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Im US-Bundesstaat Kalifornien führt eine Hitzewelle zu immer mehr Problemen. Seit Tagen warnen die Behörden vor möglichen Rekordtemperaturen, die bis Mitte kommender Woche mehr als 40 Millionen Menschen in dem Westküstenstaat und benachbarten Regionen drohen.Für das Death Valley, das für seine Hitze bekannt ist, wurden für das Wochenende Temperaturen von über 50 Grad Celsius vorhergesagt. Das "Tal des Todes" hat auch den Weltrekord für den heißesten Platz der Erde inne. Am 10. Juli 1913 wurden dort 134 Grad Fahrenheit (56,7 Grad Celsius) registriert, teilt der Death Valley Nationalpark auf seiner Webseite mit.Waldbrände sind eines der aktuellen Probleme infolge der hohen Temperaturen in Kalifornien. Das sogenannte Route Fire in Castaic im Bezirk Los Angeles verwüstete bereits mehr als 1800 Hektar Hügelland. 550 Gebäude seien in dem Brandgebiet von den Flammen bedroht, teilten die Behörden mit. Am Donnerstag waren knapp 400 Feuerwehrleute im Einsatz, bei Temperaturen von über 42 Grad Celsius. Die Fernstraße 5, eine wichtige Verkehrsverbindung zwischen dem Norden und dem Süden des US-Staats, wurde wegen eines Feuers gesperrt.Die Sorge vor weiteren Waldbränden nimmt derweil zu: Nach einem fast regenlosen Sommer sind viele Gebiete in Kalifornien stark ausgetrocknet und leicht entzündbar. Während brütende Hitze im Inland von Kalifornien nicht unüblich ist, soll diese jetzt auch die Küstenregionen treffen. Dort sorgt eine Brise vom Pazifik gewöhnlich für Abkühlung. Nun wird etwa auch in dem Küstenort Santa Barbara vor "extremer" Hitze gewarnt. Die Stadt hat mehrere Büchereien in klimatisierte Kühlzentren verwandelt, wo Menschen vor der Hitze Schutz suchen können.Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom hatte am Mittwoch vorsorglich den Notstand ausgerufen, um auf diese Weise Hilfsmaßnahmen und Ressourcen bereitzustellen. Schon an dem Tag waren in Burbank 44 Grad Celsius gemessen worden - ein Rekord für die Tageshöchsttemperatur seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1939 für diesen Standort nördlich von Los Angeles. Newsom warnte vor Engpässen bei der Energieversorgung und rief die Einwohner Kaliforniens zum Stromsparen auf, etwa sollten sie ihre Klimaanlagen nicht auf niedrigste Temperaturen einstellen.Bei großer Sommerhitze laufen die Klimaanlagen gewöhnlich auf Hochtouren, was zu Engpässen mit vorübergehenden "Blackouts" führen kann. Dann wird in verschiedenen Bezirken kurzzeitig der Strom ganz abgeschaltet.
0amerika
In ganz Kuba ist durch den Hurrikan "Ian" der Strom ausgefallen. Das teilte der Energieversorger Union Electrica mit. Es werde daran gearbeitet, die Stromversorgung wiederherzustellen.Der Hurrikan war am frühen Dienstagmorgen an der Westküste Kubas auf Land getroffen und richtete dort schwere Verwüstungen an. In den westlichen Provinzen fiel der Strom zuerst aus, dann kollabierte das Stromnetz im ganzen Land.Zehntausende Menschen wurden in Kuba in Sicherheit gebracht. In der Provinz Pinar del Rio hatten 40.000 Menschen vorsorglich ihre Häuser verlassen. Auch in den nahe gelegenen Städten Artemise und Havanna hab es schwere Schäden. Es kam zu Überschwemmungen, Häuser wurden beschädigt. Zwei Menschen nach dem Einsturz ihrer Häuser gestorben, teilte die kubanische Regierung mit.Die Behörden prüfen nach eigenen Angaben noch das Ausmaß der Verwüstung. Kubas Staatspräsident Miguel Diaz-Canel besuchte Staatsmedien zufolge die am schwersten betroffene Region.Der US-Bundesstaat Florida bereitet sich indessen auf den Hurrikan vor. "Die Vorhersagen können sich ändern, aber im Moment sagen die Experten, dass dies ein sehr schwerer Hurrikan sein könnte, lebensbedrohlich und mit verheerenden Auswirkungen", sagte US-Präsident Joe Biden.Das US-Hurrikanzentrum warnte vor einer lebensbedrohlichen Sturmflut und Orkanböen an Floridas Westküste. Es gab Evakuierungsanweisungen für 2,5 Millionen Menschen.Meteorologen warnen, dass der mittlerweile als Hurrikan der Kategorie vier von fünf eingestufte Wirbelsturm über dem warmen Golf von Mexiko an Stärke gewinnen werde. Er könnte anhaltende Windgeschwindigkeiten von mehr als 200 Kilometern in der Stunde erreichen.Es werde erwartet, dass der Hurrikan sich abschwäche, bevor er südlich der Stadt Tampa auf Land treffen werde, sagte Floridas Gouverneur Ron DeSantis. Es werde aber sehr viel Regen in der Küstenregion fallen, weil der Wirbelsturm sich dann im "Schneckentempo" bewege. DeSantis rief die Menschen dazu auf, sich zu schützen.
0amerika
Darko Churlinov erzielte für die Schwaben das Tor des Abends. Josha Vagnoman hatte ein Zuspiel von Wataru Endo von der rechten Strafraumseite hart an die hintere Kante des Fünfmeterraums gepasst, wo Churlinov mit dem Innenrist aus vier Metern den Ball über die Linie drückte.Der Bundesligist begann passsicher, schaffte es aber kaum, sich gefährliche Torchancen zu erarbeiten. Erst als die Hausherren nach einer halben Stunde etwas mutiger agierten, kamen die Stuttgarter zu Torchancen. Vor und nach Churlinovs Treffer scheiterte Tiago Tomás zweimal. Besonders bei seinem Pfostentreffer (39. Minute) hatten die VfB-Anhänger bereits den Torschrei auf den Lippen.Als Waldemar Anton in der 67. Minute die Gelb-Rote Karte von Schiedsrichter Florian Badstübner gezeigt bekommen hatte, schöpften die Dresdner unter dem neuen Trainer Markus Anfang noch einmal Hoffnung. Doch trotz der Überzahl konnte sich der Drittligist keine zwingenden Tormöglichkeiten erarbeiten. In der Schlussphase war es Stuttgart, das mit einem weiteren Aluminiumtreffer von Millot fast das zweite Tor erzielte. Der VfB steht damit glanzlos in der zweiten Runde. "Wir haben ein extrem gutes Spiel gemacht. Erst am Ende wurde es heiß und emotional. Da hatten wir das Quäntchen Glück", sagte VfB-Sportdirektor Sven Mislintat bei "Sky". Zum Platzverweis meinte er: "Der Schiedsrichter hat ein super Spiel gemacht, aber mit Gelb-Rot lag er komplett daneben, das muss ich leider sagen". Dynamo-Trainer Markus Anfang trauerte derweil den verpassten Chancen hinterher: "Wir waren nah dran, aber man hat die Qualität des VfB gesehen. Wir haben bis zum Schluss dran geglaubt und leider wieder mit einem Tor Unterschied verloren."Quelle: sportschau.de
4sportschau
Die Tagesordnung, ließ Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow im Vorfeld des Treffens durchblicken, habe es in sich: Es werde um eine stärkere Zusammenarbeit im militärtechnischen Sektor, in den Bereichen Energie und Wirtschaft gehen. Um globale Fragen. Aber natürlich auch um regionale Krisen und Konflikte. "Dazu gehören sowohl Syrien, als auch die Ukraine. Es ist eine gute Gelegenheit, sich darüber auszutauschen, wie effizient das Abkommen über die Getreideausfuhr aus den ukrainischen Häfen ist", so Peskow. Der russischen Seite geht es dabei vor allem darum, dass nun - wie mithilfe der Türkei und der Vereinten Nationen vereinbart - auch Beschränkungen für die Ausfuhr von russischem Getreide und Düngemitteln aufgehoben werden.In Sachen Sanktionen spiele die Türkei für Russland gerade generell eine wichtige Rolle, sagt Amur Gadgijew, Direktor des Zentrums für Studien der modernen Türkei in Moskau. In der aktuellen geopolitischen Lage ermöglichen die Pipelines TurkStream und Blue Stream nicht nur Gas-Lieferungen in die Türkei, sondern auch weiter - in die osteuropäischen, baltischen und mitteleuropäischen Länder. Es ist quasi eine Plattform zur Lieferdiversifizierung russischer Rohstoffe. Die Türkei springe auch dort ein, wo es - bedingt durch den Rückzug westlicher Firmen vom russischen Markt - Waren- und Lieferengpässe gebe, so Gadgijew. Denn auch, wenn der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan den Einmarsch Russlands in die Ukraine kritisiert, an westlichen Sanktionen beteiligt er sich nicht. Die Türkei arbeite vielmehr im eigenen Interesse weiter daran, sich als globaler Handels- und Verkehrsknotenpunkt zu positionieren, erklärt der russische Politologe Wladimir Awatkow: "In diesem Zusammenhang ist für sie prinzipiell wichtig, Kooperationen einzugehen, um neue Handelswege zu erschließen. Von Norden nach Süden und von West nach Ost."Ein Pragmatismus, den der Kreml zu schätzen und zu nutzen weiß. Für Moskau hat gerade die Zusammenarbeit im Energie- und im militärtechnischen Bereich nicht nur wirtschaftspolitischen, sondern auch strategischen Charakter - immerhin ist die Türkei NATO-Mitglied. Sehr zum Ärger der Bündnispartner hatte die Türkei vor einigen Jahren in Russland das Raketenabwehrsystem S-400 gekauft. Nun wird über einen neuen Deal spekuliert: über eine mögliche Zusammenarbeit im Bereich der türkischen Bayraktar-Kampfdrohnen. "Vom technologischen Standpunkt und ihrer Einsatztauglichkeit haben sie sich als sichere, effektive Systeme erwiesen. Deswegen glaube ich, dass das Interesse an einer Zusammenarbeit mit der Türkei auf diesem Gebiet keine wirkliche Überraschung ist", sagt der russische Türkei-Experte Gadgijew. Gut möglich, dass der türkische Präsident hier ansetzt, um eines seiner Hauptanliegen durchzusetzen. Erdogan hätte gern grünes Licht aus dem Kreml, um in Syrien eine Militäroperation gegen die Kurden zu starten. Bislang lehnen Moskau und auch Teheran dies ab. Nicht nur in Syrien, auch in Libyen oder im Konflikt um die Kaukasus-Region Bergkarabach vertreten Moskau und Ankara unterschiedliche Interessen, stehen auf unterschiedlichen Seiten. Die Beziehung zwischen beiden Ländern - sie ist mitunter kompliziert, für beide Seiten aber gerade von großem Nutzen.
1asien
Die Drohnenaufnahmen der Nachrichtenagenturen zeigen unfassbare Bilder: Vor lauter Menschen ist der Asphalt der Straßen in der Hauptstadt Colombo nicht mehr zu erkennen. Zehntausende Demonstranten hatten gestern den Amtssitz des Präsidenten umzingelt, obwohl der zuvor eine Ausgangssperre ausgerufen hatte. Absperrungen, Tränengas und Schüsse, rund 20.000 Soldaten und Polizisten im Einsatz: All das konnte die Menschen nicht aufhalten, sie haben den Präsidentenpalast gestürmt. Auf Videos in den sozialen Netzwerken ist zu sehen, wie die Demonstranten in den präsidialen Swimmingpool springen, wie sie in den Fluren und Treppenhäusern umherlaufen und Essen aus der Küche verteilen. Das Ziel der wütenden Menschen: den Präsidenten Gotabaya Rajapaksa aus dem Amt zu vertreiben. Ein Demonstrant in einem Video sagt der Nachrichtenagentur Reuters:Die meisten Menschen in Sri Lanka mussten in den letzten Monaten nicht nur auf Luxus verzichten, es fehlt am Nötigsten: Kaum noch Medikamente, ganz wenig Treibstoff, fast kein Kochgas mehr. Statt zu arbeiten, müssen sie tagelang in Schlangen anstehen. Dabei sind, genau wie bei den Protesten in den letzten Wochen, schon mehrere Menschen ums Leben gekommen. Sri Lanka ist bankrott und kann auch seine Auslandsschulden nicht mehr bezahlen. Die Folgen der Corona-Pandemie haben das Land am Ende völlig in die Pleite getrieben. Aber die Menschen geben vor allem dem Präsidenten die Schuld an der Misere. Der war gestern noch rechtzeitig vor dem Sturm auf den Palast auf ein Marineschiff geflohen. Rajapaksa ist durch und durch ein Mann des Militärs. "Terminator", das ist sein Spitzname zu Hause, bei der reichsten Politikerfamilie des Landes. Zehn Jahre lang war er Verteidigungsminister in Sri Lanka, zusammen mit seinem Bruder hatte er im Jahr 2009 den Bürgerkrieg auf der Insel beendet, der mehr als 25 Jahre angedauert hatte. Und sein Bruder war bis vor Kurzem auch noch Premierminister des Landes, ist wegen der Proteste aber im April schon zurückgetreten. Vetternwirtschaft hätten sie seit Jahrzehnten betrieben, sagt der Politik-Professor Jayadeva Uyangoda. "Unter ihnen ist Sri Lanka zu einer Oligarchie geworden. Brüder, Söhne, alleine zehn Familienmitglieder, die im Parlament sitzen." Monatelang hatte Rajapaksa sich noch an sein Amt gekrallt. Nun hat er angekündigt, kommenden Mittwoch abtreten zu wollen. Sri Lanka hinterlässt er in der schlimmsten wirtschaftlichen Krise, die das Land je gesehen hat.
1asien
Die Verkaufsplattform Ebay Kleinanzeigen will den Namensteil Ebay streichen und künftig unter der Marke "Kleinanzeigen.de" auftreten. Wie das Unternehmen mitteilte, wird der Namenswechsel aber nicht sofort sichtbar sein. Der neue Markenauftritt werde bis Juni 2024 entwickelt und erst nach und nach sichtbar.Die ehemalige Kleinanzeigen-Sparte von Ebay, zu der auch mobile.de gehört, war im Juni 2021 an den norwegischen Online-Marktplatz Adevinta verkauft worden.Ebay Kleinanzeigen ist eine der meistgenutzten Seiten in Deutschland und führt mit rund 40 Millionen Nutzern im Monat regelmäßig das Ranking der unabhängigen Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung an. Das Anzeigenportal ermöglicht Verkäufern eine weniger aufwändige Erstellung der Konten und einen kostengünstigeren Verkauf. Dafür entfallen aber die Überprüfung der Verkäufer und der Käuferschutz.Zuletzt hat das Portal aber mehrere Schritte unternommen, um die Kleinanzeigenplattform zu einer echten Shopping-Website auszubauen. Zuletzt hatte Ebay Kleinanzeigen etwa die Option "Kauf auf Rechnung" eingeführt. Jetzt kündigte das Unternehmen auch die neue Funktion "Direkt kaufen" an, die der Sofort-Kaufen-Option von Ebay ähnelt. Verkäufer, die Angebote mit Festpreis einstellen, ermöglichen Interessenten den direkten Kauf ohne vorherige Verhandlung oder Kontaktaufnahme. Bei der Transaktion wird das Geld treuhänderisch verwahrt, bis der Käufer den ordnungsgemäßen Erhalt der Sache bestätigt hat. Die gewohnte Möglichkeit, über den Preis zu verhandeln, soll weiter bestehen. Mit den neuen Funktionen tritt das Unternehmen aber zunehmend in Konkurrenz zu seiner ehemaligen Muttergesellschaft Ebay.
6verbraucher
Bei der Durchsuchung der Villa des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump in Florida ist einem Zeitungsbericht zufolge auch ein Dokument über die Verteidigungsfähigkeiten einer ausländischen Regierung sichergestellt worden. Wie die "Washington Post" schreibt, geht es in dem Papier sowohl um die militärischen als auch die nuklearen Fähigkeiten des Landes. Um welchen Staat es sich handelt, geht daraus nicht hervor. Einige der rund 11.000 durch das FBI in Trumps Anwesen Mar-a-Lago sichergestellten Dokumente seien so geheim, dass selbst einige der ranghöchsten nationalen Sicherheitsbeamten der Regierung von US-Präsident Joe Biden nicht befugt seien, diese einzusehen, heißt es in dem Bericht weiter. Bei einigen geheimen US-Operationen seien nur ein paar Dutzend Menschen im gesamten Regierungsapparat berechtigt, überhaupt von deren Existenz zu erfahren. Unterlagen dazu würden üblicherweise in gesicherten Einrichtungen aufbewahrt, unter Aufsicht eines Kontrollbeamten. Am 8. August hatte das FBI Trumps Anwesen Mar-a-Lago im Bundesstaat Florida durchsucht. Einsatzkräfte beschlagnahmten dabei zahlreiche Kisten mit mehr als 100 vertraulichen Dokumenten, die teils den höchsten Geheimhaltungsstufen unterlagen. Da Trump die Papiere nach seiner Amtszeit in seinem privaten Anwesen aufbewahrte, könnte er gegen das Gesetz verstoßen haben. Dies wird nun untersucht. Trump kritisiert das Vorgehen der Behörden als politisch motiviert. Seit Wochen heizt der Republikaner Spekulationen an, er könnte bei der Präsidentschaftswahl 2024 für eine zweite Amtszeit antreten. Bereits im Mai hatte das FBI 15 Kisten mit Dokumenten überprüft, die Trump nach langem Drängen aus Mar-a-Lago an das Nationalarchiv übermittelt hatte. Die Beamten fanden darin 184 vertrauliche Dokumente verschiedener Geheimhaltungsstufen.Auf rechtliche Anordnung hin übergab Trumps Team dem FBI kurz darauf weitere 38 vertrauliche Dokumente, darunter 17 mit der Kennzeichnung "streng geheim". Insgesamt geht es also mindestens um mehr als 300 eingestufte Dokumente, die Trump bei sich aufbewahrte.
0amerika
Spätestens jetzt, mit Liz Cheneys krachender Wahlniederlage, muss man sich wohl an den Gedanken gewöhnen: Der rachsüchtige Ex-Präsident Donald Trump steht womöglich vor einem politischen Comeback. Das systematische Abstrafen seiner prominentesten innerparteilichen Kritikerin zeigt, dass aufgeschmissen ist, wer in der republikanischen Partei nicht Trumps Rückendeckung hat.Sein Säuberungsprozess gelingt: Wer sich nicht bedingungslos Trump unterordnet, der darf sich nicht mehr Republikaner nennen. Eine schier unfassbare Entwicklung: Nach dem Sturm auf das Kapitol ging auch Trumps engstes Umfeld davon aus, dass der Wahlverlierer politisch tot ist. Von wegen.Zwar sind die Enthüllungen des Untersuchungsausschusses vielen unter die Haut gegangen: Trumps Weigerung, dem rasenden Mob Einhalt zu gebieten, seine systematischen Versuche, das Wahlergebnis zu seinen Gunsten zu manipulieren.Doch spätestens seit der Hausdurchsuchung in Mar-a-Lago wissen die Republikaner, wie man den Kopf aus der Schlinge zieht: Alle Attacken auf Trump werden eingewoben in den Mythos, das korrupte Establishment, dem Trump den Kampf angesagt hat, wolle ihn mit allen unlauteren Mitteln vernichten. An Trumps Wählerbasis zieht das ohnehin: Dieser ist erfolgreich eingeredet worden, jeder Angriff auf Trump sei auch ein Angriff auf sie selber.Warum aber toleriert auch eine breitere Öffentlichkeit diese unerhörte und historisch beispiellose Entwicklung? Den Schlüssel zum Verständnis liefern Joe Bidens desaströse Umfragewerte: Bidens Schwäche ist Trumps Stärke. "Geht es Ihnen heute besser, als es Ihnen vor vier Jahren ging?" - so hatte Ronald Reagan 1980 eine schlichte Frage formuliert, die seither in den USA der wichtigste Gradmesser für Wahlentscheidungen ist.Inflation, Rezession, Preisexplosion, Migration - und die gefühlte Demütigung durch den chaotischen US-Truppenabzug aus Afghanistan: All das lastet den Amerikanern erheblich auf der Seele. Eine Mehrheit würde heute wohl Reagans Frage mit "nein" beantworten. Unter Trump lebte es sich sorgloser.Zugleich ist Bidens politischen Gegnern klar, dass nur Geschlossenheit zum Wahlsieg führt. In sich zerrüttete Parteien, die sich primär mit sich selbst beschäftigen, sind unattraktiv. Zu Bidens Schwäche tragen schließlich auch die Flügelkämpfe bei den Demokraten bei. Geschlossen gegen Biden: Das kann nur mit Trump und dank der neuen Wählerschichten, die er für die Republikaner erschlossen hat, gelingen. Deshalb sind Störenfriede unerwünscht, deshalb musste Cheney weg.Am Tag nach ihrer politischen Vernichtung scheint es, als könne nur noch eines Trump aufhalten: die Justiz. Doch die Welle der Empörung angesichts der Hausdurchsuchung hat einen Vorgeschmack darauf geliefert, was im Falle einer Anklage Trumps passieren dürfte. Nach zwei gescheiterten Amtsenthebungsverfahren weiß Justizminister Merrick Garland, wohin ein Prozess gegen Trump führen könnte: Im Extremfall an den Rand eines Bürgerkrieges.Um des sozialen Friedens willen dürfte sich die Justiz so lange zurückhalten, bis die Beweislage erdrückend und eindeutig ist. Während also weiter ermittelt wird, räumt Trump einen Stein nach dem anderen aus dem Weg zurück ins Weiße Haus: Mit Cheney hat er einen gewaltigen Brocken beseitigt.
0amerika
Die Europäische Zentralbank hat mit einem historischen Zinsschritt auf die anhaltend hohe Inflation in der Eurozone reagiert. Sie hob den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte an. Damit steigt der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB leihen können, auf 1,25 Prozent. Eine so starke Zinserhöhung hat es seit Einführung des Euro-Bargelds im Jahr 2002 noch nie gegeben. Die Teuerungsraten seien "nach wie vor deutlich zu hoch", begründete EZB-Präsidentin Christine Lagarde den Schritt. "Wir hatten unterschiedliche Ansichten am Tisch, eine gründliche Diskussion, aber das Ergebnis unserer Diskussionen war eine einstimmige Entscheidung." Die EZB stellte zugleich weitere Zinserhöhungen in den nächsten Monaten in Aussicht.Signalisiert hatte der EZB-Rat für seine September-Sitzung bereits frühzeitig eine weitere Zinserhöhung um 0,5 Prozentpunkte. Doch weil die Teuerungsrate zuletzt weiter anzog, nahm der Druck auf die Euro-Währungshüter zu, einen noch größeren Zinsschritt zu beschließen. Höhere Zinsen können steigenden Teuerungsraten entgegenwirken.Die Inflation im Euro-Raum kletterte im August, getrieben von steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen, auf die Rekordhöhe von 9,1 Prozent. Angestrebt ist für den gemeinsamen Währungsraum mittelfristig ein Preisniveau mit einer Jahresteuerung von zwei Prozent. Die Inflation werde aber "voraussichtlich für längere Zeit über dem Zielwert bleiben", so die EZB. Die Teuerungsrate wird nach Einschätzung der Währungshüter auch noch deutlich höher ausfallen als vor drei Monaten erwartet. Ihre Volkswirte gehen für das laufende Jahr nun von einer durchschnittlichen Teuerungsrate in der Euro-Zone von 8,1 Prozent aus. Noch im Juni lautete die Prognose auf 6,8 Prozent. 2023 werde die Inflation dann voraussichtlich bei 5,5 (Juni-Prognose: 3,5) Prozent liegen und 2024 dann auf 2,3 (Juni-Prognose: 2,1) Prozent sinken. "Der Preisdruck hat in der gesamten Wirtschaft weiterhin an Stärke und Breite gewonnen", räumten die Währungshüter ein. "Getrieben wird die Inflation weiterhin von stark steigenden Energie- und Nahrungsmittelpreisen, dem in einigen Sektoren herrschenden Nachfragedruck infolge der Wiedereröffnung der Wirtschaft sowie von Lieferengpässen." Angesichts der Gaskrise und der Inflation dämpfte die EZB auch die Konjunkturerwartungen für die Euro-Zone. Die Wirtschaft werde sich deutlich verlangsamen, sagte Lagarde. Es sei mit einer Stagnation im späteren Jahresverlauf und dem ersten Quartal 2023 zu rechnen. Die Fachleute erwarten nun ein Wachstum von 3,1 Prozent für 2022. Für das kommende Jahr schraubte die EZB ihre Prognose für die 19 Euro-Länder drastisch herunter - von 2,1 Prozent auf nunmehr 0,9 Prozent. Die ursprünglichen Prognosen hatte der EZB-Rat erst im Juni aufgestellt. Angesichts der hohen Energiepreise und anhaltenden Problemen in den weltweiten Lieferketten sah sich das Gremium nun jedoch zu Korrekturen gezwungen. Für 2024 sei nun mit einem Wirtschaftswachstum von 1,9 Prozent zu rechnen (zuvor 2,1 Prozent).Nach langem Zögern hatte die EZB im Juli die Abkehr von ihrer jahrelangen Ära der Nullzinspolitik eingeleitet und die Zinsen erstmals seit elf Jahren wieder erhöht, und zwar von 0,0 auf 0,5 Prozent. Nun folgte eine zweite, kräftigere Erhöhung. Ökonomen halten allerdings ein noch deutlich höheres Zinsniveau für notwendig, um die Inflation wirksam zu bekämpfen.Die EZB hatte die hohe Inflation lange als vorübergehend interpretiert und deutlich später als andere viele andere Zentralbanken die Zinswende eingeleitet. Die US-Notenbank Fed beispielweise hat ihre Leitzinsen bereits mehrfach nach oben geschraubt, dabei zweimal um jeweils 0,75 Prozentpunkte. Lagarde räumte ein, dass die EZB bei ihren Einschätzungen Fehler gemacht habe. Aus Sicht von Bundesfinanzminister Christian Lindner zeigt die EZB-Entscheidung die momentan schwierige wirtschaftliche Situation in Europa auf. "Wir sind ökonomisch in einer außerordentlich herausfordernden Lage", sagte der FDP-Chef. Er sprach von einem "starken Zinsschritt, der verdeutlicht, dass alle sich der Herausforderung stellen müssen, die Inflation zu bekämpfen". Das müsse jetzt Priorität haben. "Denn Inflation ist das Verarmungsprogramm für die Familien in der Mitte der Gesellschaft." Inflation bekämpfe man aber nicht mit immer neuen Staatsschulden, ergänzte er.Bankenverbände und Volkswirte in Deutschland begrüßten die Zinserhöhung, forderten aber weitere Schritte. Ifo-Präsident Clemens Fuest kommentierte: "Besser spät als nie." Dennoch bleibe die Geldpolitik sehr expansiv. "In den nächsten Monaten werden weitere Zinserhöhungen folgen müssen." Nach wie vor seien die Zinsen sehr niedrig. Auch der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Helmut Schleweis, sagte, es müssten weitere Anhebungen folgen. Die Entscheidungen seien "nur eine Etappe auf dem Weg zu einem angemessenen Zinsniveau". Weitere Zinserhöhungen seien notwendig, um den Kaufkraftverlust zu stoppen, forderte auch die Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Marija Kolak. Mit der Erhöhung der EZB können Sparer nun nach einer jahrelangen Flaute wieder auf Zinsen auf dem Sparkonto hoffen. Dafür spricht auch, dass Banken nach der Abschaffung der Strafzinsen im Juli künftig wieder 0,75 Prozent Zinsen erhalten, wenn sie Gelder bei der EZB parken. Andererseits dürften sich zum Beispiel Immobilienkredite weiter verteuern. Unter den Währungshütern gibt es auch Sorgen, mit einer zu schnellen Normalisierung der jahrelang ultralockeren Geldpolitik die Konjunktur zu bremsen, die ohnehin mit Lieferengpässen und den Folgen des Ukraine-Kriegs zu kämpfen hat.
2finanzen
Der private Konsum wird laut Analyse des Ifo-Instituts im weiteren Verlauf des Jahres als Konjunkturmotor in Deutschland ausfallen. "Die Inflation frisst die zusätzlichen Ersparnisse der Deutschen auf. Die Sparpolster aus der Corona-Zeit sind bei vielen Haushalten nunmehr abgeschmolzen", erklärte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Gleichzeitig würden die Verbraucherpreise weiter kräftig steigen. Das Ifo-Institut analysierte die Bankbilanzen der privaten Haushalte. Die Einlagen von privaten Haushalten bei Banken in Deutschland schwollen demnach zwischen dem zweiten Quartal 2020 und dem ersten Quartal 2021 kräftig an. Der Grund: Reisen, Restaurantbesuche und andere Freizeitaktivitäten waren wegen der Pandemie nicht oder nur eingeschränkt möglich. Dadurch landete viel Geld auf der hohen Kante."Legt man die durchschnittliche Sparneigung der fünf Jahre vor Ausbruch der Coronakrise zugrunde, wurden in dieser Zeit gut 70 Milliarden Euro mehr auf den Bankkonten geparkt als üblich", erläuterte Wollmershäuser. Die Bilanzen der Banken zeigen jedoch, dass die Verbraucher seit Ende vergangenen Jahres verstärkt auf diese Ersparnisse zurückgegriffen haben. Diese sogenannten Überschusseinlagen wurden bis zum Ende des ersten Quartals 2022 fast vollständig abgebaut. Und im zweiten Vierteljahr setzte sich diese Entwicklung in beinahe unverändertem Tempo fort. Die hohe Inflation dürfte dieses "Entsparen der Haushalte" maßgeblich getrieben haben, erklärte Wollmershäuser. Während der Konsum in den ersten Monaten des Jahres trotz hoher Inflation noch kräftig ausgeweitet wurde, "zeichnet sich seit Jahresmitte anhand vieler Frühindikatoren ein deutlicher Dämpfer ab". Die deutschen Verbraucher leiden derzeit unter der höchsten Teuerung seit Jahrzehnten, weil Energie nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine deutlich teurer wurde. Im Juli lagen die Verbraucherpreise 7,5 Prozent über dem Vorjahr, nachdem die Inflationsrate im Mai mit 7,9 Prozent den höchsten Stand seit dem Winter 1973/1974 erreicht hatte. Tankrabatt und Neun-Euro-Ticket drücken derzeit die Teuerung für die Verbraucher, doch laufen diese staatlichen Hilfen am Monatsende aus. Experten rechnen deshalb im Herbst mit höheren Inflationsraten von rund neun Prozent.
6verbraucher
Popstar Taylor Swift hat bei der Verleihung der MTV Video Music Awards die begehrte Trophäe für das Video des Jahres gewonnen. Die 32-jährige Sängerin holte mit ihrem Song "All Too Well" auch die Preise in den Sparten "Beste Regie" und für das beste Langspiel-Musikvideo.Am Ende ihrer Dankesrede sorgte Swift dann für eine Überraschung: "Ich dachte, es wäre ein unterhaltsamer Moment, euch mitzuteilen, dass am 21. Oktober mein neues Album herauskommt", sagte Swift. Später verriet sie über soziale Medien den Namen ihres neuen Werks: "Midnights" werde es heißen und die "Geschichten von 13 schlaflosen Nächten" erzählen, die "über mein ganzes Leben verteilt" seien, schrieb Swift. Der Brite Harry Styles gewann mit "Harry’s House" den Preis für das "Album des Jahres". An der Gala nahm er nicht teil, da er zeitgleich ein Konzert im New Yorker Madison Square Garden gab. Dafür kamen Anthony Kiedis, Flea, Chad Smith und John Frusciante von den Red Hot Chili Peppers auf die Bühne, um einige ihrer Hits darzubieten - und sich den Preis "Global Icon" abzuholen.Billie Eilish mit "Happier Than Ever" erhielt die Auszeichnung für den Song des Jahres. Jack Harlow und Lil Nas X holten mehrere Trophäen, darunter für die beste Zusammenarbeit ("Industry Baby"). Weitere Preisträger waren Bad Bunny, Dove Cameron, Nicki Minaj, Lizzo und die italienische Rockband Måneskin. Rapperin Minaj nahm auch den Ehrenpreis "Michael Jackson Video Vanguard Award" entgegen. Verliehen werde ihr die Ehrung für ihr Künstlertum, ihren bahnbrechenden Hip-Hop und ihren Status als globaler Superstar, teilte MTV mit. Die Trophäe wird in Erinnerung an den Videoclip-Vorreiter Michael Jackson vergeben. Die Preise des Musiksenders MTV wurden am Sonntagabend im Prudential Center in Newark im US-Bundesstaat New Jersey vergeben. Die VMA-Preise werden seit 1984 verliehen. Fans können online für ihre Favoriten stimmen. Als Trophäe gibt es einen "Moonman" - einen kleinen Astronauten auf dem Mond, der eine MTV-Fahne in der Hand hält.
0amerika
Die Bundeswehr muss sich wandeln, muss stärker werden - das wollte Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Rede auf der Bundeswehrtagung in Berlin "im Klartext" verdeutlichen. Der Anfang dafür ist aus seiner Sicht gemacht, der eingeschlagene Weg richtig, doch es gebe noch viele "Fähigkeitslücken" bei der Truppe zu stopfen.In der jüngeren Vergangenheit habe die Bundeswehr in verschiedener Hinsicht Aufgaben im Inland übernommen, sei es die Unterstützung während der Corona-Pandemie oder nach der Hochwasserkatastrophe im vergangenen Jahr. Doch nun müsse sie sich wieder auf ihre Kernaufgabe konzentrieren - die Landes- und Bündnisverteidigung, mahnte Scholz und zitierte eine eigene Aussage von der Münchner Sicherheitskonferenz im diesjährigen Februar:Wenige Tage nach der Sicherheitskonferenz begann die russische Invasion in der Ukraine. Ein Krieg, der die Lage nochmals verschärft hat. "Eine hochgerüstete Nuklearmacht versucht, Grenzen in Europa neu zu ziehen", warnte Scholz und "wir müssen uns darauf einstellen, dass Russland auf absehbare Zeit" Europa und auch der NATO als Gegner gegenüberstehe. Umso wichtiger für den Kanzler, dass die Bundeswehr Schutz gewährleisten kann, das müsse eine Selbstverständlichkeit sein. Doch Scholz ist sich auch bewusst: "Die Fähigkeitslücken der Bundeswehr sind groß." Und allein mit besserer Ausrüstung sei es nicht getan, um diese Mängel auszuräumen, ein echter Paradigmenwechsel müsse her.Doch um die drängendsten Lücken zu schließen, steht zunächst Ausrüstung mit an erster Stelle. Munition, Ersatzteile, Instandsetzung - all das braucht es laut Scholz und militärische Ausrüstung wie Kampfflugzeuge oder einen Nachfolger für den Marder-Panzer.Finanzieren will die Bundesregierung das mithilfe des Anfang Juni vom Bundestag beschlossenen Sondervermögens: 100 Milliarden Euro gegen die "Fähigkeitslücken" der Truppe. In seiner Rede in Berlin macht Scholz mit einem Blick in die Zukunft aber klar: "Der Status quo plus Sondervermögen reicht nicht.""Denken Sie nicht, dass das Sondervermögen eine Ausnahme ist - und danach alles wie zuvor", betonte Scholz und verwies auch auf das Ziel seiner Regierung, den jährlichen Verteidigungsetat auf mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. "Damit können sie planen", versicherte Scholz.Denn nicht nur für den Schutz Deutschlands muss die Bundeswehr aus Sicht des SPD-Kanzlers gut gewappnet sein. Sondern auch, um eine stärkere Rolle in der NATO wahrzunehmen. "Deutschland ist bereit, an führender Stelle Verantwortung zu übernehmen", so Scholz. Die Bundeswehr solle zu einem "Grundpfeiler" für die Verteidigung Europas werden und zur "am besten ausgestatteten Streitkraft in Europa". Von Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine an, hätten deutsche Truppen eine entscheidende Rolle gespielt, um die Grenze im Osten Europas zu sichern. Und diese Verantwortung werde ab dem kommenden Jahr noch zunehmen, mit der Führung der Very High Readiness Joint Task Force, der "Speerspitze" der NATO. Eine "Herkulesaufgabe", wie Scholz es nennt. Und dafür müsse die Bundeswehr auch entsprechend ausgestattet sein.Europäisch denken und zusammenarbeiten - diesen Grundsatz führt Scholz nicht nur mit Blick auf die Bundeswehr an, sondern auch in Bezug auf die Rüstungsindustrie in den EU-Staaten. Er kritisierte die "völlig unübersichtliche Zahl an Rüstungsgütern" und die Konkurrenz, die zwischen Rüstungskonzernen innerhalb Europas herrsche. Stattdessen müsse eine "gemeinsame europäische Rüstung" ermöglicht werden. Waffensysteme sollten gemeinsam entwickelt, genutzt und exportiert werden. Dafür müsse Deutschland seine strengen "nationalen Vorbehalte und Regularien" auf den Prüfstand stellen und reformieren.Europäisch denken - damit müssten auch die Probleme angegangen werden, die infolge des russischen Krieges gegen die Ukraine deutlich geworden seien. Die zu große Abhängigkeit von russischen Energieressourcen etwa. Oder mangelnde technische Fähigkeiten, um sich gegen Cyberangriffe zu schützen. "Wir müssen Sicherheit im 21. Jahrhundert viel umfassender denken", mahnte Scholz. Und auch bei der Bundeswehr brauche es ein "verändertes Denken auf allen Ebenen", gepaart mit "Zutrauen und Risikobereitschaft" für Veränderung, um der neuen Rolle gerecht zu werden - in Deutschland, in Europa und der NATO.
3innenpolitik
Die US-Börsen sind heute mit Verlusten aus dem Handel gegangen. In Erwartung der morgen anstehenden US-Verbraucherpreise für Juli wagten sich viele Investoren nicht aus der Deckung. Eine starke Teuerungsrate würde die Zinssorgen der Anleger schüren, die zuletzt schon aus dem rasanten Stellenaufbau in den USA Signale für größere Zinsschritte der Notenbank Federal Reserve (Fed) herausgelesen hatten.Während der Leitindex Dow Jones nur moderat 0,18 Prozent auf 32.774 Punkte abgab, ging es an der besonders zinssensitiven Technologiebörse stärker bergab. Der Composite-Index gab um 1,19 Prozent nach, der Auswahlindex Nasdaq 100 um 1,15 Prozent. Der breiter gefasste S&P 500 verlor 0,42 Prozent auf 4122 Zähler.Eine hohe Inflationsrate nach dem überraschend starken US-Arbeitsmarktbericht in der vorangegangenen Woche könnte aus Sicht der Börsianer den Boden für weitere kräftige Zinserhöhungen bereiten. Händler gehen davon aus, dass die Fed die Zinsen im September mit einer Wahrscheinlichkeit von rund zwei Dritteln erneut um 75 Basispunkte anheben wird.Ökonomin Tiffany Wilding vom Vermögensverwalter Pimco geht zwar davon aus, dass sich die Kerninflation ohne die schwankungsanfälligen Komponenten Energie und Lebensmittel im Monatsvergleich gegenüber dem alarmierend hohen Wert des Vormonats abschwächen wird. Die Expertin erwartet dennoch, dass eine feste Kerninflationsrate und steigende Lohnstückkosten die Stärke des zugrunde liegenden Inflationsdrucks bekräftigen werden.Auf den Tech-Aktien lastete neben den Zinsängsten auch ein pessimistischer Ausblick des Speicherchipherstellers Micron. Denn dem Konzern machen eine schwächere PC-Nachfrage und die anhaltenden Lieferengpässe zu schaffen. Für das vierte Geschäftsquartal bis Ende August rechnet Micron damit, dass die Erlöse entweder noch knapp an die Prognose von rund 7,2 Milliarden Dollar heranreichen oder leicht darunter liegen. Im Vorjahreszeitraum waren es noch fast 8,3 Milliarden Dollar. Micron-Papiere geben um 3,74 Prozent nach. In ähnlichem Ausmaß büßten auch die Rivalen Nvidia und Advanced Micro Devices an Wert ein.Derweil hat US-Präsident Joe Biden ein Gesetz unterzeichnet, das die US-Halbleiterindustrie im Kampf gegen China und Europa mit rund 52 Milliarden Dollar subventioniert. Erst im Februar hatte die EU-Kommission das europäische Pendant, den "European Chips Act", auf den Weg gebracht. Auch Micron hat angekündigt, für 40 Milliarden Dollar investieren zu wollen. Novavax brachen dramatisch über 29 Prozent ein, nachdem der US-Biotechkonzern seine Umsatzprognose für das Gesamtjahr halbiert hatte. Grund ist die mangelnde Nachfrage nach seinem Corona-Impfstoff, vor allem in ärmeren Ländern. Doch auch in den USA bleibt Novavax auf seinem Vakzin sitzen, das dort erst kürzlich für den Einsatz bei Erwachsenen zugelassen worden war. Es gab die Erwartung, dass vor allem Impfskeptiker zugreifen, die den mRNA-basierten Mitteln von Moderna und Pfizer kritisch gegenüber standen. Doch bisher wurden in den USA gerade einmal etwas mehr als 7300 Dosen des sogenannten Totimpfstoffs von Novavax verabreicht.Wiederkehrende Zins- und Inflationsängste haben heute den Risikoappetit der heimischen Anleger gebremst und vor den morgigen US-Preisdaten für den Juli bei so manchen wohl für ein mulmiges Gefühl gesorgt. Der DAX blieb den ganzen Tag über im Minus und schloss letztlich bei 13.534 Punkten um 1,12 Prozent tiefer und damit nahe seines Tagestiefs bei 13.514 Punkten.Das Tageshoch lag am Morgen bei 13.715 Punkten. Die relativ große Handelsbandbreite von rund 200 Punkten ist ein Hinweis auf die derzeit hohe Nervosität am Markt. Auch der MDAX, der Index der mittelgroßen Werte, war unter Druck und mit 2,09 Prozent noch deutlicher im Minus als der Leitindex DAX. Er ging bei 27.270 Zählern aus dem Handel. Thema des Tages war die Zinswende in den USA, die derzeit in vollem Gang ist. Allerdings wird heftig darüber spekuliert und diskutiert, in welchem Tempo und Ausmaß die Notenbank Federal Reserve (Fed)diese vorantreibt. Deshalb kommt den morgigen Preisdaten besondere Bedeutung zu. Die Fed hat keinen Zweifel daran gelassen, dass sie die zuletzt bei einer Rate von 9,1 Prozent liegende Inflation weiter entschlossen bekämpfen will und wird. "Die US-Inflationsrate für den Juli dürfte wegweisend für die nächste Zinsentscheidung der US-Notenbank sein", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Experten erwarten im Mittel eine Juli-Inflationsrate von 8,7 Prozent, was zwar hoch wäre, aber eine abnehmende Dynamik anzeigen würde. In diesem Fall könnte der Markt positiv auf die Zahlen reagieren mit dem Argument, der Höhepunkt der Inflationsentwicklung sei überschritten. "Was dem Aktienmarkt jetzt gut tun würde, wäre eine Entspannung an der Inflationsfront", sagte CMC-Markets-Analyst Jochen Stanzl. "Ohne ein Ende der steigenden Preise steht die Fed dank der starken Arbeitsmarktdaten wohl nicht vor einem Ende ihrer seriellen, schnellen Leitzinsanhebungen." Die europäische Gemeinschaftswährung hatte am Nachmittag die Marke von 1,02 Dollar deutlicher überschritten. Im US-Handel bröckeln die Gewinne aber wieder, der Euro kostet dort 1,0210 Dollar. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0234 (Montag: 1,0199) Dollar fest.Die Ölpreise sind im Verlauf ins Plus gedreht, und legen letztlich noch moderat zu. Ein Barrel der Nordsee-Ölsorte Brent kostete rund 0,5 Prozent mehr als tags zuvor. Marktbeobachter begründeten die Preisentwicklung mit Meldungen, dass die Lieferung von russischem Öl über den Südstrang der Pipeline Druschba (Freundschaft) nach Ungarn eingestellt worden sei. Der Transit von russischem Öl nach Ungarn wurde nach Angaben aus Moskau gestoppt. Der russische Pipeline-Monopolist Transneft machte für den Lieferstopp die Ukraine verantwortlich. Am Ölmarkt gingen Marktteilnehmer zuletzt von einer schwächeren globalen Wirtschaftsentwicklung und damit einer geringeren Nachfrage aus. Befeuert wurden diese Ängste immer wieder durch die zahlreichen Lockdowns in China. Seitdem schwanken die Preise auf niedrigerem Niveau. Die Produktivität der US-Wirtschaft ist im Frühjahr erneut deutlich gefallen. Das Verhältnis von Produktion und Arbeitszeit fiel im zweiten Quartal auf das Jahr hochgerechnet um 4,6 Prozent, wie das Arbeitsministerium in Washington nach einer ersten Schätzung mitteilte. Analysten hatten im Schnitt mit dem Rückgang gerechnet. Im ersten Quartal war sie mit 7,4 Prozent allerdings noch deutlich stärker gefallen. Der Rückgang im Winter war der stärkste seit 1947.Die Lohnstückkosten zogen in den Monaten April bis Juni auf das Jahr hochgerechnet um 10,8 Prozent an. Erwartet wurde nur ein Anstieg um 9,5 Prozent. Experten zufolge ist der deutliche Anstieg der Lohnstückkosten im zweiten Quartal ein Abbild des sehr engen Arbeitsmarktes in den USA. Der starke Anstieg der Lohnstückkosten dürfte auch den hohen Preisauftrieb befeuern.Unter den 40 Einzelwerten im DAX gab es nur wenige Gewinner. Tagessieger waren Hannover Rück, die mit dem Konkurrenten Münchener Rück nach oben gezogen wurden. Auch die als defensiv geltenden Versorger und die T-Aktie lagen am Ende im grünen Bereich. Tagesverlierer waren HelloFresh, schwach notierten auch Chiphersteller Infineon und Online-Händler Zalando. Auch Adidas gaben über drei Prozent nach. Firmenchef Kasper Rorsted gab Fehler im wichtigen chinesischen Markt zu, setzt aber auf dessen Erholung. Im zweiten Quartal war der Umsatz von Adidas in China um 35 Prozent eingebrochen, der zweitgrößte Sportartikelhersteller der Welt musste die Prognosen für 2022 deshalb jüngst zurücknehmen. Ein längerfristiger Ausfall von China als Wachstumsmarkt könnte die Umsatz- und Gewinnziele von Adidas für die Jahre bis 2025 in Frage stellen. Zunächst mit Verlusten gestartet, gewann die Aktie der Münchener Rück am Ende rund 1,8 Prozent und gehörte damit gegen den Trend zu den größten Gewinnern im DAX. Die Analysten der UBS haben ihre Kaufempfehlung für den Rückversicherer trotz eines Gewinnrückgangs im zweiten Quartal bekräftigt. Auf die Aktionäre entfiel in diesem Zeitraum ein Überschuss von 770 Millionen Euro und damit gut 30 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Vorstandschef Joachim Wenning rechnet für 2022 infolge der hohen Abschreibungen jetzt zwar mit einer geringeren Rendite auf Kapitalanlagen, peilt aber weiterhin einen Konzerngewinn von 3,3 Milliarden Euro an. Allerdings stehen die Ziele aus Sicht des Vorstands unter erhöhter Unsicherheit.Die Conti-Aktie gehörte dagegen zu den Verlierern im Leitindex DAX mit einem Abschlag von über sechs Prozent. Der Autozulieferer und Reifenhersteller ist wegen gestiegener Kosten und Abschreibungen im zweiten Quartal in die Verlustzone gerutscht. Der Nettoverlust betrug 250,7 Millionen Euro nach einem Gewinn von 545,3 Millionen Euro vor einem Jahr. Der Konzernumsatz war wie bereits bekannt um 13 Prozent auf 9,4 Milliarden Euro gestiegen. Im Tagesgeschäft belasteten aber erhöhte Kosten für Energie, Beschaffung und Logistik das Ergebnis. Der Flughafenbetreiber Fraport rechnet angesichts der starken Reisenachfrage mit einem höheren Verkehrsaufkommen in Frankfurt in diesem Jahr. Die Aktie gehört zu den Tagesgewinnern im MDAX. Dank des Passagieransturms in Frankfurt konnte der Konzern seinen Umsatz im zweiten Quartal auf 808,9 Millionen Euro fast verdoppeln. Vor Steuern und Zinsen verdiente das Unternehmen mit 223,2 Millionen Euro ebenfalls deutlich mehr. Fraport hat seine Beteiligung am Flughafen in Sankt Petersburg vollständig abgeschrieben. Die Wertminderung bedeute aber keinen Anteilsverkauf, so Fraport-Chef Stefan Schulte. Ein Verkauf der Beteiligung sei weiterhin bis 2025 ausgeschlossen. Fraport-Papiere legten im MDAX gegen den Trend zu. Torsten Leue soll den Versicherungskonzern mindestens bis Mai 2028 führen. Der Aufsichtsrat habe seinen 2023 auslaufenden Vertrag vorzeitig um fünf Jahre verlängert, teilte das Unternehmen mit. Leue habe den Konzern sehr erfolgreich weiterentwickelt, sagte Aufsichtsratschef Herbert Haas, der Leues Vorgänger als Vorstandschef war. Der heute 56-Jährige war 2010 von der Allianz zu Talanx gekommen und war im Vorstand zunächst für das expandierende Auslandsgeschäft mit Privat- und Firmenkunden verantwortlich.Der Foto-Dienstleister Cewe profitiert von Preiserhöhungen für seine Produkte. Im zweiten Quartal stieg der Umsatz deshalb, aber auch dank einer höheren Nachfrage um rund 13 Prozent auf 132 Millionen Euro. Der Betriebsverlust (Ebit) schrumpfte auf 4,3 Millionen Euro von zuvor 6,4 Millionen Euro. "Die wieder deutlich wachsende Zahl von Urlaubsreisen, von Feiern und Veranstaltungen schaffen aktuell zahlreiche Foto-Anlässe, die im Laufe des zweiten Quartals zunehmend unser Geschäft gestärkt haben", so Firmenchef Christian Friege. Cewe bestätigte den Ausblick, wonach die Erlöse im Gesamtjahr zwischen 680 und 740 Millionen Euro liegen sollen. Auch dank einer regen Nachfrage nach Elektro-Pkw hat sich der für deutsche Hersteller sehr wichtige chinesische Automarkt im Juli weiter erholt. Die Autohändler des Landes verkauften mit 1,84 Millionen Fahrzeugen zwar etwas weniger als im Vormonat, aber gut ein Fünftel mehr als im Juli 2021, wie heute in Peking veröffentlichte Daten des Branchenverbandes PCA zeigen. Dabei machten Elektrofahrzeuge mit 486.000 mehr als ein Viertel der Verkäufe aus. Der PCA rechnet daher nun für das Gesamtjahr mit einem Wachstum der E-Auto-Verkäufe auf 6 Millionen, nach bisher angestrebten 5,5 Millionen. Das wären dann doppelt so viele wie im Vorjahr - und dabei spricht der Verband noch von einer vorsichtigen Prognose.
2finanzen
Nach den heftigen Regenfällen im Death Valley im US-Bundesstaat Kalifornien hat die Polizei Hunderte Menschen in Sicherheit gebracht. Nach Angaben der örtlichen Polizei begleiteten Beamte sie auf mittlerweile geräumten Straßen aus dem Nationalpark heraus. "Dank der harten Arbeit der Straßenarbeiter konnten Besucher, die zuvor nicht in der Lage waren, die Hotels in der Region zu verlassen, nun vorsichtig mit Polizeibegleitung hinausfahren", hieß es vom Nationalpark. Mit Helikoptern würden die abgelegenen Gebieten des Parks abgesucht, um sicherzustellen, dass sich dort keine liegengebliebenen Fahrzeuge mehr befänden. Verletzte gibt es nach offiziellen Angaben bisher keine. Am Freitag hatte es im Death Valley ungewöhnlich viel geregnet. Im Gebiet Furnace Creek fielen rund 3,7 Zentimeter Niederschlag. Damit war der Tag Medienberichten zufolge der zweitnasseste seit Aufzeichnungsbeginn im Jahr 1911. Durchschnittlich regnet es an besagtem Ort im August nur 0,3 Zentimeter, wie die "Washington Post" berichtete. Im Jahresdurchschnitt würden insgesamt knapp fünf Zentimeter registriert. Am Tag der Regenfälle befanden sich etwa 500 Besucher und 500 Parkmitarbeiter im Death Valley. Bei einem Hotel wurden laut CNN rund 60 Autos von Besuchern und Mitarbeitern unter Trümmern begraben. Die Sturzfluten und der Sturm drückten nach Angaben des Parks Müllcontainer in geparkte Autos. Außerdem seien viele Hotelzimmer und Geschäftsbüros überflutet worden. Straßen waren durch umgestürzte Felsbrocken und Palmen blockiert. Der Nationalpark berichtete, in den meisten Gebieten sei das Wasser mittlerweile zurückgegangen und habe umfangreiche Schlamm- und Kiesablagerungen zurückgelassen. Die Straßen im Park würden so lange geschlossen bleiben, bis die Mitarbeiter einen Überblick über die Lage hätten. Einige Wege wurden offenbar stark zerstört.Das Death Valley gilt eigentlich als der trockenste und heißeste Ort in den USA. Im vergangenen Jahr wurde dort eine Rekordtemperatur von mehr als 54 Grad gemessen. Regenstürme sind dort selten, aber nicht ganz ungewöhnlich. Ähnlich war es in dem Nationalpark zuletzt 2015. Nach Ansicht von Klimaexperten könnten sich solche Ereignisse durch die Erderwärmung aber häufen - und heftiger auftreten als bisher beobachtet.
