text
stringlengths
0
24.9k
label
class label
7 classes
Schon im vergangenen Jahr mussten Verbraucher fürs Heizen deutlich mehr zahlen - in diesem Jahr setzt sich der Preisanstieg rasant fort. Nach einer Untersuchung der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft co2online dürfte sich das Heizen einer durchschnittlichen 70-Quadratmeter-Wohnung in einem Mehrfamilienhaus mit Erdgas und Heizöl jeweils um deutlich mehr als die Hälfte verteuern - um 67 Prozent bei Erdgas und 53 Prozent bei Öl. Das wären beim Gas 550 Euro mehr im Jahr, bei Öl knapp 500 Euro."Solch ein starker Anstieg der Heizkosten wurde seit der ersten Veröffentlichung des Heizspiegels im Jahr 2005 noch nie verzeichnet", sagte co2online-Geschäftsführerin Tanja Loitz der Nachrichtenagentur dpa. "Was im Durchschnitt schon sehr viel ist, kann im Einzelfall auch noch deutlich mehr sein." Zudem kämen die höheren Kosten bei vielen Haushalten erst mit der Abrechnung im kommenden Jahr an. "Darauf sollten sich die Haushalte rechtzeitig einstellen und entsprechend handeln." Grundlage für die Analyse sind eigenen Angaben zufolge mehr als 190.000 Abrechnungen für das Jahr 2021 sowie aktuelle Preis- und Wetterdaten. Schon für 2021 hatte co2online bei Gas und Öl Kostensteigerungen von 20 Prozent (Erdgas) beziehungsweise 51 Prozent (Heizöl) verzeichnet. Während die Kosten für Holzpellets damals aber noch vergleichsweise stabil blieben, ist auch dieser Energieträger der Analyse zufolge im laufenden Jahr von deutlichen Preissteigerungen betroffen: Um 54 Prozent verteure sich das Heizen mit Holz. Zwar kam Holz im vergangenen Jahr dem Statistischen Bundesamt zufolge nur bei 3,6 Prozent der Neubauten als primäre Heizenergiequelle zum Einsatz. Durch die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Gaspreise könnte sich das jedoch ändern: Die Nachfrage nach Öfen und Heizungen, die mit Holz oder Pellets betrieben werden, ist groß. Zusätzlich gibt es nach Angaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über elf Millionen sogenannte Einzelraumfeuerstätten wie zum Beispiel Kaminöfen.Allerdings sind sowohl Brennholz als auch Holzpellets erheblich teurer geworden. Ein Grund dafür sind neben der hohen Nachfrage die gestiegenen Beschaffungs- und Transportkosten in der Holzindustrie.Das Beratungsunternehmen sieht derweil aber noch große Einsparpotenziale. "In einer Wohnung mit 70 Quadratmetern und Gaszentralheizung im Mehrfamilienhaus liegt das Sparpotenzial im Schnitt bei 640 Euro pro Jahr", teilte co2online mit. Noch verbrauchten 90 Prozent aller Haushalte zu viel Heizenergie. "Die meisten Menschen schätzen ihren Verbrauch und den Einfluss schon kleinster Maßnahmen auf die Kosten falsch ein." Dazu zählt etwa das Absenken der Systemtemperatur der Heizkörper oder die Anpassung der Einstellungen an die individuellen Gegebenheiten.Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, ruft die Privathaushalte in Deutschland weiter zum Energiesparen auf. "Es geht um die Reaktion in den 28 Millionen Haushalten, die in der nächsten Heizperiode jeden Tag aufs Neue die individuelle Entscheidung treffen müssen, wie hoch sie die Heizung drehen und wie viele Räume sie beheizen", sagte Müller der "Augsburger Allgemeinen". Klar sei, dass man mindestens 20 Prozent Einsparungen brauche, um durch den Winter zu kommen. Bereits wenige sehr kalte Wochen würden die Gasverbräuche stark steigen lassen. Für Entwarnung gebe es also keinen Anlass. "Alles hängt davon ab, wie wir auf die Temperaturen reagieren", so Müller. Die Bundesnetzagentur will Ende des Monats erste Statistiken dazu veröffentlichen.
6verbraucher
Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hat vor einer Verdreifachung der Gaspreise für Verbraucher oder einem sogar noch stärkeren Preisanstieg gewarnt. "Bei denen, die jetzt ihre Heizkostenabrechnung bekommen, verdoppeln sich die Abschläge bereits - und da sind die Folgen des Ukraine-Krieges noch gar nicht berücksichtigt", sagte Müller den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. "Ab 2023 müssen sich Gaskunden auf eine Verdreifachung der Abschläge einstellen, mindestens." Es sei "absolut realistisch", dass Kunden, die derzeit 1500 Euro im Jahr für Gas bezahlen, künftig mit 4500 Euro und mehr zur Kasse gebeten werden, sagte Müller weiter.Die Menschen müssten jetzt vorsorgen - und zwar sowohl technisch wie finanziell, mahnte er. "Erhöht freiwillig euren Abschlag oder legt jeden Monat etwas Geld zurück, etwa auf ein Sonderkonto." Und: "Redet mit eurem Vermieter oder einem Handwerker, wenn er noch verfügbar ist. Was kann man tun, um die Heizung zu optimieren?" Etwa die Hälfte der Gasthermen in Deutschland sei nicht gut eingestellt, sagte Müller weiter. Mit kleinem Aufwand lasse sich "ein großer Spareffekt erzielen". Auf die Frage, was er davon halte, die höheren Beschaffungskosten der Gashändler mit einer Umlage an die Gaskunden weiterzugeben, sagte der Netzagenturchef: "Das ist eine politische Entscheidung, die man sehr genau abwägen muss." Man könnte so mit Milliarden die Unternehmen unterstützen. Die andere Variante wäre, "die Preise durchzugeben und dann zielgenau denen zu helfen, die sie nicht mehr tragen können". Müller wies gegenüber den RND-Zeitungen außerdem Befürchtungen zurück, dass Privathaushalte im Fall einer Gasmangellage nachrangig versorgt werden könnten. "Die deutsche und die europäische Rechtslage sehen vor, private Haushalte bis zum Ende zu schützen", sagte Müller. Ein Szenario, in dem kein Gas mehr bei den Menschen zu Hause ankomme, halte er für "nicht sehr wahrscheinlich", fügte der Chef der Netzagentur hinzu. "Selbst im schlimmsten Szenario wird Deutschland weiter Gas bekommen aus Norwegen und von Terminals aus Belgien oder Holland, demnächst auch direkt von Terminals an der deutschen Küste." Auf Wirtschaft und Verbraucher könnten angesichts der drohenden Gaskrise erhebliche Energiesparmaßnahmen zukommen. Ein Entwurf für einen Notfallplan der Europäischen Kommission sieht vor, dass öffentliche Gebäude, Büros und kommerzielle Gebäude ab Herbst bis maximal 19 Grad beheizt werden sollen. "Jetzt handeln kann die Auswirkungen einer plötzlichen Versorgungsunterbrechung um ein Drittel reduzieren", heißt es in dem Text, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.Es gebe mittlerweile ein "erhebliches Risiko", dass Russland in diesem Jahr Gaslieferungen nach Europa stoppt. Unternehmen, die Gas ersetzen können, sollten ihren Verbrauch reduzieren, heißt es. Ziel sei es, Industrien zu schützen, die für die Lieferketten und die Wettbewerbsfähigkeit besonders wichtig sind.Auch Haushalte werden dazu aufgerufen, freiwillig weniger zu verbrauchen. "Jeder kann Gas sparen, jetzt", schreibt die Kommission. Bereits bestehende Regeln sehen vor, dass bei Gasknappheit Haushalte und etwa Krankenhäuser priorisiert würden. Wenn die Stromproduktion in Gefahr sei, könnten Länder jedoch die Versorgung von Gaskraftwerken für die Stromversorgung über bestimmte geschützte Verbraucher stellen, heißt es.Simulationen der Regulierungsbehörde ENTSO-G ergaben laut dem Entwurf, dass ein Lieferstopp im Juli dazu führen würde, dass die Gasspeicher nicht ausreichend befüllt werden könnten und somit im Winter sowie im nächsten Jahr noch Knappheit herrschen könnte. Käme eine Unterbrechung im Oktober oder später, gäbe es weniger Risiken für die Nachfrage im Winter. Man hätte dann aber weniger Zeit, zu reagieren. Die Auswirkungen für die Mitgliedsstaaten hingen davon ab, wie abhängig sie von russischem Gas seien, heißt es. Deutschland gehört hier zu den am stärksten betroffenen Ländern. Mögliche Einschränkungen für Privathaushalte stoßen bei Verbänden in Deutschland weiterhin auf Kritik. Hintergrund sind Überlegungen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, die EU-weite Priorisierung von Verbrauchern und kritischer Infrastruktur vor der Industrie bei der Zuteilung von Gas zu überdenken. "Es geht um elementare Bedürfnisse wie eine warme Mahlzeit, warmes Wasser oder ein warmes Zimmer, und nicht um Luxusgüter, auf die sich leicht verzichten lässt", sagte die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Gerade Familien mit kleinen Kindern, Menschen mit einer Behinderung sowie ältere, chronisch kranke und pflegebedürftige Menschen sind auf eine sichere Versorgung mit Gas angewiesen." "Habeck verunsichert mit seiner Gas-Priorisierungsdebatte gerade pflegebedürftige und kranke Menschen daheim, in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern", sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Wer tatsächlich Gas im Winter bekommt, darf nicht ein Bundesminister entscheiden. Der Bundestag ist gefordert, die Frage der Priorisierung allgemeingültig zu klären."Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger macht sich große Sorgen um die deutsche Wirtschaft. "Es sieht so aus, als ob Russland das Gas stark verknappt oder auf Dauer gar nichts mehr liefert", sagte Dulger der "Süddeutschen Zeitung". "Wir stehen vor der größten Krise, die das Land je hatte."
6verbraucher
Die Finanzaufsicht BaFin schränkt als Konsequenz aus dem Wirecard-Skandal weitgehend den privaten Handel mit Aktien, Anleihen und weiteren Wertpapieren durch ihre Mitarbeiter ein. "Ziel der am 1. September 2022 in Kraft tretenden Dienstanweisung für private Finanzgeschäfte der Bafin-Beschäftigten ist, jeglichen Anschein von Missbrauch vertraulicher Informationen zu unterbinden", teilte Mark Branson mit, der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Die neuen Regeln zählten zu den strengsten weltweit.Allen Bafin-Beschäftigten ist es damit zum Beispiel verboten, Aktien von Unternehmen zu handeln, die die Behörde beaufsichtigt. Auch spekulative Finanzgeschäfte, also das kurzfristige Handeln beispielsweise mit Derivaten oder Aktien, sind untersagt. Alle BaFin-Beschäftigten müssen Finanzgeschäfte ab dem ersten Euro melden.Nach dem Zusammenbruch des DAX-Konzerns Wirecard im Sommer 2020 hatte die BaFin ihre zuvor recht lockeren Regeln für Finanzgeschäfte ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits verschärft. Im Zuge des Skandals war bekannt geworden, dass einige Beschäftigte der BaFin noch kurz vor dem Zusammenbruch des Zahlungsdienstleisters mit Wirecard-Derivaten gehandelt hatten. Einen Mitarbeiter zeigte die Behörde wegen des Verdachts auf Insiderhandel an und stellte ihn frei. Nach jüngsten Angaben der Bafin konnten in diesem Fall "alle Verdachtsmomente ausgeräumt werden".Insgesamt haben sich nach Bafin-Angaben bei der Aufarbeitung des Wirecard-Skandals bei 42 Beschäftigten der Finanzaufsicht Anhaltspunkte für einen Verstoß im Zusammenhang mit den Regeln zu privaten Finanzgeschäften ergeben. Bei 19 Mitarbeitern wird demnach noch geprüft, ob ein Verfahren eröffnet wird, zwölf Verfahren liefen noch. Elf Fälle seien zum Teil mit Geldbußen abgeschlossen worden.
2finanzen
Auch im vergangenen Jahr ist die Zahl neuer Ausbildungsverträge zurückgegangen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts wurden insgesamt 466.200 neue Verträge in der dualen Berufsausbildung abgeschlossen. Damit lag die Zahl der Neuverträge zwar mit plus 0,6 leicht höher als im ersten Corona-Jahr 2020. Sie blieb aber noch immer um neun Prozent hinter dem Vorkrisenjahr 2019 zurück. Damals waren mehr als 500.000 Neuverträge verzeichnet worden. Insgesamt befanden sich Ende 2021 deutschlandweit 1.255.400 Personen in einer dualen Berufsausbildung. Das sind drei Prozent weniger als 2020.Die Corona-Krise hat damit den langfristigen Trend verschärft, dass immer weniger junge Leute die klassische Ausbildung in Betrieb und Berufsschule wählen, schreiben die Statistiker. Seit 2011 ist die Zahl der Auszubildenden um 14 Prozent gesunken, während die Zahl der Menschen im typischen Ausbildungsalter zwischen 15 und 24 Jahren nur um sechs Prozent kleiner wurde. Sie sank auf 7,4 Millionen. Besonders beliebt bleiben Ausbildungen im Einzelhandel, im Büro und im Kfz-Bereich. Wie schon 2020 machten laut Destatis die meisten Azubis einen Abschluss als Kaufmann oder Kauffrau im Einzelhandel (24.300). 22.900 Menschen wurden Kaufmann oder Kauffrau für Büromanagement. 20.100 Auszubildende entschieden sich für einen Beruf als Verkäufer oder Verkäuferin. Kraftfahrzeugmechatroniker oder Mechatronikerinnen wollten 19.900 Personen werden, Medizinischen Fachangestellte gab es 17.400. Auch 2021 entfiel gut ein Fünftel, also 22 Prozent aller Neuverträge auf diese fünf Ausbildungen.Verschoben hat sich die Situation am Ausbildungsmarkt unter anderem in IT-Berufen wie Fachinformatik. Dieser Beruf konnten einen Zugewinn von fünf Prozent Azubis verzeichnen, E-Commerce-Kaufleute sogar ein Plus von 26 Prozent. Wie zu Beginn der Corona-Krise begonnen auch 2021 wenige junge Menschen eine Kochlehre, dafür stieg die Zahl der Auszubildenden in der Systemgastronomie um 18 Prozent. Wenig Zuversicht gibt es bei den Tourismuskaufleuten, wo die Zahl der Neuverträge nach dem starken Einbruch von 2020 um 61 Prozent erneut um 26 Prozent nachgegeben hat. Hier gab es 2021 insgesamt nur 460 Neuabschlüsse.
5unternehmen
Die Kursreaktion der Wall Street mag vielen paradox erscheinen. Sie zeigt aber einmal mehr, wie sehr die Marktteilnehmer in schwierigen Zeiten Klarheit schätzen. So kletterten die Kurse, nachdem die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) im Protokoll ihrer jüngsten Sitzung ein klares Bekenntnis zu weiteren deutlichen Zinserhöhungen abgegeben hatte. Aus dem um 20.00 Uhr veröffentlichten Protokoll geht die Absicht hervor, den Leitzins auf der nächsten Sitzung Ende Juli um 0,50 oder sogar erneut um 0,75 Prozentpunkte anzuheben. Der Standardwerteindex Dow Jones legte nach der Veröffentlichung deutlich zu. Am Ende blieb noch ein Plus von 0,23 Prozent.Die zinssensitiveren Technologietitel des Nasdaq 100 legten um 0,35 Prozent zu.Viele Fed-Vertreter sahen ein "erhebliches Risiko" einer sich verfestigenden Inflation, falls die Öffentlichkeit an der Entschlossenheit der Notenbank zweifle. Auf der Juni-Sitzung hatte die Fed den Leitzins so kräftig angehoben wie seit 1994 nicht mehr. Sie beschloss eine Erhöhung um 0,75 Prozentpunkte auf die Spanne von 1,50 bis 1,75 Prozent. In dem Protokoll wird das Risiko einer Rezession nicht explizit erwähnt. Doch die meisten Währungshüter räumten ein, dass die Konjunktur-Risiken nach unten gerichtet seien.Zuvor war der Einkaufsmanagerindex des Dienstleistungssektors etwas besser ausgefallen als erwartet. Der Index des Institute for Supply Management (ISM) fiel zum Vormonat zwar auf 55,3 Punkte, den niedrigsten Wert seit Mai 2020. Volkswirte hatten im Schnitt aber mit einem Rückgang auf 54,0 Punkte gerechnet. Am deutschen Aktienmarkt fiel die Erholung noch deutlicher aus. Der DAX verabschiedete sich mit einem Plus von 1,6 Prozent aus dem Handelstag. Damit holte der deutsche Leitindex aber nur gut die Hälfte der gestrigen Verluste auf. Bisher muss man also noch von einer "technischen Reaktion" sprechen, die dadurch entsteht, dass erste Marktteilnehmer auf dem erreichten Kursniveau Einstiegschancen sehen. Um ein erstes Entspannungssignal zu senden, müsste der DAX schnellstmöglich das alte Verlaufstief von Ende Juni bei 12.619 Punkten zurückerobern, meinen die Marktexperten der HSBC.Die Erholung wurde von erfreulichen Konjunkturdaten flankiert. So hat die deutsche Industrie im Mai wieder etwas mehr Aufträge erhalten. Gegenüber April erhöhten sich die Bestellungen um 0,1 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Es war der erste Anstieg nach drei Monaten mit Rückgängen. Analysten hatten eigentlich mit einem weiteren Minus von 0,5 Prozent gerechnet. Der Rückgang im Vormonat wurde von 2,7 auf 1,8 Prozent korrigiert. Im Vergleich zum Vorjahresmonat gingen die Aufträge im Mai um 3,1 Prozent zurück.Der Euro konnte sich nach seinem gestrigen Kursrutsch kaum stabilisieren. Die Europäische Gemeinschaftswährung notierte am späten Abend knapp unter 1,02 Dollar und damit auf einem neuen 20-Jahres-Tief. Ein konjunktureller Einbruch in der Eurozone wird auch am Devisenmarkt für immer wahrscheinlicher gehalten - dazu kommt die Entschlossenheit der Fed, die den Dollar stützt.Die Ölpreise standen unter Druck. Erstmals seit Ende April fiel der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zeitweise wieder unter die Marke von 100 Dollar. Zuletzt hatten die anhaltenden Konjunktursorgen die Rohstoffnotierungen gedrückt. Der Markt wurde zudem von der Nachricht überrascht, dass der Generalsekretär der Organisation erdölexportierender Staaten (OPEC), Mohammed Barkindo, im Alter von 63 Jahren gestorben ist. Das bestätigte ein Sprecher des nigerianischen Ölministeriums der Nachrichtenagentur AP. Der Nigerianer Barkindo leitete das Ölkartell seit August 2016 und begleitete es durch einige seiner turbulentesten Zeiten.Stärkster DAX-Titel war die Aktie des Essenslieferanten HelloFresh. Sie profitierte laut Marktbeobachtern von der Kooperation des Konkurrenten Just Eat Takeaway mit Amazon. Im Rahmen der Vereinbarung können Kunden von Amazon Prime ein Jahr lang kostenlos die Dienste des zu Just Eat gehörenden Essenslieferdienstes Grubhub nutzen. Zudem kann Amazon Anteile an Grubhub erwerben. Mit der Vereinbarung zwischen Just Eat und Amazon kommt nun offenbar wieder Übernahmefantasie in die Branche.Auch Delivery Hero im MDAX legten wegen der Vereinbarung von Just Eat und Amazon zunächst deutlich zu. Dann wurde aber bekannt, dass die EU-Wettbewerbshüter die Büros des Essenslieferdienstes in Berlin durchsucht haben. Man arbeite vollumfänglich mit der EU-Kommission zusammen, teilte das international tätige Unternehmen dazu mit. Die Durchsuchungen bedeuteten nicht, dass Delivery Hero tatsächlich gegen Wettbewerbsrecht verstoßen habe. Zuvor hatte die EU-Kartellbehörde erklärt, verschiedene Essens- sowie Lebensmittellieferdienste in zwei EU-Ländern wegen des Verdachts der Kartellbildung durchsucht zu haben. Es wurden weder Namen noch Länder genannt.Ein noch zuversichtlicherer Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr ließ am Nachmittag die Metro-Aktie anspringen. Der Großhandelskonzern rechnet nun beim Umsatz mit einem Wachstum von rund 17 bis 22 Prozent, nachdem er das Ziel Ende April bereits auf neun bis 15 Prozent angehoben hatte. Auch für das operative Ergebnis ist der Konzern optimistischer. Das Geschäft hab sich im dritten Geschäftsquartal 2021/22 besser entwickelt als erwartet, so Metro. Dies sei auf eine Kombination aus steigender Inflation und starkem Momentum im Bereich Hotels, Restaurants & Caterer zurückzuführenNach den Reifenherstellern Michelin und Nokian prüft auch der deutsche Autozulieferer Continental einen Rückzug aus Russland. "Wir beobachten die aktuellen Entwicklungen sehr genau und evaluieren kontinuierlich alle uns zur Verfügung stehenden Optionen", erklärte der DAX-Konzern. Dies beinhalte auch die Option eines kontrollierten Rückzugs. Bei den Erwägungen blieben die Mitarbeiter ein wichtiger Gesichtspunkt. Sollte sich Conti zum Rückzug entscheiden, hätte dies keine Auswirkungen auf die Geschäftsprognose, erläuterte ein Sprecher. Die Effekte würden aus der Bilanz herausgerechnet. Als erster westlicher Hersteller hatte Michelin gestern erklärt, seine Aktivitäten in Russland bis Ende des Jahres an eine lokale Gesellschaft zu übertragen. Zu der Entscheidung der Unternehmen dürfte beigetragen haben, dass Russland ein Gesetz vorbereitet, das es Moskau erlauben soll, Vermögenswerte ausländischer Unternehmen zu beschlagnahmen und strafrechtliche Sanktionen zu verhängen, wenn sie das Land wegen des Krieges in der Ukraine verlassen wollen.Eine von "Buy" auf "Sell" komplett umgekehrte Empfehlung der Analysten von Hauck & Aufhäuser lastete auf der Adidas-Aktie. Analyst Christian Salis schrieb von Druck auf die Margen im zweiten Quartal, der ein Erreichen der Jahresziele zunehmend infrage stelle. Kurzfristig habe sich die Stimmung der Verbraucher eingetrübt. Das Unternehmen könne sich den konjunkturellen Entwicklungen nicht gänzlich entziehen.Der Bioethanol-Hersteller CropEnergies hat im ersten Quartal seines Geschäftsjahres 2022/23 den Umsatz von 214 auf 399 Millionen Euro gesteigert, das operative Ergebnis legte von 15 auf 87 Millionen Euro zu. Die Ethanolproduktion lag mit 281.000 Kubikmetern ebenfalls deutlich über dem Vorjahr. Der Hauptgrund für das außerordentlich verbesserte Ergebnis waren Preissicherungen für Rohstoffe und Energie, die bereits vor Beginn des Ukraine-Krieges vorgenommen worden waren. Erleichtert reagierten Investoren auf die Zahlen von Bang & Olufsen. Der Anbieter von HiFi-Anlagen erfüllte mit einer operativen Marge von 1,7 Prozent und einem Umsatz von umgerechnet 396 Millionen Euro im abgelaufenen Geschäftsjahr die Markterwartungen. Die angepeilte Gewinnspanne von minus zwei bis plus drei Prozent sei zudem besser als befürchtet, so Analyst Per Hansen vom Brokerhaus Nordnet. Die drohende Rezession könnte Bang & Olufsen allerdings einen Strich durch die Rechnung machen.Das Biotechunternehmen Evotec hat mit dem französischen Wettbewerber Biomerieux und dem Pharmakonzern Boehringer Ingelheim ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet. Die unter Aurobac Therapeutics SAS firmierende Firma soll sich auf die Entwicklung von Wirkstoffen zur Bekämpfung von antimikrobiellen Resistenzen (AMR) konzentrieren. Ziel sei es, AMR als eine massive Bedrohung der öffentlichen Gesundheit zu besiegen. Multiresistente Keime können für Patienten in Krankenhäusern nach Routineeingriffen lebensbedrohlich werden und schwere Komplikationen auslösen.
2finanzen
Helga Bandow war 25 Jahre für Schlecker tätig. Die heute 70-jährige Hessin war zuletzt als stellvertretende Filialleiterin angestellt. Die Schließung hat sie damals hart getroffen. "Wir waren alle stinksauer".Neulich bekam sie Post vom Schlecker-Insolvenzverwalter. "Ich war völlig überrascht, nochmal etwas von dem Fall zu hören", sagt die Gladenbacherin. Doch der Brief war enttäuschend. 250 Euro soll sie im Juli überwiesen bekommen - nicht mehr als ein "unerwartetes Taschengeld". Unter anderem geht es um Ansprüche der ehemaligen Mitarbeiter aus Löhnen, Weihnachts- und Urlaubsgeld.Gläubiger wie zum Beispiel Lieferanten und Handwerker gehen hingegen leer aus. Hier geht es nach wie vor um Schadenersatzforderungen in dreistelliger Millionenhöhe. An den Insolvenzverwalter hat die Familie mittlerweile zehn Millionen Euro zurückgezahlt. Hintergrund sind Kartellabsprachen von Lieferanten, die dazu geführt hätten, dass Schlecker in der Vergangenheit zu hohe Preise gezahlt habe. "Dagegen sind wir zivilrechtlich vorgegangen. Das ist ein langwieriger Prozess über mehrere Instanzen", so der Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz. Insgesamt bereitet Geiwitz nach eigenen Angaben Abschlagszahlungen in Höhe von 21,3 Millionen Euro vor. Davon werden die sogenannten "Schlecker-Frauen" aber nur einen kleinen Teil bekommen. Mehr als ein paar hundert Euro können die ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht erwarten.Schlecker, einst die größte Drogeriemarktkette Europas mit Sitz im baden-württembergischen Ehingen, hatte im Januar 2012 Insolvenz angemeldet. Der gelernte Metzgermeister Anton Schlecker aus der Kleinstadt Ehingen bei Ulm eröffnete 1974 seine erste Drogerie. Nur drei Jahre später waren es bereits 100 Filialen. Mit Kritik musste Anton Schlecker von Anfang an leben. Seine Kette zahlte untertariflich, die Gründung eines Betriebsrates verhinderte sie. Andererseits wurde Anton Schlecker hoch angerechnet, dass er mit seinem Privatvermögen für sein Unternehmen haftete.Zudem wollte er immer mehr Läden, immer weiter wachsen. Doch die Kunden blieben aus. Die Läden waren zu klein, zu alt und unattraktiv. Für moderne Umbauten fehlte das Geld.Der Niedergang des Imperiums zeichnete sich schon sechs Monate vor der Pleite ab. Im Juni 2011 kündigte Schlecker an, rund zehn Prozent der über 8000 Filialen zu schließen. Der Grund: Sie seien nicht mehr wirtschaftlich. 2012 dann die Insolvenz. Die einst größte Drogeriekette Europas war nicht mehr zu retten und verschwand vom Markt. Rund 24.000 Beschäftigte verloren damals ihren Arbeitsplatz.Im Jahr 2017 wurde Anton Schlecker wegen vorsätzlichen Bankrotts zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Im Wissen um die drohende Pleite habe er Geld beiseite geschafft, urteilte das Gericht.Als es darum ging, die Nachricht der Insolvenz zu überbringen, schickte er seine Kinder Lars und Meike vor. Auf einer Pressekonferenz verkündete die Tochter, es sei "kein signifikantes Vermögen mehr da". Später stellt sich heraus, dass die Familie noch Millionen zur Seite geschafft hatte. Insolvenzverschleppung und Untreue lauten die Vorwürfe. Der Vater kommt mit einer Geldstrafe davon, die Kinder müssen ins Gefängnis - zwei Jahre und sieben Monate lautet das Urteil. Im Juni 2021 werden sie vorzeitig entlassen.Der Schlecker-Prozess am Stuttgarter Landgericht im Jahr 2017 kostete mehr als 200.000 Euro. Das teilt die Staatsanwaltschaft Stuttgart auf Anfrage tagesschau.de mit. Die Kosten müssen von den verurteilten Angeklagten bezahlt werden. Ob dies bereits geschehen ist, wollte eine Sprecherin der Oberfinanzdirektion Karlsruhe nicht bestätigen.Die restlichen Ansprüche der ehemaligen Mitarbeiter bleiben weiterhin bestehen. Auch Krankenkassen, Sozialversicherungen und die Bundesagentur für Arbeit haben Forderungen gestellt. Man könne aber erst am Ende des Insolvenzverfahrens sagen, ob und in welcher Höhe weitere Zahlungen möglich sind, so Gallwitz. Im Moment geht er davon aus, dass das Verfahren in zwei bis drei Jahren abgeschlossen wird. Und vielleicht bekommt Helga Bandow dann noch mal ein Schreiben des Insolvenzverwalters.
5unternehmen
Der damalige US-Präsident Donald Trump hat nach Auffassung des Untersuchungsausschusses zum Sturm aufs Kapitol im Januar 2021 den Marsch Tage zuvor geplant - und gewaltbereite Rechtsextreme direkt angesprochen. "Die Beweise zeigen, dass es sich um eine bewusste Strategie handelte, die der Präsident im Voraus beschlossen hatte", sagte das demokratische Ausschussmitglied Stephanie Murphy in der öffentlichen Anhörung. Denn schon zuvor hatte Trump seine Anhänger aufgefordert, am 6. Januar nach Washington zu kommen. Konkret geht es dabei um einen Tweet vom 19. Dezember. "Großer Protest in D.C. am 6. Januar. Seid dabei, es wird wild!", twitterte Trump damals. Das habe nach Auffassung von Ausschussmitglied Jamie Raskin in der rechten Szene "explosive Wirkung" entfaltet und bei der Mobilisierung eine zentrale Rolle gespielt. Trump habe damit rechte Gruppen direkt angesprochen, so der Ausschuss. Der Ausschuss zeigte anhand von Textbotschaften und Videos, wie Vertreter der Organisationen Proud Boys und Oath Keepers sofort reagierten. In Foren von Rechtsradikalen war von einer "Roten Hochzeit" die Rede - ein Hinweis auf Massenmord. Jemand rief dazu auf, Handschellen mitzubringen. Dem Tweet soll am 19. Dezember laut Zeugen ein brisantes Treffen zwischen Trump und Mitarbeitern vorausgegangen sein, das in Streit ausartete. Dabei sollen laut einem Zeugen Trumps Anwälte - unter ihnen Rudy Giuliani - den Entwurf für einen Präsidenten-Erlass vorgelegt haben, mit dem Wahlmaschinen beschlagnahmt werden sollten. Der Trump-Berater Pat Cipollone sagte aus, dies sei eine "schreckliche Idee" gewesen. "So regeln wir Dinge in den Vereinigten Staaten nicht", sagte er demnach. Schließlich sei das Treffen in Geschrei ausgeartet. Am nächsten Morgen habe Trump dann besagten Tweet abgesetzt. Das Ausschussmitglied Stephanie Murphy urteilte, Trumps Tweet habe nicht nur als Aufruf zum Handeln, sondern bei einigen auch als Ruf zu den Waffen gedient. Bein Sturm von Trump-Anhängern auf den Sitz des US-Kongresses kamen fünf Menschen zu Tode. Vier Polizisten, die an dem Tag im Einsatz waren, nahmen sich später das Leben. Ein Teilnehmer des Sturms auf das US-Kapitol distanzierte sich während der Anhörung deutlich von Trump. Er sei am 6. Januar 2021 erst auf Trumps Appell hin nach Washington gegangen, erklärte der Zeuge Stephen Ayres. Er habe sich von dessen falschen Wahlbetrugsvorwürfen einfangen lassen und wirklich geglaubt, dass Trump an jenem Tag mit ihnen zum Kapitol marschieren würde. Er habe auch eine kleine Chance gesehen, dass das Ergebnis der Präsidentschaftswahl noch gekippt werden könnte. Heute bereue er, den Lügen Trumps Glauben geschenkt zu haben. "Ich hatte das Gefühl, als ob ich Scheuklappen aufgehabt hatte", sagte Ayres. "Ich war die ganze Zeit gefangen." Der Zeuge hatte auch eine Botschaft an andere Trump-Anhänger. "Nehmt die Scheuklappen ab; stellt sicher, dass ihr einen Schritt zurücktritt und seht, was da vor sich geht, ehe es zu spät ist." Über seine Teilnahme am Sturm auf das Kapitol sagte Ayres: "Es hat mein Leben verändert - und nicht zum Guten."
0amerika
Es ist ziemlich viel los an diesem Vormittag in einer Lidl-Filiale in Stuttgart. Ein Kunde kauft hier heute nur Mineralwasser und Zitronen, eine andere Kundin macht, wie immer, ihren Wocheneinkauf. Seit Jahren geht sie ausschließlich beim Discounter einkaufen, weil sie, wie sie sagt, "wenig Geld hat". Rewe und Edeka könne sie sich nicht leisten. Und Wiltrud Meier, eine weitere Kundin, hat am Morgen im Radio gehört, dass es die Trauben heute im Angebot gibt, 500 Gramm für 99 Cent. Sofort hat sie sich auf den Weg gemacht, um das Schnäppchen nicht zu verpassen. Der Lebensmitteleinkauf in diesen Tagen stellt die Verbraucher vor immer neue Herausforderungen: Steigende Inflation, sinkende Einkommenserwartungen, der Ukraine-Krieg, Lieferprobleme. Die Preise für sogenannte schnelldrehende Konsumgüter - das sind etwa abgepackte Lebensmittel, Getränke, Toilettenartikel, Süßwaren - sind laut dem Marktforschungsinstitut GfK im Juni um 7,8 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Im Mai waren es demnach noch 6,2 Prozent. Für Juli liegen noch keine Zahlen vor."Die an den Kassen im Lebensmitteleinzelhandel bezahlten Preise sind weiter stark gestiegen", sagt Robert Kecskes, Director Shopper Insights bei der GfK: "Sparen stößt bei vielen Kunden an Grenzen. Die Verbraucher müssen inzwischen mehr Geld für Nahrungsmittel und andere schnelldrehende Konsumgüter ausgeben."Laut GfK Consumer Index profitiert der Handel nach der altbekannten Regel: Höhere Preise führen zu höherem Umsatz. Und der Index zeigt auch: Die Discounter wuchsen im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat um acht Prozent, die Supermärkte erreichten dagegen die Nulllinie. Noch im Mai hatten die Supermärkte vier Prozent Umsatz verloren, die Discounter hatten ihre Umsätze im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozent steigern können.Auf den ersten Blick sieht das zwar nach einem großen Vorsprung für die Discounter aus. Aber: "Von einem Run auf Discounter kann man dennoch nicht sprechen", sagt Professor Carsten Kortum, Handelsexperte von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Heilbronn.Nach Angaben vom Hauptverband des Einzelhandels (HdE) gibt es in Deutschland rund 16.000 Filialen im Discount-Bereich. Dazu zählen vor allem Lidl, Aldi Nord, Aldi Süd, Penny und Netto. Rund 12.200 Supermärkte kommen dazu, darunter die der Ketten Edeka und Rewe."Discounter setzen im Gegensatz zu Supermärkten traditionell auf die günstigeren Handelsmarken. Also Eigenmarken, die etwa 75 bis 90 Prozent Anteil am Umsatz haben," so Carsten Kortum. Gegenwärtig würden die Handelsmarken gewinnen, erklärt er: "Der Marktanteil der Herstellermarken, also der Markenartikel, ist auf das Niveau von 2020 gesunken." Handelsmarken führen aber auch Supermärkte, so gibt es die Eigenmarke "Ja!" von Rewe seit 1982 und "Gut und Günstig" von Edeka. "Die Kommunikation ist bei den Supermärkten jedoch aggressiver geworden", sagt Kortum. Edeka macht zum Beispiel mittlerweile Werbung mit Slogans wie "Preise wie beim Discounter." Für Thomas Roeb, Professor für Handelsbetriebslehre an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, kann das durchaus Erfolg bringen: "Solange die Kunden derart preissensibel reagieren, ist das vermutlich der einzige Weg."Und noch eine Reaktion der Verbraucher sei auffällig: Ihre Kaufentscheidung geht nicht unbedingt hin zum Discounter und weg vom Supermarkt, sondern es wird insgesamt mehr auf Sonderangebote, Schnäppchen, Promotionen geachtet. Die Verbraucher schauen also direkt im Geschäft - egal ob Supermarkt oder Discounter - gezielt nach den günstigen Produkten. Und die Händler bieten zunehmend auch preiswertere Waren an. Darum urteilt Carsten Kortum: "Es gibt allgemein ein trading-down im Markt."Für die Discounter stelle sich allerdings die Frage, ob sie angesichts der steigenden Herstellerpreise ihre Niedrigpreispolitik halten können. "Die Discounter müssen nicht billiger sein als sie selbst vor drei Jahren", meint dazu Thomas Roeb, "sie müssen nur billiger sein als die Supermärkte. Wenn sie ihre Kosten weiter im Griff halten, wird ihnen das gelingen."Für Wiltrud Meier hat sich jedenfalls ihre Einkaufstour gelohnt. Weil sie früh dran im Discounter war, gab es noch genügend Auswahl. Und sie hat gleich zwei Packungen der günstigen Trauben gekauft.
5unternehmen
Zwei Anwältinnen des Wikileaks-Gründers Julian Assange gehen juristisch gegen den US-Geheimdienst CIA und dessen früheren Direktor Mike Pompeo vor. Sie geben an, während ihrer Besuche bei Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London bespitzelt worden zu sein. Sie haben deshalb Zivilklage bei einem Gericht im US-Bundesstaat New York eingereicht, teilte die Unterstützer-Kampagne DEA (Don't Extradite Assange) mit. Auch zwei US-Journalisten schlossen sich der Klage an. Demnach mussten die Besucher Computer und Mobiltelefone beim Betreten der Botschaft an die Mitarbeiter der spanischen Sicherheitsfirma Undercover Global überreichen. Diese sollen dann die Daten abgegriffen und an die CIA weitergeleitet haben. Zudem seien vertrauliche Beratungen zwischen Assange und seinen Anwälten abgehört worden. "Die Verfassung der Vereinigten Staaten schützt amerikanische Staatsbürger vor Übergriffen der US-Regierung, auch wenn diese Aktivitäten in einer ausländischen Botschaft in einem fremden Land stattfinden", sagte Kläger-Anwalt Richard Roth der DEA-Mitteilung zufolge. Besucher hätten zu Recht erwarten dürfen, "dass die Sicherheitsbediensteten der ecuadorianischen Botschaft in London keine Spione der US-Regierung sind". Assange sitzt seit April 2019 im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Zuvor hatte er sich mehrere Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in London dem Zugriff der Behörden entzogen. Diese hatten ihn zunächst wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden gesucht. Die Vorwürfe wurden später jedoch aus Mangel an Beweisen fallen gelassen. Assange hatte Anfang Juli Berufung gegen die Entscheidung der britischen Regierung eingelegt, ihn an die USA auszuliefern. Dort droht Assange eine Haftstrafe von bis zu 175 Jahren, weil er 2010 auf seiner Website Wikileaks rund 700.000 vertrauliche Dokumente unter anderem zu Aktivitäten des US-Militärs im Irak und in Afghanistan veröffentlicht hatte. Assanges Recht auf ein faires Verfahren sei aufgrund der Bespitzelung durch die CIA "nunmehr beeinträchtigt, wenn nicht gar zerstört", da die Regierung die Inhalte der Gespräche kenne, erklärte der New Yorker Anwalt Robert Boyle, der die Kläger vertritt, vor Reportern. "Als Reaktion auf diese offenkundig verfassungswidrigen Aktivitäten sollte es Strafmaßnahmen geben, die bis zur Abweisung der Klage oder zur Rücknahme des Auslieferungsantrags reichen können", sagte der Anwalt mit Blick auf das juristische Verfahren gegen Assange. Der 51-jährige Australier versucht weiterhin, gegen seine Auslieferung vorzugehen - zurzeit mit einer Berufung am High Court in London.
0amerika
New Yorks Gouverneurin Kathy Hochul hat den Katastrophenfall ausgerufen, nachdem Polio-Viren in Abwasserproben von vier Stadtbezirken nachgewiesen wurden. Ungeimpfte Bewohner der Millionenmetropole sind aufgerufen, sich immunisieren zu lassen. "Bei Polio dürfen wir nichts dem Zufall überlassen", sagte New Yorks Gesundheitskommissarin Mary Bassett in einer Erklärung. Die auch als Kinderlähmung bekannte Viruserkrankung Poliomyelitis war im Juli im US-Bundesstaat New York erstmals seit fast zehn Jahren wieder diagnostiziert worden. Polio ist eine unheilbare Viruserkrankung, die oft asymptomatisch bleibt, aber auch grippeähnliche Symptome wie Halsschmerzen, Fieber, Müdigkeit und Übelkeit hervorrufen kann. In einem kleinen Prozentsatz der Fälle kann das Virus in das Nervensystem eindringen und irreversible Lähmungen verursachen. Die Krankheit war einst in den USA die am meisten gefürchtete Krankheit mit Infektionswellen, die jährlich rund 35.000 Menschen betrafen. In Deutschland gilt das Virus seit der flächendeckenden Impfungen in den 60er-Jahren als ausgerottet. Im Juni wurde auch in London das Polio-Virus im Abwasser und damit erstmals seit den 80er-Jahren nachgewiesen.
0amerika
Nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat einer Reform des Energiesicherungsgesetzes (Ensig) zugestimmt. Das Gesetz ermöglicht es dem Bund, schnell auf eine weitere Verknappung der Gas-Lieferungen und noch höhere Preise zu reagieren.Durch die Reform ist es der Bundesregierung etwa möglich, nach dem Vorbild der Lufthansa-Rettung in der Corona-Krise angeschlagene Importeure wie Uniper bis hin zu einem Staatseinstieg zu stützen. Uniper hatte den Staat um Hilfe gebeten. Nach Angaben des Bremer Bürgermeisters Andreas Bovenschulte könnte der Importeur vom Bund mit einer "9-Milliarden-Spritze" gestützt werden. Das sagte der SPD-Politiker im Bundesrat. Am Nachmittag will sich Uniper-Vorstandschef Klaus-Dieter Maubach zu dem Thema äußern. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte, das geänderte Energiesicherungsgesetz gebe der Bundesregierung weitreichende Möglichkeiten, um in Marktmechanismen einzugreifen, aber auch in die Gewohnheiten der Menschen. Habeck sprach von einem "scharfen Schwert", das nur mit Bedacht gezogen werden dürfe. Das Gesetz sieht nun als Option ein Umlagesystem vor, damit Preissprünge beim Gas für Energieversorger gleichmäßiger an Kunden weitergeben werden können - als Ersatz für bisher mögliche Regeln. Außerdem kann die Bundesregierung Maßnahmen zum Energiesparen verordnen. Möglich wird nun auch, zur Abschaltung vorgesehene Kohlekraftwerke wieder hochzufahren, um im Gegenzug Gas-Kraftwerke vom Netz zu nehmen. Um die Kohlemeiler schnell ans Netz zu bringen, hat Wirtschaftsminister Habeck bereits eine Ministerverordnung angekündigt, sobald der Bundespräsident in den nächsten Tagen das Gesetz unterschreibt. Das soll helfen, sich vor allem für den Winter zu rüsten, in dem das Verbrennen von Gas zur Stromerzeugung ersetzt wird. Hintergrund ist die Befürchtung, dass nach der am Montag beginnenden Wartung der Pipeline Nord Stream 1 kein Gas mehr aus Russland nach Deutschland geliefert werden könnte. Eigentlich soll die Wartung zwar nur zehn Tage dauern. Habeck hält aber auch eine längere Abschaltung durch Russland aus politischen Gründen für möglich. Bereits jetzt fließt weniger als die Hälfte des bestellten Gases durch die Leitung, wofür Russland technische Gründe nennt. Habeck sagte in der Länderkammer, die Möglichkeit, Gaskraftwerke aus dem Markt zu drängen, damit mehr Kohlekraftwerke zum Einsatz kommen, sei ein klimapolitischer Rückschritt. Dieser sei aber geboten, um den Gasverbrauch zu verringern. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte zum Einsatz von mehr klimaschädlichen Kohlekraftwerken: "Dieser Punkt schmerzt natürlich sehr, aber wir sind in einer Notsituation. Wenn es brennt, fragt man ja auch nicht, woher das Löschwasser kommt, sondern löscht."
5unternehmen
Zum Abschluss ihrer Asienreise ist Außenministerin Annalena Baerbock in Tokio eingetroffen. Bei einem Gespräch mit ihrem japanischen Amtskollegen Yoshimasa Hayashi betonten beide die Bedeutung des Einsatzes für eine regelbasierte internationale Zusammenarbeit.Die Grünen-Politikerin dankte Japan für die Unterstützung Europas im Kampf gegen die Verletzung internationalen Rechts durch den russischen Angriff auf die Ukraine. Auch Hayashi betonte die Bedeutung der Stärkung der Zusammenarbeit. Zusammen mit gleichgesinnten Ländern gelte es, gegenüber Russland eine starke Haltung zu zeigen. "Die Ukraine muss unterstützt werden", sagte der Minister. Auch den Nachbarländern um die Ukraine müsse geholfen werden.Japan ist als Mitglied der derzeit von Deutschland geführten G7-Runde führender demokratischer Wirtschaftsmächte auch in enger Abstimmung über die Konsequenzen des Krieges. Im kommenden Jahr übernimmt das Land den G7-Vorsitz.Vor dem Hintergrund der Diskussion über die Lieferung von LNG-Flüssiggas als Ersatz für die russischen Gaslieferungen betonte Baerbock, es werde keinen internationalen Wettlauf um Energie geben nach dem Motto: "Derjenige, der am stärksten ist und am meisten Geld hat, der kann alles aufkaufen." Deswegen habe sich die Europäischen Union mit Blick auf weitere Gaszukäufe abgestimmt. Dies gelte auch für die G7-Gruppe der führenden demokratischen Industriemächte. Mit Blick auf die japanische Gas-Abhängigkeit von Russland, die kleiner sei als jene Deutschlands, sagte Baerbock: "Ich werde nicht zulassen, dass wir jetzt um das konkurrieren, was am allerwichtigsten ist, nämlich alternative Möglichkeiten." Hayashi sagte: "Wir haben zur Zeit nicht vor, LNG an Deutschland zu liefern. Aber wir werden auch zu diesem Thema im Rahmen der G7 eng kooperieren."Eine weitere "globale Herausforderung" für die weltweite Friedensordnung sieht Baerbock im selbstbewussten und robusten Auftreten Chinas gegenüber Taiwan sowie im ost- und südchinesischen Raum. Mit Blick auf Chinas Territorialansprüche im Südchinesischen Meer ergänzte sie: "Immer wieder wird demonstriert, dass, wenn es um eigene Interessen geht, Regeln nicht unbedingt zu gelten haben." Dies gefährde "die Grundlage für unser gemeinsames, friedliches Leben". Das betreffe einerseits militärische Fragen, sagte Baerbock. Besondere Herausforderung im 21. Jahrhundert sei aber, "dass Angriffe der Zukunft nicht nur mit Panzern und Bomben geführt werden können, sondern gerade auch mit wirtschaftlichen Mitteln". Deswegen sei die Frage wirtschaftlicher Sicherheit eine zentrale Zukunftsfrage. Hayashi sagte in Bezug auf Chinas wachsendes Machtstreben in der indopazifischen Region: "Wir werden eine gewaltsam forcierte Änderung der regionalen Lage nicht zulassen." Mit Deutschland werde man weiter über dieses Thema sprechen, "um einen freien und offenen Indopazifik anzustreben".Baerbock drückte nach dem tödlichen Attentat auf den früheren japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe erneut ihr Beileid aus. Die ganze Bundesregierung und auch die Bevölkerung stünden in dieser schwierigen Zeit an der Seite Japans, dessen Bevölkerung und der Familie Abes, sagte die Ministerin. Abe war am Freitag während einer Wahlkampfrede auf offener Straße von einem 41-jährigen Ex-Angehörigen der Marine mit einer selbstgebauten Waffe niedergeschossen worden. Abe war der japanische Ministerpräsident mit der längsten Regierungszeit. Er vertrat nationalistische Positionen und wollte Japans pazifistische Verfassung ändern. Seine auf Konjunkturprogramme und Deregulierung setzende Wirtschaftspolitik wurde als "Abenomics" bekannt.Am Sonntag hatte Baerbock Nagasaki besucht. Auf die Stadt hatten die USA im August 1945 eine Atombombe abgeworfen. Auch angesichts dessen, dass gerade in jüngster Zeit die Zahl der Atomwaffen weltweit eher zu- als abgenommen habe, sei es für die Bundesregierung wichtig, sich weiterhin "für Frieden und eine Welt ohne Atomwaffen" stark zu machen - auch wenn es bis dahin ein langer Weg sei, sagte Baerbock. Nagasaki stehe wie die japanische Stadt Hiroshima "wie kein anderer Ort für absolute Vernichtung und Krieg und als Symbolort für die Mahnung vor dem Einsatz von Atomwaffen".Allein in Nagasaki wurden damals etwa 70.000 Menschen durch direkte Einwirkung der Atombombe getötet, 75.000 weitere wurden verletzt. Drei Tage zuvor hatten die USA die Stadt Hiroshima durch eine Atombombe mit geringerer Sprengkraft verwüstet. Unter dem Eindruck der Zerstörungen kapitulierte das Kaiserreich Japan am 15. August 1945. Die Bundesregierung unterstütze die Abrüstung, "auch wenn die Weltlage derzeit eine ganz andere ist", betonte die Außenministerin. Sie verwies auf Initiativen wie den Atomwaffen-Verbotsvertrag, an dem Deutschland erstmals als Beobachter teilnehme, und den Nichtverbreitungsvertrag, bei dem aktiv an nuklearen Abrüstungsschritten gearbeitet werde - "auch wenn das in der derzeitigen Weltlage alles andere als einfach ist". Am Nachmittag will Baerbock einen japanischen Flottenstützpunkt besuchen. Zudem ist ein Besuch des Stützpunktes der 7. US-Flotte in Yokosuka geplant. Die Ministerin wird von dessen Kommandeur, Vizeadmiral Karl Thomas, empfangen.
1asien
Der Duden versteht darunter einen abwertenden Begriff und definiert ihn als die "Gesamtheit der Ortswechsel, die die Betreffenden nur vornehmen, um sich in den Genuss bestimmter Sozialleistungen zu bringen". CDU-Chef Friedrich Merz sagte am Montagabend bei Bild-TV: "Wir erleben mittlerweile einen Sozialtourismus dieser Flüchtlinge: nach Deutschland, zurück in die Ukraine, nach Deutschland, zurück in die Ukraine." Bereits 2013 hat die Sprachkritik-Jury das Wort als "Unwort des Jahres" gewählt. Damit sei von einigen Politikern und Medien gezielt Stimmung gegen unerwünschte Zuwanderer gemacht worden. Merz hat sich am Vormittag entschuldigt und einen entsprechenden Tweet wieder gelöscht. "Das war eine unzutreffende Beschreibung eines in Einzelfällen zu beobachtenden Problems."Seit dem 1. Juni können sie aus der sogenannten Grundsicherung unterstützt werden und erhalten damit die gleichen Leistungen wie Hartz-IV-Empfänger. Sie sind damit etwas bessergestellt als zuvor, denn da war noch das Asylbewerberleistungsgesetz die Grundlage. Wer erwerbsfähig ist, bekommt das Geld vom Jobcenter, ansonsten läuft es über die Sozialämter. Bezahlt werden neben Lebensunterhalt auch Miete und Heizkosten sowie die medizinische Versorgung. Voraussetzung ist, dass die Flüchtlinge eine Aufenthaltserlaubnis bei der jeweiligen lokalen Ausländerbehörde beantragt haben. Das Arbeitsministerium verweist dazu auf vorläufige Statistiken der Bundesagentur für Arbeit. Danach waren im August 546.000 Menschen aus der Ukraine in Deutschland in der Grundsicherung. Davon seien 355.000 erwerbsfähig, 191.000 nicht erwerbsfähig, also beispielsweise Kinder. Die Statistik weist Kriegsflüchtlinge nicht gesondert aus, doch die Zahlen sprechen für sich: Seit Kriegsbeginn im Februar gibt es ein Plus von 529.000 Menschen.Dem Arbeitsministerium liegen dazu keine Erkenntnisse vor. Ein Sprecher weist gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio darauf hin: Wer Leistungen bekommen will, muss sich im Bereich des zuständigen Jobcenters aufhalten und eine Adresse angeben. Ohne dauerhaften Aufenthalt in Deutschland gebe es keinen Leistungsanspruch. Sollte ein Jobcenter Missbrauch feststellen, würden die Leistungen beendet. Etwa dann, wenn Post nicht zustellbar sei oder wenn Menschen nicht an Sprachkursen oder Beratungsgesprächen teilnehmen. Denkbar seien auch Hinweise etwa von Vermietern. Wer ausreist, muss das Jobcenter oder Sozialamt informieren.Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat zum Stichtag 24. September insgesamt 965.337 ukrainische Staatsangehörige erfasst, die seit Kriegsbeginn nach Deutschland eingereist sind. Unter den Erwachsenen sind den Angaben zufolge mehr als zwei Drittel Frauen. Auf Kinder und Jugendliche entfällt ein Anteil von gut 35 Prozent. Das Innenministerium kann allerdings nicht sagen, wie viele Geflüchtete bereits weiter- oder zurückgereist sind. Schließlich gebe es im Schengen-Raum, etwa zum benachbarten Polen, keine regulären Kontrollen an der Binnengrenze. Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine benötigen für die Einreise nach Deutschland kein Visum. Sie müssen aber innerhalb von 90 Tagen nach Ankunft eine Aufenthaltserlaubnis beantragen.
