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Entlastung der Verbraucher, Beitrag zur Verkehrswende, Image-Booster für Busse und Bahnen: Die Erwartungen an das 9-Euro-Ticket im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sind riesig. Etwas mehr als zwei Monate nach dem Start des bundesweit gültigen Tickets wertet Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) das Projekt bereits als Erfolg. Dabei läuft die wissenschaftliche Auswertung noch. Und erste Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die Sonderfahrkarte zwar durchaus Wirkung zeigt, aber kaum alle Hoffnungen und Ziele erfüllen kann."Viele der aktuellen Daten muss man mit Vorsicht genießen", sagte der Projektleiter Öffentlicher Verkehr des Interessenverbands Agora Verkehrswende, Philipp Kosok, der Nachrichtenagentur dpa. Die Datenlage sei noch sehr dünn. "Das, was vorliegt, sind allerdings sehr alarmierende Daten. Es deutet darauf hin, dass mit dem 9-Euro-Ticket mehr Verkehr erzeugt und vor allem kaum verlagert wird." Der Versuch habe somit keine positive Klimaschutzwirkung, möglicherweise sogar eine negative, sagte Kosok weiter. "Es deutet sich an, dass wir hier keinen klaren Klimavorteil mit dieser Aktion haben."Unter anderem waren sowohl bei Befragungen des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), als auch bei einer Untersuchung im Großraum München zuletzt herausgekommen, dass lediglich rund drei Prozent der Befragten ihr Auto zugunsten des öffentlichen Nahverkehrs stehen ließen."Das Ticket führt zu einer höheren Nutzung des Öffentlichen Verkehrs, aber vor allem selektiv auf bestimmten Strecken, sogar soweit, dass dort der Verkehr zusammenbricht", sagt Christian Böttger, Bahn-Experte an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW). Eine Auswertung von Mobilfunkdaten durch das Statistische Bundesamt ergab Anfang Juli: "Im Juni 2022 lagen die bundesweiten Bewegungen im Schienenverkehr im Schnitt 42 Prozent höher als im Juni 2019."Das Problem: Rund ein Viertel der im ÖPNV angetretenen Fahrten wäre ohne das Ticket gar nicht erst gemacht worden, ermittelte der VDV. Es handelt sich also um zusätzliche Reisen und nicht um Ersatzfahrten, die sonst mit dem Auto gemacht worden wären. "Aus den bisherigen Untersuchungen lässt sich nur ein leichter Verlagerungseffekt von der Straße auf den Öffentlichen Verkehr von bestenfalls zwei bis drei Prozent erkennen", sagt etwa HTW-Forscher Böttger.Das deckt sich mit ersten Ergebnissen der Studie aus dem Großraum München, die unter anderem die Bewegungsdaten Hunderter Teilnehmer auswertet. Sie kam zum Schluss, dass 35 Prozent der Probanden häufiger mit Bus und Bahn fuhren, aber nur drei Prozent ihr eigenes Fahrzeug seltener nutzten. Allerdings stellten die Forscher eine gewisse dämpfende Wirkung auf den Straßenverkehr in München fest. Statt im Juni - wie sonst üblich - leicht zu steigen, ging er um drei Prozent zurück. Auch eines Auswertung des Verkehrsdatenspezialisten TomTom für die dpa hatte in der ersten Phase des 9-Euro-Tickets auf einen Rückgang der Staus in großen deutschen Städten hingedeutet.Eine radikale Änderung des täglichen Verhaltens sei nicht zu erwarten gewesen, meint der Leiter der Münchner Studie, Klaus Bogenberger von der TU München, bei ihrer Vorstellung im Juli. Er zieht ein positives Zwischenfazit. "Das wichtige Ergebnis ist: Viele haben die öffentlichen Verkehrsmittel in ihren Alltag integriert."Forscher um Jan Christian Schlüter von der TU Dresden wiederum haben sich vor allem der Kaufentscheidung und der Preissensibilität bei möglichen Nachfolgeangeboten gewidmet. Wichtigste Argumente für die Nutzung des 9-Euro-Tickets waren danach der Preis und die Einfachheit des Angebots. Viele Menschen hätten aber auch angegeben, den ÖPNV ausprobieren zu wollen. Hier werde es spannend sein, ob Nutzer das Ticket auch ein zweites Mal kauften, sagte er.Für ein Nachfolgeangebot können sich viele Menschen auch höhere Preise vorstellen, wie die Dresdner Befragung zeigt. Die meisten Menschen nannten dabei Werte zwischen 60 und 90 Euro.Doch aus Sicht der Forschenden ist der Preis eines ÖPNV-Tickets für den langfristigen Erfolg der Verkehrswende nicht ausschlaggebend. "Wenn wir wirklich stabiles Wachstum wollen im öffentlichen Verkehr, dann müssen wir vor allem die Kapazitäten entsprechend erweitern", sagt HTW-Experte Böttger. "Was wir gesehen haben, ist, dass das System wirklich am Anschlag ist." Böttger geht allein für den Eisenbahnverkehr von einem Investitionsstau beim Neu- und Ausbau von rund 150 Milliarden Euro aus - eingerechnet der Baukosteninflation der vergangenen Jahre. "Die Regierung ist weit, weit davon entfernt, diese Investitionen bereit zu stellen."
6verbraucher
Bundeskanzler Olaf Scholz ist zum Auftakt einer zweitägigen Reise in Staaten der Golfregion nach Saudi-Arabien gereist. Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman begrüßte ihn in der Hafenstadt Dschidda per Handschlag. Bin Salman ist der faktische Herrscher des mächtigsten Landes auf der Arabischen Halbinsel. Er wird vom US-Geheimdienst für den brutalen Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Generalkonsulat in Istanbul vor vier Jahren verantwortlich gemacht. Der Thronfolger bestreitet, Drahtzieher der Tat zu sein.Der Mord hatte zu einer internationalen Isolierung bin Salmans geführt und die deutsch-saudischen Beziehungen in eine jahrelange Krise gestürzt. Bei seinem Treffen mit Bin Salman sprach Scholz den Mord an Khashoggi an. "Wir haben alle Fragen besprochen, die sich um Fragen von Bürger- und Menschenrechten drehen", sagte er nach dem Gespräch auf eine entsprechende Journalistenfrage. "Das gehört sich so. Und da können sie von ausgehen, dass nichts unbesprochen geblieben ist, was zu sagen ist." Vor dem Besuch des Kanzlers waren mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, dem inzwischen zurückgetretenen britischen Premier Boris Johnson und US-Präsident Joe Biden bereits die wichtigsten Bündnispartner Deutschlands in Saudi-Arabien.Auch Biden hatte den Mord an Khashoggi angesprochen. Nach der Begegnung mit bin Salman berichtete der Präsident damals, dass der Kronprinz die Verantwortung für die Tat zurückgewiesen habe. "Ich deutete an, dass ich glaube, er ist es", sagte Biden.Als nächstes reist Scholz in die Vereinigten Arabische Emirate und dann nach Katar weiter. Beide Länder sind wie Saudi-Arabien wichtige Energie-Exporteure. In Dschidda, Abu Dhabi und Doha geht es laut Regierungssprecher Steffen Hebestreit "um unseren Einsatz für eine regelbasierte internationale Ordnung und den Ausbau der Wirtschafts- und Energiekooperation".Mit Saudi-Arabien will der Kanzler eine engere Energiepartnerschaft entwickeln. Diese soll sich nicht nur auf fossile Rohstoffe, sondern auch auf Wasserstoff und Erneuerbare Energien erstrecken, sagte Scholz nach dem Treffen mit dem Kronprinzen:Welche Verträge über die Lieferung von Gas oder - mittel- und langfristig - Wasserstoff aus der Region nach Deutschland abgeschlossen werden, scheint noch unklar.Scholz wird von elf Topmanagern begleitet. Unter anderen sind Airbus, ThyssenKrupp und Siemens Energy in der Wirtschaftsdelegation vertreten. Die Energiewirtschaft erhofft sich von der Reise nicht nur kurzfristige Gasexporte aus der Golfregion. "Deutschland und Europa werden auf den Import von Wasserstoff angewiesen sein. Umso wichtiger ist es, frühzeitig internationale Partnerschaften zu schließen", sagte Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft, der "Rheinischen Post". Pressekonferenzen des Kanzlers mit seinen Gesprächspartnern sind während der Reise nicht vorgesehen. Es sei trotz großen Einsatzes nicht gelungen, die Gesprächspartner davon zu überzeugen, heißt es von deutscher Seite.
1asien
Israels Präsident Izchak Herzog hat Deutschland in einer Rede im Bundestag Dank und Respekt für die Unterstützung seines Landes ausgesprochen. "Der Staat Israel ist stolz auf seine Partnerschaft mit Deutschland", sagte Herzog im Plenum des Bundestags in Berlin. "Wir wissen den deutschen Beitrag zur Sicherheit und zum Erfolg Israels sehr zu schätzen." Auf der Grundlage des gemeinsamen Gedenkens an den Holocaust könnten die beiden Länder eine gemeinsame Zukunft gestalten."Die Zukunft gehört uns, sie muss uns beiden gehören", sagte Herzog vor den Abgeordneten und den Spitzen der deutschen Verfassungsorgane. "Nur gemeinsam können wir dem Gedenken Bedeutung geben." Dazu gehöre für Israel auch das "Treuegelöbnis für die Freiheit und Sicherheit des Staates Israel und das Wohlergehen des jüdischen Volkes".Herzog betonte, dass der Holocaust immer eine zentrale Rolle im deutsch-israelischen Verhältnis spielen werde - "das jüdische Volk vergisst nicht", sagte er. Zugleich zollte er der Entwicklung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg großen Respekt. Deutschland sei "einer der wichtigsten Anführer der freien Welt" geworden, es sei wieder ein "Motor von Geist und Kultur".Ausdrücklich bedankte sich Herzog für den Gedenkakt zum 50. Jahrestag des Olympia-Attentats am Tag zuvor. "Ich danke Ihnen für die bewegende Zeremonie gestern", sagte er. Durch die "Übernahme der Verantwortung" leiste Deutschland einen Beitrag für "eine gewisse Linderung des Schmerzes der Angehörigen".Als bisher letzter israelischer Präsident hatte Herzogs Vorgänger Reuven Rivlin im Januar 2020 vor dem Bundestag gesprochen.Im Zentrum des Besuchs des israelischen Präsidenten stand bisher das Gedenken an das Olympia-Attentat. Dabei waren 1972 elf israelische Sportler getötet worden. Bundespräsident Steinmeier hatte beim zentralen Gedenken zum 50. Jahrestag im Fliegerhorst Fürstenfeldbruck um Vergebung für den mangelnden Schutz der israelischen Athleten und die unzureichende Aufklärung nach dem Attentat gebeten. Auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) bat in ihrer Eröffnungsansprache der Plenarsitzung heute um Vergebung. "Ich bin froh, dass die Bundesregierung und die Angehörigen der Opfer eine Einigung gefunden haben", sagte Bas. "Keine Entschädigungszahlung kann diese Morde ungeschehen machen oder die tiefen Wunden der Angehörigen heilen." Die Einigung auf die Entschädigungen bedeute aber "eine Anerkennung Ihres Leids", sagte sie an die Hinterbliebenen gerichtet. "50 Jahre nach dem entsetzlichen Attentat liegt darin ein zwar spätes, aber wichtiges Zeichen der Verantwortung." Bas beklagte zudem den anhaltenden Antisemitismus in Deutschland. "Auch heute gibt es Hass, der sich gegen Juden und gegen Israel richtet", sagte sie. "Es ist eine Schande, dass jüdische oder israelische Einrichtungen nur unter Polizeischutz sicher sind, dass auf Demonstrationen gegen Israel gehetzt wird, dass in sozialen Netzwerken Israel der Tod gewünscht wird." Sie fügte hinzu: "Wir alle müssen entschieden gegen diesen Hass und diese Hetze vorgehen. Mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen." Im Anschluss seiner Rede im Bundestag nahm Herzog mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an einer Kranzniederlegung am Holocaust-Denkmal in Berlin teil. Anschließend reisten die beiden Präsidenten zum ehemaligen Konzentrationslager Bergen-Belsen und legten an der Gedenkmauer Kränze nieder. Sie gedachten dort der mehr als 52.000 KZ-Häftlinge und rund 20.000 Kriegsgefangenen, die in dem Lager umkamen. Herzogs Vater, der ehemalige israelische Präsident Chaim Herzog, gehörte als Offizier in den Reihen der britischen Streitkräfte im April 1945 zu den Befreiern des Lagers.
3innenpolitik
Die Gasumlage entfällt, dafür kommt eine Gaspreisbremse: Die Bundesregierung will mit einem "Abwehrschirm" von bis zu 200 Milliarden Euro Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen in der Energiekrise vor untragbaren Kosten schützen. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach von einem "Doppel-Wumms" in einer Situation, in der Russland "seine Energielieferungen als Waffe" einsetze. Auf welche Maßnahmen haben sich die regierenden Parteien der Ampel-Koalition im Detail geeinigt? Ein Überblick.Die ursprünglich beschlossene Gasumlage, deren Einnahmen Gas-Importeure stützen sollten, entfällt. "Sie wird nicht mehr gebraucht", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz. Denn die in Schieflage geratenen Energieunternehmen wie Uniper sollen stattdessen nun durch direkte staatliche Hilfen stabilisiert werden - durch "maßgeschneiderte Lösungen". Die Gasumlage, die eigentlich vom 1. Oktober an erhoben werden sollte, wird nun per Verordnung zurückgezogen. Sollten Verbraucher sie schon gezahlt haben, müsse sie zurückgezahlt werden, betonte die Bundesregierung.Auch wenn die Gasumlage wegfällt, soll die Umsatzsteuer auf Gas bis zum Frühjahr 2024 von derzeit 19 auf sieben Prozent gesenkt werden - das gilt nach dem neuen Beschluss nun auch für Fernwärme. Statt der Gasumlage einigte sich die Koalition darauf, "schnellstmöglich" eine Gaspreisbremse einzuführen - und zwar zunächst befristet. Wie genau sie aussehen soll, ist aber noch unklar. Eine Expertenkommission soll Mitte Oktober einen Vorschlag für eine konkrete Umsetzung machen. Ziel ist es laut Bundesregierung, Haushalte und Unternehmen spürbar zu entlasten. Dabei sollen offenbar die Kosten für ein Grundkontingent gedeckelt werden. Im Beschlusspapier der Koalition heißt es dazu: "Daher werden die Preise (zumindest für einen Teil des Verbrauchs) auf ein Niveau gebracht, welches private Haushalte und Unternehmen vor Überforderung schützt."Die Bundesregierung will als weitere Maßnahme eine Strompreisbremse für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie alle Unternehmen einführen. Dafür sollen die Zufallsgewinne jener Kraftwerke zur Stromerzeugung abgeschöpft werden, die ohne Gas betrieben werden und derzeit aufgrund des hohen Strompreises hohe Zusatzgewinne einfahren. Mit Hilfe dieser Einnahmen will die Regierung den Stromverbrauch von Verbrauchern sowie kleinen und mittleren Unternehmen bis zu einem gewissen Grad zu subventionieren. Die Rede ist hier von einem Basisverbrauch - ohne dass hierzu genaue Kontingente genannt werden. Dieser Basisverbrauch soll subventioniert werden - für den darüber hinausgehenden Stromverbrauch sollen dann die höheren Marktpreise gelten. Für größere Unternehmen soll ein "spezifischer Basisverbrauch verbilligt" werden, heißt es in dem Papier der Bundesregierung.Ein Teil des Pakets ist auch die Steigerung des Angebots an Energie, um damit die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen zu verringern. Die Bundesregierung will unter anderem die Möglichkeiten der erneuerbaren Energien und bei der Kohleverstromung ausschöpfen und den Aufbau der Infrastruktur für den Import von Flüssigerdgas über die geplanten LNG-Terminals vorantreiben. Ausdrücklich verweist die Koalition in ihrem Papier aber auch darauf, dass sie die Möglichkeit schaffe, die zwei süddeutschen Atomreaktoren Neckwarwestheim und Isar 2 möglicherweise bis zum Frühjahr 2023 weiter laufen zu lassen. Wie von Wirtschaftsminister Robert Habeck und Bundeskanzler Scholz angekündigt, sollen die geplanten Maßnahmen durch den sogenannten Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) finanziert werden, der 2020 zur Bewältigung wirtschaftlicher Folgen der Corona-Pandemie eingerichtet worden war, zuletzt aber nicht mehr aktiv genutzt wurde. Der WSF soll mit zusätzlichen 200 Milliarden Euro für die Krisenintervention in den Jahren 2022 bis 2024 ausgestattet werden. Die Nutzung des Geldes soll dabei auf konkrete Aufgaben begrenzt werden. Dazu gehören die Finanzierung der Gas- und Strompreisbremse, Hilfen für durch den russischen Angriffskrieg in Schwierigkeiten geratene Unternehmen sowie "für die Marktstabilität relevante Gasimporteure". Durch die Finanzierung des "wirtschaftlichen Abwehrschirms" über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds, der die notwendigen Kreditermächtigungen noch in diesem Jahr erhalten soll, will die Bundesregierung im kommenden Jahr die Schuldenbremse des Grundgesetzes wieder einhalten.
6verbraucher
Die Präsidentin des Bundestags, Bärbel Bas, hat die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger in der Energiekrise kritisiert. Der "Bild am Sonntag" sagte die SPD-Politikerin mit Blick auf die 300-Euro-Energiepauschale: "Die ganz oben, und dazu zähle ich, brauchen dieses Geld nicht. Ich hätte mir mehr Differenzierung gewünscht, um gezielt den Schwächsten zu helfen."Das Ziel müsse sein, dass niemandem Strom oder Heizung abgestellt oder die Wohnung gekündigt werde, mahnte Bas. Sie zeigte sich offen für ein weiteres, ein viertes Paket, das besonders ärmeren Bürgern hilft. "Um das Schlimmste gerade für Menschen mit wenig Einkommen abzufedern, müssen wir bei einem Fortschreiten der Krisen bereit sein, noch einmal nachzulegen." Bas zeigte sich alarmiert über die soziale Lage im Land: "Viele Menschen in Deutschland können schon lange nicht mehr spontan im Restaurant essen gehen oder im Kino einen Film gucken. Viele Ältere überlegen, ob sie sich das Stück Kuchen beim Bäcker leisten können, weil die Rente sonst nicht bis zum Monatsende reicht. Das empfinde ich als dramatisch." Bas appellierte an die Bundesregierung, auch Mieter gegen die hohen Energiepreise zu schützen. Vergangene Woche hatten sich die Spitzen der Ampel-Koalition auf weitere Maßnahmen zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen verständigt. Damit sollen die erwarteten hohen Preissteigerungen abgefedert werden. Das dritte Entlastungspaket soll ein Gesamtvolumen von mehr als 65 Milliarden Euro haben.In dem Interview mahnte Parlamentspräsidentin Bas außerdem eine rasche Wahlrechtsreform an, um die Zahl der Bundestagsabgeordneten wieder auf knapp 600 zu reduzieren. Natürlich wünsche sie sich dafür eine möglichst breite parlamentarische Mehrheit. "Nur zur Ehrlichkeit gehört dazu: Wenn wir darauf warten, kriegen wir vielleicht wieder keine Wahlrechtsreform. Damit wäre niemandem geholfen", sagte Bas der Zeitung. Der Bundestag gehört zu den größten Parlamenten der Welt, weil auf Basis des derzeitigen Wahlrechts immer mehr Sitze dazugekommen sind ist. Die Fraktionen kommen bei der seit Jahren geplanten Reform bisher auf keinen gemeinsamen Nenner.
3innenpolitik
Das Biotechunternehmen BioNTech bereitet sich auf die Markteinführung von gleich zwei angepassten Omikron-Impfstoffen vor. Die Auslieferung der Vakzine könnte, vorbehaltlich der behördlichen Genehmigungen, bereits ab Oktober 2022 beginnen, wie BioNTech mitteilte. Beide Impfstoffe könnten damit rechtzeitig zur Unterstützung der Booster-Kampagnen im Herbst zur Verfügung stehen."Unsere Covid-19-Produktpipeline umfasst variantenangepasste Impfstoffkandidaten sowie Impfstoffkandidaten der nächsten Generation, die auf einen längeren und breiteren Schutz abzielen", sagte BioNTech-Chef Ugur Sahin. Das Unternehmen erwarte damit einen Anstieg der Nachfrage in seinen Schlüsselmärkten im vierten Quartal. Für einen der beiden Booster - eine Kombination des bestehenden Impfstoffs Comirnaty mit einem Impfstoffkandidaten, der das Spikeprotein der Omikron-Variante BA.1 adressiert - hatten BioNTech und sein US-Partner Pfizer kürzlich die Einreichung des Zulassungsantrags bei der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA abgeschlossen. Dieser Impfstoff wird bereits seit dem Frühjahr produziert, ist aber noch nicht zugelassen.In den USA ist eine Zulassung für diesen Booster nicht geplant. Dort konzentrieren sich die Unternehmen nach den Empfehlungen der Gesundheitsbehörde FDA auf einen Booster, der sich gegen den Wildtyp des Virus und gegen die vorherrschenden Varianten BA.4/5 richtet. Hierfür soll eine klinische Studie diesen Monat beginnen. Erste Dosen dieses Vakzins könnten ebenfalls bereits ab Oktober ausgeliefert werden, eine Zulassung ist auch in der EU geplant.Die EU-Arzneimittelbehörde EMA hat Mitte Juni das Prüfverfahren für diesen Impfstoff von BioNTech und Pfizer gestartet. Die EMA prüft zudem einen angepassten Impfstoff des US-Herstellers Moderna, der ebenso wie das Vakzin von BioNTech/Pfizer auf der mRNA-Technologie basiert.BioNTech gewährte heute auch Einblick in seine Geschäftsbücher. Danach bekräftigt das Unternehmen seine Prognose für einen Covid-19-Impfstoff-Umsatz von 13 bis 17 Milliarden Euro in diesem Jahr. Im ersten Halbjahr setzte der Konzern insgesamt 9,57 Milliarden Euro um, ein Zuwachs von 30 Prozent. Der Nettogewinn stieg um 37 Prozent auf 5,37 Milliarden Euro. In der Betrachtung allein des zweiten Quartals gab es allerdings sowohl beim Umsatz (minus 39,8 Prozent auf 3,20 Milliarden) als auch beim Gewinn (minus 40,0 Prozent auf 1,67 Milliarden) einen Rückgang im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum. Der Corona-Impfstoffhersteller führte dies darauf zurück, dass die dynamische Entwicklung der Pandemie "zu einer Verschiebung von Aufträgen und damit zu Schwankungen bei den Quartalsumsätzen" führe.
5unternehmen
Irans Militär hat auf Schärfste vor einer Störung der Sicherheit im Land gewarnt. "Wir werden den Feinden nicht erlauben, die Situation auszunutzen", hieß es in einer Mitteilung, wie die iranische Nachrichtenagentur Isna berichtete. Auch der Geheimdienst warnte nach Angaben der Agentur Tasnim vor einer Teilnahme an "illegalen Versammlungen". Am Donnerstag hatte Justizchef Gholam-Hussein Mohseni-Edschehi ein hartes Durchgreifen der Sicherheitskräfte bei den landesweiten Protesten angeordnet.Gleichzeitig gingen landesweit nach Angaben von Staatsmedien Tausende Menschen auf die Straßen, um den Regierungskurs zu unterstützen. Bei den von der Regierung organisierten Demonstrationen marschierten Anhänger nach dem Freitagsgebet durch mehrere Städte. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Irna riefen die Demonstranten auch Slogans wie "Tod Amerika", "Tod Israel" und "Unser Volk ist wach und hasst Unruhestifter". Gegenwärtig erlebt das seit der Revolution von 1979 islamistisch regierte Land eine selten dagewesene Protestwelle. Auslöser der Proteste ist der Tod der 22 Jahre alten Mahsa Amini. Sie wurde von der Sittenpolizei festgenommen, weil sie gegen die Kopftuch-Regeln verstoßen haben soll. Was genau mit Amini nach ihrer Festnahme geschah, ist unklar. Sie fiel ins Koma und starb später in einem Krankenhaus. Laut Polizei hatte sie einen Herzanfall. Menschenrechtsaktivisten zufolge erlitt Amini einen tödlichen Schlag auf den Kopf. Bei den anschließenden Protesten starben nach Angaben des Staatsfernsehen mindestens 17 Menschen. Die Organisation Iran Human Rights mit Sitz in Oslo sprach sogar von 36 Toten. Iranischen Medien zufolge wurden bis Donnerstag 280 Personen festgenommen.Auch eine der Journalistinnen, die mit dazu beigetragen hatte, den Fall Amini öffentlich zu machen, ist mittlerweile in Haft. Das berichtet die Tageszeitung "Schargh", für die sie arbeitet. Die Reporterin Nilufar Hamedi hatte unter anderem das Krankenhaus besucht, in dem Amini lag. Die Behörden nahmen auch den bekannten Aktivisten Madschid Tawakol fest. Zuvor war bereits eine Fotojournalistin festgenommen worden, als sie über die Demonstrationen in Teheran berichtet hatte. Die Bundesregierung fordert derweil Aufklärung. Sie sei außerdem "bestürzt darüber, dass bei den landesweiten Protesten wegen des Todes von Frau Amini offenbar zahlreiche weitere Menschen ums Leben gekommen sind", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete den Tod Aminis als schrecklich.  Auch die Todesopfer bei den Protesten "mutiger Frauen" im Iran bedrückten ihn, schrieb Scholz auf Twitter.Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes bekräftigte zudem, die Bundesregierung beobachte die Lage im Iran mit großer Sorge. Sie forderte die Führung in Teheran auf, friedliche Proteste zuzulassen und keine weitere Gewalt anzuwenden. Zu Reaktionen der Bundesregierung auf die Vorfälle im Iran sagte die Sprecherin, Deutschland tausche sich derzeit mit den Partnern auf EU-Ebene zu einem gemeinsamen Vorgehen aus. Zu möglichen konkreten Schritten lasse sich derzeit noch nichts sagen.
1asien
Monika Heuer hat Glück. In Person ihres Enkels. "Wenn ich ihn nicht gehabt hätte - obwohl ich langjährig in einem Steuerbüro tätig war -, hätte ich das nicht auf die Reihe gekriegt." Und die 75 Jahre alte Rentnerin wirkt vor dem Bildschirm wahrlich nicht, als wären Computerprogramme und Eingabemasken technisches Neuland. Ihre Finger huschen nur so über Tastatur und Mausrad.  Trotzdem war es ein nervenaufreibendes Unterfangen, bis sie auf "Absenden" klicken und zweieinhalb Monate vor Fristende ihre Erklärung zur Grundsteuer abgeben kann: "Das Komplizierte ist erstmal das Steuerprogramm Elster zu installieren. Was mich erstaunte: Dass bei uns in Deutschland die Zugangsdaten noch per Post versendet werden." Deshalb musste sie tagelang warten, bis sie mit dem Programm überhaupt erstmal loslegen konnte. "Und vorher hat man erst noch ganz viele E-Mails mit Hinweisen bekommen, die teilweise ganz unverständlich waren." Für mehr als 35 Millionen "wirtschaftliche Einheiten" - Grundstücke, Häuser, Wohnungen - in ganz Deutschland muss ein neuer Einheitswert festgelegt werden. Das heißt: mehrere Millionen Mal Frust. Während der Eingabe tauchten immer wieder Fehlermeldungen auf, berichten zahlreiche Menschen in Internetforen: Eingaben passten angeblich nicht zu Angaben in vorherigen Formularfeldern, Korrektur-Hinweise seien unverständlich. "Ist ein unverheiratetes Paar mit Haus nun Alleineigentümer oder Lebenspartner?", lautet etwa eine der Fragen, die gestellt werden.   Dabei erhielt Monika Heuer von der Finanzbehörde immerhin ein "Datenstammblatt" mit Angaben aus dem Liegenschaftsamt. Fehler darin muss der Eigentümer selbst suchen und finden. Dann kann er alles händisch übernehmen, muss die Erklärung aber in der Regel online verschicken, nur in Ausnahmen mit Begründung auf Papier. Für Menschen ohne PC und IT-Geschick ist das eine Hürde. Kai Warnecke von der Interessenvertretung "Haus und Grund" ärgert sich darüber: "Der Staat in Gestalt der Finanzämter fordert dazu auf, Unterlagen von anderen staatlichen Behörden zusammenzustellen und dann noch zu digitalisieren. Wenn das alles so einfach wäre, könnte die Finanzverwaltung das ja selbst machen und nicht den Bürger dafür einsetzen. Es ist in Teilen schon sehr zynisch, was man von den Finanzverwaltungen und auch den Finanzministerien hört." Rudi Kessler aus Lahnstein hatte mit dem Berechnen der Wohnfläche zu kämpfen: Im Laufe der Jahrzehnte wurde mal hier, mal dort an-, aus- und umgebaut; genaue Unterlagen gibt es nicht. Die Dachschrägen werden erst ab zwei Meter voll angesetzt, nur zur Hälfte ab einem Meter. "Es ist eine schwierige Sache. Da musste ich erst mal nachlesen." Das alles kostet Geld, wenn Architekten oder Gutachter damit beauftragt werden sollen, sofern sie solch einen Auftrag überhaupt annehmen. Oder Zeit. Doch die ist laut Bund der Steuerzahler und anderen Interessensverbänden zu knapp bemessen. Bis 31. Oktober sollen die Grundsteuererklärungen abgegeben werden. "Nach zwei Jahrzehnten gibt man dann den Bürgern über die Sommerferien Zeit, eine Grundsteuererklärung abzugeben. Weniger Interesse am Bürger kann man eigentlich gar nicht zeigen", kritisiert Warnecke und spielt damit auf den seit Mitte der 1990er-Jahre schwelenden Streit über die Grundsteuer an. Tatsächlich überrascht der plötzliche Zeitdruck der Politik: Die Finanzverwaltung sollte einst eigentlich regelmäßig den Wert von Grundstücken ermitteln, um den Einheitswert festzusetzen. An ihm sollten die Steuern "einheitlich" berechenbar sein für die Steuerformen, die mit dem Grundstück verbunden sind: Derselbe Satz beispielsweise fürs Verschenken, Vererben und den Anteil am Gesamtvermögen des Eigentümers in der einst erhobenen Vermögenssteuer. Doch ermittelte der Staat seit 1964 keinen Einheitswert mehr - zu viel Aufwand. Im Jahr 1995 ließ das Bundesverfassungsgericht die Verwendung von Einheitswerten für die Grundsteuer zwar noch zu, aber nur übergangsweise. Ein neues Verfahren sollte her. Doch alle Regierungen zögerten seither angesichts der gewaltigen Aufgabe, bis das Bundesverfassungsgericht im April 2018 den Einheitswert und damit die bisherige Grundsteuerberechnung letztendlich kassierte. Vier Jahre später soll nun in vier Monaten der Bürger wieder Zeit gut machen, so scheint es Kritikern. Doch die zur Abgabe Gehaltenen machen nicht so richtig mit, verraten die Rücklaufquoten der Finanzministerien: Bundesweit sind Mitte August, anderthalb Monate nach Eröffnung des Verfahrens, im Durchschnitt gerade mal zehn Prozent der Erklärungen eingegangen.  DIHK-Präsident Peter Adrian erinnerte kürzlich an das historische Umfeld der Reform mit Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg und Energiekrise: "In einer der schwierigsten Phasen seit dem Zweiten Weltkrieg müssen viele Betriebe umfassende Grundsteuerdaten bis Ende Oktober an die Finanzämter liefern. Das stellt viele Unternehmen angesichts der Kürze der Zeit und der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Lage vor erhebliche Probleme." Geht es so schleppend weiter, bleibt dann die Frist 31. Oktober in Stein gemeißelt? Die Vorsitzende der Finanzministerkonferenz, Doris Ahnen, verweist dazu auf den hohen Aufwand der Datenverarbeitung: "Mit Blick auf die Erhebung der Grundsteuer zum 1. Januar 2025 durch die Kommunen müssen die Finanzämter den Kommunen die auf Grundlage der Grundsteuerwerte ermittelten Grundsteuermessbeträge sukzessive bis Mitte 2024 zur Verfügung stellen." Nur so könne die Kalkulation der Grundsteuer-Hebesätze für die Zeit von 2025 an erfolgen, so die SPD-Politikerin. "Eine generelle Fristverlängerung ist daher nicht vorgesehen, um auch den Kommunen einen ausreichenden Zeitraum zur Festsetzung der reformierten Grundsteuer zu gewährleisten." Monika Heuer, die sich parteipolitisch engagiert, möchte Parteimitgliedern bei der Grundsteuer unter die Arme greifen: "Wir in unserem Verband haben uns für nächsten Monat vorgenommen, mit jemandem, der vom Fach ist, abends einen Vortrag für uns zu veranstalten. Und junge Leute wie mein Enkel sollen dann alte Leute, die es wünschen, tatkräftig unterstützen." Die Grundsteuerreform als generationenübergreifendes Projekt.
6verbraucher
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat zu seinen gestrigen Holocaust-Äußerungen im Kanzleramt Stellung genommen. "Präsident Abbas bekräftigt, dass der Holocaust das abscheulichste Verbrechen der modernen menschlichen Geschichte ist", schrieb die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa. Demnach betonte Abbas nun, er habe in Berlin nicht die Einzigartigkeit des Holocaust infrage stellen wollen. Gemeint habe er vielmehr "die Verbrechen und Massaker gegen das palästinensische Volk, die Israels Streitkräfte seit der Nakba begangen haben". Diese Verbrechen hätten "bis zum heutigen Tage nicht aufgehört". Der historische Hintergrund: Aus einem Teil des britischen Mandatsgebiets Palästina wurde 1948 Israel. Die arabischen Nachbarn griffen den neuen Staat an. Im Zuge der darauf folgenden Kämpfe flohen Hunderttausende Palästinenser oder wurden vertrieben. Daran gedenken die Palästinenser jährlich als "Nakba" (Katastrophe). Nach Angaben des palästinensischen zentralen Statistikbüros wurden infolge der "Nakba" etwa 800.000 der ursprünglich 1,4 Millionen Palästinenserinnen und Palästinenser aus dem historischen Palästina vertrieben. Verschiedenen Historikern zufolge wurden im israelischen Unabhängigkeitskrieg im Jahr 1948 zwischen zehn und 70 Massaker an Palästinensern verübt, darunter die Massaker von Deir Jassin und Lydda. Bei der Erstürmung des Dorfes Deir Jassin wurden wahrscheinlich mehr als 100 arabische Bürger getötet. Die Zahl der Opfer bei der Einnahme der Stadt Lydda, auch Lod genannt, ist bis heute nicht komplett geklärt. Historiker vermuten jedoch übereinstimmend, dass mehrere Hundert Palästinenser getötet wurden.Abbas hatte gestern einer Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz Israel einen vielfachen Holocaust an den Palästinensern vorgeworfen. "Israel hat seit 1947 bis zum heutigen Tag 50 Massaker in 50 palästinensischen Orten begangen", sagte er und fügte hinzu: "50 Massaker, 50 Holocausts."Regierungssprecher Steffen Hebestreit beendete die Pressekonferenz anschließend. Von Scholz, dem die Empörung laut ARD-Korrespondent Christian Feld zwar deutlich anzusehen gewesen sei, kamen keine unmittelbare Reaktion auf Abbas' Aussage. Erst am Abend sagte der Kanzler der "Bild": "Gerade für uns Deutsche ist jegliche Relativierung des Holocaust unerträglich und inakzeptabel." Entsprechend äußerte sich der SPD-Politiker heute auch auf Twitter. Er verurteile jeden Versuch, "die Verbrechen des Holocaust zu leugnen", schrieb er.Regierungssprecher Hebestreit versuchte heute in Berlin, die nun kritisierte ausgebliebene Reaktion des Kanzlers mit seinem eigenen Fehlverhalten zu entschuldigen. Er sei nicht aufmerksam genug gewesen und habe nicht schnell genug reagiert, sagte Hebestreit - gemünzt auf das von ihm eingeleitete Ende der Pressekonferenz nach der Äußerung von Abbas. "Das war mein Fehler und den muss ich auf meine Kappe nehmen", so der Regierungssprecher.Scholz habe ihn dafür direkt kritisiert und betont, dass er gerne noch etwas erwidert hätte. "Der Bundeskanzler bedauert es, dass er auf der besagten Pressekonferenz gestern Nachmittag nicht ein zweites Mal intervenieren und direkt auf die Anwürfe anders reagieren konnte", so Hebestreit. Scholz habe dies dann allerdings "sehr schnell im Nachgang an die Pressekonferenz getan". Die Union prangerte die Reaktion als zu spät an. "Ein unfassbarer Vorgang im Kanzleramt", schrieb CDU-Chef Friedrich Merz auf Twitter. Der Kanzler hätte dem Palästinenserpräsidenten "klar und deutlich widersprechen" müssen. Der CDU-Abgeordnete Matthias Hauer erklärte: "Nach einer solchen Entgleisung zu schweigen, ist unverzeihlich." Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Karin Prien hielt ihre Kritik kurz und knapp, aber deutlich: "Zu wenig, zu spät", twitterte sie.SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich nahm Scholz hingegen in Schutz. "Abbas hat die politische Bühne in Berlin missbraucht für unerträgliche und historisch abwegige Angriffe auf Israel", sagte er. Der palästinensische Präsident habe sich damit zum wiederholten Mal disqualifiziert. "Der Bundeskanzler hat darauf klar und unmissverständlich reagiert und seiner Empörung deutlich Ausdruck verliehen", so Mützenich. "Daraus jetzt dumme parteipolitische Spielchen zu machen, wird dem Ernst der Angelegenheit nicht gerecht."Altkanzlerin Angela Merkel kritisierte Abbas' Aussagen. Sie verurteile sie "auf das Schärfste", erklärte eine Sprecherin ihres Büros auf "Bild"-Anfrage. Die Äußerung sei ein inakzeptabler "Versuch, die Singularität der von Deutschland im Nationalsozialismus begangenen Verbrechen des Zivilisationsbruchs der Shoa zu relativieren beziehungsweise den Staat Israel direkt oder indirekt auf eine Stufe mit Deutschland in der Zeit des Nationalsozialismus zu stellen". Solche Versuche werde Deutschland niemals dulden. Zuvor hatte das Internationale Auschwitz-Komitee die Äußerungen des Palästinenserpräsidenten scharf kritisiert - und zugleich die Reaktion der deutschen Seite bemängelt. Der Exekutiv-Vizepräsident Christoph Heubner sagte, Abbas habe "die politische Bühne Berlins gezielt genutzt, um die deutsche Erinnerungskultur und die Beziehungen zum Staat Israel zu diffamieren. Mit seinem schändlichen und unangemessenen Holocaust-Vergleich hat Abbas erneut versucht, antiisraelische und antisemitische Aggressionen in Deutschland und Europa zu bedienen." Es sei "erstaunlich und befremdlich, dass die deutsche Seite auf Abbas' Provokationen nicht vorbereitet war und seine Äußerungen zum Holocaust in der Pressekonferenz unwidersprochen geblieben sind". Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland verurteilte die Äußerungen von Abbas ebenfalls "auf das Schärfste". Er sagte auch: "Dass eine Relativierung des Holocaust, gerade in Deutschland, bei einer Pressekonferenz im Bundeskanzleramt, unwidersprochen bleibt, halte ich für skandalös."Der israelische Ministerpräsident Jair Lapid wies den Holocaust-Vorwurf mit deutlichen Worten zurück. "Dass Mahmud Abbas Israel beschuldigt, '50 Holocausts' begangen zu haben, während er auf deutschem Boden steht, ist nicht nur eine moralische Schande, sondern eine ungeheuerliche Lüge", schrieb Lapid auf Twitter und verwies auf die sechs Millionen Jüdinnen und Juden, die im Holocaust ermordet wurden. Die Geschichte werde Abbas niemals verzeihen.Lapid ist selbst Sohn eines Holocaust-Überlebenden.
3innenpolitik
Der Pressesprecher der US-Regierung antwortete maximal nebulös, als er von mehreren Reporterinnen und Reportern auf die hoch umstrittenen Reisepläne von Nancy Pelosi angesprochen wurde: Ob die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses eventuell nach Taiwan reisen werde oder nicht, das stehe ja noch gar nicht fest. Zu solchen möglichen Reiseplänen könne er erst etwas sagen, wenn es konkret werde, heute jedenfalls nicht, sagte Ted Price. Doch die Diskussion um die Reisepläne der dritthöchsten Politikerin der Vereinigten Staaten geht munter weiter. Das Bemerkenswerte: Obwohl bei den Demokraten von Präsident Joe Biden immer streng auf parteiinterne Einigkeit geachtet wird, fiel ausgerechnet der US-Präsident seiner Parteifreundin Pelosi beim Thema Taiwan in den Rücken. Seine Militärberater hielten eine Taiwan-Reise Pelosis für keine gute Idee, sagte Biden vor einigen Tagen bei einem spontanen Pressestatement. Und seitdem stellen sich in Washington viele die Frage, ob das wieder nur eine erneute unbedachte Äußerung des US-Präsidenten war. Oder ob Biden tatsächlich versucht, Pelosi von einer Reise nach Taipei abzubringen, um die chinesische Staatsführung nicht zu verärgern. Schließlich betrachtet diese die demokratisch regierte Insel Taiwan als Teil der Volksrepublik, obwohl sie das nie war. Es wäre wirklich wichtig, dass Pelosi die Reise macht, sagt Keith Krach, früherer Abteilungsleiter im US-Außenministerium im Gespräch mit dem ARD-Hörfunk. Pelosis geplante Reise werde zwar von Chinas Staatsführung als Provokation gesehen. Aber die Vereinigten Staaten hätten "die Verpflichtung, Taiwan zu unterstützen - um die Stabilität im Indopazifik zu erhalten, um die Weltwirtschaft zu schützen und um die Demokratie zu fördern".Vor knapp zwei Jahren, als der US-Präsident noch ein Republikaner war und Donald Trump hieß, reiste Krach selbst als, wie er selbst sagt, hochrangigster Vertreter des US-Außenministeriums seit 41 Jahren nach Taiwan. Auch damals habe die kommunistische Führung in Peking gedroht. Nichts fürchte Generalsekretär Xi Jinping mehr als "vereinigte Vereinigte Staaten", sagt Krach, . Es sollte aber niemand "auf die Knie fallen vor 'Kaiser Xi'". Chinas Staats- und Parteiführung hat die USA seit vergangener Woche mehrfach vor einer möglichen Taiwan-Reise Pelosis gewarnt. China seit bereit , sich "dieser Herausforderung zu stellen", betonte der Sprecher der chinesischen Führung, Zhao Lijian. Sollten aber die USA "hartnäckig an ihrem Fehlverhalten festhalten", sei China "verpflichtet", "entschlossene und wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um die nationale Souveränität und territoriale Integrität des Landes zu verteidigen".Staatliche chinesische Medien brachten gar militärische Gewalt ins Spiel, mit der man die Landung von Pelosis Flugzeug in Taiwan verhindern werde. Krach hält das für einen Bluff. Gefährlicher sei es, die Reise jetzt abzusagen. China könne sich ansonsten ermutigt fühlen, Taiwan genauso zu behandeln wie Russland die Ukraine. Präsident Wladimir Putin habe vor der Invasion behauptet, die Ukraine sei immer ein Teil Russlands gewesen, was aber nicht stimme: "Putin will die Geschichte umschreiben. Und genauso ist es mit Xi Jinping. Taiwan war ebenfalls nicht immer Teil Chinas." Auch andere republikanische Politikerinnen und Politiker in den USA haben die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses aufgerufen, auf jeden Fall nach Taiwan zu reisen, so etwa der frühere Außenminister Mike Pompeo. Pelosi steckt nun in einer Zwickmühle. Findet ihre Reise statt, riskiert sie, dass sich die ohnehin miserablen Beziehungen zwischen den USA und China weiter verschlechtern. Und das in einer Zeit, in der Präsident Biden die Chinesen in einigen Politikfeldern braucht: beim Kampf gegen die weltweite Inflation etwa und beim Klimaschutz. Sagt Pelosi die Reise hingegen ab, würden die Demokraten von der republikanischen Opposition als "schwach gegenüber China" gebrandmarkt. Und das wäre eine Art Höchststrafe im aufziehenden US-Zwischenwahlkampf.  
0amerika
Grüne Geldanlagen boomen - vor allem in Europa und in Deutschland. 80 Prozent der Investments, die in grüne Geldanlagen flossen, kommen laut dem Analyseunternehmen Morningstar aus Europa. Allein aus Deutschland sind das insgesamt mehr als 130 Milliarden Euro: Laut dem jüngsten Bericht des Fachverbands "Forum nachhaltige Geldanlagen" haben Privatanleger in Deutschland ihre Investitionen, die als nachhaltig gelten, im vergangenen Jahr damit verdreifacht. Die stellvertretende Geschäftsführerin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Jella Benner-Heinacher, bemerkt das steigende Interesse an grünen Investments, sie rät jedoch zur Vorsicht: "Es gibt leider noch keine wirklich präzisen Mindeststandards, und es gibt auch noch kein richtiges Label, wo draufsteht: Es ist nachhaltig, also grün." Es werde in der Folge "vieles als grün verkauft, was eigentlich ein klassisches Produkt ist", so Benner-Heinacher.Genau hier will die EU-Kommission mit einer Reihe von Verordnungen Licht ins Dunkel bringen. Unter dem Kürzel "Mifid II" treten seit 2018 schrittweise neue Richtlinien in Kraft, die den Wertpapierverkauf transparenter und das Finanzsystem zugleich nachhaltiger machen sollen. Heute tritt ein weiterer Teil dieses Reformprogramms in Kraft: Ab sofort müssen Finanzberater Anleger explizit danach fragen, ob sie ihr Geld nachhaltig investieren wollen. Doch auch hier lauern Fallstricke, glaubt Anlagestratege Christian Kahler von der privaten Vermögensverwaltung Kahler und Kurz Capital: "Wir kennen diese Prozesse: Da werden 20 bis 30 Seiten mit Kleingedrucktem ausgehändigt. Am Ende muss immer noch der Kunde unterschreiben, und da besteht immer die Gefahr, dass en detail doch nicht alles so genau nachgelesen wird."Verbraucherschützer raten ohnehin, das sich Anleger über das Hauptgeschäft des Unternehmens oder des Fonds informieren sollten. Denn manche Anbieter verzichten zwar auf Investments in Kohle oder Waffen, investieren aber überwiegend in hoch umstrittene Branchen wie etwa Atomkraft. Und das sogar mit EU-Siegel.Denn die sogenannte EU-Taxonomie, eine Art Katalog für klimafreundliche Investitionen, soll Anlegern bei der Einordnung ihrer Investments helfen. Sie erkennt aber auch Investitionen in Gas und Atomkraft als klimafreundlich an. Das sorgte im Vorfeld für Kritik. Anlegerschützerin Benner-Heinacher hält es daher für entscheidend, dass sich Anleger selbst vorab Gedanken machen, welche Kriterien ihnen bei der Geldanlage wichtig sind: "Die meisten Anleger, die sich bei uns melden, wollen mit ihren Investments auch etwas bewirken. Man nennt das einen 'Impact Fonds'."Der Experte findet die Idee nachhaltiger Investments zwar gut, aber: "Man sollte trotzdem sehr genau hinschauen und ganz wichtig: Kosten, Rendite und Risiko nicht aus dem Auge verlieren. Denn nachhaltig heißt ja nicht ohne Risiko und ohne Kosten."All diese Punkte lassen sich den Experten zufolge nicht allgemein abwägen. Zumal die Nichtregierungs-Organisation Finanzwende bei einer Untersuchung nachhaltiger Fonds festgestellt hat, dass sich deren Zusammensetzung kaum von konventionellen Fonds unterscheidet.Sogar Öl-Multis mit schlechter Umweltbilanz oder Online-Einzelhändler mit kritikwürdigen Arbeitsbedingungen waren in sogenannten Nachhaltigkeits-Fonds enthalten. Das bedeutet unterm Strich: Anleger müssen genau hinschauen, wie nachhaltig die Unternehmen oder Fonds tatsächlich sind, in die sie investieren wollen.
2finanzen
Als hätte der Immobilieninvestor Adler Group nicht schon genug Probleme, sind zuletzt noch einige hinzugekommen. Wenn auch nicht überraschend. Denn der Konzern ist wegen Wertberichtigungen tief in rote Zahlen gerutscht. Das meldete die Geschäftsleitung am späten Montagabend. Der Verlust in den ersten sechs Monaten betrug rund 600 Millionen Euro, die Schuldenquote stieg von 52 auf 58 Prozent. Auch einen Dividendenvorschlag macht das Unternehmen seinen Aktionären erstmal nicht. Die Reaktion an den Märkten auf die schlechten Zahlen fällt überraschend freundlich aus. Aktien der Adler Group sind im S-DAX notiert, sie stiegen am Vormittag um knapp fünf Prozent.Allerdings waren die Papiere in den letzten Monaten auch stark eingebrochen. Betrugsvorwürfe, offene Rechnungen und die bisher erfolglose Suche nach einem Wirtschaftsprüfer haben dem Immobilieninvestor jede Menge schlechte Schlagzeilen eingebracht. Ohne Wirtschaftsprüfer könne die Adler Group kein Testat bekommen, und ohne Testat sei das Unternehmen von den Bank- und Kapitalmärkten abgeschnitten, heißt es aus dem Unternehmen selbst. Zuletzt hatte auch die Finanzaufsicht BaFin eine Jahresbilanz der Adler Real Estate als fehlerhaft bezeichnet. Die Adler Group gilt als eine der größten Immobilienentwickler Deutschlands. Die Schwierigkeiten des Unternehmens zeigen sich auch in zahlreichen Bauruinen in diversen deutschen Städten, bei denen es augenscheinlich nicht vorangeht. Die Hauptversammlung der Immobiliengruppe am Mittwoch in Berlin dürfte turbulent werden. Dort soll es auch um den Verkauf von 22.000 Wohnungen gehen, mit dem Schulden abgebaut werden sollen. Das wären fast alle Wohnungen, die die Adler Group derzeit noch hat. Nach eigenen Angaben sind das rund 26 Tausend.
5unternehmen
Drei Jahre war es teils gespenstisch still. Jetzt geht es wieder los: Der jährliche September-Sturm in Midtown Manhattan. Und Anwohner Brad Abrahms erinnert sich wieder.130 und damit überdurchschnittlich viele Staats- und Regierungschefs wollen persönlich kommen zur wichtigsten jährlichen Aussprache aller Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen - von US-Präsident Biden bis Bundeskanzler Scholz. Andere wie Russland und China, schicken ihre Außenminister. Auch Bundesaußenministerin Baerbock ist dabei. Schwarze Wagenkolonnen rollen dann in einer Tour zum UN-Hauptquartier am East River. Seit Tagen wächst die Zahl der Sperrgitter. 30 Straßen-Blockaden gibt es allein im UN-Viertel. Anwohnern und Büroarbeitern wird viel Geduld abverlangt. Wer kann, flieht für diese Woche aus der City, weiß Abrahms: "Es sei nicht schön, hier zu leben, wenn ES passiert." Doch John Tsang denkt anders. Er betreibt einen Bikeshop direkt gegenüber des UN-Flaggenmeers.New Yorker nehmen einfach alles, wie es kommt, meint er. Das zeichne sie aus.Und sei es das Live-Comeback der ersten kompletten UN-Generalversammlung. UNGA heißt ihr Kürzel unter Diplomaten - längst haben viele die UNGA-Week umgetauft: in Gaga-Week. Bei der letzten vor der Pandemie kamen 11000 Delegierte nach Manhattan. Diesmal könnten es noch mehr werden. Denn die drängenden Weltprobleme wie Ukraine-Krieg, Nahrungsmittel- oder Klimakrise sind groß. Und die Verlockung, auch am Rande des großen Redemarathons möglichst viele gute Gespräche zu führen. Es sei doch cool, so viele Leute zu sehen, soviele Sprachen zu hören, sagt Adriana Stark, die mittendrin wohnt. Der Trubel sei eben der Preis dafür, in so einer Weltstadt zu leben. Auch für ihre kleine Hündin Terry: "Wir packen‘s an!" Die Bars und Restaurants der Stadt seien bereit, sagt Andrew Rigie, Chef des New Yorker Gaststättenverbands.Die guten Hotelbetten sind praktisch ausgebucht - auch wenn sie teils dreimal so teuer wie sonst sind: 700 Dollar pro Nacht heißt nicht Vier Sterne. Und auch sonst schlägt die Inflation mächtig zu. Ein To-Go-Kaffee für acht Dollar. Alle schütteln den Kopf. Doch selbst das fänden die Meisten besser als die Stille vorher. Ohne die Vereinten Nationen würden viele Shops und Bars das alles gar nicht überleben, sagt Pizzeria-Manager Gus Manessis.Der Familienbetrieb Patsy’s Pizza wirbt mit Prominenz von Frank Sinatra bis Kim Basinger und George Clooney, die dort schon gegessen haben. Gus freut sich jetzt auf andere bekannte Gesichter, die er auch noch von früher kennt.Auch die Deutschen kommen oft her, sagt er. "Schön, dass sie alle wiederkommen!"
