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Stephan Kühn BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Stephan
Kühn
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Mich hat die große Demonstration der Siemens-Beschäftigten in Görlitz am 9. November sehr beeindruckt. Die ganze Stadt war dabei: Beschäftigte von Bombardier und anderen Betrieben, Schülerinnen und Schüler, Vertreter aus allen Parteien – bis auf die FDP – und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus ebenfalls betroffenen Siemens-Standorten. Gemeinsam und solidarisch! Von dieser Aktuellen Stunde, meine Damen und Herren, geht das Signal an die betroffenen Siemens-Beschäftigten: Wir stehen an eurer Seite, und wir werden mit euch für den Erhalt eurer Arbeitsplätze kämpfen!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
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11003796
Andreas G. Lämmel CDU/CSU
Andreas G.
Lämmel
CDU/CSU
Meine Damen und Herren, wir in der Politik können natürlich keine Arbeitsplätze schaffen; da stimme ich meinen Vorrednern zu. Wir können auch keine herbeizaubern. Aber wir können die Konzerne an ihre Verantwortung erinnern.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
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11003796
Andreas G. Lämmel CDU/CSU
Andreas G.
Lämmel
CDU/CSU
Meine Damen und Herren, was hat Siemens hier gemacht? Siemens hat die Beschäftigten mit einer Pressekonferenz überrascht. Ich habe mit allen Betriebsräten gesprochen: Keiner der Betriebsräte, keiner der Werksleiter wusste von diesem geplanten Kahlschlag. Genau das ist der Kritikpunkt, den wir haben: So kann man nicht mit den Leuten umgehen. So kann man nicht mit den Beschäftigten eines Unternehmens umgehen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
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11003796
Andreas G. Lämmel CDU/CSU
Andreas G.
Lämmel
CDU/CSU
Wie es effizienter sein soll, die Produktion nach Mülheim zu verlagern, muss mir Herr Kaeser einmal vorrechnen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE])
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11003796
Andreas G. Lämmel CDU/CSU
Andreas G.
Lämmel
CDU/CSU
Genau derselbe Blick nach Leipzig: In Leipzig werden keine Gasturbinen hergestellt. In Leipzig werden Kompressoren hergestellt. Von 170 industriellen Vorhaben, die in Leipzig realisiert worden sind, sind 5 Kompressorenanlagen für Kraftwerke. 165 Anlagen wurden in die Gasindustrie, in die Ölindustrie, in die Petrochemie und in die chemische Industrie geliefert. Also besteht auch dort im Prinzip kein direkter Zusammenhang zum geplanten Stellenabbau. Nun kommt der Gipfel: Das Werk in Leipzig ist nicht einmal im Tarifverbund Ost. 27 Jahre nach der deutschen Einheit betreibt Siemens Werke, die nicht einmal zum Tarifgebiet Ost gehören. Erst jetzt hat sich Siemens bereit erklärt, im Rahmen eines fünfjährigen Stufenplans das Werk in Leipzig in den Tarif Ost zu heben. Für einen Konzern, der weltweit aufgestellt ist, ist das ziemlich skandalös.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
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11003796
Andreas G. Lämmel CDU/CSU
Andreas G.
Lämmel
CDU/CSU
Es geht mir nicht darum, in unternehmerische Entscheidungen einzugreifen; das geht auch gar nicht. Siemens muss selbst wissen, wie es seine Zukunftsfähigkeit herstellt. Ein Mittelständler würde zuerst immer darüber nachdenken, was er machen kann, um auch morgen die Fähigkeiten seiner gut ausgebildeten Beschäftigten zu nutzen und den Standort zu erhalten bzw. auszubauen. Genau das verlangen wir auch von Siemens. Wir stehen an der Seite der Beschäftigten und werden mit ihnen gemeinsam kämpfen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
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Andreas G. Lämmel CDU/CSU
Andreas G.
Lämmel
CDU/CSU
Dr. Eva Högl hat für die SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD)
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Dr.
Dr. Eva Högl SPD
Eva
Högl
SPD
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Bundestagsfraktion hat diese Aktuelle Stunde beantragt, damit wir hier vom Deutschen Bundestag aus ein ganz deutliches Signal für den Erhalt der Arbeitsplätze bei Siemens senden.
(Beifall bei der SPD)
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Dr.
Dr. Eva Högl SPD
Eva
Högl
SPD
Die SPD steht geschlossen und ganz fest an der Seite der Beschäftigten, des Betriebsrats und der IG Metall beim Einsatz für diese wichtigen Arbeitsplätze und beim Erhalt der Standorte in Berlin, Offenbach und Ostdeutschland.
(Beifall bei der SPD)
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Dr.
Dr. Eva Högl SPD
Eva
Högl
SPD
Ich freue mich sehr – ich blicke nach oben auf die Tribüne –, dass heute Beschäftigte der beiden Werke in Berlin, des Gasturbinenwerks in Moabit in meinem Wahlkreis in Berlin-Mitte und des Dynamowerks in Spandau, unserer Einladung gefolgt sind und diese Debatte verfolgen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Marco Buschmann [FDP]: Wo ist Frau Nahles?)
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Dr.
Dr. Eva Högl SPD
Eva
Högl
SPD
Viele andere Beschäftigte werden sicherlich entweder vor dem Computer oder vor dem Fernseher die Debatte verfolgen. Herzlich willkommen heute im Deutschen Bundestag!
(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
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Dr.
Dr. Eva Högl SPD
Eva
Högl
SPD
Es wurde schon viel gesagt. Trotzdem betone ich für die SPD noch einmal ganz deutlich: Der Stellenabbau, den Siemens plant, ist sowohl unverständlich als auch unverantwortlich und damit ein Skandal.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
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Dr.
Dr. Eva Högl SPD
Eva
Högl
SPD
Wir erwarten, dass diese Pläne von Siemens zurückgenommen werden. Bei einem Gewinn von mehr als 6 Milliarden Euro ist es absolut unverständlich und indiskutabel, dass ein Stellenabbau die Antwort ist. Es sind die Beschäftigten – das wissen alle –, die die Gewinne erwirtschaften und dafür sorgen, dass ein Unternehmen gut dasteht, und Siemens steht gut da auf dem Weltmarkt. Das sind die Leistung und der Erfolg der Beschäftigten. Wenn für diese Arbeit ein Stellenabbau die Belohnung sein soll, dann läuft doch etwas ganz gewaltig schief.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
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Dr.
