerium für Staatssicherheit | Deutschland Archiv | bpb.de
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs setzten die Alliierten in den vier Besatzungszonen Deutschlands Maßnahmen zur Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten durch. Dazu wurden auch geschlossenen Venerologischen Einrichtungen aufgebaut – Veneral Disease-Hospitäler und Fürsorgeheime für Geschlechtskranke sowie geschlossene Venerologische Stationen. In den drei westlichen Besatzungszonen und dann in der Bundesrepublik Deutschland bestanden Venereal-Disease-Hospitäler beispielsweise in Frankfurt am Main sowie München und geschlossene Venerologische Stationen in den Hafenstädten Bremen, Hamburg und Ludwigshafen. In der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und anschließend in der DDR wurden Fürsorgeheime für Geschlechtskranke in Dresden, Leipzig und Zwickau gegründet sowie geschlossene Venerologische Stationen in Berlin, Berlin-Buch, Dresden, Erfurt, Frankfurt (Oder), Gera, Halle (Saale), Chemnitz (ab 1953 Karl-Marx-Stadt), Leipzig, Rostock und Schwerin eingerichtet. In die geschlossenen Venerologischen Stationen der DDR wurden Mädchen und Frauen ab dem zwölften Lebensjahr zwangseingewiesen, wenn ein Verdacht auf eine Geschlechtskrankheit vorlag. Die Stationen waren ein staatliches Instrument zur Durchsetzung einer paternalistischen Biopolitik und dienten primär der Absicherung der SED-Diktatur. Sie wurden vom Ministerium für Gesundheitswesen (MfG) koordiniert und vom Ministerium für Staatssicherheit (MfS) überwacht. Neben Patientinnen waren vor allem Ärzte der Stationen für das MfS tätig. Diese inoffiziellen Mitarbeiter (IM) des MfS berichteten über das medizinisch-pflegerische Personal und die Zwangseingewiesenen. Im vorliegenden Beitrag stellen wir am Beispiel der geschlossenen Venerologischen Stationen in Halle (Saale) und Leipzig-Thonberg die Aktivitäten von zwei Ärzten dar, die im Dienst des MfS standen. Während IM „Schneider“ ab 1976 für das MfS tätig war, berichtete der Inoffizielle Mitarbeiter Sicherheit (IMS) „Karl“ zwischen 1958 und 1989 dem MfS. Wir haben zunächst die BStU-Akten der beiden Ärzte historisch-kritisch ausgewertet. Anschließend haben wir Zeitzeugeninterviews mit ehemaligen Patienten geführt. Auf dieser Grundlage werden folgende Fragen behandelt: Was waren geschlossene Venerologische Stationen in der SBZ und DDR? Wie wurden die Stationen durch das MfS überwacht? Welche Aktivitäten beziehungsweise „Operativen Vorgänge" (OV) des MfS gab es in den Stationen? Rechtliche Grundlagen der geschlossenen Venerologischen Stationen Ihren rechtlichen Ursprung hatten die Stationen der SBZ, DDR und der Bundesrepublik im „Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten“ vom 18. Februar 1927. Mit diesem Reichsgesetz sollte die Verbreitung von Syphilis, Gonorrhoe und Ulcus molle unter anderem durch die zwangsweise Behandlung in einem Krankenhaus bekämpft werden. Das Reichsgesetz galt in der Bundesrepublik bis 1953 und wurde dann durch das gleichnamige „Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten (GeschlKrG)“ vom 23. Juli 1953 außer Kraft gesetzt. Auch die bundesrepublikanische Bestimmung ermöglichte es den Gesundheitsämtern, die Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person einzuschränken, um sexuell übertragbare Erkrankungen zu bekämpfen. In der SBZ hatte das Weimarer Reichsgesetz zunächst Bestand, wurde mit den Befehlen der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) Nr. 25 und 30 ergänzt und dann mit dem SMAD-Befehl Nr. 273 aufgehoben. Vor allem im SMAD-Befehl Nr. 273, der von 1947 bis 1961 gültig war, wurden die Fragen der Zwangseinweisung geschlechtskranker und krankheitsverdächtiger Personen geregelt. Die Tradition der SMAD-Befehle, Geschlechtskranke oder Krankheitsverdächtige in geschlossenen Einrichtungen zwangseinzuweisen, sie zu disziplinieren, zu isolieren und sie teilweise zur Arbeit zu verpflichten, wurde in der Gesetzgebung der DDR aufgegriffen: Am 23. Februar 1961 erließ das MfG die „Verordnung zur Verhütung und Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten“. Darin war unter anderem die Zwangseinweisung geschlechtskranker und krankheitsverdächtiger Personen festgeschrieben. Auf dieser rechtlichen Grundlage konnten Personen, die sich den ärztlichen Auflagen widersetzten, mehrfach als geschlechtskrank registriert wurden oder unter Verdacht des häufig wechselnden Geschlechtsverkehrs (HwG) standen, stationär behandelt beziehungsweise in eine geschlossene Station für Geschlechtskranke eingewiesen werden. Zwar war in der DDR-Verordnung ein dreistufiges Verfahren vorgesehen, an dessen Ende erst die Zwangseinweisung stand. Doch in der Praxis verfügten Venerologen oder Fürsorger die Zwangseinweisungen in geschlossene Venerologische Stationen, ohne das dreistufige Verfahren zu beachten. Ebenso griffen Polizisten Mädchen und Frauen auf Bahnhöfen, bei Veranstaltungen oder in Wohnheimen auf und führten sie in der Regel sofort den Stationen zu. Etwa zwei Drittel der Zwangseinweisungen wurden mit Verdacht auf „Herumtreiberei“ oder „Arbeitsbummelei“ begründet. Häufigkeit der Zwangseinweisungen und Therapien Offizielle Zahlen zu den Zwangseinweisungen in die geschlossene Venerologische Station in Halle (Saale) verdeutlichen das Ausmaß der Einweisungen. 1977 wurden dort 235 Mädchen und Frauen der Stadt und des Bezirks Halle zwangseingewiesen, von denen etwa 30 Prozent nachweislich mit einer Geschlechtskrankheit infiziert waren. Bei 70 Prozent der Mädchen und Frauen wurde keine Therapie durchgeführt. Die DDR-weite Dimension wird durch Zahlen aus dem Jahr 1968 deutlich: In diesem Jahr wurden insgesamt 2763 Personen zwangseingewiesen. Auch konnte lediglich bei 777 Personen (28 Prozent) eine Geschlechtskrankheit nachgewiesen werden, sodass bei mehr als 70 Prozent keine medizinische Indikation für eine Einweisung respektive stationäre Aufnahme vorlag. Die Aufenthaltsdauer von durchschnittlich vier bis sechs Wochen konnte bis zu zwölf Wochen betragen, wenn chronische Erkrankungen therapiert oder Verstöße gegen die Hausordnung der Station sanktioniert wurden. Darüber hinaus konnten wir die Patientenakten des Fürsorgeheims für Geschlechtskranke Leipzig-Thonberg und der aus dem Fürsorgeheim hervorgehenden geschlossenen Venerologischen Station stichprobenartig auswerten. Mit diesen Akten kann ein einzigartiger Einblick in den Alltag der Einrichtungen in Leipzig-Thonberg gewonnen werden. Für den Zeitraum 1946 bis 1990 sind insgesamt etwa 5000 Patientenakten überliefert, von denen wir etwa 40 Prozent ausgewertet haben. Die Auswertung der Akten ergab für den Zeitraum 1946 bis 1961, in dem die SMAD-Befehle gültig waren, dass bei 78 Prozent der Zwangseingewiesenen eine Geschlechtskrankheit diagnostiziert und therapiert wurde. Dagegen wurde im Zeitraum 1961 bis 1990, in dem die DDR-Verordnung vom Februar 1961 gültig war, nur bei 30 Prozent der Zwangseingewiesenen eine Geschlechtskrankheit diagnostiziert und behandelt. Vor allem die Verwahrung von Personen ohne medizinische Indikation ist ein Beleg dafür, dass die Stationen zur Disziplinierung derjenigen Personen verwandt wurden, die wegen „Herumtreiberei“ oder „Arbeitsbummelei“ eingewiesen worden waren. Das war ein klarer Verstoß gegen die Verordnung. Funktion und Alltag Ohne Vorgaben des MfG erließen Chefärzte Hausordnungen für ihre jeweilige geschlossene Venerologische Station und legten damit ein internes normatives Reglement fest. Mit der Unterbringung auf der Station sollten krankheitsverdächtige und geschlechtskranke Personen durch erzieherische Einwirkung, also durch Disziplinierung, zu einer „Sozialistischen Persönlichkeit“ erzogen werden, wie es in der Hausordnung von Halle heißt. Vorlage für diese Disziplinierung durch eine politisierte Medizin waren unter anderem die „10 Gebote für den neuen sozialistischen Menschen“, die 1958 auf dem fünften Parteitag der SED verkündet wurden. Vor allem das Gebot 7 zur Verbesserung der eigenen Leistung und Festigung der sozialistischen Arbeitsdisziplin sowie das Gebot 9 zur Achtung von Sauberkeit und einem anständigen Leben sind in den Hausordnungen wiederzufinden. Auch die Aufnahme in die Stationen war in den Hausordnungen geregelt und wurde von Zeitzeugen wie folgt beschrieben: Entkleidung, Abnahme persönlicher Gegenstände, Waschen (gegebenenfalls mit Rasur), Ankleiden mit Anstaltskleidung (blauer Kittel), Anamnese, gynäkologische Untersuchung und Zuweisung eines Bettes. Die Anamnese, bei der auch Angaben zu Sexualpartnern gemacht werden mussten, wurde anfänglich von Famulanten – das heißt von Studierenden der Humanmedizin, die praktische Erfahrung sammeln – später von Psychologen erhoben. Die gynäkologische Untersuchung führten zumeist die Stationsärzte beziehungsweise die Stationsschwestern durch. Schließlich war selbst der Tagesablauf in den Hausordnungen geregelt, deren Umsetzung von Zeitzeugen bestätigt wurde: Vor sechs Uhr wurden die Zwangseingewiesenen geweckt. Nach dem Waschen folgten die tägliche gynäkologische Untersuchung und das Frühstück. In Halle mussten arbeitsfähige Zwangseingewiesene Hilfsarbeiten verrichten, wie beispielsweise Putzen, Ausgabe von Essen oder Zellstoff zerschneiden. In Leipzig-Thonberg wurden die Frauen eher verwahrt, was vermutlich mit der langen Tradition der Einrichtung zusammenhängt, die ins frühe 20. Jahrhundert zurückreicht. Ab 21 Uhr war Nachtruhe. Auf den Stationen herrschte ein hierarchisches Unterdrückungssystem, das durch die Hausordnung bestimmt und von den Ärzten, Schwestern und „Stubenältesten“ umgesetzt wurde. Erziehungsmaßnahmen waren beispielsweise die Nachtruhe außerhalb des Bettes auf einem Hocker. Gleichzeitig gab es Belohnungen – beispielsweise durch Zuteilung von Zigaretten. Die „Stubenältesten“ wurden von den Schwestern ernannt. Sie teilten den Stubendienst ein oder organisierten die Hilfstätigkeiten. Einige Zeitzeugen berichten, dass sie sich gegen die Behandlungen oder den Umgang mit ihnen zur Wehr gesetzt haben. Dieser Widerstand wurde durch das medizinisch-pflegerische Personal und die „Stubenältesten“ sanktioniert. Ein Opponieren durch Angehörige oder durch das medizinisch-pflegerische Personal ist nicht überliefert. „Medizinische Versorgung“ und deren Folgen Geschlechtskrankheiten wurden ab Anfang der 1950er Jahre in der DDR mit Penicillin behandelt. Die Penicillin-Kur dauerte sieben bis 14 Tage, abhängig davon, ob es sich um eine Erstinfektion oder eine chronische Erkrankung handelte. Doch in den meisten Fällen lag keine medizinische Indikation, kein tatsächlicher körperlicher Befund vor, der die Voraussetzung für eine medizinische Handlung darstellt. Dennoch wurden die Mädchen und Frauen täglich gegen ihren Willen gynäkologisch untersucht. Bei der Entnahme des Abstrichs