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4. Trifft es zu, dass es bislang keine schriftliche Vereinbarung zwischen den Regierungen von Deutschland und Tansania über die Aufarbeitung der Kolonialgeschichte gibt (www.tagesspiegel.de/politik/tansania-fordert-von-bundesregierung-verhandlungen-uber-wiedergutmachungen-414125 2.html)?
Es liegt keine schriftliche Vereinbarung zwischen den Regierungen von Deutschland und Tansania über die Aufarbeitung der Kolonialgeschichte vor.
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5. Hat die Bundesregierung auf die 2020 vom Botschafter Tansanias, Abdallah Possi, auf die gegenüber der Bundesregierung erhobene Forderung nach Verhandlungen über Wiedergutmachungen für Verbrechen während der deutschen Kolonialzeit in Ostafrika, reagiert, und wenn ja, in welcher Form, und mit welchem Inhalt?
Eine offizielle Forderung der Regierung Tansanias nach Verhandlungen über Wiedergutmachungen liegt der Bundesregierung nicht vor.
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6. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, ob sich die tansanische Regierung auf eine gemeinsame Arbeit mit der Bundesregierung bezüglich der Verhandlungen über Wiedergutmachungen für Verbrechen während der deutschen Kolonialzeit in Ostafrika vorbereitet und eigens einen Sonderausschuss für diesen Zweck gegründet hat (www.dw.com/de/kolonial verbrechen-deutschland-und-tansania-wollen-aufkl%C3%A4ren/a-6506 8986), und wenn ja, welche?
Die Bundesregierung ist die Einsetzung eines Sonderkomitees, dass sich mit der Rückgabe von menschlichen Überresten, Naturobjekten und Kulturgütern befasst, bekannt.
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7. Plant die Bundesregierung, analog zu bzw. ähnlich den Verhandlungen mit Namibia auch Verhandlungen mit der Regierung Tansanias mit dem Ziel der Erarbeitung eines Abschlussdokuments mit politischen Selbstverpflichtungen beider Parteien in Form eines Entwurfes einer Gemeinsamen Erklärung der Bundesrepublik Deutschland und der Vereinigten Republik Tansania aufzunehmen, und wenn ja, wann sollen die Verhandlungen beginnen, und wenn nein, warum nicht?
In Hinblick auf die Rückführung menschlicher Überreste und die Rückgabe von Kulturgütern liegen Verhandlungsangebote vor und die Bundesregierung befürwortet einen diesbezüglichen Dialog mit der tansanischen Regierung. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 10 verwiesen.
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8. Plant die Bundesregierung, analog zu Namibia einen Sondergesandten der Bundesregierung für die Aufarbeitung der unter deutscher Kolonialherrschaft in der ehemaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika begangenen Verbrechen zu berufen, und wenn ja, wann, und wen, und wenn nein, warum nicht?
Derzeit plant die Bundesregierung nicht, eine Sondergesandte oder einen Sondergesandten im Sinne der Fragestellung zu berufen.
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9. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, ob 2024 im Humboldt Forum seitens der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) gemeinsam mit Partnern aus Tansania eine Ausstellung zum Maji-Maji-Krieg geplant ist und danach die Rückgabe der Objekte, die aus einem eindeutigen Unrechtskontext stammen, nach Tansania erfolgen soll (Frankfurter Rundschau vom 1. März 2023, „Die Debatte darf nicht ideologisiert werden“, S. 26), und wenn ja, welche?
Im Jahr 2024 soll eine Ausstellung im Humboldt Forum die reiche und komplexe Geschichte des heutigen Tansanias anhand ausgewählter Kulturobjekte aus den Ostafrika-Sammlungen des Ethnologischen Museums, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und des National Museum of Tanzania zeigen. Die Ausstellung soll Anfang 2025 in Tansania gezeigt werden. Nach Abschluss der Ausstellung sollen einzelne Artefakte in Tansania verbleiben. Über die konkreten Artefakte wird jeweils zwischen den betroffenen deutschen und tansanischen Institutionen Konsens hergestellt.
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10. Wann hatte die Bundesregierung erstmals die Rückgabe von Ancestral Remains (vornehmlich Schädel und Skelette) gegenüber wem in Tansania schriftlich angeboten, und gab es inzwischen eine Rückmeldung der Regierung Tansanias (www.spiegel.de/geschichte/staatsministerin-katja-keul-dass-menschliche-ueberreste-in-kellern-gelagert-werden-ist-unwuer dig-a-42d46097-286e-45b7-9261-69c308d1222e)?
Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist zur Rückführung menschlicher Überreste bereit und hat dies Anfang des Jahres 2020 Tansania schriftlich angeboten. Eine Antwort der tansanischen Regierung liegt bisher nicht vor.
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11. Wird die Bundesregierung die Kosten zur Rückführung der Ancestral Remains nach Tansania übernehmen? Wenn ja, trifft dies auch auf Ancestral Remains zu, die aus dem sogenannten Deutsch-Ostafrika nach Deutschland gelangt sind, sich aber inzwischen im Ausland (Frankreich, USA) befinden (www.thedial.world/is sue-3/germany-reparations-tanzania-skeletons-maji-maji-rebellion)?
Die Bundesregierung, die Bundesländer und die kommunalen Spitzenverbände haben sich im Jahr 2019 in dem Papier „Erste Eckpunkte zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten“ dazu bekannt, dass menschliche Überreste bedingungslos zurückzugeben sind. Die Abwicklung liegt grundsätzlich in der Verantwortung der Einrichtungen und der jeweiligen Träger. Die haushaltrechtlichen Aspekte sind nicht in den Eckpunkten geregelt und wurden bislang unterschiedlich gelöst.
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12. Hat die Bundesregierung Kenntnis über den Verbleib der Schädel von Mangi Meli, einst Führer des Volkes der Wachagga, und weiteren 18 Widerstandskämpfern der Wachagga, Wameru und Waarusha, die gemeinsam im Jahr 1900 von den deutschen Kolonialherren gehängt wurden und deren Köpfe vom Körper getrennt und ins Kaiserreich verschifft worden sein sollen (www.zeit.de/kultur/2023-02/kolonialismus-rueckfue hrung-menschliche-ueberreste-tansania), und wenn ja, welche?
Im Jahr 2019 wurden DNA-Analysen an Schädeln im Bestand der Stiftung Preußischer Kulturbesitz durchgeführt, um den Schädel von Chief Mangi Meli ausfindig zu machen. Ein Abgleich mit der DNA des Enkels von Mangi Meli, Isaria Meli, hat bisher noch nicht zum Auffinden des Schädels geführt. Es gibt derzeit keine Anhaltspunkte, wo sich der Schädel befinden könnte. Es wird angenommen, dass der Schädel nach Deutschland gebracht wurde und sich in einem Lager der Stiftung Preußischer Kulturbesitz befinden könnte. Der Bundesregierung liegen keine Kenntnisse über den Verbleib der Schädel der weiteren 18 Widerstandskämpfer vor.
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13. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, ob deutsche Institutionen, die Ancestral Remains verwalten, proaktiv Gespräche mit Nachfahren bzw. Vertreterinnen und Vertretern von Herkunftsgesellschaften in Tansania gesucht haben, und wenn ja, welche (bitte Institutionen und Nachfahren bzw. Herkunftsgesellschaften auflisten)?
Gespräche erfolgen in erster Linie zwischen den betroffenen deutschen Sammlungen und Institutionen bzw. der Herkunftsgesellschaft aus Tansania. Der Bundesregierung ist bekannt, dass die Stiftung Preußischer Kulturbesitz in einem Forschungsprojekt menschliche Überreste aus der ehemaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika untersucht hat. Dabei konnten 202 Schädel Tansania zugeordnet werden. Die Forschungsergebnisse sind inzwischen unter Einbindung von Vertreterinnen und Vertretern der Herkunftsländer publiziert (Human Remains from the Former German Colony of East Africa, Bernhard S. Heeb (Hg.), Charles Mulinda Kabwete (Hg.), Staatliche Museen zu Berlin, Sprache: Englisch, 1. Auflage, 2022, ISBN: 978-3-412-52344-2) und wurden bereits vor längerer Zeit mit den betroffenen Ländern geteilt. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat außerdem wiederholt ihre Bereitschaft zur sofortigen Rückgabe erklärt und die Restitution angeboten. Darüber hinaus ist der Bundesregierung bekannt, dass die Universität Göttingen das Forschungsprojekt „Sensible Provenienzen“ durchführt, das die Herkunft von menschlichen Überresten aus kolonialen Kontexten in zwei Sammlungen der Universität erforscht. Tansanische Forscherinnen und Forscher sind beteiligt.
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14. Welche deutschen Institutionen haben hinsichtlich der nationalen Abfrage der Kontaktstelle für koloniales Sammlungsgut zu Human Remains aus kolonialen Kontexten nicht kooperiert (www.spiegel.de/geschichte/st aatsministerin-katja-keul-dass-menschliche-ueberreste-in-kellern-gelager t-werden-ist-unwuerdig-a-42d46097-286e-45b7-9261-69c308d1222e; bitte die Institutionen auflisten)? 15. Was leitet die Bundesregierung aus der nationalen Abfrage der Kontaktstelle für Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten über den Stand der Provenienzforschung zu Human Remains aus kolonialen Kontexten in deutschen Sammlungen ab? Für wie hoch schätzt sie den Anteil der noch ungeprüften Individuen ein, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus? 16. Wird die Bundesregierung diese nationale Abfrage vollumfänglich in Deutsch, Englisch und Französisch im Internet veröffentlichen, sodass auch Mitglieder von Herkunftsgemeinschaften sowie internationale Forscherinnen und Forscher leicht darauf zugreifen können, und wenn nein, warum nicht, und wenn ja, wann?
Die Fragen 14 bis 16 werden zusammen beantwortet. Die Ergebnisse der Abfrage der Kontaktstelle sind noch nicht veröffentlicht. Die Bundesregierung sieht daher zum jetzigen Zeitpunkt keine Veranlassung, sich im Vorfeld einer Veröffentlichung zu dieser Abfrage zu äußern.
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17. Wie sichert die Bundesregierung die Auswertung, Bearbeitung und Veröffentlichung der Forschungsergebnisse der vom Förderbereich „Koloniale Kontexte“ beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderten Projekte, sodass insbesondere den Repräsentantinnen und Repräsentanten sowie Expertinnen und Experten der betroffenen Herkunftsgesellschaften in aller Welt der Zugang zu den Ergebnissen erleichtert wird?
Die Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste ist in Deutschland zentrale Ansprechpartnerin zu Fragen unrechtmäßig entzogenen Kulturguts. Sie fördert Provenienzforschung über finanzielle Zuwendungen, seit dem Jahr 2019 auch im Bereich des Sammlungsguts aus kolonialen Kontexten. Das Zentrum unterhält mehrsprachige, öffentlich zugängliche Datenbanken zu ihren Aufgabengebieten und gibt Fachpublikationen heraus. Der Zugang zu den Ergebnissen der Provenienzforschung aus dem Bereich des Sammlungsguts aus kolonialen Kontexten soll künftig über die Forschungsdatenbank Proveana (http://provean a.de/) des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste gewährleistet werden. Dazu sollen die Abschlussberichte der vom Zentrum geförderten Projekte wissenschaftlich ausgewertet und dann in die Datenbank eingepflegt werden.
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19. Plant die Bundesregierung die Einrichtung eines nationalen Advisory Boards für zukünftige Provenienzforschung und zu Ancestral Remains und Repatriierung unter Einbeziehung von Repatriierungspraktikerinnen und Repatriierungspraktikern und Vertreterinnen und Vertretern von Herkunftsgesellschaften, wie von zivilgesellschaftlichen Initiativen und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gefordert (decolonize-berlin.de/ wp-content/uploads/2022/02/We-Want-Them-Back_deutsch-web.pdf), und wenn ja, wann, und wenn nein, warum nicht?
Der Bundesregierung sind diese Vorschläge bekannt und sie steht dazu im Austausch mit den Bundesländern und weiteren Beteiligten. Bereits jetzt ist die Kontaktstelle eine erste Anlaufstelle – insbesondere für Personen und Institutionen aus den Herkunftsstaaten und Herkunftsgesellschaften – für alle Fragen zu Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten. Das von Bund, Ländern und Kommunen errichtete Deutsche Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg befasst sich auch mit dem Bereich des Sammlungsguts aus kolonialen Kontexten. Der Vorstand sowie der Stiftungsrat des Zentrums werden bei ihrer Tätigkeit von einem international besetzten Kuratorium beraten und unterstützt. Der ebenfalls international besetzte Förderbeirat „Koloniales“ des Zentrums berät dieses bei Anträgen zu Provenienzforschungsprojekten im Bereich des Sammlungsguts aus kolonialen Kontexten. Die Gründung weiterer Gremien in diesem Themenfeld ist von der Bundesregierung bislang nicht beabsichtigt.
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20. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über Schätzungen darüber, wie viele menschliche Überreste und wie viele Kunst- und andere Objekte aus der ehemaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika in den Depots deutscher Museen lagern, und wenn ja, welche?
Der Bundesregierung liegen betreffend Kunst- und anderen Objekten keine konkreten und belastbaren Daten vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 14 bis 16 verwiesen.
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21. In welcher Höhe sind seit 2018 finanzielle Mittel zur Restaurierung kolonialer Bauten in Tansania bereitgestellt worden, um „Erinnerungsmeilensteine architektonischer Art“ zu erhalten (www.tt.com/artikel/14319722/t ansania-will-keine-entschaedigung-fuer-deutsche-kolonialherrschaft; bitte entsprechend den Jahren auflisten)?
Seit dem Jahr 2018 wurde über den Kulturerhalt das Gunzert-Haus in Tansania restauriert (im Jahr 2019 mit 50 000 Euro und im Jahr 2020 mit 42 000 Euro). In diesem Jahr wird die Restaurierung des „Cliff Blocks“, Teil eines ehemaligen Krankenhauses aus der Kolonialzeit in Tanga, mit ca. 42 500 Euro gefördert. Das Deutsche Archäologische Institut hat im Jahr 2023 einen Betrag in Höhe von 16 000 Euro im Zusammenhang mit Schutz- und Erhaltungsmaßnahmen für Baubestand der deutschen Kolonialzeit in Tansania erhalten.
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22. Bezüglich welcher Museen, Gedenkstätten und Erinnerungsorte hat die Bundesregierung seit dem Jahr 2000 Hilfe-, Kooperations- oder Förderanfragen der Regierung Tansanias erhalten, und wie wurde jeweils darauf reagiert (bitte entsprechend nach Datum, Objekt, Art und Umfang der erbetenen Hilfe und erfolgter Reaktion aufführen)?
Aus dem Kulturerhaltprogramm des Auswärtigen Amts wird derzeit die Restaurierung von Teilen des „Cliff Blocks“ (erstes Krankenhaus in Ostafrika) durchgeführt. Seit dem Jahr 2020 war die Förderung zur Restaurierung des Museumsdachs und die Installation von Klimaanlagen am „National Museum of Tanzania“ (NMT) in Daressalam in Höhe von 21 600 Euro beabsichtigt. Die Dachrenovierung wurde im Jahr 2022 mit tansanischer finanzieller Unterstützung durchgeführt. Die Installation der Klimaanlage ist für das Haushaltsjahr 2023 weiterhin in Abstimmung.
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23. Hat die Bundesregierung bezüglich Museen, Gedenkstätten und Erinnerungsorte in Tansania in der Vergangenheit proaktiv Hilfe und finanzielle Förderung angeboten (bitte entsprechend nach Datum, Objekt, Art und Umfang der angebotenen Hilfe und erfolgter Reaktion aufführen)?
Gespräche zwischen Vertreterinnen und Vertretern des Auswärtigen Amts/der deutschen Botschaft in Tansania über mögliche Förderungen finden regelmäßig statt. Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Katja Keul, hat im April 2022 Gespräche mit Nachfahren des Chagga Führers Mangi Meli geführt, bei denen Überlegungen zu möglichen Kooperationsmöglichkeiten ausgetauscht wurden, die derzeit konkretisiert werden. Folgende finanzielle Förderung wurde in der Vergangenheit umgesetzt: 2019/2020 die Restaurierung des Gunzert-Hauses in Mwanza zusammen mit der St.-Augustinus-Universität Tansania aus dem Kulturerhaltprogramm des Auswärtigen Amts. Auf die Antwort zu Frage 22 wird verwiesen.
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24. Der Aufbau und der Erhalt welcher Gedenkstätten und Museen in Tansania, wie zum Beispiel das Mkwawa Memorial Museum von Kalenga oder das Maj Maji War Memorial in Songea, werden seit dem Jahr 2000 mit deutschen Mitteln finanziell unterstützt (bitte entsprechend den Jahren einschließlich Fördersumme bzw. finanzieller Unterstützung auflisten)?
Seit dem Jahr 2000 wurden folgende tansanische Museen aus dem Kulturerhaltprogramm des Auswärtigen Amts gefördert bzw. finanziell unterstützt. Projekt Jahr Betrag in Euro Restaurierung des Museums in Bagamoyo 2000 2001 2002 47.578 98.424 8.893 Restaurierung/Ausstattung „Maji Maji Museum“ in Songea 2006 6.085 Aufbau „URITHI-Museum“ in Tanga 2006 2007 24.865 9.750
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25. Welche „Erinnerungsmeilensteine architektonischer Art“ will die Bundesregierung unterstützen, zu erhalten (bitte beispielhaft auflisten)?
Unterstützt wird ein Krankenhaus in Tanga (Vertrag von März 2023). Zunächst werden nur Notreparaturen durchgeführt. Gespräche über eine mögliche Renovierung der evangelischen Kirche „Azania Front“ in Daressalam finden seit April 2023 statt, es liegt noch kein konkreter Antrag vor.
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26. Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, ob wegen des generellen Machtungleichgewichts, nicht alles per se, was aus ehemaligen Kolonialgebieten verbracht wurde, illegal erworben, erpresst, geraubt und gestohlen und aus heutiger Sicht unrechtmäßig nach Deutschland gelangt ist (Frankfurter Rundschau vom 1. März 2023, „Die Debatte darf nicht ideologisiert werden“, S. 26)?
Bund, Länder und die kommunalen Spitzenverbände haben sich in den „Ersten Eckpunkten zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten“ (www.cp3c.de/grundlagendokumente/cp3c_Erste_Eckpunkte_zum_Umgang_ mit_Sammlungsgut_aus_kolonialen_Kontexten_20210812.pdf) darauf verständigt, die Voraussetzungen für Rückführungen von menschlichen Überresten und für Rückführungen von Kulturgütern aus kolonialen Kontexten zu schaffen, deren Aneignung in heute nicht mehr vertretbarer Weise erfolgte. Angesichts der Komplexität der Materie ist eine die jeweiligen konkreten Umstände bzw. die jeweilige Provenienz berücksichtigende Betrachtungsweise angemessen.
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27. Inwieweit tragen a) das vom Auswärtigen Amt finanzierte neue, durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) koordinierte Forschungsstipendienprogramm „German Colonial Rule. Scholarship Programme for Cooperative Research“, in dem neun Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler aus Burundi, Kamerun, Namibia, Ruanda, Tansania und von den Philippinen zur Rolle des Auswärtigen Amts und anderer deutscher Behörden während der Kolonialzeit, b) der vom Auswärtigen Amt finanzierte Sammelband „Das Auswärtige Amt und die Kolonien. Geschichte, Erinnerung, Erbe.“, der von Dr. Carlos Haas, Dr. Lars Lehmann, Prof. Gabriele Metzler und Prof. David Simo herausgegeben wird, und c) die bereits 2011 erschienene Studie des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr „Imperialkriege von 1500 bis heute. Strukturen, Akteure, Lernprozesse“, herausgegeben von Tanja Bührer, Christian Stachelbeck und Dierk Walter maßgeblich dazu bei, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, ob der deutsche Kolonialismus eine Unrechtsherrschaft gemäß Artikel 14 der Erklärung der VN-Weltkonferenz gegen Rassismus von Durban 2001 war, dass die Bundesregierung – trotz der bereits vorhandenen umfangreichen wissenschaftlichen Literatur – ohne diese keine entsprechende Grundlage besäße, um den deutschen Kolonialismus als Unrechtsherrschaft gemäß Artikel 14 der Erklärung der VN-Weltkonferenz gegen Rassismus von Durban 2001, welche die Bundesregierung unterzeichnet hat, anzuerkennen (Antwort zu Frage 17 auf Bundestagsdrucksache 20/6085)?
Die Bundesregierung hat unabhängige wissenschaftliche Studien veranlasst, um die Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte voranzutreiben. Im Übrigen wird auf die Rede der Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Katja Keul, vom Oktober 2022 am Hinrichtungsort des Manga Bell in Kamerun verwiesen, wo sie für die Bundesregierung unter anderem erklärt hat: „Der europäische Kolonialismus war ein Unrechtssystem“ (www.auswaertiges-amt.de/ de/newsroom/-/2561120).
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Vorbemerkung der Fragesteller Am 10. Juni 1944 ermordete eine Einheit der Waffen-SS 218 Einwohnerinnen und Einwohner der griechischen Ortschaft Distomo. Griechische Gerichte haben den Überlebenden des Massakers bzw. deren Nachfahren schon 1997 Entschädigung in Höhe von rund 30 Mio. Euro zugesprochen (www.dw.com/de/k eine-entsch%C3%A4digung-f%C3%BCr-ss-verbrechen/a-902360). Doch Deutschland weigert sich bis heute, diese Entschädigung zu bezahlen, wie es auch Entschädigungszahlungen gegenüber anderen NS-Opfern und Reparationen gegenüber dem griechischen Staat ablehnt. Die Bundesregierung behauptet, diese Frage sei „im Verhältnis zu Italien, Griechenland und Polen abgeschlossen“ (Vorbemerkung der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 19/7527). Es ist für die Fragestellerinnen und Fragesteller offensichtlich, dass die Frage keineswegs abgeschlossen ist, sondern vielmehr von Seiten Griechenlands und der NS-Opfer weiterhin gestellt wird. Davon zeugen beispielsweise Versuche, die Vollstreckung der in Griechenland bestätigten Ansprüche vor italienischen Gerichten zu erwirken (vgl. Bundestagsdrucksache 20/3283). Der griechische Außenminister hat die Reparationsfrage ebenfalls wiederholt angesprochen, beispielsweise Anfang April 2023 bei einem Treffen mit dem deutschen Botschafter (www.amna.gr/en/article/721166/FM-Dendias-receives-German-Amb assador-in-Athens). Für regelrecht geschichtsverzerrend halten die Fragestellerinnen und Fragesteller die Aussage der Bundesregierung, Griechenland selbst habe als Unterzeichner der Charta von Paris vom 21. November 1990 dem Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland (Zwei-plus-Vier-Vertrag), der nach Lesart der Bundesregierung die Reparationsfrage erledigt habe, „zugestimmt“ (vgl. z. B. Bundestagsdrucksachen 16/1634 und 19/7527). Tatsächlich hat Griechenland in der Charta von Paris dem Zwei-plus-Vier-Vertrag keineswegs zugestimmt, sondern, wie auch die Wissenschaftlichen Dienste (WD) des Deutschen Bundestages unter Anführung des Wortlautes der Charta ausführen, diesen lediglich zur Kenntnis genommen; zudem beziehe sich die Kenntnisnahme offenbar lediglich auf die deutsche Wiedervereinigung, wohingegen die Charta keinen Bezug zu Hinweis auf Reparationsfragen enthalte (WD 2 - 3000 - 066/19). Die Wissenschaftlichen Dienste kommen zu dem Schluss, es bestünden „daher berechtigte Zweifel an einer extensiven Auslegung, dahingehend, dass hiermit konkludent auch ein Verzicht erklärt worden sei“, und die Völkerrechtsaufassung der Bundesregierung sei „keineswegs zwingend“. Nachdem das griechische Parlament im Jahr 2019 in einem ausführlichen Bericht die von Deutschland geschuldete Reparationssumme auf rund 290 Mrd. Euro bilanziert hatte (www.zeit.de/politik/ausland/2019-04/reparationsforderu ngen-griechenland-deutschland-zweiter-weltkrieg-zahlungen?utm_referrer=htt ps%3A%2F%2Fwww.google.com%2F), lud die griechische Regierung Deutschland mit einer Verbalnote dazu ein, Verhandlungen zur Lösung der Entschädigungsfrage aufzunehmen; diese Einladung wurde von der Bundesregierung jedoch zurückgewiesen (vgl. www.mfa.gr/epikairotita/diloseis-omili es/anakoinose-tou-upourgeiou-exoterikon-skhetika-me-ten-epidose-rematikes-diakoinoses-sto-germaniko-upourgeio-exoterikon-gia-tis-polemikes-epanortho seis-kai-apozemioseis-apo-ton-kai-pagkosmio-polemo-04062019.html und www.handelsblatt.com/politik/deutschland/weltkriegs-reparationen-bundesreg ierung-laesst-griechenland-abblitzen/25131392.html). Dass somit nicht nur die Entschädigung verweigert wird, sondern auch ein Dialog darüber, ist aus Sicht der Fragestellerinnen und Fragesteller nicht nur inhaltlich unbegründet, sondern sie empfinden auch den von der Bundesregierung gewählten Umgangston gegenüber den letzten noch lebenden NS-Opfern bzw. deren Nachfahren als unangemessen schroff. Verweise der Bundesregierung auf Projekte der Aussöhnung oder historischen Aufarbeitung können nach Auffassung der Fragestellerinnen und Fragesteller die Lücke in der Entschädigungspolitik nicht schließen. Der Sekretär des griechischen Nationalrates für die Einforderung deutscher Schulden, Aristomenis I. Syngelakis, wirft der Bundesregierung vor, mit Instrumenten wie etwa dem deutsch-griechischen Zukunftsfonds (Budget 1 Mio. Euro jährlich) „die historische, moralische, politische und rechtliche Grundlage für die Einforderung deutscher Schulden zu schwächen“ (www.efsyn.gr/stiles/apopseis/38388 9_stoys-omoys-ton-giganton) und eine falsche Versöhnung ohne Gerechtigkeit durchsetzen zu wollen (neoskosmos.com/el/2023/04/10/news/greece/anoikti-e pistoli-se-germanous-ekpaideftikousgia-tis-nazistikes-thiriodies-stin-kriti/). Da die Frage der deutschen Reparationspflicht juristisch zumindest umstritten ist, sollte nach Überzeugung der Fragestellerinnen und Fragesteller hier nach dem Grundsatz verfahren werden, im Zweifel den Interessen der NS-Opfer bzw. ihrer Nachfahren entgegenzukommen. Insofern halten sie eine unverzügliche Auszahlung der vom Landgericht Livadia 1997 festgesetzten Entschädigungssumme für die Opfer von Distomo sowie die Aufnahme von Verhandlungen mit Griechenland über offene Reparationsfragen für geboten.
Vorbemerkung der Bundesregierung Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/7527 wird verwiesen.
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27,188
2. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung (ggf. nach erneuter Prüfung des Wortlauts) zu, dass die Charta von Paris nicht eine explizite „Zustimmung“ zum Zwei-plus-Vier-Vertrag enthält, sondern dessen Kenntnisnahme, so wie auch die Bundesregierung in ihrer Antwort zu Frage 2b auf Bundestagsdrucksache 18/451 den Wortlaut der Charta zitiert (falls nein, bitte korrigierten Wortlaut zitieren)? Enthält die Charta von Paris an anderer Stelle eine explizite Zustimmung zu einem Reparationsverzicht, und wenn ja, an welcher (bitte ggf. zitieren)? 3. Hat die Bundesregierung eine generelle Position zu der Frage, inwiefern Staaten, die nicht an einem Vertrag beteiligt sind, dessen Rechtswirkungen für sich durch bloße Kenntnisnahme des Vertrages anerkennen (bitte ggf. ausführen)? Falls sie eine solche Wirkung einer Kenntnisnahme prinzipiell ausschließt, warum geht sie im Falle der griechischen Reparationsansprüche davon aus, dass Griechenland durch seine Kenntnisnahme des Zwei-plus-Vier-Vertrages auf sie verzichtet habe?
Die Fragen 2 und 3 werden gemeinsam beantwortet. Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 2b der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/451 wird verwiesen.
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4. Stimmt die Bundesregierung angesichts ihrer Aussage, „Reparationen mehr als 65 Jahre nach Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen“ wären „ohne jede Präzedenz“ der Auffassung der Fragestellerinnen und Fragesteller zu, dass zuerst die Dimension der NS-Verbrechen ohne jede Präzedenz gewesen ist, und wenn nein, warum nicht?
Die Bundesregierung weist den in der Fragestellung enthaltenen Vorwurf, das Leid von NS-Opfern zu missachten oder zu relativieren, entschieden zurück. Seit 1949 haben sich alle Bundesregierungen für Entschädigung für das von Nationalsozialisten begangene Unrecht eingesetzt.
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5. Hat sich die Bundesregierung mit dem Bericht des griechischen Parlaments über die deutschen Verbrechen und griechischen Reparationsforderungen inhaltlich beschäftigt, und falls ja, welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus?