Dr. Eva Högl SPD
Eva
Högl
SPD
Wir wissen ganz genau, dass der Grund nur die Steigerung der kurzfristigen Rendite ist. Hier wird viel über Strukturpolitik gesprochen. Es wird sogar vorgetragen, die Energiewende und unser gemeinsames Bemühen um den Klimaschutz seien die Gründe dafür, dass Siemens nun einen Strukturwandel vornehmen müsse und dass entsprechend viele Stellen abgebaut werden müssten. Das ist absolut falsch; denn gerade Gasturbinen sorgen dafür, dass die Energiewende positiv gestaltet werden kann. Sie leisten einen Beitrag zur Energiewende. Das Argument, Klimaschutz und Energiewende seien schuld, ist absolut vorgeschoben.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
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Dr.
Dr. Eva Högl SPD
Eva
Högl
SPD
Ich will deutlich machen, wie wichtig Industriearbeitsplätze in Deutschland sind. Industriearbeitsplätze einschließlich guter Löhne, Tarifverträge, Mitbestimmung und starker Gewerkschaften sind zukunftsfest. Diese dürfen nicht abgebaut, sondern müssen ausgebaut werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
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10:00
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Dr.
Dr. Eva Högl SPD
Eva
Högl
SPD
Meine letzte Minute Redezeit widme ich der sozialen Marktwirtschaft. Ich sagte es eben schon: Es geht hier um kurzfristige Rendite und nicht um eine verantwortungsvolle Standortpolitik. Soziale Marktwirtschaft heißt aber, dass alle, die Verantwortung tragen – das sind die Unternehmen, das Management, die Beschäftigten, die Gewerkschaften und auch wir, die politisch Verantwortlichen –, gemeinsam die Verantwortung wahrnehmen für hochwertige Arbeitsplätze und für die Sicherung von Standorten. Deswegen können diese Standortschließungen und dieser Arbeitsplatzabbau überhaupt keine Antwort in einer sozialen Marktwirtschaft sein.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
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Dr.
Dr. Eva Högl SPD
Eva
Högl
SPD
Vielmehr wissen wir, dass die Beschäftigten ihre Verantwortung wahrgenommen haben. Sie haben den Strukturwandel möglich gemacht. Die Gewerkschaften haben ihre Verantwortung wahrgenommen. Herr Pfeiffer, es ist kein Siemens-Bashing, wenn ich ganz deutlich sage: Jetzt ist Siemens in der Verantwortung, gemeinsam mit anderen Akteuren Alternativen zum Stellenabbau zu suchen,
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
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Dr.
Dr. Eva Högl SPD
Eva
Högl
SPD
Das Wort zu seiner ersten Rede hat Dr. Heiko ­Heßenkemper für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
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Dr.
Dr. Heiko Heßenkemper AfD
Heiko
Heßenkemper
AfD
Bei diesen Problemen sollten Strukturen analysiert werden, und es wird ein bestimmtes Muster erkennbar. Ideologiegetragene gesellschaftlich-politische Entwicklungen mit daraus folgenden dirigistischen Eingriffen in die Wirtschaft haben von der Politik nicht berücksichtigte Auswirkungen, die zu solchen Problemen führen, wie sie nun bei Siemens erkennbar sind. An den Gräbern deutscher Arbeitsplätze werden dann Krokodilstränen vergossen, und in populistischer Manier erheben sich Pseudoforderungen als Augenwischerei für die betroffenen Arbeitnehmer mit dem bekannten Ruf „Haltet den Dieb!“; Industrieschelte wird vollzogen, um von der eigenen Mitschuld abzulenken.
(Beifall bei der AfD)
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Dr.
Dr. Heiko Heßenkemper AfD
Heiko
Heßenkemper
AfD
Welche Industrien sollen noch aus Deutschland vertrieben werden? Ich kann für unser Land nur hoffen, dass wir in wenigen Jahren mit der Automobilindustrie nicht das erleben müssen, was sich im Augenblick abzeichnet, und dass mit der AfD noch gegengesteuert werden kann.
(Beifall bei der AfD – Lachen bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Helau!)
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Dr.
Dr. Heiko Heßenkemper AfD
Heiko
Heßenkemper
AfD
Erstens. Hören Sie endlich auf mit der ideologiegetriebenen Wirtschaftspolitik!
(Beifall bei der AfD)
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Dr.
Dr. Heiko Heßenkemper AfD
Heiko
Heßenkemper
AfD
Zweitens. Stoppen Sie den Verfall unseres Bildungssystems mit den katastrophalen Experimenten gerade in den rot-grün dominierten Bundesländern!
(Beifall bei der AfD – Zurufe von der AfD: Bravo!)
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Dr.
Dr. Heiko Heßenkemper AfD
Heiko
Heßenkemper
AfD
Drittens. Optimieren Sie mit uns die Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung! Nur Innovationen sind der Grund für nachhaltigen Profit – ja: Profit – und damit nämlich für Prosperität der gesamten Gesellschaft.
(Beifall bei der AfD)
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Dr.
Dr. Heiko Heßenkemper AfD
Heiko
Heßenkemper
AfD
Dies sind die Maßnahmen, die dauerhaft Arbeitsplätze erhalten und schaffen, und nicht populistische Aktionen.
(Beifall bei der AfD)
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11004339
Dr.
Dr. Andreas Lenz CDU/CSU
Andreas
Lenz
CDU/CSU
Das sind 600 000 Menschen mehr als zu diesem Zeitpunkt im letzten Jahr. Dieser wirtschaftliche Erfolg hat auch einen Namen: Das ist die unionsgeführte Bundesregierung.
(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Vor allem die CSU in Bayern!)
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11004318
Thomas Jurk SPD
Thomas
Jurk
SPD
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich hervorragende Zahlen, die da Siemens auf der Pressekonferenz am 9. November präsentiert hat: Rekordumsätze, Rekordgewinne – und dann der Schicksalsschlag für ganze Standorte in Deutschland bis hin zur Schließung. 6 900 Beschäftigte werden weltweit abgebaut, ungefähr 3 000 in Deutschland. Das ist eben nicht soziale Marktwirtschaft, wie wir sie uns vorstellen. Ich bin sehr dankbar, dass es differenzierte Wortmeldungen auch aus den Reihen der CDU/CSU-Fraktion dazu gegeben hat.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE])
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11004318
Thomas Jurk SPD
Thomas
Jurk
SPD
Was sage ich jetzt den Beschäftigten, die vom Verlust ihres Arbeitsplatzes bedroht sind, die eigentlich mit ihrer tagtäglichen fleißigen, innovativen Arbeit zu dem Rekordergebnis beigetragen haben? Die müssen sich doch völlig verhöhnt vorkommen. Deshalb sage ich ganz klar: Unsere Solidarität gilt allen Beschäftigten deutschlandweit, die von diesen Sparmaßnahmen betroffen sind.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Aber nur deutschlandweit!)
