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Mishnah Peah
משנה פאה
Mischnajot mit deutscher Übersetzung und Erklärung. Berlin 1887-1933 [de]
https://www.nli.org.il/he/books/NNL_ALEPH002378149/NLI
Mishnah Peah
Chapter 1
Folgendes sind die Dinge, die (von der Tora) kein gesetzliches<sup class="footnote-marker">1</sup><i class="footnote"> Denn Seitens der Rabbinen ist allerdings bei Peah ein Maass bestimmt, nämlich nicht weniger als ¹⁄₆₀ des Feldes.</i>Maass haben. Die Ecke des Feldes, die Erstlinge, das Erscheinen<sup class="footnote-marker">2</sup><i class="footnote"> Entweder das beliebige Erscheinen im Vorhof des Tempels am Feste, oder das Darbringen von Wallfahrtsopfern nach Belieben.</i>, die Wohltätigkeit und das Studium des Gesetzes. Folgende Dinge sind es, deren Früchte der Mensch bereits in diesem Leben geniesst, deren Stammgut jedoch ihm für das künftige Leben verbleibt: Ehrerbietung gegen Eltern, Wohltätigkeit, Friedenstiften unter Nebenmenschen, aber das Studium des Gesetzes übertrifft alle<sup class="footnote-marker">3</sup><i class="footnote"> Da man vermöge desselben zu allen übrigen gebracht wird.</i>.
Man mindere die Peah nicht unter einem Sechzigstel (des Feldes), obgleich gelehrt wurde: Die Peah habe kein Maass, so richtet man sich dennoch nach der Grösse des Feldes<sup class="footnote-marker">4</sup><i class="footnote"> Dass, wenn nur wenige Arme bei einem grossen Felde vorhanden sind, er dennoch nicht weniger als ein Sechzigstel Peah stehen lassen soll.</i>, nach der Zahl der Armen<sup class="footnote-marker">5</sup><i class="footnote"> Wenn das Feld klein ist, und es sind viele Arme da, muss er über die Bestimmung des Sechzigstel hinausgehen und mehr geben.</i>und im Verhältniss zum Ertrage der Körner.<sup class="footnote-marker">6</sup><i class="footnote"> <span dir="rtl">ענוה</span> oder <span dir="rtl">ענבה</span> bedeutet die Körner, welche die Ähre füllen. Man vergleiche weiter Abschnitt 6; M. 7 und Aruch sub voce (2) <span dir="rtl">ענב</span>. Wenn etwa eine Seite des Feldes mit dürren, verbrannten Ähren bewachsen ist und eine andere mit gesunden und körnigen, so muss er von beiden Seiten die Peah stehen lassen, um das Verhältniss auszugleichen.</i>
Man kann die Peah auch vom Anfang des Feldes oder von dessen Mitte geben. Rabbi Simeon behauptet: Nur muss man am Ende wenigstens das obige Maass stehen lassen. Rabbi Jehudah meint: Wenn Einer nur einen Halm (am Rande) stehen lässt, kann er von dem andern Getreide zugeben und es als Peah betrachten<sup class="footnote-marker">7</sup><i class="footnote"> Wodurch es vom Zehnten frei wird, da von Peah kein <span dir="rtl">מעשר</span> entrichtet wird.</i>, wo nicht, wird es als herrenloses Gut angesehen.
Eine allgemeine Regel haben sie (die Weisen) in Betreff der Peah ausgesprochen: Alles, was zur Speise dient, was gehütet wird, was sein Wachstum unmittelbar aus der Erde entnimmt, dessen Ernte zu gleicher Zeit geschieht und was man zur Erhaltung einsammelt, unterliegt der Peahpflicht. Getreide<sup class="footnote-marker">8</sup><i class="footnote"> Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel und Hafer.</i>also und Hülsenfrüchte<sup class="footnote-marker">9</sup><i class="footnote"> Erbsen, Bohnen, Linsen.</i>sind in dieser Regel einbegriffen.
Von Bäumen: Der Sumak (Gerberbaum)<sup class="footnote-marker">10</sup><i class="footnote"> Nach Rambam ein Baum, dessen Rinde gelb färbt und zum Gerben benutzt wird. Nach Aruch der Kornelkirschbaum.</i>, die Johannisbrotbäume, Nussbäume, Mandelbäume, Weinstöcke, Granatbäume, Olivenbäume und Dattelpalmen unterliegen der Peahpflicht.
Man ist so lange berechtigt, das Geerntete als Peah zu geben und ist von den Zehnten befreit, bis man das aufgeschüttete Korn glatt gestrichen hat.<sup class="footnote-marker">11</sup><i class="footnote"> Das Wort <span dir="rtl">מרח</span> bedeutet »etwas bestreichen.« Man pflegte das von Spreu gereinigte Getreide in einen Haufen, wie etwa einen Helm, unten breit und oben spitz, aufzuschichten und dann mit einem Brett zu bestreichen, damit es glatt werde. (Aruch.)</i>Eben so lange kann man Korn als herrenloses Gut fortgeben, ohne es zu verzehnten. Auch kann man Vieh, Wild und Geflügel, eben so lang damit füttern und ist zehntenfrei. Man darf auch von der Scheune, ohne dasselbe zu verzehnten nehmen, um es zu säen, bis man das aufgeschüttete Korn bestrichen hat. So lehrt R. Akiba: Wenn ein Priester oder Levit Getreide aus der Scheune, bevor dasselbe im Haufen bestrichen ist, kaufen, so gehören ihnen die Zehnten.<sup class="footnote-marker">12</sup><i class="footnote"> Geschieht es aber nachher, so müssen sie den Zehnten an Andere geben.</i>Hat Jemand etwas dem Heiligtum geschenkt und löst dasselbe wieder aus, so muss er solches verzehnten, es sei denn, dass es der Schatzmeister bereits aufgeschüttet hatte.
Chapter 2
Folgende Dinge bilden Abscheidungen<sup class="footnote-marker">1</sup><i class="footnote"> D. h. die Felder werden dadurch von einander getrennt, so dass jedes eine besondere Peah haben muss.</i>in Betreff der Peah: Ein Bach, ein Canal, der Weg eines Einzelnen<sup class="footnote-marker">2</sup><i class="footnote"> Das sind vier Ellen.</i>und der öffentliche Weg<sup class="footnote-marker">3</sup><i class="footnote"> 16 Ellen.</i>, der öffentliche Steg<sup class="footnote-marker">4</sup><i class="footnote"> Ein Steg ist sehr winzig, es ist ein Raum, in welchem man nur einen Fuss aufheben und wieder niedersetzen kann, (Bartenora).</i>und der Steg des Einzelnen, wenn er sowohl in der Sommer- als auch in der Regenzeit bleibt, ein Brachfeld<sup class="footnote-marker">5</sup><i class="footnote"> Das nicht besäet ist.</i>, ein gut bestellter Acker<sup class="footnote-marker">6</sup><i class="footnote"> Vergleiche Jeremias 4, 3 <span dir="rtl">נירו לכם ניר ואל תזיעו אל קוצים</span>.</i>und eine andere Saat.<sup class="footnote-marker">7</sup><i class="footnote"> Die drei letztem müssen drei Furchen breit sein.</i>Wenn man des Futters wegen schneidet, dann bildet das Feld eine Scheidung. So urteilt R. Meïr. Die Weisen jedoch sagen: Es ist nur dann eine Scheidung, wenn er das Feld umackert.
Ein Wassergraben, dessen beide Ufer nicht zugleich geschnitten werden können, scheidet nach R. Jehudah. Bei allen Bergen, die mit der Jätacke umgegraben werden, gibt man, obgleich das Rind mit dem Pfluge nicht hinüber kommen kann, nur eine Peah für das Ganze.
Alles dieses scheidet die Saaten, aber nichts scheidet die Bäume als der Zaun.<sup class="footnote-marker">8</sup><i class="footnote"> Derselbe muss jedoch wenigstens 10 Handbreit hoch sein.</i>Wenn aber die Zweige verflochten sind, scheidet auch der Zaun nicht, sondern man gibt die Peah für das Ganze.
Was die Johannisbrotbäume betrifft, so bilden alle, die einander sehen können, ein Feld. Rabban Gamliel berichtet: In meines Vaters Hause pflegte man für jede Reihe von Ölbäumen, an jeder Seite des Feldes und von Johannisbrotbäumen, die einander sehen können, eine Peah zu geben. R. Elieser, der Sohn Zadoks, sagte in seinem Namen: Auch für die gesamten Johannisbrotbäume, welche sie in der ganzen Stadt hatten (gaben sie eine Peah zusammen).
Wer sein Feld mit einer Saatgattung besäet, gibt, wenn er auch zwei Tennen daraus macht, eine Peah, besäet er es mit zwei Gattungen, so gibt er, wenn er auch nur eine Tenne daraus macht, zwei Peot. Besäet Jemand sein Feld mit zwei Arten von Weizen, so gibt er, wenn er eine Tenne daraus macht, eine Peah; macht er aber zwei Tennen daraus, so gibt er zwei Peot.
