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Frau Präsidentin ! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen ! Herr Dietzel , Ihre Bemü . noch : Ernst Bahr verständlich . . Aber , Herr Dietzel , sie ist leider nicht so . Der Waldzustandsbericht sagt aus , daß der Wald mehr geschädigt ist , als Sie das hier zum Ausdruck gebracht haben . - Dabei sagt der Waldzustandsbericht ja noch nicht alles . - Der Zustand des Waldes hat sich weiter verschlechtert . Auch das Gesundschlagen - vor allem marode und kranke Bäume fallen der Axt zum Opfer - kann die Statistik nicht verbessern . Die relative Verbesserung bei den Fichten- und Kiefernbeständen , von der Sie gesprochen haben , ist mehr auf die günstige Witterung zurückzuführen , also mehr auf eine glückliche Fügung , als auf politische Maßnahmen . Da die Baumpsychologen zu bemühen ist fehl am Platze ; denn es ist eine Tatsache , daß hierauf die Witterung einen entscheidenden Einfluß genommen hat . Ich gehe nicht so weit , zu sagen , daß die Psychologie des Baumes herangezogen werden muß . . - Das ist richtig . Aber , Herr Heinrich , es geht mit dem Wald nur runter . Wenn wir das hätten , was hier angedeutet worden ist , nämlich daß sich die Verschlechterung verlangsamt , dann wären wir schon froh . Aber das ist leider nicht festzustellen . In mindestens zwei Punkten sagt der amtliche Waldzustandsbericht auch nur die halbe Wahrheit : Erstens . Die schwer geschädigten , zum Teil schon abgestorbenen und herausgeschlagenen Bäume erscheinen nicht mehr in der Statistik . Sie müssen künftig mit erfaßt werden . Zweitens . Die Versauerung der Waldböden schreitet infolge der Stickstoffüberlastung der Luft rapide fort . Sie schadet dem Wurzelwerk der Bäume , hemmt den Nachwuchs von Jungpflanzen und gefährdet damit die Stabilität der Wälder . Der Präsident der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald , ihr Parteifreund Wolfgang von Geldern , hat die Bundesregierung noch im letzten November aufgefordert , verstärkt Anstrengungen in der Verkehrs- , Energie- und Agrarpolitik zu unternehmen . Wir brauchen erneuerbare Energien , hat von Geldern wörtlich gefordert . . Was unternimmt die Bundesregierung ? Minister Rexrodt reformiert das Energierecht in einer Weise , daß umweltfreundliche , erneuerbare Energieformen künftig kaum noch eine Chance in unserem Land haben werden . Die Regierungskoalition benennt die Zunahme des Straßenverkehrs und den damit verbundenen wachsenden Ausstoß an Luftschadstoffen als eine wesentliche Ursache für den schlechten Zustand unserer Wälder . Gleichwohl hat sie über das bisher erreichte Maß hinaus keine konkreten Maßnahmen zur Luftreinhaltung anzubieten . Wo bleibt das Dreiliterauto ? Was unternimmt die Bundesregierung , um den Straßengüterverkehr einzuschränken ? Sie investiert gerade Milliardensummen in ein Transrapid-Projekt , das aus wirtschaftlichen Gründen zum Scheitern verurteilt ist , anstatt diese Gelder weitaus sinnvoller in eine Modernisierung und einen Ausbau der umweltfreundlichen Bahn zu investieren . . Tatsächlich kürzt sie die Mittel für die Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft und plant , die Anzahl der Institute , der Forschungsstandorte und der Wissenschaftler zu reduzieren . Ihrer eigenen Forderung nach einer Stärkung der deutschen Forstwirtschaft und einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des einheimischen Holzes wird die Bundesregierung ebenfalls nicht gerecht . Auf die Kleine Anfrage meiner Fraktion zum Thema Wettbewerbsbedingungen für den Einsatz von Holz als Baumaterial hat die Bundesregierung erklärt , daß Holz hinsichtlich der Kriterien Energieeinsparung , Wärmeschutz , Hygiene und Gesundheit , Nutzungssicherheit und Schallschutz ein idealer Baustoff ist . Auch die Brandschutzrisiken werden mittlerweile günstiger bewertet . Um so unverständlicher ist es , daß sie keinerlei Maßnahmen zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit von Holz unterstützt . Auch die versicherungstechnisch nachteilige Einstufung von Holz gegenüber anderen Baustoffen wird von der Bundesregierung nicht beseitigt . . Unsere Initiative zur Kennzeichnung von Holz aus einer nachhaltigen Forstwirtschaft greift die Bundesregierung weiterhin nicht auf . Hier hofft sie wieder einmal auf die freiwilligen Initiativen der Wirtschaft - wahrscheinlich vergeblich . Notwendig ist ein einheitliches Gütesiegel mit wirksamen Vergabekriterien . So erhält der Verbraucher die Sicherheit , nachhaltig erzeugte Holzprodukte zu erwerben . . - Dann wollen wir das auch anpacken , Herr Heinrich . Eine ökonomische Holzwirtschaft ist langfristig Voraussetzung für eine ökologische Waldbewirtschaftung . . Die Auftragseingänge der deutschen Holzbauwirtschaft sind aber wieder rückläufig . Das ist Ergebnis Ihrer Politik . . Die soziale Marktwirtschaft ist in vielen Bereichen aus guten Gründen reguliert . Aus marktideologischen Gründen in der Holzwirtschaft nichts zu tun ist der Verzicht auf eine aktive Politik zum Schutz der . noch : Ernst Bahr nicht . Vielmehr gilt es , konkrete Maßnahmen aufzuzeigen , wie dies praktisch geschehen soll . Eine Regierung hat den Auftrag zum Handeln und nicht zum Abwarten . Was dieser Regierung wirklich fehlt , ist der politische Wille und politisches Durchsetzungsvermögen , gerade gegenüber mächtigen Lobbygruppen und Verbänden . In der Wissenschaft besteht weitgehend Einigkeit über die Ursachen des Waldsterbens . Die Übersauerung der Böden muß verringert werden , weil sie das Wachstum der Bäume ernsthaft gefährdet . Die Industrie , der Straßenverkehr und in einigen Bereichen auch die Landwirtschaft sind die wesentlichen Verursacher der Probleme unserer Wälder . Um die ökologische Funktion der Wälder dauerhaft zu sichern , ist ein umfassendes Programm zur Bekämpfung des Waldsterbens , zur nachhaltigen Bewirtschaftung des Waldes und zur Sicherung der Arbeitsplätze in diesem Wirtschaftszweig notwendig . Bereits in der letzten Legislaturperiode hat die SPD-Bundestagsfraktion in ihrem Antrag Bekämpfung des Waldsterbens eine Reihe konkreter Vorschläge dazu unterbreitet . Kernpunkte unseres Konzeptes zum Schutz der Wälder sind : die Reduzierung des Straßengüterverkehrs , eine erhebliche Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs , der Ersatz der Kilometerpauschale durch eine Entfernungspauschale , der Einstieg in eine ökologische Steuerreform , weitere Ansätze zur Energieeinsparung und die Umstellung auf abfallarme Produktion in allen Bereichen . . Wir brauchen ein Programm zur Förderung erneuerbarer Energien , vor allem der Solar- und Windenergie . Notwendig ist eine Waldbewirtschaftung nach ökologischen Grundsätzen . Hierzu gehören : der Bodenschutz , die Baumartenwahl und die Vermehrung von Laub- und Mischwald , die Verbesserung des Waldgefüges , die Erhaltung alter , abgestorbener Bäume , der Aufbau eines Netzes von Waldschutzgebieten und der ökologisch verträgliche Einsatz der Forsttechnik . Wir wollen standortgerechte , naturnahe Waldbestände durch Naturverjüngung . Dazu sind die Schalenwildbestände den jeweiligen Standorten anzupassen . Die Waldschadensstatistik muß verbessert und um Daten zum Zustand der Böden ergänzt werden . . Die Bundesregierung wird aufgefordert , auch über die abgestorbenen Bäume und Waldflächen zu berichten sowie die Schadensklasse 5 einzuführen . . Die ökonomischen Auswirkungen der Waldschäden müssen künftig Eingang in die Waldzustandsbewertung finden . Der Forstwirtschaft muß eine ökonomisch tragfähige Perspektive gegeben werden , ohne die eine nachhaltige Waldbewirtschaftung nicht möglich ist . Die energetische und industrielle Verwertung von Holz ist bei weitem noch nicht ausgeschöpft . Auch unsere Landwirtschaft muß in einigen Bereichen umweltverträglicher werden . Die Reduzierung des Düngemitteleinsatzes und die Einschränkung klimaschädlicher sowie die Artenvielfalt zerstörender Pflanzenschutzmittel sind dringend notwendige Maßnahmen in diesem Bereich . . Die Fördermittel für die Landwirtschaft müssen verstärkt an Umweltschutzkriterien und Naturschutzerfordernisse sowie an die artgerechte und flächenangepaßte Tierhaltung gekoppelt werden . Umweltschonende Produktionsverfahren , zum Beispiel den ökologischen Landbau und seine Marktchancen , muß man verstärkt fördern . Diese Ziele muß die Bundesregierung bei den anstehenden Verhandlungen zur WTO-Reform vertreten . Die Bundesregierung muß endlich die längst überfällige Reform des Bundesnatur- und des Bodenschutzgesetzes vorlegen . Darin muß die Verpflichtung zu einer naturverträglichen Land- und Forstwirtschaft enthalten sein . Ich hoffe , daß diese Maßnahmen umgehend umgesetzt werden . Wir erklären dazu unsere Bereitschaft zur Mitarbeit und Zusammenarbeit . Vielen Dank . .
SPD
Frau Präsidentin ! Liebe Kolleginnen und Kollegen ! Ich habe die Diskussion sehr genau verfolgt . Wenn man einmal einen Teil der verbalen Zuspitzungen beiseite lässt , wird ersichtlich , dass es in der Frage der weiteren notwendigen Reform der Europäischen Union in diesem Hause eine breite gemeinsame Überzeugung gibt . Diese sollte nicht durch allzu viele verbale Überspitzungen verdeckt werden . . Es wird auch deutlich , dass , seitdem die Bundesregierung die europäische Politik mit beeinflussen und gestalten kann , wichtige Schritte gegangen worden sind . Der Grund , warum ich in dieser Frage zur Gemeinsamkeit aufrufe , ist folgender : 55 Prozent der gesamten Entwicklungszusammenarbeit _ Werner Schuster hat es vorhin erwähnt _ werden von der EU-Kommission und ihren Mitgliedstaaten finanziert . Wenn wir unser Gewicht bei der weiteren Reform und dem Festhalten an dem , was erreicht worden ist , gemeinsam in die Waagschale werfen , dann erreichen wir auch mehr , und zwar im Interesse der Entwicklungsländer . Es geht ja nicht darum , dass wir untereinander irgendwelche Schlachten schlagen , sondern wir müssen alles dafür tun , dass die EU-Entwicklungspolitik effektiver wird , damit die Menschen in den Partnerländern davon einen Vorteil haben . Das ist doch das Ziel der ganzen Angelegenheit . . Eine zweite Gemeinsamkeit konstatiere ich . Es gibt eine breite Unterstützung _ das begrüße ich ausdrücklich _ hinsichtlich der Vorschläge der EU-Kommission , die der französische Kommissar Lamy eingebracht hat , dass zukünftig den ärmsten Entwicklungsländern der freie Zugang zu den Märkten der europäischen Mitgliedstaaten eröffnet werden soll . Das ist ein ganz wichtiger Schritt der Hilfe für diese Länder , damit sie ihre eigene Wirtschaft entwickeln können . Deshalb sollten wir uns gemeinsam dafür engagieren , dass durch die Zustimmung der anderen EU-Mitgliedstaaten aus diesen Vorschlägen Wirklichkeit wird . Ich sage jedenfalls für die Bundesregierung , dass wir dieses Vorhaben unterstützen . . Wir haben _ das ist die Wahrheit und das war auch gut so _ in der EU-Ratspräsidentschaft sofort die wichtigsten Weichenstellungen vornehmen können , sowohl in Bezug auf die bessere Abstimmung zwischen Kommission und Mitgliedstaaten als auch in Bezug auf das Abkommen von Cotonou . Ich will an dieser Stelle noch einmal sagen : Das ist ein Beispiel einer umfassenden Partnerschaft zwischen Industrie- und Entwicklungsländern und es ist das Maximum dessen , was unter entwicklungspolitischen Gesichtspunkten hat erreicht werden können . Ich bin stolz darauf , dass wir das erreicht haben . Wir sollten das gemeinsam würdigen . . Ich will darauf hinweisen , an welchen Punkten es gute Fortschritte im Interesse dieser Länder gegeben hat : Peter Weiß 12038 Erster Punkt . Es können zukünftig in den politischen Dialog alle Fragen eingebracht werden _ bis hin zur Frage der Reduzierung und Verhinderung des Transfers von Kleinwaffen ; das ist ein ganz wichtiger Punkt , der darin enthalten ist . Zweiter Punkt . Entwicklung und Handel sind sinnvoll miteinander verzahnt worden . Was ich erreicht habe _ wir , die Bundesregierung bzw . mein Ministerium , waren in diesem Bereich die Verhandlungsführer _ , ist , dass nicht nur bis zum Jahre 2008 Freihandelsabkommen geschlossen werden _ die entsprechenden Beschlüsse dazu sind gefasst worden _ , sondern dass die Entwicklungsländer auch Zeit haben _ notfalls zehn oder zwölf Jahre , also bis zum Jahre 2020 _ , ihre eigenen Märkte zu schützen und sich auf diesen Freihandel vorzubereiten . Das halte ich für einen ganz großen Fortschritt , der in dieser Situation von vielen nicht erwartet worden ist . Wir haben das verankern können . Der dritte Punkt , der meiner Meinung nach außerordentlich positiv ist , ist , dass das Abkommen von Cotonou effektiver als all seine Vorgängerabkommen sein wird . Wahrscheinlich ist es kein Zufall , dass Herr Hedrich heute so still ist .All das , was Sie in IhremAntrag verlangen , hätten Sie doch in den 16 Jahren Ihrer Regierungszeit tun können . . Ich habe in dem halben Jahr der deutschen Ratspräsidentschaft mehr Reformen in der EU-Entwicklungspolitik in Gang gebracht als Sie während der vielen Jahre Ihrer Regierungszeit . Das ist die Wahrheit . . Lassen Sie uns das einfach einmal anschauen : Das Abkommen von Cotonou wird also effektiver als all seine Vorgängerabkommen . Es führt zu einer Entbürokratisierung und zu Erleichterungen . Stabex und Sysmin , die sich in den entsprechenden Ländern strukturkonservierend ausgewirkt haben , sind beseitigt worden . Im Falle kurzfristiger Schwankungen bei Ausfuhrerlösen kann auch zukünftig Unterstützung gewährt werden . Das ist ein entwicklungspolitisch sinnvoller Ansatz und ein gutes Ergebnis . Vierter Punkt . Wir haben das Prinzip Good Governance verankert . Zukünftig wird es möglich sein _ das haben Sie von der Opposition zu Ihrer Regierungszeit nie geschafft _ , in Fällen schwerer Korruption die Zusammenarbeit mit dem betroffenen Staat auszusetzen . Das ist wichtig . Denn Korruption bedeutet , das Geld der Armen zu stehlen . Deshalb müssen wir im Rahmen unserer Entwicklungszusammenarbeit alles dafür tun , dass Korruption in den Partnerländern unterbleibt . Das ist unsereAufgabe . . Zukünftig kann in solchen Fällen die finanzielle Unterstützung ausgesetzt werden . Ich möchte aber auch nicht verhehlen _ das richte ich jetzt an die Adresse all derjenigen , die immer Good Governance für andere anmahnen _ , welche sarkastischen Kommentare ich im Zuge der Diskussion mit den Partnerländern über diese Frage gehört habe . Sie haben gesagt : Kehrt doch erst einmal vor der eigenen Tür , vor einer ganz besonders . Auch darauf will ich an dieser Stelle einmal hinweisen . . Wer also mit dem Finger auf andere zeigt , muss wissen : Die Regeln des AKP-Abkommens mit der EU binden nicht nur die eine Seite , sondern alle Seiten . Auch das ist ein wichtiges Kriterium . Ich möchte dann darauf hinweisen , dass wir _ das wird uns auf dem nächsten Ministerrat beschäftigen ; danach wurde ja gefragt _ in einer gemeinsamen Erklärung von Rat und Kommission eine übergreifende Konzeption für die gemeinschaftliche Entwicklungspolitik verabschieden werden . Ich denke , dass das Europäische Parlament daran entsprechend beteiligt sein muss . Wir begrüßen die Konzeption , die die EU-Kommission zu den neuen Zielsetzungen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit vorgelegt hat ; ich brauche die einzelnen Details hier nicht anzusprechen . Aber ich will für die Bundesregierung feststellen : Wir möchten , dass die Erklärung zur gemeinschaftlichen Entwicklungspolitik der EU für alle Entwicklungsländer gelten soll , dass damit also ein Stück Kohärenz gegenüber anderen erreicht wird . Umwelt- und Ressourcenschutz , die Frage der Gleichstellung von Frauen , die Einhaltung der Menschenrechte , die Demokratieförderung und die Krisenprävention müssen Querschnittsthemen sein , wenn diese Neupositionierung der Europäischen Union erfolgt . Das Hauptziel muss doch sein , dass die Europäische Union ihre Rolle , die sie selbst im Sinne regionaler Zusammenarbeit spielt , so einbringt , dass auch andere regionale Strukturen auf der Welt unterstützt werden . Das , was die EU ausmacht , nämlich Frieden durch Zusammenarbeit zu sichern , Frieden durch wirtschaftliche Verflechtungen zu sichern , muss sie auch in anderen Regionen der Welt voranbringen . Dieser Punkt ist uns bei der gemeinsamen Erklärung wichtig . . Ich möchte zum Schluss noch ein paar praktische Punkte ansprechen . Wir begrüßen es , dass die EU-Kommission zukünftig ihre Verfahren vereinfachen will , dass sie die Umsetzung ab der Programmierungsphase in einer Hand zusammenfassen will . Aber ich sage ausdrücklich dazu : Ich halte wenig davon , dass die EU-Kommission jetzt versucht , sich eigene Durchführungsorganisationen zuzulegen . . Es gibt bereits entsprechende nationale Durchführungsorganisationen , die jederzeit dafür in Anspruch genommen werden können . Wir kommen unter Effizienzgesichtspunkten ein gutes Stück voran , wenn sich die Kommission auf ihre Kernaufgaben wie Politikformulierung , Programmierung und Bewertung konzentriert und Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul 12039 die Durchführung weitgehend den nationalen Organisationen überlässt . . Diese Position vertrete ich auch . Ich weise aber darauf hin , dass es Mitgliedstaaten gibt _ das wissen Sie _ , die diese nationalen Durchführungsorganisationen nicht haben . Deren Unterstützung in dieser Frage ist vielleicht nicht ganz so stark , wie das zum Beispiel bei Großbritannien der Fall ist . Zum Schluss zu den Nichtregierungsorganisationen . Ich finde es wirklich schwer erträglich , was die EU-Kommission in diesem Bereich praktiziert . . Wir waren übrigens die Ersten _ ich bitte , das anzuerkennen _ , die in Europa Regierungen und Nichtregierungsorganisationen an einen Tisch gebracht haben : Die Bundesregierung hat während ihrer Ratspräsidentschaft hier in Berlin zu einem gemeinsamen Seminar geladen . Die EU-Kommission hat damals zugesichert , das werde zukünftig alles einfacher . Das ist nicht eingetreten . Ich werde nächste Woche auf einer Reise , bei der ich auch in Brüssel sein werde , ein Gespräch mit dem EU-Kommissar Poul Nielson führen und dabei eindrücklich darauf hinweisen , dass sowohl der Zugang von Nichtregierungsorganisationen als auch deren Antragsrechte schnell verbessert werden müssen . . _ Ja , das wollte ich gerade sagen : In der Zwischenzeit beraten wir als Bundesregierung die Nichtregierungsorganisationen _ was in unserem Bereich eigentlich gar nicht notwendig wäre _ , damit sie es im Umgang mit der Kommission in Brüssel einfacher haben . Fazit : Lassen Sie uns die Kräfte bündeln , damit die EU-Politik in der Entwicklungszusammenarbeit gestärkt wird . An die Adresse all derjenigen , die Sorge haben , der Außenpolitik könnte auf EU-Ebene künftig mehr Gewicht zukommen als der Entwicklungszusammenarbeit , sage ich : Je entschlossener wir in diesen Fragen auf die Partnerländer einwirken , die in diesem Bereich keine eigenen Strukturen haben und infolgedessen unseres nachdrücklichen Engagements bedürfen _ dies ist vielleicht ein dezenter Hinweis an Herrn Günther _ , umso eher werden wir es schaffen , das Gewicht der Entwicklungszusammenarbeit auf europäischer Ebene zu erhöhen . Ich bedanke mich sehr herzlich für die Aufmerksamkeit . .
SPD
Herr Präsident ! Meine sehr geehrten Damen und Herren ! Herr Hilsberg , Sie haben mich mit Ihrem Beitrag sehr enttäuscht . Wenn man bei der Eigenheimzulage den Familien ohne Kindern 100 Prozent und den Familien mit Kindern über 60 Prozent wegnimmt , dann ist das keine Reform und verdient diese Bezeichnung auch nicht . Es ist vielmehr eine verzweifelte Geldbeschaffungsmaßnahme und nichts anderes . Es war nicht allein der Bundeskanzler , der sich im letzten Jahr mit salbungsvollen Worten für die Eigenheimzulage eingesetzt hat . Es waren auch die Fraktionen von SPD und Grünen . Ich zitiere aus einem rot-grünen Antrag im Bundestag im Juni : Die Förderung des selbst genutzten Wohneigentums hat gesellschaftpolitisch einen hohen Stellenwert . Wir messen der Eigenheimzulage einen hohen Stellenwert zu . Es heißt weiter : Deshalb ist klar , dass die SPD keinesfalls an die Streichung der Eigenheimzulage denkt . Aus wohnungspolitischer Sicht halten wir auch die derzeitige Höhe des Fördervolumens für sinnvoll . Oder die Grünen : Wir werden uns in der nächsten Legislaturperiode aktiv dafür einsetzen , dass der Erwerb von Wohn eigentum weiter erleichtert wird . So die wohnungspolitische Sprecherin der Grünen , Frau Eichstädt-Bohlig . Wenn das , was Sie vor der Wahl erklärt haben , wahr gewesen sein soll , dann sind alle Hilfs- und Stützargumente , die Sie jetzt anbringen , um die Streichungen zu rechtfertigen , nicht wahrhaft . Die einzige Verbesserung , die Sie anführen können , ist die bescheidene Erhöhung des Kinderzuschlages um 33 Euro pro Kind und Jahr . Dem muss man die Kürzung des Grundbetrages von 1 556 Euro entgegenhalten . Nach Adam Riese bedeutet das immer noch , dass man 48 Kinder in die Welt setzen muss , um die Kürzungen beim Grundbetrag ausgleichen zu können . Herr Hilsberg , Sie werden also mit dieser Reform niemanden in diesem Lande glücklich machen können . In diesem Zusammenhang ist mir einzig August der Starke mit seinen 360 Kindern eingefallen . Aber der ist schon 250 Jahre tot .
CDU/CSU
Die Antwort lautet : Die vom Wehrdienst befreiende Verpflichtung eines Helfers nach § 8 Abs . 2 des Gesetzes über den erweiterten Katastrophenschutz setzt voraus , daß der Helfer einer der im erweiterten Katastrophenschutz mitwirkenden Hilfsorganisation angehört . Die Aufnahme des Helfers in die Organisation bestimmt sich nach dem jeweiligen Organisationsrecht . Nach dem zur Zeit noch geltenden Helferrecht der Bundesanstalt THW wird ein Helfer erst nach Ablauf einer halbjährigen Probezeit in das THW aufgenommen . Da _ wie ausgeführt _ die Verpflichtung nach § 8 Abs . 2 des Katastrophenschutzgesetzes erst nach Aufnahme in das THW abgegeben werden kann , ist eine Anrechnung der Probezeit auf die achtjährige Verpflichtung zur Zeit nicht möglich .
CDU/CSU
Frau Präsidentin ! Meine Damen und Herren ! Es hat schon größere europäische Vertragswerke gegeben als den Vertrag von Nizza , an denen Redner hätten festmachen können , ob man ein Bewusstsein für Europa hat oder nicht . Amsterdam war jedenfalls ein größerer qualitativer Sprung als Nizza . Damit hat meine Kollegin LeutheusserSchnarrenberger wirklich Recht . Meine Fraktion möchte zwar aus ganz grundsätzlichen Erwägungen heraus dem Nizza-Prozess keine Steine in den Weg legen . Aber der Vertrag von Nizza ist im Vergleich zu anderen europäischen Verträgen nun wirklich kein großer Wurf . Niemand kann allen Ernstes das Gegenteil behaupten . Es hat sicherlich schon stärkere und schwächere Gipfel gegeben . Aber die letzten europäischen Gipfel _ die einzige Ausnahme ist der couragierte Beschluss von Göteborg , die Osterweiterung bis zur nächsten Wahl des Europaparlaments voranzubringen _ haben keine wirklichen Spitzenleistungen hervorgebracht . . Das muss hier auch gesagt werden . Es begann mit dem Berliner Gipfel , auf dem die finanziellen Voraussetzungen für die Aufnahme der osteuropäischen Staaten geschaffen werden sollten . Tatsächlich wurden auf diesem Gipfel die alte Agrarpolitik fortgesetzt und die Erhöhung der Mittel aus den Kohäsions- und Strukturfonds für Westeuropa beschlossen , sodass nur noch 30 Prozent der Mittel für die Osterweiterung zur Verfügung standen . Das war unter dem Gesichtspunkt der Nachbarschaft mit den osteuropäischen Staaten nicht fair . Das war das Ergebnis des Berliner Gipfels . . Danach fanden weitere Treffen auf europäischer Ebene statt . In Porto hat sich die Europäische Union aufgemacht , zu erklären , sie sei einer der größten Globalplayers , sie gehe jetzt entschieden nach vorne , sie privatisiere die Märkte , sie bringe die Forschung und die Entwicklung nach vorne , man müsse sie ernst nehmen , sie sei ein starker Wettbewerber . Als man sich in Stockholm traf , ist es trotz vieler vorbereitender deutsch-französischer Essen nicht dazu gekommen , dass Märkte wirklich geöffnet worden sind , dass die Energieversorgung privatisiert worden ist und dass die Verbraucher als die entscheidende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger 17620 wirtschaftliche Macht gesehen worden sind . Man blieb genau da stecken , wo wirtschaftliche Dynamik hätte entfaltet werden können . . Dann folgte Nizza . Jeder in diesem Hause weiß , dass Nizza gemessen an dem , was es hätte leisten sollen , ein Fehlschlag war .Alle , die von Nizza zurückkamen , sagten : Wir mussten zwar verhandeln , es blieb uns nichts anderes übrig _ solche Stimmen gab es auch aus der deutschen Delegation _ ; aber es war nicht mehr herauszuholen . Wenn man ein solches , etwas schwächliches Verhandlungsergebnis zu kommentieren hat , dann muss man an diesem Rednerpult aber nicht dreimal Halleluja schreien . Nizza und Berlin sind , gemessen an dem notwendigerweise ehrgeizigen Ziel der Osterweiterung der Europäischen Union , Fehlschläge gewesen . . Man kann uns gerne fragen , ob man hätte ratifizieren müssen oder ob es eine Alternative gab . Herr Bundesaußenminister , ich wäre schon dankbar , wenn der Ratifizierungsprozess in diesem Hause mit ruhiger Hand , wie es beim Bundeskanzler Mode geworden ist , durchgeführt würde . Das gäbe uns vielleicht ein Stück mehr Hoffnung auf die belgische Präsidentschaft . Der belgische Premierminister , unser liberaler Kollege , hat in diesen Tagen völlig zu Recht die Bezeichnung Identitätskrise benutzt . Zwar haben Sie , Herr Bundesaußenminister _ ich erinnere an Ihren Vortrag in der Humboldt-Universität _ , der Bundeskanzler und auch Herr Jospin wichtige Reden gehalten ; aber zusammen haben Sie das Entscheidende nicht gesagt . . So sollte Europa nicht enden . Die Kette der Gipfel der letzten Jahre war hinsichtlich der Erweiterung nicht erfolgreich . Dem Kollegen von den Grünen , der gesagt hat , dass sich an der Haltung gegenüber Nizza festmachen lasse , ob man entschieden für die Erweiterung sei , entgegne ich : Wenn es nach dem Willen aller Abgeordneten der FDP- Fraktion gegangen wäre , dann hätten wir die Erweiterung schon haben können , bedenkt man , mit welcher Zögerlichkeit die Bundesregierung in die Erweiterungsverhandlungen gestartet ist . . Dieser Vorhalt erscheint besonders witzig , wenn man bedenkt , dass dieselbe Bundesregierung die Auffassung vertritt , man müsse doch die Erweiterung wollen . Das müssen Sie uns gar nicht vorhalten ; denn es ist für uns europäische Verpflichtung und ein Stück Inhalt unserer Politik , es ist unser Credo . Es ist ein Treppenwitz der Weltgeschichte , dass diese Bundesregierung , ohne ihre Hausaufgaben zu machen , über Übergangsfristen von sieben Jahren verhandelt . . Herr Bundesaußenminister , mir ist erst jetzt klar geworden , warum Sie eine Übergangsfrist von sieben Jahren brauchen : weil Ihre Anhänger tatenlos zusehen , wie bei VW 5 000 Stellen _ diese Stellen wären ein Erfolg der Beschäftigungspolitik in Deutschland _ nicht zustande kommen . . Daran wird deutlich , welch krasses Missverhältnis zwischen Ihrer Beschwörung Europas und Ihrer Politik besteht . Die Übergangsfristen im Hinblick auf die Erweiterung der Europäischen Union nach Osteuropa in dieser Dimension sind überhaupt nicht motivierend . Diese Fristen sind schlicht der Ausfluss mangelnder innenpolitischer Reformfähigkeit dieser Bundesregierung im Hinblick auf den deutschen Arbeitsmarkt . . Wir haben in diesen Fragen keinen Nachhilfeunterricht nötig . Kern des Problems ist , ob wir überhaupt wieder die Fähigkeit entwickeln , den Menschen zu vermitteln , worin die Dimension und die Notwendigkeit europäischer Aufgaben besteht . Mir erscheint es so , dass die Menschen nach der Katastrophe der deutschen Geschichte davon noch wussten . Eine solche Kette von Gipfelveranstaltungen hat allmählich dazu beigetragen , dass die Menschen das völlig vergessen haben . Dem irischen Votum liegt für mich keine Beliebigkeit zugrunde ; vielmehr ist es ein ganz ernsthafter Hinweis , dass die Fortsetzung dieser Art von Gipfelpolitik ein Bewusstsein für Europa überhaupt nicht mehr wecken kann . . Vor der Herausforderung , dieses Bewusstsein erneut zu schaffen , stehen wir . Es wäre gut , wenn wir uns anlässlich der Beratungen über die in Nizza gefassten Beschlüsse darüber klar würden , dass dort etwas mehr verlangt worden ist , als nur zu fragen , ob derjenige , der Nizza schon heute zustimmt und Erklärungen abgibt , ein guter Europäer ist und ob derjenige , der heute sagt : So kann es einfach nicht weitergehen , ein schlechter Europäer ist . Jedes Mitglied unserer Fraktion weiß , dass es zur Politik gehört , manchmal Entscheidungen hinzunehmen , die etwas kümmerlich sind , um überhaupt weiterzukommen . Wenn Sie Nizza in diese Rubrik einordnen , dann können Sie mit unserer Fraktion reden ; denn auch wir wissen , was geschichtliche Verantwortung gegenüber europäischen Vertragswerken ist . Aber unterlassen Sie es , uns Nizza glorios wie ein Gemälde zu beschreiben . Die Gipfelveranstaltungen der vergangenen Jahre , auch die in der Verantwortung dieser Bundesregierung durchgeführten , verdienen diese Bezeichnung nicht . . _ Herr Kollege , ich muss mich fragen , ob der Euro _ das war eine der psychologisch bedeutsamsten Wolfgang Gerhardt 17621 Entscheidungen _ überhaupt zustande gekommen wäre , wenn die Gipfelvorbereitungen so ausgesehen hätten wie die dieser Bundesregierung , die die letzten Gipfelveranstaltungen vorbereitet hat . . Meine Damen und Herren , für meine Fraktion lege ich Wert auf ein klares , zeitlich nicht beschränktes , jedenfalls nicht zu schnelles Ratifizierungsverfahren , das auch die Hürde der Mehrheiten klärt . Wir möchten einen weiteren Fortgang im Rahmen der belgischen Präsidentschaft . Es wäre gut , wenn Signale über Nizza hinausgingen . Das macht eine Ratifizierung einfacher . Ich habe die Hoffnung , dass , wenn im Herbst eine Entscheidung über Nizza gefällt wird , wir sagen können : Wir nehmen das hin . Es war nicht einer der glanzvollsten Gipfel . Aber wir sind froh , dass es in der belgischen Präsidentschaft weitergeht . _ Es obliegt der Bundesregierung , das Ratifizierungsverfahren mit Offenheit und strategischer Klugheit zu führen . Dann stellen sich auch hier ausreichende Mehrheiten heraus . Das gehört auch dazu . Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit . .
FDP
Herr Kollege Seifert , das Haushaltsrecht gilt in allen Bereichen . Die Mittelzuweisung für die Aufgaben des Bundes , der Länder und der Gemeinden ist gesetzlich und einwandfrei geregelt . Wir haben keine Kompetenz , Bundesmittel für diesen Zweck an die Kommunen zur Verfügung zu stellen . Im übrigen scheint mir das Problem schwieriger und differenzierter zu sein , als daß man es nur auf eine Finanzfrage reduzierte . Ich kenne jedenfalls aus meinem Wahlkreis und aus meiner Stadt die Schwierigkeit , daß die angebotenen Unterkünfte von Obdachlosen zum Teil nicht angenommen werden . Selbst Hotelunterkünfte werden oft nicht angenommen , wenn mehrere Personen gemeinsam untergebracht werden . Schon im letzten Jahr sind vielerorts von den Gemeinden solche Notmaßnahmen ergriffen worden . Es sind auch beheizte Container aufgestellt worden , die leer blieben . Das alles hat immer wieder in der Presse Schlagzeilen gemacht . Es handelt sich also um Schwierigkeiten , die über das Finanzielle hinausgehen .
CDU/CSU
Frau Staatssekretärin , plant die Bundesregierung die Einführung einer Altersgrenze bei dem sogenannten Meister-BAföG ? Wäre das nicht kontraproduktiv , wenn man weiß , daß die Leute , die keinen eigenen Betrieb haben oder erben werden , meistens erst im höheren Alter in die Ausbildung gehen ?
SPD
Herr Kollege Büttner , Initiativen seitens der Bundesregierung zusätzlicher Art zu den ohnehin breitangelegten waren im Hinblick auf die französische Präsidentschaft nicht notwendig , weil sowohl bei der ersten Ministerratsitzung , die bereits stattgefunden hat , als auch bei der kommenden am 29 . Juni dieses Thema auf der Tagesordnung stand bzw . stehen wird .
CDU/CSU
Finden Sie es eigentlich ersprießlich , dass Sie politisch etwas ansprechen , woran wir rechtlich eindeutig gebunden sind , jedenfalls für die nächste Zeit ? Wir können gerne über 2015 oder über 2025 reden .
SPD
Ja .
SPD
Frau Staatssekretärin , ich freue mich , dass Sie über meine Frage erfreut sind . Aber ich bin mit Ihren Antworten nicht sehr einverstanden . Sie sind sehr global . Deswegen eine Zusatzfrage : Sehen Sie nicht , dass es spezielle Förderinstrumente geben muss und dass die diesbezüglich vorhandenen Förderinstrumente im Moment nicht ausreichen , insbesondere vor dem Hintergrund , dass von 69 in der genannten DIHK-Umfrage erfolgten Bewertungen zum Beispiel der oberfränkische Firmenstandort Coburg auf Platz 55 und Bayreuth auf Platz 62 liegen , das heißt am Schluss zu finden sind , und es nur noch in den neuen Bundesländern schlechtere Standorte gibt ? Ist hier nicht dringend ein zielgenaues Maßnahmenbündel notwendig , damit dieAttraktivität des Wirtschaftsstandortes der Region Oberfranken verbessert werden kann ?
CDU/CSU
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Ministerin, wenn man Ihre Rede so hört, stellt man fest, dass Sie eigentlich weitgehend blind gegenüber den wichtigsten sozialpolitischen Problemen in Deutschland sind – wie es die Sozialpolitik der Großen Koalition insgesamt ist. Wir beobachten in den letzten 15 bis 20 Jahren einen massiven, dramatischen Anstieg der Armut in Deutschland – das ist ein Begriff, der weder im Koalitionsvertrag noch in Ihrer Rede auftaucht –, und das hat sich durch die gute wirtschaftliche Lage in den letzten Jahren kein bisschen gebessert. Wir haben in Deutschland über 7 Millionen Menschen – über 7 Millionen! –, die Grundsicherungsleistungen beziehen; das sind 9 Prozent der Bevölkerung. Wenn man dazu noch diejenigen zählt, die verdeckt arm sind, also einen Anspruch hätten, den aber nicht geltend machen, ist man bei einer Zahl von mindestens 10 Millionen Menschen – vielleicht sind es sogar noch mehr –, die auf Grundsicherungsniveau leben – „Hartz-IV-Niveau“, vereinfacht gesagt – oder sogar darunter. Über 10 Millionen Menschen! Zu diesen Menschen haben Sie kein Wort gesagt, und dazu hat diese Bundesregierung kein Konzept. Am deutlichsten wird diese Politik der Bundesregierung, die meines Erachtens weniger zusammenführt als Diana GolzeCornelia MöhringBÜNDNIS 90/ Annette GrothNiema MovassatDIE GRÜNEN Dr. André HahnDr. Alexander S. Neu Thomas NordMonika Lazar Petra PauHans-Christian Ströbele Inge HögerHarald Petzold Richard PitterleEnthalten Sigrid HupachMartina Renner Michael SchlechtSPD Susanna KarawanskijDr. Petra Sitte Kerstin KassnerKersten SteinkeCansel Kiziltepe Katja KippingDr. Kirsten Tackmann Jan KorteAzize TankBÜNDNIS 90/ Jutta KrellmannFrank TempelDIE GRÜNEN Katrin KunertDr. Axel Troost Maria Klein-Schmeink Alexander Ulrich Sylvia Kotting-Uhl Kathrin Vogler Ralph LenkertHalina WawzyniakPeter Meiwald Michael LeutertHarald WeinbergBeate Müller-Gemmeke Stefan LiebichBirgit WöllertLisa Paus Dr. Gesine LötzschJörn WunderlichCorinna Rüffer Thomas LutzePia ZimmermannDr. Harald Terpe vielmehr spaltet, bei der Rente. Wenn man sich anguckt, wer alles nicht davon profitiert, dann wird deutlich, wie diese Politik der Großen Koalition funktioniert. Von der Rente mit 63 profitieren alle diejenigen nicht, die weniger als 45 Versicherungsjahre haben. Das sind nicht die Stärksten im Land, sondern das sind eher die Schwächsten. Diejenigen, die erwerbsgemindert sind und wegen Erwerbsminderung in Rente müssen, müssen Abschläge in Kauf nehmen – im Gegensatz zu denen, die 45 Versicherungsjahre haben. Wer Witwenrente bezieht, bekommt die Mütterrente teilweise angerechnet, profitiert also nur teilweise davon. Von keiner Ihrer schönen Maßnahmen profitieren alle diejenigen, die in der Grundsicherung im Alter sind oder in der Zukunft in die Grundsicherung im Alter kommen werden. Wir haben jetzt schon einen massiven Anstieg der Altersarmut in Deutschland. Die Grundsicherungszahlen steigen. Die Armutsziffern steigen auch. Das ist eines der größten Zukunftsprobleme, und da machen Sie nichts. Das ist völlig fatal. Ich nenne so etwas eine exklusive Sozialpolitik, „exklusiv“ im wahrsten Sinne des Wortes. Es ist nämlich eine ausgrenzende Sozialpolitik für einige wenige, die im System drin sind, denen es halbwegs gutgeht – auch nicht richtig gut, aber halbwegs gut –, während diejenigen, denen es am schlechtesten geht, nicht profitieren. Noch viel schlimmer: Die müssen das Ganze auch noch bezahlen: durch höhere Beiträge, durch geringere Renten. Das muss erst einmal jemand hinkriegen: ein Rentenpaket mit einem Umfang von 10 Milliarden Euro jährlich zu machen, wobei am Ende die Beiträge steigen, die Renten sinken und nichts gegen Armut passiert. Diese gesamte Rentenreform ist ein absolutes Fehlergebnis. Statt so einer exklusiven Sozialpolitik brauchen wir eine andere Politik, nämlich eine, die darauf aus ist, nicht auszugrenzen, Ausgrenzung in der Gesellschaft möglichst zu verhindern und selbstbestimmte Teilhabe für alle tatsächlich zu ermöglichen. Dafür muss man ganz andere Prioritäten setzen, als Sie das tun: Erstens. Bei der Rente muss man mit einer Garantierente anfangen. Dazu haben wir einen Änderungsantrag zum Haushalt gestellt. Er zeigt, wie wir den Einstieg in die Garantierente hinbekommen. Zweitens. Beim Arbeitsmarkt muss man bei denjenigen anfangen, die am schwierigsten in den Arbeitsmarkt zu vermitteln sind. Der Kollege Ernst hat es schon gesagt: Die Arbeitsmarktentwicklung ist insgesamt betrachtet durchaus positiv, sie geht aber an den Langzeitarbeitslosen vorbei; die Langzeitarbeitslosigkeit sinkt nur ganz schwach. Der Teil derjenigen, die tatsächlich dauerhaft in der Langzeitarbeitslosigkeit sind, stellt ein besonderes Problem dar. Ich freue mich, dass Sie das auch so sehen, Frau Nahles. Dazu haben wir einen Vorschlag gemacht, nämlich den Vorschlag zur Einrichtung eines Sozialen Arbeitsmarktes. Ich finde, das muss ein Schwerpunkt sein und Priorität haben. Wenn wir das in der nächsten Zeit zusammen hinkriegen, ist das sehr positiv. Es ist ein grüner Erfolg, wenn wir Sie dazu bekommen, dass Sie beim Sozialen Arbeitsmarkt – ich gucke insbesondere die CDU/CSU-Kolleginnen und -Kollegen an – mitmachen. Der dritte Punkt betrifft die Grundsicherung. Auch dieser Themenbereich ist von Ihnen überhaupt nicht angesprochen worden, obwohl 7 Millionen Menschen Grundsicherungsleistungen beziehen. Wir sagen, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Berechnung der Regelsätze nach wie vor nicht vollständig umgesetzt ist. Wir müssten den Regelsatz auf mindestens 420 Euro erhöhen. Im nächsten Jahr werden wir eine Debatte zur Neuberechnung haben, aber die Erhöhung auf 420 Euro muss sofort erfolgen. Auch dazu haben wir einen Antrag gestellt. Aber es hilft natürlich nicht, einfach nur den Regelsatz zu erhöhen. Das ist eine notwendige Maßnahme. Wir müssen vielmehr dazu kommen, dass Menschen gar nicht erst in die Grundsicherung fallen, damit die Zahl nicht noch weiter steigt. Ich muss zugeben, dass der Mindestlohn hierauf durchaus eine Wirkung haben wird. Aber auch vom Mindestlohn wird eine schwache Gruppe, nämlich die Langzeitarbeitslosen, wieder ausgenommen. Das ist ein Unding. Denjenigen, denen es gut geht, geben Sie etwas. Denjenigen, denen es schlecht geht, geben Sie an der Stelle nichts. Auf Unternehmensseite profitieren davon Unternehmen, die nicht nach Tarif bezahlen – die anderen können ja gar nicht weniger an Langzeitarbeitslose zahlen –, die quasi noch subventioniert sind. Gleichzeitig geht es zulasten der Langzeitarbeitslosen. Das ist eine Politik, die alles andere als sozial ist. Das Problem der Armut trotz Erwerbstätigkeit wird durch den Mindestlohn nur zum Teil behoben. Wir brauchen auch Maßnahmen zur besseren Absicherung für Teilzeiterwerbstätige und Selbstständige. Das ist auch eine große und wichtige Baustelle, an die wir noch herangehen müssen. Wie gesagt: Wir brauchen insgesamt eine Politik, die nicht exklusiv ist, sondern wir brauchen eine inklusive Sozialpolitik, mit der wir tatsächlich selbstbestimmte Teilhabe für alle schaffen, wovon alle profitieren und nicht nur ausgewählte Gruppen. Vielen Dank.