kam es häufig zu Verletzungen, Blutungen und bei Erstabstrichen zu Deflorationen. Die täglichen Abstriche wurden im Sinn einer abschreckenden, herabwürdigenden und disziplinierenden Maßnahme eingesetzt. Waren die Abstriche bei Erstabstrich negativ, wurden Provokationsmaßnahmen mit fieberauslösenden Mitteln vorgenommen. Diese Provokationen sollten mögliche Infektionen zum Vorschein bringen und entsprachen dem medizinischen Standard der Zeit. Die unmittelbaren Folgen der Behandlungen waren allgemeine Symptome wie Übelkeit, hohes Fieber und schubweise auftretende Krämpfe am gesamten Körper. Die medizinischen Eingriffe wurden ohne Aufklärung und ohne Einwilligung der Mädchen und Frauen durchgeführt. Die traumatischen Spätfolgen der gynäkologischen Untersuchungen sind unter anderem Angst vor Gynäkologen und Ärzten, sexuelle Inappetenz, Inkontinenz sowie interaktionelle Defizite, Partnerschaftsprobleme, Kinderlosigkeit und gestörte Mutter-Kind-Bindungen. Im Rahmen dieser psychotraumatologischen Folgen sind auch transgenerationale Belastungen zu diskutieren. Die geschlossene Station Halle (Saale) und die Berichte des IM „Schneider“ Ab 1976 wurde die geschlossene Venerologische Station in Halle durch das MfS überwacht. Hintergrund waren Eingaben über Missstände an der Poliklinik Mitte und Beschwerden über die Behandlungsmethoden des Leiters der geschlossenen Station. Neben Untersuchungen der Staatsanwaltschaft Halle, die eingestellt wurden, warb das MfS einen Arzt der Poliklinik Mitte an, der als IM „Schneider“ Informationen zu den Vorwürfen liefern sollte. IM „Schneider“ berichtete zunächst über dienstliche und private Angelegenheiten der Mitarbeiter der Poliklinik. In den folgenden Monaten lieferte IM „Schneider“ detaillierte Einschätzungen über die Leitungsarbeit, die medizinische Qualifikation und die privaten Verhältnisse des Direktors der Poliklinik Mitte in Halle, der zugleich Leiter der geschlossenen Venerologischen Station war. Seit Oktober 1976 wusste das MfS von den täglichen Verstößen gegen geltendes DDR-Recht. In einem Bericht von 1976 werden mehrere Fälle benannt, in denen der Leiter der Station Halle gegen rechtliche Bestimmungen verstoßen hatte: Er „weist also ungerechtfertigter Weise Mädchen auf die V-Station der Poliklinik Mitte ein. Diese Einweisungen entbehren jeglicher rechtlichen Grundlage. Er weiß genau, mit welchem Personenkreis er das machen kann, hat also ausgiebig Erfahrung.“ Im Frühjahr 1977 berichtete IM „Schneider“ über Beratungen der SED-Bezirksleitung. Im Rahmen dieser Beratungen wurde der Direktor der Poliklinik Mitte entmachtet; künftig sollte er nur noch als Leiter der geschlossenen Venerologischen Station tätig sein. Fortan konzentrierte sich IM „Schneider“ ausschließlich auf die Versorgung der Zwangseingewiesenen. So berichtete er etwa, dass die Frauen in Halle besonders stark diszipliniert und Einzelne beispielsweise mehrere Tage im Bad isoliert wurden. Zudem hätten sich die Zwangseingewiesenen untereinander geprügelt, so dass sie mit Platzwunden oder ähnlichen Verletzungen in stationäre Behandlung gebracht werden mussten. Ende 1978 berichtete IM „Schneider“ von der endgültigen Ablösung des Leiters der geschlossenen Venerologischen Station. Hintergrund war ein Vorfall, bei dem eine Patientin 48 Stunden im Bad vollständig isoliert worden war, da sie gegen die Hausordnung der Station verstoßen hatte. Die Isolation war eine Bestrafung durch den Leiter der Station und geschah auf dessen Anweisung. Die Ehefrau des IM „Schneider“, die zugleich Stationsärztin war, diagnostizierte bei der Patientin eine offene Tuberkulose und überwies sie zur Therapie ins Bezirkskrankenhaus. Der Vorgang wurde von der Stationsärztin zur Anzeige gebracht und führte mit Unterstützung des MfS zur Absetzung des Leiters. In weiteren Berichten dokumentiert IM „Schneider“ die Auseinandersetzung um die Nachfolge der Leitungsposition. Die geschlossenen Stationen Halle und Leipzig-Thonberg und die Berichte des IMS „Karl“ 1958 wurde IMS „Karl“ als Student der Humanmedizin vom MfS angeworben. Nach seiner Facharztausbildung wurde er 1968 Leiter der Hautabteilung der Kreispoliklinik Schönebeck und stellvertretender Kreisdermatologe. Ab Ende der 1960er Jahre berichtete er als IMS „Karl“ in regelmäßigen Abständen. Als stellvertretender Kreisarzt war er nicht direkt in den geschlossenen Venerologischen Stationen tätig. IMS „Karl“ berichtete über einzelne HwG-Personen des Kreises Schönebeck und deren Kontakte zu Personen aus der Bundesrepublik Deutschland. Zudem erstellte er Listen mit HwG-Personen, aus denen der Name und Familienname, das Alter, der Beruf, die Arbeitsstelle, die Wohnanschrift und die Kontaktpartner der HwG-Personen hervorgingen. Darüber hinaus verfasste IMS „Karl“ kleinere Dossiers über einzelne Patienten. Darin sind Angaben zur beruflichen Situation, zur Lebensweise und zu Partnerschaften zu finden. IMS „Karl“ berichtete unter anderem von einer Patientin, die arbeitslos war und häufig die Partner wechselte. Diese Patientin wurde vom IMS „Karl“ in der Hautklinik Magdeburg untersucht und anschließend zur Behandlung einer Geschlechtskrankheit in die geschlossene Venerologische Station Leipzig-Thonberg zwangseingewiesen. Ab Anfang der 1980er Jahre erstattete IMS „Karl“ monatlich Bericht über Geschlechtskranke und Krankheitsverdächtige, einschließlich aller angegebenen Kontaktpersonen. In diesem Zusammenhang finden sich weitere Dossiers – beispielsweise über eine Frau, die mehr als ein halbes Jahr ohne Arbeit war, bei verschiedenen Männern lebte und sich der Behandlung einer Geschlechtskrankheit entzog. Diese Frau wurde auf seine Anweisung in die geschlossene Venerologische Station Halle zwangseingewiesen. In weiteren Berichten wurden persönliche und gesundheitliche Angaben zu minderjährigen, ausländischen oder chronisch kranken Patienten an das MfS weitergegeben. Dabei verstieß der IMS „Karl“ gegen die ärztliche Schweigepflicht, die auch in der DDR bestand. Ein Vergleich der Berichte des IMS „Karl“ mit denen des IM „Schneider“ zeigt deutliche Unterschiede. IM „Schneider“ berichtete vor allem über seine ärztlichen Kollegen, wobei der Leiter der geschlossenen Station im Fokus stand. Aus vorangegangen Untersuchungen zu IM-Ärzten ist bekannt, dass die meisten Ärzte über ärztliche Kollegen berichteten. Die Berichte des IM „Schneider“ fügen sich somit in dieses Bild ein. Der IMS „Karl“ hingegen berichtete fast ausschließlich über Patientinnen. Entsprechend wusste das MfS, welche Patientin beispielsweise auf einer geschlossenen Venerologischen Station zwangseingewiesen war. Damit verstieß er gegen die ärztliche Schweigepflicht. Solche Verstöße gegen die Rechtsgrundsätze des medizinischen Betreuungsverhältnisses in der DDR sind für ungefähr ein Drittel aller IM-Ärzte der DDR belegt. Operative Vorgänge des MfS und die geschlossenen Venerologischen Stationen IMS „Karl“ fertigte nicht nur Berichte über Patientinnen an, sondern schlug seinem Führungsoffizier konkrete Vorgehensweisen im Rahmen Operativer Vorgänge vor. 1978 wurde IMS „Karl“ von seinem Führungsoffizier allgemein gefragt, wie man die Geschlechtskrankheit einer Person unter Einhaltung der ärztlichen Schweigepflicht öffentlich bekannt machen könne. Daraufhin einwickelte IMS „Karl“ zwei mögliche Vorgehensweisen, um Personen zu denunzieren. Erstens: Bei Vorladungen in die Hautklinik zur Untersuchung wegen des Verdachts einer Geschlechtskrankheit sollte nicht die private, sondern die dienstliche Adresse verwendet werden. Mit Hilfe der Vorladung in Form einer Postkarte wäre an der Arbeitsstelle schnell bekannt geworden, dass die betreffende Person krankheitsverdächtig sei. Zweitens: Krankheitsverdächtige sollten von der Polizei nicht in der Wohnung, sondern direkt im Betrieb abgeholt und der Hautklinik zugeführt werden. Auch dieses Vorgehen diente der Denunziation und Diskreditierung am Arbeitsplatz. Die vom IMS „Karl“ geplanten öffentlichen Denunziationen stellen eine „Zersetzungsmaßnahme“ dar. Solche Maßnahmen sind vor allem für Pastoren, Künstler oder Opponenten in der DDR überliefert. 1983 schlug IMS „Karl“ auf Anfrage seines Führungsoffiziers eine weitere Vorgehensweise vor. Dieser zufolge sollten gezielt Personen zur Untersuchung wegen des Verdachts auf Geschlechtskrankheiten vorgeladen werden. Diese Vorladungen sollten auf Grundlage der DDR-Verordnung von 1961 geschehen und waren vorgetäuscht. Die vorgetäuschte Vorladung zu einer ärztlichen Untersuchung ist auch von anderen IM-Ärzten überliefert. Solche Einbestellungen von Patienten oder Angehörigen sind beispielsweise bei IM-Ärzten der Betriebsmedizin belegt. In der Zeit der ärztlichen Untersuchung hatte das MfS die Möglichkeit, unbemerkt an die Schlüssel der vorgeladenen Personen zu gelangen, die Wohnungen zu überprüfen oder Abhörtechnik zu installieren. Diese offenkundig wiederholt eingesetzte Methode wurde von IMS „Karl“ weiterentwickelt und an die Besonderheiten der Venerologie angepasst. Praktische Umsetzung der geplanten operativen Vorgänge Durch Listen mit HwG-Personen, Dossiers über einzelne Patienten oder Denunziationen wusste das MfS von möglichen Geschlechtskrankheiten etwaiger Zielpersonen. Dieses Wissen wurde vom MfS unmittelbar genutzt, wie das Beispiel eines Diakons der Evangelischen Kirche in Halle zeigt. Am 28. Juni 1983 erfuhr das MfS im Rahmen technischer Abhörmaßnahmen der Abteilung 26, dass der Diakon möglicherweise eine Gonorrhoe-Infektion habe. In einem Gespräch zwischen einem IM „Bergmann“ und seiner Kontaktperson beim MfS gab IM „Bergmann zu Protokoll, dass der Diakon eine Gonorrhoe-Infektion habe". Mit diesem Wissen wandte sich ein Hauptmann des MfS an einen IM-Arzt mit dem Fachgebiet Dermatologie und Venerologie. Der IM-Arzt erklärte sich bereit, den Diakon vorzuladen und zu untersuchen. Gleichzeitig sollte der Diakon nach weiblichen Kontaktpersonen befragt werden. Aus einem Zeitzeugeninterview ist bekannt, dass sich der Diakon ein Antibiotikum über eine befreundete Ärztin besorgt und sich selbst therapiert hatte. Entsprechend konnte im Rahmen der Untersuchung durch den IM-Arzt keine Infektionskrankheit diagnostiziert werden. Bereits in den 1970er Jahren plante das MfS, Zwangseinweisungen in geschlossene Venerologische Stationen gezielt einzusetzen, um missliebige Personen DDR-weit von politischen Großereignissen fernzuhalten – beispielsweise 1973 während der Weltfestspiele in Berlin. Dass solche Pläne in den 1980er Jahren realisiert wurden, verdeutlicht der Vorgang um den Diakon der Evangelischen Kirche in Halle. Die vorgetäuschte Vorladung sollte einerseits der temporären Verwahrung des Patienten dienen sowie dazu, Informationen über Kontakte mit Frauen zu gewinnen. Andererseits war sie Teil einer breit angelegten Zersetzungsmaßnahme