Es geschah einst, dass R. Simeon aus Mizpah vor Rabban Gamliel auf die letztere Weise säete. Beide gingen hierauf zur Quaderhalle<sup class="footnote-marker">9</sup><i class="footnote"> Es war dies der Sitzungssal des aus 71 Mitgliedern bestehenden grossen Synhedrions, aus gehauenen Quadersteinen gebaut und an der Südseite des Tempelberges belegen.</i>und fragten an. Da sprach Nachum der Schreiber<sup class="footnote-marker">10</sup><i class="footnote"> <span dir="rtl">לבלר</span> ist so viel, als das lateinische libellarius = Schreiber, Notar.</i>: Ich habe eine Überlieferung von Rabbi Myascha, der sie von seinem Vater empfing, welcher sie von den Paaren<sup class="footnote-marker">11</sup><i class="footnote"> <span dir="rtl">זוגות</span> = die Paare ; so werden die im Traktat Abot erwähnten zwei Überlieferer der sinaitischen Satzung genannt, weil ihrer immer je zwei gewesen sind, wovon der eine <span dir="rtl">נשיא</span> Fürst und der andere <span dir="rtl">אב בית דין</span> war. Jose ben Joeser aus Zoredah und Jose ben Jochanan aus Jerusalem waren die ersten Paare.</i>hatte, denen sie die Propheten tradirt hatten, als ein Gesetz des Moses vom Sinai her: Dass wenn Jemand sein Feld mit zwei Arten Weizen besäet, er, dafern er eine Tenne daraus macht, eine Peah gebe; macht er aber zwei Tennen daraus, so gebe er zwei Peot.
Ein Feld, welches Samaritaner geschnitten, oder Räuber<sup class="footnote-marker">12</sup><i class="footnote"> <span dir="rtl">לסטים</span> ist ein griechisches Wort ὁ ληστής = der Räuber. Es ist auffallend, dass das Wort <span dir="rtl">לסטים</span> immer im Plural vorkommt und nicht im Singular. Wahrscheinlich ist es ein Schreibfehler, indem man das <span dir="rtl">ס</span> mit <span dir="rtl">ם</span> verwechselte. Ein Analogon findet sich in Genesis 43, 11, wo Onkelos <span dir="rtl">ולט</span> übersetzt <span dir="rtl">ולטום</span> statt <span dir="rtl">ולטוס</span>.</i>geschnitten, oder dessen Ähren die Ameisen abgebissen hatten, oder der Sturmwind, oder das Vieh zerbrachen, ist frei (von Peah). Schneidet Jemand die eine Hälfte, und Räuber die andere Hälfte, so ist es frei, denn die Peahpflicht erstreckt sich blos auf stehendes Getreide.
Schneiden Räuber die eine Hälfte und er die andere, so giebt er Peah von dem, was er selbst geschnitten hat. Schneidet er die eine Hälfte und verkauft die andere Hälfte, so giebt der Käufer Peah vom Ganzen. Schneidet er die eine Hälfte und schenkt dem Heiligtum die andere Hälfte, so giebt der, welcher diese vom Schatzmeister auslöst, Peah für das Ganze.
Chapter 3
Von den viereckigen Beeten, welche zwischen den Olivenbäumen liegen, giebt man nach Samai’s Schule Peah von jedem Beete, nach Hillel’s Schule von einem für alle. Jene stimmt aber dieser bei, dass wenn die Enden der Reihen an einanderstossen, man nur eine Peah für alle gebe.
Wenn Einer sein Feld stellenweise schneidet und grüne Stengel noch stehen lässt, so sagt R. Akiba: Er gebe von jedem Stücke Land Peah; die Weisen jedoch behaupten: Von einem für alle. Die Weisen stimmen jedoch darin mit R. Akiba überein, dass wer Dillkraut<sup class="footnote-marker">1</sup><i class="footnote"> Nach Aruch ist <span dir="rtl">שֶבֶת</span> anethum grareolens = Dill. Es heisst auch im Arabischen <span dir="rtl">שֶבֶת</span>.</i>oder Senf an zwei oder drei Stellen gesäet hat, von jeder Stelle Peah geben muss.
Wenn Jemand grüne Zwiebeln für den Markt abschneidet<sup class="footnote-marker">2</sup><i class="footnote"> Um sie dort sofort zu verkaufen.</i>und die trockenen für die Tenne stehen lässt, so giebt er Peah für jene besonders und für diese besonders. Eben so bei Erbsen<sup class="footnote-marker">3</sup><i class="footnote"> Nach Aruch ist <span dir="rtl">אפונין</span> die Erbse (pisum sativum), die als Zuckerschote und als gemeine Erbse, grün und getrocknet, gegessen wird.</i>und desgleichen beim Weingarten: Wer (die Zwiebelsaaten) verdünnt<sup class="footnote-marker">4</sup><i class="footnote"> D. h. er zieht einzelne Zwiebeln aus, um den übrigen mehr Raum zur Ausbreitung zu lassen.</i>, giebt von dem übrig bleibenden nach Verhältniss dessen, was er übrig gelassen hat. Wer nur von einer Seite abschneidet, giebt von dem Übrigbleibenden für alle.
Die Mutterzwiebeln (Saamenzwiebeln) unterliegen der Peahpflicht, R. Jose aber spricht sie frei davon. Von viereckigen Zwiebelfeldern zwischen anderen Krautbeeten giebt man nach R. Jose Peah von jedem, nach den Weisen hingegen von einem für alle.
Brüder, die sich untereinander geteilt haben, geben zwei Peot; treten sie wieder zusammen, so geben sie eine Peah. Zwei, die einen Baum kaufen, geben eine Peah. Kauft Einer die nördliche, der Andere die südliche Seite, so giebt Jener eine besondere Peah für sich, und dieser eine besondere Peah für sich. Wer Baumstämme in seinem Felde verkauft, giebt Peah von jedem einzelnen. R. Jehudah sagt: Nur dann, wenn der Besitzer des Feldes nichts stehen liess, wenn er aber noch Stämme stehen liess, giebt er Peah davon für alles.
R. Elieser sagt: Eine Ackerfläche von der Grösse eines Viertel Kab<sup class="footnote-marker">5</sup><i class="footnote"> Um den Lesern eine Einsicht in die Maassverhältnisse zu verschaffen, mögen dieselben hier, wie sie von Maimonides aufgestellt wurden, ihren Platz finden. Zuerst von den hohlen Maassen. Ein <span dir="rtl">לוג</span>, welches wieder in viertel (<span dir="rtl">רביעית</span>) und achtel (<span dir="rtl">שמינית</span>) geteilt wird, enthält 43⅕ Kubik Zoll, und angeblich so viel als sechs mittlere Hühner-Eier, deren jedes 17⅓ ägyptische Drachmen wiegt, die Drachme Wein zu 61 Gerstenkörner gerechnet, nach welchem andere Gegenstände mit Beobachtung des Unterschiedes der spezifischen Schwere leicht zu berechnen sind. Was <span dir="rtl">לוג</span> bei nassen Dingen ist, ist <span dir="rtl">רבע</span> bei trockenen, und vier davon bilden ein <span dir="rtl">קב</span>, deren sechs eine <span dir="rtl">סאה</span> ausmachen, davon wieder drei eine <span dir="rtl">איפה</span>, und fünf von diesem ein <span dir="rtl">לתך</span>, zehn ein <span dir="rtl">כור</span> bilden. — Bei nassen Dingen rechnet man zwölf <span dir="rtl">לוגים</span> auf ein <span dir="rtl">הין</span>, und sechs <span dir="rtl">הין</span> auf ein <span dir="rtl">בת</span>, welches mit <span dir="rtl">איפה</span> gleich gross ist. Als Längenmaass bedient man sich des <span dir="rtl">חבל</span> (Strickes, Messschnur), welche fünfzig <span dir="rtl">אמות</span> beträgt. <span dir="rtl">קנה</span> (Rute) ist gleich sechs <span dir="rtl">אמות</span> und ein <span dir="rtl">טפח</span>. Die mittlere <span dir="rtl">אמה</span> (Elle) beträgt sechs, und die kleinere fünf <span dir="rtl">טפחיס. טפח</span> (Handbreite) ist gleich vier Zoll (<span dir="rtl">אצבע</span>).</i>Aussaat unterliegt der Peahpflicht. R. Josua behauptet dagegen: Eine Ackerfläche, die zwei <span dir="rtl">סאה</span> (Szaah) trägt. R. Tarphon meint: Wenn sie sechs Handbreit lang und ebenso breit ist. Rabbi Jehudah, der Sohn Betera’s, endlich entscheidet: Es muss soviel darauf sein, dass man den Schnitt wiederholen kann<sup class="footnote-marker">6</sup><i class="footnote"> Zwei Handvoll nach einander.</i>und die Gesetzesnorm ist wie er entschied. R. Akiba lehrt: Jedes noch so kleine Stück Feld unterliegt der Peahpflicht und die der Erstlinge, und genügt auch, um einen Prosbul<sup class="footnote-marker">7</sup><i class="footnote"> πρός βουλῆ πρεσβύτων = <span dir="ltr">פרוזבולי פרוזבוטן</span> »vor dem Rate der Alten« so mochte es ursprünglich geheissen haben, vgl. Gittin 36a; dann wurde es in <span dir="rtl">פרוזבול</span> abgekürzt, vgl. Sachs Beiträge II S. 70 und Hoffmann, der oberste Gerichtshof S. 32. Nach der Tora (Deuter. 15, 1 u. 2) soll im Schmittahjahre (dem siebenten Erlassjahre), die Schuld, welche der Schuldner dem Gläubiger schuldet, verfallen sein. Hierdurch entzogen sich die Reichen, den Armen etwas zu leihen. Da führte Hillel der Alte das Prosbul ein, dass nämlich der Reiche etwas Grundbesitz dem Gerichte überlässt, darüber ein Dokument ausstellt, welches lautet: »Ich N. N. bekenne hiermit vor Euch P. P. Ihr Richter an diesem Orte, dass ich jede Schuld, die mir zukommt, zu jeder Zeit erheben kann.« Unter dieses Schriftstück setzen die Richter, oder auch die Zeugen, welche hierbei als Richter gelten können, ihre Unterschrift, und nun konnte das Erlassjahr nichts mehr bewirken. Durch diese Formel, gleichsam eine Cession, wird das Darlehen als Sache des Gerichts anzusehen sein, wobei es keinen Erlass gibt, (cf. die Sammter’sche Übersetzung von Baba Mezia, Einleitung S. 3) u. <span dir="rtl">.שביעית פרק יו״ד משנה ד׳</span>.</i>darüber zu schreiben, und zum Miterwerb von beweglichen Gütern durch Zahlung, Kaufbrief oder Besitznahme.