GRUENE
Verehrte Präsidentin ! Meine Damen und Herren ! Es wurde hier schon mehrmals gesagt , wie doppelzüngig und widersprüchlich die Politik der Opposition ist . Hartz zuzustimmen und dann auf der Straße zu polemisieren oder wie Herr Rüttgers sogar eine Generalrevision zu fordern ist in der Tat verlogen . Wenn ein Haushälter hier Sparen einfordert , aber nicht einen einzigen Vorschlag dazu macht , wie tatsächlich gespart werden kann , ist das unsolide und unlautere Politik . Die Menschen im Land beobachten das zunehmend und auch aus diesem Grunde verschlechtern sich die Umfrageergebnisse für die CDU/CSU . Ich halte eine solche unlautere , doppelzüngige und verlogene Politik für eine riesige Gefahr ; denn sie führt dazu , dass die Politikverdrossenheit größer wird , und treibt die Leute in fundamentalistische Positionen . Ich möchte Sie daher bitten , Ihre Position genau zu überdenken . Dieselbe doppelzüngige Politik betreiben Sie auch im Energiebereich , vor allem dann , wenn es um die hohen Energiepreise geht . Sie empören sich über die hohen Energiepreise und fordern lautstark eine stärkere Regulierung . Überraschend ist das , was hier passiert , aber nicht . Ich möchte daran erinnern , dass wir seit Jahren davor warnen , dass die Selbstverpflichtung oder die Selbstregulierung der Industrie bei der Preisfestsetzung nicht funktioniert . Deshalb fordern wir schon seit Jahren eine Wettbewerbsbehörde . Als die rot-grüne Regierung diesen starken Schiedsrichter am Markt beschlossen und sich an die Umsetzung der Novellierung des Gesetzes begeben hatte , war von der Opposition - von der FDP wie von der CDU/CSU - nur zu hören , dass die Selbstregulierung der Stromkonzerne doch der bessere Weg sei . Ich bin sehr froh , dass auch Sie inzwischen bei der rot-grünen Politik angekommen sind . Ich hoffe , dass wir im kommenden Gesetzgebungsverfahren das Gesetz noch einmal verbessern können . Tun Sie aber nicht so , als hätten Sie die Stromkonzerne an ihrem Vorgehen hindern wollen . Die rot-grüne Regierung hat bereits Konsequenzen gezogen . Auch bezüglich der erneuerbaren Energien ist Ihre Politik doppelzüngig . Auf der einen Seite stimmen Sie im Bundesrat zu - das wurde hier bereits gesagt - , auf der anderen Seite sagt Herr Merz hier , dass die erneuerbaren Energien die Preistreiber seien . Er entschuldigt die Preiserhöhung der Stromkonzerne am Anfang des Jahres mit dem Verweis auf die erneuerbaren Energien . Das zeigt : Herr Merz ist auf einem Auge blind . Fakt ist : Die Stromkonzerne haben im letzten Jahr mehr auf die Strompreise umgelegt , als tatsächlich eingespeist wurde . Ursache dafür war der heiße Sommer . Die Stromkonzerne hätten die Strompreise also am Anfang des Jahres mit dem Hinweis auf das EEG senken und nicht erhöhen müssen . Dass Herr Merz das Verhalten der Stromkonzerne entschuldigt , zeigt , dass er auf einem Auge blind ist . Statt die Stromkonzerne anzugreifen und sie an ihre Pflicht zu erinnern , schiebt er alles nur auf die erneuerbaren Energien . Das ist keine richtige Politik . Was macht Herr Stoiber ? Er führt als Erstes den Ministerpräsidenten Chinas durch eine Biogasanlage , die nur gebaut werden konnte , weil ein rot-grünes Gesetz es ermöglicht hat , sie zu betreiben . Er schmückt sich mit Lorbeeren unserer Politik , steht aber nicht dazu , dass diese Politik etwas kostet . Das nenne ich : Wasch mir den Pelz , aber mach mich nicht nass . Das ist eine unsolide , eine verlogene Politik . Die wahren Preistreiber sind die Stromkonzerne . Wir haben die höchsten Durchleitungspreise in Europa . Die Investitionen sind aber seit 1995 um 30 Prozent gesunken . Die staatlichen Auflagen - um es Ihnen ganz klar zu sagen - sind seit 2000 , also seit vier Jahren , konstant geblieben . Jetzt kündigen die Stromkonzerne weitere Erhöhungen an , obwohl in den letzten drei Jahren bei allen großen Stromkonzernen wie RWE und Vattenfall die Gewinne mehr als verdoppelt wurden . Ich bin froh , dass inzwischen nicht nur bei uns , sondern bei allen Parteien angekommen ist , dass die Selbstregulierung nicht funktioniert , sondern wir einen starken Schiedsrichter am Markt brauchen . Wir werden in den Verhandlungen sehen , ob Ihre Ankündigungen wirklich ernst gemeint sind . Ich nehme gern die Anregung auf , über eine Form der Anreizregulierung zu sprechen . Ich finde den Vorschlag , den Herr Claassen von EnBW gemacht hat , sehr interessant . Den sollten wir uns genau anschauen . Ich möchte dann aber auch sehen , dass Sie dazu stehen und sich nicht wieder vom Acker machen , wenn es ernst wird . Ich freue mich auf die Gespräche .
GRUENE
Nein, ich möchte nicht. Danke. Sie behaupten immer, dass die Menschen in unserem Land gegen die Kernenergie sind. Ich glaube, die Menschen sind zurecht skeptisch gegenüber der Kernenergie. Ich bin es auch. Deshalb haben wir gerade auch die Debatte über das Thema Sicherheit geführt. Aber die Menschen sagen auch: Wir brauchen in den nächsten Jahren die Kernenergie; denn der Strom kommt nicht allein aus der Steckdose, und er kann auch nicht aus anderen europäischen Ländern kommen, sondern wir sind selber dafür verantwortlich, dass wir eine sichere, saubere und bezahlbare Strom- und Energieversorgung auch in den nächsten Jahren haben. Deshalb brauchen wir eine sinnvolle Verbindung zwischen der Kernenergie auf der einen Seite, aber auch den Schrittfür-Schritt-Ausbau der erneuerbaren Energien auf der anderen Seite. Ich will zum Schluss sagen, dass wir, wie ich glaube, ein in sich stimmiges Energiekonzept haben. Wir haben jetzt nicht groß über das 10-Punkte-Sofortprogramm gesprochen, das wir heute auch mit auf den Weg bringen. Wir haben einmal die verlängerte Laufzeit, dann das 10-Punkte-Sofortprogramm, in dem es allein in vier Punkten konstruktiv und direkt um das Thema Netzausbau geht, und schließlich ein Energiekonzept, das auf über 40 Seiten alle Bereiche unserer Energieversorgung bzw. des Primärenergiebedarfs entsprechend einbindet. Ich glaube, das sind Meilensteine für die Energieversorgung. Deshalb ist es ein guter Tag für Deutschland, für die Wirtschaft und die Umwelt. In diesem Sinne sollten wir dieses Thema in den nächsten Monaten auch beherzt angehen. Herzlichen Dank.
CDU/CSU
Bitte , gerne .
FDP
Vielen Dank, geschätzter Herr Präsident. – Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass wir heute Abend hier überhaupt über den Haushalt beraten, grenzt nach den Chaostagen, die Sie in den letzten zwei Wochen hier – vor allem in der Union – aufgeführt haben, fast schon an ein Wunder. Diese Große Koalition ist jetzt 114 Tage im Amt, aber mir kommt es eher vor, als stünden Sie 100 Tage vor den nächsten Bundestagswahlen, so zerstritten, wie Sie sind. Herr Dobrindt, wenn Ihre bayerische Regionalpartei, die CSU, als einziges Projekt in dieser Bundesregierung noch das Ergebnis bei den Landtagswahlen im Herbst verfolgt, dann werden Sie Ihrer Verantwortung in dieser Bundesregierung, dann werden Sie Ihrer Verantwortung für die Herausforderungen in diesem Lande alles andere als gerecht. Ist doch an dem sogenannten Masterplan von Herrn Seehofer nicht nur bezeichnend, was alles darin steht, sondern es ist auch bezeichnend und nahezu skandalös, wie er erstellt und veröffentlicht wurde. Wer wie Horst Seehofer im Bundesinnenministerium so einen Plan erstellen lässt und ihn dann – ich zitiere – als Vorsitzender der CSU zuerst im CSU-Parteivorstand veröffentlicht, der zeigt nicht nur eine unglaubliche Missachtung dieses Parlaments und der Fachpolitiker im Innenausschuss, nein, der muss sich auch mit dem Vorwurf auseinandersetzen, ob hier nicht Ressourcen der Bundesregierung für eine illegale Parteienfinanzierung der CSU missbraucht werden, meine Damen und Herren. Am Sonntag wollte Herr Seehofer die Brocken noch hinschmeißen. Er hat quasi mit der Bundeskanzlerin Hase und Igel gespielt und nur noch die Frage in den Raum gestellt: Wer ist schneller? Tritt er eher zurück, oder wird er eher entlassen? – Und wenn er sich dann am Dienstag hinstellt und mit einem Lächeln sagt: „Na, das ist ja alles Geschichte!“, muss sich die Bundeskanzlerin schon fragen lassen, ob sie sich nicht in Geiselhaft der Launen eines 69-jährigen zornigen Herrn aus München begeben hat und wie lange diese Koalition tatsächlich noch hält – bis die nächste Krise vor der Haustür steht. Genauso ist auch Ihr Haushalt. Außer dem in diesen Tagen viel gepriesenen Baukindergeld steht darin nämlich wirklich nicht viel Neues. Das Schlimme ist: Auf die großen Herausforderungen unserer Zeit – gesellschaftlicher Zusammenhalt, soziale Spaltung, Kinderarmut oder Klimawandel – geben Sie keine Antworten. Dieser Haushalt bringt keine Zukunft; er ist ein Dokument des Stillstands. Nehmen Sie nur das Thema Klimaschutz: Da machen Sie null Komma null, aber Sie geben rund 9 Milliarden Euro für Baukindergeld aus, über das sich vielleicht diejenigen freuen, die es bekommen, das aber mit der Gießkanne verteilt wird. Die Frage, wie sich Familien mit kleinen und mittleren Einkommen noch eine bezahlbare Mietwohnung leisten können, wird überhaupt nicht beantwortet. Wir Grünen haben mit unseren 157 Anträgen im Haushaltsverfahren gezeigt, wie man in die Zukunft investiert. Wir lösen den Investitionsstau auf. Wir kürzen klimaund umweltschädliche Investitionen. Wir geben 4 Milliarden Euro mehr für die Unterstützung von Kindern aus. Wir investieren in die Verkehrswende und in den öffentlichen Personennahverkehr. – Herr Kollege Kahrs, ich habe mir lange überlegt, ob ich nur die CSU anspreche. Aber in der letzten Woche – und weil Sie sich hier so engagiert einbringen – hatte ich manchmal den Eindruck: Diese Bundesregierung ist ein Flugzeug auf Schlingerkurs kurz vor dem Absturz mit Herrn Seehofer und Frau Merkel in der Pilotenkanzel. Und was macht die SPD? Sie steht mit Ihnen als Steward hinten in der Passagierkabine und verteilt den Tomatensaft. So haben Sie die letzten Tage auf mich gewirkt, um ehrlich zu sein. Dieser Haushalt, meine Damen und Herren, ist eine Fiktion von Regierungshandeln. In 3 078 Seiten gegossener Stillstand: keine Vision von Zukunft, kein Zauber des Anfangs, noch nicht einmal irgendwie die Mühen der Ebenen, durch die Sie gehen, sondern der Ausdruck großer Konzeptlosigkeit und Zerstrittenheit. Diese Große Koalition befindet sich in ihrem Spätherbst und nicht in ihrem Aufbruch. Mit unseren Anträgen haben wir Grünen gezeigt, wie man es besser und anders machen kann. Dem sind Sie nicht gefolgt. Wir lehnen diesen Haushalt ab. Vielen Dank.
GRUENE
Herr Präsident ! Meine sehr verehrten Damen und Herren ! Ich überlasse es der geneigten Öffentlichkeit , zu urteilen , ob die Sozialdemokraten in den Jahren dümmer oder klüger geworden sind . Als ich noch Wirtschaftsminister im Kabinett Helmut Schmidt war , half mir der damalige Bundeskanzler dabei , vergabefremde Überlegungen aus solchen Gesetzen herauszuhalten . Heute scheint das anders geworden zu sein . Meine Damen und Herren , lassen Sie sich nur mal vortragen , was es alles an solchen Überlegungen und Wünschen gibt : Bevorzugung von Ausbildungsbetrieben , Einhaltung von Tarifverträgen , Frauenförderung , Ausschluß von Unternehmen mit 620-DM-Beschäftigten , Bevorzugung von Unternehmen , die Langzeitarbeitslose beschäftigen , . Bevorzugung von Unternehmen , die nach § 249 h Arbeitskräfte einsetzen , Ausschluß oder Benachteiligung von Unternehmen , deren Führungen mit der Scientology-Sekte in Verbindung stehen , bevorzugte Auftragsvergabe an Justizvollzugsanstalten , Umweltschutzgesichtspunkte , Förderung nachwachsender Rohstoffe , Berücksichtigung umweltfreundlicher Produktionsabläufe , Bevorzugung von Unternehmen bestimmter Regionen , die Forderung , bis zu bestimmten Auftragswerten ausschließlich örtlichen Unternehmen die Aufträge zukommen zu lassen . . Meine Damen und Herren , wenn wir das alles aufnehmen , dann ist das das größte Sparprogramm , das man beschließen kann . Es kommt keine einzige öffentliche Auftragsvergabe mehr zustande . . Dies einzubauen , geht nach Bert Brechts Grundsatz : Das Gegenteil von gut ist gut gemeint . Aber man wird es Ihnen nicht beibringen können . Sie haben ja schon auf den Bundesrat verwiesen . . Zweite Bemerkung . Frau Kaspereit : Im Handstreich sei das hier betrieben worden ? Mit der Brechstange haben Sie gesagt . Du liebe Zeit ! Die EG- Richtlinie stammt aus dem Jahre 1991 . 1994 haben wir sie mit der haushaltsrechtlichen Lösung falsch umgesetzt , wie wir gesehen haben . Dann hatten wir die Europäische Kommission auf dem Hals . Dann ist Herr Kommissar Monti aufgetreten . Dann sind wir von den Amerikanern als diskriminierendes Land bezeichnet worden . Dann kamen die Fälle Lippendorf , Westinghouse und General Electric . Dann hat die Vergabekommission beim Bundeskartellamt schließlich festgestellt , daß die Auftragsvergaben zu Unrecht erfolgten . Jahrelang haben wir über dieser . noch : Otto Graf Lambsdorff dafür , wie umständlich und unerfreulich unsere Gesetzgebungsmaschine arbeitet . Da kann man doch nicht von einer Brechstange reden , wahrhaftig nicht . . Was uns hier alles geschehen ist ! Herr Schauerte hat vorhin gesagt : Jetzt reden wir über die Kleinigkeiten , vorhin haben wir über das große Europa geredet . Wir haben die Kleinigkeiten nicht umgesetzt und sind eines der Länder , die in der Umsetzung der europäischen Richtlinien am schlechtesten dastehen . Das einzige , meine Damen und Herren - das haben wir vorhin bei der Rede des Kollegen Schauerte gemerkt ; ich mußte verhandeln , ob ich hier vier , dreieinhalb oder fünf Minuten Redezeit bekomme - , was hier in dem ganzen Gesetzgebungsverfahren mit zeitlicher Kürze behandelt worden ist , ist die Zeitzuteilung in der heutigen Debatte . .
FDP
Herr Minister , zunächst eine ganz kurze Vorbemerkung . Wenn man jemanden fälschlicherweise einen Juristen genannt hat , muss man sich deswegen im deutschen Parlament nicht entschuldigen . . Nun die Frage . Sehr seriöse Quellen haben die Ausländerprogrammatik der FPÖ und der österreichischen Regierung analysiert und haben sie mit der Programmatik der anderen europäischen Staaten verglichen . Sie kommen zu dem Ergebnis , dass die dänische Ausländerpolitik um Längen restriktiver und weniger zumutbar sei als die österreichische Ausländerpolitik . Wenn dieser Tatbestand zutreffen sollte : Wann gedenkt die Bundesregierung mit Dänemark ähnlich zu verfahren wie mit Österreich ? .
CDU/CSU
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wo bin ich heute hier gelandet? – SPD-Parteitag? – Kollege Herzog, auch für einen SPD-Parteitag waren das schwer zu ertragende elf Minuten. Da müssen Sie vielleicht ein bisschen mehr liefern als das, was Sie heute gemacht haben. Aber immerhin haben wir es geschafft, dass wir die heutige Debatte gegen 14 Uhr führen – im Moment ist es 14.39 Uhr –; sonst sind wir immer gegen 22 Uhr an der Reihe. Warten Sie einmal ab. Ich bin ja dafür bekannt, dass ich auch um 22 Uhr noch das eine oder andere an Stimmung in die Hütte hineinbringen kann. Vielleicht gelingt mir das jetzt auch noch. Schauen wir mal. Sie alle warten ja schon ganz gespannt darauf. Alle Vorrednerinnen und Vorredner haben es schon gesagt: Die Wasserstraßen sind ein wichtiger, aber leider immer wieder vergessener Verkehrsträger in Deutschland. Sie leisten einen entscheidenden Beitrag dazu, dass vor allem der Güterverkehr ökologischer als etwa auf der Straße abgewickelt wird. Aber der Bund muss sich auch fragen, ob und wie er das umfangreiche Netz noch weiter erhalten kann. – Der Staatssekretär nickt. Er weiß, dass er nicht so viel Geld hat. – Welche Aufgaben muss der Bund noch erbringen? Welche tragfähigen Instrumente brauchen wir dafür langfristig? Oder soll alles so weiterlaufen wie in den letzten Jahrhunderten, wie es Kollege Herbert Behrens vielleicht ganz gerne haben möchte? Die Zeit, diesen Fragen nachzugehen, Herr Staatssekretär, hatte die Bundesregierung; aber intelligente Lösungen habe ich von Ihnen dazu bisher nicht gehört. Sie doktern stattdessen weiter an einer Reform herum, die keine ist. Machen Sie sich einmal tiefschürfende Gedanken, wie Sie die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung zukünftig aufstellen wollen. Ihre Verkehrspolitik ist in Anbetracht der Probleme, die unserem Land im Infrastrukturbereich bevorstehen, genauso marode wie die Schleusen und Wehre, die wir in den Wasserstraßen finden. Sie versuchen, das Problem einfach durch mehr Stellen für ein marodes bürokratisches System zu übertünchen. Hier müssen Sie uns schon etwas mehr liefern. Oder wollen Sie etwa, dass alles bald zusammenbricht? Wir brauchen endlich ein weitsichtiges und als Dienstleistung für die Schifffahrt aufgestelltes System Wasserstraße. Noch sehe ich hier jedoch weiterhin nur das Festhalten an der preußischen hierarchischen Verwaltungsstruktur. Wäre es nicht sinnvoller, auf eine Zentralstelle hinzuarbeiten, die den Ämtern nicht mehr so viel hineinredet, sondern sie auch einmal arbeiten lässt, eine Zentralstelle mit weniger Aufgaben, also hauptsächlich mit hoheitlichen Tätigkeiten? Herr Staatssekretär, nehmen Sie das doch einmal mit. Stecken Sie das Ihrem Minister, specken Sie also auf den höheren Verwaltungsebenen ab, und verlagern Sie Entscheidungen auf die Ebene der ausführenden Ämter. Die Mitarbeiter vor Ort würden es Ihnen wirklich danken. Sie sehnen sich geradezu danach, nicht nur die Verantwortung für die Sicherheit der Anlagen aufgebürdet zu bekommen, sondern sie wollen auch die notwendige Entscheidungskompetenz vor Ort haben. Jedes Mal wegen 50 000 Euro über mehrere Ebenen nach Bonn zu laufen – da sitzt nämlich die ganze Verwaltung, nicht hier in Berlin – und auf Entscheidungen zu warten, bremst das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur aus. Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Hause, dazu gehört aber auch die Bereitschaft in der Politik, also hier von uns allen, auch einmal loszulassen und nicht bei jeder Detailfrage mitreden zu wollen. Das ist schwer für Politiker – das weiß ich –; das ist nicht so ganz einfach. Haben Sie schon einmal etwas von Führungskultur gehört? Dazu gehört auch das Prinzip „Führen durch Ziele“ oder – wenn es Ihnen neudeutsch lieber ist – „Management by Objectives“. So sollten wir das machen und uns damit auch politisch über einen längeren Zeitraum verpflichten. Dann könnte sich das System Wasserstraße wirklich regenerieren. Neben einer ineffizienten Verwaltungsstruktur drückt uns nämlich eine weitere wichtige Aufgabe: der Abbau des gewaltigen Sanierungsstaus. Vor allem bei den Wasserstraßen haben wir es mit uralten Bauwerken zu tun. Hätten frühere Generationen nicht so gute Arbeit geleistet, stünden wir vor noch viel größeren Herausforderun­ gen. Um diesen Sanierungsstau abzubauen, müssen wir die Vorhaben auch planen. Dazu passen aber die vorhandenen Strukturen überhaupt nicht. Man kann ja gar keinen neuen Planer einstellen; denn man bezahlt sie einfach zu schlecht. Hinzu kommt dieses starre System mit gehobenem und höherem Dienst. So kommt man nicht weiter. Wir brauchen daher neue Lösungen. Die zukünftigen Anforderungen kann man nur noch über ein betriebswirtschaftlich arbeitendes System bewältigen. Eine ausreichende Anzahl an Wasserbauern, Bauingenieuren, Vermessern, Architekten oder Juristen erhält man mit den verkrusteten Behördenstrukturen doch nicht mehr; denn da macht einem das undurchlässige Besoldungs- und Tarifrecht einen Strich durch die Rechnung. Das zeigt, Herr Staatssekretär, Sie haben ein Verwaltungsproblem. Ich hoffe, das wissen Sie auch. – Nein, doch nicht? Dann nehmen Sie das einmal mit! Und Sie haben vor allen Dingen keine Idee, wie Sie es lösen wollen. Nur mehr Geld und mehr Stellen reichen nicht. Und diese heute zu beschließenden Gesetzesänderungen sind doch nur ein klitzekleiner Schritt hin zu einer echten Reform. Dem wollen wir zwar im Interesse der Beschäftigten nicht im Wege stehen – –
GRUENE
Frau Kollegin , die Bundesregierung will im Lichte der Empfehlungen der unabhängigen Kommission auch schluß- folgern , wie die Zusammenarbeit noch besser organisiert werden kann . Der Kern Ihrer Frage berührt allerdings ein ganzes Bündel unterschiedlichster Bereiche : verfassungs- , staats- und völkerrechtliche Fragestellungen , aber auch Fragestellungen zum Verhältnis zwischen den Ressorts _ allein bei der Bundesregierung sind fünf Ressorts beteiligt _ sowie zum Verhältnis zu den Ländern und deren Ressorts . Darauf kann ich Ihnen heute auf Anhieb keine Antwort geben . Dies wird im Lichte der Empfehlungen der Kommission von Parlament und Regierung zu erörtern sein . Im Grundsatz zielen wir darauf ab _ das habe ich gerade schon am Beispiel Niederlande beschrieben _ , mit Dänemark und den Niederlanden , gleichzeitig aber auch mit dem gesamten Ostseeraum zu ähnlichen Vereinbarungen bzw . Verbesserungen zu kommen , wie wir es im Westen eigentlich schon gewohnt waren . Hier gilt es aber , noch Ergänzungen vorzunehmen .
SPD
Ja, selbstverständlich. Wenn der rentenpolitische Sprecher der linken Fraktion, der ja Ahnung vom Thema hat, Redezeit nur darüber generieren kann, dass er sich hier zu einer Zwischenfrage meldet, dann lasse ich das selbstverständlich gerne zu.
SPD
Das war eine sehr vage Antwort. Mich würde interessieren, welchen Ablauf der einzelnen Schritte in der Zusammenarbeit und der Bewertung Sie jetzt vorsehen und ob die Bundesregierung irgendwann zu einer eigenen Bewertung kommen wird.
SPD
Herr Präsident ! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen ! Die Bedeutung dessen , was sich gegenwärtig auf dem Gebiet der Bio- und Gentechnik abspielt , ist kaum zu überschätzen . Eine Revolution ist im Gange , die unser aller Leben tiefer und stärker verändern wird als die industrielle und die informationelle Revolution . Denn die Erkenntnisse der modernen Biologie und ihre Anwendung beeinflussen unser Selbstverständnis als Menschen viel unmittelbarer als andere Naturwissenschaften . Kaum ein Lebensbereich wird davon unbeeinflusst bleiben . In Barcelona haben die EU-Regierungschefs im letzten Jahr eine europäische Life-Science-Strategie beschlossen , eine strategische Vision für die Biowissenschaften und die Biotechnologie bis in das Jahr 2010 . Doch was hat die Bundesregierung seitdem getan , um diese Strategie umzusetzen ? - Nichts ! Na , na , na !) Die Rahmenbedingungen für die Biotechnologie haben sich stattdessen verschlechtert . Ich möchte Sie nur an die Haushaltsberatungen in diesem Jahr erinnern - ich weiß , das hören Sie nicht gerne - : Der Spitzenforschung wurde mit einer Kürzung von 60 Millionen Euro der Saft abgedreht . Im globalen Wettbewerb ist Deutschland gerade auf einen innovativen Vorsprung bei Produkten und Dienstleistungen angewiesen . Wissen und Forschung sind die entscheidenden Faktoren . Fakt ist : Wir investieren nur 2 ,4 Prozent unseres Bruttoinlandsproduktes in Forschung und Entwicklung . Das ist definitiv zu wenig . Der Anteil der Förderung der Biomedizin an den Forschungsmitteln beträgt in Deutschland nur 25 Prozent . In den USA sind dies 33 Prozent , in Großbritannien 34 Prozent und in Dänemark 35 Prozent . Resultat dieser Politik ist , dass Forschung und Entwicklung zunehmend außerhalb von Deutschland stattfinden . Gleichzeitig verlassen immer mehr junge deutsche Wissenschaftler unser Land . Sie forschen in der Schweiz , in Großbritannien und in den USA . Allein im letzten Jahr sind 111 000 junge Wissenschaftler abgewandert . Da der Abwanderung der Forschung und Entwicklung erfahrungsgemäß auch die Produktion folgt , hat dies mittel- und langfristig negative Auswirkungen auf die Innovationskraft und die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft . Das führt zum Beispiel dazu , dass Patienten viel später Zugang zu neuen innovativen Medikamenten haben . In Kürze werden auch die aufstrebenden asiatischen Länder in den Wettbewerb eingreifen . Die Bundesregierung hat es bis heute nicht fertig gebracht , neue Spielräume für private Zukunftsinvestitionen zu schaffen . Das gilt insbesondere für das Steuerrecht . In fast allen Industrienationen gibt es neben niedrigen Unternehmensteuern auch eine steuerliche Forschungsförderung . F-und-E-treibende Unternehmen in Deutschland werden dagegen nicht zielgerichtet steuerlich entlastet . Hinzu kommen eine Reihe von starren Reglementierungen , eine hohe Bürokratiedichte , steuerlich generell ungünstige Rahmenbedingungen , schleppende Genehmigungs- und Zulassungsverfahren , ein überregulierter Arbeitsmarkt , eine schwache Konjunktur und der eben schon beschriebene steigende Fachkräftemangel . Es ist fahrlässig , das junge Pflänzchen Biotechnologie durch einen Rückgriff auf starre Dogmen zu zerstören . Geben Sie den Unternehmen endlich mehr Luft zum Atmen ! Wir stehen in Deutschland vor einer wichtigen Entscheidung : Entweder wir spielen in der Biotechnologie eine passive und reagierende Rolle oder wir werden wieder Vorreiter in diesem Bereich . Die Erfahrungen in den vergangenen Jahren haben ganz deutlich gezeigt , dass die Entwicklung in der Biotechnologie stark von den politischen Rahmenbedingungen abhängt . Wir haben in den 90er-Jahren das Gentechnikgesetz novelliert und haben den Bioregio-Wettbewerb initiiert . Das war der Ausgangspunkt für einen bislang unerreichten Gründungsboom . Der Technologietransfer aus universitären Forschungseinrichtungen in junge Start-up-Unternehmen hat seitdem zugenommen . In der Biotechnologiebranche ist ein selbstbewusstes Unternehmertum gewachsen . Auch die Akzeptanz der Biotechnologie hat in der Bevölkerung zugenommen . Wie sieht die Situation heute aus ? Die Tageszeitung Die Welt titelte gestern : Deutsche Biotech-Branche steckt in ihrer ersten schweren Krise . Der am 7 . Mai vorgelegte Deutsche Biotechnolgie-Report 2003 von Ernst & Young ist ein Alarmzeichen an die Adresse der Bundesregierung . Den jungen Biotechunternehmen geht die Luft aus . Die Zahl der Beschäftigten ging 2002 um 7 Prozent auf 13 400 zurück . Der Umsatz sank um 3 Prozent . Die Zahl der Unternehmen sank zum ersten Mal seit fünf Jahren von 365 auf 360 . 26 Unternehmen mussten Insolvenz anmelden . Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung wurden um 11 Prozent zurückgefahren . Von einer Aufholjagd gegenüber den Konkurrenten USA und Großbritannien kann wirklich nicht mehr die Rede sein . Die Bundesregierung muss reagieren , sonst bricht uns eine der Schlüsseltechnologien weg . Die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts muss verbessert werden , um Forschungsergebnisse schneller in marktfähige Produkte und Dienstleistungen umzusetzen . Wir müssen die Zulassungsverfahren beschleunigen und die steuerlichen Rahmenbedingungen verbessern . Die Akzeptanz der Biotechnologie ist eine entscheidende Voraussetzung . Erfreulicherweise fand in der Bevölkerung ein Stimmungswechsel statt . 44 Prozent der Bürgerinnen und Bürger sind mittlerweile der Ansicht , dass der Nutzen der Bio- und Gentechnik deren Risiken überwiegt . 1998 waren es noch 25 Prozent . Außerdem stimmen 42 Prozent der Deutschen der Auffassung zu , dass die Gentechnik für Deutschland eine wirtschaftliche Bedeutung hat , und 46 Prozent der Deutschen befürworten den Einsatz der Gentechnologie zur Immunisierung von Pflanzen . Meine Damen und Herren von der Bundesregierung , Sie kannten diese Ergebnisse der Allensbach-Studie lange vor der Bundestagswahl . Sie haben sie aus ideologischen Gründen verschwiegen und die Veröffentlichung mehr als acht Monate verschleppt . Es wird Zeit , dass diese Bundesregierung ein deutliches Bekenntnis zur Biotechnologie abgibt und sich deutlich hinter die Forscher der 360 Unternehmen mit 13 400 hoch qualifizierten Beschäftigten stellt . Lassen Sie gentechnisch veränderte Organismen in der Pflanzenzüchtung wieder zu ! Setzen Sie sich für eine unverzügliche Aufhebung des De-facto-Moratoriums für alle Neuzulassungen von gentechnisch veränderten Lebensmitteln auf EU-Ebene ein ! Bei keinem einzigen der über 38 000 weltweit durchgeführten Feldversuche konnten schädliche Auswirkungen auf die Menschen , die Tiere oder die Biodiversität festgestellt werden .
CDU/CSU
Herr Staatssekretär , hängt die Verantwortung der Bundesrepublik nicht auch daran , daß wir einen falschen Abfallbegriff haben , der es ermöglicht , daß auf ganz legale Weise durch die Umdeklaration von Schadstoffen zu Wertstoffen oder Reststoffen diese exportiert werden können , wenn nur nachgewiesen werden kann , daß sie am Bestimmungsort entweder entsorgt oder gebraucht werden ? Wären Sie als Bundesregierung nicht aufgefordert , den Abfallbegriff zu ändern ?
SPD
Es ist erst wenige Monate her , da rief Kanzlerin Merkel mit viel Tamtam die Bildungsrepublik Deutschland aus . Mit dem abrupten Stopp des Hochschulpaktes , des Pakts für Forschung und Innovation sowie der Exzellenzinitiative kann sie sich dieses Etikett endgültig abschminken . Merkel hat ihre vollmundigen Versprechen für höhere Bildungsinvestitionen offenkundig gebrochen , Bildungsministerin Schavan ist mit ihren Plänen krachend gescheitert . Ausgerechnet beim ersten Konjunkturpaket , das ausschließlich Bildung und Wissenschaft - und damit der Zukunftsfähigkeit unseres Landes - zugute gekommen wäre , haben Bundesfinanzminister Steinbrück und die Landesfinanzminister der Union ein Veto eingelegt und ein Stoppschild gehisst . In Zeiten der Wirtschaftskrise ist das eine geradezu fahrlässige und zukunftsblinde Politik . Wer jetzt die gesamte Wissenschaftspolitik bis nach der Bundestagswahl auf Eis legt , agiert destruktiv und riskiert , dass Deutschland deutlich geschwächt statt gestärkt aus der Krise hervorgeht . Obwohl zusätzliche Ausgaben für Bildung und Forschung zur Zukunftssicherung sowie für mehr Gerechtigkeit und bessere Wettbewerbsfähigkeit alternativlos sind , macht Finanzminister Steinbrück die hehren Ziele von 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Bildung und Forschung schon heute zur Makulatur . Damit ist Merkels Bildungsgipfel endgültig gescheitert . Union und SPD sind eine generationenfeindliche Koalition eingegangen : Zur Rettung der Banken und für die Abwrackprämie nimmt das Bündnis eine riesige Neuverschuldung und unkalkulierbare Haushaltsrisiken in Kauf . Gleichzeitig entzieht Steinbrück den nachfolgenden Generationen die Grundlagen , um die Schulden jemals wieder abzubauen . Wer heute keine ausreichende Anzahl an Studienplätzen schafft , produziert den Fachkräfte- und Akademikermangel von morgen . Die junge Generation braucht keine irrsinnige Abwrackprämie , sondern Zukunftsperspektiven und einen konzertierten Kraftakt für unser Bildungs- und Hochschulsystem . Wenn es überhaupt gelingt , den Hochschulpakt II in diesem Jahr vom Eis zu kriegen , dann gilt : Die Absichtserklärung der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz zur Fortsetzung des Hochschulpakts genügt diesem Anspruch eines Kraftakts nicht . Mit einem solchen Mangelpakt wird keine Brücke über die Akademikerlücke errichtet . Die Wissenschaftsministerinnen und -minister von Bund und Ländern haben sich offenbar vorgenommen , die Fehler des ersten Hochschulpakts fortzuschreiben . Der Pakt bleibt unterfinanziert , weil der Betrag pro zusätzlichen Studienplatz nur für Billigstudienplätze ohne Qualität reicht . Der Hochschulpakt für die nächsten zehn Jahre muss aus grüner Sicht erheblich mehr ausfinanzierte Studienplätze bringen sowie bessere Studien- und Lehrbedingungen für alle . Auch muss sich die Ausbildung von Akademikerinnen und Akademikern für alle Länder lohnen . Heute bezahlen einige Länder für die Ausbildung , während andere die Akademikerinnen und Akademiker absahnen . Deshalb braucht es endlich einen fairen Lastenausgleich zwischen den Bundesländern . Beim Hochschulpakt II ist der Einstieg abermals missglückt , obwohl sich im Bundestag eine parlamentarische Mehrheit dafür ausspricht . Der Widerstand der Unionsländer gegen das Prinzip Geld folgt Studierenden zeigt wieder einmal , dass sie keinerlei gesamtstaatliche Verantwortung empfinden . Der Verweis auf den allgemeinen Länderfinanzausgleich reicht nicht , da dieser die Studienplatzkosten keineswegs abdeckt . Wenn die Fortsetzung des Hochschulpakts die Kosten auch nur annähernd decken soll , muss Bundesfinanzminister Steinbrück nicht nur seinen Widerstand gegen die Minierhöhung der Studienplatzpauschalen abblasen , sondern wesentlich mehr als die bisher angedachten 6 500 Euro pro Jahr für einen Studienplatz zur Verfügung stellen . Die Hochschulen brauchen Planungssicherheit und hochschulpolitische Verlässlichkeit - und zwar sofort . Mit einem Aufschub der Entscheidung wird sich das Gedrängel vor den Hörsaaltüren verschärfen . Ein entscheidender Schritt zum Ausbau unserer Hochschulen würde vertan - kein gutes Signal für künftige Studienberechtigte . Angesichts doppelter Abiturjahrgänge , die in diesem Herbst erstmals ihren Platz an den Hochschulen suchen , wird sich die fatale Situation für Studieninteressierte weiter zuspitzen . Wenn es überhaupt zu einer verbindlichen Verabredung zum Hochschulpakt II kommt , dann müssen Bund und Länder gemeinsam handeln . Wir brauchen gerade in Krisenzeiten einen verlässlichen und bedarfsgerechten Aufbau qualitativ hochwertiger Studienplätze für alle Studienberechtigten , die in den nächsten Jahren zusätzlich an die Hochschulen kommen . Im Gegenzug für die Bundesgelder muss seitens der Hochschulen und Bundesländer auch gesichert sein , dass die so finanzierten Kapazitäten auch ausgeschöpft werden . Es darf nicht länger passieren , dass für jeden zweiten Studiengang örtliche Zulassungsbeschränkungen gelten , gleichzeitig aber durch das unorganisierte Nachrückverfahren kostbare Studienplätze unbesetzt bleiben . Die gesamtstaatliche Verantwortung für die Hochschulzulassung muss vor einzelnen Länder- und Hochschulinteressen gehen . Die Bundesregierung muss darum mit den Ländern umgehend eine bundeseinheitliche Regelung für Zulassungen und Abschlüsse aushandeln . Und die Länder sollten für die verbindliche Teilnahme aller Hochschulen am neuen Zulassungsverfahren sorgen . Lange genug haben Union und SPD die Zukunftsfähigkeit unseres Landes aufs Spiel gesetzt . Ihre Lippenbekenntnisse , wie wichtig ihnen Bildung und Forschung seien , haben sich als leere Versprechungen erwiesen . Leidtragende sind die Studienberechtigten : Ohne baldige Einigung auf eine Fortsetzung des Hochschulpaktes mit mehr Mitteln pro Studienplatz stehen die doppelten Abiturjahrgänge bald vor verschlossenen Hochschultüren . Diese Jahrgänge müssen aber unbedingt zu einem deutlich höheren Anteil studieren als die bisherigen . Wer heute nicht eine ausreichende Zahl von Studienplätzen schafft , versündigt sich an den Zukunftschancen der jungen Generation und unterminiert die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit von morgen . Daher erwarten wir mehr Mut der großen Streit-Koalition und von Merkel und Schavan Machtworte gegenüber ihren Finanzministern und Ministerpräsidenten . Die Totalblockade der Wissenschaftspolitik muss umgehend überwunden werden .