0amerika
Hotels und Gaststätten haben einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) zufolge im Jahr 2020 rund 216.000 Beschäftigte verloren. Die Autorinnen der Studie berufen sich dabei auf auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. Es geht um Arbeitsbedingungen und Sicherheit, um Anerkennung - und letztlich auch ums Geld. Während der Corona-Pandemie waren viele Menschen zum Wechsel des Arbeitsplatzes gezwungen - oder haben sich auch freiwillig einen neuen Job gesucht. Verlierer ist laut IW-Studie eindeutig das Gastgewerbe. Der Einzelhandel habe sich als Auffangbecken für in der Corona-Pandemie abgewanderte Beschäftigte vor allem aus dem Gastgewerbe erwiesen. Fast 35.000 der aus der Gastronomie abgewanderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten im Verkauf einen neuen Job gefunden, etwa als Kassiererinnen. Was zunächst in vielen Fällen als vorübergehende Lösung gedacht gewesen sein möge, habe sich als Dauervariante etabliert - womöglich unter anderem wegen familienfreundlicherer Arbeitszeiten. Die Discounter Aldi und Lidl befeuerten den Trend mit lukrativen Angeboten zusätzlich. Sie schreiben seit Monaten Angebote mit Einstiegslöhnen von mindestens 14 Euro aus - deutlich über dem Mindestlohn von künftig 12 Euro und garniert mit der Aussicht auf Aufstiegschancen zumindest für Jüngere. Rund 27.000 Menschen seien von der Gastronomie in das Verkehrs- und Logistikgewerbe gewechselt, etwa als Fahrer für Paketdienste, heißt es in der Studie, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Etwa gleich viele hätten im Bereich Unternehmensführung angeheuert, zum Beispiel als Sekretärinnen. Der Studie zufolge sind es aber nicht nur Minijobber, die die Gastronomie verließen. Unter den Abgängen waren von Juni 2020 bis Juni 2021 auch knapp 60.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, heißt es in der Studie weiter - ein Rückgang um 10,3 Prozent. "In keinem anderen Berufsbereich fällt der Rückgang so stark aus, weder absolut noch prozentual", analysieren die Autorinnen, Anika Jansen und Paula Risius, über die Gastronomie. Dort macht es sich auch am stärksten bemerkbar. Selbst Vorzeigebetriebe müssten inzwischen schließen oder zusätzliche Ruhetage einlegen, sagt Thomas Geppert, Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes in Bayern. Hotels könnten aus Personalmangel ihre Zimmer nicht mehr voll auslasten. Die Gastronomie brauche sechs Mal mehr Personal als etwa der Einzelhandel, um denselben Umsatz zu erzielen, rechnet Geppert vor. Dass eine solche personalintensive Branche in der Pandemie besonders leide, sei nicht verwunderlich. Zumal die vielen Minijobber während der Lockdowns nicht von der Kurzarbeit aufgefangen worden und somit gezwungen gewesen seien, sich etwas Neues zu suchen. Bei den Festangestellten sei der Abgang mit 8,5 Prozent in Bayern weniger dramatisch. Geppert ist klar, dass die Branche selbst noch viel tun muss, um ihr Personal zu binden. "Wir brauchen flexiblere Arbeitszeitmodelle", sagt er. Aber auch Politik und Verwaltung könnten helfen. Etwa mit leichteren Visa-Zugängen für Ausländer aus Nicht-EU-Staaten, etwa aus dem Westbalkan. "Ich glaube, man wird die Lücke innerdeutsch nicht decken können." Ein neuer Tarifabschluss sehe "dramatische Lohnsteigerungen" vor. Wohl auch, weil der Trinkgeld-Anteil am Verdienst unter anderem wegen zunehmender Kartenzahlung schwindet. Über die Bezahlung will auch eine andere Branche ihr Personalproblem lösen - die Flughäfen. Am Airport in Nürnberg gilt etwa ein neuer Haustarifvertrag, wie ein Sprecher sagt. Mit einem Einstiegslohn von 12,50 Euro kämen Mitarbeiter in der untersten Eingruppierung mit Nacht- und Feiertagszuschlägen schnell auf einen Durchschnittsverdienst von 14 bis 16 Euro pro Stunde.
5unternehmen
Die Nachricht über den tödlichen Anschlag auf den früheren japanischen Premierminister Shinzo Abe hat Schockwellen im Land ausgelöst. Japan gilt als eines der sichersten der Welt und verfügt über eines der schärfsten Waffengesetze.Er verurteile die Tat "aufs Schärfste", erklärte Regierungschef Fumio Kishida, der sichtlich um Fassung rang: "Mir fehlen die Worte. Ich spreche mein aufrichtiges Beileid aus und bete, dass seine Seele in Frieden ruhen möge." Kishida brach einen Wahlkampfauftritt in der nördlichen Präfektur Yamagata sofort ab und kehrte im Hubschrauber nach Tokio zurück. "Es ist ein Angriff auf die parlamentarische Demokratie und kann nicht toleriert werden", sagte der Präsident des Abgeordnetenhauses, Hiroyuki Hosoda. Auch die Opposition verurteilte das Attentat, das zwei Tage vor Wahlen zum Oberhaus des Parlaments Japan erschütterte. "Gewalt gegen politische Aktivitäten ist absolut inakzeptabel", sagte ein Vertreter der Kommunistischen Partei Japans, für die Abes nationalistische Politik immer ein rotes Tuch war. Auch im Rest der Welt löste die Tat Entsetzen aus. Die chinesische Botschaft in Japan äußerte sich "schockiert". "Während seiner Amtszeit trug der ehemalige Premier Abe zur Verbesserung und Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen China und Japan bei", sagte ein Sprecher der Botschaft. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem "brutalen und feigen Mord." EU-Ratspräsident Charles Michel erklärte: "Japan, die Europäer trauern mit dir."NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg zeigte sich betroffen über Abes Tod. "Tieftraurig über die abscheuliche Ermordung von Shinzo Abe, einem Verteidiger der Demokratie und meinem langjährigen Freund und Kollegen", schrieb der frühere norwegische Ministerpräsident auf Twitter. "Mein tiefstes Beileid an seine Familie und das Volk des NATO-Partnerlandes Japan in dieser schwierigen Zeit."Bundeskanzler Olaf Scholz reagierte bestürzt auf den gewaltsamen Tod von Japans Ex-Premier. "Das tödliche Attentat auf Shinzo Abe macht mich fassungslos und tief traurig", schrieb Scholz im Kurzbotschaftendienst Twitter. Altkanzlerin Angela Merkel, die Abe bei vielen internationalen Konferenzen begegnet war, schrieb auf ihrer Internetseite: "Japan und die Welt verlieren mit Shinzo Abe einen großen Staatsmann. (...) Sein Wort hatte Gewicht. Seine Entscheidungen waren verlässlich. Sein Humor half, Widerstände zu überwinden. Er war mir ein enger Kollege und Freund. Wir waren stets von dem gemeinsamen Ziel geleitet, die großen Herausforderungen unserer Zeit sowohl in unseren bilateralen Beziehungen als auch zwischen Japan und der Europäischen Union sowie multilateral partnerschaftlich zu bewältigen". Die deutsch-japanischen Beziehungen seien in seiner Amtszeit noch einmal enger geworden.Auch Außenministerin Annalena Baerbock zeigte sich bestürzt. "Ich bin schockiert von der Nachricht, dass Shinzo Abe niedergeschossen wurde", erklärte die Grünen-Politikerin auf Twitter. "Meine Gedanken sind bei ihm und seiner Familie", hieß es in der auf Englisch verfassten Botschaft weiter. Baerbock hält sich derzeit beim Treffen der G20-Außenminister auf Bali auf.Dort äußerte auch US-Außenminister Antony Blinken tiefe Trauer und Besorgnis. "Unsere Gedanken, unsere Gebete sind mit ihm, mit seiner Familie, mit Japans Volk", sagte Blinken nach Angaben der "New York Times". US-Präsident Joe Biden verurteilte den Mordanschlag auf Abe: "Ich bin fassungslos, empört und zutiefst traurig über die Nachricht, dass mein Freund Shinzo Abe während eines Wahlkampfauftritts erschossen wurde. Dies ist eine Tragödie für Japan und für alle, die ihn kannte", hieß es in einer Stellungnahme. Russlands Präsident Wladimir Putin schrieb in einem vom Kreml veröffentlichten Telegramm: "Die Hand eines Verbrechers hat das Leben eines herausragenden Staatsmannes beendet." Weiter sprach er von einem "schweren, unersetzlichen Verlust". Abe sei ein "herausragender Staatsmann" gewesen, der viel für die Entwicklung "gutnachbarlicher Beziehungen zwischen unseren Ländern" getan habe.Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen erklärte, Abe sei nicht nur ihr guter Freund, sondern auch Taiwans stärkster Freund, der die demokratische Inselrepublik seit Jahren unterstützt habe, schrieb Tsai auf Facebook. Der ehemalige Regierungschef habe keine Mühen gescheut, um die Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu fördern. IOC-Präsident Thomas Bach sprach der Familie und dem japanischen Volk sein Beileid aus. Abe sei ein Mann "mit einer Vision, voller Entschlossenheit und grenzenloser Energie, seine Vision zu verwirklichen" gewesen. "Was ich an ihm am meisten schätzte, war, dass er ein Mann war, der zu seinem Wort stand", sagte Bach weiter. Nur dank seiner Vision, Entschlossenheit und Verlässlichkeit habe man die beispiellose Entscheidung treffen können, die Olympischen Spiele in Tokio wegen der Corona-Pandemie um ein Jahr auf 2021 zu verschieben. Als Zeichen der Wertschätzung durch das IOC wird die Olympische Flagge am Olympischen Haus in Lausanne drei Tage lang auf halbmast gehisst. Abe war zu einer Wahlkampfrede in der Stadt Nara unterwegs, als ein Angreifer Schüsse auf ihn abfeuerte. Trotz Bluttransfusionen konnten die Ärzte im Krankenhaus später nur noch den Tod des Politikers feststellen. Abe regierte Japan von Dezember 2012 bis September 2020. Er war damit der am längsten amtierende Premier des Landes.
1asien
Die Zeiten, in denen es Joe Bidens oberste Priorität war, das gespaltene Land zu einen und die Bitternis der Trump-Jahre zu überwinden - spätestens seit seiner Rede in Philadelphia sind sie endgültig passé. Zur besten Sendezeit war ein ungewohnt aggressiver US-Präsident zu erleben, der seinen Gegnern nichts schenkte."Donald Trump und seine Gefolgsleute verkörpern einen Extremismus, der die Fundamente unserer Republik bedroht!" Harter Tobak - doch der Attackierte dürfte sich die Hände gerieben haben. Trump hat noch nicht einmal seine Kandidatur für 2024 erklärt; doch das Scheinwerferlicht strahlt ausschließlich auf ihn.Es sei keine Frage, dass die republikanische Partei dominiert und eingeschüchtert sei von Trump und den MAGA-Republikanern. MAGA ist das gängige Kürzel für Trumps Wahlkampfslogan "Make America Great Again!" Es war abzusehen gewesen, dass Biden schwere verbale Geschütze auffahren würde. Deswegen hatten die Republikaner in Gestalt ihres ehrgeizigen Fraktionsvorsitzenden im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, bereits eine Art vorgezogene Gegenrede vorbereitet.Biden und das "politisch missbrauchte Justizministerium" hätten einen Überfall auf das Privathaus ihres wichtigsten politischen Rivalen Donald Trump verübt, so McCarthy. Das sei ein Angriff auf die Demokratie. Bei dem Schlagabtausch ging es also um die Deutungshoheit."Demokratie kann nicht überleben, wenn eine Seite glaubt, dass nur zwei Wahlausgänge möglich sind: Entweder sie gewinnt oder sie ist um ihren Sieg betrogen worden", so Biden, "und da stehen heute die MAGA-Republikaner!" Wenige Tage zuvor hatte Biden diese als "Halb-Faschisten" bezeichnet. Das ist eine ungewöhnlich drastische Wortwahl für den eher sanftmütigen Präsidenten.Weshalb ihm Top-Republikaner McCarthy einen Ratschlag erteilte. "Die ersten Sätze seiner Rede sollten eine Entschuldigung sein bei den Millionen von Amerikanern, die er als Faschisten diffamiert hat", so sich McCarthy. Der Fraktionschef hatte sich nach dem Sturm aufs Kapitol kurzzeitig von Trump abgewandt, sich dann aber wieder angenähert. Um die Einheit der Partei zu wahren. Biden jedoch setzte den Keil an. "Nicht jeder Republikaner, nicht einmal die Mehrheit der Republikaner, ist MAGA-Republikaner und vertritt die Extrem-Ideologie", glaubt der Präsident, der jetzt voll auf Konfrontation statt Konsens setzt.Der Lackmustest für diese Wahlkampfstrategie nähert sich im Sauseschritt. In weniger als zehn Wochen wird gewählt in Amerika. Der Wahlkampf ist eröffnet!
0amerika
Das riesige Feuer in einem Treibstofflager in Kuba hat einen zweiten Öltank zerstört. Wegen des Großbrandes im westkubanischen Matanzas sei Tank Nummer zwei in der Nacht zu Montag eingestürzt, teilte die zuständige Provinzregierung auf ihrer Facebook-Seite mit. Der Tank hatte 52.000 Kubikmeter Erdöl enthalten. Es sei Öl ausgelaufen, teilte die kubanische Regierung auf Twitter mit, man arbeite "intensiv und effektiv" daran, das Problem unter Kontrolle zu bekommen. Ob durch den Vorfall auch ein dritter Öltank in Mitleidenschaft geriet, sei unklar, hieß es in der Mitteilung. Die kubanische Führung versicherte allerdings, dass der dritte Tank nicht eingestürzt sei. Kubanische Medien berichten dagegen, die Abdeckung eines weiteren Tanks sei eingestürzt.Der erste Tank, der mit rund 26.000 Kubikmetern Erdöl etwa zur Hälfte gefüllt gewesen war, war am Samstag kollabiert. Der wohl größte Brand in der Geschichte Kubas war am Freitag durch einen Blitzschlag ausgelöst worden. Der Rauch breitete sich bis in die 105 Kilometer entfernte Hauptstadt Havanna aus. Die örtlichen Behörden meldeten mindestens ein Todesopfer, einen 60-jährigen Feuerwehrmann. 16 Feuerwehrleute, die an vorderster Front gegen den Brand gekämpft hatten, werden vermisst. Von den insgesamt mehr als 120 Verletzten des Unglücks werden noch 24 im Krankenhaus behandelt, fünf von ihnen schweben in Lebensgefahr. Staatschef Miguel Díaz-Canel besuchte die Angehörigen dort und versicherte ihnen, dass die Behörden bei der Suche nach den Vermissten alles in ihrer Macht Stehende täten. Das Treibstofflager gehört zum größten Heizkraftwerk Kubas. Laut der staatlichen Ölgesellschaft Cupet handelt es sich um den bisher größten Brand in Kuba überhaupt. Die kubanische Führung bat das Ausland um Hilfe bei der Brandbekämpfung. Aus Mexiko und Venezuela trafen am Sonntag Feuerwehrleute und andere Experten mit Flugzeugen und Ausrüstung ein.
0amerika
Und wieder nichts. Die Rede des Bundeskanzlers bei der Bundeswehrtagung am Ende dieser hochpolitischen Woche war bei Beobachtern durchaus mit Spannung erwartet worden. Wenn nicht hier, wo sonst wäre der richtige Ort gewesen für Olaf Scholz, eine Kehrtwende bei seiner Haltung zu Kampf- und Schützenpanzern zu verkünden? Oder zumindest einen neuen Panzer-Ringtausch mit einem osteuropäischen Partner anzukündigen - um seinem bisherigen Argument, Deutschland wolle dieses Gerät nicht direkt liefern, treu zu bleiben.Doch auf die von der Ukraine geforderten Lieferungen westlichen Kampfpanzer ging er wieder nicht ein, obwohl inzwischen seine eigene Außenministerin diesen Wunsch öffentlich unterstützt. Wenn Russlands Präsident Wladimir Putin "durch seinen grausamen Angriffskrieg seine imperialistischen Ziele erreicht, wird es keinen dauerhaften Frieden geben", warnte er. Deutschland, so Scholz‘ Mantra seit einiger Zeit, werde der Ukraine zusammen mit den westlichen Partnern "mit schwerem militärischem Gerät, mit Munition, mit der Ausbildung ukrainischer Soldatinnen und Soldaten" helfen. "Denn ihr Kampf ist auch unser Kampf", betonte er. Doch vor Kampfpanzern schreckt Scholz weiterhin zurück, obwohl bereits schwere Offensivwaffen wie Panzerhaubitzen und Mehrfachraketenwerfer vom Typ Mars II inzwischen geliefert werden - logisch ist das nicht wirklich. Er argumentiert mit den Bündnispartnern, vor allem den USA - und deren Präsident Joe Biden zieht weiterhin auch bei Kampfpanzern eine rote Linie.Der Druck auf Scholz könnte in dieser Woche kaum höher sein, was die Erwartung an eine Kehrtwende bei diesem Thema angeht: Die Ukraine steht gegen Russlands völkerrechtswidrigem Angriffskrieg nun mit überraschenden Rückeroberungen da - viele aus der Unterstützerschaft hierzulande argumentieren, gerade diese Entwicklung müsse mit weiteren schweren Waffenlieferungen unterstützt werden.Und innerhalb seiner Ampelkoalition sind es längst nicht mehr nur die liberale Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann oder der grüne Europapolitiker Anton Hofreiter, beide auch Ausschussvorsitzende im Bundestag, die auch Kampfpanzer von Deutschland aus liefern wollen. Seit Außenministerin Annalena Baerbock deutlich Sympathie äußert für eine Lieferung, fehlt Scholz nun ein Argument: Dass seine Haltung die der ganzen Bundesregierung sei.Die Stimmung innerhalb der Ampel ist bei diesem heiklen Thema schlecht bis genervt auf beiden Seiten. Manche der Befürworter knirschen hörbar mit den Zähnen vor Ärger über Scholz‘ starre Haltung. Auch innerhalb der SPD mehren sich die Pro-Stimmen, zuletzt mit Michael Roth, dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses. Dieser baute Scholz sogar eine verbale Brücke, dass es sich nicht um einen deutschen Alleingang handle, wenn Leopard-Panzer geliefert würden: Er schlug eine europäische Initiative für die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine vor. "Wir haben 13 europäische Staaten, die verfügen über insgesamt 2000 Leopard-2-Panzer", sagte Roth dem MDR. Er schlage vor, dass "wir gemeinsam ein Kontingent von Leopard-2-Panzern zusammenstellen, die wir dann möglichst rasch der Ukraine liefern".Es ist also längst nicht mehr Gelb-Grün gegen Rot in dieser Frage, sondern eher Gelb-Grün-Hellrot - gegen Tiefrot. Das seien die "letzten Gefechte der Mützenichs und Stegners in der SPD" - heißt es in der Koalition unter jenen, die von Scholz eine Kehrtwende fordern. Sie werden mehr. Und bei den Grünen, einer Partei mit durchaus pazifistischer Tradition, bleibt es ruhig. Dort erntet Baerbock Unterstützung, vor allem auch für ihr Argument, dass die Zeit drängt.Doch Scholz hat sich festgelegt, in einem "Spiegel"-Interview im April signalisierte er deutlich seine Sorge, Putin könne den Krieg über die Ukraine hinaus eskalieren und zu Atomwaffen greifen. Daran hat sich offenbar nichts geändert. Von der Bundeswehr hat er den gewichtigen Generalinspekteur Eberhard Zorn als Unterstützer seiner Linie, der sich lange in der Frage zurückgehalten hatte. Doch auch in der Bundeswehr gibt es andere ebenfalls gewichtige Stimmen, die die Lage anders sehen. Deutschland habe etwa 190 alte Leopard 1-Panzer in Industriehallen herumstehen, die könnten einsatzfähig gemacht werden. Mit diesen älteren Modellen könne die Ukraine viel anfangen, zugleich müsste der neuere Bestand der Bundeswehr nicht weiter angefasst werden. Denn auch gerade die Bundeswehr ist unter Druck, Verbündete wie Litauen im Angriffsfalle mit schützen zu müssen - und wird von den Osteuropäern deswegen kritisch beäugt und gefordert. Bis spätestens 2025 soll sie eine neue militärische Eingreiftruppe aufbauen, die selbst gutes Gerät braucht. Scholz weiß das alles, er hat es ja mitentscheiden. Weshalb er dennoch bei der Reparatur der alten Leopard-Panzer so unbeweglich bleibt, verstehen auch in seiner Koalition immer weniger.
3innenpolitik
Seit Tagen schüren Trump-kritische Sender wie CNN die Erwartungen: Wie erklären sich die 187 Minuten, während derer Trump nichts unternahm, um den rasenden Mob am Kapitol zu stoppen? Dazu gehört werden zwei ehemalige Trump-Mitarbeiter, die ihre Jobs im Weißen Haus nach dem 6. Januar gekündigt hatten. Zunächst Matthew Pottinger, der vier Jahre lang dem Nationalen Sicherheitsrat angehörte. Für Pottinger war das Maß voll, als Trump während des Sturms auf Twitter seinen eigenen Vize, Mike Pence, ins Visier nahm. Während sich Pence im Kapitol in Sicherheit bringen musste, warf Trump seinem loyalen Weggefährten Feigheit vor: Der habe nicht dem Mumm, die Wahl zu Gunsten Trumps zu kippen. Aufgrund dieses Tweets habe er seinen Job hingeworfen, sagt Pottinger. Am Kapitol skandierten die Trump-Anhänger: "Knüpft Mike Pence auf!". Ähnlich ging es Sarah Matthews, damals Trumps stellvertretende Regierungssprecherin. Dieser Tweet sei "das allerletzte gewesen, was wir jetzt brauchen" - so sei die einhellige Reaktion im Stab des Weißen Hauses gewesen, sagte sie. "Die Situation war schon schlimm genug", erinnert sich Matthews, "da hat der Tweet nur noch mehr Öl ins Feuer gegossen!" Episoden wie diese wertet der Ausschuss als Beleg dafür, dass Trump den Kapitolsturm nicht nur billigend in Kauf nahm, sondern gezielt dazu angestiftet hat. Als Teil einer größer angelegten Kampagne, seine Wahlniederlage in ihr Gegenteil zu verkehren. Bislang deutet jedoch wenig darauf hin, dass die Erkenntnisse aus dem Ausschuss die öffentliche Meinung in den USA verändert haben. Auch der Politologe Matthew Bergbower von der Indiana State University ist skeptisch: Die Kompassnadel habe sich kaum bewegt; die Demokraten seien entzückt und fühlten sich in ihrer Haltung bestätigt. Die Republikaner ignorierten den Ausschuss und bejubelten lieber die jüngsten Supreme Court-Entscheidungen wie das Kippen des Rechts auf Abtreibung.Die ganze Aufklärungsarbeit also für die Katz? Das werde sich erst zeigen, meint die demokratische Kongressabgeordnete Jamila Jayapal aus dem Bundesstaat Washington. Jetzt sei der Justizminister am Zug, meint sie, um Trump für seinen Putschversuch zur Verantwortung zu ziehen. Entsprechend dürfte auch die heutige Abschlusssitzung wieder wie ein Plädoyer der Anklage inszeniert sein. 
0amerika
Bei Überschwemmungen im Iran sind nach jüngsten Angaben mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen. Dutzende weitere Menschen würden nach starken Niederschlägen und Überflutungen noch vermisst, teilte der iranische Rote Halbmond mit. Rund 20.000 Häuser wurden beschädigt. Viele Menschen wurden obdachlos. Zahlreiche Straßen w urden wegen Erdrutschen gesperrt. In der Wüstenstadt Yazd rund 600 Kilometer südöstlich von Teheran drang das Wasser in die historische Altstadt ein, die UNESCO-Weltkulturerbe ist. Die Regierung sicherte finanzielle Hilfe zu. Die Unwetter hatten vor rund einer Woche begonnen. Besonders betroffen ist die Hauptstadt Teheran. Allein hier gibt es 35 Todesopfer, zahlreiche Menschen werden vermisst. Landesweit sind 24 der insgesamt 31 iranischen Provinzen betroffen.Die Wetterbehörde warnt vor weiteren Regenfällen im Süden und Norden des 83-Millionen-Einwohner-Landes. In weiten Teilen des Iran herrscht ein trockenes Klima. Im vergangenen Jahrzehnt gab es wiederholt Dürreperioden, aber auch regelmäßig sintflutartige Regenfälle, die Überschwemmungen zur Folge hatten. Mit Informationen von Karin Senz, ARD-Studio Istanbul
1asien
Baby müsste man sein. Das verletzungsbedingte Fehlen von Alexandra Popp, das Handspiel von Englands Kapitänin Leah Williamson, die Diskussionen um den Videoassistenten und die ohrenbetäubend laute Party der Gastgeberinnen - all das bekam die Enkeltochter von Martina Voss-Tecklenburg nicht mit. Während die Bundestrainerin am Spielfeldrand unter Starkstrom stand, Mutter Dina in der Fanschar auf der Haupttribüne mitlitt und Papa Kevin, der selbst Fußball-Profi ist, mit dem "Spucktuch" in der Hand immer wieder für ein paar Schritte das Stadioninnere verließ, wenn es noch mal lauter wurde, schlief das vier Monate alte Mädchen mit dem Lärmschutzkopfhörer einfach seelenruhig weiter.Ganz so einfach ist es für Erwachsene natürlich nicht. MVT musste sich nach dem Schlusspfiff den Frust erst einmal von der Seele reden. "Das war ein klares Handspiel, das beschäftigt mich", kommentierte die 54-Jährige die Szene in der 26. Minute. Der Ball war der englischen Kapitänin im Strafraum an den ausgestreckten Arm gesprungen. Aber die Bilder mögen für die meisten Fernsehzuschauer noch so deutlich gewesen sein, der Videoassistent, der die Szene sogar überprüfte, erkannte keine klare Fehlentscheidung. Schiedsrichterin Kateryna Monzul aus der Ukraine bekam nicht das Zeichen, sich die Szene selbst noch einmal anzuschauen.Besonders Letzteres erregte das Gemüt von Voss-Tecklenburg. "Wieso wird das nicht angeschaut? Warum gibt es keine klare Kommunikation? Auf dem Niveau, in einem Finale um die Europameisterschaft darf das nicht passieren. Man fühlt sich schon ein Stück weit benachteiligt", ärgerte sich die Bundestrainerin und forderte, dass diese Szene noch ausführlich besprochen werden müsse.Am zweiten großen Aufreger des Tages traf derweil niemanden eine Schuld. Popp hatte sich beim Abschlusstraining eine Zerrung zugezogen, die so schwerwiegend war, dass sie nach dem Aufwärmen für das Spiel passen musste. "Im letzten Training, beim letzten Schuss auch noch - das muss man auch noch dazu sagen. Da wieder einen solchen Nackenschlag zu bekommen, ist schon brutal", berichtete die deutsche Kapitänin, die mit Tränen in den Augen kapitulieren musste. "Ich konnte keinen Pass spielen, der über eine längere Distanz geht, und nicht aufs Tor schießen. Da hat das Ganze einfach keinen Sinn gemacht", sagte die 31-Jährige, die Deutschland mit sechs Toren in fünf Spielen überhaupt erst ins Finale geführt hatte. "Mir war klar, dass wir in einem EM-Finale stehen und mit voller Kapelle auflaufen müssen. Es hatte keinen Sinn. In dem Moment kamen mir auch die Tränen, weil ich es nicht glauben konnte."Zwei Europameisterschaften hatte Popp in ihrer Karriere verletzt verpasst, im Vorfeld der EM in England lange an einer schweren Knieverletzung laboriert und war nach einer Corona-Infektion schließlich doch noch rechtzeitig fit gewesen fürs Turnier in England. Auch ohne ihre Kapitänin und ohne die nach ihrer Corona-Infektion erst am Spieltag wieder negativ getestete Klara Bühl lieferten die DFB-Frauen England im Finale ein Duell auf Augenhöhe. Nicht auszudenken, wie die Partie mit zwei der beiden besten deutschen Spielerinnen bei diesem Turnier ausgegangen wäre. So reichte es nur zum zwischenzeitlichen 1:1 von Lina Magull, deren drittes Tor fast noch schöner war, als die beiden Treffer zuvor."Der Frust überwiegt. Wir haben wieder ein tolles Spiel abgeliefert", sagte die Torschützin, die es den Engländerinnen nach eigener Aussage aber auch gönnen konnte: "Es ist für sie ein tolles Erlebnis, im Wembley-Stadion, zu Hause diesen Titel einzufahren. Sie haben genauso wie wir ein tolles Turnier gespielt. Es wäre schön, wenn es zwei Gewinner geben würde."Popp zeigte sich "zutiefst traurig und enttäuscht, dass wir am Ende diesen Coup nicht geschafft haben. Aber wir haben insgesamt ein großartiges Turnier gespielt." Auch Magull betonte: "Wir sind in den letzten Monaten eine richtig geile Mannschaft geworden. Und darauf bin ich sehr stolz."Um ihren Hals trug die Spielmacherin und neue Vize-Europameisterin in der Mixed Zone des Stadions ihre Silbermedaille. "Wir standen hier im Finale, was uns keiner zugetraut hat, was wir uns vielleicht auch selbst nicht zugetraut haben. Aber wir haben uns das so hart erarbeitet. Ich trage die Medaille mit Stolz." Am Ende war es wohl ein Nackenschlag zu viel für das Team, der den ganz großen Triumph verhindert hat.Die Bundestrainerin hatte genauso wie ihre Spielerinnen gemischte Gefühle: "Ich muss das auch erst mal verarbeiten, das ist ja klar. Wir sind hier angetreten, um das Spiel zu gewinnen, haben es am Ende leider nicht geschafft. Aber morgen oder übermorgen gehe ich bestimmt schon mit einem anderen Gefühl in den Tag rein." Und vielleicht wird sie in einigen Jahren, wenn ihre Enkelin die Medaille in die Hände bekommt und nachfragt, alles erzählen, was die Kleine am 31. Juli 2022 verschlafen hat.Quelle: sportschau.de
4sportschau
Die US-Regierung hat ein weiteres Hilfspaket angekündigt, um die humanitäre Lage der Menschen in Afghanistan zu verbessern. Außenminister Antony Blinken kündigte die Bereitstellung von fast 327 Millionen US-Dollar an - das sind umgerechnet etwa 332 Millionen Euro. Mit dem Geld sollen humanitäre Organisationen unterstützt sowie Soforthilfen finanziert werden - etwa in Form von Bargeld, Medikamenten und der Bereitstellung von Unterkünften. Auch geflüchtete Afghanen in den Nachbarländern sollen von den Hilfen profitieren.Seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 haben die USA damit den Angaben zufolge 1,1 Milliarden US-Dollar für humanitäre Hilfe in der Region bereitgestellt. Blinken forderte die internationale Gemeinschaft dazu auf, sich ihrerseits an Zusagen zu halten und die Menschen in Afghanistan zu unterstützen. Die USA bemühen sich, ihre Unterstützung über Hilfsorganisationen direkt dem afghanischen Volk zukommen zu lassen - also vorbei an den seit gut einem Jahr regierenden Taliban.
1asien
"Sie sollen höhere Heizgebühren bezahlen?", fragt die Fernsehreporterin am Hauseingang die Bewohnerin, die daraufhin einen Brief aus der Tasche zieht: "Wir zahlen bisher 40 Mark im Monat und künftig 80 Mark. Also das Doppelte." Nur die Währung verrät, dass es sich um einen TV-Beitrag aus dem ARD-Archiv handelt. Diese Einordnung könnte von Bundeskanzler Olaf Scholz stammen: "Die Energiekrise trifft alle Länder der westlichen Welt." Es sind aber die Worte des früheren Kanzlers Willy Brandt, ebenfalls SPD, mit denen er im November 1973 für den "autofreien Sonntag" wirbt.  Die Parallelen zwischen den 1970er-Jahren und heute liegen für Wirtschaftsprofessor Peter Tillmann von der Universität Gießen auf der Hand. "Damals vervierfachte sich der Ölpreis; jetzt der starke Preisanstieg vor allem beim Gas." Wie damals gebe es diesen Preisschock auf der ganzen Welt: die nächste Parallele. An die Ölkrise und die damalige Preisexplosion kann sich Eberhard Flammer noch gut erinnern. Er war damals 20 Jahre alt und absolvierte gerade eine Banklehre. Der Preis an der Zapfsäule habe sich innerhalb weniger Tage auf mehr als eine Mark verdoppelt. Der Preis für den Liter Heizöl, kramt er in seinem Gedächtnis, stieg von rund zehn Pfennig auf 60 Pfennig. Wer nur noch wenig Öl im Tank gehabt habe, habe die Heizung ausgeschaltet. Die Gesellschaft habe damals mit Trotz darauf reagiert: "Die Ölgötzen im Nahen Osten wurden zum Feindbild. Sollen sie doch ihr Öl essen und trinken, wir nehmen es ihnen nicht mehr ab", beschreibt er die damalige Stimmung. Ob die deutsche Gesellschaft jetzt ähnlich reagiert, werden die nächsten Wochen und Monate zeigen. Die steigenden Energiepreise haben seinerzeit die Inflationsrate auf immer neue Rekordwerte getrieben. Im Dezember 1973 lag die Preissteigerung bei 7,9 Prozent - und damit genau so hoch wie im vergangenen Monat. Damals wie heute ist Konsens in der Wirtschaftswissenschaft: Es ist bei starken Preisanstiegen die zentrale Aufgabe und in der Macht einer Notenbank, über höhere Zinsen die Inflationsrate zu drücken. Erst über die Frage des richtigen Zeitpunkts und der Höhe der Zinsschritte gehen die Ansichten schon immer auseinander. Experte Tillmann sieht in der historischen Erfahrung einen Vorteil für die Gegenwart. Damals habe sich in den USA und Europa gezeigt, dass ein zu zögerliches Vorgehen zu noch größeren Problemen führe. "Zumindest die amerikanische Notenbank hat ihre Lektion gelernt", so Tillmann. Von der Europäischen Zentralbank (EZB) verlangt er ein entschlossenes Vorgehen. Die EZB hat in der vergangenen Woche die bislang größte Zinserhöhung in ihrer Geschichte beschlossen und den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent hochgesetzt.      Steigende Zinsen sind allerdings Gift für die wirtschaftliche Entwicklung und können die Arbeitslosenquote nach oben treiben. Genau das ist vor rund 50 Jahren passiert, als die Zahl der Arbeitslosen in kürzester Zeit von 273.000 (1973) auf 1,1 Millionen (1975) explodierte. Hier besteht der größte Unterschied: Statt Personalabbau sind inzwischen demographischer Wandel und Fachkräftemangel die großen Themen. Bestes Beispiel dafür ist der ehemalige Banklehrling Eberhard Flammer, der seit Jahrzehnten einen Zulieferbetrieb für die Automobilindustrie mit weltweit 1300 Beschäftigten leitet. Mit großem Aufwand habe er in den vergangenen Jahren aus- und weitergebildet, sagt der Mittelständler. "Wir wären mit dem Klammerbeutel gepudert", so Firmenchef Flammer, "wenn wir da Unsicherheit reinbringen."Die Rückkehr der Massenarbeitslosigkeit scheint ausgeschlossen - eine beruhigende Erkenntnis in diesen Zeiten. Doch ist die Inflation gekommen, um zu bleiben? "Die Krise, an deren Anfang wir erst stehen, ist nicht zu verharmlosen." Die Einschätzung von Willy Brandt könnte Olaf Scholz heute wohl wortgleich wiederholen.
2finanzen
Mehrere Tausend Menschen haben in den vergangenen Jahren geklagt, weil sie aus ihrer Sicht zu wenig Zuschlag für ihre Nachtarbeit bekommen. So zum Beispiel zwei Frauen, die bei Coca Cola regelmäßig nachts arbeiten und dafür 20 Prozent beziehungsweise 25 Prozent mehr Lohn bekommen. Würden sie aber nur gelegentlich nachts arbeiten, bekämen sie mehr: Dann gäbe es 50 Prozent mehr Lohn. Coca Cola hat hier argumentiert: Nur ab und zu nachts eingesetzt zu werden, sei viel anstrengender. Außerdem gäbe es für die, die regelmäßig nachts arbeiten, ja allerhand Ausgleich, zum Beispiel einen Tag zusätzlich frei. Das hat aber den klagenden Frauen nicht eingeleuchtet. Sie finden das System ungerecht, und deshalb unterstützt ihre Gewerkschaft, die NGG ihre Klagen. Für Sebastian Riesner von der NGG eine klare Sache, denn nachts arbeiten sei immer ein Problem: "Dann ist das natürlich eine körperliche zusätzliche Belastung, die am Ende über viele Jahre den Beschäftigten gesundheitlich zu einer Beeinträchtigung führt." Knapp 400 Klagen von Dauernachtarbeitern liegen mittlerweile beim Bundesarbeitsgericht in Erfurt, Deutschlands oberstem Arbeitsgericht. Und die Richterinnen und Richter dort haben schon erkennen lassen, dass sie die unterschiedliche Bezahlung auch nicht in Ordnung finden. In einer früheren Entscheidung zur Nachtarbeit bei der Carlsberg Bierbrauerei hatten sie die Brauerei verpflichtet, höhere Zuschläge zu zahlen. Jetzt bei den Klagen der Frauen bei Coca Cola haben sie aber zur Sicherheit noch einmal beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg nachgefragt: Wie die Kollegen dort das sehen, was die Europäische Grundrechtecharta zu solchen ungleichen Bezahlungen sagt. Nun kam nun die knappe Antwort vom EuGH: Wenn es ums Geld geht, dann dürft ihr das in den Mitgliedsstaaten selbst entscheiden. Das wird nicht von der EU geregelt. Bedeutet: Wer regelmäßig Nachtschicht arbeitet, kann jetzt darauf hoffen, höhere Zuschläge zu bekommen oder zumindest gleichgestellt zu werden mit denen, die nur ab und zu Nachtschicht machen. Denn das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hatte auch mal Sachverständige befragt, berichtet Gewerkschafter Sebastian Riesner: "Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ist es so, dass Nachtarbeit immer belastend ist. Egal, ob man das in Wechseldienst macht, mit Früh-, Spät- und Nachtschicht oder ob es in Dauernachtschicht ist. Gesundheitlich belastend ist es für den Körper immer."Gut möglich, dass das Bundesarbeitsgericht deswegen dabei bleibt, was es schon in seiner Anfrage an den Europäischen Gerichtshof formuliert hat: Dauerhafte Schichtarbeit nachts sei genauso eine Belastung für die Gesundheit wie nur gelegentlicher Einsatz in der Nacht. Deswegen könne nicht sein, dass die einen weniger Zuschläge bekommen als die anderen. Natürlich müsse geprüft werden, ob es anderen Ausgleich gebe, zum Beispiel mehr freie Tage. Aber unterm Strich stünden die Frauen von Coca Cola immer noch schlechter da. Eine endgültige Entscheidung vom Bundesarbeitsgericht, die dann für alle Nachtarbeitenden die Richtung vorgibt, kommt allerdings erst in einigen Monaten.
6verbraucher
"Spielen Sie mit dem Gedanken, für die Präsidentschaft zu kandidieren?", fragt eine NBC-Fernsehmoderatorin. "Ich denke darüber nach und werde mich in den kommenden Monaten entscheiden", lautet die Antwort. Cheney gegen Trump - das wäre ein atemberaubendes Duell. Aber wohl ein chancenloses für Cheney.Politischer Selbstmord, urteilt Sarah Longwell, die Gründerin des Trump-kritischen "Republican Accountability Projects" - und meint das positiv. "Sie steht vor einem Kamikaze-Einsatz für die Demokratie: Vielleicht kann sie nicht viele Republikaner umstimmen, aber die Wechselwähler. Das ist der Plan."Und der geht so: Präsidentschaftswahlen in den USA werden von Swing Voters in Swing States entschieden, von moderaten Wechselwählern in jenen Bundesstaaten, die mal republikanisch, mal demokratisch wählen. Cheney könnte die große Bühne eines Präsidentenwahlkampfs nutzen, um erfolgreich gegen Trump Stimmung zu machen.Auf die gemäßigten Wechselwähler setzt auch Gunner Ramer vom konservativen Think Tank "Bulwark": und zwar schon bei den Midterm-Wahlen im November. Die Vorwahl-Sieger von Trumps Gnaden seien allesamt zu radikal für gemäßigte Wähler, sagt er: "Eine republikanische Vorwahl zu gewinnen ist das eine, mit dem Wahlbetrugsthema. Aber bei der eigentlichen Wahl finden Wechselwähler solche Kandidaten eher abstoßend."An der Parteibasis kämen radikalisierte Trump-Loyale gerade gut an, aber nicht darüber hinaus, so Ramer. "Weil einige dieser republikanischen Kandidaten so extrem sind, sprechen sie moderate Wechselwähler nicht an. Das erhöht die Wahlchancen der Demokraten in Swing States."Trumps Strategie, den Rückenwind eines Erdrutsch-Siegs der Republikaner im Herbst für das eigene Comeback zu nutzen, sei vielleicht doch nicht so ein Selbstläufer, wie der abgewählte Präsident gehofft habe. "Wenn viele der von Trump unterstützten Kandidaten im November verlieren, dann könnte das republikanischen Wählern klarmachen, welche Altlasten Trump mitbringt", sagt Ramer. "Dann könnten sie sich nach Alternativen umsehen, wie Ron DeSantis."
0amerika
Seit der Machtergreifung der Taliban hat sich das Leben von Frauen und Mädchen in Afghanistan spürbar eingeschränkt. Das geht aus einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International hervor. "In weniger als einem Jahr seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan hat deren drakonische Politik Millionen Frauen und Mädchen ihres Rechtes auf ein sicheres, freies und erfülltes Leben beraubt", sagte die Generalsekretärin von Amnesty International, Agnès Callamard. Fast in jedem Bereich ihres Lebens mache sich das Repressionssystem bemerkbar. "Jedes alltägliche Detail - ob sie zur Schule gehen, ob sie arbeiten, ob und wie sie das Haus verlassen - wird kontrolliert und massiv eingeschränkt." Dem Bericht zufolge dürfen Frauen längere Reisen nur noch mit einem männlichen Begleiter unternehmen. Auch die Flucht vor häuslicher Gewalt hat sich für Frauen erschwert. Die Taliban inhaftieren sie für mindere Verstöße gegen diskriminierende Regeln. Frauen, die gegen die Verhältnisse protestieren, würden verschleppt und gefoltert.Höhere Mädchenschulen sind seit der Machtübernahme der militanten Islamisten im August 2021 geschlossen - obwohl es aus der Zivilgesellschaft wiederholt die Aufforderung nach einer Öffnung gab. Eine Ausnahme bilden einige privat organisierte Schulen sowie öffentliche Schulen in einigen Teilen des Landes. Auch viele Berufe bleiben Frauen mittlerweile versperrt, wobei es auch hier laut Amnesty Unterschiede unter den Provinzen gibt. Außerdem macht der Bericht auf die Misshandlung von Frauen aufmerksam, die sich gegen die Auflagen der Taliban stellen. Amnesty berichtet von Inhaftierungen, Folter und sogar dem Verschwinden von Demonstrantinnen. Nicht zuletzt gäbe es einen Anstieg von Zwangsehen. Amnesty führt dies unter anderem auf die aktuelle humanitäre Krise in Afghanistan sowie fehlende Bildungs- und Berufschancen zurück. "Die schonungslose Unterdrückung der weiblichen Bevölkerung Afghanistans verschärft sich Tag für Tag. Sollte die internationale Gemeinschaft nichts unternehmen, werden Millionen Frauen und Mädchen in Afghanistan ihrem Schicksal überlassen", sagte die stellvertretende Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Julia Duchrow.
1asien
438,5 Millionen Dollar war dem E-Zigaretten-Hersteller Juul Labs am Ende die Beilegung des Rechtsstreits wert. Das hatte der Generalstaatsanwalt des US-Bundesstaats Connecticut, William Tong, mitgeteilt. Tong hatte 34 US-Bundesstaaten in dem Verfahren vertreten.Der Vorwurf: Juul Labs habe mit seinen Werbe- und Verkaufspraktiken ganz gezielt versucht, besonders junge und auch minderjährige Menschen zum Nikotinkonsum zu animieren. Die Firma habe dabei weder den Nikotingehalt seiner Produkte transparent gemacht noch auf ausreichend auf das Suchtpotenzial seiner E-Zigaretten hingewiesen, erklärte der Generalstaatsanwalt.Mit dem Vergleich darf Juul Labs in den USA seine Werbung nicht mehr an Menschen unter 35 Jahren richten.Das Geld geht laut Tong teilweise an die Bundesstaaten und in Projekte, die Menschen dabei helfen sollen, mit dem klassischen Rauchen oder dem Konsum von E-Zigaretten aufzuhören.Juul Labs bezeichnete die Vorwürfe in einer schriftlichen Stellungnahme als "Probleme der Vergangenheit", die mit dem Vergleich nun aufgearbeitet seien. Bereits seit 2019 habe die Firma ihre Werbepraktiken geändert.
0amerika
Das US-Nachrichtenportal "Buzzfeed" hatte vor kurzem öffentlich gemacht, dass Mitarbeiter des chinesischen TikTok-Mutterkonzerns Bytedance Zugang zu den Daten amerikanischer TikTok-Nutzer hatten - obwohl das Management der Video-App das in der Vergangenheit immer wieder bestritten hatte, dass das überhaupt gehe. Neun US-Senatorinnen und Senatoren baten TikTok daraufhin um Aufklärung. Die allesamt republikanischen Politikerinnen und Politiker schrieben einen Brief an Konzernchef Shou Zi Chew. Shou antwortete, dass sein Unternehmen daran arbeite, Daten von TikTok-Nutzern vollständig zu schützen - sprich: auf Server in die Vereinigten Staaten zu verschieben. Zur Zeit hätten aber auch in China ansässige Mitarbeiter Zugang zu TikTok-Nutzerdaten, räumte er ein. Mit der chinesischen Staatsführung teile man diese Daten aber nicht, betonte Shou. Kritiker der chinesischen Video-App bezweifeln das, so etwa Brendan Carr, Vorstandsmitglied der US-Bundesbehörde für Kommunikation (Federal Communications Commission). Im Interview mit dem Radiosender NPR sagte Carr: Viele seien der Meinung, TikTok sei einfach nur eine App für lustige Videos und Memes - in Wirklichkeit handele es sich aber um einen Wolf im Schafpelz. TikTok sei alles andere als harmlos, sagt Carr. Die App überwache das Nutzungsverhalten seiner Nutzer, leite diese an den chinesischen Mutterkonzern Bytedance weiter und der unterstehe nun mal der kommunistischen Partei Chinas. Tatsächlich sitzt ein Vertreter der chinesischen Staats- und Parteiführung seit vergangenem Jahr im Aufsichtsrat von Bytedance. De facto ist der Konzern abhängig vom Wohlwollen der kommunistischen Staatsführung in China. Brendan Carr von der US-Bundesbehörde für Kommunikation sieht darin eine Gefahr für die nationale Sicherheit der USA. Er forderte Apple und Google auf, TikTok aus ihren App-Stores zu löschen. Weisungsbefugt ist Carr allerdings nicht. Insofern ändert sich für TikTok-Nutzerinnen und -Nutzer in den USA und Europa zunächst nichts.
0amerika
Im Hafen der libanesischen Hauptstadt Beirut sind weitere Teile der symbolträchtigen Getreidesilos eingestürzt. Verletzt wurde dabei niemand, weil das Gelände schon seit langem abgeriegelt ist. Der Kollaps ist eine Spätfolge der verheerenden Explosion im August 2020, bei der mehr als 190 Menschen ums Leben kamen und etwa 6000 verletzt wurden. Ganze Stadtteile wurden damals verwüstet.Bereits in den vergangenen Wochen waren Teile der Silos eingestürzt, nachdem dort übrig gebliebenes Getreide gebrannt hatte. Nach Angaben von AFP-Reportern vor Ort brachen jetzt acht weitere Türme und damit die letzten des beschädigten Nordteils des Speicher-Komplexes ein. Der verbliebene südliche Teil sei derzeit noch stabil, sagte der französische Bauingenieur Emmanuel Durand, der als Freiwilliger für das Expertenteam der Regierung arbeitet und Sensoren in den Silos angebracht hat.Im April beschloss die libanesische Regierung, die Silos des Nordblocks abzureißen, setzte diese Entscheidung jedoch nach Protesten von Familien der Opfer und Überlebenden der Explosion aus. Sie argumentieren, in den Silos seien möglicherweise Beweise zu finden, die für die gerichtliche Untersuchung nützlich seien. Viele Libanesen sehen in den Silos zudem ein Symbol, vor allem Angehörige der Opfer möchten sie als Mahnmal erhalten. Der geschäftsführende Umweltminister Nasser Jassin sagte im libanesischen Fernsehen, die Regierung werde nun prüfen, wie der südliche Block erhalten werden könne. Er forderte die Anwohner in der Umgebung des Hafens auf, Masken zu tragen, und kündigte Tests zur Überprüfung der Luftqualität an.Der Wiederaufbau des Gebiets kommt nur schleppend voran, vor allem weil Geld fehlt. Der Libanon leidet seit fast drei Jahren unter der schwersten Wirtschaftskrise seiner Geschichte.Bei der Katastrophe detonierten große Mengen der hochexplosiven Chemikalie Ammoniumnitrat, die über Jahre ohne Schutzmaßnahmen im Hafen gelagert worden waren. Die genaue Ursache für die Explosion ist bis heute unklar. Die offiziellen Ermittlungen stocken, weil sie unter anderem durch Machtkämpfe innerhalb der Regierung blockiert werden."Auch wenn nur ein Silo stehen bleibt, wird uns dies immer daran erinnern, dass wir uns weiterhin für Gerechtigkeit für die unschuldigen Opfer einsetzen müssen", sagte William Noun, ein Sprecher der Angehörigen. Die Familien der Opfer haben laut der Tageszeitung "L'Orient le Jour" für den Abend zu einer Kundgebung vor dem Hafen aufgerufen.