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11004318
Thomas Jurk SPD
Thomas
Jurk
SPD
Ich blicke auf mein Heimatbundesland Sachsen: In Leipzig sind durch Schließung des Kompressorenwerks 270 Beschäftigte, in Görlitz an der Neiße 960 Beschäftigte von der Schließung betroffen. Das stellt eine beschäftigungspolitische Katastrophe für Ostdeutschland dar. Dabei rede ich jetzt noch nicht einmal über Erfurt oder Berlin oder von Standorten wie Mülheim oder Erlangen oder Offenbach in Westdeutschland. Generell ist es so – das muss zur Kenntnis genommen werden –, dass das für uns alle angesichts der guten Ergebnisse nicht akzeptabel ist.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE])
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Thomas Jurk SPD
Thomas
Jurk
SPD
Joe Kaeser sagt ja gerne, dass beides wichtig ist: Mensch und Marge. Aber offensichtlich ist bei dieser Entscheidung von Siemens darüber nicht ernsthaft nachgedacht worden. Wer sich die aktuelle Geschäftsentwicklung anschaut, der wird feststellen, dass bei der Division „Power and Gas“ statt 11,4 Prozent wie im letzten Jahr nur noch 10,3 Prozent Gewinn erreicht wurden. Jetzt frage ich Sie aber: Ist es nicht unglaublich, dass man trotz eines zweistelligen Gewinns Arbeitsplätze abbaut? Es ist doch angesichts dieser Ergebnisse verlogen, zu sagen, die Arbeitnehmer hätten schlecht gearbeitet. Über die strukturellen Folgen in meiner Region will ich gar nicht weiter reden. Sie sind verheerend. Wir haben in Görlitz nun einmal ein Geflecht aus Zulieferunternehmen und eine enge Kooperation mit Schulen und Hochschulen. Das alles wird kaputtgemacht und aufs Spiel gesetzt. Das ist ungerechtfertigt und unverantwortlich. Leuchttürme im Osten sind gefragt. Wir müssen neue aufbauen und dürfen die bestehenden nicht abbauen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
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11004318
Thomas Jurk SPD
Thomas
Jurk
SPD
Was die Perspektiven betrifft, will ich darauf hinweisen, dass vor kurzem 52 Unternehmensverbände in Deutschland ein Bekenntnis zur Klimapolitik veröffentlicht haben. Siemens hat diese Erklärung mitgetragen. Darin heißt es übrigens, dass das Pariser Klimaabkommen die unternehmerische Planungssicherheit erhöht und zusätzliche Investitionen ermöglicht. Nehmen wir also Siemens beim Wort. Investieren Sie von Siemens in Görlitz, Berlin, Offenbach, Erlangen, Mülheim, Leipzig und Erfurt! Tun Sie etwas für die Zukunft gerade auch in Ostdeutschland! Herr Kaeser, Sie sind herzlich eingeladen, dort mitzutun. Kommen Sie nach Görlitz, schauen Sie sich das Werk an, und helfen Sie mit, dass das Unternehmen auch in Ostdeutschland eine Zukunft hat!
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
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Jana Schimke CDU/CSU
Jana
Schimke
CDU/CSU
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein paar einordnende Worte zum Abschluss der Debatte. Ich finde es immer wieder anmaßend, wie in der Politik, auch im Deutschen Bundestag, über die Ursachen unternehmens­interner Entscheidungen geurteilt wird.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
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Jana Schimke CDU/CSU
Jana
Schimke
CDU/CSU
Das tut es aber nicht, Herr Ernst.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf des Abg. Thomas Jurk [SPD])
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Jana Schimke CDU/CSU
Jana
Schimke
CDU/CSU
Deswegen wäre mein Votum an die heutige Runde und mein Petitum, ihn und das Unternehmen, den Konzern daran zu messen. Diese Verantwortung haben die Unternehmen – eben nicht nur die mittelständischen und familiengeführten Betriebe, sondern auch große Konzerne wie Siemens.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
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Peter Altmaier Bundesminister der Finanzen
Peter
Altmaier
Bundesminister der Finanzen
Carsten Schneider hat für die SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD)
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11003218
Carsten Schneider SPD
Carsten
Schneider
SPD
Für die SPD-Fraktion ist überhaupt nicht nachvollziehbar und auch nicht akzeptabel, dass Irland von einem Großkonzern wie Apple – ein öffentlicher Fall – über 13 Milliarden Euro an Steuern nicht eingezogen hat und entsprechende Absprachen getroffen hat, sodass dieser Konzern quasi steuerfrei Gewinne machen konnte, was in Irland auch noch legal ist. Das ist für uns nicht akzeptabel. Deswegen werden wir diesem Antrag nicht zustimmen.
(Beifall bei der SPD, der AfD und der LINKEN)
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11003218
Carsten Schneider SPD
Carsten
Schneider
SPD
Ich habe 2010 in der Debatte zum ersten Antrag Irlands gesagt, dass neben den Sparmaßnahmen in Irland, die in extremem Maße umgesetzt wurden, auch die Steuereinnahmeseite zentral ist. Der Unternehmensteuersatz liegt in Irland bei 12,5 Prozent; in Deutschland liegt er bei 30 Prozent, je nachdem, wie hoch die Gewerbesteuer ist. Dieses Steuerdumping ist ein Problem für den Zusammenhalt der Europäischen Union, wenn wir mehr Integration wollen. Der nächste Bundestag muss auf die Vorschläge von Emmanuel Macron, die progressiv nach vorne gehen, um Europa zu stärken, eine Antwort geben. Diese stärkere finanzielle Zusammenarbeit beinhaltet neben Transfers vor allen Dingen eine faire Steuerpolitik. Deswegen ist für uns seit Beginn dieser Legislaturperiode eine faire Steuerpolitik aller Staaten zentral und Voraussetzung für eine progressive Europapolitik.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das eine darf man ja machen, aber das andere darf man nicht lassen!)