Eben so, wenn Jemand während seiner Krankheit sein Vermögen einem Andern verschreibt, so ist, wenn er auch nur ein noch so kleines Stück Feld für sich übrig lässt, seine Schenkung gütig<sup class="footnote-marker">8</sup><i class="footnote"> Selbst im Falle der Genesung, weil er wahrscheinlich den Schenkungsbrief nicht sterbenshalber schrieb.</i>; hat er aber sich auch nicht das Geringste Vorbehalten, so gilt seine Schenkung nicht<sup class="footnote-marker">9</sup><i class="footnote"> Nämlich im Falle der Genesung.</i>. Wenn ferner Jemand sein Vermögen seinen Kindern verschreibt und seiner Frau ein sei es auch noch so unbedeutendes Stück Feld, so verliert sie die ihr vorgeschriebene Morgengabe.<sup class="footnote-marker">10</sup><i class="footnote"> Weil die Frau, indem sie darein willigt, sich ihres Rechtes auf die Güter ihres Mannes begiebt, worauf ihre <span dir="rtl">כתובה</span> haftet.</i>R. Jose sagt: Wenn sie es auch nur angenommen hat, so verliert sie ihre Morgengabe, obgleich der Mann ihr nichts verschrieben hat.
Wenn Jemand sein Vermögen seinem Sklaven verschreibt, so ist dieser zugleich freigelassen.<sup class="footnote-marker">11</sup><i class="footnote"> Weil er selbst ein Teil des Vermögens ist.</i>Hat Jener aber ein noch so unbedeutendes Stück Feld sich vorbehalten, so ist dieser nicht freigelassen. R. Simeon meint: Er ist immer freigelassen, es sei denn, dass der Eigentümer sagte: All mein Vermögen, mit Ausnahme des zehntausendsten Teiles desselben<sup class="footnote-marker">12</sup><i class="footnote"> Weil eine unbestimmte Ausnahme, den Sklaven selbst bezeichnen kann.</i>sei dem und dem, meinem Sklaven, geschenkt.
Chapter 4
Die Peah wird preisgegeben, von dem, was am Boden haftet; von einem aufgezogenen Weinstocke und von einem Dattelbaum nimmt der Besitzer die Früchte ab und verteilt sie an die Armen. R. Simeon sagt: Auch von den glatten Nussbäumen. — Wenn selbst neun und neunzig (Arme) für das Verteilen stimmen und ein Einziger für das Aufraffen, so folgt man dem Einen, der nach dem Gesetze gesprochen hat.
Bei dem aufgezogenen Weinstocke und dem Dattelbaume ist es nicht so, wenn auch neun und neunzig für das Aufraffen stimmen und nur Einer für das Verteilen, so folgt man dem Einen, der nach dem Gesetze gesprochen hat.
Nimmt ein Armer Etwas von der Peah, und wirft es auf das Übrige, so gehört ihm gar nichts davon. Warf er sich selbst auf die Peah, oder breitete er seine Mantelhülle darüber, so entzieht man es ihm (das Getreide). So ist es so wohl bei <span dir="rtl">לקט</span> (Nachlese) als auch bei <span dir="rtl">שכחה</span> (der vergessenen Garbe).
Man schneidet die Peah nicht mit Sicheln und hauet sie nicht mit Hacken aus, damit sie (die Armen) einander nicht verwunden.
Drei Forderungszeiten<sup class="footnote-marker">1</sup><i class="footnote"> <span dir="rtl">אבעיה</span> =, Ernte, Abpflöcken vgl. Targum zu Jesaia 1,8 und Redak daselbst Stamm <span dir="rtl">בעה</span> im <span dir="rtl">הפעיל</span> »abpflücken«, »abfressen«, vgl. <span dir="rtl">המבעה</span> in Baba Kamma I, 1. Nach Rambam stammt das Wort <span dir="rtl">אבעיות</span> von <span dir="rtl">בעה</span> fordern, bitten ab. Nach dem Talmud soll es soviel als »Sich sehen lassen«, »sich offenbaren« bedeuten, wie Obadia 1,6 <span dir="rtl">איך נחפשו עשו נבעו מצפניו</span>. »Wie ist Esau durchsucht worden, seine Schätze entblösst«.</i>finden am Tage statt, nämlich des Morgens,<sup class="footnote-marker">2</sup><i class="footnote"> Wegen der Ammen, welche, da deren Säuglinge zu der Zeit noch schlafen, deshalb sammeln können.</i>des Mittags,<sup class="footnote-marker">3</sup><i class="footnote"> Wegen der Kinder, die dann Zeit haben.</i>und gegen Abend.<sup class="footnote-marker">4</sup><i class="footnote"> Wegen der Greise, die erst alsdann das Feld erreichen.</i>Rabban Gamliel meint: Man hat dies<sup class="footnote-marker">5</sup><i class="footnote"> Nämlich die 3 Zeiten.</i>nur deshalb bestimmt, damit man nicht weniger annehme.<sup class="footnote-marker">6</sup><i class="footnote"> Dann würden die Armen zu wenig Spielraum haben.</i>R. Akiba dagegen sagt: Damit man nicht mehr annehme.<sup class="footnote-marker">7</sup><i class="footnote"> Dadurch würden sie oft gestört werden.</i>Die Bewohner von Bet Namar ernteten nach der Messschnur und gaben Peah von jeder Reihe.<sup class="footnote-marker">8</sup><i class="footnote"> Sie werden deshalb gelobt, weil sie den Armen das Einsammeln erleichterten; welche sofort nach jeder Reihe ihre Peah nehmen können und nicht zu warten brauchen bis das Ganze geerntet ist.</i>
Ein Heide, der auf seinem Felde geerntet hat und nachher Proselyt wird, ist frei von <span dir="rtl">שכחה ,לקט</span> und <span dir="rtl">פאה</span>. R. Jehudah verpflichtet ihn zur <span dir="rtl">שכחה</span>, weil die Verbindlichkeit dazu erst zur Zeit des Garbenbindens eintritt.
Heiligt Jemand stehendes Getreide und löset es als stehendes Getreide aus, so ist er zur Peah verpflichtet. (Heiligt er) Garben und löst sie als solche aus, so ist er verpflichtet, <span dir="rtl">שכחה</span> zu lassen. Stehendes, welches er als Garben auslöset, ist frei, weil es zur Zeit, als es der Pflicht unterlag, frei war.
Eben so verhält es sich, wenn Jemand seine Früchte heiligt, ehe für sie die Zeit des Verzehntens eingetreten ist, und sie (vor der Zeit) auslöst, so sind sie der Pflicht unterworfen; löset er sie aus nachdem die Pflicht des Verzehntens eintrat, sind sie gleichfalls der Pflicht unterworfen. Heiligt er sie, ehe sie zum <span dir="rtl">מעשר</span> fertig geworden, und der Schatzmeister macht sie fertig, so sind sie, wenn er sie alsdann auslöset, frei, weil sie zur Zeit, (als die Zehntverpflichtung) eintrat, frei waren.
