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JJT_20250128_OLG0459_0070BS00007_25S0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-02-03
2025-02-03
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250128_OLG0459_0070BS00007_25S0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250128_OLG0459_0070BS00007_25S0000_000/JJT_20250128_OLG0459_0070BS00007_25S0000_000.html
7Bs7/25s
ECLI:AT:OLG0459:2025:0070BS00007.25S.0128.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Dr. Gföllner als Vorsitzende, die Richterin Dr. Ganglberger-Roitinger und den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen <span class="Fett">A*</span> wegen des Vergehens der beharrlichen Verfolgung nach § 107a Abs 1 StGB über die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels vom 30.&nbsp;Dezember 2024, GZ1*, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit - seit 5. Juli 2024 rechtskräftigem - (Abwesenheits-)Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Wels vom 10.&nbsp;Juni 2024, GZ1*, wurde der ** geborene A* des Vergehens der beharrlichen Verfolgung nach §&nbsp;107a Abs&nbsp;1 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer unter Bestimmung dreijähriger Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Demnach hat er in B*, C* und an anderen Orten des Bundesgebietes beginnend mit 2. Jänner 2024 bis zuletzt am 6. Mai 2024 Mag. D* widerrechtlich beharrlich verfolgt, indem er längere Zeit hindurch fortgesetzt in einer Weise, die geeignet war, sie in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen, ihre räumliche Nähe aufsuchte und im Wege einer Telekommunikation den Kontakt zu ihr herstellte, und zwar indem er sie am 2.&nbsp;und 16. Jänner 2024 am Parkplatz ihrer Arbeitsstätte abpasste und ansprach, sie zwischen 16. Jänner 2024 und 15. März 2024 unzählige Male sowie weiters am 4. und 6. April 2024 und am 3. Mai 2024 in Kenntnis ihrer genauen Arbeitszeiten mit dem Auto am Arbeitsweg abpasste bzw. verfolgte und ihr dabei teils auch bis zu den Parkplätzen diverser Geschäfte nachfuhr und sie überdies am 12. und 20. Jänner 2024, am 10. und 11. Februar 2024 und am 4. Mai 2024 via Facebook und WhatsApp kontaktierte, obwohl sie ihm zu keinem Zeitpunkt ihre Telefonnummer gab und überdies am 2. April 2024 im Verfahren GZ2* des Bezirksgerichts Vöcklabruck eine einstweiligen Verfügung erlassen wurde die ihm jegliche Kontaktaufnahme zu bzw. Annäherung an Mag. D* untersagte.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit zugleich gefasstem Beschluss wurde ihm gemäß §§&nbsp;50 ff StGB die Weisung erteilt, (1.) die begonnene Psychotherapie bei der Männerberatung oder einem anderen in Österreich zugelassenen Psychotherapeuten fortzusetzen, wobei die Betreuungsintervalle vom behandelnden Therapeuten vorzugeben sind; der erste Nachweis, die Therapie fortgesetzt zu haben, hat bis 1.&nbsp;September 2024 beim Gericht einzulangen, danach in halbjährlichen Intervallen; (2.) zudem hat der Angeklagte für die Geltungsdauer der einstweiligen Verfügung im Verfahren GZ2* des Bezirksgerichts Vöcklabruck jeglichen persönlichen Kontakt mit Mag.&nbsp;D*, sei es persönlich, brieflich oder auf sonstige Weise, insbesondere auch via Social Media (Facebook, WhatsApp, Instagram, Snapchat etc) oder auf sonstige Weise zu unterlassen sowie es zu unterlassen, über dritte Personen Kontakt mit Mag.&nbsp;D* aufzunehmen oder sich in der E* C*, **straße **, ** C*, aufzuhalten (ON&nbsp;35, 5 f).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Nachdem mit Beschluss des Landesgerichts Wels vom 1. Oktober 2024 die Weisung, es zu unterlassen, sich in der E* C* aufzuhalten, aufgehoben worden war (ON&nbsp;65), beantragte der Verurteilte mit Eingabe vom 12. Dezember 2024, von den weiteren Weisungen abzusehen, weil er die Therapie bei „F*“ bis zum Abschluss vollzogen habe (ON&nbsp;79).</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit dem angefochtenen Beschluss vom 30. Dezember 2024 wies der Erstrichter den Antrag auf Aufhebung der Therapieweisung im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die Fortsetzung der Psychotherapie unbedingt erforderlich sei, um vergleichbare strafbare Handlungen hintanzuhalten.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die dagegen (fristgerecht) erhobene Beschwerde des Verurteilten (ON&nbsp;86) ist nicht berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Wird - wie hier - eine Strafe bedingt nachgesehen, hat das Gericht gemäß § 50 Abs 1 StGB Weisungen zu erteilen oder/und Bewährungshilfe anzuordnen, wenn dies im Einzelfall notwendig oder zweckmäßig ist, um einen Rückfall hintanzuhalten. Dabei ist nicht nur auf die konkrete Straftat, sondern auch auf die Person des Rechtsbrechers, sein Vorleben und insbesondere das soziale Umfeld abzustellen (vgl <span class="Kursiv">Schroll/Oshidari</span>, WK² StGB §&nbsp;50 Rz&nbsp;4; <span class="Kursiv">Tipold</span> in <span class="Kursiv">Leukauf/Steininger</span>, StGB<span class="Hoch">4</span> § 50 Rz 3).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Weisungen sind sanktionsergänzende Maßnahmen die den Zweck haben, den Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten (vgl <span class="Kursiv">Schroll/Oshidari,</span> WK² StGB §&nbsp;51 Rz&nbsp;1; <span class="Kursiv">Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari</span>, StGB<span class="Hoch">14</span> § 51 Rz 1). Die Verpflichtungsdauer der Weisung umfasst, sofern keine Eingrenzung erfolgt, die gesamte Probezeit (<span class="Kursiv">Schroll/Oshidari,</span> WK² StGB §&nbsp;50 Rz&nbsp;8). Weisungen können vom Gericht indes auch wieder aufgehoben werden, sofern sie sich als zwecklos oder ungeeignet herausstellen; Weisungen können auch während der Probezeit neuen spezialpräventiven Erfordernissen angepasst und entsprechend geändert werden (vgl <span class="Kursiv">Schroll/Oshidari,</span> WK² StGB §&nbsp;50 Rz&nbsp;11). Die mit der Erfüllung einer Weisung einhergehenden Kosten hat der Rechtsbrecher grundsätzlich selbst zu tragen (<span class="Kursiv">Schroll/Oshidari,</span> WK² StGB §51 Rz 48).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Weisung, sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen, ist nur mit Zustimmung des Rechtsbrechers zulässig (§&nbsp;51 Abs&nbsp;3 StGB). Die Zustimmung des Verurteilten zu einer Behandlungsweisung ist unwiderruflich (<span class="Kursiv">Schroll/Oshidari,</span> WK² StGB §&nbsp;51 Rz&nbsp;45; <span class="Kursiv">Tipold</span> in <span class="Kursiv">Leukauf/Steininger</span>, StGB<span class="Hoch">4</span> § 50 Rz 23).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Der Beschwerdeführer hat, nachdem mit Beschluss des Landesgerichts Wels vom 15.&nbsp;Mai 2024 von der Verhängung der Untersuchungshaft gegen gelindere Mittel - unter anderem die (mit seiner Zustimmung erteilte) Weisung, eine Psychotherapie zu beginnen - abgesehen worden war (ON&nbsp;13, 3), von Mai 2024 bis August 2024 bei „F*“ mehrere Beratungstermine in Anspruch genommen (ON 20, 24 und ON 70). In der Folge verwies die zuständige Sozialarbeiterin von „F*“ den Beschwerdeführer an die Männerberatung (ON 79.2 und ON&nbsp;1.81), bei welcher dieser mittlerweile auch vorstellig wurde (ON&nbsp;84).</p><p class="ErlText AlignLeft">Soweit der Beschwerdeführer moniert, dass diese (Therapie-)Weisung „absolut kontraproduktiv, nicht zweckmäßig und somit auch nicht zielführend“ sein könne, weil er für etwas verurteilt worden sei, was so nie geschehen sei, ist er vorweg auf den rechtskräftigen Schuldspruch zu verweisen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Daraus, dass die Sozialarbeiterin von „F*“ die Beratung (weil ihre Kompetenz überschreitende Themen angesprochen wurden [ON 1.81]) von sich aus beendet und den Beschwerdeführer an die Männerberatung verwiesen hat, ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Eine Nutzlosigkeit der Therapie kann daraus gerade nicht abgeleitet werden.</p><p class="ErlText AlignLeft">Das Beschwerdegericht teilt die Einschätzung des Erstrichters - der sich anlässlich der Vernehmung am 15. Mai 2024 (ON 13) auch einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen konnte - dass im vorliegenden Fall die dem Verurteilten erteilte Weisung, die Psychotherapie fortzusetzen, notwendig bzw. zweckmäßig ist, um künftige (gleichgelagerte) strafbare Handlungen hintanzuhalten. Lässt doch schon die dem Schuldspruch zugrunde liegende Delinquenz, aber auch die (trotz erdrückender Beweislage ein strafrechtlich relevantes Verhalten leugnende) Verantwortung des Beschwerdeführers auf gewisse Persönlichkeitsdefizite schließen, die einer Aufarbeitung bedürfen.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Rechtsmittelbelehrung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu.</p></div></div></body></html>
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JJT_20250127_OLG0459_01100R00001_25H0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-31
2025-01-31
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250127_OLG0459_01100R00001_25H0000_000
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11R1/25h