GRUENE
Herr Minister, ich hätte zwei Fragen zum Thema Privatkopievergütungen. Zum einen: Könnten Sie erläutern, welche Neuerungen das Gesetz für die Privatkopievergütungen bringt? Die zweite Frage: Sie sprachen davon, dass der Entwurf des Gesetzes eine Sicherheitsleistung für Ansprüche auf Privatkopievergütungen vorsieht. Wie sieht das in der Praxis aus? Wie wird das in der Praxis funktionieren?
SPD
Frau Präsidentin ! Meine Damen und Herren ! Frau Schewe-Gerigk hat es bereits gesagt : Die Grünen tragen das Projekt Rente mit 67 mit . Wir müssen - davor können auch Sie die Augen nicht verschließen , Herr Gysi - die Belastung der jüngeren Erwerbsgenerationen begrenzen . Aber gerade weil wir zu diesem Projekt stehen , müssen wir die Verantwortung auch dafür übernehmen , dass nicht versucht wird , die Gerechtigkeitslücke , die sich dann , wenn wir nichts tun , bei den Jüngeren zweifellos ergeben wird , dadurch zu schließen , dass eine neue Gerechtigkeitslücke bei den Älteren aufgerissen wird . Der Sachverständigenrat hat darauf hingewiesen : Wenn es nicht gelingt , die Erwerbsbeteiligung der Älteren in großem Umfang zu erhöhen , wird das zu einer Altersarmut erheblichen Ausmaßes führen . Wenn die Menschen keine Arbeit mehr haben , beginnt die Altersarmut schon in den Jahren , bevor sie in Rente gehen . Sie setzt sich natürlich fort , wenn die Menschen Rente beziehen , weil weniger eingezahlt worden ist . Das Programm 50 plus reicht bei weitem nicht aus , um dieses Problem zu lösen , und zwar weder quantitativ noch qualitativ . Ich will etwas zu den Zahlen sagen . 1 ,3 Millionen arbeitslose Menschen sind älter als 50 . Mit den jetzt hier vorgestellten Programmen erreichen Sie , wenn alles supergut läuft , 100 000 von ihnen . Ich habe aber erhebliche Zweifel , ob Sie mit Ihren Programmen 100 000 Menschen erreichen können ; denn mit den Instrumenten Eingliederungszuschuss und Entgeltsicherung haben Sie 2006 nur 19 000 Men-schen erreicht . Sie müssten die Zahl also signifikant steigern . Wir sind gerne bereit , Sie dabei zu unterstützen . Ich will deutlich sagen : Die Prognose ist zwar sehr positiv , aber gemessen an den Problemen , erreichen Sie nach wie vor viel zu wenig Menschen . Die Frage ist , ob diese Instrumente die richtigen sind . Sie versuchen nämlich , mit ihnen angebliche Produktivitätsnachteile auszugleichen . Die Instrumente haben damit immer einen stigmatisierenden Charakter . Diese Stigmatisierung unterstützen Sie - auch das muss gesagt werden - mit Fehlanreizen , zum Beispiel mit der so genannten 58er-Regelung . Diese Stigmatisierung gegenüber Ältern unterstützen Sie , wenn Sie Altersteilzeitregelungen treffen . In besonderem Maße gilt das , wenn bei Post und Telekom jetzt 15 000 ältere Beschäftigte mit aktiver Unterstützung dieser Bundesregierung in den Vorruhestand gehen . Sie fordern die Unternehmen auf , Vorurteile gegenüber Älteren abzulegen , produzieren diese Vorurteile aber durch Ihr eigenes Handeln immer wieder neu . Gleichzeitig fehlt Ihnen leider völlig der Ehrgeiz , die Beschäftigungsfähigkeit der älteren Menschen zu erhalten , sie zum Beispiel durch mehr und bessere Weiterbildungsmöglichkeiten arbeitsfähig zu halten ; denn mit den 5 Millionen Euro , die Sie mit Ihrem Gesetzentwurf für die Weiterbildung von Beschäftigten einsetzen wollen , erreichen Sie rechnerisch - jetzt hören Sie genau zu - 790 Beschäftigte . So viel zur Dimension des Problems und zur Lösung , die Sie hier vorschlagen . Das Programm 50 plus ist nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein . Es ist sogar weniger . Herr Grotthaus , Sie haben die Chance , die Ausweitung des Prinzips des lebenslangen Lernens auf die Mitarbeiter kleiner und mittlerer Betriebe grundlegend anzustoßen , vertan , obwohl Sie selbst genau das fordern . Angesichts von 790 geförderten Leuten kann man doch nicht allen Ernstes davon sprechen . Ich komme zum Schluss . In Zeiten der großen Koalition gilt einmal mehr : Älterwerden ist nicht schwer , alt zu sein dagegen sehr ! Danke schön .
GRUENE
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute in zweiter und dritter Lesung das Bundesteilhabegesetz. Um es deutlich zu sagen: Damit setzt die Große Koalition ein weiteres wichtiges sozialpolitisches Versprechen aus ihrem Koalitionsvertrag um. Wir modernisieren im Sinne der Betroffenen die Behindertenpolitik, ermöglichen gesellschaftliche Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung und setzen die UN-Behindertenrechtskonvention weiter um. Bevor ich im Detail auf den Gesetzentwurf und die Änderungen eingehe, die sich im parlamentarischen Verfahren ergeben haben, möchte ich die Möglichkeit nutzen, um auf einige grundsätzliche Dinge in der Behindertenpolitik hinzuweisen. Es ist guter parlamentarischer Brauch über alle Parteigrenzen hinweg, dass die Debatten über die Behindertenpolitik nicht dazu genutzt werden, Lebenssituationen zu skandalisieren. Vielmehr sollten die Gemeinsamkeiten betont werden: Alle in diesem Haus – alle – wollen, dass Menschen mit Behinderung gleichberechtigter Teil unserer Gesellschaft sind. Seit 2009 bin ich Sprecher der Union für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Selten habe ich erlebt, dass ein Gesetzgebungsverfahren derart intensiv durch Zuschriften, Anrufe, Stellungnahmen und kritische Äußerungen begleitet wurde. Ich halte dies für ein gutes Zeichen, zeigt es doch, mit welchem Selbstverständnis sich Menschen mit Behinderung für ihre Interessen einsetzen und sie gegenüber der Politik vertreten. Im parlamentarischen Verfahren konnten viele, aber nicht alle Forderungen voll umgesetzt werden. Es war unsere Aufgabe als Politik, die divergierenden Interessen zum Ausgleich zu bringen und sie zu einem Gesetz zusammenzuführen. Dies war mühsam; ich bin aber sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Das Bundesteilhabegesetz wird nicht das letzte Gesetz sein. Wir werden auch in Zukunft weiter Stück für Stück wie bei den anderen Solzialgesetzbüchern auch an Verbesserungen für die Menschen arbeiten. Mein Dank gilt ausdrücklich der Parlamentarischen Staatssekretärin Frau Lösekrug-Möller für die von der Ministerin bereits gewürdigte moderierende, ausgleichende und auf eine gemeinsame Zielrichtung hin ausgerichtete Arbeit. Mein Dank gilt auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesarbeitsministeriums, ausdrücklich auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Abgeordnetenbüros. Meine Damen und Herren, wer ist eigentlich von den zu beschließenden Neuregelungen betroffen? In Deutschland leben etwa 7,5 Millionen Menschen mit Behinderungen; 700 000 beziehen Eingliederungshilfe. Die Lebenssituation der Menschen ist höchst unterschiedlich; es ist keine homogene Gruppe. Die Menschen sind unterschiedlich betroffen, und sie alle hatten ihre Erwartungen an dieses Gesetz. Mit dem Bundesteilhabegesetz führen wir die Eingliederungshilfe aus dem Fürsorgesystem der Sozialhilfe heraus und integrieren sie in das Neunte Buch Sozialgesetzbuch. Damit gehen Verbesserungen für die knapp 700 000 Leistungsberechtigten einher. Entgegen vielen Befürchtungen wird der Zugang zur Eingliederungshilfe nicht eingeschränkt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass er nicht ausgeweitet werden soll. Es bleibt daher zunächst bei der geltenden Rechtslage. Bis 2023 werden neue Zugangskriterien konkretisiert. Hierauf haben wir uns in der Koalition verständigt. Zudem wird es deutliche Verbesserungen bei der Anrechnung von Einkommen und Vermögen für diejenigen geben, die arbeiten. Ab 2020 wird das Einkommen bis 30 000 Euro frei sein. Wer mehr verdient, leistet einen Eigenbeitrag zu seinen Fachleistungen. Das Vermögen wird bis zu 50 000 Euro anrechnungsfrei bleiben. Damit ist ein wichtiges Anliegen der Union umgesetzt: Wir wollten nämlich, dass dieses Mitanrechnen des Einkommens des Partners beendet wird; denn es war faktisch ein Heiratsverbot. Mit dem Gesetz eröffnen wir den Leistungsberechtigten mehr Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt. Wer aus der Werkstatt auf den ersten Arbeitsmarkt wechseln möchte, kann zukünftig bundesweit vom Budget für Arbeit profitieren. Dabei erhalten Arbeitgeber unbefristet einen Lohnkostenzuschuss von bis zu 75 Prozent. Für die rund 300 000 Beschäftigten in den Werkstätten verdoppeln wir das Arbeitsförderungsgeld auf zukünftig 52 Euro. Zudem wird der Vermögensfreibetrag für Menschen, die nicht erwerbsfähig sind und Leistungen der Sozialhilfe beziehen, von derzeit 2 600 Euro auf 5 000 Euro angehoben. Hiervon profitieren zum Beispiel Bezieher der Blindenhilfe, aber auch alle anderen Bezieher von Sozialhilfe. Mein Dank gilt an dieser Stelle ausdrücklich dem Bundesfinanzminister und den Haushaltspolitikern, die uns in diesem Anliegen mit zusätzlichem Geld unterstützt haben; sonst wäre das nicht möglich gewesen. Meine Damen und Herren, wir haben auch die Situation von Schwerbehinderten in Betrieben im Blick. Wir werden die Anhörungsrechte und damit auch die Rolle der Schwerbehindertenvertreter insgesamt stärken. Neben der Teilhabe am Arbeitsleben hat das selbstbestimmte Wohnen von Menschen mit Behinderungen im parlamentarischen Verfahren eine wichtige Rolle gespielt. Wir haben die vorgetragenen Sorgen und die Wünsche mit Blick auf ihre Rechte sehr ernst genommen. Im Rahmen der Angemessenheit und Zumutbarkeit soll jeder entscheiden können, wie bzw. mit wem er leben möchte. Die entsprechenden Regelungen haben wir deutlich geschärft. Es war der Union wichtig, dass außerhalb stationärer Einrichtungen den Wünschen der Betroffenen bei der gemeinsamen Inanspruchnahme von Assistenzleistungen besondere Bedeutung beigemessen wird. Gemeint sind solche Assistenzleistungen, die die unmittelbare Privatsphäre der Berechtigten betreffen. Meine Damen und Herren, ich danke an dieser Stelle auch dem Bundesgesundheitsminister sehr herzlich. Er hat bei der sehr komplizierten Frage der Verbindung von Eingliederungshilfe und neuem Pflegestärkungsgesetz mit dem neuen Pflegebegriff sehr konstruktiv mitgewirkt. Ohne ihn wäre dieses Gesetz nicht möglich gewesen. In einem Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat der Autor das Bundesteilhabegesetz mit der Elbphilharmonie in Hamburg verglichen. Beide Projekte seien wesentlich teurer als zunächst geplant. Ich empfinde dies – anders, als es der Autor gemeint hat – als Kompliment. Ja, die zusätzlichen Leistungen kosten Geld – keine Frage. Aber wir tun das für die Menschen mit Behinderungen und für die Betroffenen. Die Elbphilharmonie ist bereits jetzt, kurz nach der Fertigstellung, zu einem Wahrzeichen Hamburgs mit Strahlkraft über Deutschland hinaus geworden. Im Sinne der Betroffenen wäre ich froh, wenn sie in ein paar Jahren, wenn das Gesetz richtig greift, ähnlich positiv über das Gesetz sprechen würden. Am Ende zählt das Ergebnis, und da können wir sehr zufrieden sein. Herzlichen Dank.
CDU/CSU
Auf geht's zum Fingerhakeln ! Das war schon der richtige Auftakt . Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen ! Sehr verehrter Herr Präsident ! Ich begrüße besonders herzlich Herrn Staatsminister Wiesheu , grüß Gott . Sie können heute beweisen , ob das , worüber wir heute zu diskutieren haben , ein Alleingang war oder nicht . Es geht im Moment um einen Streit auf der politischen Bühne um die Einführung einer allgemeinen Autobahngebühr . Um dieses Thema streiten sich ein Blinder und ein Einäugiger . Der Blinde heißt Matthias Wissmann , auf dem Wege hierher . Er verschließt beide Augen vor der schlichten Tatsache , daß der Straßenverkehr durch Stauschäden und Umweltschäden nun einmal in erheblichem Maß externe Kosten verursacht , die der Allgemeinheit aufgelastet werden , anstatt verursachergerecht den Autofahrern aufgebürdet zu werden . Überhaupt - so hören wir von Herrn Wissmann - sei über die Autobahn-Vignette , die im Gespräch ist , allenfalls ein Betrag in der Größenordnung von 60 Millionen DM bei den ausländischen Autofahrern abzukassieren . Dem stünden aber Systemkosten von 640 Millionen DM . noch : Albert Schmidt weitermachen wie bisher . Der Einäugige auf der anderen Seite dieser Streitbühne ist Edmund Stoiber . Er sagt dem Kollegen Wissmann zum einen ganz öffentlich und Bonn direkt , daß er nicht rechnen könne . Zum zweiten verlangt er die Einführung genau dieser Autobahn-Vignette , um bei allen Pkws abzukassieren . Dann aber - jetzt höre man genau zu - soll den deutschen Autofahrern über die Absenkung der Kfz-Steuer zumindest ein Teil dieser Mehrkosten wieder zurückgegeben werden , den Ausländern dagegen nicht . Schon wird in erfrischender Offenheit deutlich , gegen wen das eigentlich geht , nämlich gegen unsere europäischen Nachbarn . Europa läßt grüßen ; die Globalisierung schreitet fort in Bayern . Herrschaftszeiten , Herr Wiesheu : Wissen Sie , worum es Ihrem Chef dabei eigentlich geht ? Gilt das Verursacherprinzip nur für Ausländer ? Verursachen denn deutsche Autofahrer keine Staukosten und keine Umweltschäden ? Oder wie ist es mit denjenigen , die nach der Einführung der Autobahngebühr vermehrt von der gebührenpflichtigen Autobahn auf die gebührenfreie Bundesstraße ausweichen ? Da bekommen wir dann den Verkehrszuwachs . Den Anwohnerinnen und Anwohnern dort kann man schon heute zu der Portion Extralärm , die sie dann bekommen , gratulieren . Den Lärm sollten wir dann vielleicht nicht in Dezibel messen , sondern in Stoiber , plus drei Stoiber neue bayerische Maßeinheit für vignettenbedingten Zusatzlärm an Ortsdurchfahrten . Das wär doch was . . Aber es geht Ihnen ja nicht wirklich um Verkehrsminderung oder Lärmminderung , sondern Ihnen geht es um etwas anderes . - Herr Oswald , hören Sie genau zu , worum es den Bayern geht . - Der Unterhäuptling Günther Beckstein hat das sehr offen ausgesprochen . Er sagt nach einer dpa-Meldung von vorgestern , der Etat für den Fernstraßenbau werde dauernd gekürzt . Herr Staatssekretär Carstens , könnten Sie dem Mann einmal die Haushaltspläne der letzten drei Jahre zuleiten , damit ihm deutlich wird , daß gerade beim Straßenbau nicht gekürzt worden ist ? Da sind wir noch immer bei 10 Milliarden DM . Beim Schienenausbau ist gekürzt worden ; da sind wir im Moment bei 7 Milliarden DM . . Dann sagt Herr Beckstein weiter in Sachen Vignette , am Ende müsse bei der Autobahn-Vignette etwas für den Straßenbau übrigbleiben , denn sonst rechnet sich die Sache nicht . Darum geht es also ; das ist des Pudels Kern : mehr Straßenbau und dadurch wieder mehr Verkehr . Da paßt dem Herrn Stoiber die Zuständigkeit des Bundeskanzlers nicht . Er kann es nicht erwarten , Herr Bundeskanzler , Sie zu beerben . Er übt das Regieren schon vorher einmal ein bißchen in München . Aber wenn ich Sie so gelassen da sitzen sehe , muß er wohl lernen , noch etwas Geduld zu haben . . Er könnte ja zwischenzeitlich den Freistaat Bayern als Königreich ausrufen . Dann könnte König Edmund noch ein paar andere Bundesgesetze freihändig gleich mit außer Kraft setzen , das Schwangerenberatungsgesetz usw . Es würden ihm sicherlich noch ein paar einfallen . Aber zurück zur Jahresvignette . Sie funktioniert nach dem Rasenmäherprinzip : Wer 30 000 km auf der Autobahn fährt , bezahlt das gleiche wie der , der bloß 1 000 km fährt . Das ist genauso schwachsinnig , als wenn jeder die gleiche Stromrechnung zahlen müßte , egal wieviel Strom er verbraucht hat . Das kann es nicht sein . Wer seine Jahresmarke gekauft hat , der nützt sie natürlich auch aus und fährt um so mehr . Oder Sie müssen eine Tagesvignette einführen . Wenn Sie sie einführen , dann haben Sie natürlich so viel Verwaltungsaufwand , daß es sich überhaupt nicht mehr rechnet . Oder Sie müssen zurück ins Postkutschenzeitalter und müssen alle paar Kilometer eine Schranke aufstellen und abkassieren . Also , meine Herren Streithansel , ein Vorschlag zur Güte . - Herr Wiesheu , darf ich noch einen Augenblick um Ihre Aufmerksamkeit bitten ? Ich will ja den Streit gerne schlichten . - Erhöhen Sie doch endlich , schrittweise und berechenbar , die Mineralölsteuer . Das trifft punktgenau die , die viel fahren , viel , und die , die wenig fahren , trifft es weniger . Sie haben keine Einführungskosten , keine Systemkosten , keine Verwaltungskosten . Sie brauchen nur Zapfsäulen , und die stehen eh schon da .
GRUENE
Frau Präsidentin , wenn ich dann noch mit meiner Zeit hinkomme - ich bin mit den Usancen hier nicht so vertraut - , gerne .
CDU/CSU
Schon funktioniert es, Frau Kollegin.
CDU/CSU
Ich halte das zwar für einen Widerspruch in sich ; aber es ist okay . Da Sie von der Vielfalt gesprochen haben und da Sie einen berechtigten Hinweis auf eine Tendenz zu Verflachungen , Entpolitisierungen , Bagatellisierungen und Brutalisierungen , die wir in den Medien bedauerlicherweise zum Teil erleben müssen , gegeben haben : Sind Sie mit mir der Auffassung , dass zumindest die Frage überprüft werden müsste , ob die Werbefinanzierung bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten auf diese Art und Weise noch zeitgemäß ist ? Ist es nicht vielmehr so , dass die teilweise Finanzierung durch Werbung auch dazu führt , dass eine stärkere Fixierung auf Einschaltquoten dort erfolgt , wo wir als Gebührenzahler und als Steuerzahler eigentlich mehr auf andere Gesichtspunkte setzen wollen ?
FDP
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich zuerst jenseits der politischen Auseinandersetzung meine ganz herzlichen Genesungswünsche für unseren Kollegen Frank-Walter Steinmeier und seine Frau überbringe und ihm alles, alles Gute wünsche bei seiner Erholung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute auf den Tag genau vor zwei Jahren war der Zusammenbruch des Bankhauses Lehman Brothers, uns allen in Erinnerung als Kulminationspunkt einer weltweiten tiefgreifenden Wirtschafts- und Finanzkrise. Ich habe hier im Zeichen dieser Krise im November 2008 gesagt: Wir, die Deutschen, wollen stärker aus der Krise herauskommen, als wir hineingegangen sind. – Ich glaube, ich darf für uns alle sagen: Diese weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise hat unsere politische Arbeit in den letzten zwei Jahren tief geprägt. Heute, zwei Jahre später, können wir festhalten: Wir haben ein großes Stück des Weges geschafft. Wir haben Grund für Zuversicht. Die Wahrheit ist: Viele haben uns das nicht zugetraut, aber wir haben gezeigt, was in uns steckt. – Sie können partiell mitklatschen; Sie sind nicht daran gehindert. Damals waren Sie ja noch vernünftig. Meine Damen und Herren, die Prognosen waren düster. Umso mehr freuen wir uns heute, glaube ich, alle über den breiten Aufschwung. Nach der mit Abstand schwersten Rezession der Nachkriegszeit ist Deutschland wieder auf Wachstumskurs. Die europäische Prognose sagt uns für dieses Jahr sogar ein Wachstum von über 3 Prozent voraus. Das Allerwichtigste für uns und für mich ist aber, dass sich der Arbeitsmarkt in der schwersten Krise der Nachkriegszeit robust gezeigt hat und dass die Arbeitslosigkeit wieder auf ein Niveau vor der Krise gesunken ist. Das bedeutet etwas für Millionen von Menschen. Wir haben in den neuen Bundesländern seit 1991 zum ersten Mal eine Arbeitslosigkeit unter 1 Million. Meine Damen und Herren, da lohnt schon einmal ein Blick zurück. Als ich vor knapp fünf Jahren Bundeskanzlerin wurde – nach sieben Jahren Rot-Grün –, lag die Arbeitslosigkeit bei fast 5 Millionen. Heute sind es knapp über 3 Millionen. Vielleicht unterschreiten wir diese 3 Millionen noch. Das ist der Erfolg der Arbeit und auch der Erfolg der Arbeit der christlich-liberalen Koalition. – Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was es da zu lachen gibt. Ob 2 Millionen Menschen weniger arbeitslos sind oder nicht, das ist eine zentrale Frage der Gerechtigkeit in unserem Land. Wenn Sie über Gerechtigkeit und Solidarität sprechen, dann ist Arbeit einer der entscheidenden Punkte, um die es geht. Wir haben natürlich in den letzten zehn Monaten wichtige Weichenstellungen vorgenommen. Wir haben eine Kreditklemme verhindert. Wir haben Familien mehr Kindergeld gegeben. Vielleicht erinnern Sie sich auch einmal daran. Wir haben eine Rekordsumme von 12 Milliarden Euro in die Verkehrsinfrastruktur gesteckt. Wir haben die Konjunkturprogramme vorangebracht. Wir haben die Lohnzusatzkosten stabilisiert, um Arbeit zu erhalten. Das alles hat dazu geführt, dass wir heute die Wachstumslokomotive in Europa sind, meine Damen und Herren. Damit wird Deutschland seiner Verantwortung gerecht. Richtig ist aber auch, dass noch ein großes Stück Weg vor uns liegt, bis wir wieder einen nachhaltigen weltweiten Aufschwung gesichert haben. Wir als christlich-liberale Koalition wissen, vor welchen Aufgaben wir in den nächsten Jahren stehen: der veränderte Altersaufbau unserer Gesellschaft, der globale Wettbewerb, der zunimmt – ich nenne China und Indien als Stichworte –, sowie die Aufgaben, die sich aus den begrenzten Ressourcen und den Aufgaben des Klimaschutzes ergeben. Auf keine dieser Herausforderungen Sie sind eingegangen, Herr Gabriel, geschweige denn, dass Sie irgendeinen Lösungsvorschlag gemacht haben. Deshalb beobachten wir mit Interesse, wie Sie Schritt für Schritt eine Rolle rückwärts machen, statt in die Zukunft zu blicken. Wir sagen: Dies ist der Herbst der Entscheidungen für wichtige Weichenstellungen in Deutschland für das neue Jahrzehnt zwischen 2010 und 2020. Das ist unser Anspruch, und dem werden wir gerecht. Meine Damen und Herren, dabei sind solide Finanzen einer der Kernbausteine. Warum? Weil das für die Menschen bedeutet, dass sie keine Inflationsängste haben müssen, dass die, die wenig haben, nicht auch noch durch die Inflation enteignet werden, und dass wir Spielräume für die kommenden Generationen schaffen. Wir wollen und werden eine Stabilitätskultur in Deutschland verankern, die im Übrigen auch beispielhaft für Europa sein wird. Das drückt unser Haushalt aus. Meine Damen und Herren, wir haben einen Haushalt, bei dem immer noch jeder fünfte Euro durch Schulden finanziert wird. Wir haben aber einen Weg eingeschlagen auf der Grundlage der Schuldenbremse, die genau damit Schluss macht. Das ist damit gemeint, wenn es heißt: Deutschland lebt über seine Verhältnisse. Nicht der Einzelne lebt über seine Verhältnisse, sondern die Politik hat in der Vergangenheit nicht die Kraft aufgebracht, für die Zukunft Vorsorge zu treffen. Genau das ändern wir. – Hören Sie doch einmal zu. Wenn 2 Millionen Menschen weniger arbeitslos sind, dann haben davon zunächst einmal Millionen von Familien profitiert. Vielleicht könnten Sie das einmal zur Kenntnis nehmen. Eines ist doch klar: Wir brauchen Spielräume für Zukunftsinvestitionen. In dem Haushalt des Jahres 2010 sind ungefähr 72 Prozent fixe Ausgaben: für Soziales, für Personal und für Zinsen. Nur 28 Prozent bleiben für Investitionen und politische Zukunftsgestaltung übrig. 1991 waren das noch über 43 Prozent. Meine Damen und Herren, da müssen wir wieder hin. Es ist nicht in Ordnung, wenn die Ausgaben für Zinsen höher sind als die Ausgaben für Investitionen. Es ist nicht in Ordnung, wenn die Ausgaben für Zinsen doppelt so hoch sind wie die Ausgaben für Bildung und Forschung. Das werden wir ändern, weil wir an die Zukunft denken und uns nicht in der Gegenwart aufhalten, meine Damen und Herren. Darauf habe ich gestern und heute keine einzige Antwort von Ihnen gehört. Wenn man sich manche Landeshaushalte ansieht, zum Beispiel den von Nordrhein-Westfalen, dann hat man den Eindruck: Das findet alles im luftleeren Raum statt und hat mit der realen Welt überhaupt nichts mehr zu tun. Genau das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen, Herr Gabriel. Wir nehmen einige Bereiche ganz bewusst aus. Wir sparen nicht bei Bildung und Forschung, weil wir wissen, dass hier unsere Zukunft liegt. Wir sparen nicht bei der Kinderbetreuung, sondern setzen den Ausbau weiter fort, so wie wir begonnen haben. Wir sparen nicht bei den Investitionen. Was noch ganz wichtig ist: Wir setzen durch das, was wir tun, neue Anreize, Arbeit aufzunehmen, weil Arbeit Wohlstand für die Menschen bedeutet. Das ist unser Ziel, meine Damen und Herren. Meine Damen und Herren, natürlich hat die Finanzkrise tiefe Spuren hinterlassen. Wir haben uns im Frühjahr ganz wesentlich auch mit der Frage einer stabilen Währung zu befassen gehabt. Ich will daran erinnern: Hätten wir den Euro in dieser Krise nicht gehabt, wäre gerade eine Exportnation wie Deutschland von den Währungsturbulenzen in unserem Hauptexportmarkt, nämlich in Europa, sehr stark beeinflusst worden. Das heißt, der Euro hat uns geholfen, durch die Krise zu kommen. Aber die Krise hat auch zutage gefördert, dass die Solidität der Haushalte und die Wachstumskräfte in der Europäischen Union nicht gleich verteilt sind, dass wir große Ungleichgewichte haben und dass man an verschiedenen Stellen nicht entsprechend dem Stabilitätsund Wachstumspakt gearbeitet hat. Ich will nur daran erinnern: Die Sozialdemokraten haben bezüglich des Euro zweimal historisch versagt. Das erste Mal war, als Bundeskanzler Schröder 2004 den Stabilitätspakt, im Übrigen gegen das Votum seines eigenen Finanzministers, aufgeweicht hat und damit viel kraftloser gemacht hat; das war das erste historische Versagen. Das zweite Mal: Als infolgedessen der Euro in Schwierigkeiten kam, haben Sie sich der Stimme enthalten, weil Sie nicht zu Ihrer Verantwortung stehen wollten. Das ist das, was übrig bleibt. Wenn wir uns schon richtigerweise innenpolitisch streiten – das gehört zwischen Opposition und Regierung dazu –, dann hätte man wenigstens erwarten können, dass Sie bei den Verhandlungen mit Griechenland und über den Euro-Schutzschirm deutsche Interessen vertreten, dass Sie sich dafür einsetzen, dass der IWF einbezogen wird, dass in Griechenland eine Haushaltskonsolidierung stattfindet, dass die Länder sparen und dass wir im Interesse eines stabilen Euro unsere Stabilitätskultur auch in Europa verankern, meine Damen und Herren. Das wäre Ihre Pflicht gewesen. – Herr Poß, hören Sie auf zu schreien. Ja, ich habe zwei Monate gebraucht, um Europa davon zu überzeugen, dass erst einmal die Länder selbst sparen müssen und dass erst dann die Solidarität der Gemeinschaft kommt. Wenn Sie hier geholfen hätten, dann wäre es vielleicht schneller gegangen, aber das haben Sie nicht getan, und deshalb hat es so lange gedauert. Was die Regulierung der Finanzmärkte und die Lehren aus der Krise anbelangt, sind wir noch nicht am Ende, aber wir haben einiges erreicht: Es gibt jetzt eine europäische Finanzaufsicht, der auch die Ratingagenturen unterstellt sind. Auch wenn wir internationale Kritik bekommen haben: Es war richtig, dass wir mit dem Verbot von Leerverkäufen vorangegangen sind, um ein Zeichen dafür zu setzen, dass man nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten kann. Wir haben einen Restrukturierungsfonds eingerichtet, um die Bankeninsolvenzen zu bearbeiten, und wir haben eine Bankenabgabe eingeführt. Sie erzählen darüber, wer dadurch belastet wird und wer nicht. Schauen Sie sich doch die Details an. Es ist vollkommen klar: Je risikobehafteter das Kapital ist und die Geschäfte sind, umso mehr Abgabe muss gezahlt werden, damit in Zukunft nicht mehr der Steuerzahler für solche Krisen eintreten muss, sondern die Banken das selber tun müssen. Wir werden auch weiter für die Besteuerung der Finanzmärkte arbeiten. Der Bundesfinanzminister tut dies in vielen, vielen Gesprächen, und wir werden versuchen, möglichst viele Länder davon zu überzeugen. Leider ist die Welt nicht immer so, wie wir sie uns wünschen. Auch das gehört zum Betrachten der Realität. Aber wir geben nicht auf und bohren das dicke Brett. Es war auch richtig, dass jetzt die Eigenkapitalvorschriften verbessert werden. Wir erwarten von der EU, dass sie die Derivatemärkte ordentlich regelt. Wir als Staat müssen aus den krisenbedingten Beteiligungen in Deutschland Schritt für Schritt aussteigen. All das ist auf dem Weg, aber es bleibt noch viel Arbeit vor uns. Wir bleiben bei dem Credo: Jedes Produkt, jeder Akteur und jeder Finanzmarktteilnehmer muss reguliert sein, damit wir einen Überblick darüber haben, was auf den Finanzmärkten geschieht. Das ist die soziale Marktwirtschaft, wie wir sie in der Realwirtschaft seit Jahrzehnten kennen, und das muss auch für die Finanzwirtschaft in gleicher Weise gelten. Zu den Zukunftsaufgaben gehört zweitens die Sicherung der Zukunft der sozialen Sicherungssysteme. Hier muss man einfach feststellen, dass die Veränderungen im Altersaufbau von einigen in diesem Hause überhaupt nicht zur Kenntnis genommen werden. Schauen wir uns das einmal an: Auf 100 Erwerbstätige kommen heute 34 über 65-Jährige, 2020 39, 2030 53 und 2040 64 über 65-Jährige. Wer glaubt, er muss darauf nicht reagieren, wer glaubt, er kann das ignorieren, wer glaubt, er kann den Menschen ein X für ein U vormachen, genau der wird Politikverdrossenheit und Enttäuschung über Politik ernten. Wir werden das Gesetz Ihres früheren Bundesarbeitsministers Franz Müntefering, der bitter über Ihren Kurs enttäuscht ist – das wird man hier ja einmal festhalten dürfen –, umsetzen. Wir werden natürlich einen Bericht über die Erwerbstätigkeit der Älteren erstellen, und wir stellen fest, dass sich diese in den letzten Jahren verdoppelt hat. Das ist der Erfolg, auf dem wir aufbauen. Denn es gibt keine Alternative dazu, jedenfalls keine vernünftige, dass man sagt: „Wenn die Lebenserwartung steigt“ – in zehn Jahren steigt sie um durchschnittlich zwei Jahre –, „dann muss sich das auch im Erwerbsleben und in der Rente niederschlagen“, wenn man möchte, dass die Rente der Lohn für die Lebensleistung bleibt, und das möchten wir im Gegensatz zu anderen, die die Realität einfach nicht akzeptieren, meine Damen und Herren. Ein mindestens ebenso sensibler Bereich ist die Zukunft des Gesundheitssystems. Wir wissen: Wenn wir in einer alternden Gesellschaft leben, wenn wir mehr medizinische Möglichkeiten haben, dann ist es wahrscheinlich die schwierigste Aufgabe – wir erleben diese Diskussion ja in allen Industrieländern –, ein gerechtes, faires, bezahlbares und gutes Gesundheitssystem auf Dauer zu erhalten. Deshalb, meine Damen und Herren, müssen wir den Menschen sagen: Wenn wir keine Zweiklassenmedizin wollen – – – Ich weiß nicht, ob Sie sie wollen; ich will sie nicht. – Wir wollen sie nicht. Für uns ist es Ausdruck der sozialen Marktwirtschaft und unseres Bildes von Menschen, dass die Menschen in Deutschland wissen: Sie haben eine sichere Gesundheitsversorgung, und zwar für jeden, egal, ob arm oder reich. – Mir fällt auf, dass die FDP jetzt gleich mitklatscht, weil sie das genauso will wie wir. Die FDP hat eine Eigenschaft: Sie wartet immer, bis ich zum Ende des Satzes komme, und klatscht nicht einfach zwischendrin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Thema ist zu ernst. Hier gibt es eine gewisse Neigung, über zentrale Themen nicht mehr mit der notwendigen Ernsthaftigkeit zu sprechen. Das Thema der Gesundheitsversorgung ist zu ernst, als dass es hier in irgendwelchem Gebrüll untergehen sollte. Ich sage noch einmal: Die Gesundheitskosten werden steigen, auch die medizinischen Möglichkeiten. Daraus ergibt sich die Frage: Wie können wir das solidarisch bezahlbar machen? Ich sage Ihnen, dass es nicht möglich sein wird, wie wir es Jahrzehnte gemacht haben, wie es sich bewährt hat und wie wir es auch erhalten wollen, wie es heute ist, dass wir die paritätische Finanzierung, das heißt die Kopplung an die Arbeitskosten, voll aufrechterhalten. Denn entweder geraten sonst Arbeitsplätze im internationalen Wettbewerb in Gefahr, oder aber die Finanzierung der Gesundheitskosten steht nicht in dem notwendigen Umfang zur Verfügung. Deshalb sagen wir – das ist Solidarität –: Wir entkoppeln für die aufwachsenden Kosten die Arbeitskosten und die Gesundheitskosten stärker. Wir sorgen dafür, dass niemand mit dem, was er zahlen muss, überfordert wird, indem wir eine Grenze einlegen. Dann machen wir den Solidarausgleich nicht mehr nur von den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bis zur Beitragsbemessungsgrenze, sondern von allen Steuerzahlern. Das ist gelebte Solidarität, meine Damen und Herren. Wenn Sie glauben, Sie können sich da noch ein, zwei, drei Jahre durchmogeln, dann sage ich Ihnen: Wir stellen die Weichen für die Zukunft. Vertrauen in Politik resultiert auch daraus, dass Menschen berechenbare Verhältnisse haben und wissen, was auf sie zukommt. Auch die Fragen, was mir eine Krankenkasse bietet, welche Entscheidungsmöglichkeiten ich habe und wie ich präventiv etwas für meine Gesundheit tun kann, gehören dazu. Die Wahlmöglichkeiten für die Patienten müssen gestärkt werden. Anders geht es in einer modernen Gesellschaft nicht, meine Damen und Herren. Drittens. Wir müssen etwas gegen die Langzeitarbeitslosigkeit und etwas für diejenigen Familien tun, deren Kinder in einer schwierigen Situation sind. Auf der einen Seite gibt es einen Fachkräftemangel – das wird überall beklagt –, und auf der anderen Seite gibt es über 2 Millionen Menschen, die erwerbsfähig sind und keinen Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Das sind vor allen Dingen alleinerziehende Mütter, und das sind Menschen über 50 Jahre. Ich finde mich nicht damit ab, dass wir einerseits Pflegekräfte von überall her holen müssen, und andererseits erklären müssen, dass über 2 Millionen Menschen, die heute keine Erwerbsmöglichkeit haben, per se nicht dafür geeignet sind. Deshalb geht es darum, die Langzeitarbeitslosigkeit abzubauen, und zwar ganz entschieden. Ursula von der Leyen als Bundesarbeitsministerin tut genau dies. Herr Trittin, vielleicht darf ich Sie daran erinnern: Im Jahr 2006, als wir fast 5 Millionen Arbeitslose hatten, gab es weniger Eingliederungshilfen, als wir heute mit knapp über 3 Millionen Arbeitslosen und nächstes Jahr mit um die 3 Millionen Arbeitslosen haben. Wer da von sozialem Kahlschlag spricht, der lügt – so muss man es sagen –, der sagt einfach die Unwahrheit. In der Großen Koalition war es immer auskömmlich. Bei mehr Arbeitslosigkeit mussten wir weniger Geld pro Arbeitslosem ausgeben als heute. Wir werden dieses Geld sogar noch effizienter einsetzen. Wenn wir uns den Bundeshaushalt anschauen, dann stellen wir fest, dass die 40 Milliarden Euro, die wir für Langzeitarbeitslose und ihre Familien ausgeben müssen, genau der Teil des Haushalts sind, aus dem wir Zukunft formen können, indem wir Menschen wieder eine Arbeitschance geben und damit die Ausgaben in diesem Bereich senken. Kein anderer Bereich des Bundeshaushalts eignet sich dafür. Deshalb ist unsere Hauptaufgabe, die Langzeitarbeitslosigkeit anzugehen und Hartz-IVEmpfängern wieder bessere Vermittlungsmöglichkeiten zu geben. Glücklicherweise haben wir in der Frage gut zusammengearbeitet, als es um die Neuregelung der Jobcenter ging. Deshalb wird bei der Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils Ursula von der Leyen vor allen Dingen auch etwas für die Kinder aus diesen Familien tun. Dabei bitte ich um Ihre tätige Mithilfe, wenn wir das bis zum Beginn des Jahres auf die Reihe bringen. Wir sagen: Bildung ist der Schlüssel für Teilhabe an der Gesellschaft. Wie wir gestern aus der Shell-Studie erfahren haben, gibt es 10 bis 15 Prozent Kinder, für die diese Teilhabe noch nicht gilt und die frustriert sind. – Ja, trotz elf Jahren sozialdemokratischer Regierung, in denen Sie immer den Arbeitsminister gestellt haben, hat es nicht geklappt. Es gibt halt Probleme, an denen wir noch weiter arbeiten müssen, und wir werden entschieden daran arbeiten. Wir sagen zum ersten Mal: Wir wollen Sachleistungen, damit Bildung auch bei den Kindern ankommt. Auf dieser Basis wird Ursula von der Leyen Vorschläge machen. Das ist richtig und gut. Der vierte Punkt hat etwas damit zu tun, ob wir Industriestandort bleiben werden, ob wir uns als Industrieland modernisieren werden oder nicht. Das ist die Energiepolitik. Die Energiepolitik ist klar ein wesentliches Element der Zukunft unseres Landes. Dabei muss man die Frage beantworten, wie wir den Wandel in diese Zukunft gestalten. Wir haben Ihnen dafür ein Energiekonzept vorgelegt. Dieses Energiekonzept beruht seit langer Zeit zum ersten Mal auf klaren Analysen, wie sich die Entwicklung gestalten wird, soweit man dies für 10, 20 oder 30 Jahre vorhersagen kann. Mit diesem Konzept machen wir deutlich, dass wir drei Dinge zusammenbringen, die für einen modernen Industriestandort ganz wesentlich sind: Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit des Stroms und Umweltverträglichkeit. Ich glaube, wir alle verfahren richtig, wenn wir sagen, es macht keinen Sinn, wenn wir auch im internationalen Wettbewerb stehen, ideologiegetriebene Energiepolitik zu machen, sondern es macht Sinn, eine rationale, vernünftige Energiepolitik mit einem klaren Ziel zu machen. Dieses Ziel heißt für uns: Wir wollen das Zeitalter der erneuerbaren Energien erreichen, aber so, dass Wirtschaft und Umwelt zusammenkommen, statt gegeneinander ausgespielt zu werden. Das ist unser Konzept. Dieses Konzept werden wir am 28. September in der Regierung verabschieden und in der nächsten Sitzungswoche hier debattieren. In diesem Energiekonzept gibt es Brückentechnologien, ja. Das ist die Kernenergie; das sind die Kohlekraftwerke. Die brauchen wir, und wir tun den Menschen keinen Gefallen, wenn wir so tun, als ob wir das alles nicht mehr brauchen, den Bau jedes modernen Kohlekraftwerks verhindern und aus ideologischen Gründen die Kernkraftwerke abschalten. Das ist nicht unser Zugang. Wir machen es wirtschaftlich vernünftig, weil das Arbeitsplätze für Deutschland sichert. Wir wollen bis 2050 80 Prozent erneuerbare Energien. Wir wollen die Energieeffizienz so verbessern, dass wir bis 2050 den Energieverbrauch halbieren können. Wir wissen um unsere Aufgaben bei den Klimaschutzzielen, und wir brauchen eine neue Netzinfrastruktur, Mobilität und Energieforschung. All das hat die Bundesregierung erarbeitet, oder sie wird es erarbeiten. Was in der Diskussion auftaucht, ist zum Teil sehr abenteuerlich. Sie haben damals im Zusammenhang mit dem Ausstieg mit den Elektrizitätsversorgungsunternehmen einen Vertrag geschlossen, in dem Sie den