Wenn Jemand eine Peah aufliest und spricht: Dies soll für den und den Armen sein, so urteilt R. Elieser, er habe es für ihn erworben. Die Weisen aber sagen:
Was ist <span dir="rtl">לקט</span>? Dasjenige, was beim Ernten herabfällt. Schneidet Jemand eine Handvoll oder pflückt er eine Faustvoll ab und es sticht ihn ein Dorn, wodurch es ihm aus der Hand zur Erde fällt, so gehört es dem Grundeigentümer. Was am innern Teile der Hand und der Sichel herabfällt, gehört den Armen. Was am Rücken der Hand und der Sichel herabfällt, gehört dem Eigentümer. Was an der Spitze der Hand und der Sichel herabfällt, gehört, nach R. Ismael, den Armen, nach R. Akiba aber dem Eigentümer.
Das Korn in den Ameisenlöchern gehört, wenn diese sich innerhalb des stehenden Getreides befinden, dem Eigentümer; liegen sie aber hinter den Schnittern, so gehört dasjenige, was oben ist, den Armen,<sup class="footnote-marker">9</sup><i class="footnote"> Weil die Ameisen es während des Schneidens vom <span dir="rtl">לקט</span> hingebracht haben könnten.</i>das Untere jedoch dem Eigentümer. R. Meïr sagt: Alles gehört den Armen, denn zweifelhaftes <span dir="rtl">לקט</span> gilt als <span dir="rtl">לקט</span>.
Chapter 5
Von Garbenhaufen, die auf einer Stelle aufgeschichtet werden, woselbst die Nachlese noch nicht gehalten wurde,<sup class="footnote-marker">1</sup><i class="footnote"> Wo also die Garbenhaufen die Nachlese total bedecken.</i>gehört alles, was die Erde berührt, den Armen. Wenn der Wind die Garben umherstreut, so schätzt man, wie viel <span dir="rtl">לקט</span> etwa der Ort eingetragen haben könnte und giebt solches den Armen. Rabban Simeon ben Gamliel sagt: Man gebe den Armen nach Verhältniss des gewöhnlichen Abfalls.<sup class="footnote-marker">2</sup><i class="footnote"> Nämlich von einem <span dir="rtl">כור</span> Aussaat 4 Kabin.</i>
Eine Ähre, die man beim Schneiden stehen liess, gehört, wenn deren Spitze bis zu dem noch stehenden Getreide reicht und mit demselben zugleich weggeschnitten werden kann, dem Eigentümer; wo nicht, den Armen. Ist eine Ähre vom <span dir="rtl">לקט</span> mit einem Garbenhaufen vermengt worden, so verzehnte man eine andere Ähre und gebe sie dem Armen.<sup class="footnote-marker">3</sup><i class="footnote"> Weil er dem Armen ein von allen Abgaben freies <span dir="rtl">לקט</span> geben muss.</i>R. Elieser wendete dagegen ein: Wie sollte der Arme etwas vertauschen, was er noch gar nicht im Besitz gehabt hat? vielmehr muss der Eigentümer zuerst dem Armen den Besitz des ganzen Garbenhaufens zusichern und dann kann er eine Ähre verzehnten und sie ihm geben.
Man darf kein Wasser mittelst Wasserräder nach dem Erntefelde hinleiten,<sup class="footnote-marker">4</sup><i class="footnote"> Bevor nämlich die Armen die Nachlese nicht gehalten haben, weil sie durch das Wasser verdorben wird. <span dir="rtl">מגלגלין</span> heisst das Rad drehen u. <span dir="rtl">טופח</span> bedeutet etwas Feuchtes. Siehe Aruch. Nach Rambam heisst <span dir="rtl">מנלנלין</span> — Vermengen und <span dir="rtl">טופח</span> ist eine der Gerste ähnliche schlechte Frucht.</i>das ist der Ausspruch des R. Meïr. Die Weisen aber erlauben es, weil es möglich ist.<sup class="footnote-marker">5</sup><i class="footnote"> D. h. der Eigentümer kann den Armen den Schaden ersetzen.</i>
Wenn ein Grundbesitzer von einem Orte nach einem andern reist und sich genötigt sieht, <span dir="rtl">לקט שכחה ופאה</span> oder den Armenzehnt annehmen zu müssen, so darf er es annehmen; muss dasselbe aber, wenn er nach Hause zurückkehrt, bezahlen. Dies sind die Worte des R. Elieser. Die Weisen aber sagen: Er war damals als ein wirklicher Armer zu betrachten.
Wenn Jemand mit einem Armen einen Tausch macht,<sup class="footnote-marker">6</sup><i class="footnote"> Das heisst, er giebt den Armen für seine Gebühren andere Früchte.</i>so ist das Seinige zehntfrei, dasjenige aber, was er dem Armen giebt, muss er verzehnten. Wenn zwei Arme die Bestellung eines Feldes gegen einen Fruchtanteil übernehmen, so kann Jeder von seinem Anteile dem Andern den Armenzehnten entrichten. Wenn ein Armer ein Feld übernimmt, um das Getreide desselben (gegen einen Fruchtanteil) zu schneiden, so darf er weder <span dir="rtl">לקט</span>, noch <span dir="rtl">שכחה</span>, noch <span dir="rtl">פאה</span>, noch den Armenzehnt davon nehmen. R. Jehudah aber sagt: Nur dann, wenn er es von ihm mit der Bedingung übernommen hat, dass er die Hälfte, oder ein Drittel, oder ein Viertel des Ganzen erhalte; wenn aber Jener zu ihm sagte: Das Drittel von dem, was Du schneidest, ist Dein, so darf er <span dir="rtl">שכחה ,לקט</span> und <span dir="rtl">פאה</span>, aber nicht den Armenzehnt nehmen.<sup class="footnote-marker">7</sup><i class="footnote"> Weil die ersteren von dem stehenden Getreide entrichtet werden, der letztere aber von dem geschnittenen. Da er nun an diesem einen Anteil hat, so darf er davon nichts nehmen, da es einem Armen gebührt.</i>
Wenn Jemand sein Feld verkauft, so ist es dem (etwa armen) Verkäufer gestattet, (<span dir="rtl">שכחה ,לקט</span> und <span dir="rtl">פאה</span>) zu nehmen, aber nicht dem Käufer. Man darf keinen Arbeiter unter der Bedingung aufnehmen, dass dessen Sohn hinter ihm nachlese.<sup class="footnote-marker">8</sup><i class="footnote"> Weil der Arbeiter dann weniger Lohn fordert, wodurch der Eigentümer Nutzen aus dem <span dir="rtl">לקט</span> zieht.</i>Wer die Armen nicht zur Nachlese zulässt, oder den einen zulässt und den andern nicht, oder einem dabei mithilft, der beraubt die Armen, und von ihm heisst es: Verrücke nicht die Grenze derjenigen, die heruntergekommen sind.<sup class="footnote-marker">9</sup><i class="footnote"> Dieser Vers findet sich in <span dir="rtl">משלי כ״ב, כ״ח</span> dort heisst es jedoch <span dir="rtl">עולָם</span> nicht <span dir="rtl">עולים</span> wie hier in der Mischna steht. Die Bedeutung dieses Wortes wird durch R. Jirmijah und R. Joseph im Jeruschalmi verschiedentlich angegeben. Nach dem Einen sind darunter die <span dir="rtl">עולי מצרים</span> gemeint, deren Gesetze man beobachten soll. Nach dem Andern sind darunter die Armen verstanden, wie man den Blinden <span dir="rtl">סגי נהורא</span>, der viel Licht hat nennt, so <span dir="rtl">עולים</span> = die Heruntergekommenen.</i>
Eine Garbe, welche die Arbeiter vergessen haben, die aber der Eigentümer nicht vergessen hat, oder die der Eigentümer vergass, aber nicht die Arbeiter, oder eine solche, vor welche sich die Armen gestellt, oder mit Stoppeln bedeckt hatten, ist nicht als <span dir="rtl">שכחה</span> zu betrachten.