der MfS-Abteilung 26, bei der Telefonate protokolliert, Abhörmaßnahmen in Wohnungen und Videoüberwachungen vorgenommen wurden. Die geschlossenen Venerologischen Stationen dienten dem MfS aber nicht nur für die temporäre Verwahrung und Abschöpfung von Informationen. Vielmehr deuten die bei den geschlossenen Venerologischen Stationen beobachtbaren Praktiken auch darauf hin, dass die Zwangseingewiesenen zudem diszipliniert und teilweise für die Zusammenarbeit mit dem MfS gewonnen werden sollten. Fazit Ein Gedenkstein für die in die Poliklinik zwangseingewiesenen Mädchen und Frauen (© picture alliance/ZB, dpa-Zentralbild, Foto: Hendrik Schmidt) In der SBZ und DDR konnten Mädchen und Frauen in Fürsorgeheime für Geschlechtskranke und geschlossene Venerologische Stationen zwangseingewiesen werden. Dort wurden sie häufig ohne medizinische Indikation durch Maßnahmen einer politisierten Medizin diszipliniert. Die Akteure übernahmen dabei nicht einfach ein bestehendes politisches System oder ließen sich davon instrumentalisieren. Vielmehr prägten sie das politische System selbst durch eigene Normen, beispielsweise über die von ihnen selbst verfassten Hausordnungen der geschlossenen Stationen, die sie wiederum in ihrem täglichen Handeln in den Stationen umsetzten. Dies wird am Beispiel des IMS „Karl“ deutlich, der für das MfS Pläne zu vorgetäuschten medizinischen Untersuchungen oder zur innerbetrieblichen Denunziation vermeintlich Geschlechtskranker entwickelte. Darüber hinaus wird deutlich, dass IM-Ärzte seit Ende der 1950er Jahre für das MfS tätig waren und sowohl über ärztliche Kollegen als auch über Patienten berichteten. In diesem Zusammenhang wurde gegen die ärztliche Schweigepflicht verstoßen, wie das Beispiel des IMS „Karl“ zeigt. Dabei standen Sachfragen und persönliche sowie gesundheitliche Aspekte im Mittelpunkt. Durch solche Informationen wusste das MfS, was in der geschlossenen Venerologischen Station in Halle stattfand und welche Personen in die Stationen Halle und Leipzig-Thonberg zwangseingewiesen wurden. Diese Informationen nutzte das MfS für seine Zwecke. So wurden im Auftrag des MfS missliebige Personen nicht nur temporär verwahrt. Vielmehr waren die geschlossenen Venerologischen Stationen Teil umfassender Maßnahmen des MfS bei der Abschöpfung von Informationen und „Zersetzung“ einzelner Personen. Wie unsere Forschungsergebnisse zeigen, stehen die Stationen in Halle und Leipzig-Thonberg beispielhaft für weitere geschlossene Venerologische Stationen in der DDR. Im September 2015 wurde in Anerkennung des Unrechts ein Gedenkstein für die zwangseingewiesenen Mädchen und Frauen in Halle eingeweiht. Im Juli 2016 beschäftigte sich die Bundesregierung mit den geschlossenen Venerologischen Stationen und beantwortete eine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu den Stationen in der DDR. Seit Sommer 2016 sind mehrere Urteile von Landes- und Oberlandesgerichten gesprochen worden, in denen die Unterbringung in den geschlossenen Venerologischen Stationen Halle und Leipzig-Thonberg für rechtsstaatswidrig erklärt wurde. Zitierweise: Maximilian Schochow und Florian Steger, Politisierte Medizin in der DDR: Geschlossene Venerologische Stationen und das Ministerium für Staatssicherheit, in: Deutschland Archiv, 9.2.2018, Link: www.bpb.de/263827 Ein Gedenkstein für die in die Poliklinik zwangseingewiesenen Mädchen und Frauen (© picture alliance/ZB, dpa-Zentralbild, Foto: Hendrik Schmidt) Ulrike Lindner, Gesundheitspolitik in der Nachkriegszeit. Großbritannien und die Bundesrepublik Deutschland im Vergleich, München 2004; Florian Steger und Maximilian Schochow, Traumatisierung durch politisierte Medizin. Geschlossene Venerologische Stationen in der DDR, Berlin 2016. Vgl. zu Frankfurt a. M.: Fritz Koch, Verwaltete Lust. Stadtverwaltung und Prostitution in Frankfurt am Main 1866–1968, Frankfurt a. M. 2010, S. 233 ff.; vgl. zu München: Siegfried Borelli und Willy Starck, Die Prostitution als Psychologisches Problem, Berlin/Heidelberg 1957, S. 131; vgl. zu Bremen: Stefan Mörchen, Schwarzer Markt. Kriminalität, Ordnung und Moral in Bremen 1939–1949, Frankfurt a. M./New York 2011, S. 441; vgl. zu Hamburg: Brigitte Reng, Das sexuelle Verhalten junger weiblicher Prostituierter, in: Beiträge zur Sexualforschung. Organ der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung 45 (1968), S. 1–57; vgl. zu Ludwigshafen: Wolfgang von Hippel, Zum Wohle der Kranken. Vom Hospital zum Klinikum der Stadt Ludwigshafen am Rhein. 100 Jahre Städtisches Krankenhaus 1892–1992, Ubstadt-Weiher 1992, S. 555 f. Maximilian Schochow und Florin Steger, Closed Venereology Wards in the GDR, in: Journal of the European Academy of Dermatology and Venereology 30 (2016), S. 1814–1818, hier S. 1814; vgl. zu Erfurt und Gera: Florian Steger und Maximilian Schochow, Traumatisierte Frauen. Geschlossene Venerologische Stationen in Mitteldeutschland, in: Gerbergasse 18 (2017), S. 45–49. Steger und Schochow, Traumatisierung durch politisierte Medizin (Anm. 1), S. 100–107. Maximilian Schochow und Florian Steger, Closed Venereology Wards in hospitals of the German Democratic Republic (GDR) and the Ministry for State Security (MfS), in: Journal of the European Academy of Dermatology and Venereology 31 (2017), S. e225–e226. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 18. Februar 1927, in: Deutsches Reichsgesetzblatt, Teil I, Jahrgang 1927, S. 536–541. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten (GeschlKrG) vom 23. Juli 1953, in: Bundesgesetzblatt, Teil I, Jahrgang 1953, S. 700–706. Verordnung zur Verhütung und Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten unter der deutschen Bevölkerung in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. SMAD-Befehl Nr. 273 des obersten Chefs der SMAD vom 11.12.1947, in: Deutsche Zentralverwaltung für das Gesundheitswesen (Hg.), Die gesetzlichen Bestimmungen zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands, Berlin 1948, S. 15–22. Verordnung zur Verhütung und Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 23. Februar 1961, in: Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik (Hg.), Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik, Teil II, Berlin 1961, S. 85–89. Ebd. Florian Steger und Maximilian Schochow, Disciplining through Medicine. Turning Girls and Women into „Socialist Personalities” at Closed Venerological Wards in Communist East Germany (GDR), in: Law, Health & Society. A Series “E” of the French Journal of forensic medicine 3 (2016), S. 68–71. Gerd Münx, Hartmut Bruns und Gottfried Rudolf, Venerische Erkrankungen und ihre Prophylaxe in der Stadt Halle, in: Klaus Magyar (Hg.), Prophylaxe im industriellen Ballungsgebiet Halle. Beitrag des kommunalen Gesundheitswesens der Stadt Halle und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zum 30. Jahrestag der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik, Halle (Saale) 1979, S. 69–72, hier S. 70. Günter Elste und L. Krell, Zur Bedeutung der Verhütungs- und Bekämpfungsmaßnahmen von Geschlechtskrankheiten in der DDR bei „uneinsichtigen Gefährdeten und Kranken“, in: Dermatologische Monatsschrift 156 (1970), S. 932–938, hier S. 937. Steger und Schochow, Traumatisierte Frauen (Anm. 3), S. 48. Ebd., S. 47. Steger und Schochow, Traumatisierung durch politisierte Medizin (Anm. 1), S. 198. BArch Best. DQ 1. Nr. 4228, unpag. Hausordnung. Für die Patientinnen der geschlossenen Geschlechtskranken Frauenstation im Stadtkrankenhaus Mitte Halle (S) Kleine Klausstr. 16, Halle (Saale), den 23. April 1963. Verena Zimmermann, „Den neuen Menschen schaffen“. Die Umerziehung von schwererziehbaren und straffälligen Jugendlichen in der DDR (1945–1990), Köln, Weimar, Wien 2004, S. 18. Steger und Schochow, Traumatisierung durch politisierte Medizin (Anm. 1), S. 58. Ebd., S. 60. Ebd., S. 95. Wolfgang Gertler, Systematische Dermatologie und Grenzgebiete, Bd. 2, Leipzig 1973, S. 1247–1253. Steger und Schochow, Traumatisierung durch politisierte Medizin (Anm. 1), S. 98. BStU Archiv der Außenstelle Halle, MfS, BV Halle, KD Halle, II, VIII 616/76. Bl. 000004–000151, hier Bl. 000143–000145. Ebd., KD Halle, I, VIII 616/76. Bl. 000109–000145, hier Bl. 000109–000119. Ebd., Bl. 000133–000135. BStU Archiv der Außenstelle Halle (Anm. 24), Bl. 000006–000050. Ebd., Bl. 000146–000147. BStU Archiv der Außenstelle Magdeburg, I, 5040/61, „Karl“, BV Magdeburg, KD Schönebeck. 26 I/1, Bl. 000008–000218, hier Bl. 000009. Ebd. BStU Archiv der Außenstelle Magdeburg, II, 5040/61, „Karl“, BV Magdeburg, KD Schönebeck, 26 II/2, Bl. Bl. 000018–000367, hier Bl. 000199–000204, Bl. 000305–000307. BStU Archiv der Außenstelle Magdeburg, 26 I/1 (Anm. 29), Bl. 000173. BStU Archiv der Außenstelle Magdeburg, 26 II/2 (Anm. 31), Bl. 000205. Florian Steger und Carolin Wiethoff, Betriebsgesundheitswesen und Arbeitsmedizin im Bezirk Magdeburg, Halle 2018, S. 58. Francesca Weil, Zielgruppe Ärzteschaft. Ärzte als inoffizielle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, Göttingen 2008. Ebd., S. 187. BStU Archiv der Außenstelle Magdeburg, 26 II/2 (Anm. 31), Bl. 000095–000096. Ebd., Bl. 000096. Peter Bohley, „Operative Zersetzung“, in: Peter Bohley (Hg.), Erlebte DDR-Geschichte. Zeitzeugen berichten, Berlin 2004, S. 161–184. BStU Archiv der Außenstelle Magdeburg, 26 I/1 (Anm. 29), Bl. 000183–000184. Steger und Wiethoff, Betriebsgesundheitswesen und Arbeitsmedizin (Anm. 34), S. 180. Angela Schmole, Abteilung 26. Telefonkontrolle, Abhörmaßnahmen und Videoüberwachung, Berlin 2009. BStU Archiv der Außenstelle Halle, MfS, BV Halle. OV „Dämon“, Reg. Nr. VIII 1249/83, Archiv 3048/85, Bd. I/2, Bl. 000316–000319. Ebd., Bl. 000319. Telefoninterview mit Herrn HZA, geführt von Maximilian Schochow, Halle (Saale), den 5. Juli 2015. Uta Falck, VEB Bordell. Geschichte der Prostitution in der DDR, Berlin 1998, S. 98–100. Schmole, Abteilung 26. Telefonkontrolle (Anm. 42). Deutscher Bundestag, Drucksache 18/9189 vom 14.7.2016. Antwort der Bundesregierung der Abgeordneten Renate Künast, Dr. Harald Terpe, Steffi Lemke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Drucksache 18/8986 – Aufarbeitung von Misshandlungen auf den geschlossenen Stationen zur Behandlung von Geschlechtskrankheiten in der DDR, Externer Link: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/091/1809189.pdf, letzter Zugriff am 16.1.2019. Philipp Mützel, Anmerkungen zur Rehabilitierung von Einweisungen in geschlossene Stationen für geschlechtskranke Frauen in der DDR. Zugleich Besprechung der Beschlüsse des OLG Dresden vom 30. Juni 2016 – 1 Reha Ws 25/16 und des LG Magdeburg vom 29. Juni 2016 – Reh 190/15, in: Zeitschrift für offene Vermögensfragen 4 (2016), S. 136–138; vgl. zusätzlich: Oberlandesgericht Naumburg vom 19. Januar 2017 – 12 Reh 144/12.