3innenpolitik
Wenn es um deutsche Waffenexporte geht, dann ist der geheim tagende Bundessicherheitsrat seit 1955 das entscheidende Gremium. Aktuell gehören ihm neben Kanzler Olaf Scholz unter anderem der Chef des Bundeskanzleramts Wolfgang Schmidt, Außenministerin Annalena Baerbock, Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, Finanzminister Christian Lindner, Innenministerin Nancy Faeser, Justizminister Marco Buschmann, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Entwicklungsministerin Svenja Schulze an. Das ist bekannt. Doch dann wird es nebulös. Denn fragt man nach, bestätigt einem die Regierungssprecherin noch nicht einmal, ob der Bundessicherheitsrat getagt hat oder nicht. Diese totale Zurückhaltung ist zumindest erstaunlich, denn das Verteidigungsministerium hat zu einer parlamentarischen Anfrage des CDU-Abgeordneten Thomas Röwekamp zuletzt zumindest einige, durchaus überraschende Details öffentlich gemacht.Dort heißt es unter anderem, dass "der Bundessicherheitsrat im Jahr 2022 bisher keine Genehmigungsentscheidungen zum Export von Rüstungsgütern, dazu zählen auch Waffenlieferungen aus Bundeswehrbeständen, getroffen" hat. Offenbar hat der zuständige Kabinettsausschuss seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs Ende Februar also noch kein einziges Mal offiziell getagt.Stattdessen ist in der Antwort auf die parlamentarische Anfrage die Rede davon, dass "Genehmigungsentscheidungen über die Ausfuhr von Kriegswaffen sowie bestimmte Hochwertgüter derzeit regelmäßig auf Leitungsebene vom Bundeskanzleramt und den Bundessicherheitsressorts getroffen" werden.Eine schriftliche Anfrage des ARD-Hauptstadtstudios an das Bundespresseamt, wer sich hinter dieser Leitungsebene verbirgt und wer die Entscheidungen über Rüstungsexporte getroffen hat, blieb unbeantwortet. Letztlich bleibt also unklar, wer in der Regierung über Rüstungsexporte an die Ukraine, wie den Flugabwehrpanzer "Gepard" oder die Lieferung der Panzerhaubitze 2000 aus Bundeswehrbeständen, entschieden hat.Noch verwirrender wird es, wenn man sich die Aussagen von Verteidigungsministerin Lambrecht in der Regierungsbefragung vom 22. Juni anhört. Damals hatte die SPD-Politikerin nämlich behauptet, dass die Anträge zu Rüstungsexporten "selbstverständlich auch weiterhin vom Bundessicherheitsrat entschieden" würden und dass dessen Sitzungen "nicht unbedingt in Präsenz stattfinden".Man könne über Waffen-Lieferungen auch schriftlich, im sogenannten Umlaufverfahren abstimmen. Wer entscheidet also? Der CDU-Abgeordnete Röwekamp vermutet ein Parallelgremium, mit dem die "selbstauferlegte Berichts- und Kontrollpflicht des Parlaments" umgangen werden soll.Denn der Bundessicherheitsrat hat eine offizielle Satzung, die grundsätzlich eine schriftliche Unterrichtung des Bundestags vorsieht. Allerdings auch nur, wenn "verfassungsrechtliche Interessen einer Veröffentlichung nicht entgegenstehen".Fest steht, Kanzler und Verteidigungsministerin haben bei Waffenexporten in die Ukraine wochen- und monatelang gemauert - angeblich aus sicherheitspolitischen Gründen. Erst einen Tag bevor die Union die mangelnde Transparenz zum Bundestagsthema machen wollte, hat die Bundesregierung reagiert. Seit 21. Juni werden gelieferte Waffen und Hilfsleistungen im Netz öffentlich gemacht. Allerdings ohne die Entscheidungen zu begründen. Außerdem fehlen Informationen zu den beteiligten deutschen Unternehmen und zum finanziellen Gesamtvolumen der Waffen-Exporte. Dem Unionsabgeordneten Röwekamp reichen diese öffentlich zugänglichen Informationen nicht aus, er ist aber als Oppositionspolitiker weitgehend machtlos.Denn der Streit zwischen Abgeordneten und Regierung um die mangelnde Transparenz bei Waffenlieferungen schwelt nicht erst seit dem Ukraine-Krieg. Schon 2014 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der Informationsanspruch der Abgeordneten bei Waffenlieferungen nicht grenzenlos ist und die Bundesregierung ihre Waffen-Exportgenehmigungen durch den Bundessicherheitsrat auch nicht begründen muss. Damals stellte die Union die Kanzlerin und die Grünen hatten wegen geplanten Panzerlieferungen nach Saudi-Arabien geklagt.Aktuell regiert die Ampel-Koalition, die noch in ihrem Koalitionsvertrag mit einem Rüstungsexportkontrollgesetz mehr Transparenz versprochen hat. Doch dann kam der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dazwischen.
3innenpolitik
Wang Yu kann sich seit einiger Zeit nicht mehr frei bewegen. Sie ist Anwältin in China - und eine Kritikerin des autoritären chinesischen Regimes. Schon oft wurde sie in Hausarrest gesetzt. Doch neuerdings hat das Regime offenbar eine andere Methode: Ihre Gesundheitsapp zeigt nicht den grünen Code - obwohl sie zuvor dreimal einen negativen PCR-Test bekommen hat. "Ich musste als Anwältin einen Fall vor Gericht verhandeln. Aber sie stellten meinen Code auf Gelb", erzählt Wang Yu. "Ich war komplett hilflos. Du kannst dich quasi gar nicht mehr bewegen, du kannst nirgends mehr hingehen." Denn inzwischen geht ohne die Gesundheits-App in Chinas Großstädten quasi nichts mehr: Beim Supermarkt wird Wang Yu ohne den grünen Code abgewiesen. Weder ein Taxi, noch einen Bus, die U-Bahn oder einen Zug kann sie betreten. In Peking sind sogar die Zugänge zu Wohnungen überwacht. Jeder wohnt innerhalb einer abgezäunten Anlage, zu der es nur einen Zugang gibt. An dem haben Wärter ihre Grenzposten aufgestellt. Alle müssen mit der Gesundheits-App den QR-Code scannen und den grünen Code vorzeigen. Zunächst konnte Wang Yu auch nicht in ihre Wohnung. Denn immer wieder funktionierte ihre App nicht. Die Wärter an der Schranke zu Wang Yus Wohnanlage wollten sie nicht reinlassen. Nach einem heftigen Streit ließ das Wachpersonal sie passieren. "Aber du weißt nicht, was morgen sein wird. Vielleicht wird der Wärter mich dann nicht durchlassen. Und ich kann hier nicht einbrechen," sagt die Anwältin.Was Wang Yu schier in den Wahnsinn treibt: Alles basiert auf Willkür. Für den Einsatz des Gesundheits-App gibt es keine Gesetze. "Ich bin Anwältin. Ich liebe das Gesetz. Ich brauche genaue Regeln, denen ich folgen kann." Das chinesische Parlament hat aber dazu nichts entschieden. "Es gibt nichts. Kein Papier, keine Regelungen. Die Restriktionen durch die App sind damit komplett illegal," schlussfolgert Wang Yu. Wang Yu sieht in der Gesundheits-App daher vor allem ein neues Werkzeug des autoritären Regimes zur kompletten Überwachung - zumal bei jedem Scannen die Daten mit Ortsmarke gesammelt werden. Die Zeitung "New York Times" hat herausgefunden, dass die Daten der App in Echtzeit an die Polizei geschickt werden: Ein Teil des Programms mit der Bezeichnung "reportInfoAndLocationToPolice" sende den Standort der Person, den Namen der Stadt und eine identifizierende Codenummer an einen Server. Da inzwischen überall gescannt werden muss und die App mit dem Ausweis verknüpft ist, bekommt die Polizei ein umfassendes Bewegungsprofil aller Einwohner. Ende Juni setzten Behörden die Gesundheits-App besonders auffällig für politische Zwecke ein. Eine angeschlagene Bank in der Millionenstadt Zhengzhou hatte die Konten von Kunden eingefroren. Vor der Zentrale der Bank begannen sich Leute für Proteste zu versammeln. Weitere Kunden wollten anreisen. Doch bei vielen sprang der Gesundheitscode in der App auf Rot. In Videos in den sozialen Netzwerken zeigen sie, wie sie vom Reisen abgehalten werden. Das Phänomen wird klar: Allein Bankkunde zu sein reicht aus, um einen roten Code zu bekommen. Die lokalen Behörden in Zhengzhou müssen sich öffentlich für den Missbrauch der App entschuldigen. Doch die Macht liegt im System. Denn die Seuchenbekämpfung und die Polizei haben Zugriff auf die Daten. Einen Einblick hinter die Kulissen von Big Data ermöglichte kürzlich eine öffentliche Ausschreibung für die Gesundheits-App für die Zwölf-Millionen-Einwohnerstadt Hangzhou. Nach Informationen der "Financial Times" erhielt diesen Monat ein Joint Venture zwischen der E-Commerce-Gruppe Alibaba und zwei staatlichen Betreibern einen zwölfmonatigen Vertrag über den Betrieb des Systems. Die technische Vorgabe ist, dass 25.000 Informationsabfragen pro Sekunde bewältigt werden müssen. Die Ausschreibung zeigt auch, dass die Einwohner von Hangzhou in mehrere Datensätze aufgeteilt sind - mit jeweils unterschiedlichen Regeln. Der Datensatz für Arbeiter in der Liefer- und Kühlkettenlogistik etwa definiert, dass sie automatisch einen orangen Code bekommen, sobald sie einen obligatorischen PCR-Test auslassen.
1asien
Arbeiten im Homeoffice kann zu mehr Stress führen. Das geht aus einer Befragung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hervor. Demnach machen 28 Prozent der Heimarbeiter oft unbezahlte Überstunden. Zudem erwarteten Vorgesetzte von jedem dritten Mitarbeitenden, außerhalb normaler Arbeitszeiten erreichbar zu sein, etwa am Mobiltelefon. Beides komme etwa doppelt so häufig wie bei Beschäftigten vor, die meist oder immer am Sitz ihres Arbeitgebers arbeiten.Heimarbeiter sind demnach viel öfter abends bis 23 Uhr tätig und fangen früh wieder an. 46 Prozent verkürzten die Pause oder ließen sie ganz ausfallen, lautet ein weiteres Ergebnis. 47 Prozent der Heimarbeiter hätten angegeben, in der Freizeit häufig nicht richtig abschalten zu können. Alle diese Werte seien deutlich höher als bei Beschäftigten, die meist oder immer in der Firma arbeiten.Die Studie zeigt jedoch auch, dass die Nachteile des Homeoffice unter bestimmten Bedingungen stark abnehmen. Wer die eigene Arbeitszeit stark selbst beeinflussen könne, mache häufiger Pause und sei seltener unbezahlt tätig. Auch wenn es eine Betriebsvereinbarung gebe, die das mobile Arbeiten regele, arbeiteten Beschäftigte weitaus seltener abends und müssten nicht ständig erreichbar sein.Der DGB fordert ein Gesetz, das die Heimarbeit für alle Beschäftigten verbindlich regelt. "Arbeit zu entgrenzen belastet die Gesundheit", sagte DGB-Chefin Yasmin Fahimi der "Süddeutschen Zeitung". "Mit einem gesetzlichen Ordnungsrahmen für das mobile Arbeiten können die Rechte und die Selbstbestimmung der Beschäftigten gestärkt werden."Seit der Pandemie ist der Anteil der Menschen, die im Homeoffice arbeiten deutlich gestiegen. Vor Corona waren es nur vier Prozent, während der Pandemie in der Spitze 27 Prozent, im April 2002 lag er immerhin noch bei knapp einem Viertel.Unterdessen erwägt der Konsumgüterhersteller Henkel, vorübergehend wieder mehr Homeoffice einzuführen, um Gas zu sparen. "Wir könnten dann die Temperatur in den Büros stark herunterfahren, während unsere Beschäftigten zu Hause im normalen Umfang heizen könnten", sagte Henkel-Chef Carsten Knobel der "Rheinischen Post". Außerdem könne der Konzern in seinem firmeneigenen Kraftwerk in Düsseldorf, das aktuell überwiegend mit Gas betrieben werde, mehr Kohle und Öl nutzen. "Im Vergleich zum heutigen Betrieb könnten wir so knapp ein Drittel des Gases einsparen", sagte der Manager. Doch warte das Unternehmen hier noch auf die Genehmigung der Bundesnetzagentur.
5unternehmen
Erst ist es der Bundeskanzler, der auf Twitter Firmen kritisiert, die große Gewinne machen. "Das ist nicht ok", schreibt Olaf Scholz Anfang Juli. Aus diesem harmlosen "nicht ok" ist inzwischen die Forderung nach einer Steuer auf zu hohe Gewinne geworden - nicht formuliert von Bundeskanzler Scholz selbst, dafür aber von der SPD-Parteichefin Saskia Esken oder der Grünen-Co-Vorsitzenden Ricarda Lang.Nutzen Unternehmen die derzeitig hohe Inflation aus, um praktisch in deren "Windschatten" zusätzlich die Preise zu erhöhen, und so noch mehr Gewinn zu machen? In den USA läuft darüber eine Debatte unter Ökonomen, die nebenbei einen neuen Begriff erfunden haben: "Greedflation". Auf Deutsch: "Gierflation". Eine Inflation, die durch die Gier von Unternehmen weiter angetrieben wird. EZB-Direktorin Isabel Schnabel hatte vor kurzem in einer Rede gesagt: "Provokant ausgedrückt: Viele Unternehmen in der Euro-Zone, wenn auch bei weitem nicht alle, haben von dem jüngsten Inflationsanstieg profitiert." Diese Aussage wurde als Kritik an Unternehmen interpretiert. Dazu erklärt die EZB auf Nachfrage, es sei nicht Sache der Europäischen Zentralbank, die Privatwirtschaft zu kritisieren.Einige Ökonomen weisen darauf hin, dass in einer Marktwirtschaft die Gewinnmaximierung von Unternehmen nicht als Gier bezeichnet werden könne. Manche Wirtschaftsexperten in den USA sahen kurz nach der Rücknahme der Corona-Einschränkungen Anzeichen einer "Greedflation". Die These: Die Menschen hatten Nachholbedarf, die Preise konnten teilweise übermäßig erhöht werden.Zu lesen ist in diesem Zusammenhang öfter von einer Art "Corona-Nachhol-Inflation" - etwa in der Gastronomie. Auf einem anderen Papier stehen nun die immensen Gewinne etwa der Mineralölkonzerne, bei denen vor allem seit Beginn des Kriegs in der Ukraine die Kassen klingeln. Auch hier erwarten Beobachter aber, dass die Gewinne nur kurzfristig höher ausgefallen und der Markt die Preise wieder reguliere.Ob Unternehmen die Preise tatsächlich aktiv nach oben treiben können, hängt vor allem von ihrer Marktmacht ab. So können Monopolisten die Preise diktieren, während Preissteigerungen in einem umkämpften Markt immer begrenzt sind. So sieht es Volker Wieland, Professor für Monetäre Ökonomie an der Goethe-Universität Frankfurt: "Es braucht eine Wettbewerbsordnung, um zu viel Marktmacht zu verhindern."Vom Begriff "Gierflation" hält der Wirtschaftswissenschaftler nichts. Es sei nicht verwerflich, wenn ein Unternehmen den Preis für sein Gut erhöhe. "Der Wettbewerb sorgt dafür, dass Preise und Gewinn zurückgehen", sagt Wieland. Das Konzept einer Steuer auf Übergewinne sieht er skeptisch und fragt: "Welcher Gewinn ist zu hoch?" Ohnehin würden Gewinne in Deutschland schon hoch besteuert.Ähnlich blickt Thomas Obst vom Institut der Deutschen Wirtschaft auf die Debatte. Auch er sieht die Politik vor allem in der Pflicht, Oligopolstrukturen zu vermeiden. Die Übergewinnsteuer ist seiner Ansicht nach dagegen ein schlechtes Instrument und darüber hinaus "verfassungsrechtlich schwierig". Die deutsche Verfassung sehe strengere Regeln vor als die meisten Gesetzeswerke im Ausland."Gierflation" ist für Obst kein Phänomen, sondern ein "Vorwurf". Sowieso erwartet er in den kommenden Monaten eine Dämpfung der Inflation und führt das auf eine zu erwartende fallende Nachfrage zurück. Zur Debatte über die Übergewinnsteuer sagt Obst: "Statt neue Verteilungsdebatten zu entfachen, sollten wir überlegen, wie wir gemeinsam mit dem Inflationsschock umgehen können."Viele Wirtschaftswissenschaftler sehen in der Diskussion über "Gierflation" die Verantwortung bei den Notenbanken. Die müssten die Inflation bekämpfen, indem sie die Zinsen erhöhen. Auch Wirtschaftsethiker Johannes Wallacher von der Hochschule für Philosophie in München findet: "Die Zentralbanken haben mit der Abkehr von ihrer lockeren Geldpolitik spät reagiert."Zu spät? Einen einfachen Ausweg aus der Inflation gebe es nicht, meint Wallacher, "weil viele der Faktoren, welche den Preisanstieg antreiben, nicht so schnell verschwinden werden". Die Politik müsse sich darauf konzentrieren, die sozialen und wirtschaftlichen Folgen wirksam abzufedern. Doch auch der Wirtschaftsethiker ist kein Freund einer Übergewinnsteuer: "Ein schärferes Kartellrecht würde ich bevorzugen."
5unternehmen
Bei der Vorratsdatenspeicherung werden die sogenannten Verbindungsdaten gespeichert (Schritt 1). Zum Beispiel: Wer hat wann mit wem wie lange telefoniert, und von welchem Ort aus; wer hat an wen eine E-Mail geschrieben; mit welcher IP-Adresse war ich wie lange im Internet unterwegs? Das Speichern geschieht also ohne bestimmten Anlass. Die Inhalte der Kommunikation, also das, was konkret gesprochen oder geschrieben wurde, werden nicht gespeichert.  Die Speicherpflicht trifft die privaten Telekommunikationsunternehmen. Auf ihren Servern sollen die Daten dann für einen begrenzten Zeitraum verfügbar sein, und zwar für den Zugriff der staatlichen Behörden auf die Daten (Schritt 2). Der Zugriff zu einem späteren Zeitpunkt darf nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen, zum Beispiel, um schwere Straftaten aufklären zu können. Deswegen spricht man von einer Speicherung „auf Vorrat“. Ermittler argumentieren, sie bräuchten die Vorratsdatenspeicherung, um auch online effektiv gegen Darstellungen von sexualisierter Gewalt an Kindern oder bei Terrorismusverdacht ermitteln zu können. Kritiker der Vorratsdatenspeicherung bezweifeln ihren Nutzen und sehen einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte aller Bürgerinnen und Bürger.Die Telefonnummern eines verbundenen Gesprächs, Beginn- und Endzeitpunkt von Telefonaten und Internetnutzung und die Internetprotokoll (IP)-Adressen sollen zehn Wochen lang gespeichert werden; bestimmte Standortdaten vier Wochen lang. Auf die gespeicherten Daten dürfen die zuständigen Behörden nur zur Verfolgung besonders schwerer Straftaten oder zur Abwehr einer konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für den Bestand des Bundes oder eines Landes zugreifen. Für den Zugriff auf die gespeicherten IP-Adressen sind die Hürden nicht ganz so hoch.Rund um die Vorratsdatenspeicherung gibt es einen langen politischen und juristischen Streit. Die ursprüngliche Regelung in Deutschland war 2010 vom Bundesverfassungsgericht gekippt worden. Karlsruhe billigte zwar die "Speicherung" (Schritt 1), forderte aber für den Zugriff auf die Daten (Schritt 2) höhere Hürden. Auf dieser Basis hatte die Große Koalition 2015 ein neues Gesetz verabschiedet. Kurz bevor die Speicherpflicht 2017 beginnen sollte, bemängelte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster aber das neue Gesetz, weil es gegen die EU-Grundrechte verstoße. Seitdem setzt die Bundesnetzagentur die Speicherpflicht nicht durch, das Gesetz liegt auf Eis und wurde nie angewandt.  Das OVG Münster berief sich auf ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg. Denn der EuGH hatte 2016 ein Gesetz aus einem anderen EU-Staat beanstandet und dabei strenge rechtliche Hürden aufgestellt. Diese Grundsätze seien auch für das neue deutsche Gesetz anzuwenden, so das OVG Münster damals. Jetzt ist auch das deutsche Gesetz von 2015 über eine Vorlage der deutschen Gerichte vor dem EuGH gelandet. Zwei deutsche Telekommunikations-Unternehmen, die Telekom und SpaceNet, haben geklagt. Sie wollen nicht gesetzlich verpflichtet sein, bestimmte Verbindungsdaten ihrer Kunden zu speichern. In einem Grundsatzurteil zum Gesetz in Schweden entschied der EuGH 2016: Eine allgemeine und unterschiedslose Speicherung aller Vorratsdaten ohne konkreten Anlass sei nicht mit den EU-Grundrechten vereinbar. Schon Schritt 1 sei also nicht zulässig. In einem Urteil aus dem Jahr 2020 zu nationalen Gesetzen unter anderem aus Belgien und Frankreich bestätigte der EuGH diesen Grundsatz. Aber: Er ließ bei der Speicherung gewisse Ausnahmen zu und war nicht mehr ganz so streng wie zuvor. Zulässig sei: Unter bestimmten Bedingungen dürften Ermittler dann auf diese gespeicherten Daten zugreifen.Rechtlich hängt das vom Inhalt des Urteils ab. Falls der EuGH seine bisherige Linie weiterverfolgt, würde das deutsche Gesetz in seiner bisherigen Form gegen EU-Recht verstoßen. Aber ein eng gefasstes neues Gesetz wäre dann rechtlich möglich. Es könnte die laut EuGH ausnahmsweise zulässigen Speicherungen (bei Bedrohung der nationalen Sicherheit; bestimmte Personen oder Orte; Speicherung von IP-Adressen) in Gesetzesform gießen. Die umstrittene Frage dürfte aber sein, ob das politisch in der Ampel-Koalition gewollt ist. Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, dass die Ampel-Koalition das EuGH-Urteil abwartet. Danach wolle man "Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung so ausgestalten, dass Daten rechtssicher anlassbezogen und durch richterlichen Beschluss gespeichert werden können". Bundesinnenministerin Faeser hat bereits gesagt, dass eine begrenzte Vorratsspeicherung aus ihrer Sicht ein wichtiges Instrument im Kampf gegen Darstellungen sexualisierter Gewalt an Kindern im Internet sei. Dafür wäre das generelle Speichern der IP-Adressen wichtig. Grüne und FDP haben sich dazu schon ablehnend geäußert. Als mögliche Alternative zu einer Vorratsdatenspeicherung gilt das sogenannte "Quick Freeze"-Verfahren, das seit längerer Zeit von der FDP vorgeschlagen wird. Ermittler könnten dabei nur aus Anlass einer konkreten Straftat mit richterlicher Zustimmung bestimmte Daten "einfrieren" lassen und später darauf zugreifen. Ob es insgesamt zu einer Neuregelung kommt, und wie sie dann genau aussieht, ist derzeit offen.
3innenpolitik
In einer Phase hoher geopolitischer Unsicherheit waren die Marktteilnehmer zur Wochenmitte dankbar, sich den robusten Wirtschafts- und Unternehmensdaten zuwenden zu können. Demgegenüber traten die Sorgen um Taiwan in den Hintergrund.Zwar meldete Taiwan zahlreiche Verletzungen seines Luftraums durch China, und die Volksrepublik erließ erste Wirtschaftssanktionen gegen den Inselstaat. Zuvor hatten viele Investoren aber eine schärfere Reaktion Chinas erwartet, das den USA wegen des Besuchs der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi in Taiwan mit "Bestrafung" gedroht hatte. Der Dow Jones konnte sich um 1,3 Prozent erholen.Noch stärker ging es mit den Technologiewerten bergauf, die ihre Kursverluste zum Monatsbeginn mehr als wettmachten. Der Technologieindex Nasdaq 100 verbuchte ein Plus von 2,7 Prozent.Überraschend starke Konjunkturdaten wurden positiv aufgenommen. So stieg der Auftragseingang der Industrie im Juni mit 2,0 Prozent deutlich stärker als erwartet. Auch der Einkaufsmanagerindex aus dem US-Dienstleistungssektor für den Juli fiel mit 56,7 Punkten höher als prognostiziert aus. Offenbar erschüttern die Daten nicht die Hoffnung, dass die US-Notenbank bei ihrem Zinskurs ein wenig das Tempo herausnehmen könnte.Auch in Frankfurt wagten sich viele Anleger getreu dem alten Börsenmotto "politische Börsen haben kurze Beine" wieder an den Markt. Nach zwei verhaltenen Börsentagen konnte sich der DAX fast kontinuierlich erholen. Der deutsche Leitindex ging ein Prozent höher aus dem Handel.Die Konjunkturdaten des Tages aus Europa waren insgesamt etwas verhaltener. Die Wirtschaft der Eurozone ist im Juli trotz Energiekrise und rekordhoher Inflation nur auf einem moderaten Kontraktionskurs. Der Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft gab um 2,1 auf 49,9 Zähler nach. Er fiel damit erstmals seit Februar 2021 unter die Wachstumsschwelle von 50, wie der Finanzdienstleister S&P Global zu seiner Umfrage unter Tausenden Firmen auf Basis endgültiger Daten mitteilte.Die deutschen Exporteure haben im Juni wegen der guten Nachfrage aus den EU-Ländern, den USA und China Rekordeinnahmen verbucht. Die Ausfuhren wuchsen um 4,5 Prozent im Vergleich zum Vormonat und summierten sich damit auf 134,3 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Wachstum von 1,0 Prozent gerechnet. Sie führen das höhere nominale Exportvolumen allerdings zum Teil auf Preiserhöhungen zurück. Der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel, warnte deshalb vor zu viel Euphorie bei der Interpretation der Zahlen.Die starken US-Daten setzten den Euro weiter unter Druck, nachdem die Gemeinschaftswährung bereits unter den Spannungen mit China gelitten hatte. Am späten Abend notiert der Euro bei 1,0170 Dollar.Die Ölpreise notierten am Abend deutlich tiefer. Ein Barrel der Nordseesorte Brent kostete 97,50 Dollar. Dabei will das erweiterte Ölkartell OPEC+ seine Fördermengen im Herbst vorerst nur geringfügig steigern. Nach den größeren Erhöhungen der vergangenen Monate werde das gemeinsame Tagesproduktionsziel im September um weitere 100.000 Barrel (159 Liter) ausgeweitet, teilte die von Saudi-Arabien und Russland dominierte Allianz nach ihrer heutigen Sitzung mit. Die Allianz verfüge nur über "extrem limitierte Kapazitätsüberschüsse" und müsse diese deshalb äußerst vorsichtig nutzen, argumentierte die OPEC+.Unter den Quartalsbilanzen an der Wall Street stach PayPal heraus. Die Aktie gewann knapp zehn Prozent. Der Zahlungsabwickler hob angesichts eines überraschend starken Quartalsergebnisses seine Gewinnziele an. Zusammen mit den Einsparungen und den Aktienrückkäufen hätte die Aktie ihre Talsohle durchschritten, prognostizierte Analyst Christopher Brendler vom Research-Haus D.A. Davidson. Daher bekräftige er seine Kaufempfehlung und das Kursziel von 120 Dollar.Am Abend geriet die Aktie der Adler Group unter Druck. Der angeschlagene Immobilienkonzern muss bei der Verringerung seiner Schulden einen Rückschlag hinnehmen. Der angepeilte Verkauf eines 63-prozentigen Anteils der Tochtergesellschaft Brack Capital Properties (BCP) kommt nicht zustande. Der Branchenkollege LEG will eine entsprechende Option nicht ausüben. Das Geschäft hätte ein Volumen von mindestens 765 Millionen Euro gehabt.Im DAX war die BMW-Aktie mit einem Minus von 5,6 Prozent Schlusslicht. Der Autobauer hatte am Morgen einen Gewinnrückgang gemeldet. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern lag im zweiten Quartal mit 3,43 Milliarden Euro um knapp ein Drittel unter dem Vorjahreswert. Unter dem Strich verblieb ein Konzernüberschuss von 3,05 Milliarden Euro. Der Konzernumsatz legte im zweiten Quartal trotz des Rückgangs bei den Auslieferungen um 21,6 Prozent auf fast 34,8 Milliarden Euro zu. Für das Gesamtjahr senkte BMW allerdings seinen Ausblick für die Pkw-Absätze.Auch die Anteilsscheine von Siemens Healthineers gaben nach. Höhere Kosten in der Beschaffung und der Logistik sowie die Lockdowns in China haben zu einem Gewinnrückgang im vergangenen Quartal geführt. Das bereinigte operative Ergebnis sank um knapp ein Fünftel auf 765 Millionen Euro. Nach Steuern verblieben 364 Millionen Euro und damit acht Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Der Umsatz stieg um 3,7 Prozent auf knapp 5,2 Milliarden Euro. Der Chiphersteller Infineon blickt nach einem Umsatzplus im dritten Quartal optimistischer auf das Gesamtjahr. Im Geschäftsjahr, das Ende September endet, rechnen die Münchner nun mit einem Umsatz von rund 14 Milliarden Euro, das ist eine halbe Milliarde Euro mehr als bislang erwartet. Im abgelaufenen Vierteljahr verbesserten sich die Erlöse um ein Drittel verglichen auf 3,6 Milliarden Euro. Steigende Rohstoffpreise, Energiekosten und Zinsen belasteten aber das Wachstum, so Infineon-Chef Jochen Hanebeck.Zu den gefragteren Titeln im DAX gehörte Vonovia. Die Übernahme der Deutsche Wohnen hat Deutschlands größtem Immobilienkonzern weiter Auftrieb gegeben. Im ersten Halbjahr 2022 legte das operative Ergebnis (FFO) vor allem dank der Übernahme im Jahresvergleich um 36 Prozent auf 1,06 Milliarden Euro zu. Die Miete stieg per Ende Juni im Schnitt auf 7,44 Euro pro Quadratmeter - das waren zwei Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Zum Zuwachs trugen vor allem modernisierte Wohnungen bei. Zudem profitiert das Unternehmen von seinen Neubauten. Die Jahresziele für Umsatz und Ergebnis bestätigte Vonovia. Die Commerzbank hat im zweiten Quartal einen überraschend hohen Gewinn erzielt. Unter dem Strich stand ein Überschuss von 470 Millionen Euro. Das waren 100 Millionen mehr als von Analysten im Schnitt erwartet. Ein Jahr zuvor hatten Kosten für Stellenabbau und Filialschließungen die Großbank mit 527 Millionen Euro tief in die roten Zahlen gerissen. Im zweiten Quartal sprangen die Erträge - also die gesamten Einnahmen der Bank - im Jahresvergleich um 30 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro nach oben. Hugo Boss kommt auch dank der im vergangenen Jahr gestarteten Markenerneuerung mit seiner Mode wieder besser an. Der Metzinger Modekonzern meldete einen Nettogewinn im zweiten Quartal von 58 Millionen Euro, was mehr als einer Verdopplung entspricht. Mit einem Plus von 40 Prozent auf 878 Millionen Euro erzielte der MDAX-Konzern zudem den höchsten Umsatz, den Hugo Boss je in einem zweiten Quartal erwirtschaftet hat. Das Management erwartet dieses Jahr einen Rekordumsatz von 3,3 bis 3,5 Milliarden Euro. Verglichen mit 2021 wäre das ein Plus von 20 bis 25 Prozent. Der Solar- und Windpark-Betreiber Encavis wird angesichts gesteigerter Kapazitäten und hoher Strompreise optimistischer für das Gesamtjahr. Der Vorstand rechnet nun mit einem Umsatz von über 420 Millionen Euro nach bisher über 380 Millionen. Als um Sondereffekte bereinigtes operatives Ergebnis (bereinigtes Ebit) sollen davon mehr als 185 Millionen Euro bleiben, nachdem zuvor gut 166 Millionen erwartet wurden. In den vergangenen Jahren ist das MDAX-Unternehmen vor allem dank Übernahmen und neu eröffneter Parks mit Wind- und Solaranlagen gewachsen.Die Aktie von Auto1 legte um bis zu 16 Prozent zu. Der Online-Gebrauchtwagenhändler setzt sich höhere Ziele und will im laufenden Jahr einen Umsatz von sechs bis sieben Milliarden Euro statt der bisher anvisierten 5,7 bis 6,8 Milliarden erreichen. Von April bis Juni erwirtschaftete Auto1 dank mehr verkaufter Fahrzeuge 1,74 Milliarden Euro, ein Plus von rund 63 Prozent. Firmenchef Christian Bertermann sieht das Unternehmen auf einem guten Weg, die Profitabilität weiter zu steigern. Der Lieferando-Eigner Just Eat Takeaway.com kommt auf seinem Weg aus den roten Zahlen voran. Im ersten Halbjahr schrumpfte der bereinigte Betriebsverlust (Ebitda) auf 134 Millionen Euro von 189 Millionen Euro, wie der niederländische Konzern mitteilte. Der Umsatz legte aber nur um sieben Prozent auf 2,78 Milliarden Euro zu. Die Zahlen seien schlechter als erwartet, sagte Jefferies-Analyst Giles Thorne. Gut sei hingegen, dass Just Eat den Ausblick bestätigt habe. Die Aktie steigt leicht. Der Softwareanbieter Teamviewer wird bei den Wachstumsaussichten etwas vorsichtiger. Bei den sogenannten Billings, den in Rechnung gestellten Umsätzen, geht das MDAX-Unternehmen in diesem Jahr nun von einem Wert um das untere Ende der Prognosespanne von 630 bis 650 Millionen Euro aus. Im zweiten Quartal wuchsen die Billings gegenüber dem Vorjahresquartal um zwölf Prozent auf 136,1 Millionen Euro - und damit nicht so kräftig wie am Markt erwartet. Der Umsatz legte um zwölf Prozent auf 137,5 Millionen Euro zu.
2finanzen
Der vom Menschen verursachte Klimawandel hat seit dem Jahr 2000 in Deutschland jedes Jahr Schäden von durchschnittlich 6,6 Milliarden Euro verursacht. Zu diesem Ergebnis kommt ein vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz beauftragtes Projekt zu den Kosten der Klimawandelfolgen in Deutschland. Insgesamt haben demnach durch die Klimakrise verursachte Hitze, Dürre und Fluten bis 2021 mindestens 145 Milliarden Euro gekostet.Allein die beiden Hitzesommer 2018 und 2019 sowie die Flut 2021 hätten mehr als 80 Milliarden Euro gekostet. Die Flut vor allem in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen schlage mit über 40 Milliarden Euro zur Buche. Die Autoren der Studie wiesen darauf hin, dass dies Untergrenzen seien, da die Abgrenzung zwischen üblichen Extremwetterschäden und durch die Klimakrise verstärkte nicht einfach sei. Zudem gebe es Schäden wie etwa den Verlust an Biodiversität, der sich nicht in Geld umrechnen ließe. Ein Großteil der Schäden jedenfalls sei durch Extremwetterereignisse entstanden, für die der Einfluss des voranschreitenden Klimawandels klar belegt sei. Unter Hitze und Dürre hätten vor allem die Forst- sowie die Landwirtschaft in weiten Teilen Deutschlands gelitten. Diese Wirtschaftszweige mussten allein für die beiden Extremjahre 2018 und 2019 etwa 25,6 Milliarden Euro Kosten durch Schäden verbuchen. Weitere neun Milliarden Euro traten in Industrie und Gewerbe auf, da die Produktivität in der arbeitenden Bevölkerung hitzebedingt sank. Bundesklimaschutzminister Robert Habeck zog aus den Ergebnissen zwei Schlussfolgerungen: "Erstens: Wir müssen die Folgen der Klimakrise weltweit auf einem erträglichen Niveau halten." Das gehe nur mit deutlich mehr Klimaschutz. Zweitens bräuchte es eine verlässliche Klimaanpassungsstrategie, die Bevölkerung, Infrastruktur und Wirtschaft vor Hitze, Hochwasser und starken Wetterschwankungen schütze. Umweltministerin Steffi Lemke kündigte dafür auch eine Nationale Wasserstrategie an.
2finanzen
Bei den verheerenden Überschwemmungen im US-Bundesstaat Kentucky ist die Zahl der Toten auf mindestens 26 Menschen gestiegen. "Und diese Zahl wird weiter steigen", sagte Gouverneur Andy Beshear. Bis alle Opfer gefunden sind, könne es noch Wochen dauern. Nach bisherigem Kenntnisstand sind vier Kinder unter den Todesopfern. Weiter sei unklar, wie viele Menschen überhaupt vermisst würden, da in weiten Teilen des Katastrophengebiets das Handynetz zusammengebrochen sei. Tausende Haushalte seien weiterhin ohne Strom. Vor allem im östlichen Kentucky sowie den Nachbarstaaten Virginia und West Virginia hatte es nach heftigen Regenfällen Sturzfluten und Erdrutsche gegeben. Flüsse traten über die Ufer. Der Kentucky River erreichte nahe Whitesburg einen Pegelstand von über sechs Metern, der bisherige Rekord lag bei 4,50 Metern. "Wenn es eine gute Nachricht gibt, dann die, dass es nicht regnet. Es sieht so aus, als würden wir bis Sonntagnachmittag trocken bleiben", sagte Beshear. Dies vereinfache die Rettung. Beshear hat den Notstand erklärt und die Nationalgarde angefordert, um bei der Rettung zu helfen. US-Präsident Biden hat bereits Hilfen beim Wiederaufbau der zerstörten Gemeinden angekündigt.
0amerika
Es ist der größte Corona-Ausbruch in Macau seit Beginn der Pandemie - jetzt zieht die Stadtverwaltung drastische Konsequenzen: Die rund 600.000 Einwohner von Macau wurden aufgerufen, die Woche über ihre Wohnung nur in Notfällen zu verlassen. Zuwiderhandlungen würden mit bis zu zwei Jahren Gefängnis bestraft, sagte Andre Cheong von der Stadtverwaltung. Casinos sowie alle nicht-lebensnotwendigen Geschäfte bleiben geschlossen. Macau registrierte am Samstag 71 Corona-Neuinfektionen. Damit stieg die Fallzahl seit Beginn der aktuellen Infektionswelle am 18. Juni nach Behördenangaben auf 1374. Wie Festland-China verfolgt Macau eine strikte Null-Covid-Politik mit Lockdown-Maßnahmen und Abriegelungen im Fall von Ausbrüchen. Die Behörden kombinieren die einwöchigen Einschränkungen mit Massen-PCR-Tests.Abgesehen von einer zweiwöchigen Schließung zu Beginn der Pandemie hatten Macaus zahlreiche Casinos es bisher geschafft, trotz der Pandemie geöffnet zu bleiben. Vergangene Woche musste aber das "Grand Lisboa", eines der bekanntesten Casinos, schließen, nachdem 13 Corona-Fälle mit dem Etablissement in Verbindung gebracht worden waren. Mehr als 500 Menschen, die sich in dem Casino aufhielten, wurden dort festgehalten. Macau ist die einzige chinesische Stadt, in der Glücksspiel in Casinos erlaubt ist. Die dortige Glücksspielbranche ist die größte der Welt und übertrifft sogar die von Las Vegas. Sie macht mehr als die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts von Macau aus. Fast ein Fünftel der Bevölkerung arbeitet in der Branche. Die Stadtverwaltung stellte am Samstag klar, dass Arbeitgeber während Corona-bedingter Schließungen nicht verpflichtet sind, ihre Mitarbeiter weiter zu bezahlen.
1asien
Der vor fünf Wochen von seinem Amt suspendierte thailändische Ministerpräsident Prayut Chan-o-cha darf weiter Regierungschef bleiben. Dies entschied das Verfassungsgericht des südostasiatischen Landes. Das Urteil war mit Spannung erwartet worden. Aktivistengruppen kündigten Demonstrationen als Reaktion auf das Urteil an, rund um das Gebäude sind Hunderte Polizisten im Einsatz. Prayut war Ende August suspendiert worden, nachdem das Gericht einem Antrag der Opposition stattgegeben hatte. Diese argumentierte, der seit 2014 regierende Prayut habe das Ende seiner Amtszeit bereits erreicht. Diese ist laut Verfassung auf acht Jahre begrenzt. Der damalige Armeechef hatte im August 2014 nach einem Militärputsch den Chefposten übernommen. Das neunköpfige Gremium des Gerichts entschied nun aber, dass Prayuts Amtszeit erst seit Inkrafttreten der neuen Verfassung im April 2017 gezählt wird. Seit August hatte Vize-Premier Prawit Wongsuwan vorübergehend die Amtsgeschäfte geführt. Die nächste Parlamentswahl ist für den 7. Mai 2023 angesetzt. Sollte Prayut wiedergewählt werden, würde seine Amtszeit aber dem Urteil zufolge nach zwei Jahren enden.
1asien
Der Bundespreis "Blauer Kompass" geht in diesem Jahr erstmals an mehrere Initiativen zur Klimaanpassung in den Kommunen. Wie Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt (UBA) mitteilten, haben insgesamt fünf Projekte aus Brandenburg, Hamburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen die mit 25.000 Euro dotierte Auszeichnung erhalten. 240 Projekte und Initiativen hatten sich beworben.Gewonnen haben das Projekt Hochwasserallianz Bocholter Aa im Kreis Borken, der Landwirtschaftsbetrieb Hof Tolle bei Kassel, die Handwerkerunterstützungsinitiative EnergieBauZentrum in Hamburg und der Verein Miya in Brandenburg, der kleine Grünflächen für Bildungsangebote zur Klimaanpassung nutzt. Zusätzlich ging ein Publikumspreis an den Verein Freundeskreis Technisches Denkmal Brikettfabrik Louise e. V. in Brandenburg, der Anpassungsprojekte im ländlichen Raum entwickelt.Bundesumweltministerin Steffi Lemke zeigte sich in einem Interview bei tagesschau24 sehr erfreut über die große Resonanz in der Zivilgesellschaft beim Klimaschutz. Es seien viele Projekte zum Schutz des Wassers und auch zur Kühlung von Städten eingereicht worden. Der Schutz vor der Klimakrise bewege die Menschen nach diesem Sommer besonders.Der entscheidende Punkt sei es, so Lemke, "dass wir in die Fläche und in die Praxis kommen, dass wir viele mitnehmen und an vielen Stellen - beim Bauen, bei der Mobilität und bei der Landwirtschaft mitdenken, dass die Klimakrise da ist". Jetzt gehe es darum, "die Erneuerbaren Energien auszubauen, das CO2 runterzubringen und Vorsorge zu betreiben". Anpassungsmaßnahmen sollen besonders in sozialen Einrichtungen und in Krankenhäusern gefördert werden, wo ältere Menschen und Kinder besonders anfällig seien für die Folgen der Klimakrise.In den kommenden vier Jahren sollen vier Milliarden Euro für den natürlichen Klimaschutz zur Verfügung gestellt werden, sagte Lemke weiter. Mit dem Geld soll Vorsorge betrieben werden, Flächen renaturiert sowie Moore geschützt werden und Auen mehr Platz verschafft werden.
3innenpolitik
Die Durchsuchung des Hauses eines Ex-Präsidenten durch das FBI gilt als beispiellos - genauso wie die Veröffentlichung eines Ermittlungsdokuments inmitten des andauernden Verfahrens. Im Fall von Donald Trump ist offenbar vieles anders als üblich, denn üblicherweise bewahrt ein ehemaliger US-Präsident keine streng geheimen Regierungspapiere nach seiner Amtszeit in seiner Privatvilla auf. Die Razzia im Anwesen in Mar-a-Lago hatte weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Trump sieht darin einen Versuch, seine erneute Bewerbung für die Präsidentschaftswahl zu torpedieren.Das Justizministerium in Washington machte nun auf richterliche Anordnung das Dokument publik, auf dessen Grundlage die Durchsuchung in Privatanwesen Mar-a-Lago in Palm Beach genehmigt wurde. Die mehr als 30 Seiten sind allerdings etwa zur Hälfte geschwärzt, um sensible Informationen zu schützen. Das Dokument gibt auch Auskunft über den Anfangsverdacht der Bundespolizei FBI gegen Trump. Demnach enthielten 14 von 15 Kisten mit Papieren, die der 76-Jährige Anfang des Jahres aus Mar-a-Lago ans Nationalarchiv übermittelt hatte, vertrauliche und teils streng geheime Unterlagen. 184 Dokumente seien als solche eingestuft gewesen: 67 als vertraulich, 92 als geheim und 25 als streng geheim. Auf einigen habe es handschriftliche Notizen gegeben - wohl von Trump selbst. Das FBI beklagte, dass sich geheime Unterlagen zusammen mit anderen Papieren gefunden hätten. Nachforschungen hätten ergeben, dass eingestufte Dokumente, die offenbar auch Informationen mit Bezug zur nationalen Verteidigung enthielten, an einem nicht autorisierten Ort in Trumps Anwesen aufbewahrt worden seien, hieß es weiter. Das FBI argumentierte, es bestehe Grund für die Annahme, dass sich dort weitere eingestufte Dokumente befänden. "Es besteht auch Grund zu der Annahme, dass Beweise für eine Behinderung auf dem Gelände gefunden werden." Ob damit eine Behinderung der Ermittlungen oder der üblichen Regierungsabläufe zu Dokumenten gemeint ist, war zunächst unklar. Ein Richter in Florida hatte die Teil-Veröffentlichung des Papiers angeordnet - angesichts des großen öffentlichen Interesses. Mehrere Medien hatten die Offenlegung vor Gericht beantragt. Die Bundespolizei FBI hatte am 8. August Mar-a-Lago durchsucht. Hintergrund ist der Umgang des Republikaners mit Dokumenten aus seiner Amtszeit als Präsident. Da Trump die Unterlagen in seinem privaten Anwesen aufbewahrte, könnte er gegen das Gesetz verstoßen haben. Dies wird nun untersucht. Trump reagierte nun mit Empörung auf die Veröffentlichung von Details zu den Ermittlungen gegen ihn. In dem von ihm mitgegründeten Online-Dienst Truth Social schrieb Trump wieder von einer "Hexenjagd" gegen ihn. Der US-Bundespolizei FBI und dem Justizministerium warf er eine "totale PR-Täuschung" vor. Der zuständige Richter hätte aus seiner Sicht den "Einbruch in sein Haus" niemals erlauben dürfen. Schon kurz nach der Durchsuchung hatte er das Vorgehen der Behörden als politisch motiviert kritisiert. Es gehe den Beteiligten nur darum, ihn von einer erneuten Präsidentschaftsbewerbung abzuhalten, so Trump. Dieser wehrt sich nun mit einer Klage. Aber auch zahlreiche Republikaner hatten sich auf Trumps Seite gestellt und die Razzia scharf kritisiert. Sie warfen dem FBI Machtmissbrauch vor, das Justizministerium sei zu weit gegangen. Gleichzeitig forderten sie Aufklärung. Die Veröffentlichung der Ermittlungsdokumente ändert daran wohl nicht viel. Der republikanische Kongressabgeordnete Dan Bishop schrieb auf Twitter: "So viel zu Transparenz" und zeigte ein Foto von zwei fast komplett geschwärzten Seiten. So ungewöhnlich der Einsatz, so ungewöhnlich ist auch die Veröffentlichung wesentlicher Verfahrensdokumente - wenn auch wie nun in weiten Teilen geschwärzt. Insbesondere die jetzt veröffentlichte inhaltliche Begründung für den Durchsuchungsbefehl ist normalerweise nichts, was während laufender Ermittlungen nach außen dringt. Angesichts des großen Drucks hatte Justizminister Merrick Garland zuvor bereits die Veröffentlichung des Durchsuchungsbefehls und des Belegs über die beschlagnahmten Gegenstände angestoßen. Demnach wurden die Agenten bei Trump tatsächlich fündig: Sie beschlagnahmten unter anderem einen Satz Dokumente der Geheimhaltungsstufe "Top Secret/SCI", die streng geheim sind und nur in besonderen Regierungseinrichtungen eingesehen werden dürfen. Vier Dokumenten-Sätze waren als "Top Secret" ("streng geheim") eingestuft, drei weitere als "geheim", die verbliebenen drei als "vertraulich".Trump weist die Vorwürfe von sich: Er behauptet, die Dokumente seien freigegeben und die Geheimhaltung aufgehoben gewesen. Doch so einfach ist es nicht. Amtierende Präsidenten haben zwar weitreichende Befugnisse, Informationen freizugeben und die Geheimhaltung aufzuheben. Dafür gibt es aber ein formelles Verfahren, mitunter sind weitere Zustimmungen nötig. Außerdem spielt nicht zwangsläufig eine Rolle, ob die Dokumente freigegeben waren, da auch schon die ungenehmigte Aufbewahrung von Dokumenten mit Bezug zur nationalen Verteidigung strafbar sein kann. Das ist auch in dem nun veröffentlichten Dokument klargestellt - in einer Fußnote. Trump reichte nach der Veröffentlichung einen "ergänzenden" Antrag vor Gericht ein. Darin fordert er das Gericht auf, die Regierung an der Überprüfung der in Mar-a-Lago beschlagnahmten Dokumente zu hindern, bis eine dritte Partei, ein sogenannter Special Master, ernannt werden kann. Dieser soll die Untersuchung der Dokumente unabhängig überwachen. Trump hatte bereits am Montag einen ähnlichen Antrag gestellt. Trumps Anwälte erklärten, ihrem Antrag solle stattgegeben werden, da die veröffentlichte Erklärung zu stark eingeschwärzt worden sei. Sie enthalte "fast keine Informationen, die es (Trump) ermöglichen würden, zu verstehen, warum die Razzia stattfand oder was aus seinem Haus mitgenommen wurde".US-Präsident Joe Biden sagte auf die Frage eines Reporters zu seinem eigenen Umgang mit Geheimpapieren: "Ich habe bei mir zu Hause einen abgetrennten Raum, der vollkommen sicher ist. Ich nehme heute den heutigen PDB ("President's Daily Brief", zu Deutsch: Tagesbericht für den Präsidenten) mit nach Hause. Der ist verschlossen, eine Person ist bei mir, das Militär, und ich lese ihn. Dann schließe ich ihn wieder ein und gebe ihn zurück."
0amerika
Angesichts der Befürchtungen vor einer nuklearen Katastrophe im ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja wird sich der UN-Sicherheitsrat heute zu einer Krisensitzung treffen. Die Sitzung auf Antrag Russlands wird um 15.00 Uhr Ortszeit (21.00 Uhr MESZ) in New York stattfinden, wie am Mittwoch aus diplomatischen Kreisen verlautete. Seit Tagen wird aus der Gegend um das von Russland besetzte AKW heftiger Beschuss gemeldet. Russland und die Ukraine machen sich gegenseitig für die Angriffe verantwortlich. Russland ist neben China, Frankreich, Großbritannien und den USA ständiges Mitglied im Sicherheitsrat und besitzt dort Vetorecht. Den Vorsitz über das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen hat derzeit China inne. Bei der Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates wird der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, die 15 Mitgliedstaaten über die Lage an dem Atomkraftwerk informieren und sich dabei zu Fragen der atomaren Sicherheit äußern. Er will nach Angaben der IAEA auch auf Bemühungen eingehen, "so bald wie möglich" eine Expertenmission zu dem Atomkraftwerk zu schicken. Die im Süden der Ukraine gelegene Anlage ist das größte Atomkraftwerk Europas und verfügt über sechs der insgesamt 15 ukrainischen Atomreaktoren. Sie ist seit Anfang März von der russischen Armee besetzt. Zuletzt wurden am Dienstagabend bei Bombenangriffen in der Umgebung des AKW nach ukrainischen Angaben mindestens 14 Menschen getötet. Die G7-Staaten hatten Russland am Mittwoch nachdrücklich aufgefordert, seine Armee vom Gelände des Kernkraftwerkes zurückzuziehen. "Es ist Russlands fortdauernde Herrschaft über das Kernkraftwerk, welche die Region gefährdet", erklärten die Außenminister der G7-Staaten in einer gemeinsamen Mitteilung. Am Wochenende hatte sich die Internationale Atomenergiebehörde "alarmiert" über die Lage vor Ort gezeigt und vor einer "sehr realen Gefahr einer nuklearen Katastrophe" gewarnt.