Wenn man Garben sammelt, um sie in Form von Helmen<sup class="footnote-marker">10</sup><i class="footnote"> <span dir="rtl">כובע</span> Helm, Kappe, Mütze oder spitziger Hut.</i>aufzurichten, oder sie in ausgegrabene Oerter<sup class="footnote-marker">11</sup><i class="footnote"> <span dir="rtl">כומסאות</span> = Vertiefungen, mit <span dir="rtl">כמוס עמדי</span> (Denter. 32, 34) verwandt. Man pflegte nämlich im Orient bei der Ernte die Garben, ehe man sie zur Tenne brachte, auf dem ebenen Felde hoch aufzustellen, d. i. <span dir="rtl">כובע</span>, oder man legte sie auch in einen ausgegrabenen Ort <span dir="rtl">כמוסות</span>, (versteckt). Wenn man sie aber in der Runde aufstellt, dann nennt sie die Mischna <span dir="rtl">חירה</span> (Kuchen oder Mühlstein.) Vergl. Jeruschalmi und Aruch.</i>zu legen, oder sie in der Form eines Kuchens<sup class="footnote-marker">12</sup><i class="footnote"> Nach Rambam ist <span dir="rtl">חררה</span> Mühlstein.</i>aufzustellen, oder um grössere Garben daraus zu machen: so findet keine <span dir="rtl">שכחה</span> dabei statt. Was aber von da zur Tenne gebracht wird, unterliegt der <span dir="rtl">שכחה</span>. Sammelt man Garben, um sie in Haufen zu legen,<sup class="footnote-marker">13</sup><i class="footnote"> Wo sie zugleich ausgedroschen werden.</i>so findet <span dir="rtl">שכחה</span> bei ihnen statt; was aber von da zur Tenne kommt, unterliegt nicht dem Gesetz der <span dir="rtl">שכחה</span>. Die Regel gilt: Wenn man Garben sammelt, um sie an einen Ort zu bringen, wo die Arbeit vollendet wird, so findet <span dir="rtl">שכחה</span> dabei statt, was aber von dort zur Tenne gebracht wird, unterliegt dem Gesetze der <span dir="rtl">שכחה</span> nicht. Sammelt man sie für einen Ort, wo die Arbeit daran nicht beendigt wird, so findet keine <span dir="rtl">שכחה</span> dabei statt; was aber von dort zur Tenne kommt, unterliegt dem Gesetze der <span dir="rtl">שכחה</span>.
Chapter 6
Die Schule Sammai’s lehrt: Dasjenige, was den Armen preisgegeben wird, ist als herrenlos zu betrachten (daher zehntfrei); die Schule Hillel’s aber lehrt: Es ist nur dann herrenlos, wenn es auch reichen Leuten preisgegeben wird, wie bei den Früchten des Erlassjahres. — Wenn unter den Garben auf dem Felde, wovon jede einen <span dir="rtl">קב</span> entält, eine einzige sich zu 4 <span dir="rtl">קב</span> findet und man hat diese vergessen, so ist sie nach der Schule Sammai’s keine <span dir="rtl">שכחה</span>, nach der Schule Hillel’s aber, ist sie <span dir="ltr">שכחה</span>.
Eine Garbe, die angelehnt ist an eine Wand,<sup class="footnote-marker">1</sup><i class="footnote"> <span dir="rtl">גפה</span> = eine Wand, die durch aufeinander gelegte Steine, ohne mit Kalk verbunden zu sein, entsteht.</i>an einen Garbenhaufen, an ein Rind, an Feldgeräte, ist nach Sammai’s Schule, wenn man sie vergessen hat, keine <span dir="rtl">שכחה</span>; nach Hillel’s Schule aber ist sie <span dir="ltr">שכחה</span>.
In Betreff des Anfangs der Reihen, entscheidet die gegenüberliegende Garbe. Eine Garbe, die man schon ergriffen, um sie in die Stadt zu bringen und doch wieder vergessen hat, ist, wie beide Schulen übereinstimmen, keine <span dir="ltr">שכחה</span>.
Mit dem Anfang der Reihen verhält es sich wie folgt: Wenn Zwei von der Mitte der Reihe anfangen, der Eine mit dem Gesichte gegen Norden und der Andere mit dem Gesichte gegen Süden, und sie vergessen, was vor oder hinter ihnen liegt, so ist das, was vor ihnen liegen blieb <span dir="rtl">שכחה</span>, was aber hinter ihnen zurückblieb, keine <span dir="ltr">שכחה</span>.<sup class="footnote-marker">2</sup><i class="footnote"> Der Grund ist, weil bei letzterem Falle wahrscheinlich sich der eine auf den andern verlässt, dass er sie aufsammeln wird; oder weil dieselbe Garbe beim nochmaligen Durchgeben von Osten nach Westen, mitgenommen werden kann, und in diesem Falle entscheidet die gegenüberliegende Garbe, ob jene vergessen sei oder nicht.</i>Wenn ein Einzelner am Anfange der Reihe zu sammeln beginnt und hat etwas, was vor ihm, und etwas, was hinter ihm lag, vergessen, so ist dasjenige, was vor ihm, liegen blieb, keine <span dir="rtl">שכחה</span>, dagegen, was hinter ihm zurückblieb <span dir="rtl">שכחה</span>; weil das Verbot (Deuter. 24, 19): „Du sollst nicht zurückkehren‟<sup class="footnote-marker">3</sup><i class="footnote"> Der Vers lautet: »Wenn Du Ernte hältst und vergissest eine Garbe auf dem Felde, so darfst Du nicht zurückkehren, um sie zu nehmen (<span dir="rtl">לא תשוב לקחתו</span>) dem Fremden, dem Waisenkind und der Witwe soll sie gehören etc«.</i>auf letzteres anwendbar ist. Als Regel gilt: Alles, worauf man <span dir="rtl">לא תשוב</span> anwenden kann, ist <span dir="rtl">שכחה</span>, worauf das nicht zur Anwendung kommen kann, ist keine <span dir="ltr">שכחה</span>.
Zwei Garben sind <span dir="rtl">שכחה</span>, aber drei sind keine <span dir="rtl">שכחה</span>. Zwei Haufen Oliven oder Johannisbrot sind <span dir="rtl">שכחה</span>, drei jedoch sind keine <span dir="rtl">שכחה</span>. Zwei Büschel<sup class="footnote-marker">4</sup><i class="footnote"> <span dir="rtl">הוצני</span> nach Aruch so viel als <span dir="rtl">אניצי</span> = Bündel, Büschel cf. Baba Mezia 21a.</i>Flachs sind <span dir="rtl">שכחה</span>, aber drei sind es nicht. Zwei (umhergestreute) Weinbeeren sind <span dir="ltr">פרט</span>,<sup class="footnote-marker">5</sup><i class="footnote"> Die Bibelstelle (Levit. 19,10) lautet: <span dir="rtl">וכרמך לא תעולל ופרט כרמך לא תלקט וכו׳</span> »Und in Deinem Weinberge sollst Du keine Nachlese halten und den Abfall in Deinem Weinberge nicht aufklauben etc«.</i>drei jedoch sind es nicht. Zwei Ähren sind <span dir="ltr">לקט</span>,<sup class="footnote-marker">6</sup><i class="footnote"> Es heisst (Levit, 19,9) <span dir="rtl">ולקט קצירך לא תלקט</span> »und die Nachlese bei deiner Ernte nicht aufklauben.«</i>drei aber sind kein <span dir="rtl">לקט</span>. Diese Aussprüche sind nach der Lehre der Schule Hillel’s.<sup class="footnote-marker">7</sup><i class="footnote"> Die Schule Hillels führt als Grund an, weil es heisst <span dir="rtl">לעני ולגר</span>, die Schule Sammais, weil es auch heisst: <span dir="rtl">ולגר וליתום ולאלמנה</span>.</i>Die Schule Sammai’s hingegen lehrt in Betreff aller der erwähnten Gegenstände: Drei gehören den Armen, vier jedoch dem Eigentümer.
Eine Garbe, welche zwei <span dir="rtl">סאה</span> enthält, ist, wenn man sie vergessen hat, keine <span dir="rtl">שכחה</span>. Zwei Garben, die zwei <span dir="rtl">סאה</span> entalten, gehören nach Rabban Gamliel dem Eigentümer, nach den Weisen aber den Armen. Da fragte sie Rabban Gamliel: Ist die Mehrheit der Garben, dem Rechte des Eigentümers vorteilhafter oder nachteiliger? Sie antworteten ihm: Vorteilhafter. Darauf versetzte er: Wenn nun eine Garbe, welche zwei <span dir="rtl">סאה</span> enthält und die man vergessen hat, nicht als <span dir="rtl">שכחה</span> betrachtet wird, so sollten je zwei (vergessene) Garben, die zwei <span dir="rtl">סאה</span> enthalten, auch keine <span dir="rtl">שכחה</span> sein! Sie entgegneten: Nicht so, wie Du urteilst von einer Garbe, die man als einen Garbenhaufen betrachtet, darfst Du urteilen über zwei Garben, die als Bündel erscheinen.
Stehendes Getreide, welches zwei <span dir="rtl">סאה</span> enthält, ist, wenn man es vergisst, keine <span dir="rtl">שכחה</span>. Hat es keine zwei <span dir="rtl">סאה</span>, konnte aber zwei <span dir="rtl">סאה</span> enthalten, so muss man es, wenn auch dessen Frucht dem <span dir="ltr">טופח</span><sup class="footnote-marker">8</sup><i class="footnote"> Über <span dir="rtl">טופח</span> siehe die Anmerkung Abschnitt V, M. 3.</i>gleicht, doch als gute Gerstenkörner<sup class="footnote-marker">9</sup><i class="footnote"> Siehe die Anmerk, in Abschnitt I, M. 3.</i>betrachten.