1asien
Im März, nur anderthalb Wochen nach dem russischen Überfall auf die Ukraine, kam in New York die UN-Generalversammlung zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Außenministerin Annalena Baerbock reiste an. Sie berichtete von Menschen und ihrer verzweifelten Flucht vor den Angriffen in den Untergrund: In Kiew sei vor wenigen Tagen ein Mädchen in einer U-Bahn-Station zur Welt gekommen. Ein Mädchen namens Mia. "Russlands Krieg bedeutet ein neues Zeitalter", setzte Baerbock damals hinzu. Es war ein Schulterschluss mit Bundeskanzler Olaf Scholz, der kurz zuvor von einer Zeitenwende gesprochen hatte. Die UN-Generalversammlung verurteilte mit einer großen Mehrheit von 141 Ländern den russischen Angriff auf die Ukraine. Allerdings: 35 Staaten enthielten sich, einige - wie Belarus und Nordkorea - stimmten gegen die Resolution. Vom ungleich mächtigeren UN-Sicherheitsrat ist ohnehin keine gemeinsame Erklärung zu erwarten. Dort hat Russland ein Vetorecht. Die Vereinten Nationen zwischen Macht und Ohnmacht: Dieses Thema wird auch die anstehende Reise von Bundeskanzler Scholz und seiner Außenministerin nach New York begleiten. Die UN-Generalversammlung mit den Staats- und Regierungschefs der Welt ist das alljährliche Hochamt der Vereinten Nationen. Scholz wird dort als "Kanzler der Zeitenwende" sprechen, so wie Ende Februar im Bundestag und ganz im Sinne seiner Worte Ende vergangener Woche bei einer Bundeswehrtagung. Da warnte er, dass eine hoch gerüstete Nuklearmacht den Versuch mache, Grenzen in Europa mit Gewalt neu zu ziehen: "Käme Russland damit durch, unser Frieden in Europa wäre auf lange Zeit dahin."Dass ausgerechnet ein ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates einen Krieg beginne, sei nicht nur ein Angriff auf die Ukraine, sondern auch auf die Charta der Vereinten Nationen, heißt es aus dem Kanzleramt kurz vor Beginn der UN-Generalversammlung. In deren Präambel heißt es: die "Völker der Vereinten Nationen" seien fest entschlossen, "künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren". Als eindringliches Zeichen dafür steht in bei den Vereinten Nationen in New York die Skulptur einer Pistole mit einem verknoteten Lauf. Russland schickt in dieser Woche Außenminister Sergej Lawrow nach New York. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dagegen ist per Video zugeschaltet - eine Ausnahmeregelung der UN macht es möglich. Vor dem Treffen der Weltgemeinschaft gab es noch einmal Versuche der Telefondiplomatie. Der Bundeskanzler sprach nach längerer Pause mit Putin. Doch im Anschluss lasen sich die Zusammenfassungen des anderthalbstündigen Austauschs wie Berichte unterschiedlicher Telefonate. Viel Gemeinsames gab es nicht. Auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres rief bei Putin an. Dessen Bilanz: Die Chancen für ein Friedensabkommen seien derzeit minimal. Jens Plötner, außen- und sicherheitspolitischer Berater des Kanzlers, sieht das im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio genauso. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass Russland "von diesem Wahnsinn ablässt". Dennoch sei es wichtig, in New York deutlich zu machen, dass die Mehrheit der Staatengemeinschaft dieses Unrecht erkenne und benenne. Scholz will sich am Dienstagabend Ortszeit - also in der Nacht deutscher Zeit - vor der goldenen Wand des Sitzungssaals an die Weltgemeinschaft wenden. Der Ukraine-Krieg wird im Mittelpunkt seiner New Yorker Zeitenwende-Rede stehen, die Energiekrise, die Versorgung der Welt mit Getreide. Immerhin haben die Vereinten Nationen bei der Öffnung ukrainischer Häfen für Exporte Handlungsfähigkeit bewiesen. Ein Gipfel zur Ernährungssicherheit ist ein weiterer Termin im New Yorker Reisekalender des Kanzlers - neben vielen Treffen am Rande. Ein Thema prägt die Generalversammlungen nun schon lange: die Klimakrise. Angesichts der bevorstehenden Weltklimakonferenz werde Scholz, für "ambitionierte Ziele" eintreten, heißt es dazu aus Regierungskreisen. Amtsvorgängerin Angela Merkel nutzte diese Bühne während der Generalversammlung nur ein Mal. Das ist bereits 15 Jahre her. Im Jahr 2007 sprach sie von massiven Umbrüchen: "Das Gefüge der Welt verändert sich." Damals ging es nicht um Krieg, damals ging es um Globalisierung und eben auch schon um Klimawandel. Meist aber überließ Merkel das Podium ihren Außenministern: Heiko Maas, Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier, Guido Westerwelle. Nun also setzen Scholz und Baerbock mit ihrem Doppelbesuch ein starkes Zeichen für die Vereinten Nationen in Zeiten des Krieges. Es sei für Scholz "fast eine Selbstverständlichkeit", in der Generalversammlung selbst das Wort ergreifen zu wollen, so Kanzlerberater Plötner. Aber bei aller Unterstützung für die Ukraine: Warum liefert Deutschland keine modernen Kampfpanzer? Der Kanzler sieht sich dabei in guter internationaler Gemeinschaft und will keine Alleingänge. Und doch dürfte diese Frage ihn bis nach New York begleiten, bis in die Redaktionsräume der "New York Times" und des Senders NBC. Dort will er Interviews geben. Zwar betonen Regierungskreise, aus dem Weißem Haus komme weder Aufforderung noch Druck noch Bitten, mehr zu tun, sondern große Anerkennung für Geleistetes.Doch auch in der Koalition rumort es. Außenministerin Baerbock will auch keine Alleingänge, verlangte aber zuletzt in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", eine Entscheidung solle "nicht mehr lange hinausgezögert werden". Mehr leisten, und zwar schnell - das ist schon lange das Mantra der FDP, besonders von Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Jüngste Idee: der "Leopard-Plan". Europäische Länder, die über diese Panzer verfügen, tun sich zusammen, um gemeinsam die Ukraine mit einer möglichst großen Zahl zu unterstützen. Viele Fragen also an Scholz, der nicht nur die internationale Bühne bei den Vereinten Nationen sucht, sondern auch die US-amerikanischen Öffentlichkeit.
3innenpolitik
Der marode Öltanker "FSO Safer" vor der Küste Jemens ist nach Angaben der Vereinten Nationen eine tickende Zeitbombe. "Die FSO Safer zerfällt weiter und könnte jederzeit zerbrechen oder explodieren", warnte Russell Geekie, Berater des UN-Koordinators im Jemen, per Videolink aus dem Jemen bei einer UN-Pressekonferenz in Genf. "Die unbeständigen Strömungen und starken Winde von Oktober bis Dezember werden das Risiko einer Katastrophe nur noch erhöhen." Die Vereinten Nationen erneuerten ihre dringende Bitte um weitere Spenden für eine geplante Rettungsaktion. Laut Geekie fehlen noch 14 Millionen Dollar - was etwa 14 Millionen Euro entspricht. 66 Millionen Dollar an Spendenzusagen seien bislang zusammengekommen, darunter 1,2 Millionen Dollar, die der jemenitische Konzern HSA vor wenigen Tagen in Aussicht stellte. Auf den UN-Konten seien aber erst zehn Millionen Dollar angekommen, zu wenig, um Verträge mit Bergungsfirmen zu unterzeichnen. Über eine Crowdfunding-Kampagne kamen gut 140.000 Dollar zusammen. An Bord des 45 Jahre alten Lagerschiffs befinden sich mehr als eine Million Barrel Öl. Durch den Bürgerkrieg wurde das Schiff vernachlässigt, die Anlagen an Bord sind nach Angaben von Geekie praktisch alle kaputt. Eine kleine Crew versuche von einem Nachbarschiff aus, das Schlimmste zu verhindern. Das Öl soll abgepumpt werden, um eine Umweltkatastrophe abzuwenden. "Wenn wir nicht handeln, wird das Schiff zerbrechen und die Katastrophe wird passieren", sagte Geekie. "Es ist keine Frage von ob, sondern wann." Wenn das Öl nicht vorher geborgen wird, seien die Folgen für die Umwelt und Zehntausende Menschen, die im Roten Meer vom Fischen leben, katastrophal. Die Säuberung dürfte dann 20 Milliarden Dollar kosten.Zu den 20 Regierungen, die Geld versprochen haben, gehören neben Deutschland auch Saudi-Arabien, die USA, Schweden, Katar und Luxemburg.
1asien
Im Lufthansa-Konzern droht der nächste Streit zwischen den Beschäftigten und dem Management zu eskalieren. Sollten bis Ende des Monats keine Termine für Tarifverhandlungen bei der Lufthansa-Tochter Eurowings Discover gefunden werden, droht die Kabinengewerkschaft Unabhängige Flugbegleiter Organisation (UFO), "gewerkschaftliche Schritte" einzuleiten. Die Gewerkschaft wirft der Fluggesellschaft vor, auf drei Verhandlungsaufforderungen nicht reagiert zu haben. Auch einen Betriebsrat gibt es bei der im vergangenen Jahr gestarteten Gesellschaft noch immer nicht. Obwohl im April ein Wahlvorstand eingesetzt worden war. Eurowings Discover existiert als jüngste Airline im Lufthansa-Konzern erst seit gut einem Jahr. Das Unternehmen mit rund 1300 Beschäftigten verfügt nach eigenen Angaben demnächst über 21 Lang- und Mittelstreckenflugzeuge. Die Airline wurde mit dem Ziel gegründet, Touristikflüge zu niedrigeren Kosten anzubieten als bei der Stamm-Airline Lufthansa. Zu ihren Zielen zählen vor allem Langstrecken-Destinationen wie Mauritius, Punta Cana, Sansibar oder Montego Bay, die in direkter Konkurrenz zum Wettbewerber Condor stehen.Im Unterschied zur auf Europa beschränkten Eurowings ist die Discover vollständig in das Lufthansa-Netzwerk eingebunden, was zu durchgängigen Buchungsprozessen und nahtlosem Umsteigeverkehr führen soll. Im ersten Jahr wurden etwas mehr als eine Million Gäste befördert. Seit dem Start von Eurowings Discover gibt es von den Gewerkschaften Kritik an der Lufthansa-Tochter. Die Eurowings Discover gebe sich zwar als unkonventionelles Start-up, zahle dem Kabinenpersonal aber die niedrigsten Gehälter im gesamten Konzern, sagte der UFO-Sprecher heute. Denn die Beschäftigten werden bislang nicht nach Tarif bezahlt. Intern berichten Flugbegleiter zudem von einem Betriebsklima, das subtil, aber doch unmissverständlich klar mache, dass man besser nicht aufmucken sollte. Eine Sprecherin der Fluggesellschaft verwies auf bereits gewährte Gehaltssteigerungen zum September, Einmalzahlungen und Entfristungen. Diese Änderungen seien im gemeinsamen Dialog mit "designierten Vertrauenspersonen in Cockpit und Kabine" erarbeitet worden. Man unterstütze zugleich die Gründung eines Betriebsrates. Zur Frage nach möglichen Terminen für Tarifverhandlungen äußerte sich das Unternehmen nicht. Die Sprecherin bestätigte gleichzeitig, dass der Ferienflieger den Stewards und Stewardessen weniger scharfe Vorschriften zum äußerlichen Auftreten macht als die Stamm-Airline. So sind laut Styleguide sichtbare Tätowierungen bis zu acht Quadratzentimetern ebenso erlaubt wie Piercings. Seit kurzem dürfen auch Männer Nagellack und dezente Schminke tragen. "Wir sind überzeugt davon, dass das Selbstbewusstsein unserer Mitarbeitenden gestärkt wird, wenn sie gegenüber Gästen so auftreten können, wie sie sich wohlfühlen", erklärt die Airline dazu. Der Lufthansa-Konzern hatte erst vor kurzem weitere Streiks des Bodenpersonals mit dem Abschluss eines neuen Tarifvertrags abgewendet. Ende Juli rief die Gewerkschaft ver.di knapp 20.000 Boden-Mitarbeiter zum eintägigen Streik auf. In der Folge mussten mehr als 1000 Flüge an den Drehkreuzen Frankfurt und München gestrichen werden. Mit den Piloten der Vereinigung Cockpit, die bereits einem Arbeitskampf zugestimmt haben, ist man noch hinter in Verhandlungen. Die Gewerkschaft fordert 5,5 Prozent mehr Lohn für das Jahr 2022 und einen automatischen Inflationsausgleich. Den Piloten geht es aber auch um die Konzernstrategie der Lufthansa: Sie drängen auf eine einheitliche Tarifstruktur. Im Herbst stehen zudem Gespräche mit der Kabinengewerkschaft UFO für das Kabinenpersonal der Lufthansa an.
5unternehmen
Hupend und johlend ziehen sie mit einem Auto- und Motorroller-Corso über die Corniche, die Küstenstraße von Libanons Hauptstadt Beirut: Dutzende Anhänger der schiitischen Hisbollah. Sie schwenken gelbe Flaggen, recken die Fäuste, zeigen sich siegessicher. Szenen wie diese spielen sich regelmäßig im Libanon ab, vor allem rund um Wahlen und Jahrestage. Die Hisbollah, deren militärischer Zweig von der EU als Terrororganisation eingestuft wird, gilt als mächtiger Arm des Iran im Libanon - ihre Anhänger schwören ihr bei Großveranstaltungen ewige Treue.In einer schmalen Straße in Beirut brüht Ibrahim Ali Wasser in seinem kleinen Teeladen auf. Auf seinem Unterarm prangt eine große Tätowierung - ein riesiges Schwert. Es ist sein Zeichen der Verbundenheit mit der Hisbollah, sagt Ali, der für die Terrororganisation gekämpft hat und jederzeit wieder zu den Waffen greifen würde. Die Hisbollah bedeute alles für ihn, sagt er. "Frag' meine Seele. Die Hisbollah ist innig verbunden mit meiner Seele. Jeden Tag kämpfe ich für die Hisbollah." Tränen glitzern in Alis Augen - so verbunden fühlt er sich mit der sogenannten Partei Gottes, die als politische Kraft seit den 1990er-Jahren im libanesischen Parlament sitzt. Bis zu den Parlamentswahlen im Mai war sie viele Jahre lang Teil der Regierung - und solange es noch keine neue Regierung gibt, werden die Geschäfte bis auf Weiteres von der alten Regierung fortgeführt. Die Hisbollah hat das Land fest im Griff.  Beobachter sind sich einig: Die Hisbollah hat viele Gesichter. Für Matthew Levitt vom Washington Institute ist sie zum einen eine politische Partei. "Sie ist eine soziale Wohltätigkeitsorganisation, es gibt zivile Einrichtungen. Hisbollah ist eine aktive Miliz, größer und besser bewaffnet als die libanesischen Streitkräfte. Und Hisbollah ist eine Terrororganisation, die im und außerhalb des Libanon Anschläge verübt. Außerdem ist sie eine international agierende kriminelle Organisation."1982, vor 40 Jahren, entstand die Gruppierung nach eigenen Angaben. Beobachter betonen, dass die Ursprünge unter iranischem Einfluss sogar noch weiter zurückgehen. Zunächst war es eine kleine Truppe von Kämpfern, die von der paramilitärischen Revolutionsgarde des Iran unterstützt wurde und unter anderem das Ziel verfolgte, sich gegen eine israelische Invasion im Libanon zu wehren. Mit ihrer Brutalität und Guerillataktik hatte die Hisbollah Erfolg. In ihrer Rolle als Widerstandsorganisation habe sie lange eine breite Popularität im gesamten Libanon genossen, erklärt Melani Cammett, Professorin und Nahost-Forscherin der Harvard-Universität: "weil sie als beste Verteidigung gegen Israel gesehen wurde, das Teile des Libanon bis 2000 besetzt hielt."Der israelische Rückzug im Jahr 2000 wird von der Hisbollah bis heute als ultimativer Sieg des Guerillakriegs bezeichnet. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah feiert den Moment bis heute in großen demagogischen Worten: "Im Jahre 2000 endete die Legende von Groß-Israel, Sie sagten uns immer, dass die israelische Armee unbesiegbar ist. Aber die Erfahrung im Libanon zeigt, dass diese Armee zu bezwingen, zu besiegen und zu demütigen ist."Im Laufe der Jahre baute die Hisbollah ihre militärische Macht aus: Nach eigenen Angaben verfügt sie über tausende ausgebildete Kämpfer, sowie angeblich über gelenkte Präzisionsraketen und fortschrittliche Drohnen. Zahlreiche Anschläge gehen Beobachtern zufolge auf das Konto der Terrororganisation.2005 wurde der ehemalige libanesische Ministerpräsident Rafik Hariri, damals mächtigster sunnitischer Politiker des Landes, durch eine Bombe in Beirut getötet. Ein von den Vereinten Nationen unterstütztes Sondertribunal beschuldigte Hisbollah-Mitglieder, hinter dem Attentat zu stehen - die Hisbollah streitet das ab. Auch für weitere Attentate wurde die Hisbollah verantwortlich gemacht. Für Matthew Levitt vom Washington Institute ist die Hisbollah die Speerspitze des Iran - die dieser auch zu nutzen weiß: "Wir wissen, dass, wenn die Hisbollah Anschläge verübt hat, das oft nicht aus ihrer Idee heraus kam sondern aus dem Iran." Aus ihrem Bündnis zum Iran machte die Hisbollah nie ein Geheimnis. So erklärte Hisbollah-Chef Nasrallah: "Wir müssen unseren Dank an die islamische Republik im Iran richten, Sie gaben uns Ihre Expertise und Erfahrungen. Sie brachten uns bei, was einen Kampfgeist ausmacht. Sie brachten für uns Opfer und Märtyrer, und sie tun es bis heute noch."Heute betrachtet Israel die Hisbollah als eine der größten unmittelbaren Bedrohungen und schätzt, dass tausende Raketen aus dem Libanon auf Israel gerichtet sind. Im Sommer schoss das israelische Militär drei unbemannte Flugkörper über dem Mittelmeer ab, die von der Hisbollah gestartet wurden und auf ein Gebiet zielten, in der eine israelische Gasplattform installiert wurde. Die Gasfelder im umstrittenen Grenzgebiet sind der jüngste und aktuell gefährlichste Konfliktpunkt. Israel hat angekündigt, bald mit der Gasförderung beginnen zu wollen - die Hisbollah droht wortreich mit militärischen Konsequenzen.Die Hisbollah ist ein regionaler Strippenzieher - die vielleicht umstrittenste Entscheidung war die Entsendung Tausender Kämpfer seit 2013 ins Nachbarland Syrien, um dort die Truppen von Machthaber Assad zu unterstützen. Das Ziel des Iran: Eine Achse von Teheran über Damaskus bis nach Beirut weiterhin sicherzustellen. Das Engagement der Hisbollah in Syrien zementierte Beobachtern zufolge in der gesamten arabischen Welt das Image der Hisbollah als sektiererische schiitische Kraft mit dem Ziel, den Einfluss des Iran zu vergrößern. Als die Hisbollah beschuldigt wurde, den vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen zu helfen, stuften auch mehrere arabische Länder die Hisbollah als Terrororganisation ein.Innerhalb des Libanon hat die Hisbollah nach wie vor große Macht. Ein ausgeprägtes Wohlfahrtsystem mit eigenen Krankenhäusern und Schulen sichert ihr die Unterstützung vieler Libanesen, vor allem jetzt in Krisenzeiten. Teile des Landes - und auch der Hauptstadt Beirut - werden von der Hisbollah kontrolliert. In der aktuellen Krise der libanesischen Wirtschaft - eine der schlimmsten der Geschichte - bleibe die Hisbollah ein wichtiger Akteur, erklärt Professorin Cammett: "Und die Finanzkrise hat die Hisbollah fast noch gestärkt, denn die Organisationen, die noch an US-Dollar kommen, sind in einer privilegierten Position. Und sie hat offenbar durchaus Zugang zu frischen Dollars aus verschiedenen Quellen."Doch als jahrelanger Teil der Regierung gilt die Hisbollah auch als mitschuldig an jahrzehntelanger Korruption und Vetternwirtschaft, die den Libanon ins wirtschaftliche Desaster gestützt hat. Oder, wie der ehemalige hochrangige Hisbollah-Funktionär Sobhi Tufaili sagte: "Man betrügt sich selbst, wenn man die Sache nicht so beschreibt: Die Hisbollah führt ein Schiff der Diebe. Es gibt ein Schiff voller Diebe und die Hisbollah ist dessen Kapitän und Beschützer."An der Corniche, der Küstenstraße in Libanons Hauptstadt Beirut, spielt ein kleiner Junge mit einem Luftballon - gerade als die Hisbollah-Parade vorbeigezogen ist. "Build your Future" steht auf dem T-Shirt des Kindes - bau dir deine Zukunft. Und aus dieser - sehr unsicheren - Zukunft des Libanon ist die Hisbollah kaum mehr wegzudenken.Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version stand "Viele Jahre lang war die Hisbollah Teil der Regierung." Tatsächlich ist es so, dass die Hisbollah bis zur Wahl im Mai Teil der Regierung war. Bei den Parlamentswahlen am 15.5.22 verlor der Block um die Hisbollah an Stimmen. Noch hat sich keine neue Regierung formiert. Bis dahin ist die alte Regierung vorerst noch geschäftsführend im Amt.
1asien
Im Iran ist es staatlichen und sozialen Medien zufolge erneut zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und aufgebrachten Demonstranten gekommen. Ausschreitungen wurden aus Dutzenden Städten gemeldet. In einigen Fällen habe die Polizei Tränengas eingesetzt, berichtete das Staatsfernsehen. Augenzeugen zufolge haben die Demonstranten in Großstädten eine neue Strategie entwickelt. Sie treten in kleineren Gruppen auf, dafür aber an mehreren Orten. Die Absicht sei, die Kontrolle der Polizei und Sicherheitskräfte zu erschweren. Offenbar richten sich die Proteste mittlerweile auch allgemein gegen eine Einschränkung persönlicher Freiheitsrechte und die Führung im Iran. Videos, die in sozialen Medien aus dem Iran heraus gepostet wurden, zeigten Demonstranten, die "Frau, Leben, Freiheit" oder "Ich werde die töten, die meine Schwester getötet haben" skandierten. Andere riefen "Tod dem Diktator" in Anspielung auf den obersten politischen und religiösen Führer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei. Nach dem harten Vorgehen von Justiz und Sicherheitskräften zeigt sich das iranische Parlament gespalten. "Die jüngsten Randalen sind von den Feinden des Irans organisiert worden", sagte die Abgeordnete Sohreh Saadat-Ladschewardi laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna. Sie forderte ein konsequentes Durchgreifen gegen die Demonstranten. Dagegen sagte das Mitglied des innenpolitischen Ausschusses, Dschalah Raschidi Kutschi: "Solange wir uns nicht sachlich mit den aktuellen Themen befassen, wird im Land auch nichts funktionieren." Wilde Verschwörungstheorien, gegenseitige Unterstellungen, Gewalt und politische Heuchelei würden weder die Probleme lösen noch das Land weiterbringen. Auslöser der Proteste ist der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini. Sie war vor eineinhalb Wochen in Teheran in Polizeigewahrsam gestorben. Die Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie gegen die strenge islamische Kleiderordnung verstoßen und ihr Kopftuch nicht angemessen getragen haben soll. In einigen Social-Media-Beiträgen hieß es, mehrere Universitätsdozenten seien aus Protest gegen Aminis Tod von ihren Posten zurückgetreten. In einigen Universitäten seien Studenten den Vorlesungen ferngeblieben. Weder die Videos zu den Protesten noch die Angaben zu den Vorgängen an den Hochschulen lassen sich unabhängig überprüfen. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte ist sehr besorgt über die Gewalt der Sicherheitsbehörden. Die iranischen Sicherheitskräfte hätten zeitweise mit scharfer Munition auf regierungskritische Demonstrationen geschossen, beklagte die Sprecherin des UN-Hochkommissariats, Ravina Shamdasani. Feuerwaffen dürften niemals eingesetzt werden, nur um eine Versammlung aufzulösen. Tausende Menschen hätten sich in den vergangenen Tagen im ganzen Land an Demonstrationen beteiligt.Bei der anhaltenden Protestwelle starben nach offiziellen Angaben 41 Menschen. Menschenrechtsgruppen gehen von höheren Zahlen aus. Die genaue Zahl der Opfer und Verhaftungen ist aber auch wegen der Beschränkungen der Telekommunikation schwer zu ermitteln. Die Beschränkungen von Festnetz- und Mobiltelefonen, des Internets und der sozialen Medienplattformen seien ebenfalls besorgniserregend, so die Sprecherin des UN-Hochkommissariats.
1asien
Lückenkemper galt allenfalls als Außenseiterin im 100-Meter-Finale, mindestens drei Konkurrentinnen wurden aufgrund ihrer Vorleistungen höher eingeschätzt. Doch die 25-Jährige war zum richtigen Zeitpunkt voll fokussiert.Die EM-Zweite von 2018, beim Start sonst mit Schwächen, kam gut aus den Blöcken und nahm in der zweiten Rennhälfte richtig Fahrt auf. Am Ende lagen drei Läuferinnen quasi gleichauf und das Fotofinish brachte es an den Tag: Die WM-Staffel-Dritte hatte mit einer Zeit von 10,99 Sekunden hauchdünn die Nase vorn.Der Rest war pure Freude und unbändiger Jubel - auch wenn Lückenkemper sich bei ihrem Sturz im Ziel eine Fleischwunde zugezogen hatte, die später im Krankenhaus mit acht Stichen genäht wurde. Ob der Staffelstart gefährdet ist, ist noch unklar. Mit blutendem Bein feierte die Siegerin im ARD Interview mit dem Ersten das Publikum in München: "Die Kulisse hier, diese Begeisterung der Menschen - das hat mich unheimlich gepusht. Ich kann das Ergebnis noch gar nicht richtig fassen."Ebenfalls mit 10,99 Sekunden landete die Schweizer Hallenweltmeisterin Mujinga Kambundji auf Rang zwei. Dritte wurde die Britin Daryll Neita, die nur eine Hundertstelsekunde langsamer war.Ins Diskusfinale hatten es in Kristin Pudenz, Claudine Vita und Shanice Craft gleich drei deutsche Athletinnen geschafft. Und der Endkampf avancierte zu einem Krimi. Pudenz und die 32-jährige Sandra Perkovic lieferten sich einen Schlagabtausch, der es in sich hatte. Legte die eine eine neue Bestweite vor, konterte die andere. Am Ende lag die Kroatin mit 67,95 Metern gerade einmal acht Zentimeter vor der Olympia-Zweiten, die ihren Hausrekord auf 67,87 Meter steigerte und sich dafür mit Silber belohnte.Jubeln konnte auch Claudine Vita - sie wurde mit starken 65,20 Metern Dritte und durfte sich über die Bronzemedaille freuen.Malaika Mihambo greift bei der Heim-EM derweil nach ihrem nächsten Titel. Die Olympiasiegerin, die sich vor den Titelkämpfen in Bayern mit Corona infiziert hatte, qualifizierte sich am Dienstag (16.08.2022) im Olympiastadion mit 6,99 Metern ohne Mühe für das Finale.Nach ihrer Covid-19-Erkrankung hatte Mihambo erst am Freitag grünes Licht für einen Start in München gegeben. Obwohl die 28-Jährige zehn Tage krank gewesen war, habe sie durch Corona "sicherlich nicht so viel Substanz verloren". Deutschlands "Sportlerin des Jahres" traut sich nach eigener Aussage auch nach ihrer Erkrankung Sprünge über sieben Meter zu.Diese Aussage untermauerte sie mit einer starken Leistung in der Qualifikation. Im ersten Durchgang trat die Weltmeisterin über, im zweiten Versuch wischte sie mit ihrem Satz knapp an die Sieben-Meter-Marke dann die letzten Zweifel beiseite. Die Ausnahmeathletin verschenkte sogar 16,4 Zentimeter am Brett.Im Finale dabei ist auch Merle Homeier - 6,49 Meter reichten knapp. Gescheitert sind dagegen Maryle Luzolo und Mikaelle Assani. Letztere verpasste mit 6,46 Meter das Finale um gerade einmal drei Zentimeter. Sehr gute Nachrichten gab es am frühen Abend von den deutschen Hochspringern. Tobias Potye, Mateusz Przybylko und Jonas Wagner schafften allesamt 2,21 in der Qualifikation - das reichte zum Einzug in den Finaldurchgang.Nicht ganz reichte es für die drei deutschen 100-Meter-Läufer, die in insgesamt drei Halbfinals dabei waren. Trotz ordentlicher Zeiten blieb Lucas Ansah-Peprah (10,19), Owen Ansah (10,20) und Julian Wagner (10,22) der Einzug ins Finale verwehrt.Im Finale triumphierte Olympiasieger Marcell Jacobs aus Italien deutlich vor Titelverteidiger Zharnel Hughes aus Großbritannien. Dessen Landsmann Jeremiah Azu holte Bronze.Der deutsche Meister Carl Bebendorf zeigte über 3.000 Meter Hindernis eine gute Leistung. Er wurde in seinem Halbfinale Zweiter und steht damit sicher im Finale. Die noch größere Überraschung bot dann im zweiten Lauf ein anderer Deutscher: Niklas Buchholz lieferte ein beherztes Rennen und kam über die Zeit ebenfalls weiter.Über 110 Meter Hürden überzeugte Gregor Traber: Er siegte in seinem Vorlauf mit 13,69 Sekunden und zog damit ins Halbfinale ein. Über 400 Meter kam dagegen für Corinna Schwab und Alica Schmidt im Halbfinale das Aus. Mohamed Mohumed verzichtete wegen muskulärer Probleme auf einen Start über 5.000 Meter. Während der norwegische Weltmeister Jakob Ingebrigtsen seinen Titel in 13:21,13 Minuten erfolgreich verteidigte, lief Sam Parsons (Frankfurt) als bester deutscher Starter in 13:30,38 Minuten auf einen guten sechsten Rang.Quelle: sportschau.de
4sportschau
US-Anleger haben sich in Erwartung weiterer Hinweise auf den Zinskurs der Notenbank Fed heute wieder etwas vorgewagt, bleiben insgesamt aber vorsichtig. Die großen Aktienindizes, allen voran die Technologiebörse Nasdaq, legten zu und weiteten ihre Gewinne im späten Geschäft dabei noch aus. Eine klarere Vorstellung über den Fahrplan der Fed dürfte den derzeit lethargischen Märkten wieder eine Richtung geben, die zuletzt gefehlt hat. Notenbankchef Jerome Powell kann auf seiner für morgen angesetzten Rede nach dem Notenbankertreffen in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming wie stets durch Nuancen die Richtung der Märkte stark beeinflussen. Es wäre nicht das erste mal. Er hat Leitzinsen von 3,0 bis 3,5 Prozent bis Jahresende als anzustrebendes "moderat restriktives Niveau" bezeichnet, wobei die Wirtschaft bereits leicht gebremst wird. Aktuell liegt das US-Leitzinsniveau nach mehreren Zinserhöhungen bei 2,25 bis 2,50 Prozent. Der Leitindex Dow Jones tat sich heute am schwersten, rückte aber trotzdem moderat um 0,98 Prozent auf 33.291 Punkte vor. Deutlich besser hielt sich die zinssensitive Nasdaq, die 1,67 Prozent zulegte, auch der Auswahlindex Nasdaq 100 stieg um 1,75 Prozent. Der marktbreite S&P-500-Index, der sowohl Technologie- als auch Standardwerte enthält, gewann am Ende 1,41 Prozent und schloss bei 4199 Zählern. "Die Fed wird in ihrer Kampagne zur Bekämpfung und zum Durchbrechen der Inflation ziemlich entschlossen und wachsam bleiben", sagte Todd Lowenstein, Stratege bei der Union Bank. Händler sehen momentan eine etwas größere Chance auf eine dritte Zinserhöhung um 75 Basispunkte seitens der Fed bei ihrer Sitzung im nächsten Monat, verglichen mit einer kleineren Zinserhöhung um 50 Basispunkte.Vor dem mit Spannung erwarteten Auftritt des Fed-Chefs äußerten sich am Rande des Notenbankertreffens in Jackson Hole auch andere US-Währungshüter mit Blick auf Spekulationen über den nächsten Zinsschritt. "Ich denke, dafür ist es noch zu früh", sagte die Chefin des Fed-Bezirks Kansas City, Esther George, in einem CNBC-Interview über die Höhe des nächsten Zinsschritts. Sie betonte, es stünden zunächst noch wichtige Daten an. Damit dürften vor allem die Verbraucherpreise für August gemeint sein, die Mitte nächsten Monats und damit kurz vor dem nächsten Fed-Zinsentscheid anstehen. Dieser ist für den 21. September terminiert.Der Präsident des Fed-Bezirks von Philadelphia, Patrick Harker, sagte CNBC in Jackson Hole, er wolle ein Niveau von über 3,4 Prozent sehen. Danach könne man womöglich eine Zeitlang pausieren.Der Arbeitsmarkt in den USA hat sich in der vergangenen Woche überraschend robust gezeigt. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe fiel um 2000 auf 243.000, wie das Arbeitsministerium in Washington mitteilte. Analysten hatten im Schnitt mit einem Anstieg auf 252.000 gerechnet. Zudem wurden die Daten aus der Vorwoche nach unten korrigiert. Wie das Arbeitsministerium weiter mitteilte, waren nicht wie zunächst gemeldet 250.000 Anträge eingereicht worden, sondern nur 245.000.Die Stärke des Arbeitsmarktes ist für die Zinspolitik der Fed von entscheidender Bedeutung, denn sie will bei ihrer Zinswende zur Inflationsbekämpfung die Konjunktur nicht abwürgen. Ein schwieriger Spagat, aber der robuste Zustand des Arbeitsmarktes hält ihr den Rücken frei, sich ganz darauf zu konzentrieren, die Inflation in den Griff zu bekommen. Der DAX hat den zweiten Tag in Folge leicht zugelegt und sich damit auf niedrigerem Niveau erst einmal stabilisiert. Der Index schloss bei 13.271 Punkten, ein leichtes Tagesplus von 0,39 Prozent. Ein erster Erholungsversuch am Morgen, der den Index bis auf 13.364 Punkte schob, versandete im Tagesverlauf. Erst eine freundliche Wall-Street-Eröffnung sorgte erneut für etwas Rückenwind. Das Tagestief lag bei 13.210 Zählern. Der MDAX, der Index der mittelgroßen Werte, ging bei 26.070 Zählern nur leicht um 0,05 Prozent höher aus dem Handel. Gestern hatte der DAX mit einem kleinen Tagesgewinn immerhin seine viertägige Verlustserie beendet, besonders überzeugend war das Comeback aber nicht. "An den Finanzmärkten herrscht eine hohe Nervosität, da die Investoren mit Inflationsbedenken, Sorgen vor einer weiteren Straffung der US-Geldpolitik und Rezessionsängsten zu kämpfen haben", sagte Konstantin Oldenburger, Marktanalyst von CMC Markets.Hierzulande werden die Investoren durch erneute Preissprünge beim Erdgas verunsichert, Zins- und Inflationsängste werden dadurch massiv geschürt. Der europäische Gaspreis ist heute über die Marke von 300 Euro je Megawattstunde gesprungen. Nur in der Zeit unmittelbar nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine war der Preis für das in Europa gehandelte Erdgas kurzzeitig mit einem Spitzenwert von 345 Euro höher gewesen. Damit wächst der Druck auf die EZB, endlich ein klares Zeichen gegen die Inflation zu setzen. Zwar rechnen die Märkte für die Septembersitzung der Bank mit einem weiteren Zinsschritt, aber selbst bei einem Aufschlag von weiteren 50 Basispunkten auf dann gerade mal 1,0 Prozent beim Hauptrefinanzierungssatz würde dieses Zinsniveau wohl kaum ausreichen, um das Inflationsgespenst zu beeindrucken. Der Euro hat anfängliche Gewinne wieder abgegeben und bewegt sich im US-Handel kaum bei einem Kurs von 0,9978 Dollar. Dies, nachdem er heute zeitweise wieder über der Parität zum Dollar notiert hatte. Die Gemeinschaftswährung kletterte in der Spitze um 0,7 Prozent auf 1,0033 Dollar. Am Nachmittag war der Euro dann bereits wieder unter die Marke von einem Dollar gerutscht. Zu Wochenbeginn war er mit 0,9899 Dollar auf den niedrigsten Wert seit 20 Jahren gefallen. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 0,9970 (Mittwoch: 0,9934) Dollar fest.Während das überraschende minimale Wachstum der deutschen Wirtschaft im zweiten Quartal für eine positive Überraschung sorgte, ist die Veröffentlichung des ifo-Geschäftsklimaindex an den Märkten auf ein geteiltes Echo gestoßen. Zwar fiel der Rückgang des wichtigsten deutschen Konjunkturfrühindikators geringer aus als befürchtet. Doch das ändere nichts daran, dass der ifo "auf Niveaus liegt, bei denen es in der Vergangenheit eine Rezession gab", betont Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Wir erwarten für das zweite Halbjahr und das erste Quartal nächsten Jahres mehr denn je eine Rezession." Die lediglich geringe Stimmungseintrübung sei angesichts der sehr düsteren Erwartungen nur ein schwacher Trost, meint auch Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. "Der energiepreisgetriebene Inflationsschub drückt die Kaufkraft und die Unwägbarkeiten bei der Gasversorgung im Winter verunsichern Unternehmen wie Privathaushalte gleichermaßen." Wie das Handelsministerium in Washington am Nachmittag mitteilte, ist die Wirtschaft zwischen New York und Los Angeles im Frühjahr nicht so stark geschrumpft wie zunächst gedacht. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ging im zweiten Quartal aufs Jahr hochgerechnet um 0,6 Prozent zurück und nicht wie mit einer ersten Schätzzahl gemeldet um 0,9 Prozent. Zu Jahresbeginn war das BIP bereits um 1,6 Prozent gesunken. Die USA stecken damit in einer sogenannten technischen Rezession - also zwei Quartale mit schrumpfender Wirtschaftsleistung in Folge.Die Ölpreise haben ihre jüngste Zwischenrally nicht fortsetzen können und sind am Abend noch ins Minus gerutscht. Nachdem die Notierungen in den beiden vergangenen Handelstagen deutlich zulegen konnten, waren die Avancen zuvor schon überschaubar gewesen. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete zuletzt 100,01 US-Dollar. Das waren rund 1,0 Prozent weniger als am Vortag. Am Markt wurde zunächst weiterhin auf Aussagen des saudi-arabischen Energieministers verwiesen, der zuletzt eine mögliche Drosselung der Fördermenge durch den Ölverbund OPEC+ angedeutet hatte und damit bereits seit einigen Tagen für Auftrieb bei den Ölpreisen sorgt. Gleichzeitig sorgt aber die Aussicht auf eine Rückkehr des Opec-Mitglieds Iran an dem Markt für Druck. Aktien von Bayer legten zwei Prozent zu und standen an der DAX-Spitze. Die Aktie erholt sich derzeit wieder etwas von einem zuletzt schwachen Lauf nach dem jüngsten Quartalsbericht. Munich Re waren ebenfalls gefragt. Experte Darius Satkauskas vom Analysehaus Keefe, Bruyette & Woods drehte sein bisher pessimistisches Votum für den Rückversicherer auf "Outperform" mit einem Kursziel von 265 Euro, das noch etwa elf Prozent Potenzial verspricht. Auch Hannover Rück legten mit dem Konkurrenten zu. Kochboxenversender HelloFresh, der um seine Zugehörigkeit im DAX kämpfen muss im September, stand mit einem Minus von knapp 1,9 Prozent am Indexende.Anleger folgen einer Verkaufsempfehlung der Citigroup und lassen Aktien des Düsseldorfer Energiekonzerns Uniper fallen. Die Analysten der Citigroup verweisen darauf, dass der Anteil der Aktionäre durch das staatliche Rettungspaket stark verwässert werde. Sie stuften die Titel herunter auf "Sell" von "Buy". Uniper-Aktien haben seit Jahresbeginn mehr als 80 Prozent an Wert verloren. Auch die Aktien von Delivery Hero standen im MDAX unter Druck. Nach Details aus dem finalen Zahlenwerk des Essenslieferanten weiteten sie ihre Verluste auf rund drei Prozent aus. Laut dem Experten William Woods von Bernstein Research gab es neue Informationen zur Profitabilität - mit einer Marge im Kerngeschäft, die er als enttäuschend bewertete. Der Chef des Pharmaunternehmens BioNTech, Ugur Sahin, stellt eine schnelle Auslieferung der auf die neuen Coronavirus-Varianten abgestimmten Impfstoffe in Aussicht. "Wir können sehr zeitnah ausliefern, hoffentlich ab Anfang September", sagte er dem "Spiegel". Allerdings steht noch die Zulassung der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) aus. Die Optikerkette Fielmann erwartet angesichts der Rezessionssorgen alsbald keine besseren Geschäftsaussichten. Die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine, die anhaltend hohe Inflation und weiter steigende Zinsen belasteten das Konsumverhalten zunehmend, teilte der Konzern in seinem Zwischenbericht mit. Hinzu komme ein hoher Corona-Krankenstand in der Belegschaft. Den für das laufende Jahr vor kurzem gesenkten Geschäftsausblick bekräftigte Fielmann. Der im MDAX notierte Gewerbeimmobilien-Spezialist Aroundtown hat im ersten Halbjahr vor allem dank seiner Wohnimmobilien-Tochter Grand City Properties Auftrieb bekommen. Das operative Ergebnis - gemessen an der in der Branche wichtigen Kenngröße Funds from Operations (FFO 1) - stieg in den ersten sechs Monaten im Jahresvergleich um acht Prozent auf 185,6 Millionen Euro. Ein hoher Verlust im zweiten Quartal macht Fortum zu schaffen. Die Aktien des Uniper-Mutterkonzerns verlieren in der Spitze 3,5 Prozent. Die Gaskrise und die dadurch angeschlagene deutsche Tochter haben Fortum tief in die Verlustzone gerissen. Fortum hält noch knapp 80 Prozent der Uniper-Anteile, nach dem geplanten Einstieg des Bundes über eine Kapitalerhöhung dürfte der Anteil Fortums aber auf etwa 56 Prozent schrumpfen. Im Tarifpoker der Lufthansa mit ihren Piloten kann es jederzeit zum Streik kommen - einen Termin dafür gibt es bisher aber nicht. Die Lufthansa habe am Vormittag ein neues Angebot vorgelegt, das aus Sicht der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) trotz "eines Schritts in die richtige Richtung" aber unzureichend sei, erklärte die VC.Die VC fordert für die mehr als 5000 Flugzeuglenker der Kernmarke Lufthansa und der Frachttochter Lufthansa Cargo zum 1. Juli 5,5 Prozent mehr Gehalt und einen automatischen Inflationsausgleich ab 2023. Die Lufthansa ist zu einer Erhöhung der Gehälter um 5,5 Prozent bereit, umstritten war kürzlich aber ein automatischer Inflationsausgleich. Das Unternehmen argumentiert, angesichts der hohen Schulden nach der Corona-Krise müssten die Kosten unter Kontrolle bleiben.Der zu den führenden Düngemittelherstellern gehörende Yara-Konzern aus Norwegen drosselt wegen steigender Gaspreise seine Ammoniakproduktion in Europa. Die Auslastung der europäischen Ammoniak-Kapazität werde nach der Umstellung bei etwa 35 Prozent liegen, teilte der Konzern mit. Neben Yara haben in Deutschland bereits BASF und SKW Piesteritz wegen steigender Gaspreise ihre Produktionen gedrosselt. Die US-Börsenaufsicht SEC befragt den Online-Dienst Twitter dazu, wie er die Zahl der Fake-Accounts auf der Plattform bestimmt. Bereits im Juni hatte die SEC das Unternehmen diesbezüglich zu seiner Methodik befragt. Das Schreiben der SEC datiert vom 15. Juni - kurz bevor Tesla-Chef Elon Musk das Thema als Grund nannte, sich aus dem Deal zurückzuziehen, Twitter für 44 Milliarden Dollar zu kaufen. Apple wird das nächste iPhone-Modell voraussichtlich etwas früher als in den vergangenen Jahren auf den Markt bringen. Der Konzern kündigte gestern ein Neuheiten-Event für den 7. September an. Auch wenn Apple wie immer nicht mitteilte, worum es geht, werden bei den September-Terminen traditionell die neuen iPhones vorgestellt. Das iPhone ist das mit Abstand wichtigste Apple-Produkt. Der Schweizer Pharmakonzern Novartis will seine Generika-Sparte Sandoz als eigenständige Firma an die Schweizer Börse bringen. Der Schritt sei für das zweite Halbjahr 2023 geplant, teilte Novartis heute mit. Sandoz umfasst das Geschäft mit Biosimilars und rezeptfreien Medikamenten. Novartis hatte im Oktober 2021 angekündigt, alle Optionen für Sandoz zu prüfen. Die Investmentgruppe Blackstone ist laut Nachrichtenagentur Reuters einer von mehreren Bietern für die Rechte am Werk der britischen Band Pink Floyd. Die Zeitung "Financial Times" hatte zuvor berichtet, der Deal könne über die Blackstone-Tochter Hipgnosis Song Management laufen. Demnach würde den Musikkatalog mit Liedern wie "Comfortably Numb" und "Another Brick in the Wall" mit fast einer halbe Milliarde Dollar bewerten. Der Raketenbauer SpaceX und die Telekom-Tochter T-Mobile US haben eine gemeinsame Veröffentlichung von "Plänen zur Verbesserung der Konnektivität" angekündigt. SpaceX- und Tesla-Chef Elon Musk sowie T-Mobile-CEO Mike Sievert sollen einem Tweet von SpaceX zufolge heute Abend die Pläne vorstellen. Musk schrieb dazu auf Twitter, es handle sich um "etwas Besonderes". Nach dem Vollzug des angekündigten Aktiensplits im Verhältnis 3:1 notierten die Aktien von Tesla rund 0,35 Prozent leichter bei 296,07 Dollar. Am Mittwoch hatten sie bei 891,29 Dollar geschlossen. Es ist der zweite Aktiensplit des Elektroauto-Pioniers, der seine Papiere damit für Kleinanleger leichter handelbar machen will.Ein starker Dollar und heftige Konkurrenz im Cloud-Computing setzen dem SAP-Konkurrenten Salesforce zu. Der Konzern aus San Francisco senkte gestern nach US-Börsenschluss erneut seine Prognose für das Geschäftsjahr. Salesforce rechnet nun mit Erlösen zwischen 30,9 und 31,0 Milliarden Dollar. Im Mai hatte das Unternehmen seine Prognose bereits auf 31,7 bis 31,8 Milliarden Dollar heruntergeschraubt. Der Chipkonzern Nvidia rechnet nach verfehlten Umsatzerwartungen nicht mit einer baldigen Erholung. Für das laufende Quartal prognostizierte Nvidia gestern nach US-Börsenschluss einen Umsatz von etwa 5,9 Milliarden Dollar. Das wären über eine Milliarde Dollar weniger als im Vorjahresquartal - und auch deutlich weniger als von Analysten erwartet. Papiere des Herstellers von Fitness-Geräten brechen nach neuen Unternehmenszahlen drastisch ein und verlieren dabei fast ein Fünftel an Wert. Der Sportartikel-Spezialist hat das vergangene Quartal mitten in einem großangelegten Umbau mit einem Milliardenverlust abgeschlossen. Unterm Strich sammelte sich ein Fehlbetrag von gut 1,24 Milliarden Dollar an (1,24 Mrd Euro), nach roten Zahlen von 313 Millionen Dollar ein Jahr zuvor. Der Umsatz sackte in dem Ende Juni abgeschlossenen vierten Geschäftsquartal um über 28 Prozent auf knapp 679 Millionen Dollar ab.Peloton hatte zu Beginn der Pandemie stark von der Schließung von Fitnessstudios profitiert. Die Verkäufe der Trainings-Bikes und Laufbänder sprangen hoch, Interessenten mussten zum Teil lange auf ihre Geräte warten. Peloton interpretierte den Schub allerdings nicht als Sonderkonjunktur, sondern als Beginn einer Wachstums-Ära und investierte in den Ausbau der Kapazitäten bis hin zum Bau einer Fabrik in den USA. Diese Fehleinschätzung zu korrigieren, kostet derzeit viel Geld.
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NASA-Chef Bill Nelson versuchte erst gar nicht, bei der Pressekonferenz zur anstehenden Mondmission seiner Behörde mit seiner Begeisterung hinterm Berg zu halten. Nur noch 26 Tage bis die stärkste Rakete, die die NASA jemals ins All geschossen habe, von der Startrampe 39B im Kennedy Space Center abhebe, so Nelson. Von ihr starteten auch schon Saturn-V-Raketen zum Mond und Space-Shuttle-Flüge.Am 29. August soll dort wieder Geschichte geschrieben werden: Das Artemis-Programm, das nach 50 Jahren wieder Menschen auf den Mond bringen soll, wird dort seinen Anfang nehmen. In zwei Wochen soll die neu entwickelte Rakete mit dem Namen SLS und der ebenfalls neu entwickelten Raumkapsel Orion an der Spitze zur Startrampe gebracht werden, erklärte Mike Sarafin, Chef der Artemis-I-Mission.Artemis I wird allerdings noch keine Menschen zum Mond bringen. Es ist ein Testflug, bei dem sowohl die Rakete als auch die Raumkapsel bis ins kleinste Detail überprüft werden. Funktioniert der Start reibungslos? Zünden die Booster-Raketen? Zündet der Hauptantrieb? Trennen sich die Booster-Raketen wie geplant, und löst sich die Raumkapsel zum richtigen Zeitpunkt von der Rakete? Alles müsse perfekt zusammenarbeiten, um Orion auf den Weg zum Mond zu schicken, betonte Sarafin.Um die Systeme der Orion-Kapsel im All betreiben zu können, nutzt die NASA ein von der europäischen Raumfahrtbehörde ESA entwickeltes Modul. Und laut NASA-Chef Nelson ist man bei der ESA schon total aus dem Häuschen: "Vor ein paar Wochen war ich in Europa und sie waren gaga", erzählte er stolz.42 Tage wird die Kapsel im All bleiben, dabei den Mond in einer Ellipse umrunden - am nächsten Punkt zum Mond nur 100 Kilometer von seiner Oberfläche entfernt, am weitesten über 6000 Kilometer. Eine Landung auf dem Mond gibt es also noch nicht, auch keine Menschen an Bord. Das Ziel dieses ersten Fluges lautet ausschließlich, Daten und Erkenntnisse zu sammeln.Passagiere sind aber trotzdem an Bord: Eine Puppe mit dem Namen Commander Moonikin Campos wird im Kommandositz der Kapsel Platz nehmen. Ausgestattet mit zahlreichen Sensoren soll die Kraft, die auf die Astronautinnen und Astronauten beim Start und Wiedereintritt in die Erdatmosphäre wirkt, gemessen werden, erklärte Bhavya Lal vom NASA-Hauptquartier.Commander Moonikin fliegt aber nicht alleine. Zwei weitere ähnlich ausgestattete Puppen fliegen auch mit, um die Auswirkung von Strahlung auf dieser Mission zu erforschen. Ganz besonders im Fall von Astronautinnen, auf die sich Strahlung anders auswirkt als auf Männer. Deshalb sind auch an Bord: Helga and Soha.Der Härtetest folgt zum Schluss. Der Wiedereintritt in die Erdatmosphäre von Orion wird härter als alles, was die NASA bisher in der bemannten Raumfahrt durchgeführt hat. Die Kapsel wird mit 32-facher Schallgeschwindigkeit auf die Erdatmosphäre treffen, berichtet Nelson. Das entspricht rund 40.000 Kilometern pro Stunde. Die Unterseite der Kapsel wird dabei noch heißer als die des Space Shuttles.Die NASA-Wissenschaftler wollen deshalb ein ganz besonderes Augenmerk auf diese kritische Phase am Ende der Mission haben. Passiert hier ein Fehler, verglüht das Milliarden US-Dollar teure Projekt in der Erdatmosphäre, und der Traum vom Flug zum Mond rückt wieder in die Ferne.
0amerika
Die US-amerikanische Skifahrerin Hilaree Nelson wird vermisst. Sie war am Mount Manaslu im Himalaya unterwegs gewesen. Nach dem Erreichen des Gipfels am Montag sei sie in eine Gletscherspalte gestürzt, sagte ein Mitarbeiter der Trekkingfirma Shangri-la Nepal Trek, die die Expedition organisiert hat, der Nachrichtenagentur dpa. Bei dem Vorfall sei die 49-jährige Skifahrerin mit ihrem Partner unterwegs gewesen. Rettungsarbeiten mit zwei Hubschraubern dauerten an, würden allerdings von schlechten Wetterverhältnissen behindert und machten kaum Fortschritte, sagte ein Sprecher des nepalesischen Tourismusministeriums. Etwas unterhalb der Gletscherspalte hatte es am Montag auch eine Lawine gegeben. Zunächst hatte das Tourismusministerium mitgeteilt, dass auch der Unfall der Amerikanerin mit der Lawine zusammengehangen habe. Dies sei aber doch nicht der Fall, wie neuere Infos zeigten, sagte ein Ministeriumssprecher der Nachrichtenagentur dpa. Bei der Lawine seien mindestens ein nepalesischer Sherpa-Bergführer getötet und 14 weitere Sherpas teils schwer verletzt worden. Sie hätten Gepäck einer Bergsteigergruppe zu einem Höhenlager gebracht, als sie von der Lawine getroffen worden seien. Vergangene Woche hatte Nelson auf Instagram über ihre jüngste Himalaya-Expedition berichtet und erklärt, der Aufstieg auf den 8163 Meter hohen Berg sei wegen "unaufhörlichen Regens" extrem erschwert. "Ich fühlte mich nicht so sicher auf dem Manaslu wie es bei anderen Abenteuern in der dünnen Luft des Himalaya der Fall war", schrieb sie dort. "Diese letzten Wochen haben meine Widerstandsfähigkeit auf ganz neue Weise auf die Probe gestellt." Nelson ist seit zwei Jahrzehnten als Skibergsteigerin erfolgreich. 2012 bezwang sie als erste Frau in nur 24 Stunden Abstand die Gipfel des Mount Everest und des benachbarten Lhotse. Sechs Jahre später machte sie als erster Mensch eine Abfahrt vom Lhotse auf Skiern.