0amerika
Nach Uniper benötigt nun auch der ostdeutsche Gashändler VNG wegen der rasant gestiegenen Energiepreise Hilfe vom Staat. "Um weiteren Schaden von VNG abzuwenden und die Handlungsfähigkeit des VNG-Konzerns insgesamt zu sichern", sehe sich das Unternehmen zu einem entsprechenden Antrag veranlasst, teilte der Versorger heute mit. Die Tochter des Energiekonzerns EnBW gehört zu den größten deutschen Gasimporteuren.Das angeschlagene Unternehmen hat beim Bundeswirtschaftsministerium sogenannte Stabilisierungsmaßnahmen beantragt. "Die Maßnahmen zielen darauf ab, das derzeitige Auflaufen erheblicher Verluste aus der Ersatzbeschaffung von Erdgas aufzufangen und eine Fortführung der Geschäftstätigkeit zu ermöglichen", so der Karlsruher Mutterkonzern EnBW, der eine Mehrheitsbeteiligung hält. Das Wirtschaftsministerium bestätigte gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio, dass der Antrag auf Stabilisierungsmaßnahmen nach Energiesicherungsgesetz am Vormittag eingegangen sei. Der Antrag werde nun umfassend geprüft, hieß es. Viele Fragen blieben zunächst unklar - etwa, um welche Summen es geht und ob der Bund möglicherweise eine Beteiligung erwägt. Es gebe verschiedene Möglichkeiten, sagte ein Ministeriumssprecher. Welches Instrument gewählt werde, sei offen. Die Leipziger Verbundnetzgas AG (VNG) ist nach Uniper und der ehemaligen Gazprom-Tochter Gazprom Germania, die derzeit unter Treuhänderschaft der Bundesnetzagentur steht und in SEFE umbenannt wurde, der drittgrößte Gasimporteur in Deutschland. 2021 stand der Konzern für rund ein Fünftel des deutschen Gasbedarfs. Das Unternehmen mit Sitz in Leipzig beschäftigt nach eigenen Angaben etwa 1500 Mitarbeiter. Im Geschäftsjahr 2021 erzielte VNG einen abgerechneten Umsatz in Höhe von rund 18,5 Milliarden Euro.Der Mutterkonzern EnBW bezeichnet das Unternehmen als systemrelevant für die Versorgungssicherheit in Deutschland, es spiele gerade in Sachsen und Ostdeutschland eine bedeutende Rolle. Die VNG-Gruppe versorgt demnach rund 400 Stadtwerke und Industriebetriebe mit Gas. Zum Vergleich: Der kriselnde Uniper-Konzern, für den der Bund im Juli ein milliardenschweres Rettungspaket geschnürt hatte, kommt Schätzungen zufolge auf etwa 1000 Kunden.Gasimporteure müssen wegen des Stopps der russischen Lieferungen Erdgas am Markt zu horrenden Preisen kaufen, um ihre Verpflichtungen gegenüber Kunden zu erfüllen. Die Lage habe sich seit August nochmals deutlich verschärft, so das Unternehmen. Russland hat inzwischen die Lieferung von Gas durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 komplett gestoppt. Bei VNG geht es nach eigenen Angaben um zwei Verträge, die von russischen Lieferausfällen betroffen sind. Es bestehe ein Direktvertrag über circa 35 Terrawattstunden (ThW) Gasbezug pro Jahr mit Gazprom Export, der aktuell nicht mehr bedient werde, hieß es in der Mitteilung. Auch der größere Vertrag "mit einem inländischen Vorlieferanten", der einen Gasbezug von rund 65 TWh im Jahr umfasse, werde seit Mitte Mai nicht mehr durchgängig erfüllt. Die Kosten der Ersatzbeschaffung habe VNG im August bei historisch hohen Gaspreisen anders als zuvor erwartet zu erheblichen Teilen tragen müssen, hieß es. Den Verlust für dieses Jahr bezifferte das Unternehmen auf ungefähr eine Milliarde Euro. Dieser werde auch nicht durch die ab Oktober greifende Gasumlage aufgefangen.
5unternehmen
Der 34 Jahre alte Stürmer von Champions-League-Sieger Real Madrid setzte sich bei der Wahl der Europäischen Fußball-Union gegen seinen Teamkollegen Thibaut Courtois (Belgien) sowie dessen Landsmann Kevin De Bruyne von Manchester City durch.Beste Fußballerin des Kontinents ist Weltfußballerin Alexia Putellas (FC Barcelona), die vor der deutschen Nationalspielerin Lena Oberdorf (VfL Wolfsburg) und Englands Europameisterin Beth Mead (FC Arsenal) landete. Bei den Trainern gewann Real-Coach Carlo Ancelotti (Italien), der sich gegen Jürgen Klopp (FC Liverpool) und Pep Guardiola (Spanien/Manchester City) durchsetzte. Bei den Trainerinnen hatte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg das Nachsehen gegen Gewinnerin Sarina Wiegman (Niederlande), die mit England bei der EM im Finale gegen Deutschland triumphiert hatte. Nominiert war auch Sonia Bompastor (Frankreich/Olympique Lyon). Quelle: sportschau.de
4sportschau
Ein weiteres Entlastungspaket soll kommen - darin sind sich die Parteien einig. Unklar ist aber bisher, was es enthalten soll und wie bald es geschnürt wird. Es werde im Winter ein drittes Entlastungspaket geben, bekräftigte auch Finanzminister Christian Lindner im Interview mit den tagesthemen. Zur Frage eines möglichen Zeitpunktes sagte er: "Der Bundestag wird jetzt Anfang September über den Haushalt 2023 beraten, dann beginnt ja auch die Sitzungsperiode wieder. Zu dem Zeitpunkt rechne ich mit Klarheit über das Entlastungspaket."Was ein drittes Entlastungspaket enthalten soll, dazu haben die Parteien verschiedene Vorschläge vorgelegt. Es müsse Hilfen enthalten für Menschen, die besondere Unterstützung benötigten, sagte Lindner. Die FDP wolle dafür eine große Wohngeldreform und eine Reform von Hartz IV in Richtung Bürgergeld. Er wolle zudem automatische Steuererhöhungen für die arbeitende Mitte ausschließen, um die kalte Progression zu bekämpfen. "Und für ein nächstes Entlastungspaket müssen wir auch zusätzlich Rentnerinnen und Rentner und Studierende in den Blick nehmen", so Lindner. "Jetzt für den Winter wird es neue Schritte brauchen."Zur Kritik an der Gasumlage und an Wirtschaftsminister Robert Habeck - auch aus der FDP - sagte Lindner, Habeck habe Veränderungen ankündigt, und das sei auch richtig so. "Wenn es Fehlentwicklungen gibt, wenn Dinge nicht vorhersehbar waren, dann ist es notwendig zu korrigieren, und das wird hier passieren."In Meseberg habe man auch über die Strompreisentwicklung gesprochen, so Lindner. "Hier müssen wir eingreifen, damit die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht massiv belastet werden." Man müsse auch in den Blick nehmen, welche Rolle Kapazitäten von Kernkraftwerken spielen könnten. "Wir sind da sehr offen - ich spreche jetzt für die FDP", sagte er. Er sei sich bewusst, dass andere Bedenken hätten. Er könne nicht für die Bundesregierung sagen, ob die AKW-Laufzeiten verlängert würden. "Für mich spricht da sehr viel dafür." Erst müsse aber das Ergebnis des Stresstests abgewartet werden, dann werde die Bundesregierung entscheiden.
3innenpolitik
Bei Protesten gegen eine Verfassungsänderung sind in Usbekistan offenbar Menschen verletzt oder sogar getötet worden. "Es gab Angriffe auf staatliche Gebäude und überwachte Objekte. Leider gibt es Opfer unter der Zivilbevölkerung und unter den Beamten der Sicherheitsorgane", sagte der Präsident des zentralasiatischen Landes, Schawkat Mirsijojew. Eine genaue Zahl wurde nicht genannt. Randalierer hätten "zerstörerische Aktionen" durchgeführt, Steine geworfen, Feuer gelegt und die Polizei angegriffen.Die Unruhen ereigneten sich in der autonomen Republik Karakalpakstan. Bereits am Freitag hatte es dort Proteste gegeben, weil in der neuen usbekischen Verfassung die Souveränität der autonomen Republik nicht mehr explizit erwähnt wird. Karakalpakstan wäre dann nur noch eine gewöhnliche usbekische Provinz.Gestern wurde ein vierwöchiger Ausnahmezustand verhängt. Zudem reiste Präsident Mirsijojew nach Karakalpakstan und kündigte an, auf die Verfassungsänderung zu verzichten. Unklar ist, ob er auch auf den neuen Passus verzichten will, die ihm den Verbleib im Amt sichern soll.In Karakalpakstan im Westen Usbekistans leben zwar nur etwa zwei Millionen der insgesamt etwa 35 Millionen Einwohner des Landes. Allerdings nimmt die Republik fast 40 Prozent der Landesfläche ein. Die Republik hat ein eigenes Parlament. Karakalpakisch ist neben dem Usbekischen als Amtssprache anerkannt. Ansonsten sind die Autonomierechte aber begrenzt.Die Demonstrationen sind - soweit bekannt - die größten Proteste gegen Mirsijojew seit seinem Amtsantritt 2016. Unangemeldete Demonstrationen sind im autoritär regierten Usbekistan illegal und finden nur sehr selten statt.  Der Binnenstaat Usbekistan ist ein streng kontrollierter zentralasiatischer Staat, in dem die Regierung hart gegen jede Form von Kritik vorgeht. Menschenrechtsorganisationen prangern unter anderem Polizeigewalt an. "Es gibt unbestätigte Berichte über exzessive Gewaltanwendung durch Sicherheitskräfte während der Proteste in Nukus am 1. Juli", schrieb der Direktor für Europa und Zentralasien bei Human Rights Watch, Hugh Williamson, via Twitter. Er forderte eine Untersuchung der Vorgänge.
1asien
Der in den vergangenen Tagen flüchtige zweite Verdächtige, der die tödlichen Messerattacken in der kanadischen Provinz Saskatchewan mitbegangen haben soll, ist tot. Die Polizei teilte mit, der Beschuldigte wurde kurz nach seiner Festnahme in ein Krankenhaus eingeliefert. Dort sei er für tot erklärt worden. Medien hatten berichtet, der Verdächtige soll sich selbst Verletzungen zugefügt haben.Die Umstände des Todes sollten nun mithilfe einer Autopsie untersucht werden, hieß es von der Polizei weiter. Der Mann war zuvor in Saskatchewan nahe der Stadt Rosthern festgenommen worden. Die Polizei hatte sein mutmaßlich gestohlenes Auto von der Straße abgedrängt. Nach dem Beschuldigten war in drei Bundesstaaten gefahndet worden.Die Polizei geht davon aus, dass der Verdächtige am Sonntag gemeinsam mit seinem älteren Bruder im Indigenen-Reservat James Smith Cree First Nation und im Dorf Weldon an insgesamt 13 Tatorten die Messerangriffe verübt hat. Zehn Menschen wurden getötet und 18 verletzt. Bei den meisten Opfern handelte es sich um Mitglieder der indigenen Bevölkerung. Laut der Vize-Polizeichefin von Saskatchewan, Rhonda Blackmore, wurden einige von ihnen offenbar gezielt attackiert, andere seien wohl wahllos angegriffen worden.Am Montag fanden Polizisten die Leiche des älteren Bruders im Reservat James Smith Cree Nation - nahe eines Hauses, in dem Beamte ermittelten. Der Leichnam wies Polizeiangaben zufolge Verletzungen auf, die sich der Bruder vermutlich nicht selbst zugefügt haben kann. Das Motiv für die Messerangriffe ist nach wie vor unklar. Schon kurz nach der Tat war bekannt geworden, dass der nun ebenfalls gestorbene Bruder ein längeres Vorstrafenregister aufweist. Wie die Nachrichtenagentur AP berichtet, war er erst im Februar auf Bewährung aus dem Gefängnis freigekommen, nachdem er zuvor wegen Körperverletzung, Raubüberfalls und anderer Vergehen zu mehr als vier Jahren Haft verurteilt worden sei. Zudem gehe aus Gerichtsakten hervor, dass der Verdächtige schon vor sieben Jahren eines der Opfer niederstach, das am vergangenen Wochenende bei den Messerattacken getötet wurde.
0amerika
"Ich bin ein schwarzer Teufel, mein IQ ist tief" skandiert eine Gruppe afrikanischer Kleinkinder auf Chinesisch in die Kamera. Es ist eines der besonders herabwürdigenden Videos, die in China gerade Teil einer ganzen Industrie sind: Über chinesische Online-Plattformen können solche Videos mit individueller Grußbotschaft in Auftrag gegeben werden.Geliefert wird innerhalb von 24 Stunden, verspricht der Anbieter. Alle Vorlagen entsprechen dem Klischee des primitiven Afrikaners. Auf der Preisliste heißt es: Tanzende Kinder im Bild kosten umgerechnet etwa 13 Euro, halbnackte Männer mit Gewehren 20 Euro. Die Videos wurden ein Trend während des Lockdowns in Shanghai.Olufemi kennt diese Videos, sie haben ihn nicht überrascht. Als 17-jähriger Junge kam Olufemi aus Nigeria fürs Studium nach Shanghai. Jetzt lebt er schon 13 Jahre in China und spricht perfekt Mandarin. Eigentlich ist China sein Zuhause. Aber wegen seiner Hautfarbe wird er oft ausgeschlossen. "Ich werde immer daran erinnert, dass ich schwarz bin, dass ich Afrikaner bin - und mir wird vermittelt, dass ich anders bin als alle anderen," erzählt er. Selbst in Chinas Metropolen werde ihm häufig "Schwarzer" hinterhergerufen oder mit dem Finger auf ihn gezeigt. Freundlich sei das selten gemeint, findet Olufemi. Dunkle Haut sei schlechter, wird ihm widergespiegelt. Am deutlichsten merkte er das bei der Arbeitssuche. "Ich habe festgestellt, dass sie dir ganz direkt sagen: 'Tut mir Leid, wir suchen weiße Leute'.Offiziell heißt es von der Regierung, es gebe Null Toleranz gegenüber Rassismus. Aber Aufklärung und eine offene Diskussion über Ausgrenzung gibt es quasi nicht. Olufemi vermeidet es, Chinesen Rassismus vorzuwerfen. Lieber spricht er von Ignoranz. Es fehle die Sensibilität, meint er. "Sie versuchen nicht zu überlegen: Wie fühlt sich das für die andere Person an? Oder vielleicht stimmt etwas nicht mit mir, wenn ich jemandem lauthals 'ein Schwarzer!' hinterherrufe..."Im Jahr 2016 störte sich wochenlang niemand an einer Waschpulver-Werbung im chinesischen Fernsehen. In dem Spot schiebt eine asiatische Frau einem schwarzen Arbeiter eine Waschmittelkapsel in den Mund und stößt ihn kurzerhand kopfüber in eine Waschmaschine. Nach einem kurzen Waschgang wird die Maschine geöffnet und ein blasser asiatischer Mann kommt mit einem Augenzwinkern heraus, sehr zur Freude der Frau. Auf Anfrage von ausländischen Medien gab der Waschmittelhersteller an, das Problem nicht erkannt zu haben. Ein Jahr später schockiert eine Foto-Ausstellung im chinesischen Wuhan einen ausländischen Besucher. Die Ausstellung mit dem Titel "Das Gesicht spiegelt den Geist wider" vergleicht Gesichter von Schwarzen mit Tieren. Ein Foto eines älteren Mannes etwa ist neben dem eines Affen zu sehen. Ein Kind mit offenem Mund ist neben einem Gorilla mit aufgerissenem Maul abgebildet. Erst nach Hinweisen einiger afrikanischer Botschaften entfernte das Museum die Bilder. Während der Corona-Pandemie verstärkte sich noch der Rassismus. Für Aufsehen sorgte der Fall in der Millionenstadt Guangzhou, wo traditionell viele Afrikaner leben. Eine Handvoll Nigerianer waren im Frühjahr 2020 positiv auf Covid-19 getestet worden. Daraufhin stellten die Behörden von Guangzhou alle Schwarzen in der Stadt unter Quarantäne und testeten sie. Viele wurden aus ihren Häusern und Hotels vertrieben und gezwungen, auf der Straße zu leben. Die USA gaben eine Reisewarnung an Schwarze raus. Innerhalb Chinas schürte das Vorgehen der Behörden das Vorurteil, Afrikaner seien Überträger des Virus. Chinas Außenministerium verkündete wieder, sie hätten eine Null-Toleranz-Politik gegebenüber Rassismus. Wie wenig die umgesetzt wird, erfuhr Jacobie Kinsey. Er wohnt in Shanghai, war dort auch während des Lockdowns. 25 Millionen Menschen konnten ihre Wohnanlagen nicht verlassen; besonders zu Beginn drohte die Stimmung teilweise zu kippen. "Die meisten Leute hatten nur Essen für eine Woche in der Wohnung. Allen Leuten gingen in dieser Zeit also die Lebensmittel aus", erzählt er. In einem Gruppenchat tauschen sich die Anwohner seines Hochhauses aus, wie sie an Essen kommen können. "Und da sagte der eine Nachbar: Vielleicht könnten wir den Schwarzen im siebten Stock essen", erinnert sich Kinsey. Er ist immer noch irritiert, wenn er daran zurückdenkt. In seiner ganzen Wohnanlage war er der einzige Schwarze und die Atmosphäre war wegen des Lockdowns angespannt. "Ich dachte: Der Kerl könnte einen Scherz machen, aber es könnte auch eine ernste Sache sein". "Don’t eat me" - "Iss mich nicht auf", antwortet Kinsey seinem Nachbarn im Gruppenchat. Seine Freunde verbreiten den Chatverlauf. Unter Ausländern in China ist der Spruch zu einem zynischen Witz geworden. Was viele Afrikaner wundert: wenn Chinesen die Opfer vermeintlichen Rassismus sind, reagieren sie sehr erzürnt. Großen Aufruhr gab es beispielsweise, als vergangenes Jahr westliche Firmen chinesische Models mit ausgeprägt schmalen Augen zeigten. Der Fotografin der französischen Luxusmarke Dior wurde Herabsetzung von Chinesen vorgeworfen, sie musste sich öffentlich entschuldigen. Der deutsche Autobauer Mercedes zog seine Werbung wegen der Rassismusvorwürfe zurück. "Es wäre schön, wenn die Chinesen das gleiche Bewusstsein hätten, wenn sie Afrikaner darstellen," meint Olufemi. Aber ohne Problembewusstsein und ohne offene Diskussion scheint das in China nur schwer erreichbar. Zumal die derzeitige Staats-Führung eher den Ethno-Nationalismus hochhält. Diese und weitere Reportagen sehen Sie im Weltspiegel - um 18.30 Uhr im Ersten.
1asien
Die Behörden in Pakistan haben wegen der Gefahr weiterer Überschwemmungen die Evakuierung Tausender Menschen angeordnet. Anfangs hätten sich einige Menschen geweigert, ihre Häuser zu verlassen, sagte Bilal Faisi vom Rettungsdienst Rescue 1122 der Nachrichtenagentur AFP. Als der Wasserstand gestiegen sei, hätten sie jedoch eingewilligt. Im südwestlichen Belutschistan sagte Asadullah Nasir, ein Sprecher der örtlichen Katastrophenschutzbehörde, dass alle 34 Distrikte der verarmten Provinz aufgrund der starken Regenfälle und der anschließenden Überschwemmungen schwer betroffen seien. Er sagte, Straßennetze seien zerstört und Brücken weggespült worden. Hilfe sei nur mit Hubschraubern möglich, die wegen des schlechten Wetters oft nicht einsatzfähig seien.Seit Jahresbeginn sind in Pakistan bereits fast 1000 Menschen durch die Monsunregen und ihre Folgen gestorben. "Das Haus, das wir in jahrelanger harter Arbeit gebaut haben, begann vor unseren Augen zu versinken", sagte der 23-jährige Dschunaid Chan, der zwei Fischfarmen in Charsadda in der nördlichen Provinz Khyber Pakhtunkhwa besitzt. In der Region traten viele Flüsse über die Ufer und zerstörten zahlreiche Gebäude.Der Monsunregen sollte diese Woche anhalten, hauptsächlich im Süden und Südwesten.Den pakistanischen Behörden zufolge sind von den diesjährigen Überschwemmungen mehr als 33 Millionen Menschen - und damit jeder siebte Pakistaner - betroffen. Fast eine Millionen Häuser wurden zerstört oder schwer beschädigt. Pakistans Regierung rief wegen der Katastrophe den Notstand aus.Starke Regenfälle und nachfolgende Sturzfluten haben Brücken und Straßennetze in ganz Pakistan beschädigt. Die Versorgung der Märkte mit Obst und Gemüse ist unterbrochen - in der Folge stiegen die Preise. Das Trinkwasser ist verschmutzt. Nahrung wird knapp und auch der Strom ist vielerorts ausgefallen.Das pakistanische Militär unterstützt die Flutopfer in den betroffenen Regionen. Doch wegen der überschwemmten Straßen ist schnelle Hilfe schwierig. Gestern hatte Premierminister Shehbaz Sharif bei einem Treffen mit ausländischen Botschaftern um internationale Unterstützung gebeten.Die Monsunzeit in Pakistan dauert gewöhnlich von Juni bis September. Für die Landwirtschaft und die Wasservorräte spielt der Monsun eine wichtige Rolle, doch immer wieder sorgt er auch für verheerende Überschwemmungen. Nach Behördenangaben ist das Ausmaß der diesjährigen Überschwemmungen vergleichbar mit jenen im Jahr 2010. Damals war rund ein Fünftel des Landes überflutet worden. Mehr als 2000 Menschen kamen ums Leben, etwa 20 Millionen wurden obdachlos. Mit Informationen von Charlotte Horn, ARD-Studio Neu Delhi
1asien
Die CDU würde fast alles besser machen als die amtierende Ampelregierung. Das von sich selbst zu behaupten, gehört quasi zur Jobbeschreibung einer Oppositionspartei. Der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz widmete sich auf dem Parteitag ausführlich und überaus selbstbewusst dem aktuellen Krisenmanagement von SPD, Grünen und FDP: "Gerade in einer solchen Zeit, in der Führung, klarer Kurs und Handeln gefordert ist, leistet sich unser Land eine der wohl schwächsten Bundesregierungen aller Zeiten." Um später zu betonen: "Wir bieten der Bundesregierung in diesen schweren Wochen und Monaten eine Zusammenarbeit an. Ausdrücklich."Die CDU hat ein Energieentlastungspaket beschlossen, das weitreichender ist als das der Regierung. Gefordert werden etwa längere AKW-Laufzeiten und eine 1000-Euro-Energiepauschale für Menschen mit geringem Einkommen. Der Anspruch, den die CDU an sich selbst stellt, ist nicht neu: Als Volkspartei die Breite der Gesellschaft anzusprechen. Der stellvertretende Parteivorsitzende Carsten Linnemann, der gemeinsam mit anderen am neuen Grundsatzprogramm schreibt, wünscht sich ein klares Profil: "Ziel sollte es eigentlich sein, dass jedes CDU-Mitglied nachts um drei Uhr geweckt wird und jeder sofort sagt: Erstens, zweitens, drittens, dafür steht die CDU.“Erstens, zweitens, drittens - da besinnt sich die CDU erstmal auf ihre Wurzeln: Christlich-sozial, liberal, konservativ. So steht es in der neuen Grundwertecharta der Partei. Ihr Erneuerungspotential allerdings hat die CDU längst noch nicht ausgeschöpft. Die beschlossene Frauenquote etwa war nur ein Mini-Schritt - und kein Selbstläufer. Fast verzweifelt rief einer der wenigen männlichen Redner der Debatte, Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther, nach Mut zur Modernität: "Was für ein Armutszeugnis, wenn wir es uns nicht zutrauen, die Führungspositionen in der CDU hälftig mit Frauen zu besetzen". In Parteivorständen ab der Kreisebene soll bis 2025 schrittweise die Frauenquote auf bis zu 50 Prozent erhöht werden. Da ist die CDU schon ein bisschen weiter als ihre Schwesterpartei CSU. Apropos: Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Markus Söder sprach ein Grußwort - und beschwor das gegenseitige Unterhaken: "Ich weiß, 2021 war nicht unser bestes Jahr. Es sind viele Fehler gemacht worden, von allen, natürlich auch von mir. Aber wir haben daraus gelernt.“Söder lobte die CDU für ihre Entschlossenheit - und immerhin: Die 1001 Parteitagsdelegierten diskutierten teils leidenschaftlich. Über ein Gesellschaftsjahr für junge Menschen etwa, das die CDU fordert und das verpflichtend sein soll. Oder über den Unterschied zwischen Gleichstellung und Gleichberechtigung. Auch die Frage des Genderns kam zur Sprache. Friedrich Merz wandte sich dabei an Universitäten und den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk: "Universitäten, meine Damen und Herren, und Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk sind keine Volkserziehungsanstalten, sondern sie haben einen staatlichen Bildungsauftrag. Und der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk hat einen staatlich bestimmten Informationsauftrag. Dann kann man erwarten, dass sie sich an die allgemein anerkannten Regeln in der Nutzung der deutschen Sprache, der Sprache von Goethe und Schiller, von Kant und Hegel, einfach an diese Regeln halten."Im Saal wurde diese Äußerung mit viel Applaus quittiert, in den Sozialen Medien weniger. Vom Parteitag in Hannover bleibt, dass die CDU mal wieder in Präsenz und nicht digital über sich selbst gesprochen hat. Aus Sicht vieler Delegierter vor Ort war es ein Signal des Aufbruchs.Der Modernisierungsprozess der Partei hat begonnen, aber er wird dauern. Erstmal folgt am 9. Oktober die Landtagswahl in Niedersachsen. Da wird sich zeigen, ob die CDU, wie es Friedrich Merz formulierte, wieder voll da ist.
3innenpolitik
In einem Statement hatte Anne Heches Familie mitgeteilt, dass Heche durch den Unfall so schwerwiegende Gehirnverletzungen habe, dass sie nicht überleben werde. Man wolle ihre Organe spenden, das sei ihr Wunsch gewesen, dann werde man sie von den lebenserhaltenden Maschinen nehmen. Die Polizei ermittelt noch zum Unfallhergang, möglicherweise habe Heche unter Alkohol- oder Drogeneinfluss gestanden.Die 53-Jährige feierte vor allem in den 90er Jahren Erfolge in Hollywood, unter anderem an der Seite von Harrison Ford in "Sechs Tage, sieben Nächte".Des Weiteren war sie im Actionfilm "Volcano" zu sehen oder im Horror-Teeniefilm "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast", später spielte sie in einer Neuverfilmung des Hitchcock-Klassikers "Psycho".Über ihre Rolle in Hollywood sagte sie kürzlich in der Talkshow "The Real": "Sie sagten mir, ich sei wie ein wildes Tier, dass aus dem Käfig gelassen wurde!" In Hollywood macht sich die blonde Schauspielerin einen Namen, auch mit unterschiedlichsten Schlagzeilen aus ihrem Privatleben.Die in Aurora, Ohio, geborene Heche wuchs als jüngstes von vier Kindern in armen Verhältnissen auf. Sie habe unter sexuellen Übergriffen des Vaters gelitten, erzählte sie in einer Autobiografie und in diversen Talkshows, unter anderem bei Barbara Walters im Jahr 2001:Von 1997 bis 2000 war sie mit Moderatorin und Schauspielerin Ellen DeGeneres zusammen. Als deren Beziehung kaputt ging und Anne Heche den Kameramann Colemann Laffoon heiratete, habe sie in Hollywood kaum mehr Rollenangebote bekommen, sei wegen ihrer Bisexualität gemieden worden: Heche ist geschieden, aus der Ehe und einen weiteren Beziehung hat sie zwei Söhne im Alter von 13 und 20 Jahren.In den vergangenen Jahren war Anne Heche immer wieder am Broadway zu sehen und in verschiedenen TV-Rollen. Im September läuft in den USA voraussichtlich einer ihrer letzten Filme im TV: In "The Girl in Room 13" spielt sie eine Mutter, die ihre entführte Tochter sucht.
0amerika
Es ist ein Video, das mehr Fragen aufwirft, als es Antworten liefert. Zu sehen ist eine weiß-blau-weiße Flagge, die in einigen Oppositionellenkreisen als Symbol eines "befreiten Russland" gilt. Davor sitzt Ilja Ponomarjow, Ex-Duma-Abgeordneter und Putin-Gegner, der seit Jahren im Exil lebt.Der 47-Jährige erklärt, dass eine Partisanengruppe für den Anschlag an Darja Dugina verantwortlich sei und sie eigentlich auch ihren Vater, den rechtsnationalistischen Ideologen Alexander Dugin habe treffen wollen: "Weil Dugin das Gehirn war, Darja war die Hand. Es gab eine Menge Wut auf Darja Dugina selbst", so Ponomarjow.Das liege daran, dass Dugina in Azowstal gewesen sei. Viele hielten sie auch verantwortlich für den Gefängnisangriff in der Siedlung Oleniwka, so Ponomarjow. "Es gibt hier ein Element der Rache. Dugin ist der Ideologe des Faschismus. Er ist die Person, die den Begriff 'Neurussland' allgemein in das russische politische Lexikon eingeführt hat", so Ponomarjow weiter.Es folgt ein Manifest einer Gruppe, die Ponomarjow als "Nationale Republikanische Armee" vorstellt. Darin wird den politischen Eliten, die für den Militäreinsatz in der Ukraine verantwortlich seien, der Kampf angesagt. Doch ist nicht nur Poromarjow wegen seiner politischen Vergangenheit höchst umstritten, auch hat man zuvor noch nie etwas von der genannten "Nationalen Republikanischen Armee" gehört. Experten vermuten, dass es sich genauso gut um die Aktion eines Trittbrettfahrers handeln könnte.Die Journalistin und Politikexpertin Julija Latynina sagt auf ihrem YouTube-Kanal: "Ich möchte dringend bitten, keine voreiligen Schlussfolgerungen darüber zu ziehen, wer genau die Tochter von Alexander Dugin getötet hat." Sie wolle darauf aufmerksam machen, dass in kremlfreundlichen Kanälen auf Telegram der Mord unmittelbar danach als "heiliges Opfer" bezeichnet wurde. "Das sollte einen 'Autoimmunprozess' auslösen, also die totalen Säuberungen von Verrätern und der 'fünften Kolonne' innerhalb Russlands."Die vor allem über soziale Netzwerke verbreiteten Spekulationen reichen von einer möglichen Geheimdienstaktion bis hin zu Mutmaßungen darüber, dass Dugin seine Tochter selbst geopfert haben könnte, um endlich den umfassenden Krieg gegen die Ukraine zu provozieren, den er immer hätte haben wollen.Auf der anderen Seite stehen diejenigen, die die Ukraine für die Tat verantwortlich machen. Sollten sich derartige Vorwürfe bestätigen, so die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, dann müsse mit Blick auf die Kiewer Politik in Zukunft von "Staatsterrorismus" gesprochen werden. Man warte auf die Ergebnisse der Untersuchungen.Die laufen weiter. Inzwischen gab das Ermittlungskomitee bekannt, dass der Sprengsatz wohl ferngezündet wurde. Mit Hinweisen auf mögliche Täter halten sich auch die Ermittler zurück. Kiew hatte bereits am Sonntag jegliche Verantwortung von sich gewiesen.Doch auch, wenn vieles noch ungeklärt ist und wohl auch vorerst bleibt, werde der Fall Russland verändern - davon ist Politikexpertin Julija Latynina überzeugt. "Das alles muss irgendwie vom Kreml beantwortet werden. Und das Problem ist offenbar, dass Putin aus militärischer Sicht nichts zu antworten hat. Also wird er im Inneren antworten. Er wird dort antworten, wo es für ihn einfacher ist", so Latynina. "Noch einmal: Ich würde auf keinen Fall voreilig Täter dieses Mordes nennen. In der gegenwärtig aufgeheizten Atmosphäre des Hasses ist alles möglich."
1asien
Sie ist wieder da: Nach zwei Jahren in denen die Gamescom wegen Corona rein digital stattfinden musste, sind in diesem Jahr wieder etwa 1100 Aussteller in Köln unter einem Dach. "Jetzt ist es endlich wieder möglich, und wir feiern die Spielekultur hier in Köln, das ist ein gutes Gefühl", sagt Felix Falk vom Verband Game.Besucherinnen und Besucher der Messe dürfte vor allem eins interessieren: spielen. Denn Entwickler und Publisher bringen zur Messe traditionell Spiele mit, die bald auf dem Markt erscheinen. Aber wer die neuen Games auf der Messe schon vor Verkaufsstart zocken will, muss geduldig sein. An besonders begehrten Ständen musste man früher manchmal stundenlang warten. Im Rekordjahr 2019 kamen etwa 370.000 Besucher zu Messe. "Darunter hat die Aufenthaltsqualität gelitten", sagt Gerhard Böse, Messe-Chef in Köln. Dieses Jahr gibt es für jeden der vier Besuchertage nur maximal 65.000 Tickets. Diejenigen, die ein Ticket haben, dürfte das freuen, denn die Wartezeit zum Zocken besonders begehrter Spiele wird dadurch kürzer.Innovationen oder Neuheiten der großen Hersteller sucht man auf der Gamescom in diesem Jahr allerdings vergebens. Bekannte Namen wie Nintendo oder Sony haben ihre Teilnahme abgesagt. Einerseits haben sie ihre Kundinnen und Kunden während der Pandemie auch so gut erreicht und sind nicht auf die Messe angewiesen, andererseits fehlen ihnen auch einfach Neuheiten, die sie präsentieren könnten. Corona ist auch an der Entwickler-Branche nicht spurlos vorübergezogen. Das Entwickeln von neuen Spielen hat sich bei den großen Firmen wegen der Pandemie verzögert. Dafür sieht man immer mehr Stände kleiner und neuer Spieleentwickler auf der Gamescom. So viele wie in diesem Jahr waren es noch nie. Die meisten von ihnen kommen aus Asien.Auch für die neuen Anbieter sieht die Zukunft gut aus, denn Markt wächst. Während der Corona-Pandemie sind Computer und Videospiele in Deutschland nochmal beliebter geworden. Videospiele waren über alle Altersklassen hinweg eine willkommene Abwechslung in einer Zeit, in der man viel zu Hause sein musste. Im ersten Halbjahr diesen Jahres ist der Umsatz der Branche nochmal um zwei Prozent gewachsen und lag bei 4,5 Milliarden Euro. "Der Markt ist offen für alles, unsere Gamer-Schicht ist sehr vielfältig. Klassische Konsolen werden genauso bedient wie PC Gaming und Mobile Gaming", sagt Ralf Wirsing vom Spielehersteller Ubisoft. Nach Angaben des Verbands der deutschen Games Branche spielen 58 Prozent der Menschen zwischen sechs und 69 Jahren in Deutschland Computer- und Videospiele. Rund die Hälfte sind Frauen. Knapp ein Drittel der Gamerinnen und Gamer in Deutschland ist über 50. Damit sind die sogenannten "Silver Gamer", Spielerinnen und Spieler zwischen 50 und 69, sogar die größte Gruppe überhaupt in der deutschen Spielerschaft, weit vor Teenagern und jungen Erwachsenen. Und die Gamer werden immer älter: 2014 betrug ihr Durchschnittsalter in Deutschland noch 31 Jahre. Mittlerweile sind durchschnittliche Gamer schon 37,4 Jahre alt, und am häufigsten spielen sie auf dem Handy.Das Smartphone ist schon seit Jahren das beliebteste Spielgerät in Deutschland. Weil die Technik immer besser und das Angebot an Spielen immer größer wird, baut das Smartphone seinen Vorsprung als beliebteste Spieleplattform immer weiter aus. 2020 spielten schon knapp 23 Millionen Menschen in Deutschland auf dem Handy. Zum Vergleich: Klassische Spielekonsolen wie Playstation oder X-Box nutzten im selben Jahr nur 17 Millionen Spielerinnen und Spieler. Gaming ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Das typische Bild vom Nerd, der alleine in einem unaufgeräumten Zimmer sitzt und im Halbdunkel Egoshooter spielt, könnte von der aktuellen Realität nicht weiter entfernt sein. Die drei erfolgreichsten Spiele für PC und Konsole sind in Deutschland FIFA, Animal Crossing und Mario Kart: Ein Fußball-Spiel, eine Lebenssimulation, in der Spielerinnen und Spieler in eine von Tieren bewohnten Stadt ziehen und dort mit ihnen interagieren, und ein Rennsimulator mit Figuren des Spieleherstellers Nintendo wie Mario oder Luigi. Alle kann man zwar allein spielen, machen aber zu zweit oder mit mehreren Spielern viel mehr Spaß. Gerade deswegen sind sie so erfolgreich.
6verbraucher
Die Ausreise gefährdeter Afghaninnen und Afghanen mit dem Ziel Deutschland ist ins Stocken geraten. Es gebe immer neue Schikanen der Taliban, schreibt der "Spiegel". Vom Auswärtigen Amt hieß es dazu, die Machthaber in Kabul ließen die Menschen lediglich aus dem Land, wenn sie über einen Reisepass verfügten - allerdings würden in dem Land kaum Pässe ausgestellt. Nach dem Abzug der NATO aus dem Land hatte die Bundesregierung ein Notfallprogramm eingerichtet für Tausende frühere Ortskräfte deutscher Institutionen, politische Aktivisten und Künstler. Im Juli gelangten so laut "Spiegel" 1044 Afghaninnen und Afghanen nach Deutschland. Ursprünglich allerdings sollten demnach von Anfang Juli bis Mitte September 7700 Afghanen die Ausreise ermöglicht werden - ein immer unrealistischer werdendes Ziel.Mit Pakistan besteht eine Vereinbarung, dass besonders Schutzbedürftige auch ohne Pass einreisen dürfen. Außenministerin Annalena Baerbock hat sich Anfang Juni mit ihrem pakistanischen Amtskollegen getroffen. Doch auch hier verhinderten die Taliban die Umsetzung, so das Auswärtige Amt. Das Ministerium sei mit weiteren Ländern in Kontakt, um zusätzliche Routen auf dem Land- und Luftweg zu öffnen. Für alle Ausreisewege seien die fehlenden Pässe aber "ein großes Problem". Insgesamt sicherte Deutschland seit dem Abzug der Bundeswehr vor rund einem Jahr insgesamt 23.614 ehemaligen Ortskräften und Familienangehörigen die Aufnahme, wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestätigte - zuerst hatte die "Welt am Sonntag" berichtet. Tatsächlich eingereist sind demnach bisher 17.556.
1asien
Am Ende siegten die Bayern mit 5:0. "Ich bin kein großer Freund der ersten DFB-Pokal-Runde, weil du als Favorit eigentlich nur verlieren kannst", sagte Trainer Julian Nagelsmann nach der Partie. "Ich finde, dass Viktoria das gut gemacht hat. (...) Aber insgesamt haben wir eine gute Kontrolle gehabt."Immerhin 34 Minuten und 30 Sekunden dauerte der Traum von einer Überraschung für Viktorias Fußballer. Dann ließ Bayerns Ryan Gravenberch einen Pass von rechts im Strafraum am Körper vorbeilaufen und traf mit einem Schuss ins linke Eck zum 1:0 (35. Minute). Wenig später legte mit Mathys Tel ein weiterer Neuzugang in der Bayern-Startelf ähnlich beweglich und schnell mit einem Schuss aus der linken Strafraumhälfte ins lange Eck das 2:0 nach (45.). Sadio Mané (53.), Jamal Musiala (67.) und Leon Goretzka (82.) schraubten das Ergebnis für den Rekord-Pokalsieger in Durchgang zwei auf einen dem Unterschied der beiden Teams entsprechenden 5:0-Endstand. Im ausverkauften Müngersdorfer Stadion leistete sich der Favorit also keinen Stolperer.Dabei schlug sich Drittligist Viktoria vor großer Kulisse am Anfang durchaus achtbar. Gegen eine - wenn es so etwas gibt - Bayern-B-Elf mit Spielern wie Gravenberch, Tel, Mazraoui oder Stanisic in der Startelf suchte das Team von Trainer Olaf Janßen frech bei Ballgewinn den Weg nach vorn. Und nach einem Doppelpass jubelten die Kölner auch kurz, als Simon Handle den Ball im von Sven Ulreich gehüteten Bayern-Tor unterbrachte (20.). Aber ein berechtigter Abseitspfiff beendete auch diesen Teil des Traums.Auf der anderen Seite hielt Viktorias Defensive gegen das flexible Offensivspiel der Gäste zunächst engagiert dagegen - solange die Pass-Maschine der Münchener eben noch nicht ganz auf Hochtouren lief. Auch Viktorias Torwart Ben Voll machte mit Paraden gegen Tel (19.) und zwei Mal Joshua Kimmich (29., 34.) den Eindruck, als könnte er zu einem Pokalheld wachsen. "Das haben wir überragend gemacht und war schon nah an unserem Optimum", fasste Trainer Janßen die Anfangsphase aus Viktoria-Sicht am Sportschau-Mikrofon zusammen.Doch Gravenberchs eleganter Treffer rückte die Verhältnisse mit einem Schlag zurecht. Zu schnell, zu flexibel, zu viel Klasse - der FC Bayern dominierte fortan die Partie. Beim 4:0 durch Jamal Musiala tranzten sich die Münchener über sechs Stationen auf engstem Raum mit Kurzpässen in den Strafraum und vor das Tor, wo der Bayern-Youngster souverän ins rechte Eck abschloss. Die Bayern sind also am Sonntag bei der Auslosung der 2. Runde natürlich mit im Topf und bis auf den kleinen Aussetzer beim 1:1 in der Bundesliga gegen Borussia Mönchengladbach ist die Startbilanz mit fünf Siegen und 26 Toren in sechs Pflichtspielen imposant. Und Viktoria Köln darf sich jetzt schon freuen, nicht die höchste Saison-Niederlage gegen die deutsche Fußball-Übermacht kassiert zu haben.Für den FC Bayern geht es am Samstag (03.09.2022) in der Bundesliga mit dem Spitzenspiel beim Tabellenzweiten Union Berlin weiter. Viktoria Köln ist einen Tag später in der 3. Liga beim FSV Zwickau zu Gast.Quelle: sportschau.de
4sportschau
Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat die Politik der Ampel-Regierung in der derzeitigen Krise im ARD-Sommerinterview kritisiert. Die Bundesregierung treffe nicht genug Vorsorge für eine mögliche Gasmangellage. "Italien hat gemeldet dieser Tage, dass die Gaslieferungen alle sicher sind, Verträge mit Katar. Wo bleibt Ersatzgas in Deutschland? (…) Wir wissen nicht, ob die Terminals genehmigt werden, ob genügend Schiffe für Flüssiggas da sind. Wir wissen nicht, ob die Energieversorgung von Süddeutschland gesichert ist."Dass man lange nicht bedacht habe, dass Russland die Gasversorgung einstellen könnte, wundere ihn sehr, sagte Söder und warnte angesichts der Unsicherheit bei der Gasversorgung vor einem "wirklichen Chaos, das im Winter vor uns steht". Er mache sich Sorgen, "dass viele Normalverdiener vor dem Abstieg bedroht sind" und dass die Wirtschaft einen "echten Schlaganfall" bekomme, "von dem wir uns kaum erholen". Die Hilfe für die Menschen in der Ukraine sei wichtig, so Söder, "aber natürlich müssen wir auch in erster Linie für unsere Bevölkerung, für die Menschen in Deutschland Sorge tragen, und wir können nicht zulassen, dass am Ende Deutschland in die Abstiegsspirale kommt und Millionen von Menschen am Ende verarmen".Es brauche weitere Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger, sagte Söder. Die Ampel habe aber bisher "sehr seltsam" agiert. Finanzminister Christian Lindner habe 300 Milliarden Schulden gemacht, als diese nicht notwendig waren. Die bisher beschlossenen Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung kritisierte er, unter anderem weil Rentnerinnen und Rentner nicht berücksichtigt worden wären. Söder forderte breitflächige Steuersenkungen - sowohl für Industriestrom als auch für das Handwerk, dazu Energiemaßnahmen für alle in der Bevölkerung. Die Mehrwertsteuer für Lebensmittel solle gesenkt werden. Er stimme Lindner dahingehend zu, dass der kalten Progression entgegengewirkt werden müsse. "Ich finde, eine Regierung muss natürlich, Parteien müssen auf ihre Programme schauen. Das ist doch ganz klar, aber die oberste Aufgabe ist, eine Krise zu bewältigen."Erneut sprach Söder sich für den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken aus. Die Wende nach Fukushima habe nicht funktioniert, wie viele sich das vorgestellt hätten. In der jetzigen Situation sei es nicht sinnvoll, Kernkraftwerke vom Netz zu nehmen. Nach Meinung Söders sei es "letztendlich eine Partei", die das verhindere. Er warf den Grünen vor, aus ideologischen Gründen an der Abschaltung der Kernenergie festzuhalten und nannte es "unverständlich", dass die FDP dabei mitmache. Angesprochen auf den vielfach als mangelhaft kritisierten Ausbau von Windenergie in Bayern sagte Söder, er sei zuversichtlich, dass Bayern bis zum Ende des Jahrzehnts unter den führenden Ländern im Bereich Onshore, also Energiegewinnung aus Wind auf dem Festland, sein werde. Beim Umgang mit der Corona-Pandemie kritisierte Söder, dass der Bund die Länder weitgehend ausgeschlossen habe. Daher käme auch die Wahrnehmung, dass der Bund nun entscheiden müsse und er verstehe viele Entscheidungen nicht.Während Gesundheitsminister Karl Lauterbach vor "Killervarianten" warnen würde, wolle Justizminister Marco Buschmann die Wirkung von Masken überprüfen. Das sei, so Söder, wie die Überprüfung von Regenschirmen bezüglich ihrer Schutzfunktion vor Regen. Das Ende der kostenlosen Tests sei eine "fundamentale Fehlentscheidung". Der Bund müsse das wieder ändern. Er plädiere für einen Dreiklang aus Testen, Maske und Impfen. Angesprochen auf ein mögliches erneutes Bemühen um eine Kanzlerkandidatur winkte Söder ab. Es gebe in der CDU mehrere Kandidaten, die dafür in Frage kämen. "Ich weiß, dass Daniel Günther sich das sicher überlegt, Hendrik Wüst und viele andere", sagte Söder über die Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Die CSU käme da derzeit nicht infrage. Mit CDU-Chef Friedrich Merz arbeite er eng zusammen, so Söder und lobte Merz als Oppositionsführer im Bundestag. Seine Aufgabe sei es jetzt, in Bayern ordentlich zu arbeiten, sagte der bayerische Ministerpräsident. Der Blick in die Geschichte zeige zudem, dass es noch nie für einen Bayern ins Kanzleramt gereicht habe - und normalerweise hätten in der Vergangenheit immer alle nur eine Chance gehabt.Vor der Bundestagswahl im vergangenen Jahr war Söder lange als aussichtsreicher Kanzlerkandidat von CDU und CSU gehandelt worden. Nach längeren internen Querelen musste sich der CSU-Vorsitzende schließlich dem damaligen CDU-Chef und NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet geschlagen geben - der dann das Rennen ums Kanzleramt verlor.
3innenpolitik
Weil sie auf Twitter Beiträge von Aktivisten geteilt hat, muss eine Frau in Saudi-Arabien für 34 Jahre ins Gefängnis. Dies sei die härteste Strafe, die in dem Land jemals gegen eine Aktivistin oder einen Aktivisten verhängt wurde, hieß es von der Menschenrechtsorgansiation GCHR. Salma al-Schihab habe mit ihren Twitteraktivitäten die "gesellschaftliche und staatliche Sicherheit destabilisiert", zitiert GCHR aus den Vorwürfen der Anklage. Etwa 2500 Follower hatte Al-Schihab auf Twitter - das sind vergleichsweise wenig. Sie sprach sich gegen das System männlicher Vormundschaft in Saudi-Arabien aus und unterstützte die Frauenrechtlerin Ludschain al-Hathlul. 2019 twitterte sie: "Ich lehne Ungerechtigkeit ab und unterstütze die Unterdrückten", Ende 2020 "Freiheit für die Häftlinge des Patriarchats". Die Doktorandin der Zahnmedizin und zweifache Mutter lebt eigentlich in Großbritannien. Sie war aber im Januar 2021, kurz vor dem Ende eines Heimatbesuchs in Saudi-Arabien, festgenommen worden. Ursprünglich wurde sie zu sechs Jahren Haft verurteilt - diese Strafe wurde in einem Berufungsverfahren nun deutlich verschärft. Nach den 34 Jahren Gefängnis gilt für weitere 34 Jahre ein Reiseverbot - Al-Schihab würde also wahrscheinlich ihr restliches Leben in Saudi-Arabien bleiben müssen, sollte sie nicht vorzeitig entlassen werden. Der Nachrichtenagentur dpa zufolge gehört sie der schiitischen Glaubensrichtung des Islam an, die im sunnitischen Saudi-Arabien in der Minderheit ist. Ihre Angehörigen werden diskriminiert. Das Urteil kann noch vor dem Obersten Gerichtshof angefochten werden. GCHR bezeichnete das Urteil als eine "Botschaft der Drohungen und Einschüchterung von Kronprinz Mohammed bin Salman", dem faktischen Herrscher des Königreichs, an "alle Internet-Aktivisten". Dies sei das "Schicksal all derjenigen, die soziale Netzwerke nutzen". Die in Berlin und London ansässige Menschenrechtsorganisation ESOHR sprach von einem "beispiellosen und gefährlichen" Urteil. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Dienstag mit Kronprinz Mohammed telefoniert, wie sein Sprecher mitteilte. Dabei sei es unter anderem um "wirtschaftspolitische Fragen" sowie "globale Auswirkungen" des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine gegangen. Ob es auch um Menschenrechte oder die Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi ging, ließ ein Sprecher der Bundesregierung offen.
1asien
Deutschlands Getränkeindustrie fehlt es nach eigenen Angaben an Kohlensäure. Äußerst besorgniserregend nennt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Holger Eichele, diese Entwicklung. Derzeit seien nach Schätzungen der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie nur noch 30 bis 40 Prozent der üblichen CO2-Liefermengen verfügbar, sagt er. Immer mehr Unternehmen, die auf Kohlensäure angewiesen seien, müssten ihre Produktion erheblich einschränken. "Für viele betroffene Betriebe hat das dramatische Auswirkungen", warnt Eichele. Vor allem bei der Herstellung von Erfrischungsgetränken und Wasser sei zu befürchten, dass die Produktion und Abfüllung immer häufiger unterbrochen werden müsse. Brauereien brauchen Kohlensäure vor allem, um Tanks, Flaschen und Fässer "vorzuspannen", damit das Bier beim Füllen nicht mit Luft in Kontakt kommt und beim Abfüllen nicht schäumt. Viele Brauereien stellen auch Softdrinks her, für die umso mehr Kohlensäure nötig ist.Technische Kohlensäure entsteht vor allem als Nebenprodukt in der Ammoniak-Produktion, etwa bei der Herstellung von Düngemittel. "Als die Gaspreise extrem gestiegen sind, haben die Hersteller ihre energieintensive Produktion zurückgefahren", erklärt der Sprecher der Genossenschaft Deutscher Brunnen, Tobias Bielenstein. Der Zusammenhang ist also: weniger Düngemittel gleich weniger Kohlendioxid gleich weniger Kohlensäure. Auch sonst habe es im Sommer, wenn weniger Dünger hergestellt wird, immer mal Phasen mit Engpässen bei Kohlensäure gegeben, sagt Bielenstein. Aber diesmal sei es deutlich schlimmer. Nicht zuletzt die Mineralwasserhersteller haben ernsthafte Probleme. "An einzelnen Stellen wurde die Produktion schon zurückgefahren." Viele Hersteller bekommen zurzeit weniger CO2, als sie bestellt haben. Die Verunsicherung sei groß. "So eine Situation haben wir noch nie gehabt.""Die ersten Brauereien stehen, weil sie eben nicht mehr genügend technische Kohlensäure erhalten", sagte der Vorsitzende der privaten Brauereien in Deutschland, Roland Demleitner, dem Fernsehsender Welt24.Solange die Energiekosten hoch blieben oder noch steigen sollten, werde es zu einer weiteren Verknappung kommen, sagt der Geschäftsführer der Augsburger Brauerei Riegele, Sebastian Priller. Planen sei derzeit unmöglich. Die Aktienbrauerei Kaufbeuren schränkte die Produktion schon ein. "Seit vergangener Woche stellen wir keine Limonade mehr her", sagt Geschäftsführer Gottfried Csauth.Die zum Oetker-Konzern gehörende Radeberger-Gruppe mit Biermarken wie Jever, Clausthaler oder Schöfferhofer sieht hingegen noch keine Probleme: "Da wir vornehmlich Gärungskohlensäure aus unserer eigenen Produktion in unseren Brauereien einsetzen, sehen wir kurzfristig kein Ausfallpotenzial."Auch bei den Mineralwasserherstellern müssen sich manche keine Sorgen machen: Bei der Abfüllung des Gerolsteiner-Mineralwassers setze man "ausschließlich natürliche Quellkohlensäure" ein, sagt Ulrich Rust aus der Geschäftsführung der Gerolsteiner Brunnen.