0amerika
"Football is coming home" - die letzten zehn Minuten des ersten EM-Halbfinals waren auf den Rängen an der Bramall Lane in Sheffield eine einzige Fußball-Party. Die englischen unter den 28.624 Zuschauenden hatten vor der Pause noch um den ersten Finaleinzug ihrer Frauen-Nationalmannschaft seit 2009 zittern müssen. Doch nach einer Leistungssteigerung ihres Teams im zweiten Abschnitt konnten sie schließlich lautstark einen deutlichen und verdienten Erfolg bejubeln. "Wir haben nicht gut angefangen, doch meine Spielerinnen haben dann einen Weg gefunden, sich vom Druck zu befreien. Ich bin absolut stolz auf sie", sagte Trainerin Sarina Wiegman nach dem Finaleinzug. "Es war eine unglaubliche Atmosphäre. Wir sind überglücklich, im Finale zu stehen", sprudelte es aus Stürmerin Beth Mead heraus, die nach einem Treffer und zwei Vorlagen von der UEFA zur "Spielerin des Spiels" gekürt wurde.Die Erleichterung und das Aufatmen waren auch deshalb so groß, weil England zuvor dreimal in Folge Halbfinal-Niederlagen bei Großereignissen kassiert hatte. Für Schweden, in der Weltrangliste auf Rang zwei, war es nach dem Olympia-Finale im vergangenen Jahr erst die zweite Niederlage seit März 2020. "Wenn wir eine unserer Möglichkeiten zu Beginn genutzt hätten, wäre das Spiel vielleicht anders gelaufen", sagte der enttäuschte schwedische Coach Peter Gerhardsson nach dem Spiel. Die Skandinavierinnen müssen damit weiter auf ihren zweiten EM-Titelgewinn warten: Bei der Turnier-Premiere 1984 hatten sie im Finale England noch besiegt. Am Sonntag (31.07.2022, 18 Uhr MESZ, live im Ersten und bei sportschau.de) trifft England im Endspiel des diesjährigen Turniers auf Deutschland oder Frankreich, die am Mittwoch (27.07.2022, 21 Uhr MESZ) das zweite Halbfinale bestreiten. Gegen die DFB-Elf hatten die "Lionesses" das EM-Finale 2009 in Finnland mit 2:6 verloren.Wiegman ließ ihr Team gegen den Olympia-Zweiten nach dem 2:1 gegen Spanien im Viertelfinale unverändert. Bei den Schwedinnen kehrte Hanna Glas nach überstandener Corona-Infektion in die Startelf zurück. Außerdem brachte Coach Gerhardsson nach dem 1:0 gegen Belgien erstmals bei dieser EM Sofia Jakobsson in seine Mannschaft.Die 32 Jahre alte Stürmerin hätte schon in der ersten Minute der Partie um ein Haar die perfekte Geschichte geschrieben: Nach 20 Sekunden wehrte Englands Keeperin Mary Earps aber ihren Schuss von halblinks in höchster Not ab. Die Großchance war das Startsignal für eine temporeiche Anfangsphase. England versuchte zwar mit viel Ballbesitz sein Flügelspiel aufzuziehen, aber die Schwedinnen störten den Aufbau - angeführt von Stina Blackstenius - früh und oft erfolgreich mit gutem Pressing. Die Stürmerin war es auch, die die zweite Großchance der Partie hatte: Ihr Kopfball nach einer Ecke klatschte an die Latte (9.). Die sichtbar nervösen Engländerinnen kamen zunächst - wenn überhaupt - nur zu harmlosen Flanken. Schwedens Keeperin Hedvig Lindahl musste in ihrem 189. Länderspiel erst nach rund 20 Minuten erstmals eingreifen.Doch nach und nach kam das Team von Trainerin Wiegman, unter der England nun seit 19 Partien ungeschlagen ist, besser ins Spiel. Schweden ließ in der Defensive größere Lücken - und die nutzten die Gastgeberinnen schließlich effektiv: Mead traf nach einem Zuspiel von Lucy Bronze aus elf Metern unhaltbar ins Eck. Ihr sechster EM-Treffer - damit schloss sie zur deutschen Ex-Nationalspielerin Inka Grings auf, die 2009 als bisher einzige sechs Mal bei einer EM getroffen hatte.Der Führungstreffer änderte in dieser Partie alles. Nun waren es die Schwedinnen, die sehr fahrig in der Defensive agierten und auch kaum noch Umschaltaktionen hatten. Bis zur Pause schlug England aus der Feldüberlegenheit kein weiteres Kapital. Unmittelbar nach dem Seitenwechsel aber traf Bronze, Weltfußballerin von 2020, per Kopf nach einer Ecke aus etwa zwölf Metern (48.). Das Tor hielt auch einer VAR-Überprüfung stand und war bereits die Vorentscheidung.Schwedens Trainer Gerhardsson wechselte früh dreimal, aber auch seine Joker stachen nicht. Nachdem die Engländerinnen durch Lauren Hemp die Latte getroffen hatten (57.), versuchten die Skandinavierinnen, noch einmal den Druck zu erhöhen. Die Abwehr der Engländerinnen, die in diesem Turnier erst einen Gegentreffer kassiert hat, hielt dieser Drangperiode aber stand - auch dank Keeperin Earps: Einen kuriosen Blackstenius-Abschluss mit dem Knie parierte sie glänzend (65.). Es folgte das Highlight des Abends: Die erneut eingewechselte Alessia Russo erzielte ihr viertes Joker-Tor bei dieser EM mit der Hacke durch die Beine von Lindahl - 3:0 (68.). Auch beim letzten Treffer von Fran Kirby aus etwa 20 Metern (76.) machte die 39-jährige Keeperin Lindahl keine gute Figur. Spielentscheidend waren aber nicht diese Patzer, sondern der Qualitätsunterschied in Sachen Chancenverwertung. Quelle: sportschau.de
4sportschau
Taiwan ist innerhalb von zwei Tagen von einem zweiten starken Erdbeben erschüttert worden. Das Beben der Stärke 6,8 ereignete sich Behörden zufolge 42 Kilometer nördlich der Stadt Taitung. Das Epizentrum habe in einer Tiefe von sieben Kilometern gelegen. Ein Arbeiter kam in einem Zementwerk ums Leben, als er von einem herabstürzenden Staubfilter getroffen wurde, teilte das Krisenzentrum in Taipeh mit. Häuser und Straßen wurden durch die Erdstöße beschädigt. Mindestens 79 Menschen mussten nach Regierungsangaben ärztlich behandelt werden. In der Stadt Yuli stürzte eine Brücke ein. Mehrere Menschen wurden in einem eingestürzten dreistöckigen Supermarkt im östlichen Landkreis Hualien eingeschlossen. Vier konnten verletzt geborgen und ins Krankenhaus gebracht werden. Erdrutsche blockierten Straßen.Nach Angaben der taiwanischen Eisenbahn entgleiste ein Zug im Kreis Hualien, nachdem er von herabfallenden Betonbrocken getroffen wurde. 20 Passagiere mussten in Sicherheit gebracht werden, verletzt wurde niemand. Auch in der Hauptstadt Taipeh waren Erschütterungen zu spüren. Größere Chip-Fabriken in den Städten Tainan und Kaohsiung sind laut den Betreibern nicht von dem Beben betroffen.Das staatliche chinesische Erdbebenbeobachtungszentrum China Earthquake Networks Center meldete deutlich spürbare Erschütterungen in den Küstengebieten der Volksrepublik von Guangdong bis Shanghai.Bereits gestern hatte es in der selben Region ein Erdbeben gegeben. Es fiel mit einer Stärke von 6,4 allerdings weniger stark aus. Die Insel im Pazifischen Ozean liegt im Spannungsfeld der Philippinischen Platte und der Eurasischen Platte, die sich wenige Zentimeter pro Jahr bewegen. Die Spannungen der Platten entladen sich immer wieder in Form von Erdbeben. 2016 starben dabei im Süden der Insel mehr als 100 Menschen. Bei einem Beben der Stärke 7,3 wurden 1999 mehr als 2000 Menschen getötet.
1asien
Die Pilotinnen und Piloten der Lufthansa sind in einen ganztägigen Streik getreten. Der Ausstand begann offiziell um eine Minute nach Mitternacht, in den Morgenstunden fielen die ersten geplanten Verbindungen in Frankfurt am Main und München aus.Die Airline hat nahezu das komplette Programm der Kerngesellschaft gestrichen. Betroffen sind demnach ungefähr 130.000 Passagiere von mehr als 800 Flügen. Einige Flüge mussten laut Lufthansa bereits am Donnerstag gestrichen werden.Die Fluggäste sind aufgefordert, nicht an die Flughäfen zu kommen, sondern auf den Zug oder Flüge an einem anderen Tag auszuweichen. Ihnen stehen bei Ausfällen oder schwerwiegenden Verspätungen Erstattungen und möglicherweise auch Ausgleichszahlungen zu. Da das letzte Ferienwochenende in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland beginnt, werden auch viele Familien mit schulpflichtigen Kindern betroffen sein. Bestreikt werden laut der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit ausschließlich die Abflüge der Lufthansa-Kerngesellschaft sowie der Lufthansa Cargo von deutschen Flughäfen. Die Tochtergesellschaften Eurowings, Lufthansa Cityline und Eurowings Discover sind von dem Aufruf nicht betroffen und sollen planmäßig fliegen.Gleiches gilt für ausländische Lufthansa-Töchter wie Swiss, Austrian oder Brussels. Auch Lufthansa-Flüge von nicht-deutschen Startpunkten finden statt, sofern Flugzeuge und Crews bereits im Ausland sind. Auch am Wochenende kann es laut Lufthansa vereinzelt zu Ausfällen und Verspätungen kommen. Fluggäste würden gebeten, sich über www.lufthansa.com fortlaufend zu informieren. Die Vereinigung Cockpit (VC) sieht die Verhandlungen über höhere Tarifgehälter als gescheitert an. "Um Arbeitskämpfe abzuwenden, muss Lufthansa ein deutlich verbessertes Angebot vorlegen", sagte VC-Tarifchef Marcel Gröls. Offizieller Anlass des Arbeitskampfes sind die aus Sicht der Gewerkschaft gescheiterten Verhandlungen über einen neuen Gehaltstarifvertrag. Die VC verlangt 5,5 Prozent mehr Lohn im laufenden Jahr und einen automatisierten Inflationsausgleich ab dem kommenden Jahr. Auch eine Sondierungsrunde hinter verschlossenen Türen und ein verbessertes Angebot des Unternehmens aus der vergangenen Woche hatten keinen Durchbruch gebracht.Das Unternehmen kritisierte den Streikaufruf der Piloten-Gewerkschaft. "Uns fehlt jedes Verständnis für den Streikaufruf der VC", hatte Personalvorstand Michael Niggemann am Donnerstag gesagt. "Die Arbeitgeberseite hat ein sehr gutes und sozial ausgewogenes Angebot gemacht - trotz der nachwirkenden Lasten der Corona-Krise und unsicheren Aussichten für die Weltwirtschaft."
5unternehmen
Die Vereinten Nationen haben von Russland und Kiew erneut grünes Licht für eine Experten-Mission zum umkämpften Kernkraftwerk Saporischschja angemahnt. "Wir fordern die Parteien erneut auf, der Mission (der Internationalen Atomenergiebehörde) IAEA sofortigen, sicheren und ungehinderten Zugang zum Standort zu gewähren", sagte die UN-Beauftragte für politische Angelegenheiten, Rosemary DiCarlo, bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats. Sie betonte, dass die IAEA ihre Anfrage für eine entsprechende Operation am Dienstag erneuert habe. Die prinzipiell von allen Seiten unterstützte IAEA-Mission scheitert bislang an der Streitfrage, ob die Experten über russisch kontrolliertes Territorium oder - was völkerrechtlich korrekt wäre - ukrainisches Gebiet anreisen. Schon vor zwei Wochen hatte das russische Außenministerium den Vorwurf erhoben, eine Einigung sei durch Einspruch der UN-Führung verhindert worden. Am Dienstag kritisierte eine Ministeriumssprecherin die UN erneut und sprach von einem "falschem Spiel des Sekretariats der Vereinten Nationen". DiCarlo sagte weiter, dass die Vorbereitungen für eine Experten-Mission aus einem Gebiet unter ukrainischer Kontrolle zum russisch besetztem AKW andauerten, Kiew und Moskau aber zustimmen müssten. Unterdessen gehe die Deeskalation um Saporischschja mit "fast täglichen Meldungen über alarmierende Vorfälle im Werk" weiter. Jeder Angriff auf die Anlage sei wegen der immensen atomaren Gefahr "selbstmörderisch". Russland und die Ukraine werfen sich gegenseitig den Beschuss des AKW vor. Moskaus UN-Botschafter Wassili Nebensja sagte vor dem Sicherheitsrat, Russland habe einen Brief mit Fotos als Beweismaterial an die wichtigsten UN-Gremien weitergeleitet. "Wir haben eine ganze Reihe solcher fotografischer Beweise, die heute Morgen als offizielles Dokument innerhalb dieses Sicherheitsrates und der Generalversammlung verbreitet wurden."Das Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, enthält zwölf Fotos, die das Kraftwerk angeblich nach dem Beschuss am 20. August zeigen sollen. Die Ukraine wies den Vorwurf derweil zurück. "Niemand, der wenigstens halbwegs bei Sinnen ist, kann sich vorstellen, dass die Ukraine ein Kernkraftwerk angreifen würde, bei dem ein enormes Risiko einer nuklearen Katastrophe besteht und das auf ihrem eigenen Territorium liegt", sagte der ukrainische Botschafter Serhij Kislizia. Russland mache die Frage nach atomarer Sicherheit zu einer "Farce, einem Zirkus".
0amerika
Der Deutsche Städtetag sieht Engpässe bei der Unterbringung von Flüchtlingen und hat die Bundesregierung aufgefordert, alsbald einen neuen Flüchtlingsgipfel mit Ländern und Kommunen einzuberufen. Es müsse dringend über die notwendige Erhöhung der Aufnahmekapazitäten der Länder, eine faire Verteilung der Geflüchteten sowie eine angemessene Kostenerstattung gesprochen werden, sagte der Präsident des Verbandes, Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe, der Nachrichtenagentur dpa. Aus Sicht des Städtetages ist es alarmierend, dass sich immer mehr Bundesländer für die Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge sperren lassen. Dadurch funktioniere die Verteilung der Flüchtlinge nicht mehr, sagte Lewe. Der Bund solle daher rasch koordinierend eingreifen. Der Städtetag rechnet damit, dass die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine mit Beginn der kalten Jahreszeit steigen wird. Zudem müsse davon ausgegangen werden, dass manche jener Ukrainerinnen und Ukrainer, die zurzeit in privaten Haushalten untergekommen seien, dann staatlich untergebracht werden müssten. Außerdem steige auch die Zahl der Asylbewerber und Flüchtlinge aus anderen Ländern."Im kommenden Winter werden etliche Städte Geflüchtete wieder in Hotels, Turnhallen oder anderen Einrichtungen unterbringen müssen," so Lewe. Auch die Plätze in Schulen und Kitas reichten absehbar nicht aus. Vor dem Hintergrund wolle Lewe an das "Versprechen von Bund und Ländern aus dem April, die Kostenerstattung bei steigendem Bedarf zu überprüfen und anzupassen" erinnern."Die Forderung des Deutschen Städtetages nach einem Flüchtlingsgipfel ist berechtigt, nicht zuletzt zur Vorbereitung der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz im Spätherbst", sagte die Grünen-Migrationsexpertin Filiz Polat. Da es für Ukraine-Flüchtlinge und alle übrigen Asylsuchenden zwei unterschiedliche Systeme der bundesweiten Erstverteilung gebe, liege es in der Natur der Sache, "dass es da bisweilen noch hakt".Die Bundestagsabgeordnete sprach sich dafür aus, dass "das Bundesinnenministerium jetzt eine stärkere Rolle übernimmt und auf eine solidarische bundesweite Steuerung der Aufnahme und Verteilung der Geflüchteten über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hinwirkt". Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, sie sei "jederzeit" bereit, der Forderung nach einem Flüchtlingsgipfel entgegenzukommen. "Mehr als eine Million Geflüchtete aufzunehmen und zu versorgen, ist ein großer humanitärer Kraftakt", so die SPD-Politikerin. "Allen, die in Bund, Ländern, Kommunen und zahllosen Initiativen für die Geflüchteten aus der Ukraine da sind, verlangt diese Aufgabe sehr viel ab. Es ist klar, dass diese Belastung noch größer wird, je länger dieser Krieg andauert." Faeser verwies aber auch auf bereits geleistete Unterstützung: "Wir haben zwei Milliarden Euro und 318 Bundesimmobilien für die Aufnahme bereitgestellt", sagte die Ministerin. Das Technische Hilfswerk habe an vielen Orten geholfen.
3innenpolitik
New Yorks Gouverneurin Kathy Hochul hat den Katastrophenfall ausgerufen, nachdem Polio-Viren in Abwasserproben von vier Stadtbezirken nachgewiesen wurden. Ungeimpfte Bewohner der Millionenmetropole sind aufgerufen, sich immunisieren zu lassen. "Bei Polio dürfen wir nichts dem Zufall überlassen", sagte New Yorks Gesundheitskommissarin Mary Bassett in einer Erklärung. Die auch als Kinderlähmung bekannte Viruserkrankung Poliomyelitis war im Juli im US-Bundesstaat New York erstmals seit fast zehn Jahren wieder diagnostiziert worden. Polio ist eine unheilbare Viruserkrankung, die oft asymptomatisch bleibt, aber auch grippeähnliche Symptome wie Halsschmerzen, Fieber, Müdigkeit und Übelkeit hervorrufen kann. In einem kleinen Prozentsatz der Fälle kann das Virus in das Nervensystem eindringen und irreversible Lähmungen verursachen. Die Krankheit war einst in den USA die am meisten gefürchtete Krankheit mit Infektionswellen, die jährlich rund 35.000 Menschen betrafen. In Deutschland gilt das Virus seit der flächendeckenden Impfungen in den 60er-Jahren als ausgerottet. Im Juni wurde auch in London das Polio-Virus im Abwasser und damit erstmals seit den 80er-Jahren nachgewiesen.
0amerika
Laut Wirtschaftsminister Robert Habeck ist ein Weiterbetrieb von zwei Atomkraftwerken in Deutschland über das Jahresende hinaus wahrscheinlich. Man gehe aktuell davon aus, dass man die "Reserve" ziehen werde und die Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim auch im ersten Quartal 2023 am Netz sein werden.Gemeinsam mit den Betreibern der Atomkraftwerke in Bayern und Baden-Württemberg habe sich sein Ministerium auf Eckpunkte zur Umsetzung der geplanten Einsatzreserve verständigt, erklärte der Grünen-Politiker. Diese sollen bis Ende Oktober in Gesetzesform gegossen werden. Um die Reserve zu ermöglichen, würden die Betreiber ab sofort alles Erforderliche in die Wege leiten, damit die Anlagen über den 31. Dezember hinaus bis spätestens zum 15. April 2023 weiter betrieben werden könnten.Die beiden Atomkraftwerke sollen nach dem Ende ihrer regulären Laufzeit am 31. Dezember 2022 in eine Einsatzreserve überführt werden. Sie stünden damit bereit, um einen drohenden Stromnetzengpass in Süddeutschland zu verhindern. Noch im Oktober soll im AKW Isar 2 ein Leck repariert werden. Das AKW Neckarwestheim werde zu Beginn des Jahres 2023 "neu konfiguriert" und stünde dann ebenfalls zur Verfügung. Das dritte noch aktive Atomkraftwerk im Emsland soll nicht Teil dieser Notfallreserve sein und fristgerecht zum Jahresende abgeschaltet werden. Hauptgrund für die Entscheidung sei die angespannte Lage auf dem Strommarkt, der stark mit der mangelnden Produktion in Frankreich zusammenhängt - dort stehen aktuell sehr viele AKW still. Dadurch fehlten Strommengen, die Deutschland zum Teil mit Strom aus Gaskraftwerken ausgleiche, so Habeck. Entwickle sich die Lage in Frankreich schlecht, verschärften sich die Stressfaktoren für das deutsche Stromsystem.Habeck verwies auf einen französischen Stresstest des dortigen Übertragungsnetzbetreibers. Die Ergebnisse seien auch Grundlage für die Bewertung der französischen Regierung. "Als für die Energiesicherheit verantwortlicher Minister muss ich daher sagen: Wenn diese Entwicklung nicht noch in ihr Gegenteil verkehrt wird, werden wir Isar 2 und Neckarwestheim im ersten Quartal 2023 am Netz lassen."
5unternehmen
Der starke Anstieg der Energiepreise wird aus Sicht von Experten Rentner und Geringverdiener finanziell härter treffen als Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger. Grund dafür ist, dass bei Letzteren der Staat einen Großteil der Kosten übernimmt.Nach Angaben des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW hat ein beträchtlicher Teil der arbeitenden Bevölkerung keine finanziellen Reserven. "Jeder dritte Haushalt in Deutschland hat kein nennenswertes Erspartes, auf das er in diesen Krisenzeiten zurückgreifen kann, um die höheren Kosten für das Heizen oder die Lebensmittel abzudecken", sagte Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).Die gegenwärtige Krise treffe sie doppelt hart: "Sie erfahren persönlich eine drei- bis viermal höhere Inflation als Menschen mit hohen Einkommen, und sie haben keinerlei Absicherung, um mit den Mehrkosten umzugehen." Sozialhilfeempfänger bekämen die Kosten für Verpflegung und Unterkunft erstattet, sagte Hans Maier, der Direktor des Verbands bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW Bayern). "Das ist nicht unsere größte Problemgruppe. Sondern das sind die Menschen, die kein Wohngeld oder keine Sozialhilfe empfangen, zum Beispiel Rentner."Der katholische Wohlfahrtsverband Caritas teilt diese Einschätzung. Die höheren Kosten für Heizung träfen die Menschen weniger stark, die staatliche Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern II und XII beziehen, sagte ein Sprecher des bayerischen Caritas-Landesverbands.Denn diese könnten die erhöhten Kosten beim Jobcenter beziehungsweise Sozialamt geltend machen. Und diese würden in der Regel in tatsächlicher Höhe übernommen. In den beiden Gesetzbüchern sind Hartz IV und Sozialhilfe geregelt.Nach Angaben von DIW-Präsident Fratzscher gibt es in Deutschland mehr als zwei Millionen Aufstocker - also Arbeitnehmer, die trotz Gehalts auf zusätzliche staatliche Hilfe angewiesen sind. "Viele hätten auch als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Wohngeld, nehmen dies aber nicht in Anspruch", sagte der Ökonom. Bisher spüren viele Bürgerinnen und Bürger den Anstieg der Energiekosten noch nicht in vollem Ausmaß. Das wird sich nach Einschätzung von Fachleuten in den nächsten Monaten ändern. Die bayerischen Wohnungsunternehmen schätzten im Juli, dass allein der bis dahin eingetretene Anstieg des durchschnittlichen Gaspreises von 7 auf 13 Cent pro Kilowattstunde für einen durchschnittlichen Haushalt 1700 Euro Mehrkosten pro Jahr bedeute. Das wären gut 140 Euro monatlich.Seither ist der Gaspreis laut Portal Verivox noch einmal um etwa fünf Cent gestiegen, eine weitere Verteuerung wird erwartet. Dazu kommt noch die Gasumlage, deren Höhe die Bundesregierung am Montag bekannt geben will. Und abgesehen vom Gas dürften auch Lebensmittel, Strom und viele andere Dinge teurer werden."Der Anstieg der Energiekosten wird nicht nur die Schwellenhaushalte treffen, sondern auch den Mittelstand", prophezeite deswegen VdW-Direktor Maier. "Ich glaube, dass mehr Menschen die Vorauszahlungen, vielleicht auch irgendwann die Miete nicht mehr bezahlen können." Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat weitere Hilfen für die Bürger versprochen, aber die Höhe ist bislang unklar. Auf Dauer führe weniger Einkommen "erst in die Überschuldung und dann möglicherweise in die Privatinsolvenz", sagte Frank Schlein, Geschäftsführer der Wirtschaftsauskunftei Crif. "Personen, die eine Privatinsolvenz anmelden, müssen dabei nicht zwingend hoch verschuldet sein." Ein Großteil der Betroffenen hat demnach in Summe Schulden von weniger als 10.000 Euro.
6verbraucher
Anhaltender Starkregen hat in der Altstadt von Sanaa in den vergangenen Tagen zehn historische Gebäude zum Einsturz gebracht. Dies teilten die Huthi-Rebellen mit, die die jemenitische Hauptstadt seit Ausbruch des Bürgerkriegs vor mehr als acht Jahren kontrollieren. Mindestens 80 weitere Bauten im Herzen Sanaas seien schwer beschädigt worden und bedürften einer dringenden Reparatur. Angaben zu möglichen Toten oder Verletzten machten die Aufständischen nicht. Die UNESCO zählt Sanaas Altstadt zum Weltkulturerbe. Die vermutlich seit mehr als zwei Jahrtausenden bewohnte Gegend besticht mit einer einzigartigen Architektur. Die Fundamente und ersten Stockwerke der Häuser wurden aus Stein gebaut, die restlichen Stockwerke aus Lehm. Sie gelten als eine der ersten Hochhäuser der Welt. Die Turmbauten mit den kunstvollen weißen Ornamenten erinnern an Lebkuchenhäuser. Viele werden als Privatresidenzen genutzt, einige der Häuser sind mehr als 500 Jahre alt. Zwar haben sie damit also Jahrhunderte überdauert, doch haben sich heftige Regenfälle als zu große Belastung für die Bauten erwiesen. Al-Kabsi wies der Unesco eine Teilverantwortung für Rettung und Renovierung der Bauten zu und bezog sich dabei auf die Geschichte der Gegend. Auch Jahre der Nachlässigkeit unter der Vorgängerregierung machten sich nun bemerkbar. Zwischen noch stehenden Häusern türmen sich Lehmziegel und Holzbalken zu großen Trümmerhaufen auf. Abdullah Al-Kabsi, Kulturminister in der Huthi-Verwaltung, sagte, die Rebellen arbeiteten mit internationalen Organisationen zusammen, um dem Verfall etwas entgegenzusetzen. Zudem habe man weitere Hilfen angefordert. Eine Rolle beim Niedergang von Sanaas Altstadt spielt außerdem der Jemen-Konflikt, der seit 2014 andauert. Damals besetzten die vom Iran gestützten schiitischen Huthis die Hauptstadt und zwangen damit die international anerkannte Regierung zunächst zur Flucht in Richtung Süden und dann ins Exil nach Saudi-Arabien. Eine saudisch geführte Militärallianz trat Anfang 2015 in den Krieg ein, um die Rückkehr der Regierung zu erreichen. Inzwischen hat sich der Konflikt zu einem Stellvertreterkrieg zwischen den Regionalmächten Saudi-Arabien und dem Iran ausgewachsen und die jemenitische Zivilbevölkerung nach UN-Angaben in eine der weltweit größten humanitären Katastrophen gestürzt. Einige Beobachter berichten, dass Luftangriffe auf Sanaa durch das saudisch geführte Militärbündnis vermutlich auch die historischen Altstadt-Bauten in ihren Grundfesten erschüttert und für Schäden gesorgt hätten.
1asien
Die Pläne der Bundesregierung für ein vorläufiges Ende der Corona-Maskenpflicht in Flugzeugen sorgt für Wirbel. Der Lobbyverband Allianz pro Schiene fordert, die Maskenpflicht auch in Zügen abzuschaffen. "Die Bundesregierung muss dringend eine einheitliche Lösung finden", sagte Geschäftsführer Dirk Flege. "Wenn die Maskenpflicht in Flugzeugen aufgehoben wird, muss das genauso für alle anderen öffentlichen Verkehrsmittel auch gelten", erklärte der Verband. Es sei unlogisch, die Maskenpflicht in Flugzeugen abzuschaffen, sie aber in Bus und Bahn beizubehalten. Gesundheitsminister Karl Lauterbach lehnte das ab: "Nein, das ist keine Option", sagte er bei einer Pressekonferenz im Bundestag. Das Infektionsrisiko sei in Bussen und Bahnen höher als in Flugzeugen, weil diese über Luftfilteranlagen verfügten, sagte er. Zudem wären viel mehr Menschen im Nahverkehr unterwegs als in Flugzeugen. Sollten die Corona-Fallzahlen im Herbst wieder steigen, könne die Regierung die Maskenpflicht in Fliegern per Verordnung wieder einführen. Der Entwurf für das neue Infektionsschutzgesetz, das ab dem Herbst gelten soll, sieht bislang eine bundeseinheitliche Maskenpflicht in Fernzügen vor. Im Nahverkehr sollen die Länder ebenfalls Masken vorschreiben können. Die Lufthansa begrüßte die Entscheidung für den Flugverkehr. "Wie froh sind unsere Mitarbeiter, die nicht mehr Maskenpolizei spielen müssen. Und wie froh sind täglich knapp 300.000 Fluggäste, die nirgendwo sonst mehr eine Maske tragen mussten, weil es jede andere Airline ignoriert hat", sagte Konzernchef Carsten Spohr. Die Luftfahrt protestiert seit längerem gegen die Maskenpflicht, die in anderen Alltagsbereichen und Ländern nicht mehr gilt. Die Branche verweist auch auf leistungsfähige Lüftungssysteme und Partikelfilter in Flugzeugkabinen. Medienberichten zufolge soll die Änderung der Maskenpflicht im Flugverkehr auf Druck der FDP zustande gekommen sein. Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek kritisierte, die Ampel mache sich mit ihrem "konfusen Corona-Kurs" lächerlich. "Wer soll den Bundesgesundheitsminister noch ernst nehmen, wenn er jetzt schon wieder vor der FDP einknickt?" Niemand bestreite ernsthaft, dass Masken in Flugzeugen ein wirksamer Schutz vor Infektionen sein könnten. "Dies gilt vor allem dann, wenn alle Anwesenden eine Maske tragen. Hinzu kommt: Es ist für Flugreisende durchaus zumutbar, auf diese Weise sich und vor allem andere zu schützen." Im Infektionsschutzgesetz soll zudem bundesweit festgelegt werden, dass außer in Fernzügen, Kliniken und Pflegeheimen auch in Arztpraxen FFP2-Masken zu tragen sind. Der Bundestag soll die Corona-Bestimmungen für den Herbst an diesem Donnerstag beschließen.
3innenpolitik
Mehr als zwei Jahre nach den tödlichen Polizeischüssen auf den Afroamerikaner Rayshard Brooks in der US-Großstadt Atlanta wird keine Anklage gegen die beiden beteiligten Polizisten erhoben. Der für den Fall zuständige Staatsanwalt Pete Skandalakis sagte, die Vorwürfe gegen die zwei weißen Beamten würden fallengelassen. Der Einsatz tödlicher Gewalt sei gerechtfertigt gewesen.Brooks war am 12. Juni 2020 in Atlanta im Südstaat Georgia von einem der beiden in den Rücken geschossen worden, als er sich seiner Festnahme entziehen wollte. Der angetrunkene Afroamerikaner war am Steuer seines Autos eingeschlafen und blockierte die Einfahrt zu einem Schnellrestaurant.Das Video der Polizeikamera zeigte, wie die beiden Beamten zunächst etwa 40 Minuten lang ein ruhiges Gespräch mit Brooks führen. Als die Polizisten den 27-Jährigen nach einem Alkoholtest festnehmen wollten, entriss der zunächst kooperierende Brooks einem der Beamten einen Elektroschocker, rannte weg und feuerte den Taser in Richtung der Polizisten ab. Einer der Polizisten eröffnete daraufhin das Feuer und traf Brooks zwei Mal im Rücken.Der Vorfall hatte sich wenige Wochen nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota ereignet.Brooks' Tod hatte auch deswegen inmitten einer landesweit aufgeheizten Stimmung für große Empörung und für Proteste gesorgt.Der Polizist, der geschossen hatte, wurde zunächst des Mordes beschuldigt und festgenommen. Staatsanwalt Skandalakis verteidigte den Beamten nun aber. "War es angesichts der sich rasch verändernden Umstände objektiv gerechtfertigt, dass er tödliche Gewalt einsetzte?", fragte Skandalakis am Dienstag. "Wir kommen zu dem Schluss, dass es das war."Er räumte ein, dass Begegnungen zwischen der Polizei und der afroamerikanischen Gemeinschaft manchmal "sehr brisant" seien, aber er glaube nicht, dass dies in diesem Fall eine Rolle gespielt habe. "Dies ist keiner dieser Fälle", sagte er.Ein Anwalt von Brooks' Familie kritisierte die Entscheidung. Die Einstellung des Verfahrens breche den Angehörigen das Herz. Die Familie sei "verwirrt" und werde ihren Kampf fortsetzen.
0amerika
Die Gasumlage wird nach Angaben von Wirtschaftsminister Robert Habeck wie geplant zum 1. Oktober eingeführt. Sie sei als Brücke notwendig, um die Finanzsolidität von Uniper sicherzustellen, sagte der Grünen-Politiker am Morgen in Berlin. Die Umsetzung der geplanten Verstaatlichung des Energiekonzerns dauere mindestens drei Monate.Ob die Umlage zu dem Zeitpunkt, wenn Uniper ein Staatsunternehmen sei, noch verfassungskonform erhoben werden könne, sei eine berechtigte Frage, so Habeck weiter. Finanzverfassungsrechtliche Prüfungen dazu liefen auf Hochtouren. Hintergrund der Debatte über die Einführung der Gasumlage ist die rechtlich unklare Frage, ob Staatsunternehmen die Ausgleichsgelder kassieren dürfen. Mit der Übernahme von Uniper würde ein solches Unternehmen davon profitieren. Mit der Gasumlage sollen Importeure gestützt werden, die wegen der hohen Einkaufspreise in Schwierigkeiten geraten. "Der Staat wird, das zeigen wir ja, alles Nötige tun, um die Unternehmen immer stabil am Markt zu halten", sagte Habeck. Das gelte für Uniper, aber auch andere, systemrelevante Gas-Importeure. "Ein Weg, um den Staat nicht alles tun zu lassen, ist die Gasumlage." Damit könnten die Gas-Importeure vorgezogen ihre höheren Kosten bereits weitergeben.Derzeit ist die Umlage für alle Gasnutzer auf rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde festgelegt. Die ersten Abschlagszahlungen sollen nach aktuellem Stand frühestens im November an Unternehmen gehen. Eingeführt werden soll die Umlage zum 1. Oktober. Habeck bemüht sich, den Kreis berechtigter Firmen so einzuschränken, dass nur Unternehmen in Not profitieren.
5unternehmen
Agenten der US-Bundespolizei haben am Montag das Anwesen von Ex-Präsident Donald Trump in Florida durchsucht. Trump selbst machte dies öffentlich, indem er auf dem von ihm gegründeten Netzwerk "Social Truth" schrieb, sein "wunderschönes Zuhause, Mar-a-Lago in Palm Beach, Florida, wird derzeit von einer großen Gruppe von FBI-Agenten belagert, durchsucht und besetzt".Gründe für die Durchsuchung gab Trump nicht an, sprach aber weiter von einer "unangekündigten Razzia", die weder notwendig noch angemessen sei. Sogar sein Safe sei geöffnet worden. Für eine Durchsuchung des Eigentums eines Ex-Präsidenten braucht es eine Genehmigung auf höchster Ebene des Justizministeriums und eine Anordnung eines Bundesrichters. Beamte des Justizministeriums lehnten es ab, sich zu irgendeinem Aspekt des Durchsuchungsbefehls zu äußern, etwa, ob Justizminister Merrick Garland die Durchsuchung angeordnet oder gebilligt habe. Das Weiße Haus teilte mit, Präsident Joe Biden sei im Vorfeld vom Justizministerium nicht über die Durchsuchung informiert worden.Trump hat am Ende seiner Amtszeit offenbar kistenweise Material aus dem Weißen Haus mit nach Florida genommen - Medienberichte sprechen von Behältern mit Regierungsdokumenten, Erinnerungsstücken, Geschenken und Briefen - darunter angeblich auch Briefe des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Un, ein Schreiben von Trumps Vorgänger Barack Obama und möglicherweise auch als Verschlusssache gekennzeichnete Informationen zur nationalen Sicherheit.Über die Rückgabe verhandelt Trump seit Monaten mit den Behörden und hat schon 15 Kisten an die Nationale Verwaltungsstelle für Archivgut und Unterlagen übergeben - dies bestätigte er selbst. Trumps Sohn Eric sagte im TV-Sender Fox News, man habe ihm gesagt, bei der Durchsuchung habe das Nationalarchiv herausfinden wollen, ob Trump noch Dokumente zurückhalte. Sein Vater habe immer "Zeitungsausschnitte" aufbewahrt und mehrere Boxen mitgenommen, als er das Weiße Haus 2021 am Tag der Amtseinführung von Joe Biden verlassen habe. Darüber hinaus steht gegen Trump der Vorwurf im Raum, noch im Amt Unterlagen vernichtet zu haben - die "New York Times"-Journalistin Maggie Haberman hatte berichtet, dass Trump während seiner Präsidentschaft Dokumente die Toilette heruntergespült habe. Trump wies das zurück. Am Montag waren schließlich Fotos aufgetaucht, die das belegen sollen. Der Umgang mit als geheim deklarierten Unterlagen und besonderen Regierungsdokumenten wird durch verschiedene Gesetze geregelt. Eindeutig ist: Es ist gesetzeswidrig, solche Papiere aus staatlicher Kontrolle zu entfernen und sie an Orten aufzubewahren, die dieser Kontrolle nicht unterliegen. Bei Verstößen können bis zu fünf Jahre Haft drohen. Als Vergehen wird auch ein unsachgemäßer Umgang - ob absichtlich oder grob fahrlässig - mit vertraulichen Akten eingestuft. Entsprechend wird in den USA jede Korrespondenz des Präsidenten archiviert und für die Nachwelt aufgehoben. Ob Trump eine Anklage oder gar eine Verurteilung droht, ist vorerst nicht abzusehen. Der Umstand, dass die Ermittler eine Durchsuchung beantragt haben, könnte aber dahingehend gedeutet werden, dass die Verdachtsmomente gegen ihn ernster sind, als gedacht, heißt es auf der Webseite des Radiosenders "NPR".Trump ließ zwar offen, welche Vorwürfe gegen ihn im Zusammenhang mit der Durchsuchung im Raum stehen, empörte sich dafür aber ausgiebig über den Vorgang. Er sprach von "politischer Verfolgung" und einer Attacke der "radikal linken Demokraten". Er verglich die Durchsuchung mit dem Watergate-Skandal, der 1974 den damaligen US-Präsidenten Richard Nixon zum Rücktritt zwang.Hierauf gibt es bislang keinen Hinweis. Trumps Anhänger stellen die Durchsuchung - wie Trump selbst - in den Zusammenhang einer angeblichen "Hexenjagd" gegen den Ex-Präsidenten. Der führende republikanische Abgeordnete Kevin McCarthy kündigte an, eine Untersuchung gegen das Justizministerium einleiten zu wollen, falls die Republikaner bei den Kongresswahlen im Herbst die Mehrheit im Repräsentantenhaus gewinnen. Ron DeSantis, der Gouverneur von Florida, sprach von einer "Bananenrepublik". Der Republikaner gilt als möglicher Kandidat für die Präsidentschaftswahl 2024.Nein, ein solcher Fall ist beispiellos in der amerikanischen Geschichte. Noch nie sei ein früherer Präsident mit einer FBI-Razzia konfrontiert gewesen, sagte Thomas Schwartz, Professor an der Vanderbilt University im US-Staat Tennessee, der Nachrichtenagentur AP. Selbst beim Watergate-Skandal um Lauschangriffe auf politische Gegner sei so etwas nicht vorgekommen. So sei Präsident Richard Nixon damals nicht erlaubt worden, Kassetten oder anderes Material aus dem Weißen Haus mitzunehmen, als er 1974 zurückgetreten sei, erklärte Schwartz.Viele Akten Nixons seien jahrelang in Washington geblieben, ehe sie in dessen Präsidentenbibliothek in Kalifornien überführt worden seien. Nun jedoch sei es anders, was ein Zeichen sei, wie einzigartig die Trump-Ära gewesen sei - und "wie ungewöhnlich sein Verhalten war", sagte Schwartz, ein Experte für die Geschichte der US-Präsidenten.
0amerika
Auf seiner Nahost-Reise will US-Präsident Joe Biden heute nach Saudi-Arabien weiter fliegen. Innenpolitisch steht Biden vor den Kongresswahlen im Herbst wegen hoher Spritpreise unter Druck - es wird daher erwartet, dass er Saudi-Arabien dazu bewegen will, mehr Öl zu fördern. Obwohl die Golfmonarchie der größte Ölexporteur der Welt ist, hat sie ihre Ölimporte aus Russland im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Das russische Öl wird wegen der Sanktionen mit Preisnachlässen verkauft - Saudi-Arabien nutzt es zur Stromerzeugung, da in den Sommermonaten besonders viel Strom zur Kühlung benötigt wird. Das eigene Rohöl geht dagegen in den Export. Biden will auch den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman treffen, den die US-Geheimdienste für den Drahtzieher des Mordes an dem Journalisten Jamal Kashoggi halten. Vor seiner Wahl hatte Biden noch betont, dass Saudi-Arabien deshalb geächtet werden sollte. Zudem wird erwartet, dass sich Biden für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen dem Golfstaat und Israel einsetzen wird. Es gilt zwar als unwahrscheinlich, dass Saudi-Arabien dem sogenannten Abraham-Abkommen beitritt, in dessen Rahmen einige arabische Länder diplomatische Beziehungen zu Israel aufnehmen. Spekuliert wird jedoch über eine Zusammenarbeit beider Länder im Sicherheitsbereich. Der israelische Ministerpräsident Jair Lapid hatte Biden gebeten, die Botschaft zu übermitteln, dass Israels Hand ausgestreckt sei. Bevor Biden auf die Arabische Halbinsel aufbricht, will er noch mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im Westjordanland zusammentreffen. Nach Angaben eines Regierungsvertreters will der US-Präsident dabei Unterstützung für Krankenhäuser in Ost-Jerusalem sowie für den Aufbau eines 4G-Handynetzes im Westjordanland und im Gazastreifen bekannt geben. Bei seinem mehrtägigen Besuch in Israel hatte Biden gemeinsam mit Lapid den Druck auf den Iran erhöht: Die USA würden nicht ewig auf Teherans Antwort auf die Rückkehr zu einem Atomabkommen von 2015 warten, so der US-Präsident weiter. "Wir werden nicht zulassen, dass der Iran in den Besitz einer Atomwaffe gelangt", bekräftigte Biden. "Dies ist ein vitales Sicherheitsinteresse sowohl für Israel als auch für die Vereinigten Staaten. Und ich möchte hinzufügen: auch für den Rest der Welt."Der iranische Präsident Ebrahim Raisi warnte seinerseits Israel und die USA vor einer "harten und bedauerlichen Reaktion" auf jedes Vorgehen gegen sein Land. Raisi warf den USA "und ihren regionalen Verbündeten" vor, die Region zu destabilisieren, wie die staatliche Nachrichtenagentur Irna berichtete. "Jedem Fehler der Amerikaner und ihrer Verbündeten in der Region und weltweit wird mit einer harten und bedauerlichen Reaktion begegnet werden", sagte Raisi.
1asien
Die Taliban haben laut einem Amnesty-Bericht entgegen ihrer Ankündigungen nach ihrer Machtübernahme vor einem Jahr schwerste Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan begangen. Die radikalislamische Regierung verfolge Minderheiten, schlage friedliche Proteste gewaltsam nieder und unterdrücke Frauen, heißt es in dem Bericht der Menschenrechtsorganisation. Verbrechen wie Folter, Morde aus Rache und Vertreibungen von Minderheiten blieben oftmals straflos, heißt es in dem Bericht "Die Herrschaft der Taliban: Ein Jahr voller Gewalt, Straflosigkeit und falscher Versprechen".  Deutschland und andere NATO-Staaten hatten vor gut einem Jahr Afghanistan verlassen. Am 15. August 2021 eroberten die Taliban nahezu kampflos die Hauptstadt Kabul. "Vor einem Jahr haben sich die Taliban öffentlich dazu verpflichtet, die Menschenrechte zu schützen und zu fördern", erklärte Theresa Bergmann, Asien-Expertin bei Amnesty International in Deutschland. "Ein Jahr später ist die menschenrechtliche Bilanz jedoch katastrophal." Willkürliche Inhaftierungen, Folter, Verschwindenlassen von Menschen oder Hinrichtungen im Schnellverfahren seien an der Tagesordnung. Auch wichtige Errungenschaften der vergangenen 20 Jahre, insbesondere bei den Rechten von Mädchen und Frauen, würden zunichte gemacht, erklärte Bergmann. Ausbildung und Teilhabe am öffentlichen Leben würden ihnen verwehrt. "Sie erfahren in nahezu jedem Lebensbereich systematisch Diskriminierung." Recherchen von Amnesty zeigen laut dem Bericht, dass die Sicherheitskräfte der Taliban exzessiv Gewalt anwenden, um das Verbot friedlicher Proteste durchzusetzen. Menschenrechtsverteidiger und Aktivisten würden schikaniert, bedroht, inhaftiert und getötet, heißt es in dem Bericht weiter. Zudem gingen die Taliban gegen die Pressefreiheit vor. Am 19. September 2021 habe das dortige Medien- und Informationszentrum eine Anordnung mit vagen Formulierungen erlassen, die es Journalisten verbiete, Inhalte zu veröffentlichen, die "dem Islam widersprechen" oder "nationale Persönlichkeiten beleidigen". Im vergangenen Jahr seien mehr als 80 Journalistinnen und Journalisten festgenommen und gefoltert worden, weil sie über friedliche Proteste berichteten. Es gebe zahlreiche Berichte über Taliban-Soldaten, die Afghaninnen und Afghanen verprügelten und folterten, die gegen Erlasse der Taliban verstoßen haben sollen oder der Zusammenarbeit mit der früheren Regierung beschuldigt werden, erklärte die Menschenrechtsorganisation. Auch Fälle von Rachemorden und Hinrichtungen von mutmaßlichen Widerstandskämpfern seien bekannt geworden, heißt es in dem Bericht. So seien Hunderte Leichen mit Schusswunden oder Folterspuren gefunden worden, die auf außergerichtliche Hinrichtungen hindeuten.  Dutzende Menschen seien verschwunden, weil sie unter der vorherigen Regierung gearbeitet haben oder weil sie verdächtigt werden, am Widerstand gegen die Taliban beteiligt gewesen zu sein. Zudem habe es rechtswidrige Vertreibungen von nicht-paschtunischen Minderheiten aus ihren Häusern und von ihren Höfen gegeben. Amnesty International fordert die Taliban auf, ihre schweren Menschenrechtsverletzungen und völkerrechtlichen Verbrechen sofort zu beenden. Als De-facto-Regierung von Afghanistan müssten die Taliban dringend die Rechte der Bevölkerung wiederherstellen, schützen und fördern. Um eine weitere Verschärfung der Menschenrechtskrise in Afghanistan zu verhindern, müsse die internationale Gemeinschaft wirksame Maßnahmen ergreifen, um die Taliban für die begangenen Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen.
1asien
Dass Xi Jinping ausländische Staatsgäste in Peking empfängt, ist unter Chinas Corona-Regime auch in diesem Jahr eine Ausnahme. Indonesiens Staatoberhaupt Joko Widodo durfte es deshalb als besonderes Signal interpretieren, dass Xi ihn Ende Juni in der chinesischen Hauptstadt willkommen hieß - als ersten ausländischen Gast seit dem Ende der Olympischen Winterspiele im Februar.Man vereinbarte eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit, vor allem in den Bereichen Landwirtschaft und Ernährungssicherheit sollen die Beziehungen vertieft werden. Mindestens ebenso wichtig war aber die Botschaft, die von dem Treffen ausging: China, sagt Ian Chong, Politikwissenschaftler an der nationalen Universität von Singapur, habe mit dem Treffen "eine hohe Wertschätzung" Indonesiens demonstriert, aber auch seine "Unabhängigkeit von anderen starken Volkswirtschaften". Und Indonesien sei als "wichtiger regionaler Akteur" gewürdigt worden.China und Indonesien - das war noch vor der Pandemie eine komplizierte, spannungsgeladene Beziehung. Ende 2019, Anfang 2020 gerieten beide Länder wegen der Natuna-Inseln aneinander, einer kleinen Inselgruppe im Südchinesischen Meer.Zwar erkannte China an, dass die Inseln zu Indonesien gehören, wollte aber in den Gewässern um die Inseln herum fischen und machte historisch gewachsene Rechte geltend. Indonesien verwies derweil auf die Zugehörigkeit der Inseln zum Archipel.Dabei spielt auch die Sorge um Rohstoffvorkommen eine Rolle. Denn die Gegend ist reich an Bodenschätzen. Die Gasfelder im Natuna-Meer gehören zu den größten unerforschten Gasreserven der Welt - und das machte die Inseln schon vor der durch den Krieg in der Ukraine ausgelösten Energiekrise wirtschaftlich hochinteressant.Doch gerade in der Pandemie näherten sich beide Staaten wieder an. Als das Virus Indonesien erreichte, wandte sich die Regierung an China, das zum Hauptlieferanten von Sinovac-Impfstoffen wurde.Der Handel lief ohnehin unbeeinträchtigt von den politischen Spannungen: China ist Indonesiens wichtigster Handelspartner. Allein im ersten Halbjahr 2022 stiegen die indonesischen Exporte nach China um mehr als ein Drittel. China braucht Rohstoffe - Nickel, Kohle, Kupfer, Erdgas und Kokosöl. Und Indonesien hat sie. Eine pragmatische Beziehung, so nennt Leo Suryadinata, Sinologe am Yusof Ishak Institute (ISEAS) in Singapur diese Entwicklungen. China suche nach "neuen Bündnissen in der Region", während Indonesien sich von einer Großmacht "gesehen" und unterstützt fühle.Dabei erfüllen sich nicht alle Erwartungen an gemeinsame, prestigeträchtige Vorhaben. Da ist vor allem die geplante Hochgeschwindigkeits-Trasse Jakarta-Bandung. Vor sieben Jahren hatte Widodo einen chinesischen Konzern mit dem Bau der 5,5-Milliarden-Dollar-Strecke beauftragt. Geschätzte fünf Jahre sollte der Bau dauern und über 142 Kilometer die Reisezeit zwischen der Hauptstadt Jakarta und der populären Stadt Bandung von mehr als drei Stunden auf nur 40 Minuten verkürzen.Ein weiterer Erfolg für Chinas Projekt der "Neuen Seidenstraße", hieß es damals - und für Jakarta eine Verbesserung der Infrakstruktur im Land und ein Zeichen, dass es auf technologischer Ebene aufholt.Doch noch rollen keine Züge über die Gleise. In Peking verpflichteten sich die Staatschefs jetzt, die Strecke im Jahr 2023 fertigzustellen. Damit versuchen beide das Bild einer erfolgreichen Kooperation aufrecht zu erhalten: "Als wichtiges Vorzeige-Projekt darf diese Zusammenarbeit nicht scheitern", sagt der Sinologe Suryadinata. Denn beide Seiten wahrten damit ihr Gesicht.Auch wenn Interessengegensätze bleiben: Indonesien kann sich als regionale Macht bestätigt fühlen. Diese Rolle versucht es verstärkt auszufüllen - im Staatenbündnis ASEAN und in diesem Jahr auch als Gastgeber des G20-Gipfels auf Bali. Symbolträchtige Bilder gehören dazu - zumal, wenn sie in Peking entstehen.
