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Herr Präsident ! Liebe Kollegen ! Liebe Kolleginnen ! Lassen Sie mich kurz vor dem Schluss einen wichtigen Punkt ansprechen , der in dieser Debatte bisher etwas zu kurz gekommen ist , nämlich die Gleichstellung von Männern und Frauen im Betrieb . Ich denke , Herr Weiß , ich bin in diesem Punkt anderer Auffassung : Diese Maßnahme hat dem Betriebsverfassungsgesetz endgültig den modernen Schliff gegeben , den es jetzt hat . Gender Mainstreaming war 1972 , bei der ersten Reform des Betriebsverfassungsgesetzes , kein Thema . Heute , fast 30 Jahre später , stellt uns dieses Prinzip auch beim Betriebsverfassungsgesetz vor neue Herausforderungen ; denn die Herstellung betrieblicher Chancengleichheit ist eineAufgabe , die uns alle betrifft . Dazu sind wir nicht nur durch Grundgesetz und Europarecht , sondern auch durch das Gebot der wirtschaftlichen Logik verpflichtet ; denn wirtschaftlicher Erfolg ist ohne Frauen nicht möglich . . Wer heute das Potenzial gut ausgebildeter Frauen nicht nutzt , wird morgen vom internationalen Wettbewerb bestraft werden . Der IT-Bereich ist dafür ein gutes Beispiel . Wir , SPD und Bündnis 90/Die Grünen , geben mit der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes der Chancengleichheit von Männern und Frauen im Erwerbsleben neue Impulse ; denn die Gleichstellung von Männern und Wolfgang Weiermann 17414 Frauen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gehören jetzt ausdrücklich zum Aufgabenkatalog des Betriebsrates . Teilzeitbeschäftigte _ das sind überwiegend Frauen _ bekommen verbesserte Möglichkeiten , sich im Betriebsrat zu engagieren . Klassisch im Sinne des Gender Mainstreaming ist nun die Vertretung in den Betriebsräten geregelt ; denn zukünftig muss das Geschlecht , das in der Minderheit ist , egal ob Mann oder Frau , mindestens entsprechend seinem Anteil im Betrieb vertreten sein . . Die Arbeitgeber werden aber auch zu mehr Engagement in Sachen Chancengleichheit verpflichtet . Sie müssen über den Stand der Gleichstellung im Betrieb Bericht erstatten . Außerdem muss der Arbeitgeber bei der Personalplanung die Gleichstellung berücksichtigen und seine Vorstellungen mit dem Betriebsrat beraten . Genau darum geht es : Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen vereinbaren , welche Maßnahmen in ihrem Betrieb geeignet sind , die Gleichstellung voranzubringen . Deshalb machen wir Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu Partnern in Sachen Gleichstellung ; denn sie wissen am besten , welche Maß- nahmen zur Herstellung der Gleichstellung für sie vor Ort geeignet und umsetzbar sind . Sie sehen , die Verbesserungen im Betriebsverfassungsgesetz bieten denAkteuren einen Handlungsspielraum , den sie für die Gleichstellung von Frauen und Männern gut nutzen können . Das begrüßen wir aus frauenpolitischer Sicht ausdrücklich . . Aber nicht jeder Betrieb hat einen Betriebsrat . Nicht jeder Betriebsrat und nicht jeder Arbeitgeber _ ich habe davon gehört _ haben sich die Gleichstellung auf die Fahne geschrieben . Deshalb müssen wir das Betriebsverfassungsgesetz durch weitere Maßnahmen flankieren . Wir setzen dabei natürlich zunächst auf verbindliche Selbstverpflichtungen der Unternehmer , die die Einleitung konkreter Maßnahmen zur betrieblichen Gleichstellung von Männern und Frauen erkennen lassen . Hier räumen wir den Unternehmen große Spielräume im Hinblick auf die zu ergreifenden Maßnahmen ein . Sollte es aber zeitnah , bis zum September dieses Jahres , nicht zu geeigneten Selbstverpflichtungen der Wirtschaft kommen , ist für uns , SPD und Bündnis 90/Die Grünen , ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft unverzichtbar . Vielen Dank . .
SPD
Frau Staatssekretärin , Herr Präsident , ich habe eine Nachfrage . Sie sagten , Sie könnten diese Zahl zum jetzigen Zeitpunkt nicht bestätigen . Wann rechnen Sie mit dem Vorliegen der entsprechenden Zahlen über die Entwicklung der Impfungen in den ersten Monaten dieses Jahres ? Wenn wir dann einen Rückgang um etwa 30 Prozent feststellen würden , sollte uns das dann aus Sicht der Bundesregierung alarmieren und Anlass sein , darüber zu diskutieren , wie die Zahl der Impfungen wieder steigen kann ? Marion Caspers-Merk , Parl . Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung : Herr Kollege Bahr , ich habe bereits gesagt , dass die reinen Absatzzahlen noch nichts über die tatsächliche Impfquote von Kindern aussagen . Denn natürlich werden auch Impfungen bei der erwachsenen Bevölkerung , insbesondere im Zusammenhang mit Auslandsaufenthalten , durchgeführt . Deswegen steigt die Zahl der Impfungen zum Beispiel vor der Reisezeit . Es ist zum Beispiel auch nicht klar , ob Impfstoffe teilweise bevorratet werden . Wenn die Zahl der Impfungen bei Kindern und Jugendlichen tatsächlich zurückgehen würde , müssten wir handeln . Wir haben noch einmal nachgefragt , wie die Absatzzahlen aussehen und ob man aus ihnen auf einen Trend schließen kann . Ich lese Ihnen aus den Erhebungen zum ersten Quartal vor : Der Absatz der Masernimpfstoffe ging im ersten Quartal 2004 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 69 Prozent zurück , war aber im vierten Quartal 2003 um 94 Prozent gestiegen . Bei Rötelnimpfstoffen ergab sich im ersten Quartal 2004 sogar ein Absatzzuwachs gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 38 Prozent . Das heißt : Erstens kann man nicht von einem generellen Rückgang der Absatzzahlen sprechen . Zweitens muss man eventuelle Vorzieheffekte mit berücksichtigen und drittens stimme ich Ihnen zu , dass wir bei einem tatsächlichen Rückgang des Anteils der geimpften Kinder , eine deutliche Initiative für das Impfen entwickeln müssten . Wir müssten die Bevölkerung auch verstärkt darauf hinweisen , dass Vorsorgeuntersuchungen , Impfungen und die Untersuchungen von Kindern unter 18 Jahren von der Praxisgebühr generell befreit sind . Das sollte man der Bevölkerung mit geeigneten öffentlichen Maßnahmen klar machen , wenn sich die Impfquote tatsächlich verschlechtert .
FDP
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Norddeut­ schem sei es mir gegönnt, noch etwas genauer auf das Thema Schiffserlöspools einzugehen. Die gute Nachricht gleich vorweg: Die Schiffserlöspools bleiben von der Versicherungsteuer befreit. Das ist ein wichtiges und gutes Signal an die Schifffahrt, das wir hier eindeutig senden wollen, meine Damen und Herren. Lieber Herr Troost, normalerweise beschäftigen Sie sich immer intensiv mit einer Sache, bevor Sie entspre­ chende Schlussfolgerungen ziehen, aber in dem Fall, muss ich sagen, haben Sie sich vielleicht nicht ausrei­ chend damit beschäftigt. Immerhin hat es 88 Jahre ge­ dauert, bis ein Bundesfinanzbeamter auf die Idee gekom­ men ist, einen Schiffserlöspool mit Versicherungsteuer zu belegen. Das Versicherungsteuergesetz ist von 1922. – Nun mag es solche Konstruktionen nicht von Anfang an gegeben haben – das kann sein –, aber es gibt sie schon relativ lange. 1 500 Schiffe sind in solchen Poolkonstruktionen zu­ sammengeschlossen. Meistens umfassen die Pools 20 bis 40 Schiffe. Warum macht man das? Weil viele Reeder in Deutschland relativ klein sind: Immerhin ein Drit­ tel – 36 Prozent aller Reeder – hat nur ein Schiff. Weitere 36 Prozent der Reeder haben weniger als zehn Schiffe. Auf einem globalen Markt ist es natürlich relativ schwer, mit einem, zwei oder drei Schiffen tätig zu werden und am Spotmarkt Transportaufträge zu bekommen. Deswe­ gen hat man sich schon vor relativ langer Zeit entschlos­ sen, solche Pools zu bilden, um entsprechende Aufträge übernehmen zu können. Die Eigner geben die Erlöse so­ zusagen in einen Topf und verteilen sie dann nach einem bestimmten Schlüssel. Wenn man das nicht täte, würden die kleinen Reeder, die nur ein Schiff oder wenige Schif­ fe haben, komplett aus diesem Markt verdrängt. Deswe­ gen ist es nicht angemessen, wenn Sie hier sagen, wir würden das irgendwie subventionieren. Eine Versicherungsteuer auf solche Schiffserlöspools hat es nie gegeben. Warum sollten wir jetzt, in dieser Si­ tuation eine solche Maßnahme einführen? Ich finde, das macht keinen Sinn. Deswegen ist es richtig, dass wir da­ für gesorgt haben, dass das jetzt auch entfristet wird. Um ein Beispiel zu bringen: Wenn ein solcher Pool 14 Schiffe umfasst und der Erlös sich auf etwa 6 Mil­ lionen Euro im Jahr beläuft, würde die Steuer – 19 Pro­ zent – immerhin etwa 1,2 Millionen Euro betragen, pro Schiff 90 000 Euro. Das ist eine Größenordnung, die für viele Reeder in der momentanen Situation kaum zu stemmen ist. Wir wollen sie jedoch nicht verlieren. Des­ wegen – noch einmal – haben wir uns dazu entschlossen, diese Versicherungsteuer nicht zu erheben. Dem Fiskus hätte das wohl etwa 200 Millionen Euro gebracht. In solchen Fällen reiben sich Vertreter des Bundesfinanzministeriums und auch andere natürlich die Hände und sagen: Da könnten wir noch 200 Millionen Euro einnehmen. Aber einerseits entstehen auch Kosten, und andererseits, denke ich, ist es unsere Aufgabe, immer dafür zu sorgen, dass wir am Ende einen Ausgleich zwi­ schen dem, was volkswirtschaftlich sinnvoll, und dem, was fiskalisch sinnvoll ist, finden. Deswegen bin ich der Meinung: An dieser Stelle haben wir das so richtig ge­ macht. Ich danke auch dem Kollegen Schwarz ganz be­ sonders, der gerade abgetaucht ist oder zum Abendessen musste, [SPD]: Auf Kreuzfahrt!) der – wie auch die Mitarbeiter des Bundesfinanzministe­ riums – intensiv daran mitgearbeitet hat. [SPD]: Der ist nicht zum Essen, sondern kümmert sich um Schiffe, weil klar ist, dass von 4 000 Schif­ fen nur 200 unter deutscher Flagge fahren! Die ganzen Vergünstigungen haben noch nicht dazu geführt, dass es mehr geworden wären!) – Nein, wir stehen da in einem extremen Wettbewerb, in einem Subventionswettbewerb mit verschiedenen Län­ dern. Deswegen ist vielleicht auch noch einmal wichtig – weil Sie das sagen, Herr Binding –, zu betonen: Dass wir dieses Gesetz heute verabschieden, ist ein besonderes Signal. Die Schifffahrtsbranche – wir sind eine Schiff­ fahrtsnation, eine Handelsnation – trifft sich alle zwei Jahre zur Nationalen Maritimen Konferenz, die netter­ weise von der Bundesregierung ausgerichtet wird, um da alle Themen, die relevant sind, zu diskutieren. Zum Glück haben wir dieses Mal das Thema „Ver­ sicherungsteuer auf Erlöspools“ nicht auf der Tagesord­ nung; wir können uns stattdessen konstruktiv um andere Themen kümmern. In Deutschland arbeiten immerhin noch 400 000 Mitarbeiter in dieser Industrie, und es werden dort 30 Milliarden Euro umgesetzt, die auch in Deutschland versteuert werden. Insofern ist das auch für uns eine relevante Größe, und ich bin dankbar, dass wir das Gesetz nun gemeinsam auf den Weg gebracht haben. Ich komme zum Schluss. Herr Gambke, Sie hatten im Ausschuss gesagt, dass Sie das ordnungspolitisch für schwierig halten. Ein Blick ins Versicherungsteuergesetz zeigt, dass es dort jede Menge Ausnahmen gibt. Ich denke, das ist eine Ausnahme im Versicherungsteuer­ gesetz, an die erstens die Gründerväter damals wohl noch gar nicht gedacht hatten – sie haben sicherlich nicht ge­ glaubt, dass so etwas jemals auftreten würde – und die zweitens sinnvoll ist. Wir sind eine Schifffahrtsnation, und wir wollen auch eine Schifffahrtsnation bleiben. Dafür wollen wir uns auch weiterhin einsetzen. Vielen Dank.
CDU/CSU
Sehr verehrtes Präsidium! Meine Damen! Meine Herren! Die betriebliche Mitbestimmung ist eng verbunden mit der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland. Sie geht weit zurück, nämlich bis in die Hanse. Das Erste, was eine Mannschaft, die auf einer Kogge angeheuert hatte, tat, war, einen Sprecher oder ein Sprecherteam zu wählen. Dieses Sprecherteam hat mit dem Kapitän oder dem ersten Steuermann die Arbeitskonditionen und Arbeitsbedingungen ausgehandelt. Im Jahr 1837 wurde die erste sozialpolitische Rede in einem deutschen Parlament gehalten, die sogenannte Fabrikrede. Schon Franz Josef Buß behandelte das Thema der betrieblichen Mitbestimmung von Arbeitnehmern in den Fabriken. Das Betriebsrätegesetz ist letztendlich ein Werk des Pfarrers Heinrich Brauns aus Essen, der viele Jahre Reichsarbeitsminister war und es 1920/21 durchsetzte. Von daher ist die Mitbestimmung eng mit der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland, aber auch mit der christlich-sozialen Idee in unserem Lande verbunden. Wir haben Dankeschön an die Betriebs- und Personalräte zu sagen. Klar ist auch: Betriebs- und Personalräte, Kollegin Krellmann, sind keine Revolutionäre. Sie sind Co-Manager. Sie sind gemeinsam mit den Arbeitgebern und den Unternehmen bereit, ihre Arbeitskonditionen, die Wertschöpfung im Unternehmen zu verbessern und das stärkste und wichtigste Kapital im Unternehmen, den Menschen, den Aktivfaktor, entsprechend zu schützen. Das ist Partnerschaft. Partnerschaft in der christlichen Soziallehre gibt es auch zwischen Ungleichen. Damit ist die soziale Partnerschaft, die wir kennen und fördern wollen – auch die betriebliche Partnerschaft –, das Kontrastprogramm zu vermeintlich unüberwindbaren Klassengegensätzen und zu vermeintlich unüberwindbaren Rassengegensätze. Wir sind für Brücken, für Miteinander, für soziale Partnerschaft, und die lebt in besonderer Weise in der betrieblichen Mitbestimmung. Von daher Dankeschön allen Betriebs- und Personalräten, die in dieser Aufgabe tätig sind. Wir wollen, dass die Vereinbarungen zum Gesundheitsschutz verbindlicher gestaltet werden. Wir wollen, dass Vereinbarungen zur Weiterbildung schneller miteinander umgesetzt werden können. Wir wollen letztendlich, dass bei Mobilität, bei grenzüberschreitenden Betriebsverlagerungen, die Mitbestimmung mitwandert. Wir wollen Wandel, aber wir wollen den Wandel für die Beschäftigten ohne Angst. Von daher ist die Mitbestimmung bzw. die Mitwirkung ein zentrales Thema, das wir innerhalb dieser Großen Koalition auch weiterentwickeln werden. Die Bildung eines Betriebsrates ist geschützt. Es gibt allerdings in der Tat eine Lücke, nämlich in der Zeit, in der man sich bemüht, einen Wahlvorstand zu begründen. Hier gibt es keinen Schutz. Es ist oftmals so, dass einige Agenturen Unternehmer beraten, wie man mit Mobbing und auch mit Rechtsverstößen einen solchen Betriebsrat, einen Wahlvorstand verhindert. Solche Consulting­ unternehmen, die innerhalb der Unternehmerschaft ihr Consulting mit Rechtsbrüchen begründen, sind eine Schande für ihre Zunft. Die gehören genauso bekämpft wie Beratung zum Steuerbetrug. Deshalb wollen wir die Rechtsgrundsätze in unserem Land durchsetzen. Dazu gehört, diese Lücke zu schließen. Das werden wir innerhalb der Ausschussdebatten, die wir führen werden, miteinander beraten. Frau Krellmann, wir werden im Ausschuss jede Menge Gelegenheit und Zeit haben, darüber zu diskutieren. Ich glaube, dass dort Ihre Zwischenfragen oder Ihre permanenten Zwischenbemerkungen hingehören. Von daher haben Sie Geduld! Im Ausschuss sehen wir uns wieder. Wichtig ist, dass wir letztendlich den Strukturwandel der Wirtschaft bezüglich Globalisierung und Digitalisierung gemeinsam mit den Gestaltungskräften der Arbeitnehmerschaft und der Arbeitgeberschaft entwickeln. Wir wollen ein vereinfachtes Wahlverfahren für Betriebe bis 200 Beschäftigte ermöglichen. Dies würde weniger Bürokratie bei der Einrichtung eines Wahlvorstandes und bei der Durchführung von Betriebsratswahlen bedeuten. Dies ist ein Thema, das wir miteinander besprechen werden. Es gibt in unserem Lande eine produktive Kraft des sozialen Friedens. Das ist ein Standortvorteil für die Wirtschaft, für die Menschen. In Deutschland gehen mehr Arbeitsstunden durch Festreden als durch Arbeitskämpfe verloren. Das zeigt den Wert sozialer Marktwirtschaft. Wir werden das Thema der Betriebsverfassung mit beiden Sozialpartnern bereden: mit den Gewerkschaften auf der einen Seite und den Arbeitgebern auf der anderen Seite. Den Interessenausgleich zu moderieren und Lösungen zu entwickeln, wird unsere gemeinsame politische Aufgabe in der Großen Koalition sein.
CDU/CSU
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! So unterschiedlich kann die Welt sein. Bei Pippi Langstrumpf gibt es den sogenannten Sachensucher. Ein Sachensucher ist jemand, der immer vor sich auf die Straße guckt und ganz kleine Sachen findet, die er sorgsam hütet und pflegt. Ihre Reden, Frau Kramme, Frau Zimmermann, Frau Pothmer, erinnerten mich an dieses Spiel bei Pippi Langstrumpf. Sie haben lange suchen müssen, bis Sie in diesem Gesetz etwas gefunden haben. Ich sage Ihnen: Es ist Ihnen zwar gelungen, etwas ausfindig zu machen; nur hat das leider mit unserer Politik nichts zu tun. Beschäftigung sichern, Arbeitsplätze fördern, gestärkt aus der Krise herauskommen – das ist das Thema dieses Beschäftigungsförderungsgesetzes. Ich sage Ihnen: Das liegt auf einer Linie mit dem, was Bundeskanzlerin Angela Merkel in 2008, als die Finanzmarktkrise begonnen hat, bereits gesagt hat: Wir wollen aus dieser Krise stärker herausgehen, als wir hineingegangen sind. Wir befinden uns in genau dieser Phase und dieser Entwicklung. Da können Sie reden, wie Sie wollen: Die Arbeitsmarktdaten sprechen für uns. Es gibt mittlerweile 3,15 Millionen Arbeitslose. Das sind deutlich weniger als die 5 Millionen noch in 2005. Wenn Sie die Statistik bezweifeln wollen, dann können Sie das gerne tun. Sie können das Ganze hoch- und runterrechnen. Der Chef der Agentur für Arbeit, Weise, pflegt zu sagen, dass die Deutschen die strengsten Kriterien für die Arbeitslosenstatistik haben. Innerhalb des europäischen Vergleiches hat diese Statistik damit auch weiterhin Bestand. Die Bundesregierung geht von einem Wachstum von 1,4 Prozent aus. Viele Forschungsinstitute und internationale Organisationen gehen von mehr als 2 Prozent aus. Staatssekretär Dr. Brauksiepe und auch Herr Dr. Kolb haben es dargestellt: Wir haben eine äußerst stabile Situation am Arbeitsmarkt. Wir alle wissen: Das Geheimnis sind die arbeitsmarktpolitischen Instrumente, und zwar insbesondere die Kurzarbeit. Ich will das alles nicht im Detail wiederholen, sondern nur eines deutlich sagen, Frau Kramme: Wir sind weder zum Jagen getragen worden, noch hat uns jemand zwingen müssen. Wir haben die Entscheidung alleine getroffen, und zwar unter Abwägung der Gegebenheiten, insbesondere der Entwicklung am Arbeitsmarkt. Insofern haben wir mit Augenmaß eine gute und vernünftige Entscheidung getroffen. Ich halte es für zwingend geboten, diese Dinge vernünftig und mit Augenmaß weiterzuentwickeln. Dazu gehört, dass die Unternehmen dieses Instrument nicht ausgenutzt haben. Obwohl dieses Instrument mit der Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge weiter besteht, wird es weit weniger in Anspruch genommen, weil die Konjunktur entsprechend angesprungen ist. Mit dem Gesetzentwurf wollen wir die gesetzlichen Regelungen verlängern, damit diejenigen, die die Krise noch nicht überwunden haben, die Sicherheit haben, Unterstützung vom Staat zu bekommen, damit das Ganze entsprechend gestaltet werden kann. So verstehen wir Arbeitsmarktpolitik mit Augenmaß. Ein großer Dank, dass das so geklappt hat und dass wir so dastehen, wie es jetzt der Fall ist, gilt der Flexibilität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der Arbeitgeber, die in dieser schwersten Krise geholfen haben, sodass wir heute gut dastehen und es weiter aufwärts gehen kann. Mit dem Gesetzentwurf setzt die Bundesregierung, die christlich-liberale Koalition, ihren erfolgreichen Kurs in der Arbeitsmarktpolitik und im Bereich Arbeit und Soziales weiter fort. Ich will einmal Revue passieren lassen, was wir in den letzten Monaten erreicht haben. Wir haben erreicht, dass ein Mindestlohn in der Pflege in Kraft treten wird. Wir haben am Beispiel der Firma Schlecker das Thema Zeitarbeit aufgegriffen. Das haben weder die Linken noch die SPD und die Grünen auf den Weg gebracht, sondern das ist die christlich-liberale Koalition angegangen. Wir waren diejenigen, die den Finger in die Wunde gelegt und benannt haben, was nicht ordentlich läuft, und wir haben bei den Tarifpartnern der Zeitarbeitsbranche einen intensiven Diskussionsprozess in Gang gesetzt. Dass dort heute viele Selbstheilungskräfte wirken, verdanken wir genau dieser Politik. Ich will noch eines ansprechen, das im Kampfgetümmel und Getöse nicht von dem nötigen Krach begleitet wurde, um Beachtung zu finden, obwohl es erfolgreich zu Ende gegangen ist: Wir haben gemeinsam mit der SPD in diesem Hohen Hause in einem hervorragenden und verantwortungsbewussten Verfahren die Jobcenter-Organisation durchgeführt. – Frau Kollegin Kramme, es ist verständlich, dass Sie für sich das Recht in Anspruch nehmen wollen, andere permanent zum Jagen getragen zu haben. Das ist aber nicht der Fall. Wir haben nämlich das Ganze von uns aus auf den Weg gebracht. Ich gestehe zu, dass die Bundesländer kräftig mitgeholfen haben. Aber wir haben es auf den Weg gebracht, und wir haben es geschafft. Wir klären zurzeit, was im Bereich des Arbeitnehmerdatenschutzes möglich ist. Ich denke, dass wir auch das bald gemeinsam schaffen werden. Insofern haben wir im Bereich Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik in den letzten Wochen und Monaten in aller Ruhe Schritt für Schritt sehr viel erreicht. Das haben uns die wenigsten von der linken Seite des Hauses zugetraut. Es gab eine hervorragende Zusammenarbeit, und wir haben viel miteinander geschafft. Das hat auch etwas mit der guten Zusammenarbeit mit der Bundesarbeitsministerin zu tun, die ihre Politik in sehr kluger und stringenter Weise gestaltet und nach vorne bringt. Dabei hat sie unsere Unterstützung. Ich will den Blick aber nicht nur zurückwenden, sondern auch nach vorne richten. In der zweiten Jahreshälfte geht es um die uns vom Bundesverfassungsgericht mit Recht auferlegte Regelung der Kinderbedarfssätze und die Frage der Bildung. Das steht im Mittelpunkt. Wir wollen Kindern, die in einer sehr schwierigen sozialen Lage sind, Bildungschancen eröffnen. Es geht aber nicht nur um diese Kinder, sondern auch um Kinder von Eltern, deren Verdienst nur wenig über dem Regelsatz nach Hartz IV liegt. All diesen Kindern wollen wir Perspektiven eröffnen. Das ist unsere Aufgabe. Diesem Thema werden wir uns in der zweiten Jahreshälfte konkret widmen. Wir verlängern mit diesem Gesetz einige arbeitsmarktpolitische Instrumente. Diese werden weiterhin evaluiert. Wir werden im nächsten Jahr an diese Fragen herangehen. Wir werden passgenaue, regionale Lösungen finden. Wir werden diejenigen, die dort tätig sind und an Lösungen mitwirken, ermuntern, ihren Beitrag zu leisten, indem sie Verantwortung vor Ort übernehmen. Eines treibt uns – da gebe ich Frau Pothmer recht – um: Ich meine die gespaltene Situation auf dem Arbeitsmarkt. Auf der einen Seite werden Facharbeiter gesucht, auf der anderen Seite haben weniger Qualifizierte große Mühe, auf dem Arbeitsmarkt unterzukommen. Dieser Herausforderung stellen wir uns. Wir alle werden unseren Beitrag dazu leisten, dass auch die weniger Qualifizierten eine Perspektive haben. Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.
CDU/CSU
Herr Präsident ! Meine sehr verehrten Damen ! Meine Herren ! Die deutsche Einigung , an die niemand mehr glauben wollte , war eine sehr große Sache . . Die deutsche Einigung hat uns unter anderem auch aufgegeben : Es waren nicht alle , die sich an dieser Stelle heiter zeigen , vom ersten Augenblick so davon überzeugt . Das war mein Gefühl . . Sie hat uns unter anderem aufgegeben , das an unserem Grundgesetz zu tun , was im Hinblick auf die deutsche Einigung notwendig ist . Dieser Aufgabe hat sich die Verfassungskommission mit Mühe , mit beachtlichen Beiträgen von allen Seiten unterzogen , und sie ist zu dem Ergebnis gekommen , daß sehr viel nicht bewegt werden soll . Das ist die Überzeugung , die ich hier vertrete . . Das bedeutet überhaupt nicht , lieber Herr Kollege Vogel , daß man in einer ganz neuen Einteilung der Welt sagen kann : Die einen sind die Konservativen _ Konservative sind sowieso nicht geneigt , etwas zu ändern _ , und wir sind die Fortschrittlichen , Aufgeschlossenen , Zukunftszugewandten , und deshalb werden wir hier noch einige Artikel zusätzlich applizieren , woran uns andere leider gehindert haben . Gut 200 Jahre besteht jetzt die Verfassung der Vereinigten Staaten von Nordamerika , die , wenn ich es richtig sehe , erste wirklich moderne aus dem Volkswillen , aus dem Willen zur Unabhängigkeit und zur persönlichen Freiheit geborene Verfassung . An dieser Verfassung ist in ihrem Grundsatz , in ihrem Aufbau in diesen 200 Jahren nichts geändert worden , sondern man hat sich allmählich durch Amendments , durch Zusätze , weiterentwickelt . Wir haben später angefangen , aber nicht so spät , als daß von 1949 bis 1993 ein so enormer Nachholbedarf an Handeln im Zusammenhang mit Verfassungssätzen entstanden wäre . Die Paulskirchenversammlung war eine Versammlung von Menschen , die einen wirklichen Umbruch wollten in einer Welt des Absolutismus , in einer Welt , die dem Bürger kaum Freiheiten gelassen hat . Sie hat einen grundsätzlich neuen Anfang gemacht . Diese Paulskirchenversammlung ist gestaltet worden _ damit wir von dieser Idee : einerseits konservativ , anderseits sozialdemokratisch , letzteres obendrein auch noch gleich Fortschritt , wegkommen _ von liberalen Menschen . Ich behaupte überhaupt nicht , daß der Liberalismus ausgerechnet in der FDP monopolisiert ist . Ich sehe auf allen Seiten dieses Hauses liberale Menschen , die in der Tradition Detlef Kleinert der Pauslkirchenversammlung stehen . Diese sollten allerdings geschichtlich etwas tiefer und etwas weiter denken , als zu glauben , der von den Menschen in der DDR gewollte Beitritt zu unserer Republik und zu unserem Grundgesetz sei der Grund , eine neue Verfassung zu gestalten . Die Geschichte unserer Verfassung von der Paulskirche über Weimar mit den zusätzlichen starken sozialen Komponenten gegenüber der ersten bürgerlichen Befreiung in der Paulskirche und dann über das Grundgesetz bis zum heutigen Tage ist soviel bedeutender und soviel schwerwiegender , daß man nicht verstehen kann , warum nun das Grundgesetz , das am Ende dieser sich über eine verhältnismäßig kurze Zeit erstreckenden Reihe steht , aus einem wenn auch noch so bedeutenden Anlaß wie der deutschen Einigung auf einmal völlig überholt , geändert und in einigen Grundsätzen verändert werden müßte . Es wäre urweise , es wäre respektlos gegenüber unserer Geschichte , wenn wir aus diesem Anlaß solche Folgerungen zögen . und uns den Leistungen unserer Verfassungsväter von der Paulskirche über Weimar und das Grundgesetz entziehen wollten , uns davon abwenden wollten . Ich glaube , in diesen Zusammenhang muß man die Bemühungen der Verfassungskommission , die aufmerksame und aufgeschlossene Prüfung , bei der allerdings nur weniges einer Zweidrittelmehrheit für fähig befunden worden ist , um heute hier eingebracht zu werden , einordnen . Das ist unser wesentlicher Punkt . Wir wissen , wer in der Paulskirche gewesen ist , welche bedeutenden Menschen sich dort bemüht haben . Wir wissen auch , was von wem von allen Seiten des Hauses an der Weimarer Verfassung in einer sehr schweren Stunde , in der das Deutsche Reich im Bolschewismus sehr gut hätte untergehen können , aber gerettet worden ist , nicht zuletzt durch Sozialdemokraten _ damit ich das auch deutlich genug sage ! _ , geleistet worden ist . Wir wissen , daß sich nach der größten Niederlage und _ was schwerer wiegt _ nach der größten Schande unserer Geschichte , nach dem Zusammenbruch des sogenannten Dritten Reiches die Väter und Mütter des Grundgesetzes in einer Weise herausgefordert fühlten , das Schicksal unserer Nation neu zu gestalten , die unserer Zeit trotz des großen Ereignisses der Wiedervereinigung nicht gegeben ist . Wer sich damals im Parlamentarischen Rat und später im ersten Deutschen Bundestag versammelt hat , der hat auf alle kleinlichen Karriereüberlegungen verzichtet ; der hatte nur ein Ziel : sich nach der Schande , die über unser Vaterland gekommen ist , am Aufbau und an der Wiedererrichtung eines Staatswesens zu beteiligen , auf das wir alle stolz sein können . Das ist die große Leistung bei der Schaffung des Grundgesetzes gewesen . . Das sind Frauen und Männer gewesen , mit denen ich mich jedenfalls nicht so ohne weiteres vom Ausgangspunkt , vom persönlichen Schicksal und von der persönlichen Entwicklung her vergleichen möchte . Weil das so war , ist es nicht konservatives Beharrungsvermögen und Einfallslosigkeit , sondern Respekt vor der Einbettung unserer Verfassung in eine lange geschichtliche Tradition bürgerlicher , liberaler und auch sozialdemokratischer Bestrebungen , die uns dazu bringt , mit diesem Grundgesetz sehr behutsam umzugehen . . Das ist das , was wir versucht haben . Das ist unser Ziel gewesen , und dazu stehen wir . Bei den grundsätzlichen Fragen , bei dem , was man deshalb dann auch die Grundrechte oder _ der S treit über den wirklichen Unterschied zwischen den Worten ist ja nach wie vor sehr lebendig _ Staatsziele nennt , gibt es Auseinandersetzungen , die hier wohl am schwersten wiegen . Über viele fachlich wichtige Fragen unseres Staatsaufbaus _ auf Einzelheiten werde ich vielleicht noch kurz zu sprechen kommen_ haben wir uns ja verständigt , aber in der Frage der Grundrechte und der Staatsziele sind wir auseinander . Das wollen wir hier auch nicht irgendwie vertuschen . Wir sind nun einmal der Meinung , daß das , was in historisch noch bedeutsameren Zeiten als unserer Zeit entstanden ist , was errungen worden ist , Bestand haben sollte und daß wir gerade im Bereich der Grundrechte nicht darüber hinausgehen sollten . . Das hat in der heutigen Zeit , meine sehr verehrten Damen und Herren , leider eine schlicht praktische und aktuelle Komponente . Herr Schmude war so liebenswürdig , mir einen Artikel zu schreiben zu dem Thema _ _ Vizepräsident Hans Klein : Herr Kollege Kleinert , gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schmude ?
FDP
Ich habe Ihre Frage nicht verstanden . Vielleicht können Sie sie mir erklären .
SPD
Sie haben gesagt , daß die potentiellen Kriminellen durch Drogenabgabe ruhiggestellt werden sollen . Können Sie mir zustimmen , daß es in dem Gesetzesvorschlag und bei den Schlußfolgerungen dazu um die organisierte Kriminalität geht und der Zusammenhang ein ganz anderer ist ? Wenn Sie sich mit dem historischen Wachsen der organisierten Kriminalität in den Vereinigten Staaten beschäftigen würden , wüßten Sie , daß diese Strukturen erst mit dem Prohibitionsgesetz der 20er Jahre entstanden sind . Nur um diesen Zusammenhang geht es , also darum , die organisierte Kriminalität auszuhebeln und dieser den Boden zu entziehen .
GRUENE
Die Bundesregierung will den Ersatz der von ihr als extrem klimaschädlich empfundenen Nachtstromspeicherheizungen in Wohnhäusern rechtlich erzwingen . Es reicht ihr dabei nicht , einfach nur den weiteren Zubau von Nachtstromspeicherheizungen zu verbieten , vielmehr sollen auch die im Gebäudebestand bereits in Betrieb befindlichen Nachtstromspeicherheizungen entfernt werden müssen . Mit dem verabschiedeten Energieeinspargesetz hat die Koalition die rechtliche Grundlage für ihr geplantes Verbot geschaffen . Dabei ließ sie die Ergebnisse einer zu diesem Thema durchgeführten parlamentarischen Expertenanhörung außer Betracht . Dies ist auch nachvollziehbar ; denn die Anhörung ergab gravierende Zweifel am klima- und energiepolitischen Sinn der Maßnahme . Eine erzwungene Außerbetriebnahme von Nachtstromspeicherheizungen ist aus mehreren Gründen abzulehnen ; denn sie ist sowohl aus der Perspektive der Ressourcenschonung als auch des Klimaschutzes sinnlos und kontraproduktiv . Eine Außerbetriebnahme von Nachtstromspeicherheizungen führt in der Gesamtbetrachtung nicht zu einer Emissionssenkung . Nein , im Gegenteil ! Diejenigen Haushalte , in denen Nachtstromspeicherheizungen außer Betrieb genommen werden , würden sich gezwungen sehen , neue Heizungsanlagen einzubauen . In den Fällen , in denen diese mit fossilen Brennstoffen betrieben würden , entstünden dann zusätzliche CO2-Emissionen . Denn Emissionen von Gasheizungen sind nicht durch den Emissionshandel mit seinen festen CO2-Obergrenzen erfasst - der Strom für die Nachtspeicherheizungen schon . Im Ergebnis werden deshalb die CO2-Emissionen kurzfristig ansteigen , wenn die Bundesregierung die Verordnungsermächtigung in die Tat umsetzt . Das Verbot steht damit in unmittelbarem Widerspruch zu dem Ziel , das es vorgibt , erreichen zu wollen . Eine effiziente Nutzung von modernisierten Nachtstromspeicherheizungen in einem schlüssigen Konzept aus Energiespeicherung und modernem Lastmanagement würde dagegen zur Optimierung der Energieausbeute beitragen . Schließlich erscheint eine Modernisierung bestehender Nachtstromspeicherheizungen deutlich kostengünstiger und auch energiepolitisch sinnvoller als deren aufwendige Entfernung . Die FDP-Bundestagsfraktion fordert daher die Bundesregierung auf , ungeachtet einer zwischenzeitlich geschaffenen Ermächtigungsgrundlage die bestehenden Pläne zur erzwungenen Außerbetriebnahme von Nachtstromspeicherheizungen in der bisherigen pauschalen Form nicht weiter zu verfolgen . Stattdessen sind sinnvollere Maßnahmen zu ergreifen : Eigentümern von Nachtstromspeicherheizungen müssen die Vorteile des liberalisierten Strommarktes zugänglich gemacht werden , da der Wechsel zu anderen und billigeren Anbietern für diese Stromkunden immer noch nicht möglich ist . Die aufseiten der Netzregulierung erforderlichen Regelungen für die Einführung intelligenter Zähler müssen unverzüglich erarbeitet werden , um das Angebot lastabhängiger Tarife zu ermöglichen und Wettbewerbern - mit Zustimmung des Stromkunden - einen Zugang zu den Verbrauchs- und Lastdaten zu geben , die für die Erstellung solcher neuartiger Wettbewerbsangebote erforderlich sind . Dazu gehören aus Sicht der FDP-Bundestagsfraktion Standards für die technischen Anforderungen an Zähler , insbesondere hinsichtlich der Fernauslesbarkeit , der Fernsteuerbarkeit und der Datenformate . Überdies sind im Dialog mit den Netzbetreibern die regulatorischen Voraussetzungen zu prüfen , wie Nachtstromspeicherheizungen in Smart-Grid-Konzepte eingebunden werden können , die ihre Nutzung als Wärmeenergiespeicher insbesondere auch für Strom aus erneuerbaren Energien erlauben bzw . optimieren . Schlussendlich muss die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag ein widerspruchsfreies und hinsichtlich seiner Bestandteile aufeinander abgestimmtes , konsistentes Konzept für einen wirksamen und zugleich wirtschaftlichen Klimaschutz im Rahmen des europäischen Emissionshandels vorlegen , statt sinnlose und kontraproduktive Maßnahmen zu verfolgen , die einem langfristigen Klimaschutz entgegenstehen .
FDP
Frau Präsidentin ! Meine sehr verehrten Damen und Herren ! Wir brauchen mehr Mitarbeiterbeteiligung in Deutschland , weil wir so schlecht sind auf diesem Gebiet . Wir brauchen bessere Rahmenbedingungen für die Kapital- und Erfolgsbeteiligung der Arbeitnehmerschaft , weil wir so schlecht sind im internationalen Vergleich . - Da war sie wieder , diese alte Bekannte in deutschen Diskussionen , diese kulturpessimistische elende Bedenkenträgerei . Es wird immer zuerst nach dem Haar in der Suppe gesucht . Lasst uns doch einmal anders herum anfangen , mit Optimismus und Gestaltungswillen ! Die Aussichten sehen doch viel besser aus . Die beiden Volksparteien - ich sage das wirklich mit Dankbarkeit - nehmen hier das gleiche Ziel ins Visier . Das ist etwas . Auch die FDP ist grundsätzlich dafür ; das hat mein ehemaliger Kommilitone eben bestätigt . Auch die Grünen sind grundsätzlich dafür , wenn auch ein wenig von Kulturpessimismus geprägt . Auch gesellschaftlich erkennt man einen immer größeren Konsens . Man denke nur daran , dass in den Gewerkschaften ein erhebliches Umdenken stattgefunden hat und auch in den Arbeitgeberverbänden darüber wesentlich anders als früher gedacht wird . Insbesondere im Mittelstand wird über dieses Thema aus Gründen , die Peter Rauen eben ausgeführt hat , viel konstruktiver nachgedacht . Nun müssen wir dafür bessere Rahmenbedingungen schaffen . Dazu , wie wir diese schaffen können , hat die CDU auf ihrem Parteitag einige Vorschläge gemacht . Vielleicht reicht die Zeit noch , um auf einige einzugehen . Ich möchte aber zunächst von denen sprechen , die diesen gesellschaftlichen Consensus nicht tragen . Selbstverständlich können die Linken mit dem Komplex Arbeitnehmer und Eigentum nichts anfangen . Während Sie unsere Vorschläge hier als Volkskapitalismus diffamieren , träumen Sie vom alten Staatskapitalismus . Es ist doch völlig selbstverständlich , dass Sie mit den beiden größten Ordnungspolitikern des vergangenen Jahrhunderts nichts im Sinne haben . Der bereits mehrfach zitierte Ludwig Erhard sagte : Eine Vermögenspolitik der Sozialen Marktwirtschaft beteiligt alle durch Vermögensbesitz an den Unternehmen . Ihr Ziel ist eine Gesellschaft von Teilhabern . Das wollte Ludwig Erhard . Jetzt lasst uns dafür sorgen , dass noch mehr davon , als bisher in Deutschland erreicht wurde , umgesetzt wird ! Der große christlich-soziale Denker Oswald von Nell-Breuning gehört natürlich auch in dieser Debatte erwähnt . Er wusste , dass Eigentum eine der Quellen - Familie und Arbeit gehören auch dazu - der Autonomie , also der Selbstständigkeit , der Würde und der Unabhängigkeit des Menschen ist . Er sagte , die Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital ist Garantin für die Erhaltung unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung . Er hatte damit Recht . Herr Wend hat es eben , wenn ich ihn richtig verstanden habe , ähnlich ausgedrückt , als er sagte : Die soziale Marktwirtschaft braucht dies als eine Legitimationsgrundlage . Die derzeitige Entwicklung der Vermögensverteilung in Deutschland gefährdet diese Legitimationsgrundlage . Sie haben ja die Verteilungsstruktur deutlich gemacht : Die Kapitaleinkünfte wachsen seit Jahrzehnten doppelt so schnell wie die Arbeitseinkünfte und 4 Prozent der Bevölkerung halten , ich glaube , 47 Prozent der Vermögenswerte . Die Gesellschaft darf sich nicht zu weit auseinander entwickeln . Die Idee , alle am Eigentum zu beteiligen , kann hier verbindend wirken und dürfte somit auch konsensfähig sein . In diesem Sinne müssen wir gemeinsam an einer Umsetzung dieser Idee arbeiten . Die hier schon geschilderten Probleme bis hin zur Risikostreuung können wir , wie ich glaube , alle lösen . Wenn wir die Beteiligung der Mitarbeiter am Produktivkapital und am Gewinn mit der kapitalgedeckten Altersversorgung verbinden wollen - wie nahe liegt das ! - , dann müssen wir natürlich darauf bestehen , dass es sich bei den Beteiligungsformen für die Altersvorsorge um langfristige und sichere handelt . Zugleich muss ein solches Modell auf Freiwilligkeit beruhen . Einerseits darf keine Arbeitnehmerin und kein Arbeitnehmer und andererseits kein Arbeitgeber gezwungen werden , daran teilzunehmen . Es darf auch nicht vorgeschrieben werden , worauf die Prioritäten gelegt werden sollen : auf mehr Sicherheit oder auf stärkere Gewinnbeteiligung . Beides kann man auch miteinander kombinieren . Dafür wollen wir jetzt bessere Rahmenbedingungen herstellen . Sie zu schildern , fehlt mir hier leider die Zeit . Gehen wir ans Werk ; es ist ein großes Werk ! Vielen Dank .
CDU/CSU
Herr Minister , Sie haben hier erklärt , daß in Deutschland 3 Millionen Wohnungen fehlen . Das ist wohl richtig . Können Sie bestätigen , daß der Anspruch auf Wohnraum nirgends so hoch ist wie in der Bundesrepub lik Deutschland ? Ich denke in diesem Zusammenhang an Frankreich und Japan . Auch das muß der Ehrlichkeit halber hier einmal gesagt werden . .