5unternehmen
Der israelische Präsident Isaac Herzog hat seine Teilnahme an der Gedenkfeier zum 50. Jahrestag des Münchner Olympia-Attentats zugesagt. Er werde bei der Feier am Montag in Fürstenfeldbruck dabei sein, teilte das Bundespräsidialamt mit.Der Zusage war eine Einigung im Streit um Entschädigungszahlungen für die Hinterbliebenen des Attentats vorangegangen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Herzog hatten die Einigung noch am Mittwoch in einer gemeinsamen Stellungnahme begrüßt. "Mit dieser Einigung bekennt der deutsche Staat seine Verantwortung und erkennt das furchtbare Leid der Ermordeten und ihrer Angehörigen an, dessen wir kommende Woche gedenken wollen", erklärten die Präsidenten. Herzog reist am Sonntag zu einem dreitägigen Staatsbesuch nach Deutschland. Der 61-Jährige komme auf Einladung seines deutschen Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier und werde von seiner Frau Michal begleitet, teilte Herzogs Büro mit. Während seines Besuchs in Deutschland wird sich Herzog den Angaben zufolge auch mit Bundeskanzler Olaf Scholz treffen. Er wird auch eine Ansprache im Bundestag halten und das ehemalige Konzentrationslager Bergen-Belsen besuchen, wo am Sonntag eine Gedenkfeier zur Befreiung mit zahlreichen Überlebenden stattfindet. Herzogs Vater war als Offizier der britischen Armee an der Befreiung des Lagers beteiligt. Der Präsident wird während seiner Visite von dem neuen israelischen Botschafter in Berlin, Ron Prosor, begleitet.
1asien
Schon vor dem 11. Juli, als die Wartung von Nord Stream 1 begann, äußerten Experten die berechtigte Sorge, dass Moskau die zehntägigen Arbeiten an der wichtigsten Gaspipeline nach Deutschland nutzen könnte, um die Gaslieferungen auch weiterhin einzuschränken - oder gar ganz einzustellen.Tatsächlich hatte der russische Staatskonzern Gazprom schon zuvor die Lieferungen über Nord Stream 1 um 60 Prozent heruntergefahren. Am morgigen Donnerstag kommt es also zum Schwur. Was könnte geschehen - und was wären die wahrscheinlichsten Folgen?Das normalerweise zu erwartende Szenario ist zugleich das unwahrscheinlichste: Russland würde nach Abschluss der Wartung die Liefermenge wieder auf das vertraglich vereinbarte Normalmaß hochfahren. Das würde es Deutschland erlauben, seine Gasspeicher vor dem Winter komfortabel zu befüllen und sogar bereits für spätere Kälteperioden vorzusorgen.Dieses "Goldilocks-Szenario" ist aber auszuschließen. Russland könnte die dann reichlich fließenden Gelder aus dem Westen zwar gut gebrauchen; der Kreml ist sich aber bewusst, dass die Handlungsfähigkeit der Westeuropäer mit jedem Prozent mehr in ihren Gasspeichern zunimmt - bis hin zur Fähigkeit, eines Tages wie bei Kohle und Öl ihrerseits ein Embargo für Gas zu verhängen.Zwar betont Moskau mit Blick auf die Wartungsarbeiten, Russland wolle seine Verpflichtungen auch künftig erfüllen. Doch die jüngsten Manöver von Gazprom lassen an dieser Botschaft zweifeln. So begründete der Staatskonzern gerade seine seit Mitte Juni gedrosselten Liefermengen mit "höherer Gewalt", was der größte deutsche Gasimporteur Uniper umgehend zurückwies. Auch der wiederholte Verweis auf die bisher nicht zurückgelieferte Gasturbine von Siemens Energy ist nach Darstellung des Bundeswirtschaftsministeriums ein Vorwand: "Es handelt sich um eine Ersatzturbine. Dennoch tun wir alles, um diesen Vorwand zu nehmen", sagte eine Sprecherin des Ministeriums am Montag.Der Präsident der Bundesnetzagentur Klaus Müller erklärte, Russland könne die Liefermengen durch die Ukraine jederzeit erhöhen, um seine vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. "Dazu fehlt Wladimir Putin aber offenbar der politische Wille." Wahrscheinlicher ist also zunächst ein weiteres Taktieren des Kreml und eine Verzögerung von bestimmter oder unbestimmter Dauer. Die genannte Gasturbine wäre kurzfristig die naheliegendste Begründung. Laut der russischen Zeitung "Kommersant" könnte es noch bis zum kommenden Sonntag dauern, bis die Turbine, die nach ihrer Wartung lange von Kanada wegen der Sanktionen zurückgehalten wurde, in Russland ankommt - sofern es keine Probleme mit der Logistik oder dem Zoll gebe.Das schwierigste Szenario wäre ein kompletter Lieferstopp über Nord Stream 1 - sei es mit neuen Begründungen oder gar keiner Erklärung seitens Gazprom. Denkbar wäre auch, dass Moskau vertragswidrig neue Bedingungen an weitere Gaslieferungen knüpft, die die Abnehmer nicht erfüllen können oder wollen.Schon wegen des dann zu erwartenden Preisschocks für Erdgas gehen die meisten Experten in diesem Fall von einer Rezession in Deutschland aus. Folgt man den Berechnungen der Bundesnetzagentur, wäre in diesem Fall auch eine "Gasmangellage" kaum mehr abzuwenden. Die Folge wäre letztlich die Beschränkung von Gasmengen für die Industrie.Eine aktuelle Gemeinschaftsdiagnose von vier führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstituten kommt dagegen zum Schluss, dass selbst bei einem Lieferstopp aus Russland in diesem Jahr kein Gasengpass mehr drohe. Diese Berechnungen sind aber mit großen Unsicherheiten behaftet. So mussten die Experten, die immerhin 1000 Szenarien durchgerechnet haben, eine Reihe von Variablen berücksichtigen - darunter die Entwicklung des inländischen Verbrauchs, die Weiterleitung von Gas an die europäischen Partner und das Bautempo der Flüssiggasterminals.Gegen einen vollständigen Lieferstopp sprechen aber insbesondere zwei Gründe. Erstens ist der russische Staat dringend auf die Gelder aus dem Gasexport angewiesen, um in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise handlungsfähig zu bleiben und den Krieg in der Ukraine weiter zu finanzieren.Zweitens würde ein solcher Vertragsbruch ein verheerendes Signal an die anderen Abnehmer russischen Gases wie China oder die Türkei senden. Schon jetzt ist offensichtlich, dass die Energiegroßmacht Öl und Gas als politische Waffen einsetzt. Jeder weitere willkürliche Akt würde die Glaubwürdigkeit Russlands als verlässlicher Partner weiter untergraben.So bleibt eine Fortsetzung der bisherigen Doppelstrategie des Kreml wahrscheinlich: Einerseits eine Wiederaufnahme der Gaslieferungen bis zu einem gewissen Grad, um den Staatshaushalt zu entlasten. Gleichzeitig aber der Versuch, mit der Energiewaffe Gas das Maximum an politischem Druck auszuüben.Für Deutschland hieße das, dass es sich auf absehbare Zeit weiter um eine Energiekrise sorgen und mit weiter steigenden Preisen rechnen muss. Auch alle Anstrengungen, Gas aus anderen Quellen wie verflüssigtem Erdgas (LNG) und über neue Partnerschaften wie mit Aserbaidschan und Ägypten zu beziehen, werden Deutschlands Abhängigkeit vom russischen Gas in den kommenden Jahren nicht ganz beenden können. Das Wirtschaftsministerium strebt an, den Anteil russischer Gaslieferungen bis Ende des Jahres auf etwa 30 Prozent zu senken. Bis Sommer 2024 hält die Bundesregierung einen Rückgang des Anteils auf zehn Prozent des Verbrauchs für möglich. 2021 lag der Anteil russischer Gaslieferungen noch bei 55 Prozent. Der Wettlauf mit der Zeit um die Füllstände der Gasspeicher bliebe damit weiter offen, wenn auch mit einer realistischen Chance.Nach dem im März beschlossenen Energiespeichergesetz sollen die Speicher bis zum 1. Oktober zu 80 Prozent und zum 1. November zu 90 Prozent befüllt sein, um eine störungsfreie Gasversorgung im kommenden Winter zu gewährleisten. Aktuell liegt der Füllstand aller Speicher nach Angaben der Bundesnetzagentur bei 65,1 Prozent. Damit liegt er über dem Niveau des vergangenen Jahres, aber noch gut vier Prozentpunkte unter dem Mittel der vergangenen fünf Jahre. Könnte aber das derzeitige Tempo der Befüllung beibehalten werden, wären die angestrebten Zielwerte erreichbar.
6verbraucher
Für Finanzexperten war schon länger nicht mehr die Frage, ob die Parität kommt, sondern es ging nur noch um das wann. Nun ist sie da. Zum ersten Mal seit 20 Jahren sind Euro und Dollar gleich viel wert. Auch für den Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, ist das keine Überraschung. "Es ist vor allem eine Dollar-Stärke", konstatiert der Ökonom. "Der Dollar hat gegenüber den meisten Währungen deutlich aufgewertet, seit Jahresanfang im Schnitt um zwölf Prozent. Aber es fällt auf, dass er gegenüber dem Euro überproportional aufgewertet hat." Also sei da auch ein Element einer Euro-Schwäche enthalten.Für den Dollar als Investitionsobjekt spricht unter anderem sein Ruf als sicherer Hafen in unsicheren Zeiten. Und unsicher sind die Märkte angesichts von Inflations-, Kriegs- und Rezessionssorgen allemal. Der Euro wird aber zusätzlich von der drohenden Gaskrise belastet, erklärt Krämer. "Von der wäre ja der Euroraum viel stärker betroffen als die Amerikaner, weil die USA ja netto keine Energie importieren müssen wie wir." Für die deutsche Wirtschaft ist die Euro-Parität zur US-Währung ein zweischneidiges Schwert. Unternehmen, die in die USA exportieren, könnten unter Umständen profitieren. Denn amerikanische Kunden müssen für deutsche Waren jetzt weniger Geld hinlegen - und kaufen dann oftmals mehr. Aber auch die deutschen Exporte hätten zuletzt geschwächelt, erzählt Robert Halver von der Baader Bank - denn für eine Warenausfuhr müsse es ja auch etwas zu Exportieren geben: "Es gibt ja zunehmend eine Industrielandschaft, wo Länder wie China immer mehr aufholen. Das heißt, sie brauchen gar nicht mehr bei uns einzukaufen", so Halver. "Was nutzt es denn, wenn wir einen schwachen Euro haben, wenn unsere Möglichkeiten zu verkaufen zwar nicht zusammenbrechen, aber weniger werden?"Das zweite Problem für deutsche Unternehmen: Rohstoffe und Vorprodukte werden auf den Weltmärkten fast immer in Dollar abgerechnet. Sie zu importieren, wird mit einem schwachen Euro also teurer. Die Mehrkosten bei der Produktion werden von den Unternehmen dann oft an die Verbraucher weitergegeben, die Endpreise steigen. Der schwache Euro wird also zum Inflationstreiber im Euroraum. Ob die europäische Währung nun weiter fällt oder sich erholt, dürfte in großem Maße von den Entscheidungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Sachen Gaslieferungen abhängen, glaubt Krämer. "Wenn er das Gas nach der Wartung der Pipeline nicht wieder hochdreht und hier eine Gaskrise droht, dann wird der Euro noch weiter massiv abwerten. Es hängt extrem davon ab, wie es mit den Gaslieferungen weitergeht." Helfen könnten dem Euro aber auch entschlossenere Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank. Doch die EZB ist vor solchen Schritten zuletzt stets zurückgeschreckt, um die schwächeren Staaten im Euroraum nicht unter zu hohen Zinsdruck zu setzen.
2finanzen
Während viele Tierbesitzer gerade heftig über die Erhöhung der Tierarzthonorare im November debattieren, vollzieht sich im Hintergrund ein Wandel in der Tiermedizin, der weitaus größere Folgen für den Geldbeutel haben könnte. Die Lebensmittelriesen Mars und Nestlé kaufen in großem Stil Tierkliniken und Praxen auf. Über ihre Tochterfirmen beziehungsweise Beteiligungen Anicura und Evidensia versuchen sie, den Markt in Deutschland zu erobern."Deutschland ist bei den Honoraren für Tierärzte noch entschieden billiger als der Rest Europas. Das ändert sich gerade und ist schmerzhaft für viele Tierbesitzer", sagt Ralph Rückert, Tierarzt aus Ulm, der sich in der Gesellschaft für Freie Tiermedizin (GFT) engagiert. Hierzulande sind die Kosten für Tierarztbesuche im Schnitt halb so hoch wie beispielsweise in Großbritannien. "Da ist Deutschland ein attraktiver Markt mit viel Potenzial nach oben", so Rückert. Das erklärt das Interesse der Investoren: Von den derzeit rund 250 Tierkliniken sind inzwischen mehr als 60 in der Hand von AniCura, Evidensia kommt nach Angaben des Bundeskartellamtes bereits auf 60 Praxen und Kliniken.In Schweden wurde AniCura 2011 als erste Kette von der Investmentgesellschaft Fidelio Capital und der Stiftung des Stockholmer Tierkrankenhauses gegründet, 2012 folgte Evidensia als Zusammenschluss von vier schwedischen Tierkliniken. Beide expandierten schnell und wurden bald auch in anderen europäischen Ländern tätig. Inzwischen wurde Anicura von Mars übernommen, hinter Evidensia steht der Nestlé-Konzern zusammen mit Finanzinvestoren.Dass sich die Ketten derart ausbreiten, liegt auch an einem hausgemachten Problem bei den Tierärzten. Rund 1200 Absolventen gehen jedes Jahr von den fünf tiermedizinischen Fakultäten ab, doch immer weniger von ihnen beantragen die Approbation. Gleichzeitig kommen immer mehr der rund 12.000 niedergelassenen Tierärzte ins Rentenalter und suchen Nachfolger. "Die jungen Tierärzte sind nicht mehr bereit, eine 60-Stunden-Woche als normal anzusehen wie meine Generation", so der 62-jährige Rückert. Findet ein Tierarzt keinen Nachfolger, steht oft schon die Kette in den Startlöchern - mit viel Geld im Hintergrund und attraktiven Konditionen zur Übernahme der Klinik oder Praxis.Als Vertreter der Tierärztekammer sieht Peter Schieber aus dem mittelfränkischen Ottensoos diese Entwicklung hin zum Medizinkonzern differenziert. "Wir haben hier ein lachendes und ein weinendes Auge, denn die Gewinne, die in der Tiermedizin durchaus zu machen sind, werden damit von den Ketten abgeschöpft. Andererseits bieten die natürlich ihren Angestellten auch die Möglichkeit, beispielsweise Teilzeit zu arbeiten."Dazu kommt, dass die medizinische Entwicklung rasant fortgeschritten ist und heute CT oder MRT zum Standard gehören - Geräte, die sich ein Einzelkämpfer in seiner Praxis vielleicht nicht gleich anschafft. Hier kommen die Ketten ins Spiel, die allein aufgrund ihrer Größe und Finanzkraft modernste Geräte und Therapiemöglichkeiten bieten. Einerseits ein Plus, meint Tierärztevertreter Schieber. Doch etliche Veterinäre sehen das sehr kritisch, denn diese Geräte müssen sich schließlich bezahlt machen. Im Internet sind viele schlechte Bewertungen von Kliniken zu finden, die zu Ketten gehören. Von "Abzocke" oder "Behandlung am Fließband" ist die Rede. In einigen Regionen gibt es jedoch schon keine Alternativen mehr, Tierbesitzer müssen froh sein, überhaupt noch einen Veterinär mit Notdienst zu finden. "Monopole sind am Ende immer schlecht für die Verbraucher, in dem Fall Tierbesitzer", warnt Tierarzt Rückert.Auch die Erfahrung der Tierärztekammer ist, dass die Gebührenordnung der Tierärzte (GOT) bei Klinikketten eher nach oben ausgelegt wird. Alle müssen sich an die GOT halten, aber dürfen "nach billigem Ermessen" den mehrfachen Satz verlangen oder auch freie Honorarvereinbarungen treffen. "Unsere Erfahrung ist, dass Klinikketten eher am oberen Rand der GOT abrechnen und der einzelne Tierarzt wegen Empathie zu Tier und Besitzer eher am unteren Rand," sagt Schieber.Die neue GOT, nach der ab 22. November abgerechnet werden muss, sieht im Schnitt eine Erhöhung um rund 20 Prozent vor; einzelne Posten werden deutlich teurer, andere günstiger. Momentan empört die Erhöhung bei der Untersuchung einer Katze viele in den Sozialen Medien. Die Kosten steigen von 8,98 Euro auf 23,62 Euro, und diese Erhöhung um 170 Prozent sorgt für Aufregung. Die letzte Anpassung der GOT war 1999, seitdem haben die Kosten der Praxen einer Studie zufolge um 30 bis 40 Prozent zugenommen."Der Umsatz der Tierarztpraxen in Deutschland ist 2021 um zehn Prozent gestiegen", sagt Schieber. "Da schöpft ein Konzern wie Mars gern die Gewinne ab. Eine Rendite von fünf Prozent reicht denen, andere haben bei null Zinsen derzeit nichts."
5unternehmen
Die Bundesregierung will Immobilenbesitzer ermutigen, "Energiefresser" wie alte Fenster oder Heizungen austauschen, um durch die Energieeinsparung mehr fürs Klima zu tun. Deshalb zahlt der Staat Fördergelder für die Gebäudesanierung. Allerdings zwingen knappe Kassen den Bund zur Sparsamkeit; die Fördersätze für die einzelnen Maßnahmen werden deshalb gekürzt.Die Bundesregierung fördert Einzelmaßnahmen, zum Beispiel den Austausch einer alten Gasheizung durch eine Wärmepumpe. Auch für eine Komplettsanierung, also umfangreiche Umbauten, gibt es finanzielle Unterstützung. Und: Wer ein neues, energiesparendes Haus baut, bekommt ebenfalls Geld vom Staat.Allerdings: Der Fokus liegt in Zukunft auf der Sanierung von Gebäuden. Zwölf bis 13 Milliarden Euro sind dafür eingeplant. Nur ein bis zwei Milliarden Euro fließen in die Förderung von Neubauten. Bei diesen muss es sich um besonders energiesparende Effizienzhäuser handeln.Wie viel Geld fließt, hängt von den einzelnen Sanierungsprojekten ab. Bei Komplettsanierungen zum Beispiel richtet sich die Fördersumme danach aus, welcher Effizienzgrad bei Häusern erreicht wird. Maximal 67.500 Euro steuert der Staat zu. Alle Fördersätze fallen aber etwas geringer aus als bisher: Sie schrumpfen um fünf bis zehn Prozent, je nach Maßnahme. Der Grund: Möglichst viele Menschen sollen finanziell unterstützt werden - trotz knapper Haushaltsmittel. So gibt es für jeden Einzelnen etwas weniger, damit am Ende mehr von den Gebäudeförderung profitieren, erklärt das Bundeswirtschaftsministerium. Ein Beispiel: der Austausch alter Fenster. Früher lag der Fördersatz bei bis zu 25 Prozent der Kosten, die maximale Fördersumme: rund 15.000 Euro. Nach der neue Regelung liegt der Fördersatz bei nur noch bis zu 20 Prozent beziehungsweise maximal 12.000 Euro. Die neue Gebäudeförderung startet heute - mit einem ersten Teil, nämlich den neuen Förderbedingungen für Komplettsanierung. Anträge können bei der staatliche Förderbank KfW gestellt werden. Für Einzelmaßnahmen wie zum Beispiel der Fensteraustausch gelten die neuen Regeln ab Mitte August. Dafür ist aber das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zuständig. Für Neubauten gilt bis zum Jahresende das bisherige Förderprogramm. Erst 2023 soll die Neubauförderung umgestaltet werden. Dabei setzt der Bund deutlich stärker als bisher auf zinsverbilligte Kredite.
6verbraucher
Die israelische Armee hat in der Nacht erneut mehrere Ziele im Gazastreifen angegriffen. Ziel der Angriffe war nach israelischen Angaben die Organisation Islamischer Dschihad (PIJ), die nach der Hamas die zweitstärkste militärische Kraft im Gazastreifen ist. Dabei wurde ein weiterer Anführer der Organisation getötet. "Die hochrangige Führung des militärischen Flügels des Islamischen Dschihads in Gaza wurde neutralisiert", teilte der Leiter der Operationsabteilung, Generalmajor Oded Basiok, mit. "In den vergangenen Tagen hat er an der Vorbereitung eines Angriffs auf Israel mit einer Panzerabwehrrakete und Raketen gearbeitet", hieß es in der Mitteilung. Er sei auch für Terroranschläge in der Vergangenheit verantwortlich. Die palästinensische Seite bestätigte, dass bei einem israelischen Luftangriff Khaled Mansur getötet wurde. "Die Al-Kuds-Brigaden trauern um den Anführer und Kommandeur der südlichen Region", hieß es. Die Al-Kuds-Brigaden sind der bewaffnete Teil der radikal-islamischen Organisation. Die militanten Palästinenser reagierten mit massivem Raketenbeschuss auf Israel. In Jerusalem gab es in der Folge Raketenalarm. Zudem seien Explosionen zu hören gewesen, berichteten Zeugen vor Ort. Am Freitag und Samstag hatte der Islamische Dschihad bereits Hunderte Raketen auf israelisches Gebiet abgefeuert. Die meisten von ihnen wurden nach Angaben des israelischen Militärs von der Luftabwehr abgefangen.Das israelische Militär hatte am Freitag die großangelegte Militäraktion "Morgengrauen" gegen den Islamischen Dschihad gestartet. Dabei wurden der Militärchef Taisir al-Dschabari und weitere PIJ-Mitglieder getötet. Al-Dschabari war dem Militär zufolge verantwortlich für Raketenangriffe aus dem Küstenstreifen und geplante Angriffe auf Zivilisten. Er war als Kommandeur für den nördlichen Gazastreifen zuständig. Befürchtet wird nun, dass sich heute - dem jüdischen Fasten- und Trauertag Tischa BeAv - die Lage weiter zuspitzen könnte. Religiöse Juden betrauern an dem Tag die Zerstörung der beiden antiken Tempel in Jerusalem. Die Hamas rief am Abend dazu auf, die Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg "zu verteidigen und sich den israelischen Übergriffen auf die heilige Stätte entgegenzustellen". Seit Beginn der israelischen Luftangriffe am Freitag starben nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums 29 Menschen. Mindestens 250 seien verletzt worden. Unter den Toten sind demnach neben PIJ-Mitgliedern sechs Kinder. Palästinensische Berichte, wonach das israelische Militär für den Tod von fünf Kindern und einem Erwachsenen im Flüchtlingslager Dschabalia verantwortlich gemacht wird, wies Israel zurück. "Basierend auf Militärdaten scheint es, dass das Ereignis auf eine fehlgeleitete Rakete des Islamischen Dschihads zurückgeht", teilte das Militär mit. Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi teilte unterdessen mit, seine Regierung bemühe sich, Kämpfe und andere Gewaltakte zwischen beiden Seiten zu vermeiden, wie die staatliche Nachrichtenseite "Al-Ahram" berichtete. Berichten aus Gaza zufolge sollen sich auch die Vereinten Nationen und Katar um Vermittlung bemühen. Die Luftangriffe sollen am Montag auch den UN-Sicherheitsrat in New York beschäftigen. Aus Diplomatenkreisen hieß es, dass ein Treffen des mächtigsten Gremiums der Vereinten Nationen von den Vereinigten Arabischen Emiraten, Irland, Frankreich, Norwegen und China angefragt worden sei.
1asien
Die Spitzen der Koalitionsparteien SPD, Grüne und FDP beraten weiter über neue Entlastungsmaßnahmen. Die Gespräche im Berliner Kanzleramt dauerten an, hieß es aus Verhandlungskreisen. Am frühen Abend schnappten einige Ampelpolitiker auf dem Balkon des Kanzleramts bei Gesprächen in kleinen Runden frische Luft. Über den Stand der Verhandlungen unter Leitung von Bundeskanzler Olaf Scholz wurde Stillschweigen vereinbart. Die Ergebnisse der Beratungen sollen nach Abschluss der Gespräche von den Koalitionsspitzen den Medien vorgestellt werden. Das wird aber mutmaßlich erst am Sonntag der Fall sein. Aus Verhandlungskreisen hieß es, man werde in der Nacht nicht mehr vor die Presse treten. Die Gespräche würden in aller Vertraulichkeit fortgesetzt bis man ein Ergebnis habe.Erwartet wird ein ganzes Bündel von Maßnahmen, mit denen die Koalition auf die stark gestiegenen Energie- und Lebenshaltungskosten reagieren will. Im Gespräch waren Direktzahlungen für Menschen mit niedrigen Einkommen und insbesondere für Rentner und Studenten, Steuerentlastungen sowie die Nachfolge für das Neun-Euro-Ticket im Nahverkehr. Es wäre bereits das dritte Entlastungspaket in diesem Jahr. Zu den beiden bisherigen Entlastungspaketen gehörten unter anderem der Ende August ausgelaufene Tankrabatt, das Neun-Euro-Ticket und eine Energiepreispauschale. Sie hatten ein Gesamtvolumen von gut 30 Milliarden Euro. Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte am Mittwoch nach einer zweitägigen Kabinettsklausur der Bundesregierung ein "wuchtiges Paket für Entlastungen" angekündigt. Er sah dabei für dieses Jahr einen Spielraum für einen einstelligen Milliardenbetrag und für kommendes Jahr für eine zweistellige Milliardensumme. Scholz kündigte im Anschluss an die Klausur ein "möglichst maßgeschneidertes, möglichst effizientes, möglichst zielgenaues Entlastungspaket" an.SPD und Grüne fordern auch eine sogenannte Übergewinnsteuer, mit der Krisengewinne etwa wegen der hohen Gaspreise bei Energieunternehmen abgeschöpft werden könnten. Sie könnte auch zur Finanzierung weiterer Entlastungen dienen. Lindner und die FDP sehen die Übergewinnsteuer aber skeptisch.
3innenpolitik
Die Beziehungen sind gut, aber sie könnten noch besser sein. Auf diesen Nenner lassen sich die Erklärungen der Präsidenten des Irans und der Türkei, Recep Tayyip Erdogan und Ebrahim Raisi, nach ihrem Zweiergespräch bringen. Vor allem im Handel untereinander sei deutlich Luft nach oben, sagt Raisi: "Wir stellen uns vor, dass wir auf 30 Milliarden US-Dollar Handel zwischen unseren Ländern kommen. Das wäre noch einmal eine Verdreifachung des jetzigen Umfangs."Erdogan spricht sogar von viermal so viel wie bisher. Zuletzt hätten die Geschäfte unter der Corona-Krise gelitten. Um ihre Ziele zu erreichen, unterzeichneten der Iran und die Türkei etliche Verträge über intensivere Zusammenarbeit, darunter einige konkret bezogen auf kleine und mittelgroße Unternehmen.Erdogan spricht von einer besseren Zukunft in den türkisch-iranischen Beziehungen. Die Gespräche würden "neuen Schwung in unsere Beziehungen bringen".Bei diesem Schwung geht es zumindest dem Iran nicht nur um Wirtschaft. Die verstärkte Zusammenarbeit beider Länder sei vielmehr die Grundlage für insgesamt bessere - auch politische - Beziehungen, sagte Raisi: "Gute wirtschaftliche Beziehungen zwischen den beiden Ländern können zu guten Beziehungen insgesamt führen. Zwei mächtige Länder wie der Iran und die Türkei können für die Sicherheit in der Region und auf internationaler Ebene eine große Rolle spielen."Sicherheit ist für Erdogan ein Stichwort. Er kommt auf sein Hauptthema: Terrorismus. Und versucht, den Ton zu setzen für das bevorstehende Dreiergespräch mit Russlands Präsident Wladimir Putin am Abend.Dieses findet im so genannten Astana-Format statt, in dem die drei Länder in Bezug auf Syrien verbunden sind. Dort stehen Russland und der Iran der Seite von Machthaber Baschar al-Assad, die Türkei an der Seite von Oppositionellen. Erdogan möchte vor seiner geplanten erneuten Militäraktion in Nordsyrien das Einverständnis Russlands und des Irans. Und baut schon mal verbal vor: "Ganz gleich, in welchen Ländern Terroristen aktiv sind - sie sind für jedes betroffene Land ein Problem. Deswegen müssen wir solidarisch weiter gegen sie vorgehen."Auf ein Ja heute Abend kann er aber nicht setzen. Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei sagte nach seinem Gespräch mit Erdogan, jeder Angriff in Nordsyrien helfe nur den Terroristen. Das sehen übrigens die USA genauso. Oder anders ausgedrückt: Erdogan steht mit seinen Plänen für Nordsyrien bisher allein da.Der Gewinner des Treffens heute in Teheran steht nach Ansicht des iranischen Beobachters Amin Monatzeri unabhängig von weiteren Ergebnissen schon fest: Putin. Wenige Tage nach dem Besuch von US-Präsident Joe Biden in der Region sende der nämlich ein klares Signal in die Welt: "Schaut - ihr habt Sanktionen über Russland verhängt, versucht, es zu isolieren. Aber seht her: Russland ist es nicht!"
1asien
Nach dem Ende des 9-Euro-Tickets peilen Bund und Länder bis Mitte Oktober Klarheit über ein Folgeangebot an. Sie ringen allerdings noch um zusätzliche Milliarden für den gesamten Nahverkehr. Ziel ist dem Vernehmen nach ein Preis zwischen 49 und 69 Euro im Monat. Der große Streitpunkt bleibt bislang aber die Finanzierung des Vorhabens. Die Länder bestehen wegen hoher Energiekosten generell auf mehr Geld vom Bund für Busse und Bahnen. Sie erwarten mehr als die 1,5 Milliarden Euro, die das Verkehrsministerium in Aussicht gestellt hat. Nun haben beide Seiten beschlossen, bis Oktober in einer Arbeitsgruppe das Folgeangebot zu verabschieden - sehr zum Unmut des Mobilitätsforscher Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin. "Das war heute kein Ruhmesblatt für die deutsche Verkehrspolitik", kommentierte er in den tagesthemen die Beratungen von Bund und Ländern am Montag. "Wir hatten soviel Euphorie und Schwung mit dem 9-Euro-Ticket." Jetzt könne sich die Politik nicht einigen. "Das ist fast schon tragisch."Knie wünscht sich für den Nachfolger des 9-Euro-Tickets einen einheitlichen Preis. Geltungsbereich sollten seiner Meinung nach "alle Ecken der Bundesrepublik" werden. "Das sollte ein echter Kracher für die Verkehrswende sein", so Knie. Forschungen hätten ergeben, dass 29 Euro ein guter Preis wäre. Doch es reiche nicht, nur den Nahverkehr abzudecken. Das Ticket müsse auch im Fernverkehr und für das Sammeltaxi gelten. "Dann hätten wir eine wirklich gute Alternative zum Auto."Knie glaubt dagegen nicht, dass es besser wäre, mehr Geld in den Ausbau der Infrastruktur wie Autobahnen zu stecken. "Natürlich brauchen wir mehr Geld. Doch viel Geld steckt im Auto. Davon müssen wir etwas abzweigen." Man müsse Subventionierungen wie die Entfernungspauschale und das Dienstwagenprivileg auf den Prüfstand stellen. "Das Autofahren wird teurer werden müssen", so Knie. Bus, Bahn und die letzte Meile müssten dagegen billiger werden. "Davon haben wir alle etwas, besonders die unteren Einkommensklassen", sagte der Mobilitätsforscher. "Dann hätten wir auch tatsächlich etwas für die Klimaziele von Paris getan, die wir momentan ja nicht erreichen."
3innenpolitik
Erschreckend schwache Eckdaten und eine Gewinnwarnung beim Logistiker FedEx haben die Wall Street zum Wochenschluss aus dem Tritt gebracht. Der Post-Konkurrent hat in den vergangenen drei Monaten schlechter abgeschnitten als erwartet und seine Gewinnprognose für das Gesamtjahr zurückgezogen. Die Aktie brach um 21,4 Prozent massiv ein. Dies weckte sofort neue Rezessionsängste unter den Anlegern, schließlich gilt der Geschäftsverlauf eines weltweit tätigen Logistikers wie FedEx fast schon als eigener Konjunkturindikator. "Die Zahlen von FedEx bestätigten einen Abschwung der Weltwirtschaft und drohende Rezessionen in Amerika und Europa", sagte Analyst Ole Hansen von der Saxo Bank. "Was die Leute beunruhigt, ist die Frage, ob dies der Frühindikator für Schlimmeres sein kann."Im Verlauf fielen die amerikanischen Indizes auf den tiefsten Stand seit rund zwei Monaten, ehe sie sich im späten Geschäft aber noch erholten. Der Leitindex Dow Jones ging letztlich bei 30.822 Punkten nur moderat schwächer um 0,45 Prozent aus dem Handel. Schnäppchenjäger hatten im späten Geschäft auf niedrigerem Niveau noch zugegriffen. Im Tagestief stand der Dow bei 30.550 Punkten deutlich tiefer. Die Technologiebörse Nasdaq gab stärker um 0,9 Prozent nach, auch der Auswahlindex Nasdaq 100 verlor 0,55 Prozent. Der marktbreite S&P-500-Index ging bei 3873 Zählern aus dem Handel, ein Minus von 0,72 Prozent. Für den Dow ergibt sich ein Wochenverlust von 4,1 Prozent. Vor einem Monat hatte er noch ein Zwischenhoch bei 34.281 Punkten erreicht, von dem er mittlerweile um gut zehn Prozent zurückgefallen ist. Das Wochenminus für den Nasdaq-100-Index beläuft sich derweil auf 5,8 Prozent.Übergeordnet bleibt die Zinswende der Fed das große Thema. Sie sorgt ebenfalls für Rezessionssorgen, denn Anleger befürchten, dass eine zu restriktive Geldpolitik der Fed der Konjunktur stark schaden könnte. Zumal die Anleger bisher vergebens darauf warten, dass die jüngsten Zinserhöhungen der Notenbank Federal Reserve (Fed) im Kampf gegen die immer noch viel zu hohe Inflation von derzeit 8,3 Prozent Erfolge zeitigen. Erst wenn die Medizin der Fed zu wirken beginnt, dürfte es wieder mehr Optimismus an der Börse geben. Konkret droht damit weiteres Ungemach in der kommenden Woche. Denn am Markt wird ein Zinsschritt der Fed von mindestens 75 Basispunkten erwartet, es könnte sogar einen ganz großen Zinsschritt von einem ganzen Punkt geben.Ein solcher Schritt dürfte nicht ohne Folgen für die europäische Geldpolitik bleiben. "Solange die Fed als Leithammel der westlichen Notenbanken ihren Leitzinsturbo nicht zügelt, wird auch die EZB - soweit es die Konjunktur erlaubt - die Zinsen anheben, auch um den Euro nicht noch weiter zu schwächen", prognostizierte Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck.Mit einem Tagesverlust von 1,66 Prozent auf 12.741 Punkte beendete der DAX eine schwache Börsenwoche. Insgesamt gab der deutsche Leitindex in der abgelaufenen Handelswoche damit knapp 2,7 Prozent nach, obwohl es zum Wochenstart noch nach einer Erholung ausgesehen hatte. "Eine Woche zum Vergessen", titelte denn auch Jürgen Molnar von CMC Markets. Der anfängliche Optimismus der Anleger hatte bereits am Dienstag einen Schlag durch die anhaltend hohe Teuerung in den USA erlitten. Daraufhin geisterten Spekulationen durch den Raum, die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) könnte womöglich sogar zu einem massiven Zinsschritt von 100 Basispunkten gezwungen sein. Die Blicke der Anleger sind daher bereits fest auf die Zinssitzung der Fed in der kommenden Woche gerichtet. Zudem hagelt hagelt es derzeit von allen Seiten deutliche Konjunkturwarnungen - ob wie heute vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank oder von zuletzt fast jedem deutschen Forschungsinstitut oder diversen Branchenvertretern. Alle prophezeien unisono, dass Deutschland und damit auch Europa in eine Rezession abgleiten werden.So auch Martin Lück, Chef-Anlagestratege für Deutschland, Österreich und Osteuropa beim weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock. "Sollten Strom- und Gaspreise weiter steigen, drohen Unternehmensschließungen und eventuell ein schmerzhafter Anstieg der Arbeitslosigkeit."Dies mitten in einer durch die hohen Energiepreise induzierten höchsten Inflation seit über 40 Jahren - was wiederum unweigerlich die Notenbanken auf den Plan ruft die mit höheren Zinsen versuchen, gegenzusteuern. Ein Marktumfeld, wie es kaum schwieriger sein könnte. Auch eine Entspannung am Gasmarkt half da heute nicht. Kein Wunder also, dass sich die Anleger bei dieser Gemengelage vom Aktienmarkt zurückziehen, schließlich werden an der Börse im Idealfall zukünftige Gewinne gehandelt. An der Börse wurden die fundamentalen Warnungen lange ignoriert, zumal die Quartalsergebnisse der Unternehmen zum ersten Halbjahr noch überwiegend besser ausgefallen waren als erwartet. Damit könnte es jetzt aber vorbei sein, wie die verheerende Gewinnwarnung des US-Logistikers FedEx heute den Börsenbullen, also den Käufern, schmerzhaft vor Augen führte. Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir in den kommenden Tagen ähnliche Aussagen von anderen Unternehmen hören werden", warnte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade.Auch die Papiere der Konkurrenten aus Europa und den USA gerieten unter Druck. Deutsche Post gehörten mit einem Minus von fast 6.6 Prozent zu den größten Verlieren im DAX. Im Fokus stand heute zudem der Verfall auf Aktien- und Indexoptionen. "Nicht selten drehte der Markt nach solchen Terminen auch wieder in die andere Richtung, was wegen des übergeordnet weiterhin bestehenden Abwärtstrends hier eher Chancen nach oben bedeuten könnte", kommentierte Experte Molnar ausblickend.Experten sind aber derzeit skeptisch, was einen Trendwechsel betrifft. nicht einmal ermutigende Konjunkturdaten aus China könnten derzeit die Stimmung nachhaltig aufhellen, sagte Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets. Am Devisenmarkt notiert der Euro im US-Handel wieder leicht über der Parität zum US-Dollar. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 0,9954 (Donnerstag 0,9992) Dollar festEZB-Vize Luis de Guindos hält weitere Zinserhöhungen im Kampf gegen die hohe Inflation im Euroraum für unabdingbar. "Die Verlangsamung der Wirtschaft wird die Inflation nicht von alleine erledigen", sagte der Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB) in einem am Freitag veröffentlichten Interview der portugiesischen Wochenzeitung "Expresso". "Wir müssen die Normalisierung der Geldpolitik fortsetzen. Das ist etwas, das jeder verstehen muss."Das britische Pfund fiel heute erstmals seit 1985 unter die Marke von 1,14 Dollar. Die wirtschaftliche Lage in Großbritannien ist sehr schwierig. "Konjunkturell sieht es nicht rosig aus, die notwendigen Zinserhöhungen erschweren es der Wirtschaft zusätzlich", kommentierte Antje Praefcke, Devisenexpertin bei der Commerzbank. Das könnte die Bank of England (BoE) davon abhalten, in der kommenden Woche weitere kräftige Zinserhöhungen zu signalisieren. "Dies wäre aber notwendig, um den Markt davon zu überzeugen, dass die BoE auf Straffungskurs bleibt, wovon das Pfund profitieren könnte." Die Inflationsrate lag in Großbritannien zuletzt bei über zehn Prozent. Gleichzeitig rechnet die britische Notenbank mit einer länger anhaltenden Rezession.Anleger trennten sich im Vorfeld der Fed-Sitzung weiter von Staatsanleihen. Dies trieb die Rendite der zehnjährigen Bundestitel zwischenzeitlich auf ein Drei-Monats-Hoch von 1,817 Prozent. Zum Schluss lag die Rendite bei 1,75 Prozent. Die zweijährigen Papiere rentierten mit 1,594 Prozent so hoch wie zuletzt vor elf Jahren, am ende waren es knapp 1.52 Prozent. Die Stimmung der US-Verbraucher hat sich im September derweil moderater als erwartet aufgehellt. Das von der Universität Michigan erhobene Konsumklima stieg zum Vormonat um 1,3 Punkte auf 59,5 Zähler, wie die Universität am Nachmittag nach einer ersten Umfragerunde mitteilte. Volkswirte hatten im Schnitt mit einem Anstieg auf 60,0 Punkte gerechnet. Der Wert ist im historischen Vergleich immer noch niedrig. Im Juni war die Verbraucherstimmung auf ein Rekordtief von 50,0 Punkten gefallen.An der Frankfurter Börse sorgten heute Studien zu Immobilienaktien für Gesprächsstoff. Viele Kursziele wurden nach unten gesetzt. Immobilienwerte liefern sich in der Zinswende aktuell ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Einzelhändlern um die schwächste Branche des Jahres. Deutsche Immobilienwerte seien inmitten steigender Zinsen und harten Zeiten für Verbraucher aus gutem Grund billig, erklärte Barclays-Experte Sander Bunck. Neil Green von JPMorgan stellte sich derweil auf eine möglicherweise längere Dürreperiode für die Branche ein. Der Verkauf von Neuwagen in Europa hat im August erstmals seit über einem Jahr wieder leicht zugenommen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stiegen die Neuzulassungen in den EU-Staaten um 4,4 Prozent, nachdem sie zuvor 13 Monate in Folge gesunken waren, wie der europäische Herstellerverband ACEA mitteilte. Damit liegt der Neuwagenmarkt jedoch weiterhin knapp ein Drittel unter dem Niveau von vor der Corona-Pandemie.Daimler-Truck-Chef Martin Daum fordert von der Bundesregierung mit Blick auf die Infrastruktur für die Elektromobilität mehr Taten: "Aktuell gibt es seitens der Bundesregierung viele Pläne und Ankündigungen, aber wenig Konkretes", sagte Daum der Nachrichtenagentur dpa. "Was kommt am Ende raus, was wird tatsächlich umgesetzt und in welcher Geschwindigkeit? Der Wille ist da, die Tat fehlt noch." Heute werde eine 300-Kilowatt-Ladesäule gefeiert, die irgendwo eingeweiht wird. "Wir brauchen aber 700 Kilowatt oder ein Megawatt", sagte Daum. In dieser Größenordnung gebe es aber noch nichts.Ein negativer Analystenkommentar schickt die Aktien des Werbeflächenvermarkters Ströer auf Talfahrt. Die Experten der Deutschen Bank haben die Titel von "Kaufen" auf "Halten" heruntergestuft und das Kursziel auf 62 von 80 Euro gesenkt. Beim Telekommunikationsanbieter 1&1 stockt der Ausbau des eigenen Mobilfunknetzes. Das Zwischenziel von 1000 5G-Antennenstandorten bis Ende 2022 werde nicht erreicht, teilte der Konzern am Freitagabend in Montabaur mit. Grund seien Lieferprobleme beim wichtigsten Ausbaupartner, der die Bereitstellung von rund zwei Drittel der Standorte zugesichert habe. Das Zwischenziel werde nun voraussichtlich erst im Sommer 2023 erreicht.Auswirkungen auf den geplanten Netzstart habe dies nicht, betonte der Kommunikationsanbieter. 1&1 sieht sich weiter auf gutem Weg, den vorgesehenen Versorgungsgrad von 50 Prozent aller Haushalte deutlich vor Ende 2030 zu erreichen. Die Frequenzauflagen der Bundesnetzagentur sehen als Zwischenziel für alle Netzbetreiber die Errichtung von 1000 5G-Antennenstandorte bis Ende 2022 vor. Diese Vorgabe hält 1&1 für "grundsätzlich erreichbar", für einen Neueinsteiger sei diese "aber recht anspruchsvoll". Die United-Internet-Tochter 1&1 baut ein eigenes Netz für Handy-Kunden auf und will damit den Platzhirschen Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica Deutschland (O2) Konkurrenz machen.
2finanzen
Es gibt also genügend spannende Ansatzpunkte, über Marias unwahrscheinlichen Siegeszug zu sprechen. Doch das alles überlagernde Thema ist ihre Mutterschaft: kein Spielbericht ohne Verweis auf ihre zwei Töchter, kein Interview ohne Frage danach. Aber Maria sieht das positiv. "Ich liebe es, darüber zu sprechen. Für mich ist das Wichtigste in meinem Leben, eine Mutter von zwei Kindern zu sein." So kommt Maria auch schnell auf ihre Töchter (1 und 8 Jahre alt) zu sprechen, als die Sportschau sie auf ihre Halbfinalgegnerin Ons Jabeur anspricht. "Sie ist Teil unserer Familie, ich kenne sie seit Ewigkeiten. Sie liebt Kinder im Allgemeinen und natürlich auch meine Kinder. Wenn sie Charlotte sieht, spielt sie immer Tennis mit ihr. Wenn sie Cecilia sieht, ist sie quasi ihr kleines Baby. Mit Ons verstehen wir uns wirklich sehr, sehr gut."Jabeur gab die Komplimente nach ihrem 3:6, 6:1, 6:1 gegen die Tschechin Marie Bouzkova am Dienstag zurück. "Ich liebe Tatjana so sehr, ihre Familie ist großartig. Sie ist meine Barbecue-Freundin." Halbfinalistin und gleichzeitig zweifache Mutter - "das ist eine unglaubliche Geschichte", sagte Jabeur. Sie würde sich wünschen, dass andere zu Maria aufschauen würden. Maria nimmt die Rolle einer Vorkämpferin ein, für mehr Unterstützung für Mütter auf der WTA-Tour. "Denn es gibt mehr und mehr Mütter, die zurückkommen und gut Tennis spielen", sagte sie der Sportschau. Sie fordert, dass die Regeln Schwangerschaften anders berücksichtigen sollten als Verletzungen. "Das ist einfach nicht das Gleiche. Wenn man schwanger ist, ist das einfach etwas komplett anderes für den Körper."Was Maria von anderen, prominenteren Müttern wie zum Beispiel Serena Williams oder Viktoria Asarenka unterscheidet: Sie bekam ihr erstes Kind schon recht früh mit 26 Jahren und schafft es jetzt, 15 Monate nach der Geburt ihrer zweiten Tochter, das beste Tennis ihrer Karriere zu spielen. Was Maria dadurch für Spielerinnen mit Kinderwunsch ist, ist Jabeur für die arabische Welt - ein Vorbild, eine Pionierin. 2011 gewann die Tunesierin die Juniorinnenkonkurrenz der French Open und damit als erste Nordafrikanerin einen Wettbewerb bei einem Grand-Slam-Turnier.2021 folgte in Birmingham ein WTA-Titel - der erste für eine arabische Spielerin. Und zuletzt sorgte sie in Madrid für den ersten Sieg einer afrikanischen Frau bei einem WTA-Turnier der höchsten Kategorie. "Sie ist eine Repräsentantin für Tunesien, für die arabische Welt, für ganz Afrika." So zitiert die "Süddeutsche Zeitung" einen tunesischen Diplomaten. Jabeur ist mit ihren 27 Jahren in absoluter Topform und nach dem Aus der Weltranglistenersten Iga Swiatek die Favoritin auf den Titel in Wimbledon. Ihr Spiel ist kraftvoll und variantenreich, was gute Voraussetzungen für ein Duell mit Slice-Spezialistin Maria ist.Das Halbfinalduell wird also sportlich und emotional hoch interessant. "Es wird schwer, gegen sie zu spielen", sagt Jabeur, "sie ist eine gute Freundin." Fest steht schon jetzt: Eine der zwei bemerkenswerten Erfolgsgeschichten wird mit dem Einzug ins Wimbledonfinale fortgeschrieben. Quelle: sportschau.de
4sportschau
Die Proteste im Iran nach dem Tod von Mahsa Amini gehen weiter, Tausende Menschen waren nach iranischen Medienberichten in etwa 15 Städten auf den Straßen. In der Nacht gab es erneut gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Iranischen Medien zufolge sind bisher elf Menschen getötet worden - darunter offenbar auch vier Sicherheitskräfte. Die Nachrichtenagentur AP zählte neun Tote.Die kurdische Menschenrechtsorganisation Hengaw meldet zehn Demonstranten, die von Sicherheitskräften getötet worden seien. Offizielle iranische Stellen bestreiten das und behaupten, bewaffnete Dissidenten hätten sie erschossen. Die Angaben beider Seiten lassen sich aktuell nicht überprüfen.Am vergangenen Freitag war die 22-jährige Amini in einem Krankenhaus in Teheran gestorben. Vor ihrem Tod hatte die Sittenpolizei ihr vorgeworfen, sich nicht an die strengen Hidschab-Vorschriften zu halten, und sie festgenommen.Viele Menschen spekulierten im Anschluss darüber, dass die Polizisten Amini geschlagen haben. Irans Innenminister Abdolresa Rahmani Fasli und die Polizei bestreiten das, die Behörden leiteten aber Ermittlungen ein. Ein ranghoher Berater sagte, Ajatollah Ali Khamenei drücke Aminis Familie sein Beileid und "seinen Schmerz über ihren Tod" aus.Auf Videos in den sozialen Netzwerken sah man im Anschluss unter anderem Frauen, die ihre Kopftücher verbrannten, und zwei Demonstranten, die zwei große Plakate mit den Köpfen des früheren Obersten Führers Ruhollah Khomeini und seinem Nachfolger Khamenei zerreißen. Ob die Videos echt sind, lässt sich schwer überprüfen. Auch die Dimension der Proteste ist schwer einzuschätzen.Der Iran-Experte Ali Fathollah Nejad erklärt anhand englischsprachiger Studien: "Wenn wir uns allein die Zahlen vor Augen führen, haben wir letztes Jahr 4000 Proteste im Iran gehabt. Das ist ein Rekordwert seit 2016. Und im ersten Halbjahr dieses Jahres haben wir 2200 Proteste gesehen. Das bedeutet: Wir sehen einen großen Unmut unter verschiedenen gesellschaftlichen Gruppierungen gegen das Regime."Bisher ist es dem Regime in Teheran allerdings immer gelungen, diese Demonstrationen niederzuschlagen - ob sie wegen hoher Benzinpreise 2019 stattfanden, wegen nicht gezahlter Löhne, dem versehentlichen Abschuss einer ukrainischen Passagiermaschine 2020, wegen Wassermangel oder eines eingestürzten Gebäudes mit vielen Toten diesen Sommer.Die Behörden haben nun offenbar das Internet blockiert, berichten die Menschenrechtsorganisation Hengaw und die Beobachtungstelle für Internetsperren, NetBlocks. Der Zugang zu Instagram sei eingeschränkt, die Mobilfunknetze zudem abgeschaltet. Instagram ist die einzige große Social-Media-Plattform, die im Iran zugelassen ist."Der Iran unterliegt nun den strengsten Internetbeschränkungen seit dem Massaker im November 2019", teilte NetBlocks mit. Damals waren 1500 Menschen getötet worden.