1asien
Geld an der Börse anzulegen war noch nie so einfach wie aktuell: Mit einem Klick können Anleger über Trading Apps Aktien kaufen und verkaufen. Überall und jederzeit. Vor allem für junge Menschen ist das attraktiv. Denn über die Apps haben sie ihr Depot jederzeit dabei und können ohne Umwege an der Börse handeln. Während der Pandemie erlebten Aktien und Fonds bei jungen Menschen, auch befeuert durch die Trading Apps, einen Boom. Die Zahl der Aktionäre im Alter unter 30 Jahren stieg innerhalb eines Jahres von 2019 bis 2020 sprunghaft um 577.000 Menschen an. Das geht aus einer Studie des Deutsche Aktieninstituts hervor. Im vergangenen Jahr erreichte die Zahl der jungen Anleger erneut einen Höchststand: Laut der Statistik des Deutschen Aktieninstituts haben mittlerweile rund 1,5 Millionen Menschen unter 30 Jahren Aktien oder Fonds.Alexandra Niessen-Ruenzi, Prodekanin für Forschung und Direktorin des Center for Doctoral Studies in Business an der Universität Mannheim, bezweifelt allerdings, dass dieser Trend lange anhält und wirklich nachhaltig ist: "Die vorsichtige Hoffnung, die vielleicht im Rahmen der Pandemie aufgekommen war, dass es jetzt mehr junge Leute gibt, die sich doch für den Kapitalmarkt interessieren und ihr Geld dort investieren, die teile ich nicht unbedingt." Man könne bereits beobachten, dass sich junge Menschen wieder von den Trading Apps abwenden: "Es gibt erste Anzeichen dafür, dass die Trading Apps in die Bredouille geraten. Denn eben diese Begeisterung, die noch zu Beginn der Pandemie vorgeherrscht hat, hat sich jetzt doch deutlich abgekühlt", sagt die Finanzmarktforscherin im Gespräch mit tagesschau.de. Die Trading Apps hätten nämlich vor allem dafür gesorgt, dass junge Leute zum Zeitvertreib in der Pandemie anfingen, Aktien zu kaufen: "Das war leider eher im Sinne eines Glücksspiels und nicht im Sinne eines langfristigen Vermögensaufbaus." Nun habe sich mit dem Krieg in der Ukraine die wirtschaftliche Situation grundlegend verändert: "Wir sehen an den Börsen derzeit eine hohe Unsicherheit und deutliche Schwankungen bei den Kursen. Das hat viele dieser jungen Anleger, die vor zwei Jahren erst angefangen haben, am Kapitalmarkt anzulegen, zum Teil schon beträchtliche Summen gekostet." Darum fürchtet die Expertin, dass die aktuellen negativen Entwicklungen junge Menschen abschrecken könnten: "Was man jetzt aus finanzwirtschaftlicher Sicht befürchtet, ist so eine Art Telekom-Effekt. Nach dem Motto: Ein gebranntes Kind scheut das Feuer."Gerrit Fey, Leiter des Fachbereichs Kapitalmärkte beim Deutschen Aktieninstitut, teilt die Befürchtung von Alexandra Niessen-Ruenzi nicht: "Wir sind optimistisch, dass sich junge Menschen dauerhaft am Aktienmarkt beteiligen." Zum einen hätten viele Jüngere angefangen, in Fondssparpläne zu investieren. "Das ist ein Instrument, bei dem man kontinuierlich Monat für Monat kleinere Beträge in ein breit gestreutes Portfolio investiert und so einen Vertrag kündigt man nicht ohne weiteres", so der Experte. Zudem hätten sich viele junge Menschen während der Pandemie sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt: "Junge Menschen haben viel dazu gelernt und interessieren sich einfach für das Thema Geldanlage. Darum glauben wir, dass da eine Basis bei jungen Menschen geschaffen ist, die sich verfestigen kann", so der Experte des Deutschen Aktieninstituts. Dennoch sehen die beiden Experten auch noch viel Nachholbedarf: "Wir brauchen dringend mehr Finanzmarktbildung in Deutschland. Auch, weil Bereiche wie die private Altersvorsorge immer wichtiger werden, sich aber in der Finanzplanung vieler junger Menschen häufig nicht wiederfinden", so Niessen-Ruenzi. Dem stimmt auch Fey zu. Denn um eine Aktienkultur in Deutschland zu etablieren, müsse zuerst das Wissen über die Vorgänge am Aktienmarkt in der Bevölkerung vermittelt werden. Dazu gehört auch, dass man sich als Kleinanleger nicht von den aktuellen Turbulenzen am Aktienmarkt beeinflussen lassen sollten. Denn die Investments sollten langfristig angelegt sein, um etwa fürs Alter vorzusorgen. Die besten Tipps einer turbulenten Zeit wie der aktuellen seien also: Ruhe bewahren und sich nicht verunsichern lassen.
2finanzen
Wer wissen will, was den Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach umtreibt, kann in Echtzeit mitlesen. Mahnungen, Warnungen, Erkenntnisse - kein Tag vergeht ohne einen Tweet des Ministers. Ganz oben auf seinem Twitter-Account lächeln einem drei zufriedene Gesichter entgegen: Er selbst und das grüne Regierungs-Spitzenduo Annalena Baerbock und Robert Habeck. Es ist ein etwas wackeliges Selfie, das Lauterbach im vergangenen Dezember angeheftet hat. "Jetzt beginnt das eigentliche Projekt …", schreibt er dazu.  Ob Zufall oder nicht - der liberale Koalitionspartner fehlt jedenfalls auf dem Bild. Fast so, als wolle Lauterbach ausblenden, dass mit der FDP nun Team Freiheit zusammen mit Team Vorsicht auf der Regierungsbank sitzt. Für den mahnenden Minister Lauterbach wurde das zur Herausforderung von Anfang an. Ein Umstand, der ihm schon einiges an Kompromissen und Niederlagen abgefordert hat. Das Scheitern der allgemeinen Impfpflicht etwa oder das Ende der meisten Corona-Schutzmaßnahmen im März. Damals im Frühjahr wurden die Einschränkungen stark zurückgefahren. Damit fielen zum Beispiel allgemeine Maskenpflichten beim Einkaufen oder bei Veranstaltungen sowie Zutrittsregeln wie 2G oder 3G. Während die Liberalen sich dafür feiern, Lockerungen in der Ampel-Regierung durchgesetzt zu haben, spricht Lauterbach im Bundestag im März von einem schweren Kompromiss.Ein solcher Kompromiss steht nun wieder an. Denn Deutschland braucht einen Plan für die mögliche nächste Corona-Welle im Herbst und im Winter. Und das Infektionsschutzgesetz läuft am 23. September aus. Sollen danach weiterhin Schutzmaßnahmen wie Maskenpflicht oder Zugangsbeschränkungen möglich sein, braucht es eine neue rechtliche Grundlage dafür. Verhandeln muss Lauterbach das mit Bundesjustizminister Marco Buschmann von der FDP. Ein mühsamer Prozess, der sich seit mehreren Wochen hinzieht. Schon die Ausgangslage interpretieren die beiden Minister sehr unterschiedlich. Buschmann schließt Eingriffe wie Lockdowns, Schulschließungen und Ausgangssperren grundsätzlich aus. Ganz anders Lauterbach, der den Instrumentenkasten für Schutzmaßnahmen zunächst so breit wie möglich halten will.Zumal das Vertrauen in die Zusammenarbeit wohl ein bisschen gelitten hat. Manch einer sagt, der Arzt und Epidemiologe Lauterbach befürchte, bei den Details einer möglichen Vereinbarung vom Juristen Buschmann an der Nase herumgeführt zu werden. Es bleibt also ein schwieriges Unterfangen, in das erst vergangene Woche Bewegung zu kommen scheint. Im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio sagt Lauterbach, die Möglichkeiten für Schulschließungen werde es nicht mehr geben. Die Gespräche würden in Kürze abgeschlossen. Einig sind sich der Justiz- und der Gesundheitsminister bislang außerdem darin, dass die Maskenpflicht in Innenräumen eine Rolle spielen soll. Unterdessen werden die Länder langsam ungeduldig. Immer schwingt bei ihnen die Sorge mit, nicht ausreichend eingebunden zu werden. Sie sind auf eine Rechtsgrundlage vom Bund angewiesen, um entsprechende Schutzmaßnahmen umsetzen zu können. Die Gesundheitsminister der Länder hatten noch vor der Sommerpause einen Gesetzentwurf gefordert. Mit Befugnissen wie Maskenpflicht, Zugangsbeschränkungen und im Notfall Schulschließungen. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek von der CSU etwa wirft der Bundesregierung mangelnde Transparenz und Zugkraft bei der Vorbereitung des neuen Infektionsschutzgesetzes vor. Er sei vergangene Woche zu Gesprächen im Bundesgesundheitsministerium in Berlin gewesen und habe Lauterbach gebeten, den Ländern zu sagen, welche Maßnahmen er plane. Lauterbach habe ihn vertröstet. "Das war eine vertane Chance, uns Länder frühzeitig kommunikativ einzubinden", sagt Holetschek. Stattdessen würden sich SPD und FDP gegenseitig über Twitter beharken.In der Medizin sind die Erwartungen groß, dass Gesundheits- und Justizminister einen vernünftigen Kompromiss hinbekommen. Christian Karagiannidis, Mitglied des ExpertInnenrats der Bundesregierung, sieht derzeit vor allem ein großes Problem. Insbesondere wegen des chronischen Personalmangels und der vielen coronabedingten Personalausfälle seien die Notaufnahmen schon jetzt stark belastet, teils überlastet. Das sei unüblich für den Sommer. Das habe er so noch nie erlebt, sagt der Intensivmediziner. Karagiannidis spricht von einem Warnzeichen. "Wenn wir im Sommer schon so ein Problem haben, dann bekommen wir im Herbst und im Winter erst recht ein Problem."Um einer Überlastung im Gesundheitswesen entgegenzuwirken, müsste ein Kompromiss aus Sicht des Intensivmediziners in jedem Fall eine Maskenpflicht in Innenräumen beinhalten. Zudem empfiehlt Karagiannidis optionale Maßnahmen wie Zugangsbeschränkungen für Veranstaltungen drinnen, etwa über einen tagesaktuellen Test. "Ob und in welchem Umfang solche Maßnahmen dann eingesetzt werden, sollte vom Infektionsgeschehen abhängen", sagt Karagiannidis. "Aber die Möglichkeit dazu müssen wir unbedingt haben, etwa wenn sich die gefährlichere Delta-Variante weiterentwickeln würde." Noch eine Erwartung hat der Mediziner: "Wir müssen schauen, dass Lauterbach wegkommt von nur diesem einen Thema Corona." Lauterbach sei seit Langem der erste Gesundheitsminister, der eine grundsätzliche Veränderung im Gesundheitswesen hinbekommen könne, etwa im Krankenhausbereich oder im Bereich der Pflege. Aber auch hier wird Lauterbach sich wieder abstimmen müssen mit den Liberalen. Denn die Reformen werden was kosten und Bundesfinanzminister Christian Lindner von der FDP will das Geld zusammenhalten. Für Lauterbach bleibt es also eine Gratwanderung mit seinen liberalen Kollegen in der Ampelkoalition. Vor allem, aber eben nicht nur beim Thema Infektionsschutz.
3innenpolitik
Viele Brauereien in Deutschland produzieren mehr alkoholfreies Bier als noch vor einigen Jahren. Seit 2011 Jahren ist die Produktion von Pils, Weizen und Kölsch ohne Alkohol um 74 Prozent gestiegen, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. In Litern bemessen ergibt sich folgendes Bild: 2011 wurden laut dem Statistischen Bundesamt gut 236 Millionen Liter alkoholfreies Bier gebraut - 2021 waren es schon gut 411 Millionen Liter. Der Wert lag bei 358 Millionen Euro. Etwas niedrigprozentiger als reguläres Bier, aber nicht gänzlich alkoholfrei sind Biermischgetränke wie etwa Radler. Deren Produktion nahm in den vergangenen zehn Jahren ebenfalls zu: Bei den Mischsorten gab es laut Destatis eine Steigerung um 23,6 Prozent. Im gleichen Zeitraum sank die Produktion alkoholhaltigen Bieres um 13,8 Prozent.
6verbraucher
Die gute Stimmung an den Börsen durch die Wiederaufnahme der russischen Gaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 hat nicht lange gehalten. Der diesmal definitive Rücktritt des italienischen Ministerpräsidenten Draghi sorgt für hohe Nervosität an den Märkten. In Italien ist die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen auf gut 3,6 Prozent gestiegen, der höchste Stand seit drei Wochen. Der Renditeanstieg ist ein großes Problem für den italienischen Staat, weil sich der Schuldendienst dadurch erhöht - und Italien ist hochverschuldet. Schwierig ist es aber auch für italienische Banken, die traditionell große Mengen an Staatsanleihen in ihren Beständen halten. Je höher die Zinsen, desto niedriger ist der Wert der Anleihen. Die Börse in Mailand sackt unter dem Eindruck der aktuellen Entwicklung um zwei Prozent ab.Auch die Europäische Zentralbank blickt mit Sorge auf Italien. Heute will die EZB zum ersten Mal seit elf Jahren die Leitzinsen wieder erhöhen. Eine Anhebung zum jetzigen Zeitpunkt könnte die italienische Wirtschaft jedoch zusätzlich unter Druck setzen. Auch deshalb diskutiert die EZB über ein neues Kriseninstrument, um hochverschuldeten Mitgliedern zu helfen. Die Verunsicherung um Italien schlägt sich auch im deutsche Leitindex DAX nieder. Er notiert ein halbes Prozent schwächer bei rund 13.200 Punkten.
2finanzen
"Die Deutschen lernen das Biertrinken gerade wieder", sagt Michael Huber. Der Chef der Veltins-Brauerei spricht von einem unheimlichen Nachholbedürfnis bei den Deutschen. Das Bier wird in seiner Brauerei im Sauerland in Nordrhein-Westfalen in großen Mengen gebraut und in Flaschen abgefüllt. Doch wer Bier braut, braucht dafür Energie. Und die könnte knapp werden, wenn Russland die Erdgaslieferungen stoppen sollte. "Das Biergeschäft in der Gastronomie zieht deutlich an. Doch das Bierbrauen ist so teuer wie nie", sagt Huber. Energie sei die wichtigste Zutat beim Brauen, der Preis für Erdgas sei aber in den vergangenen zwölf Monaten um 340 Prozent gestiegen. Die Kostenexplosion treffe alle in der Branche, nicht nur Veltins. "Nach wie vor sind gerade regionale Brauer gefährdet. Sie können nicht alle höheren Kosten durch höhere Preise kompensieren", sagt Huber.Ein Großteil der 1500 Brauereien in Deutschland, die neben Bier auch alkoholfreie Getränke und Wasser abfüllen, ist nach Angaben des Deutschen Brauer-Bundes auf Gas angewiesen. Seit vielen Jahren suchen die Betriebe Lösungen, um ihren Energieverbrauch zu senken und unabhängiger von Gas zu werden. "Seit Monaten bereitet sich die gesamte Getränkeindustrie intensiv auf einen drohenden Gasmangel vor", sagt Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes. "Eine Gasknappheit hätte dramatische Auswirkungen - auch indirekt, da nicht nur Brauereien von Import-Gas abhängig sind, sondern auch deren Vorlieferanten, etwa die Mälzereien oder die Produzenten von Glas, Dosen, Kartonagen und anderen Verpackungen." Und das in einer Zeit, in der der Durst der Menschen wieder da ist und erstmals seit Beginn der Coronavirus-Pandemie wieder mehr Bier konsumiert wird. Aufgrund der Corona-Lockdowns waren Gaststätten, Kneipen, Bars, Cafés und Hotels monatelang geschlossen, wodurch der Markt für Fassbier zusammenbrach. Auch die Absage Tausender Veranstaltungen war für die Brauereien verheerend. "Fassbier wurde praktisch über Nacht unverkäuflich, die Brauereien mussten abgelaufenes Bier in den Gully schütten und Kurzarbeit anmelden", sagt Eichele. "Eine katastrophale Situation für die Brauwirtschaft. Die Betriebe haben sich davon noch lange nicht erholt - viele stehen weiter mit dem Rücken zur Wand." Wird am Ende das Bier teurer werden? "Es ist wenig überraschend, dass drastische Kostensteigerungen irgendwann auch auf den Endpreis umgelegt werden müssen", sagt der Geschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes. "Wir denken, die meisten Verbraucherinnen und Verbraucher haben dafür auch Verständnis."Die Sudhäuser, in denen Bier-Vorprodukte erhitzt werden, werden meist mit Gas betrieben. Die Brauerei Veltins im Sauerland hat mittlerweile einen Öl-Vorrat für fünf Wochen angeschafft, um im Notfall von Gas auf Öl zu wechseln. Neue Tank-Kapazitäten hat Huber aufgebaut, um den Dampfkessel auch über eine gewisse Zeit mit Heizöl zu betreiben. Vorzeitig hat er außerdem große Glasmengen geordert, damit die Flaschen nicht ausgehen. Die Unsicherheit auf dem Markt sei so groß wie nie. "Auf dem schrumpfenden Biermarkt herrscht ein harter Verdrängungswettbewerb. Viele Marken verlieren seit Jahren Menge und Image. Der Ausstoß von Veltins dagegen ist in den vergangenen zehn Jahren um 15 Prozent gewachsen, der Umsatz um knapp 30 Prozent", sagt Huber. Der Chef der Veltins-Brauerei hofft, dass seine Brauerei und auch die gesamte Branche gut durch die neue Krise kommen. Eigentlich ging es für die Brauer nach einer Talsohle gerade wieder aufwärts. "Wenn russisches Gas ausbleibt, hätten wir ein erhebliches Problem."
5unternehmen
Die kanadische Regierung will die Lieferung der gewarteten russischen Nord-Stream-1-Turbine nach Deutschland ermöglichen. Der für Bodenschätze zuständige Minister Jonathan Wilkinson kündigte dazu in einer Stellungnahme auf Twitter an, sein Land werde "eine zeitlich begrenzte und widerrufbare Erlaubnis" an Siemens Canada geben. Ohne die nötige Gasversorgung würde die deutsche Wirtschaft sehr leiden und die Deutschen wären möglicherweise nicht in der Lage, im Winter ihre Wohnungen zu heizen. Man wolle dafür sorgen, dass Europa "Zugang zu zuverlässiger und erschwinglicher Energie" habe, während es sich langsam von russischem Öl und Gas löse.Der russische Energiekonzern Gazprom hatte Mitte Juni seine Gaslieferungen nach Deutschland durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 reduziert und auf Verzögerungen bei der Reparatur von Gasverdichtern verwiesen. Der Energietechnikkonzern Siemens Energy hatte daraufhin mitgeteilt, dass eine in Kanada überholte Gasturbine aufgrund der Russland-Sanktionen derzeit nicht aus Montréal zurückgeliefert werden könne. Nun will Kanada die Turbine erst nach Deutschland schicken lassen statt direkt nach Russland. Die Ausnahme von den Sanktionen begründete Wilkinson damit, dass der russische Präsident Wladimir Putin versuche, die Alliierten gegen Russlands Angriffskrieg in der Ukraine mit seiner Energiepolitik zu spalten. "Das können wir nicht zulassen", sagte Wilkinson. Kanada stehe an der Seite der Ukraine und werde weiterhin Sanktionen gegen Moskau verhängen und mit europäischen Staats- und Regierungschefs zusammenarbeiten, um die Abhängigkeit von russischen Gasimporten schnellstmöglich zu beenden und die Energiemärkte zu stabilisieren. Die Bundesregierung zeigte sich erwartungsgemäß erfreut - sie hatte sich in den vergangenen Wochen intensiv um die Freigabe der Turbine bemüht. "Wir begrüßen die Entscheidung unserer kanadischen Freunde und Verbündeten", teilte ein Sprecher der Regierung mit. Das Bundeswirtschaftsministerium würdigte einen "guten und konstruktiven Austausch mit der kanadischen Regierung".Die Kürzung der Gaslieferungen durch Nord Stream 1 hatte zu Notmaßnahmen der Bundesregierung geführt. Sie sorgt sich unter anderem, dass die deutschen Gasspeicher bis zum Herbst nicht ausreichend gefüllt sein könnten, um auch Unternehmen, die auf Gas zur Produktion angewiesen sind, gut durch den Winter zu bringen.Russland hatte vergangenen Freitag angekündigt, im Fall einer Rückkehr seiner reparierten Gasturbine aus Kanada die Energielieferungen durch die gedrosselte Ostseepipeline Nord Stream 1 wieder hochfahren zu wollen. "Wenn die Turbine nach der Reparatur kommt, dann erlaubt das eine Zunahme der Umfänge", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. "Die Frage ist nur, warum das nicht gleich so gemacht wurde." Peskow wies einmal mehr zurück, dass Russland sein Gas als politisches Druckmittel einsetze. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte Russland vorgeworfen, die Gründe für die Drosselung seien vorgeschoben. Am Montag beginnen Wartungsarbeiten an der Nord-Stream-1-Pipeline, die zehn Tage dauern dürften. Wiederholt wurde die Befürchtung geäußert, Russland könnte danach noch weniger Gas oder auch gar keines mehr durch die Pipeline schicken.
0amerika
Durch das 4:0 (2:0) stieß Frankfurt in die obere Tabellenhälfte vor und hat nach dem 5. Spieltag acht Punkte auf dem Konto. Leipzig rutscht nach der zweiten Saisonniederlage auf Rang elf ab und hat bislang fünf Punkte erspielt. Daichi Kamada (16.), Sebastian Rode (22.), Tuta (67.) und Rafael Borré (84., Foulelfmeter) erzielten die Tore."Das ist heute hochverdient verloren gegangen. Wir haben komplett die Basics vermissen lassen, waren im ersten Durchgang gar nicht auf dem Platz", sagte Leipzigs Trainer Domenico Tedesco bei Sky: "Wir waren grottenschlecht, eine Katastrophe." Für die eigenen Ansprüche seien fünf Punkte aus fünf Partien "viel zu wenig", die Spitzengruppe droht früh zu enteilen. Für beide Klubs startet nun die Gruppenphase der Champions League. RB Leipzig trifft am Dienstag (06.09.2022, 21 Uhr) zu Hause auf Schachtar Donezk. Für Eintracht Frankfurt geht es am Mittwoch (18.45 Uhr) zu Hause gegen Sporting Lissabon los.Frankfurt war von Beginn an die bessere Mannschaft. Und der Druck zeigte Wirkung: Bei einem ersten vermeintlichen Treffer befand sich Daichi Kamada im Abseits, wenig später aber zählte ein Treffer von ihm. Mario Götze hob den Ball links in den Strafraum zu Kolo Muani, der den Ball mit dem Kopf von quer spielte, Kamada war am zweiten Pfosten mit dem Kopf zur Stelle (16.).Kapitän Sebastian Rode erhöhte für Frankfurt. Er spielte Kolo Muani rechts an, bekam den Ball zurück, spielte Kampl aus und schloss zehn Metern ab. Leipzigs Torwart Peter Gulácsi war gegen den abgefälschten Schuss ohne Abwehrchance (22.). Leipzig hatte wenig entgegen zu setzen.Leipzig kam nur leicht verbessert aus der Pause. Nach einer Ecke von David Raum landete der Ball bei Christopher Nkunku, der bei einer Direktabnahme aber über das Tor schoss (50.). Frankfurt blieb dem 3:0 näher als Leipzig dem Anschluss. Götze fiel der Ball im Strafraum unverhofft vor die Füße, doch aus 14 Metern schloss er zu zentral ab - Gulácsi hielt (59.).Wenig später lief es besser für die Eintracht: Tuta staubte zum 3:0 ab, nachdem Gulácsi einen Distanzschuss von Götze nach vorne abprallen gelassen hatte (67.). Das 4:0 besorgte Raffael Borré per Foulelfmeter (84.), zuvor hatte Amadou Haidara den Frankfurter Ansgar Knauff gefoult."Es war eine sehr gute Leistung, vor allem defensiv", sagte Frankfurts Trainer Oliver Glasner. "Wir waren hellwach. Es ist ein absolut verdienter Sieg. Die Jungs waren sehr diszipliniert, alle machen in der Defensive 100 Prozent mit. Es war ein sehr schöner Abend für uns." Am 6. Spieltag der Bundesliga tritt RB Leipzig zu Hause im Spitzenspiel gegen Borussia Dortmund an (Samstag, 15.30 Uhr). Zur gleichen Zeit empfängt Eintracht Frankfurt den VfL Wolfsburg.Quelle: sportschau.de
4sportschau
von MDR SACHSEN-ANHALTDer Sachsen-Anhalter Bundestagsabgeordnete Robert Farle ist aus der AfD-Fraktion in Berlin ausgetreten. AfD-Landeschef Martin Reichardt bestätigte MDR SACHSEN-ANHALT am Freitag den Vorgang. Reichardt war bislang Farles Fraktionskollege und ist Chef der Landesgruppe Sachsen-Anhalt. Er sagte, man bedauere den Austritt und hätte die gemeinsame Arbeit gerne weiter fortgesetzt.Farle selbst war für den MDR bislang nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Der Wochenzeitung "Die ZEIT" sagte er aber, er wolle "künftig mehr im Wahlkreis arbeiten können" und mehr Zeit für Demonstrationen haben. Interne Kritik an seiner Person habe bei der Entscheidung keine Rolle gespielt.Dem Vernehmen nach soll der 72-jährige Farle unzufrieden mit seiner Position in der Fraktion gewesen sein. Auch soll ihm diese zu kritisch gegenüber Russland eingestellt gewesen sein. Die AfD-Fraktion fordert zwar die Rücknahme aller Sanktionen, erkennt allgemeinhin aber an, dass Russland völkerrechtswidrig die Ukraine angegriffen hat.Der Vorsitzende von Farles AfD-Kreisverband Mansfeld-Südharz, Rene Meiß, kündigte noch am Freitag an, Ordnungsmaßnahmen gegen Farle verhängen zu wollen. Dieser habe kein Interesse daran gezeigt, "zusammenzustehen und Einigkeit zu demonstrieren", schreibt Meiß in einer Pressemitteilung. Man prüfe zudem ein Parteiausschlussverfahren.Der gelernte Kaufmann und Wirtschaftsprüfer Farle zog 2016 mit der AfD in den Landtag von Sachsen-Anhalt ein. In der Fraktion und im Landesverband galt er trotz seiner Funktion als Parlamentarischer Geschäftsführer später als Quertreiber. Während der Corona-Pandemie sprach er von einer "Corona-Diktatur" und verbreitete wiederholt Verschwörungsglauben.2021 wechselte Farle nach Berlin: Mit 25,1 Prozent der Erststimmen sicherte er sich knapp das Direktmandat im Wahlkreis Mansfeld. Auf die Landesliste seiner Partei hatte es der Politiker zuvor nicht geschafft.Vor seiner Zeit in der AfD engagierte sich Farle in der westdeutschen kommunistischen Partei DKP. In dieser Zeit soll er laut Recherchen von t-online verdeckte Zahlungen der DDR-Staatspartei SED erhalten haben. Farle bestreitet das.  In dieser Wahlperiode ist Farle der dritte Abgeordnete, der die AfD-Fraktion verlässt. Zwischen 2017 und 2021 hatten insgesamt sieben Abgeordnete die damalige Fraktion verlassen oder waren ihr erst gar nicht beigetreten.
3innenpolitik
Die Inflationsrate liegt bei 7,5 Prozent - so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Und die Heizkosten dürften viele Haushalte in den kommenden Monaten zusätzlich stark belasten. Die Bundesregierung hat seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine bereits zwei Entlastungspakete geschnürt - in Höhe von rund 30 Milliarden Euro. Und laut Bundeskanzler Olaf Scholz will die Ampelkoalition schon sehr bald ein drittes Entlastungspaket vereinbaren. Bislang liegen die Koalitionspartner aber teilweise noch sehr weit auseinander mit ihren Vorschlägen. Ein Überblick, welche Vorschläge im Raum stehen:Die ab Oktober geplante Gasumlage sorgt schon jetzt bei vielen Bürgerinnen und Bürgern für Unmut. Die Koalitionsparteien haben zwar unisono betont, dass sie am liebsten darauf verzichten würden, die Umlage mit der Mehrwertsteuer zu belasten. Aber das ist europarechtlich nicht möglich - worauf die EU-Kommission verwiesen hat. Am Donnerstag kündigte Scholz bei einem kurzfristig anberaumten Statement an, dass befristet bis zum 31. März 2024 für Gasverbrauch der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent gelten soll. Das habe die Bundesregierung entschieden. Dadurch würden die Belastungen durch die Gasumlage mehr als ausgeglichen. Die Gerechtigkeitsfrage sei entscheidend, so Scholz, damit das Land in dieser Krise zusammenbleibe. Es gibt aber auch Kritik: Aus Sicht von DIW-Chef Marcel Fratzscher ist die Maßnahme nicht zielgenau. Besser wären aus seiner Sicht direkte Transferzahlungen an Bedürftige. Der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, erwartet immerhin, dass die Inflation etwas gedämpft werde. Allerdings gebe es durch die Mehrwertsteuersenkung auch weniger Anreiz zum Gassparen.Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat vor gut einer Woche die Eckpunkte vorgestellt. Es geht darum, Inflationsgewinne des Staates an die Steuerzahler zurückzugeben. Dafür soll die "Kalte Progression" ausgeglichen werden. Wenn Arbeitnehmer eine Gehaltsanhebung in Höhe der Inflationsrate bekommen, stehen sie trotzdem schlechter da als vorher, weil sie in einen höheren Steuertarif rutschen. Lindner will die Steuertarife entsprechend nach oben anpassen. 48 Millionen Menschen würden davon profitieren, so Lindner.Insbesondere die Grünen äußern deutliche Kritik. Denn nach Lindners Plan gilt: Je mehr Steuern man abführt, desto mehr soll man auch - in Euro gerechnet - vom Inflationsausgleich profitieren. Wer 20.000 Euro versteuern muss, erhält 115 Euro. Wer 60.000 Euro versteuern muss, bekommt 471 Euro. Für noch höhere Einkommen gilt eine Deckelung. Die Grünen fordern, insbesondere Geringverdiener und Bezieher von Transferzahlungen bei den Entlastungen in den Blick zu nehmen. Die SPD lehnt Lindners Entwurf nicht grundlegend ab, sieht aber noch Anpassungsbedarf.Rund 650.000 Haushalte beziehen Wohngeld. Den Mietzuschuss beantragen können Menschen, die arbeiten, aber davon kaum leben können. Wer Grundsicherung bezieht, hat dagegen keinen Anspruch auf Wohngeld. Aus Sicht der Koalitionsparteien ist der Wohngeldbezug ein guter Indikator dafür, welche Arbeitnehmer Hilfen benötigen. Der Mietzuschuss soll zum einen angehoben werden, zum anderen gibt es Überlegungen, den Kreis der Anspruchsberechtigten auszuweiten. Außerdem wird über einen einmaligen Heizkostenzuschuss gesprochen, um Geringverdiener im Winter zu unterstützen. Zuständig ist in erster Linie Bauministerin Klara Geywitz (SPD), deren Haus an konkreten Plänen arbeitet. Die FDP verweist darauf, dass zusätzliche Ausgaben beim Wohngeld an anderer Stelle im Bundeshaushalt für 2023 ausgeglichen werden müssten. Denn nach wie vor gilt: Die Schuldenbremse soll im kommenden Jahr wieder eingehalten werden. Die sieht laut Grundgesetz nur eine sehr begrenzte Kreditaufnahme vor und ist pandemiebedingt seit drei Jahren ausgesetzt.Das Bürgergeld soll das Hartz-IV-System ablösen. Das haben die Ampelparteien bereits im Koalitionsvertrag vereinbart. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) arbeitet derzeit an den Details des Bürgergeldes. Ein erster Referentenentwurf seines Ministeriums liegt vor. Die bisherigen Bezieher von Grundsicherung sollen ab Januar Bürgergeld erhalten. Laut Entwurf wird die Grenze für das Schonvermögen angehoben, Leistungskürzungen bei sogenannten Pflichtverletzungen sollen später als bislang möglich sein. Die Zuverdienstgrenzen werden erhöht.Der Entwurf lässt aber eine der wichtigsten Fragen noch offen: Wie hoch soll das Bürgergeld ausfallen? SPD und Grüne drängen darauf, die Zahlungen im Vergleich zu den gegenwärtigen Hartz-IV-Sätzen deutlich anzuheben. Auch hier bremst die FDP mit Verweis auf die Schuldenbremse.Insbesondere bei den Grünen gibt es Sympathien für einen Vorschlag, den vor allem die Gewerkschaften ins Spiel gebracht haben: Haushalte sollten zu einem günstigen Garantiepreis eine Sockelmenge an Gas bekommen. Der Staat müsste für die Differenz zum Marktpreis aufkommen. Und wer mehr verbraucht als die Sockelmenge, zahlt alles aus eigener Tasche. Allerdings heißt es von Koalitionspolitikern, dass die konkrete Umsetzung sehr schwierig und im Zweifelsfall sehr kostspielig sei. Denn von einem Deckel für alle würden auch Haushalte profitieren, die über sehr gute Einkommen verfügen. Und derzeit sei unklar, wie hoch die Marktpreise tatsächlich ansteigen. Zudem hänge der Verbrauch auch stark mit der Substanz des Gebäudes zusammen. Die Hilfe würde daher sehr unterschiedlich wirken - je nach Wohnung. Dass ein Gaspreisdeckel kommt, ist derzeit nicht besonders wahrscheinlich. Bundeskanzler Scholz strebt ein Gesamtpaket an, das in den nächsten Wochen verabredet werden soll. Nach den Erfahrungen der ersten beiden Pakete müssen sich alle drei Ampelparteien in dem Konzept wiederfinden. Bei den derzeitigen Gesprächen soll auch eine Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket eine Rolle spielen. Und SPD und Grüne drängen immer wieder darauf, eine Übergewinnsteuer für Energiekonzerne einzuführen, damit der Staat mehr einnimmt. Ein konkretes Konzept dafür haben sie bislang aber nicht vorgelegt. Die FDP lehnt die Idee ab. Eine zentrale Frage wird am Ende aber sein, wie viel das dritte Entlastungspaket kosten soll. Dies hat dann auch Bedeutung für die angestrebte Schuldenbremse im kommenden Jahr.
3innenpolitik
Von Raja Kraus, ARD-HauptstadtstudioDie Ampelregierung hat ein Problem: Sie wird getrieben von den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine. "Die neue Regierung wollte mit einem Programm anfangen, das sie jetzt gar nicht durchführen kann", sagt der Politikwissenschaftler und emeritierte Hochschullehrer der Freien Universität Berlin, Nils Diederich. Viele Positionen aus dem ohnehin nicht ganz einfachen Dreier-Bündnis müssen also noch einmal neu verhandelt werden.Von einer "Zeitenwende" hat Olaf Scholz gesprochen und damit die jahrelange Russland-Politik der Sozialdemokraten in Frage gestellt. Diederich, der selbst SPD-Mitglied ist, sagt: "Das Handeln Putins hat eben tatsächlich dort die Situation völlig verändert." Weg von der russlandfreundlichen Politik, hin zu Waffenlieferungen. Die SPD vollziehe einen Wandel - nur eben etwas leiser als andere Parteien. Die Sozialdemokraten wüssten sich aber auf eine veränderte Situation einzustellen. Und Diederich glaubt sogar, dass die Kanzler-Partei irgendwann von dieser Haltung profitieren könnte. Dann nämlich, wenn sich die Wirtschaftslage in Deutschland stabilisiert und die Wähler einen zurückhaltenderen Politikstil goutieren könnten: "Die Zurückhaltung des Kanzlers könnte sich mittelfristig als eine sehr weise Position zeigen." Die Zurückhaltung der SPD könnte aber auch an der Ampel-Konstellation liegen. Da sich Grüne und SPD inhaltlich näher sind, müsse die SPD als großer Koalitionspartner darauf achten, dass die FDP nicht zu kurz kommt: "Wenn die FDP nicht wahrgenommen wird und in der Wählergunst sinkt, besteht für Scholz die Gefahr, dass die FDP die Koalition verlässt", schätzt Eric Linhart, Professor für Politische Systeme an der Technischen Universität Chemnitz, die Situation ein. So komme die SPD auch in eine Vermittlerrolle.Trotzdem muss auch die SPD weiter ihre eigenen Themen setzen. Das versucht sie momentan vor allem bei der Sozialpolitik, Stichwort Bürgergeld. Nur könne sie bei der Umsetzung weniger forsch auftreten als die kleinen Koalitionspartner: "Denn ihre Aufgabe als Kanzlerpartei ist es auch, die Koalition zusammenzuhalten", so Linhart.Vor allem die Grünen fallen mit ihrem Pragmatismus und der Abkehr von alten Grundsätzen auf. "Die Ukraine braucht jetzt schwere Waffen" - ein Satz von Außenministerin Annalena Baerbock, der noch vor einem Jahr undenkbar gewesen wäre. Heute dagegen scheint bei den Grünen ziemlich vieles denkbar: Kohlestrom, vielleicht sogar doch noch etwas länger Atomkraft? Man sehe gerade die Wende der Grünen von einer grundsätzlich idealistisch-fundamentalistisch eingestellten Bewegung hin zu einer praktisch orientierten Partei, so Politikwissenschaftler Diederich. Der Pragmatismus eines Robert Habeck - schon vor der Regierungsverantwortung und dem Krieg in der Ukraine kam das bei der neugewonnenen Wählerschaft an, sagt Parteienforscher Linhart. Seit einigen Jahren zeigten sich die Grünen pragmatischer und offener, zum Beispiel mit Blick auf schwarz-grüne Bündnisse: "Die Grünen haben mit einem gewissen Pragmatismus Wahlerfolge gefeiert, von daher haben sie einen Anreiz, diesen Weg weiterzugehen."Linhart hält auch die von den Grünen geforderten und unterstützen Waffenlieferungen für die Ukraine aus heutiger Sicht für eine nicht mehr allzu große Abkehr von alten Grundsätzen. Er erinnert an die Auslandseinsätze der Bundeswehr unter dem damaligen Grünen-Außenminister Joschka Fischer. Ein aus Linharts Sicht wirklich einschneidender und schwieriger Wandel für die Partei wäre dagegen der Ausstieg vom Atomausstieg. Hier sei der Kern der Grünen betroffen: "Hier eine Abkehr von Grundsätzen zu vollziehen, das würde für die Partei extrem schwierig werden."Während die Grünen durch ihr pragmatisches und flexibles Handeln auffallen, scheint für die FDP das Gegenteil zu gelten. Beispiel Tempolimit: Noch immer hält die Partei daran fest. Finanzminister Christian Lindner betont immer wieder, dass ein Tempolimit nicht nötig sei. Die steigenden Spritpreise sorgten ohnehin schon dafür, dass die Menschen ihr Verhalten also ihre Fahrweise änderten. Der Berliner Parteienforscher Diederich kann sich dagegen schon vorstellen, dass die FDP das Tempolimit doch noch fallen lässt. Und auch bei der Schuldenbremse, an der Lindner festhält, gebe es - wie schon beim Sondervermögen für die Rüstung - Möglichkeiten, diese gesichtswahrend zu umgehen. "Da wird auch Herr Lindner geschickt genug sein, um entsprechende Angebote zu machen", ist sich Diederich sicher.Der Politikwissenschaftler Linhart sieht die FDP in der Ampel in einem Dilemma: "Sie kann sich nicht einfach der rot-grünen Position anschließen, insbesondere nicht, wenn sie damit im Widerspruch zu ihrem ursprünglichem Wahlprogramm stehen würde." Denn die FDP müsse sichtbar bleiben, was als kleinste Regierungspartei und als einzige, die eher rechts der Mitte steht, nicht einfach sei. Und für das Verhalten in einer Ampel auf Bundesebene gibt es bei der FDP schlicht noch keine Erfahrungswerte. Es wäre also ein Risiko, Stimmen in der Stammwählerschaft zu verlieren. "Und die Frage ist, ob sie umgekehrt Wähler aus anderen Schichten dazugewinnen würde mit einem pragmatischen Kurs", sagt Linhart. Denn was bei der Wählerschaft der Grünen gut ankommt, wird bei der Wählerschaft der FDP möglicherweise abgestraft.
3innenpolitik
Beim Blick auf die Kosten für die Uniper-Rettung kann einem ganz schwindlig werden: Achteinhalb Milliarden Euro lässt sich der Bund die fast vollständige Übernahme des Energiekonzerns kosten. Weitere acht Milliarden sind notwendig, um Darlehen und Garantien des bisherigen Hauptaktionärs Fortum abzulösen. Schon im Juli hatte der Bund milliardenschwere Kredithilfen über die staatliche KfW-Bank zugesagt, die nach Angaben von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zum größten Teil bereits gebraucht wurden. In der Summe kostet die Uniper-Rettung den Bund fast 30 Milliarden Euro. Das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange. Denn um Uniper wieder auf die Beine zu bringen, müssen die künftigen Verluste aus dem Gasgeschäft abgefedert werden. Dafür ist eigentlich die Gasumlage gedacht. Sie wurde von Habeck ins Spiel gebracht, nachdem sich der ursprüngliche Plan, höhere Preise direkt an die jeweiligen Kunden weiterzugeben, als schwierig erwiesen hatte. Der Gedanke der Gasumlage: die Verluste, die die großen Gasimporteure wegen der ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland machen, sollen auf alle Gaskunden verteilt werden. So vernünftig der Gedanke klang - bei den Details tauchten mehr und mehr Probleme auf, die Stichworte: Mehrwertsteuer, Fernwärmekunden, Festnetzverträge, Trittbrettfahrer. Je komplizierter die Details, umso schwieriger wurde die Kommunikation, was sich insbesondere in den Differenzen zwischen dem von Habeck geführten Wirtschafts- und Klimaministerium und dem von FDP-Chef Christian Lindner geführten Finanzministerium zeigt.Beispiel Mehrwertsteuer: Nach Vorstellung von Habeck sollte sich Lindner darum kümmern, dass die Gasumlage von der Mehrwertsteuer befreit wird. Das aber sei in dem von Habeck gewählten Umlagemodell gar nicht möglich, so die Antwort aus dem Finanzministerium. Als Kompromiss wurde eine allgemeine Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas in Aussicht gestellt, die in dieser Woche im Bundestag behandelt wird. Eine solche Entlastung hilft zwar Privathaushalten - aber nicht der Wirtschaft, die massiv unter den gestiegenen Energiepreisen ächzt. Dann werden aus dem Wirtschaftsministerium rechtliche Bedenken laut: Eine komplette Verstaatlichung von Uniper hätte womöglich zur Folge, dass Uniper dann keine Einnahmen mehr aus der Gasumlage erhält. Die Prüfung dieser rechtlichen Frage liege im Finanzministerium, sagt Habeck bei der Pressekonferenz am Mittwochmorgen. Nur wenig später folgt die Replik von Lindner: Die Prüfung sei abgeschlossen, die Gasumlage könne auch im Fall der nun angekündigten Verstaatlichung von Uniper gezahlt werden. Gute Regierungskommunikation?Dass Habeck versucht, die Gasumlage loszuwerden, ist verständlich. Die Diskussionen über die schwierigen Details haben sein Image deutlich angekratzt. Doch die Ankündigung, die Gasumlage nun auf den Weg zu bringen und diese gleichzeitig zu hinterfragen, sorgt für neue Irritationen.Das Problem - und darauf hat Habeck zurecht hingewiesen: Wenn der Staat auf die Einnahmen aus der Gasumlage verzichtet, müssen die Verluste der Gasimporteure auf andere Weise ausgeglichen werden. Der Vorschlag des Düsseldorfer Ökonomen Jens Südekum, die Milliarden aus dem Bundeshaushalt zu nehmen, dürfte wiederum Finanzminister Lindner gar nicht gefallen. Und die Überlegung von SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch, so genannte Übergewinne im Stromsektor abzuschöpfen, um die Umlage zu ersetzen, könnte schnell an Grenzen stoßen: nicht nur, dass es eine solche Abschöpfung noch gar nicht gibt - die erhofften Einnahmen sind eigentlich für die Entlastung der Stromkunden vorgesehen. Mehr als einmal lässt sich das Geld aber nicht verteilen.Die Diskussion um die milliardenschwere Rettung von Uniper und die Frage, wie es mit der ungeliebten Gasumlage weitergeht, deuten letztlich auf ein tiefer liegendes Problem: Deutschland wird aufgrund der Energiekrise ärmer. Nach Berechnungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft wird die deutsche Energieimportrechnung in diesem Jahr voraussichtlich um 123 Milliarden Euro steigen, im kommenden Jahr um weitere 136 Milliarden Euro. Diese Milliarden wandern ins Ausland und fehlen Verbrauchern, Unternehmen und dem Staat. Die großen Herausforderungen der kommenden Wochen werden sein, die Kosten dafür zu verteilen - und zugleich die Energieversorgung zu sichern. Dazu gehört nicht nur die Rettung von Uniper, sondern vor allem ein höheres Angebot. Viel zu lange hat das Wirtschaftsministerium von Habeck vor allem auf Einspareffekte gesetzt. Doch Einsparungen bei der Wirtschaft bedeuten nichts anderes als Produktionskürzungen.
3innenpolitik
Cort Nielsen siegte am Dienstag (12.07.2022) nach 148,1 Kilometern durch die Alpen von Morzine les Portes du Soleil nach Megève in einem Kopf-an-Kopf-Finish vor dem Australier Nicholas Schultz. Der Däne feierte damit seinen zweiten Etappensieg auf der Tour. Spaniens Routinier Luis Leon Sanchez, der die Ausreißergruppe kurz vor dem Ziel angeführt hatte, wurde am Ende Dritter. Lennard Kämna kam als Zehnter ins Ziel und durfte zunächst auf das Gelbe Trikot hoffen, doch Tadej Pogacar rettete am Ende einen Vorsprung von elf Sekunden in der Gesamtwertung. Kämna liegt nun auf Platz zwei im Klassement, Simon Geschke fährt weiter im Bergtrikot."Ich hatte das Gefühl, dass jeder gegen mich fährt. Es hat keinen Spaß in der Spitzengruppe gemacht. Am Ende habe ich alles gefahren, was ich hatte", sagte Kämna am ARD-Mikrofon. "Das Ziel war, mit Lenny die Etappe zu gewinnen", verriet Bora-Sportdirektor Torsten Schmidt nach dem Rennen. "Aber als die Lücke so groß war, hatten wir die Chance auf Gelb. Es ist schade, dass es so knapp nicht geklappt hat."Am Ende hatte der Bora-hansgrohe-Fahrer 22 Sekunden Rückstand auf Tagessieger Cort Nielsen. Der Deutsche Georg Zimmermann vom Team Intermarché belegte Platz sechs und erzielte damit sein bestes Ergebnis bei der Tour. Nach einer erwartet unruhigen Anfangsphase bei der zweiten Alpenetappe dauerte es knappe 65 Kilometer, bis sich eine Fluchtgruppe bildete. Und die ließ sich Kämna nicht entgehen. Die Gruppe fuhr in der Spitze über neun Minuten auf das Hauptfeld um den bisherigen Dominator Pogacar heraus. Im packenden, über 21 km langen Anstieg hinauf nach Megève schwanden bei Kämna sichtlich die Kräfte, das spannende Finale verfolgte er nur noch aus der Distanz.Aufregung gab es rund 37 km vor dem Ziel, als das Rennen wegen einer Protestaktion auf der Strecke unterbrochen werden musste. Mehrere Personen saßen auf der Straße und zündeten unter anderem bengalische Feuer.Bei den Protestierenden handelte es sich um neun Personen einer Umweltschutzbewegung ("derniere generation"), die sich unter anderem gegen Lebensmittelverschwendung einsetzt. Nach etwa zehn Minuten war die Strecke wieder frei, die Etappe wurde mit den zuvor bestehenden zeitlichen Abständen fortgesetzt.Die elfte Etappe führt die Fahrer am Mittwoch über 157 Kilometer von Albertville nach Col du Granon Serre, mit gleich zwei Bergen der höchsten Kategorie: Dem Col du Galibier und den Schlussanstieg auf den Col du Granon, der erstmals seit 36 Jahren wieder im Tour-Programm ist. Damals verlor Bernard Hinault auf dem 2.413 Meter hohen Berg sein Gelbes Trikot an Greg LeMond.Quelle: sportschau.de
4sportschau
Bei schweren Unfällen sind in der Türkei mindestens 35 Menschen getötet worden. Zunächst waren in der Provinz Gaziantep bei einem Unfall mit mehreren Fahrzeugen mindestens 16 Menschen getötet und 22 verletzt worden. Wie der Gouverneur der Provinz, Davut Gül, mitteilte, sind unter den Toten Feuerwehrleute, medizinisches Personal und zwei Journalisten. Die Rettungskräfte und offenbar auch die Journalisten wollten bei einem Unfall Hilfe leisten, als sich ein herannahender Bus überschlug und in einen Krankenwagen sowie einen Übertragungswagen rutschte.Der Unfall ereignete sich auf der Autobahn zwischen Gaziantep und Nizip im Süden der Türkei. Auf Fernsehbildern waren der auf der Seite liegende Bus sowie ein schwer beschädigter Krankenwagen und diverse Trümmerteile zu sehen. Stunden später verlor ein Lkw-Fahrer in Mardin, ebenfalls im Süden der Türkei unweit der Grenze zu Syrien, die Kontrolle über seinen Laster und raste in eine Menschenmenge. 19 Menschen wurden dabei getötet, 29 weitere verletzt, erklärte der türkische Gesundheitsminister Fahrettin Koca. Im vergangenen Jahr kamen in der Türkei nach Angaben der Regierung etwa 5400 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben.
1asien
Nun also doch keine Impfpflicht für den Besuch von Museen, Büchereien, Fitnessstudios, Kinos und Konzerten in Peking. Die Behörden haben der ARD bestätigt, dass die Bewohner der chinesischen Hauptstadt weiterhin nur mit einem negativen PCR-Test und einem grünen Code in der Corona-App öffentliche Gebäude und Veranstaltungen besuchen können. Möglicherweise reagierten die Behörden darauf, dass viele Menschen im Internet ihren Unmut über die Pläne geäußert hatten - ein ungewöhnlicher Rückzieher in der autoritär regierten Volksrepublik, wo keine Meinungsfreiheit herrscht.Die ursprüngliche Ankündigung, dass nur noch geimpfte Bürgerinnen und Bürger bestimmte Orte in Peking betreten dürfen, war ein Novum in der Volksrepublik. Das Land hatte bislang weitgehend auf freiwillige Impfungen gesetzt. In China sind nur heimische Covid-19-Impfstoffe wie Sinopharm und Sinovac zugelassen. Diese schützen zwar vor schweren Verläufen und Tod - aber nicht so gut wie mRNA-Impfstoffe wie die von BioNTech oder Moderna. Ein großes Problem in China: Millionen alte Menschen sind weiterhin nicht geimpft, die vulnerabelste Gruppe. Bei den jüngsten Ausbrüchen im Land starben fast ausschließlich alte, ungeimpfte Menschen. China versucht seit mehr als zwei Jahren, mit geschlossenen Grenzen, Reiseverboten, Massentests, Zwangsisolationen und harten Lockdowns bei kleinsten Ausbrüchen die Fallzahlen niedrig zu halten. Angesichts neuer hochansteckender Omikron-Varianten des Coronavirus ist das aber deutlich schwieriger als zu Beginn der Pandemie.Die mehr als 25 Millionen Menschen in der Wirtschaftsmetropole Shanghai durften im April und Mai ihre Wohnungen nicht verlassen. Nach dem Ende der Ausgangsbeschränkungen Anfang Juni sind die Zahlen in der Stadt zuletzt wieder gestiegen, immer mehr Wohnsiedlungen befinden sich inzwischen wieder im Lockdown. Es gibt weitere Massentests. Die Menschen in Shanghai befürchten, dass bald noch mehr Einwohner von den harten Einschränkungen betroffen sein könnten.