ECLI:AT:OLG0459:2025:01100R00001.25H.0127.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz hat als Rekursgericht durch die Richter Senatspräsident Dr.&nbsp;Robert Singer als Vorsitzenden, Mag. Herbert Ratzenböck und Dr. Patrick Eixelsberger in der Rechtssache der klagenden Partei <span class="Fett">A*</span>, geboren am **, **straße&nbsp;**, vertreten durch die Allmayer-Beck Stockert Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei B*, **, Malta, vertreten durch die BK.Partners Bugelnig Kirner Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Kosten, über den Kostenrekurs der klagenden Partei gegen das Kostenurteil des Landesgerichts Linz vom 9.&nbsp;Dezember&nbsp;2024, GZ*, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:38px !important;">Dem Rekurs wird Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:38px !important;">Die angefochtene Kostenentscheidung wird dahin abgeändert, dass die beklagte Partei schuldig ist, der klagenden Partei die mit EUR&nbsp;1.157,72 (darin enthalten EUR&nbsp;137,12 an USt und EUR&nbsp;335,00 an Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14&nbsp;Tagen zu ersetzen.</p><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:38px !important;">Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR&nbsp;336,82 (darin enthalten EUR&nbsp;56,14 an USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14&nbsp;Tagen zu ersetzen.</p><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:38px !important;">Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Beklagte schließt regelmäßig Verträge mit Verbrauchern über ihren Online-Auftritt im Internet ab. Der Kläger ist Vertragspartner der Beklagten.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Kläger begehrte die digitale Übermittlung einer Kopie seiner Daten, die Gegenstand der Verarbeitung der Beklagten seien. Dazu brachte er&nbsp;-&nbsp;soweit für das Rechtsmittelverfahren von Bedeutung&nbsp;-&nbsp;vor, dass die Beklagte trotz vorausgegangener Aufforderung diese Daten nicht übermittelt habe.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Beklagte anerkannte in der Klagebeantwortung den geltend gemachten Anspruch auf Herausgabe der Daten, begehrte jedoch infolge Erfüllung Kostenzuspruch nach §&nbsp;45 ZPO mit der Begründung, dass sie keine Veranlassung zur Klagsführung gegeben habe, weil der vorausgegangenen Aufforderung des Klägers keine rechtsgültige Vollmacht beigelegen habe. Die elektronische Signatur entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben; die händische Unterschrift weiche erheblich von der Unterschrift im Ausweisdokument ab.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gleich zu Beginn der vorbereitenden Tagsatzung vom 8.11.2024 schränkte der Kläger das Klagebegehren wegen Erfüllung des Klagsanspruchs durch die Beklagte auf Kosten ein.</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit dem angefochtenen <span class="Fett">Kostenurteil</span> verpflichtete das Erstgericht den Kläger zum Ersatz der mit EUR&nbsp;1.322,86 bestimmten Prozesskosten. Dieser Entscheidung liegt folgender <span class="Unterstrichen">Sachverhalt</span> zugrunde:</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit E-Mail vom 18.4.2024 übermittelte der Klagevertreter im Namen des Klägers ein E-Mail an die Beklagte mit der Aufforderung, Auskunft über die personenbezogenen Daten, die die Beklagte über den Kläger verarbeitet, zu geben sowie eine Kopie dieser personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, digital zu übermitteln.</p><p class="ErlText AlignLeft">Dieser E-Mail war eine Vollmacht angehängt, die den Namen, die Anschrift und das Geburtsdatum des Klägers enthielt und mit dem Vermerk „handschriftlich“ folgenden Namenszug aufwies:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Das an dieser Stelle dargestellte Bild wurde entfernt</span>.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft">Auf einer der Beklagten vorliegenden Kopie eines Personalausweises (richtig: Führerscheins) des Klägers war folgende Unterschrift ersichtlich:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Das an dieser Stelle dargestellte Bild wurde entfernt</span>.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft">Die vorgelegte Vollmacht war nicht mit einer qualifizierten elektronischen Unterschrift versehen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Das Vollmachtsformular selbst enthält den Zusatz unter der Unterschriftszeile „handschriftlich“. Das Schriftbild dieser beiden Unterschriften einerseits auf dem Vollmachtsformular, andererseits auf der Ausweiskopie weicht voneinander ab.</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit Antwort-E-Mail vom 21.4.2024 ersuchte die Beklagte um Übermittlung einer gültigen Kopie der Vollmacht, wobei darauf hingewiesen wurde, dass diese Vollmacht handschriftlich in Tinte vom Kunden unterzeichnet sein müsse, da die Beklagte keine elektronischen Unterschriften akzeptieren könne.</p><p class="ErlText AlignLeft">Daraufhin wurde vom Kläger am 27.5.2024 die vorliegende Klage eingebracht.</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit E-Mail vom 25.6.2024, nach Klagszustellung, übermittelte die Beklagte dem Kläger die von ihm geforderten Daten.</p><p class="ErlText AlignLeft">Es kann nicht festgestellt werden, ob der Beklagten auch eine Kopie des Reisepasses des Klägers übermittelt wurde, die eine mit der Vollmacht übereinstimmende Unterschrift zeigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Unterstrichen">In rechtlicher Hinsicht</span> kam das Erstgericht zum Ergebnis, dass die Beklagte aufgrund des Aufforderungsschreibens des Klägers (noch) nicht verpflichtet gewesen sei, dem Auskunftsbegehren nachzukommen, weil die Unterschrift auf der übermittelten Vollmacht von der Unterschrift auf dem Ausweisdokument abweiche und insbesondere auch die Unterschrift auf der Vollmacht nicht einer qualifizierten elektronischen Signatur entspreche. Nach erfolgter Klagszustellung habe die Beklagte mit E-Mail vom 25.6.2024 den Auskunftsanspruch erfüllt. Die Beklagte habe daher keinen Anlass zur Klagsführung gegeben, weshalb der Kläger gemäß §&nbsp;45 ZPO verpflichtet sei, ihr die Kosten des Verfahrens zu ersetzen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der <span class="Fett">Rekurs des Klägers</span> wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, die Beklagte zum Ersatz der Prozesskosten des Klägers in Höhe von EUR&nbsp;1.157,72 zu verpflichten.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Der Rekurs ist berechtigt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">A.&nbsp;Zur Mängelrüge:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">1.&nbsp;Wird eine Klage&nbsp;-&nbsp;aus welchem Grund auch immer&nbsp;-&nbsp;auf Kosten eingeschränkt, sinkt der Streitgegenstand des Verfahrens gemäß §&nbsp;54&nbsp;Abs&nbsp;2&nbsp;JN auf Null (RS0042793, RS0039545; <span class="Kursiv">Sloboda</span> in <span class="Kursiv">Fasching/Konecny</span>³ §&nbsp;517 ZPO Rz 3; <span class="Kursiv">Kodek</span> in <span class="Kursiv">Rechberger/Klicka</span>, ZPO<span class="Hoch">5</span> §&nbsp;517 Rz&nbsp;5; <span class="Kursiv">Mayr</span> in <span class="Kursiv">Rechberger/Klicka</span>, ZPO<span class="Hoch">5</span> §&nbsp;54 JN Rz&nbsp;3).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">2.&nbsp;Der (Kosten-)Rekurs ist gemäß §&nbsp;517 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;5&nbsp;ZPO unabhängig vom Streitwert zulässig. Unzulässig ist er nur dann, wenn der Betrag, dessen Zuspruch oder Aberkennung beantragt wird, 50&nbsp;Euro nicht übersteigt (§&nbsp;517 Abs&nbsp;3&nbsp;ZPO). Dies ist hier nicht der Fall. Zusätzlich ist der Kostenrekurs aber den (Berufungs-)beschränkungen des §&nbsp;501 ZPO zu unterwerfen, weil die Überprüfungsmöglichkeit im Rekursverfahren nicht weiter gehen soll als bei einem Urteil. §&nbsp;501 Abs&nbsp;1&nbsp;ZPO findet daher schlichtweg auf alle Kostenentscheidungen nach Klagseinschränkung auf Kosten sinngemäß Anwendung (RW0001105; <span class="Kursiv">Sloboda</span> aaO §&nbsp;517 ZPO Rz&nbsp;8 mwN zum Meinungsstand und unter Hinweis auf die überwiegende, eine analoge Anwendung des §&nbsp;501&nbsp;ZPO im Rekursverfahren bejahende Judikatur). Das (Kosten-)Urteil kann demnach nur aus den Rekursgründen der Nichtigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung angefochten werden. Die Ausführungen des Klägers im Rahmen seiner unzulässigen Mängelrüge haben daher unbeachtlich zu bleiben.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">B.&nbsp;Zur Rechtsrüge:</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurs meint unter anderem, dass der Verantwortliche nur dann weitere Informationen zur Identifizierung des Antragstellers einfordern könne, wenn er begründete Zweifel habe, die konkret darzulegen seien. Dies sei vorprozessual nicht erfolgt.</p><p class="ErlText AlignLeft">Dazu ist auszuführen:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">1.1&nbsp;Hat der Beklagte durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage nicht Veranlassung gegeben und den in der Klage erhobenen Anspruch sofort bei erster Gelegenheit anerkannt, so fallen gemäß §&nbsp;45 ZPO die Prozesskosten dem Kläger zur Last. Er hat auch die dem Beklagten durch das eingeleitete gerichtliche Verfahren verursachten Kosten zu ersetzen. Die Kostenersatzpflicht des siegreichen Klägers setzt somit voraus, dass die Beklagte keinen Anlass zur Klage gegeben hat. Die Anwendbarkeit des §&nbsp;45 ZPO ist als Ausnahmebestimmung vom objektiven Erfolgsprinzip eng auszulegen. Veranlassung zur Klage gibt man durch ein Verhalten, das vernünftigerweise den Schluss auf die Notwendigkeit eines Prozesses rechtfertigt (<span class="Kursiv">Obermaier</span>, Kostenhandbuch<span class="Hoch">4</span> Rz&nbsp;1.281 und 1.282).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">1.2&nbsp;In aller Regel ist die Klage vom Beklagten dann nicht veranlasst worden, wenn er vom Kläger vorher nicht zu jenem Verhalten aufgefordert wurde, das dieser in der Folge zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat; ebenso, wenn eine solche Aufforderung zwar dem Beklagten zuging, es ihm aber bis zur Klagserhebung aus objektiven Gründen nicht möglich sein konnte, die Berechtigung des klägerischen Ansinnens zu überprüfen bzw ihm nachzukommen (<span class="Kursiv">M. Bydlinski</span> in <span class="Kursiv">Fasching/Konecny</span>³ §&nbsp;45 ZPO Rz&nbsp;2).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">2.1&nbsp;Gemäß Art&nbsp;15 Abs&nbsp;1 DSGVO hat die betroffene Person das Recht, von den Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf die Informationen gemäß Art&nbsp;15 Abs&nbsp;1 lit&nbsp;a bis h DSGVO sowie gemäß §&nbsp;15 Abs&nbsp;3 DSGVO auf kostenlose Übermittlung einer Kopie dieser Daten.