Der auf der Website des griechischen Parlaments veröffentlichte Bericht ist der Bundesregierung bekannt. Er unterstreicht das enorme Ausmaß der Schäden und die Unermesslichkeit des Leids, die die deutsche Besatzung und die von den deutschen Besatzern verübten Verbrechen in Griechenland verursacht haben. Die Bundesregierung ist sich der daraus erwachsenden historischen, moralischen und politischen Verantwortung Deutschlands bewusst. Diese ist handlungsleitend für ihre Gestaltung der heutigen Beziehungen zu Griechenland.
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6. Hat die Bundesregierung Überlegungen dahin gehend angestellt, dass ihre Weigerung, mit der griechischen Seite in einen Dialog über die Reparations- und Entschädigungsfrage zu treten, zu einer Belastung der deutsch-griechischen Beziehungen und zu einer Enttäuschung unter griechischen NS-Opfern bzw. ihren Nachfahren führt, und wenn ja, welche, und welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus?
Der Bundesregierung ist bewusst, dass die deutsche Besatzung und der Schmerz über die in dieser Zeit von Deutschen begangenen grausamen Verbrechen in vielen Teilen der griechischen Gesellschaft bis heute präsent sind. Sie setzt sich dafür ein, die bilateralen Beziehungen in ihrer Vielfalt weiter auszubauen und eine zukunftsgerichtete deutsch-griechische Erinnerungskultur zu etablieren. Dem dient unter anderem der Deutsch-Griechische Zukunftsfonds. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen.
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7. In welchem Rahmen hat sich die deutsche Botschaft in Griechenland in den letzten Jahren an Veranstaltungen zum Jahrestag des Massakers in Distomo beteiligt, und wie ist der Planungsstand für den 10. Juni 2023?
In den Jahren 2012 bis 2019 war der deutsche Botschafter zu der jährlichen Gedenkveranstaltung eingeladen und hat diese wahrgenommen. Wegen pandemiebedingter Einschränkungen ist seit dem Jahr 2020 keine Einladung der Gemeinde Distomo erfolgt. Zu den Plänen der Gemeinde für eine diesjährige Veranstaltung liegen der Bundesregierung bisher keine Erkenntnisse vor.
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8. Beabsichtigt die Bundesregierung, der Klägergruppe aus Distomo ein Angebot zur außergerichtlichen Einigung zu machen oder mit anderen Angeboten auf sie zuzugehen?
Zur der Frage der Entschädigung wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen.
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9. Anerkennt die Bundesregierung, dass aus griechischer Sicht die Frage von Reparationen und Entschädigungszahlungen für den deutschen Krieg und die deutsche Besatzung in Griechenland zu keinem Zeitpunkt abschließend geregelt wurde?
Die Bundesregierung hat zur Kenntnis genommen, dass die griechische Regierung diese Haltung vertritt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen.
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11. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragestellerinnen und Fragesteller, dass eine verantwortungsvolle Aufarbeitung der NS-Verbrechen und Auseinandersetzungen mit der eigenen Geschichte auch in Deutschland zukünftig von grundlegender Bedeutung sein wird und Deutschland in Bezug auf Griechenland seine Anstrengungen, der eigenen historischen Verantwortung gerecht zu werden, weiter intensivieren muss, wozu auch die Anerkennung bislang nicht aufgearbeiteter Schuld gehört, und welche Schlussfolgerungen zieht sie aus ihren Überlegungen hierzu?
Die Bundesregierung trägt der Verantwortung für die Aufarbeitung der NS-Verbrechen in ihren Beziehungen zu Griechenland Rechnung. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 5 und 6 verwiesen.
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12. Beabsichtigt die Bundesregierung, ihre Position zur Rückzahlung der sogenannten Zwangsanleihe zu ändern, und wenn ja, inwiefern?
Die Bundesregierung hält an der bisherigen Rechtsauffassung fest.
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13. Beabsichtigt die Bundesregierung, weitere, auch zivilgesellschaftliche, Projekte zu individuellen Entschädigungszahlungen, Versöhnungs- und Verständigungszwecken in Griechenland durchzuführen bzw. zu fördern, und wenn ja, inwiefern?
Seit 2014 werden Erinnerungs- und Versöhnungsprojekte im Umfang von ca. 1 Mio. Euro jährlich aus dem Deutsch-Griechischen Zukunftsfonds gefördert. Ferner beteiligt sich die Bundesregierung gemäß der Zusage von 2016 mit 10 Mio. Euro am Bau des Holocaust-Museums in Thessaloniki. Zur Frage nach individuellen Entschädigungszahlungen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/7527 wird verwiesen.
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14. Wie will die Bundesregierung vermeiden, dass ihre Bekundungen einer wertegeleiteten Außenpolitik von Außenstehenden nicht ernst genommen werden, indem sie eine Entschädigung für von Deutschen verübtes Leid wie im Fall der Distomo-Opfer ablehnt?
Die wertegeleitete Außenpolitik der Bundesregierung ist auch eine Konsequenz aus dem unter dem NS-Regime durch Deutschland verübten Unrecht. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 5 und 6 verwiesen.
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Vorbemerkung der Fragesteller Der Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP 2030) wurde im Jahr 2016 nach einem umfangreichen Beteiligungsprozess, in dem ein konkreter Ausbaubedarf definiert wurde, beschlossen. Der BVWP 2030 soll bis zum Jahr 2030 umgesetzt werden. Die nach Ansicht der Fragesteller enormen Unstimmigkeiten und öffentlichen Verlautbarungen der unterschiedlichen Akteure der aktuellen Bundesregierung zur Umsetzung des BVWP 2030 nimmt seit Monaten einen breiten Raum in der öffentlichen Berichterstattung ein (vgl. www.suedd eutsche.de/wirtschaft/infrastruktur-beschleunigung-autobahn-wissing-gruene-bahn-1.5752111). Insbesondere BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bremsen nach Ansicht der Fragesteller die Straßeninfrastruktur-Projekte und stellen sie als „klima- und umweltschädlich“ dar (vgl. www.rnd.de/politik/verkehrspolitik-n euer-ampel-streit-zur-planungsbeschleunigung-QCZRSM3JEJBRHLQK6D7 GQBYGJM.html). Die Bundesregierung sorgt mit diesem Verhalten nach Auffassung der Fragesteller für erhebliche Unsicherheit und Verwirrung bei Ländern und Kommunen, der Planungsebene und Baubranche, bei Wirtschaft, Handwerk und Mittelstand sowie Bürgerinnen und Bürgern, die auf Investitionen in eine moderne und gut ausgebaute Infrastruktur sowie auf eine dringende Entlastung – zum Beispiel durch eine Umgehungs- und Entlastungsstraße – angewiesen sind. Dies betrifft Schienenwege, Bundesstraßen und die Wasserwege des Bundes in ganz Deutschland. 1. An welchen Projekten in Schleswig-Holstein hält die Bundesregierung fest, die im Bundesverkehrswegeplan 2030, wie sie im Projektinformationssystem (PRINS) zum Bundesverkehrswegeplan 2030 dargestellt sind, vorgesehen sind (bitte differenziert nach Projekten in den Bereichen Schiene, Straße und Wasserstraße auflisten)? 2. Wie viele der Projekte des BVWP 2030 in Schleswig-Holstein, wie sie im Projektinformationssystem zum Bundesverkehrswegeplan 2030 dargestellt sind, haben einen gültigen Planfeststellungsbeschluss (bitte differenziert nach Projekten in den Bereichen Schiene, Straße und Wasserstraße auflisten)? 3. Bei wie vielen Projekten des BVWP 2030 in Schleswig-Holstein, wie sie im Projektinformationssystem zum Bundesverkehrswegeplan 2030 dargestellt sind, wurden die Bauarbeiten bereits begonnen (bitte differenziert nach Projekten in den Bereichen Schiene, Straße und Wasserstraße auflisten)? 4. Wie viele Projekte, die im BVWP 2030 in Schleswig-Holstein, wie sie im Projektinformationssystem zum Bundesverkehrswegeplan 2030 dargestellt sind, wurden bereits umgesetzt bzw. beendet (bitte differenziert nach Projekten in den Bereichen Schiene, Straße und Wasserstraße auflisten)? 5. Welche Verkehrsprojekte in Schleswig-Holstein, wie sie im Projektinformationssystem zum Bundesverkehrswegeplan 2030 dargestellt sind, werden im laufenden Jahr voraussichtlich abgeschlossen (bitte differenziert nach Projekten in den Bereichen Schiene, Straße und Wasserstraße auflisten)? 6. Welche Verkehrsprojekte in Schleswig-Holstein, wie sie im Projektinformationssystem zum Bundesverkehrswegeplan 2030 dargestellt sind, werden voraussichtlich bis Ende 2024 abgeschlossen (bitte differenziert nach Projekten in den Bereichen Schiene, Straße und Wasserstraße auflisten)? 7. Welche Verkehrsprojekte in Schleswig-Holstein, wie sie im Projektinformationssystem zum Bundesverkehrswegeplan 2030 dargestellt sind, werden voraussichtlich bis Ende 2025 abgeschlossen (bitte differenziert nach Projekten in den Bereichen Schiene, Straße und Wasserstraße auflisten)?
Die Fragen 1 bis 7 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Für die Projekte im Vordringlichen Bedarf der Bedarfspläne besteht ein gesetzlicher Auftrag an den jeweiligen Vorhabenträger, die Vorhaben zu planen und im Rahmen der zur Verfügung stehenden Investitionsmittel umzusetzen. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) treibt die Umsetzung der Projekte des Bedarfsplans daher im Zusammenspiel mit den zuständigen Bundesländern zielgerichtet weiter voran. Die folgende Tabelle führt bezüglich der Fragen 2 bis 7 die Bedarfsplanvorhaben der Verkehrsträger Straße, Schiene und Wasserstraße in Schleswig-Holstein auf. Projektbezeichnung mit Plan- feststellungsbeschluss Mit Baubeginn umgesetzt/ abgeschlossen vsl. Abschluss 2023 vsl. Abschluss 2024 vsl. Abschluss 2025 Bundesfernstraßen A 7 – LGr. SH/HH (AS Schnelsen) – AS Quickborn X X X A 7 – AS Quickborn – AS Kaltenkirchen X X X A 7 – AS Kaltenkirchen – AS Bad Bramstedt X X X A 7 – AS Bad Bramstedt – AS Großenaspe X X X A 7 – AS Großenaspe – AS Neumünster-N X X X A 7 – AS Neumünster-N – AD Bordesholm (A 215) X X X Projektbezeichnung mit Plan- feststellungsbeschluss Mit Baubeginn umgesetzt/ abgeschlossen vsl. Abschluss 2023 vsl. Abschluss 2024 vsl. Abschluss 2025 A 21 – Stolpe (n AS Wankendorf) Nettelsee X X A 21 – Nettelsee – Klein Barkau X X A 21 – Wellseedamm – Neumeimersdorf X X X A 23 – AS Itzehoe-S – AS Itzehoe-N, 2. FB X X X B 207 – Heiligenhafen-Ost – Puttgarden (ohne Fehmarnsundquerung) 1 X X B 209 – OU Schwarzenbek 2. BA (B 404 – K 17) X X X Bundesschienenwege Knoten Hamburg X X Bundeswasserstraßen Ausbau der Oststrecke des NOK X X X X Fahrrinnenanpassung der Außen- und Unterelbe X X X
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8. Welche Kosten entstehen für die Umsetzung der in den Fragen 1 bis 7 erwähnten Projekte (bitte differenziert nach Projekten in den Bereichen Schiene, Straße und Wasserstraße auflisten)? 12. Wie viele und welche Projekte des BVWP 2023 in Schleswig-Holstein, wie sie im Projektinformationssystem zum Bundesverkehrswegeplan 2030 dargestellt sind, sind bereits jetzt teurer als ursprünglich veranschlagt (bitte differenziert nach Projekten in den Bereichen Schiene, Straße und Wasserstraße auflisten)?
Die Fragen 8 und 12 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die jeweiligen Gesamtkostenangaben sowie die ursprünglichen Gesamtkostenschätzungen der etatisierten Bedarfsplanmaßnahmen im Land Schleswig-Holstein können der Anlage „Verkehrswegeinvestitionen des Bundes“ zum Einzelplan 12 des Bundeshaushaltsplans 2023 (abrufbar unter: https://bmfiiportal.zivi t.iv.bfinv.de/bundeshaushalt/web/hh2023/start.html) entnommen werden.
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9. Hat die Abstimmung über die laufenden Projekte im Bundesverkehrswegeplan 2030 in Schleswig-Holstein, wie es im Koalitionsvertrag zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP festgehalten ist, innerhalb der Bundesregierung bereits begonnen (vgl. Koalitionsvertrag, S. 38), und falls nein, wann wird mit der Abstimmung zu rechnen sein? Wann ist mit einem Ergebnis der Abstimmung zu rechnen, und wann wird der Deutsche Bundestag von der Bundesregierung darüber informiert?
Die in den Koalitionsvertrag zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP aufgenommene Formulierung zur „gemeinsamen Abstimmung über die laufenden Projekte“ richtet sich an die die Regierung tragenden Bundestagsfraktionen.
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10. Beabsichtigt die Bundesregierung, die zuständigen Behörden in Schleswig-Holstein bei der Umsetzung der Projekte im Bundesverkehrswegeplan 2030 umfassender einzubinden als dies bislang rechtlich oder fachlich geboten war, und was unternimmt die Bundesregierung konkret, um diese umfassendere Einbindung zum Zwecke der Transparenz und der Beschleunigung der Umsetzung des BVWP 2030 zu gewährleisten?
Die Bundesregierung wird weiterhin die rechtlich und fachlich gebotene Einbindung der zuständigen Behörden in den Ländern wie auch der Autobahn GmbH des Bundes bei der Umsetzung des Bundesverkehrswegeplans bzw. der Bedarfspläne gewährleisten.
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11. Sind angesichts steigender Baukosten und anhaltender Inflation das bisherige Bewertungsverfahren und Nutzen-Kosten-Verhältnis, wie sie im Projektinformationssystem zum Bundesverkehrswegeplan 2030 dargestellt sind, bei Ausbauvorhaben des BVWP 2030 in Schleswig-Holstein noch einzuhalten (bitte differenziert nach Projekten in den Bereichen Schiene, Straße und Wasserstraße auflisten)?
Die Wirtschaftlichkeit eines Bedarfsplanprojekts wird nicht nur im Rahmen der Aufstellung des jeweiligen Bundesverkehrswegeplans (BVWP) bzw. strategischen Plans untersucht, sondern auch während der Planung bzw. im Zuge der Einstellung in den Haushalt nochmals betrachtet. Hierbei werden auch steigende Baukosten berücksichtigt. Der Nachweis der Wirtschaftlichkeit ist Voraussetzung für die Projektumsetzung. Darüber hinaus werden die in der Nutzen-Kosten-Analyse (NKA) des BVWP-Bewertungsverfahrens verwendeten Kosten- und Wertansätze, gekoppelt mit den Strategischen Langfrist-Verkehrsprognosen des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr, regelmäßig aktualisiert. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 7 verwiesen.
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13. Ist vor dem Hintergrund steigender Kosten, nach Ansicht der Bundesregierung eine ergänzende Priorisierung für Projekte in Schleswig-Holstein für den Zeitraum ab dem Jahr 2024 vorzunehmen, und falls nein, warum nicht? 14. Wie wird die Bundesregierung sicherstellen, dass die Projekte des BVWP 2030 in Schleswig-Holstein entsprechend ihrer Priorisierung umgesetzt werden?
Die Fragen 13 und 14 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Auf Grundlage der Ausbaugesetze für die Bundesschienenwege, Bundesfernstraßen und Bundeswasserstraßen (§ 5 des Fernstraßenausbaugesetzes, § 5 des Bundeswasserstraßenausbaugesetzes, § 5 des Bundesschienenwegeausbaugesetzes) erstellt das Bundesverkehrsministerium Fünfjahresplanungen zur Verwirklichung des Ausbaus nach den Bedarfsplänen. Die abschließende Bereitstellung der für die Verkehrsinfrastrukturen des Bundes erforderlichen finanziellen Mittel bleibt grundsätzlich den jeweiligen Aufstellungsverfahren des Bundeshaushalts vorbehalten.
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15. Wie ist der aktuelle Umsetzungsstand der Aus- und Neubauvorhaben der Bundesschienenwege aus dem Investitionsrahmenplan 2019 – 2023 für die Verkehrsinfrastruktur des Bundes (IRP) in Schleswig-Holstein (bitte für die Vorhaben entsprechend der Projektliste – Schiene im IRP auflisten)?
Der aktuelle Umsetzungsstand der Aus- und Neubauvorhaben der Bundesschienenwege aus dem Investitionsrahmenplan 2019-2023 für die Verkehrsinfrastruktur des Bundes (IRP) in Schleswig-Holstein kann nachfolgender Tabelle entnommen werden. BPl-Nr. Projektbezeichnung gemäß IRP 2019 bis 2023 Projektstand Teil B – Neu zu beginnende Vorhaben P 18 ABS Lübeck – Schwerin/Büchen – Lüneburg Lübeck – Schwerin Planungsphase N 09 Hinterlandanbindung Fehmarnbelt-Querung (ohne Fehmarnsundquerung) Planungsphase P 39 Knoten Hamburg S4 Ost und Meckelfeld Bauphase Teil C – Sonstige wichtige Vorhaben P 22 ABS Niebüll – Klanxbüll Planungsphase N 09 Hinterlandanbindung Fehmarnbelt-Querung Fehmarnsundquerung Planungsphase
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16. Wie ist der aktuelle Umsetzungsstand der Aus- und Neubauvorhaben der Bundesfernstraßen aus dem Investitionsrahmenplan 2019 – 2023 für die Verkehrsinfrastruktur des Bundes in Schleswig-Holstein (bitte für die Vorhaben entsprechend der Projektliste – Bundesfernstraßen im IRP auflisten)?
Die erbetenen Informationen sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Die Beantwortung erfolgt auf Grundlage eines Berichts an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zum Sach- und Kostenstand der Projekte des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen (Stand: Mitte 2022). Straße Projektbezeichnung gemäß IRP 2019 bis 2023 Projektstand Teil A – Laufende Vorhaben (Bundesautobahnen) A 7 LGr. SH/HH – AD Bordesholm Betriebsphase A 21 Stolpe – Nettelsee Bauphase A 21 Nettelsee – Klein-Barkau Bauphase Teil B – Neu zu beginnende Vorhaben (Bundesautobahnen) A 7 AS Rendsdorf/Büdelsdorf – AK Rendsburg Bauphase A 20 Glücksstadt (B 431) – Hohenfelde (A 23) Planfeststellungsphase A 20 LGr. NI/SH (Elbmitte) – Glückstadt (B 431) Planfeststellungsphase A 20 Hohenfelde (A 23) – L 114 Planfeststellungsphase A 20 L 114 – AK A 20/A 7 Planfeststellungsphase A 20 A 7 – Weede Planfeststellungsphase Teil B – Neu zu beginnende Vorhaben (Bundesstraßen) B 5 OU Hattstedt – Bredstedt Planfeststellungsphase B 202 OU Tating ohne Planung B 207 Heiligenhafen-Ost – Puttgarden (ohne Fehmarnsundquerung) Bauphase 1) B 209 OU Schwarzenbek – 2. BA (B 404 bis K 17) Bauphase Teil C – Sonstige wichtige Vorhaben (Bundesautobahnen) A 21 Klein-Barkau – Kiel Wellseedamm Planungsphase Straße Projektbezeichnung gemäß IRP 2019 bis 2023 Projektstand A 25/B 5 OU Geesthacht Planfeststellungsphase Teil C – Sonstige wichtige Vorhaben (Bundesstraßen) B 199 OU Handewitt ohne Planung
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17. Wie ist der aktuelle Umsetzungsstand der Aus- und Neubauvorhaben der Bundeswasserstraßen aus dem Investitionsrahmenplan 2019 – 2023 für die Verkehrsinfrastruktur des Bundes in Schleswig-Holstein (bitte für die Vorhaben entsprechend der Projektliste – Bundeswasserstraßen im IRP auflisten)?
Der aktuelle Umsetzungsstand der Aus- und Neubauvorhaben der Bundeswasserstraßen aus dem Investitionsrahmenplan 2019 bis 2023 für die Verkehrsinfrastruktur des Bundes (IRP) in Schleswig-Holstein kann nachfolgender Tabelle entnommen werden. Nr. IRP Projektbezeichnung gemäß IRP 2019-2023 Projektstand Teil A – Laufende Vorhaben 9 Ausbau der Oststrecke NOK Im Bau 10 Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe abgeschlossen Teil C – Sonstige wichtige Vorhaben 3 Vertiefung des NOK in Planung 6 Neutrassierung der Saatsee-Kurve am NOK in Planung 11 Ausbau des Elbe – Lübeck – Kanals zurückgestellt
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18. Wie ist der aktuelle Planungs- und Umsetzungsstand bezüglich der Projekte des Finanzierungs- und Realisierungsplans (FRP) 2021 bis 2025 für die Bundesautobahnen und Bundesstraßen in der Bundesverwaltung (bitte für Schleswig-Holstein getrennt nach Bedarfsplan Teil A – „laufende Projekte“, Bedarfsplan Teil B – „neu zu beginnende Projekte“ und Bedarfsplan Teil C – „weitere wichtige Projekte“ auflisten)?
Die erbetenen Informationen sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Die Beantwortung erfolgt auf Grundlage eines Berichts an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zum Sach- und Kostenstand der Projekte des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen (Stand: Mitte 2022). Straße Projektbezeichnung gemäß FRP 2021-2025 Projektstand Bedarfsplan: Teil A – laufende Projekte A 21 Nettelsee – Klein Barkau Bauphase A 21 Stolpe – Nettelsee Bauphase Bedarfsplan: Teil B – bis 2025 neu zu beginnende Projekte A 7 AS Rendsburg/ Büdelsdorf – AK Rendsburg (A 210) (inkl. Rader Hochbrücke) Bauphase A 20 AK A 20/A 26 m – Glückstadt (B 431) Planfeststellungsphase A 20 Glückstadt (B 431) – Hohenfelde (A 23) Planfeststellungsphase A 20 Hohenfelde (A 23) – L 114 Planfeststellungsphase A 20 L114 – AK A 7/A 20 Planfeststellungsphase A 20 AK A 7/A 20 – Wittenborn (B 206) Planfeststellungsphase A 20 Wittenborn (B 206) – Weede Planfeststellungsphase Bedarfsplan: Teil C – weitere wichtige Projekte A 21 Klein Barkau – Kiel-Wellseedamm Planungsphase A 25n/B 5 OU Geesthacht Planfeststellungsphase
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24. Welchem Arbeitgeber sind die drei „Moderationen“ von „Journalist 165“ beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zuzuordnen (Bundestagsdrucksache 20/5822, Anlage 2), wenn nicht dem Axel-Springer-Konzern (vgl. twitter.com/johannesboie/status/163386273 6798175232?cxt=HHwWgMDS6ZTg0qwtAAAA)?
Journalist 165 wurde aufgrund einer Verwechslung dem Axel-Springer-Konzern zugeordnet. Diese Angabe wurde korrigiert. Nach aktuellen Erkenntnissen der Bundesregierung ist der Journalist 165 keinen konkreten Arbeitgebern zuzuordnen.
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25. Auf welcher Grundlage hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Aufträge an diejenigen Journalisten verteilt, die es mit dem Vermerk „Freiberuflich tätig, nicht nachvollziehbar für wen die Person im genannten Zeitraum tätig war“ kennzeichnet (Bundestagsdrucksache 20/5822, Anlage 2), wenn es nicht den genauen beruflichen Hintergrund dieser Personen kannte?
Grundlage der Beauftragung waren die geltenden Vorgaben des Vergaberechts. Beauftragt wurden geeignete Bieter mit einschlägiger Berufserfahrung für die zu erbringende Dienstleistung.
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8. Wie hoch war nach Kenntnis der Bundesregierung in dem Zeitraum von 2000 bis 2022 in dem Deliktsbereich „Bedrohung“ a) die Anzahl der erfassten Fälle, und wie verteilten diese sich auf die einzelnen Bundesländer, b) die Anzahl der Tatverdächtigen insgesamt, c) die Anzahl der deutschen Tatverdächtigen, d) die Anzahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen, und welche Nationalität wurde bei diesen am häufigsten festgestellt, e) der prozentuale Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen an der Gesamtzahl aller Tatverdächtigen und f) der prozentuale Zuwachs der nichtdeutschen Tatverdächtigen im Jahr 2022 gegenüber dem Jahr 2000 (die Antworten zu den Fragen 8a bis 8e bitte nach Jahresscheiben aufschlüsseln)?
Die nach Ländern differenzierte Antwort zu Frage 8a ist als Anlage 8* beige fügt. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Schlüssel 232300 „Bedrohung § 241 StGB“ 1 Frage 8a Frage 8b Frage 8c Frage 8d Frage 8e Frage 8f Jahr erfasste Fälle TV insgesamt deutsche TV NDTV NDTV in Prozent Entwicklung NDTV 2022 ggü. 2000 in Prozent 2000 82.178 72.112 55.081 17.031 23,6 2001 84.021 73.756 56.791 16.965 23,0 2002 98.415 87.108 66.505 20.603 23,7 2003 96.207 85.498 64.510 20.988 24,5 2004 97.761 86.726 64.973 21.753 25,1 2005 99.480 87.690 66.000 21.690 24,7 2006 101.675 89.402 67.592 21.810 24,4 2007 102.941 91.504 69.797 21.707 23,7 2008 98.661 87.321 66.337 20.984 24,0 2009 103.211 91.718 69.894 21.824 23,8 2010 99.452 87.548 66.304 21.244 24,3 2011 96.923 85.718 64.697 21.021 24,5 2012 98.807 86.539 64.996 21.543 24,9 2013 99.248 87.004 65.267 21.737 25,0 2014 100.147 87.832 65.009 22.823 26,0 2015 100.099 87.004 62.050 24.954 28,7 2016 105.184 90.952 61.980 28.972 31,9 2017 103.475 89.562 60.644 28.918 32,3 2018 103.260 89.388 59.884 29.504 33,0 2019 102.360 87.695 58.766 28.929 33,0 2020 106.411 89.427 59.980 29.447 32,9 2021 129.682 106.937 73.554 33.383 31,2 2022 166.065 134.938 92.553 42.385 31,4 148,9
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Vorbemerkung der Fragesteller Weltweit leiden mehr als 1,6 Milliarden Menschen an vernachlässigten Tropenkrankheiten (Neglected Tropical Diseases – NTDs), in vielen Fällen sogar an mehreren dieser Erkrankungen gleichzeitig. Seit 2016 wurden im Rahmen der Bekämpfung von NTDs jährlich immerhin etwa 1 Milliarde Betroffene erreicht. Das deutsche und internationale Engagement für die Kontrolle und Eliminierung von NTDs hat Fortschritte bei der Bekämpfung einzelner Krankheiten ermöglicht. Weltweit haben bisher 47 Länder mindestens eine vernachlässigte Tropenkrankheit ausgerottet und mehrere Länder haben sogar zwei, drei oder vier der NTDs eliminiert. Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie bedrohen aber hart erkämpfte Fortschritte. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehörten die Maßnahmen zur NTDs-Bekämpfung zu den am häufigsten von der Pandemie erschütterten und negativ beeinflussten. Vor allem medikamentöse Massenbehandlungen wurden unterbrochen. So ist die Erreichung des Ziels, festgehalten im WHO-NTDs-Fahrplan 2030 und im Entwicklungsziel SDG 3 mit dem Indikator für NTDs, nämlich die Zahl der Menschen, die bis 2030 eine Intervention gegen NTDs benötigen, um 90 Prozent zu senken, in weite Ferne gerückt. Mittlerweile liegen zahlreiche politische Willenserklärungen der Bundesregierung zur Förderung der Bekämpfung von NTDs vor: • Abschluss-Communiqués der G7-Staaten anlässlich ihrer Gipfeltreffen in Elmau 2022 sowie 2015, • die Kigali Declaration on NTDs 2022 (gezeichnet von Deutschland als erstem westlichen Geberland), • die Globale Gesundheitsstrategie der Bundesregierung aus dem Jahr 2020, • der Koalitionsvertrag zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP aus dem Jahr 2021 (im Kapitel zur Entwicklungspolitik, S. 120, wird die Unterstützung der globalen Gesundheitsarchitektur im Rahmen des One-Health-Ansatzes durch die Bundesregierung u. a. durch die Intensivierung der Bekämpfung von armutsassoziierten und vernachlässigten Tropenkrankheiten unterstrichen). 1. Wie bewertet die Bundesregierung die globalen Fortschritte bei der Bekämpfung von NTDs seit 2019?