FDP
„Gib einem Menschen einen Fisch und Du ernährst ihn für einen Tag. Lehre einen Mann zu fischen und du ernährst ihn für sein Leben.“ Um die Bedeutung der Fischerei wusste schon Konfuzius. Denn Fisch ernährt Menschen, als wertvolles Grundnahrungsmittel und als unverzichtbare Existenzgrundlage. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Deshalb ist die geplante Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik der Europäischen Union auch für viele Familienbetriebe und Verbraucher von größter Bedeutung. Mit der Reform der Europäischen Fischereipolitik steht ein ehrgeiziges Projekt auf der Brüsseler Agenda; denn sie soll die nächsten zehn Jahre tragen. Die Debatten sind in vollem Gang, von der spanischen Küste bis zum norwegischen Fjord. Den Start machte die EU-Kommission. Im Juni diesen Jahres verständigten sich die Fischereiminister auf eine allgemeine Ausrichtung zu den zentralen Reformelementen. Inzwischen liegen im Europäischen Parlament mehr als 2 500 Änderungsanträge zu den Vorschlägen der Kommission vor. Es ist also höchste Zeit, dass sich auch der Deutsche Bundestag in die Debatte einbringt und zu diesem wichtigen Reformprojekt Farbe bekennt. Ich hätte mich persönlich gefreut, wenn wir dazu heute ein gemeinsames Bekenntnis über die Fraktionsgrenzen hinaus abgegeben hätten. Das wäre ein starkes Signal gewesen. Die Chancen für einen gemeinsamen Antrag von CDU/CSU, FDP, SPD und Bündnis 90/Die Grünen standen gut. Wir trafen uns etliche Male. Der Text wurde hin- und hergesandt. Es wurde gehämmert, gefeilt, poliert. Für das kollegiale Miteinander bedanke ich mich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich bei meinen beiden Kolleginnen Dr. Christel Happach-Kasan und Cornelia Behm sowie bei unserem Kollegen Holger Ortel. Aber dann kam leider die Parteipolitik ins Spiel. Die Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen zogen sich auf Druck ihrer Entwicklungshilfepolitiker zurück. Die SPD-Spitze folgte auf den Fuß, übrigens auch nicht wegen inhaltlicher Bedenken. Die Begründung lautete: Wir wollen unseren Hoffnungskoalitionspartner nicht allein stehen lassen. Hir ging es nicht um die Sache sondern nur um die Partei. Die Fischer hätten Besseres verdient. Da hilft jetzt auch kein Schnellantrag mehr. Gestern hat die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag eingebracht, mit der heißen Nadel gestrickt. Hier greift das Sprichwort „Mancher denkt zu fischen und krebst nur“ oder die Erkenntnis von Mark Twain: „Erzähl Leuten, die dich kennen, kein Anglerlatein, und schon gar nicht Leuten, die die Fische kennen.“ Schade. Denn das Thema ist ernsthaft genug. Es ist unstrittig, dass die Europäische Union ihre selbst gesteckten Ziele in der Fischereipolitik bislang verfehlt hat. Trotz positiver Tendenzen in den letzten Jahren sind nach wie vor einige Fischbestände überfischt. Die wirtschaftliche Situation der Fischer und ihre Zukunftsperspektiven sind nicht gerade rosig. Und es gibt weiterhin Defizite bei den Fischereipartnerschaftsabkommen mit den Entwicklungsländern. Wir haben jetzt die Chance, bei dieser ehrgeizigen Reform der EU-Fischereipolitik mitzuwirken. Wir haben es selbst in der Hand, wichtige Impulse zu geben. Wir sollten diese Chance nutzen. Denn die Zeit drängt. Wir müssen der Überfischung der Meere wirksam Einhalt gebieten. Denn wir tragen die Verantwortung dafür, dass die Fischbestände auch für kommende Generationen erhalten bleiben. Fische gehören zu den wichtigsten Nahrungsquellen der Menschheit. Und die Bestände sind für unsere Fischer die Existenzgrundlage, die wir dauerhaft sichern müssen. Wir haben die Chance genutzt. Ihnen liegt unser Antrag vor. Gemeinsam mit unserem Koalitionspartner haben wir analysiert, wo sich etwas ändern muss. Und wir zeigen, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um diese Ziele zu erreichen. Das oberste Ziel der Reform muss die Nachhaltigkeit sein. Nach wie vor sind Bestände überfischt. Das bisherige Krisenmanagement in Brüssel reicht offensichtlich nicht. Ohne eine Erholung der überfischten Bestände und der Bewahrung des empfindlichen Ökosystems „Meer“ lässt sich die Zukunft der deutschen und europäischen Fischerei nicht sichern. Dabei reicht es nicht, nur die europäischen Gewässer im Blick zu haben. Nein, wir müssen auch hier global denken und die Weltmeere insgesamt in unsere Überlegungen einbeziehen. Die Fischerinnen und Fischer in unserem Land wirtschaften bereits heute nachhaltig und bestandserhaltend. Dieses Selbstverständnis sollte Vorbild für Europa und die Welt sein. Eine nachhaltige bestandserhaltende Fischerei muss auf allen Meeren sichergestellt werden. Deshalb fordern wir in und mit unserem Antrag, dass künftig alle Fischbestände nach dem Prinzip des nachhaltigen Dauerertrags bewirtschaftet werden müssen. Dieses Ziel soll bis zum Jahr 2015 entsprechend den Beschlüssen des Nachhaltigkeitsgipfels von Johannesburg erreicht werden. Wir, die Mitglieder der christlich-liberalen Koalition, wollen einen grundlegenden Kurswechsel. Die Flickschusterei der vergangenen Jahrzehnte muss ein Ende haben. Wie muss dieser Kurswechsel nun beschaffen sein? An erster Stelle benötigen wir ein modernes Fischereimanagement. Zentrales Instrument dieses Fischereimanagements sind schon heute mehrjährige Bewirtschaftungspläne. Diese müssen künftig auf alle kommerziell genutzten Bestände ausgedehnt werden. So lässt sich das Nachhaltigkeitsziel schneller erreichen. Es bringt den Vorteil mit sich, das fischereipolitische Tagesgeschäft vom Mikromanagement zu entlasten. Dies gilt insbesondere für die jährlichen Quotenverhandlungen der Fischereiminister im Dezember. In den letzten Jahren haben diese durch die bereits geltenden Bewirtschaftungspläne deutlich an politischem Sprengstoff verloren. Und das ist gut so. Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Erhöhung der Selektivität der Fischereien. Nur so lassen sich Jungfische besser schützen und unerwünschte Beifänge stärker vermeiden. Deshalb müssen wir gleichzeitig die Forschung und Entwicklung innovativer und selektiver Fanggeräte stärken. Eines der Kernprobleme der europäischen Fischereipolitik sind die hohen Rückwürfe infolge unerwünschter Beifänge. In manchen Fischereien belaufen sich diese auf über 50 Prozent der Fänge. Die Bilder von Rückwürfen verunsichern Verbraucherinnen und Verbraucher. Mit dieser unverantwortlichen Verschwendung unserer wertvollen Meeresressourcen muss endlich Schluss sein. Deshalb sind wir der Bundesregierung auch für die Initiative dankbar, die sie bereits im Jahr 2010 dazu gestartet hatte. Aufgrund dieser Initiative unserer Bundesministerin Frau Aigner wurde eine Gemeinsame Erklärung über Rückwürfe im Rahmen der Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik mit Vertretern Dänemarks, Frankreichs und des Vereinigten Königreichs getroffen. Wir unterstützen unsere Bundesregierung in dieser Haltung und setzen uns deshalb in unserem Antrag mit Nachdruck dafür ein, Rückwurfverbote und Anlandegebote einzuführen. Dies soll nicht pauschal nach Arten, sondern nach Fischereien und im Rahmen der Bewirtschaftungspläne geschehen. Beifangarten, die hohe Überlebensraten aufweisen, wie zum Beispiel Haie und Rochen, wollen wir vom Rückwurfverbot ausnehmen. Es darf keine Fehlanreize für die Vermarktung von Jungfischen geben. Aber eine möglichst hochwertige Nutzung muss möglich sein. Die Ressource Fisch ist zu wertvoll, als nur als Fischmehl oder -öl zu enden. Die Einhaltung des Rückwurfverbots muss natürlich wirksam kontrolliert werden. Dazu sollte es Anreize zum freiwilligen Einbau von Kameras an Bord der Fischereifahrzeuge geben. Eine generelle Kamerapflicht lehnen wir dagegen kategorisch ab. Ich sage sehr deutlich für meine Fraktion: Eine Kameraüberwachung von Fischerinnen und Fischern wird es mit uns nicht geben. Eine solche Vorschrift wäre insbesondere mit Blick auf unsere handwerkliche Küstenfischerei völlig überzogen. Für diese Fischerei müssen alternative Monitoringsysteme entwickelt werden. Es wird von den Vertretern einer solchen Forderung offensichtlich vergessen, dass ein Fischereifahrzeug auch immer ein Arbeitsplatz ist. Auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf diesen Schiffen haben Anspruch auf Datenschutz. Bei der Bewirtschaftung der Fischereibestände gibt es für uns einen weiteren wichtigen Punkt. Das System der Quotenverwaltung in Deutschland hat sich bewährt. Es darf nicht verändert werden. Deshalb müssen die Nationalstaaten auch künftig für das Quotenmanagement zuständig bleiben. Die verpflichtende Einführung von handelbaren Quoten, wie von der Kommission vorgeschlagen, lehnen wir ab. Jeder Mitgliedstaat muss selbst entscheiden können, ob er handelbare Quoten einführen will oder nicht. Wir wollen es nicht. Denn damit würden wir unseren aktiven deutschen Familienbetrieben den Boden unter den Füßen wegziehen. Bei ihnen handelt es sich im Wesentlichen um kleine und mittelständische Betriebe, die bei einem Marktwettbewerb um Quoten nicht gegen zahlungskräftige Investoren bestehen können. Aber auch sie, gerade sie brauchen Zukunftsaussichten und die Chance, sich zu entwickeln. Wir wollen deshalb in Deutschland unser Quotensystem fortführen. Fischereiressourcen müssen deshalb öffentliches Gut bleiben. Ein weiteres zentrales Element der Fischereireform ist für uns der Abbau der Flottenüberkapazitäten. Solange die Fangkapazitäten größer sind als die tatsächlichen Fangmöglichkeiten, wird es immer einen Anreiz geben, die zugeteilten Quoten zu überfischen. Deshalb fordern wir in unserem Antrag einen verbindlichen Zeitplan für den Flottenabbau. Die neuen Kapazitätsobergrenzen müssen so festgelegt werden, dass sie zu einer effektiven und nachprüfbaren Reduzierung der Fangkapazitäten führen. Diese müssen im Einklang mit den nationalen Fangmöglichkeiten stehen. Dafür muss dringend ein entsprechendes Verfahren entwickelt werden. Und es muss der Satz gelten: Strafe muss sein. Leider gibt es nicht in jedem Mitgliedstaat ein so rigides Ahndungssystem wie in Deutschland. Deshalb sind die Mitgliedstaaten, die ihren Verpflichtungen zum Flottenabbau nicht nachkommen, zwingend mit Sanktionen zu belegen. Die Förderung der Fischereiwirtschaft soll künftig über den neuen Europäischen Meeres- und Fischereifonds erfolgen. Verglichen mit den Strukturfonds handelt es sich hier um einen vergleichsweise kleinen EU-Fonds mit einem jährlichen Volumen von insgesamt nur rund 1 Milliarde Euro für alle Mitgliedstaaten zusammengenommen. Umso wichtiger ist es, dass diese Mittel zielgerichtet eingesetzt werden. Insbesondere muss eine Verzahnung mit den übrigen EU-Fonds erfolgen, um eine Zu Protokoll gegebene Reden größtmögliche Wirkung bei der Begleitung des Strukturwandels in den Regionen zu gewährleisten, in denen die Fischerei eine besondere Rolle spielt. Wir sind äußerst besorgt darüber, dass die Kommission für den neuen Fischereifonds zusätzliche bürokratische Lasten vorsieht. Bereits in der derzeitigen Förderperiode ist eine Reihe deutscher Bundesländer aus dem laufenden Förderprogramm ausgestiegen. Die Verwaltungskosten stehen in keinem vertretbaren Verhältnis mehr zur tatsächlichen Förderung. Für den Fall, dass es zu keiner durchgreifenden Verwaltungsvereinfachung und Kostenentlastung kommen sollte, haben weitere deutsche Länder ihren Ausstieg angekündigt. Das müssen wir unbedingt vermeiden. Deshalb setzen wir uns in unserem Antrag für eine spürbare Senkung der Bürokratiekosten dieses kleinen Fonds und für deutliche Vereinfachungen bei der Beantragung von Maßnahmen ein. Hinsichtlich der Förderschwerpunkte ist uns wichtig, dass künftig Forschung und Entwicklung im Fischereibereich ein stärkeres Gewicht erhalten, insbesondere was die Entwicklung innovativer und selektiver Fangmethoden angeht. Wir halten es für richtig, dass die Aquakultur zu einem neuen Förderschwerpunkt werden soll. Gleichzeitig setzen wir uns dafür ein, dass die Förderung der bestehenden Aquakulturbetriebe weitergeführt wird. Zur besseren Durchsetzung von EU-Recht müssen Fischereiunternehmen, die mehrfach oder gravierend gegen Fischereivorschriften verstoßen haben, künftig von der Vergabe von Fördermitteln ausgeschlossen werden. Besondere Verantwortung trägt Europa auch bei der Nutzung von Fischbeständen außerhalb der EU-Gewässer, etwa vor der Küste Westafrikas. Umso wichtiger ist es, dass wir hier in der europäischen Fischereipolitik für klare Regeln sorgen. Dort sind die gleichen strengen Maßstäbe anwenden wie in den EU-Gewässern. Das Nachhaltigkeitsprinzip darf nicht an den Grenzen der EU-Gewässer haltmachen. Deshalb halten wir es für richtig, dass die EU-Fischereifahrzeuge nur den Überschuss an Fangmengen fischen können, der von den Fischern in den Entwicklungsländern nicht selbst genutzt werden kann. Dieser Grundsatz muss in allen Fischereipartnerschaftsabkommen der EU fest verankert werden. Gleichzeitig muss in diesen Abkommen mehr Transparenz über zusätzliche Vereinbarungen der Partnerstaaten mit Drittländern eingefordert werden. Nur so lässt sich wirksam verhindern, dass die Fischbestände zulasten der lokalen Fischer übernutzt werden. Parallel dazu halten wir flankierende Maßnahmen für erforderlich: Die Entwicklungsländer müssen verstärkt dabei unterstützt werden, eine effektive Fischereikontrolle in ihren Hoheitsgewässern durchzuführen und Rechtsvorschriften durchzusetzen. Kapazitäten für wissenschaftliche Untersuchungen zur Bestandsabschätzung müssen sowohl innerhalb der EU als auch in den Partnerländern gestärkt werden. Die finanzielle Unterstützung des Fischereisektors in den Partnerländern muss von den Zahlungen für Fangmöglichkeiten entkoppelt und an das Prinzip der nachhaltigen Fischerei gebunden werden. Bei alledem kommt dem Verbraucher eine wesentliche Rolle zu. Wir alle wollen mehr Transparenz für die Verbraucher, davon sind Fischereierzeugnisse natürlich nicht ausgenommen. Gerade die Verbraucher können durch ihre Kaufentscheidung eine nachhaltige Fischerei wesentlich unterstützen. Dafür muss der Verbraucher aber wissen, was wirklich in der Truhe oder aber der Dose ist. Deshalb setzen wir uns für eine europäische Rahmenregelung ein, die Mindestkriterien für Nachhaltigkeitssiegel in der Fischerei vorsieht. Hier muss der vorliegende Kommissionsvorschlag noch deutlich nachgebessert werden. Die Fischereipolitik ist ein weites Feld, auf dem wirtschaftliche Interessen, der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen, der wirkungsvolle Einsatz von Steuergeldern und die Transparenz für die Verbraucher in Einklang gebracht werden müssen. Dieser schwierigen Aufgabe haben wir uns gestellt. liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, Sie müssen nur noch eines tun: zustimmen.
CDU/CSU
Sehr geehrte Frau Präsidentin ! Liebe Kolleginnen und Kollegen ! Ich finde es schon bemerkenswert , wie heute von Regierungsseite und auch vonseiten der Regierungskoalition die Realität ausgeblendet wird . Seit gestern wissen wir : Die Bundesregierung steht finanziell am Abgrund . Die Steuerschätzung hat deutlich gemacht : Es ist mit einem Minus von mehr als 40 Milliarden Euro zu rechnen . Das bedeutet , dass Ihre Planungen , Frau Bulmahn , wie ein Kartenhaus zusammenbrechen werden . Das ist eine Katastrophenmeldung für Bildung und Forschung in unserem Land . Der Bundesfinanzminister hat schon vor einiger Zeit - wohl wissend offensichtlich - angekündigt , dass drastische Kürzungen im Bereich Ihres Haushalts vorzunehmen wären . Es ist die Rede gewesen von 1 Milliarde Euro . - 1 Milliarde Euro , die dann fehlen wird . Das heißt , hier werden Hoffnungen und Planungen in den Sand gesetzt . Das ist so nicht haltbar . Ich halte es auch für absurd , dass immer wieder - auch heute - versprochen wird , dass es zu höheren Investitionen für Bildung und Forschung kommt . Der Kollege Fell hat immerhin angedeutet , womit zu rechnen ist . Diese Ehrlichkeit rechne ich ihm hoch an . Ansonsten muss ich Ihnen sagen : Es fehlt Ihnen an Geld . Mit ungedeckten Schecks ist hier niemandem gedient . - Lieber Herr Tauss , ereifern Sie sich weiterhin . Es macht jede Debatte munter , wenn Sie so dabei sind . Das gilt auch für das Versprechen , das Sie mantraartig wiederholen und das richtig ist , dass nämlich die Investitionen für Forschung und Entwicklung bis 2010 auf 3 Prozent des Bruttosozialprodukts zu steigern sind . Dieser Weg muss gegangen werden . Stellen wir uns aber einmal vor , was das für Sie bedeutet : Wenn Sie dieses Ziel erreichen wollten , dann müssten Sie ab jetzt eine Steigerungsrate von sage und schreibe 9 Prozent vorlegen . Diese Steigerungsrate ist angesichts der finanziellen Verhältnisse , die Sie zu verantworten haben , doch völlig illusorisch . Im Übrigen : Da Sie vorhin behauptet haben , zu unserer Zeit wären die Dinge so viel schlechter gewesen , muss ich Ihnen sagen : Sie weisen heute einen Anteil der Investitionen am Bruttosozialprodukt von 2 ,51 Prozent aus . Wir haben es eben von der Ministerin gehört . Zu unserer Regierungszeit waren es 2 ,9 Prozent . - Das ist Fakt . Ich will Ihnen auch noch einmal sehr deutlich sagen , dass die Mittel von staatlicher Seite zurückgefahren worden sind : 1995 betrug der Anteil der staatlichen Mittel 38 Prozent , heute sind es ganze 31 Prozent . Die Leistungen , die im FuE-Bereich dafür sorgen , dass Deutschland mit 2 ,51 Prozent gerade noch über die Runden kommt , sind die Leistungen der Wirtschaft und nichts anderes . Angesichts dieser riesigen Haushaltslöcher frage ich Sie auch , Frau Ministerin : Wie wollen Sie den Pakt für Forschung und die Exzellenzinitiative noch finanzieren ? Woher nehmen Sie die Mittel ? Oder wird das alles jetzt Makulatur ? Sie wissen : Wir stehen zum Pakt für Forschung und Innovation . Wir sind für die Stärkung der außeruniversitären Forschung ; denn sie braucht verlässliche Steigerungen . Wir sind auch für die Stärkung der universitären Forschung . Ich sage Ihnen aber deutlich - da können Sie noch so laut schreien - : Man muss es richtig machen . Bei dem Weg , den Sie einschlagen wollten , denke ich immer noch an Brain-up und an den Wettbewerb der Spitzenuniversitäten . Der erste Vorschlag für diesen Wettbewerb grenzte ja schon an Lächerlichkeit . Das ist in Verhandlungen mühsam auf den Weg gebracht worden . Man kann Elite nicht verordnen , sondern man muss für die Elite günstige Rahmenbedingungen bis hin zur Übernahme der vollständigen Kosten für Forschungsprojekte schaffen . In dieser Situation werfen Sie uns Blockade vor und legen Sie sich ständig quer . Das ist doch die Wahrheit . Gehen Sie auf unsere Vorschläge ein , dann können wir in Kürze abschließen und die Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen werden endlich , so Sie es finanzieren können , die finanziellen Mittel haben . Das Trauerspiel verfolgen wir auch bei der Föderalismusdebatte . Das ist der nächste Akt , auf den wir genau schauen werden . Ihr Parteivorsitzender hat endlich eine Einsicht gehabt . Er hat nämlich den Föderalismus in Bildungsfragen akzeptiert . Frau Bulmahn , was haben Sie getan ? Sie hatten nichts Eiligeres zu tun , als wieder dagegen zu gehen und wieder deutlich zu machen , dass Sie auch weiter in die Schulpolitik hineinregieren wollen . Sie haben eine Pressekonferenz zum Thema Ganztagsschulen einberufen . Sie wissen genau : Schulpolitik ist Ländersache . Dies soll auch in Zukunft so bleiben ; denn unsere Länder sind die Besseren . Die von Ihnen so viel gepriesene Innovationsoffensive hat keinen messbaren Ertrag gebracht . Da können Sie hier noch so viel vorrechnen . Woran liegt das ? Einerseits ist Deutschland in der Grundlagenforschung hervorragend . Wir haben in unserem Land exzellente Forscher . Man muss sich aber immer wieder fragen , wie lange viele noch in unserem Land bleiben werden . Deutschland verfügt über Unternehmen , die innovationsbereit und offen sind für neue Ideen und Techniken . Aber viele hervorragende Forschungsergebnisse bleiben in den Labors und finden keine Anwendung . Das ist der Punkt , an dem wir arbeiten müssen . Wir müssen aus der Grundlagenforschung über die Entwicklung in die Anwendung kommen . Nicht nur das Ausland darf aber von dem profitieren , was in Deutschland erforscht worden ist . Die Anwendung sollte primär in Deutschland stattfinden . Dafür müssen wir die Rahmenbedingungen setzen . Ich will Ihnen die Antwort mit den Worten von Peter Gruss , dem Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft , geben . Er hat gesagt : Das virtuelle Staffelholz zwischen den Forschungseinrichtungen und innovativer Wirtschaft darf . . . nicht zu Boden fallen . Ich glaube , wir sind gut beraten , uns dem Vorschlag der Max-Planck-Gesellschaft zuzuwenden . Sie schlägt die Schaffung von Innovationsfonds vor . Mit diesen Innovationsfonds kann die Brücke zwischen Forschung und Wirtschaft geschlagen werden . Wir stehen hinter dieser Idee , wir sind dafür , dass diese strukturelle Lücke schnellstens geschlossen wird . Wir fordern Sie auf : Machen Sie mit ! Tun Sie etwas dafür , dass Forschungsergebnisse auch zu entwicklungsfähigen Produkten werden , damit die Chancen wachsen , in unserem Land zu Arbeitsplätzen und Wachstum zu kommen . Man darf an dieser Stelle eines nicht unerwähnt lassen : Die Diskrepanz zwischen Reden und Handeln ist bei Ihnen immer wieder riesig . Das wird an keinem Beispiel so deutlich wie an dem der Grünen Gentechnologie . Sie müssen verantworten , dass die Chancen für Deutschland verloren zu gehen drohen . Rund um den Globus werden auf 70 Millionen Hektar gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut , in Deutschland gerade einmal auf 673 Hektar . Das weltweite Marktpotenzial wird auf 500 Milliarden Dollar geschätzt . Schauen Sie sich vor Ort , dort , wo die Industrie in diesem Bereich forscht und Arbeiter auf Arbeitsplätze hoffen , um . Gehen Sie einmal zur BASF . Dort werden bis zum Jahr 2010 700 Millionen Euro in den Ausbau der Pflanzenbiotechnologie investiert . Ich sage : möglichst in Deutschland !
CDU/CSU
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Pfeiffer, Sie haben es richtig beendet: Was sind die Schlussfolgerungen aus dem Brexit in Großbritannien? Ich glaube, wenn es einer Schlussfolgerung bedarf, dann jener, dass dieses unsoziale und antidemokratische Europa endlich beendet werden muss, deshalb müssen auch TTIP und CETA gestoppt werden. Man hat ja wirklich den Eindruck, dass Herr Juncker den Schuss des Brexit nicht gehört hat. Wer nur wenige Tage nach dieser Entscheidung zum europäischen Rat geht und dort verkündet, das würde ein EU-only-Abkommen, der ist als EU-Kommissionspräsident völlig fehl am Platz. Ein Neustart Europas ist mit Juncker nicht möglich. Was wir auch sagen können, ist: Die „Stop TTIP und CETA“-Kampagne hat gestern einen ersten großen Erfolg erzielt. Deshalb kann man nur die vielen, vielen Proteste beglückwünschen – 3,5 Millionen, die sich an der europäischen Bürgerinitiative beteiligt haben. Es ist ein erster großer Erfolg, dass die Nationalparlamente nun mitbestimmen können. Das ist ein großer Erfolg auf dem Weg, TTIP und CETA zu Fall zu bringen. Herzlichen Glückwunsch an die außerparlamentarische Bewegung! Herr Pfeiffer, wenn Sie hier abwertend sagen, was diese Menschen für Sorgen haben – das tun Sie ja in jeder Rede –, dann sollten Sie sich auch einmal mit diesen Argumenten beschäftigen. Warum gehen denn diese Menschen auf die Straße? Weil sie Angst haben, dass unter dem Deckmantel freien Handels und scheinbarer Arbeitsplätze Arbeitnehmerrechte abgebaut werden, Verbraucherschutzstandards abgesenkt werden und die Demokratie gefährdet wird. Dies alles treibt die Menschen um. Und ich bin beschämt, dass hier Parlamentarier sitzen, denen es offensichtlich egal ist, was mit der Demokratie passiert. Solche Leute wie Sie, Herr Pfeiffer, und andere sind die Sargnägel dieser Europäischen Union und der Menschen in diesem Land. Aber auch wenn wir einen Zwischenerfolg haben, ist der nächste Schritt schon wieder geplant; denn natürlich ist schon das Nächste vorbereitet: dass man dieses Abkommen vorläufig anwenden will. Auch dazu sagen wir klipp und klar: Das lehnen wir als Linke ab. Herr Gabriel, Sie haben auch eine Stimme im Ministerrat. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie im Ministerrat deutlich sagen: Es gibt keine vorläufige Anwendung, ohne dass dies die Nationalparlamente ratifiziert haben. Wir brauchen keine Einschränkungen in diesen Bereichen, deshalb muss die vorläufige Anwendung gestoppt werden. Ich glaube, Herr Gabriel, Sie haben jetzt auch ein Stück weit eine Verantwortung. Sie haben letzte Woche großartig gesagt, Sie wollen die progressiven Kräfte Europas wecken. Wer die progressiven Kräfte Europas wecken will, darf TTIP und CETA nicht die Tür öffnen. Wer die progressiven Kräfte Europas tatsächlich vereinen will, muss Nein sagen zu TTIP und CETA, muss sofort die Verhandlungen stoppen und möglicherweise die Handelsabkommen fairer verhandeln als das, was in den Verträgen steht. Herr Beckmeyer, ich weiß nicht, ob Sie nicht auch ein wenig beschämt über Ihre Worte sind, als Sie vorhin zu dem, was Abgeordnete der Grünen oder der Linken gesagt haben, sagten: Wer solche Argumente liefert, gehört nicht in dieses Haus. – Man kann es so verstehen. Er hat es so ausgedrückt. Sie können sich die Rede noch einmal durchlesen. – Ich will es noch einmal sagen: Ich glaube, es ist unsere Aufgabe, deutlich den Finger zu erheben, wenn durch die privaten Schiedsgerichte oder durch die Neufassung dessen, wie es jetzt ist, eine Paralleljustiz eingeführt wird, die es in Zukunft verhindert, dass sozialer Fortschritt oder Fortschritt im Verbraucherschutz noch möglich ist, ohne dass man verklagt wird. Es ist unsere Aufgabe im Parlament, den Finger zu heben. Deshalb gehören Sie vielleicht nicht in dieses Parlament, wenn Sie eine andere Auffassung haben. – Die Wähler haben es entschieden. Es wäre schön, wenn die Wählerinnen und Wähler in Deutschland über solche Verträge abstimmen könnten. Ich bin mir sicher: Hätten wir eine Volksabstimmung über TTIP und CETA, dann hätten wir das Thema schnell beendet. Aber Sie haben Angst davor, die Wählerinnen und Wähler zu fragen. Wir glauben, dass gerade TTIP und CETA ein Beweis dafür sind, warum wir Volksabstimmungen über solche Verträge brauchen. Dann wären TTIP und CETA schnell erledigt. Ich komme zum Schluss. Die „Stop TTIP und C ­ ETA“-Bewegung hat einen Zwischenerfolg zu verzeichnen, der nicht geringzuschätzen ist. Wir haben nun durch die Grünen und ihre Beteiligungen an Landesregierungen im Bundesrat die Chance, das Thema in Deutschland zu beenden. Wir rufen alle auf – auch in den anderen Staaten –, nun die Chancen zu nutzen. Aber wir müssen den Druck erhöhen, um die vorläufige Anwendung zu verhindern. Wir müssen weiterhin deutlich machen, warum wir gegen diese Verträge sind. Am 17. September gibt es wieder Großdemonstrationen in sieben deutschen Städten. Wir rufen dazu auf, sich daran zu beteiligen, damit Herr Gabriel zwei Tage später auf der Konferenz der SPD, die am 19. September stattfinden soll, sagen kann: Jawohl, wir haben verstanden. – Der Druck muss weiter erhöht werden. Vielen Dank.
PDS/LINKE
Frau Präsidentin ! Meine Damen und Herren Kollegen ! Herr Kollege , mit Metaphern kann man sehr danebengreifen . Wenn Sie schon die Tätigkeit des Bundesinnenministers mit dem Hühnervolk vergleichen , dann sollten Sie doch die Geschlechtszugehörigkeit beachten . Eier legen können Hähne nun einmal nicht . Aber , meine Damen und Herren , der Hahn hat andere Aufgaben , falls Ihnen das geläufig ist . So viel verstehe ich noch von der Landwirtschaft , Frau Kollegin Künast . Ich will gern einen erfreulichen Sachverhalt an den Anfang stellen , auch wenn der Kollege , der zuletzt gesprochen hat , eine Tonlage in diese Debatte gebracht hat , die ich nicht für richtig halte . Ich gehe davon aus - das ist ein erfreulicher Sachverhalt - , dass alle Seiten des Hauses darin übereinstimmen , dass Extremisten , die verurteilt worden sind - ich nenne beispielsweise Kaplan , der zu vier Jahren Freiheitsstrafe wegen Aufforderung zum Mord verurteilt wurde ; übrigens ein Aufruf , der Folgen hatte - außer Landes gehören und in unserem Vaterland nichts zu suchen haben . Das ist eine allgemeine Auffassung . Nun will ich versuchen , anhand des Falles Kaplan zu erläutern , wo die Unterschiede liegen . - Herr von Klaeden , nun fangen Sie nicht an , zu lachen ; wir sind doch noch nicht im Fasching , das kommt noch . Der entscheidende Punkt ist , ob wir zwischen Rechtsfragen und Tatsachenfragen unterscheiden können . Ich bleibe zunächst einmal bei der Rechtsfrage . Die Ausweisung von Herrn Kaplan - ich glaube in diesem Zusammenhang ist Ihre Wortwahl etwas durcheinander geraten ; Sie wollten sicher das richtige Wort sagen - ist kein Problem . Die Entscheidung des Asylwiderrufs ist nach unserem Gesetz bestätigt worden . Wir haben diesen Widerruf vollzogen . Hinsichtlich der Abschiebung stellt sich die Frage : Kann er abgeschoben werden ? Hier müssen wir uns jetzt über die rechtlichen Grenzen verständigen . Die Koalition , Herr Stadler und auch ich sagen : Wir haben Bindungen an internationale Vereinbarungen und wir haben Bindungen an unsere Verfassung - die übrigens diese internationalen Vereinbarungen zum geltenden Recht qua Verfassungsrecht macht - , die es uns verbietet , Menschen , denen Folter oder die Todesstrafe drohen , in dieses Land abzuschieben . Gleich ob Abschiebungsgründe vorliegen oder nicht . Herr Koschyk , dann müssen Sie klar erklären , ob Sie diese Grenze überschreiten wollen . Wenn Sie sagen : nein , dann sind wir uns einig . - Moment . Da gibt es keine Abwägung . Wer in Bezug auf Folter abwägt , der kommt auf ein abschüssiges Gelände . Das werde ich niemals zulassen . Deshalb bin ich auf der Seite des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts , Herrn Papier , der ebenfalls geltend gemacht hat , dass wir uns aufgrund der Rechtskultur Deutschlands hinsichtlich der Folter keinen einzigen Millimeter von diesen Grundsätzen wegbewegen dürfen . Die indirekte Frage , ob eine durch Folter erzwungene Aussage in einem Gerichtsverfahren verwertet wird oder nicht , hängt damit zusammen . Das sind die Rechtsfragen . Wenn wir uns da einig sind , dann haben wir eine gute Grundlage . - Moment , Herr Zeitlmann , hören Sie doch einen Moment zu ! Wir können über die Fragen ganz offen und nüchtern reden . Wir können uns auch Polemik um die Ohren hauen ; auch das ist interessant . Aber ich denke , die Bürgerinnen und Bürger wollen lieber die Sachfrage erörtert haben . - Herr Grindel , ich versuche es doch . Sie können es ja auch versuchen . Dann melden Sie sich noch einmal und wir verlängern die Debatte ausnahmsweise . Daneben ist die Tatsachenfrage zu klären . Das Verwaltungsgericht Köln - das selbstverständlich , wie jedes Gericht , Respekt verdient , auch wenn es ein Fehlurteil trifft ; ich würde dann nie zur Polemik greifen , wie es ein Kollege in Bayern tut - hat rein tatsächlich auf der Grundlage der offenbar gemeinsamen Rechtsauffassung dieses Hauses angenommen , dass Kaplan , wenn er in die Türkei zurückgeführt wird , ein Verfahren droht , in dem durch Folter erzwungene Aussagen verwertet werden . Das Gericht stützt diese Voraussage auf die Annahme , dass in einem früheren Verfahren - das hat die Rechtsvertretung von Herrn Kaplan vorgetragen ; da geht es um einen Verwandten von Kaplan , der auch vor Gericht gestanden hat - angeblich durch Folter erzwungene Aussagen bei dem Fällen eines Gerichturteils verwertet worden sind . Das ist eine Tatsachenfrage . Ich halte die Annahme des Gerichts für falsch - das sage ich , damit das klar ist - , weswegen ich auch das Urteil für falsch halte . Die Türkei hat in dem Verfahren einige Erklärungen abgegeben - insofern waren wir keineswegs erfolglos - , die ich für glaubwürdig halte : Es droht keine Todesstrafe ; es droht nicht die Folter ; er wird auch sonst menschenrechtskonform behandelt ; es werden keine Geständnisse Dritter verwendet , die unrechtmäßig zustande gekommen sind ; er wird von einem Richter vernommen ; er kann sich einen Verteidiger seiner Wahl nehmen ; er kann in der Untersuchungshaft selbstverständlich Kontakte haben , zum Beispiel Briefkontakte und Telefonate mit den Angehörigen . - Das alles sind Schutzgarantien , die nach unserer Auffassung eine rechtsstaatliche Behandlung in der Türkei sicherstellen , zumal die Türkei die Europäische Menschenrechtskonvention unterschrieben hat . Herr Ministerpräsident Erdogan hat bei seinem letzten Treffen in Berlin noch einmal bekräftigt , dass er diese Garantien durchsetzen will . Man kann natürlich der Auffassung sein , dies alles seien schöne Erklärungen , an deren Einhaltung man aber nicht glaube . Damit trifft man eine Voraussage . Frau Kollegin Stokar , entschuldigen Sie , dass ich darauf hinweise , dass in Ihrer Antwort auf die Frage des Kollegen etwas durcheinander geraten ist . Es geht um die gegenwärtige Beurteilung und um die Frage , ob die Vergangenheit zu einer anderen Beurteilung der Gegenwart führt . Vor diesem Hintergrund - manchmal schadet es nicht , einem Tisch , der schon auf vier Beinen gut steht , noch ein fünftes Bein hinzuzufügen - und nicht deswegen , weil ich das Urteil für richtig halte , bin ich in die Türkei gereist und habe die türkischen Behörden gebeten , eine zusätzliche Erklärung zu diesem früheren Fall abzugeben . Dort sind die Erklärungen , die ich eben angesprochen habe , bekräftigt worden und man hat noch einmal versichert , dass keine rechtsstaatlich bedenkliche Behandlung drohe . Bei dieser Gelegenheit habe ich aber auch Fragen zu dem früheren Verfahren gestellt . Ich hoffe , dass dazu klare Erklärungen abgegeben werden . Das ist die Grundlage , auf der wir handeln . Es geht nicht um eine Rechtsveränderung . Ich wüsste nicht , was an dieser Stelle zu verändern wäre , Herr Kollege Koschyk . In diesem Zusammenhang muss man noch einen anderen Punkt berücksichtigen ; darüber haben wir hier im Hause häufig genug diskutiert . Sie schlagen immer vor , es müsse bei Verdacht auf eine terroristische oder extremistische Betätigung eine Ausweisung möglich sein . Ich sage , das ist nicht das Problem . Es gibt eine polizeirechtliche Bestimmung , die besagt , dass eine Person , die eine Gefahr für die innere Sicherheit Deutschlands darstellt , ausgewiesen und im Vollzug abgeschoben werden kann . Damit werden aber die bestehenden Abschiebehindernisse wie Folter und Todesstrafe nicht überwunden . Diese Sachverhalte müssen wir auseinander halten . Sonst muss ich Sie , Herr Koschyk , verdächtigen , dass Sie hier nur eine Show abziehen und nur scheinbar die Muskeln zeigen wollen , aber an der echten Sachlage vorbeireden . Sie haben für Ihre Politik keinen Bündnispartner . Mit wem wollen Sie eine solche Politik , die Sie hier vorschlagen , machen ? So etwas haben Sie in Ihrer Regierungszeit , vielleicht dank der FDP , nicht gemacht . Die FDP wird nach allem , was ich höre , Ihnen nie die Hand dazu reichen , diese Schranke zu überwinden . In diesem Fall verlasse ich mich auf die FDP , falls die Gefahr drohen sollte , dass Sie mehr zu sagen haben als heute in der Opposition . Ich glaube , dass das , was Sie in Zusammenhang mit der Türkei gesagt haben , sehr bedenklich ist . Ihre Politik , die Türkei auf Distanz zu halten und ihr die Tür zu weisen , stellt eine Abkehr von der Politik des früheren Bundeskanzlers Kohl dar . - Doch , natürlich . Lesen Sie die Erklärung von Bundeskanzler Kohl aus dem Jahr 1997 nach . Ich kann aus ihr wörtlich zitieren . Mit dieser Abkehr von der Politik des gesamten Europas - es war eine einstimmige Entscheidung aller Regierungschefs der europäischen Mitgliedstaaten - sind Sie in Europa völlig isoliert . Wenn Sie diese Politik für richtig halten , dann treiben Sie die Türkei dahin , dass sie diesen Verpflichtungen nicht in dem Maße nachkommt , wie es wünschenswert wäre . Dann werden die Möglichkeiten , Personen in die Türkei abzuschieben , in der Tat sehr viel geringer . Das hat Frau Kollegin Sonntag-Wolgast , wie ich finde , völlig richtig ausgeführt . Auf die anderen Einzelheiten , die leider alle in die falsche Richtung und an den Tatsachen vorbei gehen , will ich jetzt nicht weiter eingehen . Nur so viel : Wir haben im Staatsangehörigkeitsrecht die strikte Überprüfung der Verfassungstreue von Personen , die deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger werden wollen , eingeführt . Die Problemfälle , die wir geerbt haben , sind aufgrund der von Ihnen erlassenen Rechtsvorschriften entstanden . Diese Personen können wir nicht außer Landes bringen . Das haben Sie zu verantworten . Wir haben dafür gesorgt , dass die Sicherheitsbehörden am Visumverfahren beteiligt werden . Die Unterstellung , wir würden leichtfertig Personen hereinlassen , die eine Gefahr für die innere Sicherheit Deutschlands darstellen , ist schlichter Unsinn . Wir haben Gegenmaßnahmen verabredet . Übrigens , Herr Koschyk , auch das müssten Sie wissen : Die Visaerteilung ist unsere freie Entscheidung . Die Gruppe , die einen Anspruch auf eine Visaerteilung hat , ist begrenzt . Bei dieser spielt die besondere Überprüfung eine Rolle . Ansonsten ist die Visaerteilung unsere freie Entscheidung . Bei dem leisesten Verdacht liegt es in unserem Belieben , ob wir eine Person in unser Land lassen oder nicht . Intern findet eine sehr sorgfältige Prüfung statt . Selbstverständlich haben Sie in diesem Punkt Recht : Es ist am besten , bei der Einreise zu prüfen , ob Bedenken vorliegen ; das geschieht auch . Gleiches gilt auch für die Möglichkeiten , eine Person wieder außer Landes zu bringen . Selbstverständlich müssen wir zur Überprüfung der Identität neue Methoden einführen . Meine Redezeit ist schon überschritten , weshalb ich Ihnen nicht alle Einzelheiten der Aktivitäten Deutschlands dazu nennen kann . Ich will Sie nur auf eine Meldung , die gerade in diesen Tagen bekannt wurde , hinweisen . Es ist auf eine deutsche Initiative zurückzuführen , dass die Frist zur Einfügung eines Lichtbildes in das EU-Visum verkürzt wird . Die Kommission ist dem deutschen Vorschlag gefolgt . Der Vorschlag der Kommission liegt jetzt auf dem Tisch und ich hoffe , dass er die Zustimmung der Mitgliedsländer der Europäischen Union finden wird . Das Gleiche gilt für die biometrischen Merkmale . Gerade in diesen Fragen sind wir die treibende Kraft auf europäischem Gebiet . Das ist die Wahrheit ; das müssen Sie nun einmal zur Kenntnis nehmen . Ich kann nicht auf alle Sachverhalte eingehen , weil die Redezeit das leider nicht hergibt . Ich will Ihnen zum Schluss aber noch einmal etwas bezüglich der Ausweisungstatbestände sagen . Wir haben die richtige Regelung gefunden . Es geht um einen polizeirechtlichen Gefährdungssachverhalt . Man muss sich allerdings die Frage stellen , ob der Vollzug ausreichend ist . Erkundigen Sie sich einmal auch in den Ländern , in denen Sie Regierungsverantwortung tragen , ob der Vollzug immer so funktioniert , wie er funktionieren sollte . - Sie nennen Baden-Württemberg . Da bekommen Sie sogar ein Lob von mir ; so fair bin ich . In Baden-Württemberg ist Folgendes passiert : Der ehemalige so genannte Gebietsemir des verbotenen Kalifatstaats , Osman Ünal , ist durch die zuständige Ausländerbehörde in Baden-Württemberg wegen der Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland sofort vollziehbar ausgewiesen worden . Der Tatbestand reicht also völlig aus . Sie brauchen keine Verdachtsformulierung . Das , was bereits im Gesetz vorhanden ist , reicht aus . Ich muss aber an die Länder appellieren - ich hoffe , dass Sie sich dem anschließen - , dass der Vollzug zum Teil besser geregelt wird . - Nein , das hat mit Abschiebehindernis gar nichts zu tun . Es kommt zunächst darauf an , dass ein rechtskräftiger Ausweisungsbescheid zustande kommt . Dem folgt der Vollzug durch die Abschiebung . Bringen Sie bitte nicht die Begriffe Abschiebung und Ausweisung durcheinander , sonst können Sie den Sachverhalt den Bürgerinnen und Bürgern nicht vermitteln . Sie versuchen , den Bürgerinnen und Bürgern den Eindruck zu vermitteln , es werde nicht alles im Interesse der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland getan . Das ist die schlichte Unwahrheit . Die Bundesregierung ist ein Garant für eine rechtsstaatliche Ordnung und die innere Sicherheit . Dabei halten wir uns an das Grundgesetz und an die internationalen Vereinbarungen . Natürlich erfüllen wir dabei auch unsere Verantwortung , dass der Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf die Gewährleistung ihrer Sicherheit erfüllt wird . Vielen Dank .
SPD
Bitte schön .