Article
Maximilian Schochow und Florian Steger
"2022-02-14T00:00:00"
"2018-01-31T00:00:00"
"2022-02-14T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/deutschlandarchiv/263827/politisierte-medizin-in-der-ddr-geschlossene-venerologische-stationen-und-das-ministerium-fuer-staatssicherheit/
In der DDR konnten Mädchen und Frauen in Fürsorgeheime für Geschlechtskranke und in geschlossene Venerologische Stationen zwangseingewiesen werden – häufig ohne medizinische Indikation und unter ständiger Beobachtung des Ministeriums für Staatssicher
[ "Medizin DDR", "Geschlossene Einrichtungen" ]
30,191
Klimagerechtigkeit | Klimawandel | bpb.de
Die Klimakrise ist eine Krise der Gerechtigkeit Im Herbst 2005 der Hurrikan Katrina über New Orleans hereinbrach und weite Teile der Stadt zerstörte, waren es die ärmeren, afroamerikanischen Bevölkerungsgruppen, die am stärksten zu leiden hatten. Nicht nur waren ihre Viertel am schlechtesten gegenüber Hochwasser geschützt, auch konnten sich viele Schwarze im Gegensatz zu einem Großteil der weißen Einwohner*innen nicht mit dem Auto in Sicherheit bringen, weil sie kein Auto hatten (Hans, 2008). Bei Naturkatastrophen wie Flutereignissen sterben in der Regel mehr Frauen als Männer. Gründe dafür sind unter anderem, dass Frauen aufgrund von geschlechtsspezifischen Verhaltensnormen und ungleicher Ressourcenverteilung seltener schwimmen können, schlechteren Zugang zu Informationen und Verkehrsmitteln haben und häufiger für die Pflege von immobilen Angehörigen verantwortlich sind, wodurch sie schlechter fliehen können (Bauriedel, 2019, Europäisches Parlament, 2018). Während europäische und US-amerikanische Regierungen finanziell in der Lage sind, im Zuge der immer häufiger auftretenden Dürreperioden Einkommensausfälle für ihre Landwirt*innen abzufedern und Nahrungsmittel für die eigene Bevölkerung zu importieren, tragen steigende Weltmarktpreise für Rohstoffe unter anderem zu Hungersnöten in Westafrika und der Sahelzone bei (Boyer et al. 2013, Rudolph 2013). Diese Beispiele zeigen eindrucksvoll, dass sowohl die verschiedenen Länder und Regionen der Welt als auch die verschiedenen Bevölkerungsgruppen innerhalb der Gesellschaften unterschiedlich verwundbar gegenüber den Folgen der Klimakrise sind. Das liegt zum einen daran, dass einige Gebiete der Erde (zum Beispiel Küstenregionen), genauso wie bestimmte Wirtschaftspraktiken (zum Beispiel kleinbäuerliche Landwirtschaft), aber auch jüngere und zukünftige Generationen, exponierter gegenüber der Klimakrise sind als andere. Zum anderen können sich verschiedene Menschen und Regionen unterschiedlich gut an den Klimawandel anpassen. Wer ausreichend Zugang zu Einkommen, (Land-)Eigentum, Arbeit, Mobilität, Technologien, Krediten und politischen Entscheidungsprozessen hat, kann sich besser gegen die Auswirkungen des Klimawandels schützen. Und dieser Zugang hängt oftmals von (konstruierten) Kategorien ab, die unsere Gesellschaften hierarchisieren, wie Geschlecht, sozio-ökonomischer Status, race, Alter und Behinderung. So verstärkt die Klimakrise bestehende gesellschaftliche Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten. Gleichzeitig tragen genau die Staaten und gesellschaftlichen Gruppen, die die Klimakrise am deutlichsten spüren, am wenigsten zu ihr bei: So sind die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen in den ärmsten Ländern der Welt, wie dem Niger, Somalia und der Zentralafrikanischen Republik, mehr als 140-mal kleiner als die durchschnittlichen Pro-Kopf Emissionen in Deutschland (Ritchie et al., 2020a). Hinzu kommt, dass die Länder des Globalen Nordens eine Interner Link: historische Verantwortung für den Klimawandel tragen, da der allergrößte Teil der Emissionen, der sich seit der Industrialisierung in der Atmosphäre angesammelt hat, auf ihr Konto geht (Ritchie et al., 2020b und 2020c). Auch innerhalb der einzelnen Länder ist der Treibhausgasausstoß höchst ungleich verteilt: So verursachen in Europa die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung genauso viele Treibhausgas-Emissionen wie die ärmsten 50 Prozent zusammen (Ivanova und Wood, 2020). Die Fridays for Future Aktivistin Clara Reemtsma argumentiert: "Die Klimakrise ist eine soziale Gerechtigkeitskrise. Die Menschen mit geringen Einkommen, prekärer Wohn- und Beschäftigungssituation sind am stärksten von den Folgen der Klimakrise auch hier in Deutschland betroffen. Aber mit am wenigsten dafür verantwortlich." Die Klimakrise ist also im doppelten Sinne ungerecht: Diejenigen, die am meisten zu ihr beigetragen haben und beitragen, leiden in der Regel am wenigsten unter ihren Folgen, da sie genügend Ressourcen (wie Geld, Land, Technologien, usw.) haben, um sich zu schützen. Diese Ressourcen wiederum wurden oftmals durch wirtschaftliche Aktivitäten angesammelt, die den Klimawandel vorantreiben (zum Beispiel die Verbrennung von fossilen Energien). Klimagerechtigkeit hat viele Gesichter Vor dem Hintergrund dieser Klima-Ungerechtigkeiten entwickelte sich "Climate Justice" – auf deutsch "Klimagerechtigkeit" – zur zentralen Forderung der zivilgesellschaftlichen Klimabewegung. Doch was genau bedeutet Klimagerechtigkeit? Darauf gibt es zahlreiche verschiedene Antworten, denn Gerechtigkeit umfasst mehrere Dimensionen. Grundlegende Fragen sind zum Beispiel: Wie werden die notwendigen Emissionsminderungen zwischen verschiedenen Staaten und innerhalb eines Staates gerecht verteilt? Wie werden die Kosten, die Klimaschutzmaßnahmen wie Gebäudesanierungen und steigende CO2-Preise verursachen, fair aufgeteilt? Oder auch: Wie können die Gewinne, die durch die Nutzung des Gemeinschaftsgutes Atmosphäre erzielt wurden und werden, gerecht verteilt werden? (Verteilungsgerechtigkeit) Wie können die Folgen der Klimakrise gerecht ausgeglichen werden? Wie werden besonders vulnerable Regionen und Gemeinschaften geschützt? (wiedergutmachende Gerechtigkeit) Wie kann sichergestellt werden, dass alle Menschen, und besonders diejenigen, die am stärksten von den Klimawandelfolgen betroffen sind oder sein werden, an klimapolitischen Entscheidungen teilhaben können? (prozedurale Gerechtigkeit) Auch lässt sich wissenschaftlich nicht eindeutig definieren, was als gerecht gilt. Vielmehr variieren Gerechtigkeitsvorstellungen je nach Standpunkt und Bezugsrahmen (gerecht im Vergleich zu was oder wem?). Gerechtigkeitsvorstellungen sind deshalb gesellschaftlich umkämpft und müssen ausgehandelt werden – wobei es im Sinne der prozeduralen Gerechtigkeit entscheidend ist, dass alle Betroffenen mit gleichem Gewicht an den Aushandlungen teilnehmen können. Die Frage, welches Land, beziehungsweise welche Ländergruppen, wie viel Klimaschutz betreiben muss (müssen), sorgt auch auf den Interner Link: internationalen Klimaverhandlungen immer wieder für Streit. Das Pariser Klimaabkommen sieht hierfür bisher keine festen Regeln vor. Es hält lediglich fest, dass sich die Reduktions-Beiträge der Länder an den Grundsätzen "der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und jeweiligen Fähigkeiten angesichts der unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten" (Artikel 4.3) orientieren sollen. Art.4, Abs. 1-6Auszug aus dem Übereinkommen von Paris (1) Zum Erreichen des in Artikel 2 genannten langfristigen Temperaturziels sind die Vertragsparteien bestrebt, so bald wie möglich den weltweiten Scheitelpunkt der Emissionen von Treibhausgasen zu erreichen, wobei anerkannt wird, dass der zeitliche Rahmen für das Erreichen des Scheitelpunkts bei den Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, größer sein wird, und danach rasche Reduktionen im Einklang mit den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen herbeizuführen, um in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts ein Gleichgewicht zwischen den anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen aus Quellen und dem Abbau solcher Gase durch Senken auf der Grundlage der Gerechtigkeit und im Rahmen der nachhaltigen Entwicklung und der Bemühungen zur Beseitigung der Armut herzustellen. (2) Jede Vertragspartei erarbeitet, übermittelt und behält aufeinanderfolgende national festgelegte Beiträge bei, die sie zu erreichen beabsichtigt. Die Vertragsparteien ergreifen innerstaatliche Minderungsmaßnahmen, um die Ziele dieser Beiträge zu verwirklichen. (3) Jeder nachfolgende national festgelegte Beitrag einer Vertragspartei wird eine Steigerung gegenüber ihrem zum fraglichen Zeitpunkt geltenden national festgelegten Beitrag darstellen und ihre größtmögliche Ambition unter Berücksichtigung ihrer gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und ihrer jeweiligen Fähigkeiten angesichts der unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten ausdrücken. (4) Die Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, sollen weiterhin die Führung übernehmen, indem sie sich zu absoluten gesamtwirtschaftlichen Emissionsreduktionszielen verpflichten. Die Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, sollen ihre Minderungsanstrengungen weiter verstärken; sie werden ermutigt, mit der Zeit angesichts der unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten auf gesamtwirtschaftliche Emissionsreduktions oder -begrenzungsziele überzugehen. (5) Den Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, wird Unterstützung bei der Durchführung dieses Artikels in Übereinstimmung mit den Artikeln 9, 10 und 11 gewährt, wobei anerkannt wird, dass eine verstärkte Unterstützung ihnen die Möglichkeit eröffnen wird, sich für ihre Maßnahmen höhere Ambitionen zu setzen. (6) Die am wenigsten entwickelten Länder und die kleinen Inselstaaten unter den Entwicklungsländern können Strategien, Pläne und Maßnahmen für eine hinsichtlich der Treibhausgase emissionsarme Entwicklung erarbeiten und übermitteln, die ihre besonderen Gegebenheiten widerspiegeln. Quelle: Externer Link: Übereinkommen von Paris (Art.4, Abs. 1-6). Das heißt, dass die einzelnen Länder selbst bestimmen müssen, was sie als ihren fairen Beitrag zum Klimaschutz ansehen. Dabei können verschiedene Gerechtigkeitsprinzipien, wie das Gleiche-Pro-Kopf-Rechte-Prinzip und das Verursacherprinzip Orientierung bieten: Das Gleiche-Pro-Kopf-Rechte-Prinzip geht davon aus, dass eine grundlegende Bedingung für Gerechtigkeit darin besteht, dass alle gegenwärtigen und zukünftigen Menschen dasselbe Recht haben, das Gemeinschaftsgut Atmosphäre zu nutzen und entsprechend ein gleich großes Stück vom noch verbleibenden CO2-Kuchen emittieren dürfen. Bezogen auf die zwischenstaatliche Aufteilung des CO2-Budgets bedeutet das zum Beispiel, dass Deutschland die Menge an CO2, die all seinen Einwohner*innen zusammen zusteht, um die globale Erwärmung mit einer zwei Drittel Wahrscheinlichkeit auf 1,5 Grad zu begrenzen, bis 2027 aufgebraucht hätte (sofern die Emissionen gleichmäßig gesenkt werden). Indien hingegen hätte bis 2079 Zeit, CO2-neutral zu werden. Denn obgleich Indien absolut gesehen jährlich sehr viel mehr CO2 ausstößt als Deutschland, sind die durchschnittlichen Emissionen der einzelnen Bewohner*innen deutlich geringer als hierzulande. (Externer Link: #show your budget) Mit dem Verursacherprinzip kann argumentiert werden, dass nicht nur die aktuellen Emissionen, sondern auch die historische Verantwortung für den Klimawandel berücksichtigt werden muss: Wer hat in der Vergangenheit wie viel zum Anstieg der Treibhausgase in der Atmosphäre beigetragen? Werden die historischen Emissionen mit einbezogen, wäre das CO2-Budget der Länder des globalen Nordens noch deutlich kleiner als bei einer Pro-Kopf Zuteilung. Deutschland und die USA hätten ihr Budget zum Beispiel bereits lange aufgebraucht. Dies gilt auch dann noch, wenn lediglich die Emissionen seit 1990 – dem Jahr, in dem der erste IPCC-Bericht die Staatengemeinschaft grundlegend über den Klimawandel informierte – angerechnet werden (Sachverständigenrat für Umweltfragen, 2020, S. 50). Darüber hinaus verlangt das Verursacherprinzip auch, dass die Länder des Globalen Nordens als Hauptverursacher des Klimawandels für die Kosten von Anpassungsmaßnahmen und klimawandelbedingte Schäden in Ländern des Globalen Südens aufkommen müssen. Weitere Prinzipien sind zum Beispiel der Fähigkeitsansatz und der Bedarfsansatz. Der Fähigkeitsansatz fragt danach, über welche wirtschaftlichen und technologischen Fähigkeiten ein Land verfügt, um Treibhausgase zu reduzieren. Der Bedarfsansatz hingegen richtet das Augenmerk darauf, wie viele Emissionen für ein Land noch notwendig sind, um ein bestimmtes Maß an Wohlstand aufzubauen. Einen Überblick über verschiedene Ansätze sowie ihre Vor- und Nachteile bieten zum Beispiel Birnbacher (2016) und die Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages (2007). Als Antwort auf die Frage, wie die Lasten von Klimaschutzmaßnahmen innergesellschaftlich gerecht verteilt werden können, haben vor allem Gewerkschaften aus dem Norden die Forderung nach einer "Just Transition" (deutsch "gerechter Übergang") geprägt. Diese Forderung beinhaltet unter anderem, die Chancen, die die Transformation hin zu nachhaltigen, klimaneutralen Systemen bietet, zu nutzen und gleichzeitig die damit verbundenen sozialen Härten und Kosten, zum Beispiel für Arbeitende in den fossilen Branchen, zu minimieren. Die Frage, wie die Lasten von Klimaschutzmaßnahmen innergesellschaftlich gerecht verteilt werden können, betrifft jedoch nicht nur wegfallende Jobs: Erhöht sich zum Beispiel der Strompreis aufgrund von steigenden Kosten für CO2-Emissionszertifikate, trifft dies Menschen mit geringem finanziellem Spielraum überproportional stark. Hier müssen sinnvolle Ausgleichsmechanismen gefunden werden, die gleichzeitig sozial gerecht sind und den Klimazielen nicht zuwiderlaufen. Anstatt also Strom insgesamt durch staatliche Subventionen zu vergünstigen und damit vor allem Vielverbraucher*innen zu belohnen, könnten Grundsicherung, Asylleistungen und Mindestlöhne angehoben werden und allen Bürger*innen ein Klimageld ausgezahlt werden. Auch bedeutet eine gerechte Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft, kritisch zu hinterfragen, welche Arten von klimaneutralen Strukturen und Investitionen wem nützen und wem nicht. Werden zum Beispiel im Zuge der Transformation des Verkehrssektors vor allem Elektroautos gefördert, so profitieren davon vorrangig Menschen, die es sich leisten können, ein Auto zu kaufen und zu unterhalten. Ein Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs hingegen käme auch Menschen mit weniger Geld zugute. Klimagerechtigkeit als Gesellschafts- und Wirtschaftskritik Für weite Teile der Klimabewegung umfasst Klimagerechtigkeit jedoch mehr als eine Just Transition oder die (bisher nicht erfüllten) Forderungen nach einem ambitionierten und gerechten internationalen Klimaabkommen und dem Schutz besonders verletzlicher