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">2.2&nbsp;Der Zweck dieses Auskunftsrechts liegt insbesondere darin, dass die betroffene Person Grundlegendes über die Verarbeitung ihrer Daten erfahren kann, insbesondere ob und welche Daten der Verantwortliche über sie verarbeitet und ob dies rechtmäßig geschieht (<span class="Kursiv">Haidinger</span> in <span class="Kursiv">Knyrim</span>, DatKomm Art&nbsp;15 DSGVO Rz&nbsp;1). Nach dem Wortlaut des Art&nbsp;15 Abs&nbsp;1 DSGVO hat nur die betroffene Person ein Recht auf Auskunft, welches sie geltend machen muss (<span class="Kursiv">Haidinger</span> aaO Art&nbsp;15 DSGVO Rz&nbsp;11). Es genügt ein formloser Antrag, der schriftlich, elektronisch und auch mündlich erfolgen kann (<span class="Kursiv">Arning</span> in <span class="Kursiv">Moos/Schefzig/Arning</span>, Praxishandbuch DSGVO einschließlich BDSG und spezifischer Anwendungsfälle² Kap&nbsp;6 Rz&nbsp;245). Zur Durchsetzung dieser datenschutzrechtlichen Ansprüche können sich die Betroffenen jedoch eines Vertreters bedienen (vgl <span class="Kursiv">Haidinger</span> aaO Art&nbsp;15 DSGVO Rz&nbsp;11/2). In diesem Fall hat jedoch der Verantwortliche im Rahmen der Identitätsfeststellung sowohl die Vollmacht als auch die Identität der betroffenen Person zu prüfen. Gegenüber privaten Verantwortlichen ist die Vorlage eines urkundlichen Nachweises der Bevollmächtigung zu fordern (<span class="Kursiv">Illibauer</span> in <span class="Kursiv">Knyrim</span>, DatKomm Art&nbsp;12 DSGVO Rz&nbsp;80 mH auf §&nbsp;8 Abs&nbsp;1 RAO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">2.3&nbsp;Der Verantwortliche hat den von einer Datenverarbeitung betroffenen Personen die Ausübung ihrer Rechte auf Auskunft, Berichtigung, Löschung, Einschränkung, Datenübertragbarkeit und Widerspruch gemäß Art&nbsp;12 Abs&nbsp;2 DSGVO zu erleichtern („Erleichterungsgrundsatz“). Insbesondere dürfen ohne erkennbaren sachlichen Grund keine inhaltlichen oder formalen Hürden bei der Geltendmachung von Betroffenenrechten „in den Weg gelegt werden“ (<span class="Kursiv">Illibauer</span> aaO Art&nbsp;12 DSGVO Rz&nbsp;71; <span class="Kursiv">Arning</span> aaO Kap&nbsp;6 Rz&nbsp;249). Damit ist gemeint, dass keine weiteren Hürden für die Informationserteilung nach Art&nbsp;13 und 14 DSGVO aufgebaut werden dürfen und Mitteilungen nach Art&nbsp;15 bis 22 und 34 DSGVO nach den gesetzlichen Voraussetzungen durchgeführt werden müssen (<span class="Kursiv">Illibauer</span> aaO). Sofern der Verantwortliche begründete Zweifel an der Identität des Antragstellers hat, ist dieser berechtigt, weitere Informationen über die natürliche Person anzufordern, soweit diese zur Bestätigung der Identität des Betroffenen erforderlich sind (<span class="Kursiv">Heckmann/Paschke</span> in <span class="Kursiv">Ehmann/Selmayr</span>, Datenschutz-Grundverordnung² Art&nbsp;12 Rz&nbsp;51). Es dürfen aber in diesem Zusammenhang nicht zu hohe Anforderungen an die Identifikation gestellt werden (vgl <span class="Kursiv">Heckmann/Paschke</span> aaO). Ob „begründete Zweifel“ im Sinn des Art&nbsp;12 Abs&nbsp;6 DSGVO vorliegen, hat der Verantwortliche einzelfallbezogen zu entscheiden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">2.4&nbsp;Wie bereits ausgeführt, bietet Art&nbsp;12 Abs&nbsp;6 DSGVO aber keine Grundlage dafür, routinemäßige Identitätsprüfungen bei der Geltendmachung von Betroffenenrechten durchzuführen. Denkbar ist etwa das Vorliegen begründeter Zweifel bei telefonischen Anfragen oder bei elektronischen Anfragen mit Absender-E-Mail-Adressen ohne Klarnamen (<span class="Kursiv">Illibauer</span> aaO Art&nbsp;12 DSGVO Rz&nbsp;77&nbsp;f; <span class="Kursiv">Jahnel</span>, Kommentar zur Datenschutz-Grundverordnung Art&nbsp;12 DSGVO Rz&nbsp;11&nbsp;f). Art&nbsp;12 Abs&nbsp;6 DSGVO sieht jedenfalls kein Schriftformerfordernis für Auskunftsersuchen oder Vollmachten vor. Schriftlichkeit im Sinne einer eigenhändigen Unterschrift bzw „Unterschriftlichkeit“ (vgl RS0017221, RS0078934) wird nicht verlangt. Da kein Schriftformerfordernis im Sinn des §&nbsp;886 ABGB besteht, bedarf es auch keiner qualifizierten elektronischen Signatur im Sinn des §&nbsp;4 Abs&nbsp;1 Signatur- und Vertrauensdienstegesetzes (vgl RS0126251). Auch für Bevollmächtigungen gibt Art&nbsp;12 Abs&nbsp;6 DSGVO kein Schriftformerfordernis vor, sodass mangels besonderer gesetzlicher Bestimmungen für den Bevollmächtigungsvertrag Formfreiheit besteht (vgl <span class="Kursiv">Hartlieb/Zollner</span> in <span class="Kursiv">Rummel/Lukas/Geroldinger</span>, ABGB<span class="Hoch">4</span> §&nbsp;1005 Rz&nbsp;1; RS0019359). Es bedarf nur eines urkundlichen Nachweises der Bevollmächtigung.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">2.5&nbsp;Zusammenfassend ist festzuhalten, dass zur Ausübung der Betroffenenrechte die DSGVO keine konkrete Form der Identifizierung vorgibt, ein elektronisches Auskunftsersuchen nicht zwingend mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein muss und nichts dagegen spricht, einen Identitätsnachweis auch mit anderen Mitteln zu erbringen. Eine Ausweiskopie ist jedenfalls ein geeigneter Nachweis der Identität eines Auskunftswerbers. Soweit sich aus den Angaben eines Auskunftswerbers bereits ein hoher Grad an Verlässlichkeit hinsichtlich des Identitätsnachweises ergibt, ist von der Anforderung zusätzlicher Informationen Abstand zu nehmen. Nur wenn der Verantwortliche begründete Zweifel hat, die einzelfallbezogen darzulegen sind, kann er weitere Informationen zur Identifizierung des Antragstellers einfordern. Ein Verantwortlicher darf aber nicht generell die Vorlage eines Identitätsnachweises verlangen. Nur wenn begründete Zweifel obwalten, wäre ein begründeter „Verbesserungsauftrag“ des Verantwortlichen rechtens (in diesem Sinn DSB 31.7.2019, DSB-D 123.901/0002-DSB/2019, ecolex 2019/477).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">3.&nbsp;Hier steht fest, dass der Klagevertreter mit seinem Auskunftsersuchen vom 18.4.2024 der Beklagten einerseits die vom Kläger (nicht qualifiziert) elektronisch unterfertigte Vollmacht zur Einholung einer DSGVO-Auskunft übermittelt hat und der Beklagten zum Vergleich eine (nach dem Vorbringen der Beklagten „vorgelegte“ [dies wohl ebenfalls mit dem Auskunftsersuchen]; vgl ON&nbsp;3/S&nbsp;7) Kopie seines Führerscheins mit Lichtbild zur Verfügung stand. Bei dieser Sachlage konnten für die Beklagte nach Zugang des Aufforderungsschreibens, auch wenn die Vollmacht bloß nicht qualifiziert elektronisch gefertigt war, keine begründeten Zweifel im Sinn des Art&nbsp;12 Abs&nbsp;6 DSGVO daran bestehen, dass der Kläger tatsächlich dem einschreitenden Rechtsanwalt Vollmacht erteilt hat. Die vom Erstgericht konstatierten Abweichungen zwischen den beiden Unterschriften wurden von der Beklagten nach Erhalt des Auskunftsersuchens auch gar nicht bemängelt. Die Beklagte teilte lediglich mit, dass die Vollmacht vom Kläger handschriftlich mit Tinte unterzeichnet sein müsse, da sie keine elektronische Unterschrift akzeptieren könne. Welche Zweifel die Beklagte nun konkret im Zusammenhang mit der Vollmacht hatte, wurde aber weder dem Kläger noch dem Klagevertreter dargelegt. Da die Beklagte ihre konkreten Bedenken nicht mitteilte, sondern lediglich pauschal ohne jede weitere Erklärung oder Bezug auf die Schriftbilder auf der Vollmacht und der Führerscheinkopie mitteilte, dass keine elektronischen Vollmachten akzeptiert werden, war es für den Kläger auch nicht ersichtlich, ob berechtigter Weise weitere Nachweise zur Erfüllung des Auskunftsersuchens tatsächlich erforderlich sind. Mangels eines „begründeten Verbesserungsauftrages“ kann sie sich nicht auf die eng auszulegende Bestimmung des §&nbsp;45 ZPO berufen (so auch OLG Linz 3&nbsp;R&nbsp;147/24v, 1&nbsp;R&nbsp;139/24b und 6&nbsp;R&nbsp;150/24g).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">4.&nbsp;Insgesamt folgt daraus, dass die Voraussetzungen für einen Kostenzuspruch an die Beklagte nach §&nbsp;45 ZPO nicht vorliegen und vielmehr die Beklagte dem Kläger (der sein Klagebegehren nach Erfüllung des Hauptanspruchs bei erster Gelegenheit auf Kosten eingeschränkt hat) die Prozesskosten nach §&nbsp;41 ZPO zu ersetzen hat. Diese sind in der vom Rekurs angesprochenen Höhe jedenfalls auch gerechtfertigt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">C.&nbsp;Zusammenfassung, Kosten und Zulässigkeitsausspruch:</p><p class="ErlText AlignLeft">1.&nbsp;In Stattgebung des Rekurses war daher die angefochtene Kostenentscheidung dahin abzuändern, dass die Beklagte zum Prozesskostenersatz in Höhe von EUR&nbsp;1.157,72 (darin enthalten EUR&nbsp;137,12 an USt und EUR&nbsp;335,-- an Barauslagen [Pauschalgebühr]) zu verpflichten war.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">2.&nbsp;Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf den §§&nbsp;41 und 50 ZPO iVm §&nbsp;11 RATG.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">3.&nbsp;Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses folgt aus §&nbsp;528 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;3 ZPO.</span></p></div></div></body></html>
null
JJT_20250127_OLG0459_00400R00006_25T0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-02-03
2025-02-03
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250127_OLG0459_00400R00006_25T0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250127_OLG0459_00400R00006_25T0000_000/JJT_20250127_OLG0459_00400R00006_25T0000_000.html
4R6/25t