FDP
Sie haben Probleme mit der Lösung der Frage , wie Sie einerseits die Bevölkerung schützen und andererseits die Pendler durchlassen wollen . . Das beißt sich . Wenn ich das Problem als Privatperson oder als Bundestagsabgeordneter betrachte , kann ich mir vorstellen , daß sich allein in Nordrhein- Westfalen eine Menge anderer Abgeordneter in den Wahlkreisen freuten , wenn Bonn auf diese Straßenbaumaßnahme verzichtete , weil sie dann selbst schneller zu einer Umgehungsstraße kommen könnten . Es ist aber nicht meine Aufgabe als Parlamentarischer Staatssekretär und Regierungsvertreter , das zu bewerten und dazu Stellung zu nehmen .
CDU/CSU
Herr Präsident ! Meine Damen und Herren ! Lieber Herr Kollege Poß , ich bin enttäuscht darüber , daß Sie hier im Plenum glauben , die gleiche Schwarzweiß-Malerei und das gleiche gelbe Neidgerede von Ihrer Frau Kollegin Matthäus-Maier nachmachen zu müssen . Ich glaube , die Probleme , die wir hier in diesem Gesetz zu besprechen haben , sind für diese Art der Polemik doch wirklich zu schwerwiegend . . Meine Damen und Herren , es ist gegenwärtig viel die Rede von einer angeblichen politischen Handlungsunfähigkeit der Bonner Regierung . Heute steht hier in zweiter und dritter Beratung ein Gesetz zur Verabschiedung , das in beispielhafter Weise die Handlungsfähigkeit der Koalition und der Bundesregierung unter Beweis stellt . . _ Herr Kollege Poß , Sie haben jetzt 20 Minuten _ teilweise auch langweilig _ geredet . Jetzt können Sie doch einmal eine Minute die Luft anhalten . . Wir haben in einem außergewöhnlich komplexen Bereich ein Gesetz intensiv und doch zügig beraten . Am 27 . Juni 1991 hat das Bundesverfassungsgericht seinen Spruch verkündet . Heute , am 5 . Juni , also kein Jahr danach , gibt es nach intensiven Beratungen die zweite und dritte Lesung . Schneller und besser geht das eigentlich nicht . Das nenne ich Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit . . Das vorliegende Gesetz ist in fünf Stichpunkten in seiner Qualität zu kennzeichnen : Erstens . Es setzt die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts richtig und verfassungsgemäß um . . _ Darauf komme ich noch . Zweitens . Dieses Zinsabschlaggesetz hat etwas kaum Erwartbares geschafft . Es hat das Kapital , das wir gerade jetzt im gemeinsamen Deutschland dringend brauchen , nicht ins Ausland vertrieben . Eine Rede wie die von Herrn Poß ist allerdings geeignet , das Geld herauszutreiben . . Im übrigen : Als der Finanzausschuß des Bundesrates in erster Beratung seine ablehnende Haltung formuliert hat , sind die Zinsen hinaufgegangen . Gesamtwert für alle öffentlich verschuldeten Länder sowie für den Bund : ungefähr 800 Millionen DM . Das war die Folge eines derartigen Beschlusses . Drittens . 80 % aller kleinen und mittleren Sparer sind durch unsere Freibeträge befreit . Daß das eine vernünftige Lösung ist , hat ja selbst die Opposition hier unterstrichen und durch ihre Zustimmung anerkannt . _ Ich lasse keine Zwischenfragen zu . Viertens . Wir haben eine praktikable Regelung , insbesondere durch die Methode der Freistellungsaufträge . Kontrolle erfordert Bürokratie . Wir haben jedoch die Bürokratie in engen Grenzen gehalten . Ich glaube , das ist das praktikabelste aller vorgeschlagenen und denkbaren Verfahren . . Es wurde , wie der Kollege Hauser gerade dazwischengeworfen hat , kein besseres Rezept vorgeschlagen . . _ Die verstehen ja weiß Gott sehr viel davon . Fünftens haben wir das zusätzliche Aufkommen , das wir erwarten können , nicht für irgendwelche allgemeinen Haushaltszwecke eingesetzt , sondern zielgerichtet für die Altersversorgung , die auch nach dem Verfassungsgerichtsurteil in engstem Zusammenhang mit dem Sparen und mit der Besteuerung von Erspartem steht . Fünf Milliarden DM mehr für die Altersversorgung , das ist mehr , als vor einem Jahr in allen Teilen dieses Hauses für denkbar gehalten wurde . Lassen Sie mich einige Anmerkungen zur Verfassungsmäßigkeit des vorliegenden Gesetzes machen . Zum einen : Dem Ziel des Bundesverfassungsgerichts , eine größere Gleichmäßigkeit der Besteuerung herbeizuführen , kommt dieses Gesetz schon dadurch näher , daß künftig ca . 80 % aller Zinseinkunftsbezieher auf ihre Einkünfte die gleiche Steuer zahlen , nämlich die Nullsteuer . . Gerade vor dem Hintergrund der Erkenntnis , daß wir eine perfekte Gleichbehandlung nie erreichen können _ das wollte auch das Bundesverfassungsgericht nicht , und das kann es nicht wollen _ , halte ich diese quantitative Erwägung für bedeutsam . Zweitens . Ich habe in der ersten Lesung schon auf die Ermittlungsinstrumente der Abgabenordnung hingewiesen , die oberhalb der Grenze der 25 % eingreifen und eingreifen können . Ich verweise hierzu ausdrücklich auf den Bericht zum Gesetz . Ich füge heute hinzu : Diese Instrumente werden in Zukunft für eine wesentlich kleinere Zahl von Fällen anwendbar sein ; wenn 80 % der Bezieher von Kapitaleinkünften durch die Freibeträge ohnehin freigestellt sind , kann sich die Administration in ihren Nachprüfungsmaß- nahmen auf die begrenzte Zahl der dann noch Betroffenen konzentrieren . Dies ergibt unausweichlich eine Effizienzsteigerung bei der Kontrolle , dies gibt ein höheres Maß an Verifikation oberhalb der Grenze von 25 % . Dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit ist dadurch mit Sicherheit gedient . . Es wird von der Opposition der Eindruck erweckt , als würde nur ein perfektes , lückenloses Kontrollsystem den Anforderungen des Verfassungsgerichts entsprechen . . Hierzu zitiere ich Ihnen aus der gutachterlichen Stellungnahme des Kollegen Rupert Scholz , dessen Qualifikation als Verfassungsrechtler in diesem Lande mit Sicherheit nicht angezweifelt wird : . Das Verifikationsprinzip wird indessen vom Bundesverfassungsgericht keineswegs absolut gesetzt , . sondern durchaus im Zusammenhang auch mit dem Datenschutz sowie dem Steuergeheimnis gesehen . Dies entspricht dem in Art . 2 in Verbindung mit Art . 14 Grundgesetz _ _ _ Hören Sie doch mal zu ! Sie sind so damit beschäftigt , dauernd vor sich hinzureden , daß Sie kein Argument hören . Sie sollten dies aber , dann würden Sie vielleicht bessere Erkenntnisse erlangen . Ich wiederhole : Dies entspricht dem in Art . 2 in Verbindung mit Art . 14 Grundgesetz verbürgten grundrechtlichen Datenschutz , in dessen Rahmen auch das Steuergeheimnis gewährleistet ist . Diese Gewährleistung schließt demgemäß einen mehr oder weniger totalen Kontrollmechanismus _ auch unter dem Stichwort Verifikationsprinzip _ aus . Ich halte diese Anmerkung für sehr bedeutsam , für wesentlich bedeutsamer als die Einlassungen , die wir von zwei Verfassungsrechtlern in den Anhörungen gehört haben , die in ihrer Qualität sehr dünn waren , wenn ich das beurteilend sagen darf . . Die Vorstellungen der Opposition im Hinblick auf die Verifikation würden dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach den Aussagen des Kollegen Scholz mit Sicherheit nicht entsprechen . Wir haben in der Zinskommission , wie schon wiederholt gesagt , nicht zuletzt deshalb _ _ . _ Lassen Sie es doch mal eine Sekunde ! Wollen Sie hier ein Fußballmatch mit Zwischenrufen veranstalten , oder wollen Sie ein schwieriges Gesetz angemessen diskutieren ? Wir wollten deshalb diese Vorstellungen hier als verfassungsgemäß darstellen , weil das Bundesverfas - sungsgericht seinerseits ja die Abgeltungssteuer mit 25 % für ausreichend gehalten hat . Wir gehen ja darüber hinaus . Es ist Abgeltungssteuer plus _ich will das nicht noch einmal wiederholen . Da ich diese Rede auch zu Protokoll gebe , werde ich die nächsten Teile absetzen , bitte , sie ins Protokoll aufzunehmen , und komme zum Schluß . Wir hören gerade , daß sehr viele in den Ländern offenbar Sehnsucht nach einer Abgeltungssteuer haben . Wir sagen nur : Wenn das im Vermittlungsausschuß durchkäme , würde es uns zum Schedulensystem führen . Es würde auch diejenigen , die ihr Arbeitseinkommen bis zu 53 % versteuern müssen , gegenüber denjenigen benachteiligen , die große Geldvermögen haben und die dann mit 25 % gewissermaßen außen vor wären . . Wir werden , Herr Kollege Poß , am Beispiel der Behandlung dieses Gesetzes im Bundesrat und im Vermittlungsausschuß in den nächsten Wochen sehen , wer in diesem Land verantwortungsbewußte Politik betreibt , wer gestalten will , wer die Dinge voranbringen will und wer auf der anderen Seite nur blockieren , zerstören und verhindern will . Dieses Gesetz ist mit Sicherheit nicht das geeignete Feld für Oppositionsprofilierung . Ich bitte zumindest den sachgerechten Teil dieses Hauses , die Zustimmung zu diesem Gesetz nicht zu verweigern . .
CDU/CSU
Ja . Mir leuchtet überhaupt nicht ein , warum es für den Arbeitgeber im stärkeren eigenen Interesse sein soll , wenn die Arbeitskräfte selber mit dem Auto statt mit öffentlichen Verkehrsmitteln kommen . Das ist mir einfach unklar . Dass Sie sagen , es sei im Interesse des Arbeitgebers , den Arbeitskräften einen kostenlosen Parkplatz zur Verfügung zu stellen , damit diese nicht nach einem suchen müssen , leuchtet mir ein . Aber wieso ist das Interesse daran im Verhältnis höher als daran , dass sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln kommen ? Dies könnte von weitaus größerem Interesse für den Arbeitgeber sein , da die Arbeitnehmer weniger gestresst und entspannter ankommen . Es kommt zu weniger Ausfällen , da es sicherer ist , mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren , usw . Barbara Hendricks , Parl . Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen : Herr Kollege Hofreiter , das ist in der Tat eine Einschätzung , die nicht vollständig von der Hand zu weisen ist . Ich kann Ihre Beurteilung aus Ihrer Sicht sehr gut verstehen . Ich hatte Ihnen aber gerade gesagt , dass nach objektiven Gesichtspunkten entschieden wird , welches Interesse im Vordergrund steht : das Arbeitgeber- oder das Arbeitnehmerinteresse . Der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes liegt genau diese Beurteilung zugrunde . Es ist nicht von der Hand zu weisen , dass bei einer Einstellungsänderung von Arbeitgebern die höchstrichterliche Rechtsprechung in Zukunft möglicherweise anders erfolgen könnte . Natürlich können sich Wertungen - Wie beurteilt man A oder B ? - auch bei den Gerichten ändern . Das ist keine Frage . Ich hatte aber den Ausweg gleichsam gewiesen , indem ich auf die Jobtickets hingewiesen habe . Entscheidend ist , wie man im Betrieb damit umgeht . Gibt man den Arbeitnehmern einen Barzuschuss , damit sie sich ein Ticket des öffentlichen Personennahverkehrs erwerben , oder erwirbt die Personalabteilung für die Beschäftigten des Unternehmens die Jobtickets , die gewöhnlich von den Verkehrsunternehmen rabattiert werden , weil eine größere Anzahl von Tickets erworben wird , und gibt dann die Tickets an die Arbeitnehmer ab , möglicherweise mit einem eigenen Obolus des Arbeitnehmers ? Die Ausgestaltung ist freigestellt . Wenn man dem Arbeitnehmer ein solches Jobticket gibt , ist das steuerfrei . Vor dem Hintergrund der jetzigen Rechtslage und der Auslegung der bestehenden Gesetze , auch durch die obersten Gerichte , ist es auch derzeit möglich , durch betriebliche Praxis eine Steuerfreiheit im Wert von 44 Euro pro Monat herbeizuführen . Damit kommt man beim Jobticket schon ganz schön weit .
GRUENE
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 24. April 1915 begann in Konstantinopel das, was sich zu einem Völkermord am armenischen Volk entwickelte. Dort wurden Menschen verhaftet und verschleppt, die nichts, aber auch gar nichts angestellt hatten. Der Grund, warum sie verfolgt wurden, war einzig und allein, dass sie Armenier sind. Es begannen Verschleppungen, Vertreibungen und Vergewaltigungen schlimmster Art. Viele der Menschen, denen man erst ihre Ehre und dann ihr Leben genommen hat, haben noch nicht einmal ein Grab, weil sie einfach in die Wüsten getrieben wurden, wo sie am Ende elendig verhungerten, verdursteten und starben. Es war deshalb gut und richtig, dass genau am 24. April 2015 zum 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern der Deutsche Bundestag in einer, wie ich finde, sehr bewegenden Debatte sich dieses Themas angenommen hat. Diese Debatte war davon geprägt, dass so deutlich wie noch nie in diesem Hohen Hause Vertreter aller Fraktionen das, was geschehen ist, auch so benannt haben, wie es sich gehört, nämlich dass es dort einen Völkermord gegeben hat. Es war, glaube ich, auch eine Debatte, die aus meiner Sicht deshalb eine Sternstunde des Parlamentarismus war, weil die Rednerinnen und Redner in dieser Debatte mit ihren Wortbeiträgen wirklich versucht haben, ein würdiges und ernsthaftes Gedenken an die Opfer zum Ausdruck zu bringen. Denn das sollte am 100. Jahrestag im Vordergrund stehen. Es war aber nicht nur deshalb eine Sternstunde, weil es gute Redebeiträge von allen Kolleginnen und Kollegen gab, sondern auch – ich habe es schon betont –, weil der Bundestag zwar noch nicht in einer schriftlichen Entschließung, aber in dieser Debatte keinen Zweifel daran gelassen hat, dass es sich hierbei um einen Völkermord gehandelt hat. Es war für mich auch deshalb eine Sternstunde des Parlaments, weil es für mich auch eine Art Selbstbehauptung des Parlamentarismus war, auch dann heiße Eisen anzufassen und klar zu formulieren, wenn vielleicht der eine oder andere in der Bundesregierung das nicht so gerne sieht. Ich finde, dass das einem Parlament auch gut ansteht. Das Parlament ist nicht der verlängerte Arm einer Regierung, sondern ein eigenständiges Verfassungsorgan. Ich bin sehr unglücklich darüber, dass wir heute in der Situation sind, die sich in dieser Debatte ausdrückt, weil wir alle gemeinsam – ich will da überhaupt keine Schuldzuweisungen aussprechen – es nicht geschafft haben, nachdem wir einen so guten Auftakt hatten, mit dieser Debatte möglichst schnell auch zu einem gemeinsamen Antrag zu kommen, der sicherlich der Sternstunde des Bundestages am 24. April 2015 gewissermaßen noch eine Krone aufgesetzt hätte. Ich finde, dass die heutige Debatte auch deshalb keine Sternstunde des Parlamentarismus ist – ich habe die große Sorge; ich unterstelle niemandem, dass das gewollt ist –, weil die heutige Debatte in der Art, wie sie geführt wird, nicht dem Anspruch gerecht wird, das Gedenken an die Opfer in den Mittelpunkt einer solchen Debatte zu stellen. Ich halte es für völlig legitim, dass eine Fraktion in diesem Hause sagt: Diese Herumeierei und dieses Warten, wenn über vorliegende Anträge nicht abgestimmt wird, machen wir nicht mehr mit, und deshalb bringen wir einen Antrag – der sogar durchaus konsensfähig wäre – erneut ein. – Dagegen ist nichts zu sagen. Es gehört zu den Aufgaben und ist auch die Pflicht von Oppositionsfraktionen, da, wo sie kritische Punkte sehen – auch in parlamentarischen Debatten –, die Bundesregierung zu kritisieren, etwa dann, wenn sie das Gefühl haben, dass die Bundesregierung in ihren Äußerungen zum Beispiel gegenüber der Türkei nicht klar genug ist. Natürlich ist es richtig, dass man mit dem Satz „Es ist nicht der richtige Zeitpunkt“ alles auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben kann. Aber ich glaube, es ist auch richtig, zu sagen – und ich will es deutlich aussprechen –, dass mit einer Entschließung zu diesem Thema zehn Tage vor einem EU-Türkei-Gipfel niemandem gedient ist, weder den Problemen, die wir dort lösen wollen, noch dem Gedenken an das armenische Volk. Der Antrag, der eingebracht wurde, trägt die, wie ich finde, sehr treffende und gute Überschrift „Erinnerung und Gedenken an den Völkermord an den Armeniern vor 100 Jahren“. Aber wir merken in dieser Debatte: Wir debattieren heute weniger über den Völkermord und das Gedenken daran als über die Frage – diese ist durchaus legitim –, ob sich die Bundesregierung richtig verhält. Aber hätte es dazu der Aufsetzung eines Antrags über einen Völkermord bedurft, oder hätte man besser zum Beispiel in einer Aktuellen Stunde oder in einem Entschließungsantrag auf dieses Thema hinweisen können? Mir bereitet Sorge, dass dieser gut formulierte Antrag zu einem Vehikel für etwas wird, was eigentlich nicht Inhalt dieses Antrags ist. Dann kommen wir zu einem Punkt, wo es schwierig wird, in der heutigen Debatte dem Gedenken an die Opfer gerecht zu werden.
SPD
Über die Ergebnisse, die die Regierungskommission zeitigen wird, wird im parlamentarischen und im politischen Raum intensiv diskutiert werden. Es steht dem Parlament selbstverständlich frei, die entsprechenden Befassungen dazu hier im Plenum und in den Ausschüssen zu beantragen.
Frau Kollegin Kopp , die Bundesregierung teilt die Auffassung des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie so nicht . Die Staatsferne des Rundfunks gebietet eine binnenpluralistische Struktur der Aufsichtsgremien durch Beteiligung der gesellschaftlich relevanten Kräfte . Die Rundfunkgesetze der Länder nennen deshalb zu Recht als wichtigste Funktion der Rundfunkräte , die Allgemeinheit und deren Interessen zu vertreten . Diese binnenpluralistische Struktur soll einer verfassungsrechtlich unzulässigen Zensur im Sinne des Art . 5 des Grundgesetzes entgegenwirken . Deshalb sind wir der Auffassung , dass gerade diese binnenplurale Struktur angemessen ist .
SPD
Nein , Herr Schily , das ist Ihre Wahrheit . . Seit Ihre Partei in Niedersachsen regiert , seit 1992 , ist die Zahl der Polizeistellen um 642 vermindert worden . Spielen Sie nicht mit den Zahlen und den Zeitabschnitten ! . Wenn Sie damit jonglieren , wird die Darstellung automatisch falsch . Bei meiner Antwort bleibe ich . . Sie verheißen uns eine rotgrüne Bundesregierung . Da wird man Sie doch fragen dürfen , was Sie in den zehn Ländern , in denen Sie regieren , in denen Sie Innenminister oder Justizminister - manchmal sogar beide - stellen , für die innere Sicherheit im Vergleich zu den unionsregierten Ländern zustande gebracht haben . Da auffällig ist , daß alle Ergebnisse bezüglich der Sicherheit in den süddeutschen Ländern wesentlich besser sind als in den von Ihnen regierten norddeutschen Ländern , sage ich : Das liegt in vielen Punkten an der Generalanlage Ihrer Politik . . Es liegt am Bereitstellen von Geldern und an der Schwerpunktsetzung . Sehr häufig liegt es auch an dem grünen Einfluß auf Ihre Politik . Wenn zum Beispiel die sozialdemokratische Landesregierung in Schleswig- Holstein die Freigabe von Einstiegsdrogen , von Cannabis-Produkten , zum freien Kauf in Apotheken verlangt . und dies bei Bundesbehörden beantragt , dann wird man doch wohl behaupten dürfen , daß der grüne Einfluß auf die sozialdemokratische Innenpolitik verheerend ist .
CDU/CSU
Frau Präsidentin ! Sehr geehrte Damen und Herren ! Herr Kollege Barthel , lassen Sie mich nach den Angriffen auf die Opposition , die Sie hier natürlich wieder gestartet haben , zunächst einmal die Gelegenheit nutzen , meine Erleichterung darüber zum Ausdruck zu bringen , dass es gelungen ist , einen gemeinsamen Antrag zu formulieren , der im Wesentlichen mit dem Antrag der Union Flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen sicherstellen identisch ist . Hier zeigt sich , dass es auch in diesem Hause sicherlich nur von Vorteil sein kann , ab und zu einmal auf die Vorschläge der Opposition einzugehen . Ich bin der Überzeugung , wir hätten diesen Antrag schon viel früher formulieren können , hätte die SPD die Verantwortung der Bundesregierung gegenüber der Deutschen Post AG , den Postagenturbetreibern und den Postkunden nicht immer kategorisch abgelehnt . Herr Barthel , wir beide waren doch im Februar dieses Jahres gemeinsam auf einer Veranstaltung der Postagenturbetreiber in Peißenberg zugegen . Sie erinnern sich sicher noch , was Sie damals gesagt haben . Sie haben jegliche Verantwortung der Bundesregierung und die Möglichkeiten einer korrektiven Gestaltung abgelehnt . Umso erfreulicher ist es , dass wir heute einer Meinung sind und einen vernünftigen Antrag gemeinsam beschließen werden . Meine sehr geehrten Damen und Herren , seit Monaten ist die öffentliche Diskussion um die Versorgung mit Postdienstleistungen im Gange . Mittlerweile stapeln sich die Klagen der Postagenturbetreiber auf unseren Schreibtischen ; so wird es uns allen gehen . Täglich liest man über drohende Schließungen von Postagenturen . Die besorgten Anrufe von Bürgerinnen und Bürgern , die große Bedenken haben , ob sie ihre Postgeschäfte zukünftig noch wie gewohnt erledigen können , zeigen , welch hoher Stellenwert diesem Thema in der öffentlichen Diskussion beigemessen wird . Diesem Zustand kann der Bundestag nicht tatenlos zusehen . Wir müssen klar und deutlich unsere Forderungen auch an die Bundesregierung als Mehrheitseigentümer der Post formulieren . - Kollege , hören Sie doch erst einmal , was ich sagen will . - Na klar ! Er ist ja breit genug , um Angst zu machen .
CDU/CSU
Die UN-Behindertenrechtskonvention ist seit heute in Kraft . Darüber freue ich mich , und nimmt man die vielen Presseerklärungen von heute zur Hand , scheinen sich noch mehr darüber zu freuen . Obwohl die Vorgaben dieser Konvention seit heute in Deutschland für Politik , Verwaltung und für die Gerichte verbindliches Recht sind , werden die Betroffenen wohl leider noch sehr lange warten müssen , bis diese Konvention in ihrem wirklichen Leben greift . Die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen forderte heute in ihrer Presseerklärung dazu auf , die Impulse dieser Behindertenrechtskonvention ganz konkret für die Gestaltung einer inklusiven Gesellschaft zu nutzen . Allerdings hat auch sie schon ein bisschen kapituliert . Erst In der kommenden Legislaturperiode muss es einen detaillierten Aktionsplan zur Umsetzung der Ziele der Konvention geben . Ein solcher Plan muss in enger Zusammenarbeit mit behinderten Menschen und ihren Interessenverbänden entstehen , so Evers-Meyer . Obwohl die Bundesrepublik Deutschland zu den Erstunterzeichnern gehörte und bei dem entsprechenden Willen schon längst Bundesregierung , Behindertenorganisationen und andere gesellschaftliche Kräfte an einem Tisch sitzen könnten , um einen Aktionsplan zu erarbeiten , wird nun auf frühestens 2010 vertröstet . Art . 19 der Behindertenrechtskonvention verpflichtet Bund und Länder unter anderem zu gewährleisten , a) dass Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit haben , ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden , wo und mit wem sie leben , und nicht verpflichtet sind , in besonderen Wohnformen zu leben ; b) Menschen mit Behinderungen Zugang zu einer Reihe von gemeindenahen Unterstützungsdiensten zu Hause und in Einrichtungen sowie zu sonstigen gemeindenahen Unterstützungsdiensten haben , einschließlich der persönlichen Assistenz , die zur Unterstützung des Lebens in der Gemeinschaft und der Einbeziehung in die Gemeinschaft sowie zur Verhinderung von Isolation und Absonderung von der Gemeinschaft notwendig ist . Daran muss sich ab sofort jede Heimgesetzgebung messen . Insofern möchte ich hier noch einmal für Die Linke ausdrücklich betonen , dass die Veränderungen bei der Zuständigkeit im Heimrecht mit der 2006 in Kraft getretenen Föderalismusreform der falsche Weg waren . Die Kleinstaaterei bringt für Heimbewohnerinnen und Bewohner keine Verbesserungen . Auch solch katastrophale Zustände , dass ein junger Mann mit Behinderungen wie Matthias Grombach aus Sachsen-Anhalt seit Jahren gegen seinen Willen in einem Heim leben muss , gehören trotz UN-Behindertenrechtskonvention und Föderalismusreform zum Alltag . Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Koalition wird nun der Versuch unternommen , aus den in Bundeskompetenz verbliebenen §§ 5 bis 9 und 14 des Heimgesetzes ein neues , in sich schlüssiges Gesetz zu machen . Die restlichen Paragrafen wurden bzw . werden in den Ländern zu eigenen Heimgesetzen verarbeitet . Nimmt man das alte Heimgesetz , wird deutlich , dass sein Auseinanderreißen die Sache für die Betroffenen kaum leichter und verständlicher machen wird . Mit mindestens zwei Gesetzen sowie darauf aufbauenden Verordnungen und Rechtsprechungen werden sich die Verbraucher und Unternehmer befassen bzw . auseinandersetzen müssen . Gestärkt werden sollen mit dem neuen Gesetz die Rechte der Verbraucher . Das begrüßt und unterstützt Die Linke . Gerade die zumindest teilweise Trennung von Leistungen , die das Wohnen betreffen , von den verschiedenen Betreuungsleistungen ist überfällig und sinnvoll . Damit ist zumindest theoretisch möglich , Pflege- oder Versorgungsleistungen nicht vom Heimbetreiber , sondern von externen Anbietern zu beziehen . Ich hoffe , dass mit dieser Wahlmöglichkeit auch mehr Qualität bei den Leistungen kommen wird . Offen bleiben allerdings weiterhin eine Reihe von Punkten , die von den in Heimen und ähnlichen Einrichtungen lebenden Menschen seit langem gefordert werden . Dazu gehören das Recht auf eigene Schlüssel , das Recht auf geschlechtergleiche Assistenz , akzeptable Regelungen zu Haustieren , uneingeschränktes Besuchsrecht , Kontaktmöglichkeiten zum Heimbeirat oder nachteilsfreie Beschwerdemöglichkeiten für angestellte Pflegekräfte . Notwendig ist auch eine verbindliche bundesweite Fachkräftequote . Vielleicht wird einiges davon in den Landesgesetzen vernünftig geregelt . Vielleicht ? Offen bleibt ebenfalls die Einbeziehung bzw . Abgrenzung zu betreuten Wohnformen . Insofern unterstützen wir den Antrag der Grünen . Die Rechte der Bewohnerinnen und Bewohner zu stärken , wäre auch ohne Föderalismusreform möglich gewesen . Aus den in Bundeskompetenz verbliebenen sechs Paragrafen werden im neuen Gesetz 17 Paragrafen , und ich bezweifle , dass die neuen Heimgesetze der Länder kürzer und auch verständlicher werden . Insofern also : Ich bin auf die Meinung der Sachverständigen bei der Anhörung am 22 . April gespannt . An der zentralen Frage - Warum will die große Mehrheit der Menschen im Alter , bei Pflegebedarf oder der Menschen mit Behinderungen nicht in ein Heim ? - mogelt sich die Bundesregierung auch mit diesem Gesetzentwurf vorbei . Insofern bleibt der für diese Wahlperiode angekündigte Paradigmenwechsel leeres Gerede .
PDS/LINKE
Schönen Dank. – Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Kekeritz, es gibt ja immer die Unermüdlichen, die erst dann zufrieden sind, wenn sie für irgendein Problem, das auf dieser Welt besteht, endlich den Schuldigen gefunden haben und ihn anprangern können. Außerdem gibt es die ewigen Helden, die dann sagen: Ich habe das alles schon vorher gewusst. All das bringt uns nicht weiter. Wir sollten doch – das ist mein Appell zu Beginn meiner Rede – jetzt endlich einmal gemeinsam anfangen, die Sache konstruktiv anzugehen, wie die Bundesregierung und die Koalition das bereits vorgemacht haben. Frau Johnson Sirleaf, die Präsidentin von Liberia, hat diese Woche im Spiegel-Interview zu einer Prognose, bis Januar 2015 könne es 1,4 Millionen Ebolainfizierte in Westafrika gegeben, gesagt – hören Sie jetzt bitte auch ganz genau hin –: Wir brauchen keine Untergangsszenarien, bei denen wir uns nur noch zum Sterben niederlegen können. Die Menschen brauchen Hoffnung, sie sollen wissen, dass wir die Seuche erfolgreich bekämpfen. Das hat sie Anfang dieser Woche gesagt. Dieser Frau können wir alle nur zustimmen. Wir haben es bereits von den Vorrednern gehört: Die Lage ist sehr ernst. Die Zahl der Infizierten und Toten steigt. Diese Woche ist der Ebolatod auch bei uns in Deutschland angekommen. Wie brisant die Lage in Westafrika ist, sieht man zum Beispiel am Streik des Pflegepersonals in Liberia diese Woche und an den Übergriffen auf lokale und internationale Helfer, die in Guinea acht Helfern das Leben gekostet haben. Gerade auf diese Helfer kommt es aber an. Ein wichtiges Element der Hilfe muss darin bestehen, das örtliche Pflegepersonal angemessen zu bezahlen und insbesondere seinen Schutz in jeder Hinsicht zu gewährleisten. Die New York Times berichtete am 1. Oktober 2014 unter der Überschrift „Ein Krankenhaus aus der Hölle“ über ein praktisch nicht mehr funktionsfähiges Krankenhaus in Sierra Leone. Dort lagen Leichen, auch von Kindern, auf dem Fußboden; das Pflegepersonal arbeitete ohne Handschuhe in Straßenkleidung. Es gibt also noch sehr viel zu tun. Darüber sind wir uns wohl alle einig; da gebe ich meinen Vorrednern recht. Dennoch – das muss man auch sagen, besonders mit Blick auf die Medien –: Die Krankheit ist beherrschbar, und die Ausbreitung kann gestoppt werden. Dies haben wir nach früheren Ausbrüchen in Uganda und Ruanda sehen können. Das Wichtigste aber ist – auch da stimme ich der Präsidentin von Liberia zu –: Wir müssen Panik vermeiden, Panik, die jetzt über die Medien auch nach Europa und in die USA schwappt. In den USA haben sich bereits Reinigungskräfte am Flughafen geweigert, aus Westafrika angekommene Flugzeuge zu reinigen. Die internationale Gemeinschaft wird durch wirksame und quantitativ notwendige Beiträge helfen, die Epidemie einzudämmen und zu besiegen und den Menschen in Liberia, Sierra Leone und Guinea Hoffnung auf ein Leben nach der Epidemie zu geben. Deutschland leistet dabei einen hohen Anteil. Frau Staatsministerin Böhmer hat das sehr eindrücklich dargestellt. Ja, es ist richtig und nicht zu leugnen, dass die Dimension von fast allen Gebern und auch den Institutionen zu spät erkannt worden ist. Die Hilfe ist dann auch tatsächlich zu langsam angelaufen. Dabei sollten wir aber berücksichtigen, Herr Kekeritz, dass diese Katastrophe aufgrund der Ansteckungsgefahren auch für die Hilfskräfte eine besondere Herausforderung darstellt. Die normalen Abläufe von Materialtransporten mit Begleithilfspersonal wie bei Erdbeben und Wirbelstürmen kommen hier nicht infrage. Umso größer sind deshalb meine Hochachtung und mein Respekt für die vielen Helfer vor Ort, seien es die Angestellten von Gesundheitseinrichtungen oder die freiwilligen Mitarbeiter von Hilfsorganisationen wie Ärzte ohne Grenzen. In gleicher Weise finde ich es bewundernswert, dass sich mittlerweile mehr als 3 000 Freiwillige der Bundeswehr und über 1 000 Freiwillige – Freiwillige, Herr Movassat; wir können keine Ärzte abordnen – beim Deutschen Roten Kreuz für einen möglichen Einsatz gemeldet haben. Diese Hilfskräfte müssen in besonderer Weise – das sind wir ihnen schuldig – einen Schutz vor Ansteckung erhalten: durch angemessene Ausbildung, durch Vorbereitung auf den Einsatz in einem fremden Land, in einem schwierigen Umfeld und natürlich durch die Garantie des Rücktransports, falls sie sich doch anstecken sollten. Nach Umfragen in den Medien sagt die deutsche Bevölkerung zu 51 Prozent, Ebolainfizierte sollen gar nicht erst hierherkommen und behandelt werden. Angesichts dessen finde ich, wir alle sollten dagegenhalten, insbesondere die Medien. Ich bin der festen Überzeugung, dass die deutsche Bevölkerung es durchaus akzeptiert, wenn wir Menschen aus diesen Ländern und besonders den Helfern hier Hilfe anbieten und sie hier behandeln. In unserem Entschließungsantrag behandeln wir die gesamte Bandbreite der notwendigen Hilfe. Herr Kekeritz, natürlich sind ganz viele Dinge – der Antrag wurde vor einigen Wochen formuliert – noch in der Umsetzung; einiges ist bereits getan. Auch die Frau Staatsministerin hat darauf hingewiesen, dass im Antrag einige Anregungen stehen, um die wir uns noch zu kümmern haben. Sehr wohl hat der Antrag auch heute noch einen deutlichen Mehrwert, weil durch ihn eine Menge angestoßen wird. Allein durch die heutige Debatte bewirkt dieser Antrag das, was er bewirken sollte. Es ist bereits gesagt worden: Wir müssen in den Ländern auch nach der Epidemie Hilfe leisten. Ich selbst habe vor etwa drei Jahren Liberia besucht. Damals war die Situation so, dass auch zehn Jahre nach Ende des Bürgerkriegs dies das trostloseste Lebensumfeld war, das ich persönlich je gesehen habe. Selbst in den Augen der Kinder, die man sonst in verschiedenen Ländern auch in den schlimmsten Lebenslagen lachen hören kann, habe ich nur Traurigkeit gesehen. Auch wenn es in den letzten Jahren in diesem Land einen Trend zum Positiven gegeben haben mag, wird es sicherlich noch lange dauern, bis sich das Land vom Ebolaschock erneut erholt haben wird. Der Internationale Währungsfonds rechnet allein für 2015 mit einem Wachstumseinbruch von 12 Prozent. Dies wird auch im menschlichen Bereich ganz tiefe Spuren hinterlassen. Ja, auch ich bin der Meinung, dass wir uns darüber unterhalten müssen, wie wir entwicklungspolitisch verstärkt am Aufbau und an der Unterstützung der Gesundheitssysteme in den betroffenen Ländern arbeiten können, damit sie zukünftig selbst besser in der Lage sind, einer solchen Epidemie zu begegnen. Die Bundeskanzlerin hat gestern hier erklärt, dass Ebola ein zentrales Thema des Euro-Gipfels und des ASEM-Gipfels sein wird. Sie hat sehr deutlich gemacht – da kann man ihr nur zustimmen –: Wir können dieses Problem nur alle gemeinsam, also international, wirksam bekämpfen. Gestern trafen sich die Gesundheitsminister auf EUEbene in Brüssel und haben die Maßnahmen abgestimmt. Das heißt, die internationale Gemeinschaft geht dieses Problem gemeinsam an. Die abgestimmten und jetzt in Gang kommenden Maßnahmen werden vor Ort zügig sichtbar sein. Dann können wir vielleicht sagen: Wir folgen dem Aufruf der Präsidentin von Liberia, Frau Johnson Sirleaf: Die Menschen brauchen Hoffnung. Sie sollen wissen, dass wir die Seuche erfolgreich bekämpfen. Herzlichen Dank.
CDU/CSU
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Unser Grundgesetz ist ein Glücksfall. Es ist möglicherweise nicht die perfekte Verfassung, aber es ist die stabilste der deutschen Geschichte. Wenn man die Begeisterung hört, mit der das Forum Recht eingeführt und seine Notwendigkeit begründet wird, fragt man sich, wie es eigentlich die letzten 70 Jahre funktioniert hat, die Gesellschaft am Rechtsstaat zu beteiligen und ihr zu verdeutlichen, warum er gut ist und warum es gut ist, dass wir ihn haben. So wurde im Koalitionsvertrag die Investition von Steuergeldern versprochen, bevor sie hier überhaupt beschlossen wurde. Das Haus der Geschichte in Bonn wurde ja gerade erwähnt, das ganz gerne in eine Reihe mit dem Forum gestellt wird. Nur sind Museen dummerweise als Teil von Kultur und Justiz Ländersache. Aber mit dem Konzept des Forums, mit Coworking und diesen Dingen, von denen man da spricht, kann man das ganz geschickt umschiffen. Mit den veranschlagten 75 Millionen Euro ist das Forum damit dann auch gleich 10 Millionen Euro teurer als das Haus der Geschichte in Bonn. Aber die das Projekt befürwortende, schon erwähnte Bundesverfassungsrichterin Susanne Baer sagt: Das sind Peanuts. Schaut man genauer auf die geplanten Inhalte des Forums, scheint unsere Geschichte mit all ihren Prägungen irgendwie erst 1949 zu beginnen. So werden grundlegende Einflüsse der Bismarckzeit auf unser heutiges Rechtssystem kleingeredet. Der Leser findet zwischen den Zeilen immer wieder agitatorische Einsprengsel, die eher an Belehrung als an Dokumentation denken lassen. In der Einführung wird nicht nur gegen Populismus im Allgemeinen, sondern zum Beispiel auch gegen Ungarn und Polen im Besonderen ausgeteilt. Wenn frühere Verfassungsrichter Entscheidungen dieses Hauses, die teilweise heute noch wirken, als Verstoß gegen unsere Verfassung deklarieren, dann sollten wir uns fragen, ob wir nicht ein bisschen zurückhaltender im Maßregeln unserer europäischen Nachbarn sein sollten. Angesichts des Hauptarguments „Stärkung der freiheitlichen Demokratie“ frage ich: Gibt es noch eine andere Demokratie? Angesichts des zweiten Arguments „Der Rechtsstaat muss erlebbar werden“ sage ich: Wer diesen Rechtsstaat erlebbar machen möchte, muss ihn stärken, indem er die Exekutive, die Judikative stärkt, zum Beispiel die Polizei mit sicherer Ausrüstung und vielleicht auch mit Pistolen, bei denen nicht nach drei Schüssen das Magazin herausfällt. Man kann das Geld aber auch nehmen, um ursprünglich gemachte Förderzusagen gegenüber der industriellen Gemeinschaftsforschung einzuhalten. Das alles wäre sinnvoll für die Zukunft unseres Grundgesetzes. Und für die Geschichte fahren wir alle gerne weiter nach Bonn. Vielen Dank.
independent
Ich dachte , daß Geheimdienste dazu da wären , Hinweise . zu verifizieren . Oder weisen sie nur auf Wahrheiten hin ? Lutz G .
SPD
Na , auf den Kalauer habe ich gewartet . _ Herr Kollege , nachdem die Formulierung Tiere werden im Rahmen der Gesetze vor unnötigen Leiden und Schäden geschützt in der Verfassungskommission die Zweidrittelmehrheit nur mit zwei Stimmen verfehlt hat : Haben Sie wirklich Bedenken gegen die Aufnahme einer solchen Formulierung , und meinen Sie , daß die Rotwildjagd in Bayern dadurch Schaden nehmen würde ?
FDP
Frau Präsidentin! Frau Hänsel, ich will Ihnen noch einmal versichern, dass Deutschland vollumfänglich seiner besonderen Verantwortung auch bei der Unterstützung in Griechenland gerecht zu werden versucht. Wenn Sie mit Griechinnen und Griechen sprechen, dürften Sie wenige Menschen finden, die diese Leistung, die Deutschland aus innerer Überzeugung zu erbringen versucht, nicht anerkennen. Sie dürften auch nur wenige Partner in der EU finden, die sich in ähnlicher Weise durch ganz konkrete Unterstützungsangebote auf bilateraler Ebene an Griechenland wenden. Es gibt in Griechenland – ich sage das mit aller Zurückhaltung – kein finanzielles Problem, kein Ressourcenproblem; es gibt ein Umsetzungsproblem. Die Finanzmittel stehen seit geraumer Zeit bereit. Es gibt inzwischen auch in Griechenland eine sehr kontroverse Diskussion darüber, was mit diesen Mitteln geschehen ist und ob man nicht frühzeitiger und präventiver, also rechtzeitig vor dem Wintereinbruch, etwas hätte tun müssen. Aber es hilft nun überhaupt nicht, zu lamentieren. Deswegen will ich noch einmal deutlich machen, dass wir selbstverständlich versuchen, auch technische Hilfe zu leisten. Der Bundesinnenminister hat beispielsweise die Hilfe des THW angeboten. Es wird derzeit geprüft, was genau zu tun ist. Das THW ist in der Lage, sehr schnell Hilfe zu leisten. Inzwischen, nach einiger Zeit, gibt es auch eine Bereitschaft der griechischen Partner, diese Hilfe anzunehmen. Wir befinden uns derzeit in der Phase der konkreten Überprüfung, was zu leisten ist. Sie haben abermals die EU-Türkei-Erklärung zur Migrationspolitik angesprochen. Ich will darauf hinweisen, dass bestimmte Personengruppen, die wir als vulnerabel bezeichnen, also kranke Personen etc., auch im vollen Einklang mit der EU-Türkei-Erklärung auf das Festland verlegt werden können. Dies ist im begründeten Einzelfall selbstverständlich möglich. Ich will aber auch darauf hinweisen, dass auch auf dem Festland nach Informationen des UNHCR nicht alle Lager winterfest sind. Es geht also nicht nur um ein Problem auf den Inseln, sondern leider auch um eines auf dem Festland.
Herr Kollege , Sie haben eben für einige Millionen Steuerzahler bei uns das Wort Mitbürger abgelehnt . Ist es nicht richtig , daß Menschen , die hier bei uns über Jahrzehnte Steuern zahlen , also zum Gemeinwesen beitragen , auch eine Chance haben müssen _ daß das wichtig ist _ , ihre Rechte wahrzunehmen , aber auch Pflichten auszuüben , um das Gemeinwesen mitzugestalten , damit wir in diesem Gebiet keine Entwicklungen bekommen , daß Menschen sagen , dann wollen wir uns auf eine andere Weise Gehör verschaffen ? .