1asien
Der Frühstücksraum eines Hotels mitten in San Francisco. Es ist ein bisschen wie im Bundestag. Die drei Vertreterinnen von SPD, Grünen und FDP sitzen nebeneinander auf einer Couch. Das ist jetzt wohl eine Regierungs-Couch.Die Stimmung ist gut. Interessant sei so eine Reise, aber auch stressig, sagt Grünen-Politikerin Kirsten Kappert-Gonther. "Dicht getaktet mit einer Vielzahl von Terminen". Allein an diesem Tag sind es sechs in drei Städten. FDP-Frau Kristine Lütke hat einen Apfel in der Hand. Gestern wurde es so spät, es gab nur noch Chips zu essen. Das müsse jetzt ausgeglichen werden. Eine für sie wichtige Erkenntnis dieser Reise: "Wir werden uns wahrscheinlich für eine bundesweite Regelung entscheiden, damit wir einen guten Überblick haben."In Kalifornien kann jede Stadt oder jeder Landkreis noch mal eigene Cannabis-Regeln machen. Das ist ein wahrer Flickenteppich. "So eine Delegationsreise ist gut, um zu checken, ob die Dinge, die wir gedacht haben, auch so angemessen sind und sich mit dem Erfahrungen vor Ort decken", sagt Kappert-Gonther. Überwiegend sei das der Fall.Ihr sind vor allem die sogenannten Edibles aufgefallen. Deren Verpackung sei anpreisend, sagt sie. "Edibles", das ist sozusagen Cannabis zum Essen. Es gibt sie zum Beispiel in Form von Butter, Honig oder Karamell-Bonbon. "Wir werden vermutlich keine bunten Verpackungen für 'Edibles' zulassen und auch kein Cannabis in Gummibärchenform", stellt Kappert-Gonther klar.SPD-Frau Heike Engelhardt erzählt davon, wie es ist, wenn die Stadt immer wieder nach Gras riecht. "Das passiert uns an jeder Ecke", sagte sie. In San Francisco läuft man alle paar Minuten durch eine Graswolke, das passiere zum Beispiel in Stuttgart deutlich seltener. Gegenüber der Regierungs-Couch sitzt die Opposition. Auf einem Hocker jeweils ein Vertreter von Linkspartei, AfD und CDU. Da ein Wettbewerb zwischen legalen und illegalen Markt bestehe, habe sich die Qualität der Ware auf dem Schwarzmarkt verbessert und damit auch der Gesundheitsschutz, lautet die Erkenntnis von CDU-Mann Erwin Rüddel.Aber auch wichtig: Der illegale Markt, zumindest in Kalifornien, ist riesig. Ein Überangebot drückt die Preise auf dem Schwarzmarkt, weshalb sich legaler Anbau kaum lohnt. In manchen Teilen Kaliforniens gebe es zehnmal größere, illegale Anbauflächen als legale. Das hatte die "L.A.Times" mithilfe von Satellitenbildern recherchiert."Es gibt keinerlei Bestrebungen, das Rad wieder zurückzudrehen", meint der Vertreter der AfD, Jörg Schneider. Ates Gürpinar von den Linken eröffnet die Tipprunde. "Die Entkriminalisierung kommt Anfang nächsten Jahres und die Legalisierung im Laufe des Jahres", meint er. Da geht die Ampel-Couch mit. Der CDU-Abgeordnete Rüddel glaubt hingegen nicht, dass dieser Schritt noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht wird.Bleibt noch eine letzte Frage offen: Wer hat hier am Tisch noch nie gekifft? Vor dem Mikrofon will sich niemand direkt äußern.
0amerika
Für die meisten deutschen Autohersteller war 2022 bisher ein schwieriges Jahr. Zwar konnten sie in den ersten sechs Monaten mehr Geld verdienen, mussten aber deutliche Absatzeinbußen hinnehmen. BMW verkaufte 13 Prozent weniger Fahrzeuge, Mercedes setzte 16 Prozent weniger Autos ab. Am härtesten traf es VW. Die Wolfsburger verzeichneten ein Absatzminus von über 22 Prozent. Schuld daran war vor allem in China. Laut Berechnungen des CAR-Center Automotive Research verkauften VW, BMW und Mercedes ein Fünftel weniger Fahrzeuge dort. Bei Mercedes sanken allein im zweiten Quartal die Verkäufe im chinesischen Markt um rund ein Viertel. Wegen der Corona-Lockdowns in vielen Metropolen, unter anderem in Shanghai, hielten sich die Chinesen mit dem Kauf neuer Autos zurück. Zwar dürfte sich die Situation im zweiten Halbjahr entspannen. Der Rückstand dürfte aber kaum noch aufzuholen sein. Der Verband der deutschen Autobranche VDA erwartet, dass der chinesische Automarkt in diesem Jahr um zwei Prozent schrumpft. In den Firmenzentralen von VW, Audi, Porsche, Mercedes und BMW schrillen die Alarmglocken. Denn China ist inzwischen ihr wichtigster Absatzmarkt. VW verkauft dort 37 Prozent seiner Fahrzeuge. Bei Mercedes und BMW ist es in etwa jedes dritte Fahrzeug. Im Luxus-Segment ist der Anteil noch höher: Mehr als zwei Drittel aller Maybachs werde in China vertrieben. Lange Zeit profitierten die deutschen Autobauer vom China-Boom. In den 1990er-Jahren dominierten sie noch den Markt in dem asiatischen Land. Zusammen mit anderen ausländischen Herstellern hatten sie einen Marktanteil von bis zu 70 Prozent. Inzwischen haben die chinesischen Rivalen kräftig aufgeholt. In den vergangenen fünf Jahren schrumpfte der Marktanteil deutscher Autobauer von 25 auf 17 Prozent, hat die Unternehmensberatung Alix ermittelt. "Die Vormacht der Deutschen in China bröckelt", sagt der Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Center Automotive Research. Der Ausbau der Elektromobilität in der Volksrepublik hat den deutschen Herstellern massiv zugesetzt. Mit über 300 Modellen sei die Konkurrenz in China groß, sagt Alix-Direktor Xing Zhou. Während heimische Autobauer wie BYD ("Build your Dreams") den E-Auto-Markt aufrollen, tun sich Volkswagen & Co. mit ihren Modellen schwer. BYD hat im ersten Halbjahr mehr E-Autos ausgeliefert als VW, BMW und Mercedes zusammen. "Die deutschen Autobauer waren zu schlecht mit reinen Elektroautos in China vertreten", sagt Experte Dudenhöffer. "Es wurden strategische Fehler gemacht." Zudem seien die Software-Features der deutschen Autobauer für die jungen chinesischen Kunden nicht ganz so überzeugend. Software und IT-Entertainment spielen eine große Rolle in China. "Das haben bisher die Deutschen unterschätzt."In den ersten vier Monaten des Jahres befand sich unter den "Top Ten" der Elektroautos in China keine einzige deutsche Marke. VW rangierte erst auf Platz 15. Bereits 2021 hatten die Wolfsburger ihr Ziel verfehlt, 80.000 bis 100.000 Fahrzeuge der neuen Elektro-Modellreihe ID auszuliefern. Ob der in diesem Jahr angepeilte Absatz von 160.000 bis 200.000 E-Autos erreicht wird, ist fraglich. "Bei VW hatte man bisher nicht die richtigen Modelle für China", kritisiert Autoexperte Dudenhöffer. "Der ID 3 war nicht in der Mitte des Marktes positioniert." Den heute veröffentlichten Halbjahres-Zahlen zufolge scheint VW immerhin auf dem richtigen Weg zu sein: Im Juni verdoppelte der Konzern die Auslieferungen der E-Autos. Mit 17.600 "Stromern" der ID-Familie wurden so viele verkauft wie noch nie in einem Monat in China. Laut einer Studie der Unternehmensberatung PwC machen die deutschen Hersteller inzwischen etwas Boden gut. Mit neuen Modellen hätten sie es geschafft, ihren Marktanteil bei vollelektrischen Autos in China im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf vier Prozent zu verdoppeln, heißt es dort. Momentan beträgt der Anteil der E-Autos 15 Prozent der Neuzulassungen in der Volksrepublik. Also gut jedes siebte neue Auto in China ist ein echter "Stromer". Wollen die deutschen Autobauer ihren wichtigsten Absatzmarkt nicht verlieren, müssen sie kräftig in die Elektromobilität investieren - und in attraktive neue Modelle, die auf die chinesischen Käufer zugeschnitten sind. Doch es stellt sich zunehmend die Frage, ob das politisch gewollt ist. Die Bundesregierung drängt derzeit die deutsche Wirtschaft dazu, ihre Abhängigkeit von China zu verringern. Erstmals hat der Bund vor kurzem eine Reihe von Bürgschaften für deutsche Unternehmen in China auf den Prüfstand gestellt, darunter auch für mehrere Werks-Investitionen von VW. Der Wolfsburger Autobauer steht besonders wegen seines Werks im nordwestchinesischen Urumqi in der Kritik. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen werden im dortigen Gebiet die Uiguren systematisch unterdrückt und in Lagern interniert. Die Gewerkschaft IG Metall fordert, über eine Aufgabe des Standorts nachzudenken. Unternehmen aus anderen Branchen wie zum Beispiel dem Maschinenbau reduzieren inzwischen ihre Geschäfte in China. Der VDMA empfiehlt seinen Mitgliedsfirmen, bei Investitionen in neue Werke in China abzuwarten und eher andere Regionen Asiens auszuwählen. Solche Pläne sind bei den deutschen Autobauern bisher kaum zu hören. Im Gegenteil: VW will seine Investitionen in China ausweiten. Und Mercedes trimmt seine Marke mit dem Stern konsequent auf Luxus wie die S-Klasse und den Maybach. Damit dürften die Schwaben noch abhängiger von China werden, warnt Auto-Experte Dudenhöffer. "Dieses Risiko muss man einpreisen."
5unternehmen
Das offizielle Rentenalter hat Anthony Fauci schon lange überschritten: Im Dezember gibt der 81-Jährige nun auch seinen Job als medizinischer Top-Berater des Präsidenten und als Chef des Nationalen Instituts für Allergie und Infektionskrankheiten auf. Der Immunologe, eine der prägendsten Figuren in der amerikanischen Gesundheitspolitik, hatte das Institut fast 40 Jahre lang geleitet. Sein angekündigter Rückzug kommt nicht überraschend: Eigentlich hatte Fauci schon nach Ende der Trump-Präsidentschaft aufhören wollen, dann auf Drängen von Joe Biden weitergemacht. Der dankte Fauci in einer Stellungnahme und würdigte den gebürtigen New Yorker als hingebungsvollen und weisen Staatsdiener, dessen Arbeit in den USA und weltweit viele Leben gerettet habe. Vor allem im ersten Jahr der Corona-Pandemie galt Fauci vielen Amerikanern als einzige Stimme der Vernunft innerhalb der Regierung. Ex-Präsident Trump drohte mehrfach, ihn zu feuern. Im Internet hagelte es Morddrohungen gegen den Virologen. In den Vorgärten vor allem in Faucis Wohnviertel in Washington stellten viele Menschen Schilder mit der Aufschrift: "Hupt für Fauci" oder "Wir vertrauen Fauci" auf. Der stets unaufgeregt und überlegt wirkende Experte, der schon Präsident Reagan in der Aids-Krise beraten hatte, erklärte, er werde nicht klassisch in den Ruhestand gehen, sondern wolle sich ab Dezember dem Schreiben und Reisen widmen - und junge Menschen überzeugen, dass es sich der Dienst für die Allgemeinheit lohne.
0amerika
Die Bundesregierung muss sich wegen des Krieges in der Ukraine auf alle denkbaren energiepolitischen Szenarien vorbereiten - auch die einer monatelangen Unterbrechung der Gasströme. Das ist jedem in der Ampel-Regierung klar. Es gilt, gesellschaftliche Zerwürfnisse im Herbst und Winter zu vermeiden, wenn Gasmengen zu knapp werden sollten, um noch alle Ansprüche von Industrie und Haushalten zu erfüllen. Seit Kriegsbeginn stellt sich deswegen nun auch wieder die Frage nach AKW-Laufzeitverlängerungen. Die SPD versucht, das Thema kleinzureden, indem sie es eine "Scheindebatte" nennt - und unterstellt damit dem politischen Gegner eher parteitaktische Motive: Nicht alles, was etwa CDU-Chef Friedrich Merz für "technisch möglich und juristisch vertretbar" halte, sei auch sinnvoll, sagt SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch. Ob zum Schein oder ernst in der Sache - die Debatte läuft weiter. Manche nehmen sie sehr ernst - auch innerhalb der Regierungsfraktionen.So forderte die FDP, der kleinste Koalitionspartner von Bundeskanzler Olaf Scholz, zunächst in Person von Parteichef Christian Lindner zumindest eine "Debatte" darüber. Inzwischen werden die Aussagen deutlicher: "Kein Kubikmeter Gas sollte mehr verstromt werden müssen. Deswegen wäre es jetzt richtig, die Laufzeiten der Kernkraftwerke über den Winter hinaus zu verlängern", so etwa FDP-Fraktionschef Christian Dürr.CDU-Partei- und -Fraktionschef Friedrich Merz springt der FDP bei - ist doch das Thema für die Oppositionspartei eines der wenigen, bei dem sie einen Keil in die Ampel treiben kann. "Liebe Grüne, springt über Euren Schatten. Keine Denkverbote. Tut es für Deutschland", schrieb Merz in der "Bild"-Zeitung. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer, CDU, sagte dem gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF, es sei nicht erklärbar, warum alte Braunkohlekraftwerke ans Netz geholt würden, Atomkraftwerke aber nicht: Der erste Verlierer dieser Politik sei damit das Klima.Argumente, die bei vielen Bürgerinnen und Bürgern verfangen dürften - so schnell wird die Ampel-Koalition die Debatte wohl doch nicht los, die auch von Opposition und Experten mit geführt wird. Für Scholz und seinen Vizekanzler Robert Habeck wie auch für Umweltministerin Steffi Lemke - für nukleare Sicherheit zuständig - ist die Sache klar. Zunächst hatte Wirtschafts- und Klimaschutzminister Habeck direkt nach Kriegsausbruch das Motto "keine Denktabus" ausgegeben und einen Prüfauftrag auch für eine Atomkraft-Laufzeitverlängerung ausgegeben. Beide Ministerien waren danach zu dem Schluss gekommen, dass im Falle eines Weiterbetriebs mit Abstrichen bei der Sicherheit der Atomkraftwerke zu rechnen sei - und haben diese Option deshalb verworfen.Was allerdings erkennbar ausbleibt, ist ein richtiges Machtwort des Kanzlers in Richtung FDP. Zwar betont der Regierungssprecher, dass Scholz dem Prüfergebnis der beiden Ministerien folge - und erst über eine befristete Laufzeitverlängerung sprechen würde, wenn die Sicherheitsbedenken ausgeräumt seien. Und doch scheint er die Debatte zwischen den beiden Koalitionspartnern Grünen und FDP eher laufen zu lassen. Hält Scholz sich ein Hintertürchen offen? Bis spätestens Ende kommender Woche weiß er, ob Russland noch Gas über die Pipeline Nord Stream 1 liefert - oder einen politisch motivierten Gasstopp verfügt. Das könnte eine neue Lage sein, in der Sachverhalte nochmals anders bewertet werden. Es ist deswegen in der Ampel-Regierung spürbar, in einer solch krisenhaften energiepolitischen Lage keine allzu klaren Festlegungen für die kommenden Monate treffen zu wollen.Das gilt in der Finanzpolitik für die Schuldenbremse, die heilige Kuh der FDP, genauso wie für die Atomkraft, an deren Ausstieg viel grünes Herzblut hängt. Es ist davon auszugehen, dass beide Parteien wissen, das sie womöglich in einer sich zuspitzenden Krisensituation im Herbst manches vorübergehend neu bewerten müssen.Die FDP jedenfalls widerspricht bei der AKW-Debatte dem Sicherheitsargument gegenüber tagesschau.de vehement: "Dass die Kraftwerke ab dem 1. Januar 2023 angeblich unsicher sein sollen, wäre nur dann nachvollziehbar, wenn die Kraftwerke jetzt bereits nicht mehr sicher betrieben werden würden. Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass das Umweltministerium und die zuständigen Aufsichtsbehörden sowie die Betreiber eine solche Situation zugelassen hätten. Nach Aussagen des TÜV ist ein Weiterbetrieb bei gleichbleibender Sicherheit machbar."Tatsächlich aber ist die Lage deutlich unübersichtlicher, was Gutachten und auch Meinungen der Experten und Betreiber angeht, als es Befürworter und Gegner der Laufzeitverlängerung glauben machen wollen: Der TÜV Süd, auf den sich die FDP und auch der bayerische CSU-Ministerpräsident Markus Söder beruft, befand in einem Gutachten zumindest den befristeten Weiterbetrieb für das in Bayern noch laufende Atomkraftwerk Isar II technisch für vertretbar. Deren Betreiberfirma Preussen Elektra sitzt im Vorstand eines sogenannten Branchenverbandes namens "KernD", dem ehemaligen Deutschen Atomforum.Dieser Verband wiederum hatte in einem Papier den Gutachten der beiden grünen Bundesministerien widersprochen und hält einen befristeten Weiterbetrieb ebenfalls für möglich. Doch zwei der drei Betreiber von noch laufenden Atomkraftwerken sind aus dem Verband ausgetreten - zu ihnen gehört RWE. Konzern-Chef Markus Krebber widerspricht CDU und FDP. Er hält die Debatte für rückwärtsgewandt. Es könnten nicht einfach irgendwoher die benötigten Brennstäbe eingekauft werden, diese müssten "genau zum Reaktortyp passen", so der RWE-Chef. Es gehe zudem nicht nur um die Verfügbarkeit von Brennstäben, sondern auch um Sicherheitsfragen - "und wer welche Risiken übernimmt".Wenn klar ist, dass dann etwa der Staat mit Steuergeldern haften muss, wird dann Finanzminister Lindner noch dafür sein? "Wenn es den politischen Willen für einen befristeten Weiterbetrieb gibt, werden sich diese Fragen lösen lassen", sagt FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler auf Nachfrage von tagesschau.de. Es scheint so, als bliebe Scholz und Habeck die politische Debatte noch länger erhalten.
3innenpolitik
In Japan ist ein Mann hingerichtet worden, der bei einem Amoklauf in der Hauptstadt Tokio sieben Menschen getötet hatte. Der japanische Justizminister Yoshihisa Furukawa bestätigte die Hinrichtung. Er habe die Vollstreckung des Todesurteils nach "extrem sorgfältiger Prüfung" genehmigt. Der hingerichtete Tomohiro Kato war am 8. Juni 2008 Stadtteil Akihabara mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge gerast. Dann stach der damals 25-Jährige wahllos auf Passanten ein. Er tötete sieben Menschen und verletzte zehn weitere, bevor er festgenommen wurde. Der Polizei sagte er nach seiner Festnahme: "Ich bin nach Akihabara gekommen, um Leute zu töten. Es war egal, wen ich töten würde." Er habe "von allem die Nase voll", zitierten ihn nach seiner Verhaftung japanische Medien. Seine Taten hatte der junge Mann zuvor im Internet angekündigt und sich dabei über seine Einsamkeit und seinen instabilen Job beklagt. Vor Gericht entschuldigte er sich für die Tat und plädierte auf verminderte Schuldfähigkeit. Kato erklärte, er sei während der Tat in einem Zustand des Wahnsinns gewesen. Der Japaner wurde 2011 dennoch zum Tode verurteilt, der Oberste Gerichtshof des Landes bestätigte das Urteil 2015. Japan gehört zu den wenigen Industrienationen, die noch an der Todesstrafe vollstrecken. Innerhalb der OECD verhängen neben Japan nur noch die USA und Südkorea die Todesstrafe. Südkorea hat sie jedoch ausgesetzt. Zuletzt wurden im vergangenen Dezember drei verurteilte Mörder hingerichtet. In Todeszellen in Japan sitzen derzeit mehr als 100 Häftlinge. Hinrichtungen werden in Japan durch Erhängen vollstreckt, oft erst viele Jahre nach der Verurteilung. Bis zur Hinrichtung leben zum Tode Verurteilte in Japan oft jahrelang in Einzelhaft. Menschenrechtsorganisationen und ausländische Regierungen kritisieren zudem, dass den Todeskandidaten der Zeitpunkt ihrer Hinrichtung oft erst wenige Stunden vor der anstehenden Vollstreckung mitgeteilt wird.  In der Bevölkerung gibt es dennoch eine breite Unterstützung für die Todesstrafe. Auch deshalb hält die Regierung in Tokio an der Todesstrafe fest. Japans Justizminister sagte, sie sei wegen noch immer vorkommender böser Gewaltverbrechen gerechtfertigt. Sie abzuschaffen, hält er darum momentan nicht für angemessen.
1asien
Nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini im Iran und den anschließenden Protesten will Außenministerin Annalena Baerbock die Vorgänge rund um den Fall vor den UN-Menschenrechtsrat bringen. Dies kündigte sie am Rande der UN-Generalversammlung in New York an.Wenn Frauen nicht sicher seien, dann sei keine Gesellschaft auf dieser Welt sicher, so Baerbock. "Deswegen ist der brutale Angriff auf die mutigen Frauen im Iran eben auch ein Angriff auf die Menschheit." Der Fall Amini sei ein Bruch mit Frauenrechten und damit eine Verletzung von Menschenrechten durch den Iran. Die 22-jährige Amini war vor knapp einer Woche von der Sittenpolizei wegen eines Verstoßes gegen die strenge islamische Kleiderordnung festgenommen worden. Was genau mit ihr nach der Festnahme geschah, ist unklar. Sie fiel ins Koma und starb am Freitag in einem Krankenhaus. Kritiker werfen der Sittenpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben. Die Polizei weist die Vorwürfe zurück.Seitdem demonstrieren im Iran Tausende Menschen gegen die Regierung und ihre für Frauen repressive Kleiderordnung. Bei Protesten und Unruhen in Dutzenden Städten des Irans kamen mindestens 17 Menschen ums Leben. Unter den Opfern sind laut iranischen Staatsmedien sowohl Sicherheitskräfte als auch Demonstranten. Nähere Details wurden nicht genannt.
1asien
Das Bundesverkehrsministerium hat zurückhaltend auf den Vorschlag für ein bundesweites 69-Euro-Ticket im Anschluss an das laufende 9-Euro-Ticket reagiert. Es gebe ein festes Verfahren für die Beratungen zu Zukunft und Finanzierung des Nahverkehrs, teilte das Ministerium mit. Das 9-Euro-Ticket und seine Auswirkungen müssten genauer analysiert und auch der Frage nachgegangen werden, was der größte Anreiz des Tickets sei. Es sei mit mehr als 31 Millionen Verkäufen aber bereits jetzt ein Riesenerfolg. Der Verband der Verkehrsunternehmen (VDV) hatte vorgeschlagen, ab September als Anschluss ein Ticket für 69 Euro pro Monat anzubieten. Es soll - wie das 9-Euro-Ticket - in ganz Deutschland in allen Regionalzügen, U- und S-Bahnen, Trams und Bussen gelten.Die Verkaufszahlen des 9-Euro-Tickets und weitere Erkenntnisse zeichneten bereits ein scharfes Bild von den Möglichkeiten und Grenzen einer bundesweit gültigen Anschlusslösung, sagte VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff. "Diese muss bundesweit gültig sein, entlastend wirken - und darf nicht in Konkurrenz zum Ausbau des Angebots im Öffentlichen Nahverkehr stehen." Klar sei, dass ein Ticket für neun Euro nicht länger als drei Monate finanzierbar sei. Die Branche sei aber in der Lage, ab September ein solches Klimaticket für 69 Euro anzubieten. Die jährlichen Mehrkosten würden bei etwa zwei Milliarden Euro liegen. Für dieses Jahr ließen sich diese Kosten noch über den mit der Politik ausgehandelten Rettungsschirm für die Verkehrsunternehmen finanzieren. "Für das neue Jahr braucht es dann eine neue Regelung", so Wolff. Auch aus den Reihen von SPD und Grünen kamen bereits Forderungen nach einem Nachfolgeangebot für das 9-Euro-Ticket. So signalisierte Grünen-Chefin Ricarda Lang Unterstützung für das nun vorgeschlagene 69-Euro-Ticket: "Über das Modell werden wir in der Koalition beraten, klar ist aber: Es braucht eine Anschlussregelung, die wie vom Bundesverkehrsminister vorgeschlagen möglichst bundeseinheitlich gilt und dabei günstig ist, also auch sozial", sagte sie der "FAZ". Dabei stehe die Regierung aber vor der Aufgabe, zwei Ziele gleichzeitig erreichen zu müssen. "Wir wollen ein günstiges Ticket und gleichzeitig die Qualität des Angebots verbessern, das heißt in die Infrastruktur investieren."Auch SPD-Fraktionsvizechef Detlef Müller plädierte im Gespräch mit dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" für eine Nachfolgeregelung. "Ob ein Anschlussticket dann 39, 49 oder 69 Euro kostet, ist zweitrangig", sagte er. "Es muss aber in einem Rahmen sein, der psychologisch wirkt und sich für Menschen lohnt, ihr Auto stehen zu lassen." Müller schlug vor, bis zur Verkehrsministerkonferenz im Herbst einen Vorschlag für eine Fortsetzung des Tickets und deren Finanzierung zu entwickeln. "Ich fände es gut, wenn Bund und Länder sich auf ein dauerhaftes Modell verständigen könnten, an dem sich die Länder jedoch ähnlich beteiligen wie bei dem Corona-Rettungsschirm." Die Frage der Finanzierung sei wichtiger als die Frage, wann ein neues Angebot starte. "Denn klar ist, dass ein preiswertes Ticketangebot nicht zulasten des Ausbaus und des Betriebs im ÖPNV finanziert werden kann."Der Linken-Abgeordnete Bernd Riexinger schrieb auf Twitter, ein 69-Euro-Ticket sei zu teuer. Auch die Umweltorganisation Greenpeace bezeichnete den Vorschlag der Verkehrsunternehmen als zu teuer. "Es ist eine gute Nachricht, dass sich auch der VDV für eine dauerhafte Nachfolge des 9-Euro-Tickets ausspricht, doch der vorgeschlagene Preis liegt viel zu hoch", betonte Greenpeace-Verkehrsexpertin Marissa Reiserer. "Damit ein Klimaticket Haushalte wirklich entlastet und gleichzeitig eine wirtschaftlich attraktive Alternative zum eigenen Auto bietet, darf es nicht mehr als einen Euro pro Tag kosten." Angesichts der für viele Haushalte bedrohlich steigenden Nebenkosten müsse ein solches Ticket sofort auf den Weg gebracht werden, damit es im Herbst weiter verfügbar sei, so Reiserer.
6verbraucher
Vor der Drohkulisse einer zweiten Streikwelle nehmen die Lufthansa und die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) noch einen weiteren Anlauf zur Lösung des Tarifkonflikts. Man treffe sich am Vormittag zu Verhandlungen, bestätigten beide Seiten. Die Gewerkschaft hatte in der Nacht eine zweite Streikwelle ab Mittwoch angekündigt, die nur noch durch ein "ernstzunehmendes Angebot" seitens der Lufthansa verhindert werden könne.Die Lufthansa erklärte sich nicht nur zu Gesprächen bereit, sondern kündigte auch ein verbessertes Tarifangebot für die Pilotinnen und Piloten an. Man werde dies bei den heutigen Gesprächen unterbreiten. Personalvorstand Michael Niggemann nannte es aber auch bedauerlich, dass der Tarifkonflikt trotz eines vereinbarten Verhandlungstermins weiter eskaliert. "Wir werden trotzdem alles daran setzen, auch unter Zeitdruck mit einem verbesserten Angebot zum Erfolg zu kommen." Bis spätestens 12 Uhr müsse entschieden werden, ob für die angedrohten Streiktage ab morgen Flüge gestrichen werden. Dies sei sowohl für die Flugzeug- und Crew-Disposition als auch für einen zumindest minimalen Vorlauf für die betroffenen Fluggäste notwendig. Im Falle eines Streiks sei erneut mit erheblichen Auswirkungen auf den Flugbetrieb der Lufthansa zu rechnen, so die Airline.Die Gewerkschaft hatte für den Fall von gescheiterten Gesprächen angekündigt, dass die Abflüge der Lufthansa-Passagiermaschinen aus Deutschland am Mittwoch und Donnerstag bestreikt werden. Bei der Frachttochter Lufthansa Cargo ist der Streik nur für den Mittwoch geplant. Bei der ersten Streikwelle am vergangenen Freitag hatte die Lufthansa das gesamte Programm ihrer Kern-Airline abgesagt. Mehr als 800 Flüge mit 130.000 betroffenen Passagieren fielen aus und das Unternehmen erlitt nach eigener Aussage einen wirtschaftlichen Schaden von 32 Millionen Euro. Aus rechtlichen Gründen kann Cockpit nur Arbeitnehmer in Deutschland zum Arbeitskampf aufrufen. Bestreikt werden daher ausschließlich die Abflüge der Lufthansa-Kerngesellschaft sowie der Lufthansa Cargo von deutschen Flughäfen. Die Tochtergesellschaften Eurowings, Lufthansa Cityline und Eurowings Discover sind von dem Arbeitskampf nicht betroffen. Vor dem Arbeitsgericht München hat die Gewerkschaft ihre Tarifforderung in einem Detail abgeändert. Weil auch die Richter rechtliche Bedenken gegen einen automatisierten Inflationsausgleich ab dem kommenden Jahr äußerten, wird nun ein "pauschaler" Inflationsausgleich in Höhe von 8,2 Prozent verlangt. Im laufenden Jahr sollen die Gehälter um 5,5 Prozent steigen. Dazu kämen eine neue Gehaltstabelle sowie mehr Geld für Krankheitstage, Urlaub und Training. Laut Lufthansa würden die zusammengefassten Forderungen die Personalkosten für die Piloten um 40 Prozent erhöhen. Dies sei selbst ohne Rücksicht auf die finanziellen Folgen der Corona-Krise außerhalb des Vertretbaren. Auf eine Laufzeit von zwei Jahren würde das eine Mehrbelastung von 900 Millionen Euro bedeuten, hieß es bei der Lufthansa. Erst im Juli hatte die Gewerkschaft ver.di mit einem Warnstreik des Bodenpersonals den Flugbetrieb der größten deutschen Airline für einen ganzen Tag nahezu lahmgelegt. Die Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo will im Herbst für ihre Mitglieder verhandeln. Sie erklärte sich "ausdrücklich und uneingeschränkt solidarisch" mit dem Streik der Piloten.
5unternehmen
Die pakistanische Polizei wirft Ex-Premierminister Imran Khan Terrorismus vor. Ein entsprechendes Strafverfahren sei eingeleitet worden, teilten die Behörden mit. Anlass für die Vorwürfe ist eine Rede Khans am vergangenen Samstag in der Hauptstadt Islamabad. Auf der Massenveranstaltung kündigte er an, Polizisten und eine Richterin verklagen zu wollen. Zudem erhob er den Vorwurf, dass ein Vertrauter nach dessen Verhaftung gefoltert worden sei. Bei dem Vertrauten handelt es sich um Shebaz Gill. Das ehemalige Kabinettsmitglied hatte Soldaten öffentlich dazu aufgerufen, sich den "illegalen Anordnungen" der Militärführung zu widersetzen. Er wurde daraufhin des Hochverrats beschuldigt, der in Pakistan mit dem Tod bestraft werden kann. Amnesty International fordert inzwischen eine Untersuchung der Foltervorwürfe.Khan selbst äußerte sich zunächst nicht öffentlich zu den Anschuldigungen. Ein Gericht in Islamabad entschied, dass Khan die nächsten drei Tage nicht verhaftet werden kann, wie ein Funktionär seiner Partei Tehreek-e-Insaf mitteilte. Die Partei des ehemaligen Premiers postete im Internet Videos, die Unterstützer zeigten, die Khans Haus umringten, um einen möglichen Zugriff der Polizei zu verhindern. Hunderte hielten sich dort am Montagmorgen auf. Die Partei kündigte landesweite Kundgebungen für den Fall einer Festnahme Khans an.Der ehemalige Informationsminister Fawad Chaudhry hat vor Konsequenzen im Falle einer Anklage und Verhaftung Khans gewarnt. "Imran Khan ist unsere rote Linie", schrieb er auf Twitter. Khan war am 9. April dieses Jahres durch ein Misstrauensvotum des pakistanischen Parlaments als Premierminister des südasiatischen Landes abgesetzt worden. Als Nachfolger des 69-jährigen ehemaligen Cricketprofis regiert seitdem Shebaz Sharif, der jüngere Bruder des dreimaligen Premierministers Nawaz Sharif.
1asien
Eine chinesische Rakete ist nach US-Angaben unkontrolliert aus dem Weltraum abgestürzt. Die Rakete "Langer Marsch 5B" sei über dem Indischen Ozean in die Erdatmosphäre eingetreten, teilte die Weltraum-Abteilung der US-Armee auf Twitter mit. Nähere Angaben machte das US Space Command nicht. Über mögliche Trümmerteile und den Ort des Aufpralls müsse die chinesische Regierung informieren.In einer Erklärung gab die chinesische Weltraumbehörde später die Koordinaten für das Einschlagsgebiet an. Demnach stürzte die Rakete in der Sulu-See ab, knapp 60 Kilometer vor der Ostküste der philippinischen Insel Palawan. "Die meisten Bauteile wurden beim Wiedereintritt abgetragen und zerstört", hieß es in der Erklärung.Die malaysische Raumfahrtbehörde teilte mit, sie habe Raketentrümmer beobachtet, die beim Wiedereintritt in die Atmosphäre in Brand geraten seien, bevor sie in die Sulu-See nordöstlich der Insel Borneo stürzten.Auf unverifizierten Aufnahmen im Internet war ein Feuerball am Himmel zu sehen.Zuvor hatte es heftige Kritik am Vorgehen Chinas gegeben. NASA-Chef Bill Nelson warf der Regierung in Peking vor, es sei unverantwortlich und riskant, keine Informationen über die Flugbahn der Rakete zu veröffentlichen. "Alle Raumfahrtnationen sollten sich an bewährte Praktiken halten und ihren Teil dazu beitragen, diese Art von Informationen im Voraus weiterzugeben", schrieb er auf Twitter. Insbesondere bei Raketen wie "Langer Marsch 5B" bestehe durch Trümmerteile ein "erhebliches Risiko für den Verlust von Menschenleben und Eigentum". Die Einschlag der Raketentrümmer auf der Erde war von Fachleuten erwartet worden. Das Zentrum für Wiedereintritt-Studien (CORDS) der Aerospace Corporation in Kalifornien hatte den Wiedereintritt von "Langer Marsch 5B" zwischen dem Nachmittag und dem späten Abend angenommen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen oder besiedelte Gebiete von der Rakete getroffen werden, war demnach äußerst gering. Dennoch wurde China bereits zuvor von der NASA dafür kritisiert, dass die Rakete beim Eintritt in die Atmosphäre nicht in kleinere Teile zerfällt, wie es internationaler Standard sei. Denn anders als bei den meisten Trägerraketen gibt es bei dem von der Volksrepublik verwendeten Typ keinen kontrollierten Wiedereintritt von ausgebrannten Raketenstufen. Die Reste stürzen Tage nach dem Start wieder auf die Erde. Wann genau und wo, ist nicht vorherzusagen.So waren im Jahr 2020 etwa Trümmer einer chinesischen Rakete über der Elfenbeinküste abgestürzt und hatten in einigen Dörfern Schäden angerichtet.Mit der Trägerrakete "Langer Marsch 5B" war das unbemannte Modul "Wentian" ins All gebracht worden, das zweite von drei Modulen für die im Bau befindliche chinesische Raumstation "Tiangong" (deutsch: "Himmelspalast"). Chinas Raumfahrtbehörde sprach nach dem Start von einem "vollen Erfolg". Das neue Modul soll an das Kernmodul "Tianhe" andocken, das im April 2021 ins All gebracht worden war. Danach waren bereits im Mai 2021 Überreste einer dazu genutzten Rakete nahe der Malediven in den Indischen Ozean gestürzt.Die Raumstation soll gegen Ende des Jahres voll funktionsfähig sein und eine Lebensdauer von zehn Jahren haben. China hat in den vergangenen Jahren Milliardensummen in ihre Raumfahrtprogramme gesteckt, um zu den USA und Russland aufzuschließen. Das Land schickte bereits einen Rover zum Mars und Sonden zum Mond.
1asien
Der iranische Präsident Ebrahim Raisi hat die Teilnehmer einer Gegendemonstration gelobt. Sie waren gestern Nachmittag für die Kopftuchpflicht und gegen die Demonstrationen nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amani in Polizeigewahrsam auf die Straße gegangen. Die Regierung ruft ihre Anhängerinnen und Anhänger - und Tausende kommen in Teheran und anderen Städten nach dem Freitagsgebet, so berichten Staatsmedien. Frauen tragen den Tschador, also den schwarzen langen Mantel mit schwarzem Kopftuch, das die Haare komplett verbirgt. "Die Polizei ist die Hüterin der Sicherheit!", rufen sie und: "Diese Armee ist aus Liebe zum Führer gekommen!" Die kündigt an, die Polizei bei den Einsätzen gegen die Proteste gegen das Kopftuch und das Regime zu unterstützen. Auf den Transparenten der konservativ-religiösen Regimeanhänger schwören sie dem Obersten Führer Chamenei gehorsam.All das gefällt Präsident Raisi. Er landet am Abend wieder in Teheran nach seinem Besuch in New York bei den Vereinten Nationen. Schon dort hatte er am Rande der Vollversammlung erklärt: ein Akt des Chaos sei inakzeptabel. Noch am Teheraner Flughafen legt er nach:Er lobt die Gegendemonstrationen seiner Anhänger. Es seien schöne Szenen der Macht und des Sieges der Islamischen Republik. Dann droht er den Demonstrantinnen und Demonstranten noch mal: "Sie müssen wissen, dass wir auf keinen Fall zulassen werden, dass die Sicherheit des Landes und des Volkes gefährdet wird."Wie? Das führen Sicherheitskräfte am Abend vor. 700 bis 800, so sagen Augenzeugen, versammeln sich am zentralen Vali Asr-Platz in Teheran, ausgestattet mit Tränengas, Pfefferspray und Knüppeln. Sie seien teils auf Motorrädern unterwegs, sperren Zufahrtsstraßen, kontrollieren Autos und treiben schon kleine Gruppen auseinander. Die Proteste sollen sich auf keinen Fall so verbreiten, wie an den vorangegangenen sechs Abenden. Ob dem so ist, wird sich wohl erst im Lauf des Tages zeigen. Denn das Internet ist gedrosselt und zeitweise ganz abgeschaltet, berichten Teheraner, und auch Menschenrechtsorganisationen beispielsweise für Kurdistan im Nordwesten des Iran.Kommunikationsminister Eisa Zarepour bestreitet das. "Bei den internationalen Internetdienste gibt es keine Zugangsprobleme. Nur einige ausländische Plattformen wurden auf Anordnung der zuständigen Behörden vorübergehend eingeschränkt", sagt er. "So wie es die behördlich angeordneten Regelungen verlangen."Der Messengerdienst WhatsApp und Instagram, eines der letzten Sozialen Netzwerke im Iran, sind geblockt. Ein gedrosseltes Internet bedeutet für die Demonstranten, dass sie sich viel schwerer vernetzen können, viel schwerer herausfinden können, wo die nächsten Demos sind. Außerdem motivieren Videos von Frauen, die ihre Haare abscheiden, ihr Kopftuch verbrennen und Statuen von verhassten Geistlichen in Flammen aufgehen, wie ein Video aus der heiligen Stadt Mashhad zeigen soll. Sie gehen auch an diesem Abend wieder auf Straße. Straßenkämpfe und Schüsse scheinen sie nicht abzuhalten. Es ein ist blutiges Jahr, rufen sie, und: Khamenei wird gestürzt. Videos zeigen immer wieder Jagdszenen: Eine Frau beobachtet aus einem fahrenden Auto heraus und sagt: "Ich nehme sie auf. Sie schießen auf Menschen! Oh mein Gott, sie töten Menschen!"Gewalt, brennende Mülltonnen und Einsatzfahrzeuge gehören zu den Bildern der Nacht in diesen Tagen im Iran.
1asien
828 Millionen Menschen hungern weltweit. Die Zahlen steigen. Der Ukraine-Krieg, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und der Klimawandel spitzen die Lage zu. Deutschland hat derzeit den Vorsitz der G7. Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) hat beim Treffen im Frühjahr das Bündnis für globale Ernährungssicherheit ins Leben gerufen. Das Bündnis für globale Ernährungssicherheit soll eine Plattform für die globale Zusammenarbeit sein, um die weltweite Hungerkrise anzugehen. Mittlerweile sind rund 100 Institutionen dabei darunter G7, G20, Afrikanische Union, internationale Organisationen sowie Zivilgesellschaft.Staatssekretär Jochen Flasbarth (SPD) aus dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sagt, das Bündnis solle keine eigene Organisation sein, sondern koordinieren: "Das wichtigste ist, Informationen zusammenzutragen: Wo fehlt etwas, was fehlt genau und wer kann helfen?" So solle die Hilfe möglichst effizient bei den Menschen ankommen. Hilfswerke, wie Brot für die Welt, sehen ein weiteres Bündnis skeptisch. Es gebe schon das Welternährungskomitee der Vereinten Nationen. Laut Ministerium gibt es zwar Absprachen mit dem UN-Generalsekretär, dennoch befürchten Hilfsorganisationen eine doppelte Struktur. Die G7-Staaten hatten in Elmau zusätzliche 4,5 Milliarden US-Dollar bereitgestellt gegen die Hungerkrise. Deutschland gibt rund 880 Millionen Euro zusätzlich zur Bekämpfung der Hungersnot aus. Doch das reicht nicht aus, meint die Welthungerhilfe. Um den Hunger strukturell und nachhaltig zu bekämpfen, seien weitere 40 Milliarden Dollar notwendig. "Wir sind nach wie vor überzeugt, dass der Hunger in der Welt besiegt werden kann", sagt die Präsidentin der Welthungerhilfe Marlehn Thieme. Es sei eine Frage des politischen Willens."Wir unterscheiden diejenigen, die chronisch hungrig sind und diejenigen, die akut hungrig sind. Das Welternährungsprogramm von den Vereinten Nationen konzentriert sich auf die akut hungrigen", sagt Martin Frick, Leiter des Berliner Büros des Welternährungsprogramms (WFP) der Vereinten Nationen, "2019 waren rund 150 Millionen Menschen von akutem Hunger betroffen, Ende letzten Jahres waren es bereits 279 Millionen Menschen und heute gehen wir leider von 345 Millionen Menschen aus."Akut hungrig ist laut Welthungerhilfe die extremste Form von Hunger und tritt im Zusammenhang mit Krisen auf. Fasst man die Zahl aller hungrigen Menschen weltweit zusammen, sprechen die Vereinten Nationen von 828 Millionen Betroffenen. Eine Zahl aus dem Jahr 2021. Das entspricht in etwa zehn Mal der Bevölkerung Deutschlands. Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs sind bei den UN-Zahlen noch nicht berücksichtigt. Der Welthunger-Index besagt: Das Ausmaß des Hungers ist am größten in Afrika südlich der Sahara und in Südasien. Das am schlimmsten betroffene Land sei Somalia im Jahr 2021 laut Index der Welthungerhilfe. Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine verschlimmert sich die Situation in manchen Regionen, warnt Frick vom WFP. Ein weiteres Beispiel, das oft in Vergessenheit gerät, ist Afghanistan: Auch hier ist nach Angaben der UN die Hälfte der Bevölkerung akut von Hunger bedroht. Die weltweite Hungersnot wird durch verschiedene Faktoren verstärkt, so Experten. Aktuell führt der Krieg in der Ukraine dazu, dass die Getreidepreise ansteigen. So können sich viele Menschen in ärmeren Regionen die Lebensmittel wie Brot nicht mehr leisten. Durch die Corona-Pandemie und weltweite Kriege und Krisen, hat sich die Lage weiter verschlimmert. Der Klimawandel und damit einhergehende Extremwetterereignisse, wie Dürre oder Überschwemmungen, zerstören die Lebensgrundlage vieler Menschen. Die Hungerkrise setzt sich aus vielen unterschiedlichen Krisen zusammen. Dagmar Pruin, Präsidentin von Brot für die Welt, sagt: "Die Hungerszahlen steigen aber nicht erst seit dem 24. Februar dieses Jahres, sondern schon seit mehreren Jahren." Am 24. Februar begann der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Im Hafen der ukrainischen Stadt Odessa lagern Millionen Tonnen Getreide. Diese können wegen des russischen Angriffskrieges nicht exportiert werden. Das ist in Ländern wie am Horn von Afrika, im Libanon, in Ägypten oder Pakistan spürbar. Der Druck, eine Einigung zwischen der Ukraine und Russland für den Export zu erwirken, ist hoch. Eine letzte Vermittlung seitens der Türkei und der Vereinten Nationen war erfolgreich, jedoch gab es kurze Zeit später einen russischen Angriff auf den Hafen in Odessa. Selbst wenn eine Lösung gefunden wird, könne der Export noch Monate dauern, so Frick vom WFP. Die festsitzenden Tonnen in ukrainischen Häfen heizen aber die weltweiten Getreidepreise an. Organisationen, wie Brot für die Welt, weisen darauf hin, dass die Antwort auf die aktuelle Hungerkrise ein faires Handelssystem sein müsse. "Arme Staaten sollten die Möglichkeit haben, ihre Agrarmärkte nach Bedarf zu schützen, zum Beispiel vor unfairen EU-Exporten", so Pruin. Neben Handel setzt Martin Frick vom WFP den Fokus auf den Anbau: "Ich wünsche mir, dass Ernährungssysteme nicht nur als Problem verstanden werden, sondern auch als eine riesige Chance, dem Klimawandel auch etwas entgegenzusetzen. Denn gute Landwirtschaft kann klimapositiv sein." Heimische Getreidesorten oder nachhaltige Anbaumethoden könnten helfen.
3innenpolitik
Die Energiekrise bereitet vielen Menschen Sorgen. Strom- und Gaskunden fragen sich, wie sie die kommenden Rechnungen bezahlen - und ob sie sich für mögliche Ausfälle rüsten sollten. Im Internet werden "Notfallpakete" verkauft. Videos mit Tipps zur Blackout-Vorsorge werden in nur wenigen Wochen zehntausendfach geklickt. Und in Baumärkten versprechen Angebote für Heizpaneele, Wärmestrahler, Stromgeneratoren, Solarplatten und mobile Stromspeicher den Kundinnen und Kunden mehr Unabhängigkeit. Prominent in den Eingangsbereichen der Märkte platziert, erfreuen sich die Produkte großer Beliebtheit.Im Kassenbereich eines Schwabacher Baumarktes liegen verschieden große faltbare Solarmodule aus; zudem rund ein halbes Dutzend mobile Stromspeicher: mit schwarzem und grauem Kunststoff verkleidete Kästen - je nach Speicherkapazität in der Größe einer Autobatterie bis hin zu der einer kleinen Kühlbox."Das Interesse ist sehr, sehr groß", sagt Frank Vieweg, der in dem Schwabacher Baumarkt als Assistent der Marktleitung arbeitet. Die Kundinnen und Kunden seien an den Stromspeichern für den Urlaub oder als Lösung für den Kleingarten interessiert, um dort ihre Handys oder Laptops aufzuladen. "Oder eben, weil sie einfach Angst haben, es könnte irgendwann ein Stromausfall da sein", so Vieweg. Doch wie groß ist die Gefahr, dass im Laufe des anstehenden Winters wegen der Energiekrise kein Strom mehr aus der Steckdose kommt und man sich mit Stromspeichern behelfen muss? Christoph Maurer vom Lehrstuhl für Elektrische Energiesysteme an der Universität Erlangen-Nürnberg hält die Wahrscheinlichkeit für "relativ gering". Er sagt aber: "Man kann einen Blackout im Energieversorgungssystem nie vollständig ausschließen. Das ist ein technisches System, das nicht 100 Prozent sicher ist. Aber die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering, was man ja auch daran sieht, dass wir ein solches Ereignis noch nie hatten." Maurer verweist dabei auf den Unterschied zwischen einem Blackout und einem Stromausfall. "Jeder Blackout ist ein Stromausfall, aber nicht jeder Stromausfall ist ein Blackout", sagt er. Unter einem Blackout verstehe man "einen Regionen übergreifenden, ungeplanten und sehr viele Verbraucher betreffenden Stromausfall". Und für ein solches Ereignis gebe trotz Energiekrise "auch im kommenden Winter aus meiner Sicht keine erhöhte Wahrscheinlichkeit".Was es allerdings gebe, ist eine "etwas angespannte Versorgungslage", so Maurer. So sei nicht auszuschließen, "dass man gegebenenfalls einzelne Städte oder Stadtteile temporär - möglichst auch angekündigt und kontrolliert - vom Netz nehmen" müsse. Das wäre für die betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher unangenehm, aber "nicht vergleichbar mit einem flächendeckenden Blackout". Ähnlich stuft es der Chef der Nürnberger Berufsfeuerwehr ein, Volker Skrok. In seiner Funktion als oberster Katastrophenschützer der Stadt befasst er sich auch mit möglichen Blackouts und Stromausfällen. Wenn das Szenario vereinzelte Stromausfälle von vielleicht mehreren Stunden seien, müsse sich jeder selbst überlegen, ob es verhältnismäßig sei, sich darauf etwa mit dem Kauf von mobilen Stromspeichern aus dem Baumarkt vorzubereiten. "Einem Kühlschrank beispielsweise macht das nichts aus, weil die Kühlung über 24 Stunden erhalten bleibt", so Skrok. Stromspeicher aus dem Baumarkt könnten sich im Fall eines Stromausfalls oder gar Blackouts durchaus als nützlich erweisen. Es gibt Geräte mit einer Speicherkapazität von bis zu 3600 Wattstunden (Wh). Eine Powerstation mittlerer Größe reicht den Hersteller-Angaben zufolge für über 100 Handy-Ladungen - oder um einen Mini-Kühlschrank 19 Stunden lang zu betreiben. Auf seiner Internetseite wirbt ein Hersteller explizit mit dem Satz: "Perfekt für den Fall eines Stromausfalls." Doch wegen der hohen Kosten zwischen mehreren hundert und mehreren tausend Euro schränkt Baumarkt-Mitarbeiter Vieweg ein: Wer eine solche Powerstation für den Urlaub, die Baustelle oder die Kleingartenanlage kaufe, könne sie im Falle eines Stromausfalls natürlich gut gebrauchen. "Wenn ich das wirklich nur für irgend ein Worst-Case-Szenario kaufe, ist einfach der Kosten-Nutzen-Faktor nicht da."