1asien
Was mit der dramatischen Evakuierungsmission im Sommer 2021 in Kabul endete, hatte seinen Anfang 2001: Deutschland beteiligte sich am internationalen Einsatz gegen den islamistischen Terrorismus in Afghanistan. In knapp 20 Jahren wurden dort etwa 160.000 deutsche Soldatinnen und Soldaten eingesetzt. 59 von ihnen kamen ums Leben. Doch seit dem Rückzug der Amerikaner, der internationalen Truppen und der Rückkehr der Taliban im vergangenen Jahr stand das Engagement infrage. Tausende Menschen sind seitdem aus Afghanistan geflohen. Einige haben dabei ihr Leben verloren, andere mussten wieder zurückkehren oder hatten gar keine Chance, aus dem Land herauszukommen. Vor allem für die Frauen hat sich viel verändert, ihre Rechte sind immer mehr eingeschränkt worden. "Schleichend zum Tode verurteilt" - so hat Amnesty International eine Studie zu den Rechten der Frauen in Afghanistan genannt. Frauen und Mädchen würde in fast allen Lebensbereichen diskriminiert, und ihr Protest dagegen werde gewaltsam unterdrückt, schreibt die Menschenrechtsorganisation. Schulen und Universitäten können sie nicht besuchen. Die Zahl der Kinderehen, Früh- und Zwangsverheiratungen ist stark angestiegen. Es gibt offenkundig einiges aufzuarbeiten.Gleich zwei Gremien wollen damit diese Woche beginnen. Heute trifft sich das eine davon zum ersten Mal: die Enquetekommission "Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands". Ihr gehören zwölf Bundestagsabgeordnete der unterschiedlichen Fraktionen an. Hinzu kommen zwölf von den Fraktionen benannte Sachverständige - mit dabei sind unter anderen General a. D. Egon Ramms oder die Politikwissenschaftler Ursula Schröder und Carlo Masala. Den Vorsitz übernimmt der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Müller. "Es ist vieles nicht gelungen", resümierte er gleich nach der ersten Sitzung der Kommission. Dauerhafte Sicherheit und Stabilität habe das Bundeswehr-Engagement nicht gebracht. In vielen Bereichen sei die Situation heute wieder wie vor 20 Jahren. "Waren die Aufträge für den Einsatz klar genug? Waren Bundeswehr und zivile Kräfte ausreichend unterstützt und ausgestattet?" Auf diese Fragen will Müller mit der Kommission Antworten finden. Es geht also ums große Ganze, vor allem um daraus Lehren für künftige Einsätze zu ziehen - wie es ihr Name selbst sagt. Das unterscheidet die Enquetekommission wohl am meisten von dem anderen Gremium, das am Donnerstag seine Arbeit beginnen wird: dem Untersuchungsausschuss zum überstürzten Afghanistan-Abzug der Bundeswehr und ihrer Verbündeten. Darin finden sich ausschließlich Bundestagsabgeordnete. Die Anzahl bemisst sich an der Größe der Fraktionen. Sie blicken weniger voraus, sondern hauptsächlich zurück. Es geht unter anderem darum, herauszufinden, warum die Geschwindigkeit der Rückeroberung durch die Taliban so unterschätzt worden ist. Gab es genügend Notfallpläne?Geklärt werden soll auch die Frage, wie es dazu kam, dass zahlreiche afghanische Ortskräfte, die für die Bundeswehr und andere deutsche Institutionen gearbeitet hatten, zurückgelassen wurden. Von den 20 Jahren Afghanistan-Einsatz wie bei der Enquetekommission sind hier nur die letzten eineinhalb Jahre im Fokus. Und es gibt weitere Unterschiede: Während die Enquetekommission ehemals Verantwortliche lediglich zu Befragungen einladen kann, hat der Untersuchungsausschuss weitreichendere Befugnisse. Die Mitglieder haben das Recht zu erzwingen, dass Zeugen und Sachverständige vor dem Ausschuss erscheinen und aussagen. Außerdem dürfen sie Akten und Schriftstücke anfordern, sogar Gerichte und Verwaltungsbehörden sind zur Rechts- und Amtshilfe verpflichtet. Im Untersuchungsauftrag ist für den Ausschuss kein konkretes Enddatum genannt. Meist nutzen die Parlamentarier die gesamte Legislatur, je nach Anzahl der einzusehenden Akten oder zu vernehmenden Zeugen.Die heute eingesetzte Enquetekommission dagegen soll dem Bundestag eigentlich spätestens nach der Sommerpause 2024 einen Abschlussbericht vorlegen. Auch wenn einige Mitglieder eher hoffen, dass sie es überhaupt schaffen, noch in dieser Legislatur einen Bericht fertigzustellen.
3innenpolitik
Irgendwie sind die Zeiten doch ziemlich anders geworden für die Bewegung "Fridays for Future" in Deutschland: Die Grünen, vor ihrer Regierungsbeteiligung erwünschte Unterstützer, rufen zwar auf zum Klimastreik am 23. September mit ihrem Ziel "eine klimaneutrale Gesellschaft". Aber diesmal ernten sie unter ihrem Aufruf im digitalen Netzwerk Twitter prompt eine verbale Ohrfeige von "Fridays for Future Germany": "Wir demonstrieren am Freitag auch gegen eure Politik!"Nach der Bundestagswahl hätte man noch denken können, "Fridays for Future" habe ihren Sinn und Zweck erfüllt und sich damit selbst überflüssig gemacht. Denn die Grünen, eine Partei, die schon lange für mehr Klimaschutz kämpft, kam zum ersten Mal seit 16 Jahren wieder an die Regierung. Dies ist zweifellos auch ein Erfolg der Bewegung "Fridays for Future", so sieht man es auch bei den Grünen. Denn die Partei profitierte von der Aufmerksamkeitswelle, die Zehntausende Schülerinnen und Schüler für den Klimaschutz schuf."Wir sind jetzt in einer neuen Phase", sagt Luisa Neubauer, Aktivistin bei "Fridays for Future", im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio. Vor drei Jahren seien sie noch auf die Straße gegangen, um die Große Koalition zu überzeugen, "wenigstens mal Klimaschutz zu flüstern". Inzwischen mit - mit den Grünen an der Regierung - würde sich die Ampelkoalition gegenseitig blockieren und in eine "fossile Renaissance" zurückfallen.Die Ampelkoalition gerät tatsächlich seit dem russischen Angriff auf die Ukraine und der damit ausgelösten Energiekrise zunehmend in die Kritik auch von Klimaforschenden zu wenig zu tun. Und schwupps - entsteht dadurch erneut eine stärkere Legitimation für die klimastreikende Jugend: "Die Bewegung hat jetzt auch eine Funktion als außerparlamentarische Opposition, denn Klimaschutz fällt in der aktuellen Politik ja doch ziemlich hinten runter" - das sagt Brigitte Knopf, die als Klimawissenschaftlerin in dem vom Bundestag eingesetzten "Expertenrat für Klimafragen" sitzt.Die Physikerin schreibt "Fridays for Future" auch für die vergangenen Jahre seit ihrer Gründung 2018 und der Riesendemo 2019 eine große Wirkung zu: "Ich glaube, dass diese Bewegung einen riesigen Einfluss auf die Klimaschutz-Debatte gehabt hat. Wir Klimaforscher dachten lange, steter Tropfen höhlt den Stein, aber die Politik reagierte viel zu langsam." "Fridays for Future" habe das Thema auf die Straße gebracht und von der Jugend wurde es zu den Eltern an die Abendbrottische der Familien gebracht.Eigentlich, überlegt Klimaaktivistin Neubauer, müsse die Bundesregierung eine Instanz haben, die sich wirklich für Klimaschutz verantwortlich fühle - und auch die Macht habe, die "fossilen Vorhaben von Scholz, Lindner und Co. auch mal zu stoppen". Doch wie es eine solche nicht gebe, "müssen wir diese Instanz sein, deswegen gehen wir auf die Straße." Da schwingt eine Menge Ernüchterung über die Regierungsbeteiligung der Grünen zwischen den Zeilen mit. Zwar konzentriert sich die Bewegung derzeit in ihren Aufrufen und Plakaten zum Klimastreik eher auf den "fossilen Kanzler Scholz" und greift die Grünen nicht direkt an.Und doch werden sie von ihr nun mitverantwortlich gemacht, den Klimaschutz zu vernachlässigen. Öffentlichkeitswirksam forderte Neubauer im Namen von "Fridays for Future" ein eigenes "Sondervermögen" von 100 Milliarden Euro für den Klimaschutz, analog zum im Ukraine-Krieg von der Scholz-Regierung ins Leben gerufenen Sondervermögen für die Bundeswehr. Eine Forderung, die auch Marcel Fratzscher, der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, öffentlich unterstützt. Das zeigt: "Fridays for Future" wird als politischer Akteur ernst genommen. Bei so viel Gegenwind kann die Ökopartei wie ein Schwächling innerhalb der Regierung wirken - das könnte bei der nächsten Wahl Stimmen enttäuschter Klimaschützer kosten.Doch die Grünen reagieren trotzdem mit Sympathie auf den anhaltenden den Druck von der Straße, der längst über die Jugend und die sehr früh mitunterstützenden "Scientists for Future" hinausgeht. Inzwischen rufen viele weitere gleichgesinnte Gruppen wie Pädagogen, Psychologen oder Azubis mit dem Titel "… for Future" mit zum Streik auf. "Ich bin froh um die Klimabewegung, dass wir von progressiver Seite diese Forderungen haben, wie zum Beispiel die nach 100 Milliarden für den Klimaschutz", sagt die grüne Bundestagsabgeordnete Lisa Badum im Gespräch mit tagesschau.de. Jede Regierung brauche gesellschaftliche Bewegungen, die sie trügen und auch Handlungsdruck aufbauten: "Weil wir gerade eine Diskussion um Energiepolitik haben, wo es aber öffentlich sehr wenig um Klimapolitik geht", sagt Badum, die von der Fraktion als Obfrau in den Auschuss für Klimaschutz entsandt ist.Auch wenn bei der ersten großen globalen Klimastreik in diesem Jahr für Deutschland nicht mit den Rekordzahlen gerechnet wird, die "Fridays for Future" gemeinsam mit einem großen mitunterstützenden Aktionsbündnis vor der Pandemie 2019 mobilisieren konnte: Der Bewegungsforscher und Politologe Sebastian Haunss schätzt "Fridays for Future" weiterhin als etablierte neue soziale Bewegung ein: "Sie adressiert eine unglaublich wichtige Fragestellung getragen von hoher Relevanz und gesellschaftlicher Akzeptanz". Letztendlich werde aber für den weiteren Erfolg entscheidend sein, ob es weiterhin zu Massenprotesten kommt. Dies wirke auf Politik, gesehen habe man das an der Anti-AKW-Bewegung, die über viele Jahre mobilisieren konnte. Der Politologe Wolfgang Kraushaar ist da skeptischer: "Man kann nicht darauf vertrauen, dass es möglich ist, die Mobilisierungsfähigkeit über Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg aufrechtzuerhalten." Angesichts des langen Andauerns der Klimakrise sei eine Kooperation mit politisch gewichtigen Partnern auf nationaler wie auf internationaler Ebene unabdingbar. "Dass es den Input durch Greta Thunberg und 'Fridays for Future' gegeben hat, ist großartig, aber bei weitem nicht ausreichend."
3innenpolitik
Dick Wadhams war jahrelang Parteichef der Republikaner in Colorado. Der 66-Jährige hat Donald Trump zweimal gewählt und findet bis heute: ein sehr guter Präsident. Trotzdem sagt er: "Mich schaudert bei dem Gedanken, dass Trump demnächst seine Kandidatur erklären könnte!" Wie Trump sich seit der verlorenen Wahl verhalten habe, vor allem seit den 6. Januar 2021, das sei "widerwärtig", sagt Wadhams.So zuwider der Gedanke dem Republikaner auch sein mag: Wadhams ist überzeugt, dass Trump seine Kandidatur schon sehr bald erklären wird - und er ist damit nicht allein: US-Medien berichten, Trump habe seinen engsten Beratern erklärt, er sei kurz davor und könne das auch ohne größere Vorankündigung über sein soziales Netzwerk "Truth Social" tun. Der Ex-Präsident wolle so von den ständig neuen negativen Enthüllungen der Untersuchungskommission zum 6. Januar ablenken - und andere potenzielle Kandidaten ausbremsen, sagt Politologe Darrell West von der liberalen Denkfabrik Brookings. Trump wisse, dass einige prominente Republikaner eine Kandidatur erwägen. Er wolle "einen Pflock einschlagen und sagen: 'Wenn ihr die Nominierung wollt, müsst ihr erstmal an mir vorbei.' Und er ist eine gewaltige Hürde."Noch ist Trumps innerparteilicher Rückhalt groß: 80 Prozent Zustimmungsrate, mehr als 60 Prozent der Republikaner glauben seine Lüge von der "gestohlenen Wahl". Und in Umfragen liegt der Ex-Präsident deutlich vor potenziellen Gegenkandidaten wie Floridas Gouverneur Ron De Santis oder Ex-Vize Mike Pence.Politologe West stammt aus einem ländlichen Landkreis in Ohio, hat dort noch viele Freunde. 78 Prozent der Menschen in seinem Heimat-County haben 2020 Trump gewählt. Aber jetzt drehe sich dort die Stimmung langsam, meint West: Auch Wadhams aus Colorado glaubt, dass immer mehr Republikaner die Ära Trump gerne endgültig hinter sich lassen würden: "Glauben Sie mir: Donald Trump hat immer noch eine enorme loyale Basis in der republikanischen Partei, und die wird ihm folgen, wo immer er hingeht. Aber ich glaube, viele andere Republikaner denken: Wir brauchen einen neuen Vorkämpfer für 2024."Der Parteistratege fürchtet, was Trumps Kandidatur für die Zwischenwahlen im November bedeuten würde. In Colorado beispielsweise gibt es über 40 Prozent sogenannte unabhängige Wähler, die sich keiner Partei zugehörig fühlen. Viele von ihnen hätten zuletzt demokratisch gewählt, aber seien vor allem wegen der enormen Inflation im Land enttäuscht. Die Republikaner hätten deshalb eigentlich gute Chancen bei ihnen, glaubt Wadhams. Mit Folgen: "Wenn Trump seine Kandidatur erklärt, dann wird das die republikanische Partei als die Partei von Trump und die Partei der Wahl-Verschwörungen neu definieren. Es wird uns schaden. Es ist diese eine Sache, die vor allem unabhängige Wähler zurück in die Arme der Demokraten treiben wird."Trump selbst hat sich öffentlich noch nicht festgelegt: Täglich bombardiert er seine E-Mail-Abonnenten, bittet um Spenden oder um die Teilnahme an Umfragen, um den Puls seiner Anhänger zu messen.Beim rechten Kabelsender Newsmax erklärte er kürzlich, er werde sich zur richtigen Zeit erklären.Dass Trumps Strategie aufgehen könnte, belegen letztlich auch seine Kritiker: Republikaner Wadhams beispielsweise will nicht ausschließen, dass er 2024, wenn Trump tatsächlich der republikanische Kandidat ist, ihn ein drittes Mal wählen wird. Weil er die möglichen Alternativen, egal ob Biden oder ein anderer Demokrat, noch schlimmer findet: "Ich hoffe wider alle Hoffnung, dass Republikaner wie ich diese Wahl nie treffen müssen."
0amerika
Dank des Öl- und Gas-Geschäfts der Tochter Wintershall hat BASF im zweiten Quartal erneut überraschend hohe Gewinne verbucht. Zwischen April und Juni lag das operative Ergebnis bei 2,34 Milliarden Euro und damit fast so hoch wie im ersten Quartal. Das Vorjahresergebnis wurde sogar deutlich übertroffen. Zwar haben sich bei dem Chemieriesen die deutlich gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten bemerkbar gemacht. BASF konnte sie aber nach eigenen Angaben "weitgehend über höhere Verkaufspreise" an die Kunden weitergeben. Zudem profitierte der Konzern von positiven Wechselkurseffekten, also vor allem vom Wertverlust des Euro gegenüber dem Dollar. Auch der Umsatz lag mit einem Plus von 16 Prozent auf 22,97 Milliarden Euro über den Marktschätzungen. Vor allem die Mehrheitsbeteiligung an der Tochter Wintershall Dea hat den Milliardensegen in der Kasse von BASF möglich gemacht. "Der deutliche Anstieg gegenüber dem Vorjahresquartal resultierte insbesondere aus dem deutlich höheren Beteiligungsergebnis von Wintershall Dea", so BASF in seiner Mitteilung - allerdings ohne konkrete Zahlen zu nennen. An dem Öl- und Gasunternehmen hält BASF noch 72,7 Prozent. Wintershall Dea betreibt Öl- und Gas-Förderung im Nahen Osten, Südamerika, aber auch in mehreren europäischen Ländern. Russland ist nach wie vor ein wichtiger Standort für das Unternehmen. Fast die Hälfte seiner Erlöse erzielt Wintershall dort. Im laufenden Jahr hat der Konzern Öl und Gas im Wert von rund 14 Milliarden Euro nach Deutschland transportiert. Laut dem Geschäftsbericht des vergangenen Jahres stand Russland für etwa die Hälfte der Öl- und Gasproduktion von Wintershall Dea. BASF hatte nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine erklärt, man werde sein Geschäft in Russland bis Juli 2022 komplett einstellen. Anders sieht aber die Lage bei der Tochter Wintershall Dea aus. Bereits Anfang März hatte das Unternehmen zwar angekündigt, alle neuen Projekte zur Förderung und Öl- und Gas in Russland zu stoppen und die Zahlungen in das Land zu kappen. Die Finanzierung an der Ostseepipeline Nord Stream 2 hatte Wintershall bereits abgeschrieben. Bestehende Projekte in Russland würden aber fortgeführt, so Wintershall im März. Die Konzernmutter BASF will sich bereits seit Jahren vom Öl- und Gasgeschäft trennen. Dazu will man die Öl- und Gastochter Wintershall Dea baldmöglichst an die Börse bringen. Wann dies allerdings der Fall sein wird, dazu gibt es bislang keine Angaben. Zuletzt hatte BASF erklärt, dass das Marktumfeld für einen Schritt an die Börse derzeit ungünstig sei. Auch nach einem erfolgten Börsengang dürfte BASF zumindest vorübergehend einer der größten Anteilseigner an Wintershall Dea bleiben. Das Kerngeschäft des Chemiegiganten mit Hauptsitz in Ludwigshafen ist in seiner Produktion besonders anfällig für einen Stopp russischer Gaslieferungen, der in den kommenden Monaten erfolgen könnte. Vorstandschef Martin Brudermüller hatte die Anteilseigner bereits vor "außergewöhnlich hoher Unsicherheit" gewarnt. BASF gilt als größter industrieller Gasverbraucher in Deutschland und wäre von ausbleibenden Lieferungen massiv betroffen. Wenn die Gasversorgung dauerhaft auf unter die Hälfte des Bedarfs sänke, müsste das Unternehmen seine Produktion an seinem weltweit größten Standort in Ludwigshafen einstellen.An seiner Prognose für dieses Jahr hält BASF aber noch fest - "vorerst" zumindest. Das Unternehmen geht unverändert von einem Jahresumsatz zwischen 74 und 77 Milliarden Euro sowie einem bereinigten operativen operativen Ergebnis Gewinn zwischen 6,6 und 7,2 Milliarden Euro aus.
5unternehmen
Ausgepeitscht oder geschlagen worden seien die Flüchtlinge von den berittenen Grenzpolizisten nicht. Das sei bei internen Untersuchungen der Vorfälle im Süden von Texas deutlich geworden, betonte der Leiter der US-Grenzschutzbehörde CBP Christopher Magnus. Aber: Mehrmals hätten Polizisten von ihren Pferden aus Gewalt angewendet oder damit gedroht, um die aus Haiti stammenden Flüchtlinge zurück in den Grenzfluss zu treiben. Und das, obwohl sich die Betroffenen bereits auf dem Boden der Vereinigten Staaten befunden hätten, räumte Magnus bei einer Pressekonferenz in Washington ein. Aufnahmen von dem Vorfall im September vergangenen Jahres hatten weltweit für Empörung gesorgt. Sie zeigen berittene Grenzschützer mit Cowboyhüten, die - so scheint es - in Wild-West-Manier auf Menschen Jagd machen, die gerade aus dem US-mexikanischen Grenzfluss Rio Grande gestiegen sind. Auf Fotos ist zu sehen, wie einer der Polizisten vom Pferd aus einen verängstigt wirkenden weglaufenden Mann am T-Shirt packt. Der barfüßige Flüchtling trägt außer drei Plastiktüten mit Fertiggerichten nichts bei sich. Als furchtbare Aufnahmen bezeichnete US-Präsident Joe Biden die Bilder. "Unerhört ist das! Diese Leute werden dafür bezahlen, das verspreche ich Ihnen", hatte Biden direkt nach dem Vorfall in der Nähe der texanischen Grenzstadt Del Rio im September versprochen. Tatsächlich empfehlen die internen Ermittler der US-Behörden nun, vier der Grenzpolizisten mit Disziplinarstrafen zur Rechenschaft zu ziehen. Einzelheiten wurden noch nicht bekannt. Strafrechtliche Folgen allerdings müssen die vier Polizisten nicht mehr befürchten. Der Menschenrechts-Lobbyorganisation Human Rights Watch geht die Aufklärung des Vorfalls nicht weit genug. Sie fordert eine Reform des gesamten Systems. "Der Grenzschutzbehörde CBP kann man nicht vertrauen, was den Umgang mit Flüchtlingen und Asylsuchenden angeht," sagt Ari Sawyer von Human Rights Watch im Gespräch mit dem ARD-Hörfunk. "Diese Behörde, die für die gewaltsame Durchsetzung der Grenzsicherung zuständig ist, darf nicht mit der Bewältigung solcher humanitärer Aufgaben betraut werden."Der Leiter der US-Grenzschutzbehörde Chris Magnus versprach Besserung. Planungsfehler der Vorgesetzten, unzureichende Ausbildung der Grenzschützer und eine völlig außer Kontrolle gerate Situation am Rio Grande mit Tausenden ankommenden Flüchtlingen hätten zu den Ereignissen im September beigetragen, sagte Christopher Magnus in Washington. Das könne aber keine Rechtfertigung sein für das unprofessionelle und zutiefst beleidigendes Verhalten der Polizisten.
0amerika
In einem Interview des Veranstalter-Portals "chess24" antwortete Carlsen auf die Frage, weshalb er die Partie gegen den 19 Jahre alten US-Amerikaner am Montagabend beim Onlineturnier "Julius Bär Generation Cup" nach nur einem Zug aufgegeben hatte: "Leider kann ich mich dazu nicht äußern, aber die Leute können ihre eigenen Schlüsse daraus ziehen und das haben sie auch getan."In der Schach-Szene wurde Carlsens plötzlicher Ausstieg beim "Sinquefield Cup"-Präsenzturnier in St. Louis nach einer unerwarteten Niederlage gegen Niemann als Betrugsvorwurf gegen den talentierten US-Teenager gedeutet. Angeheizt wurden die Spekulationen unter anderem durch den amerikanischen Großmeister Hikaru Nakamura, der mit seinen Online-Streams ein Millionenpublikum erreicht.Beweise für einen Betrug Niemanns beim Präsenzturnier in St. Louis liegen aber nicht vor. Auch Experten analysierten, dass Carlsens Niederlage gegen Niemann vermeidbar war, hätte der 31-Jährige einfach bessere Züge gespielt. Der Norweger, der seit 2013 Schach-Weltmeister ist, hatte zuletzt häufiger mit Motivationsproblemen zu kämpfen. Da er keine sportliche Herausforderung darin sehe, seinen WM-Titel erneut zu verteidigen, werden 2023 der Russe Ian Nepomniachtchi und Chinese Ding Liren den Titel unter sich ausmachen.Für sein jüngstes Verhalten erntet Carlsen durchaus auch Kritik aus der Schach-Szene. Die britische Schachmeisterin Jovanka Houska spricht von einer "Hexenjagd" gegen einen Teenager. Carlsens Nationalmannschafts-Kollege Jon Ludvig Hammer forderte im norwegischen TV Sanktionen sogar gegen seinen Landsmann: "Absichtlich zu verlieren ist ein absolut inakzeptables Verhalten. Es ist das Unsportlichste, was man im Leistungssport machen kann."In einem emotionalen Interview hatte Hans Niemann zuletzt zugegeben, bei zwei Gelegenheiten als junger Teenager bei Online-Partien betrogen zu haben, nie jedoch in Präsenz am Brett. "Wenn sie wollen, dass ich mich völlig nackt ausziehe, werde ich es tun", so Niemann, der beteuerte: "Ich weiß, dass ich sauber bin." Dass der größte Schach-Eklat der letzten 15 Jahre immer skurrilere Züge annimmt, zeigt die Tatsache, dass eine Website Niemann tatsächlich eine Million Dollar geboten haben soll, um unbekleidet Schach zu spielen.Ob der talentierte US-Profi tatsächlich nur zweimal bei Onlinepartien betrogen haben soll, ist unklar. Im Rahmen der Vorwürfe beim "Sinquefield Cup" sperrte die größte Schach-Plattform der Welt, Chess.com, seinen Account, da es Beweise gäbe, die für häufigeren Betrug sprechen würden. Mehr ins Detail gingen die Betreiber der Plattform bis dato nicht.Zu Niemann sagte Carlsen am Mittwoch lediglich: "Ich muss sagen, dass ich von Niemanns Spiel sehr beeindruckt bin und ich denke, dass sein Mentor Maxim Dlugy einen großartigen Job gemacht haben muss." Nachfragen, warum er den in Moskau geborenen US-Großmeister in diesem Zusammenhang erwähnte, wollte Carlsen nicht kommentieren. Gegen den 56-Jährigen wurden vor Jahren ebenfalls Betrugsvorwürfe bei Online-Schachpartien erhoben. Inwieweit Dlugy wirklich ein aktive Mentoren-Rolle für Niemann einnimmt, ist unklar."Ich hoffe, dass ich nach dem Turnier etwas mehr sage", kündigte Carlsen an. Wahrscheinlich spielen auch juristische Gründe eine Rolle, warum der Norweger derzeit noch nicht weiter ausholt.Ob Betrug ein generelles Problem im Schach sei, kommentierte er wie folgt: "Ich denke, dass jeder Einzelne die Frage je nach seinen eigenen Erfahrungen anders beantworten wird." Es sei leicht "zu betrügen, und generell denke ich, dass Betrüger in Zukunft nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollten, weder online noch am Spielbrett."Quelle: sportschau.de
4sportschau
Erst vor kurzem hat die Bundesregierung die Einführung der Gasumlage zum 1. Oktober angekündigt - doch die Zweifel und die Kritik an der Umlage und deren Ausgestaltung wachsen noch vor deren Start. Auch in den Reihen der Ampelkoalition mehren sich die kritischen Stimmen. Denn von der Gasumlage könnten auch Firmen profitieren, denen es finanziell gut geht."Natürlich stört es auch mein Gerechtigkeitsempfinden, wenn Unternehmen, die an anderen Stellen große Gewinne machen, jetzt ihre Kosten frühzeitig auf die Verbraucherinnen und Verbraucher umlagern wollen", sagte die Grünen-Co-Vorsitzende Ricarda Lang.Zugleich aber sei es rechtlich ziemlich schwierig, die Datenlage nur auf einzelne Unternehmen, die systemrelevant oder insolvenzbedroht seien, zu beschränken. In Situationen, in denen Recht und Gerechtigkeit auseinanderklafften, brauche es politische Lösungen. Deshalb bringt Lang wieder die Übergewinnsteuer ins Spiel. Die logische Konsequenz sei eine Übergewinnsteuer für Energiekonzerne, sagte Lang. Zweck der Gasumlage sei es, die Versorgungssicherheit sicherzustellen, Insolvenzen von Versorgern zu verhindern und dafür zu sorgen, dass es nicht zu Gasmangellagen im Herbst und Winter komme. Auch der SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch sieht offene Fragen bei der umstrittenen Gasumlage. Er sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Die SPD-Fraktion wird darauf dringen, dass nur Anträge auf finanzielle Entlastung von den Unternehmen erfolgreich sein können, die durch die aktuelle Preisentwicklung in ihrer Existenz bedroht sind. Das muss sichergestellt sein." Nicht umsonst habe der Bundestag im Energiesicherungsgesetz ein zweimonatiges Interventionsrecht des Parlaments verankert, so Miersch. "Zugleich ergeben sich Fragen, inwieweit wir alternative Wege der Entlastung für diese Unternehmen gehen können - jenseits einer Umlage, wie durch den Einsatz von Steuergeldern." Auch SPD-Chefin Saskia Esken drängt auf eine gerechte Verteilung der dadurch erzielten Hilfen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck müsse "dafür sorgen, dass Leistungen aus der Gasumlage der wirtschaftlichen Gesamtsituation der Konzerne gerecht werden". Unternehmen, die in anderen Sparten abseits des Gasimports "mehr als gutes Geld verdienen", müssten sich selbst helfen, mahnte Esken in der "Rheinischen Post".Der Knackpunkt der Kritik an der Gasumlage ist die Frage: Wer wird und sollte von ihr profitieren? Michael Kruse, energiepolitischer Sprecher der FDP, beantwortete die Frage im Gespräch mit der "Rheinischen Post" so: "Die Gasumlage ist ein Instrument, das in Schieflage geratene Unternehmen stabilisieren soll. Es sollten damit ausschließlich Unternehmen unterstützt werden, die sich in einer marktgefährdenden Schieflage befinden."Andere Energiekonzerne wie RWE oder Shell haben bereits angekündigt, die Gasumlage nicht nutzen zu wollen. Doch prinzipiell hat jeder Versorger die Möglichkeit, sie in Anspruch zu nehmen. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums ist eine drohende Insolvenz keine Voraussetzung, um Finanzmittel aus der Umlage zu erhalten.Bundesjustizminister Marco Buschmann hatte bereits Mitte der Woche vor "Mitnahmeeffekten" gewarnt und an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck appelliert, sich auf dieses "potenzielle Problem" vorzubereiten. Auch FDP-Mitglied Kruse drängte nun erneut darauf, dass die Regelungen rund um die Gasumlage nachgeschärft werden müssten.Bisher war vor allem aus den Reihen der Union scharfer Widerstand gegen die Gasumlage gekommen. Unions-Fraktionsvize Jens Spahn nannte sie eine "Chaos-Umlage", die eine "Umverteilung von unten nach oben" zur Folge haben werde. CDU-Vize Carsten Linnemann sagte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern, die Gasumlage habe "mit Sozialer Marktwirtschaft nicht mehr viel zu tun". Die Konzerne sollten "wie seinerzeit die Lufthansa in der Corona-Krise das Geld zurückzahlen müssen". Auch CDU-Generalsekretär Mario Czaja lehnte die Gasumlage als "unsozial" ab und forderte, sie umgehend wieder abzuschaffen. Das will die Unionsfraktion demnach durch einen Antrag im Bundestag erreichen, mit dem sie die Gasumlage erneut zur Abstimmung stellen will.Vor vorschnellen Urteilen warnte hingegen der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. "Ich kann den Ärger verstehen, es geht aber nur ein kleiner Teil der Umlage an Unternehmen, die das nicht wirklich benötigen, um eine Insolvenz abzuwenden", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ). Er glaube, die Umlage sei "zielgenauer als ihr Ruf, auch wenn das so bisher nicht offen nachvollziehbar ist". 
3innenpolitik
Spricht man vom James Webb Space Teleskop kommt man um Superlative nicht herum. Es besitzt mit sechseinhalb Metern Durchmesser den größten Spiegel, den die Menschheit je ins All geschossen hat. Seine Instrumente arbeiten bei Temperaturen von minus 223 Grad Celsius - kurz vor dem absoluten Nullpunkt. Mehr als 20 Jahre hat seine Entwicklung gedauert. Zehn Milliarden Dollar hat es gekostet.Das James Webb Space Telescope sei das größte, mächtigste und komplexeste Teleskop, das bislang gebaut wurde, sagte NASA-Sprecherin Laura Betts im Oktober 2021, knapp drei Monate vor dessen Abreise ins All.Mit mehreren extrem sensiblen Messgeräten nimmt das Teleskop Infrarotstrahlung aus dem All auf und kann dadurch quasi in die Vergangenheit schauen: Es kann Licht aufnehmen, das 13 Milliarden Jahre durch die Galaxie gereist ist. Das heiße, es liefere Bilder und Messdaten aus der Zeit kurz nach dem Urknall, als sich das Universum mit seinen Galaxien und Planeten zu formen begann, erklärte NASA-Sprecherin Betts.Das Weltraumteleskop ist ein Gemeinschaftsprojekt der europäischen Weltraumbehörde ESA, der kanadischen CSA und der US-amerikanischen NASA. Alle drei Raumfahrtorganisationen sind sich sicher: Die Bilder, die das James Webb Space Telescope liefern wird, werden die Wissenschaft grundlegend verändern."Es wird der Menschheit einen Blick auf das Universum geben - und zwar einen, den wir bisher noch nie gesehen haben", sagte NASA-Chef Bill Nelson vor wenigen Tagen in einer Telefonkonferenz.Heute sollen mehrere erste Aufnahmen, die das Teleskop gemacht hat, der Weltöffentlichkeit präsentiert werden. Darunter eine Aufnahme, die weiter in das Weltall hineinreicht als jemals zuvor.Was darauf zu sehen sein wird? Niemand bis auf wenige, ausgewählte Forscher wissen es bisher.Der Weg bis zu diesem Moment war voller Hürden. Einen Monat nach dem Start erreichte das Teleskop seinen Arbeitsplatz, den Lagrange-Punkt 2. Anderthalb Millionen Kilometer von der Erde entfernt "steht" das Teleskop: Die Anziehungskraft zwischen Sonne und Erde ist an diesem Punkt exakt so groß wie die Fliehkraft des Teleskops - von der Erde aus betrachtet steht es quasi still. Das Teleskop bewegt sich zusammen mit der Erde um die Sonne und wird vom Erdschatten vor den Lichtstrahlen der Sonne geschützt.300 einzelne Schritte waren von Januar bis Anfang Juli notwendig, um die 18 hexagonalen Spiegel, die zusammen einen großen ergeben, auszurichten und zu synchronisieren. Ein Fehler, bei einem dieser Schritte hätte das Teleskop zu zehn Milliarden teurem Weltraumschrott gemacht.Der 12. Juli markiert damit den Start des ersten Forschungsjahres für das Weltraumteleskop. 19 weitere sollen folgen. So lange reiche der Treibstoff für die Schubdüsen, die dabei helfen, das Teleskop auszurichten, sagte die stellvertretende NASA-Chefin und Ex-Astronautin Pamela Melroy.20 Jahre, in denen sich verschiedene Wissenschaftsteams nun abwechseln werden, um erstmals auf Bildern und Messdaten zu sehen, wie die Erde, die Milchstraße Galaxie und die Welt darum herum entstanden sind.
0amerika
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) warnt vor Produktionseinbrüchen als Folge eines möglichen Gasmangels. "Politik und Wirtschaft müssen die Sommermonate zwingend nutzen, um Gas zu sparen und die Speicher vor der anstehenden Heizsaison zu füllen", sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm der Nachrichtenagentur dpa. "In der angespannten Lage zählt jeder gewonnene Tag und jeder eingesparte Kubikmeter Gas." Die Unternehmen über alle Branchen hinweg seien in allerhöchster Sorge, berichtet Eckhard Göske, fachpolitischer Sprecher Industrie, Forschung, Innovation und Informationstechnologie bei der Industrie- und Handelskammer NRW. "Wenn die Energiekosten weiter so hoch bleiben und es zu Versorgungsengpässen kommt, droht der Verlust von Arbeitsplätzen und sogar ganzen Unternehmen", befürchtet Göske.Vor allem die Aluminiumbranche macht sich große Sorgen. Die Versorgung mit Gas ist für die Aluminiumindustrie und ihre Produktionsprozesse von elementarer Bedeutung. "Bis unsere Produkte beim Kunden ankommen, durchlaufen sie in der Fertigung eine mehrmalige Wärmebehandlung: Zum Schmelzen beim Recycling, zum Aufwärmen für weitere mechanische Bearbeitung und zum Homogenisieren. Diese Prozesse erfordern eine hohe Präzision und sind auf den Einsatz von Gasöfen zugeschnitten", erklärt Hinrich Mählmann, Präsident von Aluminium Deutschland.Neun von zehn Unternehmen der deutschen Aluminiumindustrie könnten danach nicht kurzfristig auf einen anderen Energieträger umsteigen. In der Hälfte der Unternehmen würde die Produktion bereits ab einer Drosselung der Gaszufuhr von bis zu 30 Prozent stillstehen, bei einem weiteren Viertel ist das bei einer Kürzung um 30 bis 40 Prozent der Fall, so der Verband.Nach Aussagen von Mählmann bereiten sich die Unternehmen auf ein Worst-Case-Szenario vor. Notfallpläne beschreiben, welche Geräte zuerst und dann in der Folge abgeschaltet werden müssen. Dies sei jedoch nur in einem gewissen Umfang möglich, danach müssen die Betriebe geschlossen werden.Auch BASF ist als Chemiekonzern auf Erdgas angewiesen. Am Standort Ludwigshafen gibt es ebenfalls einen Notfallplan. Mit der Hälfte der normalen Liefermenge könnte das Unternehmen noch umgehen. Dann würden die Maschinen mit reduzierter Last weiter betrieben, so eine Sprecherin. Das Unternehmen erwarte jedoch, dass die Preise für Gas massiv steigen, weil die Versorger verstärkt Gas kaufen. BASF setze alles daran, die Abhängigkeit von fossiler Energie, vor allem Gas, noch schneller zu reduzieren. Henkel sieht sich für eine Gaskrise gewappnet. Man sei durch ein "diversifiziertes Energieportfolio" bereits gut aufgestellt, aktuell könne das Unternehmen aber nicht auf Gas verzichten. Das Kraftwerk in Düsseldorf laufe überwiegend mit Gas, und eigentlich sollte der Betrieb ab Herbst zu 100 Prozent auf Gas umgestellt werden. Nun will Henkel mehr Kohle oder Öl einsetzen. Ein Drittel des Gases lasse sich so einsparen. Allerdings warte man noch auf die Genehmigung der Bundesnetzagentur.Das Wohnungsunternehmen Vonovia versucht, durch die Optimierung der Heizungsanlagen Gas einzusparen. Etwa acht Prozent seien möglich, so das Unternehmen. "Um möglichst viel Gas einzusparen, werden wir in unseren Beständen sukzessiv eine Nachtabsenkung der Heizungstemperatur bei den Gas-Zentralheizungen für die kommende Heizperiode einführen", schreibt Sprecherin Jana Kaminski. "Dabei reduzieren wir die Heizungsleistung zwischen 23 und 6 Uhr. Tagsüber und in den Abendstunden können unsere Mieter:innen wie gewohnt heizen", so Kaminski. Die Warmwasserversorgung sei davon nicht betroffen.Vonovia versuche, auf nachhaltige Energieträger umzustellen. Gleichzeitig würden viele Wohnungen energetisch saniert. Auf Mieterinnen und Mieter werden wohl Nachzahlungen zukommen. Marko Rosteck von der Deutsche Wohnen schreibt auf Nachfrage, dass im Zuge der Betriebskostenabrechnungen die Vorauszahlungen für Heizkosten pauschal um 40 Prozent erhöht werden müssen.Auch die Automobilbranche versucht, sich auf einen eventuellen Gasmangel vorzubereiten. BMW hat an allen Produktionsstandorten in Deutschland und Österreich untersucht, welche Möglichkeiten bestehen, die Nutzung von Gas zu reduzieren.BMW-Sprecher Frank Wienstroth nennt ein Beispiel: "Die BMW Group betreibt an vielen ihrer Standorte gasbetriebene Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Die durch diese Anlagen erzeugte Strommenge könnten wir gegebenenfalls auch am Markt über den zusätzlichen Zukauf von Fremdstrom kompensieren. Wir prüfen derzeit, ob dies umsetzbar wäre und was mögliche Implikationen sein könnten."Die Bundesnetzagentur müsste dazu entsprechende Genehmigungen erteilen. Das dauere oft zu lange, beschwert sich BDI-Präsident Russwurm: "Die Bundesregierung sollte dringend die Genehmigungen für Umrüstungen vereinfachen und beschleunigen, etwa durch einen Umstieg von der Genehmigungs- zur Anzeigepflicht." Verbandspräsident Mählmann von Aluminium Deutschland fordert von der Politik mehr Klarheit und Planungssicherheit."Leider agiert die Bundesnetzagentur eher intransparent. Energiesparen ist die eine Seite der Medaille, die Beschaffung und Verteilung die andere. Es gibt keinerlei Informationen zum Vorbereitungsstand, zu Gasmengen, zur Priorisierung, es gibt keine Szenario-Planung", beschwert sich Mählmann. Dabei sei eine Perspektive gerade jetzt so wichtig.
5unternehmen
In den vergangenen Jahren haben Klimaschutzorganisationen die Europäische Zentralbank (EZB) regelrecht belagert: Mal verbrannten sie vor ihren Toren eine symbolische Erde, mal landeten sie mit Gleitschirmen auf dem Gelände der Zentralbank. Ihr Hauptvorwurf: Die EZB stecke Milliarden in klimaschädliche Energieunternehmen wie Shell oder Total. Auf diese Kritik haben die Währungshüter mittlerweile reagiert und wollen künftig Klima-Aspekte stärker berücksichtigen - etwa, wenn sie Anleihen von Unternehmen kaufen.Denn die EZB kauft zwar seit letzter Woche keine neuen Anleihen mehr. Aber das Geld, das die Zentralbank durch auslaufende Anleihen einnimmt, steckt sie durchaus wieder in Anleihen. In den nächsten Jahren stehen ihr so im Schnitt jedes Jahr 30 Milliarden Euro zur Verfügung - und die will die EZB von Oktober an klimafreundlicher ausgegeben."Deshalb wollen wir die Firmen dazu bringen, ihre C02-Emissionen offenzulegen und zu reduzieren", meint EZB-Ratsmitglied Isabel Schnabel. Ganz allgemein sollen sie über alle Klimarisiken offen berichten. Sei es, dass sie selbst von einem Klimaereignis betroffen sein könnten, weil sie ihren Sitz etwa in einem Hochwassergebiet haben. Sei es, dass sie selbst zum Klimawandel beitragen, weil ihr Geschäftsmodell zum Beispiel rund um fossile Brennstoffe gestrickt ist. Dann wollen die Währungshüter vor allem Anleihen von Firmen kaufen, die eine gute Klimabilanz haben - oder zumindest Pläne, wie sie in Zukunft umweltfreundlicher wirtschaften wollen. Aber EZB-Ratsmitglied Schnabel stellt auch klar, dass man letztlich kein Unternehmen komplett ausschließen wolle. "Das ist wichtig, weil die weniger nachhaltigen Firmen eben nachhaltiger werden müssen, und wir wollen sie bei dieser Transformation begleiten", so Schnabel.  Auch wenn sich Geschäftsbanken bei der EZB Geld leihen, soll der Klimaschutz stärker berücksichtigt werden. Insbesondere bei den Sicherheiten, die die Banken im Zusammenhang mit diesen Kreditgeschäften stellen. Diese Maßnahme soll allerdings erst in zwei Jahren in Kraft treten. Das Ganze ist Teil eines Klimaaktionsplans, den die EZB bereits vor rund einem Jahr vorgelegt hat. Mauricio Vargas, Finanzexperte bei Greenpeace, kritisiert, dass die Zentralbank in Sachen Klimaschutz zu langsam sei und zu wenig tue: "Unternehmen wie Shell oder Total setzen weiter ganz klar auf fossile Energieträger, die hätte die EZB aus ihren Finanzhilfen ausschließen müssen." Denn gerade da sieht Vargas die Gefahr des Greenwashing - also dass Unternehmen zwar behaupten, sie würden sich ändern, tatsächlich aber weitermachten wie bisher. Fraglich ist außerdem, ob sich die EZB überhaupt um den Klimaschutz kümmern sollte. Emanuel Mönch, Finanzexperte an der Frankfurt School of Finance and Management, findet das grundsätzlich sinnvoll. Allerdings gebe drängendere Probleme, vor allem die rasant steigenden Verbraucherpreise in der Eurozone. "Deshalb sollte die Zentralbank alles daransetzen, um die Inflation zu bekämpfen", meint Mönch. Vor allem sollte sie die Zinsen erhöhen.  Zuletzt hatte die Inflation in der Währungsunion mit 8,6 Prozent einen Rekordstand erreicht. Speziell in Deutschland war sie mit 7,6 Prozent zwar leicht gesunken, aber weiter auf hohem Niveau. Und die Hauptaufgabe der EZB bleibt Mönch zufolge, für stabile Preise zu sorgen. Daran lassen auch die Währungshüter keinen Zweifel.
2finanzen
Trotz robuster neuer Konjunkturdaten im Rücken waren die Handelsbewegungen an der New Yorker Börse überschaubar. Die großen Indizes fanden lange keine klare Richtung, erst gegen Ende der Sitzung zogen die Notierungen noch etwas an und schlossen leicht im Plus. Der Leitindex Dow Jones ging bei 33.999 Punkten nahezu unverändert aus dem Handel. Auch an der Technologiebörse Nasdaq tat sich lange nicht viel, mit 0,21 Prozent auf 12.965 Zähler rückte sie am Ende dann aber noch moderat vor. Ähnlich der Auswahlindex Nasdaq 100 mit einem Zuwachs von 0,26 Prozent und der marktbreite S&P, der 0,23 Prozent zulegte auf 4283 Stellen. Den Börsen gehe nach der Aufholjagd der vergangenen Wochen die Puste aus, sagten Händler. "Wir hatten große Gewinne, der Markt verdaut das zu diesem Zeitpunkt. Im Moment befinden wir uns in einer Warteschleife und einige Leute befürchten, dass wir ein weiteres Tief sehen werden", sagte Joe Saluzzi, leitender Manager des Segments Handel beim Broker Themis Trading.Seit Mitte Juni ist der S&P 500 um 17 Prozent gestiegen, unterstützt durch positive Ergebnisse der amerikanischen Unternehmen. Die Nasdaq hat gleichzeitig 22 Prozent gutgemacht. "Die jüngste Rally wurde eindeutig von einer Kombination aus besseren Wirtschaftsdaten als befürchtet und Gewinnen angetrieben", sagte Art Hogan, Chefmarktstratege beim Vermögensverwalter B. Riley Wealth.Etwas Auftrieb erhielt der Markt im Verlauf nach Äußerungen der Fed-Bankerin Mary Daly. Die US-Währungshüterin plädiert dafür, beim Straffen der Geldpolitik nicht über das Ziel hinauszuschießen. Die Federal Reserve solle keinen "unnötigen Fehler" begehen, indem sie die Zinszügel zu stark anziehe, sagte die Chefin des Fed-Bezirks San Francisco heute dem TV-Sender CNN. Zuletzt hatte sie sich strikt für weitere Zinserhöhungen stark gemacht und davor gewarnt, dass der Kampf gegen die Inflation noch nicht gewonnen sei. Der Chef der Fed-Filiale von St. Louis, James Bullard, favorisiert hingegen eine Erhöhung der Leitzinsen um 0,75 Prozentpunkte bei der nächsten Sitzung der US-Zentralbank im September. Die Federal Reserve (Fed) sollte sich weiterhin zügig auf ein Zinsniveau bewegen, das die Inflation deutlich nach unten bringe, sagte Bullard heute dem "Wall Street Journal".Damit gehen die Spekulationen weiter, ob sich die Fed im September für einen weiteren großen Zinsschritt von 75 Basispunkten entscheiden, oder eine etwas gemäßigtere Position mit "nur" 50 Basispunkten Erhöhung einnehmen wird. In jedem Fall wird weiter an der Zinsschraube gedreht werden, zumindest bis sich sichtbare Erfolge beim Kampf gegen die Inflation einstellen. Unter den US-Einzeltiteln fiel das Papier des Netzwerkausrüsters Cisco mit einem Kursplus von 5,8 Prozent positiv auf. Das Unternehmen hat im jüngsten Quartal dank nachlassender Probleme bei der Chip-Versorgung besser als erwartet abgeschnitten. Analysten großer Investmenthäuser erhöhten daraufhin die Kursziele für Cisco-Aktien.Der DAX machte heute nur einen Teil der gestrigen Kursverluste wieder wett. Ein erneuter Angriff auf die Marke von 14.000 Punkten ist damit nicht in Sicht. Am Ende schloss der deutsche Leitindex bei 13.697 Zählern um 0,52 Prozent höher. Am Vortag war er nach einer einwöchigen Erholungsphase an der 14.000-Punkte-Marke gescheitert und deutlich um rund zwei Prozent zurückgefallen.Nur kurz hatte es heute so ausgesehen, als ob der Index in einer Gegenreaktion wieder stärker würde Tritt fassen können. Die Gewinne erreichten in der Spitze bis auf 13.775 Punkte, gingen danach aber größtenteils wieder verloren. Das Tagestief lag bei 13.638 Punkten. "Für eine Wiederaufnahme des Aufwärtstrends bräuchte der Markt jetzt positive Impulse, die die wieder neu aufgeflammten Inflations- und Zinssorgen kompensieren können", sagte Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege bei RoboMarkets: "Ansonsten droht bei einem saisonal schwächeren Handelsvolumen in den kommenden Tagen ein weiteres Abrutschen."Die weitere Börsenentwicklung wird wie schon zuletzt stark von der Geldpolitik der Vereinigten Staaten abhängen. Wer von der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) dabei einen klaren Zinsfahrplan für die nächste Zeit erwartet hatte, wird aber derzeit enttäuscht. Entschieden werde nach "Datenlage" hieß es in den gestern veröffentlichten Sitzungspapieren der letzten Zinssitzung, was bedeutet, dass die Fed die Wirkung ihrer bisherigen deutlichen Zinserhöhungen von 225 Basispunkten wohl noch abwarten will. Vor allem wollen die US-Notenbanker um Bankchef Powell bei ihrem Kampf gegen die Inflation vermeiden, mit einer zu starken Zinswende die Konjunktur abzuwürgen. Zuletzt waren die Anleger vor allem an der Wall Street sehr zuversichtlich gewesen, dass der Höhepunkt der Inflation erreicht und weitere starke Zinserhöhungen damit vermieden werden könnten. Im Sog der daraufhin steigenden US-Kurse war auch der DAX angestiegen. Nach den gestrigen Fed-Protokollen dürfte nun bei vielen Investoren eine Denkpause angesagt sein. Die aktuellen Konjunkturdaten aus den USA geben jedenfalls keinen Hinweis darauf, dass die Fed mit ihren Maßnahmen die Konjunktur abgewürgt hätte. Im Gegenteil, das Geschäftsklima in der US-Region Philadelphia hat sich im August überraschend stark aufgehellt. Der auch an der Börse vielbeachtete Indikator für die Industrie (Philly-Fed-Index) stieg um 18,5 Punkte auf plus 6,2 Zähler, wie die regionale Zentralbank am Nachmittag in Philadelphia mitteilte. Zuvor war der Stimmungsindikator viermal in Folge gefallen.Volkswirte wurden von dem Ausmaß der Stimmungsaufhellung im August überrascht. Sie hatten im Schnitt lediglich mit einem Anstieg von minus 12,3 auf minus 5,0 Punkte gerechnet.Auch der Arbeitsmarkt in den USA hat sich in der vergangenen Woche besser als erwartet entwickelt. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe fiel um 2000 auf 250.000, wie das Arbeitsministerium in Washington mitteilte. Analysten hatten dagegen mit einem Anstieg gerechnet.Die Daten aus der Vorwoche wurden zudem deutlich nach unten revidiert. Wie das Arbeitsministerium weiter mitteilte, waren nicht wie zunächst gemeldet 262.000 Anträge eingereicht worden, sondern nur 252.000.Einerseits spricht damit viel dafür, dass die Wirtschaft sich derzeit weiter robust entwickelt, andererseits können die Daten die Notenbank zu deutlicheren Zinsschritten ermutigen. Ein boomender Arbeitsmarkt ist jedenfalls kein Zeichen dafür, dass sich die Inflation alsbald abschwächen dürfte. Am Devisenmarkt richten sich die Investoren derweil auf weiter stark steigende Zinsen in den USA ein und greifen daher bei der US-Währung zu. Auch die guten Konjunkturdaten stützen den Greenback. Der Euro fiel im US-Handel weiter zurück und näherte sich bei einem Kurs von 1,0091 Dollar der Parität. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs noch auf 1,0178 (Mittwoch: 1,0164) Dollar fest. Gewinne verzeichnete heute die norwegische Krone gegenüber anderen wichtigen Währungen. Angesichts der hohen Inflation hat die norwegische Notenbank ihren Leitzins zwar wie erwartet um 0,5 Prozentpunkte auf 1,75 Prozent stark erhöht, allerdings auch signalisiert, den Leitzins in Zukunft schneller als bislang geplant anheben zu wollen. In Norwegen wächst die Sorge, dass die an fossilen Rohstoffen reiche Wirtschaft, die die Corona-Pandemie relativ gut überstanden hat, überhitzen könnte, wenn die wieder steigende Nachfrage nach Dienstleistungen mit Rekordverkäufen von Erdgas und Rohöl nach Europa zusammenfällt.Die Inflation im Euroraum hat sich im Juli unterdessen auf hohem Niveau weiter beschleunigt und einen Rekordwert erreicht. Gegenüber dem Vorjahresmonat erhöhten sich die Verbraucherpreise um 8,9 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat laut einer zweiten Schätzung mitteilte. Die erste Schätzung wurde damit wie von Volkswirten erwartet bestätigt. Dies ist die höchste Rate seit Einführung des Euro als Buchgeld 1999. Im Vormonat waren die Verbraucherpreise um 8,6 Prozent gestiegen.Die Rekordwerte bringen die EZB weiter in Zugzwang. Bisher hat die Bank im Kampf gegen die Inflation eher zaghaft agiert, mit einem Zinsschritt von 50 Basispunkten. Auch im Euro-Raum dürfte die nächste Zinserhöhung aber trotz der Rezessionsgefahren indes nicht mehr lange auf sich warten lassen. Die Inflationsaussichten hätten sich seit der Juli-Sitzung nicht verbessert, sagte Notenbank-Direktorin Isabel Schnabel der Nachrichtenagentur Reuters. Mit der von der Bundesregierung beschlossenen Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas dürfte die Inflationsrate nach Prognose von Ökonomen von derzeit 7,5 Prozent nicht wie bislang befürchtet über die Zehn-Prozent-Marke steigen.Die Ölpreise erholen sich weiter. Ein Barrel der US-Nordseesorte Brent und der US-Leichtölsorte WTI kosteten rund 4,0 Prozent mehr. Am Ölmarkt haben Sorgen bezüglich eines zu hohen Angebotes bei gleichzeitig zu geringer Nachfrage Marktbeobachtern zufolge etwas abgenommen. Dazu trugen auch Daten zu den US-Lagerbeständen vom Vortag bei. Diese waren in der vergangenen Woche unerwartet und deutlich gesunken, was als Zeichen für eine anziehende Nachfrage gewertet wurde. Nach dem rund zwölfprozentigen Kursrutsch von gestern geht es für die Uniper-Papiere heute weiter bergab. Ein Marktteilnehmer sagte, es belasteten Aussagen des Unternehmens im Halbjahresbericht zu den derzeit anschwellenden Verlusten durch die Situation auf dem Gasmarkt. Bei der derzeitigen Geschwindigkeit der Verschlechterung werde es wahrscheinlich, dass die beschlossene Gasumlage früher implementiert werden müsse und zu niedrig sei. Der Börsianer erwartet daher eine Anpassung nach oben, aber erst nach drei Monaten. Dies erhöhe die Gefahr, dass über das beschlossene Rettungspaket hinaus eine weitere Finanzspritze erforderlich werden könnte.Der Autozulieferer Hella verspricht sich vom neuen Geschäftsjahr dank sehr vielen neuen Aufträgen eine deutlich bessere Entwicklung als zuletzt. So soll der Umsatz nach einem leichten Rückgang auf 6,3 Milliarden Euro im Vorjahr auf 7,1 bis 7,6 Milliarden Euro wachsen, wie das SDAX-Unternehmen mitteilte. Dabei sind Effekte durch Wechselkurse sowie Zu- und Verkäufe ausgeklammert. Analysten hatten im Schnitt einen Wert am unteren Ende der Bandbreite erwartet. Der Scheinwerferspezialist holte in der Autozuliefersparte ein Auftragsvolumen in Rekordhöhe von rund zehn Milliarden Euro herein.Die Papiere der Shop Apotheke entwickeln sich überdurchschnittlich wegen optimistischer Nachrichten des Schweizer Konkurrenten Zur Rose. Die Online-Apotheke strebt bereits 2023 und damit früher als zuletzt angekündigt eine operative Profitabilität an.Der Nutzfahrzeugzulieferer SAF-Holland ist bei der Übernahme des schwedischen Bremsenherstellers Haldex am Ziel. Zum Ende der Annahmefrist am 16. August hätten die Haldex-Aktionäre rund 68,35 Prozent der Papiere angedient, teilte das im SDAX notierte Unternehmen mit. Zusammen mit den bereits gehaltenen 25 Prozent kontrolliert SAF-Holland demnach gut 93 Prozent der Haldex-Aktien. Das Übernahmeangebot hatte unter der Voraussetzung gestanden, dass SAF-Holland 90 Prozent der Anteile erhält. Der niederländische Zahlungsdienstleister Adyen hat sich im ersten Halbjahr schlechter geschlagen als erwartet. Das Unternehmen verfehlte gleich in mehreren Aspekten die Erwartungen von Analysten. Das operative Ergebnis lag sogar unter dem Wert des zweiten Halbjahres 2021. Neben Belastungen durch Wechselkurseffekte sah sich das Management auch mit erhöhten Ausgaben für Reisen und Neueinstellungen von Fachkräften konfrontiert. Entsprechend verstimmt reagierten Anleger: Es ging für die Aktie prozentual zweistellig nach unten.Qualcomm erwägt einem Medienbericht zufolge die Rückkehr in den Servermarkt mit einem neuen Chip. Das Ziel des US-Halbleiterherstellers sei, seine Abhängigkeit vom Smartphone-Markt zu reduzieren, berichtete "Bloomberg" am Abend unter Berufung auf mit dem Plan vertraute Personen. Das Projekt hänge mit dem Erwerb des Chipherstellers Nuvia durch Qualcomm im vergangenen Jahr zusammen. Zudem suche der Konzern schon nach Kunden für das neue Produkt und die Cloud-Abteilung von Amazon habe schon zugestimmt, einen Blick auf das Angebot zu werfen, hieß es im Bericht weiter. Die Aktien von Qualcomm stiegen nach der Ankündigung um fast drei Prozent.