Stand der Sicherheit manifestiert haben, während wir im Atomgesetz mehr Sicherheit für Kernkraftwerke verankern wollen. Das ist die Wahrheit. Sie haben sich überhaupt nicht mehr um die Entsorgung gekümmert. – Herr Trittin, Sie haben nachher das Wort. Wir wollen der Wahrheit die Ehre geben. Für die schwach radioaktiven Abfälle haben Sie am Schacht Konrad weitergearbeitet. – Im eigenen Wahlkreis, ganz toll. – Damit haben wir inzwischen wenigstens für Röntgenbilder und Ähnliches ein Lager in Deutschland. Für schwach radioaktive Abfälle haben wir das. Aus Ihrem Schreien spricht doch nur Ihr schlechtes Gewissen. Sie haben damals ein drei- bis zehnjähriges Moratorium für Gorleben verhängt. Sie haben sich um die Entsorgung der stark radioaktiven Abfälle überhaupt nicht mehr gekümmert und tun heute so, als wäre es unsere Schuld, dass es so etwas noch nicht gibt. Wir heben das Moratorium auf. Wir erkunden ergebnisoffen weiter, weil wir verantwortlich handeln und nicht den Kopf in den Sand stecken, wenn es um radioaktive Abfälle geht. Es ist richtig – Ihre Zahlen kann ich aber nicht nachvollziehen –: Durch die Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken entstehen zusätzliche Gewinne. Weil die Unternehmen damals einen Deal mit Ihnen gemacht haben und sich darauf eingelassen haben, auf Gewinne zu verzichten, fühlen wir uns heute legitimiert, zu sagen: Von den zusätzlich entstehenden Gewinnen wollen wir einen großen Teil haben, um erneuerbare Energien zu fördern, und zwar nicht unter der Ägide der EVU, sondern durch einen Fonds, dessen Verwendung wir bestimmen. Damit verbessern wir die Einführung erneuerbarer Energien in Deutschland. Es kann schneller gehen, weil wir die Brückentechnologie vernünftig nutzen. So wird es uns dann auch gelingen, die Technologieführerschaft Deutschlands – diese besteht in vielen Bereichen; daran haben viele mitgearbeitet – bei den erneuerbaren Energien weiterzuentwickeln und weiter führend auf dem Weltmarkt zu bleiben. Wenn wir heute große Anteile am weltweiten Export bei der Windenergie haben, dann ist das gut für Deutschland. Dann ist das Modernisierung. Das hat etwas mit Technologieführerschaft zu tun. Ich möchte noch einen Moment bei der Technologieführerschaft bleiben. Wenn man in Deutschland herumfährt, dann stellt man fest, dass jeder für erneuerbare Energien ist. Wenn ich aber nach Baden-Württemberg komme und ein Laufwasserkraftwerk besichtige, dann stelle ich fest, dass die Grünen oder jedenfalls ihre Sympathisanten als Erste dagegen sind, weil man natürlich keinen Eingriff in die Natur will. Wenn ich in den Norden fahre, dann stelle ich fest, dass es laufend Demonstrationen gegen 380-Kilovolt-Leitungen gibt. Jeder möchte zwar erneuerbare Energien, aber keine neue Leitung. Es kann nicht sein, dass die ganze linke Seite dieses Hauses nichts dazu beiträgt, dass der Technologiestandort Deutschland wirklich zum Leben erweckt wird, und gegen alles und jedes ist. – Herr Kelber, die ganzen schönen Offshore-Standorte werden uns nichts nutzen, wenn der Strom anschließend nicht dorthin kommt, wo er gebraucht wird. Da haben Sie genauso wie alle anderen die Pflicht, dafür Sorge zu tragen und den Menschen zu erklären, dass neue Infrastruktur gebaut werden muss, um neue Technologien einzuführen. Damit komme ich zu einem anderen Projekt, das auch die Gemüter bewegt. Die Grünen sind immer für die Stärkung der Schiene. Wenn es aber einmal um einen neuen Bahnhof geht, sind sie natürlich dagegen. Die SPD war jahrelang für Stuttgart 21. Jetzt, wo man ein bisschen dafür kämpfen muss, fangen Sie an, dagegen zu sein. Diese Art von Standhaftigkeit ist genau das, was Deutschland nicht nach vorne bringt. Wir wollen etwas anderes. Bei völlig rechtmäßig getroffenen Entscheidungen braucht man keine Bürgerbefragung in Stuttgart. Vielmehr wird genau die Landtagswahl im nächsten Jahr die Befragung der Bürger über die Zukunft Baden-Württembergs, über Stuttgart 21 und viele andere Projekte sein, die für die Zukunft dieses Landes wichtig sind. Das ist unsere Aussage. Wir werden eine große Debatte über die Zukunftsfähigkeit Deutschlands führen. Einen Tunnel von Basel nach Karlsruhe oder was weiß ich von wo nach wo bauen zu wollen, aber nicht einmal aus einem Sackbahnhof einen Untergrundbahnhof, einen Bahnhof unter der Erde zu machen, ist verlogen, Herr Trittin. Als in Berlin ein Nord-Süd-Tunnel gebaut wurde, waren Sie dafür. Wenn es jetzt Proteste gibt, dann sind Sie dagegen. So kann man Deutschlands Zukunft nicht gestalten, meine Damen und Herren. Wir werden uns in der Koalition natürlich auch den außen-, sicherheits- und innenpolitischen Aufgaben stellen. – Wir haben schon eine ganze Reihe an Dingen auf den Weg gebracht, und wir werden noch andere Dinge auf den Weg bringen. Ich sage Ihnen: Wenn wir im November die zweite und die dritte Lesung des Haushaltes haben, wenn wir als christlich-liberale Koalition ein Jahr im Amt sein werden, dann werden wir Ihnen an den Entscheidungen, die ich Ihnen heute hier genannt habe – auf die Zukunft der Bundeswehr gehe ich gleich ein –, zeigen können, dass ein Jahr christlich-liberale Koalition dieses Land so verändern wird, dass wir die Aufgaben für die Zukunft endlich ernst nehmen und nicht weiter von Tag zu Tag leben. Das ist das, was die Menschen spüren. Die Menschen in diesem Land spüren das ganz genau. Herr Gabriel, ich bin bei Ihnen, dass Menschen im Land oft sagen: Wissen die noch von unseren Sorgen? Kennen die unser Problem? Wissen die, wie lange man vielleicht auf einen Arzttermin wartet? Wissen die, wie das mit der Gewalt und der Sicherheit auf der Straße ist? – Es nützt aber nichts, die Rente mit 67 wieder rückgängig zu machen, weil ich dadurch bei meinen Versammlungen drei Tage lang schönes Wetter kriege. Die Aufgabe heißt doch vielmehr, eine verantwortliche Politik zu machen und mit den Menschen darüber zu sprechen, was richtig und wichtig für unsere Zukunft ist. Das machen wir. Das machen wir in der Frage der Bundeswehr, indem wir fragen, ob das, was uns allen – jedenfalls wenn ich einmal für die Union sprechen kann – lieb ist, nämlich die Wehrpflicht, die wir viele Jahrzehnte lang für richtig befunden haben, noch notwendig und machbar ist. Wir fragen: Werden wir den sicherheitspolitischen Verantwortungen gerecht, die in einer neuen und veränderten Welt bestehen? Wir machen das auch bei der Frage, wie viel individuelle Freiheit wir im Internet brauchen und wie viel Schutz wir dafür brauchen. All das ist Neuland. Hier hat keiner sofort die Lösungen parat. Darüber muss diskutiert werden. Wenn in diesem Land jede Diskussion und jeder Meinungsaustausch ein Streit ist, dann muss es eben Streit sein. Ohne solche Diskussionen, Diskurse und Dispute werden wir nicht die richtigen Antworten finden. Wir stehen dazu. Zum Schluss wird entschieden, und es wird durch Mehrheit das gemacht, was wir insgesamt für richtig befinden. Ich bin auch sehr dafür, das wir nicht mit Ressentiments arbeiten, aber ich sage auch: Man kann unterschiedlicher Meinung darüber sein, aber wenn Sie eine Leistung für Mütter in Familien, die ihre Kinder zu Hause erziehen, einfach als Herdprämie diffamieren, dann leisten Sie einen Beitrag zu Ressentiments, die wir nicht wollen. Auch das Thema der Integration ist ein Thema, bei dem man mit Ressentiments nicht weiterkommt. Unsere Gesellschaft verändert sich. Etwas weniger als 20 Prozent der Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund. Wenn wir diese Menschen integrieren wollen, dann müssen wir auch sehen, dass sich dadurch unsere Gesellschaft verändert. Wir können daraus etwas Gutes machen. Im Übrigen gibt es viele gelungene Beispiele. Es gibt 600 000 Selbstständige mit Migrationshintergrund und 2 Millionen Arbeitsplätze in diesem Bereich. Das soll man nicht verschweigen. Es gibt aber auch riesige Probleme. Hierzu sage ich ganz einfach: Wir haben Fehler gemacht. Wir haben vielleicht zu lange von Gastarbeitern gesprochen und nicht zur Kenntnis genommen, dass sie in der zweiten, der dritten oder der vierten Generation bei uns leben. Sie aber haben von Multikulti geredet, ohne zu sagen: Integration ist Fordern und Fördern, und zwar ein Fordern in gleicher Größenordnung. Das haben Sie viele Jahre lang völlig vernachlässigt. Ich habe die Integrationsbeauftragte ins Kanzleramt geholt. Wir waren es, die Integrationskurse verpflichtend gemacht haben. Wir waren es, die gesagt haben: Wer zu uns zieht, der muss auch unsere Sprache können, damit er sich in dieser Gesellschaft bewegen kann. Wir haben die Verpflichtung, an den Schulen deutsch zu sprechen, und die Sprachtests eingeführt. Nichts kam von dieser Seite des Hauses. Da hilft auch das Schreien im Nachhinein nicht. Deshalb werden wir als Bundesregierung am 3. November wieder einen Integrationsgipfel veranstalten. Ich werde mit den Ministerpräsidenten bei dem jährlichen Treffen im Dezember über Fragen der Integration sprechen. Ja, es ist richtig: Es gibt zu viele Vollzugsdefizite. Wer nicht zum Integrationskurs geht, obwohl er dazu verpflichtet ist, dem kann heute, wenn er Arbeitslosengeld-II-Empfänger ist, die Leistung gekürzt werden, und zwar um 30 Prozent, 60 Prozent bis hin zu Sachleistungen. Wir werden überprüfen, ob das wirklich überall gemacht wird, weil Strenge und striktes Fordern auch bei der Integration die notwendige Voraussetzung dafür sind, dass Menschen hier ihre Chancen bekommen und an der Gesellschaft teilhaben. Ich will das, weil wir ansonsten keine menschliche Gesellschaft sind. Vor 20 Jahren hat eine christlich-liberale Koalition unter der Führung von Helmut Kohl, Hans-Dietrich Genscher und Theo Waigel die deutsche Einheit mit mutigen Entscheidungen möglich gemacht. Die Bürgerbewegung der ehemaligen DDR hat ihren Beitrag dazu geleistet, genauso wie die vielen Menschen in den neuen Bundesländern, die die völlige Veränderung ihres Lebens durch erhebliche Kraftanstrengungen gemeistert haben und heute riesige Erfolge verzeichnen können. Ihren Beitrag haben auch Millionen Menschen in der alten Bundesrepublik geleistet, die Solidarität für unser Vaterland gezeigt haben. Ich glaube, dass wir in diesem Land auf dieser Grundlage auch für die nächsten zehn Jahre die Weichen richtig stellen können. Wenn wir die Herausforderungen analysieren, wenn wir den Realitäten ins Auge sehen, wenn wir die Kraft haben, die Menschen zu gemeinsamen Anstrengungen für dieses Land zu motivieren, dann haben wir diese Chance. Die christlich-liberale Koalition ist eine Koalition, die den Menschen in diesem Lande etwas zutraut, die glaubt, dass die Menschen ihren Beitrag für unser Gemeinwesen leisten wollen, die glaubt, dass, wenn wir die Rahmenbedingungen setzen, sich Leistung in diesem Lande lohnt, dass, wenn wir den Schwächeren helfen, etwas leisten zu können, Teilhabe für alle möglich ist. Ob es Menschen im Ehrenamt sind, ob sie vielleicht in einem freiwilligen Wehrdienst sind oder ob im sozialen Bereich Ältere freiwillig mit Jüngeren arbeiten – wir werden alle brauchen, um diese Gesellschaft menschlich zu gestalten. Wer den Eindruck erzeugt, dies könne allein der Staat tun, hat ein falsches Menschenbild. Nur wer den Menschen etwas zutraut und sie motiviert, sich nicht nur für ihre eigenen Interessen einzusetzen, sondern auch an die Gemeinschaft zu denken, wird es schaffen, dieses Land zu einem weiterhin wohlhabenden Land zu machen. Das ist unser Ansatz. Das wollen wir. Das wird die christlich-liberale Koalition auch schaffen. Herzlichen Dank.
CDU/CSU
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Eigentlich ist das Thema, über das wir jetzt sprechen, ein schönes Thema. Es geht um Geräusche, die Kinder machen, um spielende, lärmende und kreischende Kinder; es geht um Kinder, die ihre Welt erobern und entdecken. Kindergeräusche – man kann es sicherlich auch Kinderlärm nennen – sollten eigentlich das Normalste auf der Welt sein; aber leider ist es nicht so. Leider mehren sich gerichtliche Auseinandersetzungen wegen Kinderlärms, und zwar im Zusammenhang mit dem Ausbau von Ganztagsschulen und Kitas, leider auch vermehrt im Zusammenhang mit Jugendeinrichtungen. Diese Entwicklung muss uns sehr große Sorgen bereiten. Einige von Ihnen kennen vielleicht das Zeit-Magazin vom Juli dieses Jahres. Darin findet sich eine wirklich erschreckende Reportage über die Versuche, in Hamburg neue Kitas zu gründen. Allein im Jahre 2009 sind nur in Hamburg 20 Kindergartenprojekte verschiedenster Träger ins Sperrfeuer der Nachbarschaft geraten. Einige dieser Projekte wurden gar nicht realisiert, andere wurden nur unter sehr strengen Auflagen genehmigt; nur manche konnten tatsächlich wie geplant umgesetzt werden. Ähnliche Berichte erreichen uns aus den unterschiedlichsten Ecken der Republik. Es ist sehr ärgerlich, wenn derartige gegen Kinder, Jugendliche und Familien gerichtete Auseinandersetzungen auch noch von einigen Politikern befördert werden. Beispielsweise hat der CDU-Sozialsenator von Hamburg im Zusammenhang mit dem schon erwähnten Kita-Ausbau gesagt, er könne den Ärger der Anwohner verstehen. Der Vorsitzende der Senioren-Union in Nordrhein-Westfalen sah sogar den sozialen Frieden durch den Lärm von Kindergärten gefährdet. Ich finde, derartige Äußerungen müssen ganz entschieden zurückgewiesen werden. Ich darf wohl davon ausgehen, dass wir uns in dieser Runde darüber einig sind – ich zitiere, was im Koalitionsvertrag von Schwarz-Gelb festgehalten worden ist –, dass Kinderlärm „keinen Anlass für gerichtliche Auseinandersetzungen geben“ darf. Dieser Konsens ist nicht neu. Die FDP beispielsweise hat schon im Januar 2009 einen Antrag mit dieser Zielrichtung vorgelegt. Die damalige Große Koalition hat im Juni 2009 einen quasi inhaltsgleichen Antrag im Plenum nsvertrag; das ist jetzt ungefähr ein Jahr her. Hinzu kommt: Wir wissen schon lange, was wir gesetzgeberisch machen müssten. Vor allem ist § 3 der Baunutzungsverordnung um die Zulässigkeit von Kindertageseinrichtungen in reinen Wohngebieten zu ergänzen. Ferner ist die Privilegierung des Kinderlärms im Lärmschutzrecht erforderlich. Wichtig ist auch – das stellen wir in dem Antrag, den wir heute eingebracht haben, heraus –, eine Möglichkeit zu finden, um bereits bestehende Einrichtungen vor gerichtlichen Auseinandersetzungen wegen Kinderlärms zu schützen. Jetzt haben wir November 2011. Wir müssen konstatieren: Es ist überhaupt noch nichts passiert. Uns läuft die Zeit davon, insbesondere mit Blick auf den Ausbau der Kitas, der unbedingt notwendig ist, um dem im Gesetz verankerten Rechtsanspruch, der ab 2013 besteht, entsprechen zu können. Fakt ist: Das Thema Kinderlärm soll erst im Rahmen einer breit angelegten Novelle zum Bauplanungsrecht aufgegriffen werden. Die Eckpunkte sollen im nächsten Sommer vorgelegt werden. Frühestens 2012 werden wir ein Gesetzgebungsverfahren haben. Das Ganze dauert einfach viel zu lange. Unser Antrag ist nicht nur ein Plädoyer für Kinderlärm als Zukunftsmusik, sondern stellt auch einen ganz konkreten Handlungsauftrag an die Regierung dar, sich beim Thema Kinderlärm endlich an die Arbeit zu machen und nicht länger auf Zeit zu spielen. Ich denke, das ist in unser aller Interesse. Vielen Dank.
GRUENE
Die internationale Staatengemeinschaft hat sich vor gut einem Jahr beim hochrangigen Treffen der Vereinten Nationen zu HIV/Aids in New York verpflichtet, bis 2015 die Mutter-Kind-Übertragungen zu stoppen und den Anteil der sexuellen Übertragungen zu halbieren. Auch Deutschland steht hier in der Verantwortung, seinen Beitrag zu leisten, insbesondere finanziell. Denn wir müssen heute investieren, um die Zukunft von morgen gestalten zu können! Das ursprüngliche Ziel der Weltgemeinschaft, bis 2010 universellen Zugang zu Prävention, Therapie, Betreuung und Unterstützung zu ermöglichen, wurde bereits weit verfehlt und hat damit Millionen von Menschen das Leben gekostet. Gerade beim Thema der Mutter-Kind-Übertragung ist der Zugang zu antiretroviralen Medikamenten, HIVTests und Präventionsmitteln entscheidend. 90 Prozent aller HIV-infizierten Kinder infizieren sich über ihre Mutter mit dem Virus, meist bei der Geburt oder über die Muttermilch. Durch die Gabe von antiretroviralen Medikamenten an die HIV-positiven Mütter könnte die Zahl der jährlich 400 000 Neugeborenen, die sich mit HIV/ Aids infizieren, drastisch gesenkt werden. UNAIDS, das gemeinsame Programm der Vereinten Nationen zu HIV/ Aids, dokumentiert allerdings, dass nicht einmal die Hälfte der therapiebedürftigen HIV-Infizierten entsprechende Medikamente erhält. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Mehrheit der Abgeordneten hier im Deutschen Bundestag und die gesamte grüne Bundestagsfraktion haben sich zum 0,7Prozent-Ziel bekannt und den entwicklungspolitischen Konsens unterschrieben. Mit einigen von Ihnen habe ich gemeinsam Transparente vor dem Deutschen Bundestag hochgehalten und mit Unterschriften die Kampagne des Aktionsbündnisses gegen Aids „Bis 2015 – Babys ohne HIV!“ offiziell unterstützt. Diese Bekenntnisse müssen sich endlich auch für die Betroffenen in konkrete Politik umsetzen. Der Antrag der SPD-Fraktion enthält viele wichtige Forderungen, die wir nicht nur gerne mittragen wollen, sondern auch selbst in unseren Anträgen schon gefordert haben. Allerdings haben wir Grünen im Rahmen der Haushaltsberatungen entsprechend dem entwicklungspolitischen Konsens, das 0,7-Prozent-Ziel umzusetzen, klare finanzielle Aussagen zu einzelnen Titeln getroffen, die sich nicht ganz mit den Forderungen des uns vorliegenden Antrags decken. Auch an anderen Stellen des Antrags sehen wir noch Diskussionsbedarf. So ist beispielsweise die Forderung, HIV/Aids prioritär im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung zu berücksichtigen, angesichts eines Forschungsdefizits im Zu Protokoll gegebene Reden Bereich der vernachlässigten Krankheiten einschließlich Tuberkulose und Malaria und insbesondere der vernachlässigten Aspekte von HIV/Aids noch einmal zu überprüfen. Auch in Bezug auf die Lizenzpolitik stellt sich in Deutschland bis dato nicht die Frage, ob öffentlich finanzierte Forschungsinstitute komplette Patente auf ein fertig entwickeltes HIV/Aids-Medikament oder Produkt besitzen. Forschungsinstitute geben vielmehr Patenteigentum an Erfindungen weiter, beispielsweise aus der Grundlagenforschung, die noch kein fertiges Produkt darstellen. Die Forderungen im Sinne einer gerechten Lizenzpolitik müssen also weitergehen, um es zu ermöglichen, Medikamente, Impfstoffe und andere medizinische Produkte, die auf öffentlich finanzierter Forschungsförderung beruhen, für Menschen in ärmeren Ländern leichter zugänglich zu machen. Dazu kann beispielsweise die Aufnahme sozialer Kriterien im Sinne einer gerechten Lizenzpolitik bei Verträgen – zum Beispiel zwischen Hochschulen oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Unternehmen – einen wichtigen Beitrag leisten. Ich begrüße es aber sehr, dass meine Kolleginnen und Kollegen aus der SPD-Fraktion das Thema HIV/Aids und insbesondere auch die Mutter-Kind-Übertragung auf die Tagesordnung des Deutschen Bundestages gesetzt haben. Im Rahmen der Beratungen in den Ausschüssen werden wir noch einmal zu den einzelnen Punkten diskutieren und damit auch diesem wichtigen Thema mehr Raum geben.
GRUENE
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Frau Piltz, das Angebot nehmen wir an. Aber dann legen Sie doch einmal etwas vor! Darauf warten wir ganz gespannt. Wir haben vernommen, dass die Spitzen der Koalition das Thema auf 2011 vertagt haben und dass das Bundesjustizministerium aufgefordert ist, bis Ende 2010 noch einen Bericht über die Vorratsdatenspeicherung vorzulegen. Nun schauen wir auf den Kalender und stellen fest, dass das Jahr noch 16 Tage hat, eher 15; wir sind ja jetzt schon am Abend. Wir warten gespannt, was wir unter dem Tannenbaum zur Vorratsdatenspeicherung lesen dürfen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, wir lesen immer nur, dass Sie sich nicht einigen können. Wir sehen, dass Sie nicht handlungsfähig und nicht in der Lage sind, dieses wichtige Thema zu entscheiden. Frau Piltz hat gesagt: Es darf kein „Weiter so“ geben. – Dem kann man zustimmen. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden. Wir warten darauf, dass Sie etwas vorlegen. Sie sind am Zug. Wir wollen hier über etwas diskutieren. – Ich komme dazu; ich habe ja noch ein paar Minuten. Inakzeptabel ist meiner Meinung nach das Argument: Wir warten auf Europa. – Darüber müssen wir uns wirklich einmal auseinandersetzen. Die Grünen haben den Antrag mit dem Titel „Keine Vorratsdatenspeicherungen über den Umweg Europa“ vorgelegt. Ich finde übrigens: Europa ist nie ein Umweg. Aber wir müssen uns darüber unterhalten, ob wir auf Europa warten können oder nicht. Wir sind der Auffassung, dass wir in Deutschland entscheiden müssen, wie es mit der Vorratsdatenspeicherung weitergeht. Das Bundesverfassungsgericht hat am 2. März dieses Jahres entschieden, dass die Vorratsdatenspeicherung mit Art. 10 Grundgesetz unvereinbar ist. Es hat klare Kriterien und klare Voraussetzungen formuliert, unter denen eine Vorratsdatenspeicherung möglich wäre, wenn man sie denn möchte. Das Bundesverfassungsgericht hat ausgeführt – ich will das zitieren, weil das sehr eindringlich war und für uns auch ein Handlungsauftrag ist –: Anlasslose Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten ist geeignet, „ein diffus bedrohliches Gefühl des Beobachtetseins hervorzurufen“, das „eine unbefangene Wahrnehmung der Grundrechte in vielen Bereichen beeinträchtigen“ kann. Wir alle haben das gut gelesen. Diese Frage, liebe Kolleginnen und Kollegen, können wir nicht kommentarlos nach Europa delegieren. Diese Frage müssen wir hier im Deutschen Bundestag beantworten. Wir müssen anhand der Maßstäbe des Grundgesetzes entscheiden, wie wir bei der Vorratsdatenspeicherung weiter vorgehen. Wir im Deutschen Bundestag sind als Gesetzgeber gefragt. Ich will noch einen zweiten Grund nennen, warum es falsch ist, auf Europa zu warten. Wir sind nicht irgendein Mitgliedstaat in der Europäischen Union; das wissen wir. Wir müssen das europäische Recht gestalten. Wir sind ein großer Staat mit viel Gewicht. Ich möchte an dieser Stelle, anders als es sich in der Europapolitik der Bundesregierung zeigt, nicht sagen, was ich nicht will, sondern ich möchte Europa gestalten, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir haben dazu die Chance.
SPD
Herr Minister , halten Sie es unter den Gesichtspunkten , die Sie gerade ausgeführt haben , überhaupt noch für hinnehmbar , daß durch den Abschluß von Werkverträgen bekanntermaßen rund 300 000 illegale Einwanderungen erfolgen ? Um das abzustellen , müßte kein 11614 Deutscher Bundestag _ 12 . Wahlperiode - 134 . Sitzung . Bonn , Donnerstag , den 21 . Januar 1993 Hans Büttner Grundrecht geändert werden , sondern dazu reichten administrative Maßnahmen aus . .
SPD
Frau Staatssekretärin , wie will die Bundesregierung als die für die Flugsicherung über deutschem Hoheitsgebiet Verantwortliche künftig sicherstellen , dass die von der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung empfohlenen und von der Deutschen Flugsicherung bereits erfüllten Sicherheitsstandards , die die Schweizer Skyguide nach dem Untersuchungsbericht eben nicht erfüllt , künftig auch von der Schweizer Skyguide erfüllt werden , die für die Flugsicherung in einem großen Bereich des süddeutschen Raumes verantwortlich ist ? Iris Gleicke , Parl . Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr , Bau- und Wohnungswesen : Herr Kollege Schockenhoff , es ist so , dass die Skyguide selbstverständlich den Sicherheitsvorschriften der Eurocontrol unterliegt . Uns liegen keine Erkenntnisse vor , dass Skyguide diese Sicherheitsvorschriften nicht einhält .
CDU/CSU
Herr Präsident ! Meine Damen und Herren ! Seit der Konferenz von Rio 1992 ist der Begriff nachhaltige Entwicklung zu einem umweltpolitischen Leitbild geworden . Die integrierende Betrachtung ökologischer , ökonomischer und sozialer Probleme macht den übergreifenden Zusammenhang deutlich , in den die Umweltprobleme gestellt werden müssen . Die Koalition hat in ihrem Antrag hoch gesteckte Ziele formuliert , was die PDS sehr begrüßt . Zu Recht sind die bisher weitgehend unverbundenen Sektorstrategien zur Birgit Homburger 16671 Einbeziehung des Umweltschutzes aufeinander abzustimmen ; zu Recht wird von der Stärkung der Beschäftigung gesprochen ; denn man kann dem Markt nicht die Dimension einer sozialökologischen Nachhaltigkeit überlassen . Schließlich ist im Antrag von klaren Zielvorgaben und zeitlich definierten Schritten zur Umsetzung die Rede . Leider finden sich im Forderungsteil jedoch keine konkreten Vorstellungen und keine Angebote als Auftrag an die Bundesregierung . . Ein Vergleich des vorliegendenAntrags mit der von der Koalition formulierten nationalen Nachhaltigkeitsstrategie macht deutlich , dass es gravierende Unterschiede gibt : Warum werden nicht auch die Atomkraft , mehr Generationengerechtigkeit , eine breitenwirksame Medien- und Bildungsoffensive sowie friedenspolitische Aspekte in die europäische Nachhaltigkeitsstrategie einbezogen ? Schwerpunkte einer Nachhaltigkeitsstrategie müssten unter anderem sein : eine Langfrist- und Folgeorientierung , die Verbindung von regionalen und globalen Analyseebenen , die Orientierung an gesellschaftlichen Bedürfnisfeldern , eine Akteurs- und Anwenderorientierung , Sozialverträglichkeit und die Bildung und Erziehung zur nachhaltigen Entwicklung . Oft verbirgt sich hinter dem Etikett nachhaltige Entwicklung nur eine schöne Ummantelung konkreter Projekte , deren Nachhaltigkeit für die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft umstritten ist . Seit Jahren ist ein zunehmendes ökologisches Unwohlsein in der Gesellschaft zu beobachten . Um dem Einhalt zu gebieten , gibt es inzwischen sehr viele Papiere zur Nachhaltigkeit auf allen Ebenen . Sie sollen den Ergebnissen von Rio , der Agenda 21 oder dem Vertrag von Amsterdam Rechnung tragen . Auch in der Wirtschaft haben sich fast alle großen Konzerne die Nachhaltigkeit in ihre Unternehmensphilosophie geschrieben , mit dem Erfolg , dass seit Jahren die profunden Aussagen und Analysen in Umweltberichten , des Rates der Sachverständigen für Umweltfragen und der damaligen Enquête-Kommission Schutz des Menschen und der Umwelt zunehmenden Ressourcenverbrauch , abnehmende Artenvielfalt sowie hausgemachte Katastrophen verkünden und dass seit Jahren bei jeder Rationalisierung , bei jeder Fusion Arbeitsplätze abgebaut werden . Seit Jahren wird politisch verbal auf Nachhaltigkeit gesetzt ; aber nachhaltig gestalten sich nur die Profite der Großindustrie . Auch bei dem Verbraucher stellt sich _ bewusst oder unbewusst _ ein zunehmendes ökologisches Unwohlsein ein . Das beginnt frühmorgens beim Zähneputzen mit dem Geschmack von chloriertem Wasser . Das setzt sich fort , wenn man _ bei ständig steigenden Preisen für eine Umweltkarte _ mit dem Bus im Stau steht , und es endet mit einem Biss ins Ungewisse , obwohl die Qualität und die Sicherheit deutscher Lebensmittel schon von jeher als die besten propagiert werden . Der Hauptkonflikt für eine nachhaltige Entwicklung besteht nun einmal zwischen den wirtschaftsorientierten Kapitalinteressen sowie dem Wunsch nach menschenwürdigen Lebensbedingungen und Lebensweisen , die das untrennbare Verflochtensein von Mensch und Natur beinhalten . . Die Nachhaltigkeitsstrategie scheint daher eher eine End-of-pipe-Strategie , eine Reparaturtechnologie , zu sein . Sie bekämpft nicht die wahren Ursachen von Umweltzerstörung , Hunger in der Welt , Fehlernährung in den Industrieländern sowie von wirtschafts- und sozialpolitisch negativen Tendenzen in Entwicklungsländern . Was uns in diesem Antrag fehlt , ist die Einsicht der Politik , dass eine breite Integration des Umweltschutzes mit einer Weiterentwicklung der Öffentlichkeitsbeteiligung verbunden werden muss . Deshalb wird sich die PDS bei der Abstimmung über diesen Antrag der Stimme enthalten . .
PDS/LINKE
Frau Präsidentin ! Meine Damen und Herren ! Es ist nach der Haltung der Bundesregierung gefragt . Deshalb sei mir gestattet , daß ich auszugsweise - aber wörtlich - aus Beschlüssen der Bundesregierung zitiere : Nur durch eine konsequente und wirksame Politik zur Begrenzung des Zuzugs aus Ländern , die nicht Mitglieder der Europäischen Gemeinschaft sind , läßt sich die unverzichtbare Zustimmung der deutschen Bevölkerung zur Ausländerintegration sichern . Dies ist zur Aufrechterhaltung des sozialen Friedens unerläßlich . Es besteht im Kabinett Einigkeit , daß die Bundesrepublik Deutschland kein Einwanderungsland ist und auch nicht werden soll . . . . Das Kabinett ist sich einig , daß für alle Ausländer , die aus Ländern außerhalb der EG kommen , ein weiterer Zuzug unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten verhindert werden soll . . . . Ausländer , die sich illegal in der Bundesrepublik aufhalten , sollen prinzipiell abgeschoben werden . Ausländerschwarzarbeit ist strikt zu unterbinden und schärfer zu verfolgen . . Soweit die Beschlüsse der Bundesregierung aus SPD und FDP vom 11 . November 1981 und vom 3 . Februar 1982 . . Was darin steht , ist zeitlos richtig . Dies wurde in einer Zeit ausgesprochen , in der es in Deutschland 4 ,6 Millionen Ausländer gab . Heute gibt es etwa 60 Prozent mehr , nämlich 7 ,3 Millionen . Deshalb möge mir einmal jemand erklären , warum wir uns 1981/82 richtigerweise nicht als Einwanderungsland verstanden haben , uns aber jetzt als solches verstehen sollen . Deutschland ist kein Einwanderungsland , und mit der CDU/CSU und dieser Bundesregierung wird es auch keines . . . Deutschland braucht kein Einwanderungsgesetz . Es hat zuviel Zuzug , den es nicht will . . Und im übrigen - gefragt - sage ich Ihnen : In Fragen der inneren Sicherheit und der Ausländerpolitik bekommen Sie zwischen CDU und CSU und dem Innenminister kein Blatt Papier . Das war's . .
CDU/CSU
Herr Kollege Waltemathe , nur im Interesse der historischen Wahrheit _ Sie wissen , wie sehr ich sonst Ihre Auffassungen schätze _ : Sie können sich doch noch erinnern , daß im Januar und im Februar 1974 die deutsche Residenz in Santiago de Chile bis unter das Dach mit Asilados gefüllt war ?
CDU/CSU
Herr Kollege Elmer , wenn man in wenige Monate alten Dokumenten liest , wie sehr unterschiedlich doch beispielsweise DT 64 und Sendungen von RIAS 2 wie Treffpunkt auch in der damaligen DDR bewertet worden sind und wie immer wieder gesagt worden ist , daß die DT 64- Redakteure ihre Weisungen zum Teil aus der Normannenstraße bekommen haben könnten , glauben Sie nicht , daß es dann überzogen ist , wenn man DT 64 _ bei allen Argumenten dafür _ zum Identitätsfaktor der DDR-Jugend hier hochstilisiert ? . _ Ich weiß das eben ; Ihr Pech ist , daß ich das weiß .
CDU/CSU
Natürlich den Chef des Bundeskanzleramtes .
SPD
Gern .
CDU/CSU
Frau Präsidentin ! Meine Damen und Herren ! Ich muß Ihnen zunächst die Nachricht überbringen , daß unsere Abgeordnetengruppe einer Vielzahl der Anträge , über die heute zu entscheiden sein wird , zustimmen wird . Ich weiß nicht , ob Ihnen das recht ist , aber wir sind dann hier in einer ganz großen Volksfront , die in letzter Zeit so stark verteufelt wurde . . Die Dinge , die wir verändern , werden sicherlich vorteilhaft sein . Ich sage dennoch : Es sind auch viele Chancen vertan worden . Das Hauptproblem ist und bleibt nun einmal , daß der Art . 146 des Grundgesetzes vorgesehen hat , daß für den Fall der Vereinigung eine neue Verfassung durch das Volk angenommen wird . Diese Chance ist versäumt worden , ebenso weitere Modernisierungen , die dringend notwendig gewesen wären . . Nun will ich mich , auch wegen der Kürze der Zeit , auf wenige Punkte beschränken , um auch Mißverständnisse auszuräumen . Sie wissen , daß wir u . a . eine ostdeutsche Kammer gefordert haben . Immer wieder wird der Vorwurf erhoben , daß eine solche Kammer , die die Bürgerinnen und Bürger der neuen Bundesländer wählen könnten , der Spaltung dienen würde . Ich möchte , daß das ein für allemal aus dem Weg geräumt wird : Eine Kammer , die der besonderen Situation von Menschen Rechnung trägt und diesbezüglich Initiativ- und Einspruchsrechte hat , würde genau zum Abbau von Benachteiligungen dieser Menschen beitragen , bis man von einer wirklichen Gleichberechtigung sprechen kann . Dann wäre sie auch überflüssig . Es ist auch vorgesehen , daß sie zu diesem Zeitpunkt abgeschafft wird . Das heißt , sie würde die innere Einheit forcieren und eben nicht zu einer weiteren Spaltung führen , wie das umgekehrt der Fall ist , wenn man _ wie es der Generalsekretär der CDU in einem Fernsehgespräch mit mir getan hat _ darauf hinweist , daß das sowieso nur ein Fünftel der Wählerinnen und Wähler wäre und es deshalb nicht so darauf ankäme . Darin kommt nämlich die Haltung gegenüber den neuen Bundesländern zum Ausdruck . Genau das sollte mit einer solchen Kammer korrigiert werden . Die Stellung und die Rechte der Bürgerinnen und Bürger der neuen Länder sollten gestärkt werden . Ich denke , das wäre ganz wichtig gewesen . Wir sind natürlich auch betrübt darüber , daß soziale Rechte nicht einmal als Staatsziele aufgenommen werden . . Die Argumentation meines Vorredners kann ich überhaupt nicht akzeptieren . Denn wissen Sie , worum es eigentlich ginge ? Es ginge darum , daß die Tätigkeit und die Entscheidungen des Parlaments und der Regierung auch verfassungsrechtlich an Hand dieser Staatsziele geprüft werden könnten . Eine arbeitsmarktfeindliche Politik wäre dann nicht nur schlecht , sie wäre auch verfassungswidrig . Es wäre schon wichtig , daß man dies eindeutig festschreibt und feststellt . . Es würden damit keine Illusionen hinsichtlich irgendwelcher Individualrechte geweckt werden , die gar nicht als Staatsziele formuliert werden können . Das dritte , das ich besonders bedauerlich finde , ist , daß wir offensichtlich nicht einmal die Zulässigkeit von Volksentscheiden und Volksinitiativen geregelt bekommen . Ich weise darauf hin , daß man sich über die Ausgestaltung _ wann es zulässig ist , wie es durchgeführt werden muß , wie die Bedingungen auszusehen haben _ durch ein Bundesgesetz noch verständigen könnte . Heute wäre es erst einmal darum gegangen , festzustellen , daß Volksentscheide und Volksinitiativen möglich sind , daß sie sozusagen in die Verfassung verankert werden und daß man dann gesetzlich regelt , wie sie im einzelnen durchzuführen sind . Aber Sie versagen der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland ein solches Recht , stützen sich aber immer auf das Volk . Sie wollen sich von den Menschen wählen lassen und bestreiten , daß die Menschen in der Lage wären , Sachfragen zu entscheiden . . Alles andere , was an Argumentationen kommt , sind meines Erachtens Ausreden und wenig überzeugend . Weder wird der Föderalismus damit angegriffen , noch hat es etwas mit Verantwortlichkeit zu tun . Denn wir stehen auch heute vor der Situation , daß Bürgerinnen und Bürger nicht für die A rt und Weise , wie sie wählen , zur Verantwortung gezogen werden können , obwohl das viele gerne tun würden . . Damit müßten wir uns dann auch bei Sachfragen abfinden . Was glauben Sie denn , was z . B . mit dem § 218 geschehen wäre , wenn wir über ihn durch eine Volksentscheidung hätten entscheiden lassen ? Er wä - re längst im Orkus der Geschichte verschwunden , wo er auch hingehört . . Ich will einen vierten Punkt erwähnen : daß es nämlich leider auch nicht gelungen ist , ein republikanisches Staatsbürgerschaftsrecht zu regeln , das davon ausgeht , daß Menschen das Recht auf Einbürgerung haben , wenn sie fünf Jahre oder länger ihren ständigen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben . Das wäre ganz wichtig gewesen , um gerade im Kampf gegen Rassismus , Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit durch diesen Bundestag ein gegenteiliges Signal zu setzen und die Stellung derjenigen Ausländerinnen und Ausländer , die die Staatsbürgerschaft _ auch als doppelte Staatsbürgerschaft _ erwerben wollen , wesentlich zu stärken . . Wenn man sich schon darauf nicht verständigt , dann wäre etwas anderes ganz wichtig gewesen : daß wir nämlich nicht nur auf kommunaler Ebene , wie es die SPD einführen möchte _ obwohl wir dem natürlich zustimmen werden , weil es immerhin der erste Schritt ist _ , sondern eigentlich auf allen Ebenen ein Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer einführen , die fünf Jahre oder länger ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben . Ich möchte , daß die Menschen dort , wo sie leben , wirken , arbeiten , auch das Recht haben , politisch Verantwortung in Form von aktivem und passivem Wahlrecht wahrzunehmen . Ich möchte nicht , daß das nach irgendeiner Blutsverwandtschaft geht . Ich sehe auch nicht ein , daß ein Deutscher , der in Argentinien lebt , drei Monate vor der Wahl hierher kommt , hier die Regierung wählt und dann wieder abreist . Nein , er soll die argentinische Regierung wählen , dort , wo er lebt und wirkt . Das ist sein legitimes Recht . . Alle Gesetze , die wir hier beschließen , wirken sich auf diejenigen aus , die hier leben , und Sie schließen Millionen von Menschen vom Wahlrecht aus . Ich finde , es sagt eine Menge über das Verständnis von Demokratie aus , ob sich das Wahlrecht nämlich an den Menschen richtet oder ob es über die Staatsbürgerschaft , die auch noch an die Blutsverwandtschaft gebunden ist , geregelt ist . Lassen Sie uns hier doch einen Schritt nach vorne gehen ! Ich sage Ihnen , die Wirkung wird doppelt positiv sein : Sie trauen sich keine ausländerfeindlichen Äußerungen mehr , und im Ansehen der Bürgerinnen und Bürger würden die ausländischen Nachbarinnen und Nachbarn und Kolleginnen und Kollegen aufsteigen , weil ein Mensch , der mehr Rechte hat , auch gleich mehr Ansehen genießt . Wir hätten im Kampf gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit einen ganz wichtigen Schritt nach vorne getan . Bitte überdenken Sie noch einmal , ob Sie diesen Anträgen nicht doch zustimmen wollen . . 21026 Deutscher Bundestag _ 12 . Wahlperiode _ 238 . Sitzung . Berlin , Donnerstag , den 30 .