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11003218
Carsten Schneider SPD
Carsten
Schneider
SPD
Es geht hier um Innenpolitik. Man muss sich mit anderen Ländern auch streiten können. Europapolitik ist jetzt zum Teil Innenpolitik. Es geht dort auch zwischen den Parteifarben hin und her. Wenn ein sehr liberal geprägtes Land wie Irland – die Liberalen regieren dort zum großen Teil – auf Steuereinnahmen verzichten will und im Rahmen des von der Europäischen Kommission eröffneten Beihilfeverfahrens dagegen klagt, diese 13 Milliarden Euro einzutreiben, ist für uns als Sozialdemokraten das Ende der Solidarität erreicht. Aus diesem Grund stimmen wir heute nicht zu.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Martin Hebner [AfD])
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11003218
Carsten Schneider SPD
Carsten
Schneider
SPD
Es ist auch niemandem zu erklären, dass nicht einmal der Körperschaftsteuersatz von 12,5 Prozent als Grundlage genommen wird. Nein, im Falle Apple gab es Absprachen, die dazu geführt haben, dass der Steuersatz quasi gegen null geht. Aufgrund dieser Politik des gegenseitigen Aussaugens von Nationalstaaten, die dazu führt, dass der Souverän, das Volk, nicht mehr über Steuerpolitik entscheiden kann, weil der Bundestag letztendlich nicht mehr in der Lage ist, autonom zu entscheiden, muss man die Steuerpolitik auf europäischer Ebene stärken. Wir wollen hier eine europäische und keine nationalistische Antwort geben. Das ist ein ganz zentraler Unterschied.
(Beifall bei der SPD)
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11003218
Carsten Schneider SPD
Carsten
Schneider
SPD
Es gibt ja nicht nur den irischen Fall. Wir haben in den letzten zwei Wochen den Fall „Paradise Papers“ erlebt; davor gab es die Diskussion um die „Panama Papers“. Journalisten haben durch intensive Recherchearbeit aufgedeckt, wie Beraterkonzerne, Banken und Staaten gemeinsam es Superreichen und großen Konzernen ermöglichten, ihre Steuerlast auf null zu reduzieren. Das ist in einer Demokratie schädlich. Es ist Gift, weil es dazu führt, dass nur noch diejenigen Steuern zahlen, die nicht fliehen können und die sich keine superteuren Berater leisten können. Deswegen sind wir Sozialdemokraten so hinterher, dass Steuergerechtigkeit gilt und es in Europa Konsens wird, dass Steuerdumping kein Geschäftsprinzip einer sozialen, fortschrittlichen Europäischen Union ist.
(Beifall bei der SPD)
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11003218
Carsten Schneider SPD
Carsten
Schneider
SPD
Zu Irland kann man sagen – ich habe das schon 2010 hier in meiner Rede gesagt; mein Kollege Johannes Kahrs hat das 2014 gesagt –, dass wir die Steuersätze, die auf dem Papier stehen, auch in der Realität umgesetzt sehen wollen. Irland hat dieses Stoppschild zweimal überfahren. Dann kann man nicht erwarten, dass Sozialdemokraten bedingungslos weiter zustimmen.
(Beifall bei der SPD)
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11003218
Carsten Schneider SPD
Carsten
Schneider
SPD
Wir haben einen Entschließungsantrag vorgelegt, der Folgendes vorsieht: Solange das Land Irland immer noch gegen den Bescheid der Kommission klagt, soll der Vertreter im EFSF – das ist das Gremium, das die Gelder ausgibt und die Interessen der Nationalstaaten, die Gelder bereitgestellt haben, vertritt – so lange Nein sagen, bis Irland von der Bremse geht und letztendlich dafür sorgt, dass die 13 Milliarden Euro an Steuereinnahmen von Apple tatsächlich erzielt werden. Ich halte das für zwingend notwendig. Es wäre niemandem innerhalb der Europäischen Union zu erklären, wenn wir das durchlaufen ließen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Martin Hebner [AfD])
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11003218
Carsten Schneider SPD
Carsten
Schneider
SPD
Die Debatte zu den Steueroasen innerhalb der Europäischen Union – das ist nicht nur Irland, sondern das sind auch, wie man an den Veröffentlichungen sieht, die Niederlande, Malta und Luxemburg – ist für uns Auftrag, die OECD darin zu bestärken, an dieser Stelle intensiver und schneller vorzugehen. Wir haben als SPD-Fraktion hier vor einem Jahr 20 Punkte gegen Steuerhinterziehung und -betrug vorgelegt. Einige davon sind in den OECD-Maßnahmeplan aufgenommen worden. Wir hätten das gerne schon 2017 im Bundestag beschlossen; die Union war aber dagegen und hat es auf 2018 verschoben. Ich hätte mir gewünscht, dass die Bundeskanzlerin und Finanzminister Wolfgang Schäuble die G‑20-Präsidentschaft, die Deutschland innehatte, genutzt hätten, um dem Thema „Steuerhinterziehung, Steuerbetrug und Steuerunehrlichkeit“ absolute Priorität einzuräumen. Das war leider nicht der Fall. Von daher ist es Auftrag für uns Sozialdemokraten und für den nächsten Bundestag, hier klare Kante zu zeigen und Maßstäbe zu setzen. Aus diesem Grund ist das der erste Punkt, bei dem wir Nein sagen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
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11003218
Carsten Schneider SPD
Carsten
Schneider
SPD
Für die AfD-Fraktion hat nun Dr. Harald Weyel das Wort. Es ist seine erste Rede im Deutschen Bundestag.
(Beifall bei der AfD)
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11004932
Dr.
Dr. Harald Weyel AfD
Harald
Weyel
AfD
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Es ist schon rührend, hier zu sehen, wie in einem Last-minute-Antrag der SPD eine Position vertreten wird, für die auch die AfD steht, wobei wir jetzt eigentlich weniger streng sind. Der Rückzahlung stehen wir äußerst skeptisch und in der vorliegenden Form ablehnend gegenüber. Wir wissen aber, dass man sich in Europa in vielen Bereichen an eine 100-prozentige Rechtsfreiheit, an einen 100-prozentigen Rechtsbruch gewöhnt hat. Insofern hielten wir es schon für angebracht und pädagogisch wertvoll, wenn nur 50 Prozent eines Vertrages erfüllt würden.
(Beifall bei der AfD)
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Dr.
Dr. Harald Weyel AfD
Harald
Weyel
AfD
Das Land hat schon 2014/2015 vorzeitig 18 Milliarden Euro an den IWF zurückgezahlt. Das wurde hier offenbar durchgewunken. Wir waren damals nicht da, um das zu verhindern, und offenbar hat auch die SPD damals eine andere Position vertreten.
(Beifall bei der AfD)
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Dr.
Dr. Harald Weyel AfD
Harald
Weyel
AfD
Gegenüber den europäischen Sonderfonds EFSM und EFSF stehen ja noch 40,2 Milliarden Euro aus, zum echten Freundschaftszins nahe null. Es ist klar, dass man da nicht runterkommen will. Das Geld anderer Leute, mit dem man beinahe gratis arbeiten kann, ist natürlich sehr attraktiv. Wir haben es also nicht mit einem Umfeld zu tun, bei dem wir von günstigen Marktbedingungen reden können, sondern wir haben es mit einer Geldschwemmenmarktwirtschaft zu tun, die maßgeblich mit der EZB-Politik zusammenhängt.