Gruppen. Sie betrachten den Klimawandel als Folge eines ungerechten, globalen Wirtschaftssystems, das auf dauerndes Wachstum ausgerichtet ist. Klimagerechtigkeit erfordert demnach, die globalen Beziehungen gerechter zu gestalten und das Interner Link: Wirtschaftssystem neu auszurichten, damit es dem Schutz und der Wiederherstellung der natürlichen Lebensgrundlagen dienen kann und ein gutes Leben für alle Menschen ermöglicht. Es bleibt festzuhalten, dass eine wissenschaftlich allgemeingültige Definition von Klimagerechtigkeit nicht möglich ist. Unstrittig ist jedoch, dass Klimagerechtigkeit in jedem Fall bedeutet, die globale Erderwärmung auf höchstens 1,5 Grad zu begrenzen. (1) Zum Erreichen des in Artikel 2 genannten langfristigen Temperaturziels sind die Vertragsparteien bestrebt, so bald wie möglich den weltweiten Scheitelpunkt der Emissionen von Treibhausgasen zu erreichen, wobei anerkannt wird, dass der zeitliche Rahmen für das Erreichen des Scheitelpunkts bei den Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, größer sein wird, und danach rasche Reduktionen im Einklang mit den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen herbeizuführen, um in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts ein Gleichgewicht zwischen den anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen aus Quellen und dem Abbau solcher Gase durch Senken auf der Grundlage der Gerechtigkeit und im Rahmen der nachhaltigen Entwicklung und der Bemühungen zur Beseitigung der Armut herzustellen. (2) Jede Vertragspartei erarbeitet, übermittelt und behält aufeinanderfolgende national festgelegte Beiträge bei, die sie zu erreichen beabsichtigt. Die Vertragsparteien ergreifen innerstaatliche Minderungsmaßnahmen, um die Ziele dieser Beiträge zu verwirklichen. (3) Jeder nachfolgende national festgelegte Beitrag einer Vertragspartei wird eine Steigerung gegenüber ihrem zum fraglichen Zeitpunkt geltenden national festgelegten Beitrag darstellen und ihre größtmögliche Ambition unter Berücksichtigung ihrer gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und ihrer jeweiligen Fähigkeiten angesichts der unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten ausdrücken. (4) Die Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, sollen weiterhin die Führung übernehmen, indem sie sich zu absoluten gesamtwirtschaftlichen Emissionsreduktionszielen verpflichten. Die Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, sollen ihre Minderungsanstrengungen weiter verstärken; sie werden ermutigt, mit der Zeit angesichts der unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten auf gesamtwirtschaftliche Emissionsreduktions oder -begrenzungsziele überzugehen. (5) Den Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, wird Unterstützung bei der Durchführung dieses Artikels in Übereinstimmung mit den Artikeln 9, 10 und 11 gewährt, wobei anerkannt wird, dass eine verstärkte Unterstützung ihnen die Möglichkeit eröffnen wird, sich für ihre Maßnahmen höhere Ambitionen zu setzen. (6) Die am wenigsten entwickelten Länder und die kleinen Inselstaaten unter den Entwicklungsländern können Strategien, Pläne und Maßnahmen für eine hinsichtlich der Treibhausgase emissionsarme Entwicklung erarbeiten und übermitteln, die ihre besonderen Gegebenheiten widerspiegeln. Quelle: Externer Link: Übereinkommen von Paris (Art.4, Abs. 1-6). Quellen / Literatur Verwendete Literatur: Bauriedel, Sybille (2019): Klimawandel, Migration und Geschlechterverhältnisse. Abgerufen am 01.03.2022 von: Interner Link: https://www.bpb.de/themen/migration-integration/kurzdossiers/283411/klimawandel-migration-und-geschlechterverhaeltnisse/ Birnbacher, Dieter (2016): Klimaethik. 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Perspektiven sozial-ökologischer Transformation. Abgerufen am 01.03.2022 von: Interner Link: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/green-new-deals-2022/345723/alle-reden-vom-klima/ Hernandez, Ariel Macaspac; Anna Schwachula; Eva Lynders; Steffen Bauer und Gregor Hagedorn (2020): Klimagerechtigkeit: Materialsammlung von Scientists for Future. Abgerufen am 25.03.2022 von Externer Link: https://www.die-gdi.de/externe-publikationen/article/klimagerechtigkeit-materialsammlung-von-scientists-for-future/ Verteilung des globalen CO2-Budgets: Externer Link: https://climateactiontracker.org/ Externer Link: https://www.showyourbudgets.org/de Klimagerechtigkeit und Gender: Gender CC – Women for climate justice: Externer Link: https://www.gendercc.net/home.html Alber, Gotelind; Diana Hummel; Ulrike Röhr; Meike Spitzner Immanuel Stieß (2018): Geschlechtergerechtigkeit und Klimapolitik. Aus Politik und Zeitgeschichte. Abgerufen am 20.04.2022 von Externer Link: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/269306/geschlechtergerechtigkeit-und-klimapolitik/#footnote-target-20 Klimagerechtigkeit und Rassismus: Ituen, Imeh und Tatu Hey, Lisa (2021): Der Elefant im Raum – Umweltrassismus in Deutschland. Studien, Leerstellen und ihre Relevanz für Umwelt- und Klimagerechtigkeit. Heinrich-Böll-Stiftung. Abgerufen am 05.03.2022 vonExterner Link: https://www.boell.de/sites/default/files/2021-12/E-Paper%20Der%20Elefant%20im%20Raum%20-%20Umweltrassismus%20in%20Deutschland%20Endf.pdf Klimagerechtigkeit und Wirtschaft: Brand, Ulrich und Markus Wissen (2017): Imperiale Lebensweise. Zur Ausbeutung von Mensch und Natur im Globalen Kapitalismus. München. Klein, Naomi (2015): Die Entscheidung: Kapitalismus vs. Klima, Frankfurt a. M. Klimagerechtigkeit und Energieversorgung: Weis, Laura; Sören Becker und Matthias Naumann (2015): Energiedemokratie. Grundlage und Perspektive einer kritischen Energieforschung. Hrsg. Von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Reihe Studien, Berlin. Abgerufen am 10.03.2022 von Externer Link: www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Studien/Studien_01-15_Energiedemokratie.pdf. Verwendete Literatur: Bauriedel, Sybille (2019): Klimawandel, Migration und Geschlechterverhältnisse. Abgerufen am 01.03.2022 von: Interner Link: https://www.bpb.de/themen/migration-integration/kurzdossiers/283411/klimawandel-migration-und-geschlechterverhaeltnisse/ Birnbacher, Dieter (2016): Klimaethik. Nach uns die Sintflut? Stuttgart: Reclam. Boyer, J.S.; P. Byrne; K.G. Cassman; M. Cooper; D. Delmer; T. Greene; F. Gruis; J. Habben; N. Hausmann; N. Kenny; R. Lafitte; S. Paszkiewicz; D. Porter; A. Schlegel; J. Schussler; T. Setter; J. Shanahan; R.E. Sharp; T.J. Vyn; D. Warner und J. Gaffney (2013): The U.S. drought of 2012 in perspective: A call to action. In: Global Food Security, Band 2, Heft 3, Seiten 139-143. 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Bundeszentrale für politische Bildung
"2023-03-23T00:00:00"
"2022-11-11T00:00:00"
"2023-03-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/klimawandel/dossier-klimawandel/515255/klimagerechtigkeit/
Was bedeutet Gerechtigkeit im Kontext der Klimakrise? Dies ist sowohl politisch als auch ethisch umstritten. Eine zentrale Rolle nimmt die Debatte ein, wer wieviel Verantwortung für die Klimakrise tragen sollte.
[ "Klimawandel", "Klimagerechtigkeit", "Klima" ]
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Der Spion mit dem silbernen Deckmantel | Kulturelle Bildung | bpb.de
Link zum Interner Link: Hintergrundartikel "Bildungsarchitektur partizipativ gestalten" Link zur Interner Link: Methode "Baupiloten: Bildungsarchitektur gestalten" Durch die Umstellung der Berliner Grundschulen auf einen Ganztagesbetrieb müssen die Schulen nicht nur ein Mittagessen anbieten, sondern auch Freizeitbereiche in der Schule schaffen. Eigentlich sollten in der Carl-Bolle-Grundschule in Berlin-Wedding dafür Klassenzimmer umgebaut werden, aber während der Entwurfsarbeit trat ein bislang als Abstellraum genutzter Flur wieder zu Tage. Dieser 40 Meter lange und fast 3 Meter breite Raum wurde dann zu einem Freizeitbereich umgebaut, der auch pädagogischen Ansprüchen gerecht werden sollte. Der von den Baupiloten mit den Schülerinnen und Schülern durchgeführte Partizipationsworkshop brachte ein großes Interesse der Kinder an Spionagegeschichten zutage, das sehr gut mit dem pädagogischen Grundprinzip der Schule, dem "Entdeckenden Lernen" korrespondierte. Zudem bestand ein großes Interesse der Kinder an naturwissenschaftlich-technischen Phänomenen, das sich bei einem gemeinsamen Besuch im Berlin Museum für Verkehr und Technik zeigte. Die Baupiloten entwickelten gemeinsam mit den Kindern die Geschichte "Der Spion mit dem schimmernden Deckmantel", die in sechs Abschnitten erzählt wird. Zu diesen sechs Abschnitten der Geschichte wurde jeweils eine Station entworfen und gebaut, die zusammen einen Entdeckungsparcours bilden. Er erstreckt sich von der Eingangshalle durch den bislang verborgenen Flur: 1 Schärft eure Sinne! Ein Spion ist in der Schule! Er will Kindergeheimnisse ausspionieren. Seine Schwachstelle: sein schimmernder Deckmantel. Eine auffällige Bewegung, und der Deckmantel beginnt verräterisch zu schimmern. Eingangsgalerie: In der Eingangsgalerie stellen sich die Schülerinnen und Schüler mit ihren Bildern und Modellen vor. Eingangsgalerie (© Die Baupiloten) Eingangsgalerie (© Die Baupiloten) 2 Angelockt von einem geheimnisvollen farbenfrohen Schatten beginnt er zu spionieren. Ein Begrüßen. Ein Wächter, verborgen. Der Spion fährt herum: sein Mantel beginnt zu schimmern! Blinzelschleuse: Das an den Paneelen reflektierte Licht ist in seiner Farbe komplementär zu dem transmittierten Licht. So können der Farbkreis kennengelernt und unterschiedliche Atmosphären erfahren werden. Spielend lassen sich die Funktionsweise des Periskops erlernen, räumliche Vorstellungen hinterfragen, Grenzen überwinden, das Gesichtsfeld erweitern. Im Nachschimmern kann man die Wirkung von farbigem Licht spüren. Blinzelschleuse (© Die Baupiloten) Blinzelschleuse (© Die Baupiloten) 3 Heimlich um die Ecke gelugt – er spitzt die Ohren – nichts. Nun doch, er lauscht. Die hohen Tasten bewegen sich. Stimmen Lieder. Lauschwand: Durch Bewegung lassen sich Töne auslösen, Hebelkräfte können erfahren werden und das fühlende Hören wird möglich. Lauschwand (© Die Baupiloten) Lauschwand (© Die Baupiloten) 4 Sein Deckmantel bleibt tückisch. Er legt ihn ab, mischt sich unter die Kindermenge und verharrt regungslos am Spionspiegel. Er mustert die Reflexionen. Von hier aus hat er alles genau im Blick. Geheimnisvolle Codes? Tarnwand: Die Paneele sind als Elemente der Wand frei drehbar, damit die Farbigkeit des Lichts manipuliert werden kann. Es können Codes entwickelt werden, um sich mit anderen zu verständigen. Alle Farben des Regenbogenspektrums lassen sich entdecken. Additive und optische Farbmischungen kann man erproben, die Gesetzmäßigkeiten des Lichts erlernen und sich mit dem Licht tarnen. Der Venezianische Spiegel ist je nach Lichtverhältnissen spiegelnd, verbergend oder durchsichtig. Tarnwand (© Die Baupiloten) 5 Er schnellt um die Ecke und: hinter ihm, vor ihm, über ihm - überall Kinder! Er rennt los, klettert. Spionzelle. Pusteblitze. Die Kinder haben ihn schon lange im Visier! Ein drunter und drüber! Spionwand: Die Parallelogramm-förmigen Öffnungen der Wand fungieren als Leitersprossen und stärken das Körpergefühl. Die Pusteblitze setzen sich durch unsichtbare und unhörbare Luftströme Teile in Bewegung. Die zufällig entstandenen Lichtblitze und Reflektionen können bestaunt werden. In der Spionzelle werden die Sinne geschärft, mit optischen Sehhilfen lässt sich das eigene Sehfeld erweitern. Der erhöhte Beobachtungsstandpunkt ist als Veranschaulichung der Vogelperspektive für den Erdkundeunterricht von Bedeutung. Spionwand (© Die Baupiloten) Spionwand (© Die Baupiloten) 6 Er rennt weiter, legt falsche Fährten und verschwindet. Das Periskop befragen? Ist er entkommen? Wer fängt nun wen? Gretelspionage: Spielend lassen sich an dieser Station die Funktionsweise des Periskops erlernen, räumliche Vorstellungen hinterfragen und Grenzen überwinden. In die Lesebänder kann man sich konzentriert zurückziehen. Gretelspionage (© Die Baupiloten) Hier finden Sie eine Interner Link: Übersicht über die Stationen des Projekts. Eingangsgalerie (© Die Baupiloten) Eingangsgalerie (© Die Baupiloten) Blinzelschleuse (© Die Baupiloten) Blinzelschleuse (© Die Baupiloten) Lauschwand (© Die Baupiloten) Lauschwand (© Die Baupiloten) Tarnwand (© Die Baupiloten) Spionwand (© Die Baupiloten) Spionwand (© Die Baupiloten) Gretelspionage (© Die Baupiloten)
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Susanne Hofmann
"2021-06-23T00:00:00"
"2012-06-21T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/lernen/kulturelle-bildung/138954/der-spion-mit-dem-silbernen-deckmantel/
Die Schülerinnen und Schüler der Carl-Bolle-Grundschule in Berlin-Wedding mögen Spionagegeschichten und interessieren sich für Naturwissenschaft und Technik. Dies ist Grundlage der Erzählung, aus der Architekten die Raumgestaltung des neuen Freizeitb
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Social Media Sharepics | Saarland 2022 | bpb.de
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2022-04-20T00:00:00"
"2022-02-02T00:00:00"
"2022-04-20T00:00:00"
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[ "WOM", "Social Media", "Sharepics", "Landtagswahl Saarland" ]
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Gib Fake News keine Chance! | Themen | bpb.de
Schlagzeilen, Kurzvideos und Infografiken: Was auf den ersten Blick ein faktisches Narrativ abbildet, ist nicht selten eine von falschen Tatsachen eingerahmte Meinung. Desinformationen stellen die Nutzenden Sozialer Medien vor eine große Aufgabe: das Einordnen von Quellen und Herausbilden der eigenen Meinung. Eine Studie der Stiftung Neue Verantwortung zeigt: Das ist nicht so einfach. 41 % der Befragten konnte Falschinformationen auf Facebook trotz Kennzeichnung nicht erkennen und auch das Ausmachen der Neutralität von Quellen bereitete Schwierigkeiten – die Informations- und Nachrichtenkompetenz fiel bei 81 % der Befragten mittel bis gering aus. Fake News betreffen uns alle und nur gemeinsam können wir ihnen entgegentreten. Eine offene Kommunikation mit Personen auf Augenhöhe ist dabei genau so wichtig wie das Hinterfragen der Nachricht, die Überprüfung der Quelle und des Bildes. Interner Link: Die Infografik oben als PDF Vgl. Interner Link: Transparenz als Mittel gegen die digitale Verbreitung von Desinformation
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2023-05-23T00:00:00"
"2023-03-31T00:00:00"
"2023-05-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/themen/medien-journalismus/desinformation/519731/gib-fake-news-keine-chance/
Fake or Fact? In Sozialen Medien kursieren viele Falschmeldungen. Hier finden Sie Tipps, wie man Fake News erkennt und wie sich diese bekämpfen lassen.