ECLI:AT:OLG0459:2025:00400R00006.25T.0127.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch Senatspräsident Mag.&nbsp;Gerhard Hasibeder als Vorsitzenden sowie MMag.&nbsp;Andreas Wiesauer und Mag.&nbsp;Stefan Riegler in der Rechtssache des Klägers <span class="Fett">A*, </span>geboren am **, **, vertreten durch Mag.&nbsp;Wolfgang Lichtenwagner, Rechtsanwalt in Rohrbach, gegen die Beklagten <span class="Fett">1.&nbsp;B*</span>, geboren am **, Unternehmer, **platz **, <span class="Fett">2.&nbsp;C* GmbH</span>, FN **, ** , und <span class="Fett">3.&nbsp;D* AG</span>, FN **, **, alle vertreten durch Dr.&nbsp;Günther Klepp und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen EUR&nbsp;36.382,11 s.A. und Feststellung (Streitwert EUR&nbsp;3.000,00), über den Rekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 28. November 2024, GZ1*-48, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Beklagten haben ihre Rekurskosten selbst zu tragen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Mit Urteil vom 19. April 2024, ON 38, erkannte das Erstgericht die Klagsforderung mit EUR&nbsp;29.004,15 als zu Recht, die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend, verurteilte die Beklagten demgemäß zur ungeteilten Hand zur Zahlung von EUR&nbsp;29.004,15 samt Zinsen, wies das Mehrbegehren von EUR&nbsp;7.377,96 ab und stellte die Haftung der Beklagten für künftige Schäden des Klägers aus dem Verkehrsunfall fest.</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit seiner Kostenentscheidung erkannte es „die klagende Partei schuldig, der beklagten Partei die mit EUR&nbsp;21.317,18 (darin EUR&nbsp;2.101,19 USt und EUR&nbsp;8.710,03 Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Nach der zusammengefassten Begründung der Kostenentscheidung seien aufgrund der Änderungen des Streitwertes im Verlauf des Verfahrens Abschnitte zu bilden. Unter Berücksichtigung eines nach § 43 Abs 2 zweiter und dritter Fall ZPO teilweise kostenunschädlichen Unterliegens des Klägers, das bei der Bildung der jeweiligen echten Streitwerte zur Ermittlung der Obsiegensquote in Abzug zu bringen sei, ergebe sich eine Obsiegensquote des Klägers von rund neun Zehntel im ersten und vierten Verfahrensabschnitt sowie von rund sieben Achtel im zweiten und dritten Verfahrensabschnitt. Der Kläger habe daher im ersten und vierten Abschnitt, in welchen er jeweils nur geringfügig unterlegen sei (§ 43 Abs 2 erster Fall ZPO) Anspruch auf vollen Kostenersatz auf Basis des ersiegten Betrages und in den übrigen beiden Abschnitten auf Ersatz von drei Viertel seiner Verfahrenskosten (wiederum auf Basis des ersiegten Betrages) und sieben Achtel der von ihm allein getragenen Barauslagen, während die Beklagten Anspruch auf Ersatz eines Achtels der von ihnen allein getragenen (ausnahmslos dem zweiten Verfahrensabschnitt zuzuordnenden) Barauslagen hätten (US&nbsp;31f).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">In weiterer Folge behandelte das Erstgericht die Einwendungen der Beklagten gegen das Kostenverzeichnis des Klägers und listete zuletzt auf Basis des klägerischen Kostenverzeichnisses detailliert in einer Tabelle unter Abzug der Barauslagen der Beklagten die letztlich zugesprochenen Kosten von insgesamt EUR&nbsp;21.317,18 auf (US 32f).</p><p class="ErlText AlignLeft">Der gegen dieses Urteil (ausschließlich) in der Hauptsache erhobenen Berufung der Beklagten gab das Rechtsmittelgericht mit Urteil vom 23. September 2024, GZ2* = ON&nbsp;44, nicht Folge.</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit in Rechtskraft erwachsenem Beschluss vom 26. September 2024, ON 45, berichtigte das Erstgericht die im Urteil vom 19. April 2024, ON 38, enthaltene Kostenentscheidung (Punkt 6.) dahingehend, dass diese wie folgt zu lauten hat:</p><p class="ErlText AlignLeft">„6. Die <span class="Fett">beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand </span>schuldig, der <span class="Fett">klagenden</span> Partei die mit EUR&nbsp;21.317,18 (darin EUR&nbsp;2.101,19 USt und EUR&nbsp;8.710,03 Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Nach der wesentlichen Begründung enthalte der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht im Spruch des Urteils offenkundig irrtümlich vertauschte Parteirollen. Für die Zulässigkeit einer Entscheidungsberichtigung gemäß §&nbsp;419 Abs 1 ZPO sei maßgebend, dass durch die Berichtigung der wahre Entscheidungswille des Gerichtes zum Ausdruck gebracht werde (RS0041519). Der Entscheidungswille, wonach die Kostenersatzpflicht die Beklagten treffe, gehe völlig unzweifelhaft aus den die Kostenentscheidung begründenden Ausführungen im Rahmen der Entscheidungsgründe hervor (US 31 ff).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen die berichtigte Kostenentscheidung erhoben die Beklagten am 11. Oktober 2024 einen Kostenrekurs (ON 46).</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Kostenrekurs der Beklagten vom 11. Oktober 2024 als verspätet zurück.</p><p class="ErlText AlignLeft">Im Spruch des Ersturteils vom 19. April 2024, den Vertretern der Beklagten zugestellt am 2.&nbsp;Mai 2024, seien die Parteirollen vertauscht angeführt gewesen. In den Ausführungen zur Kostenentscheidung in den Entscheidungsgründen sei durchgehend von einer Ersatzpflicht der Beklagten gegenüber dem Kläger die Rede. Auch die detailliert angeführte Berechnung lasse insofern keine Zweifel zu, enthalte sie als zuzusprechende Posten ja lediglich vom Kläger verzeichnete Kostenpositionen (mit Ausnahme der bei der Saldierung der Barauslagen abzuziehenden von den Beklagten getragenen Zeugen- und Dolmetschergebühren im zweiten Verfahrensabschnitt).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Abweichend vom allgemeinen Grundsatz, wonach die Berichtigung eines Urteils nach §&nbsp;419 ZPO im Regelfall eine neue Rechtsmittelfrist in Gang setze (RS0041797), sei dies nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dann nicht der Fall, wenn der Rechtsmittelwerber auch ohne Berichtigung keinen Zweifel über den eigentlichen richterlichen Entscheidungswillen haben habe können. Habe also schon vor der Berichtigung für die Parteien Klarheit darüber bestanden, dass der Entscheidungswille des Erstgerichts auf den - später - berichtigten Inhalt gerichtet gewesen sei, beginne mit der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses keine neue Rechtsmittelfrist zu laufen. Nur dann, wenn die Parteien erst durch die Berichtigung einer Entscheidung volle Klarheit über den Inhalt erlangen, beginne die Rechtsmittelfrist damit neu zu laufen (für viele: 9 Ob 93/18f; RS0041797 [T34, T&nbsp;36, T45, T49]; vgl RS0041760).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Angesichts des aus den Entscheidungsgründen völlig unzweifelhaften Entscheidungswillens habe die Berichtigung des Spruchs des Urteils mit Beschluss vom 26. September 2024 keine neue Rechtsmittelfrist in Gang gesetzt. Rekurse seien gemäß § 521 Abs 1 ZPO binnen 14 Tagen zu erheben. Diese Frist sei von den Rekurswerbern im vorliegenden Fall nicht eingehalten worden, weil maßgeblich weiterhin die ursprüngliche, mit Zustellung des Urteils an die Vertreter der Beklagten am 2. Mai 2024 ausgelöste Rechtsmittelfrist sei.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Kläger erstattete keine Rekursbeantwortung.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurs ist nicht berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Rekurswerber gestehen zunächst zu, dass der Fehler des Erstgerichtes bei der Formulierung der Kostenersatzpflicht im Urteilsspruch offenkundig gewesen sei, ansonsten eine Berichtigung des Urteils nicht mehr möglich gewesen wäre. Allerdings unterscheide sich der gegenständliche Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt von den vom Erstgericht zitierten Entscheidungen. Den Beklagten habe es nämlich schlichtweg an einer Beschwer gefehlt, gegen diesen Urteilsausspruch ein Rechtsmittel zu erheben, auch wenn sich aus der Begründung der Kostenentscheidung wohl ergeben habe, dass beabsichtigt gewesen wäre, die Beklagten zum Ersatz der Kosten des Klägers zu verpflichten.</p><p class="ErlText AlignLeft">Den Rekurswerbern ist zunächst grundsätzlich zuzugestehen, dass die den vom Erstgericht zitierten Entscheidungen jeweils zugrunde liegenden Sachverhalte nicht unmittelbar gleichgelagert mit dem vorliegenden Fall der Vertauschung der Parteien sind, wenngleich daraus sehr wohl die Grundsätze der einschlägigen Judikatur ersichtlich sind, aus nachstehenden Erwägungen lässt sich daraus jedoch nichts für sie gewinnen:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Gesetz regelt nicht, wie sich die Urteilsberichtigung auf die Rechtsmittelfrist auswirkt. Wenn man bedenkt, dass an sich nur Schreib- und Rechenfehler, andere offenbare Unrichtigkeiten oder Abweichungen der Ausfertigung von der gefällten Entscheidung einer Berichtigung zugänglich sind (§&nbsp;419 Abs 1 ZPO) und insoweit die Urteilsberichtigung den Urteilsinhalt und auch den Umfang der Rechtskraftwirkung des Urteils schon gar nicht ändern kann, erscheint eine derartige Regelung auch nicht notwendig. Streng genommen kann die Berichtigung offenkundiger Unrichtigkeiten also schon gar nicht geeignet sein, Unsicherheit über die richtige und damit tatsächlich anfechtbare Entscheidung zu erzeugen. Die Rechtsprechung legt die Kriterien des §&nbsp;419 Abs 1 ZPO allerdings extensiv aus und macht von der Möglichkeit der Urteilsberichtigung großzügig Gebrauch. Die ständige Rechtsprechung (RS0041797) geht daher davon aus, dass die Berichtigung grundsätzlich eine neue Rechtsmittelfrist gegen die gesamte Entscheidung auslöst (<span class="Kursiv">Werderitsch</span> in <span class="Kursiv">Kodek/Oberhammer</span>, ZPO-ON § 419 Rz 34 mN; vgl auch <span class="Kursiv">M. Bydlinski</span> in F<span class="Kursiv">asching/Konecny</span><span class="Hoch">3</span><span class="Kursiv"> </span>§&nbsp;419 ZPO Rz 12; <span class="Kursiv">Rechberger Klicka</span> in <span class="Kursiv">Rechberger/Klicka</span>, ZPO<span class="Hoch">5</span> § 419 Rz 8).