2finanzen
Der Taxi-Rivale Uber ist in den USA wegen sexueller Übergriffe und Gewalt mit Klagen einer Reihe von Frauen konfrontiert. Das teilte die US-Kanzlei Slater Slater Schulman mit. Die Klägerinnen werfen dem Unternehmen vor, jahrelang nicht genug gegen diese Probleme unternommen zu haben. Dem Management sei der Ernst der Lage seit 2014 klar gewesen, trotzdem habe es seitdem viele weitere Fälle gegeben, die von Belästigungen bis hin zu Entführungen und Vergewaltigungen reichten. Die Kanzlei vertritt nach eigenen Angaben etwa 550 Mandantinnen und prüft mindestens 150 weitere Fälle. Uber erklärte auf Nachfrage zunächst, sich zu offenen Rechtsverfahren nicht äußern zu können. Später gab der Fahrdienstvermittler doch noch eine Stellungnahme ab und erklärte: "Sexuelle Übergriffe sind ein entsetzliches Verbrechen und wir nehmen jeden einzelnen Bericht ernst". Eine Sprecherin des Unternehmens wies zudem darauf hin, dass das Rechtsverfahren bereits seit Februar 2022 laufe. Zur konkreten Anzahl der bislang eingereichten Klagen und der Frage, wie viele der 550 von der Anwaltsfirma erwähnten Mandantinnen sich bereits daran beteiligten, machten Uber und die Kanzlei widersprüchliche Angaben.Die Probleme an sich sind seit Langem bekannt. Erst vor rund zwei Wochen veröffentlichte der Konzern das Ergebnis einer eigenen Untersuchung, wonach es allein in den Jahren 2019 und 2020 Berichte über 3824 sexuelle Übergriffe von Fahrern gab. Uber hatte sich deshalb auch in der Vergangenheit schon mit Klagen auseinandersetzen müssen. 2018 etwa akzeptierte das Unternehmen einen Vergleich mit zwei Frauen. Uber teilte mit, die Probleme ernstzunehmen und Maßnahmen dagegen zu ergreifen. Doch nicht alle kaufen dem Konzern das ab. "Uber könnte so viel mehr tun, um seine Mitfahrerinnen und Mitfahrer zu schützen", sagte Klägeranwalt Adam Slater. "Kameras, um Angriffe zu verhindern, robustere Background-Checks für Fahrer, ein Warnsystem, wenn Fahrer von ihren Routen abweichen." Doch das Unternehmen lehne diese Maßnahmen ab. In der Vergangenheit hat Uber sich unter anderem damit verteidigt, nicht für das Verhalten von Fahrern zur Verantwortung gezogen werden zu können, da diese keine festen Mitarbeiter seien. Das Unternehmen behauptet aber auch, seine Fahrer gründlich zu überprüfen und bereits Sicherheitsmaßnahmen eingeführt zu haben - zum Beispiel einen Notfall-Button in der App. Für den in der Vergangenheit schon häufig wegen seines aggressiven Geschäftsgebarens kritisierten US-Konzern kommen die Anschuldigungen zur Unzeit. Vor wenigen Tagen erst geriet Uber durch ein großes Datenleck unter Druck, das das ganze Ausmaß der umstrittenen und mitunter am Rande der Legalität stattfindenden Lobby-Arbeit der Jahre 2013 bis 2017 aufzeigte. Die Unterlagen stammen allerdings aus der Ära von Mitgründer und Ex-Chef Travis Kalanick. Er trat 2017 nach Skandalen zurück, die von Sexismus und Diskriminierung über Technologie-Diebstahl bis hin zu Spionage-Affären reichten. Heute distanziert sich das Unternehmen von Kalanick und seinen Methoden. Anmerkung der Redaktion: Diese Meldung wurde am 04.08.2022 nachträglich korrigiert, nachdem die Nachrichtenagentur dpa fälschlicherweise berichtet hatte, dass über 500 Frauen Uber wegen sexueller Übergriffe von Fahrern verklagt hätten. Noch ist aber nicht klar, um wie viele Klagen und Klägerinnen es sich tatsächlich handelt.
0amerika
Als Zeichen anhaltender Spannungen haben sowohl China als auch Taiwan weitere Manöver abgehalten. Das chinesische Militär setzte seine bereits seit Tagen andauernden "kampforientierten" Übungen fort, wie chinesische Staatsmedien berichteten. Vor dem Hintergrund des militärischen Drucks Chinas begann auch Taiwan mit einem eigenen Manöver, das bereits seit längerer Zeit angekündigt war. Bei der Artillerie-Übung an der taiwanischen Küste wurden Schüsse mit scharfer Munition abgegeben, wie das taiwanische Fernsehen berichtete. Das Manöver wurde demnach in der Nähe eines Gebiets abgehalten, das in den vergangenen Tagen auch von den Chinesen als Übungszone deklariert worden war. Ein Armeesprecher bestätigte den Beginn der Übung. Der Sprecher hatte im Vorfeld gesagt, die taiwanische Armee werde "Gegenmaßnahmen gegen simulierte feindliche Angriffe auf Taiwan üben". Hunderte Soldaten und rund 40 Haubitzen würden dabei zum Einsatz kommen. Das taiwanische Manöver war bereits im Juli angekündigt worden, noch bevor die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, vergangene Woche gegen den Widerstand Pekings nach Taipeh reiste. Die chinesische Führung lehnt solche offiziellen Kontakte anderer Länder zu Taiwan ab, weil sie die Insel als Teil der Volksrepublik ansieht. Hingegen versteht sich Taiwan längst als unabhängig. Mit ihren seit der vergangenen Woche anhaltenden Manövern übte die Volksbefreiungsarmee nicht nur eine See- und Luftblockade, sondern auch eine mögliche Eroberung der Insel. China hatte vergangene Woche nach Pelosis Besuch in Taiwan riesige Militärmanöver in den Gewässern rund um Taiwan begonnen. Ungeachtet aller Proteste und entgegen eigener Ankündigungen setzte China seine Militärübungen fort. Peking hatte eigentlich angekündigt, die Übungen am Sonntag beenden zu wollen. Einige chinesische Kommentatoren meinten, dass die Militärübungen regelmäßig stattfinden und eine neue Normalität werden könnten. Taiwans Außenminister Joseph Wu verurteilte die Ausweitung der chinesischen Manöver in der Nähe von Taiwan. "Chinas wahre Absicht hinter diesen militärischen Übungen ist es, den Status quo in der Straße von Taiwan und der gesamten Region zu ändern", sagte Wu. Die großangelegten militärischen Übungen, Raketenstarts und Cyberangriffe hätten auch das Ziel, die öffentliche Moral auf der Insel zu schwächen. Taiwan hält regelmäßig Manöver ab, bei denen eine chinesische Invasion simuliert wird. Im Juli hatte das taiwanische Militär im Rahmen seiner größten jährlichen Übung die Abwehr von Angriffen aus dem Meer in einer "gemeinsamen Abfangoperation" geübt.
1asien
Die 22-Jährige hat bei ihrem erst zweiten Grand-Slam-Turnier überhaupt bereits für Furore gesorgt und bekommt dafür Anerkennung - und eine große Karriere vorausgesagt. "Sie ist eine sehr intelligente Spielerin und hat ein unglaubliches Händchen. Jule besitzt alle Waffen für eine Spitzenspielerin. Ich traue ihr die Top 20 in der Welt zu", sagt beispielsweise Bundestrainerin Barbara Rittner.Was Rittner unter anderem damit meint: ein wirklich krachender Aufschlag, druckvolles Vorhandspiel und damit die Möglichkeit, ihre Gegnerinnen sofort unter Druck zu setzen und ein Spiel dominant zu gestalten. Vor allem auf Rasen. Niemeier versucht indes, den Medienrummel und das viele Lob auszublenden. "Ich habe mir noch keinen einzigen Artikel durchgelesen. Am Ende kann ich mir davon ja auch nichts kaufen."Und Niemeiers Gegnerin? Die hat nicht nur den Vorteil der größeren Erfahrung auf ihrer Seite. "Tatjana hat oft genug eindrucksvoll gezeigt, dass sie über sich hinauswächst. Sie wird alles tun, um es Jule so schwer wie möglich zu machen", vermutet die Bundestrainerin ein "enges Match mit offenem Ausgang". Maria spielt in diesem Turnier bisher taktisch sehr diszipliniert und geduldig, blieb auch im Achtelfinale nach Satzrückstand gegen Jelena Ostapenko ruhig. Und dann ist da noch dieser im besten Sinne "ekelhafte" Slice - mit Rück- und eben auch, ziemlich ungewöhnlich, der Vorhand.Dass das gegen Spielerinnen mit harten Schlägen, wie Niemeier es auch ist, durchaus zum Erfolg führen und deren Rhythmus stören kann, zeigte sich unter anderem auch schon vor wenigen Tagen beim Erfolg von Harmony Tan gegen Serena Williams in Runde eins. Dass Maria, die diesen Vorhandslice über die Jahre zu ihrem Markenzeichen gemacht hat, gegen Niemeier von ihrer Taktik abweicht: unwahrscheinlich.Ein WTA-Duell zwischen den beiden einzigen im Feld verbliebenen deutschen Spielerinnen gab es bisher noch nicht. Völlig überraschen können dürften sie einander jedoch trotzdem nicht. Beim TC Bredeney sind die beiden schließlich Teamkolleginnen. Am 29. Mai standen sie noch gemeinsam im Aufgebot gegen den TC 1899 Blau-Weiss Berlin. Beide gewannen ihre Einzel für den aktuellen Tabellenführer der Tennis-Bundesliga glatt in zwei Sätzen. Egal wer von beiden sich nun durchsetzt, ins Halbfinale einziehen und den größten Erfolg ihrer Laufbahn feiern kann: Vor dem Turnier hätte wohl kaum jemand auch nur auf eine Achtelfinalteilnahme der beiden Deutschen getippt. Für das deutsche Damentennis ist das erste nationale Wimbledon-Viertelfinalduell seit Angelique Kerbers Sieg gegen Sabine Lisicki im Jahr 2012 schon jetzt ein Gewinn.Quelle: sportschau.de
4sportschau
Es war ein ungewöhnlicher Gast den Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro da Ende August mit Staatsehren empfing: Das Herz von Kaiser Dom Pedro, dem Ersten, aufgebahrt in einer goldenen Urne eingelegt in Formaldehyd. "Zwei Länder, vereint durch die Geschichte, verbunden durch das Herz. Zweihundert Jahre Unabhängigkeit, und vor uns: eine Ewigkeit der Freiheit", sagte Bolsonaro bei der Ankunft der Reliquie.Das Monarchenherz ist eine Leihgabe Portugals, anlässlich des 200.Jubiläums der Unabhängigkeit Brasiliens am 7. September - Dom Pedro I. war es damals, der 1822 mit dem berühmten "Ruf von Ipiranga" die einstige Kolonie vom Mutterland löste. Manche Historiker sprechen von einer Mogelpackung: Schließlich ermöglichte das der Adelsfamilie, Brasilien noch fast 70 Jahre als Kaiserreich weiter zu regieren. All das erklärt vielleicht auch, warum der Unabhängigkeitstag in Brasilien bisher eher unter dem Radar lief. Bis Bolsonaro kam und verkündete: "Gott, Vaterland, Familie! Es lebe Portugal, es lebe Brasilien!" Damit verwendete Bolsonaro übrigens wörtlich den Wahlspruch des portugiesischen Diktators des "Estado Novo", Antonio Salazar. Kein Zufall, sagt der Historiker Lucas Pedretti: "Bolsonaro und auch die Militärs schüren Nationalismus, um Stärke zu demonstrieren. Und sich als Führer und Befreier der Nation zu inszenieren, der in der Tradition einer glorreichen Vergangenheit steht, die zwar so nie existiert hat, aber dazu dient, die Werte einer extremen Rechten zu bekräftigen, die die Welt weiterhin mit den Augen des Kalten Krieges betrachtet".Schon im vergangenen Jahr mobilisierte Bolsonaro am 7. September seine Anhänger, um gegen den Obersten Gerichtshof zu protestieren. Nun fällt das historische Datum in die heiße Phase des Wahlkampfes. Laut aktuellen Umfragen liegt Bolsonaro mehr als zehn Prozentpunkte hinter seinem herausfordere, dem linken Ex-Präsidenten Lula da Silva. Seit Monaten schürt Bolsonaro nun aber Zweifel an Umfragen und am elektronischen Wahlsystem. Edinei Oliveira aus Rio de Janeiro, schwarz und offen homosexuell, fürchtet deswegen um die Demokratie in seinem Land. "Wenn er die Wahlen nicht gewinnt, kommt er mit der Geschichte des Wahlbetruges, um einen Putsch durchzuführen und er nutzt den Unabhängigkeitstag, um seine Anhänger aufzustacheln", sagt Oliveira.Bolsonaro ließ die Feierlichkeiten zum 200-jährigen Jubiläum kurzerhand an die Copacabana verlegen, Rios weltberühmten Strand. Kunstflugstaffel, Motorrad-Rallye, Salutschüsse und Bolsonaro vor einem Menschenmeer in Gelb-Grün. Auch Anwohnerin Ana Maria Pacheco wird sich ein Trikot in Nationalfarben überstreifen, die ganze Theorie von einem Putsch hält sie für völlig übertrieben. "Das wird wunderbar", sagt sie, "und es ist ein guter Moment. Die Wirtschaft wächst wieder, die Arbeitslosigkeit geht zurück und die Inflation auch. Ich finde Bolsonaro ist ein guter Präsident."Vanderlei Alves, Mitarbeiter des halbstaatlichen Ölkonzerns Petrobras, fühlt sich vom medialen Diskurs in die Ecke gedrängt. Er sagt, die Linke versuche so, von den eigenen Fehlern abzulenken: "Die Linken, die während ihrer Regierungszeit nur geklaut haben und korrupt waren, wollen wieder zurück an die Macht. Das ist die Bedrohung. Und sie kontrollieren die Wahlbehörde, deshalb traue ich dem System nicht."So erlebt Brasilien in seinem 200. Unabhängigkeitsjahr eine tiefe politische Spaltung. Damit verpasse die Gesellschaft auch die Gelegenheit, die eigene Geschichte zu reflektieren, sagt Pedretti. "200 Jahre, das ist ein starkes Datum, um über historische Verantwortung zu diskutieren, in Bezug auf die Sklaverei, die Gewalt gegen indigene Völker, den strukturellen Rassismus." Stattdessen bekräftige Bolsonaro die Geschichte der weißen, mächtigen Männer, erklärt der Historiker weiter. "Ein Mythos, der uns nicht hilft, gemeinsam eine andere Zukunft zu konstruieren."
0amerika
Wer in Dresden Wohngeld bekommen möchte, dessen Antrag landet unter anderem auf dem Schreibtisch von Bianka Bernhardt in der Wohngeldstelle. Hier die Akten, die die Sachbearbeiterin mit ihren 39 Kollegen und Kolleginnen gerade bearbeitet, da auf der anderen Seite die neuen: "So gut wie alle aus dem September und dem August", berichtet sie. In den beiden Monaten haben sich die Neuanträge im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Auch deshalb blickt Dresdens Sozialdezernentin Kristin Klaudia Kaufmann mit Sorge auf die Ausweitung des Wohngeldanspruchs, wie ihn die Bundesregierung vorsieht. Denn dann sollen etwa drei Mal so viele Haushalte Anspruch auf die staatliche Unterstützung bekommen. "Eine Verdreifachung bedeutet natürlich, dass wir auch drei Mal so viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigen, um schnell die Beantragung zu ermöglichen", sagte die Linken-Politikerin dem ARD-Magazin Fakt. In Dresden müssen Antragstellende jetzt schon knapp drei Monate auf einen Bescheid warten. Und geeignetes Personal findet sich kaum. Daher kann es sein, dass das Wohngeld womöglich erst im Sommer ausgezahlt wird. "Das ist ein simpler Dreisatz: Jede Kollegin, jeder Kollege, der nicht gefunden wird, führt dazu, dass die Bearbeitungszeit länger dauert", so Kaufmann. Dresden ist mit den Bedenken nicht allein. Auch in Berlin gibt es einige Fragezeichen, was die Umsetzung der Wohngeldreform zum 1. Januar des kommenden Jahres angeht. Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel sagte schon vor einigen Wochen, dass es in Berlin erstmal nur Abschlagszahlungen geben werde. Das neue Gesetz ermögliche, dass vorläufige Vorauszahlungen geleistet werden, ehe der Antrag entschieden ist. SPD-Politiker Geisel rechnet damit, dass die vollen Beträge dann wahrscheinlich von März 2023 an ausgezahlt würden. In München ist es schon jetzt so, dass Antragsteller zwischen neun und zehn Monaten warten müssen, wie eine Sprecherin des Sozialreferats dem ARD-Hauptstadtstudio mitteilte. Dabei spielt der Faktor Zeit für die Betroffenen eine wichtige Rolle. Schließlich brauchen Menschen, die die hohen Preise ans Existenzlimit treiben, eine zügige Entlastung. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte bei der Vorstellung des dritten Entlastungspakets sein Mantra wiederholt, wonach keiner alleingelassen werde. Und er kündigte die seit Langem "größte Wohngeldreform" an. Statt bisher rund 600.000 Haushalte sollen künftig rund zwei Millionen Haushalte bundesweit Wohngeld beziehen können. Nach dem Gesetzentwurf von Bundesbauministerin Klara Geywitz führt die Reform zu einer durchschnittlichen Erhöhung des Wohngelds um 190 Euro. Im Moment erhalten Wohngeld-Haushalte im Durchschnitt 177 Euro, hat das Statistische Bundesamt errechnet. Es geht also im Schnitt mindestens um eine Verdopplung des Wohngelds. Die Sozialverbände begrüßen die Pläne grundsätzlich. Dennoch profitierten auch nach der Reform nicht genügend Menschen vom Wohngeld, sagte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, gegenüber dem ARD-Magazin Fakt. In Deutschland gebe es 7,7 Millionen Haushalte unter der Armutsgrenze: "Davon bekommen etwas über drei Millionen im Moment Grundsicherungsleistungen. Aber es bleiben nach wie vor etwa 2,8 Millionen Haushalte, die auch bei einer solchen Wohngeldreform noch immer leer ausgehen würden, obwohl sie arm sind."Im Bauministerium wird das anders gesehen. Wer Mindestlohn bekommt oder eine Rente in ähnlicher Höhe, könnte damit rechnen, dass ein Antrag auf Wohngeld bewilligt würde, sagte Ministerin Geywitz. Die Berechnungen für das Ministerium kommen von Ralph Henger vom Institut der Deutschen Wirtschaft. Er ist der Meinung: Durch die ansteigenden Leistungen bei der Grundsicherung und beim Wohngeld seien armutsgefährdete Haushalte fast vollständig abgedeckt. Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat. Damit mehr Haushalte die Unterstützung bekommen, werden die Einkommensgrenzen angehoben. Weil das Wohngeld aber weiter mehrere Faktoren berücksichtigt, lässt sich jetzt noch nicht sagen, wer genau, mit welchem Einkommen die Unterstützung bekommt. Einberechnet wird der Wohnort und dessen Mietpreisniveau, das Einkommen und die Höhe der Miete oder der Belastungen durch die Immobilie. Denn Wohngeld kann als Mietzuschuss oder als Lastenzuschuss für zum Beispiel eine Eigentumswohnung bezahlt werden. Neu ist auch, dass die Heizkosten künftig berücksichtigt werden sollen. Für die Monate bis zum Jahreswechsel will die Ampel-Koalition einen zusätzlichen Heizkostenzuschuss auf den Weg bringen. Sozialverbände kritisieren, dass Stromkosten in die Berechnung des Wohngelds nicht einfließen. Nicht zuletzt gibt es Streit ums Geld - und der wird dann spätestens bei der Ministerpräsidentenkonferenz nächste Woche eine Rolle spielen. Im Haushalt des Bundesbauministeriums sind für die Neuerungen 4,7 Milliarden Euro eingeplant. Eigentlich wird das Wohngeld zur Hälfte vom Bund und zur anderen Hälfte von den Ländern finanziert. Die haben nun Vorbehalte geäußert. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst, der eine schwarz-grüne Regierung anführt, stellte zur Debatte, ob nicht der Bund das Wohngeld komplett zu zahlen habe. Hier dürfte also noch Gesprächsbedarf sein.
3innenpolitik
Auf dem Platz der Würde im Zentrum von Santiago herrscht Fassungslosigkeit. Mit so einem klaren Triumph des Rechazo - der Ablehnung des neuen Verfassungsentwurfes - hätte hier niemand gerechnet. Hier, wo 2019 die soziale Revolte Chiles begann, der Reformprozess angestoßen wurde, der an diesem Abend zu einer neuen Verfassung führen sollte. Doch nun fließen Tränen, während die ersten Hupkonzerte derjenigen beginnen, die mit Nein gestimmt haben. Chile würde nun im immergleichen Sumpf stecken, stellt Paulina Soto fest, die eine neue Verfassung unterstützt hatte: "Wir akzeptieren weiter all die Ungerechtigkeit und soziale Ungleichheit unserer Gesellschaft und das nach all diesen drei Jahren, in denen wir so viel gekämpft haben. Für was, frage ich mich? Die Angst vor der Veränderung war stärker." Trauer, Wut und Fassungslosigkeit seien nun das, was sich unter vielen Befürworterinnen und Befürwortern des Verfassungsentwurfes breit mache, ergänzt Claudia Salas. "Es gab so viele Fake-News und Hetzkampagnen von Rechts über die Verfassung. Dieses Land hat einfach kein Gedächtnis, es hat Angst vor Veränderung. Wir hatten die Chance, das Erbe der Diktatur endgültig abzuschütteln, und dann kneifen wir. Das alles bedeutet nichts Gutes."Die neue Verfassung sollte Chile von Grund auf umbauen, zu einem Sozialstaat, der Frauenrechte und Umweltschutz stärkt, die indigenen Völker anerkennt und sich aktiv um das Wohlergehen der Menschen kümmert, statt das privaten Unternehmen zu überlassen, wie es die aktuelle Verfassung, die noch aus Zeiten der Pinochet-Diktatur stammt, vorsieht. Noch vor zwei Jahren hatten 80 Prozent der Wähler für eine neue Verfassung gestimmt - und jetzt das?In der Zentrale des Rechazo wird die Nationalhymne angestimmt, Feierstimmung, aufatmen. "Wir wollen eine neue Verfassung, aber nicht diese hier", sagt Ximena Rincon, Senatorin der konservativen christlich demokratischen Partei Partido Demócrata Cristiano de Chile: "Dieses Ergebnis sagt ganz klar, dass eine Mehrheit im Land eine neue Chance für eine bessere Verfassung haben möchte, die alle repräsentiert."Ausgearbeitet wurde der Gesellschaftsvertrag von 155 gewählten Volksvertretern, darunter genauso viele Männer wie Frauen, die - getragen von der damals euphorischen Stimmung - alle mehrheitlich aus dem linken und progressiven Lager kamen. Rechte und konservative Kandidaten errangen nicht einmal eine Sperrminorität. Damit repräsentierte die verfassungsgebende Versammlung allerdings nicht den Querschnitt der chilenischen Gesellschaft. Kritiker sagen, der Entwurf sei kaum mehr als eine Wunschliste der Linken. Chile könne sich in ein zweites Venezuela verwandeln, warnten andere. Cristian Warnken, Sprecher der eher zentristischen Bewegung "Amarillos por Chile", erklärte: "Das war eine Niederlage der Überheblichkeit und Arroganz, die Hälfte des Landes wurde ignoriert und nicht mit einbezogen. Eine radikale Linke hat mit dem Rücken zum Rest des Landes gearbeitet. Das Ergebnis ist sehr eindeutig. Die Menschen fühlen sich von dieser Verfassung nicht vertreten."Die Frage ist: Was nun? Die Ablehnung der Verfassung, dazu mit einem solch klaren Vorsprung, ist eine herbe Niederlage auch für Chiles Präsidenten Gabriel Boric, bei seiner Wahl als junger, linker Hoffnungsträger gefeiert. Das Ergebnis des Referendums war, auch wenn er sich selbst versuchte zu distanzieren, auch eine Abstimmung über sein erstes Regierungsjahr. Erstmals herrschte bei dieser Abstimmung Wahlpflicht: Mehr als 13 Millionen der rund 15 Millionen Wahlberechtigten in Chile gaben ihre Stimme ab, ein historischer Rekord. Boric erklärte am Sonntagabend, es sollte nun mit allen Beteiligten ein neuer Anlauf für eine Verfassung gestartet werden: "Auch diejenigen von uns, die diesen historischen Transformationsprozess unterstützt haben, müssen selbstkritisch sein. Chilenische Männer und Frauen haben eine zweite Chance gefordert. Deshalb setze ich mich dafür ein, alles zu tun, um gemeinsam mit dem Kongress und der Zivilgesellschaft einen neuen verfassungsgebenden Prozess anzustoßen, der Lehren aus dem alten Prozess zieht, und dem es gelingt, in einem neuen Text die breite Mehrheit der Bevölkerung zu interpretieren."Boric lud alle politischen Parteien ein, um bereits am Montag die Weiterführung des verfassungsgebenden Prozesses zu analysieren. Währenddessen heizt sich die Stimmung rund um die Plaza Dignidad im Zentrum Santiagos auf. Autokorsos umkreisen die Plaza, einige Steine flogen. Chiles Gesellschaft ist tief gespalten. Einen neuen Verfassungsprozess anzustoßen wird alles andere als einfach.
0amerika
Der Einzelhandel warnt vor dem kompletten Abschalten aller Ladenbeleuchtungen in den Innenstädten, um Energie zu sparen. "Mit der Schaufensterbeleuchtung sorgen wir auch für Sicherheit und soziale Verantwortung in den Städten, vor allen Dingen in den weniger frequentierten Zeitfenstern in der Nacht", sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), Stefan Genth, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.Das Energiesparen dürfe nicht auf Kosten der Sicherheit gehen. Der Handel spare heute schon bewusst Energie ein, sagte Genth. "Besonders effektiv ist es, Klimaanlagen im Sommer nicht so kühl einzustellen und die Heizung im Winter nicht so stark aufzudrehen", sagte Genth.Er verwies darauf, dass ein Grad weniger Raumtemperatur beim Heizen sechs Prozent Energie einspare. Mit der neuen Verordnung des Wirtschaftsministeriums sei es möglich, die Temperatur in den Läden auf bis zu 19 Grad herunterzufahren. Beleuchtungen könnten auf LED umgestellt werden.Spanien hat bereits am 10. August einen Energiesparplan umgesetzt. Dort sind die Schaufenster ab 22.00 Uhr nicht mehr beleuchtet, auch werden nachts öffentliche Gebäude nicht mehr angestrahlt.Der HDE hatte am Montag angekündigt, der Handel werde die Beleuchtung reduzieren, Türen sollten nicht dauerhaft offenstehen. Damit nicht bei geschlossenen Ladentüren weniger Kundinnen und Kunden ins Geschäft kämen, wolle der Einzelhandel ihnen mit Plakaten zeigen: "Türen zu, Geschäft offen". Händlerinnen und Händler können die Plakate laut Verband herunterladen und selbst ausdrucken. Sie können sie auch beim HDE bestellen oder bei einigen Landesverbänden abholen.  Die Energieeinsparverordnung der Bundesregierung soll am 1. September in Kraft treten. Laut Entwurf der Verordnung ist dem Einzelhandel dann vorgeschrieben, Türen und Fenster nicht dauerhaft offenstehen zu lassen. Schaufenster dürfen demnach von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr morgens nicht beleuchtet werden.
6verbraucher
"Details wurden nicht genannt": Diese Feststellung zog sich durch alle Agenturmeldungen zum Gespräch zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al Sisi in Berlin, als es um die Frage ging, ob Scholz al Sisi auf das Thema Menschenrechte angesprochen habe. Ja, man habe darüber geredet, hieß es hinterher schlicht. Und Scholz hob hervor, er habe al Sisi auf die segensreiche Wirkung von "entschlossenen Schritten" zu mehr Partizipation und Rechtsstaatlichkeit hingewiesen - diese trügen "dazu bei, die Lage zu verbessern und die Wirtschaft nachhaltig zu stärken und zu stabilisieren".Dass al Sisi auf solche Ratschläge sonderlich viel gibt, darf getrost bezweifelt werden. Der frühere Oberbefehlshaber der Armee regiert das Land seit 2014 und geht dabei härter gegen Oppositionelle vor als sein Vor-Vorgänger Hosni Mubarak, der im ägyptischen Frühling 2011 gestürzt worden war. In den Gefängnissen sollen mehr als 65.000 politische Gefangene sitzen, die Hälfte davon in Untersuchungshaft. Al Sisis Regierung will davon nichts wissen und behauptet, es gebe gar keine politischen Gefangenen.Zwar rief al Sisi unlängst einen nationalen Dialog aus, woraufhin einige frei kamen - doch die Zielrichtung dieses Dialogs ist weiter unbekannt. Oppositionelle vermuten, dass sich die Initiative mehr an die EU und die USA als an die Opposition richtet. Ägypten befindet sich seit Jahren in einer tiefen Wirtschaftskrise und ist auf ausländische Gelder angewiesen. Sisi bot der EU in Berlin eine Energiepartnerschaft an. Auf der Liste der Erdgas-produzierenden Länder steht Ägypten auf Platz 14.Algeriens Hoffnung auf einen politischen Wandel dauerten nicht lange. Zwar wurde 2019 der greise Langzeit-Herrscher Abdelaziz Bouteflika durch die "Hirak"-Aufstände gestürzt, doch sein Nachfolger Abdelmadjid Tebbounes herrscht ähnlich autoritär. Amnesty International hielt 2021 fest, dass die Behörden zunehmend "auf die Anschuldigungen 'Terrorismus' oder 'Verschwörung gegen den Staat' zurückgreifen, um Menschenrechtsverteidiger und Hirak-Aktivisten zu verfolgen". Um Widerspruch zu zerschlagen und Protest zum Schweigen zu bringen, sei den Behörden jedes Mittel recht. Mittlerweile sollen sich Hunderte Algerier in Haft befinden, schreibt Amnesty in einem neuen Bericht unter Berufung auf algerische Organisationen.Algerien ist inzwischen der wichtigste Gas-Lieferant Italiens, auch weil die russischen Lieferungen deutlich zurückgegangen sind. Ministerpräsident Mario Draghi handelte zu Wochenbeginn einen weiteren Vertrag in Algier aus. Das dürfte in Spanien mit Aufmerksamkeit verfolgt werden, denn das Land bezieht ebenfalls Gas aus Algerien, befindet sich allerdings mit Algier im Streit über West-Sahara. Dort unterstützt Spanien neuerdings Algeriens Nachbarland Marokko, das das Gebiet 1975 annektiert hat. Algerien wiederum unterstützt die Widerstandsbewegung Polisario, die ein Referendum über die Unabhängigkeit der West-Sahara anstrebt. In der vergangenen Woche setzte Algerien deshalb den Freundschaftsvertrag mit Spanien aus, bestritt aber nach einer Intervention der EU, dass eine solche Entscheidung überhaupt gefallen sei.Angola war ein weiteres Ziel italienischer Bemühungen, vom russischen Gas loszukommen. Im April reisten Vertreter der italienischen Regierung und des staatlichen Energieversorgers Eni in das westafrikanische Land und kamen mit einer Absichtserklärung für mehr Gaslieferungen wieder: eine Milliarde Kubikmeter soll Angola ab 2023 nach Italien schicken. Angola gehört zu den größten Rohölproduzenten Zentralafrikas und ist trotz Gegenbestrebungen stark vom Ölexport abhängig. Im Land selbst bricht die Energieversorgung häufig zusammen, große Teile der rasch wachsenden Bevölkerung leben in Slums. Die Entscheidungsmacht - auch in vielen wirtschaftlichen Prozessen - ist in den Händen des Präsidenten Joao Lourenco konzentriert, korrupte Eliten verhindern einen breiten Aufschwung. Gewaltenteilung oder ein Bewusstsein für Rechtsstaatlichkeit gibt es kaum, jedoch häufig Berichte über brutale Polizeieinsätze mit Toten gegen die Bevölkerung. Auf Empörung, weil bei der Durchsitzung der Corona-Schutzmaßnahmen 2020 Bürger getötet worden waren, entgegnete Innenminister Eugénio Laborinho damals: "Die Polizei ist nicht im Einsatz, um Süßigkeiten zu verteilen oder Schokolade auszugeben."Nachdem die italienische Delegation im April erfolgreich in Angola verhandelt hatte, ging es weiter in den Kongo, und dort wurde ein noch größerer Deal abgeschlossen. 4,5 Milliarden Kubikmetern LNG sollen ab 2023 nach Italien geschifft werden.Beim Verhandlungspartner wusste die italienische Seite nur zu gut, wen sie vor sich hatte. Präsident Denis Sassou-Nguesso regiert das Land ununterbrochen seit 1997, zuvor war er schon von 1979 - 1992 Staatschef gewesen. Bei den Präsidentschaftswahlen wirft die Opposition dem 78-Jährigen regelmäßig Manipulation vor. Im Demokratieindex des "Economist" bekommt die Republik Kongo das Etikett "autoritätes Regime". Im Korruptionswahrnehmungsindex 2021 von Transparency International nimmt Kongo zusammen mit Guinea-Bissau Rang 162 von 180 Staaten ein - wohl auch eine Erklärung dafür, dass die Bevölkerung wenig von dem Rohstoffreichtum des Landes hat, im Gegensatz zum Umfeld des Präsidenten, wie die internationalen Recherchen zu den Panama-Papers 2016 zeigten. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew strahlten um die Wette, als sie zu Wochenbeginn ein vorläufiges Abkommen über die Verdoppelung der Erdgaslieferungen der Ex-Sowjetrepublik in die EU innerhalb von fünf Jahren abschlossen. Ab 2027 sollen demnach jährlich mindestens 20 Milliarden Kubikmeter fließen - bislang sind es jährlich 8,1 Milliarden Kubikmeter.Alijew regiert das Land seit 2003 - als Nachfolger seines Vaters Hejdar, der das Land seit 1993 regiert hatte, und er regiert es nicht minder autoritär. Die Opposition und unabhängige politische Organisationen wurden systematisch an den Rand gedrängt und vor Gericht gezogen. Bei der Parlamentswahl 2020 konstatierte die OSZE "erhebliche verfahrenstechnische Verstöße beim Zählen und Registrieren der Stimmen am Wahltag". Die Parlamentarische Versammlung des Europarats hielt im selben Jahr fest, es bestehe "kein Zweifel mehr, dass Aserbaidschan im Zusammenhang mit politischen Gefangenen ein Problem hat und dass dieses auf strukturelle und systemische Ursachen zurückzuführen ist".Aserbaidschan strebt die völlige Kontrolle über die Region Berg-Karabach an, die in Teilen vom benachbarten Armenien kontrolliert wird. Im Herbst 2020 kam es über Wochen zu schweren Kämpfen mit Tausenden Toten, in denen Aserbaidschan einen Teil des Gebietes eroberte. Katar zählt zu den weltweit größten Exporteuren von Flüssigerdgas. Schon im März - etwa einem Monat nach Beginn der russischen Invasion in die Ukraine - reiste Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nach Katar, um dort "Türöffner" für deutsche Energiegeschäfte zu sein, wie er selbst sich nannte. Für Habeck war das mutmaßlich keine leichte Reise, steht Katar doch seit vielen Jahren im Zentrum massiver Kritik - von Menschenrechtlern aber auch Gewerkschaften. Grundlage der katarischen Gesetzgebung ist die Scharia, Frauen sind Männern juristisch nicht gleichgestellt, sexuelle Minderheiten werden kriminalisiert, das Land verhängt und vollstreckt weiterhin die Todesstrafe.Und dann ist da noch die Sache mit der Fußball-WM Ende des Jahres: Zahlreiche Recherchen bestätigen, dass ausländische Arbeitskräfte etwa beim Bau der Stadien systematisch ausgebeutet und misshandelt werden - es gibt auch Berichte über Tote. Von Katar gelobte Reformen, die das Kafala-Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Lohnempfänger begrenzen, werden laut Kritikern bislang nur unzureichend umgesetzt. Habeck selbst sagt, er habe dabei über die Bedeutung von Standards beim Arbeitsschutz gesprochen, die das Wirtschaftsministerium in Doha bekräftigt habe. Am Ende des Besuchs stand ein Abkommen über eine langfristige Energiepartnerschaft, die sowohl LNG-Lieferungen als auch einen Ausbau erneuerbarer Energien umfassen soll - etwa Wasserstoff-Technologie. Die genauen Mengen sind noch unbekannt, die Details werden nun auf Firmenebene ausgehandelt.Gas aus Senegal - diese Variante fand bis zum Ausbruch des Kriegs gegen die Ukraine hierzulande wenig Beachtung. Nun sind die erst vor wenigen Jahren entdeckten Vorkommen vor der Küste Senegals und Mauretaniens attraktiv geworden; nicht zuletzt deshalb startete Kanzler Scholz im Mai seine erste Afrika-Reise in Dakar. Ab 2023 will Senegal Flüssiggas exportieren, Europa wird allerdings nicht zu den ersten Empfängern gehören: Zunächst soll der Export nach Asien gehen. Präsidenten Macky Sall will damit unter anderem den Ausbau der Stromversorgung in seinem Land fördern - und weist mit dem Argument auch die Kritik von Umweltschützern an der geplanten Ausbeutung der Gasvorräte auf See zurück. Die Bevölkerung in dem Land wächst stark, ihr Durchschnittsalter liegt bei 19 Jahren.Sall regiert das Land seit 2012, 2024 darf er laut Verfassung nicht wieder antreten. Die Opposition mutmaßt, dass Sall sich über diesen Passus hinwegsetzen will. Der Demokratie-Index des britischen "Economist" führte den Senegal 2020 in der Sparte der "hybriden Regime" - eine Stufe vor den autoritären Regimen. Mit Rang 86 von 167 Staaten lag Senegal damit einen Platz vor Hongkong. "Reporter ohne Grenzen" attestierte dem Land in ihrem Jahresbericht 2022 zwar eine "solide Demokratie", verwies aber zugleich auf einen beispiellosen Anstieg von Gewalt gegen Journalisten im Vorjahr.Bei westlichen Staats- und Regierungschefs wird der neue Machthaber der Vereinigten Arabischen Emirate, Mohammed bin Zajed al Nahjan, international gerne abgekürzt als MBZ, hofiert wie nur wenige andere. Bundeswirtschaftsminister Habeck vereinbarte schon im März eine vertiefte Zusammenarbeit bei der Forschung an Wasserstoff als Energieträger und synthetischem Kerosin, US-Präsident Joe Biden lud den Emir von Abu Dhabi während seiner Nahostreise nach Washington an, am Montag war MBZ auf seiner ersten Auslandsreise im Amt zu Gast in Paris: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron empfing ihn mit militärischen Ehren und einem Staatsbankett. Im Ergebnis schlossen Macron und bin Zajed eine Vereinbarung über Diesel-Lieferungen und über eine künftige Zusammenarbeit im Bereich Wasserstoff als Energieträger. Die VAE lagen 2020 auf Platz sieben aller Länder mit Erdgasreserven, bei Erdöl war es Platz acht. Dies und den prall gefüllten Staatsfond wandeln die Emirate in politische Macht um. Ihre Soldaten sind in den Konflikten im Jemen und in Libyen beteiligt, das kleinere Katar versuchten die Emirate zusammen mit Saudi-Arabien lange mit einer Blockade auf Linie zu bringen. In Sachen Russland hat das Emirat eine Verurteilung des Überfalls auf die Ukraine bislang abgelehnt, bietet zugleich reichen Russen einen Unterschlupf.Im Inneren gibt es nur begrenzt eine demokratische Mitwirkung, Frauen sind Männern juristisch nicht gleichgestellt, für homosexuelle Beziehungen drohen Haftstrafen. Menschenrechtsorganisationen weisen kontinuierlich darauf hin, dass die Emirate an vielen Stellen Menschenrechte missachten: Hausangestellte und Bauarbeiter etwa werden durch das Kafala-System gezwungen, ihre Ausweispapiere und ihre Entscheidungsfreiheit an die Arbeitgeber abzutreten.War all das ein Thema in Gesprächen mit MBZ? Unklar. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire sagte vor dem Besuch , der gesteigerte Energieimport aus den Emiraten solle eine "Zwischenlösung" sein.
1asien
Wer an diesem Morgen im französischen Volgelsheim nahe der deutschen Grenze tanken möchte, braucht Geduld. Die Tankstelle einer Supermarktkette ist voll. Vor den vier Zapfsäulen haben sich bereits Schlangen gebildet. Doch genervt ist hier kaum jemand. Und das hängt vermutlich mit den Spritpreisen zusammen.Sabine aus Deutschland tankt ihren schwarzen Geländewagen heute Morgen voll. Das lohne sich, sagt sie lächelnd: "Es sind etwa 20 Euro weniger, als ich in Deutschland pro Tankfüllung zahlen würde." Sie wohnt in Breisach, direkt an der deutsch-französischen Grenze. Bis zur Tankstelle in Volgelsheim sind es nur wenige Fahrminuten, die sie gerne in Kauf nehme. "Wir haben gestern Abend die Spritpreise verglichen", erzählt eine junge Mutter, während sie im Wagen auf eine freie Zapfsäule wartet. "Es waren 40 Cent Differenz, das lohnt sich unbedingt."  Der Liter Super-Benzin kostet an der französischen Tankstelle an diesem Morgen 1,63 Euro. Dieselkraftstoff liegt bei 1,79 Euro. Preise, die dank der Erhöhung des französischen Tankrabatts möglich sind, sagt Patrick Didelon von der Kette Intermarché: "Wir bekommen mehr staatliche Hilfe. Bisher waren es 18 Cent je Liter, seit dem 1. September sind wir bei 30 Cent inklusive aller Steuern." Das gilt zunächst für September und Oktober. Danach soll der französische Tankrabatt sinken. Zwanzig Kilometer Luftlinie weiter östlich, in Freiburg, trauert auch Tankstellenbetreiber Markus Kenk dem Tankrabatt nach. An seinen vier Zapfsäulen kommen heute nur vereinzelt Kunden, um ihre Autos aufzutanken. Am 31. August, dem letzten Tag mit vergünstigten Preisen, habe man sich vor Kunden kaum retten können. "Wir waren fast leer mit dem ganzen Sprit", sagt Kenk. Inzwischen seien die Tanks wieder voll, aber die Kunden fehlten. Mit dem Ende des Tankrabatts seien die Preise bei ihm durchschnittlich um 30 Cent nach oben gegangen. 1,96 Euro müssen die Kunden für einen Liter Super-Benzin hinlegen, 2,15 Euro für Diesel - deutlich mehr als im benachbarten Frankreich. Kenk denkt an seine Kollegen, die noch näher an der deutsch-französischen Grenze liegen. "Für die wird es wahrscheinlich eng werden", sagt er und schaut auf seine eigene leere Tankstelle. Zum teuren Sprit greift heute nur, wer nicht anders kann. So wie die Frau mit blauem Kastenwagen, die E10-Kraftstoff tankt. Ihr Tank sei leer gewesen. Jetzt ist er wieder voll, doch als Reaktion auf die gestiegenen Preise bleibe das Auto "so gut wie möglich stehen". André Guttenberger aus Emmendingen kann auf ein motorisiertes Gefährt hingegen nicht verzichten. Die hohen Preise treffen ihn als Pendler besonders: "Ich kann nicht auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen oder so, da fährt gar nichts." Seine Wahl in diesen Tagen: Roller statt Auto, der verbrauche deutlich weniger Sprit. Im französischen Volgelheim sind an diesem Morgen vor allem deutsche Kennzeichen auf dem Gelände der Tankstelle zu sehen. Nicht nur normale Autos werden hier vollgetankt, auch Wohnmobile. Um seinen 80 Liter Tank wieder aufzufüllen, ist André bereitwillig die drei Kilometer von der Grenze bis hierher gefahren. Und der Tanktourismus wird in Frankreich zum Umsatzbringer. "Wir brauchen zur Zeit doppelt soviel Treibstoff", sagt der Tankstellenbetreiber Didelon. "Normalerweise werden wir zwei bis drei Mal in der Woche mit neuem Kraftstoff beliefert, jetzt kommt jeden Tag ein Tankzug, um die Nachfrage zu decken."  
6verbraucher
Es sind verstörende Aufnahmen, die der texanischen Zeitung "Austin American-Statesman" und dem lokalen Fernsehsender KVUE zugespielt wurden. Zu sehen ist, wie der Angreifer von Uvalde am 24. Mai um 11:33 Uhr die Robb Elementary School betritt und zunächst seelenruhig mit seinem Sturmgewehr durch die leeren Gänge läuft. Dann betritt der 18-Jährige eines der Klassenzimmer und eröffnet das Feuer. Zu hören sind Dutzende Schüsse. Nur drei Minuten später sind dann die ersten eintreffenden Polizisten zu sehen. Einige von ihnen nähern sich dem Klassenzimmer, in dem sich der Schütze aufhält - rennen aber den Flur zurück, als der 18-Jährige erneut schießt. In der Folge treffen immer mehr teils schwerbewaffnete Polizisten ein, ohne aber den Angreifer zu konfrontieren. Die Beamten wirken ratlos und unschlüssig. Um 12:30 Uhr ist sogar zu sehen, wie ein Polizist sich an einem Desinfektionsmittelspender bedient und das Mittel in seine Hände reibt. Erst um 12:50 Uhr, 74 Minuten nach dem Eintreffen der ersten Polizisten, stürmen die Einsatzkräfte den Klassenraum und erschießen den Angreifer. "All diese Polizisten mit ihren Schutzschilden, mit ihren Waffen, mit ihren schusssicheren Westen, stehen da einfach nur rum", sagt Daniel Valdez, ein Anwohner von Uvalde, der das Video gesehen hat.Die Sicherheitskräfte sind wegen ihres Vorgehens bei dem Schulmassaker, bei dem 19 Kinder und zwei Lehrerinnen erschossen wurden, bereits massiv in die Kritik geraten. Rund einen Monat nach dem Blutbad warf der Chef der texanischen Sicherheitsbehörden, Steven McCraw, den Polizisten vor Ort "klägliches Versagen" vor. Der Einsatzleiter habe das Leben der Beamten über das Leben der Kinder gestellt. US-Polizisten werden eigentlich darin ausgebildet, bei Schulmassakern den Angreifer so schnell wie möglich auszuschalten, um weitere Opfer zu verhindern. Die nun veröffentlichten Videoaufnahmen sorgten für neue Empörung. Bei einer Bürgerversammlung am Dienstagabend machten Anwohner und Angehörige ihrem Ärger Luft. "Glaubt irgendjemand, dass die einen guten Job gemacht haben?", fragt Adam Martinez, ein weiterer Anwohner von Uvalde. "War das gut genug? Für die Menschen, die dort verblutet sind? Das war nicht gut genug!".Der Bürgermeister von Uvalde, Don McLaughlin, ging nicht auf die Kritik an dem Polizei-Einsatz ein. Stattdessen kritisierte er die Medien für die Veröffentlichung der Aufnahmen: "Sie müssen das nicht noch einmal durchleben, sie haben genug durchgemacht." Die Familien der Opfer riefen dazu auf, das Video nicht in den sozialen Medien zu verbreiten. "Wir sind sauer!", sagte Javier Cazares, der Vater eines der Opfer. "Das ist ein Schlag ins Gesicht unserer Kinder." Ähnlich reagierte auch Berlinda Arreola, die Großmutter der zehnjährigen Amerie Jo Garza, die ebenfalls bei dem Attentat ums Leben gekommen ist: "Wer auch immer das Video herausgegeben hat, ich bete dafür, dass er oder sie nie so etwas durchmachen muss wie die Eltern, Großeltern, Geschwister, Tanten, Onkel und Cousins der Opfer."Kurz nach der Tat einigten sich Demokraten und Republikaner auf eine leichte Verschärfung des Waffenrechts. Das neue Gesetz sieht unter anderem ausgeweitete Hintergrundüberprüfungen bei Waffenkäufern unter 21 Jahren vor. Außerdem sollen finanzielle Anreize für die einzelnen Bundesstaaten geschaffen werden, potenziell gefährlichen Waffenbesitzern vorübergehend die Waffen abzunehmen. Vorgesehen sind zudem Milliardenbeträge für die Sicherheit in Schulen und eine bessere psychiatrische Versorgung im Land.