6verbraucher
"Bei uns wird niemand eine Wohnung verlieren, nur weil die Heizkosten nicht gezahlt werden können." Mit dieser Aussage lässt sich Vonovia-Vorstandschef Rolf Buch heute in der Zeitung "Welt" zitieren. Auch gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters versprach Buch: "Es wird nicht gekündigt." Es sind leicht abgewandelte Varianten seines Tweets von vergangener Woche: "Niemand muss sich Sorgen machen, wegen gestiegener Nebenkosten die Wohnung zu verlieren." Dass sich Buch nun bemüßigt fühlt, diese Aussage mehrfach zu wiederholen, zeigt den Ernst der Lage. Es ist die Reaktion auf eine Welle der Empörung, die jüngst über Deutschlands größten Wohnungskonzern hereingebrochen ist. Doch der Reihe nach: Der Bochumer Konzern, der über 490.000 Wohnungen in der ganzen Republik sein Eigen nennt, hatte gestern Dokumente zu einem Investorentag veröffentlicht. Aus diesen Unterlagen ging klar hervor, dass Vonovia Mietern, die ihren Zahlungsverpflichtungen etwa für die stark gestiegenen Nebenkosten nicht nachkommen, notfalls kündigen will: "Letzter Ausweg: Versendung der Räumungsaufforderung", wird Vonovia da sehr deutlich. Mieterschützer reagierten entsetzt auf diese Ankündigung. "In so einer Situation jetzt vorzupreschen und öffentlich zu verkünden, im Zweifelsfalle kündigen wir auch - das ist schon wirklich ein starkes Stück", sagte etwa Aichard Hoffmann vom Mieterverein Bochum. Dabei sieht das Stufenmodell, das Vonovia gestern präsentierte, bei Mietrückständen zunächst vor, dass der Konzern mit den Mietern in Kontakt tritt, um die Gründe für die Zahlungsversäumnisse zu erfahren. Einige Mieter dürften angesichts der gestiegenen Energiekosten auch Anspruch auch staatliche Hilfe haben; Vonovia informiere daher die Mieter, wie sie an diese kommen können. Die nächsten Schritte sind formelle Zahlungsaufforderungen und dann eben die Kündigung. In den Dokumenten zum Investorentag wurden Rückstände, die sich auf den Wert von zwei Monatsmieten summierten, als Grenzwert genannt, der eine Räumungsklage nach sich ziehen könnte. Wie sind also die öffentlichen Aussagen Buchs, dass kein Mieter eine Kündigung fürchten muss, gerade auch im Kontext der Investoren-Dokumente zu bewerten? Es dürfte sich wohl in erster Linie um Beschwichtigungsversuche handeln, mit dem der Vonovia-Chef versucht, die Wogen zu glätten. Es wäre im Übrigen nicht das erste Mal, dass der Vonovia-Chef erst mit strammen Aussagen vorprescht und dann zurückrudert. Erst im Juni hatte Buch vorgeschlagen, dass man die Mieten doch an die Inflationsrate koppeln solle, und damit nicht nur bei Mieterinnen und Mietern für Schrecken und Irritationen gesorgt. Unter dem Druck der Politik war Buch dann aber rasch eingeknickt. Überhaupt steht der Manager unter großen Druck, muss er doch auch der schon seit langer Zeit schwelenden Enteignungsdebatte entgegentreten. Die hohen Energiekosten und ihre Folgen für Mieterinnen und Mieter hatten die Diskussion über eine Verstaatlichung von Deutschlands größten Wohnungskonzern zuletzt nochmals befeuert. Dabei dürften die Zeiten hoher (Kurs-)Gewinne und üppiger Dividenden, die Vonovia in den vergangenen Jahren für seine Aktionäre bereithielt und die die Enteignungsdebatte zusätzlich befeuerten, erst einmal vorbei sein. Die Vonovia-Aktie fiel gestern bis auf 20,98 Euro. Damit markierte sie den tiefsten Stand seit sieben Jahren. Allein seit Jahresbeginn hat sie über 60 Prozent ihres Werts eingebüßt.
6verbraucher
"Es sind harte Zeiten." Joyce und Benjamin Dehner präsentieren recht fassungslos eine Nachzahlungsforderung ihres Gasversorgers. Es sind fast 900 Euro. So viel hat die Familie aus Stuttgart nicht auf der hohen Kante. Der Groß- und Außenhandelskaufmann Benjamin Dehner ist derzeit Alleinverdiener, seine Frau noch in Elternzeit, die Tochter gerade eineinhalb Jahre alt. "Die Energiepreispauschalte ist natürlich eine gute Sache, aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein", sagt Benjamin Dehner. Ihre Abschlagszahlungen sind jetzt stark gestiegen, und dabei schlägt die geplante Gasumlage noch gar nicht zu Buche. Die Familie spart, will sparen, wo sie kann. "Nicht mehr so viel heizen, lieber mal einen Pulli mehr anziehen und kürzer, nicht so warm duschen", sagt Benjamin Dehner. Für ihre Tochter beginnt die Eingewöhnung in der Kita früher als geplant. Die Familie ist froh, dass sie einen Kitaplatz hat. Denn Joyce Dehner muss zurück in ihren Job in der Altenpflege: "Ich wollte mich eigentlich um meine Tochter kümmern, bis sie zwei Jahre alt ist. Aber diesen Luxus können wir uns nicht leisten". Der nächste Urlaub ist gestrichen.  Hans Weinreuter ist Energieexperte bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Eigentlich ein nüchterner, analytischer Mann. Er erzählt von weinenden Menschen an der Beratungshotline. "Dann kommt schon mal ein Satz: 'Wenn jetzt die Gasrechnung noch kommt, dann nehme ich mir den Strick'." Die Verbraucherzentrale in Mainz schult jetzt ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um mit dieser Situation umzugehen. Die Energiepauschale von 300 Euro für jeden funktioniert für die Verbraucherzentrale zu sehr nach dem Prinzip Gießkanne: "Es gibt Haushalte, die es nicht brauchen und solche, denen es nicht reichen wird."  Weinreuter fürchtet, dass vielen Niedrigverdiener bald das Gas abgestellt wird, wenn sie Rechnungen nicht mehr bezahlen können. Besonders bedroht seien Haushalte, deren Einkommen nur knapp über der Bemessungsgrenze für staatliche Leistungen liegt. Die Verbraucherzentrale fordert deshalb ein Moratorium für Strom- und Gassperren. Und: "Wir werden langfristig nicht um finanzielle Transferleistungen für Einkommensschwache herumkommen. Und zwar nicht nur einmalig, sondern mindestens über diese Heizperiode hinaus", so Weinreuter. Auch die Schuldnerberatung der Diakonie Pfalz rechnet mit mehr Hilfesuchenden im Herbst und Winter.  In Kaiserslautern treibt Rentner Hartmut Wagner die neue Gasrechnung um. Die Abschlagszahlung hat sich verdoppelt auf rund 120 Euro. Der 72-jährige ehemalige Krankenpfleger bekommt zur kleinen Rente zusätzlich Grundsicherung - er hat nicht viel mehr als 1100 Euro monatlich. Die staatliche Energiepauschale aber bekommt er nicht; sie ist nur für sozialversicherungspflichtige Beschäftigte und Selbstständige. "Es ist eine Schande. Die, die am wenigsten haben, lässt der Staat im Regen stehen", sagt Wagner. "Das Geld reicht nicht mehr für ein durchschnittliches Leben." Alle 14 Tage holt sich Wagner Lebensmittel bei der Tafel und friert diese auch ein. "Ich kann jetzt eigentlich nur noch am Essen sparen. Was anderes bleibt mir nicht mehr."  Sozialverbände fordern ein drittes Entlastungspaket seit längerem. "Diesmal muss wirklich eine substantielle Entlastung für Rentnerinnen und Rentner in dem Paket enthalten sein", sagt VdK-Präsidentin Verena Bentele. Adolf Bauer, Präsident des Sozialverbands Deutschlands, ergänzt: "Die Menschen brauchen Geld, damit am Ende des Monats der Einkaufskorb nicht leer und die Wohnung nicht kalt bleibt. Und sie brauchen die Sicherheit, dass ihnen wegen Lieferengpässen oder fehlender Zahlungsmöglichkeiten nicht der Strom oder das Gas abgedreht wird."  Bundeskanzler Olaf Scholz, SPD, hat gerade ein schnelles zusätzliches Entlastungspaket angekündigt.Familie Dehner in Stuttgart wünscht sich vor allem das 9-Euro-Ticket zurück. "Das hat in unserer Familie für spürbare Entlastung gesorgt. Und vielleicht hilft ja auch eine Übergewinnsteuer, dass Preise nicht endlos weiter steigen." Hartmut Wagner in Kaiserslautern wirkt längst resigniert. "Eine echte Rentenreform würde helfen. Aber daran glaube ich nicht mehr."
6verbraucher
Trotz Einstellung von Gaslieferungen aus Russland im August sind die deutschen Gasspeicher mittlerweile zu mehr als 90 Prozent gefüllt. Das geht aus Daten der europäischen Speicherbetreiber hervor. Demnach erreichten die Speicher am vergangenen Sonntag einen Füllstand von 90,07 Prozent. Die Angaben werden stets mit Verzögerung gemeldet. Nach Aussage von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat Deutschland damit trotz fehlender russischer Gaslieferungen die Chance, gut durch den Winter zu kommen. Dafür müssten allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, sagte Habeck gestern. In Deutschland müsste viel Energie eingespart werden und man müsse Glück mit dem Wetter haben. Im Winter solle das Gas aus den Speichern zur Verfügung gestellt werden. "Das heißt aber auch, dass die Speicher dann am Ende des Winters wieder leer sein werden, in diesem Fall richtig leer, weil wir das Gas nutzen werden." Dann müsse man wieder schnell einspeichern.Die Bundesregierung strebt für den Winter an, Anfang November die Speicher zu 95 Prozent gefüllt zu haben. Diese Gasmenge entspricht etwa dem deutschlandweiten Verbrauch in den ersten beiden Monaten des Jahres 2022. Die Zwischenziele von 75 Prozent und 85 Prozent waren Mitte August und Anfang September früher erreicht worden als geplant. Die Gasspeicher dienen als Puffer für den Gasmarkt und sollen Schwankungen beim Gasverbrauch ausgleichen. In der Regel sind sie mit Beginn der Heizperiode im Herbst gut gefüllt. An besonders kalten Tagen im Winter werden bis zu 60 Prozent des Gasverbrauchs aus Speichern abgedeckt. Um im Winter besser mit einem möglichen Totalausfall russischer Lieferungen zurechtkommen, will die Bundesregierung mit verschiedenen Maßnahmen möglichst hohe Füllstände zu Beginn der Heizperiode erreichen. Derzeit erhält Deutschland Erdgas über Pipelines aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien. Zum Jahreswechsel sollen an der deutschen Nordseeküste die ersten beiden Terminals zur Anlandung von Flüssigerdgas in Betrieb genommen werden.Die Gasspeicher der EU sind nach Angaben der Betreiber im Schnitt zu knapp 86 Prozent gefüllt. EU-weit gilt seit dem Frühjahr die Vorschrift, dass die Speicher bis zum 1. November zu 80 Prozent gefüllt sein müssen - ein Ziel, das schon Ende August erreicht wurde. 18 Mitgliedstaaten verfügen über unterirdische Gasspeicher. Der Füllstand des größten deutschen Speichers im niedersächsischen Rehden liegt derzeit bei knapp 75 Prozent. Wegen einer geplanten Wartung dieses Speichers wird dort seit vergangenem Montag nicht mehr ein- und ausgespeichert. Die Wartung soll bis kommenden Samstag andauern.
5unternehmen
ProSiebenSat.1 will den Streaming-Dienst Joyn komplett übernehmen. Die ausstehenden 50 Prozent der Anteile an den 2017 gegründeten Gemeinschaftsunternehmen übernimmt der Fernsehkonzern vom bisherigen Partner Warner Bros. Discovery. Mit der vollständigen Übernahme setze man die digitale Transformation des Konzerns fort, sagte ProSieben-Chef Rainer Beaujean. "Die vollständige Kontrolle über Joyn gibt uns die dafür notwendige unternehmerische Flexibilität."Zum Kaufpreis machte der Konzern aus Unterföhring bei München keine Angaben. Das Management rechnet mit einer Kartellfreigabe ab dem 1. Oktober. Mit der Joyn-App können Zuschauer Live-Fernsehen, konzerneigene Produktionen sowie US-Serien streamen. Anfang des Jahres hatte ProSiebenSat.1 die sendereigenen Apps abgeschaltet und dies mit der Fokussierung auf ein einziges Angebot begründet. Durch den Zukauf rechnet das Management zunächst mit Belastungen. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) werde um etwa 25 Millionen Euro geringer ausfallen. Das Jahresziel wurde dementsprechend auf 780 Millionen Euro plus/minus 25 Millionen Euro gesenkt. An ihrer Umsatzprognose für 2022 von 4,375 Milliarden Euro plus/minus 75 Millionen Euro hält die Senderkette fest. Die Dividende für das laufende Jahr soll bei 80 Cent je Aktie bleiben.
5unternehmen
Raymond Dearie, 78 Jahre alt, ist ein erfahrener Jurist. Er war Bundesrichter in New York und hat auch mit schwierigen Fällen Erfahrung, die Geheimdokumente betreffen und unter besonderer öffentlicher Beobachtung stehen.Dearie selbst hat sich bisher nicht zu seiner neuen Aufgabe geäußert. Juristinnen und Juristen, die ihn gut kennen, äußerten in verschiedenen US-Medien wie "New York Times", CNN und NPR aber den Eindruck, dass er fair, verlässlich und keinesfalls eindeutig der einen oder anderen Seite zuzuordnen ist. Also weder dem Trump-Lager noch der jetzigen Biden-Administration. Als Bundesrichter ernannt wurde Dearie im Alter von damals 41 Jahren vom damaligen republikanischen Präsidenten Ronald Reagan.In der Kritik steht weiter vor allem die Richterin Aileen Cannon, die den Wunsch von Trumps Anwälten nach einem Sondergutachter nun erfüllt und Dearie formal beauftragt hat. Cannon wird eindeutig dem Trump-Lager zugeordnet. Der Rechtsexperte und frühere CIA-Mitarbeiter David Priess sagte im CNN-Interview, Richterin Cannon sei es in Wahrheit von Anfang an darum gegangen, die Aufklärung der Affäre über die Kongress-Zwischenwahlen am 8. November hinaus zu verzögern.Cannon hat auch die Klassifizierung der bei Trump gefundenen als geheim gestempelten Dokumente in Frage gestellt. Nach Ansicht von Priess ist das nur ein Vorwand für die Verzögerung.Am Ende geht es juristisch darum, ob sich Donald Trump durch die Mitnahme von Geheimdokumenten in sein Privathaus strafbar gemacht hat und formal angeklagt wird. Politisch geht es um die Wahlchancen beider Seiten bei den Kongresswahlen Anfang November - und am Ende um Donald Trumps Chancen, 2024 wieder als Präsidentschaftskandidat anzutreten.
0amerika
Mit dem 7:0 (4:0) übernahm der Rekordmeister am Sonntag (21.08.2022) auch wieder die Tabellenführung und wirkt derzeit so, als würde er sie bis zum Saisonende auf keinen Fall mehr hergeben.Mit drei Startelf-Debütanten waren die Münchner in das Duell gegangen, das im Februar dieses Jahres noch mit einem denkwürdigen 4:1 für den VfL geendet hatte: Matthijs de Ligt rückte ebenso ins Team wie der zuletzt für seine Körpersprache hart kritisierte Leroy Sané und Kingsley Coman nach abgelaufener Sperre. Dass der zu Saisonbeginn zweimal überragende Jamal Musiala wegen Adduktoren-Problemen passen musste, fiel nicht auf - die Gäste begannen mit Dauerdruck und Turbotempo.Bochum hatte vom Anpfiff weg allergrößte Mühe, überhaupt in die Zweikämpfe zu kommen, weil die Bayern den Ball brillant laufen ließen - was sich auch zügig im Ergebnis niederschlug. Nach einer Blitz-Kombination über Joshua Kimmich, Thomas Müller und Coman schlenzte Sané den Ball mit seinem eigentlich schwächeren rechten Fuß unhaltbar ins rechte Eck (4. Minute).Bochum antwortete mutig, mit schnellem Konterspiel, und hatte prompt die Ausgleichschance. Doch de Ligt blockte den Versuch von Simon Zoller in der achten Minute in höchster Bedrängnis, sodass Manuel Neuer nicht eingreifen musste. Sekunden später war dafür schon wieder Neuers Gegenüber gefordert: Manuel Riemann parierte mit einem Klassereflex gegen Sané, der wie entfesselt aufspielte. Zweimal Coman und erneut Sané hätten bis zur 20. Minute locker erhöhen können, waren aber im Abschluss nicht präzise genug.Die Fans hatten an der Partie enormen Spaß, denn auch Bochum suchte nach Ballgewinnen immer sofort den Vorwärtsgang. Einen von Mittelstürmer Philipp Hofmann per Kopf abgelegten Ball drosch Anthony Losilla frei vor Neuer über die Latte.Es war ein Fehlschuss mit Folgen - denn anschließend machten die Bayern gnadenlos alles klar. Nach einer Ecke von Kimmich köpfte de Ligt zum 2:0 ein (25.), da er aber in der Sprungbewegung den Ball noch an die Hand bekam, hätte der Treffer eigentlich nicht zählen dürfen. Erstaunlich: VAR Tobias Welz ordnete die Hand offenbar Cristian Gamboa zu, der mit de Ligt in das Luftduell gegangen war, Schiedsrichter Daniel Siebert jedenfalls zeigte nach längerer Diskussionszeit auf den Mittelpunkt.Für Gamboa war es keine gute Phase. Acht Minuten nach dem 0:2 wollte er einen hohen Ball per Kopfballrückgabe zu Riemann klären, doch Thomas Müller ging dazwischen, Riemann klatschte die Kugel nach vorn ab und schenkte Coman damit das 3:0.So mancher VfL-Fan dürfte sich danach die Pause herbeigewünscht haben, denn die Bayern erhöhten den Druck sogar noch. Eine Kopfballablage von Coman beförderte Sadio Mané über die Linie, diesmal griff Welz aber ein und erkannte ein Handspiel, das Mané auch schon fair selbst angezeigt hatte. Der Jubel des Senegalesen war aber nur aufgeschoben - Sekunden später gelang ihm nach erneut hervorragendem Coman-Zuspiel das 4:0 (42.).Die gute Nachricht für Bochum war kurz danach der Halbzeitpfiff, die schlechte folgte gleich nach Wiederbeginn: Bayern ließ einfach nicht nach. Kimmich und Coman hätten den Vorsprung schon ausbauen müssen, ehe Mané in der 60. Minute vom Elfmeterpunkt traf: Saidy Janko war zuvor Coman in die Hacken gelaufen. Dann bestrafte sich Bochum auch noch selbst: Gamboa, im Februar mit einem Traumtor noch einer der VfL-Matchwinner, spitzelte die Kugel bei einem Klärungsversuch gegen Coman am eigenen Keeper vorbei ins Netz: 0:6 nach 68 Minuten.Den Treffer vorbereitet hatte der kurz zuvor eingewechselte Serge Gnabry, der in der 77. Minute auch noch feiern durfte: Mit dem Vollspann jagte er einen Flachschuss zum 7:0 ins lange Eck. Zoller hatte dann noch das Ehrentor auf dem Fuß, doch nicht mal das war dem VfL vergönnt: Neuer lenkte den Ball an den Pfosten. Danach war die Demütigung für Bochum vorbei, Eingang in die Vereins-Chronik findet sie aber in jedem Fall: Es war die höchste Heimniederlage des VfL in der Klubgeschichte, abgelöst wurde ein 0:6 gegen Werder Bremen aus der Saison 2006/07.Der VfL hat eine vergleichsweise kurze Regenerationsphase: Die Bochumer eröffnen den vierten Spieltag bereits am Freitagabend (26.08.2022, 20.30 Uhr) beim SC Freiburg. Die Bayern spielen am Samstag um 18.30 Uhr gegen den Tabellenzweiten, Borussia Mönchengladbach. Quelle: sportschau.de
4sportschau
Eine intakte Grabhöhle aus dem 13. Jahrhundert vor Christus ist an der israelischen Küste entdeckt worden. Ein Bagger habe die in Stein gehauene Anlage aus der Zeit des ägyptischen Pharaos Ramses II. bei Bauarbeiten in Kibbuz Palmachim am Mittelmeer aufgedeckt, teilte die israelische Altertumsbehörde (IAA) mit. In der Grabkammer fanden Archäologen demnach Amphoren, Öllampen, Krüge und Schalen aller Art, kleine Gefäße für kostbare Substanzen, aber auch Pfeil- und Speerspitzen aus Bronze."Das ist wie ein Set aus 'Indiana Jones', eine Höhle mit Gefäßen auf dem Boden, die seit 3300 Jahren nicht mehr berührt wurde", schwärmte Eli Yannai, IAA-Experte für die Spätbronzezeit, mit Blick auf die Abenteuerfilmreihe um den Archäologen Indiana Jones. Nach Yannais Angaben wurde die Höhle zu Zeiten von Pharao Ramses II. angelegt, der sein Reich von Ägypten aus entlang der Mittelmeerküste bis nach Syrien ausgedehnt hatte. Unklar sei, von wem sie genutzt wurde, schreibt die Zeitung "Haaretz" unter Berufung auf die IAA. Sie muss demnach einer Familie oder Gruppe über mehrere Generationen als Beisetzungsort gedient haben. Einige Leichen seien auf den Rücken gelegt worden, andere Körper wurden offensichtlich verschoben. Allerdings ließen die Überreste keine DNA-Analysen zu. Aufschlüsse erhofft man sich dagegen von den Rückständen in den Schüsseln und Krügen. Damit ließe sich zumindest ermitteln, was die Menschen damals aßen. Zwar wurde die Höhle von Palmachim nicht von Grabräubern geplündert, wie sehr viele andere in der Antike. Aber offenbar gelang es modernen Dieben, einige Exponate zu entwenden. Die IAA hatte nach dem Fund und der Öffnung des Siegels am Freitag eine Mediensperre verhängt. Allerdings kursierte die Nachricht in den Sozialen Medien. Und offenbar schafften es Unbefugte, an den Wachen vorbei die Höhle zu betreten. Archäologe Eli Yannai von der Altertümerbehörde sprach von einem "extrem seltenen" Fund, wie Forscher ihn nur "einmal im Leben" machten. Die bis zu ihrer Entdeckung versiegelte Grabkammer könne möglicherweise "ein vollständiges Bild von den Begräbnisriten der Bronzezeit" in der Region liefern.
1asien
Bei der Auftragsvergabe, morgens um 7.30 Uhr, erklärt Firmenchef Thomas Schmauser seinen Mitarbeitenden, was alles zu tun ist. "Wir setzen heute eine Badewanne, zwei Duschwannen, zwischenzeitlich ist dann die Inbetriebnahme der Wärmepumpe." Es ist Donnerstag - und damit der letzte Arbeitstag der Woche im Betrieb. Die acht Beschäftigten arbeiten jetzt nur noch 38 Stunden pro Woche, bekommen aber weiterhin 40 Stunden bezahlt. Die Beschäftigten haben dadurch zwar von Montag bis Donnerstag längere Arbeitstage, Freitag bis Sonntag haben sie aber frei. Für Anlagenmechanikerin Maike Böhm ist das ein Glücksfall: Jetzt kann sie das lange Wochenende auch mal für eine Städtereise nutzen, ohne Urlaub nehmen zu müssen. Auch Arzttermine seien jetzt leichter wahrzunehmen, sagt Maike Böhm. "Da haben sie sich was Gutes einfallen lassen, unsere Chefs und wir sind sehr zufrieden. Damit kann ich, glaube ich, für alle sprechen."Monteur Lukas Plattner findet, dass die längere Arbeitszeit eigentlich gar nicht groß ins Gewicht falle, weil man auf einer Baustelle sowieso oft eine halbe Stunde mehr gearbeitet habe. Er brauche jetzt auch weniger Spritgeld, weil er sich freitags die längere Fahrt in den Betrieb sparen kann.Intern hatten die Schmausers ihren Betrieb schon seit Jahresbeginn auf vier Tage umgestellt. Probeweise wurden Termine und Anlieferungen nur noch von Montag bis Donnerstag vergeben. Der Produktivität habe das nicht geschadet - im Gegenteil.Die Firma habe im ersten Halbjahr an vier Tagen mehr Umsatz gemacht, als vorher an fünf, sagt Firmenchefin Stefanie Schmauser und erklärt auch warum: "Der positive Effekt daraus ist, dass wir komprimierter und effektiver arbeiten. Die Mitarbeiter sind gut ausgeruht, denn am Donnerstagabend ist Feierabend und dann haben die die Möglichkeit drei Tage ihre Freizeit zu genießen. Die Erholungsphase ist wesentlich länger." Und Firmenchef Schmauser ergänzt, dass man auf Baustellen von Montag bis Donnerstag jetzt länger arbeiten könne, habe die Produktivität gesteigert.Kritik an der Vier-Tage-Woche komme nicht von Kundenseite, so Schmauser. Denen fallen die verkürzten Wochen oft gar nicht auf, so wie dem Stammkunden Bernhard Strobel. Er habe nicht den Eindruck gewonnen, dass sich sein Bauvorhaben dadurch in die Länge gezogen hätte, sagt Strobel. Statt der Kunden kritisieren vor allem andere Handwerksbetriebe die Vier-Tage-Woche, auch gewerbeübergreifend. Die seien jetzt im Zugzwang, weil ihre Beschäftigten offenbar auch gern ein anderes Arbeitszeitmodell hätten.Vielleicht gebe es noch den ein oder anderen Traditionalisten, der in Rahmenbedingungen der Vergangenheit schwelge, sagt Daniel Terzenbach, Vorstand der Bundesagentur für Arbeit (BA). Er nehme aber eigentlich das Gegenteil wahr. Überall würden neue Arbeitswelten und flexiblere Arbeitsbedingungen geschaffen. "Heute müssen die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber alles tun, um die verbleibenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu locken," sagt Terzenbach: "Dazu kommt, dass das Halten von Arbeitskräften zusätzlich zu dem Akquirieren neuer Arbeitskräfte die Kernherausforderung sein wird, wenn immer weniger Menschen auf die Arbeitsmärkte drängen." Deshalb befürworte die Arbeitsagentur alles, was Rahmenbedingungen schafft, dass Arbeitnehmern ein psychisch gesundes, aber auch körperlich gesundes Arbeitsumfeld zu bieten, bei dem gleichzeitig auch die Produktivität weiter erhalten bleibe, so der BA-Vorstand. Die Schmausers werden die Vier-Tage-Woche beibehalten. Sie hoffen, dadurch auch wieder Anlagenmechaniker - gerne auch weiblich - für Sanitär, Heizung und Klima zu finden. Oder junge Leute, die diese Ausbildung machen möchten. Selbst in den nachfragestarken Wintermonaten dieses Jahres seien sie mit den vier Tagen gut über die Runden gekommen. "Wir wollen das für unsere Arbeitnehmer, aber auch ein Stückweit für uns", sagt Stefanie Schmauser. Auch sie hätten Familie und Hobbys und auch für sie entschleunige der ganze Prozess das Leben.Zumal die Vier-Tage-Woche auch Einsparungseffekte haben könnte. Zwar könne man die Einsparungen bei Strom- und Heizkosten noch nicht genau beziffern. Bei den Spritkosten, so Firmenchef Thomas Schmauser, spüre man aber schon jetzt eine Reduktion. Denn auch die drei Fahrzeuge stehen von Freitag bis Sonntag, wenn nicht gerade ein Notdienst-Einsatz ist.
5unternehmen
Die Oscar-Akademie hat sich nach fast 50 Jahren bei der indigenen Aktivistin Sacheen Littlefeather in einem Brief entschuldigt. Littlefeather hatte bei der Oscar-Verleihung 1973 im Namen von Schauspielstar Marlon Brando den Oscar zurückgewiesen, den der Darsteller für seine Rolle im Mafia-Epos "Der Pate" gewonnen hatte. Das Publikum reagierte teilweise mit Buhrufen. Die Schauspielerin und Angehörige des Stammes der Apachen sagte damals auf der Bühne, Brando könne "diesen sehr großzügigen Preis leider nicht annehmen". Er wolle damit gegen den Umgang Hollywoods mit amerikanischen Indigenen protestieren.Aus dem Publikum schallten Littlefeather neben Applaus etliche Buhrufe entgegen. Westernfilm-Star John Wayne hielt sich im Backstage-Bereich auf und soll über den Auftritt der Aktivistin in Rage geraten sein. Littlefeather sagte später, Wayne habe sie körperlich angreifen wollen, sechs Sicherheitsleute hätten ihn zurückhalten müssen. 1973 hielten Mitglieder der sogenannten Amerikanischen Indianischen Bewegung (AIM) das Dorf Wounded Knee im Pine-Ridge-Reservat im Staat South Dakota besetzt. Der spektakuläre Auftritt von Littlefeather bescherte der Aktion von AIM zusätzliche internationale Aufmerksamkeit. In den Jahren nach ihrem historischen Oscar-Moment sei sie jedoch verhöhnt, diskriminiert und verbal attackiert worden, berichtete Littlefeather. Bereits Mitte Juni hatte die Oscar-Akademie den Brief an Littlefeather verfasst, machte diesen aber erst am Montag publik. Anlass ist die Einladung der Aktivistin zu einer Rede im Oscar-Museum in Los Angeles. Bei der Podiumsdiskussion im September solle es um "Austausch und Heilung" gehen, hieß es in dem Schreiben, das der damalige Präsident der Akademie, David Rubin, verschickt hatte."Die Beschimpfungen, die Sie wegen dieser Erklärung erlitten haben, waren unvertretbar und unberechtigt", schrieb Rubin. "Die emotionale Last, die Sie durchlebt haben, und die Kosten für Ihre Karriere in unserer Industrie sind irreparabel." Viel zu lange sei auch Littlefeathers "Mut" nicht anerkannt worden. "Dafür entschuldigen wir uns zutiefst und sprechen Ihnen zugleich unsere ehrliche Bewundern aus." Littlefeather zeigte sich erfreut. Es sei "zutiefst ermutigend zu sehen, wie viel sich verändert hat, seitdem ich den Oscar vor 50 Jahren nicht annahm", teilte sie mit. "Was die Entschuldigung der Academy angeht, wir Indianer sind sehr geduldige Leute - es ist ja nur 50 Jahre her", ergänzte sie. "Wir müssen uns unseren Sinn für Humor darüber immer bewahren. Das ist unsere Überlebensstrategie."
0amerika
Wegen heftiger Regenfälle und Überschwemmungen sind 200.000 Menschen im Norden Japans aufgerufen worden, ihre Wohnungen zu verlassen. Mehrere Menschen seien als vermisst gemeldet, sagte Regierungssprecher Hirokazu Matsuno. Die Unwetter führten zum Einsturz mehrerer Brücken, mehrere Flüsse traten über die Ufer. Auf Fernsehbildern waren überflutete Häuser und unterspülte Straßen zu sehen. Das Ausmaß der Schäden sei noch nicht absehbar. Die Behörden warnten vor erhöhter Erdrutsch- und Hochwassergefahr. Mehr als 200.000 Bewohner in den fünf betroffenen Präfekturen Niigata, Yamagata, Fukushima, Ishikawa und Fukui seien von den Behörden aufgefordert worden, sich vorsorglich in Sicherheit zu bringen, berichtete der öffentlich-rechtliche Fernsehsender NHK. Für Yamagata und Niigata wurde zudem die höchste Warnstufe ausgerufen. In Yamagata wurde eine Straßenbrücke fortgerissen, wie Fernsehbilder zeigten. Der Ort Oguni war in Folge von Erdrutschen und Überschwemmungen von der Außenwelt abgeschnitten. Auch in der Präfektur Fukui kam es zu Erdrutschen und Überschwemmungen.In einigen Städten war die Trinkwasserversorgung unterbrochen. Auch der regionale Bahnverkehr wurde durch die Wassermassen beeinträchtigt. Mehrere Verbindungen mit Shinkansen-Hochgeschwindigkeitszügen wurden ebenfalls gestrichen. Das Risiko von Starkregen wird laut Wissenschaftlern durch die Erderwärmung erhöht, da eine erwärmte Atmosphäre deutlich mehr Wasser aufnehmen kann. 2021 hatte intensiver Regen im Urlaubsort Atami in Zentraljapan einen Erdrutsch ausgelöst, bei dem 27 Menschen starben. 2018 starben nach Hochwasser und Erdrutschen im Westen Japans während der Regensaison mehr als 200 Menschen.
1asien
Von Katrin Brand, ARD-Studio WashingtonFür Ted Cruz, den Senator aus Texas, ist die Sache mit dem Geschlecht sehr einfach: "Wenn du jemanden mit Bart siehst und Brustbehaarung und einer Stimme wie Barry White - dann ist das ein Kerl". Etliche Zuschauer lachten laut und zustimmend, so klang es zumindest in der Fernsehübertragung.Das Thema Geschlechteridentität, also die Frage: "Wer ist eine Frau, wer ein Mann, und wer entscheidet das?" war bei der CPAC in Texas ganz offenbar ein Renner, mit den versammelten Konservativen als selbsterklärter Stimme des "gesunden Menschenverstandes". Schon der ungarische Regierungschef Viktor Orban, der die Veranstaltung eröffnete, ließ sich das nicht entgehen: "Wir haben beschlossen, dass wir nicht mehr Gender, sondern mehr Ranger brauchen. Weniger Drag Queens, sondern mehr Chuck Norris". Norris, auch schon 82, ist ein beliebter Kampfsportler und Action-Held. Die CPAC, kurz für Conservative Political Action Conference, ist eine Veranstaltung konservativer Selbstvergewisserung. Inzwischen findet sie zweimal im Jahr statt und ist deutlich auf Donald Trump ausgerichtet. Gemäßigte Republikaner traten in Dallas nicht ans Rednerpult, genauso wenig die, denen nachgesagt wird, sie wollten gegen Donald Trump als Präsidentschaftskandidaten antreten. Dazu zählen der frühere Vizepräsident Mike Pence etwa oder die Gouverneure Ron de Santis und Larry Hogan.Trump selbst vermied, sich festzulegen, ob er bei der kommenden Präsidentschaftswahl 2024 antreten wird. Er sei zweimal angetreten und habe zweimal gewonnen, sagte er unter dem Beifall seiner Anhänger, und nun müsse er es womöglich noch einmal tun.So wie andere Redner vor ihm malte auch Trump in seiner fast zweistündigen Rede das düstere Bild eines unter Präsident Joe Biden abgewirtschafteten Landes, das nur durch die gemeinsame Kraftanstrengung der Konservativen gerettet werden könne. Menschen werde auf offener Straße in den Kopf geschossen, behauptete Trump, in demokratisch regierten Städten seien die Straßen mit dem Blut unschuldiger Opfer getränkt. An der südlichen Grenze zu Mexiko finde eine Invasion statt, die Flughäfen der USA seien eine Katastrophe, die Schulleistungen seien schlecht, die Kinder würden indoktriniert. Man müsse das Schulministerium abschaffen, forderte Trump unter dem Jubel seiner Anhänger, stattdessen müsse es strikte Verbote für sexuelle und politische Inhalte sowie das Thema Rassismus im Unterricht geben.Neuer Star der Konservativen ist Kari Lake, eine frühere Journalistin, die in Arizona fürs Amt der Gouverneurin antritt. Sehr eloquent, extrem in ihren Positionen und vor allem sehr selbstbewusst. "Dieser Kampf zeigt, dass Gott auf unserer Seite ist", sagte Lake, "er hat mich ausgewählt und euch". Und Gott mache eben keine Fehler.Bei einer Meinungsumfrage unter den Teilnehmern der Konferenz, wer denn nächster Präsidentschaftskandidat werden solle, lag Trump deutlich vorn. Auf Platz zwei folgte mit Abstand der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis.
0amerika
Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, hat ihren umstrittenen Besuch in Taiwan verteidigt. "Wir werden es China nicht erlauben, Taiwan zu isolieren", sagte die demokratische Politikerin in Washington. Die Volksrepublik halte Taiwan beispielsweise von einer Mitgliedschaft in der Weltgesundheitsorganisation WHO ab. "Aber sie halten uns nicht davon ab, nach Taiwan zu reisen", sagte Pelosi.An der Reise der Politikerin zu Beginn des Monats hatte es vor allem aus China - aber auch aus anderen Ländern - Kritik gegeben. Mit Blick auf eine Einschätzung des US-Militärs zu dem Besuch sagte Pelosi: "Ich kann mich nicht erinnern, dass sie uns jemals gesagt hätten, wir sollten nicht reisen."Als Reaktion auf den Taiwan-Besuch der US-Politikerin hatte China seit vergangener Woche großangelegte Militärübungen rund um die demokratische Inselrepublik absolviert und dabei auch eine Eroberung geübt.Aus Sicht Pelosis könnten die USA den erhöhten Druck Chinas auf Taiwan nicht zulassen. China versuche eine neue Art Normalität zu schaffen, sagte sie mit Blick auf Ankündigungen der Regierung in Peking, auch künftig umstrittene Manöver rund um Taiwan abzuhalten. "Das können wir einfach nicht zulassen", so Pelosi. Die chinesische Führung lehnt offizielle Kontakte anderer Länder zu Taiwan ab, weil sie die Insel als Teil der Volksrepublik ansieht. Hingegen versteht sich Taiwan längst als unabhängig. China sah in dem Besuch Pelosis eine Provokation und Verletzung der eigenen Souveränität. "Wir sind dorthin gereist, um unsere Freundschaft zu zeigen, und um zu demonstrieren, dass China Taiwan nicht isolieren kann", sagte Pelosi. Auf die Frage nach den von China gegen Pelosi und ihre Familien angekündigten Sanktionen sagte sie: "Wen kümmert es?"Pelosi - protokollarisch in den USA die Nummer drei - war seit einem Vierteljahrhundert die ranghöchste US-Politikerin in Taiwan. US-Präsident Joe Biden hatte vor der Reise auf Fragen zu den Plänen von Pelosi gesagt: "Ich glaube, das Militär hält es im Moment für keine gute Idee."
0amerika
Rosi Drayer ist fassungslos - und auch ein bisschen aufgeregt. Seit Jahren ist sie in der Anti-AKW-Bewegung aktiv. Oft wollte ihr in der Vergangenheit keiner zuhören. Nun aber aber richten sich Kameras auf die Gemeinde Hohentengen in Baden-Württemberg und Drayer gibt Interviews. "Sicher ist nur das Risiko" ist auf einem Transparent ihrer etwa ein Dutzend Mitstreiter zu lesen, sie verteilt Flugblätter, auf denen von einer "Standortentscheidung mit vielen Fragezeichen" die Rede ist. Und die Menschen? Hören ihr zu. "Ich glaube, die Menschen wachen jetzt hier auf. Hier kommt ein Atommüllendlager unter ihrem Boden, das rüttelt wach."Der "Boden", das ist das Gebiet "Nördlich Lägern" auf der anderen Seite der Grenze. Eine Fläche von mehreren Quadratkilometern in der benachbarten Schweiz, Felder und Wiesen, direkt an der Grenze zu Deutschland - wo man über diesen Plan nicht erfreut ist. Vom grenznahen Hohentengen sind es nur zwei Kilometer bis zum geplanten Schweizer Endlager.  Fragt man bei einigen der knapp 4000 Einwohner von Hohentengen nach, ist die Stimmung eindeutig: "Für uns ist es bedrückend, beängstigend und nicht ganz nachvollziehbar", sagt ein Mann. Eine Mutter schaut besorgt auf die Zukunft und die ihrer Kinder. Und einer zweifelt an der Eignung des Standortes: "Man muss sich schon fragen, auch geologisch, ob das wirklich an der deutsch-schweizerischen Grenze sein muss", gibt er zu bedenken.Geht es nach der Nagra, der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle in der Schweiz, muss es in diesem Grenzgebiet sein, denn hier habe man die geologisch beste Situation vorgefunden: ein großes Gebiet aus Opalinuston, tief unter der Erde. Hier sollen in Zukunft die radioaktiven Abfälle aus Atomkraftwerden, Industrie und Forschung der gesamten Schweiz in Hunderten Metern Tiefe eingebettet werden. "Dieses Gestein ist sehr dicht und es bindet radioaktive Materialien quasi wie ein Magnet", erklärt Matthias Braun, der Leiter der Nagra Schweiz. Und doch reagiert man auf deutscher Seite verhalten bis misstrauisch. "Das Wichtigste ist natürlich das Thema Sicherheit", sagt Martin Benz, seit mehr als 30 Jahren der Bürgermeister von Hohentengen. Dennoch, oder gerade deshalb, fordert er weitere Untersuchungen.  "Es müssen Aussagen zu radiologischen, zu radioaktiven Auswirkungen, zu Störfällen gemacht werden. Uns machen die Auswirkungen auf das Grundwasser erhebliche Sorgen."Dabei kommt der geplante Standort an der Schweizer Grenze keinesfalls überraschend. Seit fast 50 Jahren sucht die Nagra nach dem besten Platz für den Schweizer Atommüll - drei Standorte wurden in die nähere Auswahl genommen, einer davon war "Nördlich Lägern" am Hochrein. 2015 dann ein Rückzug: "Nördlich Lägern" sei als Standort ungeeignet, hieß es. Eine Kehrtwende, die keineswegs politisch, sondern rein geologisch begründet sei: "Es hat sich herausgestellt, dass die Festigkeit des Gesteins etwa doppelt so gut ist, wie das damals im vorsichtigen Szenario bewertet wurde", erläutert Nagra-Chef Braun. Und doch ist es eben diese Kehrtwende, die für Misstrauen sorgt auf deutscher Seite. "Wir haben immer gesagt, wenn es der sicherste Standort ist, dann tragen wir das mit", sagt Hohentengens Bürgermeister Benz. "Aber noch 2015 hat man uns vollmundig erklärt, jeder renommierte Experte würde raten, die Finger von diesem Standort zu lassen. Wir haben also durchaus noch Gesprächsbedarf."Rosi Drayer hofft nun durch die neu entflammte Diskussion auf einen Zulauf ihrer Bürgerinitiative. "Wir haben so viele Neuanmeldungen für unseren Verein. Wir haben immer gedacht, die Menschen hier sind weniger an dem Thema interessiert." Das habe sich nun geändert. In Kürze soll es in der Hohentengener Mehrzweckhalle eine Informationsveranstaltung zum geplanten Schweizer Endlager geben. Mit dem Bürgermeister, mit einem Vertreter der Nagra - und mit vielen empörten Bürgerinnen und Bürgern. Das hofft zumindest Rosi Drayer.  
3innenpolitik
Die US-Biotechfirma Moderna wirft deutschen Rivalen BioNTech und dessen US-Partner Pfizer Patentrechtsverletzungen bei der Entwicklung von Corona-Impfstoffen vor und hat nun juristische Schritte eingeleitet. Moderna habe Klage bei einem US-Bezirksgericht in Massachusetts sowie beim Landgericht Düsseldorf eingereicht, teilte das Unternehmen mit. Es fordert demnach Entschädigung für Verletzungen geistiger Eigentumsrechte, machte bislang aber keine Angaben zur Höhe.BioNTech und Pfizer hätten bei der Entwicklung ihres Impfstoffs gegen das Coronavirus Technologien kopiert, die Moderna bereits zwischen 2010 und 2016 entwickelt habe, so der Vorwurf. Die Patente schützen demnach die sogenannte mRNA-Technologie. mRNA steht für messenger-Ribonukleinsäure, die auch als Boten-RNA bezeichnet wird. Moderna und BioNTech gelten als Vorreiter bei der neuartigen Technologie. Moderna habe hier bereits vor Ausbruch der Pandemie "Milliarden von Dollar" investiert und wolle seine innovative Technologie-Plattform schützen, sagte Vorstandschef Stephane Bancel laut einer Pressemitteilung. Anfang Juli hatte bereits das Tübinger Pharmaunternehmen Curevac Klage gegen Biontech wegen Patentrechtsverletzung eingereicht; auch hier geht es um die mRNA-Technologie. 
5unternehmen
Bei einem Einsatz der israelischen Armee in Dschenin im nördlichen Westjordanland sind mindestens vier Palästinenser getötet worden. Nach palästinensischen Angaben umstellten israelische Soldaten das Haus der Familie eines mutmaßlichen Attentäters. Dabei sei es zu Schusswechseln gekommen. Videos zeigten eine Rauchwolke über dem Ort, schwere Detonationen waren zu hören. Die israelische Armee teilte mit, Ziel des Einsatzes sei die Festnahme von zwei Verdächtigen gewesen, die zuletzt an Anschlägen mit Schusswaffen beteiligt gewesen seien. Während des Einsatzes sei in dem umstellten Haus ein Sprengsatz explodiert. Die Verdächtigen hätten auf die Soldaten geschossen, diese hätten das Feuer erwidert.Das palästinensische Gesundheitsministerium sprach von vier getöteten Palästinensern und mehr als 40 Verletzten. Unter den Toten sei auch der Bruder des bereits im Frühjahr getöteten Attentäters. Dieser hatte Anfang April auf der Dizengoff-Straße mitten im Ausgehviertel von Tel Aviv drei Israelis getötet und weitere verletzt. Er war anschließend nach einer stundenlangen Suche von israelischen Soldaten erschossen worden. Seither standen sein Vater und seine Brüder auf der Fahndungsliste des israelischen Militärs. Seit einer Terrorwelle in Israel im Frühjahr führt Israels Armee im besetzten Westjordanland verstärkt Razzien durch. Mit Informationen von Julio Segador, ARD-Studio Tel Aviv.
1asien
Donald Trump lässt sich bei seinem ersten Auftritt in Washington seit dem Ende seiner Präsidentschaft Zeit. Bevor er im Konferenzsaal des Marriott-Hotels bei einer Tagung des America First Policy Institute - einer Denkfabrik, die von ehemaligen Wahlmanagern gegründet worden war, um Trumps Politik voranzutreiben - ans Rednerpult tritt, geht er immer wieder hin und her, lächelt, nickt freundlich und grüßt den einen oder anderen im Publikum.Dann beginnt er seine Rede mit einer Bestandsaufnahme der Biden-Regierung, und die fällt - wenig überraschend - vernichtend aus. Dass sowohl Inflation als auch Benzinpreise sehr wohl schon einmal höher waren, scheint Trump nicht zu interessieren. Er hat eine lange Liste mit weiteren Ideen dabei und nimmt sich gut eineinhalb Stunden Zeit dieses auszuführen. Besonders tragisch und desaströs ist es laut Trump um die Sicherheit des Landes bestellt:Wie dieses Sicherheitskonzept aussehen soll, das beschreibt Trump ausführlich in mehreren Punkten. Die Polizei soll massiv ausgebaut werden. Des Weiteren soll die US-Nationalgarde mehr Kompetenzen bekommen und auch eigenmächtig einschreiten können, vor allem in den meist demokratisch geführten Großstädten. Dort sei die Situation besonders schlimm. Für Drogendealer schlägt er gar die Todesstrafe vor. Beim Vortragen seiner Ideen bleibt Trump eher monoton und kommt erst dann in Fahrt, wenn es um kleine Anekdoten aus seiner Amtszeit oder Spinnereien geht - etwa wie der, dass er mit NBA-Star LeBron James eine Frauenbasketballmannschaft gründen wolle. Dazwischen startet Trump immer neue Schimpftiraden über die Biden-Regierung. Trump habe bei seiner Rückkehr nach Washington keinen überzeugenden Auftritt abgeliefert, urteilt der ehemalige republikanische Kongressabgeordnete Carlos Corbello bei NBC News: "Er scheint nicht so dynamisch wie sonst, er ist etwas fahrig und verwirrt. Er ist nicht gerade eine Hoch-Zeit für ihn."Zum Ende seines Auftritts hin schießt Trump gegen alle, die ihn wegen des Kapitolsturms zur Rechenschaft ziehen wollen. Was im Untersuchungsausschuss passiere, habe seiner Meinung nach nur ein Ziel: ihn von einer weiteren Kandidatur abzuhalten.Ob er nun tatsächlich kandidieren wird? Diese Frage lässt Trump an diesem Abend unbeantwortet. Klar ist aber geworden. Er schlägt es keinesfalls aus:
0amerika
Ein Swusch, und da war es. Das allererste Foto des James-Webb-Teleskops. Darauf zu sehen: das schwarze Universum mit rötlich, gelblich und bläulich funkelnden Sternen und Galaxien. Laut NASA ist es das tiefste und schärfste Infrarotbild des frühen Universums, das jemals aufgenommen wurde. US-Vizepräsidentin Harris und Präsident Biden bekamen es als allererste zu sehen. Biden sprach von einem historischen Moment für die Wissenschaft, Technologie, Astronomie und Weltraumforschung - für Amerika und die gesamte Menschheit. Kamala Harris nannte das Teleskop eine der größten technischen Errungenschaften der Menschheit.Das Teleskop wurde am 25. Dezember vergangenen Jahres ins All geschossen und befindet sich nun am sogenannten Lagrange Punkt L2, rund 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Von dort oben wird es unter anderem Bilder liefern von fernen Galaxien. Dank Infrarot-Technik kann es kosmische Staubwolken durchdringen und so Licht auffangen von den allerersten Sternen vor 13 Milliarden Jahren - kaum vorstellbar für den menschlichen Geist. NASA-Chef Bill Nelson versuchte es dem US-Präsidenten zu erklären.Bilder aus Zeiten vom Urknall - das ist es, was die Wissenschaftler sich vor allem erhoffen. Aber nicht nur das, sagt NASA-Chef Nelson. JWST - wie das Teleskop in NASA-Sprache genannt wird - hat auch die Aufgabe zu erforschen, ob es nicht doch irgendwo außerirdisches Leben gibt.  US-Präsident Biden zeigte sich beeindruckt. Die US-Regierung müsse noch mehr in die Forschung investieren, erklärte er. Die Bilder würden die Welt daran erinnern, dass Amerika große Dinge bewirken kann - schließlich sei Amerika definiert durch ein Wort: Möglichkeiten.
0amerika
US-Präsident Joe Biden ist in Saudi-Arabien eingetroffen. Der öffentliche Teil des Treffens mit Kronprinz Mohammed bin Salman verlief unterkühlt. Beim Eintreffen am königlichen Palast in der Küstenstadt Dschidda stießen die beiden Politiker nur kurz die Fäuste aneinander. Danach gingen sie ohne ein weiteres Gespräch weiter.Vor dem Start der Reise in den Nahen und Mittleren Osten hatte das Weiße Haus mitgeteilt, Biden wolle Körperkontakte möglichst vermeiden. Als offizielle Begründung wurde das Coronavirus genannt. "Wir versuchen, Kontakt so weit wie möglich zu minimieren", betonte Bidens-Sprecherin Karine Jean-Pierre an Bord der Präsidentenmaschine. Einige US-Journalisten spekulierten hingegen, dass vermieden werden soll, das Fotos eines Handschlags mit dem Kronprinzen entstehen. Dieser wird unter anderem wegen der schlechten Menschenrechtslage in Saudi-Arabien kritisiert.Die Vermutungen der Journalisten schienen sich wenig später zu bewahrheiten: Beim Treffen mit König Salman am Abend schüttelten sich die beiden Staatsoberhäupter mehrere Sekunden die Hände.Solche Gesten spielen in der internationalen Diplomatie immer eine große Rolle. Biden möchte mit seiner Reise nach Saudi-Arabien die bilateralen Beziehungen aus der Krise holen.Insgesamt blieb der Empfang für Biden in Saudi-Arabien im Vergleich zu seinem Vorgänger Donald Trump kühl. Trump war 2017 von König Salman bereits am Flughafen begrüßt worden, später legte Trump eine Einlage bei einem Säbeltanz hin und verbeugte sich tief vor dem Herrscher. Der Besuch war voll warmer und großzügiger Gesten.Der Umgang mit Biden erinnert vielmehr an den Besuch von Barack Obama, der 2016 in Riad vom dortigen Gouverneur Prinz Faisal bin Bandar Al Saud empfangen wurde. Obamas Ankunft wurde auch nicht im saudischen Staatsfernsehen übertragen, wie es üblich ist.Der Empfang für Biden in Dschidda stand auch im starken Kontrast zu seinem Besuch in Israel, wo dessen Präsident Izchak Herzog und Premierminister Jair Lapid ihn mit einer feierlichen Zeremonie empfangen hatten. Sogar der ehemalige Premier und jetzige Oppositionsführer Benjamin Netanyahu war zum Flughafen gereist - und hatte Biden dort die Hand geschüttelt.
1asien
Nordkorea hat laut südkoreanischen Angaben erneut eine ballistische Rakete abgefeuert. Die Kurzstreckenrakete sei Richtung Osten ins offene Meer abgeschossen worden, berichtete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf das Militär. Weitere Einzelheiten wurden zunächst nicht veröffentlicht. Auch blieb offen, um welchen Raketentyp es sich genau gehandelt hat.Auch Japans Küstenwache bestätigte unter Verweis auf Informationen des japanischen Verteidigungsministeriums den Abschuss einer mutmaßlich ballistischen Rakete. Der öffentliche Rundfunksender NHK berichtete, offenbar sei ein Objekt außerhalb der ausschließlichen japanischen Wirtschaftszone ins Meer gefallenDer Raketenstart erfolgte wenige Tage nach der Ankunft eines atomgetriebenen US-Flugzeugträgers in der Region. Er soll an einem geplanten Seemanöver Südkoreas mit den USA vor der koreanischen Halbinsel teilnehmen. Das Manöver soll auch als Abschreckung gegen Nordkorea dienen. UN-Resolutionen verbieten Nordkorea die Erprobung von ballistischen Raketen jeglicher Reichweite, die je nach Bauart auch einen Atomsprengkopf befördern können. Zuletzt hatte Nordkorea aber im Juni acht ballistische Kurzstreckenraketen von mindestens vier verschiedenen Orten in Richtung offenes Meer abgefeuert. Berichten zufolge könnte die Regierung in Pjöngjang zudem den Abschuss einer ballistischen Rakete von einem Atom-U-Boot vorbereiten. Südkorea und die USA befürchten zudem, dass Nordkorea einen Atomwaffentest vorbereitet. Es wäre der erste solche Test seit 2017. Die Spannungen in der Region haben nach einer Reihe von Tests in diesem Jahr zugenommen. Zuletzt hatte das Parlament Nordkoreas ein Gesetz zu seiner Nuklearpolitik gebilligt. Dieses sieht unter anderem den Einsatz von Atomwaffen nicht nur bei einem Angriff feindlicher Kräfte, sondern schon bei einem drohenden Angriff auf die Führung des Landes vor.