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Abweichend von diesem allgemeinen Grundsatz ist dies nach der mittlerweile ständigen (neueren) Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs allerdings dann nicht der Fall, wenn der Rechtsmittelwerber auch ohne Berichtigung keinen Zweifel über den eigentlichen richterlichen Entscheidungswillen bzw den wirklichen (beabsichtigten) Inhalt des richterlichen Ausspruchs haben konnte. Bestand also schon vor der Berichtigung für die Parteien Klarheit darüber, dass der Entscheidungswille des Erstgerichts auf den - später - berichtigten Inhalt gerichtet war, beginnt mit der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses bzw der berichtigten Entscheidungsausfertigung keine neue Rechtsmittelfrist zu laufen, wobei dabei ein objektiver Maßstab anzuwenden ist, sodass nicht zu unterstellen ist, es seien die subjektive Erkenntnisfähigkeit und die Einsichtmöglichkeit der jeweiligen Parteien maßgebend (<span class="Kursiv">M.&nbsp;Bydlinski</span> aaO Rz 13). Nur dann, wenn die Parteien erst durch die Berichtigung einer Entscheidung volle Klarheit über den Inhalt erlangen, beginnt die Rechtsmittelfrist damit neu zu laufen (RS041797 [T34, T36, T45, T49]; OLG Innsbruck 4 R 65/15p, 3 R 72/23x mwN ua; <span class="Kursiv">Werderitsch</span> aaO Rz 36; vgl auch<span class="Kursiv"> M. Bydlinsk</span>i aaO Rz 12; <span class="Kursiv">Rechberger/Klicka</span> aaO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Im vorliegenden Fall schließt sich das Rekursgericht ausgehend von diesen Grundsätzen der Ansicht des Erstgerichtes an, dass aus der Begründung der Kostenentscheidung völlig unzweifelhaft der wahre Entscheidungswille des Erstgerichtes hervorgeht. Nicht nur dass der Kläger im Verfahren überwiegend obsiegt hat, führte das Erstgericht ausdrücklich Obsiegensquoten von neun Zehntel bzw sieben Achtel des Klägers in den einzelnen Verfahrensabschnitten an, beschäftigte sich (ausschließlich) mit den Kosteneinwendungen der Beklagten und listete insbesondere auf Basis der Kostennote des Klägers detailliert die zuzusprechenden Kosten in einer Tabelle auf. Aus objektiver Sicht konnte daher nicht der geringste Zweifel daran bestehen, dass das Erstgericht tatsächlich die Beklagten zum Kostenersatz an den Kläger verurteilen wollte bzw verurteilt hat. Dies sehen in Wahrheit auch die Rekurswerber so, wenn für sie absehbar gewesen sei, dass der Kläger wohl eine Berichtigung des Urteils beantragen werde. Sie unterliegen in diesem Sinn lediglich der unrichtigen Rechtsansicht, dass ihnen infolge der Vertauschung der Parteirollen die Beschwer für die Bekämpfung der Kostenentscheidung (hier mit Berufung im Kostenpunkt) gefehlt hat.</p><p class="ErlText AlignLeft">Insgesamt musste dem Rekurs daher ein Erfolg versagt bleiben.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß den §§ 50, 40 ZPO haben die Beklagten ihre Rekurskosten selbst zu tragen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Entscheidung übe die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf §&nbsp;528 Abs 2 Z 2 und 3 ZPO (RS0044963 [T26]).</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250123_OLG0459_00100R00004_25A0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-30
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250123_OLG0459_00100R00004_25A0000_000
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1R4/25a
ECLI:AT:OLG0459:2025:00100R00004.25A.0123.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Wolfgang Seyer als Vorsitzenden, Dr. Stefan Estl und Dr. Christoph Freudenthaler in der Rechtssache der klagenden Partei <span class="Fett">A*</span>, Arbeiter, geb am **, **straße **, vertreten durch Dr. Florian Johann Ernst Knaipp, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B<span class="Fett">*, </span>**, Malta, vertreten durch die BK. PARTNERS Bugelnig Kirner Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Kosten (Streitwert EUR 1.000,00) über den Kostenrekurs der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 26. November 2024, GZ*, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Kostenrekurs wird zurückgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Revisionsrekurs ist gemäß §&nbsp;528 Abs&nbsp;2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Beklagte schließt regelmäßig Verträge mit Verbrauchern über ihren Onlineauftritt im Internet ab. Der Kläger ist Vertragspartner der Beklagten, weshalb die Beklagte auch Daten des Klägers gespeichert und verarbeitet hat.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der <span class="Fett">Kläger</span> begehrte mit seiner am 28. Juni 2024 eingebrachten Klage gestützt auf die Zuständigkeitstatbestände des Artikel 79 Abs&nbsp;2 DSGVO, §&nbsp;29 Abs&nbsp;2 Satz 1 DSG, gemäß Artikel 15 DSGVO die digitale Übermittlung einer Kopie seiner Daten, die Gegenstand der Verarbeitung der Beklagten sind. Dazu brachte er im Wesentlichen vor, er habe die Beklagte mit anwaltlichem Aufforderungsschreiben vom 22. Mai 2024 aufgefordert, gemäß Art 15 DSGVO Auskunft über die gespeicherten Daten zu geben und eine Datenkopie zu übermitteln. Dabei habe der Klagevertreter eine Ausweiskopie des Klägers sowie eine handschriftlich vom Kläger unterfertigte Vollmacht beigelegt. Dem Auskunftsbegehren sei jedoch nicht entsprochen worden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die <span class="Fett">Beklagte</span> anerkannte in der Klagebeantwortung den von der klagenden Partei geltend gemachten Anspruch auf Herausgabe von Daten vollumfänglich. Sie habe die verlangten Daten dem Klagevertreter bereits am 22. Juli 2024 übermittelt. Sie habe die Klagsführung nicht veranlasst. Dem Verlangen der Beklagten, eine rechtskonforme Vollmacht vorzulegen, sei der Klagevertreter vor Klagsführung nicht nachgekommen. Die Kosten seien daher gem §&nbsp;45 ZPO von der klagenden Partei zu tragen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit seinem am 17. September 2024 eingebrachten vorbereitenden Schriftsatz schränkte der Kläger aufgrund der am am 22. Juli 2024 vollständig übermittelten Daten die Klage auf Kosten ein und erwiderte: Begründete Zweifel iSd Artikel 12 Abs&nbsp;6 DSGVO hätten für die Beklagte nicht bestanden, da neben der – wenn auch nicht in Tinte – unterfertigten Vollmacht ohnehin eine Kopie des Führerscheins des Klägers der Beklagten übermittelt worden sei.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Mit dem angefochtenen Kostenurteil verpflichtete das Erstgericht die Beklagte, dem Kläger die Prozesskosten von EUR&nbsp;1.427,91 (darin EUR 335,00 Barauslagen und EUR 182,15 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Es stellte in seiner Entscheidung nach unmittelbarer Beweisaufnahme folgenden</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter"><span class="Fett">Sachverhalt</span></p><p class="ErlText AlignJustify">fest:</p><p class="ErlText AlignLeft">Am 22. Mai 2024 übermittelte die Klagevertretung an die Beklagte eine Mail mit folgendem Innhalt:</p><p class="ErlText AlignLeft">„Sehr geehrte Damen und Herren,</p><p class="ErlText AlignLeft">in der oben bezeichneten Rechtssache wurden wir mit der rechtlichen Vertretung beauftragt und bevollmächtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Unser Mandant A* ist bei Ihnen Kunde. Im Auftrag und Namen unseres Mandanten fordern wir Sie gemäß Art 15 Abs 1 DSGVO hiermit auf, Auskunft über die personenbezogenen Daten, die ihre Gesellschaft über unseren Mandanten verarbeitet, zu geben. Ferner fordern wir Ihre Gesellschaft auf, uns eine Kopie jener personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen. Insbesondere sind folgende Daten zu übermitteln:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">• Transaktionslisten sämtlicher Accounts unseres Mandanten zukommen zu lassen, welche sämtliche tatsächlich durchgeführten Ein- und Auszahlungen (inkl. Durchführungsdatum) sowie die jeweils gespielten Spiele (Casino, Sportwetten, Poker, etc.) beinhalten inklusive einer verständlichen Erklärung der Liste;</p><p class="ErlText AlignLeft">• Auskunft darüber, wie viel Geld unser Mandant insgesamt gewonnen oder verloren hat;</p><p class="ErlText AlignLeft">• Auskunft darüber, ob in den Gewinnen oder Verlusten unseres Mandanten Gewinne oder Verluste aufgrund von Sportwetten enthalten sind und falls ja, wie hoch die Gewinne oder Verluste aufgrund von Sportwetten sind; und</p><p class="ErlText AlignLeft">• Auskunft darüber, mit welcher bzw. mit welchen Gesellschaften das Vertragsverhältnis zustande gekommen ist.</p><p class="ErlText AlignLeft">...“</p><p class="ErlText AlignLeft">Gemeinsam mit dem Aufforderungsschreiben übermittelte die Klagevertretung der Beklagten per Mail eine Kopie des Personalausweises des Klägers sowie eine Vollmacht, jeweils versehen mit der Unterschrift des Klägers. <span class="Kursiv">Die zuvor per Mail von der Klagevertretung an den Beklagten zur Unterschrift übermittelte Vollmacht wurde vom Kläger ausgedruckt, handschriftlich mit Kugelschreiber unterfertigt, so eingescannt und der Klagevertreung per Mail rückübermittelt.</span> Das Schriftbild der beiden Unterschriften des Klägers auf seinem Personalausweis und der Vollmacht ist nahezu ident und sieht wie folgt aus:</p><table id="Tabelle1" cellspacing="0" style="width:459.2pt;border-collapse:collapse;margin-left:-6pt;margin-right:-6pt;"><tr><td style="background-color:transparent;vertical-align:top;border-top:solid #000000 0.25pt;border-left:solid #000000 0.25pt;border-bottom:solid #000000 0.25pt;padding:2.75pt 2.75pt 2.75pt 2.75pt;"><p class="TabTextZentriert AlignCenter"><span class="Unterstrichen">Vollmacht</span></p></td><td style="background-color:transparent;vertical-align:top;border:solid #000000 0.25pt;padding:2.75pt 2.75pt 2.75pt 2.75pt;"><p class="TabTextZentriert AlignCenter"><span class="Unterstrichen">Ausweis</span>kopie</p></td></tr><tr><td style="background-color:transparent;vertical-align:top;border-left:solid #000000 0.25pt;border-bottom:solid #000000 0.25pt;padding:2.75pt 2.75pt 2.75pt 2.75pt;"><p class="TabText AlignLeft"><span class="Kursiv">Das an dieser Stelle dargestellte Bild wurde entfernt</span>.