0amerika
Der Google-Mutterkonzern Alphabet hat die weltweite Wirtschaftsabkühlung und den starken Dollar zu spüren bekommen. Im vergangenen Quartal fiel der Quartalsgewinn im Jahresvergleich von 18,5 auf 16 Milliarden Dollar zurück, wie der US-Technologiekonzern gestern Abend nach US-Börsenschluss mitteilte. Der Umsatz kletterte um 13 Prozent auf knapp 69,7 Milliarden Dollar. Die Wachstumsrate bei den Erlösen ging damit das vierte Quartal in Folge zurück und fiel auf den niedrigsten Stand seit zwei Jahren. Google-Finanzchefin Ruth Porat sprach dennoch von "soliden" Zahlen. Sie verwies darauf, dass die Erlöse währungsbereinigt um 16 Prozent gestiegen waren. Der starke Dollar hatte Google somit drei Prozentpunkte Umsatz-Wachstum gekostet. Porat warnte, dass sich Investoren im laufenden Jahr auf einen "noch stärkeren Gegenwind" einstellen müssten. Der US-Dollar notiert zurzeit auf einem 20-Jahres-Hoch. Positiv stach in der Bilanz das Werbegeschäft heraus: Der wichtigste Bereich des Google-Konzerns wuchs nämlich im Jahresvergleich um 11,6 Prozent auf 56,3 Milliarden Dollar. Der Internetriese trotzte damit den sich verschlechternden Marktbedingungen: Angesichts der hohen Inflation und der schwächelnden Wirtschaft hatte sich zuletzt ein Abschwung bei Online-Werbeausgaben abgezeichnet, da Unternehmen auf die Kostenbremse treten. Bei der Einordnung der Zahlen gilt es zudem auch, einen Basiseffekt zu beachten. So strich Google-Finanzchefin Ruth Porat heraus, dass jede augenscheinliche Schwäche nicht zuletzt auf dem Vergleich mit den starken Vorjahreszahlen beruhe. Vor einem Jahr hatte Google deutlich vom Homeoffice-Trend profitiert, die Erlöse sprangen damals um 62 Prozent in die Höhe. Anleger reagierten erleichtert auf die Vorlage der Bilanzzahlen. Die Aktie des Google-Mutterkonzerns Alphabet sprang im nachbörslichen US-Handel um 3,5 Prozent in die Höhe. Allerdings hatte das Papier in diesem Jahr auch schon rund 27 Prozent verloren und damit mehr als der S&P 500. Die positive Marktreaktion ist überdies den im Vorfeld bereits stark gesunkenen Erwartungen des Marktes geschuldet. Analysten hatten mit einem schwachen Quartal gerechnet und ihre Prognosen angesichts wachsender Ängste vor einer US-Rezession und enttäuschenden Zahlen kleinerer Tech-Unternehmen wie Snap zuletzt immer weiter reduziert. Im Gegensatz zu Google fiel die Marktreaktion auf die ebenfalls gestern Abend vorgelegten Microsoft-Quartalszahlen zunächst negativ aus. Die Microsoft-Aktie gab nachbörslich anfangs drei Prozent nach, konnte dann aber ins Plus drehen. Microsoft hatte seinen Nettogewinn im vierten Geschäftsquartal auf 16,7 Milliarden Dollar gesteigert nach zuvor knapp 16,5 Milliarden. Die Erlöse legten um zwölf Prozent auf 51,9 Milliarden Dollar zu. Währungsbereinigt belief sich der Umsatz-Anstieg auf 16 Prozent. Microsoft erwirtschaftet mehr als die Hälfte seiner Einnahmen außerhalb der USA und ist damit auch stärker von der Dollar-Entwicklung abhängig. Corona-Lockdowns in China, Belastungen durch den Ukraine-Krieg und der zuletzt schwache PC-Markt erschwerten überdies die Geschäfte. Für ähnlich viel Spannung wie die Zahlenvorlagen von Microsoft und Google dürften nun die Quartalszahlen von Facebook-Eigner Meta sorgen, die heute Abend nach US-Börsenschluss veröffentlicht werden. Analysten fürchten den ersten Umsatzrückgang in der Firmengeschichte des Social-Media-Konzerns.
5unternehmen
Die von der Militärjunta Myanmars gestürzte Regierungschefin Aung San Suu Kyi ist zu drei Jahren Haft ohne Zwangsarbeit verurteilt worden. Sie wurde für schuldig befunden, gegen ein Gesetz zu Amtsgeheimnissen verstoßen zu haben. In den vergangenen Monaten war Aung San Suu Kyi schon wegen verschiedener angeblicher Vergehen verurteilt worden - darunter Korruption, Anstiftung zum Aufruhr, Wahlbetrug und Verstoß gegen Pandemie-Auflagen. Insgesamt soll die 77-Jährige nun 20 Jahre in Haft verbringen müssen. Beobachter sprechen von politisch motivierten Schauprozessen. Seit Juni sitzt die Friedensnobelpreisträgerin in einem Gefängnis der Hauptstadt Naypyidaw in Einzelhaft. Weitere Prozesse aufgrund anderer Vorwürfe gegen Aung San Suu Kyi sind angekündigt.Auch der australische Ökonom Sean Turnell wurde mit der gleichen Begründung zu drei Jahren Haft verurteilt. Der frühere Wirtschaftsberater von Aung San Suu Kyi lebt seit einigen Jahren in dem südostasiatischen Land und wurde kurz nach dem Militärputsch festgenommen. Vertretern aus Australien sowie Medien sei der Zugang zum Gerichtssaal untersagt gewesen, berichtete der australische Sender "ABC". Aung San Suu Kyi wurde mit den ersten freien Wahlen nach Jahrzehnten der Diktatur im Jahr 2015 Regierungschefin Myanmars. Aufgrund eines vor den Wahlen auf sie zugeschnittenen Gesetzes konnte sie trotz Wahlsiegs nicht offiziell das Amt der Regierungschefin antreten. Als sogenannte Staatsberaterin und Außenministerin Myanmars war sie jedoch die faktische Regierungschefin.Im Februar 2021 hatte das Militär die Regierung um Aung San Suu Kyi gestürzt, nachdem ihre Partei, die Nationale Liga für Demokratie, drei Monate zuvor die zweiten freien Wahlen in Folge erneut klar gewonnen hatte. Seit dem Putsch regiert die Junta mit großer Brutalität. In 2023 sollen Neuwahlen stattfinden.
1asien
Der japanische Premierminister Fumio Kishida hat weitere Lockerungen bei der Einreise in das Land angekündigt. Dreifach geimpfte Touristen dürfen demnach ab dem 7. September in das Land einreisen, ohne binnen 72 Stunden vor der Abreise einen PCR-Test machen zu müssen. Sobald wie möglich wolle man auch wieder mehr Menschen einreisen lassen - derzeit sind nur 20.000 pro Tag erlaubt, so Kishida, der sich selbst nach einem positiven Corona-Test derzeit in Isolation befindet. Nach Medienberichten könnte die Zahl im kommenden Monat auf 50.000 erhöht werden.Wegen der Pandemie hatte Japan im April 2020 seine Grenzen für ausländische Touristen komplett geschlossen. Im Juni hatte die Regierung angekündigt, pro Tag wieder bis zu 20.000 Einreisen zu erlauben. Das gilt allerdings nur für von Reiseveranstaltern organisierten Gruppentouren. Individualtourismus soll allerdings auch weiterhin untersagt bleiben."Unser Kampf gegen das Virus ist nicht einfach, aber wir sollten auch nicht zu ängstlich sein und die Eigenschaften der Omikron-Variante berücksichtigen", so Kishida. Japan verzeichnet derzeit selbst mit nahezu geschlossenen Grenzen rund 200.000 Corona-Neuinfektionen pro Tag. Kishidas Umfragewerte sind unter anderem wegen der hohen Infektionszahlen im Keller.Mit Informationen von Kathrin Erdmann, ARD-Studio Tokio
1asien
Nach der Absage der EU-Kommission an eine einfache Mehrwertsteuerbefreiung der neuen Gasumlage hat die Bundesregierung rasche Gespräche mit Brüssel über Alternativlösungen angekündigt. Man wolle mit der EU-Kommission darüber reden, "wie wir das Geld den Bürgern wieder zurückkommen lassen können", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz. "Diesen Weg werden wir jetzt ganz schnell mit der Kommission besprechen, dann ist er auch rechtssicher und kann umgesetzt werden, noch bevor die Umlage erhoben wird", sagte Scholz in Berlin. Eigentlich wollte die Bundesregierung bei der EU eine Ausnahme erreichen, um die 19 Prozent Mehrwertsteuer gar nicht erst auf die Gasumlage aufschlagen zu müssen, die ab Oktober erhoben werden soll. Doch dies sei rechtlich nicht möglich, hieß es von der EU-Kommission aus Brüssel. "Es gibt grundsätzlich keine Möglichkeit einer Befreiung von dieser Steuer", sagte Kommissionssprecher Danny Ferry. Aber er machte zugleich deutlich, dass die EU-Kommission ebenfalls an einem Weg zur Entlastung der Verbraucher interessiert sei. "Wir stehen in sehr engem Kontakt mit der Bundesregierung, um hier Lösungen zu finden, von denen die Menschen in Deutschland profitieren und die am Ende den gleichen Effekt haben", sagte Ferry.Gestern hatte die verantwortliche Trading Hub Europe GmbH mitgeteilt, dass die Gasumlage in Deutschland bei 2,419 Cent pro Kilowattstunde Gas liegen werde. Mit der Umlage sollen Gasversorger gestützt werden, die wegen der stark gedrosselten Gaslieferungen aus Russland nun anderswo Gas zu deutlich höheren Preisen einkaufen müssen. Sie haben eine Lieferpflicht gegenüber ihren Kunden, dürfen die Mehrkosten bislang aber nicht weitergeben. Mit der Umlage sollen bis zu 90 Prozent dieser Mehrkosten aufgefangen werden. So sollen Pleiten der Versorger und damit letztlich Lieferausfälle vermieden werden. Die Bundesregierung will die Zusatzbelastung für die Gasverbraucher begrenzen und wollte deshalb auf die Mehrwertsteuer für die Gasumlage verzichten. Dies wäre aber nur mit einer Ausnahmeregelung der EU möglich gewesen - die Bundesfinanzminster Christian Lindner angestrebt hatte. Die Absage der EU-Kommission an diese Lösung könnte bedeuten, dass 19 Prozent Mehrwertsteuer auf die Gasumlage erhoben werden - wodurch die Zusatzbelastung von 2,419 Cent auf 2,879 Cent pro Kilowattstunde stiege. Die reformierte EU-Mehrwertsteuerrichtlinie schreibt einen Mindestsatz von 15 Prozent vor. In vielen Fällen sind aber ermäßigte Sätze von mindestens fünf Prozent möglich. Es gab in der Koalition bereits Forderungen, hier den rechtlichen Spielraum zu nutzen.Doch auch wenn der Weg, die Steuer gar nicht erst zu erheben, nicht funktioniert, soll das Geld den Menschen erstattet werden - dies ist offenbar auch das Ziel der EU-Kommission. Wann eine entsprechende Lösung vorgelegt wird und wie sie aussehen könnte, sagte Kommissionsprecher Ferry nicht. Die EU-Kommission hat den Mitgliedsstaaten allerdings großzügige Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt, um Verbraucher und Unternehmen angesichts der hohen Energiepreise mit direkten Zahlungen oder Zuschüssen zu entlasten. Eine der in Deutschland angekündigten Gasumlage vergleichbare Maßnahme gibt es in anderen EU-Staaten aber bisher nicht.Denkbar wäre als Lösung für Deutschland etwa, dass der Staat den Gaskunden Zuschüsse zu den Heizkosten zahlt, die der Höhe der Mehrwertsteuer auf die Gasumlage entsprechen. Das könnte zwar kompliziert sein - aber die Zusatzbelastung von Verbraucherinnen und Verbrauchern zumindest in Grenzen halten. Mit Informationen von Holger Beckmann, ARD-Studio Brüssel
6verbraucher
Wirtschaftsminister Robert Habeck hat eine Überprüfung der umstrittenen Gasumlage angekündigt. Der Kreis der berechtigten Unternehmen solle möglichst verkleinert werden, sagte Habeck nach WDR-Informationen beim Westfälischen Unternehmertag in Münster.Grundsätzlich bestehe der Anspruch zwar auch für Unternehmen, die nicht in existenzieller Not seien, sagte Habeck demnach. "Trotzdem haben wir natürlich ein politisches Problem, das hat mir die letzten 48 Stunden den Tag ganz schön versauert", räumte der Minister ein. Er werde sich daher "jetzt noch mal genau angucken, ob es nicht doch einen Weg gibt, diesen berechtigten Anspruch abzuwehren".Die Gasumlage sei im Prinzip die richtige Entscheidung gewesen, sagte Habeck. Es hätten sich aber einige Unternehmen "reingedrängt", "die nun wirklich viel Geld verdient haben und die Umlage der Bevölkerung nicht brauchen." Es sei "sicherlich nicht moralisch richtig, dass Unternehmen, die - lassen Sie mich das mal plattdeutsch sagen - ein Schweinegeld verdient haben, dann auch noch sagen: Ja, und für die paar Einnahmeausfälle, die wir haben, da bitten wir die Bevölkerung um Hilfe, die soll uns auch noch Geld geben", sagte Habeck.Eine Überarbeitung der Umlage ist nach Einschätzung des Ministers aber nicht ohne Risiko: "Wenn wir anfangen zu tricksen und es ist klageanfällig und dagegen wird garantiert geklagt werden in die eine oder andere Richtung und die Umlage fällt weg, dann fallen wir wieder zurück zu dem Problem, das wir haben: Dass ein Teil der Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger einen Zusammenbruch der Gasversorgung haben", warnte Habeck.Finanzminister Christian Lindner zeigte sich ebenfalls offen für mögliche Nachbesserungen. "Eine Maßnahme der Solidarität kann nicht dazu dienen, dass einzelne Unternehmen ihre Rendite pflegen und Gewinne darauf machen", sagte der FDP-Chef im ZDF.Das müsse man sich genau ansehen - er kenne die Fakten nicht, die kenne Wirtschaftsminister Habeck viel besser. "Aber wenn es eine Notwendigkeit gibt, etwas zu verändern, um dieses Instrument zielgenauer zu machen, damit die Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren, dann scheuen wir uns nicht vor Korrekturen."Auch die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken betonte, die Mittel, die den Verbraucherinnen und Verbrauchen abverlangt würden, müssten zielgenau eingesetzt werden. Esken sagte im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF, Wirtschaftsminister Habeck müsse "genau hinschauen, damit eben nachher bei der Auszahlung der Mittel diese Gerechtigkeit auch gewahrt wird".Die Gasumlage müsse so ausgestaltet werden, dass es funktioniere, sagte Esken in dem Interview. Weder mit Mitteln der Kunden oder Kundinnen noch mit Steuermitteln dürften Unternehmen unterstützt werden, die diese Unterstützung nicht bräuchten. Am Ende müssten Wirtschaftsprüfer und die Bundesnetzagentur die Ansprüche der Unternehmen prüfen, so Esken. Auf die Frage, wie genau angesichts des Gleichheitsgrundsatzes ausgeschlossen werden soll, dass Unternehmen zu Unrecht profitieren, verwies Esken auf die Zuständigkeit des Wirtschaftsministeriums.Die Gasumlage von gut 2,4 Cent pro Kilowattstunde sollen Gaskunden ab Oktober zahlen. Das Geld soll Firmen entlasten, die wegen der gedrosselten Lieferungen aus Russland anderswo teuer Gas einkaufen müssen, um ihre Verträge zu erfüllen. Die so entstehenden Mehrkosten sollen den Unternehmen ab Oktober zu 90 Prozent ersetzt werden. Dies soll Firmenpleiten und letztlich Lieferausfälle verhindern.Anspruch auf Geld aus der Umlage haben zwölf Unternehmen angemeldet. Die Ansprüche belaufen sich auf insgesamt rund 34 Milliarden Euro - ein Großteil entfällt auf die angeschlagenen Gasimporteure Uniper und Sefe (ehemals Gazprom Germania). Es gibt aber auch Unternehmen auf der Liste, die derzeit nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind. Dies hatte auch innerhalb der Ampel-Koalition für erheblichen Unmut gesorgt.
3innenpolitik
Die Gefahr eines gravierenden Ausfalls der Stromversorgung in Deutschland ist nach Einschätzung von Experten auch im kommenden Winter gering. Eine ganze Reihe von Faktoren könnte aber dazu führen, dass es doch noch zu Engpässen in der Versorgung kommen könnte, wie eine Befragung verschiedener Experten durch die Nachrichtenagentur dpa ergab.Diese Experten sind überwiegend zuversichtlich, dass das Stromnetz in Deutschland auch im Winter einer möglicherweise höheren Belastung standhalten wird. Die Fachleute gehen trotz der Abschaltung der letzten deutschen Kernkraftwerke zum Jahresende nicht von großen Engpässen beim Strom aus, auch weil Steinkohlekraftwerke aus der Reserve geholt würden.Tobias Federico, Geschäftsführer beim Beratungsunternehmen Energy Brainpool, bereitet sich nach eigenen Angaben "nicht auf einen Blackout vor". Christoph Maurer vom auf Energie spezialisierten Berater Consentec hält die Lage für angespannt, aber grundsätzlich in einem normalen Winter beherrschbar. Vorsichtiger gab sich Thorsten Lenck von Agora Energiewende: "Nach unseren bisherigen Analysen ist es durchaus möglich, dass es im Winter in einigen Stunden knapp werden könnte."Eine vor wenigen Tagen vom Bundeswirtschaftsministerium veröffentlichte Analyse zur Stromversorgung kommt zu dem Ergebnis, "dass ein sicherer Betrieb des Elektrizitätsversorgungsnetzes im Winter 2022/23 gewährleistet ist". Allerdings hat Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) einen weiteren "Stresstest" in Auftrag gegeben. Bei diesem soll die Belastbarkeit der deutschen Stromversorgung unter "weiter verschärften Bedingungen" geprüft werden. Zu diesen verschärften Bedingungen könnten mehrere Einflussfaktoren beitragen. Etwa die Atomkraftwerke in Frankreich. Dort steht ein großer Teil der Meiler gerade nach Entdeckung kleiner Risse im Notkühlsystem oder wegen Wartungsarbeiten still. Gelinge es nicht, genügend dieser Atomkraftwerke rechtzeitig wieder ans Netz zu bringen, könne dies aufgrund der europäischen Vernetzung zur Herausforderung für die deutschen Versorger werden. Dies gilt besonders in einem strengen Winter, da viele Franzosen mit Strom heizen. Schon in den vergangenen Jahren exportierte Deutschland im Winterhalbjahr zwischen Oktober und März planmäßig jeweils größere Strommengen nach Frankreich. Und infolge der Probleme der französischen Atommeiler exportierte Deutschland seit September 2021 jeden Monat mehr Strom ins Nachbarland als es von dort importierte.Auch Wettereinflüsse können die Stromsicherheit in Deutschland in der kalten Jahreszeit beeinträchtigen. Eine "Dunkelflaute", in der mehrere Tage mit wenig Wind- und Solarstrom produziert werden, lässt die Stromversorgung kritischer werden. Zusammen mit einer Kältewelle, die den Strombedarf deutlich erhöht, sei das bedenklich, meint etwa Thomas Federico von Energy Brainpool.Die Gaskraftwerke, die in Deutschland noch immer zur Stromproduktion beitragen, könnten bei einem Engpass ebenfalls eine Rolle spielen, dann nämlich, wenn sie nicht mit ausreichend Brennstoff versorgt werden können. Bei Lastspitzen sind sie mitverantwortlich, um die Stabilität im Stromnetz zu sichern. Wegen der unsicheren russischen Lieferungen soll nun Gas aus den Speichern vorrangig zum Heizen genutzt werden. Nicht zuletzt spielt laut den Experten auch das Verhalten der Verbraucher bei der Belastung der Stromnetz in der kalten Jahreszeit eine wichtige Rolle. Sollten diese vermehrt mit Strom heizen, um etwa Gas einzusparen, stelle dies eine Belastung dar. In den vergangenen Wochen haben sich viele Deutsche bereits mit Heizlüftern oder Konvektoren eingedeckt. Würde wirklich in großem Umfang damit geheizt, könnte das die Stromnetze in die Knie zwingen, so Christoph Maurer von Consentec: "Das ist ein Szenario, das man fast um jeden Preis verhindern muss."
6verbraucher
Die Gehälter der rund 135.000 Beschäftigten von Volks- und Raiffeisenbanken steigen um insgesamt 5,2 Prozent. Hinzu kommt im Oktober einer nach Tarifgruppen gestaffelte Einmalzahlung zwischen 800 und 1000 Euro. Auf diesen Tarifabschluss verständigten sich die Gewerkschaft des Deutschen Bankangestelltenverbandes (DBV) und der Arbeitgeberverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (AVR) in ihrer dritten Verhandlungsrunde. Die Einigung sieht vor, dass im Januar 2023 die Gehälter zunächst um 3,2 Prozent steigen. Im Januar 2024 folgt eine weitere Lohnerhöhung um zwei Prozent. Die Forderung nach verbindlichen Mindeststandards für das mobile Arbeiten stellte der DBV nach eigenen Angaben zunächst zurück, um angesichts der hohen Teuerung beim Thema Gehalt möglichst rasch zu einem Ergebnis zu kommen."Die Auswirkungen der Inflation sind deutlich spürbar - Erhöhungen müssen zeitnah erfolgen. Dies haben wir erreicht", sagte DBV-Verhandlungsführer Robert Piasta und der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft, Stephan Szukalski. Der DBV war mit einer Forderung von 6,1 Prozent mehr Lohn in die Verhandlungen gegangen, die Ende April begonnen hatten. Der Verhandlungsführer des Arbeitgeberverbandes AVR, Peter Bottermann, sprach von einem ausgewogenen Gesamtpaket in einem schwierigen Umfeld. "Mit dem Abschluss werden für die Beschäftigten die Folgen steigender Preise zu einem nennenswerten Teil abgefedert."Die Tarifpartner vereinbarten zudem Verbesserungen bei rentennaher Teilzeit und eine Verlängerung der Altersteilzeitregelungen. Auch die Vergütung der Auszubildenden wird bei den Genossenschaftsbanken angehoben. Für sie gibt es eine gestaffelte Gehaltserhöhung um durchschnittlich 7,2 Prozent. Der neue Gehaltstarifvertrag ist frühestens zum Ende 2024 kündbar.
5unternehmen
Ein verzweifelter Anruf bei einer Seelsorgerin: "Ma’am, bitte helfen Sie mir. Mein Vater hat mir verboten, das Haus zu verlassen. Wie kann ich jetzt ins Büro? Wie kann ich mich jetzt Anzeige erstatten? Mein Vater holt mich gleich ab und will mir mein Telefon wegnehmen, einfach alles wegnehmen."Das Fiasko, das diese pakistanische Frau schildert, hatte sich online angebahnt: Ihr Ex-Freund hatte intime Bilder von ihr im Internet veröffentlicht, vermutlich um sie zu demütigen. Jemand hatte die Bilder an ihren Vater weitergeleitet. Der wollte der Tochter daraufhin nicht nur das Telefon wegnehmen, sondern ihr auch das Universitätsstudium verbieten.In pakistanischen Medien ist es vieldiskutiertes Thema: Dating per App ist auch in Pakistan längst etabliert. Doch seit junge Menschen hierzulande verstärkt online Intimitäten austauschen, hat auch ein anderes Phänomen zugenommen: Immer häufiger kommt es vor, dass vor allem Männer ohne Einwilligung intime Aufnahmen von Frauen im Netz verbreiten. Revenge Porn, Rache-Porno, ist die geläufige Bezeichnung für diese Übergriffe.    Die Motive der Täter sind meist ähnlich, sagt Hyra Basit von der pakistanischen Nichtregierungsorganisation "Digital Rights Foundation": "Digital Rights Foundation" berät rund um die Uhr Opfer von sogenanntem Racheporno. Dazu gehört neben psychologischer Hilfe auch Rechtsberatung. Mit den Onlineplattformen, auf denen die Bilder gepostet werden, ist die Organisation mittlerweile eng verdrahtet, um unerwünschte Inhalte möglichst schnell löschen zu können. Denn die Folgen dieser Bloßstellung seien für die Opfer häufig katastrophal in der konservativen pakistanischen Gesellschaft, schildert Basit: "Es kann zu körperlichen und psychischen Misshandlungen durch die Familie kommen, da sie dem Opfer die Schuld geben. Ihr 'Ruf', die 'Ehre' der Familie steht auf dem Spiel - und in bestimmten Fällen besteht die Gefahr, dass die Frau Opfer eines Ehrenmordes wird oder Suizid begeht."Seit 2016 kümmert sich eine spezialisierte Abteilung der Bundespolizei Pakistans um die angezeigten Fälle von Rachepornos. Die Behörde kann Erfolge vorweisen. Täter werden ermittelt und verhaftet. Für ideal aufgestellt hält Aktivistin Basit die Polizei trotzdem nicht: "Sie sind nicht perfekt. Sie sind sowohl personell unterbesetzt als auch schlecht finanziert. Es gibt nicht annähernd so viele Ressourcen, wie für die Bewältigung der vielen Fälle erforderlich wären." Zudem gebe es immer wieder Fälle, bei denen die Aktivistin und die Betroffenen sich ein sensibleres Vorgehen der Behörde wünschen würden, was die Bedürfnisse von Frauen angeht.Dennoch gebe es in der pakistanischen Gesellschaft immer mehr Frauen, die bereit seien, ihre Rechte zu erstreiten, sagen die Aktivistinnen der "Digital Rights Foundation". Und so sei die steigende Zahl von angezeigten Racheporno-Delikten auch ein Zeichen dafür, dass immer mehr Frauen den Mut fänden, sich zu wehren.  
1asien
Den großen US-Indizes fehlte heute der Schwung, letztlich schlossen sie bei geringen Schwankungen uneinheitlich. Der Leitindex Dow Jones beendet den Handel bei 32.726 Punkten um 0,26 Prozent leichter. Die Technologiebörse Nasdaq, die im Verlauf mehrfach das Vorzeichen wechselte, erholte sich im späten Geschäft noch etwas und ging bei 12.720 Zählern aus dem Handel, ein moderater Gewinn von 0,41 Prozent. Auch der Auswahlindex Nasdaq 100 legte um 0,44 Prozent zu, der marktbreite S&P-500-Index bewegte sich bei einem Schlussstand von 4151 Punkten kaum. Am Mittwoch hatte der Leitindex noch um 1,3 Prozent zugelegt und der technologielastige Auswahlindex der Nasdaq sogar um 2,7 Prozent. Von diesem Schwung war heute in New York jedenfalls nichts zu sehen. Vor den morgigen Arbeitsmarktdaten mieden die Investoren größere Engagements. Die Zahlen sind wie stets ein wichtiger Baustein für die Zinspolitik der Notenbank Federal Reserve (Fed) und ein Spiegelbild der konjunkturellen Lage. Aktuell geht es darum, in welchem Tempo die Fed ihre Zinswende weiter vorantreiben kann. "Sollten die Zahlen etwas schwächer ausfallen, würde das der Markt positiv werten", sagte Christopher Grisanti, Chef-Anlagestratege des Vermögensverwalters MAI. Es wäre ein Signal, dass die bisherigen Zinserhöhungen der Fed Wirkung zeigten und die Notenbank künftig etwas behutsamer vorgehen könnte.Vereinzelt sorgten Quartalszahlen aus dem Unternehmenssektor im lethargischen Gesamtmarktumfeld für Bewegung. Vor Handelsstart hatten unter anderem der Corn-Flakes-Hersteller Kellog, der Börsenbetreiber Intercontinental Exchange und die Burger-King-Mutter Restaurant Brands ihre Bilanzen vorgelegt. Vor allem die Zahlen von Restaurant Brands überraschten dabei positiv, sie sorgten für einen Kursanstieg von über sieben Prozent.Alibaba-Aktien gaben zwar eine Teil ihrer Anfangsgewinne wieder ab, blieben aber letztlich mit über zwei Prozent im Plus. Der chinesische Amazon-Konkurrent hat die Umsatzerwartungen übertroffen. Dagegen verbilligten sich die Aktien von Eli Lilly um 2,6 Prozent, nachdem der Pharmakonzern einen deutlich gesunkenen Quartalsgewinn berichtet und zum zweiten Mal im laufenden Jahr den Gewinnausblick gesenkt hatte.Am deutschen Aktienmarkt stand heute die Berichtssaison der Unternehmen für das zweite Quartal im Fokus der Anleger. Allein aus dem DAX öffneten Merck KGaA, Zalando, Bayer und Beiersdorf sowie Adidas ihre Bücher. Hinzu kamen zahlreiche Unternehmen aus der zweiten Reihe, unter anderem die Lufthansa und Lanxess aus dem MDAX.Am Ende des Tages ging der DAX bei 13.662 Punkten aus dem Handel, ein Aufschlag von 0,55 Prozent. Der Index schloss damit deutlich unter seinen Tageshoch bei 13.792 Punkten und folgte im Verlauf einer verhaltenen US-Börse. Der MDAX, der Index der mittelgroßen Werte, rückte um 1,28 Prozent vor auf 28.162 Zähler. Der deutsche Leitindex setzte damit seinen jüngsten Aufwärtstrend fort, der nur am Dienstag kurz von den Sorgen um Taiwan getrübt wurde. Die Anleger gehen derzeit trotz der hohen militärischen Präsenz Chinas nicht von einem unmittelbar bevorstehenden militärischen Konflikt aus, was offensichtlich reicht, um zur Tagesordnung überzugehen - und die wird im Moment durch die Quartalsberichterstattung der Unternehmen bestimmt. Geostrategische und Rezessionssorgen treten derzeit zurück."Da der Aktienmarkt zu Beginn der Bilanzsaison so angeschlagen war, gibt es eine gewisse Erleichterung, dass die Zahlen zwar schlecht, aber nicht furchtbar sind", sagte Volkswirt Jonas Goltermann vom Research-Haus Capital Economics. Experten warnen allerdings vor zu viel Sorglosigkeit. Vor dem Hintergrund der hohen Inflation seien die Gewinnerwartungen für 2022 immer noch zu hoch, so Kasper Elmgreen, Aktien-Chef des Vermögensverwalters Amundi. "Im dritten oder vierten Quartal werden wir wohl einen größeren Einfluss auf die Nachfrage erleben."Negative Konjunkturdaten wurden von den DAX-Anlegern einmal mehr ignoriert. Am Morgen hatte das Statistische Bundesamt ein Minus der deutschen Auftragseingänge im Juni von 0,4 Prozent im Vergleich zum Vormonat vermeldet. "Der fünfte Rückgang der Auftragseingänge in Folge zeigt, wie die deutsche Wirtschaft unter dem Nervenkrieg um das Gas und unter der hohen Inflation leidet", erklärt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. "Der noch sehr hohe Auftragsbestand dürfte am Ende nicht verhindern, dass die wirtschaftlichen Probleme auf die Industrieproduktion durchschlagen werden. Die Gefahr einer Rezession steigt." Jenseits des Atlantik sieht es derweil nicht viel besser aus. Der Anleihemarkt in den USA funkt schon seit langem SOS. Die Zinsstrukturkurve hat invertiert, zweijährige Staatsanleihen rentieren höher als zehnjährige Bonds. Eine solche inverse Zinskurve gilt an den Finanzmärkten als extrem verlässlicher Frühindikator einer bevorstehenden Rezession. "Der US-Wirtschaft und damit möglicherweise auch der Weltwirtschaft stehen möglicherweise harte Zeiten bevor", betont denn auch Jochen Stanzl, Chefvolkswirt CMC Markets. Die Ölpreise bauten ihre Verluste stetig aus. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Oktober kostete 94,06 Dollar. Das waren gut 3,5 Prozent weniger als am Vortag. Öl der US-Sorte WTI fiel erstmals seit dem Beginn des Ukraine-Krieges am 24. Februar unter 90 Dollar. Die Ölpreise setzten damit ihren übergeordneten Abwärtstrend fort. Neue Regierungszahlen zeigten, dass die US-Bürger derzeit weniger Auto fahren als noch im Sommer 2020. Weltweit nehmen zudem die Sorgen vor einer wirtschaftlichen Abschwächung zu. So warnte die britische Notenbank vor einer mehrere Quartale anhaltenden Rezession. Bereits am Mittwoch waren die Ölpreise deutlich unter Druck geraten. Überraschend gestiegene US-Rohöllagerbestände hatten die Ölpreise belastet.Der Dollar zeigt im Devisenhandel Schwäche. Parallel dazu steigt der Euro im US-Handel um 0,8 Prozent auf 1,0249 Dollar. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0181 (Mittwoch: 1,0194) Dollar fest. Der Goldpreis zog um 1,7 Prozent an auf 1793 Dollar je Feinunze. Hoffnungen auf eine vielleicht nicht ganz so forsche Gangart der US-Notenbank Federal Reserve bei den nächsten Zinsentscheidungen und der schwächere Dollar gaben dem gelben Edelmetall Auftrieb.Das britische Pfund gab nach dem Zinsentscheid der Bank of England (BoE) zu Dollar und Euro nach. Die Notenbank hatte am Mittag in London bekannt gegeben, dass sie die Zinsen weiter nach oben schraubt. Wie erwartet erfolgt die stärkste Erhöhung der jüngeren britischen Geschichte - und zwar um einem halben Prozentpunkt auf 1,75 Prozent. Der Schritt war am Markt im Vorfeld bereits intensiv diskutiert worden. Das Außenhandelsdefizit der USA hat sich im Juni erneut verringert. Das Defizit fiel von revidierten 84,9 Milliarden US-Dollar im Vormonat auf 79,6 Milliarden Dollar, wie das Handelsministerium in Washington mitteilte. Dies ist der dritte Rückgang in Folge und der niedrigste Stand in diesem Jahr. Analysten hatten im Schnitt ein Defizit von 80,0 Milliarden Dollar erwartet. Das Defizit ging etwas zurück, da die Exporte stiegen und die Importe etwas schrumpften. Die Ausfuhren kletterten um 1,7 Prozent, während die Einfuhren um 0,3 Prozent sanken. Das Handelsdefizit der USA ist chronisch, die Vereinigten Staaten sind also ein typisches Nettoimportland. Finanziert wird das Defizit durch Auslandskredite. Die Kapitalmärkte der USA sind attraktiv, unter anderem weil die Vereinigten Staaten mit dem Dollar über die Weltleitwährung verfügen.Ein starkes Agrargeschäft beflügelt Bayer. Das bereinigte Betriebsergebnis legte im zweiten Quartal um 30 Prozent auf 3,35 Milliarden Euro zu. Neben einem kräftigen Ergebnissprung im Geschäft mit Pflanzenschutzmittel und Saatgut profitierte Bayer auch von Zuwächsen bei rezeptfreien Gesundheitsprodukten und im Pharmabereich. Vorstandschef Werner Baumann hob daraufhin die Jahresziele an. Überschattet wurde das Zahlenwerk aber von weiter hohen Kosten für Rechtsstreitigkeiten in den USA. Die Aktie gehörte im DAX zu den größten Verlierern. Die Kaufzurückhaltung vieler Verbraucher und steigende Kosten hinterlassen beim Kosmetikhersteller Beiersdorf bisher kaum Spuren. Der DAX-Konzern steigerte Umsatz und Gewinn im ersten Halbjahr und bestätigte seinen Geschäftsausblick für 2022. "2022 war für uns bisher ein erfolgreiches Jahr", zog Konzernchef Vincent Warnery Zwischenbilanz. Für das zweiten Halbjahr erwartet Warnery allerdings einen stärkeren Gegenwind.Der Pharma- und Chemiekonzern Merck KGaA hat im zweiten Quartal seinen Schwung vom Jahresanfang mitnehmen können. Der Konzernumsatz stieg um über 14 Prozent auf 5,6 Milliarden Euro. Davon blieben als bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) mit 1,8 Milliarden Euro gut 13 Prozent mehr als letztes Jahr, was einer Marge von 32 Prozent entspricht. Der Online-Modehändler Zalando hat im zweiten Quartal sinkende Umsätze und Gewinne hinnehmen müssen. Verantwortlich dafür waren eine schwächere Konsumlaune, Inflationsdruck und Lieferengpässe. Unter dem Strich verblieben 14 Millionen Euro als Gewinn und damit ein Bruchteil der im Vorjahr erreichten 120,4 Millionen Euro. Die Zahlen fielen noch schlechter aus, als Analysten erwartet hatten. Allerdings will Zalando im zweiten Halbjahr wieder wachsen. "Unser Fundament ist sehr stark. Wir erwarten eine Rückkehr zu Wachstum und Profitabilität", sagte Co-Chef Robert Gentz mit Blick auf die zweite Jahreshälfte. Die Zuversicht kam am Aktienmarkt gut an. Das in diesem Jahr stark gebeutelte Papier kletterte deutlich mehr als 13 Prozent und führte damit die Gewinnerliste im DAX klar an. Der Sportartikelhersteller Adidas hat bei Vorlage endgültiger Zahlen seine bisherigen Angaben zum zweiten Quartal und die Ende Juli gesenkte Prognose bestätigt. Für das Gesamtjahr rechnen die Herzogenauracher mit einem Umsatzwachstum im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich und einem Gewinnrückgang auf rund 1,3 Milliarden Euro. Die Hannover Rück sieht sich trotz höher Schäden aus Naturkatastrophen und dem Krieg in der Ukraine auf Kurs zu ihrem Gewinnziel. Das Konzernergebnis kletterte im zweiten Quartal um 5,6 Prozent auf 385,1 Millionen Euro. Damit machte der weltweit drittgrößte Rückversicherer einen Teil des Gewinnrückgangs wett, den der Konzern zum Jahresauftakt erlitten hatte. Der Internetdienstleister United Internet hat einem Medienbericht zufolge seine beiden Webportale Gmx.de und Web.de ins Schaufenster gestellt. Der Verkauf eines Minderheits- oder auch eines Mehrheitsanteils sei im Gespräch, berichtete das "Handelsblatt" am Donnerstag unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Bei einem Deal könne die Sparte Konsumentenapplikationen mit rund 1,5 Milliarden Euro bewertet werden. In einer Stellungnahme teilte United Internet mit, Entscheidungen zu Veränderungen des Anteils an der Sparte Konsumentenapplikationen stünden derzeit nicht an. Zugleich hieß es, man beschäftige sich regelmäßig mit der strategischen Entwicklung der Geschäftsbereiche und potenziellen Kooperationen.Nach deutlichen Zuwächsen im zweiten Quartal sieht sich der Chemiekonzern Lanxess auf Kurs zu seinem Jahresziel. Konkret peilt Unternehmenschef Matthias Zachert ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 900 Millionen Euro bis 1 Milliarde Euro an, nachdem bislang lediglich von einem deutlichen Wachstum die Rede gewesen war.Nach der Rückkehr in die Gewinnzone im zweiten Quartal rechnet die Lufthansa jetzt auch für das Gesamtjahr im Tagesgeschäft mit schwarzen Zahlen. Das bereinigte operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) dürfte 2022 mehr als eine halbe Milliarde Euro erreichen. Im zweiten Quartal verdiente der MDAX-Konzern unter dem Strich 259 Millionen Euro nach einem Verlust von 756 Millionen im Vorjahreszeitraum. Die LH-Aktie legte deutlich um über sechs Prozent zu und war größter Gewinner im Index der mittelgroßen Werte. Abend wurde bekannt, dass sich die Fluglinie mit der Gewerkschaft Ver.di auf eine Tariferhöhung für die 20.000 Beschäftigten des Bodenpersonals geeinigt habe. Damit droht kein weiterer Arbeitskampf mit Flugstreichungen wie in der vergangenen Woche.Eine überraschend gute Geschäftsentwicklung lässt den Kurs von Dürr auf den höchsten Stand seit fast zwei Monaten steigen. Die Anteilscheine gehören zu den stärksten Titeln im MDAX. Der Umsatz des Anlagenbauers habe die Markterwartung um 11 Prozent übertroffen, der Auftragseingang sogar um 16 Prozent, schrieb Analyst William Turner von Goldman Sachs. Die boomende Nachfrage nach Rüstungsgütern treibt Hensoldt an. Im ersten Halbjahr schnellte der Umsatz um über 40 Prozent auf 682 Millionen Euro nach oben, wie der im SDAX notierte Hersteller von Rüstungselektronik mitteilte. Der Auftragseingang war mit 2,1 Milliarden Euro mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahr. Ein Gewinneinbruch im zweiten Quartal hat heute die jüngste Erholung der Schaeffler-Aktien unterbrochen. Der Auto- und Industriezulieferer hat deutliche Blessuren durch gestiegene Kosten und Corona-Lockdowns in China davongetragen. Unter dem Strich halbierte sich der Gewinn. Schaeffler habe im Autobereich schwach abgeschnitten, so der Experte Philippe Houchois vom Analysehaus Jefferies. Die Aktien von Coinbase Global sind nach der Bekanntgabe einer Kooperation mit der Investmentgesellschaft Blackrock in die Höhe geschnellt, konnten die hohen Gewinne von über 40 Prozent im frühen Geschäft aber nicht halten. Am Ende stand trotzdem ein dickes Plus von 10,01 Prozent auf 88,90 Dollar auf der Anzeigetafel. Kurz nach dem Handelsstart waren die Papiere der größten US-Krypto-Handelsplattform sogar bis auf 116,30 Dollar auf den höchsten Stand seit Anfang Mai hochgesprungen. Die Blackrock-Papiere reagierten mit plus 0,79 Prozent auf 696,01 Dollar kaum. Blackrock, das Dickschiff unter den Vermögensverwaltern, will mit Coinbase zusammenarbeiten, um institutionellen Anlegern Verwaltung und Handel mit der Kyptowährung zu erleichtern. Der Schwerpunkt der Partnerschaft mit Coinbase "wird zunächst auf Bitcoin liegen", hieß es von Blackrock. Und das, obwohl der Bitcoin im bisherigen Jahresverlauf um 50 Prozent eingebrochen ist und der Zusammenbruch von Terra und die Pleite des Hedgefonds Three Arrows Capital Fragen über die Widerstandsfähigkeit des Marktes aufgeworfen und eine verstärkte regulatorische Kontrolle ausgelöst haben.Die Online-Handelsplattform Ebay tut sich nach dem Ende des pandemiebedingten Internet-Bestellbooms weiter schwer. Im zweiten Quartal sank der Umsatz im Jahresvergleich um 9 Prozent auf 2,4 Milliarden Dollar. Analysten hatten aber mit einem schlechteren Geschäftsbericht und Ausblick gerechnet. Die Aktie machte nachbörslich trotzdem zunächst einen Kurssprung, präsentiert sich heute aber im frühen Geschäft an der Nasdaq schwach. Der Halbleitermangel und Produktionsunterbrechungen durch die Corona-Pandemie in China haben den japanischen Autobauer Toyota im ersten Geschäftsquartal belastet. Das operative Ergebnis sank überraschend stark um 42 Prozent auf 578,7 Milliarden Yen (rund 4,3 Milliarden Euro), wie der weltgrößte Autobauer mitteilte. Analysten hatten mit einem sehr viel geringeren Rückgang gerechnet. Der kanadische K+S-Rivale Nutrien hat im zweiten Quartal dank anhaltend hoher Preise bei Düngemitteln einen Rekordgewinn erzielt. Das Nettoergebnis kletterte auf 3,6 Milliarden Dollar von 1,11 Millionen Dollar. Das Unternehmen profitierte von den Sanktionen gegen Russland und Belarus, die nach Kanada die zweit- und drittgrößten Düngemittellieferanten der Welt sind. Der Linzer Stahl- und Verarbeitungskonzern Voestalpine hat aus Sorge vor einem möglichen Versorgungsmangel Erdgas für drei Monate Vollbetrieb eingespeichert. "Wir haben unser Speicherziel erreicht, 1,5 Terawattstunden sind eingespeichert", sagte Vorstandschef Herbert Eibensteiner. Das Gas komme aus Flüssiggas-(LNG)-Quellen sowie aus Nordafrika. "Wir denken, dass das eine sehr gute Vorbereitung auf eine eventuelle Krise bedeutet".
2finanzen
Ende August läuft der Tankrabatt aus - und der Sprit dürfte wieder deutlich teurer werden. Insgesamt sind die Kosten für Energie, vor allem Erdgas und Strom, stark gestiegen. Im kommenden Monat wird es hierfür eine - wenn auch vergleichsweise kleine - Entlastung durch den Staat geben. Im September kommt die Energiepreis-Pauschale in Höhe von 300 Euro.Erhalten sollen sie allerdings nicht alle Bürgerinnen und Bürger, sondern nur Erwerbstätige. Wie die Pauschale ausgezahlt wird und wie viel davon unterm Strich übrig bleibt, ist längst nicht allen klar. Und: Haben auch Selbstständige, Minijobber, Arbeitslose sowie Rentnerinnen und Rentner Anspruch auf den einmaligen Zuschuss? Antworten auf einige Fragen. Im April hat die Bundesregierung beschlossen, dass vom 1. September an einen Monat lang den Bürgerinnen und Bürgern eine sogenannte Energiepreis-Pauschale von 300 Euro ausgezahlt werden soll. Damit sollen die gestiegenen Fahrtkosten wegen der höheren Spritpreise abgefedert werden. Gut elf Milliarden Euro lässt sich der Staat die Pauschale kosten. Die Energiepreis-Pauschale ist ausschließlich für sozialversicherungspflichtige Beschäftigte vorgesehen. Das heißt: Alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit den Lohnsteuerklassen 1 bis 5 haben Anspruch auf den einmaligen Zuschuss. Dazu zählen auch Beamtinnen und Beamte, bezahlte Praktikanten und Grenzgänger, die mit dem Auto zur Arbeit ins Ausland fahren. Ja. Freiberufler, Gewerbetreibende sowie Land- und Forstwirte erhalten die Pauschale ebenfalls - in Form eines Steuernachlasses. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bekommen das Geld über ihr September-Gehalt ausgezahlt. Das läuft automatisch, ohne dass sie etwas tun müssen. Ähnliches gilt für den Steuernachlass bei Selbständigen. Das Finanzamt kürzt die Steuervorauszahlung für September um 300 Euro. Alle anderen Bürgerinnen und Bürger, die einer Beschäftigung nachgehen, können sich das Geld über die Einkommenssteuererklärung für das Jahr 2022 holen. Ihnen kommt der Zuschuss von 300 Euro dann erst im ersten Halbjahr 2023 oder noch später zugute. Ja. Allerdings darf der Arbeitgeber die 300 Euro nur auszahlen, wenn er schriftlich zusichert, dass es sich um das erste Arbeitsverhältnis der Mini-Jobberin oder des Mini-Jobbers handelt. Damit soll eine mehrfache Auszahlung der Energiepreis-Pauschale durch mehrere Arbeitgeber vermieden werden. Ja, unter bestimmten Voraussetzungen. Arbeitslose bekommen die Pauschale, wenn sie irgendwann im Laufe des Jahres 2022 einmal beschäftigt waren. Studentinnen und Studenten, die sich etwas dazu verdienen - beispielsweise mit einem Mini-Job - können ebenfalls das staatliche "Energie-Geld" beanspruchen. Nein. Rentnerinnen und Rentner, die ihre Altersbezüge bekommen, haben keinen Anspruch auf eine Energiepreis-Pauschale. Gehen die Ruheständler allerdings noch einer Beschäftigung nach - sei es als Teilzeit- oder gar als Vollzeitjob -, steht ihnen der einmalige Zuschuss von 300 Euro zu. Freilich: Um die Pauschale zu erhalten, müssen sie einen gültigen Arbeitsvertrag haben, der Arbeitgeber muss sie bei der Minijob-Zentrale anmelden. "Damit ein solches Arbeitsverhältnis vom Finanzamt anerkannt wird, muss es schon ein richtiger Mini-Job sein", erklärt Daniela Karbe-Geßler vom Bund der Steuerzahler. Arbeitgeber kann auch ein Verwandter sein. Ruheständler, die nebenbei ein Gewerbe betreiben - zum Beispiel mit einer Photovoltaik-Anlage - haben ebenfalls Anspruch auf das staatliche "Energie-Geld". Das gilt aber nicht für Rentner, die eine Wohnung oder mehrere Wohnungen privat vermieten. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen die Energiepreis-Pauschale versteuern. Unterm Strich dürften den Beschäftigten im Durchschnitt 193 Euro netto bleiben. Das geht aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor. Besonders Spitzenverdiener müssen viel versteuern. Nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler erhalten sie netto nur 180 Euro. Größter Nutznießer der Pauschale sind Familien mit einem Bruttohaushaltseinkommen von 35.000 Euro. Nach einer Musterrechnung des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) bleibt berufstätigen Eheleuten von den 600 Euro Energiepreis-Pauschal unter dem Strich 457 Euro. Nur Arbeitnehmer, die mit ihrem versteuernden Einkommen unter dem steuerlichen Grundfreibetrag von rund 10.347 Euro liegen, und Mini-Jobber brauchen keine Steuern auf die Pauschale zahlen.
6verbraucher
Der Elektroauto-Hersteller Tesla muss in den USA bei fast 1,1 Millionen Fahrzeugen wegen Sicherheitsbedenken ein Software-Update aufspielen. Die Bundesbehörde für Straßen- und Fahrzeugsicherheit (NHTSA) verwies auf eine Fehlfunktion bei mehreren Tesla-Modellen beim automatisierten Schließsystem der Fenster. Autoinsassen laufen danach Gefahr, sich die Finger einzuklemmen.Tesla-Fahrzeuge verfügen über ein Sensorsystem, das automatisch Widerstände erkennen und das Schließen der Fenster stoppen soll. Bei einigen Fahrzeugen der Modelle 3, Y, S und X würden Widerstände jedoch nicht immer zuverlässig erkannt, warnte die US-Verkehrsbehörde. Tesla erklärte, das Unternehmen habe bislang keine Kenntnis von Unfällen oder Verletzungen durch die Fehlfunktion. Das Problem soll nun mit einem Software-Update behoben werden. Betroffene Autobesitzer werden darüber ab dem 15. November benachrichtigt. Tesla hatte in diesem Jahr bereits mehrere derartige Rückrufaktionen in den USA starten müssen.Lange Zeit hatte das Unternehmen Software-Updates ausgeführt, ohne die Halter oder die Aufsichtsbehörden darüber zu informieren. In den vergangenen Monaten war Tesla jedoch in den Fokus der NHTSA gerückt. Die Aufsichtsbehörde leitete etwa eine Untersuchung nach mehreren Kollisionen von Teslas mit Einsatzfahrzeugen ein.Der Fahrzeugrückruf verdarb prompt die Laune der Anleger. Die Aktien des E-Auto-Herstellers fielen um gut vier Prozent.