1asien
Das Infektionsschutzgesetz ist die Rechtsgrundlage dafür, dass die Länder Corona-Maßnahmen erlassen können. Es läuft Ende September aus. Nach langen Diskussionen haben sich vergangene Woche Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) auf ein neues Paket an Regeln geeinigt. Allerdings reißt auch nach dieser Einigung die Kritik nicht ab. Mehrere Länder haben noch Klärungsbedarf. Bei der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) ist dies heute der einzige Tagesordnungspunkt. Der Entwurf sieht vor, dass Länder eine Maskenpflicht erlassen können. Menschen in Restaurants oder bei Kultur- und Sportveranstaltungen müssen aber keine Maske tragen, wenn ihre Impfung nicht älter als drei Monate ist. Ausnahmen soll es auch für Getestete und frisch Genesene geben. Vor allem diesen Punkt sehen viele skeptisch. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hält das etwa für fachlich nicht zu rechtfertigen, da auch frisch Geimpfte und Genesene Infektionen übertragen könnten. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sieht bei dieser Frage noch Diskussionsbedarf. "Das halte ich nicht für eine kluge Regelung", sagte er dem "Weser-Kurier". Auch frisch Geimpfte könnten sich infizieren und andere anstecken, argumentiert auch er.Zuletzt hatte auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki das ausgehandelte Schutzkonzept kritisiert. Der Vorschlag seines Parteifreunds Buschmann bedürfe "in den weiteren Beratungen noch einiger Überarbeitungen", sagte Kubicki der "Welt". "Warum zum Beispiel eine Maskenpflicht im Freien verhängt werden kann, ist mir nicht klar." Kubicki sagte, er gehe davon aus, dass der Entwurf verändert werde. "Marco Buschmann weiß, dass die FDP-Fraktion sehr selbstbewusst ist." Auch der Abgeordnete Frank Schäffler verlangte "dringend" Nachbesserungen.Die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Petra Grimm-Benne (SPD), sieht im Entwurf für das neue Infektionsschutzgesetz eine gute Grundlage für weitere Diskussionen zum Schutz vor dem Coronavirus. In den Gesetzentwurf sei eingeflossen, was ein Expertenbericht ergeben habe. Es sei deutlich geworden, dass der Impfschutz nach drei Monaten erheblich nachlasse, so Grimm-Benne. Niemand werde verlangen, dass man sich alle drei Monate neu impfen lasse. Es wäre aber ein verhältnismäßig gutes Mittel, dann Masken zu tragen.Die Vorsitzende des Ärzteverbandes Marburger Bund, Susanne Johna, reagierte mit Unverständnis auf die Kritik. "Die Länder können regional angepasst Maßnahmen zum Schutz der Menschen ergreifen, wenn die Notwendigkeit dazu besteht", sagte Johna der "Rheinischen Post". "Ich kann nicht verstehen, dass man dieses Konzept schon gleich wieder in Frage stellt."Der Bundestag kommt nach der Sommerpause ab 5. September wieder zur ersten Sitzungswoche zusammen und könnte das Gesetz dann beschließen. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) will, dass der Bund gemeinsam mit den Ministerpräsidenten über das künftige Infektionsschutzgesetz berät. Den regelmäßigen Austausch auf der Ebene der Gesundheitsminister sei richtig, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Ich halte es aber für notwendig, dass auch die Regierungschefinnen und Regierungschefs darüber beraten." Das Gesetz müsse auch durch den Bundesrat.
3innenpolitik
In der Millionenmetropole Chengdu im Westen Chinas haben die Behörden einen mehr als zwei Wochen andauernden Corona-Lockdown beendet. Offiziellen Angaben zufolge wurden keine neuen Corona-Infektionen mehr festgestellt. Während des Lockdowns in der Stadt mit mehr als 16 Millionen Einwohnern waren Schulen und Geschäfte geschlossen. Die Einwohner mussten zu Hause bleiben.Am Montag sollten Behörden, der öffentliche Nahverkehr und Unternehmen ihren Betrieb erstmals seit ihrer Schließung am 1. September wieder aufnehmen. In Chengdu werden indes weiterhin Corona-Massentests durchgeführt. Wer öffentliche Orte betreten oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren will, muss einen höchstens 72 Stunden alten negativen Corona-Test vorweisen. Ähnliche Regeln gelten in weiteren chinesischen Metropolen wie Peking und Shanghai.Der Lockdown in Chengdu war so strikt, dass manche Bewohner nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP ihre Wohnungen nicht einmal verlassen durften, als ein Erdbeben in einer benachbarten Region der Provinz Sichuan auch die Stadt erschütterte.Die Schulen in Chengdu sollen nun "auf geordnete Weise" wieder öffnen, für die Schülerinnen und Schüler gelten strikte Testregeln. Wer Fitnessstudios, Schwimmbäder, Mahjong-Klubs und andere öffentliche Innenräume betritt, muss einen maximal 48 Stunden alten negativen Test vorweisen.In der Stadt soll vom 30. September an die Tischtennis-Weltmeisterschaft stattfinden. Die Teilnehmer sollen dafür weitgehend von der Bevölkerung abgeschottet werden. Es ist die erste große internationale Sportveranstaltung in China seit den Olympischen Winterspielen im vergangenen Februar und März.China verfolgt als einzige größere Wirtschaftsmacht der Welt nach wie vor eine strikte Null-Covid-Strategie, bei der einzelne Ausbrüche sofort durch Abriegelungen und Massentests bekämpft werden. Fachleute gehen davon aus, dass sich die besonders schwer einzudämmende Omikron-Variante zuletzt in verschiedenen größeren Städten in China ausgebreitet hat.Unter anderem hatte in Chinas größter und wirtschaftlich äußerst bedeutender Stadt Shanghai im Frühjahr zwei Monate lang ein Lockdown gegolten. Zahlreiche Unternehmen und Fabriken mussten ihren Betrieb damals vorübergehend einstellen, was zu einem Rückgang des Wirtschaftswachstums in China geführt hat.
1asien
Ob ab Donnerstag wieder Gas durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 fließen wird, ist ungewiss. Die Wartungsarbeiten an der wichtigsten Versorgungsleitung von Russland nach Deutschland sollen zwar an diesem Donnerstag abgeschlossen sein. Aber nach Darstellung des russischen Gazprom-Konzerns fehlt weiterhin eine Turbine von Siemens Energy, die Kanada lange wegen der Sanktionen nach Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zurückgehalten hat. Der russische Gazprom-Konzern hatte Siemens am Samstag zur Rückgabe der in Kanada reparierten Turbine aufgefordert, um den Weiterbetrieb der von Russland nach Deutschland führenden Pipeline gewährleisten zu können. Die Turbine sei wichtig für die Kompressorstation Portowaja, die wiederum für den Betrieb von Nord Stream 1 essenziell sei, hatte Gazprom mitgeteilt.Ungeklärt war zuletzt, wo sich die Turbine befand und wann sie eingebaut wird. Der Hersteller Siemens Energy wollte heute keine Angaben zum Stand der Dinge machen. Es bleibe dabei, "dass es unser Ziel ist, die Turbine so schnell wie möglich zu ihrem Einsatzort zu transportieren", hieß es auf Anfrage in München. Auch das Bundeswirtschaftsministerium machte am Mittag keine konkreten Angaben zum derzeitigen Verbleib des Bauteils. Die russische Zeitung "Kommersant" berichtet unter Berufung auf mit den Vorgängen vertraute Personen, dass die Turbine repariert und von Kanada am Sonntag per Flugzeug nach Deutschland geliefert worden sei. Sollte es keine Probleme mit der Logistik oder dem Zoll geben, werde es weitere fünf bis sieben Tage dauern, bis die Turbine in Russland ankomme, schreibt "Kommersant". Sollte das zutreffen, würde sich bereits jetzt abzeichnen, dass der Termin am Donnerstag nicht zu halten sein wird.   Das Bundeswirtschaftsministerium widerspricht unterdessen der Gazprom-Darstellung, bei der Turbine handele es sich um ein unverzichtbares Bauteil; vielmehr sei es nur eine Ersatzturbine. "Es handelt sich um eine Ersatzturbine für den Einsatz im September", sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Es sei ein Vorwand der russischen Seite, dass wegen der Wartung dieser Turbine der Gasfluss durch die Nord Stream 1 Pipeline habe gedrosselt werden müssen. Auch implizieren die Äußerungen aus dem Haus von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), dass die Wiederaufnahme der Gaslieferungen eigentlich nicht davon abhängig sein sollte, wann das Bauteil in Russland eintrifft. Dennoch halten Beobachter es für denkbar, dass Gazprom die Wiederaufnahme der Gaslieferung unter Verweis auf die fehlende Turbine zumindest verzögert.Bereits vor einigen Tagen hatte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Franziska Brantner (Grüne), auf der Nachrichtenseite ntv.de unterstrichen, dass die aktuellen Lieferkürzungen eine rein politische Grundlage hätten und keine technische. Denn durch Nord Stream 1 fließt seit dem 11. Juli wegen der Wartungsarbeiten kein Gas mehr. Ob Russland nach Beendigung der Arbeiten den Gashahn tatsächlich wieder aufdreht, gilt als offen. Schon vor Beginn der zehntägigen Wartungsarbeiten hatte Gazprom die Gasdurchleitung durch die Pipeline um 60 Prozent gedrosselt. Das trieb die ohnehin hohen Gaspreise weiter in die Höhe.Der wegen der Folgen der explodierenden Preise in Schieflage geratene Versorger Uniper greift unterdessen auf einen milliardenschweren Kredit der staatseigenen Förderbank KfW zurück. "Uniper hat heute die bestehende KfW-Kreditfazilität in Höhe von zwei Milliarden Euro in Anspruch genommen und damit die Fazilität vollständig ausgeschöpft", teilte der Konzern heute mit. Wie lange die Gelder reichen, hängt einem Uniper-Sprecher zufolge von der weiteren Entwicklung des Gasmarkts ab. Uniper stehe in engem Austausch mit seinen Banken und der Bundesregierung, betonte er. Ziel sei die finanzielle Stabilisierung des Unternehmens. Uniper hatte die Bundesregierung um Hilfe gebeten, aktuell laufen Gespräche über eine Rettung mit staatlicher Hilfe. Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, erwartet derweil, dass auf Deutschland "ein langfristig andauernder Gasmangel" zukommt. Er verlangt, die Versorgung mit Erdgas für den Fall eines Mangels neu zu regeln. "Die aktuellen Priorisierungsregeln in einer Gasmangellage wurden für eine kurzfristige Unterbrechung einzelner Leitungen geschaffen", sagte er heute. "Für die harte neue Energie-Realität muss die Politik in Berlin und Brüssel eine neue Regelung schaffen. Diese hat alle Teile der Gesellschaft entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit in die Pflicht zu nehmen." Jetzt zähle "jede eingesparte Kilowattstunde Gas und Strom", sagte er. "Neben Unternehmen, Kommunen und Ländern müssen Privatverbraucherinnen und -verbraucher Teil der massiven Energiesparkampagne werden."
6verbraucher
Das kleine Kind auf der Liege in einem Krankenhaus der jemenitischen Stadt Taiz ist an Armen und Beinen verbunden. Es hat jedoch noch einmal Glück gehabt. Die Mutter berichtet einem Fernsehsender: "Unsere Kinder haben auf der Straße gespielt - es galt doch als sicher. Plötzlich wurden sie beschossen. Sie sprechen über eine Waffenruhe - aber wo ist die, wenn unsere Kinder beschossen werden?"Mindestens elf Kinder wurden bei dem Beschuss von den Huthis vor einigen Tagen verletzt, ein Junge starb. Ausgerechnet in der letzten Woche der bislang geltenden Waffenruhe kam es im sonst deutlich friedlicheren Jemen wieder vereinzelt zu Gefechten - wie so oft sind Kinder die Leidtragenden. Der UNICEF-Vertreter im Jemen, Philippe Duamelle, sagt im Interview mit der ARD: "Der jüngste Vorfall in Taiz ist eine Tragödie. Seit Beginn der Waffenruhe sind die Opferzahlen insgesamt wirklich deutlich zurückgegangen. Aber dennoch gab es zuletzt einige Gewaltausbrüche - und das in Taiz hätte nicht passieren dürfen."Die UN habe die Forderung erneuert, die Waffenruhe strikt einzuhalten und dass Zivilisten, vor allem Kinder, nicht als Ziel genommen werden dürfen. Der Jemen brauche eine längere Waffenruhe dringend, die zu einem Friedensprozess und anhaltenden Frieden im Jemen führt, sagt Duamelle.Die Bewohner von Taiz gehen auf die Straße, demonstrieren für ein Ende der Gewalt - vor allem aber für ein Ende der Belagerung durch die Huthis. "Die Befreiung von Taiz ist unser wichtigstes Ziel. Die Stadt ist seit bald acht Jahren unter Belagerung, die Huthis kontrollieren die Eingänge und Ausgänge. Sie stellen sich auch gegen die Bevölkerung. Es gibt kein Haus in Taiz, in dem nicht schon drei, vier Menschen getötet wurden", sagt Aref Jamil, stellvertretender Gouverneur von Taiz.Das Schicksal jemenitischen Stadt, die immer noch von den Huthis belagert ist, gilt als einer der Dreh- und Angelpunkte in den Verhandlungen um eine Fortsetzung der Waffenruhe. Der UN-Sondergesandte für den Jemen, Hans Grundberg, macht sich für eine mehrmonatige Verlängerung stark:"Lassen Sie uns klar sein: Die Alternative zur Waffenruhe ist eine Rückkehr zur Gewalt - vermutlich eine verschärfte Phase des Konflikts, mit allen Konsequenzen für die Zivilisten und die Region. Die Opferzahlen sind durch die Waffenruhe um zwei Drittel zurückgegangen." Im Jemen kämpfen Anhänger des ehemaligen Präsidenten Abdrabbo Mansour Hadi, unterstützt von einer Militärkoalition unter Führung Saudi-Arabiens, gegen die Huthi-Rebellen, die das Land 2014 überrannt hatten. Die Huthis erhalten Hilfe aus dem Iran. Anfang April einigten sich die Kriegsparteien auf eine zweimonatige Waffenruhe, die dann im Juni nochmals um zwei Monate verlängert wurde. Seitdem habe sich die Lage für die Zivilbevölkerung verbessert, sagt Ahmad Baroudi von der Hilfsorganisation "Save the children":Es komme wieder Öl ins Land, das erleichtere die Transporte. Auch Krankenhäuser könnten wieder besser arbeiten, sagt Baroudi.Doch trotz der Verbesserungen: Die humanitäre Lage im Jemen gilt immer noch als katastrophal: Rund 80 Prozent der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. Die Infrastruktur ist in den mehr als sieben Kriegsjahren kollabiert. Es mangelt an Ärzten und sauberem Trinkwasser, Lebensmittel sind teuer. Tausende Kinder hungern - und die weltweite Versorgungskrise macht die Lage noch schwieriger. "Wir haben 2,2 Millionen Kinder unter fünf Jahren im Land, die akut unterernährt sind - mehr als eine halbe Million davon ist lebensbedrohlich unterernährt. Insgesamt sind zwei Drittel der Bevölkerung auf Hilfe angewiesen", berichtet UNICEF-Vertreter Duamelle.Die Vereinten Nationen sprechen im Jemen von der schlimmsten humanitären Krise weltweit. Doch die Hilfsgelder der internationalen Gemeinschaft bleiben aus. Duamelle beklagt: Alle hoffen jetzt auf eine Verlängerung der Waffenruhe im Jemen - denn die bedeutete für die Menschen vor Ort vor allem eines: Hoffnung. "Einer der wichtigsten Aspekte der Waffenruhe ist, dass es den Menschen eine Perspektive gegeben hat. Hoffnung, dass dieser Krieg nach mehr als sieben Jahren beendet werden kann - und zwar nicht durch einen Sieger auf dem Schlachtfeld, sondern durch Lösungen am Verhandlungstisch", sagt Baroudi von "Save the children". Das habe den Menschen eine Perspektive geben, dass sich ihre Lage verbessern könne. "Ob die Waffenruhe verlängert wird? Alle warten jetzt auf den Zehenspitzen auf diese Nachricht", so Baroudi.
1asien
Bereits im Wahlkampf war von allen drei Parteien der Ampelkoalition Überarbeitungsbedarf angemeldet worden: Das unter dem Kanzler Gerhard Schröder (SPD) 2005 eingeführte Arbeitslosengeld II (Hartz IV) ist nicht nur in die Jahre gekommen - es gilt schon länger als reformbedürftig. Nicht nur, weil das Bundesverfassungsgericht 2019 Korrekturen angemahnt hat, etwa bei der bisherigen Sanktionspraxis, Jugendliche im Vergleich zu höheren Altersgruppen härter zu behandeln. Und: Es dürfe zwar Sanktionen geben, aber in Maßen. Weil es um das vom Grundgesetz geschützte Existenzminimum gehe, also eine Frage der Menschenwürde, dürften die Sanktionen nicht zu weit gehen.Doch es geht um mehr: Es zeigte sich in der Arbeitsmarktforschung, dass auch das Hartz-IV-System mit dem Grundsatz des "Fördern und Forderns" die Gruppe der Langzeitarbeitslosen nicht signifikant verringern konnte. Das sind rund eine Million Erwerbslose trotz günstiger Arbeitsmarktentwicklung. Hier mahnte das Institut für Arbeitsmarkt - und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit bereits 2015 Reformbedarf bei der Förderung der Langzeitarbeitslosen an.Die Jobcenter sollen in Zukunft großzügiger mit der Lebenssituation von Leistungsempfängern umgehen, damit diese sich vor allem darum kümmern können, möglichst schnell wieder Fuß auf dem Arbeitsmarkt zu fassen.Konkret heißt das: In den ersten zwei Jahren des Bezugs von Bürgergeld sollen Leistungsempfänger in jedem Fall in ihren Wohnungen wohnen bleiben dürfen, diese werden in die Berechnungen nicht miteinbezogen. Danach soll wie bislang auch überprüft werden, ob zum Beispiel die Wohnsituation angemessen ist. Zudem sollen Vermögen von bis zu 60.000 Euro nicht angetastet werden.Mehr Möglichkeiten und Anreize für Weiterbildung, auch das beinhaltet Heils Vorschlag zur Reform des Grundsicherungssystems. Unter anderem sollen Menschen bei Bedarf mehr Zeit für den Erwerb eines Berufsabschlusses bekommen: drei statt bisher zwei Jahre. Die Weiterbildungsprämie soll entfristet werden, Coaching soll ein neues "Regelinstrument zur ganzheitlichen Betreuung" werden.Heil setzt mehr auf das Prinzip Vertrauen, Qualifizierung und Weiterbildung als das Hartz-System bisher. So soll ab Bezug des Bürgergelds eine sechsmonatige "Vertrauenszeit" gelten, in der verringerte Leistungen ausgeschlossen sind. Nur wer gar nicht mit dem Jobcenter kooperiert, muss negative Konsequenzen fürchten. Auch nach dieser Frist soll eine Vertrauenszeit ohne feste Mindestdauer folgen - Jobcenter können nur bei "Verletzungen des Vertrauens" Mitwirkungspflichten verbindlich festlegen.Und: Der bisherige "Vermittlungsvorrang" beim Umgang mit Langzeitarbeitslosen soll abgeschafft werden. Das heißt, dass Ausbildung und berufsabschlussbezogene Weiterbildung Vorrang vor einem Aushilfsjob haben können. Bürgergeld-Empfänger und -Empfängerinnen sollen nicht den erstbesten Job annehmen müssen, für den sie überqualifiziert sind und sich lieber weiterqualifizieren. Dafür soll zum Beispiel die Weiterbildungsprämie entfristet werden. "Menschen bekommen Zeit zum Lernen, die sie brauchen", heißt es in dem Eckpunktepapier des Arbeitsministeriums.Große Kritik hatte es in der Vergangenheit immer wieder an den Sanktionen gegeben, die Hartz-IV-Empfänger befürchten mussten, wenn sie sich beispielsweise nicht an Vereinbarungen mit dem Jobcenter halten. Der Bundestag hatte mit Stimmen der Ampel-Fraktionen die bisherige Sanktionspraxis bereits ab Mitte Mai ausgesetzt - als Vorgriff auf die Bürgergeld-Reform. Die Grünen hatten im vergangenen Bundestagswahlkampf noch gefordert, die Sanktionen komplett abzuschaffen. Das soll nun nicht passieren. Aber die Sanktionsmöglichkeiten werden im Entwurf des Arbeitsministers zurückgefahren: Jugendliche müssen keine höheren Leistungsminderungen mehr befürchten als Menschen ab 25 Jahren. Das Prinzip von "Fördern und Fordern" wird nicht ganz abgeschafft. Allerdings sieht der Vorschlag von Hubertus Heil eine Verringerung der bisherigen Sanktionsmöglichkeiten vor. Aber: "Für Menschen, die chronisch keine Termine wahrnehmen, kann es nach wie vor Rechtsfolgen haben", so der SPD-Arbeitsminister. Der FDP ist das Instrument sehr wichtig, Sanktionen weiter androhen zu können. "Es ist eine Frage des Respekts, dass es auch künftig einen Unterschied machen muss, wenn eine kleine Minderheit sich nicht an Regeln hält", schrieb FDP-Vize Johannes Vogel dazu in einem Gastbeitrag für die "FAZ".Die FDP unterstützt zwar angesichts des aktuellen Arbeits- und Fachkräftemangels Heils "deutlichen Fokus auf Aus- und Weiterbildung" sowie kulantere Hinzuverdienstregeln. Doch sowohl am künftigen Umfang der Sanktionen als auch an der Neuberechnung der Regelsätze, wie sie der Arbeitsminister vorschlägt, gibt es Dissens zwischen SPD, Grünen einerseits und der FDP. Der Koalitionsvertrag enthält keine Verabredungen zur Berechnung.Bisher völlig unvereinbare Positionen zwischen SPD und FDP gibt es deswegen in der Frage, ob der Hartz-IV-Nachfolger eine neue Berechnungsgrundlage bekommt, was zu einer deutlichen Erhöhung führen würde: Das wäre ein Plus von etwa 40 bis 50 Euro im Vergleich zum jetzigen Hartz-IV-Regelsatz von 449 Euro pro Monat. Heil geht damit auf Forderungen der Sozialverbände ein. Die kritisieren, dass das Existenzminimum schon jetzt ohne die kriegsbedingten Preissteigerungen bei Lebenshaltungskosten zu knapp bemessen ist und die Inflation nicht ausgleiche. Heil argumentiert damit, dass die bisher geltende Standard-Anpassung des Regelsatzes den aktuellen Preissteigerungen stets hinterherhinke und diese nicht kompensieren könne. Die FDP ist dagegen, zusätzliches Geld in eine pauschale, für alle Bürgergeld-Empfängerinnen und -Empfänger geltende Erhöhung des Regelsatzes zu stecken. Nach Vorstellung von Heils Eckpunkten vergangene Woche machte die FDP umgehend klar, dass sie seiner neuen Berechnungsmethodik nicht zustimmen werde. Sie verweist darauf, dass die Regelsätze ohnehin jährlich turnusgemäß an die Lohn- und Preisentwicklung angepasst würden. Das künftige Bürgergeld solle "eine Aktivierung sein und kein bedingungsloses Grundeinkommen", so FDP-Chef Christian Lindner. CDU-Partei- und Fraktionschef Friedrich Merz gibt sich skeptisch: Er sei "sehr gespannt, ob es überhaupt noch irgendwelche Anreize gibt, in den Arbeitsmarkt zurückzukehren". CDU-Vize Carsten Linnemann sieht in den vorliegenden Eckpunkten bereits eine völlige Abkehr vom Prinzips "Fördern und Fordern". Damit mache die Ampelkoalition Arbeiten noch unattraktiver trotz zwei Millionen freier Stellen - das von Heil vorgestellte Bürgergeld sei falsch verstandene soziale Gerechtigkeit.Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch rief die Ampel-Koalition dazu auf, sich hinter das Konzept von Arbeitsminister Heil zu stellen und bei den Regelsätzen nicht der FDP-Forderung nachzugeben. AfD-Vize-Fraktionschef Norbert Kleinwächter hält das Bürgergeld-Konzept für unsozial und plädiert für einen aktivierende Grundsicherung mit Anreiz zur Erwerbsarbeit: "Das Bürgergeld verhöhnt die Berufstätigen, ignoriert die Bedürfnisse der Bedürftigen und bedient ausschließlich die Interessen derer, die vom Sozialstaat nicht aufgefangen werden sollten."Die Sozialverbände halten die Reform für keinen großen Wurf, allenfalls "ein Schritt in die richtige Richtung". Sie begrüßen, dass Langzeitarbeitslose besser unterstützt werden, indem der Vermittlungsvorrang wegfällt und sie nicht mehr gezwungen werden, jede Arbeitsstelle anzunehmen. Auch das begleitende aufsuchende Coaching für die Arbeitssuchenden ist sinnvoll.Doch sie fordern eine deutlichere Erhöhung der Regelsätze: "Ohne eine Erhöhung geraten die Menschen in existenzbedrohende Notlagen, sagt etwa die Diakonie Deutschland. Hier müsse die Bundesregierung dringend nachbessern.  Das Ziel des Arbeits- und Sozialministers ist die Einführung des neuen Bürgergeldes zum 1. Januar 2023. Dies wird auch von Bundeskanzler Olaf Scholz unterstützt. Heil hält sein Bürgergeld-Konzept innerhalb der Ampelkoalition für weitestgehend geeint. Details werden nun im Kabinett und Ressortabstimmung geklärt - und vermutlich auch im nächsten Koalitionsausschuss. Die von Heil angedachte Neuberechnung der Regelsätze muss im Herbst parlamentarisch beraten werden, dann wird auch der neue Bundeshaushalt in parlamentarischen Beratungen festgezurrt.Das Gesetz ist zustimmungspflichtig - und muss deswegen auch vom Bundesrat mehrheitlich unterstützt werden. So wird Heil auch bei Union und den Bundesländern für seine Reform noch werben müssen.
3innenpolitik
Kevin Kühnert hat sein Twitter-Profil deaktiviert. Seit Montag ist es nicht mehr erreichbar. Kühnert hatte etwa 370.000 Twitter-Follower. Sein Instagram-Profil mit gut 93.000 Followern war am Montag noch online. Er habe das Konto in den letzten Monaten kaum noch genutzt, sagte der SPD-Generalsekretär dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Dann muss man für sich einfach irgendwann auch mal die Konsequenz ziehen und sagen: Das scheint gerade für meine politische Arbeit nicht das richtige Medium zum Senden und Empfangen zu sein." Dies sei der Grund für die Deaktivierung. Kühnert habe festgestellt, dass Twitter seine Wahrnehmung der Wirklichkeit verzerre. "Ich finde einfach, dass die Diskussionskultur, wie sie auf Twitter stattfindet und auch die Art und Weise, wie dort Gesellschaft repräsentiert oder, ich würde sagen, absolut gar nicht repräsentiert wird, dass das zu Fehlschlüssen und Irrtümern in politischen Entscheidungen führt." Die Entscheidung, Twitter zu verlassen sei aber wahrscheinlich nicht dauerhaft, wie Kühnert in einer Live-Unterhaltung mit Parteichef Lars Klingbeil auf Instagram erklärte. Es sei auch nicht als politisches Statement gegen soziale Netzwerke oder ähnliches zu verstehen. Auslöser für die jetzige Deaktivierung sei die Reaktion auf ein Interview gewesen, dessen Aussagen teils entfremdet verbreitet worden seien. "Das war mir jetzt einfach zu blöde am heutigen Tag", sagte Kühnert. Kühnert war zuletzt in die Kritik geraten weil er sich zurückhaltend zu Forderungen nach Lieferungen deutscher Kampfpanzer an die Ukraine geäußert hatte.
3innenpolitik
Fast drei Wochen war die Tat damals her, die Michaela R. ihren Sohn nahm: Alexander, 20 Jahre alt, erschossen während seines Aushilfsjobs am Verkaufstresen einer Tankstelle im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein. Bei der Trauerfeier stand die Mutter oben hinter dem Pult auf der Bühne in der Messehalle, vor ihr 400 mitfühlende Zuhörer. Obwohl sie selbst eindrucksvoll gefasst wirkte, hielt sie eine tief bewegende Rede, die alle Anwesenden noch stärker ergriff, als dass es der Anlass der Zusammenkunft sowieso schon tat: "Bitte haltet ihn als den tollen Menschen in Erinnerung, der er war. Und nicht als den Jungen, der an der Tankstelle sein Leben lassen musste. Denn er war so viel mehr als das." Ihr Sohn ist tot - allein, weil er einen Kunden auf die damals geltende Maskenpflicht aufmerksam machte.Fast genau ein Jahr nach der Tat hat das Landgericht Bad Kreuznach nun sein Urteil verkündet: Der Angeklagte Mario N. muss wegen Mordes lebenslang ins Gefängnis. Laut Gericht lag ein vorwiegend "politisches Motiv" der Tat zugrunde: Hass auf ein etabliertes System. Die Urteilsbegründung geht damit gewissermaßen auch mit Verschwörungserzählungen und der Stimmungsmache gegen Corona-Schutzmaßnahmen ins Gericht: "Der Angeklagte ist der Überzeugung gewesen, dass er ein Recht auf Widerstand und auch ein Recht auf die Tötung von Menschen hat."Jene Überzeugung, jener Hass nährte sich offensichtlich aus dem Protestmilieu, in dem Mario N. - 50 Jahre alt, Softwareentwickler, Asthmatiker, dem Alkohol zugewandt - über Jahre in einer gewissen Art Geborgenheit fand: "Man hat endlich eine Gemeinschaft gefunden. Man hat Ideale, die man jetzt teilen kann mit anderen. Man bestärkt, man befeuert sich gegenseitig. Auf diese Art kann Radikalisierung erblühen und sich auch verschärfen", erklärt Ursula Gasch, die Leiterin des Instituts für Gerichts- und Kriminalpsychologie Tübingen, in der ARD-Dokumentation "Maskenmord an der Tankstelle". "Dann muss allerdings schon neben einer Meinung noch etwas Gewaltlegitimierendes dazukommen." Mario N. fand diesen legitimierenden Moment wohl im Verhalten jenes 20 Jahre alten Kassierers, den er als Handlanger der "Systempolitik" und ihrer in seinen Augen unsinnigen Corona-Maßnahmen verstand: "Es ist doch so: Jeder trägt Mitverantwortung, der diesen Kram mitmacht", sagte Mario N. nach der Tat.  Ein junger Mann stirbt, weil sein Mörder es nicht aushalten mochte, zwei Minuten lang von der Ladentür bis zum Verkaufstresen und zurück eine Corona-Schutzmaske im Gesicht zu tragen? "Das war in seiner Eskalation etwas, das darüber hinausgegangen ist, was man an Beleidigungen und Gewalt bisher erlebt hat", erklärt Josef Holnburger. Er ist "Political Data Scientist", verbindet also Politikwissenschaft mit Datenauswertung und beschäftigt sich mit verschwörungsideologischen Gruppierungen und ihren Gefahren. Der Tankstellenmord von Idar-Oberstein sei ein Höhepunkt dieser Gewalt in der Corona-Protestbewegung gewesen, meint Holnburger. "Es gab auch Gewalt gegen Polizisten, gegen Ärzte, gegen Menschen, die das in der Bahn durchgesetzt haben. Deswegen ist es leider kein Einzelfall bezüglich der Gewalttätigkeit, allerdings ein Höhepunkt."Und jene Protestmilieu-Heimat, die Mario Ns. Hass zuvor befeuert hatte, fand in seiner Tat nun wiederum neuen Brennstoff: Zahlreiche Kommentare beklatschten den Mord mitsamt verwirrten Legitimierungsversuchen von Gewalt: "Kein Mitleid. Die Leute mit dem Maskenscheiß nerven" oder "Wenn jetzt die Regierung nicht zurückrudert, wird es noch mehr Tote geben".Die Corona-Schutzmaßnahmen sind inzwischen reduziert, Mario N. käme mittlerweile auch ohne FFP2-Maske an sein Bier, dessen Kaufabsicht ihn damals zur Tankstelle führte. Doch das Feuer des Hasses gegen Staat und Politik in bestimmten Milieus ist noch nicht erstickt: "Wir haben die Situation, dass die Maske nur das Vordergründige ist, warum Verschwörungsideologen auf die Straße gehen. Sie wollen einen Umsturz des Systems", erklärt Holnburger. Doch jene Enttäuschten, die sich alleingelassen wähnen, erfahren anscheinend gerade noch mehr Enttäuschung, weil sie alleingelassen werden: "Die Personen, die zum radikalisierten Kern gehörten, sind mittlerweile frustriert, dass nicht mehr so viele Menschen zu ihren Demonstrationen kommen", sagt Forscher Holnburger. "Und so eine Frustration ist sehr gefährlich." Der Rechtsstaat müsse mehr Schutz bieten und nicht weiterhin vernachlässigen, dass Radikalisierung online sich auch offline niederschlage, kritisiert Holburger und fordert: "Das Internet muss endlich als gesellschaftlicher Raum wahrgenommen werden, sodass Straftaten dort genau so vehement verfolgt werden."Nach der Tat sahen sich die Angehörigen von Mario N. übrigens ebenso Hass ausgesetzt, wie dem, den er zuvor selbst gesät hatte. Mutter Michaela R. beeindruckte bei der Trauerfeier zum Tod ihres Sohnes nicht nur mit ihrer Gefasstheit, sondern auch damit, dass sie die Angehörigen des mutmaßlichen Täters in Schutz nahm: "Auch sie sind nur Opfer. Diese Menschen haben nicht den Abzug gedrückt. Hass bringt uns nicht weiter im Leben. Hass verbittert nur."
3innenpolitik
Niels Klahold hatte sich darauf gefreut, in diesem Jahr all seine Bestellungen entspannt bedienen zu können. Er verkauft seit mehr als 20 Jahren mit seinem Familienbetrieb in Vellmar Brennholz für den Raum Kassel. Doch jetzt verspürt Klahold keine Lust mehr, ans immerzu klingelnde Telefon zu gehen. Weil er immer mehr Kunden vertrösten muss. Und weil immer mehr Kunden panisch darauf reagieren. Die Nachfrage nach Brennholz ist seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine ohnehin gestiegen - und seit vergangener Woche hat es sich vom Massenprodukt zur Mangelware entwickelt. Seit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck angesichts der gedrosselten Gaslieferungen aus Russland vor einem harten Winter gewarnt hat, sei die Nachfrage nochmal enorm gestiegen, sagt Klahold. Bis zu 50 Anrufe bekomme er täglich, von Menschen, die sich mit Brennholz für diesen von Habeck angekündigten harten Winter wappnen wollten. "Brennholz ist das neue Klopapier", sagt Klahold. Immer mehr Menschen würden es hamstern wollen. "Wir können dieser Nachfrage aber einfach nicht mehr nachkommen, wir erhalten ja selbst keinen Nachschub mehr." Dass die Lagerflächen der Brennholzhändler so gut wie leer sind und die Produktion neuer Ware nicht kurzfristig realisierbar sei, habe vielerlei Gründe, teilen der Industrieverband Haus-, Heiz- und Küchentechnik (HKI) aus Frankfurt und der Bundesverband Brennholzhandel und Brennholzproduktion (BuVBB) mit."Das liegt zum einen an der Beschaffung der Rohware aus dem Wald, da diese in der Regel Monate im Voraus bestellt wird", sagte Klaus Egly, der Erste Vorsitzende des BuVBB. "Zum anderen kann vorhandene Rohware nicht kurzfristig und in unendlichen Mengen produziert werden." Kurzfristige Lieferungen seien deshalb so gut wie ausgeschlossen. Logische Konsequenz: Was seltener und begehrter wird, wird auch teurer. "Bei einer ordentlichen Marge müssten wir zwischen 160 und 180 Euro pro Schüttkubikmeter nehmen", sagt Holzhändler Klahold, der aktuell 130 Euro für einen Schüttkubikmeter trockenes Holz berechnet. Vergangenes Jahr habe die gleiche Menge noch 80 Euro gekostet. Dass Klahold dadurch mehr verdienen würde, ist übrigens keine logische Konsequenz. Sie hätten sich im Team "ernsthafte Gedanken" gemacht, wie sie ihre Preise gestalten, sagt er. Klar sei, dass sie ihre gestiegenen Kosten für das Rohholz, dessen Herstellung und Transport auf die Kunden umlegen müssten. "Aber wir sehen uns auch in einer sozialen Situation", sagt Klahold, "wir wollen die Leute ja mit Brennholz versorgen."Auch, wenn die Marge für ihn trotz steigender Verkaufspreise deswegen sinke. Klahold nimmt inzwischen keine neuen Kunden mehr auf. Er versucht, das Holz, das er noch hat, zu kontingentieren und fair zu verteilen. Stammkunden, die früher sieben bis acht Meter Brennholz bestellt haben, bekommen zum Beispiel jetzt fünf Meter. "Die Preissteigerung basiert im Wesentlichen darauf, dass Brennholz ein sogenanntes Substitutionsgut ist und Öl oder Gas ersetzen kann", sagt Frank Kienle, der Geschäftsführer des HKI. Und da die Preise für Öl und Gas massiv gestiegen sind, folgten die Anbieter dieser Entwicklung und erhöhten ebenfalls die Preise für Brennholz. "Da aber ein Raummeter Hartholz den Heizwert von rund 200 Litern Heizöl hat, ist Brennholz auf dem aktuellen Preisniveau trotzdem um rund 40 Prozent preiswerter als Gas und Heizöl", sagt Kienle. Was die plötzliche Beliebtheit des Rohstoffes erklärt. Dass er knapp bleiben wird, erklärt Klahold mit dem sogenannten Buchenmoratorium von Hessenforst, dem Besitzer der größten Waldflächen in Hessen. Das hessische Umweltministerium hatte es erlassen mit der Vorgabe, dass die Bewirtschaftung von mehr als 100 Jahre alten Buchenbeständen in bestimmten Gebieten nur noch erlaubt ist, wenn sie der Verkehrssicherheit dient."Dieser Schlagstopp ist ein ganz großes Problem", sagt Klahold, der selbst Förster ist. Für ihn und alle anderen, die im und mit dem Wald arbeiten, habe der Naturschutz hohe Priorität - "aber das darf nicht dazu führen, dass ganze Flächen stillgelegt werden und die Buchen dort nutzlos vor sich hin sterben." Selbst Bäume, die vom Wind entwurzelt wurden, dürften nicht mehr geschlagen werden, ebenso wenig kranke Bäume, sogenannte Kalamitäten. "Das drückt enorm auf die verfügbare Menge", sagt Klahold. Er fordert deswegen, dass aufgrund der aktuellen Situation über ein Aussetzen des Buchenmoratoriums nachgedacht werden müsse. "Zumindest Windwürfe und Kalamitäten müssen geschlagen werden dürfen.""Grundsätzlich haben wir genug Brennholz", sagt Benjamin Krug, Leiter Rohholzverkauf bei Hessenforst. Doch die Dürreschäden der vergangenen Jahre in Kombination mit dem Buchenmoratorium hätten die Menge eingeschränkt, während die Nachfrage rasant nach oben gegangen sei. Hessenforst habe die Aufgabe, die Wälder zu schützen, vorsichtiger an Buchenbestände zu gehen, damit nach den Dürreschäden nicht noch mehr Wald sterbe. Ab Herbst, wenn die Vegetationsphase vorbei ist, würden aber in jungen und mittelalten Beständen Pflegeprogramme durchgeführt, es werde also Durchforstungsholz entnommen. "Ab September werden wir versuchen, die Angebotsmenge zu erhöhen", sagt Krug. Es komme aber auch auf eine kluge Verteilung der Bestände an, Brennholz müsse kontingentiert werden. "Mit zehn Metern kommt jeder Haushalt gut über den Winter", sagt Krug. "Was wir verhindern wollen, sind Hamsterkäufe." Unnötige Vorratskäufe würden den Markt noch mehr pushen. Seine Kalkulationen hat Niels Klahold längst abgehakt. "Vor der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg haben wir uns wirtschaftlich in der Lage gefühlt, alles dem Naturschutz unterzuordnen", sagt er. Nur habe keiner bedacht, wo Brennholz herkommen soll, wenn diese Planung nicht mehr funktioniert. Das führe nun dazu, dass unseriöse Anbieter Holz verkaufen, das aus Raubbau etwa aus rumänischen Nationalparks stamme. "Unsere Wälder unterliegen auch wirtschaftlichen Aspekten", sagt Klahold, "nicht nur romantischen." Würde das nun nicht bedacht, würden der Bevölkerung nicht die notwendigen Ressourcen zur Verfügung gestellt, "dann rennen wir in eine der größten Holz-Nöte seit dem Mittelalter."
6verbraucher
Sebastian Brendel hat am Samstagnachmittag für Begeisterung an der Regattastrecke in Oberschleißheim gesorgt. Der deutsche Vorzeige-Kanute holte sich in unwiederstehlicher Manier Einzel-Gold in der Klasse C1 über 5.000 Meter. Für Brendel war es bereits sein achtes EM-Gold über die nicht-olympische Distanz.Ganz stark hielt er sich quasi während der gesamten Renndauer an den Fersen von Balazs Adolf, ehe er dann auf der Zielgeraden noch einmal Druck machte und für die Goldmedaille vorbeizog. Wieder ein enorm starkes Rennen von dem Deutschen. Die Bronzemedaille holte der Italiener Carlo Tacchini.Kurz nach Brendels Rennen mussten die Wettbewerbe aufgrund eines Unwetters über der Regattastrecke abgebrochen werden. Die Zuschauer wurden über Lautsprecher dazu aufgerufen, das Gelände zu verlassen. Drei Medaillen-Entscheidungen standen zu diesem Zeitpunkt noch aus, diese sollen am Sonntag nachgeholt werden. Davon betroffen ist neben Max Rendschmidt, der im Kajak-Einer über die 5000 m starten wollte, auch Annika Loske im Canadier-Einer.Der deutsche Kajak-Vierer hat über 500 Meter EM-Gold gewonnen - und damit seine Favoritenrolle bestätigt. Max Lemke, Tom Liebscher, Max Rendtschmidt, Jacob Schopf siegten vor der Slowakei und Frankreich. Damit gelang dem Olympiasieger die EM-Titelverteidigung. In einem spannenden Rennen lag der Deutsche Vierer von Beginn an haarscharf vorne - und konnte den Vorsprung halten. Am Ende hatten die Slowaken immerhin 0,595 und die Franzosen 0,620 Sekunden Rückstand."Wir wussten, dass wir auf der Strecke mitfahren und den anderen zeigen können, wo der Haken hängt", sagte Schlagmann Rendschmidt nach dem Rennen, räumte aber auch einen kleinen "Fehler" ein: "Am Ende habe ich gesehen, dass wir ein bisschen vorne waren, da hab ich zu früh angefangen zu jubeln", sagte der 28-Jährige augenzwinkernd, "da haben die anderen sich beschwert."Jule Hake und Paulina Paszek mussten sich im Kajak-Zweier über 500 Meter nur Weltmeister Polen und dem WM-Dritten Belgien geschlagen geben. Das deutsche Duo lag 1,284 Sekunden hinter Polen und 0,472 hinter Belgien. Bei der WM 2022 in Kanada hatte das deutsche Duo Silber geholt. Spannend ging es über die kurzen 200 Meter im Kajak-Zweier zu: Jonas Draeger und Moritz Florstedt wurden Vierte. zu Bronze fehlten 0,346 Sekunden. Itailen setzte sich vor Polen und Litauen durch. Im Canadier-Zweier über 500 m belegten Lisa Jahn und Sophie Koch den vierten Rang. Den Sieg ließ sich Titelverteidiger Ukraine nicht nehmen. Die Vize-Europameisterinnen aus Berlin und Karlsruhe begannen beherzt, mussten dem Anfangstempo dann aber Tribut zollen. Hinter der Ukraine landeten Ungarn und Polen. Bronze war für Jahn/Koch 1,136 Sekunden entfernt.Im Canadier-Einer verpasste Jakob Thordsen die erhoffte Bronze-Medaille. Den Sieg holte sich der Ungar Balint Kopasz, der wieder einmal mit einem starken Finish aufwarten konnte. Das Nachsehen hatte sein alter Rivale Fernando Pimenta (Portugal). Rund 2,3 Sekunden vor Thordsen reihte sich der Belgier Artuur Peters ein. Thordsen hatte bei der WM 2022 in Kanada über 500 Meter ebenfalls den undankbaren vierten Rang belegt. Das erste Finale des Tages lag der Rumäne Catalin Chirila vor Routinier Martin Fuksa (Tschechien) und Carlo Tacchini (Italien).Im Kajak-Einer über 200 Meter holte die Dänin Emma Jörgensen Gold vor Anja Osteman (Slowakei) und Marta Walczykiewicz (Polen).Im Canadier-Einer über 200 m war Fabien Schatz als Halbfinal-Sechstem der Finaleinzug verwehrt worden. Gold ging nach Litauen, an Henrikas Zustautas.Quelle: sportschau.de
4sportschau
Das Tor des Tages gelang Ermedin Demirović (63.). In der ersten Hälfte hatte das Schiedsrichtergespann um Martin Petersen nach Videobeweis einen Treffer für Bremen von Niklas Füllkrug wegen einer knappen Abseitsposition kassiert.Die Fuggerstädter machten sehr früh deutlich, dass sie sich einiges vorgenommen hatten und kamen dank ihrer Aggressivität und drückenden Auftretens deutlich besser in die Partie. Direkt zu Beginn hatte Augsburg durch Florian Niederlechner zwei richtig gute Chancen, die der 31-Jährige allerdings nicht verwerten konnte. Der SVW tat sich zunächst schwer, das Geschehen in die gegnerische Hälfte zu verlagern, fand dann aber immer besser ins Spiel. Nach einer guten, aber erfolglosen Tormöglichkeit für Marvin Ducksch, zappelte der Ball nach einem Freistoß von der rechten Seite und einem Kopfball von Niklas Füllkrug plötzlich im Augsburger Netz. Aufgrund einer passiven Abseitsposition von Anthony Jung wurde das Tor aber zurückgenommen. Auch im zweiten Spielabschnitt standen sich die Teams von Bremens Coach Ole Werner und seinem Augsburger Gegenüber, Enrico Maaßen, mit offenem Visier gegenüber. Beide Mannschaften agierten engagiert und gingen weder Zweikämpfen noch Diskussionen aus dem Weg. Schiedsrichter Petersen hatte alle Hände voll zu tun in dieser kämpferischen, nicht überharten, aber besonders in der Schlussphase sehr hektischen Partie. Nach einer guten Stunde Spielzeit bediente Mergim Berisha Demirović am kurzen Pfosten, der aus drei Metern nur den Fuß hinhalten musste. Berisha war es auch, der eine Viertelstunde vor dem Ende fast das 2:0 für die Schwaben erzielte, als er den Ball über den eingewechselten Ersatztorhüter Michael Zetterer hinweg auf die Latte lupfte. Stammkeeper Jiri Pavlenka hatte in Abschnitt eins seinen Platz wegen einer Muskelverletzung räumen müssen.In der Schlussviertelstunde drängte Werder auf den Ausgleich, Augsburgs Abwehr bekam aber alle Annäherungen souverän aus der Gefahrenzone wegverteidigt. In der Nachspielzeit allerdings sorgte ein Handspiel von Maximilian Bauer für einen viel diskutierten Elfmeter, der von Rafal Gikiewicz pariert wurde. Bauer hatte den Ball aus kurzer Distanz an den leicht abgespreizten Arm bekommen. Minutenlang wurde zwischen Spielern und Schiedsrichter Petersen diskutiert, der VAR prüfte und entschied sich für Handspiel. Duksch hatte bei der Elfmeterausführung wieder Verantwortung übernommen für Werder, Gikiewicz aber die rechte Torwartecke geahnt. Im Nachgang kam es aber zum Verbalscharmützel zwischen dem Augsburger Keeper und einigen Bremer Fans, die drohten auf den Platz zu stürmen. Glücklicherweise kam es nicht dazu. "So ist Fußball. Sie beleidigen mich die ganze zweite Halbzeit, das ist meine Antwort", sagte der Torhüter nach der Partie bei DAZN. "Das war nicht das, was wir können oder was wir uns vorgenommen haben", sagte Bremens Ersatzkeeper Zetterer nach seinem Bundesliga-Debüt am Sportschau-Mikrofon, "dennoch glaube ich nicht, dass wir so ein Spiel verlieren müssen und deswegen ist das sehr sehr ärgerlich."Am 7. Spieltag muss Werder Bremen nach Leverkusen reisen (Samstag, 17.09.2022 um 15.30 Uhr). Zur selben Zeit empfangen die Augsburger den FC Bayern München.Quelle: sportschau.de
4sportschau
Der Weg in die Backstube der Augsburger Konditorei Dichtl ist dunkel. Dämmeriges Licht von einem Fenster weiter oben hilft, dass niemand auf den Treppen stürzt. Dabei gäbe es Lampen genug. Doch auf Anweisung von Susanne Dichtl bleiben sie aus. Für die Firmenchefin des Traditionsbetriebs zählt inzwischen jede Kilowattstunde, die nicht verbraucht wird. "Bislang haben wir für den Strom im Monat rund 6000 Euro bezahlt. Inzwischen sind es 18.000 Euro, Tendenz steigend", berichtet Dichtl. Da ihr Stromanbieter monatlich direkt an der Strombörse für sie einkauft, schlagen die Preissprünge unmittelbar bei ihr durch. Mit ihrem Produktionsleiter ist sie inzwischen in der Backstube angekommen - auf der Suche nach weiteren Stromspar-Möglichkeiten. An einem Dunstabzug bleiben sie stehen. "Können wir die vielleicht abschalten?", fragt die Chefin. Doch Produktionsleiter Erik Lemmermann schüttelt den Kopf. Es wird sonst zu heiß.Konditoreien oder Bäckereien gehören zu den Betrieben, die von den explodierenden Strompreisen am härtesten getroffen werden. Die Öfen und Kühlkammern fressen Energie. Ähnlich sieht es bei Wäschereien, Metallverarbeitern oder Brauereien aus. "Ich glaube, viele wissen noch gar nicht, was auf sie zukommt", sagt Lemmermann. Beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) sieht man es ähnlich: "Jeden Tag erreichen uns Notrufe von Betrieben, die kurz davor sind, zuzumachen, weil sie die enorm gestiegenen Energierechnungen nicht mehr bezahlen können", so eine Sprecherin. Viele Tausend Arbeits- und Ausbildungsplätze seien in Gefahr: "Insbesondere in den energieintensiven Gewerken wie Bäckereien, Textilreinigern, Galvaniseuren und anderen mehr. Bei denen zählt jeder Tag."Dass die Unternehmen die Kostensprünge an die Kunden weitergeben können, glaubt der Zentralverband nicht. Bei den Bäckern wanderten die Kunden schon jetzt zu Discountern ab. Das treibt auch Firmenchefin Dichtl um. Sie holt ein Stück Zwetschgen-Datschi vom Blech und stellt es auf den Tresen des Konditorei-Cafés: "Das Stück kostet jetzt noch 3,50 Euro. Wenn ich jetzt die gestiegenen Strompreise reinrechnen würde, müsste ich den Preis um 30 Prozent erhöhen. Dann sind wir weit jenseits der vier Euro. Und dann wird es schon schwer für den Verbraucher."Das Café ist noch gut besucht. Eine Frau will sich auch weiterhin einen Besuch gönnen. Ein Mann im Außenbereich eher nicht: "Das Problem ist ja, dass ich nicht automatisch auch mehr Geld verdiene. Und irgendwann ist es dann halt knapp und ich kaufe mir nicht mehr den Kuchen für fünf Euro." Noch will Susanne Dichtl die Preise nicht erhöhen. Doch ihr Spielraum schrumpft: Weil neben dem Strom auch die Mehlpreise im Zuge des Ukraine-Krieges gestiegen sind. Weil ihre 70 Beschäftigten wegen der Inflation auch mehr Geld brauchen und auch bekommen sollen. Weil Versicherungen zu bezahlen sind. Und weil auch mal wieder Reparaturen anstehen.Die Rücklagen sind bei vielen Betrieben aufgebraucht, beklagt der Bayerische Handwerkstag (BHT) - auch wegen der Pandemie. Und das Entlastungspaket drei der Ampel-Koalition bringe den Betrieben wenig. "Das hilft vor allem Rentnern, Studierenden, Verbrauchern. Aber bei den Betrieben kommt eigentlich nix an", so der Sprecher. Und auch die geringere Mehrwertsteuer bei der Gasumlage nutze nichts. "Das ist ja ein Posten, der eins zu eins an die Kunden weitergegeben wird." Um eine Insolvenzwelle im Handwerk zu verhindern, müsse der Staat besonders betroffene energieintensive Betriebe schnell mit gezielten und direkten Härtefallhilfen unterstützen, fordert der ZDH. Für kleine und mittlere Betrieb brauche es zudem eine Energiepreisbremse. Und: Die Energiesteuern müssten so weit wie möglich gesenkt werden.Die Handwerkskammer Schwaben plädiert dafür, direkt in den Energiemarkt einzugreifen. Konkret: Das sogenannte "Merit-Order-Prinzip" müsse außer Kraft gesetzt werden. Es besagt, dass das teuerste Kraftwerk, das noch benötigt wird, um den Bedarf zu decken, den Strompreis bestimmt. Und das sind derzeit die Gaskraftwerke, deren Strom enorm teuer ist. "Wir sagen: lasst uns die Gaskraftwerke subventionieren, dann sinkt auch der Strompreis", sagt ein Handwerkskammer-Sprecher - gekoppelt mit einer Gaspreisbremse.Doch das sind alles noch Forderungen und Planspiele, die Bäckereibetreiberin Dichtl für den Moment nicht helfen. Stattdessen hat der Betrieb die Kühlung noch um ein Grad gesenkt. Und die Arbeitsabläufe wurden so geändert, dass die Öfen nur noch drei Stunden am Tag laufen müssen und nicht mehr fünf Stunden wie bisher. Aufgeben ist für die Unternehmerin jedenfalls keine Option. Die Konditorei ist ein Familienbetrieb, und Dichtl führt ihn in dritter Generation. "Ich bin schon zu meiner Mama gegangen, und habe sie um Rat gefragt", sagt die Chefin. "Aber sowas wie wir in den letzten Jahren, das hat auch sie noch nicht erlebt."