In den letzten Jahren konnten bereits beachtliche Erfolge bei der Bekämpfung von vernachlässigten Tropenkrankheiten (NTDs) erzielt werden. Dieser Fortschritt ist fragil, so dass weiterhin ein langfristiges Engagement nötig ist. Die Bundesregierung ist sich bewusst, dass insbesondere während der COVID-19-Pandemie die Gesundheitssysteme in Entwicklungsländern überlastet waren, was zu einem eingeschränkteren Zugang zu Gesundheitsdiensten, einschließlich NTD-Programmen, beitrug. Dies kann zu einer Verzögerung oder Vernachlässigung der NTD-Diagnose und -Behandlung, sowie mangelnder Prävention geführt haben. Die Bundesregierung hat während der COVID 19-Pandemie jedoch keines ihrer Gesundheitsprogramme unterbrochen. Es wurden weiter Maßnahmen umgesetzt die direkt und indirekt der NTD-Bekämpfung dienen. Während der COVID-19-Pandemie, wurden Aktivitäten z. T. in die Pandemie- bekämpfung integriert (z. B. Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Routine-Gesundheitsversorgung während Pandemien, welche auch der Aufrechterhaltung der NTD-Bekämpfung dienten).
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2. Welche Herausforderungen bestehen nach Auffassung der Bundesregierung für die angestrebte Eliminierung von NTDs bis 2030?
Die COVID-19-Pandemie hat die globalen Fortschritte bei der Bekämpfung von NTDs beeinträchtigt. Zu den Herausforderungen bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten, einschließlich NTDs, gehören unter anderem der Klimawandel, politische Instabilität, Schuldenkrisen, Krieg, Flucht und Migration, zunehmende sozioökonomische Ungleichheiten und antimikrobielle Resistenzen (AMR). Dies wird mehr sektorübergreifende Maßnahmen erfordern, um die Erfolge mittel- bis langfristig zu konsolidieren.
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3. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, NTDs-Bekämpfungsprogramme im Falle von künftigen Pandemien besser vor Unterbrechungen und Rückschritten zu schützen? Welchen Beitrag plant die Bundesregierung, hierzu zu leisten (bitte geplante Maßnahmen nach Ressorts, insbesondere des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung [BMZ], Bundesministeriums für Gesundheit [BMG] und Bundesministeriums für Bildung und Forschung [BMBF] aufschlüsseln)?
Die Bundesregierung sieht die fachspezifische Zusammenarbeit und den institutionalisierten Wissenstransfer u. a. im Rahmen der bilateralen und multilateralen Zusammenarbeit mit Ländern als einen wichtigen Bestandteil der NTD-Bekämpfung (auch in pandemischen Zeiten). Zu den vielversprechenden Möglichkeiten gehören darüber hinaus die verstärkte sektor-übergreifende Verankerung von präventiven NTD-Maßnahmen nach dem One-Health-Ansatz, sowie die Integration von NTD-Maßnahmen in bestehende Programme und die gleichzeitige Stärkung von Gesundheitssystemen insgesamt. Durch den Aufbau widerstandsfähiger Gesundheitssysteme können NTD-Bekämpfungsprogramme besser aufrechterhalten werden, selbst in Zeiten von Pandemien. Die Bun- desregierung setzt sich ein für eine Verbesserung der Diagnostik –und Behandlungskapazitäten von NTDs, die Ausbildung von Gesundheitsfachkräften sowie die Aufrechterhaltung der Routine-Gesundheitsversorgung während Epidemien, die auch der NTD-Versorgung zu Gute kommt. Zu Details der Maßnahmen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) wird auf die Tabelle in der Antwort der Bundesregierung auf Frage 7 verwiesen.
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4. Welche Rolle sollten NTDs-Bekämpfungsprogramme nach Auffassung der Bundesregierung bei Pandemievorsorge und Pandemiebekämpfung spielen? Wie kann eine verbesserte Integration bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten erreicht werden?
Die Bundesregierung verfolgt einen One-Health-Ansatz, welcher das Zusammenwirken von Mensch, Tier und Umwelt im Bereich der Gesundheit einbezieht. Ansatzpunkte sind eine verstärkte Epidemie- und Pandemieprävention durch verbesserte Aufklärung, Überwachung, Diagnostik und Präventionsmaßnahmen; die Bekämpfung von Zoonosen, vernachlässigten Tropenkrankheiten (NTDs), die Verringerung von AMR und die Förderung intakter Ökosysteme zum Schutz der Biodiversität. Ein Teil der von der Bundesregierung geförderten NTD-Maßnahmen (z. B. der Aufbau von nötigen Laborkapazitäten, Surveillanceprogrammen) stärken ganzheitlich Gesundheitssysteme und tragen somit zur Pandemie- und Epidemieprävention bei. Die Bekämpfung von NTDs adressiert insbesondere diejenigen Bevölkerungsgruppen, welche beim Zugang zu staatlichen Diensten oftmals marginalisiert sind. So kann der Teufelskreis von Armut und Krankheit durchbrochen und Armut bekämpft werden. Dies führt zu einer verbesserten Widerstandsfähigkeit von Gesellschaften und trägt zur Pandemie- und Epidemieprävention sowie zur Bewältigung von Gesundheitskrisen bei. Maßnahmen zur Bekämpfung von NTDs und zur Pandemievorsorge lassen sich gut ineinander integrieren, z. B. im Bereich Surveillance zur Überwachung von Infektionskrankheiten - an beiden ist oft das gleiche Personal vor Ort beteiligt oder bei der Aufrechterhaltung der Routinegesundheitsversorgung während Pandemien, die auch der NTD-Bekämpfung zu Gute kommt.
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5. Welche Bedeutung haben aus Sicht der Bundesregierung lokale und gemeindebasierte Ansätze bei der Bekämpfung von NTDs? Wie kann eine konsequente Einbindung der von NTDs betroffenen Menschen bei Planung, Durchführung und Monitoring von NTDs-Bekämpfungsmaßnahmen gewährleistet werden?
Lokale und gemeindebasierte Ansätze sind für den Erfolg von NTD-Projekten von großer Bedeutung. Es ist wichtig, die gesamte Gesellschaft in ihrer Vielfalt einzubeziehen, einschließlich aller Geschlechter, Geschlechtsidentitäten und sexuellen Orientierungen, insbesondere auch Frauen und Mädchen, und unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit oder Behinderungen. Lokale, gemeinschaftsbasierte Ansätze sind wichtige Bestandteile einer umfassenden Kommunikationsstrategie zur Sensibilisierung und Prävention. Die wirksame Umsetzung von Maßnahmen erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Regierungsbehörden, Nichtregierungsorganisationen, Gesundheitsdiensten, Gemeinden und den Betroffenen selbst. Durch die Einbeziehung aller relevanten Interessengruppen können lokale und gemeindebasierte Ansätze bei der Bekämpfung von NTDs erfolgreich sein.
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6. Inwiefern sind Frauen und Mädchen nach Auffassung der Bundesregierung in besonderem Maße von NTDs betroffen, und mit welchen Maßnahmen plant die Bundesregierung, diese zu adressieren, und welche Rolle fällt ihnen bei der Bekämpfung von NTDs zu?
Frauen spielen eine entscheidende Rolle im Gesundheitssystem und bei der Bekämpfung von NTDs. Aufgrund von biologischen und sozioökonomischen Faktoren sowie Stigmatisierung sind sie einerseits oft am stärksten von NTDs betroffen, tragen die größte Last der Folgen und haben gleichzeitig am wenigsten Zugang zur Gesundheitsversorgung. Andererseits fungieren Frauen in ihren Gemeinschaften oft als Betreuerinnen, Pflegerinnen und Aufklärerinnen, um NTDs vorzubeugen, zu behandeln und das Bewusstsein dafür zu schärfen. Frauen übernehmen oft den Hauptteil der Tätigkeiten im Haushalt und kümmern sich um Kinder, Wasser, Tiere, Hygiene und Lebensmittel; ebenfalls eine Schlüsselfunktion bei der Bekämpfung von NTDs. Daher ist die Stärkung der Frauen durch Bildung und wirtschaftliche Möglichkeiten ein wichtiger Beitrag zur Reduzierung von NTDs in ihren Gemeinschaften. Die Bundesregierung erkennt die entscheidende Rolle von Frauen im Kampf gegen NTDs an. Im Sinne einer feministischen Außen- und Entwicklungspolitik gilt es, die spezifischen Bedürfnisse von Frauen und Mädchen auch in der Gesundheitsversorgung noch besser zu berücksichtigen. Mit der neuen Strategie zur feministischen Außen- und Entwicklungspolitik setzt das BMZ auf drei Ebenen an: ● Eintreten gegen Diskriminierung und Gesetze, die Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität diskriminieren; ● Gleichberechtigter Zugang zu Ressourcen, wie z. B. zu Bildungssystemen, Gesundheitssystemen, sozialen Sicherungssystemen, aber auch Zugang zu sanitären Einrichtungen; ● Verbesserung der Repräsentation durch Integration in gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Entscheidungsprozesse auf allen Ebenen und auf gleicher Augenhöhe.
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7. Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung seit ihrem Amtsantritt 2021 zur Bekämpfung von NTDs ergriffen (bitte in Maßnahmen, beteiligte Bundesressorts und jährlichen finanziellen Umfang aufschlüsseln)? a) Welche Erfolge oder Fortschritte konnten durch diese Maßnahmen erzielt werden?
Die Fragen 7 und 7a werden gemeinsam beantwortet. Auf die beigefügte Anlage 1 wird verwiesen.*
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27,220
b) Welche Probleme oder Herausforderungen haben sich bei der Umsetzung dieser Maßnahmen offenbart?
Die COVID-19 Pandemie hat NTD-Programme vielerorts zurückgeworfen oder verzögert. Medizinische Interventionen, wie Massenabgabe von Medikamenten alleine reichen nicht aus, um NTDs nachhaltig zu bekämpfen. Wir bemühen uns daher vermehrt um einen ganzheitlichen Ansatz zur NTD-Bekämpfung, welcher Prävention, Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Ursachenbekämpfung an der Quelle berücksichtigt. Das BMZ verfolgt diesen Ansatz in bilateralen Programmen mit Partnerländern, wie auch bei multilateraler Unter- stützung von internationalen Organisationen oder Finanzierungsinstrumenten. Verknüpfungen von Programmen zur sozialen Sicherung oder zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit mit NTD-Bekämpfungsprogrammen bieten erfolgsversprechende Synergien. Gegenwärtig sind enorme Kostensteigerungen und Schwierigkeiten bei der Materialbeschaffung eine Herausforderung für Forschungs- und Entwicklungs-Maßnahmen (FuE-Maßnahmen). Grenzschließungen und Lock-Downs führten während der COVID-19-Pandemie zu starken Verzögerungen in den Maßnahmen.
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27,221
8. Wie soll der sogenannte Access Fund der KfW-Entwicklungsbank nach Auffassung der Bundesregierung zur Bekämpfung von NTDs beitragen, und wie plant die Bundesregierung, diesen finanziell auszustatten?
Durch das Health Product Access Programm des BMZ soll ein verbesserter Zugang von armen und benachteiligten Bevölkerungsgruppen zu wirksamen, sicheren und bezahlbaren Gesundheitsprodukten zur Prävention, Diagnostik und Behandlung von armutsbezogenen Krankheiten (HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria) und NTDs in Subsahara Afrika und Lateinamerika ermöglicht werden. Der Ansatz baut auf der seit 2011 in mehreren Runden gewährten Förderung des BMBF für Produktentwicklungspartnerschaften (PDPs ) zur Entwicklung dieser Produkte auf. Mit der in diesem Bereich ersten Finanzierung wird ab diesem Jahr der Zugang zu neuen Medikamenten für eine Gruppe von NTDs (u. a. Afrikanische Schlafkrankheit, Chagas Krankheit, Flussblindheit, Leishmaniose) gefördert. Es werden je nach Krankheit und Medikament verschiedene Maßnahmen eingesetzt, die die erhöhte Verfügbarkeit neuer, besserer und kostengünstiger Gesundheitsprodukte in betroffenen lokalen Gesundheitssystemen, insbesondere in Subsahara Afrika, fördern, ihre Krisenresilienz erhöhen und z. T. auch die Ausrottung von Krankheiten ermöglichen. Zu den finanzierbaren Maßnahmen zählen bspw. die (nationale) Registrierung, Zulassung und Einführung medizinischer Produkte, initiale Finanzierung bzw. Beschaffung von Produkten, Schulung des Gesundheitspersonals und Informations- und Aufklärungsarbeit der Patienten. Das Vorhaben soll mit 20 Mio. Euro finanziert werden.
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27,222
9. Wie bindet die Bundesregierung zivilgesellschaftliche, wissenschaftliche und privatwirtschaftliche Akteure in die Planung von Maßnahmen zur Bekämpfung der NTDs ein? Welche gemeinsamen Pläne verfolgt die Bundesregierung mit zivilgesellschaftlichen, wissenschaftlichen und privatwirtschaftlichen Akteuren bei der Bekämpfung der vernachlässigten Tropenkrankheiten?
Die Bundesregierung steht im regelmäßigen Austausch mit deutschen und internationalen Plattformen der Zivilgesellschaft rund um NTDs. Innerhalb der vom BMBF-geförderten PDPs arbeiten die in der Frage genannten Akteure zur Bekämpfung von NTDs entlang der gesamten Wertschöpfungskette zusammen. Im Rahmen der BMBF-geförderten Vernetzungsplattform „German Alliance for Global Health Research (GLOHRA)“ werden disziplin-, sektoren- und standortübergreifende Vorhaben, u. a. zu NTDs, unterstützt. Über die Plattform können Projekte unter Beteiligung der o. g. Akteuren gefördert werden. Die Zivilgesellschaft wurde insbesondere eng eingebunden in die Konsultation zum neuen Kernthema Gesundheit, Soziale Sicherung, Bevölkerungspolitik des BMZ, wo die NTD-Bekämpfung ein zentraler Punkt in allen Aktionsfeldern darstellt. Im Juni 2022 veranstaltete das BMZ gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für die sektorübergreifende Bekämpfung von Vernachlässigter Tro- penkrankheiten (DZVT) und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ein Treffen von über 70 Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik zu einem Workshop zum Thema „Sektorübergreifende Bekämpfung Vernachlässigter Tropenkrankheiten“. Der Wissenschaftliche One-Health-Beirat berät das BMZ zu Maßnahmen im Bereich One Health, welches NTD-Programme miteinschließt.
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27,223
10. Welche Pläne hat die Bundesregierung für die Fortführung von Produktentwicklungspartnerschaften (sogenannte Product Development Partnerships – PDP) zur Bekämpfung armutsbedingter und vernachlässigter Krankheiten über den dritten Förderzeitraum (2023 bis 2028) hinaus? 11. Welches Fördervolumen hält die Bundesregierung für eine vierte Förderphase für notwendig?
Die Fragen 10 und 11 werden gemeinsam beantwortet. Eine Entscheidung über den aktuellen Förderzeitraum (welcher bis 2028 geht) hinaus, wird zu einem späteren Zeitpunkt getroffen.
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27,224
12. Wie setzt die Bundesregierung den auf Bundestagsdrucksache 18/4930 festgehaltenenBeschluss des Deutschen Bundestages um, der im Falle einer positiven Evaluation der zweiten PDP-Förderrunde vorsieht, den Förderansatz durch eine dritte Förderrunde zu verstetigen, dafür höhere Finanzmittel als in der zweiten Runde vorzusehen und einzuplanen?
Produktenwicklungspartnerschaften werden im Rahmen zeitlich befristeter Förderrunden seit 2011 unterstützt. Eine Erhöhung der Fördermittel für die dritte Förderrunde (2023 bis 2028) war unter der gegenwärtigen Haushaltslage nicht möglich.
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27,225
13. Was plant die Bundesregierung, um innerhalb der nachhaltigen Entwicklungsziele die Werte des Indikators „Anzahl der Personen mit Behandlungsbedarf bei vernachlässigten Tropenkrankheiten“ (sdg-indikatore n.de/3-3-5/) für das Gesundheitsziel „Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern“ zu reduzieren bzw. zu verbessern?
Es wird auf die Antwort zu Frage. 7 verwiesen. Dort sind die Maßnahmen aufgelistet, mit der die Bundesregierung zur Erreichung des SDG-Indikators 3.3.5 beisteuert.
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27,226
14. Welche konkreten Maßnahmen leiten sich für die Bundesregierung daraus ab, dass sie mit der Unterzeichnung der Erklärung von Kigali zu NTDs die Eigenverantwortung der Länder für NTDs-Programme, die Integration dieser in bestehende Gesundheitssysteme bzw. Gesundheitsprogramme und die sektorübergreifende Zusammenarbeit unterstützt?
Das BMBF unterstützt entsprechende Forschungsinitiativen, die u. a. den Transfer der F&E-Ergebnisse in die Gesundheitssysteme vor Ort vorantreiben. Die konkreten Maßnahmen des BMBF werden in der Antwort auf Frage 7 genannt. Das BMZ unterstützt Partnerländer und -regierungen bei der Stärkung ihrer Gesundheitssysteme und weiterer relevanter Akteure (nach dem One-Health-Ansatz), damit sie NTD-Maßnahmen nachhaltig und übersektoral verankern können. Dies geschieht unter anderem durch finanzielle und technische Hilfe zur Entwicklung und Umsetzung nationaler NTD-Programme sowie die sektorübergreifende Zusammenarbeit mit nationalen Behörden und Dienstleistern, um NTD-Programme in bestehende Gesundheitssysteme zu integrieren. Durch die institutionelle Verankerung sollen die Länder auch nach Programmende in der Lage sein, die Bekämpfung von NTDs fortzuführen.
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27,227
15. Wird die Bundesregierung in der künftigen Kernthemenstrategie des BMZ zu Gesundheit, Bevölkerungspolitik und sozialer Sicherung explizit die Bekämpfung der NTDs als Aufgabe, der sie sich widmen wird, nennen? Wenn nein, warum nicht? Wann wird diese Kernthemenstrategie vorliegen?
Die neue Kernthemastrategie „Gesundheit, Soziale Sicherung, Bevölkerungspolitik“ des BMZ macht konkrete Vorschläge für die Stärkung des Gesundheitsportfolios, einschließlich soziale Sicherungssysteme, sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte, eine verbesserte Prävention von Infektionskrankheiten wie NTDs und einen gleichberechtigten Zugang zu Impfstoffen, Therapeutika und Diagnostika gegen NTDs. Die neue Kernthemenstrategie wird voraussichtlich im Juni 2023 veröffentlicht. NTDs werden in allen Aktionsfeldern berücksichtigt. Konkrete Maßnahmenvorschläge für die Durchführung von Projekten sind u. a.: ● Stärkung von Gesundheitssystemen für einen besseren Zugang zu qualitativ hochwertigen Gesundheitsdienstleistungen, ● Ausbau von WASH-Systemen für grundlegende Hygiene, ● Verankerung des One Health-Ansatzes, ● Städtebauliche Maßnahmen zur Abwehr von übertragbare Krankheiten durch Insekten oder Nagetiere (z. B. Müllentsorgung, Abwasser etc.), ● Länderspezifische, bedarfsgerechte Förderung von Impfstoff -und Medikamentenproduktion und Verbesserung des Zugangs zu neuen Medikamenten für die Bevölkerung.
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27,228
16. Stimmt die Bundesregierung der Bewertung zu, dass der Sanitätsdienst der Bundeswehr und dessen Institute während der Auslandseinsätze sowohl in Ländern, in denen NTDs auftreten, als auch beim freiwilligen Ebola-Einsatz in Westafrika und während der COVID-Pandemie hervorragende Arbeit bei der Prävention und Bewältigung von NTDs und Pandemien geleistet hat und dass die Ergebnisse und Erfahrungen aus diesen Einsätzen sich auf die NTDs-Bekämpfung, vor allem im Public-Health-Bereich der betroffenen Länder, übertragen lassen?
Der Sanitätsdienst der Bundeswehr hat in den Auslandseinsätzen und während der COVID-19-Pandemie vorzügliche Arbeit geleistet. Die dabei gewonnenen Erfahrungen können bei der NTD-Bekämpfung in den betroffenen Ländern genutzt werden.
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17. Wird die Bundesregierung die Bundeswehr mit ihrer Expertise im Sanitätsdienst und dessen Instituten in die Erarbeitung und Evaluierung von Präventionsmaßnahmen und Public-Health-Programmen zur Bekämpfung von NTDs einbeziehen?
Die spezifische Expertise des Sanitätsdienstes der Bundeswehr wird, wenn dies als sinnvoll und zielführend erachtet wird, einbezogen.
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18. Erfolgte eine wissenschaftliche Evaluierung von Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung von Infektionen mit NTDs bei Bundeswehreinsätzen, z. B. in Afghanistan, oder ist diese noch geplant?
Ein Monitoringsystem hinsichtlich Präventionsmaßnahmen zu vektorübertragenen Erkrankungen, u. a. Dengue-Fieber, Chikungunya, Leishmaniasis, besteht in den Einsatzgebieten der Bundeswehr durch ein seit gut 20 Jahren etabliertes System der Vektorsurveillance insbesondere zu tag- und nachtaktiven Stechmücken. Ein wissenschaftlich basiertes, qualitätsgesichertes Evaluierungssystem der gesamten Impf- und Prophylaxemaßnahmen der Bundeswehr zur Vermeidung insbesondere von Infektionen befindet sich derzeit in der Entwicklung.
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19. Plant die Bundesregierung, vor dem Hintergrund ihres vernetzten Ansatzes, die Expertise des Sanitätsdienstes bei weiteren Gesprächen, Abstimmungen und Maßnahmen zur Bekämpfung von NTDs standardmäßig mit einzubeziehen?
Die spezifische Expertise des Sanitätsdienstes der Bundeswehr wird, wenn dies als sinnvoll und zielführend erachtet wird, einbezogen.
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20. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um sich überschneidende Krankheitslasten zu NTDs ganzheitlich und systematisch zu bekämpfen und vorhandene Strukturen in den Partnerländern besser darauf auszurichten?
Überschneidende Krankheitslasten und Ko-Morbiditäten zwischen NTDs und anderen Krankheiten, aber auch die oft gleichzeitige Betroffenheit von mehreren NTDs sind der Bundesregierung bewusst. Neben krankheitsspezifischen Ansätzen zur Bekämpfung sind aufgrund dieser Überschneidungen vermehrt auch multisektorale, integrierte Ansätze (wie zum Beispiel der One-Health-Ansatz) notwendig. Zudem ist es wichtig die Resilienz der Gesellschaft ganzheitlich zu stärken, dazu zählt auch Soziale Sicherung. Auf diese Aspekte geht das BMZ mit seiner neuen Kernthemenstrategie vermehrt ein. Es wird ergänzend auf Antworten zu den Fragen 3, 5, 6, 14 und 15 verwiesen.
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22. Inwiefern tragen Maßnahmen der Bundesregierung zur Stärkung von Gesundheitssystemen und Erreichung von universeller Gesundheitsversorgung (UHC) konkret zur Bekämpfung NTDs bei?
Der Zugang zu essentiellen Gesundheitsdiensten ist wichtig um NTDs zu behandeln und ihnen vorzubeugen. Durch die Stärkung von Gesundheitssystemen können Länder unter Beteiligung der Zivilgesellschaft individuelle Leistungspakete des Gesundheitssystems für die Bevölkerung festlegen. Je nach nationalem Kontext und der individuellen Krankheitslast der Länder werden NTD-Interventionen in diese Leistungspakete aufgenommen und der Zugang der Bevölkerung zu diesen Interventionen verbessert sich im Rahmen der Ausweitung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung. Auch über Fortbildungen von Gesundheitsfachkräften oder durch die Stärkung von Laborkapazitäten trägt die Bundesregierung zur Stärkung von Gesundheitssystemen und damit auch zur Bekämpfung der NTDs bei.
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27,235
23. Inwiefern gibt es gemeinsam mit anderen wichtigen Geberstaaten oder internationalen Institutionen wie der Weltbank, konkrete Initiativen oder Vorschläge der Bundesregierung, um ein koordiniertes Vorgehen bei der Bekämpfung von NTDs voranzubringen?
Seit 1974 unterstützt die Bundesregierung das bei der WHO angesiedelte Special Programme for Research and Training in Tropical Diseases (TDR) von UNICEF, UNDP, Weltbank und WHO. Das TDR betreibt Forschung und Entwicklung, um bestehende Ansätze zur Prävention, Diagnose, Behandlung und Kontrolle von ungenügend erforschten ansteckenden Tropenkrankheiten zu verbessern und neue Ansätze zu fördern. Zudem fördert TDR die Forschungskapazitäten in betroffenen Ländern. TDR ermöglicht somit ein koordiniertes Vorgehen bei der Bekämpfung von NTDs. Außerdem unterstützt die Bundesregierung das „Expanded Special Project for Elimination of Neglected Tropical Diseases“ (ESPEN), angesiedelt am afrikanischen Regionalbüro der WHO. ESPEN operiert in allen Afrikanischen Ländern und dem Jemen.
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24. Inwiefern sind NTDs Thema in bilateralen Regierungsverhandlungen mit Partnerländern der Entwicklungszusammenarbeit (EZ)? Falls dem so ist, in welchen zwischenstaatlichen EZ-Verhandlungen oder EZ-Konsultationen und mit welchen Ergebnissen wurde das Thema seit 2021 angesprochen (bitte konkret auflisten)?
NTDs waren seit 2021 nicht Bestandteil von Regierungsverhandlungen. Die NTD-Vorhaben mit den Regionalorganisationen CEMAC (Communauté Économique et Monétaire de l'Afrique Centrale) und ECOWAS (Economic Community of West African States) sind nicht Bestandteil von Regierungsverhandlungen, da sie nicht den Status eines Partnerlandes des BMZ haben.
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25. Inwiefern hat die Bundesregierung seit 2021 Forschungsprogramme zur Entwicklung von Diagnostik, Medikamenten, Vakzinen und Surveillance-Methoden im Bereich der NTDs gefördert? Welche Förderung ist zukünftig geplant, und wird es eine Ausweitung dieser geben (wenn ja, bitte konkretisieren)?
Die einschlägigen Forschungsprogramme des BMBF werden in der Antwort zu Frage 7 aufgeführt. Die dort genannten Forschungsprogramme befinden sich derzeit alle am Beginn ihres jeweiligen Förderzeitraums. Eine Entscheidung, ob die laufenden Forschungsprogramme ausgeweitet oder erneuert werden, erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt. Im Forschungsbereich „Malaria und vernachlässigte Tropenkrankheiten“ des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) gibt es einen Schwerpunkt „Vernachlässigte Tropenkrankheiten“, in dem DZIF-Forschende mit afrikanischen Partner-Institutionen insbesondere an der Verbesserung und Entwicklung der Diagnostik und Therapie arbeiten. Eine Intensivierung der Forschungsarbeiten in den kommenden Jahren ist vorgesehen. Das BMBF fördert das DZIF gemeinsam mit den Sitzländern; für den Forschungsbereich „Malaria und vernachlässigte Tropenkrankheiten“ verausgabt das DZIF etwa 2,9 Mio. Euro/Jahr (Ist 2021).
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26. Mit welchen Forschungseinrichtungen in den betroffenen Ländern wird im Rahmen von Forschungsprogrammen zur Entwicklung von Diagnostik, Medikamenten und Vakzinen im Bereich der NTDs zusammengearbeitet? Ist es geplant, diese Forschungskooperationen zukünftig verlässlich zu finanzieren, und wenn ja, konkret wie, und mit welchen Einrichtungen?
Im Forschungsbereich „Malaria und vernachlässigte Tropenkrankheiten“ unterhält das DZIF langjährige Kooperationen mit vier afrikanischen Partner-Institutionen, dem Centre de Recherches Médicales de Lambaréné (CERMEL, Gabun), dem Centre de Recherche en Santé de Nouna (CRSN, Burkina Faso), dem Kumasi Centre for Collaborative Research in Tropical Medicine (KCCR, Ghana) und dem Mbeya Medical Research Center (MMRC, Tansania). Im Fokus gemeinsamer Forschungsprojekte stehen auch die Diagnostik und Therapie vernachlässigter Tropenkrankheiten, insbesondere Wurmerkrankungen. Nach derzeitigem Stand plant das DZIF eine Fortsetzung der Forschungskooperationen. Eine Zusammenarbeit findet zudem mit weiteren Partnern im Rahmen der projektbezogenen FuE-Förderung statt. Die konkreten FuE-Maßnahmen werden in der Antwort der Bundesregierung auf Frage 7 genannt.
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Vorbemerkung der Fragesteller Mit der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 19/24979 wurde eine Vielzahl an Details zu den von der Bundesregierung in dem Zeitraum vom 1. Juni 2018 bis zum 30. Juni 2020 in Auftrag gegebenen Studien und Gutachten erfragt. Mit dieser Kleinen Anfrage sollen die bereits vorliegenden Informationen nun um die aktuellen Daten ergänzt werden.