Das stehende Getreide rettet die vergessene Garbe und alles daneben stehende Getreide.<sup class="footnote-marker">10</sup><i class="footnote"> Wenn nämlich neben nicht vergessenem stehendem Getreide sich Vergessenes befindet, oder eine Garbe, die vergessen wurde; so rettet das erstere das letztere und die Garbe, dass dieselben nicht als <span dir="rtl">שכחה</span> angesehen werden.</i>Dagegen rettet eine Garbe weder eine andere Garbe noch stehendes Getreide. Was für ein stehendes Getreide rettet die Garbe? Alles, was nicht <span dir="rtl">שכחה</span> ist, selbst ein einziger Stengel.
Eine <span dir="rtl">סאה</span> Ausgerissenes<sup class="footnote-marker">11</sup><i class="footnote"> D. h. was nicht mehr am Boden haftet.</i>und eine <span dir="rtl">סאה</span> stehendes Getreide, und ebenso bei Baumfrüchten, bei Lauch und Zwiebeln, können nicht zusammengerechnet und zwei <span dir="rtl">סאה</span> einerlei Art genannt werden<sup class="footnote-marker">12</sup><i class="footnote"> Dass sie als <span dir="rtl">שכחה</span> gelten, allerdings nur, dass er beide vergessen hat; wenn er jedoch nur das Ausgerissene vergass, aber nicht das stehende Getreide, so rettet dieses das erstere.</i>; sondern sie gehören den Armen. R. Jose sagt: Sie können nur dann nicht zusammengerechnet werden, wenn etwas, was den Armen gebührt, dazwischen liegt.<sup class="footnote-marker">13</sup><i class="footnote"> Wenn zwischen einem <span dir="rtl">סאה</span> und dem andern <span dir="rtl">לקט</span> liegt, und beim Weinberg <span dir="rtl">פרט</span>.</i>Ist dies nicht der Fall, so werden sie zusammengerechnet.
Getreide, das man als Futterkraut<sup class="footnote-marker">14</sup><i class="footnote"> Das nämlich, wenn es noch grün und feucht ist, zum Viehfutter dient.</i>benutzt oder zum Garbenbinden gebraucht, wie auch die Bindestengel für den Knoblauch und die Bindestengel von Knoblauch und Zwiebeln, unterliegen nicht der <span dir="rtl">שכחה</span>. Alles, was in der Erde verdeckt wächst, als: der Aron,<sup class="footnote-marker">15</sup><i class="footnote"> <span dir="rtl">לוף</span> ist nach Rambam eine Zwiebelart, oder Kraut, Aron, Arum colocasia, oder auch Arum maïalatum, deren Wurzel einen beissend scharfen Pfeffergeschmack hat.</i>Knoblauch und Zwiebeln, unterliegen nach R. Jehudah keiner <span dir="rtl">שכחה</span>, nach den Weisen jedoch sind sie <span dir="ltr">שכחה</span>
Wenn Jemand bei Nacht schneidet und sammelt, so wie bei einem Blinden, findet das Gesetz der <span dir="rtl">שכחה</span> statt. Beabsichtigt ein solcher, nur immer die grossen Garben fortzubringen, so findet (auch bei den kleinen) keine <span dir="rtl">שכחה</span> statt. Sagt er aber: Ich schneide das Getreide mit der Bedingung, dass ich das, was ich vergesse, abholen darf, so unterliegt es der <span dir="rtl">שכחה</span>.
Chapter 7
Jeder Ölbaum, welcher auf dem Felde einen besonderen Namen hat, wie etwa der Ölbaum von <span dir="ltr">נטופה</span><sup class="footnote-marker">1</sup><i class="footnote"> Der Name eines Ortes <span dir="rtl">בית לחם נטופה</span> in <span dir="rtl">דברי הימים</span>. Nach den Kommentaren soll <span dir="rtl">נטוף</span> einen Baum bezeichnen, aus dessen Früchten das Öl zu einer gewissen Zeit stark herab trieft.</i>zu seiner Zeit, ist, wenn man ihn vergessen hat, keine <span dir="rtl">שכחה</span>. Dieses findet jedoch nur statt, wenn er durch seinen Namen, durch seine Leistung oder seinen Standort bekannt ist. Durch seinen Namen: z. B. <span dir="ltr">שפכוני ,בישני</span><sup class="footnote-marker">2</sup><i class="footnote"> Gleichfalls Ortsnamen, wo diese Bäume verschiedentlich genannt werden. Nach den Kommentaren haben die Namen eine Bedeutung, also <span dir="rtl">שפכוני</span>, weil der Baum viel Öl durch seine Früchte ausgiesst und zwar von selbst. <span dir="rtl">בישני</span> durch die Presse; oder weil er die andern Ölbäume, durch seinen reichen Ertrag beschämt. Rambam hingegen meint <span dir="rtl">בישני</span> Er trägt so wenig, dass er sich vor den andern Bäumen schämen muss. Tatsächlich ist es der Ort <span dir="rtl">בישני</span> aus <span dir="rtl">בית שאן</span> = <span dir="rtl">בישן</span> = Skytopolis.</i>durch seine Leistung, wenn er viel trägt; durch seinen Standort, wenn er an der Seite einer Kelter oder Mauerlücke steht. Bei anderen Ölbäumen aber, sind zwei <span dir="rtl">שכחה</span>, drei hingegen, keine <span dir="rtl">שכחה</span>. R. Jose sagt: bei Ölbäumen findet keine <span dir="rtl">שכחה</span> statt<sup class="footnote-marker">3</sup><i class="footnote"> R. Jose sagte dies zur Zeit des Krieges der Juden mit dem Kaiser Hadrianus, wo fast alle Ölbäume zu Grunde gingen.</i>.
Ein Ölbaum, der zwischen drei Reihen Ölbäume und zwei Beeten in der Mitte steht und vergessen wird, ist nicht <span dir="ltr">שכחה</span><sup class="footnote-marker">4</sup><i class="footnote"> Weil er durch die umgebenden Bäume dem Auge entzogen wird.</i>. Ein Ölbaum, der zwei <span dir="rtl">סאה</span> trägt, ist, wenn man ihn vergisst, keine <span dir="rtl">שכחה</span>. — Das, was (oben in der Mischnah) gelehrt wurde, gilt nur dann, wenn man noch nicht daran angefangen hatte; wenn man aber bereits angefangen hatte, so findet selbst bei dem Ölbaum von <span dir="rtl">נטופה</span> in seiner Zeit, wenn man denselben vergessen hat, <span dir="rtl">שכחה</span> statt. So lange der Eigentümer Etwas unter dem Baume bat, gehört ihm auch alles, was sich am Wipfel befindet. R. Meïr sagt: Bis derjenige, der das Versteckte<sup class="footnote-marker">5</sup><i class="footnote"> D. h. die versteckten Oliven. Nach Rambam ist <span dir="rtl">מחבא</span> der Stock, womit man die versteckten Oliven abschlägt.</i>aufsucht, weggegangen ist.
Was ist <span dir="rtl">פרט</span>? Dasjenige, was beim Weinlesen herabfällt. Wenn der Winzer eine Traube abschneidet, die sich in die Blätter verwickelt hatte<sup class="footnote-marker">6</sup><i class="footnote"> <span dir="rtl">הוסבר</span> = verwickelt, wie <span dir="rtl">נאחז בסבך</span> (Genesis 22, 13).</i>, dann zur Erde fällt, wodurch die Beeren (von seiner Hand) abfallen, so gehört sie dem Eigentümer. — Wer beim Weinlesen einen Korb unter den Weinstock stellt, der beraubt die Armen, und von ihm heisst es: Entrücke nicht die Grenze derjenigen, die herunter gekommen sind<sup class="footnote-marker">7</sup><i class="footnote"> Siehe die Anmerkung zu Abschnitt 5, m. 6.</i>.
Was ist <span dir="ltr">עוללת</span>?<sup class="footnote-marker">8</sup><i class="footnote"> D. h. welches sind die Weintrauben, die der Eigentümer nicht nachlesen darf?</i>. Jede Traube, die keine an einander gedrängte Seitenträubchen hat und an deren Ende<sup class="footnote-marker">9</sup><i class="footnote"> <span dir="rtl">כתף</span>, weil die Beeren aufeinander, wie eine Last auf der Schulter, liegen. <span dir="rtl">נטף</span> sie hängen traubenartig am Ende der Rute herunter. <span dir="rtl">עוללות</span> heissen sie deshalb, weil sie bezüglich der richtigen Trauben, wie unmündige Kinder gegen Männer sind.</i>keine Beeren herabhängen. Hat sie das Eine oder das Andere, so gehört die Traube dem Eigentümer. Ist es aber zweifelhaft, so gehört sie den Armen. <span dir="rtl">עוללת</span> an den Knoten der Rebe<sup class="footnote-marker">10</sup><i class="footnote"> <span dir="rtl">ארכובה</span> ist eigentlich die Kniescheibe, bei dem Weinstocke der Knoten an der Rebe.</i>, gehört, wenn sie mit der Traube zugleich geschnitten wird<sup class="footnote-marker">11</sup><i class="footnote"> Nach dem Ausdruck in Jeremia 46,20 <span dir="rtl">קרץ מצפון בא</span> »Der Schlächter kommt von Norden«.</i>, dem Eigentümer, wo nicht, den Armen. Eine Traube mit einzelnen Beeren, ist nach R. Jehudah eine vollkommene Traube, nach den Weisen aber <span dir="ltr">עוללת</span>.