(Beifall bei der AfD)
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11004932
Dr.
Dr. Harald Weyel AfD
Harald
Weyel
AfD
Jetzt, da das Geld da ist, sollte man doch die Schulden bei allen Gläubigern bedienen. Die Bundesregierung, Herr Altmaier, wäre sehr gut beraten, dafür zu sorgen, dass die vorgesehene Tilgungssumme von 5,5 Milliarden Euro entsprechend der vertraglich vereinbarten parallelen proportionalen Rückzahlungen an alle EU-Staaten, die Gläubiger sind, verteilt wird.
(Beifall bei der AfD)
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11004932
Dr.
Dr. Harald Weyel AfD
Harald
Weyel
AfD
Wir in unserer Konzilianz sagen ja: Fangen wir einfach einmal mit 50 Prozent Vertragstreue und 50 Prozent Rechtstaatlichkeit an, auch in diesem Bereich. Dann sind wir schon sehr viel weiter. Da ist sozusagen last-minute-­mäßig der Königsweg eine überfraktionelle Zustimmung zu einer vernünftigen Maßnahme, die in die richtige Richtung geht. Stimmen Sie im deutschen Interesse für den Antrag der AfD!
(Beifall bei der AfD)
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11004705
Christian Dürr FDP
Christian
Dürr
FDP
Die vorzeitige Rückzahlung – das will ich noch einmal betonen – stärkt das Vertrauen der Märkte in Irland. Sie stärkt insbesondere die Kreditwürdigkeit des Landes. Irland – das kann man mit Fug und Recht behaupten – ist eines der Musterländer, wenn nicht das Musterland der Euro-Rettungspolitik. Das ist erst einmal eine gute Nachricht. Das möchte ich zu Beginn meiner Rede betonen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
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11004705
Christian Dürr FDP
Christian
Dürr
FDP
Es geht auf der einen Seite um die Kreditwürdigkeit Irlands. Auf der anderen Seite muss man sagen: Irland war in den letzten Jahren ein erfolgreiches Beispiel dafür, wie man aus einem notleidenden Land wieder eine erfolgreiche Volkswirtschaft machen kann. In Irland ist die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert worden. Beispielsweise sind die Lohnstückkosten zurückgegangen. Das Wachstum lag im Jahr 2016 mit 5,2 Prozent deutlich über dem europäischen Durchschnitt, und die Arbeitslosigkeit lag deutlich unter dem europäischen Durchschnitt. Irland musste auf diesem Weg zeitweise auch – ich sage das in Richtung der Kollegen der SPD-Fraktion, weil Sie einen entsprechenden Entschließungsantrag eingebracht haben – seine Sozialleistungen reduzieren. Das Renteneintrittsalter – Frau Nahles sitzt hier vorne – ist auf 68 Jahre erhöht worden, und der Arbeitsmarkt ist erheblich flexibilisiert worden. Gleichzeitig konnte das Land in Krankenhäuser, öffentlichen Verkehr und Schulen investieren. Um es zusammenzufassen: Irland hat exakt das Gegenteil dessen getan, wozu die SPD in ihren Wirtschaftskonzepten rät, und Irland war damit sehr erfolgreich.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
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11004705
Christian Dürr FDP
Christian
Dürr
FDP
Wir haben in den letzten Tagen politisch viel darüber diskutiert, wie handlungsfähig die Bundesrepublik Deutschland auch im europäischen Geschäft ist. Wir führen diese Diskussion insbesondere seit Sonntagabend. Jetzt fordert die SPD-Fraktion die Bundesregierung auf, auf europäischer Ebene, entgegen allen anderen Gläubigern, eine Blockade zu errichten. Meine Damen und Herren, das ist das Gegenteil von staatspolitischer Verantwortung, um das in aller Klarheit zu sagen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
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11004705
Christian Dürr FDP
Christian
Dürr
FDP
Herr Schneider, ich will noch einen Schritt weiter gehen. Wir haben derzeit eine geschäftsführende Bundesregierung unter Ihrer Beteiligung. Ich frage mich: Wie oft telefoniert die SPD-Bundestagsfraktion eigentlich mit ihren Mitgliedern der Bundesregierung? Der vorliegende Antrag des Bundesfinanzministeriums ist mit allen Ressorts abgestimmt. Die SPD hier weiß nicht, was die SPD auf Regierungsebene zugesagt hat. Um auch das in aller Klarheit zu sagen: Sie sind entweder nicht informiert, oder Sie sagen der Öffentlichkeit nicht die Wahrheit, Herr Schneider. Das ist die Realität.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
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11004705
Christian Dürr FDP
Christian
Dürr
FDP
– Das war unsere liberale Parteifreundin.
(Beifall bei der FDP – Dr. Marco Buschmann [FDP]: So ist es!)
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11004817
Fabio De Masi DIE LINKE
Fabio
De Masi
DIE LINKE
Ich verstehe daher, dass Irland Kredite des Internationalen Währungsfonds vorzeitig ablösen will. Die Marktzinsen sind niedriger als die Zinsen des IWF; denn die EZB kauft Staatsanleihen und senkt die Zinsen. Irland muss die Gläubiger wegen der Parallelitätsklausel gleichbehandeln. Wenn der IWF 100 Prozent seiner Kredite zurückerhält, müsste Irland auch die anderen Gläubiger entsprechend bedienen. Der deutsche Finanzminister will darauf verzichten. Die Haftung der Steuerzahler in Deutschland nimmt zu, wenn der IWF vorrangig bedient wird.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und der AfD)
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11004817
Fabio De Masi DIE LINKE
Fabio
De Masi
DIE LINKE
Ein Blick zurück: Irland stand 2010 vor dem Kollaps. Die Immobilienblase platzte, Banken wie die Anglo Irish Bank waren nur noch Zombies, lebende Tote. Die knapp 70 Milliarden Euro der Rettungsschirme, der europäischen und bilateralen Kredite sowie des IWF, retteten keine Krankenschwester, keinen Rentner. Sie retteten irische und auch deutsche Banken.
(Beifall bei der LINKEN)
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11004817
Fabio De Masi DIE LINKE
Fabio
De Masi
DIE LINKE
Dies, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ist der einzige Punkt, der mich an Ihrem Antrag stört. Sie sprechen von der großartigen Solidarität Deutschlands mit Irland. Sie sagen aber nicht: Solidarität mit wem? Ich sage es Ihnen: Bei deutschen Großbanken standen 138 Milliarden US-Dollar im Feuer. Das können Sie auch mit irischem Whiskey nicht bezahlen.