5unternehmen
Irans Justizchef hat ein hartes Durchgreifen der Sicherheitskräfte bei den landesweiten Protesten angeordnet. Gholam-Hussein Mohseni-Edschehi habe die Justiz und Polizei in allen Landesteilen angewiesen, keine Kompromisse im Umgang mit "professionellen Krawallmachern" und Anführern der Unruhen einzugehen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Irna. Damit soll nach den Worten des Justizchefs die Sicherheit der Bürger garantiert werden. Seit Tagen befürchten Experten, dass die iranischen Behörden mit Härte durchgreifen werden, um die Demonstrationen auf der Straße zu beenden. Auslöser der Proteste ist der Tod der 22 Jahre alten Iranerin Mahsa Amini. Sie wurde vor gut einer Woche von der Sittenpolizei wegen eines Verstoßes gegen die strenge islamische Kleiderordnung festgenommen. Was genau mit Amini nach ihrer Festnahme geschah, ist unklar. Jedenfalls fiel sie ins Koma und starb am Freitag in einem Krankenhaus. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben. Die Polizei weist die Vorwürfe zurück. Seitdem demonstrieren landesweit Tausende Menschen gegen den repressiven Kurs der Regierung. Bei den Protesten in Dutzenden Städten kamen bislang mindestens 17 Menschen ums Leben. Unter den Opfern seien sowohl Sicherheitskräfte als auch Demonstranten, berichtete das Staatsfernsehen. In Videos aus dem Iran, die nicht verifiziert werden konnten, wird von Schüssen mit scharfer Munition berichtet. Das Regime in Teheran reagierte mit massiven Internet- und Mediensperren. Das mobile Internet ist massiv eingeschränkt und insbesondere mobile Netzwerke sind weitgehend abgeschaltet. Auch Instagram als eines der letzten freien sozialen Netzwerke wurde gesperrt. Einige reichweitenstarke iranische Nachrichtenportale, die über die Proteste berichtet hatten, waren im Ausland nicht mehr erreichbar. Auf den Webseiten der staatlichen Medien wurden die Demonstrationen wenig thematisiert. Inzwischen solidarisierten sich Prominente Iraner im Exil mit der Protestbewegung. Auch im Iran selbst wurden Stimmen laut, die sich ungewöhnlich scharf gegen den Kurs der Regierung stemmten. Der Fußballstar Ali Karimi etwa stellte sich auf die Seite der Demonstranten. Der Ex-Profi erhielt dafür Zuspruch vieler Iranerinnen und Iraner. "Hab keine Angst vor starken Frauen. Vielleicht kommt der Tag, an dem sie deine einzige Armee sind", schrieb der Ex-Profi, der in der Vergangenheit auch in der Bundesliga spielte, auf Twitter. Die US-Regierung verhängte Sanktionen gegen die Moralpolizei und hochrangige Sicherheitsbeamte. Nach Angaben des Finanzministeriums sind davon auch hochrangige Führungskräfte verschiedener Sicherheitsorganisationen des Landes betroffen - etwa der Leiter der Moralpolizei. Als Folge der Sanktionen wird etwaiger Besitz der Betroffenen in den USA eingefroren, US-Staatsbürgern werden Geschäfte mit ihnen untersagt. Und ein weiterer Vorfall sorgt für Ärger in den USA: Christiane Amanpour, langjährige Korrespondentin des US-Senders CNN berichtete, dass sie ein Interview mit Irans Präsidenten Ebrahim Raisi am Rande der UN-Vollversammlung in New York geplant hatte. Raisi sei aber nicht zum vereinbarten Termin erschienen. Stattdessen sei ein Mitarbeiter Raisis 40 Minuten später gekommen und habe gesagt, der Präsident schlage vor, dass sie (Amanpour) ein Kopftuch trage. Sie habe dies abgelehnt, twitterte Amanpour. Kein iranischer Präsident zuvor habe das Tragen eines Kopftuches verlangt, wenn er außerhalb des Irans interviewt worden sei.
1asien
Nach der angekündigten Verstaatlichung des Energiekonzerns Uniper könnte der Staat bei einem weiteren Energieunternehmen eingreifen. Dabei handelt es sich um die ehemalige Gazprom-Tochter, Securing Energy for Europe (SEFE), die bereits unter Treuhänderschaft der Bundesnetzagentur steht. Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios prüft das Bundeswirtschaftsministerium derzeit, die SEFE zu verstaatlichen, um eine Pleite zu verhindern. Nach Informationen des "Spiegel" soll die Verstaatlichung bereits beschlossene Sache sein.Das sei eine Option, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Innerhalb der Bundesregierung laufen die Gespräche über die Zukunft des Unternehmens, wie eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) heute bestätigte, ohne nähere Details zu nennen. Experten halten eine Verstaatlichung für wahrscheinlich, allerdings dürfte dies noch einige Wochen dauern. Im Umfeld von SEFE hieß es, eine Option sei, dass die Firma einen Kapitalschnitt vorbereite, um dem Staat einen günstigen Einstieg zu ermöglichen. Gestern hatte der Bund mitgeteilt, Deutschlands wichtigsten Gasversorger Uniper fast vollständig zu übernehmen. Hintergrund ist die fast komplette Einstellung der vertraglich vereinbarten Gaslieferungen aus Russland, wodurch die Importeure massiv unter Druck gerieten. Sie müssen am Spotmarkt teuren Ersatz beschaffen, um ihre Kunden zu beliefern. Die dadurch gestiegenen Ersatzbeschaffungskosten bringen Unternehmen wie Uniper in eine Notlage. Auch die Ex-Tochter des russischen Staatskonzerns, die unter anderem in den Bereichen Energiehandel, Gastransport und Betrieb von Gasspeichern tätig ist, steckt in massiven finanziellen Schwierigkeiten. Im April hatte Habeck die Bundesnetzagentur als Treuhänderin eingesetzt und dies mit unklaren Rechtsverhältnissen sowie einem Verstoß gegen Meldevorschriften begründet. Ziel sei es, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Mitte Juni hatte der Bund die damalige Gazprom Germania und heutige SEFE, die bereits im April vom russischen Energieriesen abgestoßen wurde, schließlich mit einem Milliardenbetrag über die staatliche Förderbank KfW gestützt. Schon im August hatte der "Spiegel" allerdings berichtet, der bisherige Kredit über 9,8 Milliarden reiche möglicherweise nicht aus.Der "Spiegel" zitiert SEFE-Treuhänder Egbert Laege mit den Worten, die Gas-Einkaufspreise seien "heute deutlich höher, als wir in unserer ursprünglichen Kalkulation angesetzt hatten". Die Versorgung zu sichern, werde daher "voraussichtlich mehr kosten als wir dachten", fügte er hinzu. "Wir müssen deshalb schauen, ob das Geld reicht oder nicht". Das KfW-Darlehen sollte nach früheren Angaben der Regierung eine etwaige Insolvenz abwenden. Das Geld diene dabei der Liquiditätssicherung und der Ersatzbeschaffung von Gas.Damals hieß es, in einem nächsten Schritt prüfe die Bundesregierung Möglichkeiten, das Darlehen in Eigenkapital umzuwandeln, um so auch langfristig die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Wie der "Spiegel" schreibt, steht der nun offenbar geplante Einstieg des Bundes bei SEFE im Kontext der Rettung des Leipziger Gasimporteurs VNG. VNG hatte zuletzt Hilfe vom Staat beantragt, wie das Unternehmen und der Mehrheitseigner EnBW mitgeteilt hatten. Das Land Baden-Württemberg als EnBW-Miteigentümer solle sich finanziell bei VNG beteiligen, anteilig auch ostdeutsche Kommunen als VNG-Mitbesitzer.
5unternehmen
Ende August läuft das 9-Euro-Ticket aus - wovon nach Angaben des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) bis zum 8. August etwa 38 Millionen Stück verkauft wurden. Trotz des Erfolgs gibt es noch keine Anschlussregelung.Beim Tag der offenen Tür der Bundesregierung hat auch Bundeskanzler Olaf Scholz das günstige Ticket gelobt. "Es war eine der besten Ideen, die wir hatten", sagte der SPD-Politiker im Kanzleramt. Das Ticket sei gut angenommen worden und habe vor allem gezeigt, wo Schwierigkeiten und Defizite im öffentlichen Nahverkehr lägen. Viele Bürgerinnen und Bürger wünschten sich einfachere Strukturen und große Tarifverbände, das Umsteigen müsse einfacher werden.Scholz kündigte an, dass Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) mit den 16 Bundesländern prüfe, wie die "Bequemlichkeit, Benutzbarkeit, vielleicht auch die Bezahlbarkeit" im öffentlichen Nahverkehr besser geregelt werden könne. Genauer äußerte sich Scholz nicht zu einer möglichen Nachfolgeregelung.Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Dorothee Martin, forderte schnelle Gespräche mit den Ländern. Der von Wissing avisierte Zeitplan reiche dafür nicht aus, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Wenn wir zu Beginn 2023 ein neues bundesweites Ticket einführen wollen, muss der Prozess dafür jetzt beginnen und der Zeitplan klar sein. Im Oktober, wie vom Verkehrsminister avisiert, ist das zu spät", fügte sie hinzu.Wissings Parteifreund, Bundesfinanzminister Christian Lindner, wies Forderungen nach einer Verlängerung des 9-Euro-Tickets erneut klar zurück. "Das würde 14 Milliarden Euro kosten", sagte Lindner im ARD-Sommerinterview. Dieses Geld würde andernorts für die Bildung oder für Investitionen in das Schienennetz fehlen. Die Idee eines kostenfreien öffentlichen Nahverkehrs sei "nicht finanzierbar".Die Verbraucherzentralen fordern hingegen ein Folgeangebot und warnen vor Preisanhebungen bei Bussen und Bahnen. Die Chefin des Bundesverbands (vzbv), Ramona Pop, sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Es ist wichtig, dass beides beibehalten wird: Ein kostengünstiges und einfaches Modell und dass man bundesweit damit fahren kann." Im Nahverkehr sei das 9-Euro-Ticket "so etwas wie eine Revolution" gewesen. "Es wäre sehr schade, die Menschen hier zu enttäuschen, die das wirklich sehr ausführlich genutzt haben in den letzten Monaten."Pop warnte vor einem Rückschlag mit drastischen Preiserhöhungen im Herbst. "Die Erwartung ist, dass alle Verkehrsunternehmen in dieser schwierigen Lage nicht die Menschen weiter belasten. Das braucht aber eben natürlich auch ein politisches Backing, um Mehrkosten auszugleichen", warnte sie.Das 9-Euro-Ticket für den Nahverkehr in ganz Deutschland war als Teil des Entlastungspakets der Bundesregierung für die Monate Juni, Juli und August beschlossen worden, um Verbraucherinnen und Verbraucher angesichts der hohen Inflation zu helfen.Als Anschlussangebote gibt es Vorschläge für ein 365-Euro-Jahresticket und Monatstickets für 29, 49 oder 69 Euro. Im Gespräch sind auch regionale Pauschalangebote, die deutlich günstiger als bisher sein sollen. Einige Verkehrsverbände warnen jedoch davor, dass günstige Angebote dringend notwendige Investitionen für einen attraktiveren ÖPNV gefährdeten.
3innenpolitik
"Die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2022 beginnt mit einem noch grösseren Spektakel für die in- und ausländischen Fans, da Gastgeber Katar exklusiv nun bereits am Sonntag, 20. November, um 19 Uhr gegen Ecuador spielt. Das Eröffnungsspiel und die Eröffnungsfeier im al-Bayt-Stadion wurden heute auf einstimmigen Beschluss des FIFA-Ratsausschusses um einen Tag vorgezogen", teilte der Fußball-Weltverband am Donnerstagabend (11.08.2022) mit. Die Partie zwischen Senegal und den Niederlanden am Montag, 21. November, werde aus diesem Grund von 13 auf 19 Uhr verschoben.Die Sportschau und mehrere internationale Medien hatten bereits zuvor darüber berichtet, dass der FIFA-Ratsausschuss über einen Antrag des Gastgebers berät. Katar wollte sein Eröffnungsspiel gegen Ecuador bereits am 20. November als alleiniges Highlight ausrichten - und nicht als dritte Partie des Tages am 21. November. Der Weltverband FIFA kommentierte den Vorgang zunächst nicht. Im Ratsausschuss sitzen neben FIFA-Präsident Gianni Infantino die Präsidenten der sechs Konföderationen wie beispielsweise UEFA-Präsident Aleksander Ceferin.Auf die weiteren WM-Partien soll die Änderung keinen Einfluss haben, auch nicht auf die deutschen Gruppenspiele gegen Japan (23. November), Spanien (27. November) und Costa Rica (1. Dezember).Das Finale der WM ist für den 18. Dezember terminiert - den Nationalfeiertag des Emirats. Die Verlegung des ersten Katar-Spiels wäre nicht die erste Änderung im Zeitplan, wenn auch eine mit deutlich geringeren Auswirkungen als jene Entscheidung im Jahr 2015. Damals hatte die FIFA auch aufgrund großen öffentlichen Drucks entschieden, das Turnier vom Sommer in den Winter zu verlegen. In Katar herrschen in den traditionellen WM-Monaten Juni und Juli Temperaturen um die 40 Grad. Die Geschichte der offiziellen Eröffnungsspiele begann erst 1966 - zuvor gab es bei den WM-Endrunden oft zeitgleiche Spiele. Die FIFA hat inzwischen aber die ersten Spiele der Endrunden von 1930 bis 1962 als Eröffnungsspiele anerkannt. Von 1958 bis 1970 eröffnete stets der Gastgeber das Turnier, nach einer Statuten-Änderung hatte von 1974 bis 2002 der Weltmeister die Ehre, letztmals Frankreich bei der WM in Japan und Südkorea. Deutschland eröffnete die Heim-WM 2006 mit dem 4:2 gegen Costa Rica wieder als Gastgeber.Die WM in Katar ist wird aus unterschiedlichen Gründen kritisiert, vor allem wegen Menschenrechtsverletzungen und der Ausbeutung von ausländischen Arbeitern sowie der Kriminalisierung von Homosexuellen.Quelle: sportschau.de
4sportschau
Eine Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank: Kaum eine Phantasie beschäftigte den deutschen Bankensektor in den vergangenen Jahren so sehr wie diese. Viele erhoffen sich davon eine große Konsolidierung, also eine Bereinigung der arg zersplitterten deutschen Bankenlandschaft. Bislang ist jedoch jeder Versuch einer Vereinigung der beiden großen Frankfurter Institute gescheitert. Jenseits der börsennotierten Geldhäuser und abseits des medialen Interesses hat sich aber in der deutschen Provinz in den vergangenen Jahren viel getan. Mächtige angelsächsische Finanzinvestoren verleiben sich ein regionales Institut nacheinander ein, verschmelzen diese miteinander und formen daraus größere Banken, die zunehmend Sparerinnen und Sparer in der ganzen Republik ins Visier nehmen. Bestes Beispiel: die Oldenburgische Landesbank, kurz OLB. Das norddeutsche Regionalinstitut ist längst nicht mehr nur in seiner angestammten Region, im Nordwesten Deutschlands, unterwegs. Seit fünf Jahren will die OLB mehr. Seit fünf Jahren befindet sie sich nämlich in den Händen von angelsächsischen Finanzinvestoren. 2017 übernahm der US-Finanzinvestor Apollo zusammen mit dem texanischen Lehrerpensionsfonds Teacher Retirement Systems of Texas sowie dem britischen Finanzinvestor Grovepoint das norddeutsche Regionalinstitut vom Versicherungsriesen Allianz und fusionierte es mit der bereits zuvor von Apollo gekauften Bremer Kreditbank und dem Bankhaus Neelmeyer. Später kam dann noch die Wüstenrot Bank hinzu. Gestern Abend folgte dann der nächste Paukenschlag: Die OLB übernimmt für 220 Millionen Euro die Frankfurter Degussa Bank von ihren Eigentümern, den Hamburger Bankiers Max Warburg und Christian Olearius. Die Degussa Bank betreibt 60 Filialen auf den Betriebsgeländen großer Firmen, vor allem im Süden und Westen Deutschlands, und konzentriert sich auf deren Mitarbeiter als Kunden. OLB-Chef Stefan Barth bezeichnete die Übernahme im Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters als "Meilenstein": "Wir erhöhen unsere bundesweite Präsenz mit der Übernahme der Degussa-Kunden von 620.000 auf fast eine Million." Doch die angelsächsischen Finanzinvestoren verfolgen als Ziel mit der OLB nicht nur die bundesweite Expansion. Sei trimmen das Geldinstitut auch auf Profitabilität. Dazu gehört in der Welt der Finanzinvestoren selbstverständlich auch die Kostenreduktion durch Personalabbau: So berichtete OLB-Chef Stefan Barth im Sommer stolz im "Handelsblatt", die Bank sei 2021 in der Lage gewesen, innerhalb eines halben Jahres 360 Vollzeitstellen abzubauen.Barth weiß, was Finanzinvestoren wollen und wie sie arbeiten. Vor seinem Wechsel zur OLB hatte er unter der Ägide des nach dem mehrköpfigen Höllenhund benannten US-Finanzinvestors Cerberus als Risikovorstand die österreichische Bawag mit an die Börse gebracht.Ein Ziel, das die angelsächsischen Finanzinvestoren um Apollo Medienberichten zufolge nun auch mit der OLB verfolgen. Wegen der anhaltenden Unsicherheit an den Finanzmärkten rechnen Insider jedoch erst 2023 mit einem Börsengang. Alternativ käme auch ein Verkauf infrage - etwa an eine ausländische Bank, die ihren Fußabdruck in Deutschland vergrößern möchte. Das Ergebnis des OLB-Expansionsfeldzuges durch die deutsche Provinz kann sich jedenfalls sehen lassen: Ende 2021 wies die Oldenburgische Landesbank eine Bilanzsumme von rund 25 Milliarden Euro auf. Die Eigenkapitalrendite - der Gradmesser für die Rentabilität einer Bank - erreichte 7,3 Prozent. Das schaffen in Deutschland nicht viele Banken; mittelfristig sollen es nach Aussage von OLB-Chef Barth sogar 13 bis 15 Prozent werden. Zum Vergleich: Die viel größere börsennotierte Commerzbank erreichte 2021 eine Eigenkapitalrendite von 1,5 Prozent, bis 2024 will sie "über sieben Prozent" erreichen. Durch den bundesweiten Expansionskurs und den Fokus auf höhere Profitabilität machen die angelsächsischen Finanzinvestoren mit der OLB auf der kleinen deutschen Bankenbühne vor, was auf der großen eventuell noch bevorsteht.
5unternehmen
Im Internet finden sich zahlreiche verwackelte Handyvideos. Meistens erkennt man junge Menschen auf den Straßen. Eine Frau, die dort zu sehen ist, scheint Tränengas eingeatmet zu haben. Die Polizei setzt es gegen die Demonstrantinnen und Demonstranten ein - aber nicht nur das. In der Provinz Kurdistan soll sie auch scharf geschossen haben, behauptet die kurdische Menschenrechtsorganisation Hengaw. Sie schreibt von vier Todesopfern bis Montag. Der Gouverneur bestätigte gestern drei. Seine Version: Einer soll durch Schüsse aus einer Waffe gestorben sein, die nicht den Sicherheitskräften gehört. Den zweiten habe man in einem Auto gefunden, bei dem dritten machte er keine klaren Angaben.Es gibt aber auch Videos wie dieses: Während die Menge "Tod dem Diktator" skandiert, klettern zwei Demonstranten an der Fassade eines Gemeindegebäudes in Sari im Norden des Landes hoch. Sie zerreißen zwei große Plakate mit den Köpfen des früheren Obersten Führers Khomeini und seinem Nachfolger Chamenei. Die Menge jubelt. Eine Frau sagt immer wieder "Mersi" - "Danke, Danke, Ihr habt unseren Traum erfüllt."Die Videos stammen aus verschiedenen Städten im Iran, heißt es. Ob sie echt sind, lässt sich schwer überprüfen. Auch die Dimension der Proteste ist schwer einzuschätzen. Der Iran-Experte Ali Fathollah Nejad erklärt anhand englischsprachiger Studien: "Wenn wir uns allein die Zahlen vor Augen führen, haben wir letztes Jahr 4000 Proteste im Iran gehabt. Das ist ein Rekordwert seit 2016. Und im ersten Halbjahr dieses Jahres haben wir 2200 Proteste schon gesehen. Das bedeutet: Wir sehen einen großen Unmut unter verschiedenen gesellschaftlichen Gruppierungen gegen das Regime."Nur bisher ist es dem Regime in Teheran immer gelungen, diese Demonstrationen niederzuschlagen - ob sie wegen hoher Benzinpreise 2019 stattfanden, wegen nicht gezahlter Löhne, dem versehentlichen Abschuss einer ukrainischen Passagiermaschine 2020, wegen Wassermangel oder eines eingestürzten Gebäudes mit vielen Toten diesen Sommer. Solange verschiedene Gruppen - wie derzeit Frauen oder zuvor beispielsweise Rentner oder Lehrer - isoliert seien, sei es für das Regime einfacher, eine oppositionelle Bewegung zu verhindern, sagt Experte Nejad. Was man jetzt sehe sei "eine bestimmte Solidarität zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen. Aber wir sehen noch keine Organisation, keine Strukturiertheit - und wir sehen auch keine Führung."Allerdings scheint sich was zu bewegen. Am Abend diskutieren sie im Staatsfernsehen über die Kopftuchpflicht. Ein Twitter-User kommentiert das mit den Worten: "Interessant, sie erkennen nicht mal, dass das Problem nicht das Kopftuch ist, sondern sie." Der frühere Gesundheitsminister Peseschkian zeigt sich kritisch, was den Tod der 22-jährigen Mehsa Amini in Polizeigewahrsam angeht. Der Arzt zweifelt im Staatsfernsehen sehr vorsichtig an der offiziellen Todesursache, sie sei an einem Herzinfarkt gestorben. Parlamentspräsident Mohammad Bagher Ghalibaf erklärt im Interview mit der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA zu dem Thema: "Es ist notwendig, dass die Kommission für Innere Angelegenheiten des Islamischen Rates ihrer Pflicht nachkommt, das ehrenwerte iranische Volk so schnell wie möglich mit größtmöglicher Genauigkeit und unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte zu informieren."Präsident Ebrahim Raisi hatte eine Untersuchung angeordnet. Viele der Demonstrantinnen bezweifeln aber, dass die unabhängig sein wird und zu einem anderen Ergebnis als dem offiziellen kommen wird. Ghalibaf schiebt nach: "Neben der Untersuchung des Todes von Mahsa Amini hat diese Kommission auch die Pflicht, die Methoden bei den Patrouillen der Sittenpolizei zu untersuchen, damit sich solche Fälle nicht wiederholen und es keine Probleme bei den Patrouillen gibt." Ein Abgeordneter fordert sogar, die Kopftuchpflicht abzuschaffen. Die Führung in Teheran bedient sich unterdessen bewährter Muster, wenn es um Demonstrationen geht: Das Ausland stecke dahinter, heißt es im Staatsfernsehen.Auf den Straßen in den Städten schneiden sich Frauen auch an diesem Abend aus Protest ihre Haare ab, Kopftücher landen im Feuer. Sie recken die Fäuste kämpferisch in den Nachthimmel. Auch diesmal soll die Polizei wieder zahlreiche Demonstrantinnen und Demonstranten festgenommen haben, viele seien verletzt worden. Die kurdische Menschenrechtsorganisationen Hengaw meldet am Abend ein weiteres Todesopfer. Sicherheitskräfte hätten einen 23-Jährigen im Nordwesten erschossen. Offizielle Informationen dazu gibt es bis jetzt nicht. (Anm. d. Red.: In einer früheren Version dieses Artikels war ein Zitat falsch zugeordnet. Wir haben dies korrigiert und bitten den Fehler zu entschuldigen)
1asien
Der US-Senat hat mit der knappen Mehrheit der Demokraten einen Gesetzesentwurf für massive Investitionen unter anderem in den Sozialbereich und den Klimaschutz beschlossen. US-Vizepräsidentin Kamala Harris - die qua Amt auch dem Senat vorsteht - gab die entscheidende Stimme für die einfache Mehrheit ab.Die Republikaner stimmten geschlossen gegen das sogenannte Inflationsbekämpfungsgesetz. Mit Änderungsanträgen hatten sie über fast 16 Stunden hinweg die Verabschiedung verzögert. Am Ende stimmten alle demokratischen Senatoren plus Harris für das Gesetzespaket, womit die notwendige Mehrheit von 51 Stimmen zusammenkam. Notwendig ist noch die Zustimmung des Repräsentantenhauses, das für Freitag ein Votum angesetzt hat. In dieser Kammer des Kongresses gilt die Mehrheit allerdings als gesichert. Die Regierung von US-Präsident Joe Biden, der ebenfalls den Demokraten angehört, hatte das Gesetz vorab als "historisch" bezeichnet. Es werde dazu beitragen, "die drängendsten wirtschaftlichen Herausforderungen von heute zu bewältigen, unsere Wirtschaft für die kommenden Jahrzehnte zu stärken und die Vereinigten Staaten in die Lage zu versetzen, weltweit führend im Bereich der sauberen Energie zu sein", hieß es in einer Mitteilung des Weißen Hauses.Biden kann dieses Zeichen der Einigkeit verbunden mit Entlastungen für die amerikanischen Familien gut gebrauchen - weniger als 40 Prozent der Amerikanerinnen und Amerikaner sind mit seiner Arbeit zufrieden.Nach zähen Verhandlungen ist das Paket allerdings nur noch ein Bruchteil dessen, was Biden durchsetzen wollte - er hatte sich einen Umfang von 3,5 Billionen Dollar gewünscht, gestreckt über zehn Jahre. Das Paket umfasst nun noch rund 430 Milliarden Dollar. Der allergrößte Teil, 370 Milliarden, ist für Energiesicherheit und Klimaschutz vorgesehen, weitere über 60 Milliarden gehen ins Gesundheitswesen.Vor allem der demokratische Senator Joe Manchin torpedierte Bidens Pläne immer wieder. Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, hatte mit Manchin vor wenigen Tagen Änderungen ausgehandelt und überraschend eine Einigung präsentiert. Schumer betonte immer wieder, die wichtigsten Bestandteile des Gesetzes blieben erhalten - etwa die Senkung der Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente, die Bekämpfung des Klimawandels, die Schließung von Steuerschlupflöchern sowie 300 Milliarden US-Dollar für den Schuldenabbau. Mit Informationen von Katrin Brand, ARD-Studio Washington
0amerika
Die Verhandlungen zwischen Porsche und Red Bull über eine Kooperation bei der Formel 1 sind gescheitert. In den vergangenen Monaten seien Gespräche geführt worden - aber: "Beide Unternehmen sind gemeinsam zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Gespräche nicht weiter geführt werden", teilte Porsche mit. "Prämisse war immer eine Partnerschaft auf Augenhöhe, die neben einer Motoren-Partnerschaft auch das Team umfasst. Dies konnte nicht realisiert werden", hieß es weiter. Im März hatte Porsche erklärt, eine Teilnahme an der Formel 1 zu prüfen. Einen Monat später teilte der Volkswagen-Konzern mit, seine Töchter Porsche und Audi loteten den Einstieg in den Rennzirkus aus. Audi gab kürzlich bekannt, als Motorenentwickler ab 2026 mitzumachen. Für welchen Rennstall Audi seinen Antrieb stellen wird, ist noch nicht bekannt. Während der Deal mit Red Bull nun geplatzt ist, betonte Porsche jedoch, dass ein Einstieg in die Formel 1 damit nicht generell ausgeschlossen sei. Mit den Reglementänderungen ab der Saison 2026 bleibe die Rennserie für Porsche "ein attraktives Umfeld, das weiterhin beobachtet wird", hieß es in der Mitteilung.
5unternehmen
Unternehmen warnen vor Produktionseinbrüchen als Folge eines Gasmangels. Politiker diverser Couleur debattieren darüber, wie Verbraucher angesichts rasant steigender Gaspreise entlastet werden könnten. Und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat erst gestern die bisher vorgesehene Priorisierung von Verbrauchern gegenüber der Industrie im Falle einer Gasknappheit infrage gestellt. All das erweckt den Anschein, dass Deutschland direkt und unvermeidbar auf die Ausrufung einer Gasmangellage und damit der Notfallstufe des Gas-Notfallplans zusteuert. Diese dritte und letzte Stufe soll der Bundesnetzagentur zufolge dann ausgerufen werden, wenn eine "außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas, eine erhebliche Störung der Gasversorgung oder eine andere erhebliche Verschlechterung der Versorgungslage" vorliegt. So sieht es der Gas-Notfallplan vor.Doch die grassierende Furcht vor einer Gasmangellage könnte sich als unbegründet erweisen. Der Energieökonomin Claudia Kemfert zufolge muss eine Gasmangellage nämlich selbst dann nicht zwingend eintreten, wenn Russland sämtliche Gaslieferungen nach Deutschland einstellen sollte. "Ob es wirklich zu einem Gasmangel kommt, hängt an verschiedenen Aspekten", sagte die Energieexpertin vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) der Deutschen Presse-Agentur. Dazu zählten vor allem der Aufbau von Gaslieferbeziehungen mit anderen Ländern als Russland, das stete Befüllen der Speicher und das Einsparen von Gas. Daneben gebe es weitere Möglichkeiten. "Aber wenn zumindest die ersten drei Komponenten gut geschafft sind, sehe ich nicht, dass wir tatsächlich eine Gasmangellage bekommen müssen", sagte Kemfert. Deutschland habe mit diesen Maßnahmen begonnen oder sei bereits auf einem guten Weg. Bei herkömmlichem Erdgas zählen bisher vor allem die Niederlande und Norwegen zu Deutschlands Alternativquellen. Bei Flüssigerdgas bemühte sich Wirtschaftsminister Habeck auf einer Katar-Reise im Frühjahr um neue Lieferbeziehungen. Ob, wann und wie viel mehr Gas wirklich aus dem Emirat kommt, ist allerdings noch offen. Der Füllstand der deutschen Gasspeicher steigt langsam, aber stetig. Derzeit liegt er bei rund 65 Prozent. Energiesparen ist eine weitere Option, um eine Mangellage zu vermeiden. Dazu haben Bundesregierung und Bundesnetzagentur Verbraucher und Industrie schon mehrmals aufgerufen. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Peter Adrian, bat private Verbraucher und die weniger energieintensiven Unternehmen, aus Solidarität mit der Industrie ab sofort konsequent Energie einzusparen."Es drohen echte Versorgungsengpässe und unserer gesamten Wirtschaft eine Krise in unbekanntem Ausmaß. Die Folgewirkungen von Abschaltungen einzelner Branchen oder Betriebe sind nicht zu überblicken", sagte Adrian der "Rheinischen Post".
6verbraucher
Vor 18.000 Fans schlug ein wie entfesselt aufspielendes Nationalteam um Kapitän Dennis Schröder Titelkandidat Frankreich am Donnerstag (01.09.2022) in Köln eindrucksvoll mit 76:63 (38:31) und machte auf der Jagd nach Edelmetall den ersten ganz wichtigen Schritt Richtung Finalrunde. Johannes Thiemann glänzte bei einer mitreißenden Mannschaftsleistung als bester deutscher Schütze mit 14 Punkten, für die Franzosen kam Guerschon Yabusele auf 18 Zähler. Durch den Sieg sind die Deutschen in der "Hammergruppe" B perfekt gestartet. "Die Defensive war ausschlaggebend. Wir haben die ganze Zeit hart verteidigt - egal wer auf dem Feld war", erklärte Rückkehrer Daniel Theis den Schlüssel zum Erfolg. Das sei nur ein erster Schritt, "wir haben noch große Ziele." Besonders stark war Maodo Lo. "Geiles Spiel, das hat wirklich Bock gemacht. Wir haben uns bei jedem Korb gefeiert", freute sich der Berliner, der mit einem genialen Pass auf Dennis Schröder die ausverkaufte Kölner Halle in Euphorie versetzte."Wenn wir weiter so spielen, spielen wir ein sehr gutes Turnier", schwärmte Niels Giffey, der ebenso stark auftrat: "Es war eine kranke Stimmung heute. Das war unglaublich. Das war mit eines der besten Spiele, die ich in Deutschland gespielt habe."Vier Teams kommen ins Achtelfinale, die Finalrunde findet in Berlin statt. Bundestrainer Gordon Herbert hatte nach Gold 1993 und Silber 2005 eine Medaille als Ziel ausgegeben.Unmittelbar vor Spielbeginn stand noch einmal Nowitzki (44) im Mittelpunkt. Das Nationaltrikot des einzigen deutschen NBA-Champions wurde um 20.25 Uhr feierlich unter die Decke der Arena gezogen, seine Nummer 14 vergibt der Deutsche Basketball Bund (DBB) nie wieder. "Ich habe immer gerne für mein Land gespielt. Ich habe immer alles gegeben. Von daher bedeutet mir das sehr, sehr viel", sagte Nowitzki, zuvor hatte ihn Frank-Walter Steinmeier in einer Rede gewürdigt. "Ihr Heldenstatus ist auch drei Jahre nach dem Ende Ihrer aktiven Zeit ungeschmälert", sagte der Bundespräsident. Auf den Tag genau drei Jahre nach dem Auftakt gegen Frankreich bei der enttäuschenden WM 2019 in China, wo es eine Niederlage gesetzt hatte, überraschte Herbert. Daniel Theis, der wegen Knieproblemen erst am Mittwoch den letzten Kaderplatz erhalten hatte, saß zunächst auf der Bank - aber nicht lange. Nach einem unsportlichen Foul von Jonas Wolfarth-Bottermann und nur 1:02 gespielten Minuten musste der Center der Indiana Pacers sofort ran. Doch vier Tage nach dem überraschend klaren Sieg in der WM-Qualifikation gegen EM-Gruppengegner Slowenien war den Deutschen die Nervosität anzumerken. Die ersten fünf Würfe aus dem Feld gegen daneben, doch die Gastgeber arbeiteten sich über die starke Defensive ins Spiel. Während die französische Offense nicht ins Rollen kam, punktete Deutschland stetig. Schröder glänzte mit schnellen Drives und der eingebürgerte US-Amerikaner Nick-Weiler Babb sorgte mit einem Dreier für die Halbzeitführung. "Wir haben sehr gut verteidigt und denen sehr viele Sachen weggenommen", sagte Big Man Johannes Thiemann zur Halbzeit. Nach der Pause kam Frankreich, das von draußen in dieser Phase viel besser traf, mit einem 8:0-Lauf wieder heran - doch dann drehte Deutschland so richtig auf. Maodo Lo übernahm das Kommando: Der Berliner legte auf, traf den Step-Back-Dreier und per Korbleger. Als Schröder im Schlussviertel NBA-Star Rudy Gobert austanzte und zum 71:57 vollendete, durfte das Publikum endgültig feiern. Nach einem Ruhetag stehen für die deutsche Mannschaft am Wochenende gleich zwei Spiele auf dem Programm. Am Samstag gegen Bosnien und Herzegowina und am Sonntag gegen das starke Litauen (beide 14.30 Uhr) muss mindestens ein Sieg her.  Quelle: sportschau.de
4sportschau
Es hätten staatsmännische Bilder sein sollen: Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro, ernst und ganz in Schwarz, der gemeinsam mit internationalen Amtskollegen Königin Elizabeth II. die letzte Ehre erweist. Bilder, die zwei Wochen vor Brasiliens Präsidentschaftswahl am 2. Oktober für sich gestanden und eventuell den ein oder anderen unentschlossenen Wähler überzeugt hätten. Stattdessen wurde Bolsonaros Trip nach London zu einer eindrücklichen Demonstration, wie bizarr und vergiftet das politische Klima in Brasilien mittlerweile ist. Bolsonaro wandte sich vom Balkon des brasilianischen Botschafters in Londons exklusivem Mayfair-Viertel an seine Anhänger, die in grün-gelben Nationalfarben vor dem noblen Stadthaus versammelt waren. Er schwang sich zu einem Diskurs gegen alles Linke, gegen Abtreibungen und "Gender-Ideologie" auf und erklärte: "Es ist unmöglich, dass wir im ersten Wahlgang nicht gewinnen" - während aktuell alle relevanten Umfragen ihn und seine Partei PL weit hinter seinem Herausforderer, dem linken Ex-Präsidenten Lula da Silva, sehen.Fanatischer Jubel bei seinen Anhängern. Eine Gruppe Gegendemonstranten, die schweigend Protestbanner gegen die Bolsonaros Amazonaspolitik hochhielten, musste derweil von der Polizei geschützt werden, weil es zu Pöbeleien und Handgreiflichkeiten kam. Kopfschütteln bei zahlreichen Kommentatoren in Großbritannien und Brasilien - und doch nur eine weitere Szene in Brasiliens aufgeheiztem Wahlkampf, der von Aggression und Gewalt überschattet wird. Fast 70 Prozent der Brasilianerinnen und Brasilianer haben inzwischen Angst, wegen ihrer politischen Einstellung körperlich angegriffen zu werden. Das sind die besorgniserregenden Ergebnisse einer Studie des Forschungsinstitutes Datafolha, die vergangene Woche veröffentlich wurden. Brasilien sei zwar auch unabhängig von den Wahlen ein Land, in dem es viel Gewalt gebe, erklärte David Marques, einer der Leiter der Studie. So gilt der Staat mit dem größten Anteil am Amazonasregenwald laut der NRO Global Witness als einer der gefährlichsten für Umweltaktivisten: Nach Daten des indigenen Missionsrates Cimi wurden 2021 mehr als 170 Indigene ermordet. Zudem sterben nirgendwo auf der Welt so viele Menschen bei Polizeieinsätzen wie in der Stadt Rio de Janeiro. In den vergangenen vier Jahren allerdings habe sich das "Klima der Angst" immer weiter ausgebreitet, sagt Marques. "Die Stimmung wird von einem Hassdiskurs, Fake News und politischer Intoleranz zusätzlich angeheizt", beobachtet auch Felipe Borba, der an der staatlichen Universität von Rio de Janeiro zu politischer Gewalt forscht. Gut gegen Böse, darauf reduziere Bolsonaro den Wahlkampf. Politische Gegner werden zu Feinden degradiert, die "aus dem öffentlichen Leben ausgerottet" werden müssten, wie Bolsonaro am Unabhängigkeitstag, dem 7. September, wörtlich forderte. Im Bundestaat Ceará erklärte der PL-Abgeordnete Francisco Cavalcante, ein Polizeikommissar: "Wenn wir nicht an den Urnen gewinnen, dann gewinnen wir mit Kugeln."Wozu eine solche Stimmungsmache führen kann, zeigte sich einen Tag später, als bei einer politischen Diskussion ein 24-jähriger Bolsonaro-Fan auf den Lula-Anhänger Benedito Cardoso dos Santos erst einstach und dann versuchte, ihn mit einer Axt zu enthaupten. Der Angegriffene starb an seinen Verletzungen. Schon im Juli war ein linker Lokalpolitiker erschossen worden, anderen wurde Waffengewalt angedroht. Das ist die zweite große Sorge bei diesen Wahlen: Viele Brasilianer haben sich während Bolsonaros Amtszeit Pistolen, Revolver oder Gewehre zugelegt. Auch infolge mehrerer Dekrete, die den Zugang zu Schusswaffen flexibilisiert haben, sei in Brasilien die Zahl der Waffenlizenzen in vier Jahren um 473 Prozent gestiegen, ermittelte die NRO "Brasilianisches Forum für Öffentliche Sicherheit". Nach Angaben der brasilianischen Streitkräfte wuchs zudem die Zahl der Schießklubs unter Bolsonaro um 1162 Prozent. Der Präsident selbst sieht es so: "Ein bewaffnetes Volk lässt sich nicht versklaven." Von Angriffen durch Bolsonaro-Gegner berichten brasilianische Medien seltener - und diese bewegten sich bislang auf der Ebene von Ohrfeigen oder politischen Kommentaren unter der Gürtellinie.Die Stimmung ist aufgeheizt - und in dieses Klima hinein schürt Bolsonaro seit Monaten Zweifel an Brasiliens elektronischen Wahlurnen. Brasilien führte sie 1996 ein, um den weit verbreiteten Betrug mit Papierstimmzetteln zu beenden. Bolsonaro selbst gewann erst als Abgeordneter, 2018 dann als Präsident ein Dutzend Wahlen mit dem aktuellen System, das Fachleute als robust bezeichnen: Sie überprüfen im Auftrag des Wahlgerichts TSE öffentlich die Geräte auf Schwachstellen, die zur Manipulation ausgenutzt werden könnten - und konnten keine gravierenden Defekte feststellen.Doch Bolsonaro schürt weiter Misstrauen: "Wenn wir nicht in der ersten Runde gewinnen, stimmt etwas nicht", erklärte er am Sonntag erneut in einem Interview. Beobachter befürchten, dass sich in Brasília nach einer möglichen Niederlage Bolsonaros Szenen wie am 6. Januar 2021 in Washington abspielen: Dort hatte ein bewaffneter Mob aus Trump-Anhängern das Parlament gestürmt, mehrere Menschen starben.
0amerika
Straßenkämpfe zwischen Protestierenden und Sicherheitskräften. Brennende Autos. Frauen zünden ihre Kopftücher an, jubeln und tanzen. Die sozialen Netzwerke sind voll mit diesen Handyvideos. Wo und wann genau sie entstanden sind, ist kaum zu überprüfen. Es wären aber wohl noch viel mehr, wenn das Internet im Land funktionieren würde. Im Iran selbst haben gerade nur wenige Menschen die Möglichkeit, die Clips zu empfangen oder zu verbreiten. Das zeigen Analysen auf Seiten wie Netblocks.org. Die Organisation mit Sitz in London überprüft weltweit Datenflüsse in Echtzeit. Auf den Berichten für den Iran steht sehr oft das Wort "down" oder "Erreichbarkeit: 0 %" - auch bei den beiden wichtigsten Kommunikations-Apps in Iran, WhatsApp und Instagram, die zum kalifornischen Meta-Konzern gehören.  Instagram sei das letzte, unzensierte Social-Media-Angebot im Land, schreibt die Menschenrechtsorganisation "article 19". Aber ob das stimmt, ist umstritten - auch außerhalb des Irans. "Ja, Instagram hat einen meiner Posts mit 3,3 Millionen Views gelöscht", schreibt Saman Arbabi bei Twitter. Der Journalist und Fernsehproduzent wurde in Teheran geboren und lebt in den USA. Viele weitere seiner Posts zu den Protesten sind aber verfügbar. Auch der britische Fernsehsender Manoto TV berichtet, dass eigene Posts zu den Protesten von Meta gelöscht worden seien. Ähnliche Tweets gibt es auch von deutschen Usern. Die Kritik geht aber weiter. Meta lösche die Videos und arbeite dabei mit der iranischen Regierung zusammen. Meta reagiert mit einem schriftlichen Statement auf eine Interviewanfrage der ARD: "Wir schränken weder den Zugang zu unseren Apps im Iran ein, noch zensieren wir auf Geheiß der iranischen Regierung die Stimmen anderer. Wir konzentrieren uns weiterhin darauf, dass so viele Menschen wie möglich unsere Dienste nutzen können, um das zu teilen, was ihnen wichtig ist." Wie Meta das konkret anstellen will, schreibt der Konzern nicht. Er bestreitet aber nicht, dass Posts gelöscht werden: "Wir entfernen nur Inhalte, die gegen unsere Regeln verstoßen." Gemeint sind die für alle Inhalte geltenden Gemeinschaftsrichtlinien. Sie verbieten Posts, die zum Beispiel zu Gewalt aufrufen oder Hassrede enthalten. Kritik an gelöschten Videos zu Protesten im Iran ist nicht neu. "Fuck all die Tech-Firmen, die Videos von Iranern löschen, die auf den Straßen getötet werden. Warum löscht ihr keine Beamten der islamischen Republik?", twitterte Masih Alinejad im Mai. Auch sie stammt aus dem Iran und lebt in den USA. Sie ist Journalistin und Frauenrechtsaktivistin. Bei Instagram folgen ihr knapp acht Millionen Userinnen und User. Und es gibt Hinweise darauf, nach denen ihr Account gelöscht werden sollte - aber nicht von Meta, sondern von Mitarbeitern einer externen Firma, die sich im Auftrag von Meta um die Moderation von iranischen User-Kommentaren kümmert. Einem Bericht der BBC zufolge soll der iranische Geheimdienst Mitarbeiter kontaktiert haben. "So nach dem Motto - wenn du bestimmte Accounts löschst, dann bekommst du pro Account 5000 bis 10.000 Euro", erzählt der freie Journalist Bamdad Esmaili aus Köln, der den Bericht mitrecherchiert hat. "Da habe ich nachgefragt, wer zum Beispiel - und dann sagte er, zum Beispiel Masih Alinejad."Allerdings gibt es keine Belege. Die Aussagen stammen von einem Mitarbeiter und einem Ex-Mitarbeiter, die beide anonym zitiert werden wollten. Auch Meta weist die Vorwürfe zurück. Zum Thema Internet im Iran gibt es noch eine Aussage beziehungsweise einen Tweet von Elon Musk, dem Chef von SpaceX. Er wolle versuchen, den Iran aus dem All via Satellit mit dem Internet zu verbinden.Der Service heißt Starlink. Um die nötigen Emfangsantennen dafür aber ins Land zu bringen, brauche man noch eine Ausnahmeregelung. Wie weit der Plan schon sei, dazu twittert er nichts.
0amerika
Der Schweizer Simon Ehammer gegen den Deutschen Niklas Kaul - so schien das Fernduell im EM-Zehnkampf in München seit dem Moment zu lauten, da der französische Topfavorit Kevin Mayer früh am ersten Tag wegen einer Verletzung aufgeben musste. Von einem Fernduell musste man deshalb sprechen, weil Ehammer und Kaul so grundverschiedene Wettkampftypen sind. Während der Schweizer quasi alle seine Stärken am ersten Tag hat, kommt Kaul immer erst am zweiten Tag so richtig in Schwung.So eben auch diesmal: Ehammer legte am ersten Tag unter anderem mit einem sensationellen Weitsprung (8,31 Meter) und tollem Hochsprung (2,08 Meter) große Punktzahlen hin, während Kaul im Rahmen seiner Möglichkeiten - aber eben weit dahinter blieb. Kaul machte sich zu Beginn des zweiten Tages also wie gewohnt auf zur Aufholjagd. Der Ex-Weltmeister aus Mainz legte über die 110 m Hürden mit 14,45 Sekunden eine ordentliche Leistung hin, der 24-Jährige lag nach acht Disziplinen mit 6.682 Punkten schon einmal auf Platz sieben. In Führung lag weiter Simon Ehammer (7.202), Kai Kazmirek war Fünfter (6.757). Die Situation spitzte sich dann in der vorletzten Disziplin - dem Speerwerfen - zu: Während Ehammer zum ersten Mal überhaupt ein wenig schwächelte und lediglich gut 53 Meter weit warf, schleuderte Kaul den Speer gleich in seinem ersten Versuch auf 70,98 Meter. Plötzlich war Ehammer wieder in Reichweite. Und damit nicht genug: In seinem dritten Versuch katapultierte der extrem fokussiert wirkende Kaul den Speer auf schier unfassbare 76,05 Meter.Im abschließenden 1.500-Meter-Lauf schaffte Kaul dann sein Meisterwerk: Mit dem Schuss der Startpistole stürmte er vorneweg und hielt unter dem Jubel des stimmungsvollen Olympiastadions das Tempo hoch. In persönlicher Bestzeit von 4:10,04 Minuten raste er über die Ziellinie. Ehammer hatte keine Chance. 27 Sekunden Vorsprung hatte er umgerechnet vor dem Lauf Vorsprung auf Kaul - das reichte nicht. Am Ende war er 38 Sekunden langsamer. Kauls 8.545 Gesamtpunkte waren am Ende 77 Zähler mehr als die 8.468 von Ehammer.Die Zehnkampf-Karriere von Arthur Abele schien derweil in einem kleinen Drama zu enden: Der Titelverteidiger wurde zunächst wegen eines Fehlstarts über die 110 Meter Hürden disqualifiziert. Zuvor hatte bereits der in Führung liegende Schweizer Simon Ehammer einen Fehlstart hingelegt und war verwarnt worden.Der Deutsche Leichtathletik-Verband legte daraufhin Protest gegen die Entscheidung ein. Mit Erfolg - Abele durfte das Hürdenrennen doch bestreiten. Gegen 11.30 Uhr lief er ganz alleine unter dem Jubel des Münchner Publikums über die Hürden."Das war emotional die komplette Zerstörung. Ich habe den zweiten Diskus nur noch aus dem Stütz gemacht, weil ich dann gedanklich schon wieder bei den Hürden war", erklärte er am Sportschau-Mikrofon.Quelle: sportschau.de
4sportschau
Unerbittlich prügelt die Polizei auf Frauen ein, schubst sie aus einem katholischen Radiosender in Matagalpa nördlich der nicaraguanischen Hauptstadt Managua. Nur eine Szene von vielen vergangene Woche. Die sandinistische Regierung von Daniel Ortega hat neun katholische Radio- und drei katholische Fernsehsender des Landes geschlossen. Sie wirft den Sendern vor, sie ohne Lizenz betrieben zu haben. Der im Exil lebende Investigativjournalist Carlos Fernando Hierro sieht hinter der Schließung einen anderen Grund: "Eigentlich erleben wir hier ein Attentat auf die Meinungs- und Pressefreiheit", sagt er. Auch die Europäische Union verurteilt die Schließung der Sender als willkürlich. Die Verfolgung der katholischen Kirche in Nicaragua wird immer extremer. Neben abgeschalteten Medien muss sie nun auch Attacken und Überfälle auf Gottesdienste fürchten. Ein Bischof steht unter Hausarrest.Vizepräsidentin Rosario Murillo sieht sich im Recht, wirft den Geistlichen Hassverbrechen gegen die Bevölkerung vor. Die Schließungen der kleinen katholischen Lokalmedien stellen den jüngsten Höhepunkt der repressiven Politik des Machthaber-Ehepaars Ortega Murillo dar. Immer enger ziehen sie die Schlinge um Regierungskritiker. Sie werden schikaniert, inhaftiert und getötet. Bereits 1000 Nichtregierungsorganisationen sind dieses Jahr verboten worden. Es bleibt die Kirche, die seit Jahren die autokratischen Gebaren kritisiert und Verfolgten Schutz bietet, sagt Menschenrechtsaktivistin Martha Patricia Molina.Diese Kraft wolle Ortega zerstören, bestätigt die nicaraguanische Menschenrechtsaktivistin Vilma Núñez: "Die einzige prophetische und glaubhafte Stimme, die von 80 bis 90 Prozent der Nicaraguaner akzeptiert wird, ist die Stimme der Kirche. Machthaber Ortegas Ziel ist es, an der Macht zu bleiben, und die Kirche ist ihm dabei ein Dorn im Auge."Verfolgen, bedrohen, zum Schweigen bringen - das sind die Methoden des Regimes. Für die Menschenrechtsaktivistin Anna María Méndes Dardón gibt es nur einen Ausweg aus der Diktatur in Nicaragua. "Es müssen diplomatische Korridore geschaffen werden, um die grundsätzlichen Debatten zu führen und die dringenden humanitären Fragen zu klären. Zum Beispiel das Thema der politischen Gefangenen", sagt sie. "Es muss Raum geschaffen werden für humanitäre Verhandlungen in Nicaragua."Es wäre eine Alternative zu Wirtschaftssanktionen. Denn die träfen nicht nur die autoritäre Regierung, so Mendes, sondern auch die einfache Bevölkerung. Schon jetzt lebt mehr als die Hälfte der Nicaraguaner unter der Armutsgrenze.
0amerika
Das UN-Menschenrechtsbüro sieht Anhaltspunkte für Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der chinesischen Region Xinjiang. Das geht aus einem Bericht hervor, den die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, kurz vor Mitternacht - zehn Minuten vor dem Ende ihrer Amtszeit - veröffentlichte."Das Ausmaß der willkürlichen und diskriminierenden Inhaftierung von Angehörigen der Uiguren und anderen überwiegend muslimischen Gruppen (...) könnte internationale Verbrechen, insbesondere Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darstellen", heißt es darin. Den Menschen seien von 2017 bis 2019 und möglicherweise darüber hinaus fundamentale Rechte vorenthalten worden. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen und geflohenen Uiguren wurden Hunderttausende Uiguren und Mitglieder anderer Minderheiten in Umerziehungslager gesteckt. Viele sollen zur Zwangsarbeit in andere Provinzen geschickt worden sein. Es soll erzwungene medizinische Behandlungen gegeben haben. Auch seien die Haftbedingungen schlecht gewesen.Die USA und die Menschenrechtsorganisationen werfen China Völkermord beziehungsweise kulturellen Genozid im Landesteil Xinjiang vor. Diese Anschuldigung wird in dem Bericht von Bachelet jedoch nicht erhoben. China weist die Vorwürfe zurück und spricht von Lügen. Der Bericht sollte schon im vergangenen Jahr veröffentlicht werden. Bachelet zögerte aber, weil sie mit China monatelang darüber verhandelte, in das Land reisen zu können. Diese Reise kam im Juni zustande. Knackpunkte waren unter anderem, dass das UN-Menschenrechtsbüro selbst entscheiden wollte, wo sie hinfährt und mit wem sie ohne Aufsicht durch Behörden sprechen kann. Ihr Büro sagte zwar, China sei auf die Forderungen eingegangen. Sie reiste auch nach Xinjiang, doch hielt sie sich zum Ende des Besuchs mit Kritik an Pekings Vorgehen in der Region stark zurück. Das brachte Bachelet Kritik ein, unter anderem von der Bundesregierung. Es habe keine Aufklärung des Vorwurfs schwerer Menschenrechtsverletzungen dort gegeben, hieß es in Berlin.Bachelet stand unter immensem Druck, wie sie vergangene Woche berichtete. Während viele Regierungsvertreter mit wachsender Ungeduld auf die Veröffentlichung gepocht hätten, habe sie auch einen Brief von rund 40 Regierungen erhalten, die sie drängten, von der Veröffentlichung abzusehen. Einzelne Länder nannte sie nicht. Bachelet war seit 2018 im Amt. Sie bewarb sich nicht um eine zweite Amtszeit. UN-Generalsekretär António Guterres hat noch keine Nachfolgerin oder einen Nachfolger benannt. Mit Informationen von Benjamin Eyssel, ARD-Studio Beijing und Mathias Zahn. ARD-Studio Genf
1asien