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Die Herkunft spielt keine Rolle - "Postmigrantisches" Theater im Ballhaus Naunynstraße | Kulturelle Bildung | bpb.de
Obwohl sich viele gesellschaftliche Bereiche für interkulturelle Einflüsse öffnen, ist diese Entwicklung im Theaterbereich derzeit noch wenig erkennbar. Was läuft da falsch? Anders als in Großbritannien oder Frankreich ist es in Deutschland alles andere als selbstverständlich für Menschen, die nicht von deutschen Vorfahren abstammen, als Teil des öffentlichen Lebens wahrgenommen zu werden. Theaterkünstler mit so genanntem Migrationshintergrund sind immer noch eine Ausnahme. Natürlich erschwert diese Ausgangslage die künstlerische Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen Konfliktfeld, das um die politischen Kampfbegriffe "Migration" und "Integration" entstanden ist, ungemein. Es gibt kaum dramatische Texte, die Geschichten, Erfahrungen und Diskurse auf diesem Feld narrativ beschreiben und ideologiekritisch reflektieren könnten. Der Ist-Zustand zementiert die Wahrnehmung als "Andere" leider öfter, als er sie bricht. Wo der Themenkomplex Migration nicht per se ausgespart wird, erfolgt oft eine sensationalistische Verwertung von Klischees. Die Figur des Migranten oder der Migrantin wird quasi bauchrednerisch von weißen, bio-deutschen Sprechern geführt und höchstens durch Verwendung von Darstellern mit dem "richtigen" Hintergrund authentifiziert. Diese Zustände sehe ich allerdings nicht als trennbar von der allgemeinen gesellschaftlichen Situation. Ja, es findet allmählich eine zögerliche Öffnung in vielen Bereichen statt; manchmal bekommt man gar den Eindruck, die Verwertung interkultureller Elemente werde als Geschäftsidee oder Modetrend verstanden. Doch zeitgleich erleben wir eine Verschärfung populistischer Diskurse und verstärkte Stereotypisierung eines regelrechten Feindbildes. Das Ballhaus Naunynstraße macht nach eigenen Angaben "postmigrantisches" Theater. Was bedeutet dieser Begriff, und warum haben Sie ihn gewählt? Wir haben uns das Label "postmigrantisch" gegeben, weil wir mit dem oben beschriebenen Zustand brechen wollten. Gleichzeitig geht es um Geschichten und Perspektiven derer, die selbst nicht mehr migriert sind, diesen Migrationshintergrund aber als persönliches Wissen und kollektive Erinnerung mitbringen. Darüber hinaus steht "postmigrantisch" in unserem globalisierten, vor allem urbanen Leben für den gesamten gemeinsamen Raum der Diversität jenseits von Herkunft. Das Ballhaus bietet eine Plattform vor allem für migrantische Künstlerinnen und Künstler aus der zweiten und dritten Generation. Im November 2008 wurde es durch den von Ihnen initiierten Verein "kulturSPRÜNGE", ein Netzwerk von Kulturschaffenden der zweiten und dritten Migranten-Generation, wiedereröffnet. Sie wurden künstlerische Leiterin. Vorher haben Sie am HAU-Theater in Berlin gearbeitet. Warum war es für Sie notwendig, ein eigenes Theater zu gründen, das sich auf die zweite und dritte Migranten-Generation fokussiert?Was ändert sich in ästhetischer Hinsicht, wenn Menschen mit multikulturellen Hintergründen Geschichten erzählen? An dem riesigen Zuspruch aus ganz Deutschland und darüber hinaus sieht man, dass es höchste Zeit war. Natürlich geht es uns auch um Repräsentation jenseits des Ortes Ballhaus Naunynstraße – aber als eigenes Haus unsere Vision und unsere Geschichten zu präsentieren, als ein Knotenpunkt von Netzwerken zu fungieren: Das ist unverzichtbar. Das Haus wurde schnell zu einem Kristallisationspunkt und konnte, so hoffe ich, ein Statement von kuratorischer Signalwirkung setzen. Unser Publikum spiegelt die soziale Struktur Kreuzbergs wider und ist definitiv heterogener und engagierter als durchschnittliches Theaterpublikum. Viele unserer Künstlerinnen und Künstler kommen aus anderen Bereichen als dem Theater oder sind genuine Autodidakten. Sie bringen natürlich auch andere Perspektiven mit. Gemeinsam suchen wir nach unserer Ästhetik und nutzen die Freiheiten, die ein eigenes, wenn auch unterfinanziertes Produktionshaus uns gibt. Vom Blickpunkt der dritten Spielzeit her kann ich sagen, dass sich das ganz gut anlässt. Mit dem Ballhaus grenzen Sie sich von den bestehenden Theaterinstitutionen ab. Wäre es nicht sinnvoller zu versuchen, die bestehenden Strukturen von innen zu verändern, statt eine "Parallel-Theatergesellschaft" aufzubauen? Beispielsweise durch Quoten für Menschen mit migrantischem Hintergrund? Der Vorwurf, eine "Parallel-Theatergesellschaft" aufzubauen, ist genauso absurd wie der an ein imaginiertes Kollektiv "der Migranten" gerichtete, eine Parallelgesellschaft aufzubauen. Jedes überregional erfolgreiche Theater der letzten Jahrzehnte hatte sein eigenes Profil und grenzte sich vom Bestehenden ab. Warum sollte dies gefährlich sein, wenn wir es machen? Wir machen keine Folklore sondern feiern Transkulturalität; da wird niemand ausgeschlossen. Erweiterte Partizipation überall ist natürlich gerade auch unser Anliegen. Das wird durch Impulse erreicht, die wir setzen, sowohl als Produktionsstätte, als auch als kulturpolitischer Akteur. Diese Impulse werden durchaus aufgegriffen, aber oft ist die theatrale Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex "interkulturelle Gesellschaft" inhaltlich noch fragwürdig. Genau deshalb muss es uns geben, und wir würden uns ehrlich gesagt freuen, wenn wir endlich einmal als junges deutsches Theater wahrgenommen würden, schlicht und einfach. Stattdessen projizieren manche Diskursteilnehmer diffuse Ängste vor einer Absonderung und Zusammenrottung der marginalisierten "Anderen" ausgerechnet auf unser kleines, junges Haus. Andere nehmen die neuen Impulse auf und beginnen, sich für Künstlerinnen und Künstler mit Migrationshintergrund zu interessieren. Aber über Quoten funktioniert das nicht. Es geht doch nicht darum, fünfzehn "Benachteiligte" in ein Ensemble oder in die Gewerke aufzunehmen, sondern gemeinsam eine Auseinandersetzung zu vollziehen, die in einen Perspektivwechsel münden muss. Erst dadurch wird eine Öffnung und Partizipation für alle ermöglicht. Gleichzeitig strebt ohnehin eine junge Generation von Theaterkünstlerinnen und -künstlern mit postmigrantischem Hintergrund in die Szene; das wiederum hilft auch beim Perspektivwechsel. Ein Schwerpunkt der Arbeit des Ballhauses liegt im Bereich der kulturellen Bildung. So hat das Theater das gesamte Programm im Februar 2011 der "Akademie der Autodidakten" gewidmet, die ihre Produktionen und Projektergebnisse des letzten halben Jahres präsentierte. Was hat es damit auf sich? Neue Zugänge zu schaffen bedeutet zuerst einmal, Menschen ans Theater heranzuführen, die bisher ausgeschlossen waren. Das kann an gesellschaftlicher Benachteiligung liegen oder ganz konkret daran, dass man ihnen an Theaterschulen und -häusern sagt, sie würden nicht "passen". Auf der einen Seite bieten wir also interessierten Autodidakten ohne einschlägige Ausbildung die Möglichkeit, sich auszuprobieren und in der gemeinsamen Arbeit mit anderen etwas zu lernen. Auf der anderen Seite meint kulturelle Bildung natürlich auch immer Kunstvermittlung: Wir sprechen gezielt Personen an, die sich nicht unbedingt als Theaterpublikum verstehen. Dabei richten wir uns insbesondere an Jugendliche, wenden aber keine Altersbegrenzung an. Ein erfolgreiches Format ist die "Kiezmonatsschau" – Jugendliche bekommen Kameras und Video-Coaching durch wechselnde Paten und produzieren dann weitgehend eigenständig ihre eigenen Filme. Hier sind sie einmal nicht Objekt, sondern Subjekt der Berichterstattung. Die Grenzen zwischen Publikum und Künstlerinnen und Künstlern sind bei der "Akademie der Autodidakten" angenehm fließend. Jugendliche, die an einem Workshop teilnehmen, werden gemeinsam mit ihren Freunden zu Theaterfans, während junge Zuschauerinnen und Zuschauer an uns herantreten mit dem Anliegen, auch mal etwas bei uns zu machen. Beschreiben Sie bitte konkret eines der Projekte der Akademie. Unser neuestes Jugendprojekt "Tod eines Superhelden" ist aus einem Schauspielworkshop mit Cem Sultan Ungan entstanden. Gegen Ende des Workshops holten wir die jungen Autoren Marianna Salzmann und Deniz Utlu hinzu, die aus Gesprächen mit den Jugendlichen Figuren und eine Handlung bastelten, die Literaturtheater auf hohem Niveau und gleichzeitig ganz nah an ihrer Realität und ihren (schau)spielerischen Bedürfnissen dran sind. Bei einer unserer erfolgreichsten Produktionen der Akademie "Ferienlager – Die 3. Generation" mit zehn Jugendlichen aus dem Kiez, die bereits in München, Hamburg und New York zu Gastspielen war, waren die Jugendlichen auch die Autorinnen und Autoren, ihre Texte wurden gemeinsam mit dem Regisseur Lukas Langhoff zu einem Stück collagiert. Die sehr vielschichtigen Texte werden mit inszenatorischen Ideen verknüpft, die direkt aus der Lebenspraxis der Jugendlichen stammen. Das Anliegen, die Gleichberechtigung von kritischem Hinterfragen und lustvollem Spiel mit theatralen Mitteln zu etablieren, zieht sich durch alle unsere Produktionen aus dem Bereich der "Akademie der Autodidakten". Welche Möglichkeiten hat die kulturelle Bildung im Theaterbereich? Was kann sie zur Veränderung der Situation beitragen? Zunächst muss man die Relationen sehen. Kulturelle Bildung richtet sich an Einzelpersonen oder sehr kleine Gruppen. Es kann nicht ihre Aufgabe sein, bildungspolitische Missstände zu bereinigen. Aber kulturelle Bildung kann sowohl die Wahrnehmung der Umwelt durch die Protagonisten verändern, als auch die Wahrnehmung der Protagonisten durch die Umwelt. Ich glaube, unsere Arbeit am Ballhaus Naunynstraße kann dazu beitragen, eine andere Sprache in der kulturellen Bildung zu finden. Sprachvielfalt halte ich für etwas grundsätzlich Positives. Sie hilft dagegen anzugehen, dass Theater im Besonderen und Kultur im Allgemeinen ein elitäres Medium für wenige, elitär geprägte Leute bleibt, das die wahren Probleme weit außen vor lässt. Insofern knüpfen wir eigentlich auch nur an Konzepte an, die es in der aufklärerischen Moderne schon immer gegeben hat. Wir präsentieren nicht vermeintlich "authentische Konflikte" aus der so genannten "migrantischen Unterschicht" vor einem bildungsbürgerlichen Publikum, sondern zeigen, dass es eine Auseinandersetzung auf Augenhöhe geben kann und muss. Damit wird Theater zu einem Medium von und für Menschen, die als Marginalisierte wahrgenommen werden und es oft auch sind. Der Schwerpunkt des Online-Dossiers, in dem dieses Interview erscheint, trägt den Namen "Interkulturelle kulturelle Bildung". Würden Sie das Engagement des Ballhauses im Bereich der kulturellen Bildung als "interkulturell" bezeichnen? Ungern. Das setzt doch eine Situation voraus, in der zwei oder mehr voneinander völlig getrennte und innerlich homogene "Kulturen" einander gegenüberstehen – sagen wir eine abendländische und eine orientalische - und mühsam Beziehungen knüpfen. Das hat nichts mit der Realität Europas und der Bundesrepublik im 21. Jahrhundert zu tun. Kein Mensch, den ich kenne, gehört einem einzigen, geschlossenen Kulturraum an. Unser wirkliches Leben ist schon längst transkulturell und translokal, und zwar jenseits von Herkunft. Uns ist es vielmehr ein Anliegen, die Selbstverständlichkeit von Hybridität und Transkulturalität zu feiern und durchzusetzen. Deshalb habe ich das Konzept "Beyond Belonging" geprägt: Wir müssen lernen, uns jenseits von Zugehörigkeiten und Herkunft zu artikulieren. Wenn überhaupt müsste kulturelle Bildung in einem Land wie dem unsrigen heute auch ohne Benennung doch per se interkulturell sein und verstanden werden. Birgt die Förderung von Jugendlichen mit migrantischem Hintergrund nicht die Gefahr, als soziokulturelle "Integrationshilfe" abgestempelt zu werden und so von den etablierten Institutionen im Kulturbereich nicht ernst genommen zu werden? Dies ist in der Tat oft der Fall. Wir können lediglich darauf hinweisen, dass diese Wahrnehmung mehr über die Betrachter aussagt als über unsere Arbeit. Allerdings ist sie meiner Erfahrung nach eher in Theater- und Kunstvermittlungskreisen dominant, während in den kulturpolitischen Gremien durchaus progressivere Positionen vertreten sind. Diese werden natürlich bestärkt durch die wachsende Aufmerksamkeit, die unser Haus als Theater genießt. Noch vor ein, zwei Jahren haben Entscheidungsträger oder Multiplikatoren uns durchaus mal als "Stadtteilkulturzentrum" bezeichnet oder mit dem gegenüberliegenden "Jugendzentrum" verwechselt. Sind Begriffe wie Integration und Multikulturalismus aus Ihrer Sicht überholt, wie es beispielsweise der Migrationsforscher Mark Terkessidis in seinem Buch "Interkultur" ausführt? Ich wünsche ihm viele Leserinnen und Leser. Integration ist definitiv nicht unser Anliegen, eher schon Desintegration. Theater muss doch Vielfalt, individuelle Wahrnehmungen und autarke Ausdrucksformen fördern statt Unterordnung unter eine hegemoniale Ideologie. Multikulti konstruiert heute oft eine essentialistische Andersheit und fordert eine falsche Homogenität. Im schlimmsten Falle bestimmen weiße, bio-deutsche Entscheidungsträger per Förderung oder politischer Protegierung, wer für eine Community sprechen darf und wer nicht. Angesichts der demokratischen Protestbewegung in Ägypten hat Slavoj Zizek etwas Schönes gesagt, sinngemäß: "Vergesst die Vorstellung, dass wir alle so unterschiedlich seien und man eine fremde Kultur in ihrer Andersheit verstehen müsse - im Augenblick des Kampfes gegen Tyrannei haben wir alle die gleichen Interessen." Das war auch meine Einstellung, als ich als junges Mädchen in Nürnberg aufwuchs: In erster Linie ging es darum, welche politische Einstellung man hatte und nicht, ob man Grieche, Türke, Kurde, Deutscher oder Palästinenser war. Multikulti war, ohne benannt zu werden, selbstverständlich. Als politisches Programm schränkt es gesellschaftliche Weiterentwicklung ein. Andererseits stimmt ein nicht zu unterschätzender Teil der Bürgerinnen und Bürger den Thesen Thilo Sarrazins zu, der Migranten als existenzielle Gefahr für Deutschland bezeichnet. Was möchten Sie diesen Bürgern sagen? Gar nichts. Ich sehe diese Thesen und ihre Anhänger als existentielle Gefahr für Deutschland. Die Fragen stellte Katharina Donath, Redakteurin dieses Online-Dossiers.