Vorbemerkung der Bundesregierung Zur Erhebung der für die Beantwortung der Fragen erforderlichen Angaben war eine Ressortabfrage durchzuführen. Dabei wurde der gleiche Maßstab wie auch für die Antworten auf die Kleinen Anfragen gemäß den Bundestagsdrucksachen 19/1191, 19/24344 und 20/314 zugrunde gelegt. Die folgende Beantwortung schließt an die Beantwortungen auf die Bundestagsdrucksachen 19/2448, 19/24979 und 20/531 an. Die Antworten auf die gestellten Fragen können für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 30. September 2021 somit den vorgenannten Drucksachen entnommen werden. Gemäß den Fragestellern sollen mit der aktuellen Kleinen Anfrage „die bereits vorliegenden Informationen nun um die aktuellen Daten ergänzt werden.“ Vorliegend beziehen sich die folgenden Antworten also auf den Zeitraum vom 1. Oktober 2021 bis zum 31. Dezember 2022. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat entschieden, zu der Kleinen Anfrage für das BMG und seinen Geschäftsbereich keine Angaben machen zu können. Hierzu führt das BMG zur Begründung aus: Im Geschäftsbereich des BMG befinden sich vier nachgeordnete Behörden, von denen drei (Paul-Ehrlich-Institut, Robert-Koch Institut sowie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) als Schwerpunkt die wissenschaftliche Begleitung und Unterstützung der Arbeit des Ministeriums haben. Diese Begleitung und Unterstützung wird von einer Vielzahl an Studien und Gutach- ten gekennzeichnet, die von diesen Behörden in Auftrag gegeben werden und deren Auflistung die vorhandenen Kapazitäten übersteigen würde. Die Beantwortung dieser außerordentlich umfassenden Anfrage würde daher im BMG und seinem Geschäftsbereich ein derart großes Ausmaß annehmen, dass es nicht mehr möglich wäre, die originären Aufgaben weiterhin zu erfüllen. Daneben lassen es die bestehenden erheblichen Mehrbelastungen im Nachgang der Bewältigung der Corona-Pandemie weiterhin nicht zu, Informationen in dem in der Anfrage abgebildeten Umfang zusammenzustellen und zu verarbeiten. Auch wenn das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) erst mit Organisationserlass vom 8. Dezember 2021 formal gegründet wurde, wird für die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 20/6426, die den Zeitraum 10/2021 bis 12/2022 erfasst, insgesamt zum jetzigen Zuständigkeitsbereich des BMWSB geantwortet. Um sicherzustellen, dass durch die Umorganisation keine Projektmeldungen verloren gehen, wird die Abfrage weiter ausgelegt. So werden für die Aktualisierung auch Projekte gemeldet, die vor 10/2021 gestartet sind und in den in Frage kommenden Zeitraum hinreichen können. Insgesamt können die in der Antwort wiedergegebenen Angaben aufgrund des nachgefragten Umfangs trotz größtmöglicher Sorgfalt aufgrund der für die Beantwortung von parlamentarischen Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.
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27,240
1. Wie hat sich die Anzahl der von den obersten Bundesbehörden und denen nachgeordneter Behörden insgesamt in Auftrag gegebenen Studien und Gutachten seit dem 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2022 entwickelt, und wie verteilen sich diese auf die jeweiligen Behörden (bitte nach Jahresscheiben auflisten)? 2. Wie haben sich die Ausgaben der obersten Bundesbehörden und denen nachgeordneter Behörden für Studien und Gutachten seit dem 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2022 insgesamt verändert, und wie verteilen sich diese auf die jeweiligen Behörden (bitte nach Jahresscheiben auflisten)?
Die erbetenen offenen Angaben werden für die Fragen 1 und 2 zusammengefasst für den Zeitraum vom 1. Oktober 2021 bis zum 31. Dezember 2022 als Tabelle in Anlage 1 dargestellt.* Nach Ansicht des Bundesnachrichtendienstes (BND) kann die Beantwortung der Fragen 1 und 2 aus Gründen des Staatswohls nicht in offener Form erfolgen. Die im vorliegenden Fall erbetenen Auskünfte zur konkreten Verwendung von Haushaltsmitteln betreffen wesentliche Strukturelemente des BND. Aus ihrem Bekanntwerden könnten sowohl staatliche als auch nicht-staatliche Akteure Rückschlüsse sowohl auf die Fähigkeiten des Dienstes wie auch seine Ressourcensteuerung im Verlauf der Zeit ziehen. Zudem können durch die Darstellung entlang einer Zeitachse auch Trends verdeutlicht werden. Ein solches Bekanntwerden beeinträchtigt die Aufgabenerfüllung des BND, was wiederum für die Sicherheit und die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig ist. Diese Informationen werden daher als Verschlusssache gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen Geheimschutz vom 10. August 2018 (Verschlusssachenanweisung - VSA) mit dem VS-Grad „VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH“ eingestuft (Anlage 1a). Auch für das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) kann die Beantwortung zu den Fragen 1 und 2 aus Gründen des Staatswohls nicht in offener Form erfolgen. Die im vorliegenden Fall erbetenen Auskünfte zur konkreten Verwendung von Haushaltsmitteln betreffen wesentliche Strukturelemente des BfV. Aus ihrem Bekanntwerden könnten sowohl staatliche als auch nicht-staatliche Akteure Rückschlüsse sowohl auf die Fähigkeiten des BfV als auch seine Ressourcensteuerung im Verlauf der Zeit ziehen. Zudem können durch die Darstellung entlang der Zeitachse auch Trends verdeutlicht werden. Ein solches Bekanntwerden beeinträchtigt die Aufgabenerfüllung des BfV, was wiederum für die Sicherheit und die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig ist. Diese Informationen werden daher ebenfalls als Verschlusssache gemäß der VSA mit dem VS-Grad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft (Anlage 1a).*
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27,241
3. Welche Studien und Gutachten wurden seit dem 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2022 durch jeweils welche obersten Bundesbehörden und denen nachgeordneten Behörden in Auftrag gegeben (bitte einzeln und nach Jahresscheiben auflisten)?
Die offenen Angaben zu der Frage 3 (und Frage 5) werden zusammengefasst für den Zeitraum vom 1. Oktober 2021 bis zum 31. Dezember 2022 als Tabelle in Anlage 2 dargestellt.** Der BND ist nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung gelangt, dass die Beantwortung der Fragen 3 bis 5 nicht in offener Form erfolgen kann. Die erbetenen Auskünfte zu Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen des BND sind im Hinblick auf die künftige Erfüllung des gesetzlichen Auftrags aus § 1 Absatz 2 BNDG besonders schutzwürdig. Eine Veröffentlichung von Einzelheiten solche Fähigkeiten betreffend würde zu einer wesentlichen Schwächung der dem BND zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung führen. Dies hätte für die Auftragserfüllung des BND erhebliche Nachteile zur Folge, da die Antworten Informationen enthalten, welche im Zusammenhang mit der Arbeitsweise und Methodik des BND und hierbei insbesondere seinen Aufklärungsaktivitäten, Analysemethoden im Bereich Technik und seiner diesbezüglichen Ressourcensteuerung bei "Insourcing Knowledge“ stehen. Die Funktionsfähigkeit der Nachrichtendienste dient jedoch als Grundlage für die gesetzliche Auftragserfüllung letztlich der Aufrechterhaltung der Effektivität nachrichtendienstlicher Informationsbeschaffung durch den Einsatz spezifischer Fähigkeiten wie auch der Eigensicherung und damit dem Staatswohl. Aus den genannten Gründen kann eine Beantwortung in offener Form für die Funktionsfähigkeit der Sicherheitsbehörde und mithin für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland schädlich sein. Deshalb sind die entsprechenden Informationen als Verschlusssache gemäß der VSA mit dem VS-Grad „VS – Vertraulich“ eingestuft.*** Gegenstand der Fragen sind zum anderen auch solche Informationen, die in besonders hohem Maße das Staatswohl berühren und daher selbst in eingestufter Form nicht Eingang in die Beantwortung finden können. Der BND ist nach sorgfältiger Abwägung der widerstreitenden Interessen zu der Auffassung ge- langt, dass eine weitergehende Beantwortung der Fragen 3 bis 5 auch in eingestufter Form nicht erfolgen kann. Das verfassungsrechtlich verbürgte Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung wird durch gleichfalls Verfassungsrang genießende schutzwürdige Interessen wie das Staatswohl begrenzt. Die oben genannten Fragen beziehen sich auch auf die Offenlegung von operativen Sachverhalten, die Kooperation mit privatwirtschaftlichen Auftragnehmern und ausländischen Nachrichtendiensten und im Ergebnis auf bestimmte nachrichtendienstliche Arbeitsmethoden und spezifische Vorgehensweisen. Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen des BND sind allerdings im Hinblick auf die künftige Erfüllung des gesetzlichen Auftrags aus § 1 Absatz 2 BNDG besonders schutzwürdig. Eine Offenlegung der angefragten Informationen birgt die Gefahr, dass Einzelheiten zur konkreten Methodik und im hohen Maße schutzwürdigen spezifischen Fähigkeiten des BND bekannt würden. Etwaige Informationen über die Untersuchungsgegenstände lassen Rückschlüsse auf sensitive Aufklärungsbestrebungen und -schwerpunkte und somit auf spezifische Fähigkeiten und Methodik zu und ergeben in ihrer Gesamtheit ein detailreiches Bild über das Auftragsprofil des BND. Zudem würden die geforderten Informationen in Teilen die themenbezogene konkrete Praxis der Informationsgewinnung des Dienstes in hochsensiblen Aufklärungsbereichen offenbaren. Aussagen über die Auftragnehmer oder Kooperationspartner bergen die Gefahr, dass durch ein mögliches Bekanntwerden öffentlicher oder privater Auftragnehmer deren Persönlichkeitsrecht verletzt wird, aber auch deren Reputation national und/oder international Schaden nimmt. Dort wo Verschwiegenheitsverpflichtungen bestehen, würde bei Auskunft seitens des BND gegen diese Vereinbarung verstoßen und bei Bekanntwerden der Dienst einen großen Vertrauensverlust bei aktuellen oder potentiellen Kooperationspartnern erleiden. Dort wo ausländische Nachrichtendienste an den Untersuchungen beteiligt sind, besteht bei Bekanntwerden der Kooperation nicht nur die Gefahr der Bloßstellung des ausländischen Partners, sondern auch die Gefahr einer möglichen massiven Schädigung der Beziehungen zu diesem Dienst. Die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern ist daher besonders schutzbedürftig. Würden in der Konsequenz eines Vertrauensverlustes Informationen von kooperierenden Stellen entfallen oder wesentlich zurückgehen, entstünden signifikante Informationslücken mit negativen Folgewirkungen für die Genauigkeit der Abbildung der Sicherheitslage für die Bundesrepublik Deutschland sowie im Hinblick auf den Schutz deutscher Interessen im Ausland. Darüber hinaus würde der Sinn und Zweck dieser Kooperationsvereinbarungen durch eine Offenlegung insoweit gefährdet, dass zu befürchten stünde, dass sich die Partner ggf. nicht mehr an diese gebunden fühlen oder aber negative Folgen für die Beziehung zu anderen Partnern, mit denen ein solches Abkommen nicht besteht, zu befürchten sind. Eine VS-Einstufung und Hinterlegung der angefragten Informationen in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages würde im Hinblick auf die Bedeutung für die Aufgabenerfüllung des BND nicht ausreichend Rechnung tragen. Die angefragten Inhalte beschreiben Einzelheiten von Kooperationen des BND in einem so bedeutenden Maß, dass eine Bekanntgabe auch gegenüber einem begrenzten Kreis von Empfängern ihrem Schutzbedürfnis nicht Rechnung tragen kann. Dies gilt insbesondere, da aus der Beantwortung der Fragen 3 bis 5 nicht nur Rückschlüsse auf sensitive Aufklärungsbestrebungen und -schwerpunkte sowie die Kooperationspartner ermöglicht würden, sondern auch die konkreten Zuordnungen erfolgen können. Bei einem Bekanntwerden der schutzbedürftigen Information wäre kein Einsatz durch andere Instrumente der Informationsgewinnung möglich. Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass die insoweit erbetenen Informationen derart schutzbedürftige Geheimhaltungsinteressen berühren, dass das Staats- wohl gegenüber dem parlamentarischen Informationsrecht wesentlich überwiegt. Insoweit muss vorliegend ausnahmsweise das Fragerecht der Abgeordneten gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse der Bundesregierung zurückstehen. Nach sorgfältiger Abwägung ist auch das BfV zu der Auffassung gelangt, dass die Beantwortung der Fragen 3 und 5 nicht in Gänze in offener Form erfolgen kann. Gegenstand der Frage sind solche Informationen, die das Staatswohl berühren. Die VS-Einstufung ist erforderlich, da die Antworten Informationen enthalten, die im Zusammenhang mit der Arbeitsweise und Methodik des BfV stehen. Dies ist darin begründet, dass die erbetenen Auskünfte Strukturelemente des BfV betreffen. Aus ihrem Bekanntwerden könnten sowohl staatliche als auch nicht-staatliche Akteure Rückschlüsse auf den Haushalt, Modus Operandi, die Fähigkeiten und Methoden des BfV ziehen. Durch die (regelmäßige) Abfrage, inwiefern das BfV die ihm bewilligten Haushaltsmittel nutzt, werden Rückschlüsse auf die finanziellen Mittel des BfV ermöglicht und in der Folge der Umfang der Fähigkeiten des BfV herleitbar. Diese Informationen sind besonders sensibel, eine Offenlegung gegenüber der Öffentlichkeit oder ausländischen Nachrichtendiensten würde die Aufgabenerfüllung des BfV beeinträchtigen, was wiederum für die Sicherheit und die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig wäre. Ein Teil dieser Informationen werden daher als Verschlusssache gemäß der VSA mit dem VS-Grad „VS – Vertraulich“ eingestuft.“* Ein Teil der Angaben des Auswärtigen Amtes (AA) ist auf dessen Wunsch als Verschlusssache mit dem VS-Grad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und in Anlage 2a dargestellt.** Die Studien dienen regelmäßig dazu, exekutive Entscheidungen vorzubereiten. Die öffentliche Nennung der Titel dieser Studien ließe Rückschlüsse auf Themen und Schwerpunkte der Regierungsarbeit und mithin auf nicht zur Veröffentlichung bestimmte Aspekte bilateraler Beziehungen und regionalpolitischer Vorhaben zu. Sie könnte somit nachteilig für die Interessen der Bundesrepublik sein. Einzelne, nicht veröffentlichte Studien befassten sich mit internen Prozessen und Themen, zu denen der Entscheidungsfindungsprozess jeweils noch nicht abgeschlossen sei. Die Nennung der Titel dieser Studien würde den Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Bundesregierung preisgeben. Sie fallen damit in den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der nicht dem parlamentarischen Auskunftsanspruch unterliege. Darüber hinaus könnte die Offenlegung einzelner Studien für die bilateralen Beziehungen und die außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein. Zudem beschreiben Ertüchtigungsprojekte aus der Natur der Sache heraus einen Schwächemoment der Partner. Wo eine Ertüchtigungsmaßnahme erfolgt, ist bis zu dieser Maßnahme ein Schwachpunkt vorhanden. Gerade im sicherheitstechnischen Bereich würde die Veröffentlichung von Schwachpunkten unserer Partner aber die Zusammenarbeit konterkarieren. Das beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) durchgeführte „Projekt 487“ ist gemäß § 2 Absatz 2 Nummer 4 der VSA als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und ebenfalls der Anlage 2a zu entnehmen.**
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4. An welche Mittelempfänger wurden seit dem 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2022 Aufträge für die Erstellung von Gutachten und Studien vergeben (bitte nach Jahresscheiben, Mittelempfänger und Höhe der ausgereichten Mittel auflisten)?
Die Angaben zu Frage 4 werden für den Zeitraum vom 1. Oktober 2021 bis zum 31. Dezember 2022 als Tabelle in Anlage 3 dargestellt.* Mit der Bitte um Nennung der Namen der Mittelempfänger und der Höhe der jeweils ausgereichten Mittel üben die Fragesteller ihr Frage- und Informationsrecht aus, welches Verfassungsrang genießt. Diesem Informationsanspruch stehen Grundrechte Dritter gegenüber, hier mit Blick auf die Namensnennung das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung sowie mit Blick auf die Nennung der Höhe der Mittel das durch Artikel 12 des Grundgesetzes geschützte Recht auf Wahrung von Geschäftsgeheimnissen. Widerspricht der Auftragnehmer bzw. Gutachter der Nennung seines Namens und der Höhe der ausgereichten Mittel und sind diese bislang auch nicht öffentlich bekannt, würde eine Übermittlung der entsprechenden Informationen in die vorbezeichneten Grundrechte eingreifen. Ein solcher Grundrechtseingriff ist nur dann zulässig, wenn er in überwiegendem Allgemeininteresse erfolgt und mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist. Hierzu sind das parlamentarische Informationsinteresse und das grundrechtlich geschützte Geheimhaltungsinteresse der Dritten gegeneinander abzuwägen und im Wege der praktischen Konkordanz in Ausgleich zu bringen. Im Rahmen dieser Abwägung ist unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls insbesondere zu prüfen, ob eine eingestufte Übermittlung der Informationen an die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages in Betracht kommt, die Antwort also nicht veröffentlicht, sondern ausschließlich dem entsprechend ermächtigten Personenkreis zugänglich gemacht wird. Die für individualisierte Leistungen anfallenden und abgerechneten Vertragsentgelte zählen zu den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen i. S. d. § 203 Absatz 2 Nummer 1 des Strafgesetzbuchs (StGB). Die betreffenden Informationen sind nur einem sehr eingeschränkten Personenkreis bekannt und werden auch nach dem Willen der innerhalb eines Unternehmens Informierten nicht publiziert. Diese Vertragsentgelte dokumentieren den Umfang der mit bestimmten Vertragspartnern in bestimmten Geschäftsfeldern in einem erkennbaren Zeitraum erzielten Umsätze und beruhen im Gesamtergebnis wie im Detail auf den ebenfalls vertraulichen einzelvertraglichen Vereinbarungen. Für diejenigen, die über Kenntnisse der Branchenüblichkeiten verfügen, lassen sie ferner Rückschlüsse auf den Umfang der abgerechneten Leistungen zu. Der Gesetzgeber selbst hat die unbefugte Offenbarung eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses mit der o. a. Norm für Amtsträger unter Strafe gestellt. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse unterliegen zudem dem Schutz von Artikel 12 Absatz 1 Grundgesetz. Eine Abwägung mit dem Informationsinteresse des Parlaments führt deshalb für diese Fälle aus Sicht der Bundesregierung dazu, dass eine offene Benennung der Auftragswerte nicht möglich ist, da im Zusammenhang mit bereits erfolgten anderen offenen Meldungen Rückschlüsse auf die jeweiligen Auftragnehmer möglich sind oder aber von den jeweiligen Auftragnehmern keine ausdrückliche Einwilligung zur offenen Meldung vorliegt. Im Ergebnis dieser Abwägung ist daher die zusammenfassende Tabelle (ohne die Bereiche BfV und BND) auf die Frage 4 gemäß der VSA als Verschlusssache mit dem VS-Grad „VS – Vertraulich“ eingestuft und wird als Anlage 3 an die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages übermittelt.** Auch beim BfV führt mit der oben genannten Begründung eine Abwägung mit dem Informationsinteresse des Parlaments dazu, dass eine offene Benennung der Auftragswerte nicht möglich ist, da von den jeweiligen Auftragnehmern keine ausdrückliche Einwilligung zur offenen Meldung vorliegt. Zudem bergen entsprechende Aussagen die Gefahr, dass durch ein mögliches Bekanntwerden öffentlicher oder privater Auftragnehmer deren Persönlichkeitsrecht verletzt wird, aber auch deren Reputation national und/oder international Schaden nimmt. Dort wo Verschwiegenheitsverpflichtungen bestehen, würde bei Auskunft seitens des BfV gegen diese Vereinbarung verstoßen und bei Bekanntwerden das BfV einen (großen) Vertrauensverlust bei aktuellen und künftigen Kooperationspartnern erleiden. Im Ergebnis einer sorgfältigen Abwägung sind daher auch die Antworten bezüglich des BfV zur Frage 4 gemäß der VSA als Verschlusssache mit dem VS-Grad „VS – Vertraulich“ eingestuft.* Hinsichtlich der BND-Antworten zur Frage 4, die ebenfalls als Verschlusssache mit dem VS-Grad „VS – Vertraulich“ eingestuft wurden, verweise ich auf die Begründung in der Antwort zu Frage 3.*
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5. Welche von den seit dem 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2022 in Auftrag gegebenen Studien und Gutachten wurden veröffentlicht, und welche nicht (bitte einzeln und nach Jahresscheiben auflisten)? Welche Gründe gibt es für die Nichtveröffentlichung von Gutachten und Studien allgemein, und welche Gründe gab es für die Nichtveröffentlichung von Gutachten und Studien im Einzelnen (bitte einzeln auflisten)?
Die erbetenen offenen Angaben zu der Frage 5 (und die offenen Angaben zu der Frage 3) werden für den Zeitraum vom 1. Oktober 2021 bis zum 31. Dezember 2022 als Tabelle in Anlage 2 dargestellt.** Generell ist anzumerken, dass von einer Veröffentlichung in Fällen abgesehen wird, in denen öffentliche oder private Interessen geschützt werden müssen. Dies gilt insbesondere im Falle der Verwendung nicht-öffentlicher Daten. Insbesondere Rechtsgutachten dienen der Klärung der regierungsinternen Position, um sich z. B. auf denkbare rechtliche Auseinandersetzungen vorzubereiten.
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2. Sind der Bundesregierung im Falle signifikanter Veränderungen der Häufigkeiten des in Frage 1 erfragten Auftretens Ursachen bekannt, und welche wären dies, und wenn nein, wären dahin gehende Untersuchungen geplant?
Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, ob und wieweit statistisch signifikante Änderungen der Häufigkeit der in Frage 1 genannten Diagnosen bestehen.
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technischen Übermittlungsstandards nach eigener Darstellung seit dem 25. Oktober 2022 vor. Seitdem könne das PEI auf dieser Basis eine Datentransfer-Infrastruktur entwickeln, die es ermöglichen soll, erforderliche Daten sicher und datenschutzkonform von den einzelnen KVen an das PEI zu übermitteln. Dem PEI zufolge stehe dabei im Vordergrund, eine effiziente Datenübermittlung an die Bundesoberbehörden zu ermöglichen, die für die KVen wenig belastend ist. Das PEI arbeite nun, unterstützt von einem externen Dienstleister, an diesen Adaptionen. Diese Unterstützung sei u. a. erforderlich, um zusätzliche Diagnoseschlüssel von den KVen erhalten zu können. Vor diesem Hintergrund habe aber dem PEI zufolge ein Datenaustausch in der vom Gesetz geforderten Form bisher tatsächlich noch nicht stattfinden können (www.epochtimes.de/assets/uploads/2022/12/Interpretation-KBV-Daten-PEI-vom-16.-Dezember-2022.pdf). Auch nach Auskunft der Bundesregierung vom 19. April 2023 ist der Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur zum Datentransfer noch nicht abgeschlossen, sodass noch keine Übermittlung dieser Daten an das PEI stattfinden könne. Die Übermittlung der Daten der KVen gemäß § 13 Absatz 5 IfSG an das RKI erfolge aber im Rahmen der sogenannten KV-Impfsurveillance (Schriftliche Frage 64 auf Bundestagsdrucksache 20/6495). 1. Welche ICD-10-Codes werden im Rahmen und zum Zwecke der Impfsurveillance vom den Kassenärztlichen Vereinigungen an das Robert-Koch-Institut übermittelt (bitte alle entsprechenden Codes angeben)?
Die im Rahmen und zum Zwecke der Impfsurveillance von den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) an das Robert Koch-Institut (RKI) übermittelten ICD.10-Codes sind der Anlage 1 zu entnehmen.*
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2. Wann werden im Rahmen und zum Zwecke der Pharmakovigilanz ICD-10-Codes vom den Kassenärztlichen Vereinigungen gemäß § 13 Absatz 5 des Infektionsschutzgesetzes an das Paul-Ehrlich-Institut gemeldet und ausgewertet? 3. Wann werden die Ergebnisse der Sicherheitsstudie für die COVID-19- Impfstoffe auf Basis anonymisierter Krankenkassendaten (siehe Vorbemerkung der Fragesteller) veröffentlicht, und wo werden diese einzusehen sein?
Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) führt seit April 2021 eine Sicherheitsstudie für die COVID-19-Impfstoffe auf Basis anonymisierter Krankenkassendaten durch, die vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert wird („Risikoevaluation COVID-19-Impfstoffe“ (RiCO)). Der Förderzeitraum der RiCO-Studie endet am 31. Dezember 2023. Eine Veröffentlichung der Ergebnisse ist im Anschluss vorgesehen. Daneben ermöglicht die vom RKI entwickelte Infrastruktur die Übermittlung der Daten der KVen an das RKI für Zwecke der Feststellung der Inanspruchnahme von Schutzimpfungen und von Impfeffekten (sogenante KV-Impfsurveillance-App, kurz KVIS-App). Für das PEI ist der Aufbau der Infrastruktur zum Datentransfer noch nicht abgeschlossen, sodass noch keine Übermittlung der Daten gemäß § 13 Absatz 5 IfSG stattfinden kann.