1asien
Die Stimmung an der Wall Street blieb auch einen Tag nach dem Zinsschock der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) gedämpft. Während sich die Standardwerte auf niedrigerem Niveau zumindest stabilisierten, ging es an der Technologiebörse Nasdaq weiter bergab. Denn höhere Zinsen entwerten Experten zufolge zukünftige Gewinne dieser wachstumsstarken Firmen besonders. Der Dow schloss bei 30.076 Punkten moderat um 0,35 Prozent schwächer. Der Index erholte sich damit im Verlauf von seinem Tief, das kurzzeitig unter der Marke von 30.000 Punkten bei 29.994 Punkten gelegen hatte. Die Technologiebörse Nasdaq, die gestern deutlich um 1,8 Prozent gefallen war, grenzte ihre Verluste im Verlauf zwar ebenfalls etwas ein, blieb aber letztlich mit 1,37 Prozent klar im Minus stecken. Der marktbreite S&P-500-Index ging bei 3757 Zählern um 0,84 Prozent schwächer aus dem Markt. Die Fed hatte die Leitzinsen wie erwartet das dritte Mal in Folge um 75 Basispunkte angehoben und weitere Erhöhungen bis zum Jahresende signalisiert. "In Zukunft wird der Markt überempfindlich auf jede Art von Fed-Kommentaren und Daten reagieren", sagte Investment-Experte Brian Klimke von Cetera Financial. Die kommende Zeit könne also stürmisch werden, doch es gebe auch Anlass zu vorsichtigem Optimismus. "Die Bewertungen sind viel besser als zu Beginn des Jahres, die Gewinnschätzungen wurden gesenkt, was es leichter macht, sie zu übertreffen."Gegen den schwächeren Markttrend legten Aktien des SAP-Konkurrenten Salesforce an der NYSE zu. Das Unternehmen will seine Erlöse bis 2026 auf 50 Milliarden Dollar fast verdoppeln. Analyst Derrick Wood vom Vermögensverwalter Cowen hebt daneben die angepeilte operative Marge von 25 Prozent hervor. Er bekräftigte seine Einstufung mit "Outperform" und das Kursziel von 210 Dollar.Bei Tesla verdarb ein Fahrzeugrückruf die Laune der Anleger. Die Aktien des E-Auto-Herstellers fielen um mehr als vier Prozent. Rund 1,1 Millionen Teslas müssen in den USA in die Werkstatt wegen möglicher Probleme im Zusammenhang mit den automatischen Fenstersystemen.Der heimische Handel stand heute ganz im Zeichen des Fed-Zinsentscheids am Vorabend. Wer sich bisher noch irgendwelche Illusionen über eine wie auch immer geartete "Geldpolitik-light" der großen Notenbanken gemacht hatte, dürfte spätestens seit gestern Abend endgültig ernüchtert sein. Denn der Chef der US-Notenbankchef Federal Reserve (Fed), Jerome Powell, hat am Vorabend keinen Zweifel gelassen, dass der Kampf gegen die historisch hohe Inflation von derzeit 8,3 Prozent bei den Verbraucherpreisen absolute Priorität für die Bank hat, auch wenn dadurch die Konjunktur leidet. Powell sprach zudem Klartext und machte deutlich, dass weitere hohe Zinserhöhungen anstehen. "Ich wünschte, es gebe einen schmerzlosen Weg. Den gibt es nicht."Die Fed hat gestern wie erwartet ihr Leitzinsniveau um weitere 75 Basispunkte auf eine Bandbreite zwischen nunmehr 3,00 und 3,25 Prozent angehoben, das ist der höchste Stand seit 14 Jahren. Wenig überraschend, dass die Zinspolitik der mächtigsten Notenbank der Welt heute das beherrschende Thema an der Börse war - zumal auch andere westliche Notenbanken keine Zweifel daran lassen, dass sie zur Inflationsbekämpfung weiter auf das Zinspedal drücken werden. Der DAX tat sich vor dem Hintergrund der strengen Geldpolitik heute entsprechend schwer. Der deutsche Leitindex schloss bei 12.531 Punkten um 1,84 Prozent deutlich leichter. Der Index endete damit auch nahe seines Tagestiefs bei 12.526 Zählern. Ein zwischenzeitliches Aufbäumen im Handelsverlauf bis auf 12.781 Punkte hatte keinen Bestand, vor allem nach der schwächeren Wall-Street-Eröffnung setzten sich die Bären (Verkäufer) endgültig durch. Kopfschmerzen bereite Investoren nicht die dritte Anhebung des US-Leitzinses in Folge, sagte Analyst Christian Henke vom Brokerhaus IG. "Vielmehr hat die Angst vor einer harten Landung der US-Wirtschaft die Marktteilnehmer verschreckt." Denn die ungewöhnlich aggressiven Zinserhöhungen der Fed machten eine Rezession unausweichlich. Die Fed sagte außerdem in diesem Jahr ein deutlich geringeres Wirtschaftswachstum voraus als noch vor drei Monaten angenommen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der weltgrößten Volkswirtschaft soll danach nur noch um 0,2 Prozent wachsen.In einem schwachen Marktumfeld hielten sich zinssensitive Aktien besser. Denn die Zeichen stehen klar auf weitere Zinserhöhungen, was die Marge besonders der Banken verbessert. Aber auch Versicherungen gehören zu den Profiteuren, können sie doch als große Kapitalsammelstellen die Beiträge ihrer Kunden ertragreicher anlegen als im schwierigen Nullzinsumfeld. Deutsche Bank standen an der DAX-Spitze, auch Allianz legten zu. Das größte deutsche Geldhaus hält zudem an den diesjährigen Erlöszielen fest, auch wenn der unmittelbare Ausblick auf 2023 nach den Worten von Finanzchef Von Moltke etwas vorsichtiger ausfällt. Die Zinswende kompensiere das entgangene Wachstum in der Bank, erklärte er und prognostizierte einen Erlössprung von 700 Millionen Euro durch die gestiegenen Zinsen.Zudem standen heute weitere Zinsentscheidungen im Fokus. So folgte die Schweizerische Nationalbank (SNB) dem Vorbild von Fed und Europäischer Zentralbank (EZB) und hob den Leitzins ebenfalls um 0,75 Prozentpunkte an. Damit beendete sie nach acht Jahren die Ära der Negativzinsen. "Die SNB verfährt nach dem Motto: 'Wehret den Anfängen'", sagte Volkswirt Brian Mandt von der Luzerner Kantonalbank. Schließlich sei die Inflation bei den Eidgenossen im internationalen Vergleich noch gemäßigt. Die britische Notenbank hob den Leitzins zur Überraschung der Marktteilnehmer dagegen eher moderat an. Sie erhöhte ihn nur um 0,50 Prozentpunkte auf 2,25 Prozent. An den Finanzmärkten war mit einer Anhebung um 0,75 Prozentpunkte gerechnet worden. Gegen den globalen Trend hält Japans Zentralbank derweil an ihrer Niedrigzinspolitik fest. Nach zweitägiger Tagung entschieden die Währungshüter, ihre wichtigsten geldpolitischen Hebel unverändert zu lassen. Der japanische Yen stand heute Morgen massiv unter Druck, bis die Notenbank mit Käufen der eigenen Währung einschritt.Auch die EZB hat bereits angekündigt, das Leitzinsniveau weiter zu erhöhen. Mit dieser Perspektive im Gepäck bleibt das Marktumfeld für die Aktien- und Rentenmärkte erst einmal mau. Der Höhenflug der Weltleitwährung geht derweil weiter. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, notiert so hoch wie zuletzt vor etwas mehr als 20 Jahren. "Was sonst als den Dollar kann man derzeit kaufen", fragt Sally Auld, Chef-Anlegerin des Vermögensverwalters JB Were. "Die Fed wird ihre Zinserhöhungen auf absehbare Zeit nicht beenden." Andere Börsianer verweisen zusätzlich auf die Attraktivität des Dollar als "sicherer Anlagehafen" vor dem Hintergrund der drohenden Rezession in Europa, der schwächelnden chinesischen Wirtschaft und des anhaltenden Ukraine-Kriegs. Der Euro steht im Gegenzug weiter unter Druck. In der Nacht fiel die Gemeinschaftswährung bis auf 0,9809 US-Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit etwa 20 Jahren. Zuletzt handelte die Gemeinschaftswährung im US-Handel mit 0,9841 Dollar etwas über Tagestief. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 0,9884 (Mittwoch: 0,9906) Dollar festNachdem die Ölpreise bereits gestern angezogen waren, sind sie am späten Nachmittag wieder zurückgefallen und endeten letztlich wenig verändert. Die Preisentwicklung am Ölmarkt ist nach wie vor schwankungsanfällig. Zu tendenziell steigende Preise führen die zunehmenden Spannungen zwischen dem Westen und Russland infolge des Ukraine-Kriegs. Da Russland einer der größten Ölförderer der Welt ist, ziehen die Spannungen Risikoaufschläge am Erdölmarkt nach sich. Auf der anderen Seite werden die Rohölpreise durch Konjunktursorgen und die straffe Geldpolitik vieler Zentralbanken belastet.Am Tag nach der offiziellen Ankündigung der Verstaatlichung war der Handel mit Uniper-Papieren turbulent. Die Aktien des Gas-Versorgers starteten mit einem Abschlag von bis zu 11 Prozent, drehten dann aber ins Plus und schlossen letztlich rund 6,0 Prozent höher. "Für die zum Glück nur noch mit etwas mehr als sechs Prozent beteiligten Privatanleger gibt es jetzt nur noch die Alternativen flüchten oder standhalten", sagt Aktien-Experte Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) der "Rheinischen Post" laut Vorabbericht. Die Aktien des 2016 von Eon abgespaltenen Unternehmens waren gestern in der Spitze um fast 40 Prozent gefallen und und hatten ein Viertel ihres Wertes eingebüßt.Der Autobauer Volkswagen geht davon aus, dass er die Produktion angesichts der hohen Füllstände der Gasspeicher über den Winter aufrecht erhalten kann. Sollten die Gaslieferungen aus Russland allerdings nicht wieder aufgenommen werden, drohe ab Juni eine Gasknappheit. Volkswagen sei auf verschiedene Szenarien vorbereitet. "Wir können aber Auswirkungen auf unser Geschäft, etwa durch Störungen in der Lieferkette oder hoheitliche Eingriffe des Staates, trotzdem nicht vollständig ausschließen," sagte Cheflobbyist Thomas Steg. Für den Fall einer Gasmangellage forderte Steg eine Zuteilung der Energiemengen durch die Bundesnetzagentur an den Konzern, mindestens aber auf Ebene der Tochtergesellschaften wie VW oder Audi. Der weltgrößte Flugzeugbauer Airbusaus dem DAX erhält einen weiteren Großauftrag aus China. Die zu China Southern Airlines gehörende Fluggesellschaft Xiamen Airlines kauft 40 Mittelstreckenjets der A320neo-Reihe, wie sie heute in Guangzhou mitteilte. Einem Airbus-Sprecher zufolge kommt die Bestellung zu den chinesischen Großaufträgen vom Juli hinzu. Da hatten China Southern, China Eastern, Air China und Shenzhen Airlines insgesamt 292 Maschinen aus der Modellfamilie A320neo bestellt. Für Xiamen Airlines sei es nun die erste Airbus-Bestellung, sagte ein Sprecher des europäischen Flugzeugherstellers. Bisher habe die Gesellschaft ausschließlich auf Maschinen des US-Konkurrenten Boeing gesetzt.Der Finanzdienstleister Hypoport hat wegen der schwachen Nachfrage die Jahresziele ausgesetzt. Die derzeitige Jahresprognose werde "deutlich verfehlt", teilte das im SDax notierte Unternehmen am Abend nach Börsenschluss in Berlin mit. Es sei nicht prognostizierbar, ob die Zurückhaltung der Verbraucher in der privaten Immobilienfinanzierung im weiteren Jahresverlauf beendet sei. Das zweite Halbjahr zeige bisher eine sehr schwache Nachfrage. Für das dritte Quartal werde auf vorläufiger Basis mit einem Umsatz leicht unter dem Vorjahresniveau und einem ausgeglichenen Ergebnis vor Zinsen und Steuern gerechnet. Die Aktie geriet nachbörslich auf Tradegate kräftig unter Druck.Die Aktien des Linux-Spezialisten Suse fielen trotz eines Gewinnanstiegs drastisch um über 21 Prozent. Das war der größte Kurssturz seit dem Börsengang vor rund eineinhalb Jahren. Das operative Ergebnis habe die Erwartungen zwar übertroffen, kommentierte Analyst Charles Brennan von der Investmentbank Jefferies. Allerdings seien die Buchungen zurückgegangen. Außerdem habe das im SDAX gelistete Unternehmen die Prognosen für die Buchungen im Kerngeschäft gesenkt. Zuletzt konnten die Papiere die Verluste auf ein Minus von knapp 25 Prozent reduzieren.Im Kampf gegen Funklöcher macht eine Kooperation der drei großen deutschen Mobilfunk-Anbieter Fortschritte. Der Netzbetreiber Telefónica (O2) teilte heute mit, dass man der Deutschen Telekom 200 eigene Standorte freigeschaltet und im Gegenzug Zugriff auf gleich viele Standorte des Bonner Konzerns bekommen habe. Bis Jahresende wollen sich die zwei Netzbetreiber an jeweils bis zu 700 Standorten gegenseitig auf das Netz lassen. Es handelt sich um sogenannte graue Flecken, wo also nur ein oder zwei Netze verfügbar sind und nicht alle drei. Wer einen Vertrag bei dem Provider hat, der dort nicht präsent ist, steckt im Funkloch.Der japanische Technologieinvestor Softbank will mit der südkoreanischen Samsung über eine Partnerschaft mit seiner Chip-Designer-Tochter Arm sprechen. Softbank-Chef und Gründer Masayoshi Son teilte heute mit, mit Samsung ein Treffen zu planen, um eine strategische Allianz zwischen den Südkoreanern und Arm zu prüfen. Samsung-Vize Jay Y. Lee hatte bereits gestern angekündigt, dass Masayoshi Son voraussichtlich im kommenden Monat nach Seoul komme. Softbank hatte Arm, dessen Technologie im iPhone von Apple und in fast allen anderen Smartphones steckt, im Jahr 2016 für 32 Milliarden Dollar gekauft.Der Schweizer Pharmakonzern Novartis hat seine Mittelfristziele bekräftigt. "Wir werden unsere Finanzergebnisse weiter verbessern und bis 2027 ein Umsatzwachstum von über vier Prozent erzielen sowie mittel- bis langfristig eine bereinigte operative Gewinnmarge von mehr als 40 Prozent", erklärte der Chef des Arzneimittelherstellers, Vasant Narasimhanam, heute. Der Konzern peile ein Gleichgewicht zwischen kontinuierlichen Investitionen in das Geschäft und der Rückführung von Kapital an die Aktionäre an. Novartis sieht sich auf Kurs, bis 2024 Einsparungen von rund 1,5 Milliarden Dollar zu erreichen.FedEx strebt im nächsten Jahr deutliche Kostenersparnisse an. "Wir werden Kosten-, Geschäfts- und Kapazitätshebel ziehen, um uns an die Auswirkungen der reduzierten Nachfrage anzupassen", erklärte der Konzernchef des US-Paketzustellers, Raj Subramaniam, am Donnerstag. Der DHL-Rivale bezifferte das angepeilte Einspar-Volumen auf zwischen 2,2 und 2,7 Milliarden Dollar. Unter anderem solle die Taktung der Flüge bei FedEx Express reduziert und bestimmte Aktivitäten bei FedEx Ground eingestellt werden. Die FedEx-Aktie stieg um rund zwei Prozent nach der Ankündigung an.Das Unternehmen bestätigte die vorläufigen Zahlen für das erste Quartal: Am Ende stand ein Umsatzplus von gut fünf Prozent auf 23,2 Milliarden Dollar sowie ein Rückgang des bereinigten operativen Gewinns um knapp 20 Prozent auf 1,23 Milliarden. Auch der Nettogewinn fiel um etwas mehr als 20 Prozent auf 875 Millionen Dollar. Die Prognose hatte das Unternehmen in der vergangenen Woche mit Blick auf die Verschlechterung der Weltwirtschaft zurückgenommen.
2finanzen
Dank der mittlerweile vollen Speicher, rekordhohen Einfuhren von Flüssigerdgas (LNG) aus den USA und neuen Liefervereinbarungen ist der Erdgaspreis zu Wochenbeginn auf den tiefsten Stand seit Ende Juli gefallen. Dennoch liegt er weiter auf einem historisch hohen Niveau. Die Bundesregierung will in den kommenden Tagen eine "Gesamtlösung" für die Belastungen der Bürger vorstellen. Ein Teil des Plans könnte ein Preisdeckel für Gas sein, den immer mehr Stimmen aus der Politik fordern. Ein Preisdeckel stellt eine Obergrenze dar, die Verbraucher und Betriebe vor explodierenden Energiekosten schützen soll. Bundeskanzler Olaf Scholz stellte am Wochenende zeitige Vorschläge zum Dämpfen der hohen Kosten in Aussicht. Es gehe jetzt darum, "wie wir die viel zu hohen Preise reduzieren können, und zwar sowohl diejenigen für Strom als auch diejenigen für Gas", sagte der SPD-Politiker. Eine Kommission habe dazu am Samstag Beratungen aufgenommen und leiste "sehr gute, konstruktive" Arbeit. "Wir werden da auch mit schnellen Ergebnissen rechnen können."In einigen Ländern Europas gibt es bereits regulierte Tarife, die den Preis an den Energiemärkten deckeln. Dabei gibt es unterschiedliche Modelle. Eine Möglichkeit ist die Regulierung auf dem Großhandelsmarkt, wie es in Spanien und Portugal der Fall ist. Die Maßnahme setzt bei den Transaktionen zwischen den Energieerzeugern und den Unternehmen an, die Strom mithilfe von Gas produzieren. Den Firmen ist es verboten, über einem festgelegten Maximalpreis miteinander Geschäfte zu machen.Ein zweiter Weg ist ein Modell, das den Tarif für die Endkunden deckelt. Etwa in Großbritannien schreibt der Regulierer nicht den Erzeugern, sondern stattdessen den Versorgern vor, welchen Höchstpreis sie den Haushalten und Unternehmen anbieten dürfen. Dieser wird regelmäßig an die jeweiligen Kosten der Händler angepasst. Die jüngste Preisobergrenze für Haushalte mit zwei bis drei Personen: im Schnitt 3549 Pfund für Heizung und Strom. Wer als Händler seine jährlichen Preise über dieses Limit setzt, bekommt eine Strafe.Die Verbraucher in Deutschland müssen in diesem Jahr für Gas so tief in die Tasche greifen wie noch nie. Nach Angaben des Vergleichsportals Check24 muss ein Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden (kWh) derzeit im Schnitt 4371 Euro im Jahr zahlen. Das entspricht einem durchschnittlichen Preis von fast 21,9 Cent pro kWh. Im September 2021 kostete die gleiche Menge Gas noch 1316 Euro.Wie viel die Kunden durch eine Deckelung der Preise sparen würden, hängt vom Verbrauch ab. Ein durchschnittlicher Familienhaushalt mit einem jährlichen Gasverbrauch von 20.000 kWh würde mit jedem erlassenen Cent pro Kilowattstunde etwa 200 Euro im Jahr sparen. Bei einem Single-Haushalt mit einem Bedarf von 5000 kWh wären es rund 50 Euro im Jahr.Dazu kommen womöglich dämpfende Effekte auf die generelle Teuerungswelle in Deutschland. Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, verweist auf eine Stabilisierung der Inflationserwartungen, wodurch das Risiko einer Lohn-Preis-Spirale sinkt. Grundsätzlich muss der Staat die Differenz zwischen einer definierten Obergrenze und dem Marktpreis übernehmen, um die Versorger nicht zusätzlich zu belasten. Zum ersten Mal nannte die Bundesregierung am Sonntag Zahlen zu den Kosten einer möglichen Deckelung von Strom- und Gaspreisen. Danach wäre aus der Staatskasse ein Betrag von 2,5 Milliarden Euro notwendig, um den Endverbraucherpreis beim Gas um einen Cent je Kilowattstunde zu senken. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Linken-Anfrage hervor, die den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vorliegt.Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, rechnet mit weitaus höheren Kosten: "Die Größenordnung von 30, 40, 50 Milliarden oder mehr sind da durchaus realistisch", sagte er den Sendern RTL und ntv. "Welcher Gesamtbetrag sich im Falle einer Preisdeckelung ergibt, hängt davon ab, wie hoch der Deckel angesetzt wird und wie sich die Endverbraucherpreise weiter entwickeln", heißt es auch in dem Schreiben von Energiestaatssekretär Patrick Graichen. Die Kosten variieren dementsprechend je nach Modell. Eines haben sie jedoch alle gemein: die offene Frage der Finanzierung."Ich habe eine Vorstellung, in welche Richtung das geht", kündigte Finanzminister Christian Lindner gestern in der ARD-Sendung Anne Will an, ohne Details zu nennen. Sein zentrales Versprechen ist es, im kommenden Jahr die Schuldenbremse wieder einzuhalten. Vertreter von Grünen und SPD fordern dagegen seit längerem ein Aussetzen der verfassungsrechtlichen Regelung. Auch für Fratzscher sei die Schuldenbremse "eigentlich nicht einzuhalten, wenn man sich ehrlich macht" und verwies darauf, dass sie in Notlagen ausgesetzt werden kann.Ähnlich wie zur Stärkung der Bundeswehr steht derweil auch ein Sondervermögen für die Wirtschaft im Raum. Das hätte für die Regierung den Vorteil, dass die Kredite zwar auf die Staatsverschuldung angerechnet werden, nicht aber unter die Vorgaben der Schuldenbremse fallen. Auch Rufe nach einer Übergewinnsteuer für Energiekonzerne wurden jüngst wieder laut, mit denen die Gaspreisbremse finanziert werden könnte.Ökonomen verweisen in der Debatte neben der Finanzierung und dem hohen bürokratischen Aufwand auf zwei entscheidende Punkte. Erstens: die Verwässerung der Sparanreize. "Wir haben die große Sorge, dass die Endkunden bei zu geringen Preisen zu wenig sparen", sagte Georg Zachmann, Energieexperte bei der Brüsseler Denkfabrik Bruegel, schon Ende August im Gespräch mit tagesschau.de. Der Preismechanismus sei einer der wenigen, der ökonomisch gesehen tatsächlich eine Lenkungswirkung hat.Auch die Wirtschaftsweise Veronika Grimm betonte, dass dringend Gas gespart werden müsse, weil sonst im Winter eine Mangellage drohe. Ein Gaspreisdeckel sei daher nur sinnvoll, "wenn er mit großen Sparanreizen verbunden" ist. Das sei grundsätzlich der Fall, wenn er nur für ein Grundkontingent gelte. Parallel könnten zudem Prämien ausgezahlt werden für diejenigen, die wenig Gas verbrauchen.Der zweite Knackpunkt: die fehlende Zielgenauigkeit. Auch Verbraucher, die es sich eigentlich leisten könnten, würden von einer generellen Gaspreisbremse profitieren, kritisierte jüngst Justus Haucap, Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie (DICE), gegenüber tagesschau.de. "Wir müssen uns auf die wirklich Bedürftigen konzentrieren", meinte auch Clemens Fuest, Präsident des Münchener ifo-Instituts am Sonntag bei Anne Will.Für IMK-Direktor Dullien ist ein Preisdeckel für Gas dagegen präzise, da er genau die Haushalte erreiche, die mit Gas heizen: "Und das sind die Haushalte, die jetzt in den nächsten Monaten eine besonders hohe Belastung durch die Heizkosten bekommen werden."In den vergangenen Tagen kamen vermehrt Vorschläge auf, die auf die Kritik der Ökonomen eingehen. So plädiert etwa Grünen-Chefin Ricarda Lang für ein Zweistufenmodell mit einem definierten Grundbedarf. Nur dieser soll subventioniert werden. Zusätzliches Gas sollen die Verbraucher dann zu Marktpreisen kaufen. Fachleuten zufolge könnte diese Idee zum Erfolg führen - wenn der Grundbedarf nicht zu hoch angesetzt wird.Ein konkreter Plan für einen bundesweiten Deckel der Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern, der in dieser Woche in der Ministerpräsidentenkonferenz diskutiert werden soll, sieht vor, für private Haushalte für den Umfang einer Menge von 80 Prozent des durchschnittlichen Verbrauchs der Bezugsjahre 2019 und 2020 der Energiepreis als Festpreis auszugestalten. Die angedachten Festpreise sollen sich auf dem Niveau bewegen, das vor dem Krieg in der Ukraine am Markt vorlag, sagte Wirtschaftminister Reinhard Meyer (SPD) am Freitag. Wer mehr Energie brauche, müsse diese dann aktuelle Marktpreise zahlen. Das sei ein vertretbarer Sparanreiz. Auch die CSU hat einen Gaspreisdeckel für drei Viertel des Privatverbrauchs vorgeschlagen. Die Gewerkschaft ver.di verlangt ebenfalls, die Kosten für den Normalverbrauch einer vierköpfigen Familie von 12.000 Kilowattstunden auf dem Niveau von 2021 zu halten. Der Deutsche Gewerkschaftsbund veranschlagt einen Grundbedarf von 8000 Kilowattstunden für 7,5 Cent pro Einheit. Haushalte mit mehr Menschen sollten anteilig einen höheren Deckel erhalten. Zum Vergleich: Laut Check24 lag der Preis pro kWh vor einem Jahr noch bei knapp 6,6 Cent.Experten nennen darüber hinaus weitere Nachteile eines Preisdeckels - je nach Ausgestaltung. Eine Regulierung auf dem Großhandelsmarkt könnte zu komplizierten Verwerfungen führen, betonte Ökonom Zachmann. Ein Eingriff in den Mechanismus von Angebot und Nachfrage könne dafür sorgen, dass irgendwo Gas fehle und als Alternative zum Beispiel Öl verbrannt oder Industrieprozesse abgeschaltet werden müsse. Haucap warnt zudem vor nationalen Lösungen, falls das Gas wie in Spanien auch für die Stromerzeugung subventioniert wird: Durch die Verstrickungen im europäischen Binnenmarkt müsse man "davon ausgehen, dass die subventionierte Energie dann auch in anderen Ländern gekauft wird." Daher sollte in dem Fall eine Übertragung auf ganz Europa erfolgen, so der Professor für Volkswirtschaftslehre. Wird das Gas nur für Privathaushalte vergünstigt, sei das aber kein Problem.Stand jetzt kommt die Gasumlage zum 1. Oktober, wodurch die Gaspreise noch einmal steigen würden. Mit dem Aufschlag sollen wegen des ausbleibenden russischen Gases ins Straucheln geratene Gasimporteure gestützt und letztlich die Versorgung gesichert werden. Am Wochenende machten Vertreter der Ampelkoalition allerdings deutlich, die Gasumlage auf die Bürger nicht weiter zu verfolgen.Ein Gaspreisdeckel würde wohl endgültig den Abschied für die umstrittene Maßnahme von Wirtschaftsminister Robert Habeck bedeuten. Selbst aus Grünen-Kreisen hieß es zuletzt, es ergebe "keinen Sinn, Preise zu deckeln und gleichzeitig die Umlage zu erheben". Auch für Finanzminister Lindner scheint festzustehen: weg mit der Umlage und her mit einem Gaspreisdeckel. Nach einer Sitzung des FDP-Präsidiums in Berlin drängte der Parteichef heute auf ein "hohes Tempo".
6verbraucher
Ein Schiff wird kommen. Immerhin. Ende des Jahres. An Bord rund 140.000 Kubikmeter Gas aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Es ist ein erster, wenn auch klitzekleiner Erfolg der Kanzlerwirbelwindtour an den Golf. Drei Länder, zwei Tage, am Ende zwei konkrete Verträge - neben dem Flüssiggasdeal, der LNG zum entstehenden Terminal nach Brunsbüttel bringen soll, eine Lieferung von rund 250.000 Tonnen Diesel an die niedersächsische Firma Hoyer. Ein Erfolg? "Ein Anfang", heißt es aus Regierungskreisen, denn der Kanzler habe die großen Perspektiven in den Blick genommen. Es gehe auch um die längerfristige Idee für Deutschland, künftig CO2-neutral zu wirtschaften und Wasserstoffprojekte voranzubringen. "Unabhängig von neuen Lieferverträgen will man mit den Golfstaaten auch die technologischen Fortschritte für klimaneutrales Wirtschaften weiterentwickeln und gleichzeitig Energiesicherheit gewährleisten", heißt es im gewohnt nüchternen Scholzsprech in Doha, der letzten Station der 48 Stunden am Golf. Aber natürlich wissen sie auch im Kanzleramt, dass zuletzt aus der Gaspipeline Nord Stream 1 allein an einem Tag mehr Kilowattstunden Gas flossen, als jetzt der gesamte LNG-Deal mit den Emiraten umfasst. Der Kanzler jedenfalls bemühte sich auf seiner Golftour redlich. Gelegentlich auch unter Aufbietung diplomatischer Contenance. In Saudi-Arabien etwa, der ersten Station, schüttelte er lächelnd die Hand des Mannes, der mutmaßlich den grausamen Mord am Journalisten Khashoggi in Auftritt gab. Mohammed Bin Salman. Kronprinz und mächtiger Mann des selbstbewussten Saudi-Staates. 37 Jahre ist der Mann und er weiß, dass die Zeit für ihn und sein Land gerade erst gekommen ist. Saudi-Arabien verfügt über reichhaltige Gasreserven, will bis 2030 nicht mehr nur Öl, sondern auch Gas im großen Stil exportieren und dann einer - vielleicht der größte Player für Energie am Markt werden. Macron hatte den westlichen Bann des Kronprinzen als erster aufgehoben. Der britische Ex-Premier Johnson war gefolgt. Zuletzt US-Präsident Biden. "Wir reihen uns da ein", lautete die realpolitische Antwort auf die energiepolitischen Notwendigkeiten aus dem Kanzleramt. Überall in Saudi-Arabien protzt das Land mit dem Energiereichtum. Nachts funkeln Lichtinstallationen an den Hochhäusern, die Klimaanlagen laufen auf Hochtouren, um die nächtliche Hitze aushalten zu lassen. Deutsche Debatten über nächtliches Abschalten von Gebäude-Beleuchtungen ernten in Saudi-Arabien gerade mal ein müdes Lächeln. So war der Kanzler samt Delegation dann im hellbeleuchteten Palast des Kronprinzen, hörte - unter dem Porträt von König Salman sitzend - den Visionen eines Mannes zu, der seinem Land Fortschritt und noch mehr Energiereichtum mit harter Hand verordnet. Auf der einen Seite eine Öffnung der Gesellschaft auch für die lange Zeit benachteiligten Frauen. Sie dürfen seit kurzem Autofahren - aber auch nur, weil der Kronprinz es jetzt so will. Das Kopftuch ist keine Pflicht mehr, manche tragen es nur, weil sie es so wollen. So erzählen es einige der 30 Künstlerlinnen, Unternehmerinnen, Sportlerinnen, die später dem Kanzler im saudischen Dschidda treffen. Das Land sei progressiver, mit vielen Chancen, berichten ihm die Frauen. "Wir haben in vier Jahren Jahren hier für die Frauen mehr erreicht als in den letzten 40 Jahren", sagt eine Unternehmerin dem ARD-Hauptstadtstudio, die dem Kanzler dann im direkten Gespräch ihr Saudi-Arabien nahebrachte. Das Land der Hinrichtungen, der Verfolgung von Bloggern erwähnten sie allerdings nicht. Darüber - sagt der Kanzler in typischen Worten, habe er durchaus mit dem Konprinzen gesprochen. "Da können sie von ausgehen, dass nicht unbesprochen blieb, was zu sagen ist", lautete die schmallippige Antwort von Scholz. Ob der Name Khashoggi tatsächlich fiel - niemand weiß es. Die Menschenrechte waren Thema eines 20-minütigen Vieraugengesprächs. Eine Pressekonferenz der Regierungschefs gab es weder in Saudi-Arabien noch in den Emiraten. Unliebsame Fragen werden so vermieden. Der Westen braucht Saudi-Arabien, etwa wenn es um die Kriege im Jemen, in Syrien geht oder die Auseinandersetzung mit dem Iran. Es gehe um eine "solide Arbeitsbeziehung" ist das Motto der deutschen Regierung. Diese solide Arbeitsbeziehung, das ist wohl eine Bilanz der Blitztour nach Dschidda, dürfte Scholz beim ersten längeren direkten Aufeinandertreffen mit "MBS", wie der Kronprinz gemeinhin genannt wird, durchaus erreicht haben. Und die Vereinigten Arabischen Emirate? Ein langfristiger Partner ohnehin. Seit genau 50 Jahren feiern beide Länder gerade die gegenseitigen Beziehungen. Ein rundes Jubiläum als ermunterndes Datum fürs Klinkenputzen eines Kanzlers auf der Suche nach Gas und Wasserstoff. Über 75 Prozent der reichen Gasressourcen des Landes gehen derzeit allerdings nach Asien. Europa ist als Gaskunde allenfalls Beifang. Grund genug für den Kanzler auch hier die Langfristigkeit der künftigen Kooperation zu betonen. LNG als Brücke auf dem Weg hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft, die auf Wasserstoff aus den Emiraten setzt. Die Emirate wiederum produzieren derzeit schon Solarstrom für 1,3 Cent die Kilowattstunde. Fast viermal günstiger als Deutschland. Wirtschaftsminister Habeck schwärmte damals bei seinem Besuch im März und erzählte die Geschichte, die man sich hier gern erzählt. Schon vor langer Zeit hätten die Scheichs gesagt: "An dem Tag, an dem wir die letzte Tonne Öl produzieren, werden wir feiern. Und bis dahin müssen wir arbeiten." Und während Scholz' Besuch wurde gearbeitet, Deals ausgehandelt und zu Ende gebracht. Als der Kanzler in einem Mangroven-Park bei Abu Dhabi mit der saudi-arabischen Umweltministerin einen Baum pflanzte, als Signal für mehr Klimaschutz, waren im Hintergrund schon RWE und Total fleißig dabei, Verträgen einzutüten, allerdings für fossile Energie: Flüssiggas und Diesel. Im Vorfeld haben die Emirate viel für erneuerbare Energien gearbeitet. Bauen riesige Solarfelder, arbeiten an der Produktion von grünem Wasserstoff und sehen sich gut aufgestellt für den Markt der Zukunft. Mit Deutschland als zahlungskräftigem Kunden. Gehen wir nicht im Golf demnächst die gleiche Energie-Abhängigkeit ein, die uns in Russland dahin führte, wo wir sind? Der Kanzler verneint das. "Das wird uns kein zweites Mal passieren", sagt er sehr selbstbewusst. Jedes Engagement am Golf sei außerdem eingebettet in den Rahmen, in dem jeder weiß, wer Deutschland ist und für welche Rechte Deutschland stehe. Und so war vor allem die Stimmung etwas frostig in Katar, als der Kanzler mit dem Emir in seinem Palast stand und Positionen leise ablas: Für den Mindestlohn, gute Arbeitsbedingungen, Menschenrechte und ja, auch für die WM 2022, wünsche man alles Gute. Der Emir von Katar freute sich über 34.000 Tickets, die von deutschen Fans offenbar schon für die WM abgefragt wurden - und zukünftige mögliche Energiegeschäfte mit Deutschland, etwa beim Thema Flüssiggas. So gab es am Nachmittag in Doha keine wirkliche Erfolgsgeschichte zu erzählen. Die Verhandlungen zu mehr Flüssiggas aus Katar laufen, heißt es. Der Besuch des Kanzlers womöglich nochmal ein Schubs in die richtige Richtung.
3innenpolitik
Nach einer wochenlangen Talfahrt und kurzfristiger Stagnation sind die Spritpreise seit dem Wochenende wieder leicht gestiegen. Superbenzin der Sorte E10 verteuerte sich demnach von Sonntag auf Montag im Schnitt von rund 1,717 auf 1,730 Euro, wie der ADAC mitteilte. Auch Diesel kostete mehr: 1,974 statt vorher 1,964 Euro. Der Dieselpreis war schon in der vergangenen Woche nach oben geklettert.Grund für den Anstieg sei offenbar eine höhere Nachfrage mit Blick auf einen drohenden Preissprung in der kommenden Woche, so der Automobilclub. Denn dann läuft der sogenannte Tankrabatt aus, mit dem die Energiesteuer für drei Monate gesenkt worden war.Bei den vom ADAC ermittelten Preisen handelt es sich um bundesweite Durchschnittswerte. Die tatsächlichen Preise können deutlich abweichen. So gibt es nach Angaben des ADAC derzeit je nach Anbieter und Region größere Preisunterschiede als sonst. Dazu kommt ein weiter großes Nord-Süd-Gefälle: Unter anderem durch die hohen Transportkosten aufgrund des Niedrigwassers im Rhein müssen Menschen im Süden im Schnitt mehr für Sprit bezahlen als im Norden. Außerdem schwanken die Preise auch im Tagesverlauf teils erheblich: Morgens um 7.00 Uhr ist Sprit meist am teuersten. Am günstigsten tanken Autofahrer laut ADAC zwischen 20.00 und 22.00 Uhr. In der Nacht vom 31. August auf den 1. September endet der sogenannte Tankrabatt. Eigentlich handelt es sich dabei um eine vorübergehende Senkung der Energiesteuer auf das von der EU vorgegebene Mindestmaß. Sie galt seit dem 1. Juni gemeinsam mit dem 9-Euro-Ticket, um Verbraucher angesichts der Energiepreise zu entlasten. Mit Erfolg: Die Preise an den Tankstellen gingen in den vergangenen Monaten deutlich nach unten.Nun könnten sie mit dem Ende der Maßnahme jedoch wieder stark steigen - rechnerisch um etwa 35 Cent für Benzin und 17 Cent für Diesel. Wie sich die Kosten für Autofahrer nach dem Auslaufen der günstigeren Versteuerung aber tatsächlich entwickeln, lässt sich kaum voraussagen.Der ADAC rechnet zunächst nicht mit einem sprunghaften Anstieg, weil auch Tankstellenbetreiber durch den Rabatt günstiger einkaufen konnten. Deshalb sei davon auszugehen, dass sie ihre Treibstofftanks vor dem 1. September noch einmal auffüllen. Damit könnten sie Benzin und Diesel dann zunächst weiter vergünstigt abgeben, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Die Mineralölwirtschaft warnt dagegen vor möglichen Engpässen in den kommenden Wochen. Ein Grund dafür könnte der niedrige Rhein-Pegel sein. Zudem erwartet der Branchenverband En2x, dass ab dem 1. September kaum noch niedrigversteuerter Kraftstoff an Tankstellen im Angebot sei, "da die Autofahrer vor Ende des Tankrabatts voraussichtlich verstärkt die Tankstellen anfahren werden". Die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Ramona Pop, fordert indes vom Bundeskartellamt, die Preise "genau zu beobachten und übergebührliche Preiserhöhungen oder kartellrechts­widriges Verhalten mit hohen Bußgeldern zu ahnden". Die Energiekrise habe zu Rekordgewinnen der Mineralölkonzerne geführt, sodass es keine Notwendigkeit für sie gebe, die Spritpreise wieder zu erhöhen.
6verbraucher
Der SPD-Wohnungspolitiker Bernhard Daldrup hat rasche Maßnahmen gegen die stark steigenden Indexmieten gefordert. Jahrelang seien solche an die Inflationsrate gekoppelten Mieten kein Problem gewesen. Nun sei das aber anders. Die Lage ändere sich dramatisch zum jetzigen Zeitpunkt, und deswegen müsse hier interveniert werden, sagte Daldrup in Berlin. Das Thema habe "eine gewisse Priorität", die SPD werde darüber mit der FDP reden müssen, so Daldrup weiter. Vorstellbar sei etwa die Einführung einer Kappungsgrenze. Auch Bauministerin Klara Geywitz (SPD) will prüfen, wie Mieter mit Indexmietverträgen vor übermäßiger Belastung geschützt werden können. Bei Indexmietverträgen können die Mieten jährlich nach dem Wert des Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes erhöht werden. Seit Beginn des russischen Kriegs in der Ukraine steigt die Inflationsrate vor allem getrieben von hohen Energiepreisen. Im Mai erreichte sie mit 7,9 Prozent den höchsten Stand seit fast 50 Jahren.
3innenpolitik
Ist die Pandemie überstanden? Nein, sagen zahlreiche Gesundheitsexperten in den USA und kritisieren US-Präsident Joe Biden. "400 Tote pro Tag in den USA? Wollen wir uns damit zufrieden geben?", fragt etwa William Hanage, Epidemiologe an der Harvard University. "Wir müssen anerkennen, dass wir nach wie vor ein großes Problem haben, unabhängig davon, ob Präsident Biden sagt, die Pandemie ist vorbei", sagte er dem Radiosender NPR.Und Michael Osterholm von der University of Minnesota ergänzt: "Wir müssen so viele Menschen wie möglich in diesem Land mit dem neuen Booster-Stoffen impfen. Wenn man die Pandemie für beendet erklärt, fragen sich doch viele Leute: Wozu brauche ich die Impfung noch?"Die Kritik kommt aus vielen Landesteilen der USA, vor allem von Ärzten, die an der Basis weiter täglich mit Corona-Infektionen zu tun haben. "Ich bin zusammengezuckt, als der Präsident das gesagt hat", sagt David Pate, ein Mediziner in Boise im Bundesstaat Idaho, der lange Direktor an der dortigen St. Luke-Klinik war. "Ich kann nicht sagen, dass ich schockiert bin, schließlich ist Biden Politiker und wir stehen vor wichtigen Kongresswahlen." Er könne schon verstehen, warum Politiker da beruhigten, optimistisch klingen wollten und sagten, es sei vorbei. "Es ist nicht vorbei!"Pate betonte im Lokalfernsehen weiter, dass nach wie vor der landesweite gesundheitliche Notstand mit Bezug auf die Corona-Pandemie gilt. Dies sei vor allem für die staatlichen Gelder wichtig, mit denen etwa Tests und Impfungen finanziert werden. Die Biden-Regierung hat im US-Kongress 22 Milliarden US-Dollar an zusätzlichen Finanzmitteln im Kampf gegen Covid beantragt. Noch sind diese Mittel nicht genehmigt, dazu brauchen Bidens Demokraten auch die Zustimmung von Teilen der oppositionellen Republikaner. Dies dürfte es nach der Biden-Äußerung, die Pandemie sei vorbei, deutlich schwieriger werden.US-Gesundheitsminister Xavier Becerra kam deutlich ins Schwimmen, als er im Fernsehsender CBS nach Bidens Äußerung gefragt wurde: "Der Präsident hat gespiegelt, was viele Amerikanerinnen und Amerikaner denken. Dass wir nicht mehr unbedingt Masken tragen müssen, dass wir unsere Kinder und die Senioren so gut es geht geschützt haben und schützen. Wir haben gelernt, mit Covid umzugehen."Formal kann eine Pandemie - qua Definition ein grenzüberschreitendes Problem - ohnehin nicht von einem einzelnen Präsidenten oder Regierungschef für beendet erklärt werden, sondern nur von der Weltgesundheitsorganisation WHO. Bisher hat die WHO dies nicht getan. Der Epidemiologe Robert Wachter von der University of California hat dennoch gewisses Verständnis für die Aussage Bidens: "Wir müssen anerkennen, dass wir in einer neue Phase sind", meint er. Die Bedrohung sei nicht vorbei, aber deutlich kleiner geworden. Es gebe die Mittel haben, "uns alles in allem gut zu schützen".Wachter meint: "Es ist verständlich, dass wir von diesem Alarmzustand der vergangenen Jahre Abstand nehmen und versuchen, uns durch eine neue Normalität zu steuern."
0amerika
"Es sah wir ein klares Rennen aus, aber wir mussten die ganze Zeit pushen", sagte Verstappen, "es ist immer etwas ganz Besonderes, beim Heim-Grand-Prix zu gewinnen, dieses Mal musste ich ein bisschen mehr dafür arbeiten, umso mehr freue ich mich jetzt." Mick Schumacher indes wurde vom eigenen Haas-Rennstall ausgebremst, nachdem Teamchef Günther Steiner zuvor gute Leistungen für eine Vertragsverlängerung gefordert hatte. Der Deutsche qualifizierte sich für den starken achten Startplatz, zwei viel zu lange Boxenstopps warfen ihn aber weit zurück. Am Ende stand Schumacher auf Rang 13 ohne Punkte da. Sebastian Vettel erlebte im Aston Martin als 14. ebenfalls ein enttäuschendes Rennen. Verstappen dagegen sammelt weiter fleißig Zähler, es war bereits sein zehnter Sieg im 15. Rennen. 109 Punkte Vorsprung hat er auf die vermeintlichen Verfolger: Leclerc verlor in Zandvoort weiter an Boden, Verstappens Teamkollege Sergio Perez liegt gleichauf mit dem Monegassen. Und es ist ein dramatisch hoher Rückstand: Selbst, wenn Verstappen in sieben verbleibenden Rennen noch viermal ausscheidet und Leclerc alle diese Rennen gewinnt, würde der Niederländer in jedem Fall noch immer vorne liegen. Im Oktober kann er den WM-Triumph vorzeitig perfekt machen. "Die Lücke ist wirklich groß, wir denken jetzt von Rennen zu Rennen", sagte Leclerc.Die Stimmung rund um den Kurs in den Dünen passte zu dieser Gemengelage. Das ganze Jahr über reisen die Verstappen-Fans zu Tausenden um die Welt, in Zandvoort haben sie nun seit dem vergangenen Jahr endlich auch ein Heimspiel. Mehr als 300.000 Zuschauer waren es am gesamten Wochenende, die Atmosphäre eine Mischung aus Fußballstadion und Darts-WM. Selbst die fokussierte Betriebsamkeit in der Startaufstellung wurde begleitet von wummernden Bässen: Mitten auf der Strecke hatte noch schnell ein DJ sein Pult aufgebaut. Zum Start stimmte die Konzentration dann dennoch, größere Zwischenfälle gab es auf der engen Strecke nicht: Verstappen hielt seine Führung vor den beiden Ferrari, dahinter blieb Lewis Hamilton Vierter. Schumacher, auf den härteren Reifen gestartet, musste zwei Konkurrenten mit weichen Pneus ziehenlassen und lag damit zunächst auf Rang zehn. An der Spitze setzten sich Verstappen und Leclerc ein wenig ab, insgesamt bewegten sich die drei Topteams Red Bull, Ferrari und Mercedes allerdings auf einem ähnlichen Niveau - die ersten Stopps sorgten dann für Bewegung im Feld: Ferrari hatte bei Carlos Sainz Probleme, und vor der Haas-Garage musste Schumacher endlose Sekunden stehen. Der Wagenheber hatte sich verklemmt, erst nach zehn Sekunden konnte der Deutsche weiterfahren, die Punkteränge waren nun weit entfernt. Schumacher hing zunächst auf Rang 14 fest, kam zur Rennhalbzeit erneut zum Reifenwechsel - der dieses Mal fünf Sekunden dauerte, vorne rechts klemmte es dieses Mal. Spätestens in diesem Moment war das Rennen für Schumacher gelaufen. An der Spitze entwickelten sich nun die Silberpfeile zu Verstappens härtesten Gegnern. Durch eine starke Strategie lag Hamilton sogar vor dem Titelverteidiger, als eine späte Safety-Car-Phase das Feld noch mal zusammenrücken ließ. Beim Restart allerdings hatte Verstappen keine Mühe, die Führung zurückzuholen, vor der Haupttribüne ging er vorbei, Hamilton wurde am Ende noch durchgereicht - der Rest war eine große Party in Orange.Quelle: sportschau.de
4sportschau
75 Millionen Euro hat TUI das Chaos an den Flughäfen im dritten Quartal gekostet. In der Pressemeldung zu den Quartalszahlen heißt es "Unregelmäßigkeiten insbesondere im britischen Flugverkehr" hätten zu den zusätzlichen Kosten geführt. Dabei geht es um rund 200 gestrichene Flüge am Flughafen Manchester. Die TUI selbst hat nach eigener Aussage dennoch 96 Prozent aller Gäste in den Monaten Mai und Juni pünktlich beziehungsweise mit weniger als drei Stunden Verspätung an ihren Urlaubsort gebracht. Ohne die oben genannten Zusatzkosten läge das bereinigte Konzern-EBIT bei 48 Millionen Euro und wäre damit das erste profitable Quartal für die TUI Group seit Beginn der Pandemie. Zwar konnte das Unternehmen seinen Umsatz auf 4,43 Milliarden Euro fast versiebenfachen, doch steht für die Monate April bis Juni aber erneut ein Minus vor dem bereinigten Gewinn vor Steuern: ein Verlust von 27 Millionen Euro. Der TUI-Konzern spricht von einem "annähernd ausgeglichenen Quartalsergebnis" und erwartet für das Gesamtjahr weiter eine Rückkehr in die Gewinnzone. Die übrigen Zahlen geben dem größten Pauschalreiseanbieter Europas auch allen Grund zum Optimismus. Zwischen April und Juni, dem für TUI dritten Quartal, lag die Gästezahl verglichen mit 2019 bei 84 Prozent. Somit reisten im Berichtszeitraum 5,1 Millionen Menschen mit der TUI. Für diesen Sommer zählt die TUI aktuell bereits 11,5 Millionen Urlaubsgäste. Konzernweit liegen die Buchungen bei 90 Prozent des Niveaus vom Sommer 2019. Für die Monate Juli bis August steigt dieser Wert laut TUI nochmal an. Der Finanzvorstand und designierte TUI-Chef, Sebastian Ebel, sagte beim Vorstellen der Zahlen: "Die Menschen wollen reisen." Der Urlaub stehe bei den geplanten Ausgaben weiterhin an erster Stelle - daran hab sich nichts geändert. Insbesondere bei der TUI Deutschland sind die Buchungen seit dem letzten Update im Mai um rund 20 Prozent gegenüber dem vergleichbaren Buchungsstand für den Sommer 2019 geklettert. Das heißt, die Nachfrage nach innerdeutschen Reisen ist bei der TUI sogar noch stärker als vor der Corona-Pandemie. Gleichzeitig vermeldet das Statistische Bundesamt für Juni ein gestiegenes Interesse an Inlands-Reisen: Die Beherbergungsbetriebe in Deutschland verbuchten für den Juni 48,9 Millionen Übernachtungen in- und ausländischer Gäste, ein Plus von 60,5 Prozent verglichen mit Juni 2021. Damit liegt die Zahl laut Statistischem Bundesamt wieder fast auf Vor-Corona-Niveau. Aufgrund der Pandemie wurde zeitweise ein Beherbergungsverbot für privatreisende Gäste verhängt. Im letzten Jahr wurde es Ende Mai nach sieben Monaten wieder aufgehoben.Trotz Flughafenchaos und gestiegener Preise ist die Sehnsucht nach Urlaubsreisen bei den Deutschen also ungebrochen. Die TUI hat zwei Trends beobachtet und hält sie weiter für intakt: Urlauber buchen weiterhin eher kurzfristig und geben gleichzeitig mehr Geld für ihre Reise aus. Die Durchschnittspreise sind für Sommer 2022 mit plus 18 Prozent auf sehr hohem Niveau. Urlauber buchen laut TUI mehr Pauschalreisen und höherwertige Leistungen wie Zimmerupgrades und längere Aufenthalte. TUI-Manager Ebel übernimmt Ende September die Führung des Konzerns, nachdem der langjährige Chef Fritz Joussen auf eigenen Wunsch vorzeitig ausscheidet. Es seien noch nicht alle Probleme gelöst, sagte Joussen mit Blick auf die hohe Verschuldung und die Verluste, die durch Reisebeschränkungen während der Pandemie anfielen. "Aber die Krise an sich ist durchgestanden, das war mir ein Anliegen." Nachfolger Ebel erklärte, die Rückkehr zu profitablem Wachstum sei jetzt das oberste Ziel.