(Beifall bei der LINKEN)
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11004817
Fabio De Masi DIE LINKE
Fabio
De Masi
DIE LINKE
50 Euro für jede Million Gewinn, davon träumen ein Handwerker oder selbst die FDP nicht mal nachts.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der AfD)
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11004817
Fabio De Masi DIE LINKE
Fabio
De Masi
DIE LINKE
Die EU-Kommission forderte Irland nun auf, 13 Milliarden Euro an unlauteren Steuervorteilen bei Apple einzutreiben. Die irische Regierung wollte das Geld aber nicht, weigerte sich und wurde daher von der EU-Kommission an den Europäischen Gerichtshof verwiesen. Klingt verrückt? Ist auch verrückt. Aber genauso verrückt wäre es, heute dem Wunsch des deutschen Finanzministers zu entsprechen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD)
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11004817
Fabio De Masi DIE LINKE
Fabio
De Masi
DIE LINKE
Die Bundesregierung hat bei allen Rettungsprogrammen immer auf die Kürzung von Löhnen, Renten, öffentlichen Investitionen und Sozialstaat bestanden. Jedes Detail wurde geregelt, auch wenn dies die Krise vertiefte und den Schuldendienst sogar erschwerte. Aber dem irischen Finanzminister zu sagen, er solle sich sein Geld bei Apple holen, das bringen Sie nicht übers Herz – mir kommen die Tränen. Deswegen, Herr Altmaier, mein Ratschlag: Rufen Sie die Grünen an – die haben sich beim Thema Steuergerechtigkeit bei Jamaika ja als Bettvorleger geoutet – oder den Herrn Lindner; der will ja nur spielen. Aber wir, die Linke, lassen uns nicht veräppeln.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der AfD)
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11004070
Sven-Christian Kindler BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sven-Christian
Kindler
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Irland möchte vorzeitig und vollständig seine Schulden beim IWF und bei Dänemark und Schweden tilgen. Wir Grünen sagen klar: Wir unterstützen das.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
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11004070
Sven-Christian Kindler BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sven-Christian
Kindler
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Erstens. Es hilft auch dem irischen Staat und der irischen Bevölkerung, liebe Linkspartei, wenn Irland 150 Millionen Euro mehr in der Kasse hat, weil Zinskosten gespart wurden. Das wird der Bevölkerung helfen; das unterstützen wir Grüne sehr.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
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11004070
Sven-Christian Kindler BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sven-Christian
Kindler
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Zweitens – ich finde, das sollte auch für die Linkspartei ein Argument sein – löst sich Irland damit von der finanziellen Abhängigkeit vom Internationalen Währungsfonds.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
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Sven-Christian Kindler BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sven-Christian
Kindler
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Wir Grüne haben immer gesagt, dass Europa seine Probleme alleine lösen kann; dafür braucht man keine Troika und keinen IWF. Deswegen werden wir diesem Antrag heute zustimmen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
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11004070
Sven-Christian Kindler BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sven-Christian
Kindler
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Wir haben die Europäische Kommission dabei unterstützt, dass sie gegen Apple so vorgegangen ist. Das war richtig von der Europäischen Kommission.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
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Sven-Christian Kindler BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sven-Christian
Kindler
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Zweitens finde ich aber, die SPD sollte sich die Frage stellen: Ist das, was Sie machen, verantwortlich? Sie müssen sich einmal die Situation in Deutschland klarmachen: Gerade ist eine Regierungsbildung gescheitert. Ganz Europa blickt auf Deutschland. Kollege Dürr hat zu Recht schon darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung ressortabgestimmt, also mit den Stimmen der SPD, gesagt hat: Wir werden diesen Antrag in den Bundestag einbringen, und wir wollen dem nachher auch auf europäischer Ebene zustimmen. – Gleichzeitig will sich die SPD-Fraktion vom Acker machen und nicht zu ihrer europäischen Verantwortung stehen. Ich finde das nicht glaubwürdig, liebe SPD.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Es wird nicht besser!)
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11004070
Sven-Christian Kindler BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sven-Christian
Kindler
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Die Zeit ist für billige Oppositionsspielchen einfach zu ernst. Die SPD muss sich schon entscheiden: Will sie Regierung sein, will sie Opposition sein oder irgendetwas dazwischen? Entscheidet euch bitte, was ihr machen wollt!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
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11004070
Sven-Christian Kindler BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sven-Christian
Kindler
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Liebe SPD und liebe CDU/CSU, Sie machen hier die große Geschichte des Steuerdumpings auf. Ich frage mich nur: Was hat diese Bundesregierung eigentlich in den letzten vier Jahren gegen Steuerdumping, gegen Steuerbetrug, gegen Steuerhinterziehung gemacht? Wo ist denn das Transparenzregister? Das ist nicht da. Wo ist denn das Country-by-Country Reporting? Das ist nicht da. Wo war die scharfe Antwort auf die LuxLeaks und auf die Panama Papers? Wir haben eine geschäftsführende Bundesregierung, die noch im Amt ist. Wo ist die scharfe Reaktion auf die Paradise Papers, der scharfe Aktionsplan? Ich sehe hier nichts von der SPD und von der CDU/CSU.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
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11004070
Sven-Christian Kindler BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sven-Christian
Kindler
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Ich finde das, was die SPD heute beantragt, ehrlich gesagt, ziemlich wohlfeil. Diese Untätigkeit der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD in den letzten vier Jahren hat Europa viel Geld gekostet. Dieses Geld fehlt den europäischen Steuerzahlern, den europäischen Staaten und der Europäischen Union für gemeinsame Investitionen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, für Klimaschutz, für Digitales und für Bildung. Wir Grüne haben immer sehr klar gesagt: Eine harte Sparpolitik wird Europa nicht aus der Krise führen. Wir brauchen jetzt mehr Geld für Europa für gemeinsame Investitionen. Deswegen braucht es einen europäischen Kurswechsel in der Finanzpolitik.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
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11004070
Sven-Christian Kindler BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sven-Christian
Kindler
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Letzter Redner in der Debatte ist der Kollege Hans Michelbach von der CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
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10:00
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11002738
Dr. h. c.
Dr. h. c. Hans Michelbach CDU/CSU
Hans
Michelbach
CDU/CSU
Die Hilfsprogramme, die wir durchgeführt haben, waren die Grundlage für neue Stabilität in Europa. Das ist ein Erfolgsmodell für das Gemeinwohl auch in unserem Land.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
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11002738
Dr. h. c.
Dr. h. c. Hans Michelbach CDU/CSU
Hans
Michelbach
CDU/CSU
Wir beraten doch einen Antrag der Bundesregierung. Dem haben auch die SPD-Minister im Kabinett zugestimmt. Das ist die Wahrheit. Die SPD schlägt sich einfach in die Büsche und übernimmt eben keine Verantwortung.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
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11002738
Dr. h. c.