</p></td><td style="background-color:transparent;vertical-align:top;border-left:solid #000000 0.25pt;border-bottom:solid #000000 0.25pt;border-right:solid #000000 0.25pt;padding:2.75pt 2.75pt 2.75pt 2.75pt;"><p class="TabText AlignLeft"><span class="Kursiv">Das an dieser Stelle dargestellte Bild wurde entfernt</span>.</p></td></tr><tr height="0"><td width="306" style="border:none;width:229.6pt;"></td><td width="306" style="border:none;width:229.6pt;"></td></tr></table><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft">Demzufolge konnte die Beklagte an der Übereinstimmung der Unterschriften auf dem Personalausweis des Klägers und auf der Vollmacht keine Zweifel haben.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft">Am selben Tag antwortete die Beklagte mit folgender Mail an die Klagevertretung:</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;„…</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;Bitte beachten Sie, dass die C* eine Holdinggesellschaft ist und keine Kundendaten aufbewahrt.</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;Können Sie bitte bestätigen, an welcher Gesellschaft(en) Sie Ihre Datenschutzabfrage richten, bzw. mit welcher Gesellschaft das Vertragsverhältnis zustande gekommen ist?</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;Wir bitten Sie, uns auch eine gültige Kopie der Vollmacht zu senden, damit wir diese Anfrage erfüllen können. Bitte beachten Sie, dass diese Vollmacht handschriftlich in Tinte von dem Kunden unterzeichnet sein muss, da wir keine elektronische Unterschriften akzeptieren können.</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;...“</p><p class="ErlText AlignLeft">Daraufhin antwortete die Klagevertretung mit Mail vom 3. Juni 2024 der Beklagten:</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;„“…</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;Die von uns gestellte Anfrage richtet sich an die nachfolgenden Gesellschaften.</p><p class="ErlText AlignLeft"> • B* **</p><p class="ErlText AlignLeft"> • B* ***</p><p class="ErlText AlignLeft"> • D* **</p><p class="ErlText AlignLeft"> • D* ***</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;Ich bitte daher neuerlich um Übermittlung der angefragten Daten.</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;…“</p><p class="ErlText AlignLeft">Am 7. Juni 2024 antwortet die Beklagte darauf mit Mail an die Klagevertretung:</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;„…</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;Wir bitten Sie, uns auch eine gültige Kopie der Vollmacht zu senden, damit wir diese Anfrage erfüllen können. Bitte beachten Sie, dass diese Vollmacht handschriftlich in Tinte von dem Kunden unterzeichnet sein muss, da wir keine elektronische Unterschriften akzeptieren können.</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;Wir danken Ihnen im Voraus für Ihre Kooperation.</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;…“</p><p class="ErlText AlignLeft">Daraufhin brachte der Kläger am 28. Juni 2024 seine Klage ein.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Rechtlich führte das <span class="Fett">Erstgericht</span> aus: Bestehen begründete Zweifel an der Identität der nach Art 15 bis 21 DSGVO antragstellenden Person, könne der Verantwortliche gemäß Art 12 Abs&nbsp;6 DSGVO zusätzliche Informationen anfordern, die die Identität der betroffenen Person bestätigen. Da die Unterschriften des Klägers auf der Vollmacht sowie auf seinem Personalausweis im vorliegenden Fall nahezu ident seien und die Beklagte an der Übereinstimmung der Unterschriften keine Zweifel haben haben konnte, durften für diese auch keine (begründeten) Zweifel an der Identität des Klägers bzw daran bestehen, dass die Vollmacht und sein vorgelegter Personalausweis nicht von ihm unterschrieben worden seien. Die Beklagte durfte die geforderte Auskunftserteilung daher nicht von der Übermittlung einer weiteren Vollmacht abhängige machen und hätte die vom Klagevertreter angefragten personenbezogenen Daten des Klägers ohne weiteres umgehend bzw fristgerecht übermitteln müssen. Zudem habe die Beklagte mit ihrem Vorgehen, eine handschriftlich in Tinte unterfertigte Vollmacht zu fordern, gegen den „Erleichterungsgrundsatz“ des Art 12 Abs 2 DSGVO verstoßen. Die Beklagte könne sich daher nicht auf §&nbsp;45 ZPO berufen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diese Entscheidung erhebt die Beklagte <span class="Fett">Rekurs</span> wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung mit dem Antrag, den bekämpften Beschluss dahin abzuändern, dass die klagende Partei verpflichtet werde, der beklagten Partei die Kosten des Verfahrens von EUR&nbsp;1.170,35 (darin EUR&nbsp;178,53 USt) zu ersetzen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die klagende Partei hat keine (Kosten)Rekursbeantwortung erstattet.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Beklagte bekämpft die oben im Sachverhalt (Seite 3) kursiv dargestellte Feststellung und wünscht statt dieser folgende Ersatzfeststellung:</p><p class="ErlText AlignLeft">„Die von der Klagevertretung an den Beklagten zur Unterschrift übermittelte Vollmacht wurde vom Kläger mit einer einfachen elektronischen Signatur, also unter Verwendung technischer Hilfsmittel ohne vorherige Überprüfung der Identität, die bei Setzung der Unterschrift mittels Zertifikats bestätigt wird, unterfertigt.“</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die Beklagte meint, eine Vergrößerung der Beilage ./5 zeige, dass die Unterschrift gerade nicht handschriftlich gesetzt worden, sondern die Vollmacht offensichtlich elektronisch, aber ohne vorherige Identitätsprüfung unterzeichnet worden sei.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Tatsächlich ist jedoch die erstgerichtliche Beweiswürdigung für das Rekursgericht nicht mehr überprüfbar, weil das Erstgericht die angefochtenen tatsächlichen Feststellungen nicht nur auf Urkunden oder nur mittelbar aufgenommene Beweise, sondern auch auf die Einvernahme des Klägers gestützt hat (US 5; RS0044018). Nach ständiger Rechtsprechung ist die aufgrund unmittelbarer Beweisaufnahme erfolgte Beweiswürdigung im Rekursverfahren nicht bekämpfbar (RS0044018 [T5, T6]; 3 Ob 31/24s; dazu auch Sloboda in Fasching/Konecny<span class="Hoch">3</span> §&nbsp;514 Rz&nbsp;82 mwN). Die Tatsachenrüge ist daher unzulässig.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Abgesehen davon, dass die Beklagte ohnehin erklärt hat, nur eine Tatsachenrüge zu erheben, begründen ihre dazu unterbreiteten Rechtsausführungen auch keine gesetzesgemäß ausgeführte Rechtsrüge, weil sie darin von der oben im Sachverhalt (Seite 3) kursiv dargestellten Feststellung abweicht und eine nicht handschriftlich sondern elektronisch unterfertigte Vollmacht unterstellt. Eine gesetzesgemäß ausgeführte Rechtsrüge liegt dann vor, wenn – ausgehend vom festgestellten Sachverhalt – aufgezeigt wird, dass dem Untergericht bei Beurteilung des Sachverhalts ein Rechtsirrtum unterlaufen ist. In der Rechtsrüge muss begründet werden, warum der festgestellte Sachverhalt rechtlich unrichtig beurteilt wurde oder, dass infolge eines Rechtsirrtums eine entscheidungswesentliche Tatsache nicht festgestellt wurde (RS0043312 [T9]). Eine gesetzesgemäß ausgeführte Rechtsrüge liegt nur dann vor, wenn sie vom festgestellten Sachverhalt ausgeht (RS0043312 [T14]). Eine solche gesetzesgemäß ausgeführte Rechtsrüge liegt hier nicht vor.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Ein nur aus unzulässigen Rechtsmittelgründen erhobener Rekurs bzw ein solcher, der nur unzulässige Inhalte aufweist, ist einem gesetzlich unzulässigen Rechtsmittel gleichzustellen. Der Rekurs ist daher zurückzuweisen (vgl 4 Ob 178/14a; Pimmer in Fasching/Konecny<span class="Hoch">3</span> § 501 ZPO Rz 12 mwN;<span class="Hoch"> </span> Obermaier in Hollwerth/Ziehensack ZPO-TaKom<span class="Hoch"> </span>§ 501 ZPO Rz 5 mwN).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Auch rein formelle Entscheidungen über den Kostenpunkt&nbsp;-&nbsp;wie hier ein Beschluss auf Zurückweisung eines Kostenrekurses&nbsp;-&nbsp;sind stets und ausnahmslos unanfechtbar (vgl RS0044233; RS0044963; 7&nbsp;Ob&nbsp;134/06s; 8&nbsp;Ob&nbsp;9/09w).</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250123_OLG0459_00200R00010_25S0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-31
2025-01-31
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250123_OLG0459_00200R00010_25S0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250123_OLG0459_00200R00010_25S0000_000/JJT_20250123_OLG0459_00200R00010_25S0000_000.html
2R10/25s