5unternehmen
Die Bundesregierung will in der Gaskrise einen "Schutzschirm" für angeschlagene Energieunternehmen schaffen. Mit gesetzlichen Änderungen soll die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass sich der Bund an Firmen wie zum Beispiel Uniper beteiligen kann. Die Ministerien für Wirtschaft, Finanzen und das Bundeskanzleramt einigten sich grundsätzlich auf einen Entwurf, wie es aus Regierungskreisen hieß. Zuerst hatte der "Spiegel" darüber berichtet. Dieser Entwurf zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes liegt auch der Nachrichtenagentur dpa vor. Darin geregelt sind Finanzhilfen bis hin zur Übernahme von Firmenanteilen, um die Pleite eines Gasversorgers abwenden zu können. Ziel sei es, den Handlungsspielraum der Bundesregierung zu erweitern, wie es aus Koalitionskreisen hieß. Die Ampel-Fraktionen sollen voraussichtlich morgen zustimmen. Bereits Freitag soll das reformierte Gesetz im Eilverfahren in Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. Außerdem könnten dann mit vermutlich milliardenschweren Stabilisierungsmaßnahmen für betroffene Unternehmen drastische Preissprünge für Gaskunden verhindert werden. Weiter steht in dem Entwurf: Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, sollten Stabilisierungsmaßnahmen bei "Unternehmen der Kritischen Infrastruktur" durch den Bund erleichtert werden - das zielt auf Energieversorger. Solche Maßnahmen kämen nur in Betracht, wenn sie von dem betroffenen Unternehmen beantragt werden. Russland hat die Lieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 stark gedrosselt. Dadurch geriet Deutschlands größter Importeur von russischem Erdgas, Uniper, in Turbulenzen und rief nach Staatshilfen. Wie Uniper mitgeteilt hat, kommt dafür eine Reihe von Instrumenten in Frage - wie zum Beispiel Garantie- und Sicherheitsleistungen bis hin zu Beteiligungen in Form von Eigenkapital. Das bedeutet, der Staat würde bei Uniper einsteigen. Die Bundesregierung hatte bestätigt, mit Uniper über Stabilisierungsmaßnahmen zu sprechen. Das Wirtschaftsministerium arbeitet nach Angaben einer Sprecherin "unter Hockdruck" an Lösungen. Eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte, Ziel sei es, sich für eine weiter angespannte Lage auf den Energiemärkten zu wappnen und den Instrumentenkasten zu füllen. Die Energiemärkte müssten funktionsfähig bleiben. Die Sprecherin wies darauf hin, Uniper habe einen bestehenden Kreditrahmen über die Staatsbank KfW über zwei Milliarden Euro noch nicht gezogen. Uniper spielt als großer Gasimporteur eine zentrale Rolle für die deutsche Energieversorgung und beliefert viele Stadtwerke. Uniper kann aber derzeit Mehrkosten beim Einlauf von Gas nicht an die Kunden weitergeben - daraus entstünden signifikante finanzielle Belastungen, hatte das Unternehmen bekanntgegeben. Der Staat könnte nun Uniper finanziell unter die Arme greifen. Dies wurde in den Koalitionskreisen als erste Option bezeichnet. Die andere Möglichkeit wäre, dass die Gaskunden Preissprünge zahlen - dies könnte aber zu drastischen Preiserhöhungen für Verbraucher führen. Das bestehende Energiesicherheitsgesetz ermöglicht ein "Preisanpassungsrecht" für Versorgungsunternehmen. Dazu muss die Bundesnetzagentur eine "erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland" formal festgestellt haben, was noch nicht geschehen ist. Wird der Mechanismus aktiviert, könnten Versorger ihre aktuellen Mehrkosten innerhalb von kurzer Zeit an ihre Kunden weitergeben und zu großen Preissprüngen führen. Habeck hatte vor einer möglichen "Preisexplosion" bei einigen Stadtwerken gewarnt. Um Preissprünge gerechter auf die Verbraucher zu verteilen, arbeitet die Bundesregierung deswegen an einem Umlagesystem. Damit könnten Belastungen gleichmäßiger auf alle Verbraucher verteilt werden, wie es hieß. Die Probleme von Energieunternehmen könnten sich noch verschärfen, denn am 11. Juli beginnen jährliche Wartungsarbeiten von Nord Stream 1, die in der Regel zehn Tage dauern. Dann fließt kein Gas durch die Pipeline. Die große Sorge ist, dass Russland nach der Wartung den Gashahn nicht wieder aufdreht. Vor einem solchen Totalausfall russischer Gaslieferungen durch Nord Stream hatten Habeck und die Bundesnetzagentur gewarnt. Die Bundesnetzagentur schrieb in ihrem Lagebericht, die Gasversorgung in Deutschland sei im Moment aber stabil. Die Versorgungssicherheit in Deutschland sei weiter gewährleistet. Über den genauen Weg der Stützung von Uniper sei noch keine Entscheidung getroffen worden, hieß es in den Regierungs- und Koalitionskreisen weiter. Man wolle gesetzlich zunächst einen ganzen Instrumentenkasten beschließen. So sollen weitere Optionen entlang dem Muster der bereits umgesetzten Lufthansa-Rettung eingeführt werden. In Regierungskreisen hieß es, eine direkte Beteiligung des Staates an den Versorgern stünde bei den Hilfen nicht an erster Stelle. Allerdings soll es im Ernstfall zügig gehen.
5unternehmen
Verbraucher sollen nach dem Willen der EU-Kommission mit Hilfen von Einnahmen aus übermäßigen Gewinnen von Energiefirmen entlastet werden. "CO2-arme Energiequellen machen derzeit Zufallsgewinne, die nicht ansatzweise ihre Produktionskosten widerspiegeln", sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel. "Wir wollen diese unerwarteten Gewinne umleiten, um besonders betroffene Haushalte und Betriebe bei der Anpassung zu unterstützen." Das Gleiche gelte für "Zufallsgewinne" von Unternehmen, die ihr Geschäft mit fossilen Brennstoffen machen, sagte von der Leyen. Die Vorschläge ähneln den Plänen der Bundesregierung, um übermäßige Gewinne von Stromproduzenten abzuschöpfen. Derzeit wird der Strompreis in Europa vor allem von teuren Gaskraftwerken bestimmt, die wegen der hohen Nachfrage zur Stromproduktion eingeschaltet werden. Da der Gaspreis vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine stark gestiegen ist, ist auch Strom teurer geworden. Andere Energiefirmen, die billiger Strom produzieren - etwa aus Wind, Sonne oder Atomkraft - machen große Gewinne, weil sie ihren Strom auch zu dem höheren Preis verkaufen können. Ein Teil dieser "Zufallsgewinne" soll abgeschöpft und für die Entlastung der Verbraucherinnen und Verbraucher genutzt werden. Als weitere Maßnahme gegen die hohen Strompreise schlug von der Leyen vor, den Stromverbrauch während Zeiten hoher Nachfrage zu reduzieren. "Wir werden ein verbindliches Ziel für die Verringerung des Stromverbrauchs zu Spitzenzeiten vorschlagen." Gleichzeitig müsse man die Energieversorgungsunternehmen unterstützen, die derzeit mit der enormen Volatilität der Märkte zu kämpfen haben, sagte von der Leyen. "Wir werden unsere Rahmen für staatliche Beihilfen aktualisieren, damit staatliche Garantien im Notfall rasch bereitgestellt werden können." Außerdem nannte von der Leyen eine Preisdeckelung für Importe von russischem Gas als letzte Maßnahme. Seitdem Russland Lieferungen über Nord Stream 1 eingestellt hat, fließt nur noch sehr wenig russisches Gas über die Ukraine und die Türkei nach Europa. Die Kommissionspräsidentin begründete den Vorschlag mit den explodierenden Preisen. Die Einnahmen Russlands müssten reduziert werden. Präsident Wladimir Putin nutze das Geld, um den Angriffskrieg in der Ukraine zu finanzieren. Putin hatte zuvor beim Östlichen Wirtschaftsforum in Wladiwostok im Fall einer Deckelung der Energiepreise mit einem Lieferstopp von Öl und Gas gedroht. Die Vorschläge sollen den Energieministern der EU-Mitgliedstaaten zur Beratung vorgelegt werden.
6verbraucher
In New York, wo man sich eher wenig um russische Gaslieferungen sorgt, setzte sich der jüngste Erholungskurs nach wechselhaftem Handel fort. Der Standardwerteindex Dow Jones ging 0,15 Prozent höher aus dem Handel. Viel deutlicher konnten die Technologiewerte an der Nasdaq zulegen, die besonders von der Bilanz von Netflix gestützt wurden. Der Nasdaq 100 gewann 1,55 Prozent hinzu.Eine Woche vor der nächsten Zinssitzung der US-Notenbank Fed wurden auch schwache Konjunkturdaten kaum als Belastung gesehen. So sind im Juni die Verkäufe bestehender Häuser in den USA zum fünften Mal in Folge gesunken. Gegenüber dem Vormonat fiel die Zahl der Bestandsverkäufe um 5,4 Prozent, teilte die Maklervereinigung NAR mit. Analysten hatten ein wesentlich geringeres Minus von 1,1 Prozent erwartet. "Die geringere Erschwinglichkeit von Wohnraum fordert weiterhin einen Tribut von potenziellen Hauskäufern", sagte Lawrence Yun, Chefökonom des NAR. Sowohl die Hypothekenzinsen als auch die Immobilienpreise seien in kurzer Zeit zu stark gestiegen. Der deutsche Aktienmarkt hatte bis zum Mittag seine jüngste Aufwärtsbewegung fortgesetzt. Dann schlug die allgemeine Unsicherheit wieder auf die Kurse durch. Der DAX, der im Tageshoch bereits 13.399 Punkte erreicht hatte, schloss 0,2 Prozent tiefer bei 13.282 Punkten.Den ganzen Tag rätselten die Marktteilnehmer über widersprüchliche Angaben, ob und wieviel Gas ab morgen nach der Wartung der wichtigen Pipeline Nord Stream 1 von Russland nach Deutschland fließen wird. Zudem drohte Russlands Präsident Wladimir Putin wieder damit, die Gaslieferungen herunterzufahren. Solche Unsicherheiten schätzen die Marktteilnehmer überhaupt nicht - und nahmen erst einmal wieder ihre jüngsten Gewinne mit.Zudem bestätigten die Konjunkturdaten des Tages die schwierige wirtschaftliche Lage. So hat sich die Stimmung der Verbraucher in der Eurozone im Juli weiter eingetrübt und ist nun schlechter als beim Ausbruch der Corona-Pandemie. Das Barometer für das Konsumklima, das von der EU-Kommission ermittelt wird, sank um 3,2 Punkte auf minus 27,0 Zähler. Dies ist der tiefste Stand seit Beginn der Datenerhebung. Angesichts der möglichen Energieengpässe hat außerdem der Internationale Währungsfonds (IWF) die Wachstumsprognose für Deutschland deutlich gesenkt. "Wir glauben, dass dieses und nächstes Jahr eine Herausforderung für die deutsche Wirtschaft sein werden", sagte Oya Celasun vom IWF Washington. In diesem Jahr erwartet der IWF ein Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozent in Deutschland. Nächstes Jahr 2023 dürfte das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) demnach bei 0,8 Prozent liegen. Im Mai hatte der IWF noch für beide Jahre ein Wachstum von rund zwei Prozent prognostiziert. Generell gehe man davon aus, dass das globale Wirtschaftswachstum ausgebremst werde, so der IWF. Da Deutschland eine offene Wirtschaft sei, die stark vom Export abhängig sei, habe das Auswirkungen.Neben dem Rätselraten über das russische Gas warf der morgen anstehende Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) seine Schatten voraus. Experten sind uneins, ob die Notenbank den Leitzins für die Eurozone um 0,25 oder sogar 0,5 Prozent anhebt. Der Inflationsdruck in Deutschland scheint jedenfalls weiterhin hoch zu bleiben. Das belegen die Erzeugerpreise für den Juni. Sie erhöhten sich gegenüber dem Vorjahresmonat um 32,7 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Hauptverantwortlich für den Preisanstieg sind die Energiepreise. Diese lagen im Juni rund 86 Prozent höher als vor einem Jahr. Erdgas war gut 141 Prozent teurer. Strom kostete rund 93 Prozent mehr. Die Erzeugerpreise wirken sich auf die Verbraucherpreise aus, an denen die Europäische Zentralbank ihre Geldpolitik ausrichtet.Die Zinsentscheidung dürfte auch den weiteren Kurs des Euro gegenüber dem Dollar beeinflussen. Die Gemeinschaftswährung wurde am Abend mit 1,0180 Dollar gehandelt. Die Regierungskrise in Italien könnte sich zum Belastungsfaktor für den Euro entwickeln. Am Abend war unklar, ob Ministerpräsident Mario Draghi, der ehemalige EZB-Chef, im Amt bleibt.Die Ölpreise standen am Abend unter neuem Druck, weil das Bürgerkriegsland Libyen nach monatelanger Unterbrechung wieder Öl exportiert. Zwischenzeitlich hatten die überraschend gesunkenen US-Lagerbestände an Rohöl die Notierungen gestützt. Die Vorräte fielen im Vergleich zur Vorwoche um 0,4 Millionen Barrel (159 Liter) auf 426,6 Millionen Barrel, wie das US-Energieministerium mitteilte. Analysten hatten mit einem Anstieg um 2,0 Millionen Barrel gerechnet. Die Nordsee-Sorte Brent verbilligte sich um 1,1 Prozent auf 106,30 Dollar je Fass. Der Goldpreis setzte seien Abwärtstrend fort und notierte am Abend bei 1700 Dollar pro Feinunze.Besser als erwartete Zahlen von Netflix stützten den Technologiesektor. Der Video-Streamingdienst hat im zweiten Quartal dank Serienhits nicht so schlecht wie befürchtet abgeschnitten. Die Nutzerzahlen sanken in den drei Monaten bis Ende Juni um 970.000 Bezahlabos. Damit hielt der Kundenschwund zwar an, blieb aber unter dem von Netflix selbst erwarteten Minus von zwei Millionen Abos.Die HelloFresh-Aktie, die lange die Gewinnerliste im DAX angeführt hatte, wurde am frühen Nachmittag ans Indexende durchgereicht. Der Kochboxen-Anbieter teilte mit, er werde bei Umsatz und operativem Ergebnis im zweiten Quartal zwar besser als von Experten erwartet abschneiden. Dennoch senkte er seine Ziele für 2022. Beim Umsatzplus rechnet das DAX-Unternehmen nur noch mit einer Spanne zwischen 18 und 23 Prozent nach zuvor 20 bis 26 Prozent. Das bereinigte Ebitda wird zwischen 460 und 530 Millionen Euro erwartet. Bislang waren es 500 bis 580 Millionen Euro. Die makroökonomische Lage habe sich seit Ende des vergangenen Jahres signifikant verändert, teilte das Unternehmen mit. "So hat sich seit diesem Zeitpunkt die Inflation weltweit beschleunigt, der Krieg in der Ukraine ist ausgebrochen und die Verbraucherstimmung hat sich erheblich eingetrübt."Im DAX war auch die Conti-Aktie zeitweise Spitzenreiter. Der Autozulieferer hat im zweiten Quartal operativ besser abgeschnitten als Analysten erwartet hatten. Der Konzernumsatz lag mit 9,4 Milliarden Euro um rund 200 Millionen über den Schätzungen der Experte. Die bereinigte Umsatzrendite vor Steuern und Zinsen (Ebit-Marge) schlug mit 4,4 Prozent ebenfalls die Prognosen. An der im April gesenkten Prognose für 2022 hält Continental fest. Allerdings muss Continental Abschreibungen von fast einer halben Milliarde Euro vornehmen. Die zusätzlichen Sanktionen gegen Russland schlagen im dortigen Geschäft der Reifensparte mit Abschreibungen von 75 Millionen Euro zu Buche. Im MDAX führte die Uniper-Aktie das Gewinnerfeld an. Das Rettungspaket für den Energiekonzern ist Kreisen zufolge so gut wie geschnürt. Die Vereinbarung mit der deutschen Bundesregierung könne in den nächsten Tagen abgeschlossen werden, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg gestern Abend mit Verweis auf informierte Personen. Im Anschluss könnte die Bundesregierung eine Sperrminorität von bis zu 30 Prozent an Uniper halten. Deutschland erwäge, mehr als fünf Milliarden Euro in Uniper zu investieren, wobei das Gesamtengagement wahrscheinlich weniger als zehn Milliarden Euro betragen soll.Volkswagen verbündet sich im Ringen um die knappen Chips für die Autoproduktion mit dem französisch-italienischen Halbleiter-Konzern STMicroelectronics. STMicro und die VW-Softwaretochter Cariad wollen gemeinsam Steuerungs-Chips entwickeln, die auf die künftigen Fahrzeug-Generationen des Wolfsburger Autobauers zugeschnitten sind. Die Siliziumscheiben (Wafer), auf denen die Chips produziert werden, sollen vom taiwanischen Auftragshersteller TSMC geliefert werden.Villeroy & Boch hat im ersten Halbjahr bei Umsatz und Ergebnis zugelegt. Mit 490,3 Millionen Euro hat der Konzern 9,1 Prozent mehr umgesetzt als im Vorjahreszeitraum. Unter dem Strich stand ein Gewinn von 28,1 Millionen Euro. Man sei auch aufgrund des hohen Auftragseingangs zuversichtlich, die Jahresprognose am oberen Ende der Spanne erreichen zu können, teilte der Keramikhersteller mit. Der niederländische Chipzulieferer ASML schraubt trotz hoher Auftragseingänge seine Erwartungen für den Jahresumsatz nach unten. Statt eines Wachstums um rund 20 Prozent geht das EuroStoxx-50-Mitglied nur noch von einem Zuwachs von zehn Prozent aus. Grund dafür ist, dass sich die Endabnahme schnell ausgelieferter Maschinen und damit die Umsatzbuchung in das kommende Jahr verschiebe. Für das dritte Quartal erwartet ASML Erlöse zwischen 5,1 und 5,4 Milliarden Euro und damit deutlich weniger als von Analysten erwartet. Im abgelaufenen zweiten Quartal steigerte der Konzern seinen Umsatz um ein gutes Drittel auf 5,4 Milliarden Euro. Damit übertraf ASML die Markterwartungen.
2finanzen
Israelische Soldaten haben die Büros von sieben palästinensischen Nichtregierungsorganisationen (NGO) im besetzten Westjordanland durchsucht und geschlossen, die von Israel als Terrororganisationen eingestuft sind.Bei den Razzien in der Stadt Ramallah, dem Sitz der Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland, sei zudem Eigentum beschlagnahmt worden, teilte die israelische Armee mit.Israel wirft den Organisationen vor, mit der radikalen Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) in Verbindung zu stehen. Der linken, säkularen Bewegung gehört neben einer Partei auch ein bewaffneter Flügel an, der tödliche Attacken auf Israelis verübt hat. Israel stuft die PLFP als Terrororganisation ein. Die von den Razzien betroffenen Gruppen streiten derartige Verbindungen ab. Deutschland und acht weitere EU-Staaten hatten im vergangenen Monat erklärt, dass sie an der Zusammenarbeit mit den betroffenen Organisationen festhalten, solange die Einstufung als Terrororganisation nicht durch Beweise gerechtfertigt sei. Das Büro des israelischen Verteidigungsminister Benny Gantz hatte das Vorgehen gegen die NGOs noch am Vortag unterstrichen: Demnach gäben diese humanitäre Aktionen vor, wollten aber die "Ziele der PFLP-Terrororganisation voranbringen, um die Organisation zu stärken und Agenten zu rekrutieren." Schauan Dschabarin, der Direktor der palästinensischen Menschenrechtsorganisation Al Hak, bestätigte die Razzia in den Büros von Al Hak und erklärte: "Diese Anschuldigungen sind nicht neu und Israel ist es nicht einmal gelungen, seine Freunde (davon) zu überzeugen".Die meisten der betroffenen NGOs dokumentieren Menschenrechtsverletzungen durch Israel und die Palästinensische Autonomiebehörde, die beide regelmäßig palästinensische Aktivisten festnehmen. Die Mitarbeiter hätten die Arbeit wieder aufgenommen, erklärte Dschabarin. Die gemieteten Büros von Al Hak befinden sich auf dem Gelände der anglikanischen Andreaskirche in Ramallah. Die israelische Armee brach am frühen Morgen die Eingangstür des Kirchenkomplexes sowie die Tür zu den Büros auf, bestätigte der Rektor der Kirche, Fadi Diab.Er verurteilte das Vorgehen als Verstoß gegen internationales Recht und Menschenrechte. Gotteshäuser müssten respektiert werden, so Diab. "Die israelischen Behörden hätten uns bitten können, die Tür zu öffnen, anstatt die gesamte Gemeinde einschließlich der hier lebenden Kinder in Angst und schrecken zu versetzen", sagte der Kirchenrektor. Zu dem materiellen Schaden komme ein psychologischer, klagte er. Israel wolle die "Botschaft senden, dass es keinen sicheren Ort gibt - nicht in den Straßen und nicht in den Kirchen."Unter den betroffenen Palästinensergruppen handelt es sich neben Al-Hak um die Menschenrechtsorganisationen Addameer, die Union Palästinensischer Frauen-Ausschüsse, die Landwirteorganisation Union of Agricultural Work Committees, die Menschenrechtsorganisation Defence for Children International Palestine und das Bisan-Zentrum für Forschung und Entwicklung.
1asien
Nach dem Willen des Bundesverfassungsgerichts muss die von Eigentümern zu zahlende Grundsteuer neu berechnet werden. 2018 hatten die Richter die bisherige Bewertung von Grundstücken mit einem Einheitswert für verfassungswidrig erklärt. Die Werte dafür stammten im Westen aus dem Jahr 1964, im Osten sogar aus den 1930er-Jahren. Der Bundestag verabschiedete dann 2019 mit dem Grundsteuer-Reformgesetz eine gesetzliche Neuregelung. Diese hat nun konkrete Auswirkungen für alle, die eine Immobilie besitzen. Grundsätzlich soll die Erklärung elektronisch über die Plattform Elster an das Finanzamt übermittelt werden. Dafür wird ein Benutzerkonto benötigt, das online beantragt werden kann. Dieses Konto ist steuerartenübergreifend. Wer also bereits ein Elster-Konto für die Abgabe der Einkommensteuererklärung besitzt, kann dieses auch für die Feststellungserklärung nutzen. Mit dem Benutzerkonto können auch Erklärungen für Angehörige abgegeben werden. Nur in Ausnahmefällen und auf schriftlichen Antrag bei der Finanzverwaltung hin kann die Abgabe auch schriftlich erfolgen.Für jede Immobilie muss eine eigene Erklärung abgegeben werden. Dabei ist zu beachten, dass sich die Finanzamtszuständigkeit nach der Lage des Grundbesitzes richtet, also auch ein anderes Finanzamt Adressat der Erklärung sein kann als etwa das für die Einkommensteuer zuständige. Aus diesen Daten errechnet der Fiskus den so genannten Grundsteuerwert. Dieser soll künftig alle sieben Jahre neu erhoben werden.Die meisten Bundesländer versenden seit April nach und nach Informationsschreiben an alle Eigentümer, die in manchen Ländern ein Datenstammblatt mit Angaben etwa zum Flurstückkennzeichen oder zum Bodenrichtwert enthalten. Andere Länder wie etwa Berlin planen kein solches Anschreiben.Wesentliche Daten wie die Fläche, Baujahr, Sanierungen, Lagebezeichung oder die Flurstücksnummer sind in Bauunterlagen, Kaufverträgen und Grundbuchauszügen zu finden, wie Alexander Wiech vom Eigentümerverband Haus & Grund erläutert. Den Bodenrichtwert könne man über das amtliche Informationsportal "BORIS" des jeweiligen Bundeslandes abfragen.Wo man fehlende Daten erhält, kann man etwa auch bei Eigentümervereinen erfragen. In jedem Fall sollten Eigentümer die Erklärung nicht auf die lange Bank schieben. Denn in Einzelfällen kann es langwierig werden, sich die Informationen etwa über die Katasterämter zu beschaffen.Die Angaben zur Reform der Grundsteuer haben einen ähnlichen Status wie die Steuererklärung. Wer nicht rechtzeitig die geforderten Angaben macht, muss wegen der Verspätung mit einem Zuschlag rechnen. Falsche Angaben können eine Strafe zur Folge haben. Wie viel Grundsteuer am Ende fällig wird, erfahren die Eigentümer voraussichtlich erst 2025, wenn die Steuer erstmals nach den neuen Regeln erhoben werden soll. Der Grundsteuerwert ist dabei nur eine Komponente bei deren Berechnung. Zudem variiert der Steuerbetrag mit den so genannten Hebesätzen der jeweiligen Gemeinden, die diese weiterhin selbstständig festlegen können."Es wird voraussichtlich zu einigen Verschiebungen in der Steuerbelastung kommen", erläutert Haus & Grund-Experte Wiech. "Doch es gilt das Versprechen der Politik, dass es insgesamt nicht mehr werden soll." Trotzdem kann im Einzelfall die Belastung eines Eigentümers deutlich steigen, weil zum Beispiel in der Vergangenheit sehr wenig Grundsteuer bezahlt wurde. Es bleibt dabei, dass die Grundsteuer über die Nebenkosten auf Mieter umgelegt werden kann. Manche Mietervereine raten deswegen dazu, jetzt die genaue Berechnung von Wohnflächen zu überprüfen. Oft komme es bei Außenflächen wie Terrasse oder Balkon zu fehlerhaften Angaben zum Nachteil der Mieter. Rolf Bosse, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg, hält ungefähr 40 Prozent der Wohnungen für zu groß berechnet. Bei Zweifeln sollte man sich an den Vermieter wenden und nach der Flächenberechnung fragen, so seine Empfehlung.
6verbraucher
Normalerweise trifft sich die CDU-Spitze am Montagmorgen. Der Nachteil: Viele, die von weit her anreisen, müssen schon am Sonntag nach Berlin aufbrechen. Deshalb sollen sich die Gremien nun öfter auch mal mittwochs treffen. "Einen Tag in der Woche mal frei zu haben für die Familie, tut gut - und da freue ich mich natürlich auch sehr darüber", sagt Christina Stumpp. Sie soll in zwei Wochen beim Parteitag zur stellvertretenden Generalsekretärin der CDU gewählt werden. Nicht nur, weil sie selbst ein kleines Kind hat, will sie die Partei familienfreundlicher machen. Denn die 34-Jährige ist eine Ausnahme: Drei Viertel der CDU-Mitglieder sind Männer, Durchschnittsalter über 60 Jahre. Jetzt soll es von der Kreisebene an leichter werden, an Sitzungen teilzunehmen, etwa indem sich manche digital zuschalten. "Gerade für Mütter, Familienväter, aber natürlich auch für unsere Unternehmer, die sehr stark eingebunden sind, ist ein hybrides Format das, was auf Höhe der Zeit ist", sagt Stumpp.Vorher soll feststehen, wann die Sitzung endet - danach dürfen auch keine Beschlüsse mehr gefasst werden. Dann ließe sich das für Familien besser planen, erklärt Stumpp. Und wer sich um Kinder oder ältere Angehörige kümmert, soll eine Auszeit von Parteiämtern nehmen können. Das sind Ideen, die beim kommenden Parteitag wohl eher nicht für Aufruhr sorgen. Anders als die geplante Frauenquote: Gitta Connemann ist die Chefin des CDU-Wirtschaftsflügels MIT. Sie befürchtet: "Es besteht immer ein wenig die Gefahr, dass aus starken Frauen dann Quotenfrauen werden."Aus dem CDU-Wirtschaftsflügel MIT und aus der Jungen Union kommen die heftigsten Gegenreden zur Frauenquote. Sie ist ab Januar geplant. Zunächst sollen 30 Prozent der Spitzenämter und Listenplätze für Wahlen Frauen vorbehalten sein. Bis 2025 steigt die Quote dann auf 50 Prozent. Parteichef Friedrich Merz sah in der Quote immer nur die "zweitbeste Lösung", aber eine bessere hat er wohl nicht gefunden: "Ich werde dafür werben, dass wir diesen Kompromissvorschlag annehmen. Ich respektiere andere Meinungen, selbstverständlich, es gibt auch gute Gründe für andere Meinungen."Deshalb soll die Quote erstmal nur befristet gelten - nach fünf Jahren will die CDU überprüfen, was es gebracht hat. Auch Stumpp sieht eine Quote skeptisch, sie könne nur ein Baustein sein. Wichtiger sei es, junge Menschen und Frauen stärker anzusprechen. Sie habe im Bundestagswahlkampf Gespräche auf Spielplätzen angeboten: "Der eine oder andere hat mich am Anfang belächelt, das waren aber die besten Gespräche, die ich geführt habe. Und bei anderen Formaten, wenn ich Samstag, Sonntag ein Familienfest oder eine Wanderung für Familien anbiete, habe ich ganz andere Möglichkeiten, mit Personen ins Gespräch zu kommen, als bei einer Abendveranstaltung ab 19:30 Uhr, wo die Kinder ins Bett gehen." Viele kleine Schritte auf einem langen Weg für die CDU. Wie schwierig es derzeit noch ist, Politik und Familie unter einen Hut zu bringen, zeigt auch Stumpps eigenes Beispiel: Sie hatte sich dagegen entschieden, Generalsekretärin der Partei zu werden. Als Stellvertreterin hofft sie, noch etwas mehr Zeit für die Familie zu haben.
3innenpolitik
Die beiden chinesischen Megastädte Chengdu und Shenzhen befinden sich in einer Art Lockdown - wegen jeweils ein paar Dutzend Corona-Fällen täglich. Chengdu und Shenzhen gehören zu den fünf bevölkerungsreichsten Städten in China. Beide Metropolregionen haben jeweils rund 20 Millionen Einwohner, diese werden wiederholt durchgetestet. In Stadtbezirken, in denen Fälle auftauchen, dürfen die Menschen ihre Wohnungen und Häuser nicht verlassen.Man werde alles Notwendige tun, alle Kräfte und Ressourcen mobilisieren, um den lokalen Ausbruch in kürzester Zeit unter Kontrolle zu bekommen, so Lin Hancheng von der Gesundheitsbehörde der südchinesischen Technologiemetropole Shenzhen.Nach Angaben des chinesischen Wirtschaftsmagazins Caixin befinden sich derzeit mehr als 30 chinesische Städte in einer Art Lockdown, mehr als 65 Millionen Menschen sind demnach von den Maßnahmen betroffen. Nach offiziellen Angaben wurden in ganz China zuletzt mehr als 1600 Neuinfektionen binnen 24 Stunden registriert. Verglichen mit dem Rest der Welt sind die Zahlen im mit 1,4 Milliarden Einwohnern bevölkerungsreichsten Land der Welt niedrig. Die Staats- und Parteiführung hält aber weiterhin an ihrer strikten Null-Covid-Politik fest. Wo immer Infektionen auftauchen, gehen die Behörden schnell und hart gegen das Virus vor, mit Massentests, Ausgangsbeschränkungen und Kontaktnachverfolgung anhand von Mobilfunkdaten und Smartphone-Tracing-Apps. Die Wirtschaft in der Volksrepublik leidet zunehmend unter den Einschränkungen. Die kommunistische Regierung in Peking hatte im Frühjahr mitgeteilt, sie erwarte, dass das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 5,5 Prozent zulegt. Dass dieses Wachstumsziel erreicht wird, gilt inzwischen als ausgeschlossen.
1asien
Die in Russland inhaftierte US-Basketballerin Brittney Griner hat sich in einem Strafverfahren wegen eines Drogendelikts vor einem Gericht in der Nähe von Moskau schuldig bekannt. Das bestätigten ihre Anwälte nach dem zweiten Prozesstag in Chimk. Griner habe mittels einer Übersetzerin auch erklärt, dass sie kein Verbrechen habe begehen wollen, sondern beim Packen in großer Hast gehandelt habe.Sie war im Februar auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo festgenommen worden. Bei einer Kontrolle ihres Gepäcks soll sie sogenannte Vape-Kartuschen und Haschisch-Öl bei sich gehabt haben. Es soll sich lediglich um 0,5 Gramm gehandelt haben. Seit viereinhalb Monaten sitzt Griner in Untersuchungshaft, die zuletzt bis zum 20. Dezember verlängert worden war. Ihr Prozess hatte am vergangenen Freitag begonnen. Das Gerichtsverfahren soll am 14. Juli fortgesetzt werden. Ihr drohen bei einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Haft. "Wir hoffen natürlich auf die Milde des Gerichts", sagte Griners Anwältin Maria Blagowolina, einer von zwei Rechtsbeiständen. "Wenn man alle Umstände des Falls betrachtet, die Persönlichkeit unserer Mandantin, dann denken wir, dass das Schuldeingeständnis sicher berücksichtigt werden sollte."Griner hatte auch US-Präsident Joe Biden in einem Brief um Hilfe gebeten. Washington kritisiert, dass Griner zu Unrecht festgehalten werde. Moskau hingegen weist den Vorwurf zurück, der Prozess gegen Griner sei politisch motiviert. Nach Angaben des Weißen Hauses hatte Biden am Mittwoch Griners Ehefrau angerufen, um ihr zu versichern, dass er alles tun werde, um die Freilassung der Athletin zu erreichen. Zu dem Gespräch kam es, nachdem Biden das Schreiben Griners gelesen hatte, in dem sie die Befürchtung äußerte, niemals nach Hause zurückzukehren. Washington hat seine Strategie in dem Fall nicht öffentlich gemacht. Angesichts der wegen des russischen Krieges in der Ukraine außerordentlich schlechten Beziehungen zwischen Russland und den USA ist ein Dialog besonders schwierig. Seit 2015 spielte Griner beim Team von UMMC Jekaterinburg im Ural. Mit dem Spitzenclub gewann sie viermal die Euroleague. Griner gilt als eine der besten Basketballerinnen in der amerikanischen Frauen-Profiliga WNBA. Mit den Phoenix Mercury gewann sie 2014 die Meisterschaft, mit der US-Nationalmannschaft holte sie außer zwei Olympiasiegen auch zweimal Gold bei Weltmeisterschaften. Viele Profispielerinnen wie Griner sind außer in ihren Heimatligen zudem im Ausland aktiv, unter anderem bisher auch in Russland.
0amerika
Bundesfamilienministerin Lisa Paus befürchtet wegen der drastischen Preissteigerungen wachsende Kinderarmut in Deutschland. Die Gefahr sei groß, sagte Paus dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Weitere Entlastungen müssten genau diejenigen erreichen, die sie am meisten bräuchten, so die Grünen-Politikerin: "Es geht inzwischen um die Existenz. Viele Menschen, darunter gerade Familien mit Kindern, stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand." Paus sprach sich für eine deutliche Erhöhung des Kindergeldes aus. "Die Kindergelderhöhung, die der Bundesfinanzminister bislang in Aussicht stellt, reicht nicht, um die allgemeine Inflation auszugleichen", sagte Paus. "Da müssen wir nachbessern." Zusätzlich müsse die Kindergelderhöhung in ein Gesamtkonzept eingebettet sein, so dass Familien auch an anderer Stelle Unterstützung bekommen. Sie würden von höheren Heizkosten, höheren Preisen für Mobilität und steigenden Lebensmittelpreisen besonders hart getroffen. Zugleich warnten Vertreterinnen der Jugendorganisation der SPD, dass die hohen Energiekosten auch junge Leute und selbst Menschen mit mittleren Einkommen in eine "Armutsspirale" treiben könnten. Juso-Chefin Jessica Rosenthal und ihre Vize Manon Luther forderten in der "Rheinischen Post" und in den Zeitungen der Funke Mediengruppe einen Gaspreisdeckel. Dagegen hält der Chef der Jungen Union, Tilman Kuban, ein Jugendenergiegeld von 500 Euro mindestens bis Ende des Jahres für das richtige Mittel, um junge Menschen in der derzeitigen Situation zu entlasten. Es brauche eine Lösung, "die gleichermaßen Studenten und Azubis unbürokratisch und ohne Unterscheidung der Art der Ausbildung hilft", sagte er den Funke-Zeitungen. Die beschlossene Gasumlage belaste diese Gruppen besonders stark. Die Bundesregierung wollte verhindern, die Mehrwertsteuer auf die Gasumlage erheben zu müssen. Die EU-Kommission hatte einen entsprechenden Antrag aus rechtlichen Gründen aber abgelehnt. Nach Ansicht des Vizepräsidenten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Stefan Kooths, sollte die Bundesregierung die Mehrwertsteuer für gezielte Entlastungen nutzen. "Es ist besser, die Mehrwertsteuer auf die Gasumlage zu vereinnahmen und die daraus entstehenden Mittel für die zielgenaue Abfederung sozialer Härten einzusetzen", sagte der Ökonom der "Rheinischen Post".
3innenpolitik
Wirtschaftsminister Robert Habeck ist Bedenken entschieden entgegengetreten, es könne in Deutschland im Winter zu Stromengpässen kommen. "Die Deutsche Energieversorgung ist sicher, wir haben genug Energie und unser Netz ist auch sicher", betonte er im Interview mit den tagesthemen. Die Entscheidung, die deutschen Atomkraftwerke nicht länger regulär laufen zu lassen, sondern zwei als Reserve vorzuhalten, sei eine wichtige Absicherung gegen Engpässe. Denn die Szenarien, die die Netzbetreiber in ihrem Stresstest durchgespielt hätten, seien potenzielle Szenarien, die eintreten können - krisenhafte Situationen seien unwahrscheinlich. Trotzdem habe die Regierung beschlossen, die AKW Isar 2 und Neckarwestheim 2 vorzuhalten. "Wir gehen auf Nummer sicher und das sehr zielgenau." Wenn die im Stresstest durchgespielten Szenarien nicht einträfen, "dann beenden wir die Laufzeit der AKW wie geplant".Er betonte zugleich, dass Atomkraft eine Hochrisikotechnologie sei. Zudem sei sie nicht zuverlässig, wie nicht zuletzt das Beispiel Frankreich zeige. Dort können derzeit nur etwa die Hälfte der Kernkraftwerke Strom produzieren, unter anderem weil sie gewartet werden müssen oder wegen der Dürre und der Hitze. " Das Hauptproblem derzeit ist die Klimaanfälligkeit der Atomkraft in Frankreich", so Habeck. Die Rhône sei zu warm und ihr Pegelstand zu niedrig, um die AKW im nötigen Umfang zu kühlen. "Atomkraft als Lösung darzustellen ist sachlich und fachlich falsch." Deshalb wolle man auch nicht, wie der Koalitionspartner FDP etwa fordert, die AKW bedingungslos weiterlaufen lassen für mehrere Jahre. Zudem könnte Deutschland, selbst wenn alle drei AKW nicht zum Jahresende abgeschaltet würden, den Ausfall großer Stromliefermengen aus dem Ausland nicht in vollem Umfang kompensieren, sondern nur reduzieren. Auch ein Betrieb über diesen Winter hinaus mache keinen Sinn. Denn ab nächstem Jahr könne Deutschland auf deutlich mehr Gaslieferungen jenseits von Russland etwa über Flüssiggasterminals an Nord- und Ostsee bauen. Entsprechend kleiner sei das Risiko von Versorgungsengpässen. Dazu komme ein extrem trockener Sommer, der den Transport von Kohle über den Rhein zu Kraftwerken verteuert oder sogar verhindert habe. Dieses Problem ließe sich aber mit besserer Planung beheben: "Den Winter 2022/2023 mit dem von 2023/2024 gleichzusetzen, ist einfach falsch, da wir eine völlig andere energiepolitische Situation haben werden."
6verbraucher
Mehrmals während der gut 40-minütigen Rede gibt es Standing Ovations. Den als "Helden" gefallenen Soldaten der sogenannten militärischen Spezialoperation wird mit einer Schweigeminute gedacht. Und am Ende erklingt auch noch die russische Hymne.Da haben die vier Leiter der besetzten ukrainischen Gebiete und Putin die Verträge für den Beitritt zur Russischen Föderation schon unterschrieben. Die Männer schütteln sich die Hände und legen sie dann auch noch übereinander. Um zusammen mit dem im Saal anwesenden Publikum einzustimmen in die Rufe: "Russland, Russland, Russland, Russland."Wie in den meisten seiner großen Reden teilt Putin dabei auch dieses Mal wieder die Welt in Gut und Böse ein. Böse: Das sind in seiner Weltsicht die Länder des "kollektiven Westens", allen voran die USA. Putin bezeichnet diese Länder als "Kolonisten", die andere Länder unterjochten: "Einige Länder sind damit einverstanden, andere werden gekauft, andere zerstört." Und nach der "Tragödie" des Zusammenbruchs der Sowjetunion wolle ebendieser Westen "Russland unbedingt brechen".Dabei wendet sich Putin auch direkt an diesen "Westen" und die Regierung in Kiew: "Ich will, dass man mich in Kiew und bei dessen Hausherrn im Westen hört". Die Menschen aus den vier nun annektierten Gebieten seien von nun an "unsere Staatsbürger", so Putin. "Für immer!"Kiew solle "zum Verhandlungstisch zurückzukehren", erklärte Putin. Russland sei dazu bereit, werde allerdings nicht über die besetzten Gebiete verhandeln. "Denn die Entscheidung ist gefallen. Russland gibt sie nicht mehr her." Es sei eine Entscheidung, die Kiew respektieren müsse, warnte Putin sogleich. Nur so sehe der Weg zu einer friedlichen Welt aus. Ansonsten werde Russland das eigene Territorium mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen. Und alles zum Schutz der eigenen Bürger tun. Einen ganzen Block widmete Putin den Vereinigten Staaten von Amerika. Und erklärte diese für die Gaslecks in den Pipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 verantwortlich. Sie hätten die "Explosionen organisiert", so Putin und damit "de facto begonnen, die gemeinsame europäische Infrastruktur zu vernichten." Für alle sei doch offensichtlich, wem das nütze. "Und wem das nützt", erklärte der russische Staatspräsident dann unumwunden, "der hat auch das getan."Dass das russische Parlament dem Beitritt der vier Regionen zustimme, daran hegte Putin keinen Zweifel. Und begrüßte die Menschen dort gleich zu Anfang als russische Staatsbürger: Sie hätten ihre Entscheidung getroffen und die sei eindeutig.Dabei verweigere sich der Westen dieses in der Charta der Vereinten Nationen niedergeschriebenes "Selbstbestimmungsrecht" anzuerkennen. Warum und wieso, das würde der Westen allerdings nicht erklären, behauptete Putin unumwunden. Auf dem Roten Platz im Zentrum Moskaus fand anlässlich der Kreml-Zeremonie ein Konzert mit Kundgebung statt. Mehrere Tage war dafür aufgebaut worden. Auf einem großen Quader steht: "Luhansk, Donezk, Saporischschja, Cherson - Russland." Überraschend trat auch Putin auf. Er erklärte, ganz im Sinne seiner vorangegangenen Rede: Russland mache nicht nur die Türen seines Elternhauses auf, es öffne auch sein Herz und sage: "Willkommen zu Hause!". Nach Bandauftritten, Reden und Hymnen-umrahmtem Festakt machte der Kreml damit noch einmal deutlich, was er schon seit dem frühen Nachmittag klarzumachen versucht: Dass dies, wie Putin selbst sagte, ein "besonderer, historischer Tag" sei.
1asien
Der Börsengang der Porsche AG, der ab Ende September geplant ist, reiht sich in die größten Börsengänge der vergangenen Jahre in Europa ein. Der geschätzte Emissionserlös liegt bei mehr als zehn Milliarden Euro. Die Einnahmen sollen vor allem in wichtige Investitionen fließen. Was sind die Hintergründe der Pläne? Konzernmutter ist der Autokonzern Volkswagen, dem die Porsche AG derzeit noch zu 100 Prozent gehört. Im VW-Portfolio mit Marken wie Audi, Seat, Skoda oder den Luxusautos von Bentley spielt Porsche als Ertragsbringer eine wichtige Rolle. Hinter Volkswagen wiederum steht die Porsche SE, die Holding der Familien Porsche und Piëch, als Miteigner. Porsche SE hält eine Mehrheit der stimmberechtigten Stammaktien an Volkswagen und kommt insgesamt auf eine Beteiligung von knapp 32 Prozent. Das Land Niedersachsen ist mit 11,8 Prozent zweitgrößter VW-Anteilseigner. Zudem hält das Emirat Katar 10,5 Prozent an dem Autobauer. Porsche und Volkswagen verbindet eine jahrzehntelange gemeinsame Geschichte der beiden Gründerfamilien Porsche und Piëch. Der 1875 geborene Ferdinand Porsche konstruierte für die Nationalsozialisten das Auto, auf dem Volkswagen nach dem Zweiten Weltkrieg seinen Erfolg aufbaute: den VW-Käfer. 2005 stieg Porsche bei VW ein und wurde größter Aktionär vor Niedersachsen. Der ursprüngliche Grund lag darin, eine feindliche Übernahme von VW zu erschweren. Nach einem weiteren Anstieg der Porsche-Beteiligung an VW in den Folgejahren wurde das Beteiligungsgeschäft von Porsche in eine eigene Gesellschaft, die Porsche Vermögensverwaltung AG, ausgegliedert. Aus ihr entstand dann die Porsche Automobil Holding SE (kurz Porsche SE). In den Folgejahren scheiterte Porsche mit dem Versuch, den VW-Konzern komplett zu übernehmen. Die Familien Porsche und Piëch einigten sich schließlich darauf, einen integrierten Autokonzern zu bilden. Volkswagen übernahm Teile der Porsche AG, mit dem operativen Geschäft des Autoherstellers. 2012 wurde der Sportwagenbauer dann komplett an VW verkauft. Die Porsche Holding, die in der Hand der Familien Porsche und Piëch liegt, wurde als VW-Mehrheitseigner das Dach des Gebildes, das Porsche und Volkswagen wieder vereinte.Die Porsche AG-Mutter VW will mit dem Erlöse des Börsengangs notwendige Investitionen der kommenden Jahre schultern. Mit den erhofften Einnahmen aus der Platzierung von Vorzugsaktien plant Volkswagen sein Ziel zu erreichen, sich als führender Anbieter von E-Autos, Digitalisierung und vernetzten Diensten zu etablieren. Dazu gehören vor allem massive Investitionen ins Batteriegeschäft. Dafür suchen die Wolfsburger aktuell nach Partnern. Gleichzeitig wollen aber auch die Familien Porsche und Piëch durch die Umstrukturierung der Anteile und den Börsengang der AG wieder mehr direkten Zugriff auf den Autobauer Porsche erhalten. Geplant ist, dass ihre Familienholding Porsche SE künftig 25 Prozent plus eine Stammaktie am Sportwagenbauer hält. Damit hätte sie eine Sperrminorität und könnte wichtige Entscheidungen für das Unternehmen direkt blockieren - und nicht nur wie heute ihren Einfluss indirekt über die Beteiligung am VW-Konzern wahrnehmen. Der Börsengang ist für Ende September oder Anfang Oktober geplant. Spätestens zum Jahresende soll der Gang aufs Parkett dann abgeschlossen sein. Die genauen Daten und Modalitäten hängen laut den Beteiligten aber von der Gesamtlage auf dem Finanzmarkt ab.Bereits im Vorfeld der Ankündigungen wurden die Aktien der Porsche AG jeweils zur Hälfte in stimmrechtslose Vorzugsaktien und in stimmberechtigte Stammaktien aufgespalten. Nachdem nun der VW-Aufsichtsrat grünes Licht für den Börsengang der Sportwagentochter Porsche AG gab, sollen bis zu 25 Prozent der stimmrechtslosen Vorzugsaktien am Aktienmarkt platziert werden. Das entspricht 12,5 Prozent des Grundkapitals der Porsche AG, da die Vorzugsaktien die Hälfte aller Aktien der Porsche AG ausmachen. VW-Großaktionär Porsche SE will zugleich 25 Prozent plus eine Aktie der stimmberechtigten Stammaktien der Porsche AG kaufen. Volkswagen würde nach dem Börsengang dann noch 75 Prozent minus eine Aktie an der Porsche AG halten. Außerdem soll der VW-Großeigner Katar Interesse daran haben, mit knapp fünf Prozent der Vorzugspapiere ein Ankeraktionär bei der börsennotierten Porsche AG zu werden.Im Fall eines erfolgreichen Börsengangs will Volkswagen die Aktionäre zu einer außerordentlichen Hauptversammlung im Dezember einladen, um über eine Sonderdividende in Höhe von 49 Prozent der Gesamterlöse aus der Platzierung der Vorzugsaktien und dem Verkauf der Stammaktien an die Aktionäre abzustimmen. Die Sonderausschüttung solle voraussichtlich Anfang kommenden Jahres fließen.Laut Finanzkreisen peilen VW und Porsche eine Bewertung von 60 bis 80 Milliarden Euro an. Der Verkauf der Vorzugsaktien an der Börse würde damit zur Emission 7,5 bis zehn Milliarden Euro in die Kasse von VW spülen. Die verschachtelte Beteiligungsstruktur bei Porsche SE, Volkswagen und der Porsche AG sorgt zumindest zeitweise für personelle Doppelzuständigkeiten und mögliche Interessenkonflikte. Marktbeobachter hatten schon zuvor Kritik an einer Vermischung von Verantwortlichkeiten in der jetzt angepeilten neuen Konstruktion geäußert. So wird Oliver Blume auch nach dem Börsengang zumindest vorläufig Porsche-Chef und Volkswagen-Konzernchef in Personalunion. Auch der frühere VW-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch, der als Vertrauter der Familien Porsche und Piëch gilt, hätte als Aufsichtsratschef des Konzerns und Vorstandschef der Porsche-Holding eine Doppelrolle. Volkswagen hatte dazu bereits erklärt, man habe angemessene Regeln für eine solide "Corporate Governance" getroffen.Der Betriebsrat von Volkswagen befürwortet nach eigener Aussage den Fahrplan für einen Börsengang der Porsche AG. Weil die erwarteten Einnahmen nicht zuletzt in den weiteren Umbau in Richtung E-Mobilität und Digitalisierung fließen sollen, trage der Schritt zur Zukunftsfähigkeit der Standorte bei, hieß es aus der Belegschaftsvertretung in Wolfsburg. Positiv bewertet der Betriebsrat, der mit seiner Chefin Daniela Cavallo im VW-Aufsichtsrat vertreten ist, zudem die geplante Sonderdividende für die Aktionäre sowie den vereinbarten Bonus von 2000 Euro für jeden Beschäftigten im Haustarif und bei der VW Sachsen GmbH.Marktbeobachterm zufolge könnte der Milliarden-Börsengang einen Schub geben für weitere große Transaktionen im krisengeschüttelten Jahr 2022 und darüber hinaus. Die Aktien von Volkswagen und des Großaktionärs Porsche SE, die beide im DAX notieren, verbuchten am Tag nach der Bekanntgabe der Börsenpläne für die Sportwagentochter Porsche AG deutliche Gewinne.