Dr. h. c. Hans Michelbach CDU/CSU
Hans
Michelbach
CDU/CSU
Heute Morgen haben Sie hier erklärt, Sie ziehen Ihre SPD-Minister nicht zurück, weil Sie Verantwortung übernehmen. Ihre Verantwortung hat hier nicht einmal fünf Stunden überdauert. Das ist die Wahrheit.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
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11002738
Dr. h. c.
Dr. h. c. Hans Michelbach CDU/CSU
Hans
Michelbach
CDU/CSU
Deshalb stehen wir, die CDU/CSU-Fraktion, für europäische Solidarität, Stabilität und ökonomische Vernunft. Es geht um das Vertrauen auf den Finanzmärkten in der Zukunft und nicht um parteitaktische Spiele, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Martin Schulz [SPD]: Die Rede muss zurückgezogen werden! Die ist nicht mehr aktuell!)
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11002738
Dr. h. c.
Dr. h. c. Hans Michelbach CDU/CSU
Hans
Michelbach
CDU/CSU
Wir sind uns im Präsidium nicht einig über die Mehrheit.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der AfD)
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11002738
Dr. h. c.
Dr. h. c. Hans Michelbach CDU/CSU
Hans
Michelbach
CDU/CSU
Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt: Mit Ja haben gestimmt 348 Abgeordnete, mit Nein 283. Damit ist der Antrag angenommen.
(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
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11003196
Andrea Nahles SPD
Andrea
Nahles
SPD
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 20. September 2017 haben thyssenkrupp und das indische Mischunternehmen Tata bekannt gegeben, dass sie ihre Stahlsparten fusionieren, 2 000 Arbeitsplätze auf beiden Seiten jeweils abbauen und den Firmensitz in die Niederlande verlegen wollen. Das ist eine Nachricht, die aus meiner Sicht eigentlich sofortiges Handeln der NRW-Landesregierung und der Bundesregierung erfordert hätte.
(Beifall bei der SPD)
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11003196
Andrea Nahles SPD
Andrea
Nahles
SPD
Zwei Monate später, genau heute – was für ein Zufall! ich sehe das schon als Erfolg unseres Antrages –
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
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11003196
Andrea Nahles SPD
Andrea
Nahles
SPD
Ich sage Ihnen: Das wird aber auch langsam Zeit, liebe Kolleginnen und Kollegen!
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1,511,222,400,000
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11003196
Andrea Nahles SPD
Andrea
Nahles
SPD
Erstens. Die Stahlindustrie ist eine Schlüsselindustrie, und jeder Wirtschaftsraum muss dafür sorgen, dass es Zugang zu Stahl gibt. Es ist unklar, ob diese Fusion wirklich langfristig die Stahlproduktion in Deutschland und Europa sichert. Es drängt sich vielmehr der Verdacht auf, dass es hier um das Abstoßen eines zwar profitablen Teils, der aber für den Konzern insgesamt nicht mehr interessant ist, geht. Es ist vor allem äußerst bedenklich und absolut nicht in Ordnung, wenn 6,5 Milliarden Euro – ich betone – Schulden in dieses neue Stahlunternehmen hereingeschoben werden, aber gleichzeitig Gewinne abgeschöpft werden sollen. Dieser Weg gefährdet die Unternehmen, die fusioniert werden sollen, massiv. Er führt zur Umwandlung in eine Bad Bank des Konzerns. Das darf auf keinen Fall passieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
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11003196
Andrea Nahles SPD
Andrea
Nahles
SPD
– Ja, Sie haben das hier eben angesprochen. Es ist eine Situation, die wir zwar nicht zu verantworten haben. Aber wir übernehmen Verantwortung für das Dilemma, das Sie hier angerichtet haben.
(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Oh!)
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11003196
Andrea Nahles SPD
Andrea
Nahles
SPD
Ich sage Ihnen: Wir wollen, dass der Plan am Ende für Stahl und nicht gegen Stahl in Deutschland und Europa ausgeht. Darum streiten wir an dieser Stelle.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
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11003196
Andrea Nahles SPD
Andrea
Nahles
SPD
Zweitens. Es geht um Standorte und Arbeitsplätze. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Lachen Sie ruhig. Ich glaube, das kommt bei den Kolleginnen und Kollegen nicht gut an. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können nämlich erwarten, dass sich die Volksvertreterinnen und Volksvertreter in diesem Parlament für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze einsetzen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
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11003196
Andrea Nahles SPD
Andrea
Nahles
SPD
Was die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wirklich umtreibt: Die Konstruktion des Verlagerns des Firmensitzes führt dazu, dass die Rechte nach dem Montan-Mitbestimmungsgesetz, mit dem wir seit dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland sehr gut gefahren sind, gefährdet sind. Dabei ist dies ein Erfolgsmodell in Deutschland. Das wird hier infrage gestellt; denn es gibt keine rechtliche Absicherung der Montanmitbestimmung mehr in einem Konzern, dessen Firmensitz in die Niederlande verlagert wird.
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11003196
Andrea Nahles SPD
Andrea
Nahles
SPD
Das ist eine klare Lücke. Wir müssen daher anstreben, dass es kein unterschiedliches Steuerrecht in Europa mehr gibt. Wir brauchen ein Verbot von solchen Ausnahmen, von denen die Niederlande hier Gebrauch macht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
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11003196
Andrea Nahles SPD
Andrea
Nahles
SPD
Wir merken, dass wir eine neue Koordinierung der Steuerpolitik in Europa brauchen. Auf dem Sondergipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs vom Wochenende ging es um die soziale Dimension der Europäischen Union, wozu auch eine gerechte und koordinierte Steuerpolitik, das Vermeiden von Steuerdumping und das Schließen von Steuerschlupflöchern gehören. Wer hat dort mit Abwesenheit geglänzt? Deutschland. Auf ausdrücklichen Wunsch der Bundeskanzlerin waren wir dort nicht vertreten. So kann es nicht weitergehen.
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11003196
Andrea Nahles SPD
Andrea
Nahles
SPD
Wir müssen uns deshalb dafür einsetzen, dass Stahlunternehmen in Deutschland bleiben, dass die Stahlproduktion in Deutschland und Europa nicht zum Spekulationsobjekt und die entsprechenden Unternehmensbereiche nicht nach dem Willen von einigen Unternehmensentscheidern zur Bad Bank werden, die in diesen Fragen vor allem auf Börsenkurse und Renditen schielen, aber keinen Wert auf eine nachhaltige Entwicklung legen. Wir brauchen außerdem einen aktiven Kampf gegen Steuerdumping. Deswegen ist es an dieser Stelle wichtig, dass der Deutsche Bundestag heute seine Stimme für den Stahlstandort Deutschland und für die Beschäftigten im Stahlbereich erhebt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
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11003608
Dr.