SPD
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man den Schmerz und die Verzweiflung der Menschen in Haiti sieht, fällt es wohl keinem von uns leicht, einfach zur Tagesordnung überzugehen. Irgendjemand hat gesagt, die Zustände seien geradezu apokalyptisch. Ich glaube, das trifft es sehr gut. Deswegen bin ich mir sicher, dass alle Mitglieder dieses Hauses der Überzeugung sind, dass schnell, solidarisch und vor allem wirksam geholfen werden muss. Aus diesem Grund bin ich nicht nur für den Applaus auch der Opposition dankbar, sondern ich bin auch der Bundesregierung dankbar, dass sie schnell reagiert hat. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat mittlerweile insgesamt 5 Millionen Euro für Nahrungsmittelsoforthilfe zur Verfügung gestellt. Zusammen mit den Mitteln des Auswärtigen Amtes aus Nothilfetiteln sind es insgesamt 10 Millionen Euro für Maßnahmen der humanitären Sofort- und Nothilfe. Wenn man unseren 20-prozentigen Anteil an der EU-Hilfe hinzurechnet – das sind noch einmal etwa 60 Millionen Euro –, sind wir in einem Bereich von ungefähr 70 Millionen Euro Soforthilfe, mit denen wir unsere Solidarität mit den Menschen in Haiti bei der ersten Runde der Hilfestellung deutlich zum Ausdruck gebracht haben. Darüber hinaus werden wir uns auch mit dem Wiederaufbau beschäftigen. Das sollten wir allerdings international abgestimmt im Rahmen einer gemeinsamen Geberkonferenz tun. Haiti zeigt wieder eines: Entwicklungspolitik muss schnell sein, aber Entwicklungspolitik muss auch langfristig wirken. Sie darf nicht nur Hilfe, sondern sie muss auch Hilfe zur Selbsthilfe sein und die Selbsthilfekräfte in unseren Partnerländern stärken. Unter diesem Gesichtspunkt ist der heutige Entwurf für den Haushalt 2010 ein Entwurf mit einer klaren liberalen Handschrift. Wir haben in diesem Haushalt einen Aufwuchs von 67 Millionen Euro im Vergleich zum Jahre 2009 oder – anders formuliert – einen Aufwuchs von 44 Millionen Euro gegenüber den Vorgaben des letzten, abgewählten SPD-Finanzministers. Wir haben also eine gute Kombination von Vorsorge für unsere internationalen Verpflichtungen einerseits und einem klar erkennbaren Sparwillen vor dem Hintergrund der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise, in der unser Land je gewesen ist, andererseits. Wir machen deutlich, dass Entwicklungspolitik einen hohen Stellenwert für diese Bundesregierung hat; deswegen wächst der Etat trotz aller schwierigen Rahmenbedingungen. Aber wir machen auch deutlich, dass wir in gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen eingebettet sind, die wir nicht zur Seite schieben können. Was unsere internationalen Verpflichtungen anbetrifft, werden wir im Bereich des Klimaschutzes – unsere Partnerländer sind vom Klimawandel weit überproportional betroffen – einiges an Leistungen zu erbringen haben, die heute noch nicht vollständig in den Haushaltsentwürfen abgebildet sein können, weil die Kopenhagener Konferenz leider kein Ergebnis gebracht hat. Wir werden auch vor dem Hintergrund dessen, was uns die Afghanistan-Konferenz beschert und mit dem Wissen, dass diese Bundesregierung den Schwerpunkt des zukünftigen Engagements auf die zivile Aufbauarbeit legen möchte, noch einiges mehr tun, als im Moment im Haushalt widergespiegelt sein kann, weil die Afghanistan-Konferenz noch nicht stattgefunden hat. Erlauben Sie mir, darauf hinzuweisen, dass wir auch hier schon einige Erfolge vorweisen können, insbesondere im Norden, wo wir auch Verantwortung für die Sicherheit tragen. 75 Prozent der Menschen im Norden Afghanistans können mittlerweile durch Beschäftigung ein eigenes Einkommen erzielen. 60 Prozent aller Kinder in Nordafghanistan haben die Gelegenheit, eine Schule zu besuchen. Wir werden dafür sorgen, dass mit dem weiteren entwicklungspolitischen Engagement der Bundesrepublik diese Friedensdividende weiter ausgeweitet wird. Unser Haushaltsentwurf ist eindeutig ein Aufbruchssignal, ein Signal, dass das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wieder das Schlüsselressort in Deutschland für die ODA werden muss. Wir stellen uns nicht zuerst die Frage, ob der Haushalt zu groß oder zu klein ist; zuerst stellen wir uns die Fragen: Ist unsere Entwicklungspolitik wirksam und sichtbar? Sind multilaterale Maßnahmen effektiver? Werden privates Kapital und die private Wirtschaft zum Wohle unserer Partnerländer ausreichend eingebunden? Wird vor allem die Zivilgesellschaft gestärkt? Denn wir wollen, dass wirkliche Veränderungen aus der Mitte der Gesellschaft, also aus der Zivilgesellschaft heraus, erreicht werden, und zwar nicht nur in Deutschland, sondern auch und vor allem in unseren Partnerländern. Wenn wir das mit der Frage kombinieren, ob wir mit unserer Politik mehr Freiheit und Eigenverantwortung erreichen, und diese Frage bejahen können, dann können wir sagen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Man stellt fest, dass sowohl die mediale als auch die oppositionelle Aufgeregtheit etwas weniger wird. Die Zustimmung wird etwas größer. Dass das BMZ Armut bekämpft, ist nicht falsch – richtig ist, dass private WirtBundesminister Dirk Niebel: schaftlichkeit Basis der Armutsbekämpfung ist. Budgethilfe ist nicht immer falsch, aber es ist richtig, sie kritisch zu überprüfen. China ist kein Entwicklungsland, aber es ist richtig, China an den Lösungen globaler Herausforderungen zu beteiligen. Multilaterale Ansätze sind nicht immer effizienter. Richtig ist es aber, die Effizienz bilateraler Arbeit zu stärken. Wir als Bundesregierung sind für Sie alle sehr leicht durchschaubar. Unsere Messlatte, an der wir uns messen lassen müssen, ist unser Koalitionsvertrag. Diesen werden wir in dieser Legislaturperiode unserem Handeln zugrunde legen. Wir haben schon einiges geschafft, wenn auch noch lange nicht alles. Wir sind noch nicht einmal 100 Tage im Amt, aber Schwerpunkte sind klar erkennbar. Wir haben die Wirksamkeit und Sichtbarkeit der deutschen Entwicklungspolitik gestärkt. Statt mangelnder Abstimmung haben wir eine bessere Kohärenz zwischen Entwicklungs-, Außen- und Außenwirtschaftspolitik schon heute erreicht, und zwar dadurch, dass wir einfach etwas tun, was im zwischenmenschlichen Bereich üblich ist, nämlich indem wir miteinander reden. Wir haben die Schlagkraft und die Steuerungsfähigkeit des BMZ in den Blick genommen, und wir wollen beide in dieser Legislaturperiode durch eine Reform der Durchführungsorganisation erhöhen. In weniger als 100 Tagen nach der Amtsübernahme werden wir die ersten Vorschläge miteinander prüfen. In weniger als 200 Tagen nach der Amtsübernahme werden die ersten Vorschläge für eine Reorganisation im Kabinett beraten werden. Wir erhöhen unsere Anstrengungen für ländliche Entwicklung, Gesundheit und vor allem für Bildung, weil Bildung die Grundlage dafür ist, dass man ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit und ohne Armutsrisiko führen kann. Das wird einer unserer Schwerpunkte sein. Auch die Zivilgesellschaft wird ausdrücklich gestärkt, was im Haushaltsentwurf sichtbar ist. Wir wollen ausdrücklich auf die Zivilgesellschaft, die Kirchen und insbesondere auf die politischen Stiftungen einen größeren Schwerpunkt legen, als das früher der Fall war. Die Kooperation mit der privaten Wirtschaft wird überproportional gestärkt. Auch das sehen Sie an einem zusätzlichen Haushaltsansatz von 10 Millionen Euro. Der Schwerpunkt auf Eigenfinanzierung unserer Partner durch Mikrofinanzkredite soll dazu führen, Grundlagen für ein selbstbestimmtes Leben zu schaffen. Wir werden das mit einer größeren Werte- und Interessengebundenheit unserer Entwicklungspolitik kombinieren. Um allen Vorurteilen entgegenzuwirken: Schauen Sie sich an, was der erste Minister in diesem Amt, Walter Scheel, gemacht hat: Er hat für die Bundesrepublik Deutschland die Grundlagen für eine liberale internationale Entwicklungspolitik gelegt. Diese Regierung wird genau hier anknüpfen. Vielen herzlichen Dank.
FDP
Herr Präsident ! Meine werten Kollegen und Kolleginnen ! Der Anstieg der Leistungsausgaben im letzten Jahr hat die K ritiker der Gesundheitsreform wieder auf den Plan gerufen . Sie stellen kurzerhand fest : Die Gesundheitsreform ist gescheitert . . Das bloße Wiederholen dieser Parole hilft uns allerdings keinen Schritt weiter . . Im Gegenteil ! Mit solchen Äußerungen , we rte Kolleginnen und Kollegen , tragen Sie bewußt oder unbewußt dazu bei , daß bei den Vertragspartnern wie Krankenkassen und Ärzten der falsche Eindruck erweckt werden könnte , als meinten wir es mit der Gesundheitsreform , mit der Beitragsstabilität gar nicht so ernst . . Im GRG ist ausdrücklich der Grundsatz der Beitragssatzstabilität normiert worden , . den die Krankenkassen und die Leistungserbringer in ihren Vergütungsvereinbarungen zu beachten haben . . Dieser Grundsatz darf nicht als unverbindliches Programm verstanden werden . Es ist ein rechtlich ganz konkret verpflichtender Grundsatz . Er verlangt , alle vorhandenen Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen . . Der gern erhobene Einwand , der Grundsatz der Beitragssatzstabilität sei im Gesundheitswesen nicht realisierbar , der medizinische Fortschritt und die infolge der demographischen Entwicklung steigende Morbidität könnten mit stabilen Beitragssätzen nicht finanziert werden , geht am Wesenskern des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität vorbei . . Der verpflichtende Auftrag dieses Grundsatzes besteht darin , alles zu unternehmen , um eine so effektive und effiziente medizinische Versorgung wie nur irgend möglich zu gewährleisten . Eine andere Frage ist es , ob mittel- und langfristig nach konsequenter Ausschöpfung der vorhandenen Wirtschaftlichkeitsreserven die Beitragssätze gleichwohl stabil gehalten werden können . Unter dieser Prämisse notwendig werdenden Beitragssatzanhebungen stünde dann der Grundsatz der Beitragssatzstabilität selbstverständlich nicht entgegen . So weit sind wir aber beim derzeitigen Stand der Umsetzung des Gesundheitsreformgesetzes noch nicht . Verehrte Kolleginnen und Kollegen , lassen Sie mich noch einen Punkt der Kostenentwicklung ansprechen : Die steigende Zahl der Leistungserbringer , insbesondere der Kassenärzte , trägt erheblich zur Kostenexpansion bei . Dabei gibt vor allem der im Verhältnis zu den Allgemeinärzten hohe Anteil der Gebietärzte von fast 60 % zu denken . Die Folge ist eine medizinisch nicht plausible Steigerung der Leistungsmengen . Wir müssen uns deshalb mit dem Überangebot an Ärzten ernsthaft auseinandersetzen . Ich will hier nicht voreilig und unbedacht der gesetzlichen Einführung absoluter Zulassungssperren das Wort reden . Dafür ist dieses Thema viel zu schwierig , nicht zuletzt auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht . . Um z . B . steigenden Ärztezahlen und Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitserfordernissen bestmöglich gerecht zu werden , soll eine Pflichtweiterbildung zum Allgemeinarzt als Voraussetzung für die primärärztliche Kassenzulassung eingeführt werden . . Mit dem Ziel , eine gerechtfertigte Ausweitung der von den Kassenärzten veranlaßten Leistungen auf das medizinisch notwendige Maß zurückzuführen und dann auf dieser Basis auch im Griff zu behalten , sollten Bonus-Malus-Regelungen überlegt werden . . Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen , die Gesundheitsreform kann jedoch letztendlich nur dann zum Erfolg führen , wenn jeder Partner seinen Beitrag hierzu leistet . Dazu möchte ich Sie recht herzlich einladen . .
CDU/CSU
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Diese Bundesregierung tritt ihr Amt an in einer Zeit, in der das, was wir die liberale Weltordnung nennen, in Gefahr ist. Diese liberale Weltordnung heißt nicht so, weil sie von Liberalen erfunden worden wäre. Sie heißt so, weil sie ein Prinzip zum Ausdruck bringt, nämlich die Bindung von Macht an Recht. Das ist die Kernidee des Liberalismus. Wir sehen im Moment tektonische Machtverschiebungen im internationalen System: mit einem aufsteigenden China, einem revisionistischen Russland und Vereinigten Staaten von Amerika, die sich zurückziehen als Garant dieser liberalen Weltordnung, als den wir sie in den letzten Jahrzehnten erlebt haben. Und das ist keine akademische Betrachtung. Solche Machtverschiebungen haben in der Vergangenheit immer Kriegsgefahr, Konfliktrisiken heraufbeschworen. Und die Institutionen, in denen wir solcher Gefahr begegnet sind, in denen wir solche Interessenkonflikte bearbeitet haben, an erster Stelle die Vereinten Nationen, die werden zurzeit dramatisch geschwächt – leider muss man das so deutlich sagen – durch das Verhalten der amerikanischen Administration, die sich aus einigen Organisationen der Vereinten Nationen zurückzieht. Ich denke an die UNESCO, ich denke an den Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, ich denke an das Pariser Klimaabkommen. Es gibt eine ganze Reihe von Fragen, bei denen sich die Amerikaner anders als in der Vergangenheit aufstellen, und das führt zu großen Risiken. Was bedeutet das jetzt für Deutschland? Deutschland ist zu groß, um sich wegducken zu können; aber Deutschland ist gleichzeitig auch zu klein, um unseren Werten und Interessen alleine Geltung verschaffen zu können. Deswegen ist es unser zentrales nationales Interesse, diese liberale Weltordnung zu verteidigen. Nur so können wir Werten und Interessen Deutschlands Geltung verschaffen. Was heißt das konkret? Konkret heißt das, dass, wenn wir eine widerrechtliche Annexion sehen wie bei der Krim oder eine Intervention wie in der Ukraine, natürlich Sanktionen verhängt werden müssen gegen Russland. Lieber Armin-Paul Hampel, das Abrüstungsangebot von Wladimir Putin habe ich gehört. Aber ich antworte mit Lenin: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Sobald wir da etwas Tatsächliches sehen, können wir mit den Russen gerne über Abrüstung reden. Ich hätte es zum Beispiel schön gefunden, sie hätten die Verpflichtungen aus dem Wiener Dokument bei ihrem Riesenmanöver Sapad neulich eingehalten und OSZE-Beobachter eingeladen. Stattdessen haben sie ein unbeobachtetes Manöver veranstaltet. Meine Damen und Herren, wir brauchen Kontrolle. Nur so kann Vertrauen wieder entstehen. Zur Türkei. Natürlich ist der Einmarsch in Afrin völkerrechtswidrig. Aber was folgt daraus für die deutsche Außenpolitik? Deutschland hat engste Verbindungen in die Kurdengebiete, nach Erbil, in die Südosttürkei. Warum versuchen wir nicht, eine aktive Vermittlerrolle einzunehmen? Wir dürfen eines nicht vergessen: Der kurdisch-türkische Konflikt spielt sich in vielen Städten und Gemeinden unseres Landes ab. Das heißt, wir haben ein nationales Interesse daran, diesen Konflikt zu befrieden. Was bedeutet das für unsere Rolle in den Vereinten Nationen? Deutschland ist, ehrlich gesagt, in den Vereinten Nationen ein zweit-, ein drittklassiger Staat. Aber wir könnten doch viel mehr machen, konzeptionell, finanziell, personell, und den Ausfall der Amerikaner an der einen oder anderen Stelle gemeinsam mit den anderen Europäern kompensieren. In der UNESCO fehlen 150 Millionen Euro für zwei Jahre. Wenn man das gemeinsam in Europa macht, kann man das schon stemmen. Beim Bevölkerungsfonds, der sich um die Müttergesundheit kümmert, um Frauen, um die weibliche Selbstbestimmung, gerade was die Familienplanung angeht – und wir haben ein großes Interesse daran, dass das gefördert wird –, da fehlen nur 30 Millionen. Das können wir doch kompensieren. Da können wir reingehen. Wir könnten ganz konkrete Maßnahmen ergreifen. Was Sie, Herr Maas, zur Europäischen Union gesagt haben, fand ich ein bisschen dünn. Wir müssen uns schon fragen: Was folgt aus dem Brexit? Was folgt aus den Vorschlägen von Macron? Unsere Antwort als Freie Demokraten ist ganz klar: Wir wollen Europa stärken. Wir freuen uns, dass es gelungen ist, PESCO auf den Weg zu bringen, die europäische Verteidigungsunion. Wir wollen Europol stärken und auch die Zusammenarbeit in der Terrorismusbekämpfung verbessern. Mein letzter Punkt. Lieber Herr Maas, Sie übernehmen ein Haus, das nicht genug Beachtung erfährt. Ich habe heute mit Erstaunen gehört, dass sich die Bundeskanzlerin in ihrer Regierungserklärung bei unseren Soldaten bedankt hat und bei unseren Entwicklungshelfern. Das tun wir als Freie Demokraten auch. Ich finde aber, es ist an der Zeit, dass man sich auch einmal bei den deutschen Beamtinnen und Beamten in Erbil oder in Peking oder in Bamako oder in Dhaka bedankt, die sich für die Rohingya einsetzen, für deutsche Wirtschaftsinteressen, für die Stabilität des Sahel. Das sind keine Traumposten. All diese Menschen führen kein Luxusleben. Da geht es um Kultursachbearbeiter, um Konsularbeamtinnen, um technische Hausmeister, um Wirtschaftsattachés. Es geht um die Wahrnehmung deutscher Interessen auf internationaler Ebene.
FDP
Die Antwort lautet: Nein. Wir haben unser Verständnis nicht geändert und werden dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat nach Beschlussfassung des Kabinetts am nächsten Mittwoch auf dieser Rechtsgrundlage einen entsprechenden Gesetzentwurf fristgerecht zuleiten.
Herr Ernst, ich will den Versuch machen, Ihnen noch einmal das Beispiel – da haben Sie eingehakt – zu erklären, das für viele gilt. Ich habe insbesondere auf kleine und mittelständische Unternehmen abgehoben. Diese bewerben sich auf eine Ausschreibung hin um einen bestimmten Auftrag, den sie bekommen können. Diese Bewerbungen müssen in einer Wettbewerbssituation naturgemäß knapp kalkuliert sein. Die Unternehmen sagen sich: Bewerbe ich mich um diesen Auftrag, gehe ich in diese Auseinandersetzung hinein, dann brauche ich, wenn ich den Zuschlag erhalte, mehr Beschäftigte. Ich kann nicht sicher sagen, dass ich dem Beschäftigten hinterher Lohn und Brot geben kann, dass das also eine dauerhafte Anstellung sein wird. – Sie fragen sich, mich oder auch andere, die sie beraten: Wie kann ich so eine Situation handhaben? Ich möchte den Auftrag annehmen, wodurch der Wirtschaft insgesamt geholfen wird, weil eine Wertschöpfung stattfindet, gleichzeitig soll aber gewährleistet sein, dass ich mich hinterher von den Arbeitnehmern trennen kann – leider. Das macht keinem einzigen Arbeitgeber Freude, sondern sie haben lieber mehr Beschäftigte, weil sie dann mehr Aufträge und Umsätze haben und größer werden. Nur wenige wollen kleiner werden. Aber sie brauchen auch die Möglichkeit, sich hinterher von diesen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wieder zu trennen. – Herr Ernst, dass es den deutschen Kündigungsschutz gibt, ist richtig und vollkommen in Ordnung, aber das ist nicht ganz einfach. Die Erfahrung eines Arbeitgebers in so einer Situation ist nämlich regelmäßig die, dass eine betriebsbedingte Kündigung nicht ganz einfach, sondern schwierig ist und dass Abfindungszahlungen geleistet werden müssen. – Ja, das alles finden Sie gut. Nur, all das, was Sie ständig ausgeben wollen, muss von irgendjemandem – und das wollen Sie nicht wahrhaben – erwirtschaftet werden. Das verkennen Sie die ganze Zeit. Das muss der Mittelstand erst einmal verdienen, bevor es ausgegeben werden kann. Deswegen sage ich Ihnen: Es ist ein Zerrbild, davon auszugehen, dass die befristete Beschäftigung sozusagen der Regelfall auf dem deutschen Arbeitsmarkt ist. Das ist sie nicht. In einigen Unternehmen bestimmter Branchen – das ist von unserer Seite auch eingeräumt worden – gibt es offensichtlich die Unsitte, dass das regelhaft gemacht wird. Darum muss man sich kümmern. Ihre Vorschläge dazu sind bisher aber unzureichend. Daher glaube ich, dass wir in der Tat eine weitere angeregte Fachdiskussion im Ausschuss brauchen. Sie können sich sicher sein, dass die Koalition fachgerechte Vorschläge dazu machen wird. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
CDU/CSU
Herr Zöller , Sie haben gesagt , für die Patienten trete eine Entlastung ein . Aber die Patienten tragen doch die Kosten in der gesetzlichen Krankenversicherung , die für uns eine solidarische Krankenversicherung ist , alle mit . Wenn jedesmal eine Zuzahlung dazukommt , muß das in der Krankenkasse in der Gesamtheit mitgetragen werden . Das ist ja ein ständiger , ein fester Zuschuß , der dazukommt .
SPD
Vor einem halben Jahr gab die Wirtschaft schon einmal die Zusage , jedem Ausbildungsplatzsuchenden auch einen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen . Dies wurde jedoch nicht geleistet . Jetzt frage ich Sie : Warum ist die Bundesregierung so optimistisch , daß die Wirtschaft diesmal ihre Zusage einhalten wird ?
GRUENE
Natürlich gilt das Struck'sche Gesetz - das kennen wir - : Jedes Gesetz wird im Parlament noch verändert . - Wenn Sie allerdings meinen , dass das Ganze schon jetzt korrekturbedürftig ist : Könnten Sie als Abgeordneter der CSU mir erklären , welchen Anteil der Wirtschaftsminister , den Ihre Partei stellt , an diesem Paket hat ?
FDP
Sehr geehrter Herr Präsident ! Werte Kolleginnen und Kollegen ! Nachdem die CDU/CSU ihren sehr umstrittenen Gedenkstättenantrag zurückgezogen hatte - ich meine den Antrag vom November - , habe ich ernsthaft gehofft , dass wir uns mit diesem Papier nicht mehr auseinander setzen müssen . Aber es kam anders . Gerade in der heutigen Debatte ist mir bewusst geworden , dass das , was die Arbeitsgemeinschaft der KZ-Gedenkstätten festgestellt hat , sehr wohl begründet ist , nämlich dass Sie ohne Grund den in einem langen Diskussionsprozess gefundenen Konsens einseitig aufkündigen . Es ist mir absolut rätselhaft , was Sie getrieben hat , an diesem Entwurf weiterhin festzuhalten . Offenbar geht es einigen Ihrer Fraktionskollegen , die ihre Unterstützung zurückgezogen haben , nicht anders . Diesen Punkt sollte man beachten . Dass wir in Bezug auf die Gedenkstätten noch einiges zu tun haben , ist offensichtlich . Das leugne ich auch gar nicht . Aber wir können dies weiterhin sehr gut tun auf der Grundlage des Gedenkstättenkonzepts der Bundesregierung , das die Ergebnisse der Enquete-Kommission widerspiegelt . Wir wollen - es ist mir wichtig , dies zu erwähnen - , dass die historische Forschung und der geschichtswissenschaftliche Diskurs die Grundlage für die Entwicklung der demokratischen Erinnerungskultur sind und bleiben , und nicht die Politik . Denn das hatten wir schon in der DDR . An diesem Tag sollte man sich daran erinnern , Herr Nooke . Ich frage mich also : Was verfolgen Sie mit diesem Antrag ? Bei meinen Überlegungen muss ich zunächst feststellen , dass Sie sich trotz einiger Ausbesserungen weiterhin an dem sächsischen Konzept orientieren . Das ist unübersehbar . Ich frage daher : Warum sollten wir uns auf Bundesebene ausgerechnet an dem Land orientieren , das das schwammigste und problematischste Gesetz in der Gedenkstättenfrage zu bieten hat ? Die ausdrückliche Unterscheidung zwischen NS-Terrorregime und SED-Diktatur , wie sie die Enquete-Kommission des Bundestages gefordert hat , wird dort nicht mehr vorgenommen . Zusammenhänge zwischen den beiden Diktaturen werden nicht da hergestellt , wo sie historisch richtig sind , sondern nur da , wo sie für ein bestimmtes Geschichtsbild opportun erscheinen . Das Risiko , Opferverbände dabei zu düpieren , nehmen Sie sehr wohl in Kauf . Die Reaktionen im In- und Ausland sind verheerend . Von allen Seiten wird der mit Ihrem Antrag verbundene erinnerungspolitische Paradigmenwechsel abgelehnt . Im Verhältnis zu Israel ist die Wirkung besonders fatal . Der Leiter der Diaspora-Abteilung des israelischen Außenministeriums , Nimrod Barkan , hat bereits deutlich gemacht , dass eine Verabschiedung dieses Gesetzes einer radikalen Veränderung der Beziehungen gleichkommen würde , die sich bis heute zwischen dem jüdischen Volk und Deutschland entwickelt haben . Ähnlich heftige Botschaften erreichen uns von den Vereinigten Staaten . Nahezu alle Gedenkstätten haben sich dazu geäußert . Avner Shalev von Yad Vashem bezeichnet den Antrag in einem Brief an Frau Merkel als Affront gegen die historische Wahrheit . Für mich ist unbegreiflich , dass Sie das nicht zum Nachdenken zwingt . Ist Ihnen , meine Damen und Herren von der Union , eigentlich auch nur im Ansatz klar , wie viel gewachsene Glaubwürdigkeit in die demokratische Erinnerungskultur in unserem Land Sie damit kaputtmachen ? Hinzu kommt die Tatsache , dass die deutsche Leiderfahrung im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg bei der CDU derart prominent in Denkmale gefasst werden soll , dass eine Verwischung der Verantwortung sowie eine falsche Darstellung von Ursache und Wirkung wahrscheinlich sind . Ich glaube , dass Sie einer gefährlichen Tendenz im aktuellen Umgang mit der Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg aufgesessen sind , einer Tendenz , die vermeintliche Zusammenhänge zwischen Verbrechen des NS-Regimes und dem Unrecht der DDR herstellt und eine Gleichsetzung beider Systeme und ihrer Opfer intendiert . Das ist - lassen Sie sich das sagen ! - historisch falsch . Ich empfehle Ihnen deshalb ganz dringend : Nehmen Sie die breite Kritik an und ziehen Sie das von Ihnen vorgelegte Konzept zurück ! Das wäre anständig . Wenn Sie nicht ein so dickes Fell hätten , hätten Sie eigentlich schon längst gemerkt , dass Sie sich mit Ihrem rückwärts gewandten Antrag in einer Sackgasse befinden . Sie nehmen wichtige Verbände der Opfer , aber auch die Gedenkstätten nicht mit . Das aber können und wollen wir uns nicht leisten . Wir wollen das national nicht , und wir wollen es international nicht . Lassen Sie mich einen Vorschlag machen . Vielleicht hören Sie mir auch einmal zu . Ich möchte gern den Vorschlag von Herrn Otto aufgreifen . Denn es ist ganz offensichtlich , dass es , besonders was die Gedenkstätten zur Erinnerung an die SED-Diktatur betrifft , noch offene Fragen gibt . Wir sollten den Stand der Gedenkstättenarbeit jetzt - wir haben das Konzept vor genau fünf Jahren verabschiedet - einmal überprüfen . Es gibt Punkte , an denen es hakt ; wir kennen sie alle . Hier müssen wir zu Lösungen kommen . Daran ist mir sehr gelegen . Deshalb brauchen wir aber kein neues Konzept . Ich appelliere also an Sie , an alle , die den Antrag unterschrieben haben : Kommen Sie zu dem Konsens im Umgang mit der deutschen Vergangenheit zurück ! Wir haben mit dem Gedenkstättenkonzept dafür eine wirklich gute Grundlage .
SPD
Frau Präsidentin ! Meine Damen und Herren ! Günter Nooke , ich halte es für falsch , den Zustand der deutschen Einheit am Gesichtsausdruck des Kanzlers ablesen zu wollen . . Das war schon früher nicht möglich . Da hing alles , . obwohl es durchaus Aufwärtstendenzen gab . Aber ich glaube , es ist falsch , wenn man den Aufschwung Ost als eine politische Face-Lifting-Veranstaltung betrachtet . . Es handelt sich vielmehr um eine ernsthafte und anstrengende Angelegenheit , von der ich glaube , dass wir sie durch Parlamentsdebatten nicht allein voranbringen werden _ damit enttäusche ich dich aufgrund deines gerade gezeigten Einsatzes vielleicht _ ; denn dies hängt von der Leistungsbereitschaft und der Tatkraft der Leute in den neuen Bundesländern und von den politischen Maßnahmen der Bundesregierung , auch dieser Bundesregierung , ab . Deshalb ist es nicht angebracht , alles pauschal in Bausch und Bogen zu kritisieren . . Es ist ein Pauschalvorwurf , wenn gesagt wird , diese Regierung habe kein Konzept . Ich kenne das , mir kommt das Ganze irgendwie sehr vertraut vor . . Manchmal habe ich den Eindruck , als hätten wir nicht nur unsere Rollen getauscht , sondern zugleich auch unsere Texte . . _ Dass ich mich in meiner Kritik wiederhole , darf Sie doch wirklich nicht wundern . Einiges ist ja so geblieben ; da muss noch nachgebessert werden . Anfang der 90er-Jahre war die Kritik , dass es kein Konzept gab , durchaus berechtigt . Aber mittlerweile gibt es ein Konzept . Und ein Bestandteil dessen ist , Günter Nooke , dass wir mit den erfolgreichen Teilen der alten Bundesregierung , die es ja gegeben hat _ das stellen wir überhaupt nicht in Abrede _ , fortfahren . . Zudem gibt es einen Reparaturplan , also einen Plan , was wir alles in Ordnung bringen , wo es Fehler und Fehlallokationen gegeben hat . Das ist Ihnen bekannt . Wir haben ja gerade bezüglich der Entwicklung der Kapazitäten in der Bauwirtschaft damit zu kämpfen , dass Kapital auf der grünen Wiese im wahrsten Sinne des Wortes in den Sand gesetzt worden ist . Die Überkapazitäten , dieser Normalisierungsprozess im Bauwesen , haben also mit den Fehlern der alten Bundesregierung zu tun . Und wir haben Ansätze , zum Beispiel die Konzentration auf Innovations- und Investitionsförderung . Hier gibt es völlig neue Gesichtspunkte . Ich bitte also zu berücksichtigen , dass diese Regierung ein gestrafftes neues Konzept hat . Wenn ich mir allerdings einige IhrerAnträge anschaue , die heute zur Diskussion stehen , zum Beispiel den Antrag zur Weiterführung des Jahresberichts der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit , so muss ich feststellen , dass wir dies bereits 1995 gefordert haben . Damals haben Sie sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt , dass es überhaupt einen solchen Bericht gibt . . Jetzt kann er nicht lange genug weitergeführt werden . Jetzt soll es ihn bis 2005 geben . Ich habe nichts dagegen . Aber wir dürfen bestimmte Dinge nicht durcheinander bringen . Ich erinnere an die Anpassung der Strompreise . Günter Nooke , wir haben doch in der Volkskammer gemeinsam gegen den Stromvertrag gekämpft . . Das ist doch die Ursache dafür , dass es zur Lex VEAG , dass es durch die erhöhten Strompreise zu einem Standortnachteil für ostdeutsche Betriebe gekommen ist . Womit wir es jetzt zu tun haben , ist das Abräumen von Fehlern der Regierung Kohl _ um dies einmal ganz klar zu sagen . .
GRUENE
Herr Kollege Fink , ist Ihnen bekannt , daß das deutsche Krankenhaus , gemessen an den Ausgaben pro Kopf oder auch am Volkseinkommen , in keiner Weise überbordend ist , sondern daß es eigentlich als letztes Auffangbecken für viele ungelöste Probleme der Gesellschaft dienen muß und daß zum zweiten die von Ihnen gegeißelten Länder durch Gerichtsurteil hinsichtlich der Instandhaltungskosten eine klare Weisung bekommen haben , daß dies nicht Aufgabe der Länderfinanzierung ist ? . Ich frage mich wirklich , Herr Kollege Fink , wie Sie hier für solche Dinge als ein Sozialpolitiker mit einem Namen noch im Brustton der Überzeugung auftreten können . Das ist wirklich etwas , das ich nur schwer verstehen kann . .
SPD
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich möchte eine Frage stellen – vielleicht war es auch Gegenstand der Kabinettssitzung; ich weiß es nicht – zum Tohuwabohu in der Flüchtlingspolitik in der letzten Woche, wo der Troublemaker de Maizière nach der Einigung der Parteivorsitzenden für einige Unruhe gesorgt hat. Wir haben dies auch im Innenausschuss gerade kurz erörtert. Der zuständige Staatssekretär, Herr Schröder, sagte uns, dass in der 43. Kalenderwoche, also zwischen 19. Oktober und 25. Oktober, ein Gespräch des zuständigen Abteilungsleiters des Bundesinnenministeriums mit dem Vizepräsidenten des BAMF – das ja keinen Präsidenten mehr hat – stattgefunden hat mit der Zielrichtung, Asylverfahren von syrischen Flüchtlingen in Zukunft anders zu behandeln als bisher. Nun möchte ich wissen: Wann wurden welche Stellen in der Bundesregierung über die Tatsache dieses Gesprächs und das Ziel dieses Gesprächs informiert, namentlich Stellen im Bundesjustizministerium und Stellen im Bundeskanzleramt?
GRUENE
Herr Staatssekretär , ich bin froh : Ich habe noch blonde Haare ; ich habe das alles also irgendwie ganz gut überstanden . Sie haben ausgeführt , dass es aufgrund der Struktur und der Situation des Haushalts keine Möglichkeit gebe , den Haushalt anders als durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer und die anderen beschlossenen Erhöhungen zu konsolidieren . Warum werden nicht endlich bestimmte steuerpolitische Regelungen angegangen , die für unser Land , für unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und für die Arbeitsplätze kontraproduktiv sind ? Ich meine die steuerliche Begünstigung von Betriebsverlagerungen und die exorbitant hohen Rückstellungen in der Atombranche , obwohl die Energiekonzerne sehr hohe Gewinne ausweisen . Die geltende Festlegung für die Rückstellungen stammt noch aus der Zeit , bevor der Atomausstieg beschlossen war . Das ist überhaupt noch nicht angepasst worden . Allein durch diese beiden Maßnahmen könnten wir Mehreinnahmen von 6 Milliarden Euro erzielen . Warum hat man nicht den Mut , hier Anpassungen vorzunehmen , sondern geht stattdessen an den Sparerfreibetrag und nimmt den Leuten teilweise auch noch die Vorsorge für die Rente ? Karl Diller , Parl . Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen : Frau Kollegin , zum ersten Teil Ihrer Frage : Das spielt gegenwärtig sicherlich auch in unseren Überlegungen eine Rolle . Zum zweiten Teil Ihrer Frage : Ich bin im Moment nicht sattelfest genug , um eine genaue Antwort zu geben . Aber ich meine , wir hätten schon während unserer gemeinsamen Regierungszeit eine Veränderung vorgenommen .
GRUENE
Meine zweite Frage : Sind die Überlegungen zur Sicherungsverwahrung gegen Heranwachsende grundrechtlich abgesichert ? Haben Sie das in Ihrem Haus prüfen lassen oder riskiert man , dass jemand , der klagt , vom Bundesverfassungsgericht eine andere Antwort bekommt als von der Politik ?
CDU/CSU
Fünf Jahre hat es gedauert, bis die Europäische Union ihre Vorstellung, die Vollstreckung von Geldstrafen und Geldbußen in den Mitgliedstaaten zu ermöglichen und zu vereinfachen, realisiert hat. Vom 15. Januar 2001 stammt das Maßnahmenprogramm des Rates zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen, in dem der Anwendung dieses Grundsatzes auf Geldstrafen und Geldbußen Vorrang eingeräumt wurde. Und erst am 24. Februar 2005 hat der Rat der EU den entsprechenden Rahmenbeschluss angenommen. Ich will deshalb nicht kritisieren, dass auch die Bundesregierung fünf Jahre gebraucht hat, um ein entsprechendes Umsetzungsgesetz vorzulegen. Aber wir müssen uns mit der Tatsache auseinandersetzen, dass die Kommission in ihrem neuesten Aktionsplan schon für 2011 erneut einen Legislativvorschlag zur gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen einschließlich Geldbußen für Straßenverkehrsdelikte angekündigt hat. Es würde wenig Sinn machen, wenn wir uns an die Umsetzung eines Rahmensbeschlusses machen würden, der absehbar durch neue europäische Vorgaben ersetzt werden soll. Aber zurück zum heutigen Gesetzentwurf der Bundesregierung: Für die Bürgerinnen und Bürger wird sich nach der Verabschiedung dieses Gesetzes wegen der Anzahl der Betroffenen Entscheidendes ändern. Die bisherigen Rahmenbeschlüsse – so der Europäische Haftbefehl, die Beweisanordnung und Anerkennung von Einziehungen – betrafen Strafverfahren und Freiheitsentziehungen. Jetzt werden ungleich mehr Menschen betroffen sein. Bei uns in Deutschland kam es 2006 zu 124 694 Freiheitsstrafen, aber zu 520 791 Geldstrafen. Geldbußen übertreffen diese Zahlen um ein Vielfaches. Von den 14 309 durch die Amtsgerichte im Jahr 2008 verhängten Geldbußen war der größte Anteil im Straßenverkehr. Bereits aus dem Verhältnis dieser Zahlen lässt sich ermessen, welche praktische Bedeutung das Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen haben wird. Umso wichtiger ist es, dass sich der Bundestag – ohne sich dafür fünf weitere Jahre Zeit zu lassen – intensiv mit den Folgen der neuen Regelungen für die Bürgerinnen und Bürger befasst. Leider hat sich auch beim umzusetzenden Rahmenbeschluss die wohl so bald nicht umkehrbare Vorgehensweise durchgesetzt, weitgehend auf die Anforderung gegenseitiger Strafbarkeit zu verzichten. Es sind eben nicht, wie aber im Regierungsentwurf ausgeführt, „39 Straftaten“, bei denen auf gegenseitige Strafbarkeit verzichtet wird. Es sind 39 Deliktsgruppen, deren zum Teil unpräzise und amorphe Beschreibung hart am Rand des Bestimmtheitsgebots verläuft. Das ist Anlass genug, zum wiederholten Male die Präzisierung dieser sogenannten Listendelikte auf europäischer Ebene zu fordern. Der Gesetzentwurf sieht klare Regelungen zum gerichtlichen Rechtsschutz vor. Das begrüßen wir ausdrücklich. Ob es aber bei der Unanfechtbarkeit der möglichen gerichtlichen Verwerfung eines Einspruchs bleiben muss, will ich infrage stellen. Gut und richtig ist auch, dass eine Umwandlung von Geldstrafen und Geldbußen in Ersatzfreiheitsentzug oder andere Ersatzstrafen nicht vorgesehen ist. Der Rahmenbeschluss sieht vor, von einer Vollstreckung abzusehen, wenn die betroffene Person im ausländischen Verfahren nicht einwenden konnte, für die Handlung nicht verantwortlich zu sein. Es geht um nichts weniger als um die Halterhaftung, die wir aus guten Gründen bei Verkehrsverstößen im fließenden Verkehr nicht kennen. Der Gesetzentwurf macht hier von der gewährten Vollstreckungsverweigerung Gebrauch. So weit, so gut. Aber es ist nicht einzusehen, warum dabei nicht zum Mittel eines zwingenden Zulässigkeitshindernisses gegriffen wurde, sondern nur zu einem Bewilligungshindernis in Form einer Ermessensentscheidung. Ich halte dies für mit dem Schuldprinzip des deutschen Strafrechts nicht vereinbar und darf an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juni 2009 zum Vertrag von Lissabon erinnern. Darin heißt es – ich zitiere aus Randnummer 364 –: „Das Schuldprinzip gehört zu der wegen Art. 79 Abs. 3 GG unverfügbaren Verfassungsidentität, die auch vor Eingriffen durch die supranational ausgeübte öffentliche Gewalt geschützt ist.“ Auf das Urteil nimmt auch die Gesetzesbegründung Bezug. Umso unverständlicher ist es, dass § 87 d Abs. 2 des Gesetzentwurfs nur regelt, dass die Bewilligung eines Ersuchens um Vollstreckung vom zuständigen Bundesamt für Justiz abgelehnt werden „kann“, wenn die betroffene Person in dem ausländischen Verfahren keine Gelegenheit zu dem Einwand hatte, für die Handlung nicht verantwortlich zu sein, und auch nur dann, wenn Zu Protokoll gegebene Reden sie dies gegenüber dem Bundesamt ausdrücklich „geltend macht“. Meines Erachtens wird das dem Gehalt des Bundesverfassungsgerichtsurteils nicht gerecht. Außerdem sollten wir noch über die Stichtagsregelung für die Anwendbarkeit des Gesetzes diskutieren. Hier erscheint es mir aus Vertrauensschutzerwägungen plausibel, auf den Zeitpunkt der Tatbegehung oder jedenfalls einen früheren Zeitpunkt, als im Regierungsentwurf vorgesehen, abzustellen. Der Regierungsentwurf macht dagegen die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung zum maßgeblichen Zeitpunkt. Bei behördlichen Entscheidungen ist es das Datum der Entscheidung, die dann allerdings noch nicht bestandskräftig sein muss. Hierüber kann man reden, aber allein die längst abgelaufene Umsetzungsfrist sollte jedenfalls nicht das entscheidende Argument sein. Von diesen Kritikpunkten abgesehen will ich aber ausdrücklich festhalten, dass wir das Ende der Schonfrist für Verkehrssünder – ein wesentlicher Anwendungsbereich des Gesetzes in der Praxis wird ja die Vollstreckung von Strafzetteln über 70 Euro aus dem Ausland und die effektivere Sanktionierung von Verkehrsverstößen im Urlaubs- und Transitverkehr durch Deutschland sein – sehr begrüßen.
GRUENE
Herr Kollege Kolbe, die Frage bezieht sich auf einen Sachverhalt, den auch die Bundesregierung nur über die Presse zur Kenntnis genommen hat. Wir haben allerdings keinerlei Primärerkenntnisse und beabsichtigen daher nicht, diesen Sachverhalt in irgendeiner Art und Weise zu kommentieren.
Herr Staatsminister , kann die Tatsache , daß Sie disziplinarrechtlich nicht ermitteln und nicht vorermitteln , einfach damit zusammenhängen , daß Sie in Kenntnis der Person des jetzigen Botschafters und früheren Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes Wieck der festen Überzeugung sind , daß er nicht gelogen hat , daß er die Wahrheit gesagt hat und daß deshalb die Auseinandersetzung hier auf einen sogenannten Nebenkriegsschauplatz verschoben wird ?
SPD
Frau Präsidentin ! Meine sehr verehrten Damen und Herren ! Die Aufgeregtheiten und die Verdrehungen , die Frau Nickels hier dargestellt hat , tragen zur sachlichen Aufhellung der Vorgänge überhaupt nicht bei . . Zunächst einmal will ich in aller Ruhe festhalten , daß wir in den Gesprächen , die regelmäßig zwischen den Fraktionen auf der Geschäftsführerebene geführt werden , die Frage einer Ausländerdebatte erörtert haben , in der möglichst alle anstehenden Probleme , Anträge , Überlegungen und Gesetzentwürfe zu diesem Thema behandelt werden . . Denn nicht nur die Grünen , sondern auch die Koalition ist an diesem Thema dran ; die Sozialdemokraten sind es nach meiner Kenntnis auch . . Es dient dem Sachverhalt überhaupt nicht , hier mit wechselseitigen Unterstellungen in dieser schwierigen Materie das Klima zwischen den Fraktionen in diesem Haus zu vergiften . . Deswegen sind wir dafür , diese Debatte mit allergrößter Sachlichkeit , Ruhe und sorgfältiger Vorbereitung zu führen . Daher lehnen wir es ab , die beiden von Ihnen beantragten Punkte aufzusetzen . Frau Nickels , was den anderen Sachverhalt anbetrifft , würde ich Ihnen dringend empfehlen , sich beim Vorsitzenden des Geschäftsordnungsausschusses , den Sie eben für Ihre Unterstellungen in Anspruch genommen haben , einmal zu erkundigen . Er wird Ihnen dann berichten , daß die Praxis des Deutschen Bundestages eine andere ist als die , die wir heute praktizieren . Der Deutsche Bundestag hat nämlich bei der Behandlung von solchen Petitionen bisher eine andere Übung an den Tag gelegt als die , die Sie jetzt praktisch überfallartig von uns verlangen . Das wissen Sie ganz genau . Ich kenne ja den Vorsitzenden des Geschäftsordnungsausschusses . Er wird Ihnen das gleiche berichtet haben , was er mir in dieser Angelegenheit berichtet hat . Uns ist bekannt , daß Sie aus völlig anderen Erwägungen heraus diese Diskussion führen und dieses Klima in die Debatte bringen : weil Sie eine Scharte im Zusammenhang mit den Sudanesen auszuwetzen haben , wo Ihnen Ihr Parteitag furchtbar das Fell verhauen hat . . Weil Sie in dieser Sache nicht richtig durchgeblickt haben , . versuchen Sie jetzt , hier eine solche Diskussion mit diesen Unterstellungen zu führen . Ich denke , das , was wir für die Tagesordnung heute vereinbart haben , ist sachlich begründet und bedarf keiner Änderung . .