Wer an den Weinstöcken eine Verdünnung vornimmt<sup class="footnote-marker">12</sup><i class="footnote"> Wenn die Reben zu dicht aufeinander stehen, schneidet er einige derselben fort, damit die andern dadurch zum Wachstum Raum gewinnen. Vgl. Abschn. III, m. 3.</i>der darf ebenso wie das Seinige auch das der Armen verdünnen, dies sind die Worte des R. Jehudah. R. Meïr hingegen lehrt: An dem Seinigen darf er es vornehmen, nicht aber an dem der Armen<sup class="footnote-marker">13</sup><i class="footnote"> R. Jehudah sieht die Armen hierbei als Compagnons an R. Meïr aber, als Käufer.</i>.
Bei einem vierjährigen Weinstock<sup class="footnote-marker">14</sup><i class="footnote"> Wenn Jemand einen Baum, der essbare Früchte trägt, pflanzt, so muss er im vierten Jahre die Früchte, wenn er sie geniessen will, nach Jerusalem bringen; (oder er löst sie aus und bringt das Geld dorthin), um sie dort so zu verzehren, wie man den zweiten Zehnt als Heiliges verzehrt. Die Bibelstelle hierfür ist Leviticus 19,23—24.</i>findet nach der Schule Samai’s, weder das Fünftel<sup class="footnote-marker">15</sup><i class="footnote"> Wie beim zweiten Zehnt, vgl. Lev. 27,31.</i>, noch die Wegräumung<sup class="footnote-marker">16</sup><i class="footnote"> In Deuter. 26,13 heisst es bei dem Zehntenabgeben: <span dir="rtl">בערתי הקיש מן הבית</span> »Ich habe das Heilige aus dem Hause fortgeschafft« und zwar nach dem Ausspruch der Rabbinen <span dir="rtl">ערב פסח</span> des vierten und siebenten Jahres. Bei <span dir="rtl">נטעי רבעי</span> ist von Fünftel und von Wegräumung nichts erwähnt.</i>statt. Nach der Schule Hillels jedoch, kommt beides zur Anwendung<sup class="footnote-marker">17</sup><i class="footnote"> Weil es mit <span dir="rtl">מעשי</span> einerlei Obliegenheit hat, da bei Beiden das Wort <span dir="rtl">קדש</span> steht; vgl. Levit. 19,24 u. 27,30.</i>. Nach der Schule Samai’s unterliegt er auch dem <span dir="rtl">פרט</span> und <span dir="rtl">עוללות</span>, die Armen müssen auch diese für sich auslösen. Nach der Schule Hillels jedoch, muss Alles in die Kelter kommen<sup class="footnote-marker">18</sup><i class="footnote"> Weil es als <span dir="rtl">מעשר</span> betrachtet wird, und die Armen haben kein Teil daran, sondern die Eigentümer keltern Alles ein und bringen es nach Jerusalem.</i>.
Finden sich in einem Weinberg nur <span dir="rtl">עוללות</span>, so gehören dieselben, nach R. Elieser, dem Eigentümer, nach R. Akiba, den Armen. Da sprach R. Elieser: Es heisst (Deuteron. 24, 21): »Wenn Du in Deinem Weinberge Lese hältst, so sollst Du die Beeren nicht nachklauben!« Wenn keine Weinlese ist, woher dann <span dir="rtl">עוללות</span>? R. Akiba erwiderte ihm: »Es steht aber auch geschrieben (Levit. 19, 9): »Und Deinen Weinberg sollst Du nicht nachlesen!« was bedeutet: Auch wenn lauter <span dir="rtl">עוללות</span> da sind. Wenn dem so ist, warum steht denn: »Wenn Du Lese hältst?« Weil die Armen vor der Weinlese kein Recht auf <span dir="rtl">עוללות</span> haben.
Wenn Jemand seinen Weinberg heiligt, ehe die <span dir="rtl">עוללות</span> zu erkennen sind, so gehören diese nicht den Armen; sind sie jedoch schon kenntlich, so gehören sie den Armen<sup class="footnote-marker">19</sup><i class="footnote"> Denn man kann nichts heiligen, was Einem nicht gehört.</i>. R. Jose sagt: Diese müssen jedoch dem Heiligtum für das weitere Wachsen derselben zahlen<sup class="footnote-marker">20</sup><i class="footnote"> Weil das Grundstück heilig ist.</i>. — Was ist <span dir="rtl">שכחה</span> am aufgezogenen Weinstocke<sup class="footnote-marker">21</sup><i class="footnote"> <span dir="rtl">עריס</span> ist ein Weinberg, dessen Stöcke sich auf Stangen und Hölzer stützen. Vergleiche (Hohelied 1,16) <span dir="rtl">אף ערשנו רעננה</span> »Auch unser Lager grünt.«</i>? — Dasjenige, was man nicht wieder mit ausgestreckter Hand fassen kann<sup class="footnote-marker">22</sup><i class="footnote"> Nämlich nachdem er von demselben fortgegangen ist. Wenn er nun an dem Orte, wo er sich erinnert, mit der Hand das Zurückgelassene nicht mehr erreichen kann, so gehört es den Armen, weil hier <span dir="rtl">לא תשוב</span> Platz greift.</i>; und an einem liegenden Weinstock<sup class="footnote-marker">23</sup><i class="footnote"> Es sind solche Weinstöcke, die auf dem Boden stehen und mit den Füssen betreten werden <span dir="rtl">וברגליות</span>.</i>, bei dem man vorübergegangen ist<sup class="footnote-marker">24</sup><i class="footnote"> Da von den <span dir="rtl">רגליות</span> jeder einzelne Weinstock als eine Reihe (<span dir="rtl">אומן</span>) angesehen wird.</i>.
Chapter 8
Wann ist jedem Menschen das Nachlesen (der Feldfrüchte)<sup class="footnote-marker">1</sup><i class="footnote"> Ebenso <span dir="rtl">שכחה ופאה</span> hinzunehmen.</i>erlaubt? — Sobald die Altersschwachen Weggehen. Das Aufklauben der einzelnen<sup class="footnote-marker">2</sup><i class="footnote"> <span dir="rtl">נמושות</span> sind alte Leute, die auf ihren Stäben gestützt, stoppeln gehen, oder auch Lahme, die an Krücken (<span dir="rtl">משענתם</span>) einherwanken. Nach einer Meinung im Aruch sind es alte Schwächlinge, welche ihre Speisen im Munde nochmals kauen, nach dem Griechischen ἀναμασσᾶσϑαι = wiederkauen. Diese Leute können sich nicht so leicht von einem Felde zum andern begeben und bleiben daher auf demselben Acker, bis sie Alles abgelesen haben.</i>Beeren und die Traubennachlese? Wenn die Armen (zum zweiten Male) hingehen und wiederkommen. Und bei den Oelbeeren? Nachdem der zweite Regen<sup class="footnote-marker">3</sup><i class="footnote"> <span dir="rtl">רביעה</span> ist die Regenzeit im Herbst, etwa am 23. <span dir="rtl">מרחשון</span>.</i>gefallen ist. Rügt R. Jehudah: Gibt es nicht Leute, die erst nach dem zweiten Regen ihre Oliven abschlagen<sup class="footnote-marker">4</sup> Für das Pflücken und Abernten der Früchte von den Bäumen gibt es verschiedene Ausdrücke. Das Pflücken überhaupt heisst <span dir="rtl">ארה</span>, bei Getreide <span dir="rtl">קצר</span>, bei Weinbeeren <span dir="rtl">בצר</span>, bei Feigen <span dir="rtl">נודר</span> und bei Oliven <span dir="rtl">מוסק</span>.</i>? — Daher besser, wenn der Arme fortgeht und nicht mehr als vier <span dir="rtl">אסרות</span> heimbringt<sup class="footnote-marker">5</sup><i class="footnote"> <span dir="rtl">איסר</span> = Assarius statt as, eine römische Münze = 4 Pfennige Kupfergeld. Wenn der Arme nicht für zwei <span dir="rtl">אסרות</span> für sich und zwei für seine Frau findet, geht er nicht mehr hin.</i>.