PDS/LINKE
Ich bedanke mich , sehr verehrter Herr Präsident . Wir brauchen mehr Bewegung in Deutschland . Das wird es aber mit der rot-grünen Bundesregierung auch in Bildung und Forschung nicht geben . Danke .
FDP
Frau Staatssekretärin , Sie sprachen vorhin davon , daß die Bundesregierung der Kommission den Auftrag gegeben habe , ein Konzept zur Unternehmensteuerreform mit einem Höchststeuersatz von 35 Prozent zu erarbeiten . Nun sagten Sie auf Nachfrage einiger Kollegen , daß die Bundesregierung derzeit noch nicht entschieden hat , ob in diesen 35 Prozent die Gewerbesteuer bereits enthalten ist . Wie lautete denn nun der Auftrag der Bundesregierung an die Kommission : mit oder ohne Gewerbesteuer ?
CDU/CSU
Das sehen Sie falsch. Die beiden Gutachten dienen dazu, zunächst einmal eine Fakten- und Datenbasis aufzustellen. Zweitens findet am 5. Dezember ein großer Workshop mit allen Beteiligten statt, auch mit internationaler Beteiligung, auf dem Erfahrungen und Ergebnisse ausgewertet werden. Der Minister hat klargemacht, dass Transparenz bei solchen Vorhaben, auch bei Bohrungen und Probebohrungen, wichtig ist. Er hat ebenfalls klargemacht, dass es in Bezug auf Trinkwasserschutzgebiete einen Handlungsbedarf gibt. Diesen besprechen wir gerade innerhalb der Regierung.
Ja , gern .
CDU/CSU
Jetzt verstehe ich die tiefere Ironie . Der Groschen ist bei mir pfennigweise gefallen . Die Umsetzung der europäischen Richtlinie in nationales Recht müssen wir angehen . Das ist gar keine Frage . drei Jahren !) Es gibt noch - das habe ich bereits erwähnt - drei offene Fragen , nämlich die Frage der Reichweite der Stoffpatente , des Herkunftsnachweises und des Datenschutzes . Hierüber gibt es im Moment Gespräche zwischen SPD , Grünen und BMJ . Wir sind gewillt , zu einer Lösung zu kommen . Aber wir als Grüne wollen - das hat das Kabinett schon in der letzten Legislaturperiode beschlossen - , dass die Bundesregierung in Brüssel einen neuen Anlauf zur Überarbeitung der Biopatentrichtlinie startet , um sie auf die Höhe der Zeit zu bringen . Das ist unsere Position . Ich hoffe , dass ich Ihre Frage auch mit meinem durchschnittlichen Wissen ausreichend beantworten konnte . Zurück zu dem , was wir Grüne wollen : Unsere Position zur gesamten Gentechnik ist , glaube ich , in den letzten Jahren klar geworden . Wir wollen die ethisch unbedenkliche Forschung im Bereich der roten Gentechnik unterstützen . Das tun wir bereits im Rahmen unserer Forschungspolitik . Das soll bei der medizinischen Forschung und insbesondere bei der Medikamentenforschung intensiviert werden . Wir wollen aber auch klare ethische Prinzipien und vor allen Dingen Transparenz . Deswegen sind solch große Konferenzen , die zur Aufklärung der Öffentlichkeit beitragen , wie die im Jahr 2000 von Andrea Fischer oder wie die im Jahr 2003 von Edelgard Bulmahn zum Klonen initiierte , ein wichtiger Beitrag zum öffentlichen Diskurs . Der Opposition fehlt offenbar die Vorstellung , dass man über komplexe ethische Probleme auch fundamental diskutieren muss . Für uns ist auch die ethische Begleitforschung sehr wichtig ; denn wir glauben in der Tat , dass neben der reinen technischen Forschung auch dieser Forschung ein großer Stellenwert beigemessen werden muss . Biotechnologie ist mehr als das , was Sie in Ihrem Antrag präsentieren . Wir sind zum Beispiel der Meinung , dass der ganze Bereich der Bionik ein sehr zukunftsträchtiges Feld ist . Hier geht es um das Lernen von der Natur - Stichwort sanfte Biotechnologie - , um die Übertragbarkeit von Bau- , Funktions- , Datenübertragungs- , Entwicklungs- und Evolutionsprinzipien der Natur auf die Technik . Das ist eine intelligente Form der Biotechnologie , die wir auf der ganzen Linie unterstützen . Es ist bekannt , dass wir der grünen Gentechnologie skeptisch gegenüberstehen . Wir glauben nämlich , dass sie im Grunde genommen nicht erforderlich ist , dass durch züchterische Leistungen die gleichen oder sogar bessere Ergebnisse erzielt werden können . Hier gibt es offenkundig einen Dissens . Wir sind jedenfalls der Meinung , dass man in diesem Bereich eher Anbau- , Züchtungs- und auch Tierhaltungsoptionen fördern sollte , die auf eine umweltverträgliche Landwirtschaft hinauslaufen . gesagt habe !) - Man muss es vor allen Dingen ganzheitlich sehen . Man darf nicht einen kleinen Bereich herausnehmen . Mit der CDU-Position habe ich folgendes Problem : Auf der einen Seite vertreten Sie fundamentalistische Prinzipien . Auf der anderen Seite reden Sie - quasi als Ersatzhandlung - die grüne Gentechnologie hoch . Das ist recht eigentümlich . Ich fasse zusammen : Das , was die CDU/CSU in ihrem heutigen Antrag präsentiert hat , ist meines Wissens wortgleich mit einem Antrag aus dem Jahre 2002 . Die Diskussion ist aber weitergegangen . Sie sind genau ein Jahr hinter dem Stand der aktuellen Diskussion zurück . Deswegen können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen . Danke schön .
GRUENE
Sieht es die Bundesregierung aus heutiger Sicht als ein möglicherweise eingetretenes Versäumnis an , daß im Prozeß der deutsch-deutschen Einigung den Ingenieurschulen in der DDR , ähnlich wie das 1968 in der Bundesrepublik geschah , durch eine Übergangsregelung generell der Weg zur Fachhochschule nicht eröffnet worden ist ?
SPD
Ich komme jetzt zum Schluss . - Denn nur mit einer solchen breiten sicherheits- und friedenspolitischen Debatte können wir der zunehmenden Abkehr von einer Politik internationaler Verantwortung in der Bevölkerung entgegenwirken . Den freundlich Desinteressierten , wie es der Bundespräsident formuliert hat , in der Gesellschaft , aber auch in der Politik sollten wir deutlich machen , dass es hierbei um nicht weniger als die Frage des Verhältnisses der Bundesrepublik zu Krieg und Frieden geht . Danke schön .
GRUENE
Das richtet sich nach den in unserer Verfassung getroffenen Festlegungen bezüglich der Gewaltenteilung .
SPD
Die Einschätzung der Bundesregierung zur ökologischen Vorteilhaftigkeit von bestimmten Getränkeverpackungen beruht natürlich auf Ökobilanzuntersuchungen, die den einschlägigen nationalen wie auch internationalen Normen entsprechen und die auch vom Umweltbundesamt geprüft und bewertet sind. Diese Studien belegen die grundsätzliche ökologische Vorteilhaftigkeit von Mehrwegflaschen. Dabei erweisen sich Mehrwegflaschen aus PET jeweils als die ökologisch günstigere Verpackung. Einige Einweggetränkeverpackungen schneiden in den vorliegenden Ökobilanzen allerdings im Vergleich zu Glasmehrwegflaschen vergleichbar gut ab. Deshalb sind in der Verpackungsverordnung ökologisch vorteilhafte Einweggetränkeverpackungen von der Pfandpflicht befreit. Bei der Beurteilung der ökologischen Effekte einer Verpackung spielt das Recycling zwar eine wesentliche Rolle, aber nicht die allein ausschlaggebende; vielmehr ist wirklich der gesamte Lebensweg einer Verpackung zu betrachten. Die Studien aus dem Jahr 2010 haben gezeigt, dass sich das Recycling der im Pfandsystem sortenrein zurückgenommenen PET-Flaschen positiv auf deren ökologische Bewertung auswirkt. Sie sehen: Wir beschäftigen uns sehr intensiv damit und bleiben auch da bei der Bewertung nicht stehen.
Herr Kollege Maleuda , nachdem sich zu Beginn dieses Jahres - also 1996 - die Informationen über finanzielle Schwierigkeiten beim Bremer Vulkan Verbund verdichteten , nahm die Bundesregierung unverzüglich Gespräche mit . noch : Parl Staatssekretär Heinrich L . Kolb beihilfenrechtlichen Konsequenzen für die Finanzierung der Ostwerften auf . Die BVS beauftragte - dies ist hier heute schon gesagt worden ; ich wiederhole es gerne - am 2 . Februar 1996 die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG mit einer Untersuchung des beim Vulkan Verbund geführten zentralen Cash-Managements . Die Bundesregierung übermittelte am 23 . Februar 1996 dieses Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft an die Europäische Kommission . In diesem Gutachten war erstmals von einer möglichen zweckwidrigen Verwendung öffentlicher Mittel die Rede . Die Europäische Kommission prüft derzeit die in diesem Gutachten enthaltenen Angaben und hat zu diesem Zweck ein Hauptprüfverfahren nach Art . 93 Abs . 2 des EG-Vertrages eröffnet .
FDP
Wir beraten heute in erster Lesung den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes. Es ist die mittlerweile neunte Änderung des Bundesvertriebenengesetzes und betrifft insbesondere die Spätaussiedler. Denn im Bundesvertriebenenrecht fehlt bisher eine konkrete Regelung, die es beispielsweise dem Ehegatten oder Abkömmling eines Spätaussiedlers ermöglicht, auch nachträglich ins Bundesgebiet auszusiedeln, wenn ein Härtefall vorliegt. Damit soll beispielsweise eine unvertretbare Familientrennung bei Spätaussiedlern vermieden werden. Nehmen wir an, eine Spätaussiedlerin hat bereits ihren ständigen Aufenthalt in Deutschland. Sie hat einen Ehegatten oder Nachkommen, der im Aussiedlungsgebiet verblieben ist und die sonstigen bereits bestehenden Aufnahmevoraussetzungen erfüllt, die im Bundesvertriebenenrecht aufgeführt sind. Nach der vorgeschlagenen Regelung könnte der Familienangehörige in solchen Härtefällen ebenfalls nach Deutschland aussiedeln. Ich begrüße die Bemühung der Bundesregierung, hier für die Betroffenen Abhilfe zu schaffen, denn mittlerweile leben rund 2,4 Millionen Spätaussiedler in Deutschland, die unsere Gesellschaft bereichern. Für den einen oder anderen unter ihnen wird diese Änderung mehr als nur überfällig sein. Darum sehen auch wir eine Änderung und Ergänzung des § 27 als notwendig an. Denn damit vermeiden wir das, was in der Vergangenheit bislang immer geschehen ist, nämlich dass eine Aussiedlung nach Deutschland für Spätaussiedler wiederholt zu einer nahezu unumgänglichen und fortdauernden Trennung von ihrer Familie geführt hat. Wenn zurückbleibende Familienangehörige sich zunächst dafür entschieden haben, im Aussiedlungsgebiet zu verbleiben, gab es keine Chance, später nachzufolgen. Ein späteres Zusammenkommen wurde dadurch nahezu ausgeschlossen. Dies hat in dem einen oder anderen Fall auch zu schlimmen menschlichen Schicksalen geführt. Nehmen wir zum Beispiel ein in Deutschland lebendes älteres Ehepaar, das aufgrund des Alters und gesundheitlichen Zustandes unter einer Trennung von ihren Kindern gravierend leidet. Bislang gab es keine Chance, dass die Kinder oder Enkel folgen konnten. Mit der vorliegenden Änderung wird es künftig vereinfacht werden, dass diese Abkömmlinge im Härtefall mit in den Aufnahmebescheid eines Spätaussiedlers einbezogen werden können und so auch noch später nach Deutschland folgen können. Gleichwohl denke ich, dass wir aber auch die Anmerkungen des Bundesrates mit in unsere anstehenden Beratungen einfließen lassen sollten. Die Länder fordern unisono bei der nachträgliche Einbeziehung eine zeitliche Befristung, um so Planungssicherheit zu erhalten. Ich denke, darüber sollten wir noch einmal diskutieren. Diskussionsbedarf sehe ich hierbei aber auch im Zusammenhang mit den auch von Spätaussiedlern in Anspruch genommenen Integrationskursen. Insbesondere im Punkt Kosten für Integrationskurse und Spracherwerb müssen wir hier dann auch nachbessern, sehr geehrte Bundesregierung. Ich kann nur schlicht sagen, ich bin überrascht, dass Sie hier keine weiteren Kosten erwarten. Sie rechnen mit einer Mindestzahl von 5 000 Härtefallanträgen. Dies wird sich natürlich auch auf die angebotenen Integrationskurse auswirken, die im Übrigen bereits jetzt schon unterfinanziert sind. Darum fordere ich Sie hier auch konkret auf, mehr Geld für Integrationskurse und Sprachkurse im Bundeshaushalt zur Verfügung zu stellen. Alles andere wäre blauäugig und fatal. Sorgen Sie dafür, dass die Menschen, die lernen wollen, die sich integrieren wollen in unser Land, dazu auch die Möglichkeit finden! Man kann nicht nur von Verbesserung der Integration reden und sie von den Menschen fordern, man muss dafür auch die entsprechenden Mittel und Wege zur Verfügung stellen. Das wäre eine Zuwanderungspolitik mit Weitsicht, die ich mir in anderen Bereichen wünschen würde.
SPD
Ich möchte eine kleine Zusatzfrage stellen. Basel III wird die Bedingungen für die Kreditvergabe verschärfen. Es gibt kein Gegensteuern der Regierung. Meinen Sie nicht, dass man etwas dagegen tun müsste?
PDS/LINKE
Herr Präsident ! Liebe Kolleginnen und Kollegen ! Inzwischen ist es draußen wieder dunkel . In geübter Weise diskutieren wir ziemlich spät in der Nacht über einen Antrag der PDS-Fraktion . Aber vielleicht hilft unser Antrag zur Wiedererhebung der Vermögensteuer , ein wenig Helligkeit in Ihr Denken zu bringen . . Oder verstehen Sie den Antrag als die Lampe , die Ihnen helfen soll , Ihre Wahlprogramme von 1998 noch einmal gründlich zu lesen . Die SPD schrieb damals : Hohe Privatvermögen an der Finanzierung der Bildung beteiligen . Bündnis 90/Die Grünen forderten gar eine Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer , damit eine größere Verteilungsgerechtigkeit erreicht wird . So heißt es in ihrem Wahlprogramm : Das Vermögen , das vererbt oder verschenkt wird , soll nach seinem tatsächlichem Ertragswert besteuert werden . Wir befinden uns im dritten Jahr dieser Legislaturperiode . Es ist abzusehen , dass von Ihrer Seite nichts geschehen wird . Wir diskutieren diesen Antrag der PDS heute _ ganz bewusst noch vor der Sommerpause _ , um Ihnen Zeit zu geben , bevor wir in die parlamentarische Beratung des Haushalts des Jahres 2002 eintreten . Dieser Haushalt soll ja wieder ein so genannter Sparhaushalt sein . Er wird wieder damit verbunden sein , dass Länder und Kommunen genau wie der Bund feststellen müssen , dass das Geld nicht ausreicht , um die öffentliche Daseinsvorsorge tatsächlich ordentlich realisieren zu können . Mit unserem Antrag zur Wiedererhebung der Vermögensteuer zeigen wir Ihnen eine mögliche wesentliche Quelle zur Finanzierung gesellschaftlicher Aufgaben auf . Das wäre ein konkreter Beitrag gegen das immer stärkere Auseinanderdriften von Arm und Reich in der Bundesrepublik Deutschland . Gerade die Einkommens- und Vermögenspolarisierung und ihre Zunahme ist eben kein Schreckensmärchen vonseiten der PDS , sondern bittere Realität . Das belegt der jüngste Reichtums- und Armutsbericht . . Das wirklich Schlimme daran ist , dass auch die rotgrüne Regierung in den Jahren ihrer Verantwortlichkeit durch ihre Steuerpolitik zu einem weiteren Auseinanderdriften zwischen Arm und Reich beigetragen hat . Die Zahlen sind von meiner Seite und vonseiten der PDS in den letzten Monaten oft genannt worden , aber man kann sie scheinbar nicht oft genug nennen . Ich will nur zwei Punkte ansprechen ; vielleicht prägen Sie sie sich ein . Durch die Senkung des Körperschaftsteuersatzes auf 25 Prozent gehen dem Bund rund 63 Milliarden DM , den Ländern 57 Milliarden DM bis zum Jahr 2006 verloren , durch die Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen jeweils 7 Milliarden DM seitens des Bundes und der Länder . Das heißt : Es fehlen Ihnen Milliarden in zweistelliger Größenordnung zur Erfüllung dringender Aufgaben . Wir lesen , dass Bündnis 90/Die Grünen ein neues Familienprogramm auflegen will . Wir hören _ morgen wird es Realität werden _ , wie gern doch die SPD das Kindergeld erhöhen würde , nicht nur um 30 DM , sondern _ wenn sie könnte _ sogar um 40 oder 50 DM . Warum tun Sie es dann nicht ? Sie verzichten freiwillig auf Finanzierungsquellen und erzählen uns dann , dass für Familienpolitik kein Geld da ist . Unser Antrag zeigt Ihnen deutlich auf , wie man es machen könnte , wie man tatsächlich Geld für fehlende Kinderbetreuung , für denAufbau von Infrastruktur und für die Beseitigung von grundlegenden Mängeln in der Schulbildung einnehmen würde . Das sind wesentliche Grundlagen für die Zunahme von Armut in der Bevölkerung und insbesondere von Armut und damit erheblich schlechteren Startbedingungen für Kinder und Jugendliche . . Ich sage es noch einmal eindeutig : Dieser Antrag ist eben nicht die Ausgeburt einer Neiddiskussion . Wir wollen nicht , wie es in der Bild-Zeitung vermutet wurde , die Perlenkette besteuern oder Oma ihr klein Häuschen wegnehmen . Das ist alles Blödsinn . Es geht darum , die wirklich Vermögenden in unserer Gesellschaft entsprechend dem Grundgesetz stärker zur Finanzierung gesellschaftlicher Aufgaben heranzuziehen . . Vizepräsident Hermann Otto Solms 18023 1) Anlage 9 Den Handlungsspielraum dafür haben wir , weil Sie mit Ihrer Steuersenkungspolitik eben nicht nur alle entlastet haben , sondern Sie haben die Besserverdienenden und die ertragsstarken Unternehmen überdurchschnittlich entlastet . Damit ist Handlungsspielraum vorhanden . . _ Natürlich ist das wahr ; das wissen Sie auch . In unseremAntrag zeigen wir Ihnen auf , wie eine wirklich maßvolle Besteuerung möglich wäre , von 0 ,5 bis 3 Prozent . Vermögen bis 200 000 DM pro Person bleiben steuerfrei . Oma ihr klein Häuschen als selbst genutztes Wohneigentum bleibt natürlich aus jeglicher Besteuerung außen vor . Aber aufgrund einer solchen maßvollen Besteuerung wäre es möglich , 15 Milliarden DM bis 20 Milliarden DM jährlich einzunehmen . Nach den Programmen der SPD und der Grünen würden für den Aufbau einer bedarfsgerechte Kinderbetreuung etwa 15 Milliarden DM benötigt .
PDS/LINKE
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, Sie haben hier die große Einigkeit von Schwarz-Gelb in der Rechtspolitik ausgiebig beschworen. Ich gebe Ihnen einen Tipp – das können Sie vielleicht heute Abend machen –: Geben Sie einmal bei Google die drei Begriffe „Rechtspolitik“, „Koalition“ und „Streit“ ein. Wissen Sie, wie viele Treffer Sie da erhalten? 863 000. Ich finde, das sagt viel über den Zustand dieser Koalition gerade in der Rechtspolitik aus. Es gibt keinen Tag, an dem Sie sich nicht genüsslich auf offener Bühne streiten. Ich lese Ihnen einmal ein paar Überschriften aus Zeitungen aus der Sommerpause vor. Ich stelle mir immer die Frage, ob Sie sich da gar nicht sehen und sich aus der Ferne streiten. Was haben Sie da gemacht? „Homo-Ehe spaltet Schwarz-Gelb“ titelte das Handelsblatt vor einigen Tagen. „Koalition verheddert sich im Urheberrecht“, schreibt die Financial Times Deutschland. „Streit in der Koalition über Sterbehilfe“ ist eine Überschrift aus der FAZ. „CSU-Mann beschimpft Leutheusser als ‚Sicherheitsrisiko‘“ können wir im Stern lesen. „Mietrechtsreform – Aigner stellt sich gegen FDP“ usw. Ich könnte dies stundenlang fortsetzen. Das ist ja nicht das Urteil der Opposition über Ihre Arbeit, sondern das Urteil der Medien und der veröffentlichten Meinung. Der Tagesspiegel meint schließlich zur Arbeit der Bundesjustizministerin unter der passenden Überschrift „Ministerin für Wiedervorlage“ – ich zitiere –: Betrachtet man ihre … Agenda, dann fällt vor allem eines auf: Die Ministerin verhindert Gesetze eher, als dass sie an rechtlichen Lösungen interessiert zu sein scheint. … Doch auch auf diesem Feld ist eine Handschrift … nicht zu erkennen. Dazu muss ich als Oppositionspolitiker nicht mehr viel sagen. Ich finde, das Urteil über Ihre Amtszeit ist gesprochen: Es waren verlorene Jahre – Jahre ohne Impulse, ohne klare Linie und ohne bleibenden Wert. Frau Ministerin, es mag sein, dass Sie, wenn Sie eines Tages nach der Bilanz Ihrer Amtszeit gefragt werden, stolz darauf verweisen, dass Sie das eine oder andere unsinnige Vorhaben der Union verhindert haben. An der einen oder anderen Stelle mag das in der Tat durchaus vernünftig gewesen sein. Aber für eine erfolgreiche Rechtspolitik ist das doch ein bisschen wenig, weil wir in diesem Land wirklich Probleme haben, die gelöst werden müssen; denn gerade die Rechtspolitik ist dafür da, drängende gesellschaftliche Konflikte zu befrieden, die widerstreitenden Interessen zu einem vernünftigen Ausgleich zu bringen und gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Ich will Ihnen das an einem Beispiel verdeutlichen: Nehmen wir das Thema Urheberrecht. Schwarz-Gelb hat vor drei Jahren im Koalitionsvertrag vereinbart – zu Recht, wie ich finde –, das Urheberrecht den neuen Gegebenheiten des digitalen Zeitalters anzupassen, ein modernes Urheberrecht zu schaffen, das sich auf der Höhe der Zeit befindet. Wir alle wissen, dass das dringend notwendig ist; denn das Internet, die Digitalisierung mit ihren neuen Möglichkeiten, aber auch mit ihren Gefahren durchdringt jeden Lebensbereich und ist für uns alle zum Alltag geworden. Die Digitalisierung hat unser Leben verändert, und sie wird unser Leben weiter verändern. Wir Nutzer haben neue Möglichkeiten, uns zu informieren, uns zu unterhalten und miteinander zu kommunizieren. Auch Künstler, Kreative und Schriftsteller haben neue Möglichkeiten. Aber für sie gibt es eben auch neue Gefahren, nämlich dass man sich einfach ihrer Ideen und ihrer Kreativität bedient, ohne dass sie einen angemessenen Ausgleich dafür bekommen. Das ist nicht nur für die Betroffenen – Künstler, Musiker, Wissenschaftler – von existenzieller Bedeutung, sondern das ist auch für unseren Wirtschaftsstandort von existenzieller Bedeutung; denn die Kreativindustrie ist inzwischen einer der wichtigsten Wirtschaftszweige hier in Deutschland, und zwar mit 1 Million Menschen, die dort beschäftigt sind, und einer Bruttowertschöpfung, die mit der der Automobilindustrie vergleichbar ist. Auch die Kreativindustrie befindet sich in einem globalen Wettbewerb und ist schon deshalb darauf angewiesen, dass sie hier in Deutschland gute Rahmenbedingungen hat. Deshalb ist es so wichtig, auch das Urheberrecht zu modernisieren. Aber was ist in den letzten drei Jahren seit Abschluss des Koalitionsvertrages passiert? Einfache Antwort: gar nichts. Im Gegenteil, Frau Ministerin: Sie haben vor wenigen Wochen angekündigt, so wörtlich, dass der große Wurf im Bereich des Urheberrechts in dieser Legislaturperiode nicht zu erwarten sei. Das haben Sie gerade hier wiederholt; Sie haben gemeint, das sei alles so schwierig. Prompt hat Ihnen Staatsminister Neumann von der Union Versagen vorgeworfen. Wir sind doch wieder mitten in dem Theaterstück, das Sie seit drei Jahren hier aufführen: ankündigen, streiten, wieder streiten, dann blockieren, dann Stillstand, und dann passiert überhaupt nichts. Das führt nur dazu, dass gesellschaftliche Konflikte nicht gelöst werden, sondern sich – im Gegenteil – verschärfen, wie im Bereich des Urheberrechts. Das ist keine erfolgreiche Rechtspolitik, sondern schlicht und einfach ein Trauerspiel.
SPD
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Viele Menschen haben große Angst vor der letzten Lebensphase. Diese ganz natürliche Angst vor dem Sterben verstärkt sich noch durch die Angst, einsam zu sterben: einsam in einem Krankenhaus, einsam in einem Pflegeheim. Wir alle haben Angst davor, vielleicht der Familie zur Last zu fallen oder sogar der ganzen Gesellschaft. Wir haben Angst davor, Schmerzen ertragen zu müssen, Schmerzen, die vielleicht niemand lindern kann. Natürlich können wir, das Parlament, diese Ängste hier nicht einfach auf Knopfdruck beseitigen. Wir können aber dafür sorgen, dass sich jeder schwerstkranke und auch jeder sterbende Mensch auf eine gute und würdige Versorgung am Lebensende verlassen kann. Dabei darf es keine Rolle spielen, ob ein Mensch in der Stadt oder auf dem Land lebt. Es darf keine Rolle spielen, ob es sich um ein Kind oder um eine Bewohnerin in einem Pflegeheim handelt. Zum Glück für uns alle ist die Palliativ- und Hospizversorgung in unserem Land in den letzten Jahren viel besser geworden. Problematisch ist aber, dass diese Versorgung nicht allen Menschen zugänglich ist. Deshalb ist es grundsätzlich gut, dass Gesundheitsminister Gröhe vor kurzem einen Referentenentwurf für ein Hospiz- und Palliativgesetz vorgelegt hat. Wir Grüne im Bundestag bringen heute unsere Vorschläge dazu ein. Ich werde gleich auf die Inhalte eingehen. Zuerst habe ich aber noch eine Bitte an die Vorstände der Koalitionsfraktionen. Ich bitte Sie ganz herzlich: Gehen Sie dieses für uns alle so wichtige Thema doch bitte etwas vorsichtiger und sensibler an. In Ihrem Vorstandsbeschluss zur Hospiz- und Palliativversorgung vom 16. April 2015 vermengen Sie dieses Thema mit der sogenannten aktiven Sterbehilfe. Das ist nicht sonderlich hilfreich. Das stiftet nur Verunsicherung bei den Menschen. Das Thema „aktive Sterbehilfe“ hat weder etwas mit Palliativ- und Hospizversorgung noch mit der Debatte um den assistierten Suizid zu tun. Die Debatte zur Hospiz- und Palliativversorgung ist von hoher symbolischer Bedeutung. Wir alle müssen hier unsere Worte sehr gut wählen. Ganz besonders wichtig ist: Wir dürfen uns nicht darauf zurückziehen, nur schöne, empathische Worte zu finden. Es darf nicht nur bei symbolischen Maßnahmen bleiben! Diesen Eindruck habe ich aber leider bei manchen Regelungen, die im Entwurf von Herrn Gröhe vorgesehen sind. Es gibt in dem Entwurf einiges, das wir sofort unterschreiben können. Darin ist zum Beispiel auch von der Stärkung der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung, der sogenannten AAPV, die Rede. Es gibt darin aber auch einige Allgemeinplätze. Die zentralen Fragen umschiffen Sie. Sie unternehmen nichts gegen den dramatischen Personalmangel in der Pflege, und Sie tun nichts zur Verbesserung der leider rückständigen deutschen Forschung in diesem Bereich. Ebenfalls nichts tun Sie zur Verbesserung der Aus-, Fort- und Weiterbildung. Wir Grüne wünschen uns von der Großen Koalition hier weniger Kleinmut und mehr Weitblick. Dabei geht es nicht nur um mehr Geld, sondern auch um Dinge, die erst einmal ganz unerheblich wirken, vermeintlich kleine Dinge, die dann aber am Ende des Tages eine ganz große Wirkung haben. Wir müssen die Angehörigen sterbender Menschen viel besser unterstützen. Dazu sagen Sie kaum etwas. Wir fordern in unserem Antrag, dass die Krankenkassen künftig auch Angebote der Trauerbegleitung für Angehörige mitfinanzieren. Das wird übrigens nicht viel Geld kosten. Viele Angehörige fühlen sich schon während einer Sterbebegleitung alleine gelassen. Für viele kommt aber die richtig harte Zeit erst danach. Dann gibt es Einsamkeit und Erschöpfung, und dann gibt es natürlich auch die Ängste vor dem eigenen Sterben. Das kann krank machen. Häufig leiden Trauernde in der Folge an Depressionen. Hier ist eine gezielte Prävention enorm hilfreich, und Trauerbegleitung ist ein Teil davon. Ein ganz elementarer Punkt ist die Personalsituation in der Pflege. Sie schreiben in Ihrem Entwurf, Ziel sei es, die Versorgung Sterbender vor allem in stationären Pflegeeinrichtungen zu verbessern. Dieses Ziel ist richtig. Häufig aber ist das weder fachlich noch kulturell noch finanziell zu stemmen. Es fehlt oft an allen Ecken und Enden an Personal. So können Pflegekräfte einfach keine würdige Pflege für die Sterbenden leisten. Die Pflegekräfte selbst leiden doch auch sehr unter dieser Situation. Viele Einrichtungen haben einfach nicht genügend Leute, um eine gute Pflege sowie eine gute Palliativ- und Hospizversorgung zu leisten. Darauf geben Sie im Moment noch keine Antwort. Das dürfen wir aber nicht länger so laufen lassen! Deswegen fordern wir in unserem Antrag die Einführung von „verbindlichen Personalbemessungsinstrumenten“. Ich weiß, „Personalbemessungsinstrument“ ist ein sperriges Wort. Es geht hierbei darum, in Pflegeheimen und Krankenhäusern objektiv festzustellen, wie viel Personal für welche Tätigkeit gebraucht wird. Uns allen hier ist doch klar: Schon für die Pflege an sich, aber auch für die Palliativ- und Hospizversorgung brauchen die Einrichtungen einfach viel mehr Hände, als derzeit da sind. Das wird Geld kosten. Wir Grüne sagen schon seit vielen Jahren: Für eine bessere Pflege darf der Einsatz von mehr Finanzmitteln kein Tabu sein. Das gilt genauso für die Palliativ- und Hospizversorgung. Gute Pflege kostet Geld. Wir werden sie nicht zu Dumpingpreisen bekommen. So denken nicht nur wir hier im Parlament. Die breite Mehrheit der deutschen Bevölkerung sieht das doch genauso. Uns muss wirklich noch einmal deutlich werden: Gute Pflege geht uns alle an! Meine Damen und Herren, genau jetzt ist der Zeitpunkt, genau jetzt kann die Hospiz- und Palliativversorgung verbessert werden! Wir Grüne wirken sehr gerne konstruktiv daran mit. Vielen Dank.
GRUENE
Sehr geehrter Herr Präsident ! Liebe Kolleginnen und Kollegen ! Zunächst einmal möchte auch ich mich bedanken , und zwar bei meinen Kollegen von SPD und Grünen für die gute Zusammenarbeit in puncto Querschnittsaufgabe Verbraucherschutz . Das Gesetz , das wir heute verabschieden , bringt uns beim Verbraucherschutz ein großes Stück voran . Unternehmer erhalten ein modernes Lauterkeitsrecht , das schwarze Schafe - zu denken ist zum Beispiel an die eben erwähnten unerwünschten Telefonanrufe und lästigen Spam-Mails - eindeutig in die Ecke stellt . Hier ist klar und unmissverständlich geregelt , dass kein Werbekontakt ohne die vorherige Einwilligung des Verbrauchers erfolgen darf . Alles andere ist und bleibt rechtswidrig . Im Gegensatz zur Opposition wollen wir dem Bürger nicht zumuten , Zeit , Geld und Nerven aufwenden zu müssen , um seine Privatsphäre zu schützen . Es gibt die einfache Regel : Wenn ich nicht ausdrücklich auffordere oder zustimme , Werbung zu erhalten , dann sind mein Telefon , mein PC und mein Briefkasten tabu . Wir haben dieses Thema im Übrigen auch in einer Anhörung im Rechtsausschuss intensiv beleuchten lassen . Die Experten haben den Gesetzentwurf in diesem Punkt ebenfalls mehrheitlich begrüßt und uns eine redaktionelle Klarstellung für Ausnahmen empfohlen , damit zum Beispiel Kundenkontakte im laufenden Vertragsverhältnis unmissverständlich im Rahmen des UWG liegen . Dem sind wir gefolgt . Mich wundert , dass die CDU/CSU in diesem Bereich so unverblümt dem Missbrauch und , wie ich finde , einer enormen Wirtschafts- und Verbraucherschädigung Rückendeckung gibt . Ich bin gespannt , was Frau Heinen gleich dazu sagen wird . Arbeitsplätze , die auf einem solchen Missbrauch beruhen , sind auf Sand gebaut . Außerdem muss man betonen , dass diese Belästigungen und der Missbrauch des gesamten Systems wirklich wirtschaftsschädigenden Charakter haben . Also noch einmal : Telefonmarketing ist nur mit der Zustimmung des Kunden erlaubt . Auch der Gewinnabschöpfungsanspruch , besser gesagt , der Anspruch auf die Abschöpfung von unrechtmäßig erzielten Gewinnen , ist noch einmal auf seine Praktikabilität hin überprüft worden . Der neu geregelte Anspruch kann von den Verbraucherverbänden in Zukunft geltend gemacht werden , wenn jemand vorsätzlich gegen das UWG verstößt und dadurch Gewinne anhäuft . Bei Werbefaxen - ein typisches Beispiel übrigens - , die mittlerweile zu Dutzenden täglich dazu auffordern , über eine kostenpflichtige Nummer die Zusendung wieder abzubestellen , ist der Schaden des Einzelnen möglicherweise gering ; der Gesamtgewinn des Werbenden aber summiert sich bei hunderttausendfach verschickten Faxen beachtlich . Neben dem Recht auf Unterlassungsklage haben Verbraucherorganisationen nun also eine weitere Möglichkeit , gegen diese Rechtsverstöße vorzugehen . Wir haben festgestellt , dass das Verfahren noch etwas vereinfacht werden kann , allerdings nicht in der Art und Weise , wie es uns die FDP in ihren Änderungsanträgen empfiehlt . Die Abschöpfung von unrechtmäßig erzielten Gewinnen hat - das muss man noch einmal sagen - keinen Strafcharakter . Der Gewinn , der dem Unternehmen wegen rechtswidrigen Verhaltens nicht zusteht , wird wieder weggenommen . Das ist noch keine Strafe ; die würde erst danach kommen . Mit der Abschöpfung von unrechtmäßig erzielten Gewinnen wird lediglich der Anreiz genommen , vorsätzlich gegen das UWG zu verstoßen . Damit hat diese Regelung eine präventive Wirkung und das ist im Grunde auch beabsichtigt . Dieses Verfahren kann in bewährter Weise durch Verbraucherverbände und die anderen berechtigten Einrichtungen eingeleitet werden . Dass die FDP hier auf einmal den staatlichen Eingriff fordert , verwundert doch sehr . Die unrechtmäßig erzielten Gewinne sollen direkt an den Bundeshaushalt abgeführt werden . Auch das ist eine Vereinfachung . Zudem wird das Merkmal auf Kosten einer Vielzahl von Abnehmern durch das Tatbestandsmerkmal zulasten einer Vielzahl von Abnehmern ersetzt . Dadurch soll klargestellt werden , dass der Anspruch auf Abschöpfung von unrechtmäßig erzielten Gewinnen nicht die Ermittlung von einzelfallbezogenen Nachteilen voraussetzt . Vielmehr ist es ausreichend , dass durch die Zuwiderhandlung eine Schlechterstellung bei einer Vielzahl von Abnehmern eingetreten ist . Die letzte wichtige Änderung , die wir mit den Kollegen dankenswerterweise erzielen konnten : Menschenverachtende Werbung ist auch weiterhin eine Unlauterkeitshandlung und daher ausdrücklich verboten . Der hohe Rang der menschlichen Würde , die durch Art . 1 des Grundgesetzes geschützt ist , erfordert ihre Achtung und Wahrung auch im Wettbewerb . Wettbewerbshandlungen sind dann menschenverachtend , wenn sie dem Betroffenen durch Erniedrigung , Brandmarkung , Verfolgung , Ächtung oder durch andere Verhaltensweisen seinen Achtungsanspruch als Mensch absprechen . Wir haben mit den Regelungen im Rahmen dieser Novelle klargestellt , dass wir diese Art von Werbung nicht dulden . Mit diesen Änderungen - sie betreffen auch andere Bereiche , nicht nur den Verbraucherschutz - wird das vorliegende Gesetz eine runde Sache , die auch für Europa vorbildlich ist . Unlautere Geschäftspraktiken treffen Konsumenten und Mitbewerber gleichermaßen . Hier muss es - auch Sie haben es angesprochen - europaweite Regelungen geben . Dafür werden wir uns einsetzen . Denn Wettbewerb macht vor den Grenzen nicht halt . Danke schön .