ECLI:AT:OLG0459:2025:00200R00010.25S.0123.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hat durch die Richter Mag.&nbsp;Bernhard Telfser als Vorsitzenden sowie Dr.&nbsp;Werner Gratzl und Mag.&nbsp;Christine Mayrhofer in der Rechtssache des Klägers <span class="Fett">A*</span>, geboren am **, Arbeiter, **, vertreten durch die Gottgeisl Leinsmer Weber Rechtsanwälte GmbH in 1040 Wien wider die beklagte Partei <span class="Fett">B* Limited</span>, **, Malta, vertreten durch die BRAND TALOS Rechtsanwält:innen GmbH in Wien, wegen EUR&nbsp;16.921,16, über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz vom 27.&nbsp;November 2024, GZ* (Berufungsinteresse EUR&nbsp;1.621,52), in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Berufung wird Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es einschließlich seines unangefochten geblieben Teils (samt Entscheidung über die Unzuständigkeitseinrede) insgesamt wie folgt zu lauten hat:</p><p class="ErlText AlignLeft">„I.&nbsp;Die Einrede der fehlenden internationalen Zuständigkeit wird verworfen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">II.1.Das Klagebegehren besteht mit EUR&nbsp;15.299,64 zu Recht und mit EUR&nbsp;1.621,52 nicht zu Recht.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;2.&nbsp;Die Gegenforderung der beklagten Partei besteht bis zur Höhe der Klagsforderung nicht zu Recht.</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;3.&nbsp;Die beklagte Partei ist daher schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen EUR&nbsp;15.299,64 zuzüglich 4&nbsp;% Zinsen seit 24.&nbsp;April 2024 zu bezahlen sowie die mit EUR&nbsp;4.172,76 (darin EUR&nbsp;562,66 USt und EUR&nbsp;796,80 bar) zu ersetzen.</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;4.&nbsp;Das Mehrbegehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, dem Kläger weitere EUR&nbsp;1.621,52 samt 4&nbsp;% Zinsen seit 24.&nbsp;April 2024 binnen 14 Tagen zu bezahlen, wird abgewiesen.“</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR&nbsp;802,01 (darin 18&nbsp;% USt iHv EUR&nbsp;98,85 und EUR&nbsp;154,00 bar) binnen 14 Tagen zu ersetzen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Revision ist jedenfalls unzulässig. </p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignJustify"><span class="Fett">Entscheidungsgründe:</span></p><p class="ErlText AlignJustify">Zwischen den Parteien ist ausschließlich die Höhe des eingeklagten Bereicherungsanspruchs des Klägers aus den bei konzessionslosen Online-Glücksspielen der Beklagten eingetretenen Spielverlusten strittig. Während der <span class="Fett">Kläger</span> der Ansicht ist, es komme nicht darauf an, welche Eurobeträge vom Konto abgebucht worden seien, sondern was er als Spieleinsatz zu leisten gehabt habe und dass bei der Beklagten eine Bereicherung in USDollar eingetreten sei, macht die <span class="Fett">beklagte Partei</span> geltend, es sei ausschließlich auf die abgebuchten Eurobeträge und nicht auf die in USDollar getätigten Spieleinsätze abzustellen. Der Spielverlust betrage daher nur EUR&nbsp;15.299,64 und nicht die eingeklagten EUR&nbsp;16.921,16.</p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">Mit dem <span class="Fett">angefochtenen Urteil</span> schloss sich das Erstgericht der Rechtsansicht des Klägers an und erachtete das Klagebegehren mit EUR&nbsp;16.921,16 als zu Recht, hingegen die Gegenforderung der beklagten Partei als nicht zu Recht bestehend und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von EUR&nbsp;16.921,16 zuzüglich 4&nbsp;% Zinsen seit 24.&nbsp;April 2024. Seiner Entscheidung legte es die auf den S&nbsp;3-4 des Urteils ersichtlichen Feststellungen zugrunde, auf die gemäß §&nbsp;500a ZPO verwiesen wird. Folgende sind hervorzuheben:</span></p><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:48px !important;">„Der Kläger tätigte alle Ein- und Auszahlungen in Euro. Auf dem Spielerkonto wurden diese dann in USD umgerechnet und es wurde immer in USD gespielt. Erst bei Auszahlung wurde wiederum in EUR ausgezahlt. Dort war jeweils ein Umrechnungskurs angegeben, den der Kläger nie hinterfragte. Ob der Kläger beim Spielerkonto von USD auf EUR umstellen hätte können, ist ihm nicht bekannt, da es automatisch auf USD eingestellt war. […]</p><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:48px !important;">[…] Der Wechselkurs zum 20.6.2024 USD-EUR betrug 1 – 0,934, dieser Umrechnungskurs wurde zur Berechnung des Klagsbetrags herangezogen.</p><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:48px !important;">Stellt man nicht auf die in USD getätigten Spieleinsätze ab, sondern auf den Zeitpunkt der Einzahlung der Eurobeträge, beträgt der Verlust des Klägers nur EUR 15.299,64. […]“</p><p class="ErlText AlignJustify">In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, sei im Bereicherungsrecht die beanspruchte Rückgabe in Natura unmöglich oder untunlich, sei Wertersatz nach Maßgabe des verschafften Nutzens im Zeitpunkt der Leistung zu leisten und nicht entsprechend den Schaden des Leistenden. Es komme also nicht darauf an, welche Euro-Beträge vom Konto des Klägers abgebucht worden seien, sondern was der Kläger als Spieleinsatz zu leisten gehabt habe. Die Spieleinsätze seien in USD zu erbringen gewesen. Geldschadenersatz sei stets in Euro zu leisten, weshalb Schadenersatzansprüche unechte Fremswährungsschulden seien, wenn sie aufgrund von Aufwendungen in Fremdwährung zu berechnen seien. Für die Umrechnung sei der Devisenankaufskurs heranzuziehen. Der Kläger habe nach subjektiven Verzug der Beklagten zulässiger Weise den Umrechnungskurs zum Zeitpunkt der Fälligstellung gewählt. Der Anspruch des Klägers bestehe daher sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht.</p><p class="ErlText AlignJustify">Gegen einen EUR&nbsp;15.299,64 übersteigenden Zuspruch (Berufungsinteresse EUR&nbsp;1.621,52) richtet sich die Berufung der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt die Abänderung im Sinne einer Reduzierung der dem Kläger zuzusprechenden Forderung auf EUR&nbsp;15.299,64, hilfsweise stellt sie einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.</p><p class="ErlText AlignJustify">Der Kläger beantragt in seiner Berufungsbeantwortung die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung; auf die hier zu behandelnde Thematik wird darin mit keinem Wort eingegangen.</p><p class="Abstand AlignJustify"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">Die Berufung, die gemäß §&nbsp;480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu behandeln war, ist berechtigt.</span></p><p class="ErlText AlignJustify">Der Oberste Gerichtshof hat zu einem vergleichbaren Fall erst jüngst Stellung bezogen (2 Ob 185/24f vom 12.&nbsp;Dezember 2024). Die maßgebliche Begründung liest sich wie folgt:</p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">„1.&nbsp;Nach der Rechtsprechung sind Verträge, die zur Durchführung eines verbotenen Glücksspiels abgeschlossen werden, nichtig iSd §&nbsp;879 Abs 1 ABGB. Es entsteht nicht einmal eine Naturalobligation. Der Verlierer kann die gezahlte Spielschuld zurückfordern, ohne dass dem die Bestimmungen des §&nbsp;1174 Abs 1 Satz 1 ABGB oder §&nbsp;1432 ABGB entgegenstünden, weil die Leistung nicht „zur Bewirkung“ der unerlaubten Handlung, sondern als „Einsatz“ erbracht wurde.</span></p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">2.&nbsp;Die Nichtigkeit des Vertrags führt dazu, dass die Causa für die Vermögensverschiebung wegfällt, was grundsätzlich zur Rückabwicklung des nichtigen Rechtsgeschäfts gemäß §&nbsp;877 ABGB führt – zumindest sofern sich nicht ausnahmsweise aus dem Verbotszweck die Unzulässigkeit der Kondition ergibt. Bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung der Leistungen aus einem gemäß §&nbsp;879 ABGB nichtigen Rechtsgeschäft ist auf den Zweck der verletzten Norm, die die Ungültigkeit des Geschäfts bewirkt, Bedacht zu nehmen. Dieser Zweck entscheidet somit, ob das aufgrund eines nichtigen Vertrags Erhaltene zurückzugeben ist. Im Hinblick auf die Zielsetzung des GSpG kann es keinem Zweifel unterliegen, dass der Gesetzgeber den Schutz der Spieler und nicht bloß die Verhinderung des Entstehens klagbarer Verbindlichkeiten bezweckt. Es hat daher eine Rückabwicklung stattzufinden.</span></p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">3.&nbsp;Nach §&nbsp;877 ABGB ist der erlangte Vorteil herauszugeben. Darunter ist zu verstehen, was in jemandes unbeschränkte Verwendungsmöglichkeit gelangt ist, gleichgültig, ob davon in der Folge ein nützlicher oder allenfalls verlustbringender Gebrauch gemacht wurde, und gleichgültig, ob davon noch ein Nutzen vorhanden ist oder nicht. Ein späterer Wegfall eines einmal eingetretenen Nutzens befreit den Bereicherungsschuldner demnach nicht. Schon durch die Einzahlung auf das Konto kommt es zu einer bewussten und zweckgerichteten Vermögensverschiebung zu Gunsten der Beklagten auf Grundlage der (unwirksamen) vertraglichen Vereinbarung zwischen ihr und dem Nutzer.</span></p><p class="ErlText AlignJustify">4.&nbsp;Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Bereicherung der Beklagten bereits durch die Überweisung von Euro-Beträgen auf das „bei der Beklagten eröffnete Konto“ eingetreten ist und damit auch diese Euro-Beträge Grundlage der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung sind.</p><p class="ErlText AlignJustify">Dass die Beklagte die in ihren Verfügungsbereich gelangten Euro-Beträge - möglicherweise auf Grundlage eines […] Geldwechselvertrags - umwechselte und in US-Dollar dem Spielerkonto des Klägers gutschrieb, ändert im Sinn der unter Punkt 3. dargestellten Rechtsprechung nichts an ihrer zu diesem Zeitpunkt bereits eingetretenen Bereicherung aufgrund des unwirksamen Glücksspielvertrages.</p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">5.&nbsp;Wenn der Kläger argumentiert, dass Geldschadenersatz mit Eintritt der Fälligkeit in inländische Währung umzurechnen sei, übersieht er, dass diese Rechtsprechung für den vorliegenden Fall, in dem eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung zu beurteilen ist, nicht einschlägig ist. Das […] ins Treffen geführte Wahlrecht des Gläubigers, bei Verzug des Schuldners die Zahlung in der vereinbarten Fremdwährung oder in Euro zu fordern, bezieht sich auf – hier nicht vorliegende – echte Fremdwährungsschulden. Wieso §&nbsp;907b Abs 2 Satz 2 ABGB in der hier zu beurteilenden Fallkonstellation analog anwendbar sein sollte, legt der Rekurs nicht einmal im Ansatz dar (mwN).“</span></p><p class="ErlText AlignJustify">Auch hier stützte sich der Kläger bereits in seinem Antrag auf Erlassung eines europäischen Zahlungsbefehls auf einen Rückforderungsanspruch resultierend aus einer fehlenden Konzession und damit aus einem verbotenen Glücksspiel. Er vertrat schon eingangs des Rechtsstreits die Ansicht, was auf Grundlage eines unerlaubten und damit unwirksamen Glücksspielvertrags bezahlt worden sei, sei rückforderbar. Aufgrund der vergleichbaren Sach- und Problemlage mit 2 Ob 185/24f sind die dort darin enthaltenen Grundsätze auch für den vorliegenden Fall maßgeblich. Danach ist die Bereicherung der beklagten Partei auch hier bereits durch die Überweisung von Euro-Beträgen eingetreten und sind daher diese Euro-Beträge Grundlage der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung. Nach den Feststellungen des Erstgerichts beträgt der Verlust des Klägers, wenn man nicht auf die in USD getätigten Spieleinsätze abstellt, sondern auf die eingezahlten Euro-Beträge, nur EUR&nbsp;15.299,64. Nur in dieser Höhe hat der Kläger nach dem Gesagten Anspruch auf Rückabwicklung.