5unternehmen
In Afghanistans Hauptstadt Kabul sind nach Angaben des russischen Außenministeriums zwei Beschäftigte der Botschaft bei einem Anschlag getötet worden. Die Nachrichtenagentur dpa berichtete außerdem unter Berufung auf einen Sprecher der Taliban, dass bei der schweren Explosion mindestens ein Zivilist getötet worden sei. Zehn weitere seien verletzt worden. Das russische Außenministerium teilte mit, die Explosion habe sich in unmittelbarer Nähe des Eingangs zum Konsulat ereignet. Die Botschaft befinde sich in engem Kontakt mit den afghanischen Sicherheitsbehörden.Nach Berichten afghanischer Medien soll sich die Explosion ereignet haben, während zahlreiche Menschen vor der Botschaft auf ihr Visum warteten. Die afghanische Polizei sprach von einem Selbstmordattentäter. Dieser habe versucht, sich in der Menge in die Luft zu sprengen, sei jedoch von Sicherheitskräften entdeckt und erschossen worden. Weshalb es zu der Explosion kam, war zunächst unklar. Für die Explosion übernahm zunächst niemand die Verantwortung. Es gehe eindeutig um einen Terroranschlag, den Russland verurteile, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. "Und natürlich ist das Wichtigste jetzt, Informationen von vor Ort zu bekommen, was mit unseren Vertretern, unseren Diplomaten, geschehen ist". Russlands Außenminister Sergej Lawrow kündigte an, den Schutz der Botschaft zu verstärken. Das Gebäude befindet sich in dem Stadtteil Darul Aman. Die Straße zu der diplomatischen Vertretung wurde nach der Explosion von Sicherheitskräften der Taliban-Regierung gesperrt, wie ein Anwohner berichtete. Russland gehört zu den wenigen Ländern, die nach der Machtübernahme der Taliban vor gut einem Jahr noch eine Botschaft in Kabul haben. Russland erkennt die Taliban-Regierung zwar offiziell nicht an, es führt aber dennoch mit den Taliban Gespräche über die Lieferung von Treib- und Rohstoffen. Die militant-islamistischen Taliban sind in Afghanistan nach dem Abzug der internationalen Truppen seit August vergangenen Jahres wieder an der Macht. Seither gab es mehrfach Anschläge auf Zivilisten durch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Diese gilt neben der nationalen Widerstandsgruppe "National Resistance Front" als eine der bewaffneten Hauptgegner der Taliban.
1asien
Inflations- und Zinssorgen haben wie schon zuvor in Europa die US-Börsen zum Wochenschluss nach unten gedrückt. Anleger trennten sich vor allem von zinssensitiven und wachstumsabhängigen Technologiewerten.Der Nasdaq-Index tauchte entsprechend deutlich um 2,01 Prozent auf 12.705 Punkte ab, der Auswahlindex Nasdaq 100 gab 1,95 Prozent nach. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte stand am Ende 0,86 Prozent tiefer bei 33.706 Zählern, der breiter gefasste S&P 500 gab 1,29 Prozent auf 4228 Punkte nach. "Hier gibt es heute viele einzelne nicht so gute Nachrichten, die sich in einem allgemeinen Marktausverkauf manifestieren", sagte Dennis Dick, Händler bei Triple D Trading. Da ansonsten auf Seite der Konjunkturdaten am letzten Handelstag Flaute herrschte, haben einige Anleger nach der jüngsten Rally nun lieber Gewinne realisiert, hieß es. Bereits zur Wochenmitte hatten die wichtigsten US-Indizes einen Rücksetzer vom Mitte Juli begonnenen Aufwärtskurs hingelegt.Wichtigstes Thema an der Wall Street ist der weitere Zinskurs der Notenbank Federal Reserve (Fed), die sich vor dem Hintergrund hoher Inflationszahlen derzeit mitten in der Zinswende befindet. Händler verwiesen auf Aussagen der Fed-Mitglieder James Bullard aus St. Louis und Esther George aus Kansas City, wonach die US-Notenbank den Leitzins so lange anheben wird, bis die Inflation wieder auf das Ziel von zwei Prozent gesunken ist. Damit dämpften sie Erwartungen am Markt, dass eine Reihe schwacher Wirtschaftsdaten die US-Währungshüter zu einem Schwenk verleiten könnte und die geldpolitischen Zügel etwas weniger schnell angezogen würden. Die Federal Reserve hat seit der Zinswende im März das geldpolitische Niveau stetig erhöht und inzwischen auf die Spanne von 2,25 bis 2,50 Prozent gehoben. Im Mittelpunkt der nächsten Woche steht die Rede des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell über die wirtschaftlichen Aussichten auf der jährlichen Konferenz der globalen Zentralbanken in Jackson Hole.Gegen den Trend legte die Aktie des Autobauers General Motors (GM) in New York zu. Denn der US-Autoriese will nach über zwei Jahren Pause wieder eine Dividende zahlen und auch seine Aktienrückkäufe wieder aufnehmen. Mitte September soll je Aktie eine Quartalsdividende von 0,09 US-Dollar fließen, wie das Unternehmen heute in Detroit ankündigte. Das ebenfalls gestoppte Aktienrückkaufprogramm soll auch wieder aufgenommen werden - dafür waren noch Mittel von 3,3 Milliarden US-Dollar vorgesehen, die nun auf 5,0 Milliarden Dollar aufgestockt werden.Nachdem die Anleger zuletzt Zins- und Rezessionsängste verdrängt hatten, sind diese heute am heimischen Markt mit Macht zurückgekehrt. Zudem gab es keinen Rückenwind mehr aus New York, wo die Zinsdiskussion in vollem Gang ist. Konkret haben hierzulande vor allem rekordhohe Erzeugerpreise, also die Preisentwicklung auf Ebene der Hersteller, für viel Ernüchterung gesorgt und massiv Ängste geschürt. Denn die von den Produzenten verlangten Preise erhöhten sich im Juli gegenüber dem Vorjahresmonat um astronomische 37,2 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Analysten hatten hingegen im Schnitt mit einer leichten Abschwächung des Preisauftriebs gerechnet. Die Erzeugerpreise gelten als Indikator für die kommenden Inflationsdaten. Hohe Erzeugerpreise deuten also auf steigende Verbraucherpreise hin. Die Anleger reagierten dieses mal umgehend und schickten den Aktienmarkt in den Keller. Der DAX blieb den ganzen Tag im Minus und schloss am Ende des Tages bei 13.544 Punkten nahe des Tagestiefs bei 13.525 Punkten - ein Tagesverlust von 1,12 Prozent. Auch die Marke von 13.600 Punkten wurde unterschritten. Im Wochenverlauf hatte der DAX bei 13.947 Zählern noch die Marke von 14.000 Punkten attackiert. Die mittlerweile durchwachsene Wochenbilanz wurde damit noch weiter getrübt: Bis zum gestrigen Schlussstand hatte der deutsche Leitindex 0,7 Prozent verloren, nunmehr steht ein Minus von gut 1,8 Prozent in den Büchern. In den vergangenen vier Wochen hatte sich das Kursbarometer noch deutlich erholt, auch weil viele Anleger auf eine Abschwächung der hohen Inflationsraten gesetzt hatten. Heute kam dann die Ernüchterung. "Inflationssorgen und die damit im Zusammenhang stehende Furcht vor raschen Zinsschritten haben die Investoren wieder eingeholt", sagte Analyst Timo Emden von Emden Research.Vor allem steigende Energiepreise sorgen für die derzeit dramatischen Preisanstiege auf allen Ebenen. Zurzeit erlebten die Anleger "die Mutter aller Energiekrisen", sagt Dirk Schumacher, Ökonom bei der Investmentbank Natixis. Die Gaspreise seien seit der Drosselung der russischen Lieferungen im Juli explodiert und Marktteilnehmer rechneten damit, dass das bis 2023 bestehen bleibe. "Es kann kaum Zweifel geben, dass das Niveau der Gas- und Strompreise, wenn es anhält, der Wirtschaft des Euroraums, insbesondere dem Industriesektor, schweren Schaden zufügen wird", so der Experte weiter.Gegen die weltweit steigende Teuerung stemmen sich die Notenbanken derzeit mit einer Straffung ihrer Geldpolitik. Auf dem Notenbanker-Treffen in den USA in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming, das ab kommendem Donnerstag beginnt, könnte deutlich werden, was den Börsen in dieser Hinsicht im Herbst noch blühen könnte. Vertreter der US-Notenbank Fed zeigten sich zuletzt einig, dass weitere Zinserhöhungen angemessen sind, auch wenn über das Tempo noch diskutiert wird. Auch EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel hat sich zuletzt für einen weiteren großen Zinsschritt nächsten Monat ausgesprochen. "Als Grund nannte sie den anhaltenden Inflationsdruck und einen Anstieg der längerfristigen Inflationserwartungen", sagte Hauke Siemßen von der Commerzbank. Mit der von der Bundesregierung beschlossenen Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas dürfte die Inflationsrate nach Prognose von Ökonomen von derzeit 7,5 Prozent allerdings nicht wie bislang befürchtet über die Zehn-Prozent-Marke steigen.Der Kurs des Euro kommt derweil weiter unter Druck. Die Gemeinschaftswährung notierte im US-Handel bei 1,0041 US-Dollar. Insofern nähert sich der Eurokurs weiter der Parität zum Dollar. Unter Parität versteht man ein Tauschverhältnis von eins zu eins zwischen zwei Währungen. Dieses wurde zuletzt nach einer monatelangen Talfahrt Mitte Juli erreicht. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0054 (Donnerstag: 1,0178) Dollar fest.Zuletzt hatten robustere Konjunkturdaten aus der US-Wirtschaft den Dollar gestärkt und im Gegenzug den Euro geschwächt. Börsianern zufolge könnte nun US-Notenbankchef Jerome Powell auf dem in der nächsten Woche anstehenden traditionellen Treffen der Notenbanker in Jackson Hole eine restriktive Gangart im weiteren Kampf gegen die hohe Inflation signalisieren. Dies würde mit weiteren deutlichen Zinserhöhungen einhergehen und den Dollar entsprechend stützen.Die Ölpreise haben nach wechselvollem Handel leicht im Minus geschlossen. Die Nordseesorte Brent kostet rund 96 Dollar je Fass, die US-Leichtölsorte WTI 90 Dollar. Auf Wochensicht ging es mit den Ölpreisen aber nach unten. Zeitweise war der Brent-Preis bis auf 91,51 Dollar gefallen. Dies was der tiefste Stand seit etwa einem halben Jahr. Nach Einschätzung von Experten haben vor allem Nachfragesorgen die Ölpreise zuletzt belastet. Denn es ist unklar, wie viel Öl die coronageplagte chinesische Wirtschaft nachfragen wird. China ist die zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt und ein wichtiger Ölimporteur. Zudem besteht weiter die Aussicht, dass der Iran das Ölangebot auf dem Weltmarkt erhöht und so den Preis drückt, wenn die Sanktionen gegen das Land nach einem erfolgreichen Abschluss der Atomverhandlungen aufgehoben werden.Der stärkere US-Dollar setzt dem Goldpreis zu. Das Edelmetall, das sich Anleger gern als Inflationsschutz ins Depot legen, verbilligte sich um rund 0,7 Prozent auf 1745 Dollar, in der Spitze sogar bis auf 1736 Dollar je Feinunze. Das ist der tiefste Stand seit drei Wochen.Die Aussicht auf eine weiterhin straffe Geldpolitik in den USA belastet zunehmend Digitalwährungen wie den Bitcoin. Der Kurs der ältesten Kryptoanlage sackte heute auf den tiefsten Stand seit Ende Juli ab. Der Fresenius-Manager Michael Sen wird zum 1. Oktober Vorstandsvorsitzender des Gesundheitskonzerns Fresenius. Der Aufsichtsrat habe ihn einstimmig dazu berufen, teilte das in Bad Homburg ansässige Unternehmen am Freitag nach Börsenschluss mit. Sen folgt auf Stephan Sturm, der den Konzern "im guten Einvernehmen" verlasse. Sen werde zudem kommissarisch die Aufgabe als Vorstandsvorsitzender der Infusionssparte Fresenius Kabi weiterführen, bis seine Nachfolge dort geregelt sei, hieß es in einer Mitteilung. Sen ist seit April 2021 im Vorstand von Fresenius für den Unternehmensbereich Kabi verantwortlich. Der 59-jährige Sturm gehört dem Vorstand von Fresenius seit Anfang 2005 an und ist seit Juli 2016 Vorstandsvorsitzender. Fresenius hatte wegen Problemen bei seiner Dialysetochter FMC die Jahresziele senken müssen.Die Aktien von SAF-Holland setzten unterdessen ihre starke Aufwärtsbewegung fort. Als Kursstütze erwies sich auch eine Studie der Privatbank Berenberg. Analyst Philippe Lorrain hob das Kursziel von 18 auf 20 Euro an und bekräftigte seine Kaufempfehlung. Er verwies auf die verbesserten kurzfristigen Gewinnaussichten sowie die erfolgreiche Übernahme des schwedischen Bremsenherstellers Haldex.Eine Verkaufsempfehlung des Bankhauses Metzler belastete dagegen die Aktien von Hypoport, die um über 15 Prozent einbrachen. Analyst Jochen Schmitt meint, der Kredit-Marktplatz des Unternehmens habe seinen Marktanteil nur wenig gesteigert. Darüber hinaus seien die kurzfristigeren Aussichten mit Hypotheken wegen der weiteren Zinsentwicklung ungewiss. Außerdem überzeuge ihn vorerst auch die Versicherungsplattform von des SDAX-Unternehmens nicht.Der Verkauf der Beteiligung am brasilianischen Essenslieferdienst iFood für bis zu 1,8 Milliarden Euro beflügelt die Aktien der Lieferando-Mutter Just Eat Takeaway. Zur fest vereinbarten Summe von 1,5 Milliarden Euro kann eine leistungsabhängige Komponente von bis zu 300 Millionen hinzukommen. Mit dem Geld will Just Eat Takeaway die Bilanz stärken und sich für anstehende Darlehensrückzahlungen wappnen. Im Schlepptau ziehen auch die Papiere der deutschen Konkurrenten HelloFresh und Delivery Hero an.Nach einer zweiten kompletten Spielzeit in der Pandemie hat Borussia Dortmund einen Verlust von 35 Millionen Euro verbucht. Im Vorjahr lag das Minus noch bei 72 Millionen Euro. Diese vorläufigen Zahlen für das Geschäftsjahr 2021/2022 (zum 30. Juni) nannte der Verein heute. Ein Grund: Der einzige börsennotierte Fußball-Bundesligist konnte nur 40 Prozent der Eintrittskarten anbieten und hatte wegen des frühen Ausscheidens aus der Champions League weniger Einnahmen aus der TV-Vermarktung. Statt knapp 187 Millionen Euro nahm der BVB hier 145 Millionen ein. Beim Spielbetrieb kletterten die Einnahmen von nahezu null auf 22,6 Millionen Euro. In der Vorsaison waren in der Bundesliga wegen der Pandemie keine Zuschauer zugelassen.
2finanzen
Auf den ersten Blick ist die Grabstätte von Marilyn Monroe gar nicht so leicht zu finden: Neben einem großen Parkhaus im Schatten einiger Hochhäuser in Westwood, einem Stadtteil von Los Angeles, befindet sich der kleine Friedhof, auf dem Marilyn Monroe vor 60 Jahren beigesetzt wurde. Frische Rote Rosen liegen vor dem Grabmal, der graue Grabstein ist von Lippenstiftspuren übersät. Giovanna und ihr frisch angetrauter Mann Marco aus Italien besuchen das Grab während ihrer Flitterwochen, sie sei ein riesiger Fan und wollte "Hallo" sagen, erzählt die Frau.Jeden Tag kommen Besucher an das Grab von Marilyn Monroe, die 1926 als Norma Jean Baker in Los Angeles geboren und zu einem der größten Filmstars des 20. Jahrhunderts wurde. Erst Pin-up Model, dann Schauspielerin - dabei wurde Marilyn Monroe, wie sie sich dann nannte, stets stark sexualisiert. Das Foto, auf dem ihr weißes Kleid über einem U-Bahn-Schacht hochfliegt, begründete ihren Status als Sexsymbol. Das erotische Image: Fluch und Segen zugleich. Sie hadert mit sich, wird depressiv. 1962 starb sie an einer Überdosis Schlaftabletten in Los Angeles - mit nur 36 Jahren. Bis heute sind die Menschen fasziniert - unaufhörlich gibt es neue Bücher und Filme über ihr Leben. Im September dieses Jahres veröffentlicht Netflix beispielsweise den Film "Blond", die Hauptrolle der berühmten Blondine spielt Ana de Armas.Blonde Haare, volle rote Lippen, dicker schwarzer Lidstrich: Marilyn Monroes Erscheinung prägt wie keine andere die Popkultur. Andy Warhol verwandelt sie in Kunst, Stars wie Gwen Stefani oder Madonna kopieren ihren Look, Rockstar Marilyn Manson gleich einen Teil ihres Namens. Wer das Kleingeld hat, kauft sich Marilyn Monroes Besitz - für vier Millionen Dollar wurde 2016 ihr berühmtes Glitzerkleid versteigert, in dem sie John F. Kennedy ein Geburtstagsständchen sang. Das Kleid sorgte 60 Jahre später wieder für einen kleinen Skandal, als es Reality-TV-Star Kim Kardashian zur Met-Gala in New York trug. Mit diesem Andenken an die Monroe habe sie es aber zu weit getrieben, meinten einige Experten - das Kleid, in das schon einst Monroe eingenäht werden musste, sei nach dem Auftritt ruiniert gewesen. Ob sich Marilyn Monroe wegen dieser Geschichte im Grabe herumdrehen würde? Vielleicht lacht sie darüber mit ihrem Grabkammer-Nachbarn: kein geringerer als Playboy-Magazin-Herausgeber Hugh Hefner. Dessen letzter Wunsch war es, neben Marilyn Monroe beerdigt zu werden.
0amerika
Sri Lankas faktisch entmachteter Präsident Gotabaya Rajapaksa hat sich auf die Malediven abgesetzt. Eine Militärmaschine mit dem 73-Jährigen und seiner Ehefrau an Bord landete auf dem Hauptstadtflughafen in Male, wie die dortigen Behörden bestätigten. Inzwischen soll er unter Polizeischutz an einen unbekannten Ort gebracht worden sein.Rajapaksa hatte am Samstag angekündigt, heute offiziell als Präsident des südasiatischen Inselstaates zurücktreten zu wollen. Er hatte die Verzögerung damit begründet, eine "geordnete Machtübergabe" organisieren zu wollen. Am 20. Juli soll das Parlament einen neuen Staatschef wählen.Für den Übergang wird Ranil Wickremesinghe das Präsidentenamt übernehmen. Dies gab ein Parlamentssprecher in Colombo bekannt. Dies ist auch in der Verfassung so vorgesehen, wird bei vielen Demonstranten aber auf Widerstand stoßen.Wickremesinghe gilt als enger Vertrauter des geflohenen Präsidenten. Die Drohung mit einem Generalstreik steht im Raum. Ähnlich wie Rajapaksa hatte auch Wickremesinghe nach Massenprotesten seinen Rücktritt angeboten.Am Wochenende stürmte eine aufgebrachte Menschenmenge den Präsidentenpalast sowie ein Bürogebäude des Staatschefs. Die Sicherheitskräfte ließen sie gewähren. In der privaten Residenz von Premierminister Wickremesinghe war Feuer gelegt worden.In Sri Lanka wurde inzwischen der Notstand ausgerufen. Die Maßnahme gelte landesweit, sagte ein Regierungssprecher der Nachrichtenagentur AFP. Die Polizei verhängte zudem für Sri Lankas Westprovinz - zu der auch die Hauptstadt Colombo gehört - eine Ausgangssperre. Ein hochrangiger Polizeibeamter verwies laut AFP auf fortdauernde Proteste vor dem Sitz des Ministerpräsidenten. Die Polizei habe den Befehl, gegen die Demonstrierende vorzugehen, heiß es.Gestern hatte der Präsident noch erfolglos versucht, das Land zu verlassen. Beobachtern zufolge wollte er durch eine Ausreise vor seinem Rücktritt einer möglichen Festnahme entgehen. Dem Staatschef wird Missmanagement der Wirtschaft vorgeworfen. Solange er noch Präsident ist, genießt er Immunität vor Strafverfolgung.Der Inselstaat erlebt eine massive Wirtschaftskrise. Die Regierung war zuletzt nicht mehr in der Lage, die wichtigsten Importe wie Lebensmittel, Treibstoff und Medikamente zu finanzieren. Immer wieder fällt der Strom aus.Im Zuge der Corona-Pandemie ist der wirtschaftlich wichtige Tourismussektor auf Sri Lanka zusammengebrochen. Der kleine Inselstaat ist hoch verschuldet und bat den Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie Russland um Hilfe gebeten. Für die Missstände machen viele Demonstranten den Präsidenten und dessen Familie verantwortlich. Rajapaksa hatte viele Schlüsselstellen der Regierung mit engen Familienmitgliedern besetzt.
1asien
Ungeachtet sinkender Umfragewerte sieht der SPD-Co-Vorsitzende Lars Klingbeil seine Partei auf dem richtigen Kurs. Im ARD-Sommerinterview angesprochen auf die Tatsache, dass die Sozialdemokraten derzeit in der Demoskopie hinter der Union und den Grünen nur auf Platz drei liegen, sagte Klingbeil: "Erstmal gab es das ja auch noch nie in einem Wahlkampf, dass sich eine Partei von Platz drei auf Platz eins gekämpft hat." Die Sozialdemokratie sei in Europa die führende politische Kraft und stelle die meisten Regierungschefs. Dies belegt aus Klingbeils Sicht seine frühere Aussage über ein "sozialdemokratisches Jahrzehnt": "Die Themen, über die wir gerade reden, sind auch alle sozialdemokratisch. Es geht um Gerechtigkeit, es geht um Verteilung." Die Sozialdemokratie könne die Debatten bestimmen, und das tue sie auch.Klingbeil sieht die SPD so geschlossen wie seit Langem nicht mehr. "Ich bin Generalsekretär geworden in der SPD, als dieser Laden gnadenlos zerstritten war." Diese Nicht-Geschlossenheit sei das große Problem der SPD gewesen. Heute hingegen werde ihm vorgeworfen, dass er zum Teil die gleichen Worte wähle wie Bundeskanzler Olaf Scholz. "Was ist denn schlimm daran, dass der Parteivorsitzende und der Bundeskanzler das gleiche denken, das gleiche sagen?" Das zeige doch nur die Geschlossenheit der SPD, und das habe seine Partei stark gemacht bei der Bundestagswahl.Auch in der parteiinternen Kontroverse um die Frage, ob Ex-Kanzler Gerhard Schröder wegen dessen Haltung zu Russlands Rolle im Ukraine-Krieg aus der SPD ausgeschlossen werden sollte, sieht Klingbeil kein weiteres Konfliktpotenzial. "Gerhard Schröder ist ein Kanzler gewesen, der dieses Land geprägt hat, der viele richtige Entscheidungen getroffen hat. In der Russland-Frage liegt er aber eindeutig falsch und ist politisch isoliert. Das Ergebnis der Schiedskommission ist aber eindeutig und mit diesem Ergebnis kann ich gut leben."Ungeachtet dessen seien die Zeiten schwierig, und es gebe viel Kritik an Politik. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine sei nicht vorhersehbar gewesen, es gebe gerade eine Energiekrise, "die die Bürgerinnen und Bürger wahnsinnig herausfordert, und es sind harte Entscheidungen. Und die Kritik, die es an diesen Entscheidungen gibt, die trifft natürlich zuerst den Kanzler". So erkläre er sich die derzeitigen Umfragen. "Das Entscheidende ist, dass am Ende dieser Krise steht, dass Olaf Scholz als Bundeskanzler mit der Regierung das Land gut durch die Zeit durchgebracht hat. Da bin ich mir sicher, dass das so sein wird."Klingbeil verwies darauf, dass es die SPD gewesen sei, die zentrale aktuelle politische Entscheidungen vorangetrieben habe. "Wenn Sie mal auf die Fakten gucken, auf diesen Koalitionsvertrag gucken, gucken, dass wir den Mindestlohn von zwölf Euro durchgesetzt haben - den hätte es ohne die SPD nicht gegeben." All das seien Punkte, an denen die Sozialdemokraten im Handwerklichen arbeiteten und dafür sorgten, dass die Dinge in Deutschland besser würden. "Wenn Politik nur noch Inszenierung, schöne Rhetorik ist und all das - dann hat die SPD vielleicht einiges aufzuholen. Aber mir geht es auch um das, was tatsächlich für die Menschen in diesem Land passiert." Ähnlich verhalte es sich mit den jüngsten energiepolitischen Beschlüssen: "Ohne die Initiative der SPD, für eine Übergewinnsteuer in diesem Land zu werben - zu sagen, wir wollen eingreifen, dass diejenigen, die gerade wahnsinnige Gewinne am Strommarkt machen, dass diese Gewinne wieder verteilt werden an die Verbraucherinnen und Verbraucher -, wäre das gar nicht im Koalitionsausschuss und damit in den Beschlüssen der Regierung geendet." Nun sei beschlossen worden, dass "wir in den Strommarkt eingreifen, wir werden dafür sorgen, dass Strom bezahlbar bleibt".Intensiv sei auch über etwaige Eingriffe auf dem Gasmarkt diskutiert worden, so Klingbeil. "Da werden jetzt Expertinnen und Experten draufgucken, weil es keine einfache Frage ist." Aber er persönlich plädiere dafür, "dass Gas bezahlbar bleibt oder wieder wird. Das hilft den Verbraucherinnen und Verbrauchern, aber auch den Unternehmen." Letzteren sagte er weitere Unterstützung zu: "Wir werden die Unternehmenshilfen, die es jetzt schon gibt, ausweiten müssen." Das habe auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vom grünen Koalitionspartner angekündigt, "dass es nicht nur um energieintensive Unternehmen geht, die im internationalen Wettbewerb stehen". Das werde auch beispielsweise Bäckereien helfen. Ähnlich wie die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Yasmin Fahimi, sieht Klingbeil die Gefahr einer Deindustrialisierung, sollten die aktuellen Probleme bei der Energieversorgung nicht gelöst werden. "Die Gefahr steht ja im Raum, wenn Strom und Gas dauerhaft so hoch bleiben wie das heute der Fall ist." Dies rechtfertigt aus Sicht des SPD-Chefs einen Eingriff in den Strom- und Gasmarkt.Angesichts der zuletzt deutlich gestiegene Zahl an Insolvenzen sagte Klingbeil, zunächst gehe es darum, Existenzen zu retten. "Die Rechnung müssen wir eh bezahlen. Die Frage ist, ob wir das jetzt am Anfang tun, indem wir in die Märkte eingreifen und indem wir abfedern, oder ob es dann am Ende Insolvenzen sind, ob es Arbeitslosigkeit ist - und ich möchte, dass wir den ersten Schritt gehen, dass wir jetzt eingreifen, dass wir jetzt unterstützen", so Klingbeil.Nach eigener Darstellung beschäftigt Klingbeil die Gefahr einer Spaltung der Gesellschaft sehr. Die Menschen im Land seien tief verunsichert: "Viele haben Sorgen, viele haben Nöte, und das mischt sich mit einer Gruppe, die schon 2015 gegen Flüchtlinge demonstriert hat, die gegen die Corona-Maßnahmen demonstriert hat, die jetzt eng an der Seite Russlands steht und jetzt auch versucht, die aktuelle Lage zum Spalten zu nutzen." In anderen Ländern Europas stünden sich die Lager noch deutlich unversöhnlicher gegenüber als in Deutschland. Mit Blick auf die USA, Frankreich und Italien sagte er: "Es gibt in vielen Ländern bei Wahlen nur noch den Zustand, dass auf der einen Seite jemand steht, der für den Erhalt der Demokratie kämpft, und auf der anderen Seite jemand, der die Demokratie kaputt macht." Überall gebe es diese "wahnsinnige Polarisierung". In Deutschland sei das nicht der Fall. "Deswegen ist dieser Appell des Bundeskanzlers zu sagen, 'lasst uns mit den demokratischen Kräften unterhaken, helft alle mit, dass wir da gut durchkommen', genau der richtige Sound, den wir in dieser Zeit brauchen." Es dürfe aber nicht nur bei der Kommunikation bleiben: "Wir brauchen auch die tatsächlichen Entlastungen, und die machen wir gerade mit der Bundesregierung." Für ihn persönlich sei wichtig, dass denen, die ernsthafte Sorgen hätten, gezeigt werde, dass die Politik jeden Tag daran arbeite, dass es besser werde. Dazu gehörten auch die drei Entlastungspakete mit einem Gesamtvolumen von knapp 100 Milliarden Euro. "Der Appell des Unterhakens, des Deutlichmachens, wir kommen als Land auch geschlossen und solidarisch durch diese schwierige Zeit durch - das ist das, wo ich mir sicher bin: Da können wir die meisten Menschen mit erreichen."Natürlich könne er sich nicht heute hinstellen und behaupten, alles könne ausgeglichen und kompensiert werden. "Das wird ein harter Winter, und es wird alle Menschen in diesem Land treffen, aber manche eben existenziell - und um die geht es vor allem." Die Regierung werde weiter im Blick behalten, wie sich diese Krise weiterentwickle. "Politik muss immer handlungsfähig sein." Deswegen werde die Ampel-Koalition auch schauen, ob es weitere Schritte brauche. "Ich sage heute nicht, dass Schluss ist mit den Entlastungspaketen. Aber natürlich werden wir nicht alles zu 100 Prozent kompensieren."
3innenpolitik
Es ist der russische Angriffskrieg in der Ukraine, der zu einer Wiederentdeckung des Balkans von Seiten der Bundesregierung geführt hat. Will man in Berlin doch unbedingt verhindern, dass Moskau seinen Einfluss in der Region ausweitet und die Spannungen vor der Haustür der EU schürt. In diese Strategie passt, dass Deutschland nun erstmals seit zehn Jahren wieder Soldaten nach Bosnien und Herzegowina entsendet. Das bestätigte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums dem ARD-Hauptstadtstudio. Der Auftrag für die Bundeswehr lautet bei ihrer Rückkehr in das Balkanland ganz ähnlich wie damals: Die Deutschen sollen zum einen aus der Hauptstadt Sarajewo die Ausbildung der Streitkräfte unterstützen. Zum anderen aber den Kontakt zur Bevölkerung pflegen, als eine Art Frühwarnsystem wirken, sollten sich die Spannungen verschärfen. Das geschieht, indem die Soldaten Teil der EU-Verbindungs- und Beobachtungsteams werden, auch "Liaison and Observation Teams" genannt. Die sollen sich eben nicht hinter Kasernenmauern verstecken, sondern sollen Ansprechpartner für die Menschen sein. Und können zu diesem Zweck auch zivile Häuser anmieten, wo sie für die Bevölkerung erreichbar sind.Auch in die Teilrepublik Srpska soll ein deutsches Team entsandt werden. In jene Unruheregion also, die als eine Art Achillesferse des brüchigen Friedens auf dem Balkan gilt: Hier nämlich betreibt der Anführer der bosnischen Serben, Milorad Dodik, die Abspaltung dieser Region und den Anschluss an das von ihm als "Mutterland" gesehene Serbien. Russlands Machthaber Wladimir Putin wird vorgeworfen, genau diese Bestrebungen zu unterstützen: Von Seiten der Bundesregierung sieht man jedenfalls die Gefahr, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine "als Katalysator für eine weitere Destabilisierung Bosnien und Herzegowinas genutzt werden könnte", wie es im Text für das Bundestagsmandat zum deutschen Einsatz heißt.  Hinzu kommt, dass im Oktober in Bosnien und Herzegowina Wahlen anstehen. Zu befürchten ist, dass sich die ohnehin spannungsgeladene Lage im Vorfeld der Abstimmung weiter verschlechtern könnte.Vorgesehen ist der deutsche Einsatz zunächst bis Ende Juni 2023. An der EU-Mission "EUFOR Althea" sind rund 2000 Soldaten aus mehr als 20 Staaten beteiligt. Nun ist also auch wieder die Bundesrepublik dabei. Auch wenn die Mission der Bundeswehr mit einer Mandatsobergrenze von bis zu 50 Soldatinnen und Soldaten vergleichsweise winzig ist und sicher nicht voll ausgeschöpft wird - ihre symbolische Bedeutung ist gewaltig. Soll doch von ihr das Signal ausgehen, dass Deutschland und die EU nicht tatenlos zusehen werden, wenn die Konflikte auf dem Balkan wieder offen ausbrechen. 
3innenpolitik
Wenn Manuel Rodrigues durch das gelbe Tor läuft, kann er manchmal selbst noch nicht glauben, wie sich sein Leben in den vergangenen Jahren verändert hat. Früher war er ein Favela-Bewohner. Die Liste der Armensiedlungen, in denen er - mehr schlecht als recht und auf engem Raum - gelebt hatte, ist lang. Jetzt ist dieses Leben vorbei, denn Manuel lebt nun auf dem grünen Grundstück hinter dem gelben Tor in Rios Vorort Duque de Caxias."In den Favelas war es gefährlich und ich konnte nicht so leben, wie ich wollte, weil da Drogenbanden das Sagen haben", erklärt der 65-Jährige. Vor ein paar Jahren kam Manuel in Kontakt mit Wohnraum-Aktivisten, die für würdige Lebensverhältnisse kämpfen. Er schloss sich dem "Movimento Nacional da Luta pela Moradia" (MNLM) an und half mit, ungenutzten Wohnraum zu finden. In Duque de Caxias fand die Gruppe schließlich ein staatliches Labor, das seit 20 Jahren leer stand. Die Virus-Forschung, die hier einmal stattgefunden hatte, wird schon seit Langem nicht mehr benötigt. Also besetzten die Wohnraum-Aktivisten das marode Gebäude mitsamt des Grundstücks und starteten einen juristischen Prozess, um das ehemalige Labor in sozialen Wohnraum umwandeln zu können. In Rio de Janeiro leben circa 22 Prozent der Menschen in engen Favelas. Die Infrastruktur ist vielerorts prekär und die Wände feucht. Vielerorts grassiert Tuberkulose. Außerdem ist während der Pandemie die Zahl der Obdachlosen gestiegen. Bedarf für würdigen Wohnraum gibt es also genug. Dennoch lehnten Lokalpolitiker das Projekt anfangs rundweg ab. "Außerdem meldeten plötzlich Immobilienspekulanten Ansprüche auf das Labor-Grundstück an", erinnert sich Noemia Magalhães de Almeida. Die MNLM-Leiterin der Wohnrauminitiative "Projekt Solano Trindade" musste lange mit Anwälten kämpfen und hat viele Tage vor Gericht verbracht, bis ein Richter schließlich ihre Besetzung für legal erklärte. Dann bedient Noemia den langen Hebel der Ziegel-Maschine, die sie für umgerechnet 750 Euro gekauft haben. Damit produzieren sie 400 Ziegel pro Tag. "Die stellen wir ökologisch her", betont Noemia. Das Gemisch für die Steine besteht aus Erde, Sand und etwas Zement. Die Maschine presst all das zusammen. Anschließend müssen die Ziegel einen Monat lang trocknen, bevor sie auf dem Bau verwendet werden können. Auch die Klärung der Abwässer haben sie selbst gebaut: Das Filter- und Klärbecken befindet sich unter einer Bananenplantage, die damit bewässert wird.Nebenan streicht Manuel die letzten Wände seiner neuen Unterkunft, die fast fertig ist. Zwei Zimmer, Küche und Bad: In wenigen Wochen kann Manuel hier einziehen, in eine Wohnung ohne Drogengangs als Nachbarn."Es ist schön geworden und wir werden noch viele weitere solche Wohnungen bauen für weitere Bedürftige", sagt er. Neben seiner Wohnung bauen die Mitglieder der Initiative Apartments für zwölf Familien. Auch Obdachlose sollen einziehen dürfen.Der Bedarf ist groß: Auf der Warteliste stehen 300 Familien. Eine davon ist die von Isabel da Silva, die überall mit anpackt - und sich über das Projekt freut: "Dass wir Besetzer jetzt Bauherren geworden sind und endlich unseren eigenen Wohnraum schaffen, macht mir eine Gänsehaut, wenn ich daran denke."Die Pläne der MNLM-Bewegung sind groß. Sie wollen mehr solcher Projekte in ganz Brasilien realisieren.
0amerika
Jelena Rybakina hat mit ihrem Wimbledontriumph Kasachstan auf die Tennis-Landkarte gesetzt. Die gebürtige Russin triumphierte am Samstag (09.07.2022) nach einem nervösen Start im Finale des bedeutendsten Turniers der Welt über die Tunesierin Ons Jabeur und gewann damit den ersten Grand-Slam-Titel für die Nation, für die sie seit 2018 aufschlägt. Nach 1:47 Stunden verwandelte Rybakina ihren ersten Matchball zum 3:6, 6:2, 6:2 und erhält für ihren Triumph zwei Millionen britische Pfund (2,36 Millionen Euro)."Ich bin sprachlos, ich war super-nervös vor dem Spiel und während des Spiels", sagte Rybakina. "Ich bin froh, dass es vorbei ist, so etwas habe ich noch nie gefühlt." Zu ihrer Gegnerin sagte sie: "Du bist eine Inspiration nicht nur für Junioren, sondern für jeden. Du hast ein unglaubliches Spiel, ich genieße es so sehr, gegen dich zu spielen."Kasachstans autoritärer Präsident Kassym-Schomart Tokajew gratulierte Rybakina zu einem "historischen Sieg". Die 23-Jährige sei eine "herausragende Sportlerin", twitterte er. Auch aus Russland erhielt sie Gratulationen. "Wir haben viel zu ihrer Entwicklung beigetragen. Gibt es Groll gegen sie? Nein. Das ist Sport. Jeder wählt seinen eigenen Weg. Das ist ihr Recht.", sagte Schamil Tarpischtschew, Chef des russischen Tennisverbandes, der russischen Zeitung "Sport-Express".Jabeur verpasste zwei Tage nach ihrem Habfinalsieg über die deutsche Wimbledon-Überraschung Tatjana Maria die Krönung. Die Tunesierin bekommt 1,05 Millionen Pfund (1.24 Millionen Euro) und verpasste den ersten Grand-Slam-Titel einer arabischen und afrikanischen Spielerin. "Ich bin froh, dass ich so viele Generationen aus meinem Land inspiriert habe", sagte die 27-Jährige, die immer wieder betont hatte, dass sie für alle arabischen und afrikanischen Spielerinnen spiele.Augenzwinkernd sagte sie an die Adresse der Siegerin: "Ich muss ihr noch beibringen, wie man richtig gut feiert", scherzte Jabeur angesichts der kühlen Art, wie Rybakina auf dem Platz auf ihren Triumph reagierte.Die Weltranglistenzweite hatte stark begonnen, verlor aber zu Beginn des zweiten Satzes ihren Aufschlag und dann ihre Linie. Wie gegen Maria wirkte sie teilweise zu verspielt, Rybakina dagegen erstaunlich kühl.Mit schnörkellosem Tennis reagierte sie auf die Variation ihrer Gegnerin, so schnörkellos, wie sie sich den Fragen nach ihrer Herkunft entgegengestellt hatte. Rybakina stammt aus Moskau, ihre Eltern leben dort. Der Bann der russischen und belarussischen Profis in Wimbledon wegen des Überfalls auf die Ukraine war eines der großen Themen des Turniers."Ich spiele schon lange für Kasachstan, ich bin glücklich, Kasachstan zu repräsentierten", sagte Rybakina. Sie habe das schon bei Olympia und im Fed Cup getan. Und nun auch im Wimbledonfinale, das allerdings zunächst nicht nach ihren Vorstellungen verlief. Zweimal gab sie ihren Aufschlag im ersten Satz ab, laut Wimbledon-Rekordchampion Martina Navratilova "derzeit die größte Waffe im Frauentennis".Jabeur dagegen gelang viel, aber längst nicht alles. Die Last, die sie sich selbst auferlegt hatte, drückte von Minute zu Minute schwerer auf ihre Schultern. "Ich spiele ja nicht nur für mich", hatte sie gesagt: "Ich spiele für mein Land, für die arabische Welt, für den afrikanischen Kontinent." Aus Jabeur brach es auf dem Centre Court immer wieder heraus, Rybakina zeigte keine Emotionen.Die 23-Jährige, die erst zum zweiten Mal in ihrer Karriere in Wimbledon spielte, gilt im Tenniszirkus schon lange als großes Versprechen, doch die Pandemie hatte ihren Aufstieg etwas gebremst. 2021 erreichte sie in Wimbledon bereits das Achtelfinale und in Roland Garros erstmals das Viertelfinale bei einem Grand Slam. In diesem Jahr spielte sie an der Church Road im Londoner Südwesten das Turnier ihres Lebens.Dabei hatte es ihre Auslosung in sich: Unter anderem schlug Rybakina die zweimalige Wimbledon-Viertelfinalistin Coco Vandeweghe, die frühere US-Open-Siegerin Bianca Andreescu und im Halbfinale Simona Halep - Wimbledonsiegerin von 2019. Zu den starken Aufschlägen und den mächtigen Grundschlägen kommt ein bemerkenswertes Nervenkostüm hinzu. Gegen Jabeur wehrte sie neun Breakbälle ab - drei davon Mitte des dritten Satzes, bevor ihr die Vorentscheidung zum 5:2 gelang.Quelle: sportschau.de
4sportschau
Nach einer Marktuntersuchung des Duisburger Center for Automotive Research (CAR) haben sich Elektroautos in den vergangenen Monaten deutlich verteuert. Laut den Marktforschern geht die Preisschere zwischen batteriebetriebenen Autos und der Konkurrenz mit Benzin- oder Dieselmotor weiter auseinander. So wurden für die 15 beliebtesten E-Autos in Deutschland im August laut Listenpreis 14,5 Prozent mehr fällig als ein Jahr zuvor. Dies entspricht einer Preissteigerung um durchschnittlich 5385 Euro je Fahrzeug. Am beliebtesten waren im untersuchten Zeitraum das Model 3 von Tesla, der Fiat 500 e und der VW ID.3. Die meistverkauften Verbrenner verteuerten sich zwar ebenfalls, allerdings stiegen hier die Listenpreise nur um 12,5 Prozent. Da dies aber auch von einer niedrigeren durchschnittlichen Preisbasis erfolgt, liegt der Aufpreis hier bei deutlich geringeren 3531 Euro je Auto. Zuerst hatte das "Handelsblatt" über die Preisdifferenzen berichtet. Mit Listenpreisen ab in der Regel 30.000 Euro sind Elektrofahrzeuge zumeist ein Viertel bis ein Drittel teurer als die vergleichbaren Verbrennermodelle. So bietet Opel sein Modell Corsa mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 20.160 Euro an. Das Elektromodell Corsa e kostet in der Basisausstattung 33.895 Euro. CAR-Experte Ferdinand Dudenhöffer geht davon aus, dass der Preisabstand in den kommenden Jahren eher noch größer wird. Verantwortlich seien höhere Beschaffungskosten bei Halbleitern und Rohstoffen, die für E-Autos in höherem Ausmaß gebraucht werden.Die hohen Preisdifferenzen könnten den Wandel hin zu mehr Elektromobilität bremsen, meint Dudenhöffer. Die im Bundeshaushalt eingeplanten 2,5 Milliarden Euro an Umweltprämien seien voraussichtlich im Herbst 2023 aufgebraucht, damit könnte gerade für kleine und kompakte Elektroautos zusammenbrechen, "die Ampel und Minister Habeck ziehen dem Elektroauto den Stecker," so Dudenhöffer. Zum Jahreswechsel läuft zunächst die Förderung von Plug-In-Hybriden aus, die neben einem Elektromotor auch noch einen Verbrenner an Bord haben.
6verbraucher
Das US-Justizministerium hat eine teilweise geschwärzte Fassung des Dokuments veröffentlicht, auf dessen Grundlage die US-Bundespolizei FBI das Anwesen von Ex-US-Präsident Donald Trump in Florida durchsucht hatte. Von den mehr als 30 Seiten ist etwa die Hälfte unkenntlich gemacht worden, um sensible Informationen zu schützen. Angesichts des großen öffentlichen Interesses war die Online-Datenbank mit den Gerichtsunterlagen nach der Veröffentlichung zunächst völlig überlastet, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete. In dem nun veröffentlichten Dokument heißt es, 14 von 15 Kisten an Dokumenten, die Trump bereits aus Mar-a-Lago ans Nationalarchiv übermittelt hatte, hätten vertrauliche und teils streng geheime Unterlagen. 184 Dokumente seien eingestuft gewesen - 67 als "vertraulich", 92 als "geheim" und 25 als "streng geheim". Dem FBI zufolge fanden sich als geheim eingestufte Unterlagen zusammen mit anderen Papieren. Deshalb habe Grund zur Annahme bestanden, dass sich auf dem Anwesen weitere eingestufte Dokumente befänden. Das FBI hatte am 8. August Trumps Anwesen Mar-a-Lago in Palm Beach durchsucht - im Rahmen einer Untersuchung zum mutmaßlich unsachgemäßen Umgang mit vertraulichem Material aus dessen Zeit im Weißen Haus. Agenten nahmen nach Angaben der Bundespolizei elf Sätze mit zum Teil als streng geheim eingestuften Dokumenten mit.Trump reagierte nun mit Empörung auf die Veröffentlichung von Details zu den Ermittlungen gegen ihn. In dem von ihm mitgegründeten Online-Dienst Truth Social schrieb Trump von "Hexenjagd!!!". Der US-Bundespolizei FBI und dem Justizministerium hielt er eine "totale PR-Täuschung" vor. Aus dem teils veröffentlichten Verfahrensdokument gehe nicht hervor, dass er bei der Rückgabe von Dokumenten eng mit dem FBI zusammengearbeitet habe. Auch liefere es keine Hinweise darauf, dass er Dokumente zu Atomwaffen zurückgehalten habe. US-Präsident Joe Biden sagte auf die Frage eines Reporters zu seinem eigenen Umgang mit Geheimpapieren: "Ich habe bei mir zu Hause einen abgetrennten Raum, der vollkommen sicher ist. Ich nehme heute den heutigen PDB ("President's Daily Brief", zu Deutsch: Tagesbericht für den Präsidenten) mit nach Hause. Der ist verschlossen, eine Person ist bei mir, das Militär, und ich lese ihn. Dann schließe ich ihn wieder ein und gebe ihn zurück."Ein Richter im Bundesstaat Florida hatte am Donnerstag die Teil-Veröffentlichung des Dokuments angeordnet, das das FBI vorgelegt hatte, um den Durchsuchungsbefehl für Trumps Anwesen zu erwirken. Normalerweise bleiben solche Dokumente bis zum Ende der Ermittlungen unter Verschluss, weil sie wichtiges Wissen der Ermittler enthalten und Rückschlüsse auf deren Taktik erlauben. Das Justizministerium hatte sich zunächst gegen Forderungen von Medien gesperrt, das Papier zu veröffentlichen. Der US-Richter sagte aber vergangene Woche, wegen des außerordentlichen öffentlichen Interesses sei er dagegen, das gesamte Dokument geheim zu halten. Am Donnerstag übermittelten ihm die Strafverfolgungsbehörden die Teile des Papiers, die sie angesichts der laufenden Ermittlungen geheim halten wollen und legten ihre Gründe dafür dar. Der Richter folgte dem letztlich.Die nun erfolgte Teilveröffentlichung könnte zumindest einige bisher ungelöste Schlüsselfragen beantworten: Warum nahm Trump nach seinem Auszug aus dem Weißen Haus Dokumente mit teils sensiblen und streng geheimen Informationen mit nach Mar-a-Lago? Und warum überließ der frühere Präsident nicht das gesamte Material trotz mehrmaliger Anfragen dem für Aufbewahrung von Regierungskorrespondenz zuständigen Nationalarchiv? Dass Ermittler das Haus eines früheren Präsidenten durchsuchen, gilt als beispiellos in der US-Geschichte. Der Einsatz sorgte daher für großes Aufsehen. Trump kritisierte die Aktion scharf und beschuldigte die Regierung seines demokratischen Nachfolgers Biden, das FBI für politische Zwecke zu missbrauchen. Seit Wochen befeuert Trump Spekulationen, wonach er bald eine Bewerbung als Kandidat für die nächste Präsidentenwahl in gut zwei Jahren bekanntgeben könnte. Der Republikaner wertete die Durchsuchung als Versuch, ihn daran zu hindern, 2024 erneut als Präsidentschaftskandidat ins Rennen zu gehen. Trump behauptet, alle Dokumente seien freigegeben gewesen, die Geheimhaltung sei also aufgehoben worden. Da er die Unterlagen in seinem privaten Anwesen aufbewahrte, könnte er jedoch gegen das Gesetz verstoßen haben. Dies wird nun untersucht.