Dr. Joachim Pfeiffer CDU/CSU
Joachim
Pfeiffer
CDU/CSU
Ich habe gehofft, Sie sagen etwas dazu. Wir wünschen Frau Zypries, der SPD und uns allen viel Erfolg, dieses Thema entsprechend zu adressieren. Ich hoffe, dass auch Sie dies als den entscheidenden Punkt ansehen. Herrn Schulz zumindest liegt an der Angelegenheit.
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11003608
Dr.
Dr. Joachim Pfeiffer CDU/CSU
Joachim
Pfeiffer
CDU/CSU
Zu seiner ersten Rede erteile ich das Wort dem Kollegen Marc Bernhard von der AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
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11004669
Marc Bernhard AfD
Marc
Bernhard
AfD
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute hat der Deutsche Bundestag mit seiner inhaltlichen Arbeit in der 19. Legislaturperiode begonnen. Heute beginnt damit auch eine Zeit, in der Debatten über alternativloses Abwirtschaften unseres Landes der Vergangenheit angehören.
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11004669
Marc Bernhard AfD
Marc
Bernhard
AfD
Wir fordern hiermit die Bundesregierung auf, unverzüglich alternative ordnungs- und handelspolitische Rahmenbedingungen zu setzen, die in Zukunft internationale Fusionen zum Nachteil des Standortes Deutschland unterbinden. Es ist für die AfD-Fraktion ein unerträglicher Zustand, dass wir uns im Bundestag, gerade einmal zwei Wochen nach Bekanntwerden der Paradise Papers, nun mit einem industriellen Urgestein Deutschlands, der thyssenkrupp AG, beschäftigen müssen, das sich ebenfalls in die Steuervermeidungsoase Niederlande absetzen möchte. Und es ist geradezu ein Skandal, dass die mittlerweile größte Oppositionspartei, die SPD, im Zuge ihrer heute beantragten Maßnahmen – in ihrer Rede vielleicht schon, aber nicht bei ihren Maßnahmen – diese aktuelle Steuerflucht mit keinem Wort aufgreift.
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11004669
Marc Bernhard AfD
Marc
Bernhard
AfD
Stattdessen kramen Sie lieber in der Mottenkiste des Montan-Mitbestimmungsgesetzes aus dem Jahre 1951 und verweisen auf einen fast zwei Jahre alten Antrag der GroKo zur angeblichen Stärkung der Stahlindustrie in Deutschland und Europa. Wohin uns dieser Antrag gebracht hat, sehen wir doch an der heutigen Debatte, meine sehr geehrten Damen und Herren. Welch eine politische Bankrotterklärung!
(Beifall bei der AfD)
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11004669
Marc Bernhard AfD
Marc
Bernhard
AfD
Angesichts Ihrer verfehlten Standort- und Industrie­politik haben wir auch Verständnis für ein fusionierendes Unternehmen wie thyssenkrupp, das sich seit Jahren der unfairen und staatlich massiv subventionierten Konkurrenz aus China ausgesetzt sieht und sich mit anderen Wettbewerbern daher zusammenschließen muss.
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Marc Bernhard AfD
Marc
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Aber auch zum Fusionspartner Tata und zum ebenfalls indischen Stahlgiganten Mittal stellen wir der Bundesregierung die Fragen: Wie steht es eigentlich mit Subventionen und Protektionismus in Indien? Wird die deutsche Industrie auch gegen diese Konkurrenten wieder von der Bundesregierung im Stich gelassen? Ihr ganz offensichtlich erfolgloser Maßnahmenkatalog, den Sie jetzt nach zwei Jahren wieder aufwärmen wollen, würde genau dazu führen.
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11004669
Marc Bernhard AfD
Marc
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AfD
Um das zu verhindern, fordern wir das Schließen internationaler Steuerschlupflöcher, WTO-konforme Schutzinstrumente für einen fairen internationalen Handel, die internationale Angleichung von umweltrechtlichen Auflagen, eine vorausschauende und nachhaltige Standort- und Industriepolitik zur Vermeidung von Entlassungen, und vor allem muss der Know-how-Abfluss aus Deutschland endlich gestoppt werden.
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11004669
Marc Bernhard AfD
Marc
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AfD
Und auch hier haben Sie mit Ihrer heutigen Aktuellen Stunde medienwirksam so getan, als ob Sie den Arbeitnehmern beispringen wollten, gerade so, als wären Sie und Ihre Wirtschaftsminister in den letzten Jahren nicht für die Industrie- und Energiepolitik in diesem Land verantwortlich gewesen.
(Beifall bei der AfD)
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11004669
Marc Bernhard AfD
Marc
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AfD
Wie auch schon beim Ausverkauf von Nokia, Mannesmann oder Höchst sehen wir bei der SPD wieder nur das Vergießen von Kroko-Tränen und die nachträglichen Versuche, an Symptomen herumzudoktern, anstatt eine vorausschauende Standort- und Industriepolitik zu betreiben.
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11004669
Marc Bernhard AfD
Marc
Bernhard
AfD
Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen von der SPD, Sie haben sich gestern gegen eine erneute Große Koalition ausgesprochen. Richtig so! Bitte bleiben Sie angesichts Ihrer Regierungsbilanz in der Wirtschaftspolitik auch in Zukunft in der Opposition.
(Beifall bei der AfD – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: So viel Unsinn in drei Minuten!)
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Bernd Reuther FDP
Bernd
Reuther
FDP
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es hat ja schon Tradition: Sobald ein großes Industrieunternehmen in Schwierigkeiten gerät, übernommen werden soll oder wie jetzt eine Fusion ansteht, tritt die SPD auf den Plan und weiß, was zu tun ist und wie sich dieses Unternehmen jetzt zu verhalten hat. In der Vergangenheit ist immer ganz viel dabei herausgekommen, nämlich nichts – getreu dem Motto „Viel Lärm um nichts“, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD – René Röspel [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)
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Bernd Reuther FDP
Bernd
Reuther
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Wir brauchen keine Vorschriften für das Unternehmen, wie sie die SPD hier vorschlägt, sondern wir müssen dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen an den Standorten, speziell in Nordrhein-Westfalen, stimmen.
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Bernd Reuther FDP
Bernd
Reuther
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Dazu zählt die Infrastruktur, aber dazu zählen auch bezahlbare Energien und Energiesicherheit.
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