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Vorbemerkung der Fragesteller 1. Vor dem Hintergrund der einsetzenden 4. Industriellen Revolution (World Economic Forum – WEF, 14. Januar 2016, The Fourth Industrial Revolution: what it means, how to respond; www.weforum.org/agenda/2 016/01/the-fourth-industrial-revolution-what-it-means-and-how-to-resp ond/; WEF, Annual Report 2016-2017; S. 7 und 11; www.weforum.org/d ocs/WEF_Annual_Report_2016_17.pdf; WEF, Mindmap, Fourth Industrial Revolution; www.intelli-gence.weforum.org/topics/a1Gb0000001RI hBEAW?tab=publications) planen die Europäische Zentralbank (EZB), die Bundesregierung und die Kreditwirtschaft die Digitalisierung (resp. Tokenisierung) des bestehenden zweistufigen Geldsystems (EZB, 14. Juli 2021, Das Eurosystem startet Projekt zum digitalen Euro; www.ecb.eu ropa.eu/press/pr/date/2021/html/ecb.pr210714~d99198ea23.de.html; EZB, Ein digitaler Euro, www.ecb.europa.eu/paym/digital_euro/html/ind ex.de.html; Handelsblatt, 18. September 2022, Deutschland treibt den digitalen Euro voran; www.handelsblatt.com/politik/international/digitalwa ehrungen-deutschland-treibt-den-digitalen-euro-voran/28686716.html; Bundesministerium der Finanzen – BMF, 31. März 2022, Minister Lindner eröffnet Digital Finance Forum: Austausch zwischen Politik und Praxis soll Deutschlands digitalen Finanzstandort stärken; www.bundesfi nanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2022/ 03/2022-03-31-lindner-eroeffnet-digital-finance-forum.html; Die Deutsche Kreditwirtschaft, 5. Juli 2021, Europa braucht neues Geld – Das Ökosystem aus CBDC, Giralgeldtoken und Triggerlösung; S. 2 bis 5; di e-dk.de/media/files/20210625_DK_Ergebnisdokument_DE.pdf). Dies geht mit mannigfachen Innovationen und potentiellen revolutionären Technologiedurchbrüchen einher (Süddeutsche Zeitung, 19. Januar 2018, Dezentrale Buchführung: Blockchain gehört unsere Zukunft; www.suedd eutsche.de/kultur/dezentrale-buchfuehrung-blockchain-gehoert-unsere-zu kunft-1.3828538; Handelsblatt, 14. Oktober 2019, Die KI-Revolution im Rechnungswesen; www.handelsblatt.com/adv/ey-accounting-ai/technolo gietrend-die-ki-revolution-im-rechnungswesen/25099376.html; Handelsblatt, 23. September 2015, Blockchain – Die nächste Revolution an der Wall Street; www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/ban ken/blockchain-buchhaltung-ohne-buchhalter/12355038-3.html; Deloitte, Blockchain Technology A game-changer in accounting?; Download unter: www.deloitte.com/de/de/pages/innovation/contents/Blockchain-Game-Changer.html; Deloitte, Was sind die Chancen und Risiken der Blockchain?; www.deloitte.com/de/de/pages/innovation/contents/Blockc hain-Game-Changer.html; Frankfurter Allgemeine Zeitung – FAZ, 26. April 2022, Das wachsende Universum des Elon Musk; www.faz.net/ aktuell/wirtschaft/unternehmen/elon-musk-welche-unternehmen-zu-seine m-wachsenden-universum-gehoeren-17984063.html; Neuralink, Breakthrough Technology for the Brain; neuralink.com/; Spectrum, 3. September 2020, Brain Computer Interfaces: Ein Neuralink für deine Gedanken; www.spektrum.de/news/was-kann-das-gehirn-implantat-von-neuralink-d as-andere-nicht-koennen/1765066; World Economic Forum – WEF, Mai 2019, Centre for the Fourth Industrial Revolution Network for Global Technology Governance, C4IR Network Brochure; www.weforum.org/ centre-for-the-fourth-industrial-revolution). 2. Die Zentralbanken sprechen von sogenanntem digitalen Zentralbankgeld (Central Bank Digital Currency, CBDC). Allgemein setzt sich Zentralbankgeld aus dem physischen Bargeldumlauf (Münzen und Banknoten) und Zentralbankgeldguthaben bei der Zentralbank (insbesondere Einlagen von Geschäftsbanken und des Staates bei der Zentralbank) zusammen. ‚Digitalisiertes Zentralbankgeld‘ setzt sich entsprechend aus digitalem bzw. digitalisiertem Bargeld (Retail-CBDC) und tokenisierten Zentralbankgeldguthaben (Wholesale-CBDC) zusammen. Darüber hinaus ist auch die Tokenisierung des Giralgeldes, sprich der Einlagen bei den Geschäftsbanken, angedacht (Giralgeld-Token; BVR Research, 23. Februar 2022, Wirtschaft braucht anderen digitalen Euro als Bürgerinnen und Bürger, S. 3; www.bvr.de/p.nsf/0/37FFA00A7718A006C12587F200330 7F2/$file/BVR_VolkswirtschaftKompakt_Ausgabe_2-2022.pdf; Deutsche Bundesbank, 21. Dezember 2020, Geld in programmierbaren Anwendungen; S. 8; www.bundesbank.de/resource/blob/855080/94126470 1eb3f1a67ef6815831c9e40a/mL/2020-12-21-programmierbare-zahlung-anlage-data.pdf). 3. Bei der Tokenisierung – auch digitale Verbriefung genannt (S. 56, www. bundestag.de/resource/blob/633418/cf7487ec0dcfc19b164a18fcaca6f93 8/Protokoll-data.pdf) – handelt sich um die digitalisierte Abbildung eines Wertes bzw. Vermögenswertes, inklusive der in diesem Wert enthaltenen Rechte und Pflichten sowie dessen hierdurch ermöglichte Übertragbarkeit, mit Hilfe von sog. Token. Das kann mittels der Blockchain erfolgen, aber auch über andere auf der Distributed Ledger Technologie (DLT) basierende Verfahren (Die Deutsche Kreditwirtschaft, 5. Juli 2021, Europa braucht neues Geld – Das Ökosystem aus CBDC, Giralgeldtoken und Triggerlösung; S. 8f, S. 57ff, S. 85ff; die-dk.de/media/files/20210625_D K_Ergebnisdokument_DE.pdf; BaFin, 15. April 2021, Tokenisierung; www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2019/ fa_bj_1904_Tokenisierung.html). Die Distributed Ledger Technologie (DLT) – zu Deutsch, die „Technik verteilter Kassenbücher“ – ermöglicht die fälschungssichere Übertragung von Token, wobei die Transaktion im Netzwerk verifiziert wird. „Jede DLT basiert darauf, dass neue Transaktionen in die Ledger aller Teilnehmer am Netzwerk übernommen werden. Um zum Beispiel eine Transaktion zu fingieren, müssten zeitgleich mindestens 51 Prozent der Rechner im Netzwerk „gehackt“ werden. Damit bietet die DLT das Potenzial einer sicheren Transaktion, ohne die Notwendigkeit einer eingeschalteten dritten Partei zur Überprüfung. Dies spart Zeit und vor allem reduziert es die Kosten“ (Börse München, 5. Oktober 2022, Tokenisierung wird Kernthema im Asset Management; www.boerse-muenchen.de/suedseiten/18367/Tokenisierung-wird-Kernth ema-im-Asset-Management). „Bei der Distributed Ledger Technologie (DLT) handelt es sich um eine spezielle Form der elektronischen Datenverarbeitung und -speicherung. Als Distributed Ledger oder „Verteiltes Kontenbuch“ wird eine dezentrale Datenbank bezeichnet, die Teilnehmern eines Netzwerks eine gemeinsame Schreib- und Leseberechtigung erlaubt. Im Gegensatz zu einer zentral verwalteten Datenbank bedarf es in diesem Netzwerk keiner zentralen Instanz, die neue Einträge in der Datenbank vornimmt. Neue Datensätze können jederzeit von den Teilnehmern selbst hinzugefügt werden. Ein anschließender Aktualisierungsprozess sorgt dafür, dass alle Teilnehmer jeweils über den neuesten Stand der Datenbank verfügen. Eine besondere Ausprägung der DLT ist die Blockchain“ (Gabler Wirtschaftslexikon, Distributed Ledger Technologie – DLT; wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/distributed-ledger-technol ogie-dlt-54410). Token wiederum kommt von englischen Marke, Zeichen und bezeichnet im Finanzsektor „[…] eine digitalisierte Form von Vermögenswerten. Ihm wird eine bestimmte Funktion oder ein bestimmter Wert zugesprochen. Weitreichende Einsatz- und Erscheinungsformen sind denkbar“ (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – BaFin, 15. April 2021, Token; www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/ DE/Fachartikel/2019/fa_bj_1904_Tokenisierung.html). Die Bundesregierung gedenkt entsprechend seit dem Jahr 2019, in ihrer sogenannten Blockchain-Strategie die „Weichen für die Token-Ökonomie“ zu stellen (Blockchain-Strategie der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 19/13433; Bundesministerium für Wirtschaft und Energie – BMWI, ab der 20. Wahlperiode Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) – und Bundesministerium der Finanzen – BMF, Blockchain-Strategie der Bundesregierung; www.bmwk.de/Redaktion/DE/Publikatio nen/Digitale-Welt/blockchain-strate-gie.pdf?__blob=publicationFile&v= 8#:~:text=Mittels%20Blockchain%2DTechnolo-gie%20k%C3%B6nnen %20alle,haben%20wird%2C%20ist%20noch%20offen). 4. Der Begriff Digitalisierung des Geldes bzw. digitales resp. digitalisiertes Geld werden daher eigentlich missverständlich verwendet, da Einlagen bei der Zentralbank und den Geschäftsbanken bereits nur in elektronischer resp. digitaler Form vorliegen. Gemeint ist genauer betrachtet die Tokenisierung – also eine spezielle Form der Digitalisierung – der verschiedenen Geldformen auf Basis der Distributed-Ledger-Technologie (DLT). Präziser müsste „digitales Zentralbankgeld“ eigentlich „tokenisiertes Zentralbankgeld“ genannt werden (Wirtschaftsdienst, Decentralised Finance – wie die Tokenisierung die Finanzindustrie verändert, 101. Jahrgang, 2021, Heft 8, S. 629 bis 637; www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/j ahr/2021/heft/8/beitrag/decentralised-finance-wie-die-tokenisierung-die-finanzindustrie-veraendert.html; BaFin, 15. April 2021, Tokenisierung; www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2019/ fa_bj_1904_Tokenisierung.html). 5. Im Zahlungsverkehr vollzieht sich seit Längerem ein dynamischer Strukturwandel. Die sogenannte digitale Transformation führt zur Herausbildung neuer Zahlungslösungen, darunter insbesondere solchen, die auf Distributed-Ledger-Technologie (DLT) basieren und dadurch neue tokenisierte Formen digitalen Geldes ermöglichen (BTC-ECHO, 4. Februar 2022, Strategiewechsel? Meta und die Krypto-Pläne: Warum das Aus von Diem nur Ablenkung war; www.btc-echo.de/news/meta-krypto-plae ne-diem-nur-ablenkung-134222; Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 2021, S. 61, Digitales Geld: Optionen für den Zahlungsverkehr). 6. Die Wirtschafts- und Finanzminister der EU-Mitgliedstaaten und der Eurogruppe, sprich der Mitglieder der Europäischen Währungsunion, treffen sich auf europäischer Ebene regelmäßig im Rahmen der Sitzungen des ECOFIN-Rates und der Eurogruppe. Für Deutschland nehmen entsprechend der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz und der Bundesminister der Finanzen bzw. deren Vertreter teil. Beim ECOFIN-Treffen im September 2021 berichtete die EZB-Präsidentin „über die Arbeiten der EZB an einem digitalen Euro“. Beim anschließenden Vortrag wurden die „Einsatzmöglichkeiten der Blockchain-Technologie“ erörtert. Zentralbank-Währungen, digitale Identitäten, die Tokenisierung von Vermögenswerten oder die Dokumentation von Lieferketten ließen sich auf Blockchain-Basis realisieren. Die Verbriefung von Wertpapieren in Urkunden könnte bald abgelöst werden durch die Tokenisie- rung der Vermögenswerte, sodass der Eigentumstitel nur noch in digitaler Form manifestiert wäre. Zukünftig könne die gesamte Finanzinfrastruktur in einer dezentralen Cloud hängen und die Rolle der Finanzinstitutionen dabei vollständig von der Blockchaintechnologie ersetzt werden (Unterrichtung durch das Bundesministerium der Finanzen; Nachbericht zu der Sitzung der Eurogruppe am 10. September 2021 und der informellen Sitzung der ECOFIN-Ministerinnen und -Minister am 10. und 11. September 2021, S. 7). Am 7. November 2022 twitterte Bundesfinanzminister Christian Lindner im Nachgang seiner Teilnahme an der von der Europäischen Kommission und der EZB veranstalteten Digital Euro Conference (finance.ec.europa.eu/system/files/2022-11/finance-eve nts-221107-programme_en_4.pdf) u. a. „Die Einführung eines digitalen Euro sollten wir für einen großen Innovationssprung nutzen: Digitales Bargeld kann unseren Alltag leichter machen & ein Wachstumsmotor für die Wirtschaft sein. Ein Selbstläufer ist das aber nicht, wie ich eben in Brüssel deutlich gemacht habe“ (twitter.com/c_lindner/status/158958219 3139253248?lang=de). Bei der Sitzung der Eurogruppe am 16. Januar 2022 betonte der deutsche Vertreter „[…] zentrale Punkte, für deren Hervorhebung in der Eurogruppen-Erklärung Deutschland sich erfolgreich eingesetzt hatte: Über die Einführung und über wesentliche Ausgestaltungsmerkmale eines digitalen Euro müsse politisch entschieden werden, die Wahrung der finanziellen Privatsphäre sei wesentlich für die gesellschaftliche Akzeptanz eines digitalen Euro als Zahlungsmittel und privaten Unternehmen solle eine wichtige Rolle im Ökosystem eines digitalen Euro zukommen. Die Eurogruppe verabschiedete einvernehmlich eine Erklärung […], in der sie politische Orientierung für den weiteren Prozess gibt. Die Finanzministerinnen und Finanzminister waren sich einig, dass dem europäischen Gesetzgeber bei der möglichen Einführung und Ausgestaltung eines digitalen Euro eine wesentliche Rolle zukomme. Wichtig sei zudem, dass ein digitaler Euro dem Stand der Technik entspreche und resilient sei, und als Katalysator für private Innovationen dienen könne. Auch wurde bei der Diskussion darauf hingewiesen, dass es wichtig sei, die Öffentlichkeit frühzeitig über einen digitalen Euro zu informieren“ (Unterrichtung durch das Bundesministerium der Finanzen; Nachbericht zu der Sitzung der Eurogruppe und des ECOFIN-Rates am 16. und 17. Januar 2023, S. 2). 7. Im Wettbewerb der Großregionen Nordamerika, Asien, Europa hinkt EU Europa nach Wahrnehmung der Fragesteller und einiger Beobachter hinterher (Background Tagesspiegel, 5. April 2022, Digitaler Euro: Die schwierige Position der EU; background.tagesspiegel.de/digitalisierung/d igitaler-euro-die-schwierige-position-der-eu), die USA drohen mit der „vollständigen Entkoppelung“ von China (Industrie Magazin.at, 22. Juni 2020, Trump spricht über „vollständige Entkoppelung“ von China; indust riemagazin.at/a/trump-spricht-ueber-vollstaendige-entkoppelung-von-c hina; Internationale Politik – Das Magazin für globales Denken, 1. November 2019, Die große Entkopplung; internationalepolitik.de/de/die-gro sse-entkopplung; SWP-Studie 2020/S 01, Februar 2020, Strategische Rivalität zwischen USA und China – Worum es geht, was es für Europa (und andere) bedeutet, Technologische Dimension, Champion of the South; www.swp-berlin.org/10.18449/2020S01/#hd-d54498e354), während China seit dem Jahr 2015 in drei Stufen bis zum 100. Geburtstag der Volksrepublik im Jahr 2049 zur führenden Industrienation der Welt mit entsprechend hohem Pro-Kopf-BIP-Niveau für alle 1,2 Milliarden Chinesen – aufgestiegen sein will (China Britain Business Council, MADE IN CHINA 2025, S. 10; www.mta.org.uk/system/files/resource/d ownloads/Made%20in%20China%202025%20Booklet%20One.pdf; Dohnanyi, K. von, 2022: Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche, 1. Auflage, München: Siedler-Verlag.; Vgl. Schwarzer, D. [2021]: Final Call – Wie Europa sich zwischen China und den USA behaupten kann, 1. Auflage, Frankfurt/New York: Campus-Verlag). Der Zahlungsverkehr wird inzwischen als Branche mit strategischer Bedeutung für die künftige Entwick- lung der europäischen Finanzwirtschaft und zugleich für die Souveränität der Mitgliedsländer der EU in einer zunehmend globaler ausgerichteten, digitalen Welt gesehen (Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 2021, S. 61, Digitales Geld: Optionen für den Zahlungsverkehr; Stellungnahme des FinTechRat zur Blockchain-Strategie der Bundesregierung im Rahmen der öffentlichen Konsultation, 27. März 2019; www.bu ndesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesv orhaben/Abteilungen/Abteilung_VII/19_Legislaturperiode/2019-03-07-E ckpunktepapier-Wertpapiere-Krypto-Token/Stellungnahme-FintechRat.p df?__blob=publicationFile&v=2; Bundesministerium der Finanzen, Blockchain-Strategie der Bundesregierung – Wir stellen die Weichen für die Token-Ökonomie; www.bmwk.de/Redaktion/DE/Publikationen/Digit ale-Welt/blockchain-strategie.pdf?__blob=publicationFile&v=8). 8. Im Juli 2021 startete das Eurosystem eine zweijährige „Untersuchungsphase“ zu digitalem Zentralbankgeld. Gegenstand der Untersuchung sollten laut EZB „[…] wichtige Aspekte im Hinblick auf die Gestaltung und Verteilung sein. Ein digitaler Euro […] [müsse] in der Lage sein, den Bedürfnissen der Menschen in Europa gerecht zu werden. Zugleich soll[e] [der digitale Euro] […] dazu beitragen, rechtswidrige Aktivitäten zu verhindern und etwaige unerwünschte Auswirkungen auf die Finanzstabilität und die Geldpolitik zu vermeiden. Dies greif[e] einer künftigen Entscheidung, ob ein digitaler Euro eingeführt wird, in keiner Weise vor. Diese Entscheidung […] [werde] erst zu einem späteren Zeitpunkt getroffen. In jedem Fall würde ein digitaler Euro das Bargeld nur ergänzen, es aber nicht ersetzen“ (EZB, 14. Juli 2021, Das Eurosystem startet Projekt zum digitalen Euro; www.ecb.europa.eu/press/pr/date/2021/html/ec b.pr210714~d99198ea23.de.html; EZB, Ein digitaler Euro, www.ecb.eur opa.eu/paym/digital_euro/html/index.de.html). 9. Distributed-Ledger-Technologie (DLT) kann laut Bundesbank die Digitalisierung deutlich intensivieren, da tokenisierte Leistungen und Geld innerhalb von DLT-Netzwerken transferiert werden können. Zentralbankkonto-Guthaben und Giralgeld bei den Geschäftsbanken seien „[…] zwar auch digital im klassischen Sinne des Wortes, aber nicht tokenisiert und somit nicht unmittelbar durch DLT in automatisierten Verfahren nutzbar“ (Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 2021, S. 66, Digitales Geld: Optionen für den Zahlungsverkehr; www.bundesbank.de/resource/blob/8 64372/8dd7e83c9ce700c93693dc0c061ffd51/mL/2021-04-digitales-gel d-data.pdf). Bei idealtypischen Anwendungsfällen der DLT übernehmen Smart Contracts die Prozesssteuerung und Abwicklung. Diese würden programmierbare Geldformen erfordern. Dabei ist zwischen programmierbaren Zahlungen und programmierbarem Geld zu unterscheiden (Deutsche Bundesbank, Geld in programmierbaren Anwendungen, 21. Dezember 2020; www.bundesbank.de/resource/blob/855080/941264 701eb3f1a67ef6815831c9e40a/mL/2020-12-21-programmierbare-zahlun g-anlage-data.pdf; Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 2021, S. 66, Digitales Geld: Optionen für den Zahlungsverkehr). Laut Bundesbank könnte „die Emission digitalen Geldes besonders effizienzsteigernd wirken, wenn es in programmierbaren Anwendungen nutzbar ist“ (Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 2021, S. 65, Digitales Geld: Optionen für den Zahlungsverkehr). 10. Im Handel zwischen den Unternehmen (B2B) wird die digitale Zukunft von Europas Wirtschaft insbesondere durch die internationale Bedeutung deutscher Unternehmen mitentschieden (Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e. V. [bevh], Weißbuch „Digitalisierung und Neuer Handel“ v.2.0, S. 60; www.bevh.org/fileadmin/content/04_pol itik/Digitalisierung/Weissbuch_Digitalisierung_v2.0.pdf). Das gesamte Güteraufkommen der deutschen Wirtschaft betrug im Jahr 2021 laut Destatis rund 8,5 Bio. Euro, davon entfielen 1,7 Bio. Euro auf Exporte, 1,5 Bio. Euro auf Importe und 0,4 Bio. Euro auf Gütersteuern, sodass sich ein Produktionswert von 6,6 Bio. Euro sowie ein Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 3,5 Bio. Euro ergaben. Dabei gingen über zwei Drittel des volkswirtschaftlichen Produktionswertes der Bundesrepublik an gewerbliche oder öffentliche Abnehmer (Destatis, Inlandsproduktberechnung – Erste Jahresergebnisse – Fachserie 18 Reihe 1.1 – 2021; www.de statis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Volkswirtschaftliche-Gesamtrechnunge n-Inlandsprodukt/_inhalt.html#sprg229228). Als Exportweltmeister mit weit über 1 000 beziehungsstarken Hidden Champions verfügt Deutschland über die internationalen Geschäftsbeziehungen, entlang derer eine starke heimische B2B-Netzwerk-Plattform auf DLT-Basis organisch zu globaler Bedeutung wachsen kann. Um diese Potenziale zu heben, soll es digitalen Zentralbankgeldes bedürfen, welches für programmierbare Zahlungen geeignet und kompatibel zu privaten digitalen Zahlungssystemen ist (so das Verständnis der Fragesteller der folgenden Quellen: bevh, Weißbuch „Digitalisierung und Neuer Handel“ v.2.0, S. 65 ff; www.bev h.org/fileadmin/content/04_politik/Digitalisierung/Weissbuch_Digitalisie rung_v2.0.pdf; BVR Research, 23. Februar 2022, Wirtschaft braucht anderen digitalen Euro als Bürgerinnen und Bürger, S. 3; www.bvr.de/p.ns f/0/37FFA00A7718A006C12587F2003307F2/$file/BVR_Volkswirtscha ftKompakt_Ausgabe_2-2022.pdf; Die Deutsche Kreditwirtschaft, 5. Juli 2021, Europa braucht neues Geld – Das Ökosystem aus CBDC, Giralgeldtoken und Triggerlösung; S. 8 ff; die-dk.de/media/files/20210625_ DK_Ergebnisdokument_DE.pdf). 11. Informationssicherheit und IT-System-Resilienz sind nicht selbstverständlich, sondern müssen erst durch ein umfassendes Schutzniveau sichergestellt werden und dazu bedarf es laut der Deutschen Bundesbank administrierter und zulassungsbeschränkter Netzwerke, bei denen alle Beteiligten für den Betreiber klar identifizierbar sein müssen (Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 2021, S. 68). Dies gefährdet jedoch nach Auffassung der Fragesteller die informationelle Selbstbestimmung der Bürger (Bundeszentrale für politische Bildung, 10. März 2017, Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung; www.bpb.de/themen/recht-justiz/persoenlichkeitsrechte/244837/das-recht-auf-informationelle-selbst bestimmung/) und entgegen den Äußerungen der Notenbanker (heise online, 21. September 2022, Digitaler Euro soll finanzielle Privatsphäre gewährleisten; www.heise.de/news/Digitaler-Euro-soll-finanzielle-Privatsp haere-gewaehrleisten-7272030.html) auch deren Privatsphäre, denn nicht nur Big-Tech-Konzerne haben Anreize, Big-Data zu missbrauchen, sondern auch Staaten, wie die Berichterstattung über die Einführung des digitalen Yuan in China und die diversen Spionageskandale der letzten Jahrzehnte belegen (BILD, 9. Januar 2022: Will China uns mit Digital-Währung überwachen?; www.bild.de/geld/wirtschaft/wirtschaft/e-yuan-s tatt-bitcoin-will-china-uns-mit-krypto-waehrung-ueberwachen-7874415 6.bild.html; ZEIT ONLINE, Alles wichtige zum NSA-Skandal; www.zei t.de/digital/datenschutz/2013-10/hintergrund-nsa-skandal; BVerfG, Rasterfahndung nur bei konkreter Gefahr für hochrangige Rechtsgüter zulässig; www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/ DE/2006/bvg06-040.html; Wikipedia, Globale Überwachungs- und Spionageaffäre; de.wikipedia.org/wiki/Globale_%C3%9Cberwachungs-_un d_Spionageaff%C3%A4re; SPIEGEL, 31. Oktober 2000, Große Ohren, Echelon – Spionage unter Freunden; www.spiegel.de/netzwelt/web/gross e-ohren-echelon-spionage-unter-freunden-a-71135.html; Legal Tribune Online [LTO], 3. Oktober 2019, Postüberwachung DDR-Propaganda muss man haben dürfen; www.lto.de/recht/feuilleton/f/bverfg-beschluss-1bvr4665-postueberwachung-geteiltes-deutschland-informationsfreih eit/). Es ist nach Ansicht der Fragesteller zu befürchten, dass digitales Zentralbankgeld für ein Überwachungssystem samt Sozialkreditsystem verwendet wird bzw. werden kann (Business Insider, 26. Oktober 2022: Totale Finanzüberwachung: Warum China versucht, einen Anti-Bitcoin aufzubauen; www.businessinsider.de/bi/totale-finanzueberwachung-waru m-china-versucht-einen-anti-bitcoin-aufzubauen-c/; DER STANDARD, 14. Juni 2021, Wie China seine Bürger mit dem digitalen Yuan gängelt; www.derstandard.de/story/2000127363507/wie-china-seine-buerger-mit-dem-digitalen-yuan-gaengelt; Frankfurter Rundschau, 13. Juni 2021, China hat neue staatliche Digitalwährung – mit deutlichen Vorteilen für die Regierung; www.fr.de/politik/china-ein-land-zahlt-digital-9079973 9.html; Gesellschaft für Informatik, 4. Februar 2019, Vom Kreditscoring zum Sozialkreditsystem; gi.de/themen/beitrag/vom-kreditscoring-zum-so zialkreditsystem-1; junge Welt, 1. April 2022, Gerechter als die Schufa Chinas Sozialkreditsystem soll alle erfassen und bewerten. Die deutsche Presse empört sich; www.jungewelt.de/loginFailed.php?ref=/artikel/3367 48.gerechter-als-die-schufa.html; Zentrum Liberale Moderne, 18. Februar 2022, Wie Olympia den digitalen Yuan internationalisieren soll, 18. Februar 2022; lib-mod.de/maximilian-kalkhof-wie-olympia-den-digit alen-yuan-internationalisieren-soll). 12. Für diese Entwicklungen gibt es nach Ansicht der Fragesteller bereits einige Indizien: Im Nachgang zur Panama-Affäre beauftragte das Europäische Parlament die Europäische Kommission, die technischen und rechtlichen Hürden für ein umfassendes EU-Vermögensregister zu eruieren (Ted, Dienstleistungen – 358265-2021; ted.europa.eu/udl?uri=TED: NOTICE:358265-2021:TEXT:DE:HTML&src=0). 13. Darüber hinaus plant die EU eine zentrale Datenbank für Finanzinformationen namens ESAP („European Single Access Point“; WirtschaftsWoche, 25. November 2021, EU plant zentrale Datenbank für Finanzinformationen; www.wiwo.de/politik/europa/kapitalmarkt-eu-plant-zentrale-datenbank-fuer-finanzinformationen/27834836.html; WELT, 11. Februar 2022, Soziale Taxonomie, Gute Firma? Schlechte Firma? Jetzt plant Brüssel das nächste Nachhaltigkeits-Label; www.welt.de/wirtschaft/artic le236826273/Soziale-Taxonomie-Bruessel-plant-das-naechste-Nachhalti gkeits-Label.html; European Commission, Capital markets union: Commission adopts package to ensure better data access and revamped investment rules; finance.ec.europa.eu/publications/capital-markets-union-commission-adopts-package-ensure-better-data-access-and-revamped-in vestment_en). 14. In einigen europäischen Regionen werden bereits erste Sozialkreditsysteme nach dem Vorbild Chinas ausprobiert. Auch bereits bei uns seit Langem bestehende Kreditscoring- und Bonus-Systeme können nach Auffassung der Fragesteller zu solchen weiter ausgebaut werden (FAZ, 21. April 2022, Sozialkreditsystem – Tugendpunkte in Bologna; www.faz.net/ aktuell/feuilleton/bologna-testet-punktesystem-fuer-soziales-wohlverhalt en-17970037.html; Gesellschaft für Informatik, 4. Februar 2019, Vom Kreditscoring zum Sozialkreditsystem; gi.de/themen/beitrag/vom-kredits coring-zum-sozialkreditsystem-1; Leuphana Universität Lüneburg, Sozialkredit-System in China und Datenkapitalismus im Westen – Herrschaft durch Scoring und datengestützte Simulation von Gesellschaften; www.l euphana.de/dfg-programme/mecs/veranstaltungen/vergangene-veranstalt ungen/sozialkredit-system-in-china-und-datenkapitalismus-im-westen-he rrschaft-durch-scoring-und-datengeschuetzte-simulation-von-gesellschaf t.html). Digitalisierung ohne Grenzen führt laut CEP in die Diktatur (Centrum für Europäische Ordnungspolitik, 27. Januar 2022, cepAdhoc Nr. 1 2022, Grundsätze für das digitale Zeitalter – Zwischen Verheißung und Untergang: Warum Digitalisierung ohne Grenzen in die Diktatur führt; www.cep.eu/eu-themen/details/cep/grundsaetze-fuer-das-digitale-zeitalter-cepadhoc.html). 