0amerika
Derzeit zählt der aktuelle Bundestag 736 Abgeordnete - vorgesehen sind 598. Die Ampelkoalition will diese Zahl für künftige Legislaturperioden per Gesetz als Obergrenze festschreiben und unternimmt nach einigen gescheiterten Reformversuchen der Großen Koalition nun einen neuen Versuch. Am Dienstag haben SPD und Grüne Eckpunkte einer Wahlrechtsreform beschlossen. Der Ampel-Partner FDP hat sich damit ebenfalls wohlwollend befasst. Heute diskutiert darüber die Wahlrechtskommission des Bundestags. Bis Ende August legt diese einen Zwischenbericht vor. Woran hakt es noch? Welche Vorteile und Tücken hat die Wahlrechtsreform in Deutschland? Ein Überblick.Durch das deutsche personalisierte Verhältniswahlrecht mittels Erststimme für Wahlkreiskandidatinnen und -kandidaten sowie der entscheidenden Zweitstimme für die Partei im Bundestag entsteht zunehmend ein Ungleichgewicht: Parteien können über Direktmandate oft mehr Plätze im Parlament gewinnen, als es ihrem Zweitstimmenergebnis entspricht. Sehr deutlich ist das in Bayern: Dort wurde mit einer Ausnahme jeder Wahlkreis (45 von 46) von einem CSU-Politiker oder einer CSU-Politikerin gewonnen. Ihrem Stimmproporz entsprechend dürfte die CSU aber nicht so viele Sitze im Bundestag haben.Als Gegengewicht für diese überzähligen Direktmandate wurden Ausgleichsmandate erfunden, die dafür sorgen, dass andere Parteien auch mehr Sitze bekommen, so dass das über die Zweitstimmen gewählte Verhältnis zwischen den Parteien wieder stimmt. Der Politologe Thorsten Faas beschreibt hier einen "Zielkonflikt": Einerseits ist bei dieser Art zu wählen die Bürgernähe der Direktkandidatinnen und -Kandidaten und ihre Repräsentanz im Parlament wichtig. Andererseits soll das Verhältnis der Zweitstimmen nicht verwässert werden.Dieses Wahlsystem führte in der Vergangenheit zu stetig wachsenden Parlamenten - und damit zu steigenden Kosten. Auch stehen derart wachsende XXL-Parlamente in der Kritik, ineffizienter zu werden. Die Parteien arbeiten seit vielen Jahren immer wieder daran, diesen Trend mit neuen Wahlrechts-Modellen umzukehren. Auch die derzeit regierende Ampelkoalition hat sich das vorgenommen - und dazu im Bundestag eine Kommission "zur Reform des Wahlrechts und zur Modernisierung der Parlamentsarbeit" mit beschlossen.Das Gremium soll sich "auf der Grundlage der Prinzipien der personalisierten Verhältniswahl mit Vorschlägen befassen, die eine effektive Verkleinerung des Bundestages in Richtung der gesetzlichen Regelgröße bewirken und nachhaltig das Anwachsen des Bundestages verhindern", schrieben die drei Fraktionen in ihrem dazugehörigen Antrag. Dieser wurde neben der Mehrheit der Antragsteller auch von der Linksfraktion im Bundestag unterstützt.Bis Ende August dieses Jahres soll die Kommission einen Zwischenbericht mit den Empfehlungen zur künftigen Begrenzung der Abgeordnetenzahl vorlegen. Eckpunkte sind bereits im Mai präsentiert worden. Dem Gremium gehören 13 Abgeordnete und 13 Sachverständige an. Dabei stellen die SPD-Fraktion vier Mitglieder, die CDU/CSU-Fraktion drei Mitglieder, die Grünen- und die FDP-Fraktion jeweils zwei und die Fraktionen AfD und die Linke jeweils ein Mitglied - die Ampelfraktionen haben auch dort also eine politische Mehrheit.Dort wird tatsächlich so etwas wie die Quadratur des Kreises versucht: Alle 299 Wahlkreise sollen im aktuellsten Eckpunkte-Papier weiterhin im Bundestag repräsentiert sein, aber gleichzeitig soll die Regelgröße mit 598 Bundestagssitzen nicht überschritten werden. Dem Vorschlag aus den Ampelfraktionen zufolge sollen die Überhangmandate und damit auch die Ausgleichsmandate abgeschafft werden, die bisher als Gegengewicht für überzählige Direktmandate geschaffen worden waren. Demnach könnte nicht mehr jeder oder jede direkt gewählte Abgeordnete mir einem Direktmandat sicher rechnen - diejenigen mit den jeweils schlechtesten Ergebnissen ihrer Parteien würden nicht einziehen können. Nach der Bundestagswahl 2021 wäre das in 34 Fällen der Fall gewesen: zwölfmal bei der CDU, elfmal bei der CSU, zehnmal bei der SPD und einmal bei der AfD.Damit jeder Wahlkreis dennoch repräsentiert wäre, haben sich die Abgeordneten in ihrem Vorschlag als Lösung zusätzlich zur über den Parteienproporz dann entscheidenden Erststimme für den Wahlzettel eine "Ersatzstimme" ausgedacht - eine Art Mitspracherecht für jede Wählerin und Wähler, wer aus ihrem Wahlkreis einziehen soll, wenn der oder die Direktkandidatin den Einzug in den Bundestag wegen des neuen Modells verpasst: Fiele das Mandat des "Überhangkandidaten" weg, würden Erst- und Ersatzstimmen zusammengezählt. Wer dann die meisten Stimmen bekommt, kriegt das Mandat. Es kann also sein, dass der Erststimmengewinner auch der Gesamtgewinner ist.Vertreter der größten Oppositionsfraktion CDU/CSU haben sich irritiert gezeigt, dass die Ampel-Fraktionen bereits mit ihrem Vorschlag an die Öffentlichkeit gegangen sind, ohne sich mit der Opposition abzustimmen. Sie lehnen die Abschaffung der Direktmandate ab. "Dass Wahlkreismandate gewonnen werden und anschließend noch einmal zugeteilt werden müssen oder eben nicht", sei mit ihrer Auffassung der Legitimation von Wahlkreismandaten nicht vereinbar, sagte Unions-Fraktionschef Friedrich Merz diese Woche am Rande des Bundestags.Merz sprach sich für das sogenannte Grabenwahlrechts-Modell aus. Dabei würden ohne jegliche Verrechnung 299 Mandate in den Wahlkreisen direkt vergeben und die übrigen 299 gemäß dem Zweitstimmenanteil. Die Stärke der Parteien im Bundestag könnte dann allerdings stark von deren Zweitstimmenanteil abweichen. Der Vorschlag der Ampel hingegen grenze "an Wahlbetrug mit Ansage", legte Alexander Dobrindt nach, der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe drohte bereits mit Verfassungsklage.Die Linkspartei lehnt den vorliegenden Ampel-Vorschlag ebenfalls ab. Sie war allein dank einer Sonderregelung über drei Direktmandate wieder als Fraktion in den Bundestag eingezogen, obwohl sie knapp unter der Fünf-Prozent-Hürde im Wahlergebnis gelandet war. Linksfraktionschefin Amira Mohamed Ali äußert wie die Union "verfassungsrechtliche Bedenken". Der Vorschlag der Koalition führe zu einer "faktischen Entwertung von Stimmen". Mohamed Ali kritisierte ebenfalls, dass die Oppositionsfraktionen bei den Reformplänen nicht eingebunden worden seien.Die AfD wiederum stimmt im Grundsatz mit dem Ampel-Modell überein - der Vorschlag entspräche weitestgehend einem Gesetzentwurf der AfD zur Wahlrechtsreform aus dem Herbst 2020, sagte Albrecht Glaser, Kommissionsmitglied und AfD-Abgeordneter, gegenüber tagesschau.de.Wer einen Wahlkreis direkt gewinnt, erst recht als Mitglied vergleichsweise kleinerer Parteien im Parlament, genießt hohes Prestige in der Politik. Schließlich hat der Politiker oder die Politikerin dann in der Regel über Persönlichkeit und politisches Engagement mehr Anerkennung der Wählenden gewonnen als es der eigenen Partei gelungen ist. Das Direktmandat wird auch verknüpft mit dem Image der Bürgernähe: Grundsätzlich sind zwar alle Abgeordneten des Bundestages gleichgestellt. Aber laut Bundestags-Definition "ist der direkt gewählte Volksvertreter stärker als der Listenabgeordnete Ansprechpartner für die Interessen seines Wahlkreises."Allerdings sind Direktmandate wirklich prominenter Politiker wie etwa Gregor Gysi von der Linkspartei in Berlin-Treptow eher die Ausnahme. Laut einer repräsentativen Umfrage kennen nur zehn bis 15 Prozent der Wählenden ihre Wahlkreiskandidaten - "das derzeit oft zu hörende Hohelied der Wahlkreisgewinner und -gewinnerinnen ist doch etwas verzerrt", sagt Politologe Faas dazu.Eine weitere Frage wäre, ob das Ampel-Modell die Motivation von Wahlkreiskandidatinnen und -kandidaten verändern würde. Das sei ein spannender Punkt, so Faas, "die Reform könnte tatsächlich beispielsweise in Bayern Wahlkreis-Kandidaten der CSU demotivieren, dafür aber natürlich auch die Wahlkreis-Kandidaten von Grünen und SPD motivieren - die den Wahlkreis dort plötzlich gewinnen könnten".Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist das nicht genau zu sagen, da bisher nur Eckpunkte vorliegen - aber kein umfassender Reformentwurf. Während die Unionsfraktion bereits diese für "mit dem Grundgesetz nicht vereinbar hält", geben sich die Mitglieder der Ampel-Fraktionen optimistisch: Die Grünen-Fraktionsspitze hält es für eine "faire, verfassungsgemäße und ausgeglichene Reform des Wahlrechts", die den Bundestag wirksam verkleinern werde.Auch der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle, widersprach rechtlichen Einwänden: "Es dürfte sehr wohl dem Geist des Grundgesetzes entsprechen, dass eine Partei genau so viele Sitze erhält, wie es dem Wahlergebnis entspricht". Letztlich sei es eine Frage der Priorisierung, so Politologe Faas, ob man der Personalisierung oder dem Verhältniswahlrecht mehr Gewicht gebe.Die mit den Stimmen der Ampel-Koalition und der Linkspartei eingesetzte Bundestags-Kommission zur Wahlrechtsreform soll im August einen Zwischenbericht mit den Empfehlungen zur künftigen Begrenzung der Abgeordnetenzahl vorlegen, ihren Abschlussbericht dann bis Mitte kommenden Jahres.Jedoch strebt die SPD-Fraktion ein Gesetzgebungsverfahren ab September an, um bis Ende dieses Jahres durch zu sein. Auch Oppositionsführer Merz zeigte sich offen für den beschleunigten Zeitplan bis Jahresende. Im Raum steht ein Kompromiss, jedoch sind ihre beiden Modelle schwer vereinbar. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch betonte, der Ampel-Vorschlag sei "eine offene Einladung". Es sei nicht ausgeschlossen, "dass wir am Ende bei einem Modell landen, wo dann doch mehrere noch sagen, da machen wir mit". Allerdings verwies Miersch auch auf Blockaden der vergangenen Jahre: "Wir müssen jetzt auch mal Schritte nach vorne tun."Bis auf eine Entscheidung zum Wahlalter reicht die eigene Mehrheit der Ampel-Fraktionen für die Wahlrechtsreform. Allerdings würde eine breitere parlamentarische Mehrheit vermutlich die Nachhaltigkeit und Beständigkeit der Reform sichern.
3innenpolitik
Brasiliens Staatschef Jair Bolsonaro tritt bei den Präsidentenwahlen in Brasilien im Herbst erneut an. Er wurde offiziell zum Kandidaten der Liberalen Partei gekürt. Damit kommt es in Brasilien im Herbst zu einem Duell zwischen dem rechtspopulistischen Bolsonaro und dem linken Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva. Lula war am Donnerstag von seiner Arbeiterpartei PT nominiert worden. In Umfragen liegt Lula derzeit weit vor Bolsonaro. Gewählt wird in Brasilien am 2. Oktober, offizieller Start des Wahlkampfs ist der 16. August. Nachdem ein mutmaßlicher Anhänger Bolsonaros kürzlich einen Funktionär der Arbeiterpartei erschoss, ist die Sorge vor zunehmender Gewalt im Wahlkampf gewachsen. Außerdem gibt es die Befürchtung, dass Bolsonaro das Wahlergebnis nicht anerkennen könnte. Hintergrund sind unter anderem Äußerungen von ihm, mit denen er das elektronische Wahlsystem in Brasilien infrage gestellt hatte. Kritiker werfen ihm vor, mit aufrührerischen Äußerungen und Falschbehauptungen im Stil des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump die Polarisierung in Brasilien verstärkt zu haben.Für Lula ist es das sechste Rennen um die Präsidentschaft. Zweimal gewann er und regierte Brasilien von Anfang 2003 bis Ende 2010. Mit Sozialprogrammen holte Lula Millionen Menschen aus der Armut. Auch wirtschaftlich boomte Brasilien während seiner Amtszeit. Allerdings verbreitete sich in der größten Volkswirtschaft der Region auch die Korruption weiter. 2018 wurde Lula selbst wegen Korruption und Geldwäsche zu einer Haftstrafe verurteilt. Der populäre Politiker konnte deshalb 2018 nicht an der Präsidentenwahl teilnehmen, die Bolsonaro gewann. Im vergangenen Jahr hob der Oberste Gerichtshof das Urteil auf. Lula erhielt seine politischen Rechte zurück - und kehrte bald darauf auch auf die politische Bühne zurück. Bolsonaro hofft auf Rückenwind, nachdem der Kongress der Regierung im Wahljahr mehr Sozialausgaben gestattet hat. 2018 hatte Bolsonaro im Wahlkampf erfolgreich darauf gesetzt, sich als Außenseiter auf einem Kreuzzug für Recht, Ordnung und konservative Werte darzustellen.Um diesmal bei der Wahl überhaupt antreten zu können, war Bolsonaro im November der Liberalen Partei beigetreten, nachdem er erfolglos versucht hatte, eine eigene Partei zu gründen. Es ist die neunte Partei, der Bolsonaros in seiner Karriere als Politiker seit 1988 angehört. Ein Kandidat für das Präsidentenamt darf im größten Land in Lateinamerika nicht ohne Partei antreten.
0amerika
Was kommt nach dem 9-Euro-Ticket - wirklich festlegen will sich die Bundesregierung bei dieser Frage bislang nicht. Aber Verkehrsminister Volker Wissing denkt doch zumindest laut nach, in welche Richtung es gehen könnte: Aus seiner Sicht geht es vor allem darum, den in Deutschland herrschenden "Tarifdschungel", wie er ihn nennt, zu beenden. So sagte der FDP-Politiker in der "Neuen Osnabrücker Zeitung":Ob es auch nach Auslaufen des 9-Euro-Tickets Ende August preisgünstige Angebote für Bus uns Bahn geben wird, ließ Wissing offen. Nun werde zunächst alles ausgewertet, ab Herbst werde man die nötigen Schlüsse ziehen. Die Ampel-Idee mit dem Billig-Ticket für drei Monate nennt der Bundesverkehrsminister jedenfalls einen "fulminanten Erfolg": Man habe spürbar weniger Verkehr auf den Straßen und deutlich weniger Staus. Offenbar seien viele Menschen vom Auto in Busse und Bahnen umgestiegen, so Wissing.Dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) zufolge haben mit Stand Ende Juni bundesweit zehn Millionen Abonnenten und rund 21 Millionen weitere Kunden das 9-Euro-Ticket erworben. Es berechtigt Käuferinnen und Käufer, für jeweils neun Euro in den Monaten Juni, Juli und August im Öffentlichen Personennahverkehr durch ganz Deutschland zu fahren.
3innenpolitik
Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, fürchtet einen Totalausfall russischer Gaslieferungen und appelliert an die Bevölkerung, Energie zu sparen. Die Frage sei, ob aus der bevorstehenden regulären Wartung der Gaspipeline Nord Stream 1 "eine länger andauernde politische Wartung wird", sagte Müller den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Wenn der Gasfluss aus Russland "motiviert länger anhaltend abgesenkt wird, müssen wir ernsthafter über Einsparungen reden". Die zwölf Wochen bis zum Beginn der Heizsaison müssten genutzt werden, um Vorbereitungen zu treffen, sagte er. Müller rief alle Haus- und Wohnungsbesitzer dazu auf, ihre Gasbrennwertkessel und Heizkörper rasch zu überprüfen und effizient einstellen zu lassen. "Eine Wartung kann den Gasverbrauch um zehn bis 15 Prozent senken", sagte er. "Das muss jetzt passieren und nicht erst im Herbst." Um Engpässe bei den Handwerkerterminen zu überwinden, rief er alle Handwerker dazu auf, sich auf Heizung und Warmwasserversorgung zu konzentrieren. Familien sollten jetzt schon darüber reden, "ob im Winter in jedem Raum die gewohnte Temperatur eingestellt sein muss - oder ob es in manchen Räumen auch etwas kälter sein kann". Zugleich warnte Müller vor falschen Akzenten beim Energiesparen. "Die Krisensituation bezieht sich auf Gas - und nicht auf Strom", sagte er. Deutschland stehe nicht vor einer Stromlücke. "Wir haben auch keine Mangellage bei Benzin und Öl. Das ist alles verfügbar. Ich werbe dafür, den Blick auf Gas zu fokussieren."Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte bereits deutlich gemacht, dass er ein vollständiges Ausbleiben russischer Gaslieferungen durch Nord Stream befürchtet. Es drohe ab dem 11. Juli "eine Blockade von Nord Stream 1 insgesamt", sagte der Grünen-Politiker am Donnerstag. Deswegen könne es im Winter wirklich problematisch werden. Die Gasversorgung über den Sommer sei gewährleistet. Am 11. Juli beginnen jährliche Wartungsarbeiten von Nord Stream, die in der Regel zehn Tage dauern. Dann fließt kein Gas durch Nord Stream 1. Die große Sorge ist, dass Russland nach der Wartung den Gashahn nicht wieder aufdreht. Im Falle eines Gas-Lieferstopps würden Müller zufolge Privathaushalte ebenso wie Krankenhäuser oder Pflegeheime besonders geschützt. "Ich kann zusagen, dass wir alles tun, um zu vermeiden, dass Privathaushalte ohne Gas dastehen", sagte er. "Wir haben aus der Corona-Krise gelernt, dass wir keine Versprechungen geben sollten, wenn wir nicht ganz sicher sind, dass wir sie halten können." Die Netzagentur sehe allerdings "kein Szenario, in dem gar kein Gas mehr nach Deutschland kommt". Müssten Industriebetriebe von der Gasversorgung getrennt werden, "orientieren wir uns am betriebswirtschaftlichen Schaden, am volkswirtschaftlichen Schaden, an den sozialen Folgen und auch an den technischen Anforderungen des Gasnetzbetriebs", erklärte Müller weiter. In einer Gasnotlage "können wir nicht jeden Betrieb als systemrelevant einstufen", betonte er. "In kritischen Bereichen wie Teilen der Lebensmittel- und Pharmabranche müssen wir sehr vorsichtig sein. Dagegen wären Produkte und Angebote, die in den Freizeit- und Wohlfühlbereich fallen, eher nachrangig. Schwimmbäder gehören wohl nicht zum kritischen Bereich, genauso wie die Produktion von Schokoladenkeksen." Als Vorbeugung gegen eine Zuspitzung der Gas-Knappheit empfiehlt die Bundesregierung Unternehmen die Anschaffung von Notstromaggregaten. Mit den Generatoren sollten mögliche Stromausfälle aufgefangen werden, berichtete die "Bild"-Zeitung vorab unter Verweis auf eine Antwort von Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen (Grüne) an den CSU-Bundestagsabgeordneten Stephan Pilsinger. "Empfehlenswert ist die Ausstattung mit Notstromaggregaten insbesondere für Betreiber von kritischer Infrastruktur", zitiert das Blatt aus einem Schreiben von Graichen. Als eines der ersten Unternehmen in Deutschland kündigte der Konsumgüterhersteller Henkel offiziell an, voraussichtlich vorübergehend wieder mehr Homeoffice einzuführen, um Gas zu sparen. "Wir könnten dann die Temperatur in den Büros stark herunterfahren, während unsere Beschäftigten zuhause im normalen Umfang heizen könnten", sagte Henkel-Chef Carsten Knobel der "Rheinischen Post".Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) schließt für den Fall eines Gas-Notstandes in der Hansestadt eine Begrenzung des Warmwassers für private Haushalte nicht aus. "In einer akuten Gasmangellage könnte warmes Wasser in einem Notfall nur zu bestimmten Tageszeiten zur Verfügung gestellt werden", sagte Kerstan der "Welt am Sonntag". Auch eine generelle Absenkung der maximalen Raumtemperatur im Fernwärmenetz käme in Betracht. Es werde in Hamburg schon aus technischen Gründen nicht überall möglich sein, im Fall einer Verknappung von Gas zwischen gewerblichen und privaten Kunden zu unterscheiden, sagte er der Zeitung. Kerstan erklärte, ein mögliches provisorisches LNG-Terminal im Hamburger Hafen könne frühestens im kommenden Mai betriebsbereit sein. "Wir werden im Laufe des Juli wissen, ob und an welchem Standort ein provisorisches LNG-Terminal in Hamburg machbar ist." Das Gas könnte dort voraussichtlich ab Mai 2023 umgeschlagen werden. Die vollständigen Ergebnisse der Standort-Überprüfungen würden im Oktober vorliegen, sagte Kerstan.
6verbraucher
Weinlese im Landesteil Ningxia. Im Hintergrund ist das karge Helan-Gebirge zu sehen. Kurz vor Mittag steht die Sonne hoch am Himmel, es ist 30 Grad heiß. Wo früher karges steiniges Land war, knien heute Arbeiterinnen auf dem Boden und schneiden mit einer Schere sorgfältig die reifen Trauben von den Reben ab und legen sie in Körbe. Die Trauben sind prall und schmecken süß.Auf dem 70 Hektar großen Weingut von Wang Fang wird heute Riesling geerntet. Die rund 50-Jährige hat ihr Weingut namens Kanaan vor zehn Jahren gegründet, mit Startkapital von ihrem Vater, der schon länger ein Weingut in der Nähe betreibt. Inzwischen produziert sie bis zu 100.000 Flaschen Wein im Jahr, erzählt sie: Merlot, Cabernet Sauvignon und Riesling.Wang Fang spricht auch Deutsch, möchte aber lieber auf Englisch sprechen, da fühle sie sich sicherer, sagt sie. Sie hat zehn Jahre in Deutschland gelebt, anschließend entschloss sie sich, Riesling in Ningxia anzubauen. Doch für die deutsche Rebsorte ist es eigentlich viel zu heiß hier. Und Chinesen trinken fast ausschließlich Rotwein.Doch das hat Wang Fang nicht abgeschreckt: "Das ist wie eine Revolution in dieser Gegend. Die Leute nennen mich Crazy Fang, die Verrückte. Ein Grund ist sicherlich, dass ich hier Riesling anbaue, ohne irgendwelche Erfahrung damit zu haben. Das hat auch meine Freunde in Deutschland überrascht. Bist du komplett verrückt? Riesling aus der Wüste Gobi?"Weinbau in der Gegend bringt große Herausforderungen mit sich. Die Wachstumsperiode ist vergleichsweise kurz, von Mitte April bis September, dann wird schon geerntet. Weil es im Landesteil Ningxia so trocken und heiß ist im Sommer, müssen die Weinreben bewässert werden. Das Wasser kommt aus dem Gelben Fluss, der ganz in der Nähe fließt. Und weil es im Winter so kalt ist - bis zu minus 25 Grad - müssen die Weinstöcke jeden Herbst auf den Boden gebunden und komplett mit Erde bedeckt werden. Sonst würden die Reben erfrieren. Im Frühjahr werden sie dann wieder ausgebuddelt. Die ganze Prozedur ist extrem aufwändig und treibt die Kosten für Wein aus der Region Ningxia in die Höhe. Die günstigste Flasche Riesling von Wang Fang kostet umgerechnet etwas mehr als 30 Euro. Einen trinkbaren deutschen Riesling bekommt man selbst in China günstiger, trotz der hohen Importsteuern.Weitere Gründe, warum guter Wein aus China teuer ist, sind die hohen Investitionskosten. Fast alles Equipment für den Anbau muss aus dem Ausland importiert werden. Außerdem müssen die Anbauflächen vom Staat gemietet werden, erklärt Wang Fang.Trotz der vergleichsweise hohen Preise für chinesischen Wein, verraten Insider, machen zahlreiche Weingüter in der Gegend Verlust, auch wenn kaum ein Winzer offen darüber sprechen mag.Die chinesische Riesling-Winzerin Wang Fang führt durch ihr Haus. Sie hat viele Möbel und Gemälde aus Deutschland mitgebracht, innen erinnert ihr Haus an ein deutsches Landhaus. Stolz erzählt sie von den internationalen Preisen, die ihre Weine gewonnen haben. Die meisten ihrer Flaschen gehen an chinesische Hotels und Restaurants oder werden auf Veranstaltungen ausgeschenkt. Sie hat aber auch Kunden, die individuell bestellen und auch schon ins Ausland exportiert - und würde das in Zukunft gerne noch mehr tun."Warum sollten die Menschen chinesischen Riesling kaufen? Wenn du ein Weinliebhaber bist, musst du chinesischen Riesling probieren. Man muss doch unterschiedlichen Riesling aus verschiedenen Teilen der Erde probieren. Warum keinen chinesischen? Chinesischer Riesling ist mein Riesling."
1asien
Das US-Filmstudio Warner Bros. will seinen "Batgirl"-Film nicht veröffentlichen. Er werde weder in die Kinos kommen noch wie eigentlich vorgesehen beim Streamingdienst HBO Max zu sehen sein, bestätigte das Studio. Die Dreharbeiten waren im April abgeschlossen worden, der Film befand sich bereits in der Post-Produktion. Die bisherigen Kosten des Superheldinnen-Films werden auf 90 Millionen Dollar geschätzt. "Batgirl" gilt damit als eines der teuersten abgebrochenen Filmprojekte der jüngeren Hollywood-Geschichte. Warner Bros. begründete den Schritt mit einer neuen Ausrichtung des Filmstudios. Hinter der Entscheidung, "Batgirl" nicht zu veröffentlichen stehe ein "strategischer Wechsel unserer Führung", hieß es. Allerdings könnte der Stopp des Filmprojekts auch durch eine desaströse Vorführung vor einem Testpublikum beeinflusst worden sein. Das berichten mehrere Medien übereinstimmend. Wenn ein Film die Erwartungen eines Studios nicht erfüllt, wird er in der Regel abgeschrieben und ohne viel Aufhebens in die Kinos gebracht. "Batgirl" hingegen, der noch vor dem Zusammenschluss von WarnerMedia mit dem US-Medienkonzern Discovery Inc. grünes Licht erhielt, wird nun gar nicht zu sehen sein. Laut "Wall Street Journal" rechneten die Verantwortlichen bei Warner Bros. nicht damit, dass der Film seine Produktionskosten jemals wieder einspielen würde. Ohnehin hatte er sein Budget bereits überschritten: Eigentlich waren für die Produktion Kosten von rund 75 Millionen Dollar geplant. Corona-Verzögerungen führten zu einem überzogenen Budget. Damit ist "Batgirl" zwar immer noch billiger als viele andere Superheldenfilme, deren Produktion in der Regel 150 bis 200 Millionen Dollar verschlingt. Für den neuen Chef von Warner Bros. Discovery, David Zaslav, werden teure Filme am besten im Kino vermarktet. Dafür war "Batgirl" allerdings nie gedacht - er war lediglich als Produktion für die Streaming-Plattform HBO Max geplant. Um einen Film wie "Batgirl" doch in die Kinos zu bringen, müsste ein zweistelliger Millionenbetrag ins Marketing fließen. Da er Warner Bros. für eine Veröffentlichung nur als Streaming-Angebot offenbar zu teuer ist, dampft das Studio den Film nun lieber ein, verbucht die Ausgaben als Verlust und spart damit Steuern. Die Regisseure des "Batgirl"-Films zeigten sich enttäuscht: "Wir sind traurig und schockiert über die Nachricht", teilten Adil El Arbi und Bilall Fallah mit. Vielleicht bekämen Fans eines Tages doch noch die Gelegenheit, "Batgirl" zu sehen. Hauptdarstellerin Leslie Grace, die an der Seite des Schauspielers Michael Keaton (als Batman) zu sehen gewesen wäre, bedankte sich bei ihren Fans: "An jeden 'Batgirl'-Fan: Danke für die Liebe und den Glauben und dass ihr mir erlaubt habt, das Cape anzuziehen."Neben dem Superheldinnen-Film stehen bei Warner Bros. noch weitere Filme auf der Kippe: So ringt das Studio immer noch mit der Frage, was mit "The Flash" geschehen soll, ebenfalls einer Comic-Adaption. Ursprünglich war ein Kinostart im kommenden Jahr geplant. Der Film wurde allerdings nach wiederholten Anschuldigungen im Zusammenhang mit Missbrauch und Fehlverhaltens gegen die Hauptdarstellerin Ezra Miller gestoppt. Und auch "Scoob! Holiday Haunt", ein Nachfolgeprojekt der Produktion "Scoob!" aus dem Jahr 2020, soll US-Medienberichten zufolge gestoppt sein - aus ähnlichen Gründen wie "Batgirl". Hier sollen die Kosten bei 40 Millionen Dollar liegen. Teure Filmproduktionen für Streaming-Plattformen ergäben nach der neuen Konzernstrategie von Warner Bros. finanziell keinen Sinn mehr, berichtete der "Hollywood Reporter".
5unternehmen
Bei einem Polizei-Einsatz in einem der größten Armenviertel der brasilianischen Metropole Rio de Janeiro sind mindestens 18 Menschen getötet worden. Davon seien 16 mutmaßliche Kriminelle gewesen, teilte die Polizei mit. Bei einem der beiden anderen Opfer handelte es sich demnach um einen Polizisten, das brasilianische Nachrichtenportal "G1" berichtete zudem von einer getöteten Bewohnerin des Complexo do Alemão im Norden Rios. Ziel der Aktion in der größten Ansammlung von Fevelas mit etwa 70.000 Bewohnern war demnach eine Bande, die Fahrzeug- und Frachtdiebstähle begangen sowie Banken überfallen haben soll. Es wäre ihm "lieber gewesen, sie hätten nicht reagiert, aber leider haben sie es bevorzugt, die Polizei anzugreifen", sagte Polizeisprecher Ronaldo Oliveira bei einer Pressekonferenz. Der Einsatz hatte am frühen Donnerstagmorgen begonnen, an die 400 Polizisten - unterstützt von vier Helikoptern und zehn gepanzerten Fahrzeugen - waren beteiligt. In sozialen Medien kursierten Videos, die Schusswechsel zwischen mutmaßlichen Kriminellen und Beamten zeigten. Medienberichten zufolge lieferten sich schwerbewaffnete Mitglieder von Polizei-Sondereinsatzkommandos und Kriminelle heftige Feuergefechte. Die Behörden erklärten, die Polizisten seien "gewaltsam" mit "militärischen und Guerilla-"Taktiken angegriffen worden. Die Kriminellen hätten zudem Anwohner als Schutzschilde missbraucht. Es gab aber auch schwere Vorwürfe gegen die Polizei. "Was die Polizei einen Einsatz nennt, ist ein Massaker", sagte eine Bewohnerin der Favela der Nachrichtenagentur AP. Sie und andere seien davon abgehalten worden, Verletzten beizustehen. Sie habe einen Mann gesehen, der zu helfen versucht habe und festgenommen worden sei. Ihren Namen wollte die Frau aus Furcht vor Repressalien nicht nennen. Rios Gouverneur Cláudio Castro verteidigte die Razzia auf Twitter. "Ich werde weiterhin mit all meiner Kraft Verbrechen bekämpfen. Wir werden nicht klein beigeben bei der Mission, Frieden und Sicherheit für das Volk unseres Staates zu gewährleisten", schrieb er. Andere Politiker und Aktivisten kritisierten indes die Strategie im Kampf gegen organisiertes Verbrechen und Gewaltkriminalität. "Genug von dieser völkermörderischen Politik, Gouverneur", erklärte Talíria Petrone, eine Bundesabgeordnete, die den Staat Rio de Janeiro vertritt. Die Sicherheitspolitik sei gescheitert und sorge dafür, dass Bewohner und Polizisten in Massen getötet würden. Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro beklagte zunächst nur den Tod des bei dem Einsatz getöteten Polizisten und äußerte sich nicht zu den anderen Toten. "Er starb bei einer Konfrontation mit Banditen", sagte der Rechtsaußen-Politiker, der im Kampf gegen das Verbrechen auf eine harte Linie setzt.Der Oberste Gerichtshof in Brasilien hatte in diesem Jahr eigentlich Richtlinien für Polizeieinsätze in den Favelas festgelegt, die Todesfälle und Verstöße gegen die Menschenrechte verringern sollen. So ist etwa der Einsatz tödlicher Waffengewalt nur noch in letzter Instanz erlaubt. Anlass war eine Razzia in der Favela Jacarezinho im Jahr 2021, bei der 28 Menschen ums Leben kamen. Und erst im Mai wurden bei einem Polizeieinsatz in der Favela Vila Cruzeiro etwa 25 Menschen getötet. Menschenrechtsaktivisten erheben immer wieder schwere Vorwürfe gegen die Polizei und sprechen sogar von außergerichtlichen Hinrichtungen von Verdächtigen.Mächtige Banden ringen in den Armenvierteln um Kontrolle bei Drogenhandel und Schutzgeldgeschäften. Die Gewalt schwappt immer wieder auch auf andere Teile Rios über und trifft Unbeteiligte. In keinem anderen Land der Welt kommen so viele Menschen bei Polizeieinsätzen ums Leben wie in Brasilien.
0amerika
Im US-Bundesstaat Kalifornien ist wegen eines sich rasch ausbreitenden Waldbrandes nahe des Yosemite-Nationalparks der Notstand in dem Gebiet verhängt worden. Das Feuer habe sich "explosiv" ausgebreitet, erklärten die örtlichen Behörden. Bis zum Samstagnachmittag (Ortszeit) war eine Fläche von gut 48 Quadratkilometern betroffen, wie die zuständige Behörde Calfire auf ihrer Webseite mitteilte. Das sogenannte Oak Fire war aus noch unbekannter Ursache am Freitag im Bezirk Mariposa ausgebrochen und konnte zunächst nicht eingedämmt werden.Bis Samstag wurden mehr als 6000 Menschen in dem dünn besiedelten Gebiet aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen. Zehn Wohn- und gewerbliche Gebäude seien zerstört und fünf beschädigt worden, berichtete die kalifornische Feuerwehr. Insgesamt seien 2700 Gebäude von dem Feuer bedroht.Mehrere Straßen wurden wegen der Flammen gesperrt, darunter auch der Highway 140, einer der wichtigsten Zufahrtswege in den Yosemite. Den Angaben zufolge sind fast 2100 Feuerwehrleute mit mehr als 200 Löschfahrzeugen, schwerem Gerät und unterstützt von 17 Hubschraubern im Einsatz.Der Sprecher des Sierra-Nationalwaldes, Daniel Patterson, sagte, die schlimmste Dürre in der Region seit Jahrzehnten, Hitze und knochentrockene Vegetation sorgten zudem für "außerordentliche Feuerbedingungen". Die Flammen breiteten sich mit hoher Geschwindigkeit aus. Das Energieunternehmen Pacific Gas & Electric teilte auf seiner Webseite mit, zu mehr als 2600 Haushalten und Geschäften in der Region sei seit Freitag die Stromversorgung unterbrochen. Es sei nicht abzusehen, wie lange das andauern werde. Ein am 7. Juli im Yosemite-Park ausgebrochenes Feuer, das sich bis in den Sierra National Forest ausbreitete, war bis Samstag nach Angaben der Parkverwaltung zu fast 80 Prozent unter Kontrolle. Es zerstörte fast 20 Quadratkilometer Wald. Der unter einer anhaltenden Dürre leidende Westen der USA hat in den vergangenen Jahren Feuer von außergewöhnlichem Ausmaß und Intensität erlebt. Gleichzeitig zieht sich die Brandsaison immer länger hin. Für dieses Jahr befürchten die Feuerwehren besonders heftige Waldbrände.
0amerika
Seit April ist klar, dass die Bundesregierung in den Bereichen Gebäude und Verkehr die nationalen Klimaziele im vergangenen Jahr verfehlt hat. Zum Ende einer dreimonatigen Frist haben die Ressorts nun ihre Verbesserungsvorschläge öffentlich gemacht.Bauministerin Klara Geywitz (SPD) stellte ein Sofortprogramm mit elf Punkten vor, das ihr Ministerium in Kooperation mit dem Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz erstellt hatte.Der erste Punkt ist eine Neufassung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). So soll festgeschrieben werden, dass ab 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Dazu soll es ein Aufbauprogramm und eine "Qualifikationsoffensive" zu Wärmepumpen geben, die von den Ministerien als Schlüsseltechnologie bezeichnet werden.Öffentliche Gebäude sollen schneller energetisch saniert werden, ebenso wie kommunale Einrichtungen wie Schwimmbäder. Im Sofortprogramm vorgesehen ist auch eine flächendeckende kommunale Wärmeplanung - allerdings wird eingeräumt, dass die "genaue Ausgestaltung der bundesgesetzlichen Regelung" derzeit noch offen ist.Eine kurzfristige Verbesserung der Klimabilanz lässt sich aber selbst in den Augen der Ministerien nicht erreichen. Dazu heißt es:Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing stellte seine Planungen heute vor - am letzten Tag der Dreimonatsfrist. Zum Erreichen der Klimaziele soll die Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge, die Fahrradinfrastruktur und der öffentlichen Nahverkehr ausgebaut werden. Vorgesehen sind auch gesetzliche Vorgaben für das Arbeiten im Homeoffice."Die Lücke musste geschlossen werden", so der FDP-Politiker. Mit den vorgelegten Maßnahmen werde dies "sicher" erreicht. Dies sei gelungen, "ohne die Bedürfnisse der Bevölkerung einzuschränken".Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen wird in dem Maßnahmenpaket nicht aufgeführt. Der Verkehrssektor hatte 2021 den vom Klimaschutzgesetz vorgegebenen Treibhausgasausstoß um etwa drei Millionen Tonnen überstiegen.Klimaschützer warfen insbesondere Wissing vor, den Klimaschutz nicht ernst genug zu nehmen. Das Paket aus seinem Ministerium enthalte nach Einschätzung von Greenpeace hauptsächlich "blumige Ankündigungen". Laut dem Ökologischen Verkehrsclub wird es "dem Ernst der Lage nicht gerecht". Es brauche "ehrliche, kurzfristig wirksame Maßnahmen, die den Energieverbrauch sofort reduzieren", erklärte auch die Deutsche Umwelthilfe. Die Aktivisten fordern unter anderem ein Tempolimit auf Autobahnen, ein Verbot von Kurzstreckenflügen und die Einführung eines 365-Euro-Jahrestickets für den öffentlichen Nahverkehr. Die geplanten Schritte von Bauministerin Geywitz gehen für die Umweltschutzorganisation BUND zwar in die richtige Richtung, kämen aber zu langsam. "Der Einbaustopp für klimaschädliche Gasheizungen ab 2024 kommt zu spät", erklärte BUND-Chef Olaf Bandt. Auch aus der Wirtschaft kam Kritik. "Die Umstellung von Heizungssystemen auf erneuerbare Energien muss Hand in Hand mit der energetischen Optimierung der Gebäudehülle gehen", erklärte Felix Pakleppa vom Zentralverband Deutsches Baugewerbe. "Denn die Energieleistung von rein regenerativen Energien ist für ungedämmte Gebäude zu niedrig." Axel Gedaschko, Präsident des Verbandes der Wohnungswirtschaft, sieht "ambitionierte Vorhaben" des Bauministeriums, die allerdings "die aktuelle Mangelsituation bei den notwendigen Materialien und Fachkräften für Sanierungen" ausblende. Viel hänge zudem von einer ausreichenden finanziellen Förderung ab, die bislang nicht feststehe. Im Klimaschutzgesetz ist festgelegt, dass Deutschland 2030 den Treibhausgasausstoß um 65 Prozent gegenüber 1990 mindern muss. Die Maßnahmenpakete werden nun dem Expertenrat für Klimafragen zur Stellungnahme zugeleitet. Anschließend berät die Bundesregierung darüber. Auf ein gemeinsames Klimasofortprogramm konnte sich die Koalition von SPD, Grünen und FDP bislang nicht einigen. "Ich wünsche mir nun, dass es uns gelingt, schnell ein Gesamtkonzept zu vereinbaren und im Kabinett zu verabschieden", sagte Wissing dazu.
3innenpolitik
Al Capone ist der Inbegriff des US-amerikanischen Gangsters: Schon zu Lebzeiten war er eine Legende, galt als brutaler Mafia-Anführer und gleichzeitig als Liebling der Medien, da er sich der Presse stets offen zeigte. Der Höhepunkt seiner Karriere war Mitte der 1920er- bis Anfang der 1930er-Jahre, erst in New York, dann in Chicago. Auch wenn er wohl für diverse Morde verantwortlich war: Ins Gefängnis kam er wegen Steuerhinterziehung. In Los Angeles kann man an diesem Wochenende unter anderem einen handgeschriebenen Brief ersteigern. Trent Kalscheuer vom Auktionshaus Julien's sagt: "Es ist ein Brief an seinen Sohn Sonny, in dem er erzählt, welche Musikinstrumente er in Haft auf Alcatraz gelernt hat. Eine sehr persönliche Seite von ihm, die man sonst selten sieht, ein faszinierendes Stück."30.000 bis 50.000 US-Dollar könnte der handgeschriebene Brief einbringen. Er ist eines von Dutzenden Auktionsstücken, die das Mafia-Museum in Las Vegas zur Versteigerung zur Verfügung stellt. Viele sind Alltagsgegenstände: Vasen, Schuhe, Hüte, Golfsets - bis hin zu Lampen und Sesseln von Mafiosi wie Bugsy Siegel oder Meyer Lansky. Diese waren besonders in Las Vegas aktiv, gründeten und kauften die ersten Casinos in der Glücksspielstadt, die stark von der Cosa Nostra und anderen Mafia-Clans beherrscht wurde. Die Mobsters, wie Mafia-Angehörige auch genannt werden, seien bis heute für viele Menschen offenbar sehr faszinierend, sagt Kalscheuer. Auch deswegen seien solche Auktionen erfolgreich: "Ich denke, manche Menschen fühlen eine Art Verbindung. Sie sind begeistert von der Geschichte dahinter und wollen etwas Historisches besitzen - ein Buch etwa von jemandem, der vielleicht bekannter ist als der Präsident der Vereinigten Staaten."Apropos Präsident, sogar eine der höchsten Auszeichnungen, die Friedensmedaille, kann man erwerben. Mafiosi Meyer Lansky hatte sie von US-Präsident Truman für seinen Kampf gegen die Nazis im Zweiten Weltkrieg erhalten. Es sind wohl diese Geschichten, verwoben mit dem Mythos des Familienmannes hinter den Kulissen des Verbrechens, der die Mobster menschlicher werden lässt. Und doch kann man neben Alltagsgegenständen auch Waffen erwerben: Pistolen, Messer und Gewehre zum Beispiel. Nicht jeder findet solche Auktionen amüsant. Die ehemalige kalifornische Staatsanwältin Nina Salarno, die sich mit organisiertem Verbrechen beschäftigt, kritisiert solche Auktionen immer wieder. "Ich finde das den Angehörigen von Opfern gegenüber beleidigend," sagte sie im Lokalfernsehen. "Und so eine Auktion ist doch nur für Geld, nicht um zu zeigen, dass Al Capone ein liebevoller Großvater war. Man sollte nicht von Blutgeld profitieren, wie ich es nennen würde."Der Faszination für die Gangster tut dies offenbar keinen Abbruch - und Hollywood dürfte damit viel zu tun haben. Denn von "Der Pate", "Goodfellas", "Scarface" bis zu den "Sopranos" zelebriert man im Film und TV den Mafia-Mythos weiter.Für Filmfans sei bei der Auktion natürlich auch etwas dabei, sagt Kalscheuer: "Tony Spilotro - von dem haben wir hier eine ganze Kollektion - war Vorbild für den Charakter von Schauspieler Joe Pesci im Film 'Casino'." Ein Aschenbecher von Spilotro, den er aus einem Casino mitgenommen hatte,  gibt es bereits ab 100 Dollar.
0amerika
Das US-Repräsentantenhaus hat für ein Gesetz gestimmt, das landesweit den Zugang zu Verhütungsmitteln schützen soll. Ein entsprechender Gesetzesentwurf wurde mit 228 zu 195 Stimmen verabschiedet. Alle Gegenstimmen kamen von Republikanern - allerdings stimmten auch acht republikanische Abgeordnete dafür. Erst am Dienstag hatte das Repräsentantenhaus dafür gestimmt, das Recht auf gleichgeschlechtliche Ehe per Bundesgesetz zu schützen. Hintergrund für die Abstimmung sind Befürchtungen der Demokraten, dass der Oberste Gerichtshof des Landes nach dem Recht auf Abtreibungen auch den Zugang zu Verhütungsmitteln einschränken könnte. Der Supreme Court hatte Ende Juni das landesweite Grundrecht auf Abtreibungen gekippt, indem die Richter ein als "Roe v. Wade" bekanntes Grundsatzurteil aus dem Jahr 1973 zur Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen aufhoben. Der konservative Verfassungsrichter Clarence Thomas stellte in einem Kommentar zur Aufhebung von "Roe v. Wade" auch eine frühere Entscheidung des Supreme Court über den Zugang zu Verhütungsmitteln in Frage.Mit ihrem Versuch, die Rechte auf gleichgeschlechtliche Ehe und auf Empfängnisverhütung in Bundesgesetzen zu verankern, wollen die Abgeordneten verhindern, dass sie auf ähnliche Weise wie das Abtreibungsrecht gekippt werden könnten. Sollte das passieren und keine Bundesgesetzgebung entgegenstehen, könnten Bundesstaaten sich weigern, gleichgeschlechtliche Ehen anzuerkennen, oder sie könnten versuchen, den Zugang zur Empfängnisverhütung einzuschränken. Beide Gesetzesvorlagen - jene zur gleichgeschlechtlichen Ehe und jene zu Verhütungsmitteln - haben aber kaum Chancen, den Senat zu passieren. In der zweiten Kongresskammer haben die konservativen Republikaner eine Sperrminorität und können damit die meisten Gesetzesvorhaben blockieren.
0amerika
Vier Raketen sind nach Angaben der irakischen Armee in die sogenannte Grüne Zone im Zentrum Bagdads abgefeuert worden. Seit Montag liefern sich dort bewaffnete Anhänger des einflussreichen Schiitenführers Muktada al-Sadr Gefechte mit irakischen Sicherheitskräften und Milizen. Die Zahl der Toten ist auf mindestens 25 gestiegen. Das teilten zwei Vertreter der Gesundheitsbehörden mit. Zudem wurden mindestens 400 Menschen verletzt.Die Al-Sadr treu ergebene Miliz Saraja Salam beschoss ihre Gegner in der Grünen Zone auch mit Panzerfäusten und Granatwerfern, es war Gewehrfeuer zu hören - offenbar erwiderten irakische Sicherheitskräfte den Beschuss. Die Miliz übernahm nach Angaben zweier Vertreter der irakischen Sicherheitsbehörden zudem die Kontrolle über Standorte rivalisierender, vom Iran unterstützter Milizen in den südlichen Provinzen des Landes.Al-Sadr selbst rief seine Anhänger zum Rückzug auf. Sollten sie nicht innerhalb einer Stunde ihre Belagerung im Regierungsviertel beenden, werde er selbst von seiner eigenen Bewegung abrücken, erklärte Al-Sadr in einer Fernsehansprache. Es mache ihn traurig, was im Irak passiert sei. Er habe auf friedliche Proteste gehofft. "Ich entschuldige mich beim irakischen Volk", sagte der 48-Jährige weiter. Zuvor hatte Al-Sadr laut Medienberichten einen Hungerstreik angekündigt, bis die Gewalt aufhört. Zudem müsse der Einsatz von Waffen beendet werden, meldeten die staatliche Nachrichtenagentur INA sowie das staatliche Fernsehen am späten Montagabend. Eine Bestätigung von Al-Sadrs Büro lag nicht vor.Das Nachbarland Iran schloss aufgrund der Unruhen alle Grenzübergänge zum Irak, wie das dortige Staatsfernsehen berichtete. Iraner wurden aufgerufen, Reisen in den Irak zu meiden - und das unmittelbar vor einer Pilgerfahrt, für die jedes Jahr Millionen Iraner in den Irak kommen. Die Fluggesellschaft Emirates sagte alle Flüge nach Bagdad ab.Auch Kuwait rief seine Bürger auf, das Nachbarland zu verlassen, mit dem es eine 254 Kilometer lange Grenze teilt. Die staatliche Nachrichtenagentur Kuna rief dazu auf, Reisepläne in den Irak wegen der dortigen Gewalt fallen zu lassen. Die Niederlande haben ihre Botschaft in der Grünen Zone evakuiert, wie Außenminister Wopke Hoekstra twitterte. Die Mitarbeiter arbeiteten nun von der deutschen Botschaft an einem anderen Standort in der Stadt aus.Anhänger Al-Sadrs hatten am Montag den Regierungspalast gestürmt, nachdem dieser seinen Abschied aus der Politik angekündigt hatte. Die Demonstranten rissen die Zementbarrieren vor dem Regierungspalast mit Seilen nieder, durchbrachen die Türen des Gebäudes und strömten ins Innere. Sicherheitskräfte versuchten, die Menge mit Wasserwerfern auseinanderzutreiben.Das Militär rief eine landesweite Ausgangssperre aus und der geschäftsführende Ministerpräsident Mustafa al-Kasimi sagte Kabinettstreffen ab.Damit spitzt sich die politische Krise im Irak weiter zu, nachdem Demonstranten vor einem Monat bereits in das Parlamentsgebäude eingedrungen waren. Auch rund zehn Monate nach der Parlamentswahl können sich die Parteien weder auf einen Präsidenten noch einen Regierungschef einigen, während das Land unter einer Wirtschaftskrise, Inflation und Korruption leidet.Al-Sadrs Bewegung ging bei der Wahl zwar als klarer Wahlsieger hervor, konnte jedoch nicht die wichtige Zweidrittelmehrheit erreichen, die für die Präsidentenwahl erforderlich ist. Damit entstand eine politische Pattsituation.Die UN-Mission im Irak (Unami) sprach von einer "extrem gefährlichen Eskalation" und forderte die Demonstranten auf, das Regierungsviertel sofort zu verlassen. "Das Überleben des Staates steht auf dem Spiel", erklärte die UN-Mission. UN-Generalsekretär António Guterres rief zur "Zurückhaltung" auf und forderte "alle relevanten Akteure" auf, "sofortige Schritte für eine Deeskalation der Situation" zu unternehmen.
1asien
Sie haben gelitten, mit sich gehadert und auch dieses Mal lange gezittert - aber nun hat Frankreich seinen Viertelfinal-Fluch hinter sich gelassen. Die "Equipe Tricolore" besiegte am Samstag (23.07.2022) im New York Stadium in Rotherham die Niederlande mit 1:0 - brauchte dafür aber einen Elfmeterpfiff in der Verlängerung, der erst nach der Intervention des Videoschiedsrichters zustande kam. Rechtsverteidigerin Eve Perisset von Girondins Bordeaux verwandelte den von Dominique Janssen an Kadidiatou Diani verursachten Strafstoß in der 102. Minute. Die "Grande Nation" steht damit erstmals seit Olympia 2012 wieder im Halbfinale eines großen Fußballturniers. Dort trifft das Team von Trainerin Corinne Diacre am kommenden Mittwoch (27.07.2022) in Milton Keynes auf die deutschen Fußballerinnen. Die sind bei EM und WM bislang viermal auf die Französinnen getroffen - und haben stets gewonnen. Frankreich spielt erstmals überhaupt um den Einzug in ein EM-Endspiel.Titelverteidiger Niederlande muss nach der verdienten Niederlage früh die Koffer packen. Von Verletzungen und Corona-Fällen geplagt, konnte der Vize-Weltmeister unter dem englischen Trainer Mark Parsons nicht an den Auftritt bei der Heim-EM 2017 anknüpfen. Dabei hatte der Abend in Rotherham für die "Oranje"-Fans mit einer guten Nachricht begonnen. In der Startelf tauchte der Name von Vivianne Miedema auf. Eine gute Woche hatte die Arsenal-Stürmerin nach ihrer Corona-Infektion in Isolation verbracht, inklusive ihres 26. Geburtstags - und unterdessen zwei Gruppenspiele verpasst. Dennoch führte die Kapitänin ihr Team aufs Feld.94 Tore in nun 113 Länderspielen hat Miedema erzielt - doch gegen Frankreich waren die Qualitäten der kopfballstarken Torjägerin fast ausschließlich in der Defensive gefragt. Frankreich zog sein Spiel über die schnellen Außen Delphine Cascarino und Diani auf und war drückend überlegen. Nach der ersten Hälfte schlugen 12:1 Torschüsse für "Les Bleues" zu Buche - aber es war brotlose Kunst. Weder vom Querschläger der Wolfsburger Verteidigerin Janssen (17.) noch von Cascarinos Distanzschuss (21.) ließ sich die junge niederländische Torhüterin Daphne van Domselaar überlisten. Alles andere vor der Pause erledigte sich fast von selbst: Sandie Toletti jagte freistehend aus zwölf Metern den Ball Richtung Zuschauerränge (23.), Cascarinos Volleyschuss landete am Pfosten (27.) und bei Melvine Malards Versuch aus sechs Metern rettete Innenverteidigerin Stefanie van de Gragt für ihre geschlagene Torhüterin auf der Linie (37.).Es löste Verwunderung, bisweilen Kopfschütteln und nur bei den Niederländerinnen und ihrem Anhang Erleichterung aus, dass dieses Spiel zur Pause noch 0:0 stand. Die nach dem Ausfall ihrer Nummer eins, Sari van Veenendaal, und Stürmerin Lieke Martens gehandicapten "Oranjeleeuwinnen" hatten nicht die Qualität auf dem Platz, um dem mit traumwandlerischer Sicherheit kombinierendem Starensemble um Kapitänin Wendie Renard Paroli bieten zu können. Zwar befreiten sich die Niederländerinnen nach der Einwechslung der Wolfsburgerin Jill Roord nach der Pause hin und wieder aus Frankreichs Umklammerung. Andererseits musste sich Keeperin van Domselaar gegen die eingewechselte Selma Bacha (65.) und Renard (66.) mächtig strecken, um ein Gegentor zu verhindern. Die Niederländerinnen feierten sich inzwischen für jedes Defensiv-Tackling - doch wie lange würden sie das noch durchhalten?Lange. Und je mehr Zeit verstrich, desto mehr verloren die Französinnen offenbar den Glauben daran, den Viertelfinal-Bann brechen zu können. Ab der 70. Minute geriet ihr Offensivspiel ins Stocken. Eine Großchance drei Minuten vor Ablauf der normalen Spielzeit hätte die Entscheidung bringen müssen, doch erneut machte sich Unglauben breit: Grace Geyoro, mit drei Toren die bis dato beste Torschützin der Französinnen, brachte nach einer Maßflanke von Cascarino an den zweiten Pfosten ihren Kopfball nicht im Tor unter (87.). In der Nachspielzeit reagierte Twente-Torhüterin van Domselaar schließlich zweimal großartig gegen Cascarino (90.+3) und Renard (90.+4) und brachte ihr Team in die Verlängerung. An Perissets Elfmeter war sie dann sogar noch mit den Fingerspitzen dran. Im ersten EM-Spiel nach van Veenendaals Verletzung ins kalte Wasser geworfen, gehört die 22-Jährige trotz des frühen Ausscheidens der Titelverteidigerinnen bereits zu den größten Entdeckungen des Turniers. Quelle: sportschau.de
4sportschau