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
"2012-01-26T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/lernen/kulturelle-bildung/60135/die-herkunft-spielt-keine-rolle-postmigrantisches-theater-im-ballhaus-naunynstrasse/
Das Berliner Ballhaus Naunynstraße macht seit 2008 erfolgreich "postmigrantisches" Theater. Was es damit auf sich hat und wie kulturelle Bildung langfristig zur Veränderung der Wahrnehmungen einer Gesellschaft beitragen kann, erklärt die künstlerisch
[ "kulturelle Bildung", "Theater", "Interview", "Migration", "postmigrantisch" ]
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Dr. Annette Petri | 14. Bundeskongress politische Bildung 2019 | bpb.de
Dr. Annette Petri. (© Privat) ist Studiendirektorin für die Fächer Politik und Wirtschaft sowie Biologie an einem südhessischen Gymnasium. Dort leitet sie seit 2011 das gesellschaftswissenschaftliche Aufgabenfeld und setzt sich u. a. mit der Gestaltung sprachsensibler Lern- und Unterrichtsumgebungen auseinander. Seit 2017 ist sie an das Externer Link: Hessische Kultusministerium abgeordnet. Parallel zu ihrer schulischen Tätigkeit war sie von 2012 bis 2018 Doktorandin am Institut für Schulpädagogik, Elementarbildung und Didaktik der Sozialwissenschaften an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. In Ihrer Dissertation Emotionssensibler Politikunterricht. Konsequenzen aus der Emotionsforschung für Theorie und Praxis politischer Bildung (2018) hat sie sich intensiv mit der Frage nach der Relevanz von Emotionen für die schulische politische Bildung beschäftigt. Interner Link: Thesenpapier zu Sektion 8: Dr. Annette Petri Dr. Annette Petri. (© Privat)
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
"2018-12-17T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/veranstaltungen/reihen/bundeskongress-politische-bildung/282768/dr-annette-petri/
[ "14. Bundeskongress Politische Bildung", "Referentin" ]
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Standardquelle der Information: Datenreport 2004 vorgestellt | Presse | bpb.de
Sind die Deutschen zufrieden mit ihrer Gesellschaft? Weniger als die Hälfte sind es. Damit gehört Deutschland zu einer Minderheit unter den früheren EU-15-Ländern. Welche Rolle spielen die stark diskutierten alternativen Energiequellen wirklich? In Deutschland deckten Wind- und Wasserkraft 2002 nur 0,9% des Verbrauchs an Primärenergie, das Mineralöl aber 37,4%. Industrienation Deutschland? Von 1991 bis 2003 verringerte sich der Beitrag der klassischen Industrie zum Bruttoinlandsprodukt von 30% auf 25%, während der Beitrag der Dienstleistungen von 62% auf 70% stieg. Wie steht es mit der Ausländerquote? Ende 2002 lebten 7,3 Mill. Menschen nichtdeutscher Staatsangehörigkeit in Deutschland, sie stellen seit 1995 recht konstant etwa 9% der Bevölkerung. Mit welchem Aspekt ihrer Lebensverhältnisse sind die Deutschen am wenigsten zufrieden? Mit der sozialen Sicherung – sie erzielte zuletzt die schlechteste Bewertung. Diese und viele weitere Fakten enthält der "Datenreport 2004". Die Kombination aus Daten der amtlichen Statistik und Ergebnissen der Sozialforschung erscheint jetzt zum zehnten Mal seit 1983 und ist eine Koproduktion des Statistischen Bundesamtes, der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) und des Zentrums für Umfragen, Methoden und Analysen (ZUMA), Mannheim. Walter Radermacher, Vizepräsident des Statistischen Bundesamtes, Thomas Krüger, Präsident der bpb, Dr. Roland Habich vom WZB und Dr. Heinz-Herbert Noll vom ZUMA stellten die Veröffentlichung heute in Berlin vor. Der Datenreport ist eine Standardquelle zur Information über die soziale Lage und das subjektive Wohlbefinden der Bevölkerung in Deutschland geworden. Er bietet seinen Leserinnen und Lesern nicht nur Tabellen, sondern fasst Zahlen in Worte. Der erste Teil des Datenreports skizziert mit den Zahlen des Statistischen Bundesamtes die objektiven Lebensbedingungen, während die Sozialwissenschaft im zweiten Teil die Entwicklung der Lebensverhältnisse und des subjektiven Wohlbefindens auf der Grundlage von sozialwissenschaftlichen Erhebungen der gesellschaftlichen Dauerbeobachtung untersucht. Walter Radermacher (Statistisches Bundesamt) skizziert den Trend zur alternden Gesellschaft und die Konsequenzen auf Lebensformen, Erwerbstätigkeit und Bildung: "Das statistische Bild der Gegenwart hilft uns, den Blick in die Zukunft zu schärfen." Wie Dr. Roland Habich (WZB) und Dr. Heinz-Herbert Noll (ZUMA) betonten, gibt es diesmal viele Indizien, die auf Verschlechterungen der Lebensbedingungen und des subjektiven Wohlbefindens in Deutschland hinweisen: "Es trifft nicht mehr länger zu, dass es den Deutschen besser geht als den meisten anderen Europäern, vielmehr ist Deutschland mittlerweile bei vielen Indikatoren – auch des materiellen Lebensstandards – in die mittleren Ränge des früheren EU-15-Europa abgerutscht." "Mit der jetzt erscheinenden zehnten Auflage und der beachtlichen Gesamtzahl von rund 400 000 Exemplaren gehört der Datenreport zu den Bestsellern der bpb. Er liefert in bewährter Weise spannende Informationen zu aktuellen Themen, die die Menschen in Deutschland bewegen", so Thomas Krüger, Präsident der bpb. Gegen eine Schutzgebühr von 2 Euro plus Versandkosten kann der Datenreport 2004 als kartonierte Buchausgabe (Bestell-Nr. 1010400-049001) oder im pdf-Format auf CD-ROM (Bestell-Nr. 1010400-049003) bestellt werden bei: SFG Servicecenter Fachverlage Postfach 43 43 72774 Reutlingen Tel.: +49 (0) 70 71 - 93 53 50 Fax: +49 (0) 70 71 - 93 53 35 E-Mail: E-Mail Link: destatis@s-f-g.com oder über den Statistik-Shop des Statistischen Bundesamtes Externer Link: www.destatis.de/shop. Die Buchausgabe ist ebenfalls gegen eine Bereitstellungspauschale von 2 Euro plus Versandkosten über die Bundeszentrale für politische Bildung – Vertrieb, DVG, Postfach 11 49, 53333 Meckenheim, oder über das Internet Interner Link: www.bpb.de/publikationen/schriftenreihe erhältlich. Direkt erworben werden kann sie in den Medienzentren der bpb in Berlin am Anhalter Bahnhof und in Bonn in der Adenauerallee. Die Auslieferung beginnt voraussichtlich am 30. August 2004. Darüber hinaus stehen die Einzelkapitel des Datenreports 2004 im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes unter Externer Link: www.destatis.de sowie im Internetangebot der Bundeszentrale für politische Bildung (www.bpb.de), des ZUMA (Externer Link: www.gesis.org/Sozialindikatoren/) und des WZB (Externer Link: www.wz-berlin.de/aktuell/) zum kostenfreien Download im pdf-Format bereit. Pressekontakt Statistisches Bundesamt Heidrun Stirner Tel: +49 (0) 611 - 75 37 87 E-Mail: Externer Link: https://heidrun.stirner@destatis.de Pressekontakt/bpb Bundeszentrale für politische Bildung Swantje Schütz Adenauerallee 86 53113 Bonn Tel.: +49 228 99515-284 Fax: +49 228 99515-293 E-Mail: E-Mail Link: schuetz@bpb.de
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
"2011-12-23T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/die-bpb/presse/pressemitteilungen/50796/standardquelle-der-information-datenreport-2004-vorgestellt/
Ob Preisindex, Mieten oder die Kriminalitätsrate - im Datenreport 2004 sind wesentliche Zahlen und Fakten über Deutschland übersichtlich und verständlich dargestellt. Daran können die neuesten Entwicklungen der Wirtschaft, der Gesellschaft und des St
[ "Unbekannt (5273)" ]
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Adressen zur Aus- und Weiterbildung | Lokaljournalistenprogramm | bpb.de
Die nachfolgende Auflistung beinhaltet eine Reihe wichtiger Adressen zur Aus- und Weiterbildung für Journalisten - erhebt jedoch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Deutschland Externer Link: Akademie der Bayerischen Presse Rosenheimer Straße 145c 81671 München Tel. 089 / 49 99 92 - 0 Fax 089 / 49 99 92 - 22 E-Mail Link: abp-munechen@t-online.de Externer Link: Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart Im Schellenkönig 61 70184 Stuttgart Tel. 0711 / 16 40 - 6 00 Fax 0711 / 16 40 - 7 77 E-Mail Link: info@akademie-rs.de Akademie für Journalistenausbildung Zum Schloss Oberwerries 59073 Hamm Tel. 02388 / 3 00 00-55 Fax 02388 / 3 00 00-67 E-Mail Link: info@journalistenausbildung.com Externer Link: Akademie für neue Medien Kulmbach Langheimer Amtshof Rentamtsgäßchen 2 95326 Kulmbach Tel 09221 / 13 16 Fax 09221 / 12 33 E-Mail Link: anm@bayerische-medienakademien.de Externer Link: Akademie für politische Bildung Tutzing Buchensee 1 82327 Tutzing Tel. 08158 / 2 56 - 0 Fax 08158 / 2 56 - 51 E-Mail Link: chefsekretariat@apb-tutzing.de Externer Link: Akademie für Publizistik Warburgstraße 8-10 20354 Hamburg Tel. 040 / 41 47 96 - 0 Fax 040 / 41 47 96 - 90 E-Mail Link: info@akademie-fuer-publizistik.de Externer Link: Akademie Berufliche Bildung der deutschen Zeitungsverlage (ABZV) Johannes-Albers-Allee 3 53639 Königswinter Tel. 02223 / 90 62 500 Fax 02223 / 90 62 501 E-Mail Link: info@abzv.de ARD.ZDF medienakademie Wallensteinstraße 121 90431 Nürnberg Tel. 0911 / 96 19 – 0 Fax 0911 / 96 19 – 199 E-Mail Link: info@ard-zdf-medienakademie Externer Link: Axel Springer Akademie Axel-Springer-Straße 65 10888 Berlin Tel. 030 / 25 91 – 78 80 0 Fax 030 / 25 91 – 78 80 E-Mail Link: info@axel-springer-akademie.de Externer Link: Bayerische Akademie für Fernsehen Betastraße 5 85774 Unterföhring Tel. 089 / 42 74 32 - 0 Fax 089 / 42 74 32 - 23 E-Mail Link: info@fernsehakademie.de Externer Link: Berliner Journalistenschule Karl-Liebknecht-Str. 29 10178 Berlin Tel. 030 / 23 27 60 - 02 Fax 030 / 23 27 60 - 03 E-Mail Link: info@berliner-journalisten-schule.de Externer Link: Bildungsrefererat