5unternehmen
Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat ukrainische Geheimdienste für die Tötung der Tochter des nationalistischen Ideologen Alexander Dugin verantwortlich gemacht. Die Tötung Darja Duginas sei von ukrainischen Geheimdiensten "vorbereitet und begangen" worden. Ausgeführt habe die Tat eine ukrainische Staatsbürgerin, die im Anschluss von Russland nach Estland ausgereist sei.  Der FSB erklärte, dass die Verdächtige Natalja W. eine Wohnung in dem Gebäude gemietet habe, in dem Dugina lebte, und sie beschattet habe. Bevor die 29-Jährige bei der Detonation einer an dem von ihr genutzten Auto angebrachten Bombe starb, hatte sie mit ihrem Vater an einem nationalistischen Festival bei Moskau teilgenommen. Der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak wies die Vorwürfe zurück. "Die Ukraine hat sicherlich nichts mit der gestrigen Explosion zu tun, weil wir kein krimineller Staat sind", sagte er.Wie russische Medien am Samstag berichtet hatten, war das eigentliche Ziel des Anschlags wohl Duginas Vater, der als wichtiger Vordenker von Präsident Wladimir Putin gilt. Der ultranationalistische Intellektuelle und Publizist wird wegen seines Einflusses auf den Kreml oft als "Putins Rasputin" oder "Putins Gehirn" bezeichnet. Dugin vertritt seit Langem eine Ideologie, die die Vereinigung russischsprachiger Gebiete in einem neuen russischen Großreich vorsieht. Aus dieser Überzeugung heraus unterstützt er auch den russischen Militäreinsatz in der Ukraine.Dugin, der auch mit Rechtsextremen in Europa gut vernetzt ist, steht schon seit der Annexion der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim 2014 auf der Sanktionsliste der EU. In der Ukraine sind mehrere seiner Bücher verboten. Seine Tochter Daria hatte die russische Militäroffensive in der Ukraine ebenfalls offen unterstützt. Die 1992 geborene Journalistin war deshalb von britischen Sanktionen betroffen.Ein ehemaliger Abgeordneter der russischen Opposition, Ilja Ponomarjow, sagte im ukrainischen Fernsehen, eine unbekannte russische Gruppe namens "Nationale Republikanische Armee" habe sich zu dem Bombenanschlag bekannt. Die Existenz einer solchen Organisation konnte nicht bestätigt werden. Ponomarjow erklärte, dass die Partisanengruppe eigentlich auch ihren Vater habe treffen wollen: "Weil Dugin das Gehirn war, Darja war die Hand. Es gab eine Menge Wut auf Darja Dugina selbst", so Ponomarjow.Das liege daran, dass Dugina in Azowstal gewesen sei. Viele hielten sie auch verantwortlich für den Gefängnisangriff in der Siedlung Oleniwka, so Ponomarjow. "Es gibt hier ein Element der Rache. Dugin ist der Ideologe des Faschismus. Er ist die Person, die den Begriff 'Neurussland' allgemein in das russische politische Lexikon eingeführt hat", so Ponomarjow weiter.Ponomarjow ist wegen seiner politischen Vergangenheit höchst umstritten. Zudem hat man zuvor noch nie etwas von der genannten "Nationalen Republikanischen Armee" gehört. Experten vermuten, dass es sich genauso gut um die Aktion eines Trittbrettfahrers handeln könnte.
1asien
Kürzlich im Garten des Bundesfinanzministeriums. Der Hausherr und FDP-Chef Christian Lindner hat zu einem Pressestatement geladen. Die Sonne scheint heiß, aber die ziemlich unruhige Sommerpause neigt sich langsam dem Ende zu. Bundeskanzler Olaf Scholz will am Tag darauf eine große Pressekonferenz geben. Aber jetzt erst mal Auftritt Christian Lindner. Er prescht mit einem Eckpunktepapier vor, wie er in Zeiten hoher Inflation die sogenannte kalte Progression bekämpfen will. 48 Millionen Menschen, so Lindner, könnten von seinem "Inflationsausgleichsgesetz" profitieren. Eine heimliche Steuererhöhung müsse abgewendet werden, so Lindner. "Hier geht es nicht um Entlastung. Es geht um Verzicht auf Belastung."In normalen Zeiten ist die jährliche Anpassung der Steuertarife an die Teuerung eine Routine, die für keine großen Schlagzeilen sorgt. Aber die Zeiten sind nicht normal - bei einer Inflationsrate von 7,5 Prozent und der Sorge vor weiter explodierenden Energiepreisen und sozialer Unzufriedenheit. Und so erscheint das Thema Inflationsausgleich wie gemacht, um das FDP-Profil in der Ampel-Koalition herauszustellen. Auf der einen Seite die Liberalen, die aus Lindners Sicht die breite Mitte der Gesellschaft im Blick haben. Abermillionen, die regelmäßig ihre Steuern abführen und vom Staat nicht zusätzlich geschröpft werden dürften. Es geht um immerhin zehn Milliarden Euro, rechnet Lindner vor, die dem Staat gar nicht zustünden.Auf der anderen Seite sieht Lindner die Koalitionspartner SPD und Grüne, die einen Teil der höheren Steuereinnahmen nutzen wollen, um stärker umzuverteilen. Etwa durch höhere Transferleistungen im geplanten Bürgergeld, das Hartz Vier ab dem kommenden Jahr ablösen soll. Steuerzahler gegen Umverteiler, so die Botschaft.Das Problem für Lindner und die FDP: 48 Millionen Steuerzahler wären zwar viele potenzielle Wähler - aber die FDP hat zuletzt immer weniger von ihnen von sich überzeugen können. Bundesweit liegt sie in den Umfragen um die sieben Prozent - nach 11,5 Prozent bei der Bundestagswahl vor einem knappen Jahr. Bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein musste die FDP zuletzt nicht nur herbe Verluste hinnehmen, sondern verlor im Anschluss auch noch ihre beiden Regierungsbeteiligungen.  Aus Sicht der Politikwissenschaftlerin Sabine Kropp von der Freien Universität Berlin dürfte das daran liegen, das einige FDP-Wählerinnen und Wähler inzwischen enttäuscht sind: "Die FDP hat mit ihren Wahlversprechen der soliden Staatsfinanzen, in die Steuerpolitik und für die Digitalisierung bislang keine durchschlagenden Erfolge erzielen können." Das erkläre auch, warum die FDP nun umso mehr versuche, sich beim Thema Steuern und Finanzen zu profilieren, meint Kropp.Der Erfolg der FDP bei der Bundestagswahl 2021 hatte zwei wichtige Quellen. Zum einen war es der Partei gelungen, etwa 1,3 Millionen ehemalige Wählerinnen und Wähler der Union zu sich hinüberzuziehen. Zum anderen gewann die FDP rund 400.000 Erstwählerinnen und Erstwähler und lag bei den 18 bis 21-jährigen mindestens gleich auf mit den Grünen. Die FDP holte ihr sehr gutes Ergebnis nicht als potenzielle Mehrheitsbeschafferin, sondern als Programmpartei. Keine Steuererhöhungen, kein Aufweichen der Schuldenbremse und eine Rückkehr zur Normalität nach gut zwei Jahren Pandemie. Individuelle Freiheit vor Staat. Lieber nicht regieren als falsch regieren, hatte Lindner schon 2017 betont.Im Ampel-Bündnis mit zwei weiter links stehenden Parteien, die stark auf den Staat setzen, gelingt es der FDP jetzt immer schlechter, ihre Sonderrolle zu verteidigen und das Schlimmste zu verhindern, wie es für viele Liberale das Selbstverständnis in der Ampel ist. In diesem Jahr hat Lindner so viele Schulden gemacht, wie noch kein Finanzminister vor ihm, wenn man die 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr mitrechnet. Die Schuldenbremse ab dem kommenden Jahr ist immer schwerer zu halten, je mehr Hilfs- und Entlastungspakete geschnürt werden.Und beim Thema Corona war es FDP-Justizminister Marco Buschmann im Frühjahr zwar gelungen, gegen den Willen von SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach weitgehende Öffnungen durchzusetzen. Die gemeinsamen Infektionsschutzpläne für den Herbst lassen aber wieder vielerorts Maskenpflicht und Türkontrollen erwarten. Bei vielen Bundesbürgern mag das gut ankommen, bei FDP-Jungwählern dagegen eher nicht. Auch in der FDP-Bundestagsfraktion ist die Unzufriedenheit über den Corona-Kompromiss groß.Weiteres Problem für die FDP. Die Union ist wieder erstarkt, sagt Politikwissenschaftlerin Kropp: "Es war eine strategische Entscheidung der FDP, im letzten Bundestagswahlkampf, um CDU-Wähler zu werben. Nun dreht die CDU den Spieß gleichsam um und versucht die Wähler zurückzugewinnen."Das dürfte erklären, warum die FDP bei einigen kontroversen Themen versucht, deutlich vernehmbar Position zu beziehen - gegen die Ampelpartner. Etwa mit dem Ja zur längeren Nutzung der drei deutschen Kernkraftwerke und dem Nein zu einem generellen Tempolimit auf Autobahnen. Und wenn FDP-Chef Lindner vor einer Gratis-Mentalität warnt und seine Hochzeit auf Sylt prachtvoll begeht, transportiert er ein Weltbild, das bei vielen auf scharfe Ablehnung stößt - mit dem sich andere aber durchaus identifizieren können. Die FDP muss es nicht allen recht machen - aber ihre potenzielle Klientel will sich schon wiederfinden.Gleichwohl seien die Zeiten nicht einfach für die Liberalen, meint Politikwissenschaftlerin Sabine Kropp. "Die FDP hat es schwer, angesichts der vielfältigen Krisen eine Politik durchzusetzen und zu begründen, die auf weniger Staat setzt." Denn viele Menschen seien beispielweise angesichts der Energiekrise auf eine Unterstützung durch den Staat geradezu angewiesen, so Kropp. "Hier kann die FDP mit der Wiederauflage eines Freiheitsverständnisses, das manchmal an die 1990er-Jahre erinnert, nicht wirklich punkten."
3innenpolitik
Das US-Justizministerium muss eine bearbeitete Version seiner Erklärung für die Durchsuchung des FBI im Anwesen des früheren Präsidenten Donald Trump in Florida veröffentlichen. Das ordnete ein US-Richter an und setzte dem Ministerium eine Frist bis zum Mittag (Ortszeit).Das Justizministerium hatte sich gegen die Veröffentlichung des Dokuments gewehrt, um wichtige Informationen über die noch laufenden Ermittlungen unter Verschluss zu halten. Es argumentierte zudem, dass im Falle einer Veröffentlichung so viele Passagen geschwärzt werden müssten, dass der Text kaum noch aussagekräftig wäre.Beamte der US-Bundespolizei FBI hatten am 8. August Trumps Anwesen in Florida durchsucht. Sie beschlagnahmten bei der Razzia zahlreiche Kisten mit Dokumenten, darunter solchen, die als "streng geheim" eingestuft waren. Trump steht unter anderem im Verdacht, gegen ein Spionagegesetz verstoßen zu haben. Es enthält strikte Vorgaben für die Aufbewahrung von Dokumenten zur nationalen Sicherheit.Der Durchsuchungsbeschluss wurde bereits veröffentlicht. Das Dokument, auf dessen Grundlage der Durchsuchungsbeschluss erwirkt wurde, würde die Vorwürfe gegen Trump aber vermutlich noch konkreter benennen und auch mögliche Zeugen preisgeben. Der Richter stimmte daher nun zu, dass wichtige Passagen des Dokuments geschwärzt werden.Bei den Ermittlungen geht es um Dokumente, die Trump nach Ende seiner Amtszeit im Januar 2021 aus dem Weißen Haus nach Mar-a-Lago mitgenommen hatte. US-Präsidenten sind dazu verpflichtet, mit ihrem Ausscheiden aus dem Amt sämtliche offizielle Dokumente, darunter E-Mails und Briefe, an das Nationalarchiv zu übergeben.Trump hat die Durchsuchung seiner Villa wiederholt als politisch motiviert bezeichnet. Er unterstellt den Demokraten von Präsident Joe Biden, die Justiz zu instrumentalisieren, um ihn an einer möglichen erneuten Präsidentschaftskandidatur 2024 zu hindern.
0amerika
Der Füllstand der deutschen Gasspeicher lag am vergangenen Mittwoch bei 70,4 Prozent. Das geht aus im Internet veröffentlichten Daten der europäischen Gasspeicher-Betreiber hervor. Der Füllstand wird immer mit zwei Tagen Verspätung gemeldet. Am Dienstag hatte Klaus Müller, der Chef der Bundesnetzagentur, gesagt, dass drei Viertel aller Gasspeicher in Deutschland bereits zu mehr als 80 Prozent befüllt seien, teilweise auch schon zu über 85 Prozent. Sorgenkinder seien "eine Handvoll Speicher", die sich zuvor in russischer Hand befunden hätten, wie Rehden in Niedersachsen und Wolfersberg in Bayern. Dort seien die Füllstände deutlich niedriger. Gestern hatte der Füllstand des Speichers Rehden beispielsweise 45,73 Prozent betragen. Eine neue Verordnung sieht vor, dass die deutschen Speicher am 1. September zu mindestens 75 Prozent gefüllt sein müssen. Am 1. Oktober sollen es 85 Prozent und am 1. November 95 Prozent sein. Seit Mittwoch vergangener Woche liegen die Liefermengen aus der Ostseepipeline Nord Stream 1 nur noch bei etwa 20 Prozent der Kapazität.Laut aktuellem Lagebericht der Bundesnetzagentur vom 4. August ist die Situation im Augenblick angespannt. Eine weitere Verschlechterung könne nicht ausgeschlossen werden, heißt es dazu: "Die Gasversorgung in Deutschland ist im Moment aber stabil. Die Versorgungssicherheit in Deutschland ist derzeit weiter gewährleistet."   Die aktuellen Füllstände liegen danach zum Teil deutlich höher als im Jahr 2015, 2017, 2018 sowie 2021. Allerdings warnt die Bundesnetzagentur, dass, sollten die russischen Gaslieferungen über Nord Stream 1 weiterhin auf diesem niedrigen Niveau verharren, ein Speicherstand von 95 Prozent bis November kaum ohne zusätzliche Maßnahmen erreichbar sei. Die Großhandelspreise liegen laut Bundesnetzagentur in Folge der erneuten Lieferreduzierung weiterhin auf sehr hohem Niveau. Unternehmen und private Verbraucher müssten sich auf deutlich steigende Gaspreise einstellen. Nachdem der Spotpreis gestern leicht zurückgegangen war, nähert er sich heute wieder der Marke von 200 Euro.
6verbraucher
Millionen Beschäftigte in Deutschland leisten Überstunden. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, arbeiteten im vergangenen Jahr durchschnittlich 4,5 Millionen Menschen pro Woche länger als vertraglich vereinbart. Das entspricht einem Anteil von zwölf Prozent der insgesamt 37,8 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dabei leisteten Männer mit einem Anteil von 14 Prozent etwas häufiger Mehrarbeit als Frauen (zehn Prozent). Deutliche Unterschiede zeigten sich mit Blick auf die einzelnen Wirtschaftsbereiche, fanden die Statistiker heraus. Am weitesten verbreitet waren Überstunden demnach im Bereich Finanz- und Versicherungsleistungen, wo fast jeder fünfte Beschäftigte (19 Prozent) betroffen war. Auch in der Energieversorgung leistete mit 18 Prozent ein vergleichsweise hoher Anteil Mehrarbeit.Am niedrigsten war der Anteil mit sechs Prozent im Gastgewerbe, gefolgt von der Kunst- und Unterhaltungsbranche (acht Prozent). Hier dürften sich Corona-Beschränkungen ausgewirkt haben, so die Statistiker.Für die meisten Beschäftigten war der Umfang der Mehrarbeit auf wenige Stunden pro Woche begrenzt. Rund ein Drittel gab an, weniger als fünf Überstunden geleistet zu haben. Bei 59 Prozent waren es weniger als zehn Stunden. Allerdings leistete mehr als ein Viertel (29 Prozent) der Betroffenen mindestens 15 Stunden Mehrarbeit. Diese kann in Form von bezahlten und unbezahlten Überstunden geleistet werden oder auf ein Arbeitszeitkonto einfließen, über das sie später wieder ausgeglichen werden kann. Von den Personen, die 2021 mehr gearbeitet hatten als vertraglich vereinbart, leisteten knapp 22 Prozent unbezahlte Überstunden. Knapp 18 Prozent wurden dagegen bezahlt. 72 Prozent nutzten ein Arbeitszeitkonto. Mehrarbeit sei damit teilweise über eine Kombination der drei Formen geleistet worden.
5unternehmen
Bei den Energiekosten droht für viele Deutsche spätestens im Herbst der nächste Preisschub. Zusätzlich zu den höheren Gasrechnungen, die von einigen Stadtwerken kommen dürften, wird ab Oktober eine neue Energie-Umlage zu Buche schlagen. Diese soll, so kündigte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) an, zwischen 1,5 bis 5 Cent pro Kilowattstunde liegen. Habeck bezifferte die Mehrkosten auf mehrere Hundert Euro pro Haushalt, die auf die Verbraucher durch die Umlage zukommen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte zuvor von einer Erhöhung der Gaspreise um zwei Cent pro Kilowattstunde gesprochen - und von zusätzlichen Mehrkosten von jährlich 200 oder 300 Euro für eine vierköpfige Familie. Dass Familien tatsächlich höher belastet werden könnten, hat das Vergleichsportal Check24 vorgerechnet. Bei zwei Cent Umlage hätte ein Vier-Personen-Haushalt, im Rechenbeispiel eine Familie mit zwei Kindern, bei einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden (auf einer Fläche von 180 Quadratmetern) Mehrkosten von 476 Euro im Jahr zu tragen. Bei einer Umlage von fünf Cent müsste die Familie sogar 1190 Euro zusätzlich aufbringen. Selbst eine Familie mit einem Kind - bei einer Hausfläche von 150 Quadratmetern und einem Verbrauch von 18.000 Kilowattstunden - müsste im Falle einer Gasumlage von fünf Cent jährliche Extrakosten von 1071 Euro schultern, hat Check24 errechnet. Im günstigsten Fall käme sie mit 321 Euro davon, sollte die Umlage nur bei 1,5 Cent liegen.In einem Paar-Haushalt mit einem jährlichen Verbrauch von 12.000 kWh liegen die zusätzlichen Kosten durch die Umlage laut Check24 zwischen 214 und 714 Euro. Für einen Single-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 5000 kWh Gas pro Jahr sind Mehrkosten zwischen 89 Euro und 298 Euro zu erwarten. Auch das Verbrauchsportal Verivox hat Modellrechnungen erstellt und kommt zu denselben Zahlen wie Check24. Wirtschaftsminister Habeck betonte, dass es Entlastungen für jene Bürger geben werde, die wegen der Umlage an die Armutsgrenze rutschten: "Das ist kein guter Schritt, aber ein notwendiger Schritt." Tragbar werde er durch soziale Ausgleichsmaßnahmen. Die geplante Umlage für alle Gaskunden soll voraussichtlich ab dem 1. Oktober gelten. Die genaue Höhe der Umlage solle bis Mitte oder Ende August im Internet veröffentlicht werden, hieß es aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Sie hänge davon ab, welche Ausgleichsansprüche die Gasimporteure geltend machten. Betroffen von der Gasumlage sind Millionen Deutsche. Etwa die Hälfte aller Wohnungen in Deutschland wird mit Gas beheizt. Hinzu kommen Haushalte mit Mischsystemen wie beispielsweise Solarthermie oder Pelletheizungen, die durch Gas ergänzt werden. Über die Umlage sollen Versorger die stark gestiegenen Einkaufspreise wegen der zuletzt immer stärker gedrosselten russischen Lieferungen an alle Gasverbraucher weitergeben können. Geplant ist, dass Importeure 90 Prozent der höheren Beschaffungskosten über die Umlage weiterreichen können. Bis Ende September müssen die Importeure ihre Kosten noch selbst tragen.Der Stadtwerke-Verband fordert von der Politik schnelle Klarheit, um Kundinnen und Kunden rechtssicher über die Höhe der Gasumlage informieren zu können. "Andernfalls müssen Stadtwerke vorübergehend für ihre Kunden die Umlage bezahlen, was die wenigsten auch nur kurze Zeit durchhalten können", sagte eine Sprecherin des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der Verband forderte eine Vorbereitungszeit von acht bis zehn Wochen. Verbraucherschützer pochen indes darauf, dass zusätzliche Entlastungen für Haushalte mit niedrigen Einkommen jetzt schnell kommen. "Wenn die Umlage zum 1. Oktober kommt, muss das Hilfspaket der Bundesregierung für die Verbraucherinnen und Verbraucher stehen", sagte Ramona Pop, Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands.
6verbraucher
Nach einer Woche an der Tabellenspitze der Fußball-Bundesliga müssen die Freiburger am 6. Spieltag den Platz für den 1. FC Union Berlin räumen. Für die Gladbacher bedeutete das 0:0 am Sonntag (11.09.2022) bereits das dritte Unentschieden in dieser Saison. Sie liegen mit neun Punkten nun vier Zähler hinter dem Tabellenzweiten aus dem Breisgau.Drei Tage nach dem erfolgreichen Auftakt in die Gruppenphase der Europa League mit dem 2:1-Sieg gegen Qarabaq Agdam wechselte Freiburgs Trainer Christian Streich auf zwei Positionen in der Offensive. Für Nils Petersen und Woo-yeong Jeong kamen Michael Gregoritsch und Daniel Kyereh in die Mannschaft.Bei den Gladbachern, die in dieser Saison an keinem internationalen Wettbewerb teilnehmen, war Trainer Daniel Farke zu Wechseln gezwungen. Ko Itakura sah beim 0:1 gegen den 1. FSV Mainz 05 die Rote Karte, für ihn rückte Christoph Kramer in die Innenverteidigung. Im Mittelfeld kam Julian Weigl, Neuzugang von Benfica, zu seinem Startelfdebüt. Alassane Plea und Nico Elvedi fielen wegen Verletzungen aus, für sie kamen Lars Stindl und Marvin Friedrich.Obwohl es mit einem 0:0 in die Pause ging, sahen 33.000 Zuschauer im Stadion eine attraktive Partie. Beide Mannschaften kamen zu guten Chancen, die Gladbacher hatten leichte Vorteile. Marcus Thuram lief in der 14. Minute allein auf Torhüter Mark Flekken zu, der nicht nur in dieser Szene glänzend parierte.Ärgerlich war für die Borussia auch, dass Florian Neuhaus mit einer Knieverletzung ausgewechselt werden musste (34. Minute). Trainer Farke sagte nach dem Spiel, dass es nach einer Kreuzbandverletzung aussehe.Neuhaus war schon einige Minuten vor der Auswechslung behandelt worden, nachdem er in einen harten Zweikampf mit Kyereh verwickelt gewesen war. Dass Schiedsrichter Tobias Stieler in dieser Szene keinen Freistoß für die Gladbacher gab, erstaunte, passte allerdings in Stielers sehr großzügige Linie.Auch in der zweiten Halbzeit kamen die Gäste, die seit 2002 nicht mehr in Freiburg gewinnen konnten, zur ersten guten Chance. Thuram erlief einen schwachen Pass von Philipp Lienhart am Strafraum, aber Matthias Ginter bügelte den Fehler seines Kollegen gegen seine ehemaligen Kollegen aus.Das Niveau des Spiels sank in der zweiten Halbzeit, aber langweilig wurde es nicht. Der eingewechelte Jeong setzte sich im Strafraum der Gladbacher durch und schoss aus elf Metern, der wie sein Gegenüber Flekken starke Torhüter Yann Sommer wehrte im Flug ab (76.).Trotz 27 Torschüssen (14:13 für Gladbach) blieb es daher beim 0:0 und beide Mannschaften blieben bei jeweils nur fünf Gegentoren in dieser Saison.Der SC Freiburg reist für den 2. Spieltag der Europa-League-Gruppenphase nach Griechenland zu Olympiakos Piräus (Donnerstag, 15.09.2022, um 18.45 Uhr). Am 7. Spieltag der Fußball-Bundesliga treffen die Breisgauer auswärts in Sinsheim auf die TSG Hoffenheim (Sonntag, 18.09.2022, um 19.30 Uhr). Die Gladbacher sind einen Tag früher in Leipzig gefordert (18.30 Uhr).Quelle: sportschau.de
4sportschau
Dass ein Fußballprofi im Alter von über 30 Jahren noch zu seinem Debüt in der Champions League kommt, ist recht ungewöhnlich. Bei Borussia Dortmund war das zum Auftakt der neuen Saison in der Königsklasse gegen den FC Kopenhagen gleich zweimal der Fall. Erwartbar war dies im Falle von Anthony Modeste, 34, der auch wegen dieser Chance vom 1. FC Köln zum BVB gewechselt war. Recht unverhofft wurde diese Ehre dagegen Alexander Meyer zuteil.Der 31-Jährige, im Sommer vom Zweitligisten Jahn Regensburg gekommen, sitzt normalerweise auf der Ersatzbank oder spielt für die U23, wegen der Verletzung von Stammkeeper Gregor Kobel (Muskelfaserriss) kam er nun in der Champions League zum Einsatz. Und gleich nach 20 Sekunden stand er im Rampenlicht. Beim Schuss von Zeca wäre Meyer chancenlos gewesen, der Ball ging jedoch knapp vorbei und touchierte noch leicht den Außenpfosten.Beim zweiten Höhepunkt des Spiels stand dann auch Debütant Modeste im Mittelpunkt. Nach einer Flanke von Julian Brandt kam der Stürmer acht Meter vor dem Tor völlig frei zum Abschluss, vergab die Großchance jedoch recht kläglich (8. Minute). Es war aber der Startschuss für den BVB, der fortan das Spiel kontrollierte und mit einem starken Gegenpressing fast ausschließlich in der gegnerischen Hälfte hielt.Nach einer guten halben Stunde knackte Dortmund dann aber den Kopenhagener Abwehrriegel. Wieder war Brandt der Vorbereiter, diesmal bediente er jedoch Marco Reus, der nach einem Solo das 1:0 erzielte (35.). Nachdem er am vergangenen Wochenende den BVB zum 45. Mal in Führung gebracht hatte und damit einen Rekord von Manfred Burgsmüller einstellte, gehört ihm diese Bestmarke nun alleine.Auch am zweiten Treffer war Reus beteiligt, als er sich am gegnerischen Strafraum robust durchsetzte. Den filigranen Teil der Übung absolvierten dann Giovanni Reyna und Raphael Guerreiro, der nach einem Doppelpass ins leere Tor einschieben durfte (43.).Der Ablauf der Partie veränderte sich auch in der zweiten Halbzeit nicht. Dortmund hielt das Spiel weit vom eigenen Tor entfernt und drückte auf das dritte Tor. Modeste fehlten dafür nach einer Guerreiro-Flanke nur Zentimeter (54.), Brandt geriet aus zehn Metern nach Reus-Querpass in Rücklage und verfehlte das Tor deutlich (58.). In einer weiteren Szene nahm Moukoko seinem Kollegen Brandt frei vor dem Tor den Ball - und das sichere 3:0 vom Fuß (81.).Für die endgültige Entscheidung sorgte dann Jude Bellingham. Nach einer der zahlreichen Flanken von der rechten Seite war der englische Nationalspieler im Strafraum zur Stelle (84.). Kurz darauf kam noch ein letztes Mal großer Jubel im Stadion auf, als der überragende Reus ausgewechselt wurde.Wie vor einem Jahr startete der BVB perfekt in die Champions League. Damals gab es einen 2:1-Auftaktsieg bei Besiktas Istanbul, auch die zweite Partie gegen Sporting Lissabon (1:0) wurde erfolgreich bestritten. Weil drei Niederlagen folgten, scheiterte Dortmund aber schon in der Gruppenphase, ist in dieser Saison auf Wiedergutmachung aus. Vor allem dank Reus ist der erste Schritt dafür getan.Das nächste Spiel in der Königsklasse bestreitet der BVB nächste Woche Mittwoch (14.09.2022) bei Gruppenfavorit Manchester City mit Dortmunds Ex-Stürmer Erling Haaland. Zuvor steht am Samstag (10.09.2022, 15.30 Uhr) für das Team von Trainer Edin Terzic das Bundesligaspiel bei RB Leipzig an.Quelle: sportschau.de
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Droht bald ein wirtschaftlicher Abschwung? Das befürchten immer mehr Anleger. Weitere Zinserhöhungen der Fed könnten eine Rezession in den USA auslösen. In Europa würde ein Lieferstopp von russischem Gas die Wirtschaft in den Abschwung reißen.Besonders an Europas Börsen waren die Rezessionssorgen groß. Der DAX brach um 2,9 Prozent auf 12.401 Punkte ein, den niedrigsten Stand seit November 2020. Ähnlich groß war das Minus im europäischen Leitindex EuroStoxx50. Der Fokus an den Finanzmärkten verschiebe sich von Inflations- und Zinssorgen zu Stagnations- und Rezessionsängsten, meinte Aktienstratege Martin Lück vom Vermögensverwalter Blackrock. Angefacht wurden diese Befürchtungen durch den Streik norwegischer Öl- und Gasarbeiter. Am Abend gab es Entwarnung: Die Regierung griff ein und beendete den Streik.An der Wall Street verlor das "R"-Wort im Laufe des Tages seinen Schrecken. Gespräche zwischen USA und China sorgten für etwas Zuversicht und verdrängten die Rezessionssorgen. Washington könnte womöglich einige der unter dem damaligen US-Präsident Donald Trump eingeführten Handelszölle auf Importe chinesischer Waren wieder zurücknehmen, hoffen Anleger. Der Dow Jones machte einen Großteil seiner deutlichen Kursverluste wett und schloss 0,4 Prozent tiefer. Der US-Blue-Chip-Index war nach dem verlängerten Wochenende mit einem Minus von rund zwei Prozent in den Handel gestartet. Der breiter gefasste S&P 500 drehte gar ins Plus undlegte um 0,2 Prozent zu. Der technologielastige Index Nasdaq gewann 1,8 Prozent. Er war allerdings in den letzten Tagen besonders stark unter Druck geraten.Anleger bevorzugten "sichere Häfen" wie den US-Dollar. Dies hievte den Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, um bis zu 1,6 Prozent auf 106,78 Punkte. Der Euro erreichte zum US-Dollar den tiefsten Stand seit fast 20 Jahren. Die europäische Gemeinschaftswährung fiel um 1,7 Prozent auf 1,0254 Dollar. Damit sei die Parität zur Weltleitwährung nur noch eine Frage der Zeit, warnte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Es sei denn, der Europäischen Zentralbank gelinge das Kunststück, die Inflation zu bekämpfen, ohne die Wirtschaft abzuwürgen und gleichzeitig einen übermäßigen Anstieg der Finanzierungskosten für hoch verschuldete Euro-Länder zu verhindern.Der starke Dollar lastet auf dem Goldpreis, macht er doch das gelbe Edelmetall im Nicht-Dollar-Raum teurer und schwächt so die Nachfrage. Die Feinunze Gold verbilligte sich heute um über zwei Prozent auf 1767 Dollar. So niedrig notierte das Edelmetall zuletzt im Dezember 2021.Nach einer monatelang anhaltenden Aufwertung ist der russische Rubel an der Moskauer Börse heute deutlich eingebrochen. Gegenüber dem Dollar und dem Euro verlor die russische Landeswährung am Dienstag rund zehn Prozent. Am Ende des Börsentags kostete der Dollar mehr als 61 Rubel, der Euro mehr als 63 Rubel. Im Tagesverlauf lagen die Leitwährungen zeitweise sogar mehr als 62 beziehungsweise 64 Rubel. Das ist der höchste Stand seit Anfang Mai. Die plötzliche Rubel-Abwertung begründen Experten mit der Lockerung der Devisenpolitik durch die Zentralbank und der Erwartung, dass die Zentralbank an der Börse auch die Devisenkäufe wieder aufnimmt.Wegen der zunehmenden Rezessionsängste sackten die Ölpreise ab. Die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um fast zehn Prozent auf 102,41 Dollar je Barrel (159 Liter). Der Preis für ein Fass der US-amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel ähnlich stark und sank unter die Marke von 100 Dollar. Die hohe Inflation und die Zinserhöhungen vieler Notenbank dürften die wirtschaftliche Entwicklung dämpfen und so auch die Nachfrage nach Rohöl sinken lassen. Im Falle einer globalen Rezession halten die Experten der Citigroup einen Rückgang des Ölpreises auf 65 Barrel zum Jahresende für möglich. Unter den Einzelwerten am deutschen Aktienmarkt rückte einmal mehr die Uniper-Aktie in den Fokus. Die Bundesregierung will in der Gaskrise einen "Schutzschirm" für angeschlagene Energieunternehmen schaffen. Mit gesetzlichen Änderungen soll die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass sich der Bund an Firmen wie Uniper beteiligen kann. Uniper-Aktien schlossen nach einer Berg- und Talfahrt 9,5 Prozent im Minus bei 10,25 Euro - auf dem tiefsten Stand seit sechs Jahren.Der Großhändler Metro verkauft ein rund 73.000 Quadratmeter großes Grundstück an seinem Hauptsitz in Düsseldorf. Käufer seien Swiss Life Asset Managers, teilte Metro mit. Über den Kaufpreis hätten die Unternehmen Stillschweigen vereinbart. Auf dem Gelände befinden sich aktuell noch ein Metro-Großmarkt sowie ein Media Markt. Auf dem Areal sollen nun ab 2027 unter anderem rund 1500 Wohnungen entstehen. Der spanische Wettbewerber Glovo gehört nun zum Essenslieferdienst Delivery Hero. Es seien alle Maßnahmen für den Abschluss der Transaktion ergriffen worden, teilte der MDAX-Konzern mit. Jetzt stünden nur noch die Erhöhung des Aktienkapitals und die anschließende Zulassung der Aktien zum Handel aus. Danach hält Delivery Hero dann 94 Prozent der Aktien an dem spanischen Konzern. Fielmann-Aktien knüpften nach einigen teils skeptischen Analystenkommentaren an ihre hohen Vortagesverluste an. Erstmals seit 2013 kosteten sie weniger als 40 Euro. Zum Wochenstart waren sie um gut zwölf Prozent eingebrochen, nachdem die Optikerkette die Gewinnprognose für 2022 gesenkt hatte. Analysten streichen nun ihre Gewinnschätzungen zusammen. Der Solar- und Windpark-Betreiber Encavis stellt seinen Vorstand für die europäische Energiewende neu auf. Unternehmenschef Dierk Paskert werde sein Mandat zum 31. Dezember 2022 niederlegen und den Konzern "vorzeitig einvernehmlich verlassen", teilte die MDAX-Gesellschaft gestern nach Börsenschluss mit. Finanzchef Christoph Husmann werde zum 1. Januar 2023 zum Sprecher des Vorstands ernannt und wahre so die Kontinuität der grundsätzlichen Geschäftsausrichtung. Der Leasingspezialist Grenke hat das Wachstum im zweiten Quartal weiter beschleunigt und sich damit weiter vom Corona-Tief erholt. Das Leasingneugeschäft stieg in den Monaten April bis Juni im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast die Hälfte auf 587 Millionen Euro gestiegen. Es war damit das dritte Quartal in Folge, in dem der SDAX-Konzern das Tempo beim Zuwachs des Neugeschäfts steigern konnte. Die Aktien der Shop Apotheke zogen gegen den negativen Markttrend um gut 13 Prozent an. Das SDAX-Unternehmen hat im zweiten Quartal dank der Nachfrage nach nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten seine Erlöse gesteigert. Der Umsatz stieg um 14,7 Prozent auf 287 Millionen Euro. Das Unternehmen scheine das Schlimmste hinter sich zu haben, schrieben die Analysten vom Investmenthaus Stifel. Das beschleunigte Umsatzwachstum in einem schwierigen Marktumfeld sei ermutigend.Ins Rampenlicht rückten heute zwei deutsche Impfstoff-Firmen. CureVac wirft dem Rivalen BioNTech vor, bei dessen Coronavirus-Impfstoff Patente verletzt zu haben. BioNTech wies den Vorwurf zurück. Die in den USA notierten Aktien von BioNTech legten trotzdem um über zwei Prozent zu, die Papiere von CureVac büßten rund ein Prozent ein. Mit einem Plus von 2,6 Prozent gehörte Tesla zu den Gewinnern an den US-Börsen. Die Aktien hatten zunächst um bis zu fünf Prozent nachgegeben. Der Elektroautobauer hat erstmals seit zwei Jahren einen Rückgang des Quartalsabsatzes bekannt gegeben. Er rechne zwar mit einer Erholung der Nachfrage in der zweiten Jahreshälfte, sagte Analyst Garrett Nelson vom Research-Haus CFRA. Allerdings schmälerten die neuen Werke nahe Berlin und in Austin (Texas) den Gewinn, da ihre Auslastung bislang gering sei. Die russischen Konzerne Nornickel und Rusal nehmen einen Zusammenschluss ins Visier. Der russische Geschäftsmann Vladimir Potanin, Großaktionär des Bergbauunternehmens Nornickel, erklärte, für eine Fusion mit dem Aluminiumproduzenten bereit zu sein. Eine Fusion sei nötig, um Sanktionen zu widerstehen, betonte Potanin. Der Vorschlag sei vom Rusal-Management gekommen. Nach der Eskalation des Tarifstreits mit ihren Piloten hat die skandinavische Fluggesellschaft SAS die Reißleine mit einer Insolvenz nach US-Recht gezogen. Einen Tag nach Beginn des Pilotenstreiks teilte die Airline heute mit, sie habe in den USA Gläubigerschutz beantragt. Analysten sehen darin die Chance auf einen Neustart. Der Spotify-Rivale Deezer konnte bei seinem Börsendebüt in Paris bei den Anlegern nicht punkten. Die Aktien starteten bei 8,50 Euro, brachen dann aber um mehr als 17 Prozent auf 6,99 Euro ein. Ähnlich wie der Marktführer Spotify steht Deezer für die Neuausrichtung der Musikindustrie auf Streamingangebote und weg vom Kauf und Download einzelner Alben oder Songs. Die mexikanische Fomento Económico Mexicano (Femsa) hat für die Schweizer Kioskkette Valora ein öffentliches Kaufangebot von 260 Franken je Valora-Aktie vorgelegt. Der Betreiber von Ladengeschäften und Apotheken in Lateinamerika will den Kaufpreis von bis zu 1,1 Milliarden Franken mit verfügbaren Barmitteln finanzieren. Der Valora-Verwaltungsrat unterstützt die Transaktion.
2finanzen
Der Druck auf die Bundesregierung, der Ukraine noch deutlich schneller mit schweren Waffen zu helfen, war zuletzt gewaltig gewachsen. Die reagiert nun mit dem Versprechen weiterer Lieferungen - wenn auch nicht von Kampf- oder Schützenpanzern. Zwei weitere Mehrfachraketenwerfer vom Typ MARS II wird die Ukraine erhalten und dazu 200 Raketen an Munition. Dies hat Verteidigungsministerin Christine Lambrecht nun angekündigt. Die nötige Ausbildung für die ukrainische Besatzung werde noch im September beginnen, betonte die SPD-Politikerin. Deutschland hatte dem angegriffenen Land bereits drei Artilleriesysteme dieser Bauart geliefert.Außerdem bekommt die Ukraine erstmals gepanzerte Fahrzeuge vom Typ Dingo aus Deutschland - insgesamt 50 Stück. Dieses bewaffnete Transportfahrzeug war von der Bundeswehr etwa in Afghanistan insbesondere für Patrouillen genutzt worden. "Diese Lieferungen werden die Bundeswehr nicht schwächen", war es Ministerin Lambrecht ein Anliegen zu unterstreichen. Auf die zuletzt immer lauter werdenden Forderungen auch aus der Ampelkoalition, der Ukraine auch direkt Kampf- oder Schützenpanzer zu liefern, die das Land für die Rückeroberung weiterer Gebiete braucht, ging die Verteidigungsministerin zunächst nicht ein. Die Ankündigungen Lambrechts dürften der Versuch sein, den Druck auf ihr Ministerium und auf den Bundeskanzler zu mindern.Auch stehe der mit Griechenland geplante "Ringtausch" Zentimeter vor dem Abschluss, kündigte Lambrecht an. Man stehe im "mutigen Kampf der Ukrainer klar an ihrer Seite", befand die Ministerin: "Und es macht Mut zu sehen, welche Erfolge die Ukraine gerade in den letzten Tagen, auch mit Hilfe deutscher Waffen, erzielen konnte."Im Zuge dieser Geländegewinne im Osten und Süden hatte die Regierung in Kiew von Deutschland ganz konkret Kampf- und Schützenpanzer gefordert - um diese Gebiete halten und weitere von Russland zurückerobern zu können.Generalinspekteur Eberhard Zorn hatte mit Äußerungen im "Focus" für Aufsehen gesorgt, man solle diese Erfolge nicht überbewerten. Eine Einschätzung, die der ranghöchste deutsche Soldat auf der Bundeswehrtagung zu untermauern suchte, schließlich sei die Front 1300 Kilometer lang: "Eine großangelegte Gegenoffensive auf der gesamten Breite dieser langen Front sehen wir derzeit nicht", sagte Zorn. "Russland hat zwar infolge der erfolgreichen ukrainischen Gegenangriffe vorerst die Initiative verloren, hält aber nach unseren Erkenntnissen an seinen Zielen in der Ukraine fest." Auch wenn etwa 60 Prozent von Putins Landstreitkräften im Ukraine-Krieg gebunden seien, verfügten vor allem die russische Marine und Luftstreitkräfte noch über ungebundene Kapazitäten, mahnte Zorn. "Wir müssen den Fokus weiten und uns auch auf andere Szenarien vorbereiten." Soll heißen: Es wäre ein Fehler, Russland zu unterschätzen. Die Landes- und Bündnisverteidigung hat für den Generalinspekteur wieder oberste Priorität."Die Bundeswehr in der Zeitenwende", so ist die Tagung in Berlin betitelt, auf der am Freitag auch der Kanzler sprechen soll. Und bei der sowohl die Verteidigungsministerin als auch der ranghöchste deutsche Soldat, das 100-Milliarden-Euro-Paket lobten, das zu einer besser ausgerüsteten Bundeswehr führen soll. "Momentan sind wir noch im freien Fall", befand allerdings der Chef des Bundeswehrverbandes, André Wüstner, im ARD-Morgenmagazin. Soll heißen: Der Rettungsschirm ist der Truppe mit dem 100-Milliarden-Paket zwar umgeschnallt.Doch geöffnet hat sich der noch nicht: Bis das Geld wirklich ausgegeben wird und die Truppe das nötige Material bekommt, wird es noch dauern. Der F35-Kampfjet und der schwere Transporthubschrauber sollen zum Beispiel erst im Jahr 2026 geliefert werden.Dass es mit Geld nicht getan ist, sondern eine Reform - der Beschaffung etwa - unabdingbar ist, gehört mittlerweile zu den Binsenweisheiten. Bis die "Zeitenwende" bei den Soldatinnen und Soldaten nachhaltig spürbar wird, dürfte es also noch eine Weile dauern. Und ob die neuen Waffenlieferungsankündigungen für die Ukraine wirklich die offenen Fragen aus der Ampel an Kanzler und Verteidigungsministerin zum Verklingen bringen, ist zweifelhaft.
3innenpolitik
Applaus für US-Präsident Joe Biden im Auguste-Viktoria-Krankenhaus auf dem Jerusalemer Ölberg. Die nach der letzten deutschen Kaiserin benannte Klinik ist eine von sechs Einrichtungen im arabischen Ostteil der Stadt, die als Netzwerk von zentraler Bedeutung für die Gesundheitsversorgung der palästinensischen Bevölkerung sind. Sie bietet medizinische Fachbehandlungen und ist etwa auf die Behandlung von Krebspatienten spezialisiert.Der US-Präsident kam nun mit guten Nachrichten auf den Ölberg. Die USA stellen für das palästinensische Klinik-Netzwerk in Ost-Jerusalem 100 Millionen Dollar an zusätzlicher Finanzhilfe zur Verfügung.Biden sagte: "Palästinenser und Israelis verdienen das gleiche Maß an Freiheit, Sicherheit, Wachstum und Würde. Zugang zu Gesundheitsversorgung sobald man sie braucht, ist zentral für ein Leben in Würde."Bidens Regierung will außerdem mehr als 200 Millionen Dollar für das Hilfswerk der Vereinten Nationen für die Palästinenser sowie Entwicklungshilfeprojekte zur Verfügung stellen.Bidens Vorgänger Donald Trump hatte die finanzielle Unterstützung der Palästinenser weitgehend eingestellt. Seit Joe Biden im Amt ist, fließt das Geld wieder. Politische Signale im Sinne der Palästinenser blieben aber aus.In Bethlehem warteten Demonstranten auf Biden, um ihn an die erschossene US-amerikanisch-palästinensische Journalistin Shireen Abu Akleh zu erinnern.Eine US-Untersuchung kam zu dem Schluss, dass die Reporterin wahrscheinlich von einem israelischen Soldaten erschossen wurde, es aber keinen Hinweis darauf gebe, dass dies absichtlich geschehen sei. Dieses Fazit wird von den Angehörigen der Reporterin scharf kritisiert. Der US-Präsident versprach nun weitere Versuche der Aufklärung des Falls.Auf der Pressekonferenz im Anschluss an sein Treffen mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas kündigte Biden an, sich weiter für eine Lösung im Nahost-Konflikt einzusetzen: "Ich weiß, dass das Ziel Zweistaatenlösung sehr weit weg scheint, aber wir werden unser Streben nach Frieden nie aufgeben.Selbst wenn die Wiederaufnahme von Verhandlungen zur Zeit nicht möglich ist, werden die Vereinigten Staaten unter meiner Führung weiter versuchen, Israelis und Palästinenser einander näher zu bringen."Abbas forderte die USA zu konkreten politischen Schritten auf wie zum Beispiel zur Eröffnung eines Konsulats nur für palästinensische Angelegenheiten in Jerusalem.Zu einer möglichen Wiederaufnahme von Verhandlungen mit Israel sagte Abbas, Israel müsse die Besatzung der palästinensischen Gebiete beenden. Die Hand der Palästinenser sei ausgestreckt für Frieden, so Abbas.Im Anschluss an sein Treffen mit Abbas besuchte Biden noch die Geburtskirche in Bethlehem, die an der Stelle steht, an der der Überlieferung nach Jesus geboren wurde.Am Nachmittag hob die Air Force One dann ab Richtung Saudi-Arabien - zum ersten Direktflug eines US-Präsidenten von Israel in das Königreich am Golf. Am Abend zuvor hatte die Luftfahrtbehörde in Riad bekannt gegeben, dass der saudi-arabische Luftraum künftig für ausländische Flüge komplett geöffnet sein wird - also auch für israelische Fluggesellschaften. Von einer historischen Entscheidung sprach der US-Präsident.Israels Premier Jair Lapid dankte der politischen Führung in Saudi-Arabien und erklärte, die Öffnung des Luftraums sei nur ein erster Schritt in der Annäherung beider Länder.
1asien
Da stehen sie sich gegenüber - wie Nachbarn am Gartenzaun, die seit Jahren eine Feindschaft pflegen. Rund 50 Demonstranten hinter einer Absperrung, mit einem Transparent gegen die "korrupte Regierung", vor der Absperrung ein halbes Dutzend SPD-Abgeordnete, die "den Dialog suchen." Die SPD-Bundestagsfraktion ist zur Klausur im Bilderberg Bellevue Hotel in Dresden zusammengekommen. "Wer hat uns verraten? Die SPD!", ruft eine Demonstrantin den Parlamentariern zu. Es ist eine Mischung aus "Querdenkern", AfD-Anhängern, unzufriedenen Menschen aus Sachsen, die zwar nur eine kleine Gruppe vor der Tür ausmacht, aber ein Vorgeschmack auf die wachsende Wut in Ostdeutschland sein könnte. Sie beklagen sich über die hohen Energiepreise und die Inflation, fordern die Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 in Betrieb zu nehmen und mit Russland den Dialog zu suchen. Die Unsicherheit ist groß. Die SPD trifft hier auf die ostdeutsche Realität und ist dorthin gefahren, wo sie viele Menschen nicht mehr erreicht. Auch wenn sie genau vor diesen Protesten gewarnt wurde, sei man hier, betont der SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich. Der Partei ist klar, dass sie nun schnelle Lösungen beschließen muss, damit die Stimmung nicht kippt. Die wochenlange Diskussionen über ein mögliches Entlastungspaket, das Gezerre und die Spitzen gegen die anderen Ampel-Parteien, verunsichert die Menschen. Die Fraktion der Kanzlerpartei SPD war in den vergangenen Monaten kaum aufgefallen, erkennbar bemüht Olaf Scholz den Rücken freizuhalten in dieser "Zeitenwende". Aber vor einer Woche hat sich die SPD-Fraktion in die Debatte um das dritte Entlastungspaket eingebracht. Mit einem umfassenden Papier, das gezielte Einmalzahlungen für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen fordert und spürbare Hilfen durch das Wohngeld. Dazu ein 49-Euro-Ticket im Nahverkehr, eine Übergewinnsteuer für Energieunternehmen und eine Strom- und Gaspreisbremse. Es fallen Begriffe wie "wuchtiges Paket", "spürbar schnelle Maßnahmen". SPD-Parteivorsitzender Lars Klingbeil verspricht am Rande der Klausur weitere Einmalzahlungen, damit die Bürgerinnen und Bürger sehr schnell mehr Geld im Portemonnaie haben. Der Staat solle "wirklich" helfen. Die Zeit drängt. Das dritte Entlastungspaket soll schnell festgezurrt werden. Die Messlatte ist hoch bei der SPD. Rentnerinnen und Rentner oder auch Studierende dürfen nicht mehr vergessen werden. Zu groß war deren Aufschrei, zu beschädigt danach das Image der SPD. Viele bei der Klausur in Dresden begrüßen, dass sich die Fraktion gerade noch rechtzeitig vernehmbar zu Wort gemeldet hat - und die sozialdemokratischen Forderungen deutlicher wurden. Und dass inzwischen selbst FDP-Finanzminister Christian Lindner davon spricht, dass der Rendite-Autopilot im sogenannten Strommarktdesign ausgeschaltet werden muss, sieht SPD-Fraktionschef Mützenich als Bestätigung. "Wir haben immer darauf hingewiesen, dass der Markt das nicht richten kann, dass wir Eingriffe des Staates brauchen", sagt Mützenich. Man bemüht sich um keine falschen Töne gegenüber den Koalitionspartnern, baut verbale Brücken. Nach der Kabinettsklausur in Meseberg ist klar, dass diese Einigkeit demonstriert werden muss. Denn dass die Stimmung im Land gereizter wird, macht auch Abgeordneten wie Rainer Keller Sorgen. Er hat seinen Wahlkreis weit weg von Sachsen - in Wesel am Niederrhein. "Die Leute haben Angst, was an Belastungen kommt. Und das betrifft nicht nur Leute mit geringen Einkommen. Sehr viele finden die Entwicklung der Inflation bedrohlich." Keller zählt zur Parlamentarischen Linken in der SPD-Fraktion. Er hält vor allem die Übergewinnsteuer für wichtig, damit der Staat die geplanten Entlastungen auch bezahlen könne. Fraglich ist aber, ob die Sozialdemokraten ihre Forderung nach einer Übergewinnsteuer tatsächlich durchbringen oder sie damit womöglich erstmal nur eine Debatte anstoßen.Vor der Landtagswahl in Niedersachsen ist es wichtig, dass die SPD nun auf soziale Erfolge und konkrete Maßnahmen verweisen kann. Das wissen auch die beiden Parteivorsitzenden. So sieht SPD-Chef Lars Klingbeil, dass viele Mittelständler in seinem niedersächsischen Wahlkreis klagen, dass die wirtschaftliche Situation sich weiter verschärft. SPD-Chefin Saskia Esken sieht die mentale Überforderung der Menschen: erst Corona, jetzt Energiekrise - viele kämen mit zwei Krisen gleichzeitig nicht zurecht. Da wollen die Sozialdemokraten gegensteuern.  