15. Zum Verständnis der Bedeutung des Zahlungsverkehrs und des Schattenbankensektors ist es notwendig, die verschiedenen Ebenen der Finanzintermediation und die damit verbundenen Geld- und Zahlungssysteme nachzuvollziehen. Vom Prinzip her kann jeder Geld kreieren, das Problem ist nur, es akzeptiert zu bekommen („everyone can create money; the problem is to get it accepted“ – Murau, S. [2017]: The Political Economy of Private Credit Money Accommodation – A Study of Bank Notes, Bank Deposits and Shadow Money, Doctoral thesis, City, University of London. S. 58; openac-cess.city.ac.uk/id/eprint/19010/). In unserem staatlich regulierten zweistufigem Bankensystem gibt es Zentralbankgeld (ZB-Geld) in Form von Bargeld, also Münzen und staatlichen Banknoten, sowie in Form von Guthaben bei der Zentralbank und Geschäftsbankengeld in Form von Sichteinlagen. Darüber hinaus gibt es aber noch den zunehmend bedeutsamer werdenden Schattenbankensektor mit seinem „shadow banking“ und „shadow money“ (Issing, Otmar, 2011: Einführung in die Geldtheorie, 15. Auflage, Verlag Franz Valenz: München; Murau, S. [2017]: The Political Economy of Private Credit Money Accommodation; S. 61 u. 75; Murau, et al [2020]: The evolution of the Offshore US-Dollar System: past, present und four possible futures, Journal of Institutional Econom-ics [2020], 16, 767-783, S. 770; www.cambridg e.org/core/journals/journal-of-institutional-economics/article/evolution-o f-the-offshore-usdollar-system-past-present-and-four-possible-futures/B3 6ED9082CECE54F3F5B8E8F40D15148). 16. Im Allgemeinen gilt, alles, was die drei Geldfunktionen – Recheneinheit bzw. Wertmaßstab, Tauschmittel bzw. Zahlungsmittel und Wertaufbewahrungsmittel – erfüllt, ist Geld. Der Staat legt jedoch per Proklamation das gesetzliche Zahlungsmittel, hierbei u. a. die Recheneinheit, also die Bezeichnung der Werteinheit, fest (Issing, Otmar [2011]: Einführung in die Geldtheorie, 15. Auflage, Verlag Franz Valenz: München, S. 1.; Bundesbank, 1. Funktionen und Formen des Geldes; www.geld-und-geldpoli tik.de/funktionen-und-formen-des-geldes-kapitel-1.html). Nach herkömmlicher Geldentstehungs-Betrachtung gibt es Waren- und Kreditgeld. Kreditgeld wiederum wird unterschieden in Chartal- und Giral-Geld. Des Weiteren lässt sich in Onshore- und Offshore-Geld unterscheiden. Die Offshore-Geld-Erzeugung findet außerhalb der jeweiligen staatlichen monetären Gerichtsbarkeit (state’s monetary jurisdiction) statt (Murau, et al, 2020: The evolution of the Offshore US-Dollar System: past, present und four possible futures, Journal of Institutional Economics [2020], 16, 767-783, S. 769; www.cambridge.org/core/journals/jour nal-of-institutional-economics/article/evolution-of-the-offshore-usdollar-system-past-present-and-four-possible-futures/B36ED9082CECE54F3F5 B8E8F40D15148). 17. Nach der Kompensationstheorie des Juristen Georg F. Knapp von 1904 ist die Nützlichkeit von staatlichem Kreditgeld als gesetzliches Zahlungsmittel im Inneren – über die allgemeinen Geldfunktionen hinaus – dadurch gegeben, dass es die Bürger und Unternehmen dazu befähigt, ihren monetären Verpflichtungen gegenüber dem Staat (Steuern etc.) nachzukommen und oder deren Verpflichtungen gegenüber dem Staat bzw. der Gemeinschaft durch Geldzahlungen zu kompensieren (Knapp, 1905: [Staatliche] Theorie des Geldes; S. 142.; Beck/Prinz, 2019: Wie revolutionär ist die Modern Monetary Theory?; in: Wirtschaftsdienst, 99. Jahrgang, 2019, Heft 6, S. 415 bis 420; www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/ jahr/2019/heft/6/beitrag/wie-revolutionaer-ist-die-modern-monetary-the o-ry.html#:~:text=Die%20MMT%20geht%20davon%20aus,die%20Beza hlung%20ihrer%20Verbindlichkeiten%20ben%C3%B6tigt). 18. Auf diese Grundidee (Knapp, 1905: [Staatliche] Theorie des Geldes; S. 142) baut die neue, heute vieldiskutierte, staatszentrierte sogenannte Moderne Monetäre Theorie (MMT) auf. Ihr steht dialektisch die markt-basierte sog. Geld-Betrachtung (Money View) gegenüber (Beck/Prinz, 2019: Wie revolutionär ist die Modern Monetary Theory?; in: Wirtschaftsdienst, 99. Jahrgang, 2019, Heft 6, S. 415 bis 420; www.wirtschaf tsdienst.eu/inhalt/jahr/2019/heft/6/beitrag/wie-revolutionaer-ist-die-mode rn-monetary-theo-ry.html#:~:text=Die%20MMT%20geht%20davon%20 aus,die%20Bezahlung%20ihrer%20Verbindlichkeiten%20ben%C3%B6 tigt; Steffen Murau, Private Credit Money Accommodation; steffenmura u.com/portfolio/private-credit-money-accommodation/). Die Anhänger der MMT folgern aus ihren Grundannahmen, dass der Staat auch ohne Kreditgeldschöpfung der Zentralbanken Geld für seine Zwecke, z. B. für Helikoptergeld, aus dem Nichts schaffen und in Umlauf bringen könnte (Cicero, 2. Juli 2022, Modern Monetary Theory – Helikoptergeld ist erst der Anfang; www.cicero.de/wirtschaft/modern-monetary-theory-helikopt ergeld-ist-erst-der-anfang; Deutschlandfunk, 11. April 2016, Bundesregierung und EZB streiten über „Helikoptergeld“ – Wenn Geld vom Himmel regnet; www.deutschlandfunkkultur.de/bundesregierung-und-ez b-streiten-ueber-helikoptergeld-wenn-100.html; Handelsblatt, 6. Februar 2022, Aufruf zur politisch gesteuerten Geldschöpfung; www.handelsblat t.com/arts_und_style/literatur/buchkritik-aufruf-zur-politisch-gesteuerte n-geldschoepfung/28023752.html; www.project-syndicate.org/commenta ry/helicopter-money-coronavirus-response-by-willem-h-buiter-1-2020-0 3/german). Die Einführung von CBDCs würde dies technisch stark vereinfachen (Monetative Jahrestagung 2019, Digitales Zentralbankgeld als Lösung für die nächste Rezession?; monetative.de/jahrestagung-2019/). 19. Die MMT besagt, der Staat legt die monetäre Recheneinheit fest, weil dies der logische Ausgangspunkt sei, zu verstehen, wie monetäre Systeme funktionieren; der Money View wiederum, weil er die größte Zahlgemeinschaft ist, allerdings unter vielen anderen (Murau, 2017: The Political Economy of Private Credit Money Accommodation, S. 59 f; Wirtschaftslexikon Gabler, Outside Money; wirtschaftslexikon.gabler.de/defi nition/outside-money-42301). Der Staat unterhält ‚universell‘ mit so gut wie allen Wirtschaftssubjekten seines Gebietes – und darüber hinaus ‚Geschäftsbeziehungen‘ und bildet daher i. d. R. in seinem Gebiet die größte Zahlgemeinschaft. Aus der Logik des Money View ist der Staat eine Zahlungsgemeinschaft unter vielen, sodass Kreditgelderzeugung auch durch andere, sprich private, Akteure ein logisches Konzept sei. Geldsysteme seien außerdem immer auch hierarchisch strukturiert, sodass die Schulden mit der besten Qualität zirkulieren, um die Schulden mit geringerer Qualität zu begleichen (Murau, 2017: The Political Economy of Private Credit Money Accommodation; S. 59 und 65 ff). Nach Georg F. Knapp gehören zum staatlichen Geldsystem „[…] alle Zahlungsmittel, mit denen man Zahlungen an den Staat leisten kann. Hiernach ist nicht die Emission entscheidend, sondern die Akzeptation […]. Die staatliche Akzeptation begrenzt also den Umfang des staatlichen Geldsystems. Unter staatlicher Akzeptation ist nur die Annahme bei staatlichen Kassen, wobei […] der Staat als Empfänger gedacht ist, zu verstehen.“ (Knapp, 1905: [Staatliche] Theorie des Geldes, S. 86). Heutzutage sind die Zentralbanken die Hausbanken des Staates und die Zentralbankbilanz ist in diesem Sinne heutzutage die große staatliche ‚Kasse‘, die aktivseitig die Entstehung des Zentralbankgeldes abbildet und passivseitig die Verwendung (Görgens, et al, 2008: Europäische Geldpolitik, 5., völlig neu bearb. Auflage, Stuttgart: Lucius & Lucius; S. 66 und 246). 20. Bezüglich der funktionellen Vorschriften, die das staatliche Geldsystem ordnen, ist begrifflich insbesondere hinsichtlich der Kriterien Annahmezwang, Einlösbarkeit und Aufdrängbarkeit zu unterschieden (Knapp, 1905: [Staatliche] Theorie des Geldes; S. 87 ff). Darüber hinaus spielt für das Verständnis der Möglichkeiten der Währungspolitik und des Offshore-Bankings die Verwendungsfähigkeit und Nutzung der inländischen Werteinheit außerhalb der jeweiligen staatlichen monetären Gerichtsbarkeit eine wichtige Rolle. Der Staat verschafft einem Geld innerhalb seines Währungsgebietes Geltung durch autoritativen Akt, außerhalb jener Grenzen hat dieses Geld jedoch nur einen Wert als Ware resp. als Tauschgut aufgrund spezifischer Nützlichkeiten. Innerhalb des Gebietes der staatlichen monetären Gerichtsbarkeit unterliegen Zahlungsmittel dem Zwang der staatlichen Hoheitsgewalt. Im Inneren kann der Staat für seine Zahlungsflüsse und die seiner Rechtsordnung Unterworfenen verschiedene Geldformen und -arten akzeptieren, proklamieren, reglementieren, privilegieren, diskriminieren usw., außerhalb seines Hoheitsgebietes aber nicht, hier gilt Freiwilligkeit. Dort hängt die Akzeptanz des Geldes oder besser noch der Werteinheiten jenes Landes an der realen Nützlichkeit für die dortige Zirkulation (Knapp, 1905: [Staatliche] Theorie des Geldes; S. 69 ff, S. 121 ff, S. 205, S. 240 ff, S. 266 f, S. 278 f, S. 282; managermagazin, 29. April 2022, Russland will Rubel eventuell an Goldpreis koppeln; www.manager-magazin.de/finanzen/russland-will-ru bel-eventuell-an-goldpreis-koppeln-a-307ca703-a9dd-460d-b037-01a241 ed2230; Der Aktionär, 29. März 2022, Gold: Russland führt Krieg – und kauft Gold; www.deraktionaer.de/artikel/gold-rohstoffe/gold-russland-fu ehrt-krieg-und-kauft-gold-20247935.html). Staaten können auch gegenseitig, z. B. per Vertrag, ihr jeweiliges Geld akzeptieren und reglementieren oder auch gemeinsames neu proklamieren (Keynes, John Maynard, 1943: Vorschläge für eine International Clearing Union/Union für den internationalen Zahlungsverkehr. In: Stefan Leber [Hrsg.]: Wesen und Funktion des Geldes. Stuttgart 1989, S. 325 bis 349; http://www.postwac hstumsoekonomie.de/wp-content/uploads/2008-12-10_Keynes-Bancor-P lan.pdf; Thulie, 2016: Keynes’ Idee einer Weltwährung und die Einführung der Sonderziehungsrechte im Vergleich; repository.globethics.net/h andle/20.500.12424/1172417; Garber, Peter M., 1998: Notes on the Role of TARGET in a Stage III Crisis, NBER Working Paper 6619; www.nbe r.org/papers/w6619; Garber, Peter M. [2010]: The Mechanics of Intra Euro Capital Flight, in: Economic Special Report der Deutschen Bank vom 10. Dezember 2010; target-2.de/up/datei/0900b8c082a1d04c%5b1 %5d.pdf). Offshore-Zentren akzeptieren fremdes Geld, unterlassen aber weitestgehend dessen Regulierung. Dies ermöglicht erhebliche Regulierungsarbitragen. In den 1970er-Jahren weigerte sich insbesondere die Bank of England, die Euro-Dollar-Märkte zu regulieren und es entstand das heute noch bestehende Petro-Dollar-Recycling-Offshore-System mit Zentrum City of London als Ersatz für das Bretton-Woods-System. Auch der Schattenbankensektor wird insbesondere gespeist von der Regulierungsarbitrage und fing in den 1970er-Jahren zunächst onshore, später auch offshore, an, zu erblühen (Murau, et al, 2020: The evolution of the Offshore US-Dollar System: past, present und four possible futures, Journal of Institutional Economics [2020], 16, 767 bis 783, S. 772 ff). 21. Als Regulierungsarbitrage bezeichnet man „[…] die Auslagerung von Geschäftsaktivitäten aus den Aufsichtsbehörden unterworfenen Bereichen zu nicht der Aufsicht unterworfenen Handlungsträgern […] [, z. B. die] Verlegung von aufsichtsrechtlich überwachten Transaktionen aus dem Inland zu eigenen Niederlassungen in Länder mit minder strenger Beaufsichtigung […] [oder] die Verlagerung der Kreditrisiken von Banken an Pensionsfonds, Hedge-Fonds und Versicherungsunternehmen, in verbriefter Form auch an Zweckgesellschaften. Die Beurteilung der Bilanzen der Auslagerer wird dadurch schwierig, wie sich angesichts des Enron-Skandals Ende des Jahres 2001 in den USA und gelegentlich der Subprime-Krise im Jahr 2007 gezeigt hat (Professor Dr. Gerhard Merk, Universität Siegen; http://www.aktien-prognose.com/boersenlexikon/Re gulierungs-Arbitrage/; Bundesbank, 11. Februar 2013, Regulierungsagenda des internationalen Finanzsystems – eine geschlossene Konzeption, Rede Alexander Dombret; www.bundesbank.de/de/presse/reden/reg ulierungsagenda-des-internationalen-finanzsystems-eine-geschlossene-k onzeption-710710). 22. Der gesamtwirtschaftliche Finanzierungskreislauf beschreibt laut der Deutschen Bundesbank, „welche Sektoren in einer Volkswirtschaft in welchem Umfang und in welcher Form finanzielle Mittel bereitstellen (Geldvermögensbildung) und beanspruchen (Finanzierung).“ Der nichtfinanzielle resp. realwirtschaftliche Sektor (nichtfinanzielle Unternehmen, private Haushalte) sind für die gesamtwirtschaftliche Betrachtung besonders wichtig, „[…] denn der letztendliche Zweck des Finanzsystems als Ganzem besteht aus volkswirtschaftlicher Sicht darin, diesem Sektor über die Finanzintermediation geeignete Möglichkeiten einerseits zur Finanzierung und andererseits zur Geldvermögensbildung zur Verfügung zu stellen“. Das gleiche gilt für den (Daseinsvorsorge betreibenden) Staat bzw. die öffentliche Finanzwirtschaft als angebots- und nachfrageseitig größten Einzelakteuren der Gesamtwirtschaft. Die Wertschöpfung des Finanzsystems besteht dabei in der Finanz- und hierbei insbesondere in der Kreditintermediation, also der „[…] Transformationen in Bezug auf Fris- tigkeit, Liquidität, Kreditrisiko und Losgrößen.“ Geschäftsbanken leisten dies laut Bundesbank traditionell „[…] vor allem [,] indem sie einerseits zumeist langfristige Buchkredite an den nichtfinanziellen Sektor vergeben und andererseits liquide Sichteinlagen schaffen“. Neben den Geschäftsbanken agieren auch sogenannte Nichtbank-Finanzintermediäre als finanzielle Mittler bei der Bereitstellung von Finanzierungsmitteln und der Geldvermögensbildung im Zuge der Finanzintermediation. Das Schattenbankensystem ist Teil dieses Sektors und umfasst im Wesentlichen alle Akteure und Aktivitäten, die an der Kreditintermediation außerhalb des regulären Geschäftsbankensystems beteiligt sind (Deutsche Bundesbank, Monatsbericht März 2014, Das Schattenbankensystem im Euro-Raum: Darstellung und geldpolitische Implikationen; S. 16; www.bundesbank.de/resource/blob/615538/ab6f4bd132718ff3411a753a 1b1b7941/mL/2014-03-schattenbanken-data.pdf). 23. Der Prozess der Kreditintermediation zwischen den Anlegern und den Kreditnehmern läuft im traditionellen Finanzsystem durch Universalbanken als alleinigen Intermediären ab, im angelsächsisch, französisch ursprünglich Trennbankensystem geprägten Finanzsystem meist getrennt zwischen Geschäftsbanken und Investmentbanken. Der Prozess der Schatten-Finanzintermediation hingegen ist von der Interaktion multipler Akteure über den Finanzmarkt gekennzeichnet. Dies führt zu einem erhöhten Komplexitätsgrad, starken Hebeleffekten, gestiegener Intransparenz, weniger Steuereinnahmen und erhöhten systemischen Risiken. Doch im Endeffekt wird auch im Schattenbankensektor natürlichen und juristischen Personen mit Kreditwunsch Geld zur Verfügung gestellt und werden Anlegern liquide Finanzinstrumente zur kurzfristigen und liquiden Investition geboten (Krupka, Tim, 2019: Das Schattenbanksystem – Eine makroökonomische Analyse, in: Deutsches Institut für Bankwirtschaft – Schriftenreihe, Band 16 [b] [12/2019], S. 5; Wirtschaftslexikon24, Trennbankensystem; http://www.wirtschaftslexikon24.com/d/tren nbankensystem/trennbankensystem.htm). Solange ZB-Geld, Geschäftsbankengeld und Schattengeld weitestgehend substituierbar sind, also par oder quasi-par gehandelt werden, können sich im hierarchisch strukturierten Kreditgeldsystem via Shadow- und Offshore-Banking international gewaltige Kreditpyramiden und darauf weiter aufbauend riesige Derivatepyramiden gemäß der Fristen-, Losgrößen- und Risikotransformationsfunktion des Finanzsektors aufbauen. Hierbei ist zu analytischen Zwecken zu unterscheiden in Waren- bzw. Rohstoffgeld (commodity money) als Außengeld und Kreditgeld (credit money) als Innengeld. Das Kreditgeld ist zu unterscheiden in öffentliche Kreditgeldformen, bestehend aus reinem öffentlichem Geld (pure public money) und privat-öffentlichem Geld (private-public money), sowie privaten Kreditgeldformen, bestehend aus öffentlich-privatem Geld (public-private money) und reinem privaten Geld (pur private money – Murau, S., 2017: The Political Economy of Private Credit Money Accommodation; S. 5, S. 71 ff, S. 80, S. 86, S. 178; Mehrling, 2011: New Lombart-Street, Princeton University Press; S. 71 ff). Es gibt eine aufsteigende Bank-Run- und Ansteckungs-Hierarchie ausgehend von nichtsystemrelevantem privatem Kreditgeld, über (staats)systemrelevantes Kreditgeld hin zu öffentlichem Kredit- und Edelmetall-Geld. Dies korrespondiert mit der Geldhierarchie von ZB-Geld, Geschäftsbankengeld, MMF shares, Overnight Repos und ABCPs (Murau, S., 2017: The Political Economy of Private Credit Money Accommodation; S. 97, S. 195, S. 178). 24. Fast 50 Prozent der weltweiten Kreditvermittlung, mit einem Umfang von insgesamt etwa 160 Bio. US-Dollar, finden mittlerweile außerhalb des regulären Bankensystems statt, Tendenz weiterhin steigend (Wullweber, J., 2018: Zentralbanken als marktmachende Akteure. Die global governance des Finanzsystems, das Schattenbankensystem und unkonventionelle Zentralbankpolitik seit der globalen Finanzkrise, in: ZIB Zeitschrift für Internationale Beziehungen, Jahrgang 25 [2018], Heft 2, S. 33 bis 63; S. 43). Das Schattenbankensystem besaß bis zur globalen Finanz- krise nur private Sicherungssysteme. Diese basierten „[…] letztlich auf diversen Swapgeschäften und vor allem auf der Sicherheit der zugrunde liegenden Wertpapiere. In Nichtkrisenzeiten und insbesondere in Zeiten der Hausse lässt sich ein Großteil der Wertpapiere problemlos als Sicherheiten verwenden.“ (Wullweber, J., 2018: Zentralbanken als marktmachende Akteure; S. 49). Zwischen 2007 und 2009 erlebte das USD-denominierte Schattenbankensystem drei Wellen von Schattenbank-Runs die Schattenbankengeld-Hierarchie aufwärts. In der dritten Welle wurden die Zentralbanken (Federal Reserve System, Eurosystem etc.) zum (Shadow)Dealer of last Resort (Murau, S., 2017: The Political Economy of Private Credit Money Accommodation; S. 190 ff, S. 774; Wullweber, J., 2018: Zentralbanken als marktmachende Akteure; S. 48). 25. Seit der Finanzkrise hat sich „[…] die global governance des Finanzsystems [dadurch] grundlegend geändert. Die Stabilisierung des Finanzsystems basiert heute maßgeblich auf der Stabilisierung des Schattenbankensystems und folglich auf der Gewährleistung eines liquiden Marktes für Wertpapiersicherheiten, der wiederum einen funktionierenden Repo-Markt voraussetzt. Während ein bankbasiertes Kreditsystem in der Krise einen Lender of Last Resort benötigt, um die Finanzierungsliquidität aufrechtzuerhalten, ist das marktbasierte Kreditsystem auf einen Dealer of Last Resort angewiesen, der die Marktliquidität garantiert.“ (Wullweber, J., 2018: Zentralbanken als marktmachende Akteure, S. 54). 26. Laut Joscha Wullweber sei nun die „vormals vorherrschende ‚Vernunft der minimalen Regierung als Organisationsprinzip der Staatsräson‘ […] notgedrungen [der] […] Einsicht gewichen, dass die Zentralbanken das Finanzsystem massiv stützen müss[t]en. Hierbei interessier[e] weniger die konkrete Höhe an Zentralbankgeld, das über Repo-Transaktionen, Wertpapieraufkäufe oder Devisenswaps bereitgestellt wird, sondern die theoretisch unbegrenzte Menge an Zahlungs- und Kaufversprechen, an Kreditvergabe gegen Sicherheiten, die durchgeführt werden könnten, um das Finanzsystem zu stabilisieren. Denn das Wissen, dass die Zentralbanken im Zweifelsfall auch im Schattenbankensystem einschreiten, [sei] […] ausreichend [gewesen], um den Wertpapierhandel zu stabilisieren und wieder in Schwung zu bringen […]. Aus der Ausnahme, als Shadow-Dealer of Last Resort zu agieren, [sei] […] seit der globalen Finanzkrise die Regel geworden […].“ (Wullweber, J., 2018: Zentralbanken als marktmachende Akteure, S. 54). 27. Auf der anderen Seite verkündete der damalige russische Präsident Dmitri Medwedew am 5. November 2008, Russland solle insbesondere beim Export von Erdöl und Erdgas zur Verrechnung in Rubel übergehen, mit dem Ziel, den Rubel als regionale Schlüsselwährung zu etablieren. Auf dem Davos-Gipfel im Januar 2009 stellte dann der damalige russische Regierungschef Wladimir Putin die Idee vor, „schrittweise zur Nutzung mehrerer starke[r] Regionalwährungen im internationalen Zahlungsverkehr und in den nationalen Währungsreserven überzugehen. [Er] […] hob hervor, dass ein aus mehreren Zentren bestehendes globales Wirtschaftssystem die unipolare Weltwirtschaftsordnung ablösen müsse“ (RIA Novosti, 5. November 2008, Dmitri Medwedew plädiert für Rubel-verrechnung bei Export von Erdöl und Erdgas; de.sputniknews.com/wirts chaft/20081105118138715/ [in der EU seit Anfang März 2022 nicht mehr erreichbar]; RIA Novosti, 5. November 2008, Dmitri Medwedew zeigt Härte gegenüber USA; de.sputniknews.com/meinungen/200811051 18144584/ [in der EU seit Anfang März 2022 nicht mehr erreichbar]). 28. Laut dem intimen Kenner des Weltfinanzsystems Zoltan Pozsar von der Credit Suisse sei es nun 13 Jahre später im Zuge des nach vertretener Auffassung russisch-amerikanischen Stellvertreterkrieges in der Ukraine (Inforadio, Politologe: Krieg in Ukraine ist Stellvertreterkrieg; www.info radio.de/dossier/2022/ukraine-krise/interviews/ukraine-russland-krieg-ste llvertreterkrieg-wyss-analyse.html; BR24, 12. Februar 2023, Ukraine-Krieg: „USA wollen ein Signal nach China senden“; www.br.de/nach richten/deutschland-welt/ukraine-krieg-usa-wollen-ein-signal-nach-chin a-senden,TVTHoyo) soweit, dass wir „Zeugen der Geburt von Bretton Woods III – einer neuen Welt(währungs)ordnung, in deren Mittelpunkt rohstoffbasierte Währungen im Osten stehen – [sind], die wahrscheinlich das Eurodollar-System schwächen und auch zu inflationären Kräften im Westen beitragen werden“ (Credit Suisse, 21. März 2022, Zoltan Pozsar: We are witnessing the birth of a new world monetary order; www.credit-suisse.com/about-us-news/en/articles/news-and-expertise/we-are-witness ing-the-birth-of-a-new-world-monetary-order-202203.html). Vor diesem Hintergrund erhält die Idee einer zwischenstaatlichen internationalen Schlüsselwährung zur Beendigung des „exorbitanten Privilegs“ des US-Dollars neuen Auftrieb. Tokenisierte Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds (IWF) (E-SZRs) – ggf. goldgedeckt – könnten als internationale Schlüsselwährung verwendet werden (NZZ, 7. April 2021, Schafft der IMF eine Weltwährung?; www.nzz.ch/pro-global/sc hafft-der-iwf-eine-weltwaehrung-via-sonderziehungsrechte-ld.1610448?r educed=true; Deutsche Wirtschaftsnachrichten, 18. April 2022, Der „IMF Coin“: Kommt im Jahr 2023 die neue globale Leitwährung?; deuts che-wirtschafts-nachrichten.de/518786/Der-IMF-Coin-Kommt-im-Jahr-2 023-die-neue-globale-Leitwaehrung; Deutsche Wirtschaftsnachrichten, 17. April 2022, Die wahren Machtzentren der Welt: Frühjahrstagung von IWF und Weltbank beginnt in Washington; deutsche-wirtschafts-nachric hten.de/516653/Platz-an-der-Sonne-Wie-der-Great-Reset-dem-IWF-zur-Weltmacht-verhilft). 29. Die Deutsche Kreditwirtschaft schlägt „ein Ökosystem – also ein Zusammenspiel von mehreren Arten und Anbietern – innovativer Geldformen [vor], das weit über die Pläne der EZB zur Einführung eines digitalen Euro für die täglichen Zahlungen von Bürgerinnen und Bürgern hinausgeht“. Dieses Ökosystem innovativer Geldformen soll „[…] die Grundzüge unseres zweistufigen Geldsystems in eine digitale Zukunft überführen, ohne an den geldpolitischen Grundfesten unseres Währungs- und Wirtschaftsraumes zu rütteln“ (BVR Research, 23. Februar 2022, Wirtschaft braucht anderen digitalen Euro als Bürgerinnen und Bürger, S. 3; www.bvr.de/p.nsf/0/37FFA00A7718A006C12587F2003307F2/$file/BV R_VolkswirtschaftKompakt_Ausgabe_2-2022.pdf; Die Deutsche Kreditwirtschaft, 5. Juli 2021, Europa braucht neues Geld – Das Ökosystem aus CBDC, Giralgeldtoken und Triggerlösung; S. 14 ff; die-dk.de/media/ files/20210625_DK_Ergebnisdokument_DE.pdf). 30. Durch Trigger-Lösungen als Brückentechnologie sollen „[i]m Bereich des Giralgeldes und der Zentralbankguthaben von Kreditinstituten […] viele Innovationen im Rahmen der Blockchain-Technologie auch kurzfristig durch eine Anbindung an den bestehenden Zahlungsverkehr realisiert werden [können]“ (BVR Research, 23. Februar 2022, Wirtschaft braucht anderen digitalen Euro als Bürgerinnen und Bürger, S. 4). „Unter einem ‚Trigger‘ (Auslöser) versteht man eine technologische Brücke, die als Zahlungsauslösesystem zwischen dem konventionellen Zahlungsverkehr und einer DLT-basierten Anwendung agiert. Dieser Trigger ermöglicht es der DLT-Anwendung durch entsprechende Informationsweitergabe eine Zahlung im konventionellen Zahlungsverkehr auszulösen (zu ‚triggern‘). Der Vorteil einer solchen Lösung ist, dass die Notwendigkeit entfällt, spezielle tokenisierte Geldeinheiten zu schaffen, die innerhalb der DLT-Umgebung genutzt werden können und im Zweifel durch eine Parallelität zu bestehenden Zahlungsmitteln die Notwendigkeit des Tausches mit sich bringen“ (Deutsche Bundesbank, 21. Dezember 2020, Geld in programmierbaren Anwendungen; S. 7). Die Deutsche Kreditwirtschaft führt darüber hinaus aus, dass neben CBDC „[…] auch weiterentwickelte kreditwirtschaftliche Zahlungsverkehrslösungen in Zukunft eine wichtige Rolle spielen [würden]. Über einen Giralgeldtoken und die Ausrichtung bestehender Zahlungssysteme auf DLT-basierte Geschäftsprozesse sollen komplementäre Zahlungsverkehrslösungen zu CBDC geschaffen werden“ (BVR Research, 23. Februar 2022, Wirtschaft braucht anderen digitalen Euro als Bürgerinnen und Bürger, S. 4). Dies impliziert eine Ausdehnung der digitalen Spiegelung der bisherigen Geldhierarchie auch auf den Schattenbanken- und Offshore-Banking-Sektor. 31. Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen programmierbarem Geld und programmierbaren Zahlungen, universell und nichtuniversell einsetzbarem Geld sowie Zahlungssystemen und Zahlungsauslösesystemen (BVR Research, 23. Februar 2022, Wirtschaft braucht anderen digitalen Euro als Bürgerinnen und Bürger, S. 83; Deutsche Bundesbank Monatsbericht April 2021, Digitales Geld: Optionen für den Zahlungsverkehr; S. 67; Deutsche Bundesbank, 21. Dezember 2020, Geld in programmierbaren Anwendungen; S. 4 f; www.bundesbank.de/resource/blob/855080/ 941264701eb3f1a67ef6815831c9e40a/mL/2020-12-21-programmierbar e-zahlung-anlage-data.pdf). Die Bundesbank unterscheidet – die Ideen der Deutschen Kreditwirtschaft aufgreifend – in vier Formen programmierbarer Zahlungen: Konventioneller Zahlungsverkehr, Trigger zum konventionellen Zahlungsverkehr, Rückgriff auf privat geschaffene gedeckte oder ungedeckte Krypto-Token, tokenisiertes Geschäftsbankengeld und Retail- sowie Wholesaledigitales-Zentralbankgeld (Deutsche Bundesbank, 21. Dezember 2020, Geld in programmierbaren Anwendungen; S. 6 ff). 