CDU/CSU
Herr Präsident ! Meine sehr verehrten Damen und Herren ! Ich möchte überhaupt nicht verschweigen , dass die Anregung , diesen Gesetzentwurf in dieser Legislaturperiode erneut einzubringen , von den beiden großen Kirchen gekommen ist . Das ist wahr . . _Auch von der evangelischen Kirche . _Aber es geht nicht nur um den Schutz der christlichen Überzeugung , sondern es geht natürlich generell um den Schutz der religiösen Überzeugung eines jeden , nicht nur der religiösen Überzeugung eines Christen . Es geht auch um den Schutz der weltanschaulichen Überzeugung eines jeden , nicht nur der weltanschaulichen Überzeugung eines Christen . Das ist generell so . Es wird hier sehr stark abgestellt auf die Christen , was wahr ist , weil ja das Moment des öffentlichen Friedens für Christen oft nicht in Anspruch genommen werden kann oder auch nicht in Anspruch genommen wird seitens der Gerichte . Deswegen unternehmen wir den Versuch , diesen Gesetzentwurf erneut einzubringen . Ich möchte noch einen zweiten Gedanken hinzufügen . Wenn man die gesetzliche Regelung im Strafgesetzbuch so lässt , wie sie im Augenblick ist , dann ist sie das Papier nicht wert , auf dem sie gedruckt ist . Mit Recht haben die Grünen in der letzten Legislaturperiode den Antrag eingebracht , diesen § 166 ganz zu streichen . Das ist nämlich , Herr Stünker , die Konsequenz . So , wie dieser Paragraph jetzt im Gesetzbuch steht , findet er keine Handhabe . Ich möchte die Anregung von Herrn van Essen aufgreifen und bitte , einmal ernsthaft darüber nachzudenken , ob wir nicht doch zu einer Regelung kommen können , mit der wir dem Anliegen , das in diesem Gesetzentwurf zum Ausdruck kommen soll , gerecht werden . .
CDU/CSU
Wenn Sie das wünschen, Frau Kollegin, biete ich natürlich an, Ihnen eine breite Information schriftlich zukommen zu lassen. Im Vorgriff darauf will ich auf die zentrale Rolle des Beauftragten der Vereinten Nationen hinweisen, Staffan de Mistura. Wir stehen in sehr engem Kontakt mit dem Beauftragten, weil er für uns einer der entscheidenden Akteure ist, wenn es darum geht, die verschiedenen Gruppierungen an einen Tisch zu bringen. Unsere Erwartung an die derzeitige syrische Regierung ist eindeutig, weil bislang jeglicher Beitrag zu einer Dialoglösung fehlt. Ich will ein paar Punkte nennen, die wesentlich sind, um den von uns geforderten politischen Prozess zu erleichtern. Dabei geht es nicht um den militärischen Prozess. Es geht unter anderem um die Freilassung von politischen Gefangenen, es geht um die Einstellung der Bombardierung von Zivilisten, und es geht vor allem natürlich darum, dass die VN-Resolutionen zur humanitären Hilfe in Syrien unverzüglich umgesetzt werden.
Ich war lange genug Mitglied des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages . Und auch in dieser Runde sind ein paar erfahrene Leute , die wissen , daß der Wunsch für tarifliche Verbesserungen immer im Einzelplan 60 vorgesehen war , und was in der Realität geschehen ist . Ich mußte nur registrieren , daß für den Haushalt des Jahres 1998 die alte Bundesregierung immerhin Tariferhöhungen in Höhe von 280 Millionen DM abzudecken gehabt hätte , für die sie keine Vorsorge getroffen hatte . Sie hat leider auch nichts aus dem Einzelplan 60 bekommen . Wieviel wir am Ende aus dem Einzelplan 60 bekommen werden , wird ein bißchen davon abhängen , Herr Kollege Rössel , was an Steuereinnahmen da ist und was in anderen Bereichen gebraucht wird . Ich gehe davon aus , daß wir mehr als die Mittel , die jetzt für die Tariferhöhung vorgesehen waren _ es waren ursprünglich über 770 Millionen DM im Einzelplan 60 angesetzt _ , brauchen , um den Wiederaufbau im ehemaligen Jugoslawien und ganz besonders im Kosovo voranzubringen .
SPD
– ist abgelaufen.
CDU/CSU
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gut, dass wir hier über eine sogenannte Mietpreisbremse sprechen. Noch schöner wäre gewesen, die sogenannte Mietpreisbremse hätte auch eine Bremse. Jedes Auto, das solche Bremsen hätte, würde beim TÜV durchfallen. Schön, Herr Minister, dass Sie wieder da sind. Ich hoffe, Sie waren im Haushaltsausschuss erfolgreich. – Daumen hoch! Das ist ja schon einmal gut. Jetzt ist natürlich Ihr Nachteil, dass ich Sie umso netter kritisieren kann. Dumm gelaufen; aber so ist Parlamentarismus, wie wir wissen. Ich sage: Wahrheit bei dieser Mietpreisbremse ist, dass seit der Ankündigung dieses Gesetzes ein Jahr lang jeder Tag ein guter Tag für die Vermieter war, aber kein einziger guter Tag für die Mieterinnen und Mieter in diesem Land. Medial war das grandios gemacht – Frau Merkel hat sich zwischendurch auch dazu eingelassen –: Herr Maas kommt – gefühlt für mich – jedes dritte Wochenende mit diesem Thema. Für die Mieter war es so, dass die Vermieter in der Sorge, es könnte tatsächlich ein tatkräftiges Instrument kommen, alle Möglichkeiten genutzt und die Mieten heraufgesetzt haben. Wir haben ein Gutachten dazu und stellen fest: Seit der Koalitionsvereinbarung ist mehr erhöht, mehr ausgeschöpft worden als vorher. Aber das Allerschärfste heute ist – ich habe bewundernd dagesessen; herzlichen Glückwunsch, Herr Kollege Luczak –, dass man als Berliner Abgeordneter, in dessen Stadt es wirklich Wohnungsnot gibt, wo Zentrifugalkräfte die Leute raustreiben – auch in Ihrem Wahlkreis –, eine solche Rede halten kann. Chapeau! Dazu gehören Chuzpe und Mut. Sie waren hier der parlamentarische Arm der Immobilienwirtschaft, der internationalen Investoren, derer, die Geld haben. Kein einziges Wort der Wärme für Mieterinnen und Mieter! Wo geht es denn da um Ausgleich? Es geht um Eigentumsrechte und die Sozialbindung des Eigentums. Wenn viele Leute in bestimmte Städte ziehen – sei es Berlin, sei es Hamburg, wo Studentinnen und Studenten keine Wohnung mehr bekommen –, dann kann man doch nicht sagen: „Wir machen das so!“, sondern Sie müssen das Recht des einen, des Vermieters wahren, aber seine Verpflichtung, die Sozialbindung, auch realisieren. Kein Wort dazu ging über Ihre Lippen, obwohl Sie Jurist sind. Ich finde, Sie waren heute hier am Podium eine traurige Gestalt. Wir wissen, wo die CDU/CSU definitiv nicht steht: auf der Seite der Mieterinnen und Mieter. Nun zum Gesetzentwurf. Was mich, was uns an der Geschichte stört, ist, dass es an der Stelle gar nicht um die Bekämpfung der Ursachen geht. Die Ursachen liegen nämlich darin, dass in attraktiven Städten schlichtweg zu wenig Wohnungen zur Verfügung stehen. Wenn Herr Luczak hier sagt, wenn Sie hier sagen, es müsse mehr Wohnungsbau geben, dann frage ich Sie: An welcher Stelle sorgen Sie denn mit Ihren Maßnahmen dafür, dass nicht nur die reichen, wohlhabenden internationalen Investoren Geld anlegen, sondern es auch Wohnungen gibt, die für Otto Normalverbraucher in den Städten bezahlbar sind? Das ist nicht Ihr Interesse. Deshalb sind Sie zum Beispiel mit der Senatsvorlage bei der Abstimmung über das Tempelhofer Feld in Berlin gescheitert. Es gab kein einziges entsprechendes Kriterium.
GRUENE
Sehr geehrter Herr Präsident ! Liebe Kolleginnen und Kollegen ! Der Bundesverkehrsminister äußerte : Der Tote trägt die Kerze selber . Er spricht damit nicht einen tragischen Vorfall im früheren Verkehrsleben des jetzigen bayerischen Verkehrsministers an . Wissmann spricht von Wiesheus Projekt einer Autobahnvignette . Dort , wo ersterer eine Totgeburt erkennt , sieht letzterer den leuchtenden Fingerzeig des Straßenverkehrsheiligen Christophorus . Bei diesem Vignettenprojekt springen drei Aspekte ins Auge : Erstens . Es geht um einen nationalen Alleingang . Ausgerechnet diejenigen , die die Europäische Union und Maastricht II im Wappen führen , bemühen sich hier erstaunlich wenig um eine europaweit einheitliche Regelung . Zweitens . Es geht schlicht um Geld für leere Staatskassen . Transrapid , überteuerte ICE-Trassen , Autobahnen müssen finanziert werden . Das Gegenteil von Umweltpolitik findet statt . Gut 80 Prozent aller Pkw hätten nach den Schweizer Erfahrungen diese Vignette . Weitere Fixkosten entstehen zusätzlich zu fester Kfz-Steuer , fester Versicherung und Garage , was zu möglichst viel weiterem Pkw-Verkehr verleiten muß . Darüber hinaus werden Transit- und Fernverkehr auf Bundes- und Landstraßen verlagert . Drittens . Es geht vor allem um das Geld der Fahrer von Autos ohne deutsches Nummernschild . CSU-Landesgruppensprecher Hinsken äußerte sich dazu mit geschlitzten Ohren : Da müssen wir eben kreativ sein . Sprich : Deutsche Pkw-Fahrer werden zum Beispiel durch eine abgasbezogene Kfz- Steuer entlastet , . noch : Winfried Wolf Wir erinnern uns : Am Ende des Theaters von 1994 um eine Lkw- Autobahnnutzungsgebühr stand die nackte Reduzierung der Besteuerung deutscher Lkw . Die Folge war eine Explosion des Lkw-Verkehrs und eine Schwindsucht des Güterverkehrs auf der Schiene . . Liebe Kolleginnen und Kollegen , das diesjährige Vignetten-Sommertheater wird durch einen Bericht aus dem Blatt Die Bunte angereichert . Ich zitiere : Wilde Jagd auf der Autobahn Basel-Karlsruhe . Ein deutscher Mercedes- Fahrer prescht mit Tempo 180 , dahinter ein Opel mit Schweizer Kennzeichen . Als der Schweizer den Deutschen stoppen will , kommt es zum Unfall . Grund der Verfolgung : Der Mercedes-Fahrer war an der Grenze ertappt worden , nachdem er die Schweiz ohne Autobahnplakette durchquert hatte . Anstatt bei der Ausreise die vom Schweizer Zoll geforderten 100 Fränkli Strafe zu zahlen , gab der deutsche Kaufmann Gas . Ein Schweizer Patriot nahm die Verfolgung auf . Vorgeschlagen wird uns nun die schwarz-rot-güldene Vignette . Autobahnpatrioten können dann darüber wachen , daß Fremdlinge unser Autobahnwesen nicht parasitär nutzen . Das ist nichts anderes als die allseits beklagte Wegelagerermentalität - europaweit verallgemeinert . Natürlich gibt es eine Alternative zur Autobahnvignette . Wie wäre es mit dem folgenden schlichten Rezept : Man nehme die Feststellung im Grünbuch von EU-Kommissar Kinnock , wonach der Kfz-Verkehr nur einen Teil seiner Kosten deckt . Man rühre in die bisher zu niedrigen Kfz- Verkehrspreise diese externen Kosten des Pkw-Verkehrs ein . Man berechne den Preis für jede Schnitte vom Verkehrskuchen nach der Menge des Verzehrs und Verkehrs ; also : Kosten entsprechend dem Konsum . Man lasse die Mehreinnahmen in transparenter Form einer konsequenten Politik der Verkehrsvermeidung und dem öffentlichen Verkehr zukommen . Diese Schonkost für Mensch und Natur bedeutet auch Tempobeschränkungen - das heißt eine diesbezügliche Angleichung an alle europäischen Staaten - und Beschränkungen für den Lkw-Verkehr . All das zusammen wäre ein guter Einstieg in eine Politik der Verkehrswende . Danke schön . .
PDS/LINKE
Das Ministerium hat nach Bekanntwerden der Vorwürfe das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, also eine nachgeordnete Behörde, beauftragt – Sie haben es eben wahrscheinlich schon bei der Beantwortung der Frage Ihres Kollegen mitbekommen –, den Vorwürfen nachzugehen und den Sachverhalt umfassend aufzuklären. Das ist noch nicht abgeschlossen. Deswegen würde ich auch Sie bitten, insoweit zu warten, bis die Ergebnisse vorliegen.
SPD
Vor dem Hintergrund dieser finanziellen Auswirkung , die Sie eben deutlich gemacht haben , stelle ich die Frage , warum die neue Position als Generalkonsul im Hinblick auf diese finanzielle Auswirkung - sprich : Bezüge plus Versorgungsbezug - mit der entsprechenden Kürzung erst ab dem Monat September zum Tragen kommt und die Stelle , die wohl zum Monat Juni frei wird , im Hinblick auf die weiteren Zeiten ausschließlichen Versorgungsbezugs nicht bereits zu diesem Zeitpunkt besetzt wird . Fritz Rudolf Körper , Parl . Staatssekretär beim Bundesminister des Innern : Obwohl mir der Zeitpunkt September nicht geläufig ist , gehe ich davon aus , dass diese Verfahrenspraxis der Gesetzesgrundlage entspricht . - Ja , das ist doch so . - Frau Philipp , ich kann doch nichts für die Qualität der Fragen .
CDU/CSU
Immer gern , Herr Präsident .
CDU/CSU
Herr Koppelin , Sie sind in dieser Beziehung gar nicht gefährdet . Sehr geehrte Frau Präsidentin ! Meine sehr geehrten Damen und Herren ! Ich möchte mich zunächst sehr herzlich bei den Koalitionsfraktionen für die Unterstützung der finanzpolitischen Strategie der Bundesregierung , die in vielen Beiträgen , auch namentlich an mich , den zuständigen Minister , gerichtet , zum Ausdruck kam , bedanken . Mir ist sehr bewusst , dass diese finanzpolitische Strategie der Bundesregierung trockenes Brot ist . Sie ist unter den obwaltenden Bedingungen nicht beifallheischend . Sie löst keine Begeisterung aus . Aber mit Blick auf andere infrage kommende Strategien ist sie weniger schädlich . Mir ist in dieser Debatte insbesondere klar geworden , dass die Opposition kein eigenes schlüssiges , überzeugendes finanzpolitisches Konzept dagegenstellen kann . Sie klagen an ; Sie üben punktuelle Kritik . Das ist Ihr gutes Recht ; aber Sie ziehen sich darauf zurück . Insofern sind Ihre Beiträge vornehmlich aus der Rolle definiert , in der Sie sind : in der Opposition . Dass Sie dabei insbesondere die Mehrwertsteuererhöhung zum Gegenstand Ihrer Vorhaltungen machen , ist verständlich . Ich bin dafür , dass wir da ganz redlich miteinander umgehen . Zur Redlichkeit gehört : Weite Teile meiner Partei und weite Teile der Union sind in Sachen Mehrwertsteuer mit einer anderen Position in den Bundestagswahlkampf gegangen . Ich für meinen Teil - all diese Zitate können Sie gerne wiederholen - habe keine Mühe , zuzugeben , dass auch ich eine Bewertung vorgenommen habe , die auf die Konjunkturschädlichkeit abhob . Aber es wäre genauso redlich , wenn Sie vor dem Hintergrund der Lage , in der wir uns befinden , ersatzweise für die Mehrwertsteuererhöhung etwas vorschlagen würden , was weniger Verwerfungen und geringere schädliche Effekte für Wachstum und Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland hätte . Diesem Anspruch auf Redlichkeit werden Sie nicht gerecht . Dieses ständige Hinweisen auf die Mehrwertsteuererhöhung ist irgendwann einmal ermüdend und auch nicht mehr originell . Insofern wäre ich dankbar dafür , wenn wir in der Tat in einen Wettbewerb über alternative finanzpolitische Strategien eintreten könnten . Ich höre Ihnen gerne zu , auch deswegen , um dazuzulernen für den Fall , dass Sie etwas anbieten , was für die wirtschaftliche und beschäftigungspolitische Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland erkennbar nicht mit den Nachteilen verbunden ist , die es bei einer Mehrwertsteuererhöhung unabweisbar gibt . Ich möchte hinzufügen , dass manche dieser Effekte in meinen Augen unnötig dramatisiert werden , auch von den wissenschaftlichen Expertisen in der Bundesrepu-blik Deutschland . Die Bundesregierung ist umzingelt von Expertisen und Gutachten zu Wachstumsraten , zur Inflationswirkung von Mehrwertsteuererhöhungen und zu Wachstumsimplikationen von Mehrwertsteuererhöhungen . Diese Expertisen und Gutachten haben eine Bandbreite , in der man sich kaum noch zurechtfinden kann . Dass die Opposition an den wirtschafts- und finanzpolitischen Realitäten nicht vorbeikommt , möchte ich in den Vordergrund stellen . Sie werden zugeben müssen - zu diesem Analyseergebnis kommen auch viele unverdächtige Protagonisten , nicht nur die Bundesregierung selber - , dass wir vornehmlich - ich sage mit Absicht : vornehmlich - ein strukturelles Einnahmeproblem im Bundeshaushalt und übrigens auch in vielen Länderhaushalten haben . Es ist festzustellen , dass keine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte ohne mehr Wachstum gelingen wird . Wir werden allerdings umgekehrt auch kein nachhaltiges Wachstum ohne erhebliche Konsolidierungsanstrengungen bekommen . Beides bedingt sich gegenseitig . Ich bin mir auch sicher , dass wir - zusätzlich zu mehr Wachstum , das wir brauchen - gleichzeitig , um die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren , unabweisbar unsere sozialen Sicherungssysteme robuster machen müssen : gegen Konjunkturverläufe , gegen die Erosion der sozialversicherungspflichtigen Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse , gegen die Demografie . Wir werden , wie ich glaube , insbesondere auch Verbesserungen auf dem Arbeitsmarkt erzielen müssen , um die öffentlichen Haushalte instand zu setzen und in Zukunft mehr als bisher zu finanzieren . Die Konsolidierungsvorschläge der Opposition - ich halte daran fest , Frau Lührmann - sind nicht realitätsfest ; sie sind wirklichkeitsfremd . In vielen Beiträgen von beiden Seiten der Koalition ist dies belegt worden . Selbstverständlich ist beim Verteidigungshaushalt nichts drin ; bei den Eingliederungshilfen ist auch nichts drin . Auch Ihr Hinweis auf die Steinkohle und die Weltmarktpreisentwicklung ist hinfällig . Sie müssten wissen , dass es längst eine Justierung und Koppelung an die Weltmarktpreisentwicklung gibt ; man muss allerdings erst einmal die Berechnungen haben , die ich in meinem Beitrag am Dienstag dargelegt habe , ehe man dann auch die Kohlebeihilfen nachjustieren kann . Insofern sind die Summen , die Sie in Aussicht stellen , absolut irreal . Wenn Sie , Frau Lührmann - um darauf einzugehen und hier keinen falschen Eindruck zuzulassen - , sagen , die Bundesregierung könnte nicht belegen , dass die Erhöhung der Nettokreditaufnahme vom letzten Jahr auf dieses Jahr - dass sind ungefähr 7 bis 8 Milliarden Euro mehr - durch das Wachstums- und Impulsprogramm belegt ist , dann kann ich nur sagen : 3 ,5 Milliarden Euro dieses Aufwuchses von 8 Milliarden Euro gehen zurück auf die gezielte , vorsätzliche Politik dieser Bundesregierung , Wachstum und Beschäftigung über ein solches Impulsprogramm zu finanzieren . Das ist der Beginn des 25-Milliarden-Euro-Programms , das auf Länderseite und auch im Bereich privater Investitionen die Multiplikatorwirkungen haben wird , die ich Ihnen dargelegt habe . Wir brauchen eine strukturelle und nachhaltige Verbesserung der öffentlichen Haushalte . Insofern sind auch Ad-hoc-Eingriffe , wie sie in dem berühmten Buch beschrieben werden , das von Herrn Koppelin immer hochgehalten wird , damit es mit aufs Foto kommt , nicht das , was wir brauchen . Wir brauchen nicht solche Ad-hoc-Eingriffe in bestehende Verträge und Erfüllungsansprüche , wie sie insbesondere von der FDP vorgeschlagen werden , sondern wir brauchen ein langfristig nachhaltiges Muster , um unsere öffentlichen Haushalte zu konsolidieren . Wir bringen diese Konsolidierung zusammen voran . Ich möchte deutlich bestätigen , was Herr Poß sagte : Dieser Haushalt 2006 - so ist die Koalition angetreten - ist gerade mit Blick auf die konjunkturelle Entwicklung ein Haushalt des Überganges . - Herr Koppelin , Pest und Cholera , Marx und Murks , Gammelfleisch : Das sind die Begriffe , die Sie und Herr Brüderle in den letzten Tagen geprägt haben . Einem besonderen intellektuellen Anspruch folgen diese Begriffe nun auch nicht . Irgendwann ermüdet das ein bisschen . Wir kennen uns schon seit mehreren Jahrzehnten . Ich hätte eigentlich gedacht , dass Ihr Selbstanspruch ein bisschen höher ist , als nur mit Gammelfleisch und Pest und Cholera zu operieren . Es ist auch nicht erkennbar , dass Sie uns inhaltlich etwas entgegenzusetzen haben . Herr Brüderle hat hier zwei Büttenreden abgeliefert , nicht mehr . Das ist in Ordnung , die haben Unterhaltungswert , darüber kann man sich freuen - aber mehr auch nicht . - Ja , wenn man so etwas sagt , dann kommen Sie mit Oberlehrer . Das ist auch ein bisschen einfach . Sie möchten offensichtlich kritisieren , aber ich bezeichne Sie nicht als Oberlehrer . Sie müssen aber nicht glauben , ich würde einfach nur meine Wange hinhalten , damit Sie kritisieren können . Nein , das muss schon etwas interessanter sein . Florettfechten dürfen wir auch . Das mit dem Oberlehrer schminken Sie sich einmal ab . Das wird nach einer gewissen Zeit auch langweilig . - Ja , dann sehen Sie das eben so . Ich kann damit leben , meine Familie auch . Wir betreiben im Jahre 2006 eine behutsame Konsolidierung . Wir steigen ein mit 2 ,5 Milliarden Euro , durch Kürzungen und auch durch den Abbau von Steuervergünstigungen . Wir geben gleichzeitig , wie ich mehrmals dargelegt habe , einen Impuls , der sich in den Folgejahren fortsetzt . Ich mache darauf aufmerksam , dass wir mit dem Haushaltsplanentwurf 2007 , der in wenigen Tagen dem Kabinett vorgelegt wird , auf den angekündigten Kurs einschwenken . Wir werden zum Beispiel die Nettokreditaufnahme vom derzeit vorgesehenen Niveau von knapp über 38 Milliarden Euro auf 21 Milliarden bis 22 Milliarden Euro herunterschrauben . Wir sind in der Lage , mit dem Haushalt 2007 die Regelgrenze des Art . 115 des Grundgesetzes einzuhalten . Wir werden unseren an Brüssel adressierten Ankündigungen Rechnung tragen . Wir werden deutlich unter der 3-Prozent-Grenze bleiben . Dieser Kurs wird sich in den Haushaltsjahren 2008 und 2009 fortsetzen . Das sind wichtige konstitutive Ziele , denen sich alles unterzuordnen hat . Darauf werden auch der Haushaltsplanentwurf und die mittelfristige Finanzplanung , die das Kabinett voraussichtlich am 5 . Juli beschließen wird , ausgerichtet . - Kann ich Ihnen behilflich sein , Frau Hajduk ?
SPD
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das deutsche Gesundheitswesen ist deshalb so leistungsfähig, weil sich die Patientinnen und Patienten auf ein besonderes Vertrauensverhältnis zum Arzt, zur Ärztin ihrer Wahl verlassen können. Diese Bundesregierung will das vertrauensvolle Arzt-Patienten-Verhältnis auch durch dieses Patientenrechtegesetz weiter stärken. Der Arzt schuldet eine Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst. Er muss sich fortbilden, um sein Wissen auf dem neuesten Stand zu halten. Er muss auch seine Grenzen kennen. Das heißt, wenn er nicht weiterweiß, muss der Arzt die Patienten zu einem Spezialisten weiterverweisen. Dabei können täglich Fehler passieren, wenn Ärztinnen und Ärzte handeln. Bei Verdacht auf Krebs wird das Gewebe vielleicht nicht zu einer Untersuchung eingeschickt, ein Röntgenbild wird falsch gedeutet. Kann ein Verdacht auf eine Blinddarmentzündung nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, so ist das Hinauszögern einer Operation ein Behandlungsfehler. Oder: Das falsche Knie wird operiert, eine Klemme wird bei einer Operation im Bauch vergessen, das Lösungsmittel bei der Anästhesie wird verwechselt. All das sind Fehler, die Ärztinnen und Ärzten schon passiert sind. Das Patientenrechtegesetz, das die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag heute vorlegt, wird dazu beitragen, Fehler im ärztlichen Verhalten künftig besser zu vermeiden. Das ist im Interesse der Patientinnen und Patienten in Deutschland und im Interesse eines vertrauensvollen Verhältnisses von Arzt und Patient. Jahrelang wurde in Deutschland ein Patientenrechtegesetz diskutiert. Schon Vorgängerregierungen haben sich mit den Patientenrechten beschäftigt und diskutiert, ob ein Patientenrechtegesetz auf den Weg gebracht werden soll. Die SPD-Justizministerin Frau Zypries, die SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt haben etwas für die Patientenrechte in Deutschland getan: Sie haben in den letzten Legislaturperioden eine Broschüre vorgelegt. Eine FDP-Justizministerin, ein FDP-Gesundheitsminister in dieser schwarz-gelben Bundesregierung legen den Patientinnen und Patienten in Deutschland nicht weiter nur Broschüren vor, sondern sie legen ihnen ein Gesetz vor, damit den Patientinnen und Patienten endlich transparent gemacht wird, dass sie Rechte und Pflichten haben. Dieses Gesetz bündelt die Rechte für die Patienten, damit sie den Ärzten auf Augenhöhe gegenübertreten können. Dieses Gesetz stärkt die Patienten; denn erstmals wird klar geregelt, dass Patienten bei Verdacht auf Fehler die Hilfe ihrer Krankenversicherung in Anspruch nehmen können. So kann die Krankenversicherung beispielsweise bei der Beweiserleichterung helfen, indem ein Gutachten erstellt wird, oder sie kann darauf hinweisen, wo Rechte wie geltend gemacht werden können. Nach einer Umfrage kennen sechs von zehn Patientinnen und Patienten ihre Rechte nicht. Deswegen brauchen wir die Bündelung der Rechte in diesem eigenen Patientenrechtegesetz, damit sich die Patientinnen und Patienten nicht alleine auf Gerichtsentscheidungen und Richtersprüche berufen müssen, sondern ihre Rechte endlich transparent in einem Gesetz verankert vorfinden. Das Patientenrechtegesetz ist der Beitrag dazu. Darüber hinaus können sie ihrer Krankenversicherung Fristen setzen, wenn die Krankenversicherung bei Leistungsansprüchen nicht rechtzeitig entscheidet. Wenn also eine Krankenkasse nicht innerhalb einer Frist, die ihr der Patient gesetzt hat, entschieden hat, dann kann die Patientin oder der Patient diese Leistung auf dem Wege der Kostenerstattung in Anspruch nehmen. Das heißt, hier stärken wir auch die Rechte der Patientinnen und Patienten gegenüber ihrer Krankenkasse. Denn häufig hören wir davon, dass Patientinnen und Patienten verärgert sind, weil die Krankenkasse nicht rechtzeitig entschieden hat und sie hingehalten werden. Auch hier müssen die Patientenrechte gestärkt werden, damit Patienten endlich die Leistungen bekommen, die sie für die Behandlung dringend brauchen. Unser Leitbild ist der mündige Patient, der seine Rechte kennt, der dem Arzt kompetent gegenübertritt und der mit dem Arzt über seine Behandlung spricht. Deswegen regelt das Patientenrechtegesetz auch, dass der Patient künftig Einblick in die Patientenakte hat, um beispielsweise bei Verdacht auf Fehler zu sehen, was der Arzt gemacht hat. Es soll darüber gesprochen werden, wie die Behandlung aussieht, welche Risiken die Behandlung birgt und welche Folgen die Behandlung hat. Zum Beispiel sehen wir bei individuellen Gesundheitsleistungen nun vor, dass der Arzt auch darauf hinweisen muss, dass Kosten entstehen können. Er soll diese Kosten beziffern und auch darauf aufmerksam machen, dass die Kosten einer individuellen Gesundheitsleistung von der gesetzlichen Krankenkasse nicht ausreichend getragen werden, sondern dass der Patient selbst Kosten tragen muss. Dies soll dazu dienen, dass der mündige Patient die Informationen hat und selbst entscheiden kann, welche Leistung er in Anspruch nimmt. Es wird über die Frage diskutiert, wie Patienten ihre Rechte geltend machen können. Dieses Gesetz sieht erstmals vor, dass bei groben Behandlungsfehlern nicht der Patient dem Arzt den Fehler nachweisen muss, sondern der Arzt nachweisen muss, dass er alles richtig gemacht hat. Jetzt wird vonseiten der Opposition und von außen die Forderung gestellt, es müsse eine generelle Beweislastumkehr geben. – Die Forderung nach einer generellen Beweislastumkehr steht doch in der Öffentlichkeit im Raum und ist auch aus Ihren Reihen gekommen. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren: Dass der Arzt bei einem groben Behandlungsfehler beweisen muss, dass er alles richtig gemacht hat, ist der richtige Weg, um mit Augenmaß vorzugehen und das vertrauensvolle Arzt-Patienten-Verhältnis zu schützen. Weitere Beweislastumkehrungen, meine Damen und Herren, oder sogar eine generelle Beweislastumkehr würden in Deutschland zu amerikanischen Verhältnissen führen, und ich will nicht, dass der Arzt als Erstes an das Risiko denkt, dieses vermeiden will und deswegen eine Defensivmedizin in Deutschland stattfindet. Ich will nicht, dass er an seine Haftpflicht- oder Rechtsschutzversicherung denkt. Vielmehr soll der Arzt in Deutschland das Bestmögliche tun und dabei auch Risiken eingehen müssen, damit der Patient geheilt wird. Denn wir wollen in Deutschland eine Fehlervermeidungskultur und nicht eine Risikovermeidungskultur. Es soll das Beste für den Patienten getan werden, und das muss im Mittelpunkt des vertrauensvollen ArztPatienten-Verhältnisses stehen. Gleichzeitig wird darüber diskutiert, ob ein Entschädigungsfonds eingeführt werden soll; auch das ist eine Forderung der Opposition und anderer. Ich kenne, meine Damen und Herren, bisher keinen konkreten umsetzbaren Vorschlag für einen solchen Entschädigungsfonds. Ich glaube, dass das in der Systematik unserer Rechtsprechung auch im Verhältnis zwischen Arzt und Patient der falsche Weg wäre; denn wenn ein Arzt einen Schaden zu verantworten hat, dann muss er dafür haften. Dann ist er dafür verantwortlich, und dann kann es nicht sein, dass die Solidargemeinschaft der Beitragszahler dafür herangezogen wird und das finanziert. Wir wollen nicht, dass es für Ärztinnen und Ärzte einen Anreiz gibt, zu sagen: Es gibt ja den Entschädigungsfonds, der zahlt dann schon im Schadensfalle. – Vielmehr muss derjenige, der einen Schaden verursacht hat, zum Schadenersatz herangezogen werden, und nicht die Solidargemeinschaft soll dafür aufkommen müssen. Ich meine, das Verursacherprinzip muss hier gewahrt bleiben, meine Damen und Herren. Insofern geben wir mit dem Patientenrechtegesetz viele gute Antworten, die die Rechte der Patienten stärken und die das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient weiter ausbauen. Wir gehen vom mündigen Patienten aus, wir gehen von dem Arzt aus, der sich fortbildet, der an seinen Fehlern arbeitet und der dafür sorgt, dass das Bestmögliche für den Patienten getan wird. Dafür brauchen wir auch ein Beschwerdemanagement in den Krankenhäusern. Dafür brauchen wir in den Krankenhäusern eine Kultur, die eine Kultur des Vertrauens und nicht eine Kultur des Misstrauens ist. Nicht durch immer mehr Regelungen, nicht durch immer mehr Dokumentationspflichten werden die Patienten gestärkt. Sie werden gestärkt, wenn der Arzt die ausreichende Zeit hat, sich um seine Patienten zu kümmern, und nicht zum Bürokratieangestellten einer Krankenkassenverwaltung wird. Wir wollen, dass der Arzt genügend Zeit hat, sich im Gespräch mit dem Patienten auseinanderzusetzen, dass es ein Beschwerdemanagement gibt, wenn der Patient unzufrieden ist, dass dies dazu führt, dass Prozesse im Krankenhaus verbessert werden und dass sich Patienten künftig informieren können, in welchem Krankenhaus sie am besten behandelt werden. All das stärkt die Patienten in Deutschland. Heute ist ein guter Tag für die Patienten in Deutschland, weil endlich eine Bundesregierung ein Patientenrechtegesetz vorlegt, das die Rechte der Patientinnen und Patienten bündelt, sie möglichst auf Augenhöhe mit dem Arzt stärkt und ihnen die Möglichkeit gibt, in Deutschland die bestmögliche Behandlung zu bekommen – mit einem vertrauensvollen Arzt-Patienten-Verhältnis. Vielen Dank.
FDP
Nein , Frau Babel , das halte ich nicht für einen Mißbrauch . Für einen Mißbrauch halte ich aber , daß Sie das Lohnfortzahlungsgesetz heutiger Prägung , das dem Unternehmer die gesetzliche Möglichkeit eröffnet , den Sachverhalt mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom ersten Tag an belegt zu bekommen , wobei der Arbeitnehmer , wenn er dies nicht tut , kein Geld bekommt , ignorieren und so tun , als ob nun die deutsche Gesellschaft aus Arbeitern , Angestellten und Beamten aus Blaumachern , aus Menschen besteht , die sich in diesem Sozialstaat ausruhen und die dadurch letztlich den Auftrag , den Sozialstaat zu konsolidieren , konterkarieren . Das halte ich für einen Mißbrauch . Wenn Sie so in der Praxis tätig gewesen wären wie ich , Frau Babel , . und wenn Sie mit diesem Lohnfortzahlungsgesetz hätten arbeiten müssen , dann hätten Sie eine ganz einfache Erklärung für dieses Phänomen : Die Arbeitgeber , die Unternehmer verzichten nämlich in Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen freiwillig in über 80 % aller Beschäftigungsverhältnisse in diesem Staat auf die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum dritten oder vierten Tag , weil sie wissen , daß das in ihrem Bereich unternehmenspolitisch und damit , wenn Sie so wollen , auch betriebswirtschaftlich besser ist , als den Weg zu gehen , den Sie hier indirekt suggerieren . In Wahrheit , Frau Babel , wollen Sie doch etwas ganz anderes : Sie wollen , daß in den ersten Tagen einer Arbeitsunfähigkeit , also einer Krankheit , der gesamten deutschen Bevölkerung , die arbeitet und krank wird , kein Lohn mehr gezahlt wird . Punkt ! Das ist das Problem . . Ich sage Ihnen , Frau Babel : Das , was Sie wollen , ist nicht strafbar und nicht verfassungswidrig . Es ist aber doch ebensowenig verfassungswidrig , wenn ich mich dagegen wehre und sage : Dies will ich und auch meine Fraktion nicht . . Da lasse ich mir doch nicht von Herrn Schäuble vorhalten , ich würde den Standort Deutschland gefährden . Wo sind wir denn eigentlich hingekommen ? Als ob dies etwas mit Standortpolitik zu tun hätte ! . Auch ich bekomme diese Briefe . Sie haben sich auf den Weg begeben , mit dieser Frage die Lufthoheit über den Stammtischen Deutschlands zu erobern . Ich stehe unter dem Tisch und versuche von unten , die Erkenntnis über die Realitäten in Deutschland doch noch mehrheitsfähig zu machen . Ich weiß , wie schwer es ist , gegen solche Biertischparolen anzukommen , wie Sie sie hier vertreten . Das aber ändert doch nichts am Sachverhalt , meine Damen und Herren . . Der Koalition geht es in diesen Fragen um einen ideologischen Fixpunkt , an dem eine grundlegende gesellschaftspolitische Richtungsänderung in unserem Land festgemacht werden kann . Auch die Senkung der Lohnnebenkosten geriet bei dieser Bundesregierung in der Diskussion der vergangenen Jahre zu einem ideologischen Schlagwort . Das hat sich mittlerweile etwas relativiert . Seit unabweisbar ist , daß unser Land seit 1990 nur einen einzigen Produzenten von höheren Lohnnebenkosten kennt _ das ist diese Regierung mit ihrer Politik , die Folgen der deutschen Einheit zu einem guten Teil über Sozialversicherungsbeiträge zu finanzieren _ , haben CDU/CSU und FDP weniger Spaß an diesem Thema . Für meine Fraktion will ich hier feststellen : Wir wollen die Lohnnebenkosten von Unternehmen und Arbeitnehmern _ auch die haben welche _ senken , indem wir z . B . die finanziellen Konsequenzen der . noch : Rudolf Dreßler Sozialversicherten und ihre Unternehmen , sondern die Gesamtheit der Bürger sollen sie tragen . . Ich wiederhole zum unzähligsten Male , Frau Babel : Ich finde es unerträglich , daß Sie und ich an der Finanzierung der deutschen Einheit über die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen seit vier Jahren nicht beteiligt sind . Deshalb fordere ich Sie auf , mit mir dafür zu sorgen , daß auch wir endlich an der Finanzierung beteiligt werden _ so , wie es die Arbeiter und Angestellten , teilweise die Beamten und die Unternehmen leisten müssen . Das ist der eigentlich gravierende Punkt . . Diejenigen in diesem Hause , die sich einem solchen Schritt beharrlich verweigern , sind die Fraktionen von CDU/CSU und FDP Auch hier zeigt sich , daß es der Koalition nicht um die Sache geht ; denn sobald sich der Nebel über den ideologischen Formeln gelichtet hat , sobald man also konkret werden muß _ die Opposition in diesem Hause hat möglicherweise noch nicht signalisiert , daß dies auch ihr Ziel ist ; sie will dies seit drei Jahren _ , flüchtet sie sich in die nächste Unverbindlichkeit und sucht krampfhaft nach der nächsten nebulösen Formel . Die lautet nun , wie ich gelesen habe : Senkung der Staatsquote . Der Bundesarbeitsminister hat dazu seinen Fraktionskollegen aus der CDU/CSU einen höchst interessanten Brief geschrieben , der ausnahmsweise wirklich lesenswert ist . Im Gegensatz zu der sonst in Koalitionskreisen gängigen , böswilligen Behauptung , der ach so üppige , ständig weiterwuchernde Sozialstaat sei Verursacher einer gestiegenen Staatsquote , kommt Herr Blüm _ das ist nachzulesen _ zu folgendem Ergebnis : Der Anstieg der Staatsquote in den vergangenen fünf Jahren ist vor allem die Folge der vom Staat im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung geschulterten Lasten . Herr Blüm fährt fort : Die Rückführung der Staatsquote ist zur Senkung der Defizite der öffentlichen Haushalte und zur Reduzierung der Abgabenlast mittelfristig notwendig . Ich habe dem nichts hinzuzufügen , außer vielleicht einen kleinen Erinnerungsposten . In eine Frage gekleidet lautet dieser Erinnerungsposten so : Wer , meine Damen und Herren , regiert eigentlich seit 13 Jahren dieses Land und zeichnet für diese Ergebnisse verantwortlich ? . Da man sich vor Unterstellungen nicht schützen kann , will ich , um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen , gleich hinzufügen : Es ist nicht so , daß irgendeiner oder irgendeine in diesem Hause nicht der Meinung wäre , die finanziellen Konsequenzen der deutschen Einheit hätten nicht geschultert werden sollen . Wenn sie aber die Ursache für die gestiegene Staatsquote sind , woher nimmt dann diese Koalition die Rechtfertigung , statt dessen , an dieser Ursache vorbei , in unserem Sozialstaat herumfummeln zu wollen ? . Ob Lohnfortzahlung , ob Lohnnebenkosten oder jetzt die Staatsquote , die Diskussion zeigt : Der Koalition geht es darum nicht . Jedes einzelne dieser Themen dient vielmehr nur als Alibi , um eine gesellschaftspolitisch grundlegend andere Weichenstellung zu erzwingen .
SPD
– dass wir die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zügig angehen, und ich freue mich, wenn wir in diesem Parlament Mitstreiter haben und das auch parteiübergreifend tun können. Vielen Dank.
FDP
Herr Kollege Dehnel , Sie haben in Ihrem Antrag gefordert , den Bundeswettbewerb Familienferien in Deutschland , der 1997/98 in vierter Auflage letztmalig ausgetragen wurde , wieder einzuführen . Können Sie mir sagen , wo dieser Wettbewerb aus Ihrer Sicht mehr qualitative Angebote für Familien gebracht hat ? Außerdem möchte ich feststellen , dass ich seit Beginn dieser Legislaturperiode vehement dafür streite , kinder- , jugend- und familienfreundliche Angebote im Tourismusbereich zu schaffen .
PDS/LINKE
Frau Staatssekretärin , da es mir nicht gelungen ist _ weder auf schriftlichem noch auf mündlichem Wege _ von Ihrem Hause zu erfahren , was denn nun einem solchen Verein und speziell dem von mir genannten Verein konkret und im Einzelfall vorgeworfen wird : Wie kann denn Ihr Ministerium das Risiko eingehen , den von Ihnen eben erwähnten Prozeß gegebenenfalls zu verlieren , und dann die Blamage riskieren , eine solche Schrift wieder zurückziehen und einstampfen zu müssen ?
CDU/CSU
Ich verstehe die Frage so, dass sie sich auf deutsches Gerät und auf den Euro-Hawk bezieht. Die Verantwortung, die wir weltweit tragen, wird noch ganz anderer Betrachtung zu unterwerfen sein. Wir werden uns im Rahmen der rechtlichen Vorgaben bewegen und keinesfalls darüber hinausgehen. Es ist nicht die Aufgabe von Euro-Hawk, Fernmeldeverkehre abzuhören. Es kommt ausschließlich darauf an, militärisch relevante Signale im Einsatzland wie Signale von Raketen- und Radarstellungen, Funktürmen, Fahrzeugen, Flugzeugen oder Schiffen mit Funk- oder Radaranlagen an Bord zu erkennen und im Rahmen der Aufklärung einzuordnen. Daran sieht man, dass sich die eigentliche Nutzung von Euro-Hawk auf die Einsatzgebiete der Bundeswehr beschränkt. Hinzu kommt, dass die Rules of Engagement einen entsprechenden Filter für die Nutzung von Euro-Hawk und anderer Aufklärungsgerätschaften bilden.
Herr Staatssekretär , Sie haben dieses Thema heute ganz kurz im Wirtschaftsausschuß des Bundestages abgehandelt und angekündigt , sich darum zu bemühen , daß die dafür verantwortlichen EU-Kommissare auch für Gespräche in Brüssel oder in Bonn zur Verfügung stehen . Welche Linie wird dann die Bundesregierung hier einnehmen ? Ist Ihre hier vorgetragene Meinung auch die des Bundesfinanzministers ?