3innenpolitik
Der iranische Filmemacher und Berlinale-Gewinner Jafar Panahi muss eine sechsjährige Haftstrafe antreten. Der 62-Jährige werde die Strafe im Teheraner Ewin-Gefängnis verbüßen, teilte die iranische Justizbehörde nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Irna mit. Panahi war vor rund einer Woche in der iranischen Hauptstadt festgenommen worden. Der mehrfach ausgezeichnete Filmemacher war 2010 wegen "Propaganda gegen das Regime" zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden, zudem ist es ihm 20 Jahre lang versagt worden Filme zu drehen, Drehbücher zu schreiben oder sich gegenüber Medien zu äußern. Ihm wurde vorgeworfen, im Jahr 2009 Proteste gegen die Wiederwahl des ultrakonservativen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad unterstützt zu haben. Trotz Arbeitsverbot im Iran und Ausreisesperre hat Panahi mehrere Filme gedreht. Sein Film "Taxi Teheran" wurde 2015 bei den Filmfestspielen in Berlin mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet. Drei Tage vor Panahis Festnahme waren im Iran bereits der ebenfalls international preisgekrönte Filmemacher Mohammed Rasulof sowie dessen Kollege Mostafa Aleahmad in Gewahrsam genommen worden. Sie sollen nach Angaben der iranischen Justiz mit einem Aufruf gegen Gewalt die öffentliche Ordnung gefährdet und dabei auch mit Regimegegnern zusammengearbeitet haben. Die Veranstalter der Berlinale hatten gegen die Verhaftung protestiert. Hintergrund ist der Einsturz einer Einkaufspassage in der südwestiranischen Stadt Abadan mit mehr als 40 Todesopfern im Mai. Proteste wurden daraufhin von Polizei und Sicherheitskräften gewaltsam unterdrückt. Mehr als 70 Menschen aus der iranischen Filmindustrie forderten mit dem Hashtag "#Put your gun down" (Legt eure Waffe nieder) ein Ende der Polizeigewalt. Initiatoren sollen Rassulof und Al-Ahmad gewesen sein. Panahi hatte sich nach eigenen Angaben mit mehreren Hundert Filmschaffenden im Internet nach der Festnahme am Wochenende mit Rassulof und Al-Ahmad solidarisiert.
1asien
Der bei einem Angriff schwer verletzte Autor Salman Rushdie ist nach Angaben seines Agenten Andre Wylie nicht mehr an ein Beatmungsgerät angeschlossen und spricht wieder. Rushdie war am Freitag bei einer Veranstaltung in Chautauqua im Westen New Yorks attackiert worden.Wenige Minute zuvor hatte er die Bühne betreten, um über verfolgte Künstler zu sprechen. Wylie hatte angegeben, der 75-jährige Rushdie sei an der Leber und an Nerven in einem Arm verletzt worden. Zudem werde er ein verletztes Auge wahrscheinlich verlieren. Rushdie wird seit Jahrzehnten von religiösen Fanatikern verfolgt. Wegen seines Werks "Die satanischen Verse" aus dem Jahr 1988 hatte der damalige iranische Revolutionsführer Ajatollah Chomeini zur Tötung des Autors aufgefordert. Er warf Rushdie vor, in seinem Roman den Islam, den Propheten und den Koran beleidigt zu haben. In dem Buch kommt unter anderem eine Figur vor, die dem Propheten Mohammed ähnelt. Die Kritik lautet, dass Rushdie den göttlichen Ursprung des Koran infrage stellte. Auf das Todesurteil folgten damals eine dramatische Flucht Rushdies und jahrelanges Verstecken. Seit mehr als 20 Jahren lebt er nun in New York. Gegen den Angreifer wird wegen versuchten Mordes zweiten Grades und Körperverletzung zweiten Grades ermittelt. Der 24 Jahre alte mutmaßliche Täter sitzt laut Polizeiangaben in Untersuchungshaft, ohne dass derzeit eine Möglichkeit zur Freilassung gegen Kaution besteht. Zu einem Tatmotiv gab es weiter keine Angaben.Mord zweiten Grades ist ein eigenständiger Tatbestand im US-Rechtssystem zum Tod eines Menschen. Er kann im Bundesstaat New York mit jahrelangen Haftstrafen belegt werden. Vor Gericht plädierte der Anwalt des Mannes in dessen Namen auf nicht schuldig.Außenministerin Annalena Baerbock verurteilte den Messerangriff auf Rushdie. Sie bange "wie Millionen Menschen auf der Welt" um das Leben Rushdies, schrieb sie auf Twitter. Wer den "Mordanschlag" auch noch rechtfertige, verbreite "nichts anderes als Hass und Extremismus". Zuvor hatten unter anderem mehrere Medien im Iran den Angriff auf Rushdie gefeiert. Wer an "ein friedliches Zusammenleben" glaube, müsse sich dem "klar und konsequent entgegenstellen", schrieb Baerbock weiter.  Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell wünschte Rushdie eine schnelle Genesung. "Eine internationale Ablehnung solcher krimineller Handlungen, die Grundrechte und Freiheiten verletzen, ist der einzige Weg zu einer besseren und friedlicheren Welt", schrieb Borrell auf Twitter. Der israelische Regierungschef Jair Lapid bezeichnete die Tat als "Attacke auf unsere Freiheiten und Werte". Der Vorfall sei "das Resultat von Jahrzehnten der Aufwiegelung, angeführt durch das extremistische Regime in Teheran", schrieb Lapid auf Twitter. Stellvertretend für die Menschen in Israel wünsche er dem Schriftsteller eine vollständige und schnelle Genesung.Der Schriftstellerverband PEN in Deutschland bekundete erneut seine Solidarität mit dem angegriffenen Autor. "Als Zeichen unserer Solidarität mit diesem mutigen Kämpfer für die Freiheit des Wortes ernennt das Präsidium des PEN-Zentrums Deutschland Salman Rushdie zum Ehrenmitglied", sagte Claudia Guderian, Generalsekretärin des PEN Deutschland.
0amerika
Morgens kurz nach sieben Uhr in Cottbus. Der Arbeitstag von Heizöllieferant Uwe Markus beginnt. Zweitausend Liter Heizöl hat der erste Kunde bestellt. Einmal den vollen Tank wünscht er sich. Markus hält einen Blätterstapel in der Hand, mehr als 30 Stück an der Zahl. "Die muss ich heute noch mit Heizöl beliefern. Und zwar alle. Egal wie lange es dauert." Der Heizöllieferant hat eine sogenannte Tagestour vor sich. "Heizöl haben wir zwar noch genug, aber es geht immer nur um den Preis: Dass es jetzt so teuer ist, also das Doppelte vom letzten Jahr, damit hat ja niemand gerechnet", sagt Markus.Anfang Juli hat Kunde Norman Köckritz-Lux angefangen, die Preise täglich zu beobachten. Für ihn ist der hohe Preisanstieg das Ergebnis einer verfehlten Politik. Man könne eben nichts dagegen tun, sagt er. Ein üblicher Zeitpunkt für den Kauf des Heizöls war für ihn ursprünglich der Mai. "Da sind die Preise am besten, aber diesmal haben wir gewartet bis Juni. Doch der Preis wurde immer höher."Sie sind froh, nicht noch länger gewartet zu haben, sonst wären die Kosten jetzt noch höher. 3000 Euro muss Köckritz-Lutz für gut 2000 Liter bezahlen. "Wir haben jetzt getankt, weil wir entschieden haben: Egal wie hoch der Preis ist, wir wollen die Gewissheit, dass wir für den nächsten Winter Öl haben. Heutzutage kann alles passieren, und dann ist nichts mehr da", sagt Köckritz-Lux.  Danach geht es für Heizöllieferant Markus direkt weiter zum nächsten Kunden. Die Ängste der Kunden seien groß, sagt er, während er wieder in seinen Laster steigt. Die Bestellbücher seien voll, es sei egal, wieviel Öl er jetzt als Lieferant noch einkaufe: "Wir werden eh alles los, da alle Kunden noch mehr Vorrat haben wollen." Egal wie und zu welchem Preis: "Die Angstkäufer sind auf jeden Fall da. Verständnis für die hohen Preise habe ich zwar nicht, aber es wird ja alles teurer: Benzin, das Einkaufen und eben das Öl." Besonders beim Blick auf die Rechnung werde den Kunden schlecht, einige haben auch schlicht das Geld nicht. Besonders bei Menschen, die Sozialleistungen beziehen und sich das Öl deswegen nicht mehr leisten können, habe er Mitleid. Der Kunde habe aber die Wahl, erstmal ein bisschen zu nehmen, um überhaupt die Kälte zu überstehen. Er müsse es ja nicht unbedingt volltanken, sagt der Lieferant. Markus' Chef, Jens-Uwe Kellberg, betreibt eine Tankstelle. Seit 30 Jahren verkauft er Heizöl. So wie jetzt habe er die Preissprünge noch nie erlebt. Er glaubt, dass sich Spekulanten die Taschen vollmachen. "Es ist nicht nur alles auf den Krieg zurückzuführen, die Börsen machen die Spekulation. Nur als Beispiel: An dem Tag, als Putin einmarschiert ist, war der Einkauf über Nacht 30 Cent je Liter höher. Das ist einfach unnormal", sagt Kellberg. Etwa 120.000 Brandenburger Haushalte heizen noch mit Öl, bundesweit waren es 2020 etwa 4,6 Millionen. Die Zahl ist leicht rückläufig. Die nächste Kundin, die Lieferant Markus erreicht, würde gerne von der Ölheizung auf eine Solaranlage umrüsten. "Man kommt entweder an die Geräte nicht ran oder die Gewerke sind nicht vollständig", sagt die Brandenburgerin Luise Ganske. "Vielleicht mit Blickrichtung auf die Regierung: Da sollte sich ein bisschen etwas ändern. Damit der Kleine auch umrüsten kann." Wann der beste Zeitpunkt für den Heizölkauf ist und wie sich die Preise entwickeln werden, kann niemand vorhersagen. Eines ist aber ist sicher: Heizöllieferant Uwe Markus wird auch künftig viel zu tun haben.
6verbraucher
Ganz wird ihn das Ruhrgebiet niemals loslassen. Es ist schon Ernst dabei, wenn Tim Ringel lachend sagt: "Ich bin ja stolz darauf, in Duisburg aufgewachsen zu sein. Aber es wäre halt schon cooler gewesen im Silicon Valley, glaube ich." So begann Ringels Erfolgsgeschichte nicht in einer Garage und ging so rasend schnell wie die von Apple-Gründer Steve Jobs. Seine begann bei der Kiste Bier mit seiner Nerd-Clique in Duisburg. Der Überflieger bleibt am Boden - selbst wenn er auf einer Dachterrasse hoch über Big Apple steht: schwarze Jeans, schwarzes T-Shirt, teure Sneakers. Understatement. Mit der Schule habe er es nicht so gehabt. Statt Lernen war Zocken angesagt. "Als ich elf war, hat irgendwie jeder einen Commodore 64 gehabt oder einen Amiga, und das war natürlich die Crème de la Crème, da konntest Du ganz viel Spiele zocken, das war super. Und auf dem Schulhof wurde auch ordentlich gedealt - mit Disketten. Und ich wollte unbedingt einen Computer haben. Ich fand Spielkonsolen langweilig."Seine Eltern kauften ihm einen PC, der zu Hause in einem extra Raum stand, in den Tim zwei Stunden täglich rein durfte. Aber: "Ich konnte ja nichts damit machen, weil kein Mensch auf dem Schulhof einen PC hatte." Also brachte Tim sich das Programmieren bei, schmiss LAN-Partys - und hatte Visionen.Doch für ein Informatikstudium reichte die Abinote nicht. Er studierte Wirtschaft - halbherzig. "Neben der Uni habe ich Serversysteme administriert und Clients in Ratingen bei der Royal Bank of Scotland", erzählt er. Und irgendwann habe er sich ganz nebenbei auch noch selbstständig gemacht. Fortan bauten Ringel und seine Kumpels Websites für Firmen und brachten sie in den Suchmaschinen nach vorn. "Was aber spannend war, ist, dass irgendwann mal Leute gesagt haben: 'Jetzt habt ihr uns diese Seite gebaut, die haben wir jetzt, aber da, die besucht halt keiner, da ruft jetzt keiner an!' Wir haben das dann zum Anlass genommen, uns damit auseinanderzusetzen: Wie leitet man Leute auf eine Internetseite?"Mit seinen jetzt 46 Jahren klingt der Start-upper heute wie ein Dinosaurier des Internet, der aus der Steinzeit erzählt. "Wir hießen C&R Internet Services GbR. Internet Service, das versteht ja keiner. Also damals nicht. Wir haben tatsächlich den Anruf gekriegt, da hat einer angerufen und gesagt: 'Ist da das Internet? Können Sie mir mal die Seite so und so ausdrucken?' So sei das eben gewesen Ende der 1990er. 1999 gründete er mit einem Geschäftspartner die Agentur "Metapeople" -  mitten im ersten großen Internetboom. Unter den Kunden waren bereits Große wie die Telekom und E-Plus. 2001 kam Google. Und Ringel war einer der Ersten in Deutschland, der dort für einen Kunden einen Anzeigenauftrag klarmachte. Er erinnert sich noch heute an den Anruf: Google lud sie ins Silicon Valley ein. Ringel schaute sich Unternehmenskultur ab. Sein Team brainstormte lieber am Grill als im Büro. Sein Studium schmisst er: keine Zeit. Aus zehn Nerds des Leistungskurses Informatik einer Duisburger Gesamtschule wurde ein Laden mit 320 Leuten. Aus einer Internetagentur wurde eine Online-Agentur mit Standorten in Deutschland, London, Paris und San Francisco. 2011 verkaufte Ringel die Agentur mit zehn bis zwölf Millionen Euro Umsatz an Netbooster nach Frankreich. Er ging mit Frau und zwei Kindern nach New York, wollte etwas gründen. Er wurde CEO einer Agenturgruppe und dann Chef der Spring Studios, die unter anderem die New York Fashion Week veranstalten. Nach der Corona-Pause gründete Ringel dann seine eigene Werbeagentur Meet the People. "Unser Modell ist relativ simpel. Wir sagen, wir machen das transparent. Wir müssen in der Mitte kein Geld verdienen. Es sind keine Zwischenhändler, sondern wir liefern Leistung", erklärt er seine Geschäftsidee. "Der Kunde bezahlt dafür, und die Plattformen mögen uns. Und wir aggregieren die ganzen verschiedenen Services dazwischen, die ganze Dienstleistung, und versuchen, integrierte Werbekampagnen oder integrierte Werbung zu machen." Egal, ob sich ein Kunde eine Marke ausdenke oder bei TikTok Werbung schalten wolle: "Das muss eigentlich alles aus einer Hand kommen." 
5unternehmen
Im Gemeinderaum des Kellers der Methodistenkirche im Washingtoner Stadtteil Capitol Hill sitzen rund 80 Migranten an Tischen und auf Bänken, manche haben sich auf den Boden gelegt und dösen vor sich hin. Es ist stickig, die Luft riecht nach ungewaschener Kleidung und Hühnchen-Fleisch mit Reis, das in großen Töpfen auf einem Tisch steht.  Auf einer Bühne am Kopf des Raumes stehen Kisten mit Kleidung, Windeln und Toilettenartikeln, freiwillige Helferinnen und Helfer verteilen die Sachen. Die Menschen sind am Morgen mit zwei Bussen aus Texas hierher gebracht worden. Unter ihnen ist Alexander Rafael Colmenares. Er ist aus seiner Heimat Kolumbien geflohen und erzählt, wie bewaffnete Banden in seinem Land für große Probleme sorgten - deshalb habe er "alles gegeben", um "nach einer besseren Zukunft für mich und meine Familie zu suchen".Der 30-Jährige schaut aus müden braunen Augen in den Raum. Außer der Kleidung, die er trägt, hat er kaum etwas dabei. Sein Handy hätten ihm die Grenzbeamten weggenommen. Colmenares war eineinhalb Monate unterwegs, hat sechs Länder durchgequert. Meistens ist er gelaufen, nur manchmal mit dem Bus gefahren. Als er in Texas ankam, wurde ihm ein kostenloser Platz im Bus nach Washington angeboten. Den hat er gerne angenommen - es habe ihn beruhigt, mit dem Bus von der Grenze wegzukommen, sagt er, und jetzt sei alles "viel besser". Tatsächlich ist Colmenares in Washington gelandet, weil zwei Männer die geflüchteten Menschen nicht in ihren Bundesstaaten haben wollen: die republikanischen Gouverneure von Texas und Arizona, Greg Abbott und Ducey. Seit dem Frühjahr bieten sie den Migranten an der mexikanischen Grenze kostenlose Tickets nach Washington an, seit Anfang August - zumindest der Texaner Abbott - auch nach New York. Mit der Bus-Aktion protestieren sie gegen die Einwanderungspolitik der demokratischen US-Regierung. Greg Abbott sagte dazu im US-Fernsehen, in der Hauptstadt der Vereinigten Staaten könne sich dann die Biden-Regierung "sofort um die Bedürfnisse der Menschen zu kümmern, denen sie  erlaubt hat, über unsere Grenze zu kommen". An der Einwanderungspolitik hat sich tatsächlich nicht viel geändert, seitdem die Demokraten 2021 die Regierungsgeschäfte übernommen haben. Aber allein die Ankündigung, dass es Erleichterungen geben soll, hat Tausende von Menschen aus Süd- und Zentralamerika dazu veranlasst, sich auf den Weg in die USA zu machen. Schon jetzt sind mehr Einwanderer über die südlichen Grenze gekommen als im gesamten vergangenen US-Haushaltsjahr. Allein in Washington sind seit April 7000 Migranten mit Bussen von der Grenze eingetroffen. Muriel Bowser, Bürgermeisterin der Hauptstadt, bat die US-Regierung in den vergangenen Wochen zwei Mal um Hilfe durch die Nationalgarde, um eine "humanitäre Krise" abzuwenden, wie sie in ihrem Hilfegesuch schrieb. Das wurde abgelehnt.Es bleiben also weiter nur die Freiwilligen - ein mittlerweile riesiges Netzwerk, das sich um die ankommenden Menschen kümmert. Und das weitgehend ohne staatliche Unterstützung, sagt die Pfarrerin Stephanie Vader, in deren Gemeinderaum die Geflüchteten an diesem Tag kommen durften. Dabei wäre staatliche - und besser abgestimmte - Unterstützung sehr hilfreich. Zwar habe das "Mutual Aid"-Netzwerk mehr als 300.000 Dollar ausgegeben, aber das seien alles Spendengelder gewesen. Und trotzdem gebe es noch viele unerfüllte Bedürfnisse.   Neun von zehn Geflüchteten bleiben nicht in Washington, sondern reisen weiter. Auch Colmenares hat ein Busticket vom Freiwilligen Netzwerk gespendet bekommen, für eine Fahrt zu seinem Bruder nach Tennessee. Dort hofft er, irgendwann arbeiten zu können, zur Ruhe zu kommen - und bleiben zu können.
0amerika
Am Tag nach Nancy Pelosis Abreise läuft das Leben in Taipeh völlig normal weiter. Nichts deutet darauf hin, dass die Hauptstadt zwei Tage lang im Brennpunkt der Weltöffentlichkeit stand. Das Interesse von Medien und Militär hat sich verlagert. Es liegt jetzt auf weiten Meeresgebieten Richtung Osten im Pazifik und Richtung Westen in der Straße von Taiwan, wo China seit heute Militärübungen durchführt. Die ursprünglich sechs, mittlerweile sieben ausgewiesenen Zonen liegen an einigen Stellen gerade noch in Sichtweite von Taiwans Küsten.Wenn jemand einen Logenplatz auf das Geschehen hat, dann ist es John Eastwood. Der amerikanische Anwalt, der seit langem in der Taipeh lebt, macht mit seiner Familie seit Sonntag Urlaub auf der kleinen Insel Liuqiu. 13 Kilometer vor Taiwans Südwestküste gelegen, gilt sie als Ausflugsziel, wo eigentlich nichts Aufregendes passiert. Doch in der anderen Richtung liegt das tropische Korallen-Eiland weniger als zehn Kilometer von einer chinesischen Manöverzone entfernt - so nah wie kein anderer bewohnter Ort, der zu Taiwan gehört."Von meinem Hotelbalkon aus kann ich gerade zehn Schiffe am Horizont sehen", zählt Eastwood im Gespräch mit tagesschau.de nach. "Vorhin waren es 13, sie sind gegen Mittag aufgekreuzt." Ihren genauen Typ könne er nicht ausmachen. Weil sie still lägen und mit dem Bug gen Westen zeigten, Richtung China, gehe er davon aus, dass hier Taiwans Marine oder Küstenwache die Grenze der Territorialgewässer bewacht.Die Stimmung auf der Insel mit mehr als 10.000 Bewohnern sei ruhig, erzählt Eastwood. Keine geschlossenen Betriebe, keine plötzlich aufgetauchten Soldaten. "Wenn man die Leute fragt, lachen sie und sagen, noch hat China ja nicht angegriffen." Seinem Eindruck nach überwiege die Sorge vor Auswirkungen auf den Tourismus.Sollten tatsächlich chinesische Schiffe oder Flugzeuge direkt vor Liuqiu aufkreuzen oder Geschosse dorthin feuern, dann wäre das eine Verletzung von Taiwans Territorialgewässern. 22 Kilometer erstrecken diese sich laut UN-Konvention von der Küste eines Landes. Militärische Operationen anderer Staaten sind dort absolut tabu. Das gilt auch für den Luftraum. Die Volksrepublik würde wohl darauf verweisen, das alles spiele keine Rolle, denn sie spricht Taiwan jede Souveränität ab.Da sich Chinas Schiffe und Flugzeuge in den vergangenen Jahrzehnten aber niemals Taiwan so dicht angenähert hatten, wäre so eine Verletzung im Zuge der Militärübungen eine echte Eskalation, die den Konflikt auf ein neues Niveau bringen könnte - denn Taiwan müsste reagieren, und das Risiko von Zwischenfällen würde steigen.Sicher ist, dass durch die Manöver internationale Flüge, die Taiwan anfliegen oder dort starten, derzeit verschlungene Umwege nehmen, um den Manöverzonen auszuweichen. Auch die Logistikbranche und damit Lieferketten könnten betroffen sein, denn Kaohsiung - in der Nähe von Liuqiu - ist ein bedeutender Containerhafen für den Export aus Taiwan.Obwohl Taiwan also bereits einen Preis für den Besuch Pelosis zahlt, gibt es noch keinen spürbaren Stimmungsumschwung. Alle im Parlament vertretenen Parteien hatten sich erfreut gezeigt, und kein namhafter Politiker machte bislang abweichende Statements. "Die sogenannte Krise ist sowohl eine Gefahr als auch eine Chance", schrieb der Abgeordnete Lo Chih-cheng von der Regierungspartei DPP auf Facebook Er sitzt im Ausschuss für Auswärtiges und Verteidigung und hatte am Vortag Pelosi persönlich getroffen. "Die große Aufmerksamkeit der internationalen Medien zeigt die Bedeutung Taiwans im Indopazifik. Wenn Taiwan bedachtsam auf die Herausforderungen reagiert und die historische Gelegenheit ergreift, kann es aus der Krise einen Wendepunkt machen."Auch Anwalt Eastwood wirft Pelosi ihren Besuch den chinesischen Warnungen zum Trotz nicht vor. Er habe sie durch sein Engagement in der Demokratischen Partei über die Jahre mehrfach getroffen und halte sie trotz ihrer 82 Jahre für extrem scharfsinnig. "Sie sollte selbst entscheiden können, wohin sie fährt, und sich ein Bild zu machen - vor allem, wenn die USA eines Tages aufgerufen sein könnten, Taiwan zu helfen." Wie viele Beobachter glaubt auch er, dass die aktuellen Manöver eine Probe für eine mögliche Blockade sein könnten, mit der China irgendwann versuchen könnte, Taiwan ohne Invasion in die Knie zu zwingen. Chinas Flug- und Schiffsbewegungen der letzten Jahre seien eindeutig darauf ausgerichtet gewesen, rund um Taiwan herum operieren zu können.
1asien
Einen Tag vor der voraussichtlich nächsten kräftigen Zinserhöhung in den USA haben sich die Anleger wenig risikofreudig gezeigt. Der Leitindex Dow Jones gab am Ende um 0,71 Prozent auf 31.761 Punkte nach. Am Freitag war er noch auf den höchsten Stand seit sechs Wochen geklettert. Noch deutlicher bergab geht es an der Technologiebörse Nasdaq, die 1,87 Prozent verlor, der Auswahlindex Nasdaq 100 gab 1,96 Prozent ab. Der marktbreite S&P-500-Index ging bei 3921 Punkten um 1,15 Prozent leichter aus dem Handel. Den ganzen Tag waren die anstehenden Quartalszahlen der beiden Tech-Riesen Alphabet und Microsoft, die nach Börsenschluss auf der Agenda standen, ein großes Thema. "Die Anleger sind besorgt, dass sich der wirtschaftliche Abschwung auf den Bereich Big Tech auswirken wird, in dem der Markt die Gewinner des letzten Jahrzehnts gesehen hat", schrieb der Broker XTB. Kostensenkungen und Stellenabbau seien bei den Tech-Konzernen zur neuen Norm geworden, was darauf hindeuten könne, dass der Sektor als Ganzes eine schmerzhafte Verlangsamung erwartet. Morgen berichtet noch die Facebook-Mutter Meta, am Donnerstag dann Amazon und Apple. Die Google-Mutter Alphabet hat trotz der weltweiten Wirtschaftsabkühlung ihren Umsatz deutlich erhöht. Im zweiten Quartal kletterten die Erlöse währungsbereinigt um 16 Prozent auf knapp 69,7 Milliarden Dollar, wie der US-Technologiekonzern am Abend nach Börsenschluss mitteilte. Der Betriebsgewinn erhöhte sich hingegen kaum auf 19,45 Milliarden Dollar. Finanzchefin Ruth Porat sprach von einer soliden Leistung und Firmenchef Sundar Pichai führte das Wachstum auf das Suchmaschinengeschäft wie auch die Nachfrage nach dem Cloud-Angebot zurück. Die Aktie legt nachbörslich zu. Microsoft leidet unter dem starken Dollar sowie der Konkurrenz von Amazon und Google im Cloud-Geschäft. Der weltgrößte Softwarekonzern gab am Abend nach Handelsschluss für das vierte Geschäftsquartal einen Umsatz von 51,9 Milliarden Dollar nach knapp 46,2 Milliarden im Vorjahreszeitraum bekannt. Analysten hatten allerdings mit 52,4 Milliarden gerechnet.Der Nettogewinn stieg auf 16,7 Milliarden Dollar nach knapp 16,5 Milliarden. Vor der Veröffentlichung der jüngsten Geschäftszahlen hatte sie im Jahresverlauf grob ein Viertel an Wert verloren. Microsoft hatte Anfang Juni seine eigenen Erwartungen für das Quartal beim Gewinn wie auch beim Umsatz gesenkt und dabei bereits auf die Stärke des Dollar verwiesen. Der Konzern erzielt etwa die Hälfte seines Umsatzes außerhalb der USA. Die Aktie verliert nachbörslich rund ein Prozent. Für die Weltbörsen von zentraler Bedeutung ist auch die weitere Zinspolitik in den USA. Heute begann die zweitägige Sitzung des FOMC-Zinsausschusses der US-Notenbank Federal Reserve (Fed). Eine Erhöhung von 75 Basispunkten gilt als sicher, aber ist damit der Höhepunkt der Zinswelle schon erreicht? Investoren erwarten morgen Aufschluss darüber, ob die Fed weiter im gleichen Tempo an der Zinsschraube drehen wird wie zuletzt. Die Entscheidung zum weiteren Kurs der Geldpolitik der Federal Reserve (Fed) wird am Mittwoch (20.00 Uhr MESZ) bekanntgegeben.Zwei Tage vor dem erwarteten Zinsschritt waren gestern schon an den US-Börsen die Tech-Werte unter Druck geraten. Höhere Zinsen können insbesondere bei den stark wachstumsorientierten Technologiefirmen die Finanzierungskosten steigen lassen. Auf der jüngsten Sitzung hatte die Fed ihren Leitzins bereits um 0,75 Prozentpunkte angehoben. Die Berichtssaison der Unternehmen steht neben dem Zinskurs der Fed immer mehr im Mittelpunkt. Sie ist in dieser Woche mit den Berichten der großen Tech-Riesen kräftig in Fahrt gekommen. Neben diesen Schwergewichten präsentierten auch zahlreiche große Standardwerte ihr Zahlenwerk für das am 30. Juni abgelaufene Quartal. Auf die Stimmung der Anleger schlug dabei heute insbesondere die zweite Gewinnwarnung von Walmart binnen zwei Monaten vom Vorabend. "Das ist keine Überraschung", sagte Eugenio Aleman, Chef-Volkswirt des Vermögensberaters Raymond James. Bei hoher Inflation würden Verbraucher wählerischer beim Konsum. "Sie reduzieren die Käufe von Ermessensartikeln zugunsten von Notwendigem." Walmart erwartet, dass der Betriebsgewinn im laufenden zweiten Geschäftsquartal um 13 bis 14 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert sinkt. Im gesamten Geschäftsjahr dürfte das Ergebnis um elf bis 13 Prozent fallen. Die Aktie verlor kräftig über acht Prozent. Die sich zuspitzenden Gaskrise schürt wieder Rezessionsängste und sorgt weiter für viel Unsicherheit am deutschen Aktienmarkt. Hinzu kam eine schwache Wall Street-Eröffnung. Der DAX fiel im Ergebnis den zweiten Tag in Folge um 0,86 Prozent auf 13.096 Punkte, behauptete aber die Marke von 13.000 Punkten. Die Gaskrise hatte sich gestern durch die Ankündigung Russlands, die Lieferungen nach Deutschland weiter einzuschränken, deutlich verschärft. Experten sind sich einig, dass ganz ohne russisches Gas eine Rezession in Deutschland vermutlich wohl kaum abzuwenden ist. Die Preise für Gas auf dem freien Markt sind derweil deutlich gestiegen und verschärfen die Lage. Die Verbraucher werden mit drastischen Preissteigerungen im Winter rechnen müssen, was insbesondere den Konsum belastet. "Hierzulande geht es vor allem um ein fast schon unvermeidliches Abwürgen des Wachstums durch hohe Energiepreise und eine Eskalation in der Gasversorgung", konstatierte Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. Die EU-Staaten haben heute ein Beschlussverfahren für einen Notfallplan zur Drosselung des Gaskonsums auf den Weg gebracht. Bei einem Sondertreffen der für Energie zuständigen Minister kam in Brüssel die notwendige Mehrheit für den Schritt zusammen. Der Plan soll vor allem die Risiken reduzieren, die sich aus einer vollständigen Unterbrechung russischer Gaslieferungen ergeben könnten.Die aktuellen Entwicklungen haben den Aktien des Gasversorgers Uniper im MDAX ein weiteres Rekordtief von 5,63 Euro eingebrockt. Im bisherigen Jahresverlauf verloren die Anteilsscheine damit rund 90 Prozent. Der angeschlagene Energiekonzern muss wegen der Drosselung teureres Gas am Markt einkaufen, um Verträge zu erfüllen. Das führt zu Liquiditätsproblemen. Zunehmend belastet die drohende Gasknappheit auch den Ausblick der Exportwirtschaft in Deutschland, wie aus einer Umfrage des Münchner ifo-Instituts hervorgeht.Der Kurs des Euro ist heute unter die Marke von 1,02 US-Dollar gerutscht. Am Nachmittag fällt die Gemeinschaftswährung auf 1,0144 Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Montagnachmittag auf 1,0236 Dollar festgesetzt. Vor allem die ungewisse Versorgungslage mit Erdgas verunsichere die Märkte und belaste den Euro, heißt es am Markt. Die Eurozone ist stark von russischem Erdgas abhängig.Heute stehen in den USA noch einige Konjunkturdaten auf dem Programm, unter anderem das Verbrauchervertrauen, aber auch Neues vom Immobilienmarkt.Die Stimmung der US-Konsumenten hat sich im Juli stärker eingetrübt als erwartet. Das Barometer für die Verbraucherlaune fiel auf 95,7 Zähler von revidiert 98,4 Punkten im Juni, wie das private Institut Conference Board heute zu seiner Umfrage mitteilte. Ökonomen hatten mit einem Rückgang auf 97,2 Zähler gerechnet. Die Verbraucher bewerteten die aktuelle Lage und auch die Aussichten schlechter als zuletzt. Die Inflationsrate im Land lag zuletzt bei 9,1 Prozent - das ist der höchste Wert seit Ende 1981. Dies schmälert die Kaufkraft der Verbraucher. Angesichts der rasant steigenden Verbraucherpreise verschärft die US-Notenbank Fed mit aggressiven Zinsschritten ihren geldpolitischen Kurs, um die Teuerung zu bremsen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) senkt erneut seine globale Wachstumsprognose. Die Weltwirtschaft werde wegen des Kriegs in der Ukraine und der anhaltend hohen Inflation langsamer wachsen als erwartet, teilte der IWF mit. In seiner Prognose rechnet der IWF in diesem Jahr nur noch mit einem globalen Wachstum von 3,2 Prozent. Das sind 0,4 Prozentpunkte weniger als noch im April angenommen. Für die Eurozone erwartet der IWF ein um 0,2 Prozentpunkte geringeres Wachstum von 2,6 Prozent. Auch die Inflation bleibe "hartnäckig hoch", hieß es. In diesem Jahr geht der IWF in den Industriestaaten von einer Teuerungsrate von 6,6 Prozent aus, was 0,9 Prozentpunkte mehr sind als noch im April angenommen.Die Aussicht auf ein höheres Angebot beendet die Ölpreis-Rally vorerst Die US-Sorte WTI verliert ein knappes Prozent auf 95,81 Dollar je Barrel, nachdem sie zuvor zeitweise 2,4 Prozent zugelegt hatte. Im Kampf gegen die hohen Energiepreise wollen die USA weitere 20 Millionen Barrel Rohöl aus ihrer strategischen Reserve auf den Markt werfen. In den vergangenen Monaten hat das Land bereits 125 Millionen Barrel aus staatlichen Beständen verkauft.Ein Grund für die zuletzt anziehenden den Ölpreise ar die Verunsicherung wegen der Ankündigung aus Russland, die Erdgaslieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 von Mittwoch an erneut zu reduzieren. Erdgas kann zum Teil durch Erdöl ersetzt werden, weshalb die Verunsicherung auch auf den Ölmarkt übergriff.Der Gaspreis verteuert sich seit der Mitteilung von Gazprom erneut deutlich. Der europäische Future zog heute deutlich auf 200 Euro je Megawattstunde an. Auch in den USA haben die Notierungen zuletzt angezogen. Der Sportartikelhersteller Adidas rudert für das laufende Jahr weiter zurück. Eine langsamere Erholung des China-Geschäfts durch die coronabedingten Lockdowns sowie eine zu erwartende schwächere Konsumlaune in anderen Ländern seien der Grund dafür, teilte das Unternehmen heute nach Börsenschluss in Herzogenaurach mit. Das zweite Quartal sei hingegen vorläufigen Zahlen zufolge "leicht" über den Erwartungen ausgefallen. Für 2022 erwartet das Management um Konzernchef Kasper Rorsted nun ein währungsbereinigtes Umsatzwachstum im noch mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich - deutlich weniger als zuvor. Zuletzt hatte Adidas ein Plus am unteren Ende der Spanne von elf bis 13 Prozent ausgegeben. Die neuen Ergebnisprognosen liegen unter den Erwartungen der Analysten, die zuvor bereits mit schwächeren Ergebnissen als zunächst vom Unternehmen ausgegeben gerechnet hatten. Im Vorfeld der Zahlen, die für den 4. August angekündigt waren, war von Marktexperten bereits über eine Prognosesenkung spekuliert worden.Die Aktie verlor am Abend auf der Handelsplattform Tradegate über zwei Prozent. Die Bilanz des Papiers ist in den letzten drei Jahren tiefrot, mit einem Minus von mehr als 40 Prozent. Allein in diesem Jahr summieren sich die Verluste der im DAX notierten Aktie auf knapp ein Drittel.Der Diagnostikkonzern Qiagen blickt nach einem starken Halbjahr zuversichtlicher auf 2022. Das auf Tests zum Nachweis von Krankheiten sowie Laborgeräte spezialisierte Unternehmen aus dem DAX hob am Abend die Prognose für das Gesamtjahr an. Beim Umsatz erwartet der Konzern nun mindestens 2,2 Milliarden Dollar (vorherige Prognose: mindestens 2,12 Milliarden Dollar) und beim bereinigten verwässerten Gewinn mindestens 2,30 Dollar je Aktie (vorherige Prognose: mindestens 2,14 Dollar je Aktie). "Qiagen setzt seinen Erfolgskurs 2022 fort. Treiber dafür ist insbesondere das zweistellige Umsatzwachstum bei unseren Produkten ohne Covid-Bezug im ersten Halbjahr 2022, während wir unsere Ziele konsequent umsetzen", sagte Vorstandschef Thierry Bernard. Der Konzernumsatz sank im zweiten Quartal bei tatsächlichen Wechselkursen gegenüber dem Vorjahresquartal um neun Prozent auf 516 Millionen Dollar. Der bereinigte verwässerte Gewinn sank auf 0,51 Dollar je Aktie von 0,67 Dollar je Aktie.Die Gewinne der Deutschen Börse haben dank der hohen Handelsaktivitäten an den Märkten und der steigenden Zinsen die Prognosen der Analysten übertroffen. Der den Anteilseignern zurechenbare Gewinn sei im zweiten Quartal auf 341,1 Millionen Euro gestiegen, teilte der Börsenbetreiber am Abend nach Xetra-Schluss mit. Das war ein Plus von zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Analysten hatten im Schnitt ein Wachstum von 5,9 Prozent erwartet. "Inflation, Zinssätze, Volatilität – das Umfeld an den Finanzmärkten ist weiterhin von hoher Unsicherheit geprägt," erklärte Finanzchef Gregor Pottmeyer die Quartalsergebnisse. "Neben einem starken strukturellen Wachstum wirkt sich insbesondere das steigende Zinsumfeld zunehmend positiv auf unsere Nettoerlöse aus." Die Nettoerlöse nahmen demnach im zweiten Jahresviertel um 15 Prozent auf 1,017 Milliarden Euro zu. Aufgrund des starken zweiten Quartals erhöht die Deutsche Börse ihre Prognosen für das laufende Jahr: Der Börsenbetreiber rechnet nun mit einem Anstieg der Nettoerlöse auf deutlich mehr als 3,8 Milliarden Euro. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll auf deutlich mehr als 2,2 Milliarden Euro zunehmen. Die Aktie des im DAX gelisteten Börsenbetreibers legte nachbörslich zu. Das Analysehaus Jefferies hat die Einstufung für Deutsche Börse nach den Quartalszahlen auf "Buy" mit einem Kursziel von 192 Euro belassen. Das operative Ergebnis (Ebitda) liege trotz gestiegener Kosten um rund vier Prozent über der Konsensschätzung, schrieb Analyst Tom Mills in einer Studie. Der Börsenbetreiber habe von höheren Umsätzen profitiertDie gekappten Gewinnaussichten von Walmart sorgten auch bei den deutschen Einzelhändlern für Gegenwind. Die zweite Prognosesenkung des weltgrößten Einzelhändlers innerhalb von drei Monaten könnte kurzfristig erheblichen Druck auf den Sektor bedeuten, teilten die Experten von JPMorgan mit. Schlusslicht im DAX war Online-Modehändler Zalando mit einem Kursverlust von fast zehn Prozent.Der Chefwechsel bei Volkswagen im September löst einer Umfrage zufolge unter VW-Investoren Zweifel über die Sinnhaftigkeit des geplanten Teilbörsengangs der Sportwagentochter Porsche aus. Nach einer heute veröffentlichten Umfrage des Investmenthauses Bernstein Research unter 58 Investoren sprachen sich 42 Prozent für ein Festhalten an dem Plan aus und 41 Prozent dagegen. Grund ist demnach die Entscheidung, dass Porsche-Chef Oliver Blume Nachfolger des ausscheidenden VW-Konzernchefs Herbert Diess werden soll, zugleich aber Chef von Porsche bleiben soll. In der Umfrage von Bernstein betrachteten fast drei Viertel es als negativ für den Börsengang, wenn der Porsche-Chef künftig zwei Hüte aufhat.Das Leipziger Porsche-Werk wird im 20. Jahr seines Bestehens verstärkt zum Standort für Elektromobilität ausgebaut. Neben dem E-Macan, der ab 2023 in Leipzig in Serie gehen wird, soll ein neuer großer Geländewagen mit Elektroantrieb in Sachsen gebaut werden. Das Fahrzeug sei "im Luxussegment" angesiedelt, teilte Porsche mit. Medienberichten zufolge ist der Produktionsstart 2026 geplant.Der Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea hat im zweiten Quartal dank kräftig gestiegener Öl- und Gaspreise deutlich mehr verdient als ein Jahr zuvor. Zudem profitierte der Konzern von höheren Produktionsmengen und niedrigeren Investitionen. Im zweiten Quartal legte der Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Explorationskosten (Ebitdax) auf gut 1,8 Milliarden Euro zu, wie die BASF-Mehrheitsbeteiligung am Dienstag in Kassel mitteilte. Ein Jahr zuvor hatte Wintershall Dea 636 Millionen Euro ausgewiesen. Unter dem Strich erhöhte sich der Gewinn von 62 auf 668 Millionen Euro.Der Warnstreik des Bodenpersonals, der ab morgen beginnt, wird im Flugplan der Lufthansa zu "großen Einschränkungen" führen. Nahezu das komplette Flugprogramm an den deutschen Drehkreuzen Frankfurt und München wird gestrichen, teilte das Unternehmen mit. Die Gewerkschaft Verdi hat rund 20.000 Lufthansa-Beschäftigte zu einem eintägigen Warnstreik aufgerufen. Das französische Luxus-Konglomerat LVMH hat trotz der jüngsten Lockdowns in wichtigen Absatzmarkt China seinen Wachstumskurs fortgesetzt. Gute Geschäfte in den USA und Europa hätten die Ausfälle in China wettgemacht, erklärte die Muttergesellschaft von Luxusfirmen wie Louis Vuitton, Dior, Tiffany und Moet & Chandon. Der Umsatz wuchs um 19 Prozent auf 18,73 Milliarden Euro und übertraf damit die Analystenschätzungen von durchschnittlich 17,1 Milliarden deutlich. Die hohe Nachfrage nach Fachkräften hat die Geschäfte des Personaldienstleisters Amadeus Fire angekurbelt. Im ersten Halbjahr legten die Erlöse um 12,7 Prozent auf 201,1 Millionen Euro zu, während das operative Ergebnis (Ebita) um ein Prozent auf 29,8 Millionen Euro kletterte, wie das SDAX-Unternehmen heute mitteilte. Der Vorstand geht davon aus, dass sich die Personalvermittlung erwartungsgemäß weiter entwickeln werde und bestätigte seine Jahresziele. Dem Aktienkurs half das nicht, er sackte zeitweise um mehr als sieben Prozent ab.Die Schweizer Großbank UBS hat von April bis Juni 2022 den höchsten Gewinn eines zweiten Quartals seit zehn Jahren eingefahren. Mit Rückenwind durch einen Beteiligungsverkauf in Japan verbesserte der Weltmarktführer im Geschäft mit Reichen und Superreichen das Ergebnis unter dem Strich um fünf Prozent auf 2,1 Milliarden Dollar, wie die UBS heute mitteilte. Der Zwischenbericht, mit dem das Zürcher Institut den Ergebnis-Reigen der europäischen Großbanken eröffnete, konnte die Markterwartungen aber nicht ganz erfüllen. Analysten hatten mit einem Nettogewinn von 2,4 Milliarden Dollar gerechnet. Im frühen Geschäft büßte die Aktie über sechs Prozent an Wert ein.Der Konsumgüterkonzern Unilever hat im ersten Halbjahr dank Preiserhöhungen besser abgeschnitten als erwartet und ist für das Gesamtjahr nun zuversichtlicher gestimmt. Die Erlöse stiegen in den ersten sechs Monaten um 8,1 Prozent auf 29,6 Milliarden Euro, wie der Konzern heute mitteilte. Analysten hatten mit einem Plus von 7,2 Prozent gerechnet. Der Konzern habe mit Preisanhebungen einen Teil des Inflationsdrucks abschwächen können, erklärte Vorstandschef Alan Jope. Daher sei er zuversichtlich, im Gesamtjahr einen Umsatzanstieg über der Prognose von 4,5 bis 6,5 Prozent zu schaffen. Die Unilever-Aktien kratzten mit einem Plus von rund drei Prozent am Jahreshoch.Der britische Billigflieger Easyjet ist wegen der zahlreichen Flugausfälle im abgelaufenen Quartal in den roten Zahlen geblieben. Obwohl sich die Zahl der Passagiere nach dem Einbruch in der Corona-Pandemie vervielfachte, stand in den drei Monaten bis Ende Juni vor Steuern und Sondereffekten ein Verlust von 114 Millionen britischen Pfund (134 Millionen Euro) in den Büchern. Allein die Sonderkosten durch die Betriebsausfälle summierten sich auf 133 Millionen Pfund, wie das Unternehmen heute in Luton bei London mitteilte. Zudem belasteten ungünstige Währungskurse das Ergebnis. Im pandemiegeprägten Vorjahreszeitraum hatte der bereinigte Vorsteuerverlust mit 318 Millionen Pfund noch höher gelegen. Trotz der jüngsten Probleme will Easyjet im vierten Geschäftsquartal bis Ende September das Flugangebot weiterhin auf 90 Prozent des Vorkrisen-Niveaus ausweiten.Texas Instruments hat dank abnehmender Lieferketten- Probleme und einer anhaltenden Nachfrage nach seinen Chips die Umsatzerwartungen übertroffen. Der Infineon-Rivale mit Sitz in Dallas gab am Dienstag nach US-Börsenschluss einen um 14 Prozent höheren Umsatz von 5,2 Milliarden Dollar für das zweite Quartal bekannt. Experten hatten im Vorfeld nur 4,6 Milliarden Dollar erwartet. Der Nettogewinn stieg um 19 Prozent auf 2,3 Milliarden Dollar. Der US-Konzern gilt als Branchenbarometer, weil er Chips für eine Vielzahl von Produkten herstellt. Der Rivale Micron Technology hatte Ende Juni einen pessimistischen Ausblick abgegeben und etwa auf die Lockdowns in China und zurückhaltende Verbraucher hingewiesen.Coca-Cola hat seine Umsatzprognose für das Gesamtjahr angehoben. Die Nachfrage nach zuckerhaltigen Getränken sei trotz Preiserhöhungen stark geblieben und habe die höheren Kosten etwa für Maissirup und Aluminiumdosen abgefedert, teilte der Dow-Jones-Konzern am Mittag mit. Coca-Cola erwartet nun für das laufende Geschäftsjahr ein Umsatzplus von zwölf bis 13 Prozent und einen Anstieg des bereinigten Gewinns je Aktie um 14 bis 15 Prozent. Vorher hatte der Getränke-Hersteller mit einem Umsatzwachstum von sieben bist acht Prozent und einem Gewinnplus von acht bis zehn Prozent gerechnet. Die Aktie legt gegen den Trend zu. In dem am 1. Juli abgeschlossenen Quartal übertraf Coca-Cola mit einem Umsatzzuwachs von zwölf Prozent auf 11,3 Milliarden Dollar die Erwartungen von Analysten, die im Mittel von 10,55 Milliarden Dollar ausgegangen waren. Auch Coca-Colas Erzrivale PepsiCo teilte zuletzt mit, er sehe dank der stabilen Nachfrage Raum für weitere Preiserhöhungen. Der Gewinn ja Aktie lag bei Coca-Cola mit 0,70 Dollar ebenfalls über den Konsensschätzung von 0,68 Dollar. Der US-Mischkonzern 3M aus dem Leitindex Dow Jones senkt wegen des starken US-Dollars und des unsicheren Marktumfelds seine Ziele für das Gesamtjahr. Das Management erwarte statt eines Zuwachses von bis zu vier Prozent nun einen Umsatzrückgang von bis zu 2,5 Prozent, teilte 3M heute in St. Paul mit. Für den bereinigten Gewinn reduzierte der Konzern seine Prognose auf 10,30 bis 10,75 US-Dollar je Aktie. Vorher hatten 10,75 bis 11,25 Dollar im Plan gestanden.Im zweiten Quartal ging der Umsatz um drei Prozent auf 8,7 Milliarden Dollar zurück. Aus eigener Kraft, sprich ohne Wechselkurseinfluss und den Kauf und Verkauf von Unternehmensteilen, wäre er den Angaben zufolge um ein Prozent gewachsen. Der Nettogewinn schrumpfte von 1,5 Milliarden auf 78 Millionen Dollar. Vor allem steigende Aufwendungen für Rohstoffe und Fracht brachten den Gewinn im Tagesgeschäft unter Druck: Die um Sondereffekte bereinigte Gewinnmarge sank um 2,4 Prozentpunkte auf 21,0 Prozent.Derweil will der Konzern den Geschäftsbereich Health Care abspalten und diesen als eigenständiges Unternehmen an der Börse listen. Health Care soll sich als Technologieunternehmen im Gesundheitswesen auf Wundversorgung, Healthcare IT, Mundpflege und biopharmazeutische Filtration konzentrieren. Im vergangenen Jahr hatte das Segment Erlöse von etwa 8,6 Milliarden Dollar erzielt. Der neue 3M-Konzern soll mit einem Jahresumsatz von zuletzt 26,8 Milliarden Dollar weiter ein führendes Unternehmen im Bereich Materialien bleiben, das Kunden in einer Reihe von Industrie- und Verbrauchermärkten bedient. Die Pläne kommen gut an, die 3M-Aktie legt gegen den Trend rund sieben Prozent zu und ist Spitzenreiter im Dow Jones. McDonald's hat im zweiten Quartal starke Geschäftszuwächse verbucht, wegen hoher Ausgaben und des Rückzugs aus Russland aber deutlich weniger verdient. Der Gewinn brach im Jahresvergleich um 46 Prozent auf 1,2 Milliarden Dollar ein, wie der Burger-King-Rivale vor Börsenstart mitteilte. Den flächenbereinigten Absatz steigerte McDonald's um überraschend kräftige 9,7 Prozent. Doch die Aufgabe des Russlandgeschäfts im Zuge des Krieges gegen die Ukraine verursachte 1,2 Milliarden Dollar an Sonderbelastungen. Zudem ächzt der Fast-Food-Gigant weiter unter hohen Kosten. Insgesamt sanken die Erlöse um drei Prozent auf 5,7 Milliarden Dollar. Trotzdem setzt die Aktie stabil in den Handel ein. Denn beim weltweiten Absatz übertraf McDonald's die Erwartungen deutlich. Der anhaltende Mangel an wichtigen Bauteilen wie Computerchips hat den größten US-Autobauer General Motors (GM) auch im zweiten Quartal stark belastet. Der Gewinn sank im Jahresvergleich um 40 Prozent auf 1,7 Milliarden Dollar, wie der Konzern am Dienstag mitteilte. Analysten hatten mit einem besseren Ergebnis gerechnet. Dabei gelang es GM dank höherer Preise, den Umsatz um fünf Prozent auf 35,8 Milliarden Dollar zu steigern. Der Konzern bestätigte auch seine Jahresziele, Chefin Mary Barra zeigte sich aber besorgt wegen des trüben Wirtschaftsausblicks. Der US-Autohersteller habe bereits erste Schritte zur Kostenkontrolle unternommen und sei darauf vorbereitet, wenn nötig noch entschiedener zu reagieren. Die Aktie gibt nach. Der US-Paketdienst UPS hat mit höheren Preisen Umsatz und Gewinn stärker nach oben getrieben als gedacht. Unter dem Strich stand im zweiten Quartal ein Gewinn von gut 2,8 Milliarden US-Dollar (rund 2,8 Mrd. Euro) und damit 6,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie der Konkurrent von Fedex und Deutscher Post DHL heute in Atlanta mitteilte. Damit wuchs der Überschuss etwas stärker als der Umsatz, der um knapp 5,7 Prozent auf fast 24,8 Milliarden Dollar zulegte. Dabei übertraf das Unternehmen die durchschnittlichen Erwartungen von Analysten. Die Aktie gab in einem schwachen Marktumfeld trotzdem nach. Der Internet-Riese Amazon hebt die Gebühren für seinen Streamingdienst Prime wegen der hohen Inflation und gestiegenen Betriebskosten an. In Deutschland, Amazons zweitgrößtem Markt nach den USA, steigen die Kosten für eine jährliche Prime-Mitgliedschaft um 30 Prozent auf 89,90 Euro, teilte der Konzern gestern Abend mit. Die Änderungen treten ab dem 15. September für Neukunden oder Abo-Verlängerungen in Kraft. Amazon begründete die Preiserhöhungen mit "gestiegenen Inflations- und Betriebskosten" sowie einer schnelleren Bereitstellung und mehr Inhalten zum Streamen.