32. Zusammen mit der Deutschen Börse hat die Deutsche Bundesbank bereits „[…] im Rahmen des Projekts Blockbaster (Blockchain Based Settlement Technology Research) eine Trigger-Lösung erfolgreich entwickelt“ (Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 2021, Digitales Geld: Optionen für den Zahlungsverkehr; S. 71). Laut der Deutschen Bundesbank sei zu tokenisiertem Geschäftsbankengeld (Giralgeldtoken) denkbar, dass es „[…] entweder eine Form programmierbaren Geldes darstellt oder aber in Verbindung mit einem Zahlungsauslösesystem lediglich für programmierbare Zahlungen verwendet werden kann“ (Deutsche Bundesbank, 21. Dezember 2020, Geld in programmierbaren Anwendungen; S. 8). 33. Zu den notwendigen Rahmenbedingungen der Trigger-Lösung führt die Deutsche Bundesbank aus, dass „[…] [s]olange der konventionelle Zahlungsverkehr keine 24/7-verfügbare Abwicklung [böte] […], […] die Nutzung des Triggers zeitlich eingeschränkt [wäre]“. Dazu wird von einem Zusammenschluss von europäischen Zahlungsdienstleistern und Banken aus sieben Ländern mit Sitz in Brüssel – der European Payments Initiative (EPI) (www.epicompany.eu/), die eng mit dem Projekt „Digitale Kreditwirtschaft“ der Deutschen Kreditwirtschaft verknüpft ist – mit Unterstützung der EZB und der Europäischen Kommission gearbeitet (EZB, 20. Juli 2022, ECB welcomes initiative to launch new European payment solution; www.ecb.europa.eu/press/pr/date/2020/html/ecb.pr20 0702~214c52c76b.en.html; How EU Banks Can Ensure EPI’s Success, feedzai.com/blog/european-payments-initiative-epi/). Im Rahmen der Weiterentwicklung der Marktinfrastruktur des Eurosystems war die Entwicklung eines Instant Payment Services eine von drei Projektinitiativen unter dem Arbeitstitel „Vision 2020“. Bei den anderen beiden ging es um die Konsolidierung von T2 und T2S sowie um das Eurosystem Collateral Management System (ECMS; www.bundesbank.de/de/aufgaben/unbare r-zahlungsverkehr/tips/tips-769238; Bundesbank, TIPS, Vom Projekt zur Realität; www.bundesbank.de/de/aufgaben/unbarer-zahlungsverkehr/tip s/vom-projekt-zur-realitaet/vom-projekt-zur-realitaet-769052; Bundesbank, TARGET2/T2S-Konsolidierung, www.bundesbank.de/de/aufgabe n/unbarer-zahlungsverkehr/target2-t2s-konsolidierung; Bundesbank, ECMS Eurosystem Collateral Management System, www.bundesbank. de/de/aufgaben/unbarer-zahlungsverkehr/eurosystem-collateral-manage ment-system). 34. Potenzielle Anwendungsfälle für programmierbares Geld und programmierbare Zahlungen sind laut Bundesbank M2M-Zahlungen, IoT-Zahlungen, Automated Settlement Payments, Pay-per-Use-Zahlungen, Bidirek- tionale Verrechnungen, Auslandsgeschäfte, 24/7-Zahlungen, Zahlungen mit Informationsfunktion und Offline-Zahlungen (Deutsche Bundesbank, 21. Dezember 2020, Geld in programmierbaren Anwendungen; S. 4 f). Die Deutsche Bundesbank kommt bei der Analyse der Abwicklungsfähigkeit der potenziellen Anwendungsfälle für programmierbares Geld und programmierbare Zahlungen u. a. zu dem Schluss, dass a) die geldseitige Abwicklung Smart-Contract-basierter Geschäftsfälle mit dem konventionellen Zahlungsverkehr nicht darstellbar sei, b) grundsätzlich 24/7-Zahlungen mithilfe von Instant Payments im Euroraum hinreichend abgedeckt werden könnten, c) sich die Abwicklung Smart-Contract-basierter Geschäftsfälle mit Trigger-Lösungen in den konventionellen Zahlungsverkehr integrieren lassen würden, d) teilweise private Krypto-Token und Stable Coins technisch in der Lage seien, die dargestellten Anwendungsfälle geldseitig abzuwickeln, sie jedoch aufgrund fehlender Wertstabilität, eingeschränkter Interoperabilität und offener Fragen zur Rechtssicherheit in der Praxis gegenwärtig eher als ungeeignet erscheinen würden, e) tokenisiertes Geschäftsbankengeld und digitales Zentralbankgeld sich im idealtypischen Fall als geeignete Zahlungslösungen für die dargestellten Anwendungsfälle klassifizieren ließen, jedoch insbesondere digitales Zentralbankgeld mit erheblichen Implikationen für die Rolle der Zentralbanken verbunden sei und eine weitergehende Bewertung erfordere (Deutsche Bundesbank, 21. Dezember 2020, Geld in programmierbaren Anwendungen; S. 11). 35. Die Konzeption von digitalem Zentralbankgeld in der „Neuen Normalität“ des Geldwesens (Wullweber, J., 2018: Zentralbanken als marktmachende Akteure; S. 36, S. 56f) trifft auf eine Eurozone, die sich aufgrund ihrer Fehlkonstruktion (WirtschaftsWoche, 3. August 2011, Die Lebenslügen des Euro; www.wiwo.de/politik/konjunktur/waehrungsunion-die-le bensluegen-des-euro-seite-4/5155930-4.html; Euronews, 7. Februar 2012, Jacques Delors: „Der Euro ist eine Fehlkonstruktion“; de.euronew s.com/2012/12/07/jacques-delors-der-euro-ist-eine-fehlkonstruktion; Cicero, 18. Juli 2022, EZB: Fehlkonstruktion, Fehlentscheidungen und fehlendes Problembewusstsein; www.cicero.de/wirtschaft/euroschwach e-eurokrise-ezb-inflation-fed; junge Welt, 1. Februar 2017, Fehlkonstruktion Euro-Zone – IWF zählt Währungsunion an; www.jungewelt.de/login Failed.php?ref=/artikel/304464.fehlkonstruktion-euro-zone.html; Deutsche Welle, 12. November 2018, Italien und die Geburtsfehler des Euro; www.dw.com/de/italien-und-die-geburtsfehler-des-euro/a-46228003) seit dem Jahr 2008 im Teufelskreislauf aus Banken-, Staatsschulden- und Eurokrise befindet (Sinn, 2016: Der schwarze Juni, S. 284 ff; Straubhaar, T./Winkeljohann, N., 2013: Chancen und Risiken einer Transferunion, HWWI/PwC Studienreihe Politik und Wirtschaft – Der Euro in der Krise; www.pwc.de/de/offentliche-unternehmen/assets/pwc_studie_chance n_und_risiken_einer_fiskalunion.pdf). Bereits im Jahr 2019 wurde eine weltweite Rezession und das Ausbrechen des Zombiebankenproblems erwartet (Herok/Schnabl, 2018: Europäische Geldpolitik und Zombifizierung, in: Austrian Institute Paper Nr. 21, 2018; WELT, 18. März 2019, Deutsche Bank und Commerzbank – Nationaler Champion? „Ich sehe nur eine Zombiebank“; www.welt.de/wirtschaft/article190443457/Deuts che-Bank-Bei-Fusion-nur-eine-Zombiebank.html). Durch die Corona-Krise hat sich dies um einige Jahre verschoben und kommt nun verstärkt zum Tragen (Handelsblatt, 8. September 2022, Die Coronakrise geht, die Probleme der Banken sind noch da; www.handelsblatt.com/meinung/ko mmentare/kommentar-die-coronakrise-geht-die-probleme-der-banken-sin d-noch-da/27578380.html; Hüther/Demary [2020]: Führt die Corona-Krise zu einer Bankenkrise?, IW-Policy Paper 17/20; www.iwkoeln.de/st udien/michael-huether-markus-demary-fuehrt-die-corona-krise-zu-einer-bankenkrise.html; BMWK, Monatsbericht Mai 2020, Schwere Rezession durch Coronapandemie, www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/Mona tsbericht/Monatsbericht-Themen/2020-05-schwere-rezession-durch-die-c orona-pandemie.pdf?__blob=publicationFile&v=10; FAZ, 24.02.2023, Eine Rezession der etwas anderen Art; www.faz.net/aktuell/wirtschaft/de utsche-wirtschaft-schrumpft-eine-rezession-der-etwas-anderen-art-18702 865.html). 36. Die Bundesbank warnt – auf diese Hintergründe anspielend –, dass „[…] [u]m die Vorteile aus der bestehenden Aufgabenteilung zwischen Geschäftsbanken und Zentralbanken nicht zu gefährden, […] in die Diskussion um eine mögliche Ausgestaltung des Digitalen Euro die betroffenen Akteure, vor allem die Kreditwirtschaft, von Beginn an einzubeziehen [seien]. Zu berücksichtigen wäre dabei auch […] die mögliche Ausgabe eines Digitalen Euro durch das Eurosystem und die politische Unterstützung privatwirtschaftlicher paneuropäischer Zahlungslösungen wie EPI. Es […] [wird] dabei darauf ankommen [werden], zu gut durchdachten, sicheren und komfortablen Lösungen zu kommen. Anders […] [würden] sich weder die hochgesteckten politischen Erwartungen an einen Digitalen Euro als Alternative zu privatwirtschaftlichen Stablecoins noch die gleichzeitige Verantwortung der Zentralbank für die Stabilität und Erhaltung einer marktbasierten Funktionsweise des Finanzsystems nicht erfüllen [lassen]“ (Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 2021, Digitales Geld: Optionen für den Zahlungsverkehr; S. 77). 37. Nach Minsky streben Volkswirtschaften nicht immer einem Gleichgewichtszustand zu, sondern Finanzsysteme werden im Laufe eines Aufschwungs automatisch instabil, Krisensituationen seien also inhärentes Element des „Kapitalismus“ (FAZ, 18. September 2007, Das magische Minsky-Moment; www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/finanzkri se-das-magische-minsky-moment-1464431.html#:~:text=Als%20%E2% 80%9EMinsky%2DMoment%E2%80%9C%20bezeichnet,beginnen%20i n%20Schwierigkeiten%20zu%20geraten). Dabei seien zyklisch drei Finanzierungsarten zu beobachten: hedge finance, speculative finance und ponzi finance (Wirtschaftslexikon Gabler, Minsky-Effekt; wirtschaft slexikon.gabler.de/definition/minsky-effekt-51732). Bei der Ponzi-Finanzierung „[…] sind die Kreditnehmer weder in der Lage [,] die Kredite zurückzuzahlen noch die Zinszahlungen vollständig zu gewährleisten. Die Kreditnehmer spekulieren darauf, dass die Preise der kreditfinanzierten Assets […] ansteigen, um somit die Schulden zu tilgen“ (Murau, S., 2017: The Political Economy of Private Credit Money Accommodation; S. 79). 38. Die drei Finanzierungsformen ermöglichen in der Pre-Akkomodierungs-Phase zyklisch immer wieder die Expansion der Geldpyramide, am Ende mit der Dominanz der Ponzi-Finanzierung, bis der Minsky-Moment eintritt, also bis die relative Gleichwertigkeit der verschiedenen Geldformen der Geldhierarchie zerbricht und es zu Runs kommt und die öffentlichen Autoritäten entscheiden, Verantwortung für die par clearance der vormals privaten Kreditgeldformen zu übernehmen (Murau, S., 2017: The Political Economy of Private Credit Money Accommodation; S. 79). Nach diesem staatlichen Ad-hoc-Backstop setzt eine dritte Phase ein, welche mit dem Deleveraging der faulen Kreditpyramide und historisch betrachtet mit der Schaffung neuer privat-öffentlicher Kreditformen einhergeht. Eine solche Phase umfasst meistens neue Instrumente der monetären Governance und der Beeinflussung der internationalen politischen Ebene vom Zentrum auf die Peripherie (Murau, S., 2017: The Political Economy of Private Credit Money Accommodation; S. 221). Es wird also entschieden, wie mit den Krisenmaßnahmen weiter verfahren wird und wie die Krisenphänomene zukünftig verhindert werden können. Meist kommt es nach der Regulierung der alten privaten Kreditgeldformen und – damit – deren Überführung zu öffentlichen Kreditgeldformen zu neuen privaten Kreditgeldinnovationen, welche wieder neue Regulierungsarbitragemöglichkeiten erschließen (Murau, S., 2017: The Political Economy of Private Credit Money Accommodation; S. 72 und 92). 39. Das öffentlich-private Geld, also das auf Staatspapieren basierende private Kreditgeld, wurde und wird im Eurosystem durch den zunächst temporären Eurorettungsschirm, die Bankenrettungsmaßnahmen und die unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen des EZB-Rates gestützt. Durch diese Akkomodierungsmaßnahmen wurden zwar die Krisenphänome adhoc eingedämmt und Zeit gekauft, doch an den grundlegenden Ursachen – der regulatorischen Bevorteilung des Schattenbanksektors, der Fehlkonstruktion des Euros und auf globaler Ebene das „exorbitante Privileg“ des US-Dollar-Offshore-Systems in Verbindung mit den Effekten des Triffin-Dilemmas – hat sich nichts geändert (EZB, 3. Oktober 2011, The Triffin dilemma revisited; www.ecb.europa.eu/press/key/date/ 2011/html/sp111003.en.html; IMF, The Dollar Glut; www.imf.org/extern al/np/exr/center/mm/eng/mm_sc_03.htm; Finanzwende Recherche, April 2021, Handlungsbedarf bei Blackrock und Co; S. 2; finanzwende-recherc he.de/wp-con-tent/uploads/2021/04/Handlungsbedarf_bei_BlackRock_u nd_Co_Finanzwende_2021.pdf). Stattdessen haben sich, ermöglicht durch Niedrigzinspolitik und Dealer-of-last-Resort-Funktionswahrnehmung der Zentralbanken, die privaten Haushalte, die Staaten und die Unternehmen, insbesondere im Schattenbankensektor, noch mehr verschuldet. Stetig sinkende Zinsen, bis sogar in den Minusbereich herein, haben über den Vermögenseffekt (Wealth Effect) insbesondere im Bereich der Sachwerte (Aktien, Immobilien etc.) ein ganz neues Schattenbankensegment entstehen lassen, das mittlerweile nach vertretener Auffassung neu die globale Finanzstabilität gefährdet, passivgehandelte börsengehandelte Fonds (Exchange Traded Funds, ETFs), verwaltet von den sog. Big Three, BlackRock, Vanguard und State Street (Globalmagazin, 17. Oktober 2019, Schattenmacht Blackrock – Wie gefährlich ist der Finanz-Gigant?; globalmagazin.com/schattenmacht-blackrock/). Blackrock ist mit einem verwalteten Vermögen von 8,7 Bio. US-Dollar der größte Vermögensverwalter der Welt und das von ihm angebotene Datenanalysesystem Aladdin verfolgt, u. a. auch für die beiden ETF-Konkurrenten Vanguard und State Street, weltweit die Entwicklung von etwa 30 000 Investment Portfolios im Wert von weit über 20 Bio. US-Dollar (Finanzwende Recherche, April 2021, Handlungsbedarf bei Blackrock und Co; S. 3; finan zwende-recherche.de/wp-con-tent/uploads/2021/04/Handlungsbedarf_be i_BlackRock_und_Co_Finanzwende_2021.pdf). Blackrock tritt mit seinem Aladdin-Programm auch exklusiv als Dienstleister für das Eurosystem beim Bewerten von Kreditportfolios und bei Bankenstresstests auf (Tagesspiegel, 8. Mai 2018, Blackrock: Ein Geldkonzern auf dem Weg zur globalen Vorherrschaft; www.tagesspiegel.de/gesellschaft/ein-geldko nzern-auf-dem-weg-zur-globalen-vorherrschaft-4580071.html), ist auf der anderen Seite jedoch auch ein großer Verkäufer von Wertpapieren an das Eurosystem und Eigentümer der mit ihrer Hilfe überwachten Banken. Aufgrund dieser systemischen Relevanz der Big-Three-Schattenbanken für die Finanzmärkte und insbesondere den Börsenhandel besteht die Sorge, dass es in einer Börsenkrise bzw. am Ende der Ponzi-Finanzierung, z. B. ausgelöst durch eine globale Rezession und Zinssteigerungen, zu einem gefürchteten „Run for the Exit“ diesmal auf die ETFs der Big-Three kommt, bei dem „Alle ihre Aktien nur noch verkaufen wollen“ (Globalmagazin, 17. Oktober 2019, Schattenmacht Blackrock – Wie gefährlich ist der Finanz-Gigant?; globalmagazin.com/schattenmacht-bla ckrock/). Auch in diesem Bereich ist in einem neuen Krisenfall mit staatlichem Backstop zu rechnen (Beck, H., 1. September 2020, Soll die Europäische Zentralbank Aktien kaufen?, in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen; www.kreditwesen.de/kreditwesen/themenschwerpunkte/au fsaetze/europaeische-zentralbank-aktien-kaufen-id66677.html; FAZ, 6. Dezember 2021, BIZ fordert strengere Regeln für Schattenbanken; www.faz.net/aktuell/finanzen/biz-fordert-strengere-regeln-fuer-schattenb anken-17670138.html). 40. Die prognostizierte bzw. sich abzeichnende jahrelange Stagflation (WirtschaftsWoche – WiWo, 10. April 2022, Stagflation: Es wird ungemütlich; www.wiwo.de/my/finanzen/geldanlage/geld-und-fiskalpolitik-stagfl ation-es-wird-ungemuetlich-/28234776.html; FAZ, 1. Mai 2022, Zinswende in Zeiten der Stagflation; www.faz.net/aktuell/wirtschaft/zinswen de-in-zeiten-der-stagflation-17997337.html), aufgrund globaler Rezession (Handelsblatt, 12. April 2022, Großinvestoren fürchten weltweite Rezession; www.handelsblatt.com/finanzen/anlagestrategie/trends/umfrage-grossinvestoren-fuerchten-weltweite-rezession/28248326.html) bei gleichzeitig hoher Inflation (Spiegel, 2. August 2022, Drohende Stagflation – Angst vor der Null; www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/stagn ation-und-inflation-die-angst-vor-der-null-a-edad65c3-6053-478f-9cea-a ea586e98d49), – mittlerweile offen so diskutierten – Weltkriegsrisiken (ZEIT ONLINE, 5. August 2022, USA und China: „…dann wäre das der Dritte Weltkrieg“; www.zeit.de/politik/2022-08/usa-china-taiwan-nancy-pelosi-politikpodcast; WELT, 17. Oktober 2022, China droht Taiwan: „Das wäre der Weg in den Dritten Weltkrieg“; www.welt.de/politik/ausla nd/video241629793/China-droht-Taiwan-China-Experte-bewertet-Gefah r-eines-Dritten-Weltkriegs.html; WELT, 20. Februar 2023, Wolodymyr Selenskyj im Interview: „Falls sich China mit Russland verbünden sollte, gibt es einen Weltkrieg“; www.welt.de/politik/ausland/plus243859529/ Wolodymyr-Selenskyj-Falls-sich-China-mit-Russland-verbuendet-gibt-e s-einen-Weltkrieg.html; Frankfurter Rundschau, 22. Juli 2022, Chinas Taiwan-Ambitionen: „Ein globaler Krieg ist nicht unausweichlich, aber höchstwahrscheinlich“; www.fr.de/politik/interview-china-taiwan-news-ukraine-krieg-russland-alexander-goerlach-xi-jinping-zr-91678209.html) aus dem geopolitischen Ringen der USA zur Bewahrung der unipolaren Weltordnung (Focus, 4. Mai 2022, Die großen Wirtschaftsmächte schrauben der Welt gerade ihre Hauptsicherung heraus; www.focus.de/politik/a usland/ukraine-krise/gastbeitrag-von-gabor-steingart-die-grossen-wirtsch aftsmaechte-schrauben-der-welt-gerade-ihre-hauptsicherung-heraus_id_9 3327285.html; WELT, 8. April 2022, „Projekt Westen“ – Die Epoche der Bipolarität markiert einen bitteren Abschied; www.welt.de/wirtschaft/plu s238044829/Globalisierung-Die-Epoche-der-Bipolaritaet-markiert-eine n-bitteren-Abschied.html; WELT, 6. April 2022, China und Russland, Roadmap zur Weltherrschaft; www.welt.de/debatte/kommentare/plus238 016581/China-und-Russland-Roadmap-zur-Weltherrschaft.html) lassen für die nächsten Jahre ernste Finanzmarktmarktprobleme erwarten (ntv, 9. März 2020, Öl-Crash und Weltrezession – Warum die Börse jetzt in Panik gerät; www.n-tv.de/wirtschaft/Warum-die-Boerse-jetzt-in-Panikgeraet-article21628435.html). 41. Sollte es zu einem neuen Minsky-Moment kommen, ist nun laut dem Finanzanalysten James Rickards zu erwarten, dass sich insbesondere die US-Regierung, aber auch andere Regierungen des trilateralen Blockes, z. B. die Deutschlands oder Japans, dazu entschließen, Schattenbanken genauso in die Aufsicht und den Zugriff zu nehmen, wie herkömmliche Banken und es könnte zu einem „Ice-Nine-Szenario“ kommen (Rickards, J., 2016: Der Weg ins Verderben – Wie die Eliten die nächste Krise vorbereiten und wie sie sich davor schützen können, 2. Auflage 2019, München: FinanzBuch Verlag; S. 36). Ice-Nine sei laut James Rickards „[…] eine elegante Art, die Reaktion der […] [Regierungen resp. der politischen Klasse] auf die nächste Finanzkrise zu beschreiben. Anstatt die Welt mit neuer Liquidität zu versorgen, werden die […] [Regierungen] sie einfrieren. […] Risikomanager und Aufsichtsbehörden verwenden das Wort ‚Contagion‘ (‚Ansteckung‘), um die Dynamik einer Finanzpanik zu beschreiben. Der Begriff Ansteckung ist mehr als eine Metapher […]. Über kurz oder lang kommt es zu einer Pandemie, die eine strenge Quarantäne notwendig macht, bis ein Impfstoff gefunden ist. […] Bei einer Finanzpanik ist der ‚Impfstoff‘ die Notenpresse. Wenn dieser sich als wirkungslos erweist, ist die einzige Lösung Quarantäne. Das bedeutet, Banken, Börsen und Geldmarktfonds zu schließen, Geldautomaten außer Betrieb zu setzen und Vermögensverwalter anzuweisen, keine Wertpapiere zu verkaufen. Die [Regierungen] […] bereiten sich laut James Rickards auf ein finanzielles Ice-Nine ohne Impfstoff vor. Sie werden ihr Geld unter Quarantäne stellen, indem sie es innerhalb des Finanzsystems einschließen, bis die Ansteckungsgefahr schwindet. […] Ice-Nine ginge weit über die Banken hinaus […] [,] würde sich auch auf Versicherungs- und Industriekonzern sowie Vermögensverwaltungen erstrecken […] und […] auch das Einfrieren von Transaktionen umfassen. Ice-Nine würde weltweit umgesetzt werden, nicht nur von Einzelfall zu Einzelfall“ (Rickards, J. 2016: Der Weg ins Verderben – Wie die Eliten die nächste Krise vorbereiten und wie sie sich davor schützen können, 2. Auflage 2019, München: FinanzBuch Verlag; S. 36 f). Die digitale Spiegelung der Weltfinanzmärkte vom Retail- über Wholesale-Zentralbankgeld über die Geld- und Kreditpyramide all ihre Verästelungen umfassend hinweg würde die technischen Möglichkeiten für einen solchen finanziellen „Great Reset“ („Großen Neustart“) schaffen oder je nach Ausgestaltung ggf. selektiv unterbinden (Stelter, D., 20217: Das Ende der schuldenfinanzierten Wohlstandsillusion, in: Wirtschaftspolitischen Blättern, Ausgabe 4/2016; think-beyondtheobvious.com/das-ende-der-sc huldenfinanzierten-wohlstandsillusion/; Mehrling, P., 2014: Why central banking should be re-imagined, BIS Papers No 79; pp 108-118; www.bi s.org/publ/bppdf/bispap79i.pdf; Financial Times, The Great Reset: How Governments Reimagined Citizen Engagement in Response to Covid; www.ft.com/partnercontent/mastercard/the-great-reset-how-government s-reimagined-citizen-engagement-in-response-to-covid.html; Polleit, 2022: Über das Bestreben Bargeld abzuschaffen und digitales Zentralbankgeld einzuführen – Eine kritische Bewertung, Referat bei der XVI. International Gottfried von Haberler Conference 19. bis 20. Mai 2022 Vaduz, Liechtenstein; www.misesde.org/2022/07/ueber-das-bestreben-ba rgeld-abzuschaffen-und-digitales-zentralbankgeld-einzufuehren/; Norbert Häring, 10. November 2020, Was Sie alles über den digitalen Euro wissen sollten, um sich davor zu fürchten; norberthaering.de/kryptowaehrun gen/digitaler-euro/; Norbert Häring, 15. Juli 2021, Der digitale Euro als das Ende finanzieller Privatheit, in den Worten des BIZ-Chefs; norbertha ering.de/bargeld-widerstand/carstens-cbdc/; Börsenzeitung, Sahra Wagenknecht, 30. August 2013, Im Geld- und Finanzsystem ist der Reset-Knopf zu drücken; www.boersen-zeitung.de/konjunktur-politik/im-ge ld-und-finanzsystem-ist-der-reset-knopf-zu-druecken-90db35a3-ec17-40 4d-9b5f-4a546c0f8516). 42. Es ist laut der Deutschen Bundesbank „unerlässlich, mögliche Risiken und deren Wirkungsmechanismen grundlegend zu verstehen und diesen durch eine entsprechende Ausgestaltung Rechnung zu tragen.“ (Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 2021, Digitales Geld: Optionen für den Zahlungsverkehr; S. 77). Vor diesem Hintergrund stellen sich, ähnlich wie bei einer Due Dilligence, mannigfache Fragen in sozialer, technischer, ökonomischer, (macht-)politischer und rechtlicher Hinsicht.
Vorbemerkung der Bundesregierung Die Diskussionen um digitale Formen von Geld, einschließlich digitalem Zentralbankgeld (englisch Central Bank Digital Currency – CBDC), entwickeln sich zurzeit dynamisch. Weltweit arbeiten zahlreiche Zentralbanken an CBDC-Projekten. Die Europäische Zentralbank (EZB) führt noch bis Herbst 2023 eine Untersuchungsphase für einen digitalen Euro durch, in der die mögliche Ausgestaltung und die Auswirkungen eines digitalen Euro genauer untersucht werden. An den Analysen beteiligen sich auch die Deutsche Bundesbank und die anderen Zentralbanken des Eurosystems. Die EZB hat angekündigt, die gegenwärtige Untersuchungsphase im Herbst 2023 abzuschließen und über die Fortsetzung des Projekts mit weiteren vorbereitenden Arbeiten zu entscheiden. Eine Entscheidung über die Einführung eines möglichen digitalen Euro und seine Ausgestaltungsmerkmale ist bislang nicht getroffen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass es für die Einführung eines möglichen digitalen Euro eines demokratisch legitimierten Entscheidungsprozesses bedarf. Hierfür setzt sie sich gemeinsam mit den anderen Mitgliedstaaten auch auf europäischer Ebene ein. Klar ist auch: Ein möglicher digitaler Euro kann und soll das Bargeld nur ergänzen, nicht ersetzen. Bargeld ist und bleibt die zentrale Geldform unserer freiheitlichen Gesellschaft. Die Europäische Kommission hat angekündigt, Ende Juni 2023 einen Legislativvorschlag vorzulegen, der die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen digitalen Euro festlegen würde. Das Initiativrecht für den Legislativvorschlag liegt bei der Europäischen Kommission. Erst wenn die Europäische Kommission den Legislativvorschlag unterbreitet hat, würden die europäischen Ko-Gesetzgeber, d. h. das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union, sich im Rahmen des europäischen Gesetzgebungsverfahrens mit dem konkreten Vorschlag auseinandersetzen. Auch eine positive Entscheidung der EZB über den Eintritt in eine weitere Projektphase im Herbst 2023 würde keine Entscheidung über die Einführung eines digitalen Euro bedeuten. Eine solche Entscheidung könnte vielmehr erst dann getroffen werden, wenn die europäischen Ko-Gesetzgeber einen gesetzlichen Rahmen für die Einführung eines digitalen Euro geschaffen hätten. Vorausgesetzt der gesetzliche Rahmen wäre bis dahin festgelegt, geht das Eurosystem nach Kenntnis der Bundesregierung davon aus, einen digitalen Euro hypothetisch frühestens Ende 2026 einführen zu können. Seit Beginn der Untersuchungsphase der EZB für einen digitalen Euro im Jahr 2021 sind die Mitgliedstaaten des Euroraums insbesondere über die Eurogruppe, in der die Finanzministerinnen und Finanzminister der Mitgliedstaaten des Euroraums zusammenkommen, von der EZB über den Fortgang der Untersuchungen zum digitalen Euro informiert worden. Die EZB hat im September 2022, Dezember 2022 und April 2023 zudem drei Fortschrittsberichte zur laufenden Untersuchungsphase mit möglichen Designoptionen für einen digitalen Euro veröffentlicht. Die Eurogruppe hat zuletzt am 16. Januar 2023 ein Statement zum Stand des Projektes abgegeben (www.consilium.europa.eu/en/press/ press-releases/2023/01/16/eurogroup-statement-on-the-digital-euro-project-16-january-2023/, abgerufen am 14. Mai 2023). Die Bundesregierung hat die Arbeiten der EZB von Beginn an aktiv begleitet. Für sie ist zentral, dass die finanzielle Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger bei der Nutzung eines digitalen Euro geschützt ist. Sie setzt sich zudem dafür ein, dass der Privatsektor in die mögliche Gestaltung eines digitalen Euro einbezogen wird und seine Erfahrung und Innovationskraft einbringen kann. Von einem digitalen Euro dürfen schließlich keine Risiken für die Finanzmarktstabilität oder die geldpolitische Transmission ausgehen. Durch den aktuellen Stand der vorstehend dargestellten Prozesse sind gegenwärtig viele Fragen betreffend die mögliche Ausgestaltung von CBDC und eines digitalen Euro noch offen. Durch die laufenden Untersuchungen der EZB entwickelt sich der Diskussionsstand zudem stetig weiter. Dies spiegelt sich auch in den Antworten der Bundesregierung auf diese Große Anfrage wider. Die nachfolgenden Antworten entsprechen dem Kenntnisstand der Bundesregierung Mitte Mai 2023.