GRUENE
Herr Präsident ! Meine sehr geehrten Damen und Herren ! Ich sehe zur Bundesratsbank und stelle fest , daß bei dieser Debatte nicht ein einziger Vertreter des Bundesrates anwesend ist . . Ich bedaure das zutiefst . Ich denke , wir sind uns klar darüber , daß die Wohnungsprobleme , die es in Ost und West gibt , nicht von einer staatlichen Ebene allein bewältigt werden können , sondern daß wir sie nur in einer großen Gemeinschaftsanstrengung von Bund , Ländern , Gemeinden und privaten Investoren bewältigen können . Deswegen finde ich das besonders bedauerlich , zumal gestern alle Redner die Fragen des Wohnens in Deutschland korrekterweise in einen innenpolitischen Zusammenhang gestellt haben . In der Tat ist die Bewältigung der Wohnungsprobleme für den inneren Frieden unseres Landes von herausragender Bedeutung . . Meine Damen und Herren , ich möchte aber zunächst einmal die Zahlen des Haushaltes klarstellen ; denn Herr Großmann ist nicht der Haushälter für den Etat des Bauministeriums , sondern der politisch Verantwortliche der Opposition . Da ist vielleicht das eine oder andere durcheinandergekommen bzw . nicht klargeworden . Für den sozialen Wohnungsbau stellt der Etat des Bauministeriums 2 ,7 Milliarden DM bereit . Das bedeutet , die wohnungspolitische Initiative , die die Bundesregierung im vergangenen Herbst auf meinen Vorschlag hin beschlossen hat , ist in diesem Haushalt voll enthalten . Er liegt damit 700 Millionen DM über dem Ansatz von 1991 und über dem Ansatz 1992 . Das bedeutet , daß die Bundesregierung alles daran setzt , um die Probleme , die vor uns liegen , zu lösen . Die Mittel liegen für drei Jahre je 700 Millionen DM über den Ansätzen . Das bedeutet quasi eine Verdoppelung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau gegenüber dem Ende der achtziger Jahre . Ich wünschte mir , alle anderen an der Wohnungsversorgung Beteiligten hätten ihre Anstrengungen in der gleichen Weise intensiviert . Für den sozialen Wohnungsbau steht nach wie vor 1 Milliarde DM über die gesamte mittelfristige Finanzplanung zur Verfügung . Darüber hinaus sind die zinsgünstigen Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau für Modernisierung , Instandsetzung und Neubau in den östlichen Bundesländern auf 20 Milliarden DM aufgestockt worden . Allein dafür werden aus dem Bundeshaushalt insgesamt 6 Milliarden DM Zinssubventionen gezahlt . Für die Städtebauförderung haben wir über die mittelfristige Finanzplanung den schon derzeit veranschlagten Betrag von 380 Millionen DM festgeschrieben . Das reicht für Neues , was auch in der strukturellen Umbruchsituation , die es in einzelnen Regionen gibt , notwendig ist . Aber es schreibt vor allen Dingen fest , meine Damen und Herren , daß es jetzt um den Aufbau Ost und nicht mehr um den Ausbau West geht . Denn die Mittel für die östlichen Bundesländer sind in der mittelfristigen Finanzplanung noch einmal nach oben gefahren worden , nämlich auf 620 Millionen DM . Weil Sie etwas Schwierigkeiten mit den Zahlen haben , Herr Großmann , nenne ich auch noch einmal die Zahlen der Fertigstellungen . 1989 waren es in den westlichen Bundesländern 216 000 , und 1992 werden es etwa 370 000 bis 400 000 sein ; das werden wir zu Beginn des nächsten Jahres genauer wissen . Nun zu dem , was offensichtlich Ihr Problem ist : Im sozialen Wohnungsbau wurden 92 000 und nicht 61 000 Wohnungen , wie Sie gesagt haben , Herr Groß - man , fertiggestellt . Ich habe nach Ihrer Rede den Eindruck , daß Ihnen wirklich kein Taschenspielertrick zu billig war , um hier Polemik zu verbreiten . . Ich bedauere das , zumal Sie zu den wirklichen Problemen nicht ein einziges Wort gesagt haben . Sie haben nichts gesagt zu dem Verhältnis zwischen den Notwendigkeiten der Instandsetzung in den östlichen Bundesländern und dem , was die Menschen dort wirklich bedrückt , nämlich der notwendigen Mietenanhebung . . Hier haben Sie zwar mitbeschlossen ; aber offensicht - lich möchten Sie sich gerne aus der Verantwortung stehlen ; denn in der Öffentlichkeit bekennen Sie sich nie mehr dazu . . Sie haben kein Wort dazu gesagt , daß sich die Fragen von Wohnungsbau im wesentlichen an der Baulandbereitstellung stoßen . . Dazu , daß die Bundesregierung im Herbst ein Baulandgesetz vorlegen wird , habe ich schon häufiger Stellung genommen . Aber Sie haben nichts dazu gesagt , was dann auf Länderebene geschehen muß , daß die Abwägung zwischen den Belangen der Wohnungsuchenden und den Belangen des Naturschutzes wieder ein wenig korrigiert werden muß . Sie haben nichts dazu gesagt , wie es denn mit dem Abbau der Bürokratie vor allen Dingen der SPD-regierten Länder ist , die dort besonders wild wuchert und die Bautätigkeit hemmt . . Meine Damen und Herren , die Lösung der Probleme des Wohnungsbaus ist in der Tat eine zentrale Aufgabe für die Entwicklung der nächsten Jahre und für den inneren Frieden . Dort , wo Menschen Angst haben müssen , daß durch zu wenige Arbeitsplätze und zu knappen Wohnraum eine Konkurrenzsituation auftritt , die sie zu verlieren drohen , ist es klar , daß Angst in Aggressivität umschlägt . Das sehen wir in vielen Städten , so in den Städten im Osten . Rostock ist hier nur ein Name , der uns besonders ins Bewußtsein gedrungen ist . Aber eine solche Aggressivität spielt sich in vielen Städten nicht nur im Osten unseres Landes , sondern auch im Westen gegenüber Fremden ab . In der Tat müssen wir dafür sorgen , daß wir die damit verbundenen Fragen rasch in den Griff kriegen , indem wir mehr Wohnungen bauen . Eine Umfrage in den östlichen Bundesländern hat gezeigt , daß etwa die Hälfte der Menschen inzwischen sieht , daß sich die Situation im Wohnungsbereich sichtbar verbessert . . Die Antwort haben wir uns nicht aus den Fingern gesogen , sondern diese Antwort haben die Bürger in den ostdeutschen Ländern gegeben . Das zeigt uns , daß die Förderprogramme des Bundes und der neuen Länder gegriffen haben . . Es zeigt aber auch , meine Damen und Herren , daß die Mietenanhebung , die jetzt in der Tat im Raum steht , sicherlich für viele Menschen hart ist . Das zeigen unsere Gespräche an den Bussen . Übrigens ist jeder eingeladen , an der Informationstour des Bauministeriums in den östlichen Bundesländern teilzunehmen . und mit den Menschen vor Ort über ihre Probleme zu reden . Die Leitung des Bauministeriums tut das . In jeder der 40 Städte in den ostdeutschen Bundesländern ist entweder ein Staatssekretär oder aber die Ministerin selber präsent , um mit den Leuten zu sprechen . Ich halte dies auch für notwendig . . Aber , meine Damen und Herren , auf dem Hintergrund dessen , was aus Frankfurt und Hamburg bekanntgeworden ist , sind diese Diskussionen natürlich auch hart zu führen . Wenn ein Abteilungsleiter der Hamburger Wohnungsbaugesellschaft SAGA für 5 ,78 DM Miete pro Quadratmeter in einer fabelhaften Wohnung im vornehmen Vorort Flottbek wohnt , . und ein Mieter , der nicht so gute Verbindungen zu der gleichen SAGA hat , aber bei der gleichen SAGA mietet , für eine ähnliche Wohnung 9 ,78 DM pro Quadratmeter bezahlen muß , dann riecht es hier schon ein wenig nach Mauschelei und Filz , und das macht die Dinge in der Tat schwierig . . Wenn dann in der Stadt Frankfurt am Main ein Dezernent der Stadtverwaltung , der sich übrigens , druchaus ehrenwert , auf den Weg macht , Mietwucher aufzuspüren , auf der anderen Seite für sein eigenes kleines Einfamilienhaus nur 10 DM pro Quadratmeter zahlt und damit deutlich macht , daß Mieterhöhungsspielräume , die bei seinem Gehalt in den letzten Jahren möglich gewesen sind , nicht wahrgenommen worden sind , obwohl er selber im Aufsichtsrat seiner eigenen Gesellschaft sitzt , dann riecht auch das nach Mauschelei und Filz . Das macht in der Tat die Situation im Osten schwierig , weil die Menschen Gerechtigkeit wollen . Sie fordern das zu Recht ein . . Meine Damen und Herren , diese Gerechtigkeit ist nur vor Ort , hier im Westen , einzuführen . Deswegen ist es so wichtig , daß wir auch dazu stehen , daß am 1 . Januar 1993 im Osten die Mieten um einen Betrag angehoben werden , der dann erst Verbesserungen in größerem Umfang in der Wohnqualität möglich macht . Wir haben die Einkommensentwicklung , wie es im Einigungsvertrag vorgesehen ist , sorgfältig abgewogen , und wir sind zu der Auffassung gekommen _ wir haben das gegenüber dem Bundestag auch schriftlich dargelegt _ , daß diese Einkommensentwicklung die jetzt vorgesehene Mietenanhebung rechtfertigt . Eine Verbesserung des Sonderwohngeldes , einstimmig hier im Hause beschlossen , ist darüber hinaus wichtig gewesen , um die sozialen Begleitmaßnahmen sicherzustellen . Aber eines , Herr Seifert , möchte ich hier nicht im Raum stehenlassen : Der Wohngeldanspruch wird derzeit von ca . 20 % der Haushalte im Osten realisiert . Dieser Anteil ist sehr hoch und spiegelt Einkommen und Mieten wider . Wir rechnen auch damit , daß er nach der beschlossenen Mietenanhebung geringfügig in die Höhe gehen wird . Aber von einer Mehrheit der Bevölkerung , die zu Wohngeldempfängern degradiert würde , kann danach nicht die Rede sein , . ganz abgesehen davon , daß Wohngeld kein Almosen , sondern ein Rechtsanspruch ist , von dem wir nach unserer sozialstaatlichen Verpflichtung und unserer eigenen demokratischen Auffassung zu Recht Gebrauch machen . Wir wollen , daß die Wohnungsunternehmen aus den jetzt vorgesehenen Mietenanhebungen keine Rücklagen für die Altschulden bilden ; . denn sie müssen kreditfähig werden . Wir sind mit dem Finanzminister im Gespräch . Ich bin zuversichtlich , daß wir die anstehenden Probleme regeln werden . Meine Damen und Herren , ein letztes Wort zum Bauland . Hier besteht in der Tat ein Engpaß . Es ist d e r Engpaßfaktor für den Nachholbedarf an zusätzlichen Wohnungen im Westen . Hier müssen wir in der Tat zu einer neuen Abwägung zwischen den Belangen des Umweltschutzes und der Wohnungssuchenden kommen . Ich finde , meine Damen und Herren , es ist doch des Nachdenkens wert , wenn in Hannover z . B . die Kosten für das Bauland inzwischen etwa 50 % der Kosten einer neuen Wohnung ausmachen . Diese Baulandkosten werden aber dadurch provoziert , daß für 1 Hektar Wohnbauland 3 Hektar zusätzliche sogenannte Ausgleichsfläche bereitgestellt werden muß , die natürlich der Investor kaufen muß , weil er sie nicht hat , und die er selbstverständlich in die Baulandkosten mit einrechnet . Das , meine Damen und Herren , ist nicht die Antwort , die wir in bezug auf die Wohnungsnot brauchen , die sich in vielen Ballungszentren jetzt abspielt . . _ Mit Herrn Töpfer habe ich mich geeinigt . Das ist doch nicht das Problem . . Die Länder mit rot-grüner Regierungspolitik haben es zu einer überzogenen zusätzlichen Anforderung in diesem Bereich gebracht , die bundesgesetzlich nicht erforderlich ist . Die Länder sind auf eigene Verantwortung und eigene Rechnung weitergegangen . . Nordrhein-Westfalen , Baden-Württemberg , Niedersachsen , Hessen _ das sind die Negativbeispiele , wo es darum geht , daß die Ländergesetzgebung jetzt geändert wird .
FDP
Frau Präsidentin ! Liebe Kollegen ! Es ist in der Jugoslawienkrise üblich geworden , Schuldige zu suchen und den Finger aus Hilflosigkeit auf jemanden zu richten , obwohl vielleicht gar nicht mehr hätte getan werden können . Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich Lord Carrington für seine Bemühungen danken . Ich möchte auch dem Bundesaußenminister dafür danken , daß er unermüdlich den Versuch gemacht hat , die Partner in der EG in dieser Frage auf eine vernünftige Linie zu bringen . Aber wir müssen anerkennen _ Herr Lummer hat das angesprochen _ : Die EG hat den Eindruck der Hilflosigkeit gemacht . Aber ich frage dagegen : Was hätte sie denn tun können ? . Wir müssen eine Folgerung daraus ziehen : Wir müssen die EG in der Zukunft mit den Entscheidungsinstrumenten ausstatten , die sie braucht , um in solchen Krisen besser , geschlossener , einheitlicher und vernünftiger auftreten zu können . . Ich sage dies hier und heute , weil wir kurz vor dem Maastrichter Gipfel stehen . Dort müssen die Konsequenzen aus der Situation gezogen werden . Wir sehen , daß unsere EG im derzeitigen Zustand nicht in der Lage ist , so aufzutreten , wie wir es uns alle wünschen . Daraus muß die Konsequenz gezogen werden : Die EG muß endlich zur Europäischen Politischen Union werden und mit dem entsprechenden Handlungsspielraum und den entsprechenden Handlungskompetenzen ausgestattet werden . . Herr Verheugen hat zu Recht erwähnt , daß es Mode geworden ist , die Serben zu verteufeln . Ich möchte hier ganz klar feststellen : In unserer Resolution steht , daß wir die derzeitige serbische Führung für die Hauptverantwortlichen für das halten , was in Jugosla - wien geschieht . Das ist richtig ; dabei bleiben wir . Aber wir verurteilen nicht das serbische Volk . Das serbische Volk wird unter den Fehlern seiner jetzigen Führung auf Dauer noch sehr zu leiden haben . . Wir sollten auch dem serbischen Volk auf Dauer die Hand entgegenstrecken und es nicht verteufeln . Ich möchte an diese Stelle einen Dank an unsere jugoslawischen Mitbürger hier in Deutschland richten . Es zeigt sich , daß der Haß die Völker zumindest nicht insgesamt ergriffen hat . Ich freue mich darüber . Ich glaube , wir müssen dankbar sein , daß sich unsere jugoslawischen Mitbürger hier so besonnen verhalten , sich nicht von Haß anstacheln lassen und ruhig geblieben sind . . Auch das ist ein gutes Zeichen für den Grad der bereits erfolgten Integration . Es ist gesagt worden _ ich unterstreiche das _ , die UN-Friedenstruppen , die möglicherweise dort hingeschickt werden , dürften erst dann zum Einsatz kommen , wenn der Waffenstillstand beschlossen ist und auch eingehalten wird . Es geht nicht an , daß wir UN- Friedenstruppen irgendwo hinschicken , wo sie gegebenenfalls kämpfen müssen . Sie dürfen nicht zur Absicherung einer gewaltsam verschobenen Grenzlinie mißbraucht werden . Die Grenzkorrekturen , die dort gewaltsam vorgenommen werden , müssen wieder zurückgenommen werden . Später kann man verhandeln . Es ist üblich geworden , in der Anerkennung der einzelnen Republiken das Allheilmittel zu sehen . Selbstverständlich sollten wir die Anerkennung anstreben , aber dabei sind drei Punkte zu beachten . Erstens . Wir sollten nicht im Alleingang vorgehen ; Herr Lummer und Herr Verheugen haben das erwähnt . Es darf kein zweites 1941 geben . Es geht aber auch nicht , daß wir auf den letzten im Geleitzug warten . Wenn die bedeutenden Länder der Europäischen Gemeinschaft und die Mehrzahl der Länder bereit sind , die Anerkennung zu vollziehen , dann sollten wir uns nicht dem Veto eines einzelnen oder zweier beugen . Als zweiter Gesichtspunkt ist zu beachten : Es dürfen an den Vollzug der Anerkennung keine zu hohen Erwartungen gerichtet werden . Die Anerkennung als solche wird das Problem nicht lösen . Vielmehr liegt die Problemlösung ausschließlich darin , daß die Rechte der Minderheiten gewahrt werden und daß die Völker bereit sind , friedlich miteinander umzugehen . Die Republiken , die die Anerkennung wollen , müssen jetzt schon eine Regelung der Minderheitenrechte treffen . Schließlich darf niemand von anderen etwas erwarten , was er nicht selber zu geben bereit ist . . Es ist völlig ausgeschlossen , daß Serbien für seine Minderheit in Kroatien einen besseren Status verlangt , als es selber den Albanern im Kosovo und den Ungarn in der Wojwodina zu geben bereit ist . . Ich appelliere an Serbien : Stellen Sie schleunigst , auch um Ihren guten Willen zu beweisen , die Autonomie im Kosovo und in der Wojwodina wieder her . Ohne diese wird es in Jugoslawien keinen Frieden geben . Ich danke Ihnen . .
FDP
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über den vorliegenden Antrag freue ich mich sehr. Im Rahmen meiner Vorbereitungen auf die heutige Debatte bin ich das gesamte Gesetz zur Einführung der Riester-Rente aus dem Jahre 2002 durchgegangen. Ich habe jeden Antrag – auch jeden Antrag der Linken – und jede Kleine Anfrage zu diesem Thema gelesen. Außerdem habe ich mir Gutachten und zusätzliche Informationen beschafft, zum Beispiel von Finanztest, von Ökotest und vielen anderen, die sich mit diesem Thema befassen. Insbesondere Finanztest hat im Jahr 2005, im Jahr 2008 und im Jahr 2012 bescheinigt, dass sich das Riestern und eine entsprechende Zusatzversicherung lohnen; im letzten Heft vom Mai 2012 kam dies erneut sehr deutlich zum Ausdruck. Ich muss dazusagen – das ist dann die andere Seite der Medaille –, dass es, wie die Kollegen hier gerade auch beschrieben haben, einen Nachbesserungsbedarf gibt. Das Gesetz wurde vor über zehn Jahren verabschiedet. Es wurde immer wieder nachgefragt, und es wurden Erfahrungswerte festgestellt. Ich möchte den hier im Plenum erleben, der nicht sagt, dass es noch einen Nachbesserungsbedarf gibt. Das stelle ich hier und heute anhand des Antrages auch fest. Insofern freue ich mich sehr, dass sich die Finanzer nach der Überweisung an den Finanzausschuss mit diesem Thema beschäftigen sollen. Überall da, wo Probleme auftauchen oder wo es einen Verbesserungsbedarf gibt, müssen wir entsprechend vorgehen. Ich gehe einmal gedanklich in die Zeit um das Jahr 2000 zurück. Damals haben wir zum ersten Mal erlebt, dass 15 Millionen Menschen darüber geredet und sich Gedanken darüber gemacht haben, wie ihr Leben nach dem Erwerbsleben aussehen wird. Wer hätte damit gerechnet, dass sich junge Erwachsene, die sich gerade in einer Ausbildung befinden oder nach dem Studium ihren ersten Job erhalten haben, damit beschäftigen, wie es nach dem Erwerbsleben sein wird, wo sie dann stehen werden und wie sie ihren Standard halten können? Dazu kam es damals zum ersten Mal, und zwar auch durch die Diskussion über Riester und Rürup, und diese Diskussion ist auch richtig. Ich möchte ein Beispiel nennen. Vielleicht hinkt das Beispiel, wie das mit Beispielen nun einmal so ist, aber vielleicht trifft es doch zu: Jede Patentante und jeder Patenonkel schließt zur Taufe des Patenkindes einen Bausparvertrag ab oder eröffnet ein klassisches Sparbuch. Das ist selbstverständlich und normal. Niemand redet darüber und stellt das infrage. Warum wird es demgegenüber als fraglich angesehen, wenn wir darüber nachdenken, wie wir das Zeitfenster nach unserem Erwerbsleben gestalten? Warum ist das ein Problem? Warum stellen Sie die drei Säulen infrage? Warum sagen Sie, dass die drei Säulen nicht richtig sind? Der Antrag Ihrer Fraktion wird heute überwiesen. Ich sage es vorweg: Würde heute darüber abgestimmt, dann würden wir uns sehr gerne enthalten, weil zwar einige kritische Elemente darin richtig sind, wir den Grundtenor, die drei Säulen abzulehnen, allerdings nicht teilen. Diesen Grundtenor Ihres Antrags bedauere ich. Wir möchten gerne mit Ihnen gemeinsam konstruktiv und nach vorne gerichtet für die Menschen an Verbesserungsvorschlägen arbeiten. Insofern wäre der Diskussionsprozess in den Fachausschüssen sehr wichtig. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie es tatsächlich ernst meinen würden, wenn Sie vom Zuhören, Mitgestalten und Gestalten sprechen, und wenn Sie dies auch tatsächlich tun würden. Wenn wir von Standards reden, dann müssen wir natürlich sagen, dass gerade die staatlich geförderte Altersvorsorge höheren Standards und strengeren Kriterien entsprechen muss. Deswegen müssen gerade diese Anlagen konservativ sein und stärker kontrolliert werden. Ich möchte nicht, dass sie spekulativ sind, was möglicherweise zu einer höheren Ausschüttung führen kann, sondern sie sollen lieber konservativ gehalten werden; denn es ist ja gerade der Sinn und der Reiz von Riester, dass man zumindest das herausbekommt, was man tatsächlich einbezahlt hat. Dies ist auch eine ganz eindeutige Feststellung von Finanztest. Die gesetzliche Garantie sorgt dafür, dass am Ende zumindest das Eingezahlte gesichert ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte jetzt nicht die weiteren Vorzüge ansprechen. Ich glaube, wer sich intensiv damit beschäftigt, der weiß, wie notwendig es war, dass wir 2002 in dieser Form vorangegangen sind. Ich möchte jetzt gerne auch über die Nachbarländer sprechen, die ebenfalls Erfahrungen damit haben, und darüber, wie sie damit umgehen. Schauen Sie sich die Niederlande, Schweden oder die anderen Nachbarländer an, die sich intensiv damit beschäftigt haben. Diese Länder haben genau das getan, was Sie vorhin angesprochen haben: Sie haben die Höhe der Gebühren gedeckelt und für ein konservatives Portfolio gesorgt. Durch die Aufsichtsgremien wird immer wieder kontrolliert, sodass dort keine Spekulation stattfinden kann. Es gibt dort eine große Transparenz, und sie haben ein einfaches Informationsblatt erstellt, das für jeden nachvollziehbar und transparent sein muss. Eine Altersvorsorge bedeutet nämlich nicht, dass man das Geld, das man nicht konsumieren, sondern anlegen möchte, spekulativ anlegt; denn diese Anlage dient der Altersvorsorge. Das, was unsere Nachbarländer gemacht haben, sollten wir im Rahmen der weiteren Beratungen auf jeden Fall aufgreifen. Ich begrüße die Überweisung an den zuständigen Ausschuss. Ich hoffe, der Antrag wird an den Finanzausschuss überwiesen, weil die Überschrift „Risiken der Riester-Rente offenlegen – Altersvorsorge von Finanzmärkten entkoppeln“ eindeutig für eine Überweisung an den Finanzausschuss spricht. Wir müssen stärker dafür werben, dass nicht nur junge Menschen, sondern alle Menschen für ihr Leben im Alter entsprechend Vorsorge treffen. Zum Schluss: Ja, es ist nicht alles richtig, aber es ist auch nicht alles verkehrt. Wir sollten zukünftig im Rahmen der Beratungen über mehr Transparenz und über niedrigere und gedeckelte Gebühren sprechen; denn es kann in der Tat nicht sein, dass beim Abschluss einer Riester-Rente zum Teil über 16 Prozent Gebühren – ich beziehe mich auf Finanztest – anfallen. Es ist egal, ob es nun 16 oder 20 Prozent sind: Diese Gebühren sind auf jeden Fall zu hoch und dürfen nicht sein. Es sollte beim Abschluss einer Versicherung generell nicht der Fall sein, dass man erst eine gewisse Zeitspanne einzahlt, bevor man eigentlich anspart. Darüber können wir uns gern unterhalten. Regelungen zu niedrigeren Gebühren und besseren, einfacheren und einheitlichen Informationen sollten sich in jedem Fall in diesem Gesetz wiederfinden und es weiterentwickeln. Wenn wir gemeinsam an diesen Zielen arbeiten, dann kommen wir zusammen. Ich wünsche mir das. Meine Fraktion hat in diesem Fall schon eine Enthaltung in der Abstimmung signalisiert. In diesem Sinne wünsche ich uns eine gute Beratung. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und, wie wir im Ruhrgebiet sagen, ein herzliches Glückauf!
SPD
Ich habe mich auf die zuvor gestellte Frage des Kollegen Koppelin bezogen , der gefragt hatte , ob dieser Punkt im Kabinett besprochen worden sei . Meine Frage ist , ob es darüber im Kabinett eine Information gegeben hat , woher Herr Anda als Regierungssprecher die Information erhalten hat , die er in die Öffentlichkeit gegeben hat , wonach der Bundeskanzler bereits vor 18 Uhr mit dem Bundespräsidenten telefoniert habe , was ja , wie sich inzwischen herausgestellt hat , nachweislich unwahr ist .
CDU/CSU
Frau Staatsministerin, Sie haben gesagt: „streng nach den Regeln des Rechts“. Welches Recht ist da angesprochen worden: amerikanisches Recht, deutsches Recht, amerikanisches Verständnis von Völkerrecht oder deutsches Verständnis von Völkerrecht?
GRUENE
Ja , bitte . Reinhard Freiherr von Schorlemer : Herr Kollege , Sie haben vorhin von dem Unrecht der Bodenreform gesprochen . Würden Sie die Frage des Kollegen Gallus , ob die brutale Bodenreform von 1945 bis 1949 ein Unrecht war , jetzt einmal klar mit Ja oder Nein beantworten ?
SPD
Herr Präsident ! Liebe Kolleginnen ! Liebe Kollegen ! Mit der Ratifizierung des Lissabonner Vertrages gewinnen die Bürgerinnen und Bürger Europas . Mein Kollege Jo Leinen hat das dieser Tage sehr nachdrücklich unterstrichen : Es gewinnen die Parlamente , die Zivilgesellschaft , die Nationalstaaten , die Regionen und Europa selbst . Deswegen bin ich froh , dass wir heute mit ganz großer Mehrheit diesen Vertrag ratifizieren werden , wie es schon einige unserer Nachbarn getan haben . Insbesondere freue ich mich , dass Frankreich bereits ratifiziert hat , aber auch Polen , wo nur noch die Unterschrift des Präsidenten aussteht . Wir haben heute schon sehr viel über die Erfolge des Lissabonner Vertrages gehört . Man kann es nicht genug unterstreichen : Die Demokratie gewinnt . Wir haben als Vertreter der Bürger und Bürgerinnen sowohl im Europäischen Parlament als auch im Deutschen Bundestag und in den Regionen eine Stärkung über diesen Vertrag zu erwarten . Aber auch die Bürgerinnen und Bürger selber gewinnen durch die Möglichkeit , ein Bürgerbegehren einzubringen und so die Agenda in der Europäischen Union mitzubestimmen . Liebe Kolleginnen und Kollegen , ganz besonders wichtig ist mir die Stärkung der sozialen Dimension . Sie ist in der Zielsetzung zu finden , die im Lissabonner Vertrag festgeschrieben ist , aber auch ganz konkret in der Grundrechtecharta , in der eine ganze Reihe sozialer Grundrechte enthalten sind . Deswegen ist die Kritik von links , wir hätten es hier mit der Festschreibung des Turbokapitalismus zu tun und hier erfolge , wie im Antrag der Linken zu lesen ist , die Festlegung auf die Grundsätze eines neoliberalen Finanzmarktkapitalismus und den Verzicht auf Sozialstaatlichkeit , in keiner Weise nachzuvollziehen . Was ist denn nun richtig ? Auf der anderen Seite erklärt uns die FDP , dass in diesem Vertrag zu viel Soziales enthalten sei und eine zu starke wohlfahrtsstaatliche Ausrichtung erfolge . Nach meiner Überzeugung kommt es hier vor allen Dingen darauf an , was wir mit den neuen Grundlagen des Vertrags tun . Der Vertrag von Lissabon schreibt erstmals fest , dass das Prinzip des unverfälschten Wettbewerbs nicht mehr Ziel , sondern Instrument der EU ist und den Zielen der Vollbeschäftigung , des sozialen Fortschritts und der Preisstabilität dienen soll . Die Regelungen dieses Vertrages bieten beispielsweise für eine europarechtliche Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge - ein Anliegen , das vielen Bürgern und , wie Sie sich vorstellen können , auch der SPD am Herzen liegt - eine Grundlage . Die vier Freiheiten des europäischen Binnenmarktes dürfen nicht zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehen . Auch ich möchte gerne in diesem Zusammenhang auf das jüngste EuGH-Urteil , das sogenannte Rüffert-Urteil , zurückkommen . Wir sind nicht glücklich über dieses Urteil . Wir müssen uns in der Tat Gedanken darüber machen , ob nicht die Entsenderichtlinie nachgebessert werden muss . Was wir aber vor allen Dingen tun müssen , ist , die Hausaufgaben bei uns zu erledigen . Der Vertrag von Lissabon bietet den notwendigen Spielraum , um aus der Wirtschaftsunion eine soziale Union zu machen , um die soziale Union der Wirtschaftsunion an die Seite zu stellen . Das liegt an uns . Die wichtigste Voraussetzung dafür in der ganz nahen Zukunft ist die Einführung von Mindestlöhnen in allen Bereichen . Ich bin sehr froh , dass Rheinland-Pfalz hierzu eine Gesetzesinitiative in den Bundesrat eingebracht hat . Was sich an der Kritik der Linken am Lissabonner Vertrag zeigt , ist nicht , Herr Bisky , linker Internationalismus oder EU-Freundlichkeit , sondern es ist Linksnationalismus und Schüren von Angst , was die Bürgerinnen und Bürger davon abhält , die Chancen dieses Vertrages zu sehen und in Anspruch zu nehmen . Das Gleiche ist über Ihre völlig abstruse Behauptung zu sagen , dass dieser Vertrag zu einer Militarisierung der EU beitragen würde . Das Ziel der Abrüstung und ein umfassender Sicherheitsbegriff mit den Komponenten der zivilen Konfliktprävention sind hier ausdrücklich genannt . Aber es macht in der Tat Sinn , die militärischen Fähigkeiten zu optimieren . Was nützt es denn , wenn wir unglaublich viel Geld ausgeben , aber Doppelstrukturen vorhalten und nicht die entsprechenden Fähigkeiten haben , wenn wir im Rahmen unserer internationalen Verantwortung auch militärische Sicherung vornehmen müssen ? Deswegen , liebe Kolleginnen und Kollegen , schauen Sie wirklich in den Vertrag ! Ich gebe die Hoffnung nicht auf , dass die Berliner Kollegen der Linken sich doch dazu durchringen können , der Ratifizierung des Vertrages zuzustimmen ; denn dieser Vertrag ist eine gute Grundlage für das Handeln der EU . Europa gelingt gemeinsam , und auch Europa sozial gelingt gemeinsam . Lassen Sie es uns anpacken .
SPD
Frau Kollegin Kopp , Sie müssten exakter definieren , wo eine Verletzung der Amtspflicht anzusiedeln wäre . Ich habe bei der Beantwortung der eben angesprochenen Frage deutlich gemacht , dass ich als Nichtjurist im besagten Untersuchungsausschuss _ ich sehe den ehemaligen Vorsitzenden , Herrn Friedrich , hier sitzen _ entsprechend Rechtskenntnis und Wissen erlangt habe . Bei der Geltendmachung von Haftungsansprüchen geht es um den Kausalitätsnachweis . Haftungsansprüche ergeben sich nicht automatisch dadurch , dass Behörden der Vorwurf zu laxer Kontrollen gemacht werden kann . Bei BSE ist das Problem eindeutig der Nachweis der Kausalität . Das dürfte sich sowohl im zivilrechtlichen Bereich als Hindernis für die Durchsetzung von Haftungsansprüchen erweisen als auch im Bereich der Haftung gegenüber dem Staat , also der Bundesrepublik .
SPD
Herr Kollege Kolbe, die Fragestunde bezieht sich nicht darauf, was die Bundesregierung interessiert und ob ihr Sachverhalte egal sind. Die verfassungsrechtliche Grundlage der Fragestunde hat das Bundesverfassungsgericht dahin gehend präzisiert, dass es darum geht, Ihnen aus dem Verantwortungsbereich der Bundesregierung Antworten zu geben, die Sie für die Bewertung von politischen Sachverhalten oder für Ihre politische Arbeit brauchen. Ich glaube, dass die Frage, die sich auf einen zivilrechtlichen Vertrag zwischen einem griechischen Staatsangehörigen und einer griechischen Bank bezieht, nicht im Verantwortungsbereich der Bundesregierung liegt. Daher bedaure ich, dass ich aus Sicht der Bundesregierung keine Bewertung abgeben kann. Alle anderen Fragen und Insinuationen, die Sie dargelegt haben, werden nicht vom Fragerecht abgedeckt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach langen und intensiven Beratungen im Ausschuss haben wir in dieser Woche den Bundeshaushalt 2014 abschließend zu beraten. Wir sind, wie gestern und heute schon festgestellt werden konnte, zu einem sehr, sehr guten Ergebnis gekommen. Unsere Ziele bezüglich des Haushaltsvolumens und der Nettokreditaufnahme, die wir uns vorgenommen haben, konnten erreicht werden. Es ist ganz wichtig, dass wir die vorgesehene Nettokreditaufnahme in Höhe von 6,5 Milliarden Euro trotz der Überraschungen, die uns erreicht haben, am Ende der Haushaltsberatungen auch einhalten konnten. Wichtig ist auch, dass wir alle Voraussetzungen dafür geschaffen haben, dass wir im Jahre 2015 wie geplant einen Bundeshaushalt vorlegen und hoffentlich auch verabschieden können, der absolut ausgeglichen ist. Das hat etwas mit Generationengerechtigkeit zu tun. Das hat etwas mit Zukunftssicherung zu tun. Ich habe davon gesprochen – Kollege Kahrs wird es mir bestätigen –, dass wir kurz vor der Abschlussrunde von unangenehmen Ereignissen überrascht worden sind: Urteil des Finanzgerichtes Hamburg, Rückzahlung der Brennelementesteuer, weniger Einnahmen. Auf all diese Dinge will ich nicht im Einzelnen eingehen, weil wir jetzt über den Fachetat sprechen. Diese Ereignisse haben aber dazu geführt, dass wir sowohl auf der Einnahmewie auf der Ausgabenseite noch große Anstrengungen unternehmen mussten. Leider – ich sage: leider – ist auch der Verteidigungsetat nicht ungeschoren davongekommen. Wir mussten eine globale Minderausgabe in Höhe von 400 Millionen Euro einstellen. Schon beim Haushaltsentwurf haben wir im Einzelplan 60, in dem die Kosten für ziviles Überhangpersonal ausgewiesen sind, zunächst Reduzierungen in Höhe von 500 Millionen Euro vorgenommen. Im nächsten Jahr sind es noch einmal 300 Millionen Euro. Diese Mittel werden genauso wie die globale Minderausgabe – so wurde es in den Vorgesprächen vom Finanzminister zugesagt – zeitgerecht und bedarfsgerecht zur Verfügung gestellt. Ich sage: Die jetzt vorgenommenen Einsparmaßnahmen sind vielleicht optisch nicht schön, aber vertretbar, weil wir im Moment deutliche Verzögerungen beim Zulauf von entsprechenden Beschaffungsvorhaben haben. Insofern ist es ganz wichtig, dass dann die jetzt vorgenommenen Einsparungen bedarfsgerecht zur Verfügung gestellt werden. Die Bundeswehr stand und steht auch jetzt ständig vor immer neuen Herausforderungen. Sie steht immer wieder vor der Herausforderung, so aufgestellt sein zu müssen, dass sie ihren Beitrag leisten kann, damit Deutschland nach innen und nach außen seiner Verantwortung gerecht werden kann. Damit sichert die Bundeswehr unsere internationale Handlungsfähigkeit. Sie dient den Menschen hier im Land, aber auch den Menschen in der Welt, wo die Angehörigen der Bundeswehr für Frieden, Freiheit und die Durchsetzung der Menschenrechte eintreten. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich sage „im Innern“ dann erinnere ich mich, dass ich vor ziemlich genau einem Jahr mittags hier noch eine Rede halten sollte, aber wegen der damaligen Flutkatastrophe in meinen Wahlkreis musste. Die Bundeswehr hat uns auch hier wieder gezeigt, wie wichtig ihr Einsatz im Zusammenwirken mit den anderen Hilfs-, Katastrophenschutz- und Rettungskräften ist, um den Menschen hier im Lande zu dienen, wenn Not am Mann ist, weil die Flut kommt. Wir haben heute wieder über zwei Missionen abgestimmt. Ich bin sehr froh, dass unsere Bundeswehr, auch wenn wir nicht mehr die allgemeine Wehrpflicht haben, eine Parlamentsarmee bleibt. Ich glaube, wenn es um Einsätze geht, nehmen wir alle jede Entscheidung sehr ernst. Keiner macht sich eine solche Entscheidung leicht. So soll es sein und bleiben: Wir entscheiden uns immer wieder in großer Verantwortung für oder gegen den einen oder anderen Einsatz. Die Soldaten, die Angehörigen der Bundeswehr müssen immer wissen, dass wir als Parlament hinter ihrem Einsatz stehen und die Verantwortung dafür übernehmen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hätte gedacht, dass heute Morgen alles Notwendige zu der unsäglichen Aussage eines gewissen Landtagsabgeordneten Müller von den Linken gesagt worden ist, der einen Sitz im Potsdamer Landtag hat. Aber Sie sind wieder damit gekommen. Es ist unsäglich, eine solche Aussage über unser Staatsoberhaupt zu treffen oder die Ministerin und andere, die sich entsprechend äußern, verunglimpfen zu wollen. Ich bin schon ziemlich lange im Parlament; ich weiß, wie wir damals um den ersten Einsatz im Ausland, auf dem Balkan, gerungen haben, vor einem völlig anderen Hintergrund, mit einer anderen Sicht auf die Verfassungslage. Es wird aus heutiger Sicht niemand abstreiten können, dass wir eine große Verantwortung dafür tragen, wie es beispielsweise am Südrand Europas weitergeht – deswegen diese Dinge. Sie werden doch nicht abstreiten können, dass wir Bündnisverpflichtungen haben, dass wir gesamteuropäische Verpflichtungen haben, dass wir NATO-Verpflichtungen haben, dass wir Verpflichtungen im Hinblick auf den Frieden in einer Region haben, in der es auch um die Sicherheit Israels geht. Gerade wir Deutsche haben hier eine große Verantwortung. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Verantwortung zu übernehmen, bedeutet, Frieden und Freiheit zu sichern und bereit zu sein, die entsprechenden Mittel und Möglichkeiten zu nutzen. Das bedeutet, den Menschenrechten Geltung zu verschaffen und die territoriale Integrität zu wahren. Es bedeutet, dem Völkerrecht zu dienen. Deswegen müssen wir all die Vorwürfe von der Linken zurückweisen. Offensichtlich haben solche Aussagen bei Ihnen Methode; ich will nicht länger darauf eingehen. Die Bundeswehr steckt mitten in einem großen Umstrukturierungsprozess; sie ist auf dem Weg von der ehemaligen Wehrpflichtarmee zur neuen Form. Wir werden nur noch 170 000 Berufs- und Zeitsoldaten haben. Wir haben keine Wehrpflichtigen mehr. Wir gehen davon aus, dass es uns gelingt, 12 500 freiwillig Dienstleistende zu gewinnen, und wir beziehen auch die Reservisten – ihre geplante Zahl liegt bei 2 500 – ganz intensiv mit ein. Auch das zivile Personal wird natürlich entsprechend reduziert. Es gibt also große Reformen, große Umbrüche, große Herausforderungen für alle, die in der Bundeswehr zivil oder militärisch Dienst leisten. Deswegen gilt ihnen besonderer Dank und besondere Anerkennung dafür, dass sie trotz dieser Umstrukturierung ihren Auftrag hervorragend erfüllen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stehen demzufolge vor ganz neuen Herausforderungen, was die Personalgewinnung betrifft, Stichwort „Attraktivitätsprogramm“. Wir stehen im Wettbewerb mit anderen Berufsfeldern und Berufsbildern am Arbeitsmarkt. Deswegen begrüße ich ausdrücklich, Frau Ministerin, Ihre Anregung, den Angehörigen der Bundeswehr mehr Möglichkeiten der Weiterbildung und Weiterentwicklung zu bieten und diese stärker herauszustellen. Unter Umständen können diese Weiterbildungsmaßnahmen mit entsprechenden Zertifikaten abgeschlossen werden, damit diejenigen, die die Bundeswehr nach einer gewissen Zeit in die Privatwirtschaft verlassen, ihre Kenntnisse belegen können und dort auch entsprechend Anklang finden. Auch diese Form der Qualifizierung scheint mir sehr wichtig zu sein. Wir erteilen unseren Soldatinnen und Soldaten nicht nur Aufträge, sondern wir müssen auch dafür sorgen, dass sie entsprechend gut ausgerüstet sind. Das ist eine permanente Aufgabe, die von uns im Haushaltsausschuss und auch von den Fachkollegen im Verteidigungsausschuss wahrgenommen wird. Auf anderen Feldern, Stichwort „Kommunikationstechnologie“, beklagen wir, dass wir in Deutschland und auch in Europa überhaupt nicht mehr die entsprechenden Fähigkeiten haben. Wir müssen schon dafür sorgen, dass wir auch künftig die technologischen Fähigkeiten haben, die wir brauchen, um unseren Aufgabenstellungen gerecht werden zu können. Das Verteidigungsbudget in Deutschland und auch die Verteidigungsbudgets unserer Verbündeten in Europa werden immer kleiner. Die Nachfrage sinkt, und es wird daher immer schwieriger, die Fähigkeiten zu erhalten. Es nützt uns auch nichts, nur die Fähigkeiten, die wir jetzt haben, zu erhalten. Die Welt wandelt sich sehr schnell, und woanders können im Bereich der militärischen Forschung und Entwicklung Mittel in ganz anderem Umfang eingesetzt werden. Wir müssen dafür sorgen, dass wir bei der technologischen Entwicklung nicht abgehängt werden. Wir müssen uns die Frage stellen: Welche Märkte stehen uns überhaupt zur Verfügung, um unsere Fähigkeiten auch in der Zukunft nutzen zu können? Nicht dass unsere Nachfolger hier im Parlament möglicherweise feststellen müssen: Wir würden ja gerne bestimmte Aufgaben wahrnehmen und die Verantwortung für bestimmte Bereiche übernehmen, aber wir haben nicht mehr die entsprechenden Fähigkeiten. Ich möchte hinzufügen: So manche Entwicklung, die im militärischen Bereich stattgefunden hat, weil gerade dort der Zwang zur Miniaturisierung und zur Präzisierung sehr groß ist, ist im Bereich der zivilen Technologien sehr nutzbringend eingesetzt worden. Auch diesen Aspekt sollten wir nicht übersehen. Ich bedanke mich zum Schluss ganz herzlich bei meiner Kollegin Mitberichterstatterin, Frau Karin EversMeyer, bei Dr. Tobias Lindner und bei Michael Leutert, aber auch bei Ihnen, Frau Ministerin, und Ihren Mitstreitern, Staatssekretären und Mitarbeitern im Haushaltsreferat – ganz herzlichen Dank! Wir hatten trotz unterschiedlicher Auffassung im Einzelfall eine gute Beratung.