2finanzen
Die Bausparkassen können sich derzeit wieder über eine hohe Nachfrage nach Bausparverträgen freuen. Dabei drohte das Prinzip des Bausparens während der Nullzinsen am Kapitalmarkt schon in der Versenkung zu verschwinden. Die Erfolgsmeldungen der Anbieter von Bausparverträgen sind eindeutig: Bausparen ist wieder "in" für Verbraucher, die für einen Immobilienkauf oder eine Renovierung Geld ansparen wollen. Die LBS Bayern verzeichnete in den ersten fünf Monaten des Jahres "ein seit Jahrzehnten nicht da gewesenes Wachstum des Neugeschäfts"; die Bausparsumme stieg um fast 80 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro. Die Wüstenrot & Württembergische hatte bereits im Frühjahr eine Trendwende im Geschäft mit Bausparverträgen gemeldet, man sehe "deutliche Zuwächse" bei der Nachfrage. Auch der Marktführer Schwäbisch Hall hat sich zuversichtlich zum Geschäftsverlauf im Jahr 2022 geäußert.In der Zeit der niedrigen Zinsen für Baukredite, aber auch für Sparanlagen hatte der Boom des Bausparens vergangener Jahrzehnte eine lange Pause eingelegt. Einige Anbieter hatten mit dem Versuch, Kunden aus noch hoch verzinsten Altverträgen zu drängen, für Negativ-Schlagzeilen gesorgt. Noch immer gibt es in Deutschland rund 25 Millionen laufende Bausparverträge. Die Möglichkeit einer Immobilienfinanzierung zu Zinsen unter einem Prozent pro Jahr hatte Immobilieninteressenten in den vergangenen Jahren eher zur klassischen Finanzierung über Bankkredite motiviert.Doch mit den niedrigen Zinsen für Hypothekendarlehen ist es wohl auf längere Sicht vorbei. Die Bauzinsen steigen seit Jahrebeginn rasant. Derzeit liegt der Zins für zehnjährige Standardkredite laut Angaben der Finanzberatung FMH im Schnitt bei 2,8 Prozent. Das ist gegenüber dem Zinsniveau vom vergangenen Dezember eine Verdreifachung. Vor fünf Monaten hatte der Vergleichszins noch bei 0,9 Prozent gelegen. Die Angst vor immer höheren Belastungen durch weiter steigende Zinsen hat nun zu einem Umdenken bei vielen Immobilienbesitzern und Kaufinteressenten geführt. Der große Vorteil des Bausparvertrages kommt nun wieder zur Geltung. Denn er ermöglicht es Sparern, einen Zins für einen Baukredit bereits jetzt festzuschreiben, auch wenn der Kredit erst in fünf, zehn oder 15 Jahren in Anspruch genommen wird. Das Prinzip des Bausparens sieht vor, dass ein Teil - in der Regel 30 bis 50 Prozent - der späteren Bausparsumme durch monatliche Sparbeträge angesammelt wird. Ist der angepeilte Betrag zusammengekommen und eine Mindestspardauer verstrichen, ist der Bausparvertrag "zuteilungsreif". Der Rest der Bausparsumme wird dann als fest verzinstes Darlehen von einer Bank oder Bausparkasse ausgezahlt. In der Praxis bieten die Bausparkassen derzeit noch Zinsen unterhalb von 2,5 Prozent für einen üblichen Bausparvertrag, bei dem in sieben Jahren eine Bausparsumme von 200.000 mobilisiert werden soll. Dafür müssen monatlich 1000 Euro angespart werden, um sieben Jahren rund 84.000 Euro auf der hohen Kante zu haben. Das Darlehen für den Restbetrag von 116.000 Euro muss dann innerhalb von zehn Jahren getilgt werden. Bausparer kommen zudem in den Genuss staatlicher Förderung. So kann eine Wohnungsbauprämie in Anspruch genommen werden, die zehn Prozent der jährlich eingezahlten Summe als Prämie ausschütten, allerdings maximal 70 Euro bei Alleinstehenden und 140 Euro bei Verheirateten jährlich. Auch die Arbeitnehmer-Sparzulage kann in einen Bausparvertrag fließen; dies sind 43 Euro jährlich.Den Vorteilen des Bausparens stehen aber auch Nachteile gegenüber, die die Sparer beachten sollten. So erheben die Bausparkassen Abschlussgebühren zwischen einem und 1,6 Prozent der Bausparsumme. Bei 200.000 Euro wären dies 2000 bis 3200 Euro. Auch die niedrige Verzinsung der Sparraten in der Ansparphase sollten künftige Bausparer berücksichtigen. Die Bausparkassen bieten dafür derzeit 0,01 bis 0,10 Prozent Verzinsung pro Jahr ein.Die Experten der Verbraucherzentrale Bremen weisen zudem darauf hin, dass sich die Bausparer in einem "geschlossenen System" befinden. Ausgezahlt werden prinzipiell nur Mittel als Darlehen, die zuvor durch andere Sparer eingezahlt wurden. Die Zuteilung des Darlehens ist also nicht garantiert. Die Alternative zum Bausparen bleibt das klassische Annuitätendarlehen, das in der Regel transparenter und kostengünstiger als ein Bausparvertrag zu haben ist. Über ein "Forward-Darlehen" kann bei einem bereits laufenden Kredit bei einer Anschlussfinanzierung mehrere Jahre im Voraus ein Zins festgeschrieben werden. Wer erst in fünf, zehn oder mehr Jahren einen Immobilienkauf plant, kann bis dahin seine Sparbeträge vermutlich renditeträchtiger in Tages- oder Festgeld oder auch im Aktienmarkt anlegen. Allerdings muss er dann bei der Immobilienfinanzierung möglicherweise höhere Kreditzinsen in Kauf nehmen.
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Paddeln auf dem Neckar statt plantschen in Ägypten: So wie Sabrina Scholz aus Ludwigsburg geht es wohl vielen in diesen Zeiten. Die alleinerziehende Mutter sorgt sich wegen der steigenden Kosten. Es geht ihr und ihren Kindern gut, sie sind nicht armutsbedroht.Und doch will Scholz lieber sparen, als sich eine Reise zu leisten - obwohl sie seit Jahren nicht richtig im Urlaub war, wie sie sagt. Die Krankenpflegerin hat wenig Rücklagen, und sie weiß noch nicht, wie hoch Stromrechnung und Nebenkostenabrechnung diesmal werden. Vielleicht wird auch noch die Miete erhöht. Im Supermarkt achtet sie wieder stärker auf Sonderangebote. Ein Beispiel von vielen, von Menschen, die es eigentlich in die "Mitte" geschafft haben - und doch wieder bangen. Seit Wochen geht es in der Politik auffallend häufig um die "breite Mitte" oder die "hart arbeitende Mitte der Gesellschaft", wie Finanzminister Christian Lindner sie nannte. Es geht um die Bevölkerungsschicht, die "den ganzen Laden am laufen hält" ("Augsburger Allgemeine"), oder um die "stabilen Säulen", die laut CDU-Wirtschaftsrat "hart arbeiten, ihre Steuern zahlen und selten in den Genuss von Entlastungen kommen".Als die ersten Entlastungspakete beschlossen wurden, drehte sich die Debatte vor allem um die Mittelschicht. Denn die ist bedroht: Von Inflation, steigenden Energiepreisen und mehr. Aber braucht die "Mitte" tatsächlich mehr Unterstützung? Wird sie vergessen? Während das dritte Entlastungspaket der Bundesregierung vor allem Studierende und Menschen mit Rente oder geringem Einkommen in den Blick nimmt, ging es bei den vorigen beiden Maßnahmenbündeln eher um Entlastungen für Haushalte insgesamt - etwa bei Heizkosten, beim Weg zu Arbeit und vor allem im Nahverkehr mit dem 9-Euro-Ticket. Die Energiepreispauschale von einmalig 300 Euro (brutto) war als Zuschuss zum Gehalt gedacht. Also breite Entlastung für die "arbeitende Mitte der Gesellschaft"? So einfach ist es nicht, wie eine Aufschlüsselung der Belastung und Entlastung niedriger, mittlerer und hoher Einkommen zeigt: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat untersucht, wie die Inflation die unterschiedlichen Einkommensgruppen belastet und wie das durch die ersten beiden Hilfspakete aufgefangen wurde - mit dem Ergebnis, dass vor allem Menschen mit den niedrigsten Einkommen profitieren. Doch gerade die untere Mittelschicht sei aber weiterhin stark von den steigenden Preisen betroffen - und die noch darunter liegenden Einkommensgruppen sowieso. Der Grund: Mit am stärksten seien die Kosten für Energie und Nahrung gestiegen. Insbesondere Menschen, die wenig verdienten, müssten also einen immer größeren Anteil ihrer Einkünfte allein für laufende Kosten und Grundbedürfnisse ausgeben. DIW-Vorstandsmitglied Alexander Kritikos geht davon aus, dass das bei den unteren Einkommensgruppen bis zu 70 Prozent ihres Geldes ausmacht. Dazu zählt der Wirtschaftsforscher die Kosten für Lebensmittel, Wohnen, Energie und Verkehr. Das betreffe rund ein Fünftel der Bevölkerung. Zwischen den untersten und den mittleren Einkommensgruppen gibt es aus Sicht von Kritikos allerdings eine Gruppe, die bei den aktuellen Entlastungen zu wenig berücksichtigt wurde: "Die untere Mittelschicht, die die relativ stärkste Belastung zu tragen hat, geht dieses Mal leer aus." Der DIW-Ökonom hätte mehr Pauschalzahlungen für die untere Hälfte der Haushaltseinkommen befürwortet, die aber jetzt nicht vorgesehen seien. Die geplante Deckelung der Strompreise sieht er auch kritisch: "Ein fatales Signal." Besser wäre es, alle Haushalte bis zu einem bestimmten Einkommen unter Berücksichtigung der Kinderzahl zu entlasten, "weil dadurch der Anreiz zum Energiesparen für alle erhalten bliebe und die Betroffenen gezielter entlastet werden", so Kritikos.Die Sozialverbände sehen das teilweise anders. Sie begrüßen grundsätzlich die Pakete der Ampel-Koalition. Doch auch VdK-Präsidentin Verena Bentele nimmt die unteren (Mittel-)Schichten in den Blick: "Rentnerinnen und Rentner mit geringen Einkünften und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit kleinen Einkommen wollen mit ihrem eigenen Geld über den Winter kommen, deshalb brauchen wir Gas- und Strompreisdeckel für den Grundbedarf - und zwar so schnell wie möglich." Denn, so Bentele: "Wir brauchen dringend eine stetige Entlastung auch für die untere Mittelschicht, die wegen der hohen Verbraucherpreise abzurutschen droht."Und die "Mitte" insgesamt? Die sei zwar sei nach vielen guten Jahren auch wieder stärker belastet, aber längst nicht so stark wie die unteren Einkommen. Durch die vergangenen Jahre des dauerhaften Aufschwungs, der kleinen, aber stetigen Lohnzuwächse und die annähernde Vollbeschäftigung stehe die Mittelschicht gut da, sagt Volkswirtschaftsprofessor Kritikos. Diese Stabilität ist für viele in Gefahr. Sorgen gibt es zum Beispiel bei Studierenden: Auch sie spüren die steigenden Lebensmittelpreise. In Großstädten kommen die ohnehin hohen Mieten dazu. Zwar gibt es Wohnheime mit günstigeren Bedingungen, aber "wenn du dich jetzt bewirbst, wirst du sechs Monate Wartezeit haben", berichtet Silja Wach, die an der Universität Stuttgart studiert. Und dann gehe es eben doch auf den angespannten Wohnungsmarkt. Manche nähmen schon Kredite auf, andere verkauften ihr Auto, berichten Wach und ihre Kommilitonen, die sich in der Studierendenvertretung engagieren. Sie freuen sich über die geplanten Entlastungen, sehen aber auch zusätzlich den steigenden Beiträgen fürs Studierendenwerk entgegen, die demnächst auf sie zukommen.Auch das Essen in der Mensa werde teurer, sagt Marius Lichtl, der Luft- und Raumfahrttechnik studiert. Der Preis für ein Gericht, das bisher 2,59 Euro koste, solle auf 2,99 Euro angehoben werden. Auch der Döner unterwegs oder das Kilo Paprika im Supermarkt steht in Frage. In der Summe machten die Preise einen Unterschied: "Das merkt man dann schon."
6verbraucher
Tausende Fans der "Lionesses" versammelten sich am Montagmittag (01.08.2022) am Trafalgar Square, um ihre Heldinnen zu feiern. Platz sollte dort für etwa 7.000 Fans sein, hatte das Sportministerium zuvor mitgeteilt. Ob der ausreichte, war zumindest fraglich. Am Vorabend hatten knapp 90.000 Zuschauer im Wembley-Stadion gejubelt, als England im EM-Finale das deutsche Team nach Verlängerung mit 2:1 besiegte. Immerhin: Die BBC übertrug die Feier am Montag live im Fernsehen und als Stream - alle konnten, wenn sie wollten, von zu Hause aus dabei sein.Auch die deutschen Vize-Europameisterinnen sind am Montag für ihre Turnierleistung gefeiert und geehrt worden. Beim Empfang des DFB-Teams auf dem Frankfurter Römer waren Tausende Fans dabei. Sie schwenkten Fahnen, ließen die Mannschaft hoch leben und sangen "Oh, wie ist das schön"."Es ist ein bisschen hart, aber ich fühle mich okay" - Die Stimme von Englands Kapitänin Leah Williamson, mit hochgeschobener Sonnenbrille auf rotem Sonnenhut, klang noch ein bisschen wackelig, als sie sich am Morgen nach dem EM-Triumph kurz den Fragen der Moderatoren auf den Social-Media-Kanälen der "Lionesses" stellte. Trainerin Sarina Wiegman gewährte etwas mehr Einblicke in die zurückliegende Party-Nacht, als sie sagte: "Es war verrückt. Es gab viel Musik, es wurde viel getanzt, und es gab etwas zu viel Alkohol. Es war Zeit zu feiern, nachdem wir unser Ziel erreicht hatten. Wir haben es genossen." Und die sonnenbebrillte Abwehrspielerin Rachel Daly wünschte mit einem Foto, das sie mit der Goldmedaille zwischen den Zähnen zeigte, auf Twitter lediglich "Good morning".Der Schlusspfiff von Schiedsrichterin Kateryna Monzul war am Sonntagabend das Startsignal für die Party im Wembley-Stadion gewesen. Die England-Fans auf den Tribünen feierten zu den Klängen von "Football is coming home" und "Sweet Caroline" den ersten großen Titel einer englischen Fußball-Nationalmannschaft der Frauen. Der Jubel bei der Siegerehrung und Pokalübergabe an Kapitänin Williamson kannte keine Grenzen.1966 hatte die englische Männer-Mannschaft im WM-Finale in Wembley Deutschland 4:2 besiegt - seitdem hatte die Fußball-Nation England auf die nächste große Feier warten müssen. Im vergangenen Jahr hatte das Männer-Team das EM-Finale - ebenfalls in Wembley - im Elfmeterschießen gegen Italien verloren. Auf den Spielerinnen lastete also ein großer Erwartungsdruck, aber sie hielten ihm geschlossen stand. Gegen Deutschland zeigten die "Lionesses" erneut eine starke Leistung. Sie beendeten das Turnier am Ende - wenn auch nach den 120 Final-Minuten vielleicht etwas glücklich - zu Recht als Siegerinnen.Nach dem Ende der kraftraubenden Verlängerung auf dem Rasen des Wembley-Stadions verlieh der Titelgewinn der siegreichen Mannschaft übrigens noch eine "dritte Luft": Als Trainerin Wiegman gerade dabei war, den Erfolg bei der anschließenden Pressekonferenz zu analysieren, kamen ihr ihre Spielerinnen lautstark "in die Quere": Angeführt von Keeperin Mary Earps, die auf den Tisch vor Wiegman kletterte, stürmte das Team in den Raum und sang zum x-ten Mal an diesem Abend: "Football is coming home". Auch in diesem Moment spürte man wieder die totale Erleichterung und Freude bei den Engländerinnen.Die prominentesten Glückwünsche zum EM-Titel kamen von Queen Elizabeth II. höchstpersönlich: Der Erfolg der "Löwinnen" gehe "weit über die Trophäe hinaus, die sie so verdientermaßen gewonnen haben", betonte die "Lioness-in-chief" ("Telegraph"), "sie sind eine Inspiration für Mädchen und Frauen heute, und für künftige Generationen". Die englischen Medien überschlugen sich derweil vor Begeisterung. "SHE are the Champions", dichtete der "Mirror" mit zwei Buchstaben die Jubelarie der Rockgruppe Queen um, ansonsten war auf den vielen Sonderseiten immer wieder zu lesen: Ein historischer Sieg, das Warten hat ein Ende, und ja, England hat im Finale Deutschland besiegt, den achtmaligen Europameister, die "Titanen". Der "tiefste Schmerz der englischen Sportpsyche" sei nun beseitigt, schrieb der "Telegraph". "Und wer weiß", orakelte umgehend der "Daily Express": "Vielleicht inspiriert der Triumph der Löwinnen sogar die englische Mannschaft von Southgate bei der Weltmeisterschaft in Katar im November".  Im Überschwang der Emotionen geschah in Wembley sogar etwas völlig Unerhörtes: Bei der Ehrung der neuen Heldinnen fiel die englische Kapitänin Williamson dem zuvor ziemlich ausgelassen jubelnden Prinz William um den Hals - der aber darf, weil künftiger König, tatsächlich gar nicht angefasst werden. Dem eher volksnahen Thronfolger, der immerhin auch Präsident des englischen Fußball-Verbandes FA ist, schien das königliche Protokoll allerdings komplett egal zu sein. Es wirkte, als genieße er die Umarmung - und in Wahrheit gab er wohl auch nur stellvertretend für sein Volk den Dank für eine historische sportliche Leistung an die "Lionesses"-Spielführerin und ihre Löwen-Herde weiter. Nun gilt es auch in England, diesen Erfolg nachhaltig zu veredeln. FA-Chef Mark Bullingham ist sich sicher, dass der EM-Titel für den Frauenfußball im Land wie ein Turbo wirken wird: "Die vergangenen Jahre waren unglaublich. Wir haben wirklich viel investiert, und die 'Lionesses' haben die Chance genutzt und etwas Unglaubliches geschafft, sagte Bullingham der BBC. "Es gibt keinen Grund, warum wir nicht genauso viele Mädchen haben sollen, die Fußball spielen, wie Jungs, und es wird eine neue Generation von Spielerinnen inspirieren", sagte der FA-Boss. "Wir haben uns seit Jahren auf diesen Moment vorbereitet." Landesweit stünden Clubs bereit, um Mädchen aufzunehmen. Zudem habe der Verband in Schulen investiert und fußballerische Entwicklungsmöglichkeiten für Mädchen geschaffen.Quelle: sportschau.de
4sportschau
Der Iran hat nach eigenen Angaben neun ausländische Staatsbürger im Zusammenhang mit den Protesten nach dem Tod der Kurdin Mahsa Amini festgenommen. Unter ihnen ist nach Angaben des iranischen Geheimdienstministeriums mindestens ein Deutscher. Die Staatsangehörigen aus Deutschland, Polen, Italien, Frankreich, den Niederlanden, Schweden und weiteren Ländern seien "vor Ort" festgenommen worden oder seien "in die Unruhen verwickelt", hieß es in der Mitteilung, die in iranischen Medien verbreitet wurde. Wann und wo genau die Festnahmen stattfanden, wurde nicht mitgeteilt - auch nichts zur Identität der Menschen. Vom Auswärtigen Amt gibt es noch keine Bestätigung.Außerdem wurden nach Angaben von Menschenrechtsgruppen Dutzende von Aktivisten, Studenten und Künstlern festgenommen. Das Komitee zum Schutz von Journalisten schrieb auf Twitter, die Sicherheitskräfte hätten bis zum 29. September mindestens 28 Journalisten verhaftet. Hintergrund der Demonstrationen ist der Tod der 22-jährigen Amini. Die Sittenpolizei hatte sie wegen ihres angeblich "unislamischen Outfits" vor zweieinhalb Wochen festgenommen. Was danach genau mit ihr geschah, ist unklar. Die Frau war ins Koma gefallen und am 16. September in einem Krankenhaus gestorben.Seitdem demonstrieren landesweit Tausende gegen den repressiven Kurs der Regierung und das islamische System. Die Sicherheitskräfte gehen gewaltsam dagegen vor. Aktivisten zufolge kamen dabei bereits mindestens 83 Menschen ums Leben. Die iranische Nachrichtenagentur Fars meldete hingegen etwa 60 Tote. Auch heute gab es Ausschreitungen im Südosten des Landes. Die Nachrichtenagentur Fars berichtete von einer Schießerei in der Nähe einer Moschee und einer Polizeiwache in der Stadt Sahedan. Viele Menschen seien verletzt worden. Außerdem soll ein Feuerwehrauto in Brand gesteckt worden sein.Unklar ist bislang, was das Ergebnis der Proteste sein könnte. Der Umsturz des Systems scheint bislang unrealistisch, auch weil weder im In- noch im Ausland eine ernstzunehmende Opposition existiert. Viele befürchten aber auch langfristig Chaos oder gar einen Bürgerkrieg. Die Regierung schränkte als Reaktion den Zugang zum Internet stark ein - Informationen dringen nur schwer nach außen. Präsident Ebrahim Raisi stimmte in einem Fernsehinterview am Mittwochabend einerseits versöhnliche Töne an, kündigte aber zugleich erneut ein hartes Vorgehen gegen Demonstranten an.Man sollte die "Toleranzschwelle" auch mit Blick auf Proteste erhöhen, so Raisi. Er sprach zudem von einer möglichen Reform von Gesetzen, ließ dabei jedoch offen welche. Raisi warnte aber auch: Die Polizei werde konsequent gegen "Randalierer" vorgehen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warf der iranischen Führung eine systematische Eskalation der Gewalt vor. Die Organisation dokumentierte nach eigenen Angaben den Tod von 52 Frauen, Männern und Kindern aufgrund des Handelns der Sicherheitskräfte.Amnesty forderte eine internationale Untersuchung. Sicherheitskräfte setzten etwa scharfe Munition, Schrotkugeln und andere Metallgeschosse ein. Es gebe zudem Berichte über massive Schläge sowie geschlechtsspezifische und sexualisierte Gewalt gegen Frauen.
1asien
Erste Flugzeuge mit Hilfsgütern aus dem Ausland haben die von verheerenden Überschwemmungen betroffenen Gebiete in Pakistan erreicht. Das sagte Premierminister Shehbaz Sharif bei einem Besuch in der verwüsteten Stadt Charsadda. Frachtflugzeuge aus der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten landeten mit Zelten, Nahrungsmitteln und anderen Versorgungsgütern beladen in der Hauptstadt Islamabad.Es handele sich um die schwersten Regenfälle in Pakistan seit drei Jahrzehnten, so Sharif. Wohin auch immer er in den vergangenen Tagen gereist sei, habe er Überschwemmungen gesehen. Die Vereinten Nationen planen für Dienstag einen Aufruf zu internationaler Hilfe für die Flutopfer in Pakistan.Die schweren Überschwemmungen infolge ungewöhnlich früh und heftig einsetzender Monsunregenfälle führten landesweit zum Tod von mehr als 1000 Menschen. Nach amtlichen Angaben verloren seit Mitte Juni mindestens 1061 Menschen ihr Leben. Von den Fluten betroffen sind 33 Millionen Menschen, fast eine Million Wohnhäuser wurden beschädigt.Die Regierung werde allen Menschen, die ihr Zuhause verloren haben, Unterkünfte zur Verfügung stellen, versprach Premier Sharif. Viele Betroffene haben allerdings nicht nur das Dach über dem Kopf, sondern auch ihre Ernte, ihre kleinen Läden oder Betriebe verloren. Die Sturzfluten nach heftigen Regenfällen zerstörten ganze Dörfer. Soldaten und Rettungskräfte versorgen Zehntausende Menschen, die aus ihren Häusern fliehen mussten, mit Lebensmitteln. Die Armee meldete zudem, dass sie 22 Touristen, die in einem Tal im Norden des Landes eingeschlossen waren, in Sicherheit gebracht habe.Pakistans Klimaschutzministerin Sherry Rehman sprach in einem Video bei Twitter von einer ernsten Klimakatastrophe. Das Land leide unter extremen Wetterphänomenen: eine unablässige Kaskade von Hitzewellen, Waldbränden, Sturzfluten, Gletscherseebrüche und "jetzt der Monster-Monsun des Jahrzehnts, der fortwährend Verwüstungen im ganzen Land anrichtet", so Rehman.Die heftigen Monsun-Regenfälle gingen in allen vier Provinzen des Landes nieder. Zahlreiche Straßen waren unpassierbar und Stromausfälle weit verbreitet. Dramatisch war die Situation in der Provinz Khyber Pakthtunkhwa im Nordwesten Pakistans, wo vor allem in den Bezirken Charsadda und Nowshera Zehntausende Menschen aus ihren Häusern geholt wurden und in Notunterkünften unterkamen. Ministerin Rehman sagte dem türkischen Nachrichtensender TRT World, dass bis zum Abklingen der Regenfälle ein Viertel oder ein Drittel Pakistans unter Wasser stehen könnte. Das sei eine globale Krise, und man brauche natürlich eine bessere Planung und eine nachhaltige Entwicklung vor Ort, sagte sie. "Wir brauchen klimaresistente Pflanzen und Strukturen."
1asien
Der Autozulieferer Continental ist ungewöhnlich stark in die roten Zahlen gerutscht. Der DAX-Konzern meldete für das abgelaufene zweite Quartal einen Verlust von 250,7 Millionen Euro. Analysten hatten eigentlich nur in etwa mit einer Halbierung des Gewinns gerechnet. Vor Jahresfrist hatte der Konzern noch einen Quartalsgewinn von 545,3 Millionen Euro eingefahren. Als stark von Wirtschaftszyklen abhängige Branche sind Autozulieferer schwierige Phasen gewohnt. Derzeit kommen mehrere außerordentliche Probleme zusammen, die zahlreiche deutsche Unternehmen der Branche vor besondere Herausforderungen stellen. "Der aktuelle Gegenwind ist orkanartig", sagte Continental-Finanzchefin Katja Dürrfeld. Als Grund für den Nettoverlust nannte das Management die durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Preissteigerungen bei Rohstoffen, Energie und Logistik sowie den Mangel an Elektronikbauteilen und die Corona-Lockdowns in China.Dazu kamen zahlreiche Sondereffekte, die sich auf mehr als eine halbe Milliarde Euro summierten. Buchwertabschreibungen wegen gestiegener Zinsen belasteten mit 370 Millionen Euro. Die weiteren Sanktionen gegen Russland sorgten für Wertberichtigungen in Höhe von 75 Millionen Euro, und der Umbau der Kunststofftechniksparte Contitech schlug mit über 63 Millionen Euro zu Buche. Der Umsatz des Konzerns war bei den fortgeführten Geschäften in den Monaten April bis Juni wie schon bekannt um 13 Prozent auf 9,4 Milliarden Euro gestiegen."Mit dem aktuellen Ergebnis sind wir nicht zufrieden", sagte Dürrfeld mit Blick auf den Verlust. Der Konzern habe zahleiche Maßnahmen ergriffen, um die Kosten zu senken und die Lieferketten zu stabilisieren. Dazu gehöre die Verteilung des Einkaufs auf mehrere Quellen und der Aufbau von Sicherheitsbeständen. Preisverhandlungen mit Kunden führe der Konzern mit dem Ziel, Kosten gemeinsam zu tragen. Auch konzentriere sich Continental auf das Geschäft mit Produkten, an denen der Konzern mehr verdient - etwa Premiumreifen.Für das zweite Halbjahr bleibt Continental indes zuversichtlich und hält an seinem Ausblick fest. Konzernchef Nikolai Setzer verwies auf den hohen Auftragseingang in der Autozuliefersparte von über sechs Milliarden Euro. Der Konzernumsatz soll 2022 zwischen 38,3 bis 40,1 Milliarden Euro liegen. Im vergangenen Jahr war der Konzernumsatz auf 33,8 Milliarden Euro eingebrochen. Der Konzern geht davon aus, dass sich die weltweiten Lieferketten in den kommenden Monaten stabilisieren, Halbleiter wieder etwas leichter verfügbar werden und die Energieversorgung stabil bleibt.
5unternehmen
Im vergangenen Jahr haben die Banken am Aufschwung nach Corona kräftig mitverdient, besonders die US-Großbanken. Nun sind sie die ersten, die einen drohenden Wirtschaftsabschwung in ihren Bilanzen quasi vorwegnehmen. Die US-Großbanken eröffnen traditionell den Zahlenreigen mit den Quartalsergebnissen. Und der Blick in die Bücher zeigt bei fast allen einen deutlichen Einbruch der Gewinne. Gründe dafür nennt Professor Sascha Steffen von der Frankfurt School of Finance and Management. Auf der einen Seite seien die Investment-Bankaktivitäten "nach unten gegangen. Insbesondere das gesamte Beratungsgeschäft, weil jetzt immer mehr Firmen abwarten, größere Unternehmensverkäufe zu tätigen." Durch die Flaute im Investmentbanking haben sich die Gewinne bei der US-Großbank Goldman Sachs im zweiten Quartal des Jahres nahezu halbiert: auf 2,8 Milliarden Dollar. Im Vorjahreszeitraum lagen die Erträge im Investmentbanking-Geschäft noch bei 5,3 Milliarden Dollar. Auch die größte US-Bank JP Morgan hat im zweiten Quartal gut ein Viertel weniger verdient als im Vorjahreszeitraum. Bei der Bank of Amerika, bei Wells Fago und der Citi Group waren die Gewinne ebenfalls schwächer. "Die Rezession ist die große Gefahr, die am Horizont ist, und was machen die Banken? Risiko werden reduziert", erläutert Steffen. "Man versucht, riskantere Investitionen nicht zu machen. Man versucht alles, um die Kapitalquote hochzuhalten, um einer Rezession entgegenzuwirken." Sprich: Die US-Banken bilden Rückstellungen in Milliardenhöhe.Das geschehe auch aus Sorge vor ausfallenden Krediten, erklärt Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der niederländischen ING-Bank. "Die Banken gehen davon aus, dass die Leitzinserhöhung in den USA zu stark ausfallen wird, dadurch dafür sorgen wird, dass die Immobilienpreise fallen, dass es weniger Konsumentenkredite geben wird und dass sich die Wirtschaft in eine Rezession bewegen wird und Rezession kommt dann auch irgendwann mit Kreditausfällen einher."Andererseits verdienen die US-Banken dank der steigenden Zinsen auch wieder mehr Geld. Die US-Notenbank Fed hat - anders als die Europäische Zentralbank - den Leitzins bereits im Frühjahr erstmals angehoben, um damit dem Preisauftrieb entgegenzuwirken. So sei das Umfeld für Banken in den USA immer noch vorteilhafter als in Europa, sagt Branchenkenner Steffen von der Frankfurt School of Finance. "Das hat mehrere Ursachen: So sind die europäischen Banken deutlich näher an der Ukraine, am Russland-Konflikt dran. Deutschland ist deutlich stärker abhängig von den Gasimporten aus Russland. Das heißt hier spielen einige Faktoren deutlich schneller rein." Trotz der hohen Rücklagen für mögliche Kreditausfälle haben US-Banken unter dem Strich weiter Milliarden verdient. Das dürfte bei deutschen Banken anders aussehen.
5unternehmen
Es gibt keinen Zweifel: Putins Ansprache im russischen Fernsehen war auch eine Botschaft an den Westen. Und ein unverhohlener Einschüchterungsversuch. In deutlich schärferen Worten als zuvor warnte der Mann im Kreml vor Angriffen auf russisches Staatsgebiet und ließ dabei auch Atomwaffen nicht unerwähnt. Aus Sicht des Sicherheitsexperten Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik geht es Putin darum, Druck auf den Westen auszuüben: "Er spricht von den nuklearen Waffen, die er zur Verfügung hätte, er betont, dass er nicht bluffen würde. Er stellt sich als aggressiver Feldherr dar", erläuterte Kaim bei tagesschau24. "Es geht ganz eindeutig darum, auf die politische Debatte in Europa und den USA Einfluss zu nehmen." Die Frage ist, wie einig die Ampel-Koalition und der Westen, also NATO und EU, jenseits aller Rhetorik auf die Putin-Ansprache reagieren. Und ob sie sich für die Einschüchterungsversuche empfänglich zeigen.Die ersten Reaktionen in Berlin deuten nicht darauf hin. Von einem "schlimmen und falschen Schritt" spricht Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck und von einer "weiteren Eskalation des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs" mit Blick auf Putins Ankündigung einer Teilmobilmachung. Der Grünen-Politiker sagte aber auch: "Jedenfalls ist für mich und die Bundesregierung klar, dass wir die Ukraine in dieser schwierigen Zeit weiter vollumfänglich unterstützen werden."Die Politiker der Ampel-Parteien sind sich zudem einig, dass Putins Ankündigungen eher ein Zeichen von Schwäche denn von Stärke seien. Unzweifelhaft hat Putin mit der Teilmobilmachung aber auch die Botschaft in Richtung Westen gesendet, dass für ihn dieser Krieg noch lange nicht vorbei ist. Bei der Unterstützung der Ukraine wird also auch für Deutschland ein langer Atem nötig sein. Putin setzt darauf, dass der Westen diesen Atem nicht haben wird. Und er setzt auch darauf, dass angesichts seiner unverhohlenen Warnungen jene Stimmen lauter werden, die schon länger vor einer weiteren Eskalation warnen.Es ist kein Geheimnis, dass Deutschland und seine westlichen Verbündeten auch deshalb bislang keine Kampf- und Schützenpanzer an die Ukraine lieferten, weil sie fürchten, damit bei Russland eine rote Linie zu überschreiten. "Behutsam vorgehen, keine Alleingänge", so lautet bislang das Mantra von Kanzler Olaf Scholz in dieser Frage. Wird sich an diesem Kurs nach Putins unverhohlenen Drohungen nun etwas ändern? Dass Deutschland in der Frage der Waffenlieferungen noch zurückhaltender wird als bisher, kann sich der Kanzler jedenfalls kaum erlauben. Es würde den verheerenden Eindruck erwecken, Scholz sei vor Putins Worten eingeknickt. Auf der anderen Seite könnte der Druck auf den Kanzler aus der SPD-Linken wachsen, die Drohungen aus Moskau nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Am wahrscheinlichsten also ist: Eine Kursänderung in Sachen Kampfpanzer dürfte es erst dann geben, wenn die USA diesen Schritt ebenfalls gehen. Oder allzu unübersehbar grünes Licht geben.CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter jedenfalls warnt davor, sich von Putin einschüchtern zu lassen. Er drängt die Ampel-Koalition bei der Gelegenheit noch einmal zu Panzerlieferungen an die Ukraine: Die seien "dringend notwendig, um die Gegenoffensive zu unterstützen." Auch Unions-Fraktionsvize Johann Wadephul fordert, der Ukraine endlich Kampf- und Schützenpanzer zu liefern.Während aus der Union also vor allem "Jetzt-erst-recht"-Stimmen kommen und die Ampel-Koalition zumindest nicht den Eindruck erweckt, dass die Putin-Ansprache ihren bisherigen Kurs ins Wanken bringen könnte, bleibt abzuwarten, welche Wirkung genau die Worte des russischen Präsidenten im Westen entfalten. Aus Sicht des AfD-Vorsitzenden Tino Chrupalla droht gar der "Dritte Weltkrieg". Chrupalla lässt auch keinen Zweifel daran, dass er die Verantwortung dafür bei der Bundesregierung sieht: "Deutschland wäre wegen der Eskalationsstrategie der Ampel direkte Kriegspartei."Unzweifelhaft ist: Putins Kalkül besteht genau darin, den Westen von seiner bisherigen Unterstützung der Ukraine - mit Sanktionen und Waffenlieferungen - abzubringen. Einerseits, indem er mit dem Gaslieferstopp den Energiepreis in die Höhe treibt, andererseits mit unverhohlenen Drohungen.   Putins Teilmobilmachung ist aus Sicht des Sicherheitsexperte Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik auch eine Reaktion auf die jüngsten militärischen Erfolge und Rückeroberungen durch die ukrainische Armee: "Präsident Putin persönlich ist in die Defensive geraten." Aus der versucht er sich nun auch mit erhöhtem Druck auf den Westen zu befreien. Ob das gelingt, hängt auch von der Bundesregierung ab.
3innenpolitik
Auf der Suche nach kurzfristig verfügbarem Ersatz für das nicht mehr gelieferte Gas aus Russland ist die Bundesregierung einen Schritt weitergekommen: Eine erste Lieferung Flüssiggas aus den Vereinigten Arabischen Emiraten soll im Dezember eintreffen, wie beim Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) bekanntgegeben wurde. Der Essener Energiekonzern RWE schloss in den VAE mit der Abu Dhabi National Oil Company einen Vertrag über eine erste Lieferung von 137.000 Kubikmetern LNG ab. Sie soll im Dezember am neuen LNG-Terminal in Brunsbüttel an der Elbmündung eintreffen. Laut RWE wurde ein Memorandum über mehrjährige Lieferungen ab 2023 unterzeichnet. Der Konzern sprach von einem "Meilenstein" für den Aufbau einer LNG-Versorgungsinfrastruktur in Deutschland und für den Aufbau einer diversifizierten Gasversorgung. Zudem ging es um die Lieferung von Dieselkraftstoff. Hier wurde nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur WAM mit dem niedersächsischen Energieunternehmen Hoyer eine Vereinbarung über bis zu 250.000 Tonnen Diesel monatlich getroffen. Scholz zeigte sich mit Blick auf die bevorstehende Heizperiode zuversichtlich. Die Bundesregierung habe sehr weitreichende Entscheidungen getroffen, die dazu beigetragen hätten, dass Deutschlands Versorgungssicherheit "in einem Maße gesichert ist, wie man das vor Monaten noch nicht hat erwarten können", sagte er. "Jetzt, wo der Herbst gerade begonnen hat, können wir sagen, wir kommen durch diesen Winter." Dazu beigetragen hätten der Bau von Terminals an den norddeutschen Küsten, die Ausweitung der Kapazitäten für Flüssiggasimporte sowie mehr Möglichkeiten, Gas beispielsweise aus den Niederlanden und Norwegen zu importieren. All das habe dazu geführt, dass die Speicher vollgemacht werden konnten. Zudem würden Kohlekraftwerke weiter genutzt und es werde sichergestellt, dass die Atomkraftwerke im Süden weiterlaufen können. Zur Zukunft der umstrittenen Gasumlage äußerte sich der Kanzler ausweichend. Die dafür eingerichtete Kommission habe erstmals am Samstag getagt, die Arbeit sei "sehr konstruktiv" gewesen. Der Bundeskanzler betonte, wie wichtig es sei, bei der Energieversorgung auf möglichst viele Anbieter zu setzen. Die Abhängigkeit von einem Lieferanten "wird uns sicherlich nicht wieder passieren", sagte Scholz. Man wolle sich nicht mehr wie in der Vergangenheit auf wenige Lieferanten beschränken, "sondern vielfältige Quellen haben, um die Energiesicherheit in Deutschland gewährleisten zu können".Mit Blick auf die Ausweitung der Gasförderung in den Golfstaaten fügte er hinzu: "Es ist wichtig, dass überall solche Projekte abgeschlossen werden. Wir müssen dafür sorgen, dass die Produktion von Flüssiggas in der Welt so weit vorangebracht wird, dass die hohe Nachfrage, die existiert, bedient werden kann, ohne dass auf die Produktionskapazitäten zurückgegriffen werden muss, die in Russland existieren." Das sei mit all den Gasprojekten verbunden, die überall in der Welt entstünden.Es gehe um die langfristige Weiterentwicklung hin zu einer klimaneutralen Volkswirtschaft. "Und das gelingt nur in enger Kooperation mit den Ländern, die bisher eine so große Rolle bei der Bereitstellung fossiler Ressourcen gestellt haben und aus eigenem Interesse in großem Maßstab weiter investieren, dass es ihnen möglich wird, auch in der künftigen Welt noch einen Beitrag zu leisten für die Energieversorgung der Welt", sagte Scholz.Auch der Konflikt im Jemen war Thema bei der Visite von Scholz in der Golfregion. Er dankte Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten für ihre Bemühungen um den Waffenstillstand im Bürgerkriegsland. "Beide Länder, sowohl Saudi-Arabien als auch die VAE, nehmen eine Position ein, die sehr auf eine friedliche Entwicklung des Jemen setzt", sagte Scholz. Sie setzten sich dafür ein, die Situation im Jemen zu stabilisieren. Unter anderem mit Hinweis auf die bisherige Rolle Riads im Jemen hatte Deutschland Waffenexporte nach Saudi-Arabien untersagt. Der Konflikt gilt als Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien und dem Iran. Die emiratische Staatsagentur WAM teilte mit, der emiratische Präsident Mohammed bin Sajid und Scholz hätten "Zusammenarbeit, Dialog und Vorrang diplomatischer Lösungen" als Schlüssel bezeichnet im Umgang mit "verschiedenen Problemen und Krisen". Bis zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bezog Deutschland noch 55 Prozent seines Erdgases aus Russland. Inzwischen sind die Lieferungen von dort zum größten Teil eingestellt und die deutschen Gasversorger suchen nach neuen Bezugsquellen. Die Vereinigten Arabischen Emirate verfügen über die siebtgrößten Erdgasvorkommen weltweit. Katar verfügt über die drittgrößten Gasreserven weltweit und ist führender Exporteur von Flüssiggas. Mit Katar gibt es bislang keine konkreten Liefervereinbarungen, daran hat auch Scholz' Besuch dort nichts geändert. Katar war die letzte Station seiner Reise durch die Golfregion. "Wir wollen weitere Fortschritte dort erreichen", sagte Scholz nach einem Treffen mit Emir Tamin bin Hamad bin Khalifa Al Thani. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte bei einem Besuch in Katar im März eine "Energiepartnerschaft", unterzeichnet. Dass der nun abgeschlossene Vertrag mit den VAE nur ein erster kleiner Schritt ist, zeigt folgender Vergleich: Vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine floss allein am 1. Februar nach Angaben des Betreibers Gas mit einer Energiemenge von 1,76 Milliarden Kilowattstunden durch die Pipeline Nord Stream 1. Die jetzt vereinbarte erste Lieferung von 137.000 Kubikmetern Flüssiggas für RWE per Schiff aus den Vereinigten Arabischen Emiraten entspricht etwa 0,95 Milliarden Kilowattstunden - umfasst also weniger als die Menge, die im Februar an einem Tag über Nord Stream 1 bewegt worden war.
1asien
Konzentrieren kann Cornelia Eichhorn sich 45 Minuten lang. "Danach setzen körperliche Symptome ein", sagt sie. Schmerzen und Schwindel plagen sie jeden Tag. Ihre Lunge nimmt noch immer zu wenig Sauerstoff auf, dadurch hat sie Herzprobleme. Im November 2020 infizierte sich Cornelia Eichhorn mit Corona - bei ihrer Mutter, nachdem die sich im Krankenhaus angesteckt hatte. Seitdem ruht Eichhorns Arbeitsverhältnis, sie ist krank.Cornelia Eichhorn ist 42 Jahre alt und leidet unter dem Post-Covid-Syndrom. Bei ihrer Arbeit als Dokumentarin in der medizinischen Forschung geht es um jede einzelne Ziffer. Sie vergleicht etwa Medikamente für Studien. "Ich mache meinen Beruf sehr gern", sagt sie. "Ich möchte auch in Zukunft gern wieder als Dokumentarin arbeiten, aber im Moment ist mir tatsächlich meine Gesundheit und das Gesundwerden wichtiger."Am 9. Mai ist ihr Krankengeld ausgelaufen. Seitdem befindet sie sich in der sogenannten "Aussteuerung", erklärt sie. "Ich befinde mich eigentlich gerade so ein bisschen im Niemandsland unseres Sozialsystems, weil keiner gerade so richtig zuständig ist für mich." Sie hat einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt. Eine Rente auf Zeit, für zwei, drei oder fünf Jahre, das würde schon helfen. Doch die Bearbeitung kann bis zu einem Jahr dauern. So lange kann sie Arbeitslosengeld bekommen, "aber dieser Antrag ist immer noch nicht beschieden." Im Moment lebt Cornelia Eichhorn von ihren Ersparnissen. Die Sozialversicherungen fangen Erwerbstätige auf, die es aus dem Arbeitsleben wirft - etwa bei Arbeitsunfällen oder Krebserkrankungen. Mit den Folgen der Corona-Infektion tun sie sich schwer. So können Betroffene neben der Erwerbsminderungsrente, auf die Eichhorn hofft, andere Hilfen beantragen: Beschäftige im Gesundheitswesen können Covid-19 als Berufskrankheit anerkennen lassen. Und wer sich bei der Arbeit angesteckt hat, kann dies als Arbeitsunfall melden.Doch die Anerkennung ist nicht nur bürokratisch und kompliziert - besonders für jemanden, der unter den Post-Covid-Symptomen leidet. Sie gehe auch viel zu schleppend voran, beobachtet der Sozialverband VdK. "Im Moment ist es so, dass die Renten- und Unfallversicherung oft sehr rigide sind und die Anerkennung von Long-Covid-Erkrankungen noch nicht so umfassend funktioniert, wie das für unsere Mitglieder und viele andere Menschen in Deutschland gut wäre", sagt VdK-Präsidentin Verena Bentele. Die Anerkennungsquote bei den Berufskrankheiten sei mit 80 Prozent schon recht hoch, so der VdK. Aber nur 25 Prozent der Anträge würden dauerhaft anerkannt. Bei den Arbeitsunfällen, wo rechtsfest nachgewiesen werden muss, dass man sich am Arbeitsplatz angesteckt hat, sind es nur 30 Prozent. "Für uns als Sozialverband VdK ist wichtig, dass die Menschen gut begutachtet und untersucht werden und eben auch ihre Unterstützung und Hilfe kriegen", so Bentele. "Und nicht permanent Angst haben müssen, aus der Unterstützung zu fallen, weil das für einen Heilungsprozess natürlich nie hilfreich ist."Die Zahlen dieser Anträge sind erschreckend hoch. 2019, vor der Corona-Pandemie, gingen gut 80.000 Verdachtsanzeigen auf eine Berufskrankheit bei der Gesetzlichen Unfallversicherung ein. 2021 waren es mehr als 220.000 - davon betraf der Großteil mit gut 150.000 Anträgen Covid-19.Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung äußert sich dazu auf Anfrage von tagesschau.de nicht. Die Deutsche Rentenversicherung Bund erklärt schriftlich: Cornelia Eichhorn war schon zweimal zur Reha. Arbeiten kann sie trotzdem nicht. Im Moment hofft sie wie viele andere Betroffene weiter auf die Erwerbsminderungsrente. "Wenn das nicht ist, würden wir weiter nach unten fallen und im schlimmsten Fall würde das Hartz IV bedeuten. Und das ist natürlich schon eine Aussicht, die man eigentlich nicht möchte."Eichhorn freut sich über kleine Fortschritte, die sie auf ihrem Weg zur Heilung macht. Weit in die Zukunft könne sie nicht mehr planen. "Es ist so eine gewisse Unsicherheit", sagt sie. "Ich hoffe einfach, dass das Sozialsystem, was ja für Deutschland bekannt ist, uns jetzt auffängt."
6verbraucher
Bundesjustizminister Marco Buschmann will es vielen lesbischen Paaren ermöglichen, dass beide Frauen ab der Geburt eines Kindes rechtlich als Mütter anerkannt werden. "Wir wollen Regeln schaffen, damit Kinder von Geburt an eine rechtssichere Beziehung zu beiden Elternteilen haben - und niemand sich als Elternteil zweiter Klasse fühlen muss", sagte der FDP-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Er sei zuversichtlich, dass es noch in diesem Jahr einen entsprechenden Gesetzentwurf geben werde.Zunächst solle "für die unkompliziert gelagerten Fälle" ein zeitgemäßer Rechtsrahmen geschaffen werden. Dies gelte zum Beispiel für Geburten nach einer registrierten Samenspende. "In diesem Fall ist völlig klar: Der Samenspender möchte nicht an der Erziehung teilhaben", sagte Buschmann. Dann sei eine Gleichstellung von biologischer Mutter und der Partnerin naheliegend. "Da ist es eine gute Sache, wenn beide Elternteile durch das Recht anerkannt werden. Ich kann das Revolutionäre darin gar nicht erkennen", so der Bundesjustizminister. Für andere Situationen, in denen lesbische Paare Kinder bekommen, gebe es allerdings noch Diskussionsbedarf in der Bundesregierung, räumte Buschmann ein. "Nicht alle Fälle lassen sich über einen Kamm scheren." Bei einem lesbischen Elternpaar kann die Partnerin, die das Kind nicht selbst zur Welt gebracht hat, bislang über ein Adoptionsverfahren erziehungsberechtigt werden.
3innenpolitik
Die Ukraine hat für die Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg weitere schwere Waffen aus Deutschland erhalten. "Die zugesagten Mehrfachraketenwerfer vom Typ Mars II und weitere drei Panzerhaubitzen 2000 sind geliefert. Wir halten Wort", sagte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD). Gestern erst hatte ihr ukrainischer Amtskollege berichtet, die ersten drei Flugabwehrpanzer des Typs Gepard seien aus Deutschland eingetroffen. Dazu seien auch mehrere Zehntausend Schuss Munition übergeben worden. Lambrecht sprach von inzwischen fünf gelieferten Gepard-Flugabwehrkanonenpanzern. Insgesamt werde die Ukraine 30 Gepard-Systeme mit rund 60.000 Schuss Munition vor allem aus der Bundeswehr bekommen. Ebenfalls aus Bundeswehr-Beständen stammten die drei Mehrfachraketenwerfer Mars II sowie die dann insgesamt zehn Panzerhaubitzen 2000. Das Mittlere Artillerieraketensystem (Mars) kann Flugkörper unterschiedlicher Wirkungsweise verschießen - etwa gelenkte Raketen mit GPS-System oder Minenausstoßraketen zum Sperren von Geländeabschnitten. Die Abschussbatterien mit einer Kampfbeladung von zwölf Raketen sind dabei auf Kettenfahrzeuge montiert, die bis zu 50 Kilometer pro Stunde schnell fahren können. Von der Industrie werde als Ergänzung zu diesen Waffensystemen noch im September ein Artillerieortungsradar vom Typ Cobra geliefert, sagte Lambrecht. "Der Vertrag ist bereits unterschrieben, jetzt beginnt die Ausbildung der ukrainischen Soldaten an diesem hochkomplexen System." Von der Industrie müsse es noch abschließend für die Lieferung vorbereitet werden. "Damit werden unsere Artilleriesysteme noch schneller und präziser wirken können", versprach die Ministerin. Auch die Ausbildung am zugesagten Flugabwehrraketensystem Iris-T SLM solle in wenigen Tagen beginnen. Die Herstellerfirma werde "fabrikneu" im Herbst an die Ukraine liefern können.Die Gepard-Panzer waren gut fünf Monate nach dem russischen Angriff auf die Ukraine die zweite Lieferung schwerer Waffen aus Deutschland ins Kriegsgebiet. Im Juni waren bereits sieben Panzerhaubitzen dort angekommen, also schwere Artilleriegeschütze, die Ziele in 40 Kilometer Entfernung treffen können. Zusätzlich zur Lieferung von drei Mehrfachraketenwerfern, drei Panzerhaubitzen und des Systems Iris-T waren drei Bergepanzer angekündigt worden.
3innenpolitik