CDU/CSU
Lieber Herr Kollege, Sie sprechen von 202 Hubschraubern. Ich habe noch die Zahl 212 in Erinnerung. – Moment! Da habe ich mich getäuscht. Das sind die 212 Tiger-Hubschrauber, die noch Rudolf Scharping bestellt hatte und die von Peter Struck dann auf 80 reduziert worden sind. Entschuldigung, das war jetzt ein Missverständnis. Sie meinen beide, NH90 und Tiger, in der Konfiguration, die Peter Struck vereinbart hatte. – Genau. 122 NH90-Hubschrauber und 80 sogenannte Unterstützungshubschrauber Tiger. Die 18 Marinehubschrauber MH90 sind nicht aus der gleichen Serie, aber aus dem gleichen Programm und haben eine spezielle Marinetauglichkeit. Der MH90 ist ein Hubschrauber, der an die Notwendigkeiten der Marine – ich nenne als Beispiel das Radar – angepasst wird. Er wird in beschränktem Rahmen über Bekämpfungsmöglichkeiten verfügen. Ich gehe davon aus – ohne dass ich Ihnen das jetzt bestätigen kann; eventuell konnten Sie es schon im Verteidigungsausschuss eruieren; ich werde Ihnen eine eindeutige Antwort nachliefern –, dass er zumindest Möglichkeiten zur Bewaffnung hat. Habe ich jetzt die beiden Nachfragen beantwortet, oder habe ich eine versteckte zusätzliche halbe Nachfrage übersehen, Herr Kollege?
Frau Präsidentin ! Lieber Kollege Straubinger , Sie haben im Straubinger Tagblatt . etwas gelesen , was Sie unglaublich aufgeregt hat .
SPD
Frau Ministerin, Sie haben gesagt, dass Sie ein Nachdenken über Lebensstile anregen wollen. Das freut uns natürlich. Wir tun das schon lange. Aber wir denken nicht nur darüber nach, wir lassen die Ergebnisse dieses Nachdenkens dann auch in unsere Politik einfließen. Ihr Koalitionspartner hat genau gegen die Ergebnisse solchen Nachdenkens in der Politik im letzten Bundestagswahlkampf eine „ordentliche“ Kampagne unter dem Stichwort „Veggieday“ gegen uns gefahren. Insofern freue ich mich jetzt durchaus, dass wir da eventuell Unterstützung bekommen. Allerdings geht es mir – so wie meinen Vorrednerinnen und -rednern auch – so, dass ich mir unter einem Nationalen Programm ein bisschen mehr als ein paar konkrete Gesetzesinitiativen irgendwann vorstelle. Sie müssen nichts verbieten, sondern können auch anders arbeiten. Ich nenne in diesem Zusammenhang konkrete Ziele, Zeitpläne und Haushaltsmittel, die man einstellen will. Vielleicht aber kommt das alles noch. Ich will das an einem Satz festmachen, der mir gerade im Zusammenhang mit dem, was ich vorher genannt habe, aufgefallen ist. Im Nationalen Programm für nachhaltigen Konsum steht auf Seite 32: Auch die Wahl der Lebensmittel spielt eine große Rolle. So verursachen pflanzliche Lebensmittel i. d. R. erheblich weniger Umweltbeeinträchtigungen … als Lebensmittel tierischer Herkunft. Was gedenkt das Ministerium aus dieser Erkenntnis zu machen?
GRUENE
Frau Präsidentin ! Liebe Kolleginnen und Kollegen ! Die Einigung auf den Text eines Biosafety-Protokolls bei der Vertragsstaatenkonferenz in Montreal hat hierzulande eine Euphorie ausgelöst , die ich , Frau Fischer , nicht teilen kann , obwohl man zugeben muss , dass die völkerrechtliche Verankerung des Vorsorgeprinzips , der Genehmigungsverpflichtung bei Importen und die abgewendete Unterstellung des Protokolls unter die WTO-Bestimmungen natürlich Verhandlungserfolge sind , dieAnerkennung verdienen . Doch lange Verhandlungen über Vertragstexte führen schnell zu einer Überschätzung des eigenen Verhandlungserfolges . Schließlich war es Ziel der Verhandlungen , Regelungen für die sichere Weitergabe und Handhabung von gentechnisch veränderten Organismen zu finden , die nachhaltigeAuswirkungen auf die Erhaltung der biologischen Vielfalt haben können . Ich frage mich , ob der gefundene Kompromiss in der Präambel , der die Gleichstellung des Protokolls mit dem Abkommen der WTO sichern soll , angesichts massiver ökonomischer Interessen lange tragen wird . Widersinnig ist meines Erachtens auch der Ausschluss von Humanarzneimitteln aus der Geltung des Protokolls , wenn auf der anderen Seite gerade der Schutz der menschlichen Gesundheit gefordert wird . Die Entwicklungen im Bereich der Gentechnologie werden zudem für die Definition dessen , was ein Arzneimittel ist , immer mehr Interpretationsmöglichkeiten eröffnen . Da hätte man , so glaube ich , genauer sein sollen . Es ist darüber hinaus inakzeptabel , dass gentechnisch veränderte Organismen für den Gebrauch im so genannten geschlossenen System keiner Einfuhrgenehmigung unterliegen . Nehmen wir hier das deutsche Gentechnikgesetz als Maßstab , so bleibt der unkontrollierte Austritt von DNA mit nicht abschätzbaren Folgen in den unteren Sicherheitsstufen möglich . Dabei bin ich noch nicht einmal davon überzeugt , dass der Begriff contained use tatsächlich nur die Verwendung im geschlossenen System bezeichnet . Diese Bestimmung könnte auch auf experimentelle Freisetzungen mit Barrieren ausgeweitet werden . Dieses Biosicherheits-Protokoll ist nicht nur ein Regelwerk für den Schutz und für den Erhalt der biologischen Vielfalt , sondern auch ein Regelwerk für den weltweiten Umgang mit den Entwicklungen der Gentechnologie . Das Protokoll ignoriert dabei sozioökonomische Kriterien für den Handel mit gentechnisch veränderten Organismen als tatsächliche Grundlage der Risikobewertung . Dabei ist gerade die wirtschaftliche und technologische Macht monopolisierter Unternehmen der grünen Gentechnologie eine der größten Gefahren für die biologische Vielfalt . Gerade für diese sind kleinräumige , dezentrale , tendenziell arbeitsintensivere Strukturen wichtig und keineswegs ausschließlich die Weltmarktorientierung . . Zur Stützung dieser Strukturen sind noch ganz andere Entscheidungen notwendig _ zum Beispiel das Verbot der Biopiraterie und der Patentierung von Genen . Der politische Druck von Umwelt- und Entwicklungsgruppen und der Unwille vieler , die Kreationen der Gentechnikindustrie anzubauen und zu essen , haben zu den kleinen Erfolgen in den internationalen Verhandlungen zum Biosafety-Protokoll geführt . Der Widerspruch bleibt Deutscher Bundestag - 14 . Wahlperiode - 98 . Sitzung . Berlin , Donnerstag , den 6 . April 2000 Ulrike Flach 9150 dennoch bestehen : Wenn es denn negativeAuswirkungen auf die menschliche Gesundheit und auf die biologische Vielfalt durch Gentechnik gibt , dann werden diese durch Einfuhrgenehmigungen und Kennzeichnungen nicht verhindert , egal welchen Kennzeichnungsgrad man wählt . Fakt ist , dass es negative Auswirkungen geben kann . Die Position der Bundesregierung ist meines Erachtens inkonsequent : Denn will man den Vorsorgegedanken ernst nehmen , muss man eine Freisetzung unterbinden , die massive Förderung der grünen Gentechnik beenden und Risikoforschung betreiben . . Andernfalls dienen Kennzeichnung und Risikoabschätzung in erster Linie einerAkzeptanzschaffung für den unter massivem Druck stehenden Markt der grünen Gentechnik . Es sind die Verbraucherinnen und Verbraucher selber , die in diesem Fall dem Vorsorgegedanken in einer Weise Rechnung tragen , wie dies kein Protokoll und kein Abkommen leisten könnte . Auch wenn ich mit diesem Standpunkt alleine bin : . Der Boykott der grünen Gentechnik ist nach wie vor die beste Vorsorge . Danke .
PDS/LINKE
Herr Präsident ! Liebe Kolleginnen und Kollegen ! Wir freuen uns sehr , daß alle in diesem Hause die Novellierung des Gesetzes wollen . Herr Vosen hat das ja gerade auch für die Opposition noch einmal betont . Wenn die Denkprozesse bei der Opposition noch nicht so weit gediehen sind , so daß sie zur Zeit noch bei einem Jein stehenbleibt , gehen wir davon aus _ und die Hoffnung trügt uns nicht _ , daß auch die Opposition noch lernfähig ist und schließlich ein Ja zu unserem Antrag und auch zu unseren Vorstellungen sagen wird , die in diese Novellierung einfließen sollen . Denn Unentschiedenheit und auch Enthaltung in solchen Punkten , die jetzt unbedingt entschieden werden müssen , sind kontraproduktiv . Deshalb muß jetzt gehandelt werden . Ich darf meinen Dank an die Enquete-Kommission und auch an das Bundesministerium und an den Forschungsausschuß richten , die hier eine so hervorragende Arbeit geleistet haben , daß wir jetzt auf dem Fundament dieser Erkenntnisse auch die Novellierung des Gesetzes vollziehen können . Herzlichen Dank für diese Vorarbeit ! Dieses Gesetz und seine Novellierung stehen in dem Spannungsrahmen von Leben und Gesundheit von Mensch , Tier , Pflanze und Umwelt , andererseits aber auch in dem Spannungsbogen der Förderung der Forschung und der Anwendung der Technik . Und dies , meine Damen und Herren , dürfen wir nicht denjenigen überlassen , die mit Panikmache eine Stimmung erzeugen , in der die Akzeptanz bei der Bevölkerung weiter zurückgeht . Es darf auch nicht so bleiben , daß nur ein kleiner Expertenkreis über diese Fragen spricht , sondern wir müssen dafür sorgen , daß nunmehr endlich eine flächendeckende Information und Orientierung breiter Bevölkerungsschichten über diese Gesamtthematik einsetzt . Ich hoffe , daß uns dies mit dieser Diskussion auch gelingt ; denn die Gentechnik ist nicht an sich schlecht , und deshalb darf sie nicht verteufelt werden . Vielmehr müssen _ so meine ich _ die Chancen genutzt werden . Wir müssen unbefangener darüber sprechen und die Möglichkeiten zur Bekämpfung schwerer Krankheiten und zur Therapie nutzen . Herr Bundesminister Seehofer hat auf die Herausforderungen , die uns gerade im Gesundheitsbereich erwarten , hingewiesen . Ich denke , daß wir alle diese Herausforderungen annehmen und sie auch unterstützen . Die Aspekte von Sicherheit , Gesundheit und Umwelt sowie die Forschung und die wirtschaftliche Nutzung von Gentechnik sind in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander zu bringen . Meine Damen und Herren , dabei ist unstreitig , daß bei etwaigen Zielkonflikten letztendlich immer zugunsten von Mensch und Tier und damit immer zugunsten von Leben und Umwelt entschieden werden muß . Das Gentechnikgesetz ist grundsätzlich als rechtlicher Rahmen für eine sichere , effiziente und zukunftsorientierte Anwendung und Nutzung der Gentechnik geeignet . Tatsache ist jedoch , daß die bisherigen Erfahrungen mit dem Gentechnikgesetz bzw . mit den zu seiner Ausführung erlassenen Verordnungen belegen , daß dieses Ziel des Gesetzes nicht erreicht worden ist . Das lag sicherlich daran , daß wir vor drei Jahren noch nicht über so viele Erfahrungswerte verfügten , wie das heute der Fall ist . Aber es lag auch daran , daß in dieses Gesetz Zeitgeistströmungen eingeflossen sind , die uns in der weiteren Forschung und Entwicklung wie auch in der öffentlichen Meinung nicht gedient haben . Das Gesetz muß von diesem Zeitgeist befreit werden , damit wir den Blick offenhalten für eine Entwicklung , die zukunftsorientiert ist . Wenn sich ein renommiertes Forschungsinstitut wie beispielsweise die Max- Planck- Gesellschaft veranlaßt sieht , darauf hinzuweisen _ und ich darf das zitieren _ , daß auf Grund der herrschenden Rahmenbedingungen für die gentechnische Forschung sowohl in der Wissenschaft als auch in der Industrie irreversible negative Folgen zu befürchten sind , dann ist Handlungsbedarf nicht mehr zu bestreiten . Dies gerade war ja eines der Ergebnisse in der gemeinsamen Sachverständigenanhörung im Gesundheits- und im Forschungsausschuß , die wir im Februar dieses Jahres durchgeführt haben . Von denjenigen , die handeln wollen und auch handeln müssen , ist immer wieder thematisiert worden , daß hier die Barrieren , die Blockaden beseitigt werden , damit der Blick auf die Zukunft nicht mehr verstellt wird . Dieser Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen schließt diese zukunftsorientierte Vision mit ein , und die Novellierung , die wir jetzt vorhaben , dient ebenfalls der Sicherung des Forschungs- und Industriestandorts Deutschlands , weil diese Sicherung gerade in dieser Zeit unverzichtbar ist . Eine Reihe von Kollegen hat hier schon deutlich gemacht , daß mit der Novellierung dieses gesamte Spannungsfeld eingefangen werden muß . Die gentechnische Forschung geschieht zum Nutzen unserer Gesundheit . Es geht eben nicht allein um den Schutz von Mensch und Umwelt vor den Gefahren der Technik , sondern auch um die Nutzung der Möglichkeiten , die Technik für unser aller Gesundheit einzuspannen . Ich nenne hier nur das Stichwort Arzneimittelforschung . Es kann ja niemand behaupten und in unserem Kreis davon ausgehen und verantworten , daß wir beispielsweise gentechnische Forschungen zur Bekämpfung der Krankheiten Aids oder Krebs einengen . Alles Mögliche muß unternommen werden , um diese Forschungsergebnisse gerade zur Linderung und zur Bekämpfung dieser Krankheiten auch zur Anwendung zu bringen . Meine Damen und Herren , ich darf in Erinnerung bringen , was das Ziel der von uns erarbeiteten und im Gesundheitsausschuß beratenen Fragen auf dem Hintergrund des Gesundheitsstrukturgesetzes ist : Alle diese Beratungen dienen ja gerade dem Ziel , Hochtechnologie in der Forschung wie auch in den Produkten , also bei den Arzneimitteln , einsetzen zu können , damit der Bürger in diesen schwierigen Fragen nicht auf die Finanzsituation verwiesen wird und darauf , daß diese Mittel etwa nicht bereitgestellt werden können . Meine Damen und Herren , die Gentechniknovelle muß schnell kommen und sich gegenüber den Vorstellungen durchsetzen , die uns auf der EG-Ebene hemmen könnten . Wir wollen keine Unterwerfung unter EG-Vorschriften , die den Standort Deutschland gefährden . Wir wollen Chancen- und Verpflichtungsgleichheit im Sinne der Menschen , und zwar in der Forschung und in der Anwendung der Forschungsergebnisse . Der Antrag weist in Ziffer 3 deutlich darauf hin , daß wir darauf hinwirken sollen , eine Novellierung der entsprechenden EG- Normen zu erreichen . Bundesminister Seehofer hat hier deutlich bekannt , daß das sein Ziel ist . Aber er hat auch nicht verkannt , wie schwer solche Veränderungen auf der EG-Ebene durchzusetzen sind . Deshalb finde ich es gut , daß die Bundesregierung nicht nur diese Bereitschaft erkennen läßt , sondern in der bewährten Form weiterarbeitet . Ich bin sicher , daß Bundesminister Riesenhuber und Bundesminister Töpfer gemeinsam an einem Strang ziehen werden , damit die Anwendung der Forschungsergebnisse uns weiterbringt . Meine Damen und Herren , uns liegt an einer weitgehenden Übereinstimmung in diesen Fragen . Wir müssen uns der wissenschaftlichen Forschung und der Anwendung ihrer Ergebnisse stellen , wenn wir nicht in den Verdacht geraten wollen , eine technologiefeindliche Nation zu werden . Hier muß sich unser Denken zukunftsorientiert wandeln . Es gilt das Sprichwort Wer rastet , der rostet . Deshalb dürfen wir nicht stehenbleiben , sondern müssen in diesen Fragen weitergehen , auch was die indust rielle Produktion betrifft . Es ist Eile geboten , keine Hektik . Wir sollten im Interesse aller Beteiligten das tun , was Herr Vosen schon signalisiert hat , nämlich zu einem möglichst breiten Konsens in unseren Ergebnissen für die Novellierungsphase kommen . Herzlichen Dank . .
CDU/CSU
Positiv, weil nach dem großen Erfolg des NewSTART-Abkommens insbesondere bei den amerikanischen Freunden eine große Entschlossenheit festzustellen ist, wenn es darum geht, auf dem Weg der nuklearen Abrüstung voranzugehen, dafür einen sehr rationalen Ansatz zu wählen und dabei die Sinnhaftigkeit bestimmter Waffensysteme in den Vordergrund zu rücken. Die Argumente, die Deutschland in diesem Zusammenhang seit längerer Zeit vorbringt, finden durchaus Gehör. Allerdings ist auch ganz klar – das war für alle, die in der Bundesregierung Verantwortung tragen oder getragen haben, von vornherein klar –: Das ist ein Thema, über das wir auf jeden Fall mit unseren Partnern im Rahmen des Nordatlantischen Bündnisses diskutieren wollen, und zwar mit einem wachen Blick auf das, was sich in Russland tut, das über enorme Potenziale substrategischer Atomwaffen verfügt. Darüber hinaus müssen wir den Zusammenhang zwischen den deutschen Interessen und den Interessen einzelner Mitgliedstaaten des Nordatlantischen Bündnisses sehen. Diese Bedingungen müssen berücksichtigt werden. Innerhalb der NATO sind wir, glaube ich, auf einem guten Weg, wenn es darum geht, die substrategischen Atomwaffen einzubeziehen. Bei den Beratungen über das neue Strategische Konzept der NATO ist es gelungen, die Dimension der substrategischen Nuklearwaffen, die bisher überhaupt keiner Regulierung unterliegen, zu berücksichtigen. Wir wissen genau, dass das ein langer Weg ist, aber im Jahr 2010 sind die ersten Schritte gemacht worden.
Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin zum einen angedeutet, dass das Programm evaluiert werden soll. Ich möchte gerne wissen, wer diese Evaluierung vornehmen wird. Zum anderen haben Sie uns die Themenfelder vorgestellt, mit denen sich die Forschungsagenda beschäftigt. Mich würde interessieren: Von wem hat sich die Bundesregierung beraten lassen, als es darum ging, die Themenfelder herauszufiltern? Wie ist man auf diese konkreten Themenfelder gekommen? – Vielen Dank.
CDU/CSU
Frau Schieder, meine Frage richtet sich nicht nur an Sie, sondern auch an die Vorredner der Opposition. Kann es sein, dass wir eine unterschiedliche Wahrnehmung von der gleichen Veranstaltung haben?
FDP
Ich komme zum Ende . _ Sie können nicht einfach so tun , als ob durch mehr Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen die Probleme in den neuen Bundesländern gelöst werden könnten . .
CDU/CSU
Ja. – Für Sie noch einmal der Hinweis: Sie kennen sicherlich auch die Situation im Land, die von einer enorm hohen Straflosigkeit geprägt ist. Auch Amnesty International hat ja mittlerweile bezüglich des Falles große Transparenzmängel festgestellt und kritisiert, dass die gesamten Untersuchungen hier sehr schleppend vorangehen. Insofern geht meine nächste Frage jetzt auch in Richtung EU‑Ebene. Die EU hat ein Assoziierungsabkommen mit zentralamerikanischen Staaten – Honduras gehört dazu – getroffen. In solchen Abkommen geht es auch immer um Fragen von Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten usw. Hat die Bundesregierung sich in irgendeiner Art und Weise auf europäischer Ebene dafür eingesetzt, dass im Rahmen dieses Assoziierungsabkommens mehr Druck ausgeübt wird bezüglich der Menschenrechtssituation in Honduras? Welche konkreten politischen Schritte haben Sie seit der Ermordung von Berta Cáceres auch auf europäischer Ebene unternommen?
PDS/LINKE
Sehr geehrte Frau Präsidentin ! Liebe Kolleginnen und Kollegen ! Es ist erst zwei Monate her , dass in Pömmelte ein zwölfjähriges afrodeutsches Kind von fünf Neonazis schrecklich misshandelt wurde . Dieser Fall hat uns alle schockiert . Er ist kein Einzelfall . Bitterfeld 30 . Januar 2006 : Ein 34-jähriger Mann aus Burkina Faso wird rassistisch angepöbelt und bedroht . Köthen am 5 . , am 10 . und am 23 . Februar : Chinesische Studenten werden von rechtsextremistischen Tätern beleidigt und angegriffen . Magdeburg 15 . Februar : Ein Rechtsextremer hetzt seinen Hund auf einen Mann aus dem Togo . 25 . Februar in Kalbe : Drei Rechtsextreme greifen einen Jugendlichen an . Er wird im Gesicht und am Körper verletzt . Ich sage auch : Rechtsextremistische Taten betreffen nicht nur Sachsen-Anhalt oder Brandenburg . Sie betreffen vielmehr uns alle . Die meisten führenden Kader - Westdeutsche sollten da sehr vorsichtig sein - kommen aus den westdeutschen Ländern . Gewalt , Hetze , Denkmalschändungen wie jetzt am Wochenende in Berlin-Tiergarten sind in allen Bundesländern und Regionen Realität . Das Bittere ist : Es vergeht kein Tag ohne Meldungen darüber . Dann hat uns letzte Woche die Nachricht aus Halberstadt erreicht : Der Landrat entzieht auf Druck der NPD einem Konzert mit dem Titel Nazis raus aus unserer Stadt die Genehmigung . Die NPD hatte in einem Schreiben - ich gehe davon aus , dass Sie dieses Schreiben kennen - mit aktiver Teilnahme an diesem Konzert von Konstantin Wecker gedroht . Aktive Teilnahme , das meint im zynischen Nazijargon : Behinderung , Drohung , Beleidigung und , wenn nötig , auch Gewalt . Diesem Erpressungsversuch hat sich der Landrat gebeugt . Liebe Kolleginnen und Kollegen , es ist ein verheerendes Signal , wenn die Politik vor der NPD , die eine antisemitische und rechtsextreme Partei ist , kuscht . Dies ist doppelt verheerend , weil wir noch vor wenigen Tagen hier im Hause anlässlich der Mohammed-Karikaturen mit großer Leidenschaft über Freiheitsrechte , über die Freiheit der Presse , der Kunst und Kultur diskutiert haben . Es ging zu Recht scharfe Kritik durch das Land , weil man sich nicht von Fundamentalisten in der islamischen Welt den Mund verbieten lassen wollte . Im Fall von Halberstadt geht es aber nicht um die islamische Welt , sondern um Vorgänge in Sachsen-Anhalt . Der Kampf für die Freiheit von Rede und Kunst fängt hier , bei uns zu Hause , an . In der offensiven Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus geht es im Kern auch um den Kampf für die Werte unserer Demokratie . Es geht um die ganz zentrale Frage , die jeden von uns betrifft : In welchem Land wollen wir leben ? Es gibt wirklich sehr bedrohliche Entwicklungen : Die Zahl rechtsextremer Gewalt- und Straftaten steigt massiv . Die Anhängerschaft in der rechtsextremen Szene wächst . Es gibt neue gefährliche Bündnisse zwischen den rechtsextremen Parteien und den militanten freien Kameradschaften . Es findet ein offensiver Kampf der Alt- und Neonazis um die Köpfe , die Straßen und die Parlamente statt . Es gibt ein gezieltes Einwirken auf Jugendliche , zum Beispiel durch das Verteilen von Schulhof-CDs , wie es diese Woche wieder passiert ist . Rechtsextremismus , Antisemitismus und Rassismus werden bei uns viel zu oft - das ist meine Kritik - verharmlost , verdrängt , relativiert oder gar zur Normalität erklärt . Das ist gefährlich falsch . Wir haben natürlich mit dem Innenminister gesprochen . Ich bin froh , dass der Innenminister in Sachsen-Anhalt die Handlung des Landrats kritisiert hat . Das war ein gutes Signal . Die Verantwortung liegt aber nicht nur bei den Kommunen , den Landkreisen und Ländern , sondern fängt im Bund an . Deswegen muss von hier aus das Signal gegeben werden , dass wir vor Neonazis , Antisemiten und Rassisten nicht zurückweichen , uns vor alle bedrohten Menschen in unserem Land stellen und sie schützen , wie es Art . 1 unseres Grundgesetzes beschreibt , wenn dort geschrieben steht : Die Würde des Menschen ist unantastbar . Vor allem die zivilgesellschaftlichen Initiativen brauchen unseren Rückhalt . Es gibt für mich irritierende Signale vonseiten der Bundesregierung . Ich sage ausdrücklich an die Adresse der Bundesregierung : Es ist richtig und gut , wenn man sich mit Islamismus und Fundamentalismus auseinander setzt , aber die Mittelvergabe sollte bitte nicht in Konkurrenz zu den Förderprogrammen für die Initiativen gegen Rechtsextremismus , Antisemitismus und Rassismus erfolgen . Was bedeutet denn diese Konkurrenz ? Unter dem Strich würden die Mittel , die man beispielsweise für die Opferberatung so dringend braucht , faktisch gekürzt werden . Ebenfalls ein Fehler ist es - wenn ich das an die Adresse der Regierung in Sachsen-Anhalt sagen darf - , dass auch dort die Mittel für Initiativen gekürzt worden sind , anstatt dass ein konsequentes Landesprogramm aufgelegt worden wäre . Was brauchen wir also ?
GRUENE
Ich stelle diese Frage zu der ersten der beiden Fragen des Kollegen Jungmann , die jetzt aufgerufen ist : Trifft es zu , daß vertragsbegrenztes Gerät , treaty limited equipment , an die USA ohne verbindliche Zusage der Übernahme der Reduzierungsverpflichtungen geliefert worden ist ?
SPD
Herr Kollege Storm , ich kann Ihnen genau das bestätigen , was ich eben gesagt habe , nämlich dass die Rentnerinnen und Rentner im Jahre 1995 zusätzlich mit einem Pflegeversicherungsbeitrag von 0 ,5 Prozent belastet worden sind . Das ist genau das , was wir jetzt machen . Herr Storm , Sie haben noch etwas anderes behauptet : dass wir mit dem demographischen Faktor von Blüm und der blümschen Rentenreform insgesamt nicht in diese Situation gekommen wären . Auch das , Herr Storm , ist nachweislich falsch . Mit der Riester-Treppe , die wir eingeführt haben , haben wir eine stärkere Wirkung auf die Rentenentwicklung erzielt , als dies mit dem blümschen demographischen Faktor der Fall gewesesn wäre . Mit der Einführung der Ökosteuer haben wir zusätzliche Mittel für die Finanzierung der Renten erschlossen . Ohne diese Maßnahmen läge der Beitragssatz bei 21 Prozent . Das ist die Wahrheit . Mit Ihrer Politik gäbe es keine dritte Säule , die private Vorsorge , in der Rentenversicherung und wir hätten last , but not least nicht die bedarfsorientierte Grundsicherung für Rentnerinnen und Rentner . Diese Maßnahmen tragen dazu bei , Altersarmut zu verhindern . Was tragen Sie uns vor ? Sie haben konkret nichts vorgetragen . - An kurzfristigen Lösungen haben Sie uns nichts vorgetragen . Sie haben gesagt , das sei nicht Ihre , sondern unsere Sache . Das tut ja weh !) Sie haben das Herzog-Konzept in die Debatte gebracht . In diesem Konzept - jetzt sind wir wieder bei der Frage der Lohnnebenkosten - schlagen Sie vor , die Beiträge zur Pflegeversicherung von 1 ,7 Prozent auf 3 ,4 Prozent anzuheben , also zu verdoppeln . Das bedeutet erstens , wie in unseren Vorschlägen , eine zusätzliche Belastung der Rentner . Sie aber polemisieren dagegen , obwohl die Anhebung in Ihrem eigenen Konzept steht . Zweitens bedeutet es , dass die Arbeitnehmer doppelt so stark wie heute belastet werden , und gleichzeitig sprechen Sie davon , dass Familien entlastet werden sollen . An dieser Stelle kann man doch nur lachen . Drittens werden die Rentenkassen zusätzlich belastet . Das würde zu Beitragserhöhungen führen . Die Diskussion , die Sie hier führen , gibt keine Antworten und verschleiert die Wahrheit . Ich denke aber , wir sollten über die Wahrheiten reden . Ich komme nun zu einem weiteren Punkt , den Sie angesprochen haben : die Akademikerinnen und Akademiker . Es ist richtig , dass wir zu einer nachhaltigen Finanzierung der Rentenversicherung kommen müssen . Dazu leisten die Akademikerinnen und Akademiker einen Beitrag . Diejenigen , die in der Schule eine Berufsausbildung erhalten , müssen diesen Beitrag übrigens nicht leisten . Mir ist sehr wichtig , dass das hier noch einmal zur Sprache gebracht wird . Es ist nicht richtig , Herr Storm , dass Ihre Kollegin , Frau Böhmer , über die Bild-Zeitung die Rentnerinnen und Rentner gegen dieses Projekt aufhetzen will . Es ist zwar richtig , dass wir jetzt drei Jahre zusätzlicher Rentenaufstockung streichen wollen , aber Frau Böhmer verschweigt , dass Sie in den 90er-Jahren dafür verantwortlich waren , dass zehn Jahre gestrichen wurden . Ich frage Sie und Frau Böhmer : Wo waren Sie damals mit Ihrer Gerechtigkeitsdebatte ? Es ist und bleibt eine verlogene Diskussion . Ich komme zum Schluss . Wir befinden uns in einer sehr schwierigen Situation . Wir müssen die Lohnnebenkosten senken . Auf dem Arbeitsmarkt sind harte Reformen nötig . Eins gilt für uns alle : Wir können den Sozialstaat und den Arbeitsmarkt nur zukunftsfest machen , wenn wir den Mut zu diesen Reformen haben . Ich gebe Ihnen von der Union für die Verhandlungen im Bundesrat einen guten Rat . Zeigen Sie Ihrem Blockade-Koch an dieser Stelle die schwarze Karte . Das ist für die Rentenentwicklung in Deutschland notwendig .
GRUENE
Herr Präsident ! Meine Damen und Herren ! Nach fast zweijährigen Verhandlungen beschließen wir endlich die Postreform II . Mit der Entscheidung über die Privatisierung der Postunternehmen Telekom , Postdienst und Postbank stellen wir damit die Weichen für die notwendige Liberalisierung der bisher staatlichen Postunternehmen . Die SPD nahm an den Verhandlungen teil , um die Zweidrittelmehrheit für die notwendige Grundgesetzänderung sicherzustellen . Aber selbst wenn eine Grundgesetzänderung nicht notwendig gewesen wäre , halte ich die Beteiligung der wichtigsten Oppositionspartei an einem solch bedeutenden Reform - werk für notwendig ; denn solche Umwandlungen benötigen auch einen gesellschaftlichen Konsens . Ich bin dankbar , daß sich die SPD diesem gesellschaftlichen Konsens nicht entzogen hat . Schließlich handelt es sich bei den drei Postunternehmen mit zusammengenommen 670 000 Mitarbeitern , mit Vermögenswerten von 150 bis 200 Milliarden DM sowie einer Dienstleistungspalette , die im modernen Kommunikationsbereich eine immer bedeutendere Rolle spielen wird , um das größte Dienstleistungsunternehmen Europas . Die Umwandlung der Postunternehmen in Aktiengesellschaften stellt formal die Organisationsprivatisierung dar . Die Telekom AG wird so schnell wie möglich private Aktionäre erhalten . Zu diesem Zweck wird die Telekom AG das Grundkapital erhöhen und die Aktien spätestens 1996 an der Börse anbieten . Dieser Vorgang wird sich in den nachfolgenden Jahren ständig wiederholen . Dadurch wird der Anteil des Bundes schnell sinken . Wegen des besonderen Finanzbedarfs der Telekom , aber auch im Interesse der technologischen Entwicklung und der finanziellen Kooperation haben wir gemeinsam darauf verzichtet , dem Bund für einen bestimmten Zeitraum eine Mehrheitsbeteiligung zu sichern . Das Wichtigste ist jedoch , daß die Telekom über die Börse mehr Eigenkapital erhält , als sie jemals vom Bund erhalten könnte . Die Telekom AG wird auch durch ihre Kooperationspartner _ und ich bin sicher , daß sie Kooperationspartner finden wird _ institutionelle Anleger als Aktionäre zusätzlich aufnehmen können und damit ein interessanter Partner am weltweiten Telekommunikationsmarkt sein . Das Unternehmen ist frei , sich ausschließlich nach unternehmerischen Gesichtspunkten auszurichten und zu entscheiden . Mit dieser neuen Kapitalkraft können Investionen und Innovationen umgesetzt werden , denn kein Markt der Welt wächst so schnell wie der Telekommunikationsmarkt , aber auch kein Markt wandelt sich so schnell wie dieser . Deswegen brauchen wir ein flexibles , finanzstarkes Unternehmen , das wettbewerbsfähig ist . Dies ist im Interesse der Arbeitnehmer . Dies ist auch im Interesse der deutschen Wirtschaft ; denn Telekommunikation verursacht Kosten , und preiswerte Telekommunikationsleistungen tragen zur Wettbewerbsfähigkeit der gesamten deutschen Wirtschaft bei . Wir sind uns bewußt , daß der schnelle Weg an die Börse für die Postdienst AG nicht möglich sein wird , solange dieses Unternehmen noch mit Verlust arbeitet . Aber mit der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft ist der Weg an die Börse vorprogrammiert . Wir rechnen damit für das Jahr 1998 . Bis dahin wird die Postdienst AG durch Rationalisierung und durch verbesserte Dienstleistungen in der Lage sein , Gewinne zu erwirtschaften . . Mit der dann verbesserten Eigenkapitalausstattung wird auch dieses Unternehmen immer mehr zu einem modernen Dienstleistungszentrum unserer Wirtschaft werden . Diese Organisationsprivatisierung erfolgt nicht zum Selbstzweck oder - um den Kollegen Bernrath zu zitieren _ aus ideologischen Gründen . Diese Organisationsprivatisierung wird , wenn auch nicht immer ganz parallel , mit einer Aufgabenprivatisierung einhergehen . Monopole der bisherigen Deutschen Bundespost werden abgeschafft . Nicht umsonst steht in Art . 87 f des Grundgesetzes , daß die Unternehmen ihre Dienstleistungen als private Tätigkeiten durch die aus dem Sondervermögen der Deutschen Bundespost hervorgegangenen Unternehmen durch Wettbewerber anbieten . . _ Herr Kollege Paterna , als private . So soll es im Grundgesetz stehen ; so habe ich es zitiert . . Der europäische Markt erzwingt geradezu die Aufgabenprivatisierung . Wir sollten nicht die letzten sein , die auf diesen fahrenden Zug aufspringen . Vielmehr müssen wir im europäischen Markt Vorreiter für mehr Wettbewerb sein . Ich habe es eigentlich nie verstanden , daß der eine oder andere aus diesem Hause der Auffassung gewesen ist , wir sollten erst als letzte auf den europäischen Zug des Wettbewerbs springen . Ich glaube , daß gerade wir Deutschen allen Anlaß haben , den Wettbewerbsgedanken hier in den Vordergrund zu stellen . Deswegen stehe ich einigermaßen verständnislos vor der Tatsache , daß die Postgewerkschaft seit Wochen streikt und die Postunternehmen gefährdet . . Denn dies schadet den Postunternehmen in ihrer Wettbewerbsfähigkeit . Die Postgewerkschaft läßt gegen die Interessen der Unternehmen streiken . Dies ist ein politisch motivierter Streik . und hat mit den berechtigten Interessen der Arbeitnehmerschaft überhaupt nichts zu tun . . Die Verhandlungskommission hat die berechtigten Interessen der Arbeitnehmerschaft gemeinsam vertreten , insbesondere bei der Sicherstellung der Pensionsansprüche der Beamten und Angestellten sowie der bisher gewährten Sozialleistungen . Dies sind keine Selbstverständlichkeiten gewesen , insbesondere wenn man bedenkt , daß die Pensionsverpflichtungen der Unternehmen allein 100 Milliarden DM betragen und die tarifvertraglich zugesagten zusätzlichen Sozialleistungen einen hohen zweistelligen Milliardenbetrag ausmachen . Die Postbank AG wird als erstes Unternehmen die Möglichkeit erhalten , Kooperationspartner aufzunehmen und in neue unternehmenspolitische Dimensionen vorzustoßen .
FDP
Sehr geehrte Frau Präsidentin ! Liebe Kolleginnen ! Liebe Kollegen ! Die CeBIT - wir haben es mehrfach gehört - hat gestern begonnen . Diese Messe bringt in diesem Jahr 6 000 Aussteller aus 77 Ländern zusammen . Das zeigt , dass Deutschland weiterhin ein wichtiger Standort , der Leitstandort für die IuK-Technologien ist . Es wird geschätzt , dass das Wirtschaftswachstum der Branche dieses Jahr bei 1 ,6 Prozent liegen wird . Der Jahresumsatz wird bei ungefähr 145 Milliarden Euro liegen . Einen weiteren wirtschaftlichen Schub wird sicherlich das DVD-Nachfolgeformat Blu-Ray bringen . Ein weiterer Wachstumstreiber , sagt der Präsident der BITKOM , August-Wilhelm Scheer , werden dieses Jahr besonders energiesparende und umweltfreundliche IT-Geräte sein . Das ist sicherlich einer der Gründe dafür , dass Green IT ein Schwerpunktthema der diesjährigen CeBIT ist . Laut BUND ist der Stromverbrauch von IT-Geräten für 43 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich . Handy , Computer , Fernseher - moderne Informationstechnik benötigt immer mehr Energie . IBM-Deutschland-Chef Martin Jetter hat es auf den Punkt gebracht : Um den Energieverbrauch vom Wirtschaftswachstum zu entkoppeln , müssen wir quer durch alle Wirtschaftsbereiche energieeffiziente Produkte konstruieren , produzieren , nutzen und - ein ganz wichtiger Punkt - recyclen . Und dies ist nur mit innovativer Hightech machbar . Moderne Informationstechnik und Umweltschutz müssen also miteinander kombiniert werden . Davon profitiert die Umwelt ; mit Green IT lässt sich aber auch viel Geld verdienen bzw . viel Geld einsparen . Der Präsident der BITKOM , Herr Scheer , hat in einer Pressemitteilung darauf hingewiesen , dass sich ein grünes , das heißt energieeffizientes Rechenzentrum allein durch die Stromeinsparungen bereits nach zwei Jahren rechnet . Umweltschutz im Betrieb schlägt sich also auch in der Bilanz positiv nieder . Dass umweltfreundliche IT-Produkte beim Verbraucher gut ankommen , zeigt eine aktuelle Umfrage , der zufolge die Deutschen bereit wären , 20 Prozent mehr zu zahlen , wenn sie dafür umweltfreundliche IT-Produkte bekommen . Von der Entwicklung bei Biolebensmitteln kann die IT-Branche lernen , dass mit nachhaltigen Produkten gutes Geld zu verdienen ist . Dass noch viel zu tun ist , damit IT-Produkte umweltfreundlicher werden , zeigt sich besonders beim Thema Stand-by . Der Stand-by-Betrieb elektrischer Geräte belastet die Umwelt mit 10 Millionen Tonnen CO2 und kostet die privaten Haushalte ungefähr 2 ,3 Milliarden Euro pro Jahr - Kosten , die vermeidbar sind . Besonders ärgerlich sind Geräte , die sich nicht ausschalten lassen . Dazu gehören Produkte mit dem sogenannten Schein-aus-Modus . Der BUND hat den Energieverbrauch von Tintenstrahldruckern im Aus-Modus gemessen . Die Ergebnisse sind für viele Hersteller wenig schmeichelhaft . Besonders schlimm sind Geräte , bei denen man , weil die Kontrolllämpchen ausgeschaltet sind , gar nicht merkt , dass sie immer noch Strom verbrauchen . Dieser schleichende Stromverbrauch kann sich über die Lebensdauer eines Druckers auf 100 Euro summieren - teuer für den Verbraucher und schlecht für die Umwelt . Abhilfe gegen solche Stromverschwender bieten , wie wir schon gehört haben , besondere Siegel . Der Energy Star wäre eine Möglichkeit , Geräte auszuzeichnen , die im Stand-by- bzw . im Schein-aus-Modus höchstens 3 Watt verbrauchen . Aber auch diese 3 Watt sind noch zu viel . Es geht aber auch darum , Computer , Handys ohne gefährliche Stoffe zu produzieren . Denn Halbleiterprodukte enthalten immer Galliumarsenid und andere hochgefährliche Stoffe , die trotz Elektroschrottverordnung nicht immer vorschriftsgemäß entsorgt werden . Es geht also auch um eine umweltbewusste Entsorgung des anfallenden Elektroschrotts . Meine Damen und Herren , Deutschland ist , was die Umwelttechnik angeht , immer noch weltweit führend und wird es noch lange Zeit bleiben . Der Informations- und Kommunikationsmarkt ist ein riesiger Markt . Er wird weiterhin - wir haben es heute schon mehrfach gehört - anwachsen . Wir , die Politiker und die Unternehmen , sollten dafür sorgen , dass unser Know-how in der Umwelttechnik noch viel stärker in diesen boomenden Markt eingebracht wird . Das wäre gut für die Umwelt , gut für die Wirtschaft und am Ende natürlich gut für die Verbraucher . Ich denke , wir setzen mit der heutigen Diskussion anlässlich der CeBIT ein wichtiges Signal . Ich könnte mir vorstellen , dass man unsere Debatte jetzt auf mancher Großleinwand auf der CeBIT verfolgt . - Ich gehe einmal davon aus , dass wir dort wahrgenommen werden , egal wie gut die Beiträge waren . Wir machen nämlich deutlich , dass uns dieses Thema wichtig ist . Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit .
SPD
Herr Präsident ! Meine Damen und Herren ! Herr Grünbeck , auch ich bin durch diese Debatte ein bißchen beunruhigt . Ich will in meinem kurzen Beitrag nicht das herausarbeiten , worin wir einig sind , sondern will die grundsätzlich unterschiedlichen Auffassungen erläutern . Es geht auch gar nicht darum , daß heute grau in grau gemalt worden sei , wie Sie sagten . Eine ganze Menge läuft phantastisch . Es gibt eine ganze Menge an Zuversicht , und es gibt Signale , die positiv stimmen . Dennoch gibt es _ das will ich an drei Beispielen klarmachen _ in der Frage , wie wir die Übergangszeit regeln können , eklatante Unterschiede zwischen Ihnen und uns . Der erste Teil ist die Frage der Eigentumsregelung . Das habe ich gerade eben wieder gehört . Da sind Sie eben uneinsichtig . Da machen Sie eben wieder ein falsches Gesetz : Wir Sozialdemokraten sagen : Von Beginn an war es falsch , den Grundsatz Rückgabe vor Entschädigung zu installieren . Daran krankt die ganze Investitionsarbeit im Osten . . Der zweite Teil ist die Industriepolitik . Ich weiß , Herr Möllemann mag nicht einmal das Wort in den Mund nehmen . Aber der Kern ist doch nicht , daß wir in der Sozialen Marktwirtschaft viele neue Unternehmen wollen , weil wir wissen , daß es damit neue Anke Fuchs Arbeitsplätze gäbe , Gewinne gäbe usw . , sondern der Kern ist , daß wir nicht zulassen dürfen , daß der Osten Deutschlands entindustrialisiert wird . . Wer das nicht will , muß Industriepolitik betreiben , meine Damen und Herren . Das ist heute morgen erläutert worden . Das ist der Kernansatz , bei dem Sie falsch liegen . . Noch so viel Mittelstandspolitik , alle Förderungsinstrumente , zu denen wir stehen und die wir begrüßen , werden nichts nützen . Der Industriestandort frühere DDR wird kaputtgehen , wenn Sie nicht endlich auf unsere Vorschläge einer vernünftigen Industriepolitik eingehen . Dann gibt es einen großen Unterschied . Ich gebe zu , Graf Lambsdorff hat das Wort Arbeitslosigkeit in den Mund genommen . Alle anderen haben achselzuckend zur Kenntnis genommen , daß wir mehr als 3 ,5 Millionen Menschen ohne Arbeit haben . Ich sage Ihnen : Es wird unerträglich für die demokratische Entwicklung , wenn wir das einfach so hinnehmen . Ich weiß , daß Wirtschaftspolitiker immer wieder gesagt haben , die Arbeitslosigkeit sei die Restgröße einer wirtschaftlichen Entwicklung , und die hätten wir hinzunehmen . Ich meine , es kann nicht angehen , daß wir sozusagen tatenlos zuschauen , wie 3 ,5 Millionen Männer und Frauen nicht in der Lage sind , durch Arbeit ihren Lebensunterhalt zu verdienen . Auch hier sind Sie mit allem , was Sie an Arbeitsmarktmaßnahmen anbieten , viel zu kurz gesprungen . . Da geht es um Menschen , nicht nur im Osten . . Herr Glos , Sie haben so schön geschrieben , es geht uns glänzend , zehn Jahre Aufschwung , oh , wie ist alles schön . Das ist die eine Seite der Realität . Die andere Seite der Realität _ das hat etwas mit Ihrer Politik zu tun _ ist , daß wir auch im Westen zunehmende Armut haben , daß wir im Westen Langzeitarbeitslosigkeit haben , daß wir im Westen Wohnungsnot haben . Deswegen bedeutet eine Politik , bei der Sie sagen : ihr kleinen Leute , verzichtet nun mal , indem ihr durch größere Preise über Mehrwertsteuererhöhung noch mehr gebeutelt werdet , damit es im Osten besser geht , eine verteilungspolitische Schieflage . Deswegen müssen wir bedenken , daß es nicht nur um Ost und West geht , sondern auch um die Bekämpfung des Unterschieds von arm und reich . Wir Sozialdemokraten bleiben bei dem Wort : Wir wollen eine solidarische Gesellschaft und keine Ellenbogengesellschaft aufbauen . . Der dritte Punkt , bei dem Sie zu kurz springen , ist die Arbeitsmarktpolitik . Ich weiß ja , daß das alles für den Wirtschaftsminister schwierig ist . Er hat da lernen müssen . Ich verstehe auch , daß Sie einiges von uns übernommen haben . Aber immer dann , wenn Sie etwas übernehmen , obwohl Sie es eigentlich nicht wollen , machen Sie es zu kurz und zu knapp und zu eng . Wie man in dieser Zeit , bei einer stagnierenden Entwicklung , auf die Idee kommen kann , im Westen die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zu kürzen , ist mir unbegreiflich . Hier müßte jetzt eigentlich im Westen wie im Osten geklotzt werden . Statt dessen wird eingeschränkt , wo immer man es nur kann . Dabei steht in allen Berichten folgendes _ dabei nehme ich FDP-Ideologie auf _ : Es muß doch eine Brücke da sein . Wir wissen , daß wir mit Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen , mit Umschulung , mit Fortbildung , auch mit Kurzarbeitergeld , mit Altersruhegeld einen Teil der Arbeitslosigkeit haben auffangen können . Dann muß man doch sagen : Wenn das so ist und wenn sich das heute als eins der wichtigsten Instrumente herausstellt , dann muß man doch diese Ins trumente so ausbauen , daß sie noch mehr tragen , und man darf nicht ganz schnell wieder auf die Idee kommen , zu fragen : Wie können wir es einschränken ? Diese Hü-und-hott-Politik macht das Ganze doch kaputt . . Deswegen liegen Sie auch falsch , Herr Möllemann , wenn Sie sagen : auf sechs Monate begrenzen . Das zeigt ebenfalls , daß Sie nicht ganz begriffen haben , was diese ganzen Maßnahmen bedeuten . _ Unser Vorschlag ist , nicht auf sechs Monate zu begrenzen . Unser Vorschlag ist , eher daran zu denken , wie man qualitativ etwas machen kann , wie man Umschulung und Fortbildung hineinnimmt . Man muß aber auch ganz knallhart sagen : Solange wir andere Arbeitsplätze nicht anzubieten haben , werden ganz normale Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im größtmöglichen Maß angeboten . Denn wir wissen doch auch : In den neuen fünf Bundesländern liegt die Arbeit geradezu auf der Straße . Es gibt so viel zu tun , daß es sinnvoller ist , die Arbeit über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zu organisieren , als daß wir die Leute zu Hause sitzen lassen und den Anschluß an die Gemeinschaft verlieren lassen . . _ Nein , Sie wollen sie jetzt auf sechs Monate beschränken . Daran sehen Sie , daß das auch ein qualitatives Element hat , auf das ich in dieser Frage hingewiesen haben wollte . Graf Lambsdorff hat recht bei dem , was er zu den Fünfzigjährigen sagte : Es kann auf die Dauer nicht so sein , daß wir ihnen einen schäbigen Altersruhestand Anke Fuchs anbieten , und das war es dann . Ich sage noch einmal : Der Anstieg der Arbeitslosigkeit ist zu zwei Drittel zu Lasten der Frauen gegangen . Ich denke , wir müssen alle Möglichkeiten nutzen , so schwierig das ist _ auch durch Ausfahren der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen , auch durch die Überlegung , wie wir die Frauen im Arbeitsprozeß belassen können _ , damit sie nicht die Verlierer der jetzigen Entwicklung sind . Deswegen sage ich Ihnen : Der dritte Punkt , bei dem Sie schiefliegen _ neben der Eigentumsideologie , neben der mangelnden Industriepolitik _ , betrifft den Arbeitsmarkt und die Chancen , die die Arbeitsmarktpolitik heute bietet . Ich will auf das eingehen , was heute in der Debatte schon anklang . Es war wieder das alte Strickmuster : Die Regierung macht alles richtig , den Menschen geht es eigentlich insgesamt gut , wer auf die Probleme hinweist , ist ein Schwarzmaler , und wenn es Probleme gibt , haben die anderen , nämlich die Gewerkschaften , schuld . Das kennen wir ja auch : Lohnerhöhungen sind immer falsch . . Entweder wird die Konjunktur abgebrochen oder sie wird angeheizt . Deswegen möchte ich aus sozialdemokratischer Sicht einmal ganz deutlich sagen , Herr Möllemann : Ich weiß , daß die Arbeitnehmer , ihre Betriebsräte und ihre Gewerkschaften die Betriebe sehr gut kennen . Sie kennen auch die Branchen , und sie kennen die gesamten ökonomischen Probleme . Denen vertraue ich sehr viel mehr als Ihren Aussprüchen zur Tarifautonomie , meine Damen und Herren . . Das war immer ein schwieriges Problem . Zuzugeben ist , daß Löhne auch Kosten sind . Aber Löhne sind auch Kaufkraft . Wenn Sie den Menschen auf Dauer niedrige Löhne verpassen , dann können sie die Produkte nicht kaufen . Ein Teil unseres wirtschaftlichen Erfolges liegt auch daran , daß wir mit guten Löhnen gute Produkte haben kaufen können . Deswegen bedenken Sie bitte immer , daß Löhne auch kaufkraftorientiert gezahlt werden müssen und deswegen nicht nur des Teufels sind . Nun sage ich dazu : Vizepräsident Dieter-Julius Cronenberg : Sind Sie , bevor Sie das sagen , bereit , eine Frage zu beantworten ?
SPD
Zum ersten bin ich nicht der Meinung , daß wir das Prinzip der Geheimhaltung ändern müssen . Ich glaube , es hat sich bewährt . Es ist mir auch kein Fall bekannt , der Anlaß gäbe , hier über eine Änderung nachzudenken . Zweitens . Wir können dieses Projekt natürlich ohne Nennung von Firmennamen oder von Zahlen besprechen . Ich tue das . Ich stelle nur fest , daß einige Abgeordnete - ich glaube , Sie waren einer von denen , Herr Kollege Hauchler - Namen und Zahlen genannt haben . Dann sollten wir uns bitte alle und insgesamt daran halten . Ich will fortfahren . Ich habe auf das Haushaltsgesetz und die Ausführungsrichtlinien hingewiesen . Diese Richtlinien stellen als Überprüfungskriterien auf die Förderungswürdigkeit und die risikomäßige Vertretbarkeit eines Geschäftes ab . Die Umwelt- und auch die Sozialverträglichkeit eines Projektes sind dabei zwei wichtige , im Rahmen der Förderungswürdigkeit zu prüfende Aspekte . Bei der Entscheidung über die vorliegenden Anträge zu dem Drei-Schluchten- Projekt wurde daher neben der wirtschaftlichen auch die umwelt- und sozialpolitische Bedeutung überprüft . Da Hermes-Deckungen in erster Linie die Förderung deutscher Exporte zum Ziel haben , war zunächst zu berücksichtigen , daß sich durch das Projekt große Auftragschancen für deutsche Unternehmen mit positiven Auswirkungen auf Produktion und Beschäftigung ergeben . Nutznießer sind unter anderem auch mittelständische Unternehmen . Natürlich führt eine Beteiligung deutscher Unternehmen auch zu einer Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern , hier vor allem zu einem wertvollen Technologietransfer zum Beispiel im Turbinen- und Generatorbau . Hauptzweck des Projekts ist der Hochwasserschutz . Daneben ist das Projekt aber auch von energiewirtschaftlicher Bedeutung . Geplant ist der Bau von Wasserkraftwerken mit einer installierten Kapazität von 18 200 Megawatt . Das entspricht acht Prozent der gegenwärtigen chinesischen Stromerzeugungskapazität und kann damit 15 Kohlekraftwerke mit einer Leistung von je 1 200 Megawatt , also schon größere Einheiten , ersetzen . Das Projekt stellt damit einen wichtigen und auch umweltfreundlichen Beitrag zum Abbau des Energieengpasses in China dar . Problematisch erscheint manchen Kritikern des Projekts insbesondere die mit der Flußregulierung des Jangtse verbundene Umsiedlung von rund einer Million Menschen . Wir haben den Eindruck gewonnen , daß die notwendigen Maßnahmen in verantwortlicher und auch in finanziell abgesicherter Weise getroffen werden . Zu beachten ist auch , daß durch die Regulierung des Unterlaufs des Jangtse , der in regelmäßigen Abständen von Hochwasserkatastrophen heimgesucht wird , ein Hochwasserschutz für 20 Millionen Menschen geschaffen wird . Auch dies ist in die Abwägung mit einzubeziehen . Wir haben das getan . Wir haben auch die Auswirkungen des Drei-Schluchten-Projektes auf die Umwelt geprüft . Diese Auswirkungen sind auch von den Chinesen selbst sehr sorgfältig untersucht worden . Wir meinen , daß die positiven Effekte überwiegen . . Generell gilt , daß China zu den Ländern gehört , die über die größte Erfahrung im Dammbau verfügen . Hierzu gehören auch die Wasserkraft sowie die Beherrschung von Umwelt- und Umsiedlungsproblemen . Zu den Hinweisen auf die Haltung der US-Regierung und der Weltbank in vorliegendem Antrag ist anzumerken : Die US-Regierung hat nach den Erkenntnissen der Bundesregierung nur entschieden , auf der Grundlage der ihr bisher vorliegenden Informationen keine Unterstützung für amerikanische Exporte zu gewähren . Eine abschließende Entscheidung der US-Eximbank liegt noch nicht vor . Es wurde hier gesagt , die Weltbank habe abgewunken . Nach unseren Informationen ist die Weltbank von der chinesischen Regierung überhaupt nicht um Unterstützung gebeten worden . Insofern stellt sich die Frage einer Weltbank-Beteiligung nicht . . noch : Parl Staatssekretär Heinrich L . Kolb Liebe Kolleginnen und Kollegen , ich empfehle Ihnen , den Antrag abzulehnen . Vielen Dank . .
FDP
Der vorliegende Antrag ist ein neuerliches Beispiel für die destruktive Haltung der Grünen. Alles muss erstmal gestoppt, verhindert oder beendet werden. Dieses Vorgehen der Grünen ist bundesweit bekannt. Und auch heute werden wir uns wieder damit beschäftigen müssen. Ich empfehle Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, sich einmal sachlich mit dem Thema auseinanderzusetzen und eine konstruktiv-kritische Haltung einzunehmen. Dem wird Ihr Antrag nicht gerecht. Aus folgenden Gründen: Erstens: Sie fragen in Ihrem Antrag nach den Zeitverzögerungen durch Lieferschwierigkeiten in Japan. Die Antwort: Inzwischen konnte eine Teillieferung der japanischen Komponenten durch Südkorea übernommen werden. Dies begrenzt die Verzögerung auf ein Jahr. Somit wird die Fertigstellung nicht 2019, sondern 2020 erfolgen. Deshalb das ganze Projekt abzulehnen, ist absurd. Zweitens: Sie verlangen in Ihrem Antrag Verbesserungen bei den Managementstrukturen der europäischen Agentur Fusion for Energy und eine transparente Ausschreibungs- und Vergabepraxis. Zu Recht verlangen Sie dies. Die Bundesregierung hat hier den richtigen Ansatz gewählt und auf Verbesserungen gedrungen. Mittlerweile wurden, wie Sie in Ihrem Antrag korrekt schreiben, das Management ausgetauscht und Kontrollund Überprüfungsmechanismen installiert. Außerdem wurde ein Projektbegleiter etabliert, der die Auftragsvergabe kontrolliert und auch das Controlling verbessert. Insgesamt wurden die Gremien personell erheblich umbesetzt. Die Forderungen der Bundesregierung sind dabei weitestgehend umgesetzt worden. Daran müssen wir weiter arbeiten. Ihre pauschale Abschaffungs- und Verhinderungsstrategie ist dabei wenig hilfreich. Drittens: die Auftragsvergabe. Zu Recht beschweren Sie sich in der Begründung Ihres Antrages darüber, dass deutsche Unternehmen bisher nur Aufträge im Wert von 28 Millionen Euro erhalten haben. Auch das ist jedoch kein Grund, das ganze Projekt beenden zu wollen. Im Gegenteil: Wir müssen uns für mehr Transparenz bei der Auftragsvergabe einsetzen und deutsche Unternehmen zur Beteiligung an Ausschreibungen auffordern. Mittlerweile gibt es bereits positive Meldungen. So konnten deutsche Unternehmen auch bei Ausschreibungen der internationalen Vertragspartner, also unabhängig von Fusion for Energy, erfolgreich Aufträge akquirieren. Viertens: die Kosten. Es ist richtig, die Kosten sind gestiegen. Aber: Durch ein Moratorium, wie von Ihnen gefordert, würden die Kosten noch weiter steigen. Ein Projekt zu verzögern, spart nie Geld, im Gegenteil: Es wird nur immer teurer. Außerdem müssen wir auch der Realität Rechnung tragen. Natürlich war es sinnvoll, den europäischen Beitrag nicht zuletzt auf Intervention der Bundesregierung auf 6,6 Milliarden Euro zu deckeln. Aber es handelt sich hier schließlich um Spitzentechnologie mit höchsten Qualitätsansprüchen. Was nützt es, wenn wir die Kosten reduziert haben, der Reaktor am Ende aber nicht funktioniert? Zur seriösen Debatte um die Kosten gehören selbstverständlich auch die richtigen Zahlen. Natürlich will ich Ihnen nicht unterstellen, dass Sie die Kosten aufbauschen. Aber bei dem Finanzierungsvorschlag der Kommission, den Sie in Ihrem Antrag erwähnen, geht es nicht darum, 460 Milliarden Euro aus dem 7. Forschungsrahmenprogramm zu nehmen; es geht nur um 460 Millionen. Der Unterschied zwischen Milliarden und Millionen sollte Ihnen schon bekannt sein. Nur dann kann man sich auch kritisch zu den Kosten äußern. Fünftens: Sie versuchen in der Begründung Ihres Antrags, die Kernfusion mit der Kernspaltung gleichzusetzen und sprechen auch von einer Endlagerproblematik. Auch hier sollten Sie den Unterschied kennen: Kernspaltung und Kernfusion sind zwei völlig unterschiedliche Technologien bzw. Verfahren. Eine Endlagerproblematik gibt es bei der Kernfusion nicht. Sechstens: Durch die Entwicklung der Kernfusionstechnologie entstehen Innovationen und Entwicklungen, die ohne diese Forschung kaum zustande gekommen wären. Zahlreiche technologische Nebenprodukte und Spin-off-fähige Entwicklungen sind durch die Kernfusion entstanden. Dazu zählen Entwicklungen im Bereich der Supraleiter, der Prallplatten, der Materialforschung, der Fabrikationsprozesse, der Halbleitertechnologie, der Gesundheitsforschung, der Mikrowellentechnologie, der Magnettechnologie, der Hochleistungsbremsen, der Luftund Raumfahrt und vieles mehr. Siebtens: Es handelt sich hier um ein großes internationales Forschungsprojekt. Beteiligt sind außer der Europäischen Union auch China, Indien, Japan, Südkorea, Russland und die USA. Ein Projekt von dieser Größe und Bedeutung erfordert internationale Zusammenarbeit. Deshalb ist Verlässlichkeit gegenüber den internationalen Partnern wichtig. Im Übrigen wurde der ITER-Vertrag in der rot-grünen Regierungszeit ausgehandelt. Die Grünen hätten damals die Chance zum Ausstieg gehabt. Zumindest aber hätten Sie verhindern können, dass der Vertrag gar keine Ausstiegsmöglichkeiten für Euratom vorsieht. Stattdessen haben Sie diesem Vertrag zugestimmt. Und heute wollen Sie davon nichts mehr wissen. So geht es nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen! Die wesentlichen im Antrag aufgeworfenen Fragen sind damit beantwortet. Aus diesem Grund können wir den Antrag der Grünen gut begründet ablehnen. Die Strategie der Bundesregierung, die Defizite konstruktiv zu beseitigen, ist allemal erfolgversprechender als die Strategie der Grünen, gleich alles hinzuschmeißen. Darüber hinaus möchte ich der Grünen-Fraktion etwas mehr Technologiebegeisterung nahelegen. Niemand verlangt von den Grünen, dass sie technikverliebte Piraten werden, aber ein bisschen mehr Offenheit könnte nicht schaden. Bei der Kernfusionsforschung handelt es sich um bahnbrechende Grundlagenforschung. Ich empfehle Ihnen daher eine Besichtigung des Versuchsreaktors Wendelstein 7-X in Greifswald. Es ist einfach faszinierend, wie deutsche Forscher hier einen Fusionsreaktor nach dem Stellarator-Prinzip aufbauen und bei jedem einzelnen Schritt auf keinerlei Erfahrung zurückgreifen können, weil es noch nie vorher ausprobiert wurde oder überhaupt möglich war, so etwas aufzubauen. Die fortschrittlichste Technologie der Welt verbunden mit höchster Präzision und begleitet von den besten Wissenschaftlern der Welt: Das ist ein faszinierendes Beispiel für bahnbrechende Forschung. Besuchen Sie Greifswald! Ich kann es Ihnen nur empfehlen. Wir von der CDU/CSU-Fraktion sind davon überzeugt, dass die Fusionstechnologie viele Zukunftschancen bietet. Lassen Sie uns deshalb das ITER-Projekt weiterhin konstruktiv, aber kritisch begleiten!
CDU/CSU
Herr Präsident ! Meine Damen und Herren ! Mit meinem Vorredner stimme ich überein - bis zum Ende seines ersten Halbsatzes . Es ist wahr : Der Gesundheitsbereich ist eines der entscheidenden innenpolitischen Reformfelder . Das hat auch der Kanzler am Freitag festgestellt . Bis dahin besteht also Einigkeit . Doch dann hören die Gemeinsamkeiten leider schon auf , Herr Thomae . Sie wollen mehr Geld für die Ärzte und wollen dieses Geld von den Patienten nehmen . Bereits mit diesen wenigen Worten ist Ihr gesundheitspolitisches Konzept umschrieben . Ich kann Ihnen nur sagen : Das ist nicht unser Weg . Wir wissen , dass ein grundlegender Umbau des Hauses der Gesundheitsversorgung ansteht . Wir arbeiten an den Bauplänen . Sehen Sie es mir nach , dass ich mich nun mit den Vorschlägen der größeren Oppositionspartei auseinander setze . Denn letztendlich brauchen wir die CDU/CSU für ein gemeinsames Konzept ; das wissen wir . Auf der Suche nach Ihren Zielen habe ich im Beschluss des Fraktionsvorstandes CDU/CSU-Bundestagsfraktion gelesen , man wolle erreichen , dass die Beiträge auf 13 Prozent gesenkt werden . Das finde ich prima . Der Kanzler hat sogar von einer Senkung auf unter 13 Prozent gesprochen . Nun schaue ich mir Ihre Maßnahmen hierzu an , Herr Kollege Storm . Gestern Abend , als wir zusammen bei Vertretern der Krankenhäuser waren , haben Sie das Füllhorn ausgepackt : Sie haben den Krankenhäusern zugestanden , dass sie mehr Stellen brauchen , ihnen 1 ,7 Milliarden Euro versprochen und gesagt , den Beitragssatzeffekt würden Sie in Kauf nehmen . Dieser würde - Herr Kollege Storm , rechnen Sie bitte mit - 0 ,17 Beitragssatzpunkte zusätzlich ausmachen . Das ist aber noch nicht alles . Eben war ich mit Herrn Seehofer bei Vertretern der Apotheker . Herr Seehofer hat den Apothekern versprochen , dafür einzutreten , dass das Beitragssatzsicherungsgesetz aufgehoben wird . Auf meine ausdrückliche Nachfrage hin hat er gesagt , er meine nicht nur die Apotheker , sondern alle , die durch das Beitragssatzsicherungsgesetz betroffen sind . Das würde bedeuten , dass der Einspareffekt von 2 ,8 Milliarden Euro verloren ginge . Rechnen Sie mit , Herr Kollege Storm : Dadurch würde sich eine Erhöhung um 0 ,28 Prozentpunkte ergeben , die auf den Beitragssatz aufgeschlagen werden müssten . Wie Sie auf diese Weise jemals einen Beitragssatz von 13 Prozent und weniger erreichen wollen , ist mir vollkommen schleierhaft . Heute Morgen hat Herr Seehofer wieder das Thema Zahnersatz angesprochen . Bei dem Thema sind Sie sich auch untereinander nicht einig . Erst habe ich gelesen , Sie wollten Zahnbehandlung als Ganzes herausnehmen . Dann haben Sie aus sozialen Aspekten Bauchschmerzen bekommen und davon Abstand genommen . Eine He-rausnahme des Zahnersatzes aus dem Katalog - ich möchte nicht näher darauf eingehen , was dafür oder was dagegen spricht - würde eine Senkung um 0 ,4 Beitrags-satzpunkte bringen . Das entspricht dem , wie Sie den Lobbyisten an Mehrausgaben versprochen haben . Dadurch erreichen Sie also nichts , außer dass Sie den Leistungskatalog ausdünnen . Ich sage Ihnen , meine Damen und Herren von der Opposition : Das ist kein Konzept . Wir brauchen richtige Reformen . Diese gehen wir an . Wir werden den Leistungserbringern mehr zumuten , ihnen aber auch Chancen bieten . Ich will von Ihnen wissen : Machen Sie mit , wenn wir in einem solidarischen Rahmen mehr Wettbewerb organisieren ? Machen Sie mit bei der Umstellung des Honorierungssystems für die ambulant tätigen Ärzte ? Machen Sie mit beim Hausarztmodell ? Machen Sie mit bei der besseren Vernetzung zwischen ambulanter und stationärer Behandlung ? Machen Sie mit beim Ausbau der integrativen Versorgung ? Machen Sie mit , um mehr Rationalität bei der Arzneimittelverordnung zu erreichen ? Machen Sie mit bei Deregulierung des Arzneimittelhandels ? Machen Sie mit , um mehr Vertragsfreiheit für Kassen und Leistungserbringer zu erreichen und damit den Patienten mehr Wahlmöglichkeiten zu eröffnen ? Ich will wissen , ob Sie bei diesen Reformen dabei sind oder ob es Ihnen nur um die Themen Zahnersatz und Zuzahlung geht . Ich will wissen : Machen Sie sich zum Sprachrohr aller Lobbyisten , die immer nur auf die jeweils anderen zeigen und in der Summe alles so lassen wollen , wie es ist ? Oder stellen Sie sich , wie es notwendig wäre , einer wirklichen Strukturreform ? Auch wir wissen , dass die gesetzliche Krankenkasse in der Tat ein Einnahmeproblem hat . Dem werden wir uns stellen . Uns geht es darum , den Faktor Arbeit zu entlasten . Es kann nicht dabei bleiben , dass wir die soziale Sicherung in der Gesundheitsversorgung allein über die Lohneinkommen finanzieren und damit den Faktor Arbeit verteuern . Die Perspektive der Grünen dazu heißt Bürgerversicherung . Wir wollen alle versichern , und zwar unabhängig von ihrem Erwerbstätigenstatus und ihrem Einkommen . Das wäre die Art von Versorgung , die die größte Gerechtigkeit beinhalten würde . Wir wissen aber auch , dass dies keine kurzfristige Perspektive ist . Deswegen reden wir jetzt zum Beispiel - der Kanzler hat es angesprochen - über versicherungsfremde Leistungen . Diese werden wir uns genau anschauen . Wir sehen dort Möglichkeiten des Einsparens , etwa beim Sterbegeld . Leistungen wie das Mutterschaftsgeld oder die Beitragsfreiheit in der Elternzeit wollen wir aber nicht abschaffen , sondern steuerfinanzieren . Ein weiterer Vorschlag der Grünen auf der Einnahmeseite lautet , dass auch Vermögenseinkünfte verbeitragt werden ; denn es ist nun einmal eine Gerechtigkeitslücke , wenn nur die Einkommen aus abhängiger Arbeit für die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung herangezogen werden . Der Sachverständigenrat hat dies jüngst noch einmal zum Thema gemacht und eine entsprechende Empfehlung abgegeben . Das würde übrigens 0 ,4 Beitragssatz-punkte bringen . Man müsste sich auch die Familienmitversicherung genauer anschauen ; denn es ist zu fragen , warum Frauen , die keine Kinder erziehen oder Angehörige pflegen , durch die Gemeinschaft der Beitragszahlenden subventioniert werden sollen . Der Sachverständigenrat hat dazu ein Splittingverfahren vorgeschlagen . Das würde die Besserverdienenden in einer Alleinverdienerehe stärker belasten , die anderen aber nicht . Dieses Modell halten wir für äußerst diskussionswürdig . Es würde laut Sachverständigenrat übrigens 0 ,7 bis 0 ,9 Beitragssatzpunkte bringen . Auch hier will ich wissen , ob Sie dabei wären . Meine Damen und Herren , auch das will ich deutlich sagen : Um das Ziel , auf unter 13 Prozent zu kommen , zu erreichen , wird ein Paket auch Zumutungen für Versicherte enthalten . Es wird mehr Zuzahlungen geben . Ich bin aber dagegen , dies als vorgebliches Allheilmittel anzupreisen und sich damit vor den Strukturreformen zu drücken . Der Kanzler hat es angesprochen : Es gibt auch die Überlegung , einzelne Bereiche auszusteuern . Der Aussteuerung von Unfällen hat er - das finde ich richtig - aber ausdrücklich eine Absage erteilt ; denn letztlich hätte die Botschaft gelautet : Leute , hockt vor dem Fernseher und esst Erdnüsse ; denn wenn ihr Sport treibt , kann euch etwas passieren . - So kann Gesundheitsförderung eben nicht aussehen . Wir wollen , dass sich die Leute bewegen , weil Bewegungsmangel eine der wesentlichen Ursachen unserer Volkskrankheiten ist . Das Krankengeld ist von Gesundheitsvorsorgeleistungen klar abgrenzbar , weil es sich um eine Geldleistung handelt . Nur noch 39 Prozent der Versicherten haben überhaupt einen solchen Anspruch . Auch daran kann man erkennen , wie sich die gesetzliche Krankenversicherung verändert hat . Es ist kein Vergnügen , diese Leistung zu streichen , im Interesse der Entlastung des Faktors Arbeit treten wir dem aber näher . Kurz und gut : Wir brauchen ein Gesamtkonzept , das die Gesundheitsversorgung verbessert und den Faktor Arbeit entlastet . Ich will wissen , was die Opposition dazu beizutragen hat .
GRUENE
Frau Abgeordnete Dağdelen, ich habe Ihnen geschildert, dass Boko Haram eine regionale Agenda verfolgt und dass dies eine große Gefahr für die Sicherheitslage in Nigeria und in den angrenzenden Ländern darstellt. Ich habe den Status quo beschrieben. Ich habe Ihnen die Erkenntnisse präsentiert, die uns derzeit vorliegen. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich kann angesichts der derzeitigen Lage in der Region nicht irgendetwas kategorisch, zu 100 Prozent, ausschließen. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass mich die Kolleginnen und Kollegen so auch nicht verstanden haben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf den Tribünen! 2015 jährt sich zum 70. Mal das Ende des Zweiten Weltkriegs und damit auch das Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Dieser Teil unserer Geschichte beeinflusst auch heute noch unsere Gegenwart. Gerade im Bereich des Kunstmarktes sind die Folgen der NS-Enteignung bis heute sehr präsent. Der Verbleib vieler Kunst- und Kulturgegenstände, die von ihren Eigentümerinnen und Eigentümern zwischen 1933 und 1945 aufgrund nationalsozialistischer Verfolgung unfreiwillig verkauft, abgepresst, enteignet, beschlagnahmt oder gestohlen wurden, ist unzureichend aufgearbeitet. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Zum Teil hat sich der Kulturbetrieb unwissentlich, zum Teil aber auch bewusst bislang unzureichend mit der Zeit des Nationalsozialismus und der Problematik des verfolgungsbedingten Entzugs von Kulturgütern befasst. So gesehen ist es eigentlich ein Glücksfall, dass der Kunstfund in Privatbesitz von Cornelius Gurlitt die Diskussion über das Thema Provenienzforschung, die wir seit Ende 2013 führen, neu entfacht hat. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir jetzt diese Chance nutzen. Wir müssen uns im Bereich der Provenienzforschung den Problemen stellen und beim Umgang mit NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern faire und gerechte Lösungen für alle Beteiligten finden. Meine Damen und Herren von der Bundesregierung, mit der Washingtoner Erklärung hat sich Deutschland 1998 international verpflichtet, zur Provenienzforschung und Restitution beizutragen. Auch wenn diese Absichtserklärung für die öffentliche Hand keine Gesetzeskraft hat, sie fordert doch zum politischen Handeln auf. Ich meine, die Umsetzung darf nicht allein vom Wohlwollen öffentlicher Einrichtungen abhängen. Das wird dem Geist der Erklärung nicht gerecht. Hier sind Sie, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, in der Pflicht. Wir haben darüber hinaus eine moralische Verpflichtung, die weit über den öffentlichen Bereich hinausgeht. Auch wenn Private von den internationalen Verabredungen nicht tangiert sind, können und dürfen auch sie, die privaten Kunstsammlerinnen und Kunstsammler, die privaten Kunsthändlerinnen und Kunsthändler und auch die Auktionshäuser, sich einer moralischen Verantwortung nicht entziehen. Durch die Gründung des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste Anfang dieses Jahres in Magdeburg soll die Provenienzforschung in Deutschland weiter gestärkt werden. Eine Bündelung der bisherigen Aktivitäten ist sinnvoll – deshalb unterstützt meine Fraktion die Gründung dieses Zentrums ganz ausdrücklich –, aber allein mit einer Bündelung der Aktivitäten ist es eben nicht getan. Was wir brauchen, sind systematische Koordination und Strukturierung und vor allem ein Ausbau der Provenienzforschung. Eine bloße Zusammenlegung von Strukturen ist noch keine Stärkung. Es dabei zu belassen, wäre eine Pseudoinitiative der Bundesregierung. Das neue Zentrum muss am Ende des Tages auch einen Mehrwert bringen. Es geht um wirkliche Professionalisierung der Provenienzforschung und vor allem um den Abbau der Informationsdefizite hinsichtlich der Grundsätze der Washingtoner Erklärung, insbesondere in den Ländern und Kommunen und den Museen dort. Was wir in den Museen brauchen, ist mehr Verbindlichkeit bei der Erforschung der Provenienz von Exponaten. Wir brauchen eine bessere personelle Ausstattung, und an den Universitäten müssen mehr Fachleute im Bereich Provenienzforschung ausgebildet werden. Das wäre konsequent, um die steigenden Bedarfe decken zu können. Die Forscherinnen und Forscher dürfen bei ihren wichtigen Arbeiten nicht behindert werden. Zugangshemmnisse bei Quellen, Archiven, Nachlässen und Forschungsergebnissen müssen abgebaut werden. Was bleibt, ist das schwierige Terrain der privaten Sammlungen. Hier gilt es, Anlaufstellen zu schaffen und, ebenso wie im öffentlichen Bereich, Informationsdefizite abzubauen. Es sollte auch die Einführung eines Fonds geprüft werden, durch den in berechtigten Fällen die Provenienzforschung im Privatbereich unterstützt werden kann. Rechtlich sollte der gutgläubige Erwerb auf gesetzliche Auktionen beschränkt werden, und der Eigentumserwerb durch Ersitzen ist zu erschweren. Aber nicht nur im Kunstmarkt sehen wir uns mit der Frage nach der Provenienz konfrontiert. Wie steht es um die Sorgfaltspflicht bei der Provenienzprüfung in anderen Bereichen? Ich sage Ihnen: Verbleib von Kunst- und Kulturgut zum Beispiel von Sinti und Roma oder Homosexuellen ist bislang kaum beachtet worden. Auch die Aufarbeitung von Kulturgutverlusten jenseits des NSverfolgungsbedingten Entzugs, wie zum Beispiel in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR, muss verstärkt und gefördert werden. Es gilt, allen, denen Kulturgut entzogen wurde, die gleichen Grundlagen zur Aufarbeitung zu gewährleisten. Dies gilt für NS-Raubkunst ebenso wie für kriegsbedingt verlagerte Kunst- und Kulturgüter, aber auch für Objekte, die aus kolonialen Unrechtskontexten stammen oder für die Bestände aus archäologischen Raubgrabungen. Die Provenienzforschung wird uns in den großen Debatten, wie über das Humboldt-Forum und die Reform des Kulturgüterrückgabegesetzes, weiter begleiten. Die Provenienzforschung gehört zur Sorgfaltspflicht bei der Vermittlung von Kunstobjekten und muss eine Selbstverständlichkeit sein. Vielen Dank.
GRUENE
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem vorhin in der Debatte der Etat des Kollegen de Maizière schon als nicht der größte bezeichnet worden ist, kann ich Ihnen sagen: Jetzt sind Sie beim kleinsten Etat dieser Bundesregierung. Aber dieser kleinste Etat ist – das werden Sie sicherlich schon erkannt haben – der Beweis dafür, dass die absolute Höhe der Haushaltsmittel nichts mit der Bedeutung einer Aufgabe oder eines Ressorts zu tun hat. Hinzu kommt – das sei bei einer Haushaltsdebatte einmal vorausgeschickt –, dass das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eine Kostendeckungsquote von 72,4 Prozent hat; das heißt, 72,4 Prozent unserer Ausgaben erwirtschaften wir selber. Wenn das in der gesamten Bundesregierung so wäre, hätten wir weitaus weniger Probleme. Meine Damen und Herren, ich habe Ende Januar wie die Kolleginnen und Kollegen der Regierung insgesamt die Möglichkeit gehabt, Ihnen vorzustellen, was wir uns für dieses Jahr, insbesondere für die ersten Monate, im Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vorgenommen haben. Ich finde, dass sich die Bilanz nach den ersten 100 Tagen durchaus sehen lassen kann: Wir haben mit dem Gesetzentwurf zur Sukzessivadoption das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt. Auch wenn die Diskussion darüber geführt wird, dass man möglicherweise noch mehr tun kann, ist das, glaube ich, ein ganz wesentlicher Schritt zu mehr Gleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften in unserem Land gewesen und damit unsere Gesellschaft erneut ein Stück moderner gemacht worden. Wir haben den Referentenentwurf zur Mietpreisbremse mittlerweile in der Ressortabstimmung und an die Länder und Verbände verschickt. Auch das ist ein wichtiges Gesetzgebungsvorhaben. Ich glaube, das braucht man hier in Berlin nur wenigen zu sagen; aber auch Menschen, die in Hamburg, München, Köln, Düsseldorf oder Frankfurt zurzeit auf Wohnungssuche sind, stellen fest, dass die Mieten explodieren. Wir sind der Auffassung, dass das Wohnen, also die Tatsache, dass man eine Wohnung hat, ein wichtiges Gut ist. Nur weil man zurzeit mit allerlei Finanzprodukten keine Rendite auf den Finanzmärkten mehr erzielt, kann es nicht sein, dass die Wohnungswirtschaft sozusagen das neue Eldorado der Profitmaximierung wird. Deshalb ist es richtig, die Mietpreisbremse einzuführen. Wir haben auch – das ist mir wichtig – die Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses in einen Gesetzentwurf gegossen und diesen hier eingebracht. Daneben haben wir mittlerweile auch die Leitlinien zur Frauenquote für Aufsichtsräte vorgestellt, die ich jetzt zusammen mit Bundesministerin Manuela Schwesig umsetzen werde. Last, but not least ist der Entwurf des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch ebenfalls fertig und soll noch in dieser Woche in die Ressortabstimmung. Ich denke, bei dem, was wir in diesen drei Monaten alles auf den Weg gebracht haben, kann man durchaus sagen: Die Rechtspolitik der Bundesregierung hat eine neue Dynamik gewonnen und besitzt ein neues Selbstbewusstsein, und das fußt auf Taten im Ministerium. Meine Damen und Herren, das Ministerium ist aber auch größer geworden: Der Verbraucherschutz – die Verbraucherpolitik in Recht und Wirtschaft sowie im Sozial- und im Gesundheitswesen – ist hinzugekommen. Alle Stellen, die es dafür im Landwirtschaftsministerium gegeben hat, wechseln nun nach einer Absprache mit dem Kollegen im Landwirtschaftsministerium ins BMJV. Zugleich werden auch die notwendigen Haushaltsmittel in den Einzelplan überführt. Das ist, wie ich finde, eine gute Nachricht; denn das bedeutet, dass die Verbraucherorganisationen auch in Zukunft nicht nur einen starken Partner in der Bundesregierung haben, sondern – das bestätigen mittlerweile auch die Verbraucherorganisationen – dass das zuständige Ministerium neben den notwendigen Mitteln vor allen Dingen über die Kompetenzen verfügt, den Verbraucherschutz in den jeweiligen Bereichen durch Gesetze zu stärken. Damit kommen wir zu dem Ergebnis, dass jetzt auch beim Verbraucherschutz die Zeit der Appelle vorbei sein wird. Wir haben uns vorgenommen – das gilt für diesen Haushalt, aber vor allen Dingen für den nächsten Haushalt –, insbesondere zwei Dinge, die im Koalitionsvertrag verabredet worden sind, auf den Weg zu bringen: Das Erste ist, dass wir den Sachverständigenrat für Verbraucherfragen neu aufsetzen wollen. Er wird für uns bei der Beantwortung ständig auftretender Fragen aus dem Bereich des Verbraucherschutzes mehr als nur eine Hilfe sein. Es gibt nicht nur viele Organisationen, die bereits darauf warten; eine große Fülle von Expertinnen und Experten ist bereit, sich dort zur Verfügung zu stellen. Das zweite große Projekt im Verbraucherschutz ist der Aufbau der Finanzmarktwächter und der digitalen Wächter. Zusammen mit den Verbraucherzentralen wollen wir ein Netzwerk von Organisationen und Stellen aufbauen, die nicht nur die Märkte beobachten, sondern Missstände auch sehr schnell an die Aufsichtsbehörden, die Politik und den Gesetzgeber weitergeben können. Ich glaube, dass das ganz besonders zu einer wesentlichen Verbesserung der Qualität der Verbraucherpolitik in Deutschland führen wird. Auch Verbraucherorganisationen wie die Stiftung Warentest oder der Bundesverband der Verbraucherzentralen haben in unserem Ministerium nicht nur in der Sache starken Rückhalt. Das hat sich schon in unterschiedlichen Fällen gezeigt, etwa bei der Diskussion um die Firma Prokon. Hier konnten wir zusammen mit der BaFin eine Lösung auf den Weg bringen. Aktuell ist hier auch die – sicherlich nicht einfache – Frage zu nennen: Wie geht es mit den Bewertungsreserven bei den Lebensversicherungen weiter? Hier funktioniert die Zusammenarbeit außerordentlich gut. Ich finde, diese Organisationen sollten wir stärken. Dabei will ich auf einen Punkt hinweisen: Ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucherpolitik – das ist mittlerweile in vielen Bereichen so – wird auf EU-Ebene und vor allen Dingen in Brüssel gemacht. Dort ist die Industrie mit zahllosen Lobbyisten präsent. Wir müssen dafür sorgen, dass dort, wo mittlerweile viel Recht gesetzt wird, das wir lediglich umsetzen, die Belange der Verbraucherinnen und Verbraucher vertreten sind. Ich finde, die Verbraucherzentrale muss deshalb mit einem festen Büro dauerhaft in Brüssel präsent sein. Dieses Büro wird im kommenden Jahr Teil unserer institutionellen Förderung sein. Damit werden wir den Verbraucherschutz organisatorisch ganz besonders stärken. Auch wenn wir in einer Haushaltsdebatte sind, geht es nicht nur um Geld, sondern es geht vor allen Dingen natürlich um die richtige Politik. Ich will in der Rechtspolitik ein Thema aufgreifen, weil es sehr aktuell ist und weil es mir wichtig ist, darauf besonders hinzuweisen: In den vergangenen Monaten war in der Öffentlichkeit und auch hier viel von Kinderpornografie und Pädophilie die Rede. Die öffentlich geäußerte Abscheu darüber war groß und laut. Wo es hier Lücken im Recht gibt, werden wir diese schließen; das habe ich eben schon angekündigt. Aber eines sollte uns auch klar sein: Mit Gesetzen und Empörung alleine können wir unsere Kinder nicht schützen. Damit Kinder nicht zu Opfern werden, müssen wir in diesem Fall verhindern, dass Männer zu Tätern werden. Das erreichen wir nicht durch permanente Hysterie, sondern vor allen Dingen durch zielgerichtete Hilfe. Deshalb fördert das Justizministerium seit 2008 ein wichtiges Projekt an der Berliner Charité. Es hilft Männern mit pädophilen Neigungen, dass aus ihren Fantasien keine Taten werden. Die Nachfrage nach diesem Projekt ist groß. Inzwischen gibt es diese anonyme Hilfe in sieben deutschen Städten. Wir wollen in diesem Bereich nicht nur das Gesetz ändern, sondern wir wollen die Förderung für dieses Projekt kräftig ausweiten. Wenn Sie zustimmen, werden wir die Mittel für die Präventionsarbeit in diesem Jahr um 70 Prozent erhöhen. Auch das ist ein Hinweis auf unsere Schwerpunktsetzung. Meine Damen und Herren, es gäbe sicherlich noch vieles anzusprechen, was in diesem Ministerium von Bedeutung ist. Wir werden uns nicht nur mit den aktuellen technischen Fragen auseinandersetzen. Vielmehr haben wir uns zum Ziel gesetzt, grundlegende rechtspolitische Reformen anzupacken, auch wenn sie nicht im Koalitionsvertrag erwähnt werden, etwa im Strafgesetzbuch die Reform der Paragrafen zu Mord und Totschlag, ein unter Juristen schon lange debattiertes Thema. Wir haben jetzt eine Expertenrunde gegründet und wollen diese Diskussion fachlich führen und sie in ein Gesetzgebungsverfahren einmünden lassen. Zum Schluss ein Wort zum Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur Vorratsdatenspeicherung. Der Europäische Gerichtshof hat – ich begrüße dieses Urteil – die Richtlinien zur Vorratsdatenspeicherung komplett für ungültig erklärt. Wir gingen – zugegebenermaßen – davon aus, dass die Richtlinie entsprechend dem Antrag des Generalanwaltes für überarbeitungsbedürftig erklärt, aber nicht komplett kassiert würde. Das Urteil geht damit weit über den Antrag des Generalanwaltes hinaus. Es geht auch deutlich – das ist eben schon angesprochen worden – über das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in unserem Land hinaus. Das Gericht weist zum Beispiel darauf hin, dass es je nach Kommunikationsmittel und Datenart zu unterschiedlichen Speicherfristen kommen kann. Das ist ein völlig neues Feld, mit dem wir uns in unserer Debatte noch nicht auseinandergesetzt haben. Ich finde, das Urteil zeigt vor allen Dingen eins: Nicht alles, was technisch machbar ist, ist mit unseren Grundrechten vereinbar. Wenn es um Sicherheit geht, müssen auch die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger weiter respektiert werden. Mit dem Urteil ist eine neue Situation eingetreten. Es gibt keine Richtlinie mehr, die wir umsetzen müssen oder können. Uns drohen auch keine Strafgelder mehr. Deshalb gibt es keinen Grund, voreilige Schlüsse aus dem Urteil zu ziehen. Wir alle werden es sicherlich sorgfältig auswerten müssen, und wir werden uns dann gemeinsam und ergebnisoffen überlegen, welche Schlussfolgerungen im Verfahren, aber auch, welche Konsequenzen wir in der Sache daraus ziehen. Ich wäre außerordentlich froh, wenn dies eine Debatte würde, die wir vor allen Dingen sachlich führen könnten. Denn das wäre aller Ehren wert. Ich danke Ihnen.