des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) Bennauerstraße 60 53115 Bonn Tel. 0228 / 201 72 16 Fax 0228 / 201 72 32 E-Mail Link: agu@djv.de Externer Link: Bonner Journalistenakademie (BJA) c/o Verlag für die Deutsche Wirtschaft AG Sigrid Nippa Theodor-Heuss-Straße 2-4 53177 Bonn Tel. 0228 / 82 05 74 94 Fax 0228 / 36 96 001 E-Mail Link: sn@vnr.de Externer Link: Bundeszentrale für politische Bildung Interner Link: Journalistenprogramm Adenauerallee 86 53113 Bonn Tel. +49 228 99515-558 Fax +49 228 99515-498 E-Mail Link: floeper@bpb.de Externer Link: Burda Journalistenschule Rosenkavalierplatz 10 81925 München Tel. 089 / 92 50 47 71 Fax 089 / 92 50 39 90 E-Mail Link: jens.schroeter@burda.com Externer Link: Christliche Medienakademie Steinbühlstraße 3 35578 Wetzlar Tel. 06441 / 915 - 166 Fax 06441 / 915 - 157 E-Mail Link: info@christliche-medienakademie.de Externer Link: Deutsches Institut für publizistische Bildungsarbeit, Journalisten-Zentrum Haus Busch 58099 Hagen Tel. 02331 / 3 65 - 6 00 Fax 02331 / 3 65 - 6 99 E-Mail Link: info@hausbusch.de Externer Link: Deutsche Journalistenschule Altheimer Eck 3 80331 München Tel. 089 / 2 35 57 40 Fax 089 / 26 87 33 E-Mail Link: post@djs-online.de Externer Link: Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di Paula-Thiede-Ufer 10 10179 Berlin Tel: 030 / 69 56 23 22 Fax 030 / 69 56 36 57 E-Mail Link: dju@verdi.de Externer Link: Deutsche Sportjournalistenschule c/o TUM - Lehrstuhl Sport HYPERLINKMedien und Kommunikation (SpoMeKom) Uptown München-Campus D Georg-Brauchle-Ring 60/62 80992 München Tel. 089 / 28 92 46 - 38 Fax 089 / 28 92 46 - 44 E-Mail Link: info.spomekom@tum.de Externer Link: drehscheibe c/o Raufeld Medien Paul-Lincke-Ufer 42/43 10999 Berlin Tel. 030 / 695 665 0 Fax 030 / 695 665 20 E-Mail Link: info@drehscheibe.org Externer Link: Evangelische Akademie Tutzing Schloßstraße 2/4 82327 Tutzing Tel. 08158 / 2 51 - 112 Fax 08158 / 99 64 22 E-Mail Link: schwanebeck@ev-akademie-tutzing.de Externer Link: Evangelische Journalistenschule Jebensstraße 3 10623 Berlin Tel. 030 / 3 10 01 1221 Fax 030 / 3 10 01 1250 E-Mail Link: ce@ev-medienakademie.de Externer Link: Evangelische Medienakademie Kaiserswerther Straße 450 40474 Düsseldorf Tel. 0211 / 43690-150 Fax 0211 / 43690-200 E-Mail Link: mail@evangelische-medienakademie.de Externer Link: F.A.Z.-Institut für Management-, Markt- und Medieninformationen GmbH Convent Seminare GmbH Senckenberganlage 10-12 60325 Frankfurt am Main Tel. 069 / 79 40 95 83 Fax 069 / 79 40 95 80 E-Mail Link: seminare@faz-institut-seminare.de Externer Link: Freie Journalistenschule Schloßstraße 100 12163 Berlin Tel. 030 / 84 59 17 20 Fax. 030 / 84 59 17 22 E-Mail Link: tutor@freiejs.de Externer Link: Friedrich-Ebert-Stiftung - JournalistenAkademie Godesberger Allee 149 53175 Bonn Tel. 0228 / 88 3 - 7120 Fax 0228 / 88 3 - 9210 E-Mail Link: journalistenakademie@fes.de Externer Link: Friedrich-Naumann-Stiftung - Theodor-Heuss-Akademie Theodor-Heuss-Strasse 26 51645 Gummersbach Tel. 02261 / 30 02 - 0 Fax 02261 / 30 02 - 21 E-Mail Link: tha@freiheit.org Externer Link: Georg von Holtzbrinck-Schule für Wirtschaftsjournalisten Kasernenstraße 67 40213 Düsseldorf Tel. 0211 / 8 87 - 1514 Fax 0211 / 8 87 – 97 1514 E-Mail Link: a.beteeva@vhb.de Externer Link: Hanns-Seidel-Stiftung - Journalistische Nachwuchsförderung Lazarettstraße 33 80636 München Tel. 089 / 12 58 - 3 00 Fax 089 / 12 58 - 4 03 E-Mail Link: weiss-r@hss.de Externer Link: Heinrich-Böll-Stiftung Schumannstraße 8 10117 Berlin Tel. 030 / 2 85 34 - 0 Fax 030 / 2 85 34 - 1 09 E-Mail Link: info@boell.de Externer Link: Henri-Nannen-Schule Hamburger Journalistenschule 20444 Hamburg Tel. 040 / 37 03 - 23 76 Fax 040 / 37 03 - 56 98 E-Mail Link: hns@guj.de Externer Link: Hochschule Magdeburg-Stendal Projekt Cross Media Breitscheidstraße 2, Haus 16, R.015 39114 Magdeburg Tel. 0391 / 8 86 42 28 Fax 0391 / 8 86 42 34 E-Mail Link: armgard.bonin@hs-magdeburg.de Externer Link: Hörfunkschule Frankfurt im gemeinnützigen evangelischen Medienhaus Rechneigrabenstraße 10 60311 Frankfurt am Main Tel.: 0 69 / 92 107 405 Fax: 0 69 / 92 107 201 E-Mail Link: info@hoerfunkschule-frankfurt.de Externer Link: Initiative Lokaljournalismus in NRW (Inlok) c/o Institut für Journalistik (IfJ) Technische Universität Dortmund Emil-Figge-Straße 50 44227 Dortmund Tel. 0231 / 755-8169 Fax 0231 / 755-5583 E-Mail: E-Mail Link: info@inlok-nrw.de Externer Link: Initiative Tageszeitung e. V. Goldstraße 16-18 33602 Bielefeld Tel 0521 / 3 05 46 80 Fax 0521 / 3 05 46 81 E-Mail Link: info@initiative-tageszeitung.de Externer Link: Institut für Journalistenausbildung der Passauer Neue Presse e.V. Medienstraße 5 94036 Passau Tel. 0851 / 8 02 - 269 Fax 0851 / 8 02 - 812 E-Mail Link: info@institut.journalisten.de Externer Link: Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses e.V. (ifp) Kapuzinerstraße 38 80469 München Tel. 089 / 5 49 10 30 Fax 089 / 5 49 103 60 E-Mail Link: info@journalistenschuleifp.de Externer Link: Journalisten-Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung Journalistische Nachwuchsförderung (JONA) Rathausallee 12 53757 Sankt Augustin Tel. 02241 / 2 46 - 2289 Fax 02241 / 2 46 - 2573 E-Mail Link: journalisten-akademie@kas.de Externer Link: Internationales Journalisten-Kolleg an der Freien Universität Berlin Kiebitzweg 3 Otto-von-Simson-Straße 3 14195 Berlin Tel. 030 / 8 38 – 53 068; -196 Fax 030 / 8 38 – 53 305; -371 E-Mail Link: ijk@zedat.fu-berlin.de Externer Link: Journalisten-Akademie Bildungsverein des DJV Baden Württemberg Herdweg 63 70174 Stuttgart Tel. 0711 / 222 49 54-60 Fax 0711 / 222 49 54-44 E-Mail Link: akademie@djv-bw.de Externer Link: Journalistenschule Ruhr Schederhofstraße 55-57 45145 Essen Tel. 0201 / 8 04 - 19 60 Fax 0201 / 8 04 - 19 63 E-Mail Link: m.jentsch@journalistenschule-ruhr.de Externer Link: Kölner Journalistenschule für Politik und Wirtschaft Im Mediapark 6 50670 Köln Tel. 0221 / 99 55 87 - 0 Fax 0221 / 99 55 97 - 79 E-Mail Link: info@koelnerjournalistenschule.de Externer Link: Masterstudiengang ONLINE RADIO Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Mansfelder Str. 56 06108 Halle Tel.: 0345 / 55 23 576 Fax: 0345 / 55 27 058 E-Mail Link: info@onlineradiomaster.de Externer Link: Deutsche Medienakademie GmbH Im Mediapark 8 50670 Köln Tel. 0221 / 57 43 - 72 00 Fax 0221 / 57 43 - 72 01 E-Mail Link: info@medienakademie-koeln.de Externer Link: Medienbüro Hamburg Königstraße 54 22767 Hamburg Tel. 040 / 3 06 20 - 11 40 Fax 040 / 3 06 20 - 11 49 E-Mail Link: info@medienbuero-hamburg.de Medien Praxis – Akademie für privaten Rundfunk GmbH Senefelder straße 7 90409 Nürnberg Tel. 0911 / 56 14 039 Fax 0911 / 51 91 121 E-Mail Link: info@medien-praxis.de Externer Link: RTL Journalistenschule für TV und Multimedia Picassoplatz 1 50679 Köln Tel. 0221 / 82 02 - 100 Fax 0221 / 82 02 - 1 20 E-Mail Link: info@rtl-journalistenschule.de Externer Link: Journalistische Berufsbildung (JBB) Arbeitsgemeinschaft von VSZV und DJV in Baden-Württemberg Königstraße 26 70173 Stuttgart Tel. 0711-185 67 - 182 Fax 0711-185 67 - 304 E-Mail Link: vszv@vszv.de Externer Link: KLARA.Akademie für Journalismus Berlin Ritterstraße 3 10969 Berlin Tel. 030 / 79 74 27 0 Fax 030 / 79 74 27 22 E-Mail Link: info@klaraberlin.de VDZ Akademie GmbH Haus der Presse Markgrafenstrasse 15 10969 Berlin Tel. 030 / 72 62 98 - 113 Fax 030 / 72 62 98 - 114 E-Mail Link: info@vdz-akademie.de Externer Link: Zeitenspiegel - Reportageschule Günter Dahl in der VHS Reutlingen GmbH Päd. Leitung: Philipp Maußhardt Spendhausstr. 6 72764 Reutlingen Tel: +49 7121 336 182 Mobil: +49 178 4489035 E-Mail Link: info@reportageschule.de Österreich Externer Link: Zentrum für Journalismus und Kommunikationsmanagement (JoKom) an der Donau-Universität Krems Dr.-Karl-Dorrek-Straße 30 A-3500 Krems a. d. Donau Tel. 00 43 / (0)27 32 / 8 93 - 27 03 Fax 00 43 / (0)27 32 / 8 93 - 47 00 E-Mail Link: michaela.hammerer@donau-uni.ac.at Externer Link: Kuratorium für Journalistenausbildung (KfJ) Österreichische Medienakademie Karolingerstraße 40 A-5020 Salzburg Tel. 00 43 / (0)6 62 / 83 41 33 - 0 Fax 00 43 / (0)6 62 / 83 41 33 - 22 E-Mail Link: kfj@apanet.at Externer Link: Oberösterreichische Journalistenakademie Puchberg 1 A-4600 Wels Tel. 00 43 / (0)699 / 15 33 79 79 E-Mail Link: office@journalistenakademie.at Schweiz Externer Link: syndicom - Schweizer Mediengewerkschaft Monbijoustraße 33 CH-3001 Bern Tel. 00 41 / (0)58 / 817 18 61 Fax 00 41 / (0)58 / 817 18 17 E-Mail Link: presse@syndicom.ch Externer Link: maz – Die Schweizer Journalistenschule Murbacherstrasse 3 CH-6003 Luzern Tel. 00 41 / (0)41 / 226 33 33 Fax 00 41 / (0)41 / 226 33 34 E-Mail Link: office@maz.ch Externer Link: Ringier Journalistenschule Dufourstr. 23 CH-8008 Zürich Tel.: 00 41 / (0)44 259 61 11 Fax: 00 41 1 259 86 67 E-Mail Link: info@ringier.ch International Externer Link: Europäisches Journalistenzentrum (EJC) Sonneville-lunet 10 NL-6221 KT Maastricht Niederlande Tel. 00 31 / (0)43 / 3 25 40 30 E-Mail Link: info@ejc.nl
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Bundeszentrale für politische Bildung
"2021-06-23T00:00:00"
"2012-01-16T00:00:00"
"2021-06-23T00:00:00"
https://www.bpb.de/veranstaltungen/reihen/lokaljournalistenprogramm/55456/adressen-zur-aus-und-weiterbildung/
Hier haben wir die wichtigsten Adressen zur Aus- und Weiterbildung von Journalisten für Sie zusammengestellt. Aufgeteilt nach Ländern: Deutschland, Österreich, Schweiz und Niederlande.
[ "Lokaljournalistenprogramm", "Lokaljournalismus", "Journalismus", "Journalistenschule", "Befufliche Weiterbildung" ]
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