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1. Mit welcher Arbeitsdefinition verwendet die Bundesregierung den Begriff „digitales Zentralbankgeld“ (engl. Central Bank Digital Currency, CBDC) und davon abgeleitet den Begriff „digitaler Euro“? Gibt es nach Erkenntnissen der Bundesregierung hierzu eine einheitliche Definition, z. B. von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) oder der G20, und wenn ja, welche (G20, 30. August 2022, Inclusive Economic Development Principles For Integrating Central Bank Digital Currencies In G20 Countries; www.g20-insights.org/policy_briefs/i nclusive-economic-development-principles-for-integrating-central-bank-digital-currencies-in-g20-countries/; Bundesregierung, Januar 2022, Politische Schwerpunkte der deutschen G7-Präsidentschaft 2022, S. 6; www. bundesregierung.de/resource/blob/974430/2000068/b3d051fef6ffc2d042 50d17c1efad307/2022-01-21-g7-programm-data.pdf?download=1)?
Die Bundesregierung verfolgt und begleitet die Arbeiten von Zentralbanken und die international geführten Diskussionen um CBDC eng, ohne eine eigene Arbeitsdefinition von CDBC formal festgelegt zu haben. Eine in Zentralbankenkreisen gängige Definition von CBDC findet sich u. a. in einem Bericht von sieben Zentralbanken und der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ): „A CBDC is a digital payment instrument, denominated in the national unit of account, that is a direct liability of the central bank” (siehe „Central bank digital currencies: foundational principles and core features“ www.bis.org/publ/othp33.pdf, S. 3).
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a) Spielt die Distributed Ledger Technologie (DLT) eine Rolle dabei, und wenn ja, welche (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 1 bis 3)?
Die Distributed Ledger Technologie (DLT) wird als eine von mehreren möglichen Technologien für die Umsetzung von CBDC diskutiert.
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b) Was bedeutet „Tokenisierung“ in diesem Zusammenhang (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 3)?
In der Debatte um CBDC wird die Ausgestaltung von CBDC als „Token“ als eine von mehreren Ausgestaltungsoptionen diskutiert. Nach Kenntnis der Bundesregierung sind Terminologie und konzeptionelle Vorstellungen von einer möglichen „tokenbasierten“ Ausgestaltung von CBDC nicht einheitlich.
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2. Ist „digitaler Euro“ nach Auffassung der Bundesregierung der richtige Begriff oder wäre „tokenisierter Euro“ nicht eigentlich präziser (Bundesfinanzministerium, 27. März 2019, Stellungnahme des FinTechRat zur Blockchain-Strategie der Bundesregierung im Rahmen der öffentlichen Konsultation; S. 7; www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Geset zestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_VII/19_Leg islaturperiode/2019-03-07-Eckpunktepapier-Wertpapiere-Krypto-Token/ Stellungnahme-FintechRat.pdf?__blob=publicationFile&v=2; siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 4 bis 6)?
Nach Kenntnis der Bundesregierung haben die Zentralbanken des Eurosystems bislang keine Entscheidung über die einem digitalen Euro zugrunde liegende Technologie oder die Frage getroffen, ob ein digitaler Euro als „Token“ ausgestaltet werden soll. Die offenere Terminologie des Eurosystems („digitaler Euro“) erscheint daher sachgerecht.
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3. Wie soll es nach Ansicht der Bundesregierung in Deutschland, bzw. innerhalb des Eurosystems, rechtlich möglich sein, Euros in Form von CBDCs einzuführen, wenn es doch in Artikel 128 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) heißt: „Die von der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken ausgegebenen Banknoten sind die einzigen Banknoten, die in der Union als gesetzliches Zahlungsmittel gelten“ (dejure.org/gesetze/AEUV/128.html)? 4. Ergibt sich nach Ansicht der Bundesregierung, z. B. aus Artikel 128 AEUV i. V. m. Artikel 127 Absatz 2, Artikel 132 AEUV und Artikel 22 ESZB/EZB-Satzung, eine vorrangige Befugnis der EZB zur Einführung eines digitalen Euro (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 6, bitte erläutern)? 5. Liegt der Bundesregierung eine unionsrechtliche Rechtsprechung insbesondere bezüglich der Artikel 128 AEUV und Artikel 133 AEUV vor? Wenn ja, welche, und geht daraus nach Ansicht der Bundesregierung hervor, dass die Einführung von Euro in Form von CBDCs primärrechtlich zulässig sein sollen (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 6)? 6. Auf welcher primärrechtlichen Grundlage scheint es der Bundesregierung möglich, Euro in Form von CBDCs („digitale Euros“) einzuführen? Welche rechtlichen Differenzierungen bestehen hier ggf. zwischen Retail- und Whole-Sale-CBDCs (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 6)? 9. Hält die Bundesregierung die Einführung von Euro in Form von CBDCs für die Verwendung des Euro als einheitliche Währung i. S. d. Artikels 133 AEUV für erforderlich (dejure.org/gesetze/AEUV/133.html; www.handelsblatt.com/meinung/homo-oeconomicus/gastkommentar-ho mo-oeconomicus-warum-der-digitale-euro-unnoetig-ist/27655220.html; bitte erläutern)? 10. Kann die EZB nach Einschätzung der Bundesregierung entscheiden, den Euro in Form von CBDCs herauszugeben (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 6)?
Die Fragen 3 bis 6, 9 und 10 werden zusammen beantwortet. In ihrem Statement vom 16. Januar 2023 haben die Finanzministerinnen und Finanzminister des Euroraums bekräftigt, dass die Schaffung und Ausgestaltung eines digitalen Euro eine geeignete Rechtsgrundlage erfordert, die von den europäischen Ko-Gesetzgebern, d. h. dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union, auf der Grundlage eines Legislativvorschlags der Europäischen Kommission beschlossen werden muss. Die Europäischen Kommission hat angekündigt, am 28. Juni 2023 einen Legislativvorschlag zu unterbreiten, der die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen digitalen Euro festlegt. Das Gesetzgebungsverfahren bietet zugleich den Raum, wichtige Ausgestaltungsfragen zwischen den europäischen Ko-Gesetzgebern in einem demokratisch etablierten Verfahren zu erörtern. Die zu beachtenden rechtlichen Rahmenbedingungen, einschließlich der für den angekündigten Legislativvorschlag einschlägigen Rechtsgrundlage(n) nach dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), und etwaiger Bedarf für gesetzliche Anpassungen hängen dabei maßgeblich von der angestrebten Ausgestaltung eines digitalen Euro ab. Diese ergibt sich wiederum aus der konkreten Zielsetzung bei einer etwaigen Einführung eines digitalen Euro und dessen beabsichtigten Verwendungsmöglichkeiten. Daher können im jetzigen Stadium vor Kenntnis des Legislativvorschlags noch keine weitergehenden Bewertungen getroffen werden. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, hat in ihrer Rede bei der Plenarsitzung des Europaparlaments am 15. Februar 2023 ausgeführt, dass eine Entscheidung über die Einführung eines digitalen Euro erst getroffen werden könne, wenn das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen sei. In ihrem dritten Fortschrittsbericht zum digitalen Euro vom 24. April 2023 hat die EZB dargelegt, dass das Design eines digitalen Euro dann auf Grundlage des Gesetzgebungsprozesses erfolgen wird. Über die Auslegung des Unionsrechts entscheidet der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH). Nach Kenntnis der Bundesregierung hat der EuGH sich in seiner Rechtsprechung bislang nicht zu den aktuellen Arbeiten der EZB für einen digitalen Euro geäußert. Dessen Rechtsprechung im Übrigen findet sich auf seiner Website unter der Adresse curia.europa.eu.
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7. Könnte die EZB nach Erkenntnissen bzw. Einschätzung der Bundesregierung entscheiden, das Bargeld abzuschaffen? a) Wenn ja, wie? b) Wenn nein, warum nicht? 8. Wenn Frage 7 verneint wird, wer könnte nach Erkenntnissen bzw. Auffassung der Bundesregierung auf welchem Wege entscheiden, das Bargeld abzuschaffen? Welche Rechtsnormen müssten dazu ggf. auf europäischer und oder nationaler Ebene verändert werden?
Die Fragen 7 und 8 werden zusammen beantwortet. Das Euro-Bargeld findet seine Grundlage im EU-Primärrecht. Die Qualifikation von Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel findet ihre rechtliche Verankerung in Artikel 128 Absatz 1 Satz 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 16 Absatz 1 Satz 3 des Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (siehe auch Artikel 10 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 974/98 vom 3. Mai 1998 über die Einführung des Euro). In beschränktem Umfang sind daneben Euro-Münzen, Artikel 128 Absatz 2 AEUV gesetzliches Zahlungsmittel (vergleiche Artikel 11 Satz 2 und 3 der oben genannten Verordnung). Die EZB ist nicht befugt, diese Rechtsgrundlagen zu ändern. Die Bundesregierung misst der generellen Verfügbarkeit und Nutzbarkeit von Bargeld große Bedeutung bei und bekennt sich zum Fortbestand des Bargeldes als gesetzliches Zahlungsmittel. Nach Kenntnis der Bundesregierung gibt es bei der Europäischen Zentralbank keinerlei Pläne, „das Bargeld abzuschaffen“. Die Europäische Zentralbank hat wiederholt betont, dass ein digitaler Euro nach ihrer Vorstellung das Bargeld ergänzen und nicht ersetzen soll.
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11. Inwiefern sind Deutschland und die Bundesregierung an der hochrangigen Task Force für die digitale Zentralbankwährung (High-Level Task Force on Central Bank Digital Currency – HLTF-CBDC) beteiligt (EZB, 2. Oktober 2020, Pressemitteilung, EZB intensiviert Arbeit an digitalem Euro; www.ecb.europa.eu/press/pr/date/2020/html/ecb.pr201002~f90bfc 94a8.de.html; EZB, Digitaler Euro, Governance and stakeholders; www. ecb.europa.eu/paym/digital_euro/governance/html/index.de.html; EZB, Oktober 2020, Report on a digital euro; www.ecb.europa.eu/pub/pdf/othe r/Report_on_a_digital_euro~4d7268b458.de.pdf; Bundesfinanzministerium, 27. März 2019, Stellungnahme des FinTechRat zur Blockchain-Strategie der Bundesregierung im Rahmen der öffentlichen Konsultation; www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_G esetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_VII/19_Legislaturperiode/2019-03-07-Eckpunktepapier-Wertpapiere-Krypto-Token/Stellungnahme-Fin techRat.pdf?__blob=publicationFile&v=2)?
Die HLTF-CBDC setzt sich aus hochrangigen Vertretern der Europäische Zentralbank sowie der nationalen Zentralbanken des Euroraums zusammen, einschließlich der Deutschen Bundesbank. Die Bundesregierung ist daran nicht beteiligt.
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12. Welche Aufgabe hat die HLTF-CBDC nach Kenntnis der Bundesregierung? Ist die HLTF-CBDC nur für Retail-CBDCs oder auch für Wholesale-CBDCs zuständig?
Die HLTF-CBDC steuert nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit die zweijährige Untersuchungsphase des Eurosystems zum digitalen Euro. Ein digitaler Euro ist für die Zwecke dieser Arbeiten des Eurosystems definiert als „central bank liability offered in digital form for use by citizens and businesses for their retail payments“. Es handelt sich also um ein Projekt für einen möglichen Retail-CBDC. Die HLTF-CDBC erstattet dem Rat der Europäischen Zentralbank Bericht.
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13. Könnten Intermediate-CBDCs und oder Hybrid-CBDCs (BIS Innovation Hub, Oktober 2020, A Prototype for Two-tier Central Bank Digital Currency (CBDC); S. 4 ff, www.bis.org/publ/othp57.pdf) nach Ansicht der Bundesregierung eingeführt werden, ohne dass die Rahmenbedingungen für Wholesale-CBDCs (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 2) geklärt wären (bitte erläutern)?
Bei den beiden genannten Modellen handelt es sich nach Kenntnis der Bundesregierung um eine konzeptionelle Einordnung möglicher zweistufiger Systemstrukturen für Retail-CBDC. Die in der Quelle dargestellte Form von Intermediate-CBDC umfasst Wholesale-CBDC, die darin dargestellte Form von Hybrid-CBDC nicht. Sollte ein Intermediate-CBDC in der dort dargestellten Form eingeführt werden, würde die Systemstruktur eine Form von Wholesale-CBDC umfassen. Die genauen Definitionen wären anhand der jeweils konkret gewählten Ausgestaltung festzulegen.
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14. Wer hat nach Kenntnis der Bundesregierung darüber zu entscheiden, ob es den Euro auch in Form von Retail- und Wholesale-CBDCs gibt? a) Wie sieht nach Kenntnis der Bundesregierung der konkrete Fahrplan aus? b) Welche Schritte und damit verbundene Rechtsakte sind nach Kenntnis der Bundesregierung diesbezüglich zu erwarten? c) Welche Einflussmöglichkeiten gibt es ggf. hierbei für die Bundesregierung? d) Welche Rolle spielt nach Kenntnis der Bundesregierung hierbei die Europäische Kommission, der Europäische Rat, das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union? 15. Was wird nach Erkenntnis bzw. Ansicht der Bundesregierung rechtlich für die Möglichkeit, CBDCs einzuführen, maßgeblich sein, a) der zu erwartenden EU-Rechtsakt auf Basis des Artikels 133 AEUV (PE2 PE 6 – 3000 – 118/18, Zur Möglichkeit der Einführung eines digitalen Euro; www.bundestag.de/resource/blob/579272/7a14ab662 89ebc0cc11cb9480df6c276/PE-6-118-18-pdf-data.pdf; Unterrichtung durch das Bundesministerium der Finanzen; Nachbericht zu der Sitzung der Eurogruppe und des ECOFIN-Rates am 16. und 17. Januar 2023, S. 2), b) die für das dritte Quartal 2023 erwartete Entscheidung des EZB-Rates über den Start einer Realisierungsphase des digitalen Euros (Unterrichtung durch das Bundesministerium der Finanzen; Nachbericht zu der Sitzung der Eurogruppe und des ECOFIN-Rates am 16. und 17. Januar 2023, S. 3), c) bzw. was wird es zuerst geben, einen EU-Rechtsakt auf Basis des Artikels 133 AEUV oder die Entscheidung des EZB-Rates über den Start einer Realisierungsphase des digitalen Euros, d) oder gibt es nach Auffassung der Bundesregierung einen anderen Faktor (bitte erläutern)?
Die Fragen 14 und 15 werden zusammen beantwortet. Die rechtlichen Möglichkeiten der Einführung eines digitalen Euro hängen maßgeblich von seiner Ausgestaltung ab. Die Europäische Kommission plant laut ihrem Arbeitsprogramm für den 28. Juni 2023 die Veröffentlichung eines Gesetzgebungsvorschlags über den digitalen Euro, in dem auch wesentliche Ausgestaltungsmerkmale festgelegt werden sollen. Das Verfahren zur Behandlung des Vorschlags der Europäischen Kommission durch den Ministerrat (in dem die Bundesregierung vertreten ist) und das Europäische Parlament richtet sich nach der einschlägigen Rechtsgrundlage im AEUV. Das Eurosystem hat angekündigt, die seit 2021 laufende Untersuchungsphase zum digitalen Euro im Herbst 2023 abzuschließen und über den Eintritt in eine weitere Projektphase zu entscheiden. Damit wird aber noch keine Entscheidung über die Einführung eines digitalen Euros getroffen. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, hat in ihrer Rede bei der Plenarsitzung des Europaparlaments am 15. Februar 2023 ausgeführt, dass eine Entscheidung über die Einführung eines digitalen Euro erst getroffen werden könne, wenn das von der Europäischen Kommission angekündigte Gesetzgebungsverfahren zum digitalen Euro abgeschlossen sei. In ihrem dritten Fortschrittsbericht zum digitalen Euro vom 24. April 2023 hat die EZB dargelegt, dass das Design eines digitalen Euro dann auf Grundlage des Gesetzgebungsprozesses erfolgen wird. Die Bundesregierung geht nicht davon aus, dass das Europäische Gesetzgebungsverfahren noch in diesem Jahr – und damit vor Entscheidung der EZB über eine weitere Projektphase – abgeschlossen wird. Nach Kenntnis der Bundesregierung beziehen sich die laufenden Arbeiten des Eurosystems auf eine Retail-Variante. Am 28. April 2023 hat die EZB angekündigt, auch Arbeiten zu einer möglichen Wholesale-Variante des digitalen Euro zu intensivieren (www.ecb.europa.eu/press/pr/date/2023/html/ecb.pr2304 28~6a59f44e41.en.html). Nach Kenntnis der Bundesregierung möchte die EZB im Rahmen dieser Arbeiten verschiedene technische Optionen für die geldseitige Abwicklung in Zentralbankgeld von Finanztransaktionen zwischen Finanzinstituten erkunden, die mithilfe der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) dokumentiert sind. Die EZB hat hierzu die Bildung einer mit Experten besetzten „Market Contact Group“ angekündigt.
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16. Wird sich der mögliche EU-Rechtsakt auf Basis des Artikels 133 AEUV und die Entscheidung des EZB-Rates über den Start einer Realisierungsphase des digitalen Euros nach Erkenntnis der Bundesregierung nur auf Retail- oder auch auf Wholesale-CBDCs beziehen (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 6)?
Die für Herbst 2023 erwartete Entscheidung des EZB-Rates zur Fortführung der Projektarbeiten an einem Digitalen Euro beziehen sich nach Kenntnis der Bundesregierung ausschließlich auf Retail-CBDC. Zu den möglichen Inhalten des von der EU-Kommission angekündigten Legislativvorschlags liegen der Bundesregierung keine gesicherten Erkenntnisse vor.
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17. Welche Fragen wird der mögliche EU-Rechtsakt auf Basis des Artikels 133 AEUV nach Kenntnis der Bundesregierung betreffen, bzw. welche konkreten Regelungsinhalte sind zu erwarten (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 6)?
Zu den möglichen Inhalten des von der EU-Kommission angekündigten Legislativvorschlags liegen der Bundesregierung keine gesicherten Erkenntnisse vor.
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18. Wird die nach dem Verständnis der Fragesteller für das erste Quartal 2023 anvisierte Zusammenführung der Einschätzungen des Eurosystems zu den Gestaltungsoptionen (www.ecb.europa.eu/paym/digital_euro/shar ed/pdf/Digital_euro_project_timeline.de.pdf) nach Kenntnis der Bundesregierung nur Retail- oder auch Wholesale-CBDCs betreffen?
Die bisherigen Arbeiten der HLTF-CBDC zum Digitalen Euro beziehen sich nach Kenntnis der Bundesregierung ausschließlich auf Retail-CBDC. Eine Zusammenführung der dabei bisher identifizierten Designoptionen für einzelne Gestaltungsmerkmale („High-level design“) ist nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell für das zweite Quartal 2023 vorgesehen.
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19. Wird die Bundesregierung sich in die für das zweite Quartal 2023 erwartete „Überprüfung der kombinierten Gestaltungsentscheidungen“ („Bringing all together“) als betroffener Stakeholder einbringen (Präsentation der EZB zum digitalen Euro bei der Sitzung der Eurogruppe am 16. Januar 2023, S. 11)?
Nach Kenntnis der Bundesregierung bezieht sich die Formulierung „Bringing all together“ in der genannten Präsentation auf die vom Eurosystem angekündigte Zusammenführung von Designoptionen für einzelne Gestaltungsmerkmale („High-level design“, siehe dazu die Antwort zu Frage 18). Die Bundesregierung geht davon aus, dass das Eurosystem den Mitgliedstaaten des Euroraums seine diesbezüglichen Arbeitsergebnisse zu gegebener Zeit vorstellen wird.
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27,263
20. Welche Ressorts des Bundes (Finanzen, Wirtschaft, Inneres, Soziales, Digitales etc.) beschäftigen sich mit der Einführung des „digitalen Euros“, und gibt es hierfür auch eine Art Task Force (www.ecb.europa.eu/ press/pr/date/2020/html/ecb.pr201002~f90bfc94a8.de.html) auf Ebene der Bundesregierung oder ist einzig die Deutsche Bundesbank seitens des deutschen Staates involviert?
Die Arbeiten des Eurosystems und der Europäischen Kommission zu einem digitalen Euro begleitet die Bundesregierung konstruktiv. Sie steht dazu mit der Deutschen Bundesbank, der Europäischen Zentralbank, der Europäischen Kommission und anderen Mitgliedstaaten im Austausch. Das Bundesministerium der Finanzen koordiniert und bearbeitet das Thema innerhalb der Bundesregierung federführend und beteiligt die Ressorts im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und das Bundeskanzleramt. Zu den beteiligten Ressorts gehörten bislang insbesondere das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, das Bundesministerium des Innern und für Heimat, das Auswärtige Amt, das Bundesministerium der Justiz, das Bundesministerium für Digitales und Verkehr, das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
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27,264
a) Welche Rolle spielt hierbei das Digital Finance Forum (DFF) (www. bundesfinanzministerium.de/Web/DE/Themen/Internationales_Finan zmarkt/Digital-Finance-Forum/digital-finance-forum.html) und der Fin-TechRat (rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/bundesfinanz ministerium-gruendet-fintechrat)?
Das Digital Finance Forum beim Bundesministerium der Finanzen bildet seit März 2022 als Nachfolger des FinTechRates eine Plattform für den Austausch mit Expertinnen und Experten des digitalen Finanzsektors in Deutschland. Die rund vierzig externen Expertinnen und Experten des Digital Finance Forums haben seit März 2022 in Arbeitsgruppen Kernthemen für einen wettbewerbs- und zukunftsfähigen Finanzstandort Deutschland in Europa erarbeitet. Insbesondere die Arbeitsgruppen Payments und Blockchain befassten sich dabei auch mit dem Themenfeld digitales Zentralbankgeld. Die Expertinnen und Experten des Digital Finance Forums haben ihre Vorschläge unter anderem zu diesem Themenfeld in einer „Roadmap für den digitalen Finanzmarkt Deutschland des Digital Finance Forums“ zusammengefasst (www.bundesfinanzministeriu m.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2023/03/2023-03-21-digita l-finance-forum-stellt-roadmap-vor.html). Diese Roadmap hat für die Bundesregierung beratenden Charakter. Davon losgelöst pflegt das Bundesfinanzministerium im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung den Austausch mit einer Vielzahl von Akteuren aller gesellschaftlichen Gruppen, auch zum Themenfeld digitales Zentralbankgeld.
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b) Wer entscheidet innerhalb der Bundesregierung über die Einführung und Regulierung von Retail- und Wholesale-CBDCs sowie anderer digitaler Geldformen bzw. erarbeitet federführend entsprechende Entscheidungsvorlagen, und wie ist dabei die Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesbank konkret ausgeprägt?
Nach Vorlage eines Legislativvorschlags betreffend einen digitalen Euro durch die Europäische Kommission wird die Bundesregierung diesen entsprechend der üblichen Verfahren zum Umgang mit Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union bearbeiten (vergleiche dazu insbesondere § 74 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien). Zur Zusammenarbeit mit der Bundesbank verweist die Bundesregierung auf die Antwort zu Frage 20.
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c) Auf welche Weise ist die Bundesregierung auf G7- und G20-Ebene mit der Frage der Einführung von Retail- und Wholesale-CBDCs beschäftigt (www.g20-insights.org/policy_briefs/inclusive-economic-development-principles-for-integrating-central-bank-digital-currencie s-in-g20-countries/), und welche Gremien, an denen die Bundesregierung beteiligt ist, gibt es hierfür auf Ebene der BIZ sowie auf G7- und G20-Ebene?
Die G7 und G20 begleiten die zunehmende internationale Diskussion um CBDC seit mehreren Jahren. Unter dem Vorsitz des Vereinigten Königreichs haben die G7 2021 die „G7 Public Policy Principles for Retail Central Bank Digital Currencies“ verabschiedet (www.gov.uk/government/publications/g7-p ublic-policy-principles-for-retail-central-bank-digital-currencies-and-g7-financ e-ministers-and-central-bank-governors-statement-on-central-bank). Im Rahmen der G20 hat in der Vergangenheit insbesondere die Frage eine Rolle gespielt, inwieweit CBDC einen Beitrag zu einer effizienteren Abwicklung grenzüberschreitender Zahlungen leisten können. In diesem Zusammenhang haben die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) – unter Mitwirkung des Financial Stability Boards (FSB) –, der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank den G20 im Jahr 2022 einen Bericht u. a. zu der Frage vorgelegt, welche Optionen für die mögliche Interoperabilität verschiedener CBDCs untereinander bestehen könnten (www.bis.org/publ/othp52.pdf). Die Bundesregierung ist im FSB vertreten. Sie ist ansonsten nicht an Gremien der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) beteiligt, die sich mit CBDC beschäftigen.
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21. Welche Ziele verfolgen die G20-Staaten (www.global-solutions-initiativ e.org/policy_brief/inclusive-economic-development-principles-for-integr ating-central-bank-digital-currencies-in-g20-countries/) nach Kenntnissen der Bundesregierung hinsichtlich der weltweiten Einführung von CBDCs (Retail und Wholesale)?
Nach Angaben des Thinktanks Atlantic Council arbeiten derzeit (Mai 2023) weltweit 114 Staaten, die 95 Prozent des Welt-BIP repräsentieren, an CBDC-Projekten (www.atlanticcouncil.org/cbdctracker/, abgerufen am 10. Mai 2023). Die Projekte werden von den jeweiligen Staaten (bzw. Währungsräumen) und deren Zentralbanken selbstständig durchgeführt und haben unterschiedliche Entwicklungsstände. Die Staats- und Regierungschefs haben sich beim G20-Gipfel in Bali dafür ausgesprochen, weiterhin zu untersuchen, wie CBDCs ausgestaltet werden könnten, um grenzüberschreitende Zahlungen zu erleichtern und gleichzeitig die Stabilität und Integrität des internationalen Geld- und Finanzsystems zu erhalten. Die G20-Finanzminister und -Notenbankgouverneure beabsichtigen laut der Chair’s Summary des indischen G20-Vorsitzes bei ihrem Treffen in Bengaluru Ende Februar 2023, auch weiterhin die makro-finanziellen Implikationen und die Auswirkungen auf grenzüberschreitende Zahlungen zu untersuchen, die eine international verbreitete Einführung von CBDC haben könnte.
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a) Hat die Bundesregierung beispielsweise aus Beratungen auf G20-Ebene Kenntnisse über mCBDCs, und falls ja, was sind mCBDCs (www.bis.org/publ/othp52.pdf; www.jpmorgan.com/technology/m CBDC; www.g20-insights.org/policy_briefs/inclusive-economic-de velopment-principles-for-integrating-central-bank-digital-currencies-in-g20-countries/)?
Der Begriff „mCBDC“ wird nach Kenntnis der Bundesregierung in der Regel im Zusammenhang mit dem Zusatz „arrangement“ verwendet und steht für „multi-CBDC arrangements“. Dabei handelt es sich nicht um eine weitere Form von Zentralbankgeld, sondern um Vereinbarungen, wie (Retail-)CBDC-Systeme verschiedener Währungsräume miteinander interagieren können, um im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr Interoperabilität zu gewährleisten. Genauere Erläuterungen zur konzeptionellen Einordnung und möglichen Ausgestaltungen von mCBDC arrangements finden sich in dem in der Frage erwähnten, gemeinsamen Bericht des Ausschusses für Zahlungsverkehr und Marktinfrastrukturen (Committee on Payments and Market Infrastructures – CPMI) sowie des Innovation Hub der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), des IWF und der Weltbank, der im Juli 2022 im Rahmen der G20 Roadmap for Enhancing Crossborder Payments an die G20 erstattet wurde.
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