CDU/CSU
Herr Präsident ! Liebe Kolleginnen und Kollegen ! Vielen Dank für die Glückwünsche . Herr Straubinger , wenn es nach dem Willen von CDU/CSU gegangen wäre , hätten die Rentner und Rentnerinnen schon in diesem Jahr eine Rentenkürzung hinnehmen müssen , gleichzeitig aber hätten die Beschäftigten viel höhere Lohnnebenkosten zahlen müssen . . Die Tatsache , dass es andersherum funktioniert , ist der rot-grünen Bundesregierung zu verdanken . Ich denke , das wissen die Rentner und Rentnerinnen auch . . Lieber Herr Brüderle , verehrter Herr Ost , die Ausführungen , die Sie in Ihren Beiträgen gemacht haben , sind wirtschaftspolitisch grob fahrlässig . Sie verfahren nach dem Motto : Unsere Akzeptanz in der Bevölkerung sinkt , deswegen reden wir das Wachstum herunter und die Inflation hoch . . Sie geben wider besseres Wissen . die falschen Signale an die deutsche Wirtschaft und für das wirtschaftliche Ansehen Deutschlands im Ausland . . Sie wissen ja , dass diese Inflation zum größten Teil importiert ist : Die Rohöl- und Erzeugerpreise sind angestiegen , natürlich sind auch die Nahrungsmittelpreise angestiegen , weil wir zwei schwer wiegende Krisen in der Fleischproduktion hinter uns haben bzw . zum Teil noch mittendrin stecken . Das hat natürlich Auswirkungen auf die Preisentwicklung gehabt . Man muss sehen , dass auch die wirtschaftliche Entwicklung externen Faktoren unterworfen ist . . Die Entwicklung in den Vereinigten Staaten hat natürlich auch Einfluss auf eine Volkswirtschaft wie die deutsche , die extrem exportorientiert ist . Wenn Sie sich die Zahlen des Wirtschaftswachstums einmal genau anschauen , erkennen Sie , dass allein schon die Entwicklung in der Bauwirtschaft die Wachstumsprognosen nach unten korrigiert . Ich hatte angenommen , nach der Hannover-Messe würden Sie sich etwas zurückhalten , weil dort auch die Wirtschaftsverbände deutlich gemacht haben , dass sie den von Ihnen verbreiteten Pessimismus nicht wollen , weil es dazu keinen Anlass gibt . Es gibt Branchen in Deutschland , die Wachstumsraten bis zu 7 oder 8 Prozent haben . Das gilt nicht nur für die Elektrotechnik oder für den Maschinenbau , das gilt auch für die Dienstleister , es gilt für alle Branchen im Bereich der Informationstechnologien . Sie schaffen nicht nur wirtschaftliches Wachstum , sondern auch Arbeitsplätze . Denn irgendwo müssen ja die 1 ,3 Millionen Beschäftigungsverhältnisse , die in den letzten zwei Jahren dazugekommen sind , ihre Grundlage haben . . Sie entstanden gerade in den Branchen , in denen in den letzten Jahren Leute eingestellt worden sind , wo Wachstum unterstützt wurde und auch Löhne angehoben wurden . Sie werfen den Tarifpartnern vor , sie würden ihren Teil zur Inflation beitragen . Das finde ich in Anbetracht der Tatsache , dass wir es geschafft haben , dass sich die Tarifpartner im Bündnis für Arbeit zusammengesetzt und moderate Lohnentwicklungen vereinbart haben , eine Unverschämtheit . Ich weiß nicht , ob sich die PDS einen Gefallen tut , wenn sie es so darstellt , als ob allein die soziale Transferleistung ein Ausdruck sozialer Gerechtigkeit und sozialer Unterstützung wäre . . Unsere Politik ist es , dieses Wachstum zu stärken .Aber unsere Politik ist es auch , denjenigen , die von Sozialhilfe leben , in unserer Gesellschaft eine neue Chance zu geben . Ich denke , da kann sich unser politisches Ergebnis sehen lassen . Wir konsolidieren den Haushalt ; das wirkt auch ganz gut gegen Inflation . . Wir betreiben eine aktive Arbeitsmarktpolitik ; wir betreiben aktive Forschungspolitik . Wir haben dazu beigetragen , dass ausländische Investitionen in Deutschland attraktiver geworden und damit angestiegen sind . Wir haben dazu beigetragen , dass die Wirtschaft im Ausland weiß : Es lohnt sich wieder , in Deutschland zu investieren . Das gilt natürlich auch für die Wirtschaft im Inland . Ich verstehe gar nicht , warum Sie , Herr Brüderle , immer auf der Steuerreform herumhacken . Es war glücklicherweise auch das Land Rheinland-Pfalz , wo die FDP mitregiert , das diese Steuerreform im Bundesrat unterstützt hat . . Wir haben damit in der Tat eine Grundlage für wirtschaftlichen Aufschwung schaffen . . Vizepräsident Rudolf Seiters 16865 Wir haben aber auch die Grundlage dafür geschaffen , dass die Leute am Ende des Jahres mehr Geld in der Tasche haben . . Das ist nicht nur für die Wirtschaft wichtig , das hat auch etwas mit sozialer Gerechtigkeit zu tun . . Ich kann zu Ihrem Pessimismus nur sagen : Reden Sie so weiter ! Sie werden irgendwann dahin kommen , dass Sie weder in den Verbänden noch in der Bevölkerung irgendjemand ernst nimmt . Wir vertrauen in die wirtschaftliche Kraft Deutschlands . Wir tun etwas dafür . Wir haben im Mittelstand und bei den Beschäftigten auch die richtigen Bündnispartner dafür . Vielen Dank . .
SPD
Herr Präsident ! Meine sehr geehrten Damen und Herren ! Herr Kollege Voigt , ich halte vieles von dem , was Sie eben gesagt haben , für richtig . Allerdings möchte ich den Eindruck vermeiden , als hänge die Lösung der schwierigen Fragen in Bosnien-Herzegowina von deutschen politischen Entscheidungen ab . Sicherlich sind wir Teil der Europäischen Union ; natürlich haben wir unseren Anteil an den Hilfsmaßnahmen . Letztendlich müssen die Dinge aber vor Ort geregelt werden . Das ist die erste Prämisse . Es ist ein Irrtum , zu glauben , wir in Deutschland könnten letztlich den Frieden in Bosnien- Herzegowina sichern oder entscheidend beeinflussen . Denn die Voraussetzungen dafür müssen dort geschaffen werden . Auch ein anderes ist klar : Die Bundesregierung kann Verträge über die Durchführung der Rückführung von Flüchtlingen nur dann schließen , wenn bei uns eine einvernehmliche politische Grundeinstellung herrscht . Mit Ausnahme der Grünen wird einvernehmlich gesagt , daß Flüchtlinge nur Gäste auf Zeit sind und daß man davon ausgehen muß , daß sie in ihr Heimatland zurückkehren sollen und müssen . . Natürlich sind wir alle der Auffassung , daß das sehr schonend geschehen soll und daß man eine Einzelfallprüfung braucht . Ich glaube , es ist auch klar , daß das Dayton-Konzept , das nur von einer Freiwilligkeit ausgeht , eine Fehllösung ist . Denn bei den Unterschieden der sozialen Gegebenheiten bei uns und in diesem schrecklich geschundenen Land werden nicht alle Menschen freiwillig gehen . Auch das muß man einmal laut sagen . Deswegen ist für das weitere Verfahren sehr entscheidend , welche Entschlossenheit die deutsche Politik zeigt , dort zu helfen . Wir tun das als Teil der EU ; daran gibt es sicherlich zu kritisieren , wieso die Europäische Union auf diese Art und Weise hilft und wieso das so bürokratisch und institutionell geschieht . Wir müssen aber auch sehen , daß in der deutschen Bevölkerung spürbar erwartet wird , mit der Rückführung zu beginnen . Es ist auch klar , daß der Vorrang bei freiwilliger Rückkehr liegen soll . Letztlich wird es aber nicht ohne Zwang gehen . Ich wiederhole das , was der Innenminister gesagt hat . Gegenüber demjenigen , der zurückkehren . noch : Wolfgang Zeitlmann auch notwendig , um die Akzeptanz von Flüchtlingen in der deutschen Bevölkerung zu erhalten . Es ist eine große Notwendigkeit , daß die deutsche Öffentlichkeit erfährt , daß sie nicht über die Maßen beansprucht wird . In dieser Diskussion finde ich allerdings eines nicht ganz gerecht , nämlich daß von seiten des Bundesrates immer auf die Bundesregierung verwiesen wird , wenn es um die Kosten geht . Jeder kennt die Rechtslage : Nach der Verfassung sind die Länder und Kommunen zuständig . Dieses Thema haben wir schon beim Asylkompromiß diskutiert . Ich erinnere mich sehr gut daran , daß der von uns geschätzte Kollege Wartenberg von der SPD - jetzt ist er Staatssekretär in Berlin - in diesem Hause an die Adresse der Länder gesagt hat : Es muß ein Wandel her . Ich bleibe dabei : Damals sind wir davon ausgegangen , daß die Länder und nicht der Bund zuständig sind . Ich verstehe , daß die Länder gerne den Bund zur Kasse bitten wollen . Bei der derzeitigen finanziellen Situation ist es aber nicht realistisch , zu sagen , der Bund müsse hier finanziell unterstützen . Dann muß es im Gesamtsystem des Finanzausgleichs von Bund und Ländern Veränderungen geben . Aber jetzt so zu tun , als ob der Bund hier etwas zugesagt hätte und jetzt im Wort stünde , ist nicht fair . Ich glaube wirklich , die Diskussion hat eines deutlich gemacht : Der Entscheid der Innenminister ist abgewogen . Es muß begonnen werden . Es sollen Einzelprüfungen stattfinden , Freiwilligkeit soll Vorrang haben . Ich halte diese Lösung für richtig . Vor allen Dingen wird - das ist das Entscheidende für die deutsche Öffentlichkeit - mit Rückführungen begonnen . Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit . .
CDU/CSU
Ist meine Redezeit schon vorbei? Das ist sehr bedauerlich. Zum Schluss sage ich Ihnen nur noch eins: Wir haben die Chance, mit gutem Beispiel voranzugehen. Heute müssen Sie Farbe bekennen. Stimmen Sie beiden Anträgen zu, und das Werk der Steuerflucht und der Steuerhinterziehung ist arg beeinträchtigt. Glauben Sie es mir!
PDS/LINKE
Die Novellierung eines Gerichtsverfahrensgesetzes wie der Finanzgerichtsordnung ist natürlich zunächst einmal keine sehr spannende Sache , sondern ein eher trockenes Thema , das vordergründig die wenigsten Bürger interessiert . Dennoch : Die Menschen draußen im Lande werden sehr einverstanden sein , wenn sie hören oder lesen , daß hier ein weiterer Versuch der Vereinfachung und Beschleunigung von gerichtlichen Verfahren unternommen wird . Jedermann in Deutschland weiß , und jedenfalls haben es viele leidvoll ertragen müssen , daß gerichtliche Verfahren bei uns oft viel zu lange dauern . Und Kenner wissen , daß dies derzeit in besonderem Maße für die Finanzgerichte gilt . Das hat natürlich seine Gründe , meine Damen und Herren , und zwar zunächst einmal gewissermaßen vorgerichtliche , die uns nachdenklich stimmen müssen . In der uns vorliegenden Gesetzesbegründung sind hierzu eindrucksvolle Zahlen genannt : Nach ca . 1 ,58 Millionen Einsprüchen bei den Finanzämtern im Jahre 1987 waren es nur zwei Jahre später bereits ca . 2 ,14 Millionen solcher Rechtsbehelfe _ ein enormer Anstieg also ! Was sind die Gründe hierfür , woran liegt das ? Sind die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes ganz einfach noch mündiger geworden oder auch weniger ängstlich , wenn es darum geht , vom Staat Gerechtigkeit einzufordern ? Das wäre dann nur positiv . Oder sind es nicht mindestens ebenso die unglaubliche Kompliziertheit unseres Steuersystems _ vornehm zurückhaltend , der Ministerialbürokratie angemessen , heißt es an einer Stelle der Gesetzesbegründung : Das Verständnis der Steuervorschriften erschließt sich oft nicht leicht _ und zudem viel zu häufig Unklarheiten , eine unklare Sprache , die wir als Gesetzgeber selbst zu vertreten haben ? Vom letzteren bin ich nach meinen persönlichen Erfahrungen als Rechtsanwalt nur leider allzu überzeugt . Ist es denn nicht tatsächlich so , daß wir viel zu häufig Unklares _ freilich oft in unguter Eile _ bewußt in Kauf nehmen und allenfalls für die späteren Entscheidungen der Judikative noch etwas in die Gesetzesbegründung hineinschreiben ? Ich könnte dazu eine ganze Reihe von Beispielen anführen . Nun , dessenungeachtet ist es aus der Sicht meiner Fraktion sehr zu begrüßen , daß das derzeitige Nebeneinander der Finanzgerichtsordnung und zweier Entlastungsgesetze beendet werden soll und uns in der Gesetzesvorlage der Bundesregierung eine Reihe weiterer Vorschläge zur Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren unterbreitet werden . Im einzelnen werden wir das in den Ausschüssen erörtern , aber im Grundsatz können wir , wie ich meine , durchaus schon jetzt unsere Zustimmung ankündigen . Ebenso , meine Damen und Herren , bin ich der Überzeugung , daß wir nicht zögern dürfen , außer diesen Verfahrenshemmnissen auch den anderen Ursachen des Arbeitsstaus bei den Finanzgerichten energisch nachzugehen . Dabei denke ich auch etwa an die häufigen Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung , die naturgemäß die Betroffenen verunsichern , also zu Rechtsunsicherheit und zu entsprechenden Folgewirkungen führen müssen . Die Wartefristen bei den Finanzgerichten dürfen in dem Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland nicht faktisch einer Rechtsverweigerung gleichkommen . Es bleibt deshalb unsere Aufgabe , auf jedwede Weise auch in Zukunft die Verkürzung der Verfahren zu betreiben . Dies ist keine einmalige Aufgabe , sondern muß uns auch in Zukunft beschäftigen . In diesem Sinne stimmen wir einer Überweisung der Vorlage in die Ausschüsse zu .
CDU/CSU
Herr Kollege Stübgen, Sie haben gesagt, Sie wüssten nicht, worüber wir uns beschweren. Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass sich die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen darüber beschwert, dass die Koalition eine Chance vergibt, Island ein deutliches Signal zu geben, dass wir für einen Beitritt sind, dass wir zwar kritische Fragen haben, aber in der Lage sind, schnell zu agieren, um die Verhandlungen aufzunehmen? Das heißt, wir beschweren uns darüber, dass ein positives Signal ausgelassen wird. Sind Sie bereit, das zur Kenntnis zu nehmen?
GRUENE
Am 29. November findet zum dritten Mal der EUAfrika-Gipfel statt. Mit keiner anderen Großregion pflegt die EU derart umfassende Beziehungen auf Grundlage einer gemeinsam beschlossenen Strategie. Mit kaum einer anderen Region gibt es aber auch derart enge historische Bande. Als ich kürzlich im Rahmen der Delegationsreise des Unterausschusses Zivile Krisenprävention den Kommissionspräsidenten der Afrikanischen Union, Jean Ping, in Addis Abeba traf, sagte er sehr deutlich: „Europa ist für uns so nah, China mit seinen unterschiedlichen Wertvorstellungen so fern.“ Das sollte uns anspornen. Gerade jetzt im „Afrikanischen Jahr“, in dem Afrika die Unabhängigkeit von 17 Staaten vor 50 Jahren feiert, müssen wir endlich das alte Denken vom schwarzen Kontinent über Bord werfen und die Chance nutzen, die Beziehungen zu normalisieren und den Aufbau einer ehrlichen Partnerschaft voranzutreiben. Denn das war die Idee, als vor zehn Jahren die Staats- und Regierungschefs in Kairo das erste Mal zusammenkamen. Dass der Gipfel, wie vor drei Jahren geplant, stattfindet, zeigt, dass zumindest der gegenseitige Respekt in den letzten Jahren gewachsen ist. Hatte früher noch der Streit um Mugabe den Prozess sieben Jahre lang gelähmt, ist heute die „Causa Baschir“, trotz allem Dissens über den Haftbefehl des IStGH, kein Grund mehr, den Gipfel platzen zu lassen. Aber wir dürfen uns nicht mit einer oberflächlichen Normalisierung zufriedengeben. Gerade der Dissens über den Haftbefehl gegen Baschir wie generell auch die Frage des Kampfes gegen die Straflosigkeit dürfen jetzt nicht von einer windelweichen Gipfelerklärung übertüncht werden, wie es gerade passiert. Für mich ist klar: Baschir gehört nach Den Haag vor den IStGH. Für mich ist aber auch klar: Wir müssen in Zukunft im Dialog viel aktiver für den IStGH werben und gemeinsam Wege finden, um ihn mit dem AU-Menschenrechtsgerichtshof, den regionalen und nationalen Justizsystemen sowie den afrikanischen Versöhnungstraditionen sinnvoll zu verbinden. Das ist für mich ein entscheidender Punkt, neben der Stärkung demokratischer Institutionen, dem Umgang mit Konfliktrohstoffen und gerechten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, um weiteren Krisen vorzubeugen und ein nachhaltiges Peacebuilding voranzubringen. All dies setzt aber voraus, dass wir auch mehr Tiefgang in der Partnerschaft „Frieden und Sicherheit“ hinbekommen. Denn ohne das kann es kein Peacebuilding geben. Auch deshalb hat die AU für das Jahr 2010 selbst die Losung herausgegeben: „Make Peace Happen“. Doch ausgerechnet hier gibt es eine gefährliche Schieflage. Das musste ich kürzlich im Hauptquartier der Afrikanischen Union selbst erfahren. Während militärische Teile der Afrikanischen Eingreiftruppe bis Ende des Jahres einsatzfähig sein werden, ist der Aufbau ziviler Fähigkeiten kaum vorangekommen. Auch GenderFragen entlang der Sicherheitsratsresolutionen 1325 oder 1820 spielen keine Rolle. Die EU und ihre Mitgliedstaaten stützen viel zu einseitig das militärische Standbein der AU-Sicherheitsarchitektur. UNO-Einsätze Zu Protokoll gegebene Reden wie im Kongo müssten uns doch lange klar gemacht haben, wie wichtig fähige Polizistinnen und Polizisten, Justiz- und Verwaltungsfachleute, Wahlbeobachterinnen und -beobachter oder Konfliktmediatorinnen und -mediatoren für Friedensprozesse sind, um letztlich auch den rechtsfreien Raum für die schrecklichen Vergewaltigungen zu schließen. Das ständige Ownership-Credo bleibt nichts als eine hohle Phrase, wenn wir einerseits selbst nicht bereit sind, mehr Zivilpersonal in Missionen zu schicken, andererseits aber auch die nötige Unterstützung bei der Ausbildung versagen. Das laufende Polizeiprogramm der GTZ in Addis Abeba oder die deutsche Polizeiausbildung im Kofi-Annan-Peacekeeping-Center in Accra sind dabei im Ansatz zwar richtig und wichtig. Doch bleiben diese Ansätze ohne einen Ausbau und eine gezielte Kooperation mit den übrigen EU-Staaten nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die AU braucht dringend mehr Unterstützung beim Aufbau eines zivilen Personalpools für Friedensmissionen und für das Peacebuilding, der auch den Bedürfnissen der Frauen gerecht wird. Wir sollten daran denken, dass wir dabei auf die hervorragende Expertise des ZIF zurückgreifen können, vorausgesetzt, wir stellen dafür auch die erforderlichen Mittel zur Verfügung. Meine Damen und Herren von der Linkspartei, dass Sie jetzt in Ihrem Antrag auch noch polizeiliche Friedensmissionen verdammen, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Was glauben Sie eigentlich, wo die Polizisten, wie sie vom Kofi-Annan-Peacekeeping-Center ausgebildet werden, nach ihrem UNO- oder AU-Einsatz für Sicherheit und Ordnung sorgen? Genau, in ihren Herkunftsländern. Das habe ich im Fall von Sierra Leone selbst gesehen. Die leidgeprüften Menschen dort sind froh über ihre hervorragend ausgebildeten Polizistinnen und Polizisten, wenn sie nach ihrem Darfur-Einsatz nach Sierra Leone zurückkommen. Wir sollten den kommenden Gipfel für ein ehrliches Resümee der Zusammenarbeit von EU und AU nutzen und die notwendigen Weichen stellen, damit wir vom oberflächlichen Respekt füreinander zu einer ehrlichen Partnerschaft mit Tiefgang gelangen.
GRUENE
Herr Präsident ! Verehrte Kolleginnen und Kollegen ! Zunächst : Es sollte keine Schande sein , wenn sich jemand nach über 20 Jahren Engagement im nationalen Parlament um ein Mandat im Europaparlament bewirbt . Das sollte keine Schande sein , das sollte auch keine Kritik hervorrufen . . Es wäre vielleicht ganz gut , wenn mehr Kollegen mit nationaler Erfahrung _ ich habe mich acht Jahre lang auf nationaler Ebene für Europa engagiert _ versuchen würden , ihre Erfahrungen und ihre Überzeugungen in Straß- burg oder Brüssel einzubringen . . Ich jedenfalls habe damit überhaupt kein Problem . Die Bilanz der deutschen Ratspräsidentschaft , die in Kürze zu Ende geht _ ich glaube , es ist die letzte Gelegenheit , sie hier zu analysieren _ , ist zweigeteilt : Alles , was durch Außendruck erzeugt wurde , hat _ das war in der europäischen Geschichte oft so _ zu Fortschritten geführt . Der Übergang des Aufgabenbereichs der WEU in die Zuständigkeit der Europäischen Union ist ein Fortschritt , den ich würdigen will . Die beiden Personalentscheidungen Prodi und Solana sind ebenfalls Fortschritte . Beides will ich nicht geringschätzen . Damit ist Ihre positive Bilanz aber erschöpft , meine Damen und Herren . . Es ist schade für Europa _ nicht nur für unser Land _ , daß alle anderen Projekte , die so groß angekündigt waren und auf die unser Land als größtes Land im Zentrum Europas angewiesen ist , negativ vollendet wurden . Ich will einmal mit kleinen Dingen beginnen . Seit Jahrzehnten gibt es die Diskussion um eine europäische Aktiengesellschaft _ eine wichtige Gesellschaftsform für Zusammenschlüsse in Europa . . Die deutsche Präsidentschaft hatte die Chance , diese Diskussion abzuschließen . Das ist auch deshalb nicht gelungen , weil man am Anfang ein so wichtiges Land wie Spanien falsch behandelt hat . Am Schluß war es dann Spanien , das die Europa AG verhindert hat . Wir bräuchten eine europäische Energiebesteuerung und keinen nationalen Alleingang . . Was ist aus der europäischen Energiebesteuerung geworden ? Nichts ! Mehr Steuergerechtigkeit : Kein einziger Punkt konnte im Benehmen mit unseren europäischen Partnern zu Ende gebracht werden . Agenda 2000 : Wir hören jetzt , der Steigungswinkel der deutschen Ausgaben werde nicht mehr so steil ansteigen wie bisher . Man kann es auch deutlich sagen : Es wird nach wie vor teuer . Dabei stellt sich nicht nur die Frage , ob es für uns teurer wird . Vielmehr hat das schlechte Ergebnis _ keine Agrarreform , keine Reform der Finanzinstitutionen _ drei große Nachteile . Erstens . Wir sind für die Osterweiterung nicht gerüstet . Was von Herrn Volmer gesagt wurde , war einfach falsch . Die Stimmung in Osteuropa ist negativ ; die Osteuropäer haben sich von ihrem Anwalt Deutschland viel mehr erwartet , . und zwar zunächst einmal Reformen bei der Agenda 2000 . Denn nur durch Reformen schaffen wir den Finanzspielraum , um wichtige Länder wie Polen aufzunehmen . Zweitens . Wir sind mit dieser Art Agenda 2000 bei den nächsten WTO-Verhandlungen nicht verhandlungsfähig . Wir werden uns wundern über das Verhältnis von Europa und Amerika nach der Kosovokrise . Die Europäer machen jetzt den Frieden ; die Amerikaner haben vorher die militärische Last getragen . Das Klima der Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika wird sich verhärten _ zum Schaden unserer Außenwirtschaft und zum Schaden unserer Landwirte . Das werden wir sehr schnell spüren . . Drittens . Die Agenda 2000 hätte auf den BalkanWiederaufbauplan Rücksicht nehmen müssen . Jetzt stehen die Finanzierung der Osterweiterung und der Stabilitätsplan für den Balkan im Wettbewerb . In der europäischen wie auch in der deutschen Finanzierung gibt es keinerlei Reserven . Komme die Regierung bitte nicht mit einer sogenannten Friedenssteuer für den Balkan oder für die Osterweiterung in Form einer Mehrwertsteuererhöhung ! . Dafür ist die Mehrwertsteuererhöhung nicht gedacht . Was die Osterweiterung angeht , so ist nur eine pünktliche Erweiterung um die ersten Reformstaaten ein entscheidender Stabilitätsexport . Es geht doch nicht an , daß die Reformpolitiker in Ungarn , Slowenien und Polen sagen , sie hätten nach zehn Jahren der Transformationspolitik ihre Hausaufgaben gemacht und würden im Jahre 2002 aufnahmefähig sein , die westeuropäische Union ihnen dann aber antworten muß , sie habe ihre Hausaufgaben nicht gemacht ; deshalb komme das alles auf die lange Bank . Die Bundesregierung hat es heute erneut vermieden , einen konkreten Zeitpunkt anzugeben . Herr Volmer , wenn das so ist , wie der Bundeskanzler gesagt hat , nämlich daß die institutionellen Reformen Ende 2000 abgeschlossen sind , was spricht denn dann gegen einen Beitritt im Jahre 2002 ? Wissen Sie aus der europäischen Geschichte denn nicht , wie wichtig Zeitdaten für Fortschritte sind ? Wir hätten heute noch nicht den Binnenmarkt , wir hätten heute noch nicht die Europäische Währungsunion , wenn wir nicht ehrgeizig und unbeirrt an Zeitdaten festgehalten hätten . Diese Erfahrung haben wir bei der europäischen Integration gemacht . . Euro-Schwäche als Ergebnis _ das hätte niemand gedacht . Ich fühle mich da wirklich mißbraucht . Wir haben in Deutschland für eine Mehrheit für den Euro gekämpft . Wir haben versprochen : Der Euro wird so stabil sein wie die D-Mark . Wir haben uns gegen eine Mehrheit durchgesetzt . Wir hatten nach der Euro-Einführung mit 1 ,18 Dollar zunächst eine Mehrheit für den Euro in Deutschland . Inzwischen gibt es wieder eine Mehrheit gegen den Euro . Die antieuropäischen Kräfte in Groß- britannien und in der Schweiz sind gestärkt , weil ebendiese Länder , die für die Europäische Union so wichtig wären , den Eindruck haben , daß die Stabilität den sozialistischen Regierungen in Italien , Frankreich und Deutschland nicht so wichtig ist . . Ich als Ökonom kann nur sagen : Aus einer Außenschwäche wird auf Dauer eine Innenschwäche . . Der erste Punkt waren die Angriffe von Herrn Lafontaine gegen die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank . Der Wechselkurs des Euro sank in der Folge von 1 ,18 Dollar auf 1 ,08 Dollar . Der zweite Punkt war _ unter Zustimmung von Herrn Eichel _ die Erhöhung der Verschuldungsgrenze entgegen den Vereinbarungen des Stabilitätspaktes . Davon profitiert zunächst Italien . Deutschland wird der nächste EU-Staat sein , der diese höhere Verschuldungsgrenze ebenfalls in Anspruch nehmen muß ; denn wir sind im Moment mit das wachstumsschwächste Land in Europa . Unter der alten Bundesregierung hatten wir noch eine Wachstumserwartung von 2 ,8 Prozent . Im ersten Quartal dieses Jahres sind wir bei 0 ,7 Prozent angekommen . Das heißt : weniger Dynamik , weniger Steuereinnahmen , saisonbereinigt mehr Arbeitslose , höhere Verschuldung . Das schlägt sich im Euro-Kurs nieder . Es wäre falsch , zu sagen , Ursache für den derzeitigen Euro-Kurs sei die Stärke der Amerikaner . In der Weltwirtschaft gibt es kein stark oder schwach . Da gibt es Länder , die ihre Hausaufgaben machen , die dynamisch sind , die ein klares Steuersystem haben , die Dienstleistungen schätzen , die Flexibilität erlauben _ ich verweise auf die Beratungen zum 630-DM-Gesetz und zur Scheinselbständigkeit _ : Diese Länder haben eine starke Währung und eine hohe Kaufkraft . Und dann gibt es Länder wie Deutschland , das innerhalb von acht Monaten abgestürzt ist . . Wir sind das absolute Schlußlicht bei der Dynamik in Europa . Das muß sich ändern . Dazu wird auch die Wahlentscheidung beitragen . . Ich möchte zum Schluß sagen : Der Beschäftigungspakt ist eine riesige Luftnummer . Über 90 Beamte werden sich versammeln . Zwei entscheidende Gruppen sind gar nicht vorgesehen : einmal der Mittelstand und zum zweiten das Europäische Parlament . Ein solcher Beschäftigungspakt bringt weder mehr Beschäftigung noch mehr europäisches Bewußtsein . Insofern ist die Bilanz der deutschen Ratspräsidentschaft , vom außenpolitischen Bereich abgesehen , leider äußerst dürftig . .
FDP
Herr Kollege Zöller , wir sind uns also einig , daß Sie auch ein Budget vorgesehen hatten . Sie reden nur über die Art der Ausnahmen in diesem Bereich . Die Frau Bundesministerin hat heute schon im Zusammenhang mit dem GKV-Strukturreformgesetz auf Gespräche mit Ärzten und anderen hingewiesen und gesagt , daß _ darüber werden wir im Ausschuß diskutieren _ unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen in Zukunft möglich sein werden . . _ Ja , das hat sie in Ihrer Anwesenheit gesagt . . Ich halte aber fest : Ich nehme mit Befriedigung zur Kenntnis , daß Sie , Herr Zöller , sich endlich als erster zur Tatsache bekannt haben , daß auch Sie budgetiert und damit Ausgabenbegrenzungen vorgenommen haben . . Ein zweiter Bereich , die Monistik , wurde hier ebenfalls moniert . In Lahnstein gab es dazu eine andere Meinung . Wer wirklich leistungsbezogene Vergütungen im Krankenhaus will , wer chancengleiche , faire Bedingungen des Wettbewerbs der Krankenhäuser untereinander will , muß für die Finanzierung der Investitionen und laufenden Ausgaben aus einer Hand sein . Ich verstehe nicht , daß das , was damals richtig war , heute falsch sein soll , nur weil Sie in der Opposition sind . Dies ist einfach nicht nachvollziehbar ; es ist für mich , liebe Kolleginnen und Kollegen , in höchstem Maße unredlich . Sie haben noch mehrere andere Argumente gebracht , die ich aus Zeitgründen jetzt leider nicht im Detail entkräften kann . Nur auf eines möchte ich zu sprechen kommen : Datenschutz . Sie haben mehr Kostentransparenz gefordert und sich auch für integrierte Versorgungsformen ausgesprochen . Wie soll denn mehr Kostentransparenz erreicht werden ? Wie soll der Hausarzt beispielsweise über die Patientenkarriere entscheiden können , wenn er nicht weiß , was in anderen Leistungsbereichen verordnet und in Anspruch genommen wird ? Ohne Daten , ohne Informationen sind eine rationale Ausübung der Gesundheitsberufe und eine rationale Gesundheitspolitik leider nicht möglich . Ich appelliere an Sie : Geben Sie doch nicht alle Überzeugungen auf , die Sie in Ihrer Regierungsperiode vertreten haben ! Die Vorstellungen zur Strukturreform , die Sie vor einigen Jahren vertreten haben , waren _ das sagen alle Sachkenner _ in vielen Bereichen sehr nahe an den Positionen , die wir mit dem Gesundheitsstrukturgesetz II dargelegt hatten . Das war alles vor Ihrem Sündenfall , bevor Sie nach den zwei Landtagswahlen glaubten , durch eine Politik der Privatisierung und der Bedienung einer neoliberalen Klientel Wahlerfolge erzielen zu können . . Vorher waren wir sehr , sehr nah beieinander . . Auch in Zukunft muß unser Gesundheitssystem finanzierbar bleiben , muß es eine hohe Qualität der Versorgung gewährleisten , müssen auch Junge und Gesunde Vertrauen haben können , daß sie , wenn sie alt und krank sind , eine Versorgung auf sehr hohem Niveau erhalten . Damit wir diese soziale Krankenversicherung auch in Zukunft erhalten können , müssen jetzt Strukturreformen durchgeführt werden . Dies ist eine Nagelprobe , nicht nur für die Regierung , sondern auch für die Opposition . Ich hoffe , Sie sind sich Ihrer Verantwortung bewußt . .
SPD
Wir dürfen nicht ständig Ausgaben bejammern , wenn wir nicht bereit sind , Kosten , die auf uns zukommen , zu vermeiden . Ich nenne nur das Stichwort Nichtraucherschutz . Auch diesen nehmen wir sehr ernst . Für Schnellschüsse ist die Reform nicht geeignet .
CDU/CSU
Herr von Klaeden , wie bereits in der Antwort der Bundesregierung vom 4 . Dezember 2000 in der Bundestagsdrucksache 14/4915 auf Frage 7 der unter anderem von Ihnen gestellten Kleinen Anfrage erläutert , stand Bundestagsvizepräsident und Landesminister a . D . Burkhard Hirsch als Ermittlungsführer im Bundeskanzleramt in einem öffentlich-rechtlichen Auftragsverhältnis . In der Antwort auf Frage 3 der Kleinen Anfrage wurde bereits im Dezember 2000 erklärt , dass die Tätigkeit von Hirsch beendet ist .
SPD
Herr Präsident ! Meine Damen und Herren ! Frieden braucht Entwicklung _ dieses Motto kann jeder von uns unterschreiben . Leider müssen wir konstatieren , dass uns die Entwicklungsprobleme auch im neuen Jahrtausend treu geblieben sind und uns auch ins neue Jahrtausend gefolgt sind . Aber mit der Globalisierung kommt ein neuer Akzent hinzu . Globalisierung ist eigentlich die weltweite Vernetzung der Leistungsfähigen . Das ist auch für viele Entwicklungsländer eine große Chance . Die Entwicklungsländer insgesamt haben beim Anteil am Welthandel doppelt so viel erreicht wie der Rest der Welt . Aber nicht alle Entwicklungsländer sind positiv betroffen . Die Globalisierung geht an Hunderten Millionen von Menschen der Entwicklungsländer spurlos vorbei . Im neuen Jahrtausend steckt darin das Risiko , dass sich die sozialen Konflikte innerhalb der Länder vergrößern , statt sich zu verringern , dass sich Migrationsbewegungen verstärken , statt zu verebben , dass Stellvertreterkriege ganz neuer Art ausbrechen , Ordnungsrahmen von gewählten Wolfgang Gehrcke 9936 Demokratien unterminiert werden und der Druck auf die natürlichen Lebensgrundlagen weiter zunehmen wird . Vor diesem Hintergrund sind für die Entwicklungspolitik drei Elemente von größter Bedeutung : Erstens der Aufbau und die Durchsetzung verlässlicher internationaler Spielregeln mit sozialer und ökologischer Verantwortung ; darauf ist schon hingewiesen worden . Zweitens . Es müssen in der internationalen Entwicklungshilfe und Zusammenarbeit im Rahmen des Globalisierungsprozesses die richtigen Schwerpunkte und Akzente gesetzt werden . Drittens die Einflussnahme im Interesse von Good Governance . Darauf ist die Politik der rot-grünen Bundesregierung abzuklopfen . Hier sieht es trotz Lob und Eigenlob noch sehr mager aus . In puncto internationale Spielregeln ging die Debatte um eine Reform der Welthandelsordnung an Deutschland vorüber , obwohl wir eigentlich mit der sozialen Marktwirtschaft ein Erfolgsmodell anzubieten hätten , das auch international tauglich wäre . . Bei der Diskussion über Weltbank und IWF produzierte die Bundesrepublik zwar Schlagzeilen , aber nur beim stümperhaften Kampf um den Chefsessel beim IWF . Die Vereinte-Nationen-Politik der Bundesregierung siecht in Wirklichkeit genauso dahin wie die Entwicklungspolitik der Vereinten Nationen selbst . Das einzig Bemerkenswerte war , dass neben viel Überflüssigem wirklich vernünftige Programme und Projekte , zum Beispiel der Bevölkerungsfonds der UN , von uns zusammengestrichen wurden . Auch bei der internationalen Entschuldungskampagne , die Sie sich , Frau Ministerin , etwas übertrieben ganz allein auf Ihre Fahnen heften , gratulieren wir erst dann , wenn die Ernte eingefahren ist . Ich sage Ihnen ganz ehrlich : Ihr gestriger Beitrag , den ich nur am Fernseher verfolgen konnte _ daher konnte ich leider nicht eingreifen _ . reizt mich natürlich sehr . Sie haben gesagt , eine Entschuldung gebe es erst seit dem Zeitpunkt , seitdem Sie Ministerin seien . Das ist nachweislich falsch . Denn die Wahrheit ist , dass das jetzt Geplante _ wir stehen dahinter und wünschen dazu viel Erfolg _ bisher nur zu Luftbuchungen geführt hat . Es ist noch keine einzige müde Mark geflossen . Wir stehen zwar zum Beispiel bei Bolivien und Uganda ante portas . Aber es ist noch nichts umgesetzt worden , wohingegen unter Ihren Vorgängern _ das sollte man der Ehrlichkeit halber bei solchen Diskussionen erwähnen _ 9 Milliarden DM erlassen wurden . . Auch beim zweiten Punkt , bei der sachlichen Schwerpunktsetzung , ist Kritik angebracht . Es ist richtig , dass das Wasser zum Schwerpunktthema geworden ist ; aber das hat noch die alte Bundesregierung eingeleitet . Der Zivile Friedensdienst , so fürchte ich , wird ein Flop ; denn das , was er leisten kann , gibt es schon , und das , was er eigentlich leisten müsste , nämlich in einem gefährlichen und gewalttätigen Umfeld Frieden stiften , kann er nicht . Entscheidend hinsichtlich Ihrer Schwerpunktsetzung ist aber , dass die kurz- und mittelfristige Kürzungsorgie im BMZ-Haushalt ausgerechnet die Felder trifft , die als Globalisierungshilfe von zentraler Bedeutung wären , . zum Beispiel die Armutsorientierung , die Bildung , Herr Marhold , die Sozialstrukturhilfe und die Bevölkerungsund Umweltpolitik . Vor dem Hintergrund der Globalisierung müssten wir eigentlich die Selbsthilfekräfte der Benachteiligten besonders stärken , die Funktionsfähigkeit von Staat , Demokratie und Verwaltung und den Kampf gegen Umweltkatastrophen . Sie aber erreichen durch die Kürzungen genau das Gegenteil . Wir stehen hinter Ihnen , wenn Sie sich in Zukunft im Trend gegen diese Kürzungen aussprechen . Wenn Sie dagegen kämpfen , kämpfen wir mit Ihnen . Auch nach Ihren vollmundigen Ankündigungen nach Ihrer Amtsübernahme reizt es einmal mehr , die Wahrheit zu beleuchten ; das haben Sie gestern Abend weniger getan . Frau Tröscher , dass Sie vom Haushalt nichts mehr hören wollen , kann für uns natürlich nicht Leitfaden der Politik sein . Die Behauptungen , an den Haushaltskürzungen sei die vorhergehende Regierung schuld , sind einfach falsch . Die Haushaltskürzungen sind erstens Schuld der falschen Schwerpunktsetzung der jetzigen Regierung und zweitens Schuld des ehemaligen Finanzministers Lafontaine , der einmal schnell 30 Milliarden DM verfrühstückt hat . . Diese 30 Milliarden DM sind der eigentliche Grund dafür , warum Ihr Haushalt in Schwierigkeiten ist . Auch die Zahlen , die gestern genannt worden sind , sind falsch . Während unserer Regierungszeit _ das war schmerzlich genug _ mussten wir von 1993 bis 1998 Kürzungen von 8 ,2 Milliarden DM _ das war die Rekordhöhe _auf 7 ,9 Milliarden DM hinnehmen . Nach der mittelfristigen Finanzplanung wäre eine weitere Absenkung des Plafonds um 36 Millionen DM erfolgt . Und was machen Sie ? _ Sie kürzen die Mittel in einem Jahr um 8 ,7 Prozent und die Plafondabsenkung beträgt nicht 36 Millionen DM , sondern 960 Millionen DM . Das kann doch wohl nicht unsere Schuld sein . Deswegen fordern wir die Einlösung Ihres nächsten Versprechens _ Sie haben gestern gesagt : Was wir zugesagt haben , packen wir an _ , nämlich mehr Geld für die Entwicklungshilfe und nicht weniger . Wir fordern auch eine Weiterentwicklung der Inhalte und Instrumente , zum Beispiel ein Sektorprogramm zur Reform und Stärkung des öffentlichen Dienstes , eine konsistente Energiekonzeption für Entwicklungsländer und die Einrichtung einer politischen Notfallhilfe , mit der viel schneller als bisher politische Hilfestellung geleistet werden kann . Was die Diskussion um die Länderkonzentration anbelangt , so hat Herr Hedrich dazu schon das Wesentliche gesagt . Ich halte den bisherigen Verlauf der Abgrenzung für schädlich . Es gibt ein wirklich gutes Abgrenzungskriterium , mit dem man gleichzeitig die Arbeitsteilung mit der EU voranbringen könnte , und zwar die Absorptions- , Christian Ruck 9937 Regulierungs- und Koordinationsfähigkeit von Entwicklungsländern . . Dieses Kriterium ist logisch und nachvollziehbar und richtet außenpolitisch keinen Schaden an . Ein außenpolitischer Schaden aber tritt ein , wenn ausgerechnet die Zusammenarbeit mit Schwellenländern , zum Beispiel mit Malaysia und Argentinien , eingestellt wird . Wir sind es doch , die von diesen Ländern etwas wollen , nicht umgekehrt . In Malaysia zum Beispiel wollen wir den Tropenwald retten . Wenn wir die Zusammenarbeit mit diesen Ländern aufgeben , haben wir uns jede Möglichkeit der Einflussnahme genommen . Das ist der dritte und ebenfalls entscheidende Punkt : die Einflussnahme auf Good Governance . Auch dazu gibt es Kritik . Zum einen gibt es in dem AKP-Abkommen einen Punkt , wo wir und auch Sie sich nicht entscheidend durchgesetzt haben , nämlich in der Frage der Sanktionen . Das ist innerhalb der EU eine offene Flanke . Zudem bedeuten die Kürzungen im BMZ-Haushalt , vor allem in der FZ : weniger Geld , weniger Einfluss . Die Entschuldung wiegt das in keiner Weise auf . Nehmen wir einmal an , die Entschuldung kommt wirklich zustande , was wir alle hoffen ! Dann stehen 960 Millionen DM weniger im Haushalt . Dem stehen 60 bis allenfalls 80 Millionen DM entgegen , die Sie den Entwicklungsländern aus der Entschuldung pro Jahr praktisch geben . Sie kürzen also um das Zehnfache dessen , was die Entwicklungsländer durch die Entschuldung bekommen . Da kann man wirklich nicht von einem fairen Deal sprechen . . Lassen Sie mich auch noch das Folgende sagen . Wir kritisieren die mangelnde Unterstützung des BMZ und dessen Entwicklungspolitik durch das Auswärtige Amt und andere Ressorts . Bezeichnenderweise war ja zu Beginn der Debatte , als Sie , Frau Ministerin , sprachen , kein einziger von Ihren Kollegen im Raum . . Beim Einzug in das Außenministerium haben die grünen Chefs ihren umweltpolitischen Anspruch abgelegt . Auch wenn sich die Umweltsituation gerade in den Entwicklungs- und Schwellenländern dramatisch zuspitzt und selbst viele unserer eigenen , ökologisch orientierten Entwicklungsprojekte politisch hochgradig gefährdet sind : Fischer und Volmer riskieren dazu diplomatisch nichts . Das gilt leider auch für Afrika . In der Tat sind viele afrikanische Politiker dabei , jede Glaubwürdigkeit , jedes Renommee und auch jede politische Existenzberechtigung zu verspielen . Was sich in Äthiopien und Eritrea abspielt , ist zynisch und unverschämt . . Frau Ministerin , es sind nicht nur die Industrienationen , die dorthin Waffen verkaufen . Es ist vor allem Russland , . das von Verkäufen an beide Seiten profitiert hat und den Sanktionsbeschluss so lange hinausgezögert hat , dass beide Seiten genug Waffen haben , um noch jahrelang weiter kämpfen zu können . Das ist ein Skandal , der von uns nur außenpolitisch bekämpft werden kann . . Genauso zynisch sind das Kriegsengagement einer ganzen Reihe von armen Staaten in Krisengebieten , das Aufhetzen zur rassistischen Gewalt in Simbabwe und die traurige Solidarität mit diesen gefährlichen Vorgängen auch durch den südafrikanischen Staatspräsidenten . Das muss man auch sagen ; das hat mich ebenfalls enttäuscht . Ich werfe der Bundesregierung , dem Bundeskanzler und dem Bundesaußenminister zuvörderst vor , dass sie für den Frieden und die Entwicklung in Afrika nichts riskieren , was diplomatisch und politisch wehtun könnte , dass es auch kein Afrika-Konzept gibt , das diesen Namen verdient . Joschka Fischer schließt fünf Botschaften in Afrika und joggt dann werbewirksam durch die Pyramiden von Giseh . Das ist meiner und unserer Ansicht nach zu wenig . . Diese Unkollegialität gegenüber der Entwicklungspolitik wird nur noch durch das Finanzministerium in den Schatten gestellt , insbesondere durch die Person des Staatssekretärs Overhaus und die Art und Weise , wie er die Kolleginnen und Kollegen in derArbeitsgruppe Villa Borsig _ die Insider wissen , wovon ich spreche _ abgebürstet hat . Ich glaube , dass deshalb der AWZ ein Recht darauf hat , dass Finanzminister Eichel uns einmal persönlich Rede und Antwort steht und uns in Zukunft einen Gesprächspartner aus seinem Hause mitgibt , der die Entwicklungspolitik nicht ruinieren will .