Man kann den Armen glauben in Betreff des <span dir="rtl">לקט</span>, der <span dir="rtl">שכחה</span> und der <span dir="rtl">פאה</span> während ihrer Zeit<sup class="footnote-marker">6</sup><i class="footnote"> Wenn nämlich ein Armer sagt, dass der Weizen, den er verkaufen will, von <span dir="rtl">פאה</span> etc. herrührt und zwar während der Erntezeit, so ist er beglaubigt und man braucht kein <span dir="rtl">מעשר</span> davon abzugeben.</i>und in Betreff des Armenzehntens das ganze Jahr hindurch<sup class="footnote-marker">7</sup><i class="footnote"> Nämlich während des dritten und sechsten Jahres, wo man den Armen den Armenzehnt entrichten muss.</i>. Den Leviten darf man immer glauben<sup class="footnote-marker">8</sup><i class="footnote"> Wenn er nämlich sagt, dass er von dem Zehnten die Hebe abgesondert hat.</i>. Doch darf man ihnen nur dann glauben, wenn die Leute ihnen solche Dinge zu geben pflegen.
Man darf den Armen glauben, wenn es Weizen, nicht aber, wenn es Mehl oder Brot ist<sup class="footnote-marker">9</sup><i class="footnote"> Man glaubt ihn nicht, dass keine Armen gekommen wären und der Eigentümer <span dir="rtl">לקט שכחה וכו׳</span> gesammelt und solches für die Armen vermahlen und verbacken habe, weil so etwas wohl nur selten vorkommt; und ähnlich verhält es sich auch bei den folgenden Gegenständen.</i>. Man darf ihnen glauben, wenn der Reis noch in den Ähren ist, sonst aber nicht, er mag roh oder gekocht sein. Man darf ihnen glauben, wenn die Bohnen ganz, nicht aber wenn sie zermalmt sind, sie mögen roh oder gekocht sein. Man darf ihnen glauben, wenn sie sagen: Dieses Öl ist vom Armenzehnten. Nicht aber, wenn sie sagen: Es ist von den Ölbeeren, die abgeschlagen wurden<sup class="footnote-marker">10</sup><i class="footnote"> Weil man von so wenigen Oliven kein Öl zu pressen pflegt.</i>.
Man glaubt ihnen, wenn das Kraut roh, nicht aber, wenn es gekocht ist; es sei denn, dass die Armen nur wenig davon haben; weil es die Art des Eigentümers ist, auch (den Armenzehnt) aus dem Kessel zu geben<sup class="footnote-marker">11</sup><i class="footnote"> Wenn er diesen Zehnt den Armen im rohen Zustande zu geben vergessen hatte. <span dir="rtl">לפס</span> hat Ähnlichkeit mit dem griechischen ὁ λέβης der Kessel.</i>.
Man darf den Armen auf der Tenne<sup class="footnote-marker">12</sup><i class="footnote"> Hier ist vom Armenzehnt die Rede, wenn der Eigentümer solchen auf der Tenne verteilen will; geschieht es aber im Hause, dann ist er nicht beschränkt.</i>nicht weniger als ein halbes <span dir="rtl">קב</span> Weizen und ein <span dir="rtl">קב</span> Gerste geben<sup class="footnote-marker">13</sup><i class="footnote"> Er muss ihm dort so viel geben, damit er sich daran sättigen kann; weil er daselbst keine Gelegenheit hat, sich etwas zu kaufen, wohl aber im Hause.</i>. R. Meïr aber sagt. Ein halbes <span dir="rtl">קב</span>; — anderthalb <span dir="rtl">קב</span> Dinkel und ein <span dir="rtl">קב</span> trockener Feigen, oder eine <span dir="ltr">מנה</span><sup class="footnote-marker">14</sup><i class="footnote"> Eine <span dir="rtl">מנה</span> ist so schwer wie fünfundzwanzig <span dir="rtl">סלעים</span> oder hundert <span dir="rtl">דינר</span>, ein <span dir="rtl">דינר</span> wie sechs <span dir="rtl">זוזים</span> und ein <span dir="rtl">זוז</span> wie sechzehn Gerstenkörner.</i>Feigenkuchen. R. Akiba aber meint: Eine halbe <span dir="rtl">מנה</span>. — Ein halbes <span dir="ltr">לוג</span><sup class="footnote-marker">15</sup><i class="footnote"> Ein <span dir="rtl">לוג</span> ist ²⁵⁄₃₆ Liter, der vierte Teil eines <span dir="rtl">קב</span>.</i>Wein. R. Akiba dagegen, ein Viertel. Ein Viertel (<span dir="rtl">לוג</span>) Oel, nach R. Akiba ein Achtel. Von allen übrigen Früchten, meint Abba Schaul, muss man ihnen so viel geben, dass, wenn Einer von ihnen es verkauft, er für das, was er dafür erhält, sich Speise für zwei Mahlzeiten kaufen kann.
Dieses Maass ist bestimmt für (arme) Priester Leviten<sup class="footnote-marker">16</sup><i class="footnote"> Weil man denken könnte, sie erhalten doch <span dir="rtl">תרומות ומעשרות</span>, wäre man nicht verpflichtet, ihnen auch noch den Armenzehnt zu geben.</i>u. Israeliten. Will Jemand etwas (für seine armen Verwandten) zurückbehalten, so nimmt er die Hälfte und gibt die (andere) Hälfte fort. Bleibt ihm dann nur noch wenig zurück, so legt er es vor die Armen hin und sie teilen dasselbe unter sich.
Man gibt einem Armen, der von einem Orte zum andern wandert, nicht weniger als ein Brot, das ein Pundion<sup class="footnote-marker">17</sup><i class="footnote"> Ein halber Sue oder zwei <span dir="ltr">אסרין</span>.</i>wert ist, wenn man vier <span dir="rtl">סאה</span> (Getreide) um ein <span dir="rtl">סלע</span> bekommt. Bleibt er über Nacht, so gebe man ihm was zu einem Nachtlager gehört. (Bleibt er über) <span dir="rtl">שבת</span>, so muss man ihm Speise für drei Mahlzeiten geben. Wer Speise für zwei Mahlzeiten hat, der nehme nichts aus der Armenschüssel<sup class="footnote-marker">18</sup><i class="footnote"> Es war der Gebrauch, dass die Armenvorsteher jeden Tag Speisen für die Armen sammelten.</i>. Wer Speise für vierzehn Mahlzeiten hat, der nehme nichts ans der Armenbüchse. Die Sammlung für dieselbe wird immer durch zwei Personen besorgt<sup class="footnote-marker">19</sup><i class="footnote"> Und zwar jeden Freitag.</i>. Bei der Verteilung jedoch müssen immer drei<sup class="footnote-marker">20</sup><i class="footnote"> Weil hier eine gewisse Entscheidung in Geldangelegenheiten stattfindet. Da sie sich schlüssig machen müssen, wie viel sie dem Armen, nach Verhältniss seines Bedarfs mit Rücksicht auf seine Familie, zu geben haben.</i>zugegen sein.
Wer zweihundert Sus in seinem Vermögen besitzt, der soll weder <span dir="rtl">לקט ,שכחה ,פאה</span> noch den Armenzehnt annehmen. Fehlt ihm aber zu zweihundert nur ein Denar, so kann er es annehmen, wenn ihm auch tausend Eigentümer zu gleicher Zeit (die Gaben) geben. Ist sein Vermögen seinem Gläubiger, oder für die Morgengabe seiner Frau verpfändet, so darf er es annehmen. Auch darf man ihn nicht zwingen, sein Haus oder seine Geräte zu verkaufen<sup class="footnote-marker">21</sup><i class="footnote"> Unter Geräten sind hier schöne Kleider und Pretiosen zu verstehen, die am Sabbat und Festtagen benutzt werden. Aber nur dann, wenn er nichts von der Armenkasse nimmt, sondern nur privatim von seinen Verwandten unterstützt wird. Andernfalls darf er <span dir="rtl">לקט שכחה ופאה</span> nur nehmen, wenn er seine Gerätschaften verkauft, um die andern Armen nicht zu schädigen.</i>.
Wer nur fünfzig Sus hat und damit Geschäfte macht, der nehme nichts an. Wer nichts zu nehmen braucht und doch annimmt, der geht nicht aus der Welt, ohne anderer Menschen bedürftig zu sein. Wer hingegen zu nehmen benötigt ist und den noch nichts nimmt, der stirbt nicht, ohne im hohen Alter Andere mit seinem Vermögen unterstützt zu haben. Von ihm sagt die Schrift (Jer. 17,7): »Gesegnet ist der Mann, der auf Gott vertraut, dessen Zuversicht der Ewige ist«. So ist’s auch mit dem Richter, der nach der Wahrheit ein Urteil fällt.— Wer weder lahm, noch blind, noch hinkend ist, und sich doch stellt, als wäre er es, der erlebt es noch, dass er es wirklich wird. Denn es heisst (Proverb. 11,27): » Wer Böses sucht, über den wird es kommen«. Auch heisst es (Deuter. 16,20): »Gerechtigkeit,« Gerechtigkeit, sollst Du nachstreben! Jeder Richter, der Bestechung annimmt und das Recht beugt, der erlebt es noch, dass seine Augen blöde werden, wie es heisst (Exodus 23,8): »Auch sollst Du keine Bestechung annehmen, denn die Bestechung blendet die Sehendem.«