SPD
Ich finde es wichtig , Herr Kollege Fischer , daß wir darauf hinweisen , daß die überwiegende Zahl der in Deutschland lebenden Vietnamesen - etwa 55 000 , 60 000 - friedlich und rechtsstaatlich mit uns zusammenlebt , meistens relativ gut integriert ist und überhaupt kein Problem darstellt . Wir sollten von vornherein klarstellen , daß es überhaupt keine Versuche oder Ansinnen gibt , hieran irgend etwas zu ändern . Das Zweite sind die vom Kollegen Schmidbauer angesprochenen abgelehnten Asylbewerber und die illegal Einreisenden . Das ist gegenwärtig insbesondere regional ein erhebliches Problem . Es kam hier darauf an , insofern einen Durchbruch zu erzielen , als Vietnam endlich wie alle anderen Länder behandelt werden kann . Denn wir haben bisher sowohl im Hinblick auf solche Personen , die zwar keinen Aufenthaltstitel haben , sich aber legal verhalten , als auch im Hinblick auf solche Personen , die keinen Aufenthaltstitel haben und hier kriminell geworden sind , überhaupt keine Möglichkeit , jemanden nach Hause zurückzubringen , weil sich Vietnam , wie schon angedeutet worden ist , völkerrechtswidrig weigert , diese Menschen im eigenen Land aufzunehmen . Ich denke , wir sollten die soziale Notlage , in der sich mancher - welcher Nationalität auch immer - befindet , nicht als ein Exkulpationsargument für denjenigen betrachten , der in eine kriminelle Karriere abgerutscht ist . Das bezieht sich nicht auf etwas , was Sie gefragt haben ; ich mußte das aber noch als Antwort auf eine Frage nachreichen , die vorhin gestellt worden ist .
FDP
Herr Präsident ! Meine Damen und Herren ! Mich schmerzt es , daß diese Debatte , so gut und interessant sie ist , überhaupt geführt werden muß . . Seit über 40 Jahren haben sich doch alle Demokraten zu Berlin als der Hauptstadt eines wiedervereinigten Deutschlands bekannt und Bonn als das Provisorium bis zu dem Zeitpunkt bezeichnet , an dem Berlin seine Funktion als Hauptstadt wieder ausfüllen kann . Voraussetzung der heutigen Debatte hätte darum eigentlich sein müssen , alle entsprechenden Beschlüsse des Deutschen Bundestages aus vier Jahrzehnten aufzuheben und zu bekennen , daß man entweder das früher gegebene Wort zu brechen bereit ist , daß man es früher so ernst nicht gemeint hat , oder _ was am schlimmsten wäre _ im stillen gar gehofft hat , es nie einlösen zu müssen . Daher geht es heute nicht um die Frage von Zweckmäßigkeiten und lieben Gewohnheiten , sondern es geht um die Zuverlässigkeit der deutschen Politik , die Zuverlässigkeit der Versprechungen des Deutschen Bundestages und die persönliche Glaubwürdigkeit der Politiker . Heute wurde mehrfach behauptet , diese Argumentation sei rückwärtsgewandt . Dem widerspreche ich energisch . Sie richtet vielmehr den Blick nach vorn ; denn in der Demokratie ist die Glaubwürdigkeit der handelnden Politiker das Fundamt der Zukunftsgestaltung . Für mich ist die CDU die Partei der deutschen und europäischen Einheit . . Darum gehöre ich ihr an . Unzählige Parteitagsbeschlüsse und Bekenntnisse , klare Aussagen ihrer führenden Politiker haben die Einheit Deutschlands in einem Atemzug mit der Hauptstadt Berlin als unveräußerliches Ziel der CDU genannt . Das gültige Grundsatzprogramm von 1978 formuliert : Berlin bleibt die Hauptstadt von ganz Deutschland . Für unsere Schwesterpartei , die CSU , bekannte Franz Josef Strauß am 25 . Ap ril 1974 in Berlin , daß diese Stadt für uns die Hauptstadt Deutschlands war , die Hauptstadt Deutschlands ist und nach der politischen Wirklichkeit von morgen wieder die Hauptstadt Deutschlands sein wird . Ich fühle mich im Wort , ich stimme für Berlin . . In den Jahrzehnten der Teilung unseres Vaterlandes haben wir unzählige ausländische Gäste nach Berlin an die schreckliche Mauer geführt . Wir haben sie gebeten : Helft uns , die Einheit in Frieden und Freiheit zu erreichen , helft uns , daß Berlin als Symbol des Freiheitswillens der Deutschen seine Aufgabe als Hauptstadt wieder erfüllen kann . Viele Freunde aus aller Welt haben uns geholfen , dieses Ziel zu erreichen , weil sie uns heute als Europäer akzeptieren und uns das Recht auf unsere nationale Identität selbstverständlich zugestehen , wie sie selbst die ihre für sich in Anspruch nehmen . Viele von ihnen schauen verständnislos auf die Hauptstadtdebatte , die die Deutschen vom Zaune gebrochen haben . Was wird Michail Gorbatschow über diese Deutschen denken , wenn er sich an die mutigen und klaren Worte des Oberbürgermeisters der Stadt Bonn erinnert , der ihm in völliger Übereinstimmung mit der Politik der CDU im Januar 1989 ins Gesicht gesagt hat , die Verantwortlichen im Bonner Rathaus seien sich der Aufgabe bewußt _ ich zitiere _ , Hauptstadt eines Staates zu sein , der sich selbst nicht als endgültig empfindet , dessen Ziel die Wiedervereinigung Deutschlands in Frieden und Freiheit mit der Hauptstadt Berlin ist ? . Der Trick , Berlin zwar Hauptstadt zu nennen , die Hauptstadtfunktionen aber von Bonn aus auszuüben , ist absurd . In 155 von 160 Staaten dieser Welt gilt das Normale : Hauptstadt ist da , wo Parlament und Regierung eines Staates ansässig sind . Hauptstadtfunktion wird durch die Anwesenheit von Staatsoberhaupt , Parlament und Regierung überhaupt erst begründet . Alles andere ist fauler Zauber , Mogelei , bestenfalls Formelkompromiß . In 95 % aller Staaten dieser Welt gibt es keine Aufgabenteilung . Die Niederlande sind kein Gegenbeispiel . Von Den Haag nach Amsterdam sind es ganze 30 km , so viel wie vom Wannsee in die Berliner City . Hauptstadt ist eben auch ein Symbol wie Fahne und Hymne . Berlin aber ist für mich ein deutsches Symbol in allen Höhen und Tiefen unserer Geschichte , und das gerade dann , wenn wir Deutschen so normal sein wollen wie die anderen auch . Ich danke Ihnen . .
CDU/CSU
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie bereits von meinem Fraktionskollegen Jürgen Pohl ausgeführt, liegt das Problem nicht nur im Betriebsverfassungsgesetz, sondern auch in der Liberalisierung des europäischen Luftverkehrs ohne gleichzeitige europaweite Angleichung der Arbeits- und Sozialgesetzgebung. Selbstverständlich sollten Beschäftigte in Deutschland ihr Recht auf Streik und Mitbestimmung uneingeschränkt in allen Unternehmen in gleicher Weise geltend machen können. Das ist aber nicht das Problem, das wir hier haben. Wir sehen hier die Auswirkungen ungebremster Europäisierung, die anderen Fraktionen ja offenbar nicht schnell und weit genug gehen kann. Wir wünschen uns ein Europa freier Nationen im fairen Wettbewerb miteinander. Diese Regierung behindert deutsche Unternehmen und Mitarbeiter. Es scheint fast so, als stünden Sie im regierungsinternen Wettbewerb, wie man deutsche Unternehmen, Bürger und Arbeitnehmer zugunsten des Auslands „entreichern“ kann. Eine Kosmetik am Betriebsverfassungsgesetz wird daran nichts ändern. Das Korrektiv nach Ansicht der Alternative für Deutschland kann nur sein, fairen Wettbewerb endlich zu ermöglichen und die deutschen Marktteilnehmer am internationalen Wettbewerb durch Befreiung von unfairen Wettbewerbsnachteilen zu ertüchtigen. – Ja, ja, ja. – Auch in der Luftfahrtbranche gilt: Wir brauchen eine alternative Politik für Deutschland, und hier ist der Name Programm. Diese Bundesregierung hat es bisher wie ihre Vorgänger versäumt, gesetzliche Rahmenbedingungen an die Realitäten des internationalen Wettbewerbs im Luftverkehr anzupassen. Der europäische Luftverkehrsmarkt ist der wettbewerbsintensivste der ganzen Welt. Fast 250 Airlines kämpfen an den europäischen Flughäfen um die Passagiere. Das sind mehr als auf jedem anderen Erdteil. Die in Deutschland im Vergleich zu Belgien oder Luxemburg langsamen behördlichen Genehmigungsverfahren von Frachtchartern verschaffen unseren Flughäfen unfaire Nachteile. Sowohl die deutsche Luftverkehrsteuer als auch der deutsche Sonderweg bei der Finanzierung der Sicherheitskontrollen und die typisch deutschen, teilweise extrem rigiden Nachtflugverbote an unseren Flughäfen belasten die gesamte Branche. Die Vorstellung der Linksfraktion, dass sich Luftfahrtunternehmen in Deutschland an die Normen der Internationalen Arbeitsorganisation halten müssen oder ihre Start- und Landerechte in Deutschland verlieren, wie es bei Ihnen durchklang, halten wir für einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Tarifautonomie. Wer Globalisierung und Europäisierung ohne Rücksicht auf unser Land vorantreibt, muss sich nicht wundern, dass er der Verschlechterung von Arbeitsbedingungen in unserem Land Tür und Tor öffnet. Für uns jedenfalls ist es kein Grund zur Freude, dass die Luftverkehrsindustrie weitere 140 Verbindungen verliert. Deutschland darf nicht zum verkehrspolitischen Entwicklungsland werden. Die verkehrsfeindlichen Ideologien, die wir hier im Parlament immer wieder erleben, gelten nicht nur beim Diesel, sondern natürlich auch am Himmel und zeigen auch Wirkung: Das Wachstum der Luftverkehrsbranche zwischen 2010 und 2016 in Europa betrug 28 Prozent im Mittel. Deutschland liegt mit 17 Prozent Wachstum auf dem vorletzten Platz, und das ist Ihre Schuld, jawohl! Ja, die Luftverkehrsteuer belastete die Branche im Jahr 2016 mit rund 1 Milliarde Euro. Diesen Betrag zahlen zur Hälfte die deutschen Unternehmen. Alle hundert anderen in Deutschland tätigen Luftverkehrsunternehmen teilen sich den gesamten Rest. Schaffen wir das Wettbewerbshindernis Luftverkehrsteuer ab! Das haben Sie übrigens auch im Koalitionsvertrag stehen, aber noch nicht umgesetzt. Nur mit international fairen Bedingungen gibt es gesunde Unternehmen, und nur mit gesunden Unternehmen können wir unsere Arbeitnehmerrechte und Arbeitsstandards überhaupt umsetzen. Dafür steht die AfD. Deshalb enthalten wir uns bezüglich Ihres der Idee nach richtigen, aber in der Umsetzung falschen Antrags. Vielen Dank.
AfD
In den Fällen , in denen bis zum 2 . Oktober 1990 Investitionen vorgenommen worden sind , trifft § 7 des Vermögensgesetzes eine unterschiedliche Regelung , je nachdem , ob von privater oder von öffentlicher Seite investiert wurde . Nach dem 2 . Oktober 1990 gilt das , was ich soeben vorgetragen habe , unabhängig davon , von wem Investitionen getätigt wurden . Es erfolgt also eine Erstattung unter den genannten Bedingungen .
CDU/CSU
Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Mützenich hat gerade davon gesprochen, dass ein Vorgehen nach Kapitel VII der UN-Resolution nicht möglich sei, da man sich im UN-Sicherheitsrat nicht darüber hat einigen können. Das ist richtig, weil es unterschiedliche politische Konzeptionen für Syrien gibt. Moskau hat dem wohl nicht zugestimmt, weil Sie auf einen Regimewechsel von außen setzen; das ist der Punkt. Weil man jetzt der Auffassung ist, dass eine gemeinsame Resolution des Sicherheitsrates nach Kapitel VII nicht erreicht wird, möchte man Lufttruppen entsenden und sich beteiligen, um vor Ort eine Lösung gegen Russland zu erzwingen. Das war im Übrigen auch der Tenor des Kollegen Röttgen. Mir wurde während seines Vortrags nicht klar, wer in seinen Augen der größere Gegner ist, die russische Regierung oder der IS. Das wurde nicht deutlich. Ich hatte eher den Eindruck, dass es die Russen sind. Ihnen fehlen die Voraussetzungen eines Vorgehens nach Kapitel VII. Das sind keine Peanuts. Ich meine, wir kennen das aus dem Kosovo; da war es genauso. Im Irakkrieg haben wir damals nicht so richtig mitgemacht. Aber letztlich gehen wir den Schritt weiter und machen ohne eine Kapitel-VII-Mandatierung mit. Zweitens. Sie trauen Ihrer Selbstverteidigungsklausel selber nicht. Ich habe mir den Antrag noch einmal genau angeschaut. Sie verweisen auf Paris, das ist okay. Dann aber verwenden Sie ein seltsames Hilfskonstrukt. Sie verweisen auf den Irak und sagen, der IS habe von Syrien aus den Irak angegriffen und der Irak müsse sich selbst verteidigen, auch kollektiv. Besser kann man die Geschichte kaum verdrehen. Der IS ist ein Produkt der Vorgänge im Irak und hat seine Übergriffe auf Syrien ausgeweitet, nicht umgekehrt. Sie erstellen ein interessantes Hilfskonstrukt und sagen: Weil der Irak und die syrische Regierung sich nicht selbst verteidigen können, gehen Sie dazu über, die amerikanische Doktrin von „unable and unwilling“ zu übernehmen, und zwar wortwörtlich in diesem Antrag. Sie versuchen, rechtliches Neuland zu betreten. Sie versuchen, eine neue Interventionsdoktrin von „unable and unwilling“ hier zu praktizieren und völkerrechtskonform zu machen. Das wird Ihnen nicht gelingen.
PDS/LINKE
Herr Minister, weil Sie ja für die ganze Bundesregierung sprechen, wollte ich bezüglich der Haltung der Bundesregierung zur Mindestlohndebatte nachfragen. Habe ich richtig verstanden, dass Sie eben gesagt haben, dass von dieser Bundesregierung kein Vorschlag ins Parlament eingebracht werden wird, durch den wir in Deutschland den Anschluss an Mindestlohnregelungen anderer europäischer Länder finden können, sei es über einen Gesetzentwurf zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns, sei es über einen Kommissionsvorschlag oder anderes? Präzise nachgefragt: Sagen Sie für die Bundesregierung, dass es in dieser Legislaturperiode keine Gesetzesinitiative zum Thema Mindestlohn geben wird?
SPD
Frau Präsidentin ! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen ! Der 10 . Dezember ist der Tag der Menschenrechte . Vor 59 Jahren wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von den Vereinten Nationen verabschiedet . Fast 60 Jahre nach dieser Erklärung ist es weltweit um die Menschenrechte trotzdem noch immer nicht gut bestellt . Die Koalition bringt heute einen Antrag ein , der sich mit der Situation in Südostasien beschäftigt . Vor gut drei Wochen - Sie erinnern sich vielleicht - hat die Öffentlichkeit dorthin geschaut und sehr gespannt die Entwicklungen während des letzten ASEAN-Gipfels beobachtet . Der Verband südostasiatischer Nationen ist vor 40 Jahren während des Kalten Krieges als Bollwerk gegen den Kommunismus in dieser Region gegründet worden . Aber in dieser Rolle hat ASEAN längst ausgedient . ASEAN hat sich verändert und - so sagen es die Staaten selber - will sich weiterentwickeln . Die EU ist den ASEAN-Staaten in vielem ein Vorbild . Ihren Integrationsgrad allerdings strebt ASEAN nicht an . Das ist auch sehr schwierig ; denn die kulturellen , wirtschaftlichen und politischen Unterschiede der Mitgliedstaaten sind viel zu groß . Länder mit einer relativ etablierten Demokratie wie die Philippinen wehren sich heftig dagegen , Souveränität mit einem Militärregime wie Birma zu teilen und damit in die Nähe solcher diktatorischen Regierungen gerückt zu werden . Das wohlhabende Malaysia hat nur wenig Interesse , die Entwicklungskluft zu den wesentlich ärmeren Ländern wie Kambodscha oder Laos durch Umverteilung zu verringern . Die ASEAN-Staatengemeinschaft hat auf ihrem letzten Gipfel in Singapur im November 2007 eine Charta unterzeichnet . Die großen Erwartungen , die in diese Charta gesetzt wurden , haben sich bisher nicht erfüllt . Die Charta verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Stärkung von Demokratie , zu Rechtstaatlichkeit und guter Regierungsführung sowie zur Achtung der Menschenrechte . Das bedeutet ja gleichzeitig , die Menschenrechte zu schützen und zu fördern . Schließlich werden in der Charta verfassungswidrige Regierungswechsel abgelehnt . Das ist ein an sich eindrucksvoller Katalog . Im gleichen Atemzug aber , wie diese Verpflichtungen beschlossen wurden , wurden sie durch zahlreiche Prinzipien und Verfahrensregeln neutralisiert . Dazu gehört einmal , dass aus Sicht der ASEAN-Staaten das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates unantastbar ist . Die Charta sieht dann die Einrichtung einer Menschenrechtskommission vor ; welche Befugnisse sie aber erhalten wird , das bleibt abzuwarten . Denn die Charta enthält zum Beispiel keine Mechanismen , mit denen gegen Staaten Sanktionen verhängt , sie suspendiert oder ausgeschlossen werden können , wenn sie gegen die Charta verstoßen . Außerdem bleibt es beim Konsensprinzip . Das heißt : Zehn Staaten , die unterschiedlicher nicht sein könnten , müssen ihre Entscheidungen einstimmig treffen . Zu welcher für uns in Deutschland und Europa inakzeptablen Situation das führen kann , hat dann auch Birma sehr eindrücklich während des Gipfels in Singapur gezeigt . Sie erinnern sich vielleicht : Der UN-Gesandte Gambari sollte über seine jüngsten Vermittlungsergebnisse unterrichten , aber er wurde auf Drängen Birmas wieder ausgeladen . Die Art und Weise , wie es der Militärjunta Birmas gelungen ist , ASEAN als durchsetzungsschwach hinzustellen , macht deutlich , dass diese Charta , die sich zwar gut liest , für die Menschenrechte wenig bewirken wird . Ob die Charta jemals rechtsgültig werden wird , bleibt offen , denn für die Ratifizierung gibt es keinerlei Fristen . Die Philippinen haben große Bedenken geäußert , eine Ratifizierung vorzunehmen , solange das Militärregime in Birma keinerlei Bemühungen unternimmt , demokratische Strukturen einzuführen . Der ASEAN-Staatenverbund steht vor der Herausforderung , die eingebüßte Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen . Wenn sie sich wirklich darum bemühen wollen , dann sollten Deutschland und auch Europa Unterstützung anbieten . Die Staaten in Südostasien , die sich in der Charta zur Achtung der Menschenrechte verpflichtet haben , werden nur glaubwürdig , wenn sie den beiden grundlegenden Menschenrechtspakten - dem Zivilpakt und dem Sozialpakt - beitreten , wenn sie die Todesstrafe abschaffen , wenn sie rechtsstaatliche Systeme aufbauen , wenn sie Kinder vor Gewalt und Zwangsarbeit schützen und nicht zulassen , dass Kindersoldaten rekrutiert werden , wenn sie den Frauen zu ihren Rechten verhelfen , indem sie das Palermo-Protokoll und das Zusatzprotokoll zu CEDAW unterzeichnen und ratifizieren , wenn sie religiöse und ethnische Minderheiten respektieren und schützen und wenn sie konsequent gegen Machtmissbrauch und Korruption vorgehen . Meine Damen und Herren , wir können und müssen den EU/ASEAN-Dialog nutzen . Dadurch können wir die Verwirklichung der Menschenrechte in den ASEAN-Staaten voranbringen . Ich danke an dieser Stelle den politischen Stiftungen und Organisationen , die durch ihre Arbeit vor Ort die Zivilgesellschaft stärken . Für das Wachstum jeder Demokratie ist die Zivilgesellschaft als Basis unentbehrlich . Liebe Kolleginnen und Kollegen , zum Schluss möchte ich auf die Konsequenzen unserer Birma-Debatte vom 10 . Oktober 2007 und unseres damals gemeinsam beschlossenen Antrages hinweisen . Unsere Forderung hatte zur Folge , dass sich die Entscheidungspraxis im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geändert hat und Flüchtlinge aus Birma inzwischen nicht mehr ausgewiesen werden . Dieser Erfolg des Deutschen Bundestages macht deutlich , dass es sinnvoll und notwendig ist , auch bei scheinbar kleinen Dingen immer wieder sehr genau hinzusehen und gemeinsam entsprechende Entscheidungen zu treffen . Ich bin gespannt auf die Debatte im Ausschuss über unseren Antrag . Vielleicht gelingt es uns - ich habe da große Hoffnung - , alle davon zu überzeugen , diesem Antrag zuzustimmen . Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit .
SPD
Herr Kollege Kekeritz, ich wiederhole nochmals für die Bundesregierung, dass wir der Auffassung sind, dass die Aufarbeitung der Kolonialzeit auch in dieser Legislaturperiode vorgenommen wird; das haben wir im Koalitionsvertrag festgelegt. Zu den Äußerungen des Herrn Nooke liegt uns ja bereits eine schriftliche Anfrage von Ihnen vor. Wir werden diese Anfrage schriftlich beantworten und innerhalb der Bundesregierung abstimmen. Solange diese Abstimmung nicht erfolgt ist, will ich mich zu weiteren Details dieses Vorfalls nicht äußern.
Entschuldigung, ich wollte mich nicht in Ihre originären Kompetenzen einmischen. Aber wenn ich die Geschäftsordnung richtig verstanden habe, dann spricht immer nur ein Haus für die gesamte Bundesregierung.
Vielen Dank , Frau Präsidentin ! Wenn wir gegenwärtig nach China schauen , dann bewegt uns alle , glaube ich , hier in Deutschland wie in Europa die schwierige Situation , in der sich die chinesische Volksrepublik aufgrund der Folgen des Erdbebens befindet . Wir versichern der Volksrepublik China all unsere Solidarität und Unterstützung für das chinesische Volk zur Bewältigung der schweren Folgen dieser Katastrophe . Ich denke , es ist ein gutes Zeichen , dass die chinesische Regierung gesagt hat , dass sie Hilfe aus dem Ausland annimmt . Denn kein Volk dieser Welt kann die Folgen solcher Naturkatastrophen allein und ohne die Unterstützung der Völkergemeinschaft bewältigen . Wir haben uns als Fraktion schon im letzten Jahr mit der Menschenrechtslage in China verstärkt beschäftigt , weil wir gesagt haben : Wir müssen beobachten , wie sich die Situation im Vorfeld der Olympiade entwickelt . Die Hoffnungen und Erwartungen aufgrund der Vergabe der Olympischen Spiele an Peking waren groß . Wir haben feststellen müssen : Die Hoffnungen haben sich in den letzten Wochen und Monaten leider nicht erfüllt . Über anderthalb Millionen Menschen sind im Zusammenhang mit der Errichtung der olympischen Stätten enteignet worden , viele davon ohne jegliche Entschädigung und unter Anwendung von Zwang . Wir haben in den letzten Wochen und Monaten auch erlebt , dass nicht nur in Tibet , sondern auch in Zentralchina alle Kritik durch eine Verschärfung der Repressionen gegen politische Dissidenten und gegen religiöse und kulturelle Minderheiten niedergedrückt wird . Das haben wir eigentlich nicht erwartet . Deshalb hoffe ich , dass heute mit der Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag ein einheitliches Signal des Deutschen Bundestages ausgeht . Wir bitten die Bundesregierung , die chinesische Regierung aufzufordern , alle politischen Gefangenen bis zum Beginn der Olympiade in China freizulassen . Ich hoffe , dass wir in dieser Frage im Hause großer Einheit haben . Bezüglich des Applauses muss man in der Debatte vielleicht noch etwas nacharbeiten . Ich glaube , wir sollten hier nicht auseinanderfallen , wenn es um eine klare Sprache zur Verteidigung der Menschenrechte geht . Dass das Haus , insbesondere die Bundesregierung , bei der Chinapolitik ständig auseinanderfällt , ist eine Malaise . Wir haben das an den Diskussionen im Zusammenhang mit dem Besuch des Dalai-Lama bei Angela Merkel und auch beim letzten Besuch des Dalai-Lama hier im Deutschen Bundestag erlebt . Mit dieser Art von Politik dient man weder den Menschenrechten noch den außenpolitischen Beziehungen zur Volksrepublik China . Wir brauchen eine konsistente Menschenrechtspolitik , die sich nicht in Symbole flüchtet , sondern eine klare Linie hat , auf Gespräche und Dialog setzt und eine klare Sprache im Dialog findet . In unserem Antrag haben wir Vorschläge zu den Punkten , über die es hier zu reden gilt , gemacht . Im Antrag werden die entscheidenden Punkte genannt . Wir müssen zum Beispiel mit den Chinesen im Dialog über die Todesstrafe weiterkommen . Da haben wir erste Erfolge erzielt . Es ist ganz wichtig , dass wir diese Erfolge gegenüber den chinesischen Partnern betonen . Die chinesische Volksrepublik hat mit ihrer neuen Gesetzgebung eine Reduzierung der Zahl der Vollstrekkungen der Todesstrafe bewirkt . Das ist gut . Aber damit erfüllt sie weder unsere Hoffnung auf eine völlige Abschaffung noch unsere Vorstellungen von den Mindeststandards , die der Zivilpakt von den Staaten verlangt . Die chinesische Volksrepublik hat mit der Wahl zum Menschenrechtsrat versprochen , den Zivilpakt zu unterzeichnen . Auch das hat sie bis heute nicht vollzogen . Wenn sie ihn ratifizieren würde , müsste sie Veränderungen vornehmen und nur noch bei schweren Verbrechen die Todesstrafe verhängen . Vielleicht entscheidet sie sich dann auch aufgrund von Dialogen mit uns , aber auch mit Ländern wie den USA - auch dort gibt es noch die Todesstrafe - für die Abschaffung der Todesstrafe . Ich glaube , es gibt keine Alternative zum Dialog mit China . Wir brauchen China bei der Lösung von menschenrechtlichen Konfliktfeldern wie zum Beispiel beim Konflikt in Darfur . Wir brauchen China auch bei der Bewältigung der verheerenden Situation in Birma , wo die Menschen Opfer einer Naturkatastrophe geworden sind und ein Regime so kaltschnäuzig und diktatorisch ist , dass es internationale Hilfe behindert , statt den Menschen zu helfen . Ich finde , die Chinesen könnten darauf verweisen , wie sie mit den Folgen des Erdbebens umgehen ; das könnte ein Vorbild für Birma sein . Ein letztes Wort , da dies unmittelbar die Beziehungen des Deutschen Bundestages zur Volksrepublik China betrifft . Die chinesische Volksrepublik hat es für richtig befunden , den Menschenrechtsausschuss vor seinem Besuch in der nächsten Woche zum zweiten Mal auszuladen . Wir haben heute im Ältestenrat darüber gesprochen und gesagt : Wir protestieren dagegen , und wir erwarten von den Chinesen , dass sie im Rahmen des Menschenrechtsdialogs auch mit dem Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestages in Gespräche eintreten und dass wir in der nächsten Zeit eine definitive Einladung erhalten . Dass die Chinesen allein vor dem Wort Menschenrechte Angst haben , kann man an einer Mail sehen , die mich von einer Bürgerin erreicht hat .
GRUENE
Danke. – Herr Präsident! Liebe Abgeordnete! Wer die öffentliche Debatte in den vergangenen Tagen verfolgt hat, der konnte erleben, wie emotional aufgeladen das Thema Pflanzenschutz ist. Ich verstehe die Bürger in unserem Land, aber nicht nur hier bei uns in Deutschland, die sich Sorgen um ihre Gesundheit und auch Sorgen um die Umwelt machen. Gerade weil wir die Sorgen ernst nehmen, gerade deshalb müssen wir das Thema auf der Basis von Wissen und dürfen es nicht auf der Basis von Emotionen behandeln; denn nur das bringt langfristig Sicherheit. Warum brauchen wir überhaupt Pflanzenschutz? Zum Glück hat niemand von uns mehr die Zeiten erleben müssen, in denen schlechtes Wetter oder Schädlinge in Deutschland eine Hungersnot auslösen konnten, in denen es oft zu wenig Brot oder Kartoffeln gab, um Menschen schlichtweg satt zu machen. Wir haben uns daran gewöhnt, dass es bei uns jederzeit überall zu günstigen Preisen verfügbare Nahrungsmittel gibt. Wir vergessen manchmal, dass es beim modernen Pflanzenschutz genau darum geht, viele Gefahren für die Ernte abwehren zu können – die Ernte, die uns die Mittel zum Leben, nämlich unsere Lebensmittel, verschafft. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gab auch Zeiten – das gehört zur Wahrheit dazu –, in denen es beim Pflanzenschutzmitteleinsatz hieß: Viel hilft viel. – Die Zeiten sind zum Glück in den meisten Teilen Europas vorbei. Wir werden den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel weiter reduzieren und gleichzeitig unsere Ernte sichern. Wir nehmen die Auswirkungen auf die Natur und die /2016 Rev5, Umwelt noch stärker in den Blick. ­Neonikotinoide – man kann sie auch abkürzen: Neoniks; das ist eher unfallfrei e gegenüber der Bun-auszusprechen –, das sind Insektizide; in Abgrenzung dazu gibt es auch noch Herbizide. Ich möchte einen Blick auf die EFSA, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, werfen. Sie kommt zu dem Schluss, dass die drei Wirkstoffe aus der Gruppe der Neonikotinoide für Bienen und andere Bestäuber ein unvertretbares Risiko darstellen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe an dieser Stelle bei meiner Regierungserklärung gesagt: Bienen sind systemrelevant, und was der Biene schadet, muss vom Markt. Deshalb werde ich in Brüssel dem Verbot der Freilandanwendung dieser Wirkstoffe zustimmen. Genau deshalb, verehrte Vertreter der Grünen, ist Ihr Antrag überholt und auch überflüssig. Sie müssen die Bundesregierung nicht auffordern, eine Haltung zu finden. Sie müssen nicht von der Möglichkeit Gebrauch machen, dass der Bundestag etwas formuliert, damit die Bundesregierung auf europäischer Ebene ein entsprechendes Mandat übernimmt. Wir haben uns schon längst klar darauf geeinigt – darüber bin ich sehr froh; die Kollegin Schulze ist heute bei der Debatte auch anwesend –, dass wir dem Vorschlag der EU-Kommission folgen möchten, weil er auf der wissenschaftlichen Erkenntnis der EFSA beruht. Deshalb ist der Antrag überflüssig. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist im Interesse der Natur, aber auch im Interesse der Landwirtschaft; denn auch sie ist auf die Bestäubungsleistung der Bienen angewiesen. Die wissenschaftliche Bewertung ist für mich dabei das Ausschlaggebende – und das nicht nur dann, wie bei einigen hier im Haus, wenn es gerade zur eigenen politischen Agenda oder zur eigenen Überzeugung passt. Doch was viele außer Acht lassen: Wir müssen weiter schauen. Es sind zwei Punkte: Erstens. Wenn wir über den Schutz der Insekten sprechen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, müssen wir das Ganze in den Blick nehmen und dürfen nicht nur einen kleinen Teil sehen. Ich habe gestern mit meiner Kollegin Schulze vereinbart – wir haben uns ausgetauscht –, dass wir zum Insektensterben gemeinsam, Hand in Hand, ein Monitoring auf den Weg bringen wollen. Uns ist wichtig, ohne Scheuklappen zu handeln. Natürlich muss die Landwirtschaft ihren Beitrag leisten. Wir sind mit der betroffenen Branche in vielversprechenden Gesprächen. Aber es reicht nicht, mit dem Finger nur auf die Landwirte zu zeigen. Wir müssen außerdem über weitere Faktoren wie Lichtverschmutzung oder die Gestaltung öffentlicher Flächen sprechen; denn auch das hat einen großen Einfluss auf die Insekten. Nur wenn man das Ganze im Blick hat, ist man glaubwürdig. Deshalb wird die Bundesregierung ein umfassendes Aktionsprogramm zum Schutz der Insekten auflegen. Zweitens. Wenn die Bauern Wirkstoffe für den Pflanzenschutz verlieren, brauchen sie Alternativen. Ohne Pflanzenschutz, ob er chemisch ist oder nicht, geht es nicht – übrigens auch nicht im ökologischen Anbau; das wissen Sie. Deshalb werden wir die Zulassungsbehörden personell verstärken, um schneller zu modernen, risikoärmeren Mitteln zu kommen. Und wir werden die Erforschung von Alternativen unterstützen und da massiv investieren. Wir sehen auch eine Chance beim Thema „Digitaler Wandel“ – Stichwort „Präzisionslandwirtschaft“ –: Wir reduzieren Pflanzenschutzmittel der Menge nach, indem wir sie präzise dort aufbringen, wo wir sie brauchen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die umwelt- und naturverträgliche Anwendung von Pflanzenschutzmitteln wird Teil der Ackerbaustrategie sein, die wir gemeinsam auflegen werden. Die Ackerbaustrategie wird sicherstellen, dass wir die Fruchtbarkeit unserer Böden und die Biodiversität schützen, der Pflanzenbau sich für unsere Bäuerinnen und Bauern aber gleichzeitig lohnt. Denn – auch das will ich sagen – wenn wir Getreide, Gemüse und Obst nur noch importieren, dann haben wir keinen Einfluss mehr darauf, wie sie produziert worden sind. Ich will nicht, dass unsere Familienbetriebe die Hoftore schließen müssen. Ich fasse zusammen: Die Bundesregierung hat eine klare Haltung: Was der Biene schadet, kommt vom Markt. Wir werden dem Kommissionsvorschlag auf europäischer Ebene zustimmen. Als Landwirtschaftsministerin sage ich verantwortungsvoll: Die Bauern sind nicht an allem schuld. Sie werden ihren Beitrag leisten. Wir müssen alles in den Blick nehmen und ermöglichen, dass Landwirtschaft in Deutschland weiterhin möglich bleibt, damit wir wissen, wie produziert wird. Das geht nur, wenn wir einen Blick auf die heimische und regionale Produktion haben. Herzlichen Dank.
CDU/CSU
Frau Präsidentin ! Meine Damen und Herren ! Liebe Frau Scheel , Herr Poß : Wer so laut schreit , hat unrecht . . Wer so um sich schlägt , hat kein Konzept . Die Bürger wollen Argumente hören , keine schrillen Töne . Ich habe mir hier über Minuten hinweg Diffamierungen des bayrischen Ministerpräsidenten anhören müssen , eines Ministerpräsidenten , der bei den Bürgern in Bayern eine doppelt so hohe Zustimmung hat wie SPD und Grüne zusammengenommen . . Er ist , Frau Kollegin von der PDS , nicht nur von den Spezis am Starnberger See gewählt worden , sondern von den Arbeitnehmern draußen ; sonst hätte er keine 53 Prozent bekommen . . Um was geht es uns in unserem Steuerkonzept ? Meine Damen und Herren , es geht um die massive Förderung von Wachstum . Es geht um die Schaffung von Arbeitsplätzen mit dem Instrument der Steuerpolitik . Lafontaine _ Ihr Vorgänger , Herr Eichel _ hat im Bundestag in Bonn im März noch ausdrücklich gesagt , er halte die Steuerpolitik für die Schaffung von Arbeitsplätzen nur sehr wenig geeignet . Genau dies ist unser Ansatz . Wir sagen : Die Steuerpolitik ist ein zentrales Instrument , um tatsächlich Wachstum und Arbeitsplätze zu schaffen . . Herr Eichel , Sie werden mit Ihren Vorstellungen , die Sie bisher vorgelegt haben , keine Wachstumseffekte erzielen . Im Gegenteil : Wir spüren Attentismus , weil die Leute überall sagen : Was wollen die nun eigentlich ? Das , was Sie bisher gemacht haben , waren millimeterweise Senkungen ohne Mut und ohne Konzeption . Bei der Unternehmensteuerreform begehen Sie einen Systembruch , veranstalten Chaos und Planspielchen . Keine klare Konzeption , keine klare Senkung : Ich denke , das ist genau das Gegenteil von dem , was man im Unternehmensbereich braucht . . Die Grünen , Frau Scheel , sind ja schon sichtbar auf der Flucht vor diesem Chaos . Ich kann nur sagen : Herr Schlauch , willkommen im Klub der Sachverständigen ! . In allem Ernst : Die Leute wollen sich doch die Fetzereien gar nicht mehr anhören . Dieses Land braucht ein steuerpolitisches Gesamtkonzept _ wie Frau Kollegin Hasselfeldt es schon dargestellt hat _ mit deutlichen Senkungen sowohl für die Unternehmen- als auch bei der Einkommensteuer . Das muß zusammenpassen . Das gilt insbesondere für die Personenunternehmen . Es paßt eben nicht zusammen , was Sie gegenwärtig in Planspielchen probieren . Wir brauchen eine klare Grundlinie ; einen steuerpolitischen Befreiungsschlag braucht dieses Land , sonst nichts . . Daß , Herr Kollege Solms , die Steuerpolitik keine Novitätenschau ist , das ist wohl wahr . Aber bei genauem Hinschauen werden Sie sehr wohl die wohldurchdachten Fortentwicklungen der bisherigen Vorstellungen der Union und der CSU erkennen können . Eine Novität , die mit Stufen aufwartet , halten wir nicht für besonders sensationell . . Die Vereinfachung , die Sie jetzt Ihrerseits anmahnen , wird nicht durch einen Stufentarif , der sehr simpel aussieht , hergestellt . Vielmehr kann man eine Vereinfachung nur bei der Bemessungsgrundlage herstellen ; das ist das Entscheidende . . Der Vorschlag , den ich vorgelegt habe , wird sich weitgehend selbst finanzieren , und zwar durch dreierlei Effekte : Der Effekt Numero eins ist der Wachstumseffekt . . _ Der Herr Finanzminister hat noch gar nichts gehört , aber er ist schon sehr lustig . . Der zweite Effekt ist der Ehrlichkeitseffekt , wenn Sie so wollen , . und der dritte ist der unmittelbare Haushaltseffekt . Durch die durchgängige 30prozentige Steuerentlastung in der zweiten Stufe werden wir in massiver Weise einen Investitionszuwachs bekommen , . der seinerseits noch einmal durch eine massive Nachfragestärkung gefestigt wird . Die Wissenschaftler nennen das Akzelerationseffekt . . Das stärkt dann auch noch die Investitionen . Dieser Wachstumseffekt _ das nehme ich persönlich an _ beträgt im ersten Jahr . _ jetzt achten Sie einmal auf die Zahlen , Herr Poß _ einen halben Prozentpunkt zusätzliches Bruttosozialprodukt und wird in den Jahren 2002 und 2003 etwa einen Prozentpunkt betragen . Das ist sehr niedrig angesetzt angesichts anderer Erfahrungen . Bei einer Steuerelastizität von 1 ,3 Prozent _ das kann üblicherweise angenommen werden _ hat das zum Ergebnis , daß auf Grund des Wachstumseffektes schon fast 50 Prozent der gesamten Ausfälle abgedeckt sind . Ein Weiteres . Die Steuervermeidung wird beendet werden . Personen , die ihr Kapital ins Ausland gebracht haben , werden in dieses Land zurückkehren . . Die Leute werden wieder aus der Schwarzarbeit auftauchen , und diejenigen , die viel Geld haben , werden endlich aufhören , akrobatische Steuervermeidungsstrategien zu fahren , weil es sich einfach nicht mehr lohnt . . Wenn man alle Effekte zusammennimmt , muß man sagen : Dieses Paket wird sich weitgehend selbst finanzieren . . Das ist auch die Erkenntnis aller vernünftigen Experten , etwa des Ifo-Instituts . Dieses Konzept baut auf den Erfahrungen von Groß- britannien , wo es funktioniert hat , und von Neuseeland auf , wo man eben von 48 Prozent _ sehr vergleichbar mit den Sätzen in unserem Land _ . auf 28 Prozent heruntergegangen ist und wo man . auf einen Eingangssteuersatz von 21 Prozent heruntergegangen ist . . Das hat dort zu einer radikalen Reduzierung der Arbeitslosigkeit geführt . Die Wirtschaft dort ist gesund , und bei uns ist sie nicht gesund , Herr Eichel . Es ist Ihre Aufgabe , hier etwas zu tun . . Der Zwischenruf von Herrn Poß zielt auf die Verschuldungsgrenze . Ich lese in den Zeitungen , daß wir die Grenzen des Maastrichter Vertrages überschreiten . Wer die Grundlagen und Zahlen in dem schönen dicken roten Buch des Finanzministers liest , wird feststellen , daß wir weit weg davon sind . Selbst wenn Sie die Ausfälle , die von uns bei diesem Vorschlag unterstellt werden , . hinzurechnen , kommen Sie nicht über 2 Prozent hinaus , und im Jahr 2002 sind Sie bei 1 ,5 Prozent und im Jahre 2003 noch einmal bei 1 ,5 Prozent . Das ist weit weg von dem 3-Prozent-Kriterium . . Ich glaube , das ist ein Argument der Ahnungslosen . . Dann kommt der Art . 115 . Danke für das Stichwort , Herr Kollege . Ich habe mich schon damit befaßt , weil das natürlich auch die Länder angeht . Ich habe ja gelesen , die neuen Bundesländer seien betroffen . Dazu sage ich : Kein neues Bundesland ist in der Gefahr , daß es über die in Art . 115 festgelegte Grenze _ er besagt , daß die Summe der Investitionen gleich der Verschuldung sein muß _ hinausgeht . Es gibt kleine Probleme bei Bremen und Hamburg , erstaunlicherweise nicht bei Berlin . Die einzige Ebene , wo man im Anfangsstadium tatsächlich über die Grenze hinauskommen kann , ist der Bund . Aber , meine Damen und Herren , schauen Sie sich die Zahlen an : Das hat der Finanzminister selbst in der Hand . Sein Vorgänger hat massiv die konsumtiven Ausgaben nach oben getrieben zu Lasten der Investitionsquote . Und der jetzige Finanzminister . drückt die Investitionsquote , die Investitionen dieses Haushaltes , nach unten . Er kann durch kleine Schräubchendrehungen natürlich sicherstellen , daß der Art . 115 eingehalten wird . . _ Auch ich mache einen Haushalt , ich weiß genau , wie das geht . . Mit Sicherheit können Sie so die Investitionen nach oben treiben . _ Ich sage mit Stolz : Ich habe eine Investitionsquote von 15 ,7 Prozent , was sehr schwer einzuhalten ist , und der Bund hat eine Investitionsquote von knapp über 10 Prozent . Und jetzt drücken Sie sie noch weiter nach unten . Sie haben es mit Ihrer Haushaltspolitik selbst in der Hand , Herr Eichel , die Investitionsquote zu steuern und damit Art . 115 zu entsprechen . Dies als Argument gegen eine Steuerkonzeption zu nehmen ist nichts anderes als eine Argumentationsflucht . . Gehen Sie doch auf dieses Steuerkonzept ein , und gehen Sie nicht auf irgendwelche Nebenkriegsschauplätze ! . Noch etwas zum Unsozialen : Wir senken den Eingangssteuersatz weiter als diese Bundesregierung . Außerdem setzen wir den Grundfreibetrag früher hinauf , als es diese Bundesregierung geplant hat . Wir senken dabei die Steuerlast für alle um rund 30 Prozent . Vor allem schaffen wir mit diesem Konzept Arbeitsplätze . Und sozial ist heute , was Arbeitsplätze schafft . .
CDU/CSU