CDU/CSU
Vielen Dank. – Daran schließt sich meine Nachfrage an, ob Sie vorhaben, über das Umweltbundesamt einmal wieder eine generelle neue Bewertung vornehmen zu lassen, ob das schon in Arbeit ist oder in welchem Zeitrahmen wir da mit neuen Ergebnissen rechnen können, um wieder entsprechend Druck in die gesellschaftliche Diskussion bringen zu können.
GRUENE
Ich habe positive Beispiele aus dem Bundesverkehrswegeplan genannt , insbesondere aus dem Land Brandenburg . Brandenburg setzt besondere Priorität auf die Oder-Lausitz-Straße , auch auf den Ausbau im grenznahen Raum . Vielleicht sollte sich Bayern daran ein Beispiel nehmen . Ein Satz zum Ende . Als Parlamentarier habe ich die baltischen Staaten besucht . Beeindruckt war ich vom Optimismus der Menschen und ihrer politischen Vertreter . Vielleicht sollten wir Deutsche uns daran ein Beispiel nehmen . Langfristig wird Deutschland als Exportland und als Verkehrsdrehscheibe besonders von der Erweiterung profitieren . Vielen Dank .
SPD
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuerst ein Wort an Sie, Frau Kollegin Rupprecht: Ich verstehe Ihre Aufregung angesichts der Tatsache, dass Sie sich schon sehr lange mit dem Thema befassen und das ehrliche und nachvollziehbare Ziel verfolgen, das Thema Heimkinder zu einem guten Ergebnis zu führen. Dieses Ziel haben wir alle. Wenn ich den Beschluss des Haushaltsausschusses richtig verstehe, sind die 40 Millionen Euro, um die es geht, für die Heimkinder vorgesehen; denn es heißt hier: Bund, Länder und Kirchen. Dabei ging es immer um die Kinder, die in Heimen im Westen untergebracht waren. So verstehe ich das. Auch das kommt ins Protokoll. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir das beibehalten, was wir am Runden Tisch und in den Ausschüssen geschafft haben: ein weitgehend fraktionsübergreifendes, sachorientiertes Diskussionsklima. Im Ergebnis beraten wir heute abschließend einen von fast allen Fraktionen getragenen Antrag, der eine lange Geschichte hat und, wie ich glaube, rechts- und gesellschaftspolitisch wirklich bedeutsam ist. Wir haben uns die Mühe gemacht – das haben wir uns vorgenommen –, Unrecht aufzuarbeiten, das zu der Zeit, als es geschehen ist, vielleicht nicht als Unrecht verstanden wurde – so habe ich Herrn Geis gerade verstanden –, auch wenn es das zweifellos war. Das war ein rechtsfreier Raum. Das kann aber nicht die Grundlage dafür sein, dass mit Kindern, mit Menschen Schindluder getrieben wird. Und das war es. Ich glaube, das sollten wir ganz deutlich und unumwunden sehen und uns dem stellen; denn das verlangen die Heimkinder im Westen und auch im Osten von uns. Wenn man das rekapituliert, muss man schon sagen, dass es eigentlich unglaublich ist, wie damals mit diesen Kindern umgegangen wurde. Ich war zu dieser Zeit selber Kind und weiß, dass es damals hieß: Wenn du nicht parierst, nicht richtig funktionierst, kommst du eben ins Heim. – Das war eine Drohung, und jeder hat sie verstanden. Ich glaube, wenn wir uns in der Geschichte noch ein Stück weiter zurückbewegen, dann merken wir: Da waren andere Drohungen in Deutschland an der Tagesordnung. Als Demokraten haben wir uns aus dieser Tradition gelöst. Darüber haben wir Diskussionen geführt. Wir müssen sie immer wieder aufs Neue führen, damit uns klar ist: Wo Recht gesetzt wird, muss auch dafür gesorgt werden, dass Unrecht aus der Vergangenheit aufgearbeitet wird. Der Runde Tisch hat hier Großes geleistet. Es war für mich sehr eindrucksvoll, in der Anhörung zu hören, wie Frau Vollmer als Vorsitzende des Runden Tisches sagte: Es war eine anstrengende, schwere Arbeit. – Es war eine Arbeit, die nicht jederzeit wieder so geleistet werden kann. Wir haben ja auch noch einen anderen Runden Tisch, nämlich zum Thema „Sexueller Missbrauch von Kindern“. In der Anhörung war für mich besonders eindrucksvoll, Betroffene zu hören. Durch die Anhörung habe ich gelernt, dass es für die Heimkinder auch heute noch sehr, sehr schwierig ist, mit ihrem Thema in der Öffentlichkeit umzugehen. Sie sind sehr empfindsam, traumatisiert, geschädigt und teilweise fürs Leben gezeichnet. Sie sind auch sehr empfindsam in Bezug darauf, wie man mit ihnen umgeht. Ich glaube, dass wir uns abverlangen müssen, uns mit ihnen zu beschäftigen, ihnen auch in einer solchen Anhörung das Wort zu geben. Im Rahmen des Möglichen ist das auch geschehen. Es hat uns alle erschüttert, zu hören, was Heimkinder erlebt haben. Ich konnte es mir in dieser krassen Form bis dahin nicht vorstellen. Wir haben einen Antrag formuliert, der meiner Ansicht nach genau das auf den Weg bringt, was den Heimkindern am Herzen liegt und was uns als Aufarbeitung am Herzen liegt. Er beinhaltet den Auftrag an die Bundesregierung, zu handeln. Obwohl keine Rechtsansprüche mehr bestanden, haben wir gesagt: Es muss hier die Grundlage, eine gewisse Entschädigung zu leisten, geschaffen werden. Das wird der Fall sein. Ich bin ganz sicher, dass eine Finanzierungslösung gefunden wird, die praktikabel ist. Es sollten in den jetzt vorliegenden Antrag nicht noch andere offene Themen mit eingearbeitet werden. Vielmehr werden diese gesondert abgearbeitet, Stichwort „Behandlung der Heimkinder in der damaligen DDR“. Auch sie befanden sich in einer untragbaren Situation und wurden teilweise ebenfalls mit geradezu krimineller Energie behandelt, wie wir ebenfalls in der Anhörung des Ausschusses hören mussten. Das ist ein weites Feld. Ich erwarte von der Bundesregierung hier zügiges Handeln und einen überzeugenden Vorschlag. Wir werden uns im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens weiter mit dem Thema befassen. Ich hoffe, dass wir dann eine so konstruktive Vorgehensweise finden werden, wie es in der Vergangenheit der Fall war. Aufregung und Emotionen helfen uns nicht weiter. Nach meinem Dafürhalten ist das so – auch wenn ich gut verstehen kann, dass Emotionen bei diesem Thema zu Recht eine große Rolle spielen.
FDP
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So kann man sich irren: Als die Kanzlerin gleich zu Beginn ihrer Rede heute Morgen sagte, wir müssten die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise überwinden, dachte ich, jetzt komme eine Passage zur Situation der Kultur und Kulturschaffenden in unserem Land. Sie kennt doch die Hilferufe der Oberbürgermeister, der Theater, der Museen, der Bibliotheken und der Kunsthäuser überall in unserem Land, und sie kennt auch die Analysen der Zeitungen: Vom großen „Kahlschlag“ schrieb die Zeit vor zwei Wochen, vom „Spar-Tsunami“ der Spiegel. Aber kein Wort davon; dafür das Schlagwort „Leistung muss sich wieder lohnen“. Dies sagen Sie einmal Kunstund Kulturschaffenden in unserem Land, etwa Schauspielern und Musikern. Die Kollegin, die neu im Bundestag ist, hat die Situation dankenswerterweise schon beschrieben: hochqualifizierte Leute, die Tag und Nacht an ihren Projekten arbeiten und, wenn es hochkommt, vielleicht 11 000 Euro im Jahr verdienen, davon keine Sozialversicherung zahlen können und nichts fürs Alter sparen können. Leistung soll sich wieder lohnen? Ja, bitte, gerade im Bereich der Kultur! Aber kein Wort, kein Satz, keine Vorstellungen, wie hier ein jetzt zusammenbrechendes System erhalten und gerettet werden kann. Geldmangel ist ein mit Verzögerung wirkendes Gift. Wenn es sich bemerkbar macht, ist es für die betroffenen Personen und Institutionen oft zu spät, die Reserven sind aufgebraucht, die Bestände nicht mehr zu retten. Das schrieb Andreas Kilb vor einigen Tagen in der FAZ. Das Gift Geldmangel wird in der Kultur epidemische Formen annehmen, wenn jetzt nicht sofort entgegengewirkt wird. Es ist ja bekannt, dass sich die wirtschaftliche Entwicklung von privatwirtschaftlichen Unternehmen nach Krisen in der Regel stabilisiert. Dies aber gilt nicht für verlorene Kunst und aufgegebene kulturelle Infrastruktur. Deshalb fordern wir ein sofortiges Investitionsprogramm für die kulturelle Infrastruktur in diesem Land, einen „Zukunftsfonds Kultur“. Es geht nicht nur darum, Herr Staatsminister, dass wir die Kultur schonen, wir müssen aus dieser Situation heraus jetzt offensiv etwas für die Kultur tun, wir müssen in deren Zukunft investieren. Beim Expertengespräch des Ausschusses für Kultur und Medien im März dieses Jahres hat Klaus Hebborn vom Deutschen Städtetag bereits einen bedenkenswerten Vorschlag zur Finanzierung eines solchen Fonds gemacht. Er stellte fest: Wenn die öffentlichen Hände an der Abfinanzierung der in den Bankensektor fließenden Mittel nur nachrangig beteiligt würden, wäre für die Kultur viel gewonnen. Sie wissen: In der Kultur schafft wenig viel, Investitionen haben Schubkraft, siehe Filmförderung. Deshalb: Setzen Sie um, was Sie uns stets mit schönen Worten verkünden: Kulturförderung ist eine Investition in die Zukunft. Die nachfolgenden Generationen sind darauf angewiesen. Bei einem zweiten Thema habe ich mich sehr geirrt. Ich war fest davon überzeugt, dass in der Koalitionsvereinbarung im Kapitel Kultur das Postulat „Der Staat schützt und fördert die Kultur.“ und die Ankündigung, diesen Satz so schnell wie möglich als Gesetz zur Abstimmung zu stellen, enthalten sein würden, damit endlich das Staatsziel Kultur im Grundgesetz verankert wäre. Ich habe noch den flammenden Appell von Guido Westerwelle in den Ohren, den er am 19. Juni dieses Jahres hier an uns alle gerichtet hat. In Wahrheit geht es darum, dass Deutschland eine Kulturnation ist. … Eine Kulturnation sollte sich in ihrer eigenen Verfassung dazu bekennen, dass sie es ist. Wie wahr! Auch der nächste Satz ist richtig: … da die Kultur in Deutschland in Konkurrenz steht zu anderen wichtigen Rechtsgütern, müssen wir dafür sorgen, dass die Kultur nicht den Kürzeren zieht, nur weil sie keinen Verfassungsrang hat. Dem ist nicht zu widersprechen. Dem ist auch nichts hinzuzufügen. Es bleibt die Frage: Wo ist das Staatsziel Kultur geblieben? Es scheint auf der Strecke geblieben zu sein zwischen der FDP-Opposition im Juni und der FDP-Mitregierung im November. Schade, Herr Vizekanzler.
PDS/LINKE
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt mittlerweile eine intensive Debatte in der europäischen Öffentlichkeit. Das zeigen nicht nur die vielfältige Berichterstattung in den Zeitungen und das Interesse der Bevölkerung an diesem Thema und den vielen Debatten, die wir im Deutschen Bundestag zu Griechenland und anderen Ländern führen. Es ist ein Vorteil, dass es keine Spaltung gibt, sondern ein gegenseitiges Interesse. Wir müssen aber dazu kommen, dass eine solche Spaltung, die durchaus möglich ist, nicht durch Politiker betrieben wird, die ihre jeweilige nationale Öffentlichkeit bespielen und dort Applaus suchen. Das war in Griechenland lange Zeit der Fall, wo die Politiker die Politik, die sie machen mussten, sehr stark auf die anderen Länder, insbesondere auf Deutschland, bezogen haben. Mein Eindruck ist aber auch, dass der eine oder andere im Bundestag die Debatte eher sucht, um die nationale Öffentlichkeit zu bespielen und Vorurteile zu bedienen. Diesen Weg dürfen wir nicht gehen. Zu Griechenland haben wir heute zwei Extrempositionen zu dem Erfolg der letzten fünf Jahre erlebt. Auf der einen Seite steht der Bundesfinanzminister, der sagte: Alles war gut, aber dann kam der Regierungswechsel, und damit ist es schlecht geworden. – Auf der anderen Seite haben wir die Linkspartei, die sich nicht zwischen Linkspopulismus – wie Herr Gysi heute, als er vom Europa der Banken gesprochen hat – und Rechtspopulismus – wir haften für Kredite, die wir gar nicht gewähren wollten – entscheiden kann. Sie vertritt eine Art Zwischenposition und sagt dann auch noch: Es war alles schlecht. Ich glaube, beide Positionen sind nicht richtig. Der Bundesfinanzminister hat vorhin den IWF zitiert, der gesagt habe: Es ist alles gut. – Ich lese dessen Stellungnahmen anders. Schon im März 2012 hat der IWF eine Analyse zur Schuldentragfähigkeit und zu den wirtschaftspolitischen Maßnahmen und deren Auswirkungen erstellt. Sie haben eine selbstkritische Analyse gemacht, und ich wünschte mir, das würde auch in Deutschland stärker zur Kenntnis genommen. Denn sie haben die fiskalischen Multiplikatoren deutlich unterschätzt. Was heißt das? Sie haben unterschätzt, wie stark sich Steuererhöhungen und auch Ausgabenkürzungen auf die Wirtschaftsleistung Griechenlands auswirken. Deswegen ist die Wirtschaftsleistung in Griechenland mit 25 Prozent stärker eingebrochen als prognostiziert. Ich finde, es steht uns gut an, zu sagen: Das war ein Fehler. Das war ein klarer Fehler. Wir haben zu schnell und zu hart auf Einsparungen und finanzielle Anstrengungen zum Abbau des Defizits gesetzt. Das Defizit lag in Griechenland bei 15 Prozent. Wir haben viel zu wenig auf das geachtet, was Thomas Oppermann heute hervorgehoben hat, nämlich das Institutionenversagen und Staatsversagen in Griechenland. Ich will aber keine rückwärtsgewandte Diskussion führen, sondern nach vorne blicken. Wir Sozialdemokraten stehen nicht für eine Drohung gegenüber Griechenland mit einem Grexit und einem Ausscheiden aus der Währungsunion, wenn sie nicht spuren, zur Verfügung. Das ist mit uns nicht zu machen. Wir profitieren am meisten von allen europäischen Ländern durch die Europäische Union und den Euro. Das ist erstens der Fall, weil der Euro-Kurs niedriger ist, als er es unter Bedingungen wie in der D-Mark-Zeit wäre. Das heißt, unsere Exporte sind billiger, als sie es normalerweise wären. Das gibt Raum für Lohnerhöhungen, die die Gewerkschaften jetzt auch durchsetzen. Der zweite Punkt ist: Den Haushaltsausgleich im Bundeshaushalt, über den wir uns freuen, auch weil wir dadurch Möglichkeiten haben, zusätzlich zu investieren, haben wir vor allem dadurch erzielt, dass wir extrem niedrige Zinsen auf alle unsere Staatsschulden zahlen müssen. Das sind über 10 Milliarden bzw. 12 Milliarden Euro pro Jahr, die wir einsparen. Ich finde, es steht uns als reichstem und wirtschaftlich stärkstem Land in Europa gut an, an dieser Stelle mit einem Land wie Griechenland gemeinsam die Probleme zu lösen. Wer dort war, hat gesehen, wie sehr die Wirtschaft am Boden liegt. Ja, die griechische Vorgängerregierung und auch die amtierende Regierung haben in den letzten Jahren wenig dazu beigetragen, dass es besser wird. Aber nun haben wir die Chance, mit einer Regierung, die das Grundübel anpacken will, den korrupten, nicht effizienten Staat zu bekämpfen. Ich finde, wir müssen diese Chance ergreifen und den Griechen so gut wie möglich helfen. So interpretiere ich den Antrag, den der Bundesfinanzminister für heute gestellt hat. Ich erwarte, dass in diesem Sinne verhandelt wird. Ich will klar sagen: Mich haben die Diskussionen – zuletzt gestern im Deutschlandfunk –, ob der Grexit nicht doch die bessere Variante für Griechenland wäre, mehr als irritiert. Denn ein Grexit wäre für Europa und insbesondere für Deutschland nicht die bessere Variante, sondern die teuerste Variante. Schließlich würden in einem solchen Fall die Kredite, die wir gegeben haben, sofort fällig. Es wäre für Griechenland nicht die beste Variante, weil dort dann die Banken geschlossen würden und Chaos herrschen würde, genauso wie es die Bundeskanzlerin eben erklärt hat. Aus diesem Grund bitte ich Sie, Herr Bundesfinanzminister: Seien Sie bei den Verhandlungen der Finanzminister Öl und nicht Sand im Getriebe!
SPD
Ich kann Ihnen nochmals sagen, dass wir an einem neuen Modell arbeiten. Ich kann aus dem Koalitionsvertrag zitieren: Die LKW-Maut wird – unter Berücksichtigung der Ergebnisse des neuen Wegekostengutachtens – weiterentwickelt. Orientierungspunkte hierbei können sein: die Tonnage, das Netz, externe Kosten. Wir stellen sicher, dass die Netto-Einnahmen aus der Nutzerfinanzierung ohne Abstriche in die Verkehrsinfrastruktur investiert werden.
Wir können nicht darüber spekulieren , auf welche Quellen sich die Zeitungen bei ihren Berichten stützen . Wir wissen , dass die Lage in der Kaukasus-Region kompliziert ist . Deshalb wollen wir uns selber nicht an Spekulationen beteiligen .
GRUENE
Was war jetzt Ihre Frage , Frau Kollegin Bulmahn ? .
FDP
Das heißt Rückholbarkeit nach unserem Verständnis nicht. Das Kriterium der Rückholbarkeit und Bergung ist kein neues Kriterium, sondern schon in der Diskussion. Aber das beinhaltet – nach unserem Verständnis, aber, ich glaube, auch nach dem Verständnis des niedersächsischen Ministerpräsidenten – ganz sicher nicht die Verschiebung der Entscheidung auf einen späteren Zeitpunkt. Vielmehr bedeutet „Rückholbarkeit und Bergung“, dass es eine Entscheidung für den Standort gibt, dass sie aber nicht unwiderrufbar sein soll, sondern dass man offen für neue Erkenntnisse ist, die man in der Zukunft, in 30, 50 oder 80 Jahren, für die Behandlung von radioaktiven Abfällen möglicherweise gewinnt. So erhält man sich die Möglichkeit, neue Erkenntnisse für die bessere Behandlung von Abfällen zu realisieren; das ist der eigentliche Sinn von Rückholbarkeit und Bergung. Im Gegensatz dazu steht eine möglichst geschlossene, definitive Abschirmung von der Biosphäre. Man muss die Entscheidung wissenschaftlich und politisch abwägen. Es geht aber nicht um eine Vertagung der Entscheidung auf nächste Generationen; es ist mir wichtig, darauf hinzuweisen.
CDU/CSU
– dass die Bundestagsabgeordneten bei solchen Entscheidungen wissen, was sie tun. Aber nach dem heutigen Tag, nach diesem Beratungsverfahren, müssen wir sagen: Sie wissen gar nicht, was Sie tun, weil es Ihnen Ihre Bundesregierung nicht gesagt hat. Deshalb kann dieses Gesetzgebungsverfahren keinen Vertrauensschutz für die Energieversorger bedeuten. Es ist verfassungswidrig. Wir werden mit allen Mitteln, die die Verfassung uns gibt, dagegen vorgehen. Darauf können Sie sich verlassen.
GRUENE
Meine Antwort auf Ihre beiden Fragen ist kurz und knapp . Sie wissen , dass der Weg von einer Idee zu einem Produkt nicht ganz einfach ist . Deshalb ist zur Erörterung eines inhaltlichen Konzeptes vom Ministerium für Schule und Weiterbildung , Wissenschaft und Forschung des Landes NRW und vom BMBF eineArbeitsgruppe eingesetzt worden , deren Arbeit begonnen hat und über deren Ergebnisse die Öffentlichkeit zu angemessener Zeit unterrichtet wird .
SPD
Frau Präsidentin ! Liebe Kolleginnen und Kollegen ! Eisenbahnerinnen und Eisenbahner waren stets auch Nachtarbeiterinnen und Nachtarbeiter und sie sind es heute noch . So wird ihnen hoffentlich nur Lob für die Abgeordneten in den Sinn kommen , wenn wir die Debatte über die Änderungsanträge zu den vorliegenden Petitionen in den heutigen Nachtstunden führen , zu denen ich auch einige Petenten persönlich begrüßen darf . . Änderungsanträge zu Petitionen sind selten . Die geringe Anzahl weist auch darauf hin , dass die Opposition sehr verantwortungsvoll mit diesem Instrument umgeht . Deutscher Bundestag ­ 14 . Wahlperiode ­ 239 . Sitzung . Berlin , Donnerstag , den 6 . Juni 2002 Vizepräsidentin Petra Bläss 23969 1) Anlage 9 2) Anlage 10 3) Anlage 11 Die Petitionen , zu denen meine Fraktion Änderungsanträge eingebracht hat , sind 1998 an den Petitionsausschuss des Bundestages übersandt worden . Es handelt sich hierbei um 4 700 Eingaben , denen sich 48 600 Menschen durch Unterschrift angeschlossen haben , sowie um 33 000 Massenpetitionen . Welch eine Kraft , welch ein Wille steckt eigentlich hinter einem solchen demokratischen Anliegen , aber auch welche Hoffnung und welches Vertrauen auf sorgfältige Prüfung und Hilfe ! Es ist vor allem die Hoffnung , dass die Forderungen durch den Gesetzgeber und nicht erst durch den Druck und den Zwang einer Bundesgerichtsentscheidung erfüllt werden . Mit den Petitionen wird nicht nur die Überführung der Rentenansprüche der ehemaligen Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Post der DDR in die gesetzliche Rente kritisiert , sondern darüber hinaus auch die Wiedergewährung des Versorgungsanteils aus den Systemen der Altersversorgungen der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Post gefordert . Der Forderung der Betroffenen , eine gesetzliche Klarstellung für die Jahre 1971 bis 1973 für diejenigen zu erwirken , die nicht in die FZR eingetreten sind , wurde per Gesetz entsprochen . Darauf zielt auch die Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses , wogegen jetzt diese Änderungsanträge formuliert wurden . Das ist für mich umso verwunderlicher , da doch auch die Kollegin Nolte und der Kollege Grund von der CDU/CSU-Fraktion in den Jahren ihrer Oppositionszeit mit großer Energie parlamentarisch und außerparlamentarisch für die Interessen der Betroffenen stritten . Verschweigen möchte ich auch nicht , dass die Petenten ihre Petitionen just nach dem Wahlsieg von Rot-Grün eingebracht haben , sicher in der Hoffnung , jetzt werde das Wahlversprechen umgesetzt . Und dann das ! Doch nun zu den offenen Forderungen und damit auch zu den Änderungsanträgen der PDS-Fraktion . Die Rentenüberleitung hat sich in den vergangenen Jahren als eine Geschichte der Gerichtsurteile und deren knappesterAuslegung und Umsetzung in gesetzlichen Regelungen gezeigt . In ihr spiegelt sich der Wechsel zwischen den Regierungskoalitionen besonders krass wider . Im Kern geht es immer um die Frage : Welche Bedeutung haben die Regelungen des Einigungsvertrages und welchen Stellenwert haben die gesetzlichen Ansprüche und Anwartschaften in der Rentenversicherung nach dem Beitritt ? Fallen diese Ansprüche wie die Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger der alten Bundesländer unter den Eigentumsschutz nach Art . 14 des Grundgesetzes ? Um es für alle Nichtexperten etwas zu verdeutlichen , darf ich die berühmte Frage des Verfassungsrichters Grimm bei der Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht 1999 einmal sinngemäß zitieren : Wenn ein Bürger am 2 . Oktober 1990 Eigentümer eines Trabbis gewesen ist , war dieser Trabbi nach dem 3 . Oktober 1990 dann weiterhin sein Eigentum ? . So wurde ein Regierungsvertreter gefragt . Zum Zweiten wurde gefragt : Und wie würden Sie die Frage in Bezug auf rechtmäßig erworbene Renten- und Versorgungsansprüche beantworten ? Die Antwort lautete , selbstverständlich sei auch nach dem 3 . Oktober 1990 der Trabbi Eigentum des Bürgers geblieben , aber die Renten- und Versorgungsansprüche seien untergegangen . Was nicht übernommen wurde , ist eben untergegangen . Das Bundesverfassungsgericht hat meines Erachtens in dieser Frage anders entschieden ; denn es sagt ganz deutlich in der Entscheidung : Auch in der DDR erworbene und im Einigungsvertrag nach dessen Maßgaben als Rechtsposition der gesamten Rechtsordnung anerkannte Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen genießen den Schutz desArt . 14 . Zwar entfaltet Art . 14 Grundgesetz seine Schutzwirkung nur im Geltungsbereich des Grundgesetzes . Die in der DDR erworbenen Rentenansprüche und -anwartschaften gelangten jedoch mit dem Beitritt und der Anerkennung durch den Einigungsvertrag wie andere vermögenswerte Positionen in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes . Eine weitere Grundlage , mit der die Forderung der Eisenbahner und der Postler unterstützt werden kann , bietet der Einigungsvertrag in Anlage II , Sachgebiet H . Mehr als 90 000 Eisenbahner und Postler haben sich mit großer Hoffnung an den Petitionsausschuss gewandt . Ich weiß natürlich auch , dass die Umsetzung der rentenrechtlichen Ansprüche , die auf Verwaltungsakten der DDR beruhen , nicht zum Nulltarif zu haben sind . Ich weiß , was es kostet .Aus der Bearbeitung vieler Petitionen weiß ich aber auch , dass die Betroffenen ins Grundgesetz schauen und darauf vertrauen wollen , dass ihre Ansprüche in diesen Fragen unter den Schutz des Grundgesetzes fallen . Meine lieben Kolleginnen und Kollegen , es macht für die Betroffenen , für ihrVerständnis von Demokratie , für ihr Rechtsverständnis schon einen riesigen Unterschied , ob ihre Ansprüche durch uns , durch das Parlament , anerkannt und in Gesetze gegossen werden oder ob es , wie in vielen Fällen , erst der Entscheidung oberster Gerichte bedarf .
PDS/LINKE
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als letzter Redner einer breiten, facettenreichen Debatte im Schatten der beeindruckenden Abschiedsrede von Peer Steinbrück ist es natürlich nicht so ganz leicht, sich thematisch auf etwas zu konzentrieren, was vielleicht einen Schlussakzent setzen kann. Ich habe mich entschlossen, ein Thema aufzugreifen, das bei der Erarbeitung unseres Antrags durchaus kontrovers diskutiert wurde, und das ist die Frage des europäischen Zusammenhalts als eine kulturpolitische Herausforderung. Wir haben uns daran gewöhnt, zu sagen, dass der Brexit gewissermaßen einen Wendepunkt markiert, dass er ein Weckruf für Europa ist und dass die europäische Politik auf diesen Weckruf reagieren muss. Die inzwischen stattgefundenen Treffen und Gipfel – Bratislava, um nur ein Beispiel zu nennen – zeigen, wie man – im Bereich der Wirtschaftsmarktpolitik, wie man im Bereich der Freizügigkeit und wie man im Bereich der Währungspolitik sowie der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik versucht – auf diesen Weckruf reagieren kann. Meine Fragen in dieser Debatte sind: Ist der Brexit auch ein Weckruf für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik, und wie sollen wir dann, wenn wir dies bejahen, diesen Weckruf aufnehmen? Die Antwort auf die erste Frage scheint mir relativ naheliegend zu sein. Wir tun gut daran, diesen Weckruf auch als einen kulturpolitischen Weckruf zu betrachten; denn – das ist deutlich geworden, und Peer Steinbrück hat es ja auch gesagt – allein die Bindekräfte des gemeinsamen Marktes, allein die Bindekräfte der gemeinsamen Währung, allein die Bindekräfte der Freizügigkeit reichen erkennbar nicht aus, um das Gemeinschaftsgefühl zu festigen, das wir in Form von europäischer Solidarität, geschlossener Außenpolitik und wechselseitigem Verständnis bei Herausforderungen wie der Flüchtlingskrise brauchen. Deshalb würde ich die erste Frage uneingeschränkt bejahen und sagen: Ja, wir sind gut beraten, auch in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik Handlungsbedarf zu sehen und diesen Handlungsbedarf aufzugreifen. Dies ist Gegenstand unseres Entschließungsantrags geworden. Damit stellt sich natürlich die zweite Frage: In welcher Weise soll der Handlungsbedarf aufgegriffen werden? Ich möchte es riskieren, zu sagen: Wir müssen um eine gemeinsame europäische Identität ringen, die wir nicht in ausreichendem Maße haben. Wenn wir dies als eine Aufgabe der Kulturmittler betrachten, dann stellt sich natürlich die Frage: Wie sollen wir zu den angemessenen Antworten kommen? Diese Diskussion ist nicht einfach; denn sie fällt in eine Zeit, in der identitäre Bewegungen und Ideologien sich mal nationalistisch, mal ausschließlich europäisch-abendländisch, mal islamophob abzugrenzen und so Identitätsmuster aufzubauen versuchen; jedenfalls suchen diese Ideologien bewusst den Konflikt mit der Grundwertecharta der Europäischen Union. Die Antwort ist auch deshalb schwer, weil wir – davon bin ich überzeugt – Identität nicht in der Grenzenlosigkeit finden, weil wir, wenn wir Identität suchen, die Grenzen unserer Identitätsbezüge suchen müssen, Grenzen, die Peer Steinbrück das „normative Projekt des Westens“ genannt hat. Viele wohlmeinende Akteure, auch in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik, flüchten sich geradezu in die Grenzenlosigkeit und weichen der Frage: „Was ist typisch europäisch?“ in einer Weise aus, die ich nicht nachvollziehen kann. Die Debatte über die europäische Identität fällt in eine Zeit, in der nationalstaatliche Leitbilder im Sinne einer antieuropäischen Zielstellung in den Parteienlandschaften Europas revitalisiert werden. Die Lehre, die wir daraus ziehen können, ist, dass europäische Identität immer nur als Konglomerat nationaler und regionaler Identifikationen verstanden werden kann. Es wäre unklug, weil wir eine europäische Identität pflegen wollen, die nationalen Identitäten zu verteufeln. Wir müssen die Bindekräfte dieses Konglomerats suchen. Dies halte ich für eine sehr wichtige Herausforderung. Die Suche nach der europäischen Identifikation fällt in eine Zeit, in der die östlichen EU-Mitgliedstaaten in der Flüchtlingsfrage Identitätskriterien geltend machen – keine muslimischen Zuwanderer –, die im westlichen Europa längst zur Disposition gestellt wurden. Auch hier empfehle ich uns sehr, gegenüber den Osteuropäern nicht die Schulmeister zu spielen, sondern diese Identitätsfragen, die mit den osteuropäischen Kulturkonzepten verbunden sind, zum Gegenstand eines ehrlichen Dialogs zu machen. All diese Probleme und Schwierigkeiten unterstreichen aus meiner Sicht, dass europäische Identifikation als ein Arbeitsgebiet der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik ernst genommen werden muss. Hier sind einige Ansätze schon genannt worden: Netzwerke wie EUNIC, Kulturhauptstädte Europas. In der letzten Sitzung des Unterausschusses wurde das Projekt „Europäisches Kulturerbejahr 2018“ vorgestellt. Ich muss zugeben, dass ich von den Darstellungen der brandenburgischen Wissenschaftsministerin und des zuständigen Geschäftsführers etwas enttäuscht war. Ich hätte mir gewünscht, dass sie konkreter und programmatischer gewesen wären. Der Grundsatz des Europäischen Kulturerbejahres „Europas kulturelles Erbe“ ist aber ein maßgeblicher und unverzichtbarer Bestandteil unserer gemeinsamen europäischen wie auch lokalen Identität. Dieser Grundsatz ist im Sinne des Anliegens nur zu unterstreichen. Ich appelliere, dass wir aus diesem Europäischen Kulturerbejahr etwas machen. Es lassen sich weitere Beispiele nennen. Ein beliebtes Beispiel von mir sind die deutschen Minderheiten, die nicht als Außenstellen nationaler deutscher Selbstdarstellung, sondern als Zeugen der Vielfalt europäischer Siedlungsgeschichte betrachtet werden können. Ich will nur beispielhaft erwähnen, dass die „Stiftung Kirchenburgen“ in Rumänien – wie ich gerade in diesen Tagen gehört habe – unter der Schirmherrschaft des rumänischen Staatspräsidenten und des deutschen Bundespräsidenten steht. Dies begrüße ich sehr und betrachte ich auch als eine besondere Verpflichtung. Ich will weiterhin, um auf die Polemik von Herrn Dehm zu reagieren, die östliche Nachbarschaftspolitik erwähnen; für die Aufstockung der entsprechenden Mittel haben wir uns eingesetzt. Die Frage, wie wir zu unseren östlichen Nachbarn die Hand ausstrecken und wie wir gesellschaftspolitische Konzepte mit ihnen diskutieren, ist eine entscheidende Frage für das europäische Selbstverständnis und eine große Bewährungsprobe für die europäische Identitätssuche. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. Danke schön.
CDU/CSU
Herr Kollege Kübler , der Dalai-Lama _ dies ist zunächst einmal festzustellen _ wurde nicht ausgeladen . Der Generalsekretär der Weltmenschenrechtskonferenz hat es jedoch abgelehnt , den zu einer Veranstaltung der österreichischen Regierung mit Friedensnobelpreisträgern in Wien weilenden Dalai-Lama zu der Eröffnung der Konferenz einzuladen . Die Bundesregierung hat diese Entscheidung bedauert . 14194 Deutscher Bundestag _ 12 . Wahlperiode _ 165 . Sitzung . Bonn , Mittwoch , den 23 . Juni 1993 Staatsministerin Ursula Seiler-Albring Die deutsche Delegation bei der Weltmenschenrechtskonferenz hat zusammen mit den übrigen EG- Partnern gegenüber dem Generalsekretär ihre Besorgnis zum Ausdruck gebracht mit dem Ziel , den Dalai-Lama einzuladen . .
FDP
Der letzten Schlussfolgerung kann ich nicht zustimmen, weil es sich – wie ich gerade sagte – in erster Linie um bundesseitige haushaltsrechtliche Flexibilisierungsmaßnahmen handelt, die wir im Wissenschaftsfreiheitsgesetz des Bundes vorgesehen haben. Ich will Ihre Frage gerne ein Stück weit aufnehmen und noch einmal deutlich machen: Wenn wir in der weiteren praktischen Umsetzung der Flexibilisierung in den Bereichen Haushalt und Personal die entsprechende Beteiligung haben wollen, brauchen wir eine nachfolgende Umsetzung der Zuwendungsgeber. Ich habe es bereits angesprochen: Dabei geht es um die Bewirtschaftungsgrundsätze. Die Zuwendungsgeber sind gemeinsam gefordert, diese entsprechend umzusetzen. Die Anpassung der Bewirtschaftungsgrundsätze erfolgt unter Beteiligung der Länder; da haben Sie völlig recht. Hierzu gibt es ein Forum, in dem diese Fragen gemeinsam besprochen werden und das die Umsetzung sicherstellen wird: die GWK, die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz.
Sie fragen nach der Tätigkeit von General Wieker in Kabul als Chef des Stabes ISAF, also als der Stabschef des Kommandeurs General McChrystal. Er hat diesen Dienst am 6. Oktober 2009 angetreten. Herr Kollege, Sie mögen schon daraus schließen, dass eine Befassung mit den Vorfällen vom 4. September 2009 zeitlich unmittelbar nicht stattgefunden hat. General McChrystal hatte zwei Untersuchungsgruppen eingesetzt, deren Selbstständigkeit in der Ermittlung er sehr strikt bedacht und betrachtet hat, nämlich das Initial Action Team, das den ursprünglichen Bericht geschrieben hat, und das Joint Investigation Board, die beide ausschließlich mit der Ermittlung des Sachverhaltes beschäftigt waren. Daher kann ich Ihre Frage, ob General Wieker in seiner Funktion bei ISAF an Sachverhaltsdarstellungen oder Wertungen beteiligt war, mit Nein beantworten.
Das habe ich nicht gesagt. Ich darf auf Folgendes hinweisen: Die nachträgliche Sicherungsverwahrung – selbst wenn man jetzt eine andere Bezeichnung wählt, handelt es sich unserer Meinung nach in der Sache um eine nachträgliche Sicherungsverwahrung, die in die Debatte gebracht wird – ist mit der Reform zum 1. Januar 2011 vom Deutschen Bundestag und vom Bundesrat mit den Stimmen der CDU/CSU, der FDP und der SPD zugunsten eines neuen Konzepts abgeschafft worden. Das neue Konzept sieht den Ausbau der sogenannten primären Sicherungsverwahrung und der im Urteil vorbehaltenen Sicherungsverwahrung vor. Auch die Fraktion der Grünen hat diesen Teil der Reform für richtig gehalten. Wir sind der Meinung, dass man bei der vor etwa einem Jahr politisch getroffenen Entscheidung bleiben sollte, und weisen darauf hin, dass ein hohes Risiko im Hinblick darauf besteht, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom Mai 2011 den Vertrauensgrundsatz bemüht hat. Man sollte daher jetzt hinter die damals gemeinsam getroffene Entscheidung nicht zurückgehen.
Wenn Sie informiert sind _ davon gehe ich aus _ , wie die Vergabe von großen Aufträgen im Baugeschäft abläuft , wie lange dieAusschreibungszeiten sind und wie schwierig es ist _ das betrifft unsere jetzige Aufgabe _ , Finanzierungsvereinbarungen mit der DB AG herbeizuführen bzw . zu erneuern , dann wissen Sie ganz genau , dass uns der Zeitraum , der uns für unsere Entscheidungen zur Verfügung steht , auf keinen Fall in Schwierigkeiten mit dem Haushaltsrecht bringen wird .
SPD