</p><p class="ErlText AlignJustify">Der Berufung war daher Folge zu geben und der Klagszuspruch – ohne in die weiteren rechtskräftigen Aussprüche des Erstgerichts einzugreifen – auf EUR&nbsp;15.299,64 zu reduzieren. Entgegenstehende Argumente seitens des Klägers finden sich in seiner Berufungsbeantwortung nicht.</p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">Aufgrund der Abänderung des angefochtenen Urteils ist die Kostenentscheidung erster Instanz neu zu fassen. Von eingeklagten EUR&nbsp;16.921,16 ist der Kläger mit EUR&nbsp;15.299,64 durchgedrungen und mit EUR&nbsp;1.621,52 s.A., also mit knapp weniger als 10&nbsp;% des Klagsbetrags unterlegen. Dies rechtfertigt noch die Anwendung des §&nbsp;43 Abs 2 ZPO, das heißt also voller Kostenersatz für den Kläger auf Basis des ersiegten Klagsbetrages. Zwischen dem eingeklagten und letztlich zugesprochenen Betrag liegt ein Tarifsprung des RATG, sodass der verminderte, für den zugesprochenen Klagsbetrag heranzuziehende Basisbetrag heranzuziehen war. Die von der beklagten Partei gegen das Kostenverzeichnis des Klägers erhobenen Einwendungen blieben in erster Instanz erfolglos. Die Einwendungen der beklagten Partei betrafen zum einen verzeichnete TP 3 für den Antrag auf Erlassung eines europäischen Zahlungsbefehls sowie verzeichnete TP 2 für die Bekanntgabe des zuständigen Gerichts für das innerstaatliche Verfahren. Die beklagte Partei ließ diese Beurteilung unbekämpft. Das Berufungsgericht teilt die diesbezügliche Rechtsansicht des Erstgerichtes, sodass – wie auch schon in erster Instanz – für den Antrag auf Erlassung eines europäischen Zahlungsbefehls TP 3 RATG und für die Bekanntgabe des zuständigen Gerichts TP 2 RATG gebühren.</span></p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">Die Kostenentscheidung im Berufungsverfahren stützt sich auf die §§&nbsp;50 und 41 ZPO. Der für die in Malta ansässige beklagte Partei heranzuziehende Umsatzsteuersatz beträgt gerichtsbekannt nur 18&nbsp;% und konnte Umsatzsteuer nur in solcher Höhe zugesprochen werden.</span></p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">Gemäß §&nbsp;502 Abs 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250123_OLG0459_00300R00006_25K0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-30
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250123_OLG0459_00300R00006_25K0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250123_OLG0459_00300R00006_25K0000_000/JJT_20250123_OLG0459_00300R00006_25K0000_000.html
3R6/25k
ECLI:AT:OLG0459:2025:00300R00006.25K.0123.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch Senatspräsident Mag.&nbsp;Hans Peter Frixeder als Vorsitzenden sowie Mag.&nbsp;Carina Habringer-Koller und Dr.&nbsp;Gert Schernthanner in der Rechtssache der Klägerin <span class="Fett">A*, </span>**, vertreten durch die Allmayer-Beck Stockert Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die Beklagte <span class="Fett">B* Ltd., </span>**, Malta, vertreten durch die BRANDL TALOS Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Kosten, über den Rekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 27. November 2024, GZ*, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Dem Rekurs wird Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die angefochtene Kostenentscheidung wird dahingehend abgeändert, dass sie wie folgt lautet:</p><p class="ErlText AlignLeft">„Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit EUR&nbsp;854,50 (darin enthalten EUR&nbsp;142,42 Umsatzsteuer) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu Handen der Beklagtenvertreterin zu ersetzen.“</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit EUR&nbsp;150,58 (darin EUR&nbsp;25,10 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu Handen der Klagevertreterin zu ersetzen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Klägerin erhob in ihrer verfahrenseinleitenden Klage ein Datenauskunfts- und Datenübermittlungsbegehren, das sie mit EUR&nbsp;5.000,00 bewertete. Nach Erstattung einer Klagebeantwortung durch die Beklagte schränkte die Klägerin mit Schriftsatz vom 26. August 2024 ihr Klagebegehren auf Kosten ein. Mit Schriftsatz vom 21.&nbsp;Oktober 2024 zog sie die Klage unter Anspruchsverzicht zurück.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Beklagte brachte daraufhin einen Kostenbestimmungsantrag ein und begehrte den Zuspruch von EUR&nbsp;987,17 an Prozesskosten. Dieser Kostenbestimmungsantrag wurde der Klägerin mit der Aufforderung zugestellt, allfällige Einwendungen binnen 14 Tagen zu erstatten. Sollten keine fristgerechten Einwendungen erfolgen, werde davon ausgegangen, dass die Klägerin mit einer antragsgemäßen Bestimmung einverstanden ist (ON 10). Einwendungen gegen den Kostenbestimmungsantrag wurden nicht erstattet.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit dem angefochtenen Kostenbestimmungsbeschluss wurde die Klägerin schuldig erkannt, der Beklagten (wie im Kostenbestimmungsantrag verzeichnet) die mit EUR&nbsp;987,17 (darin EUR&nbsp;164,53 USt) bestimmten Prozesskosten zu ersetzen. Zur Begründung wurde auf §&nbsp;237 Abs 3 ZPO verwiesen, wonach den Kläger bei einer Klagszurücknahme grundsätzlich die Kostenersatzpflicht treffe. Da die Beklagte fristgerecht Kostenersatz begehrt habe und keine Einwendungen erfolgt seien, seien die beantragten Kosten antragsgemäß zu bestimmen gewesen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Klägerin aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, den Kostenzuspruch um EUR&nbsp;132,67 auf insgesamt EUR&nbsp;854,50 zu reduzieren.</p><p class="ErlText AlignLeft">Eine Rekursbeantwortung wurde nicht erstattet.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurs ist berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Auf die im Rekurs monierte unrichtige Anwendung des § 54 Abs 1a ZPO ist nicht weiter einzugehen, weil das Erstgericht diese Bestimmung nicht angewendet hat und diese Bestimmung im vorliegenden Kostenbestimmungsverfahren auch nicht anzuwenden ist (die genannte Bestimmung bezieht sich auf das am Schluss einer mündlichen Streitverhandlung gelegte und dem rechtsanwaltlich vertretenen Gegner übergebene Kostenverzeichnis, nicht aber auf eine Kostenbestimmung nach § 237 Abs 3 ZPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Zutreffend wird von der Rekurswerberin allerdings darauf hingewiesen, dass sie ihr Klagebegehren mit Schriftsatz vom 26. August 2024 auf Kosten eingeschränkt hatte, womit sich der Streitwert gemäß § 12 Abs 4 lit b RATG auf EUR&nbsp;1.000,00 belief. Die Beklagte verzeichnete dessen ungeachtet einen (unstrittig) nach TP 3A RATG zu honorierenden Schriftsatz vom 18.&nbsp;Oktober 2024 auf Basis der ursprünglichen Bemessungsgrundlage von EUR&nbsp;5.000,00. Da die von der Klägerin vorgenommene Klagseinschränkung bereits mit dem Schriftsatz, mit welchem die Klage eingeschränkt worden war, wirkt, hätte der Schriftsatz vom 18. Oktober 2024 auf Basis einer Bemessungsgrundlage von EUR&nbsp;1.000,00 verzeichnet werden müssen. Die Differenz zwischen einem nach TP 3A RATG zu honorierenden Schriftsatz auf Basis von EUR&nbsp;5.000,00 und einem solchen auf Basis von EUR&nbsp;1.000,00 ergibt rechnerisch das Rekursinteresse von EUR&nbsp;132,67.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass § 237 Abs 3 ZPO im Gegensatz zu §&nbsp;54 Abs 1a ZPO keine „antizipierten Kosteneinwendungen“ bezweckt. Die verzeichneten Kosten sind ohnehin amtswegig zu prüfen, weshalb die Kostenentscheidung sodann auch ohne Einschränkungen anfechtbar ist (Obermaier Kostenhandbuch<span class="Hoch">4</span> Rz 1.122 mwN).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Damit war dem Rekurs Folge zu geben. Die Entscheidung über die Rekurskosten gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO und § 11 RATG.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Revisionsrekurs ist in Kostenfragen gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250123_OLG0459_00100R00005_25Y0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-23
2025-02-03
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250123_OLG0459_00100R00005_25Y0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250123_OLG0459_00100R00005_25Y0000_000/JJT_20250123_OLG0459_00100R00005_25Y0000_000.html
1R5/25y
ECLI:AT:OLG0459:2025:00100R00005.25Y.0123.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Wolfgang Seyer als Vorsitzenden, Dr. Stefan Estl und Dr. Christoph Freudenthaler in der Rechtssache der klagenden Partei <span class="Fett">A* </span>, geb am **, Selbständiger, **straße **, vertreten durch Allmayer-Beck Stockert Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei B<span class="Fett">*</span>, Eintragungsnummer **, **, **, Malta, vertreten durch BK.PARTNERS Bugelnig Kirner Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Kosten, über den Kostenrekurs der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 29.&nbsp;November 2024, GZ*, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Dem Kostenrekurs wird nicht Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit EUR&nbsp;336,82 (darin EUR&nbsp;56,14 USt) bestimmten Rekurskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Revisionsrekurs ist gemäß §&nbsp;528 Abs&nbsp;2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die beklagte Partei bietet über ihre deutschsprachige Internetseite ** Online-Glückspiele (sog „Casinospiele“) in Österreich an. Der in Österreich wohnhafte Kläger richtete ein Konto (einen „Account“) auf der vorgenannten Internetseite ein. Der Kläger zahlte Geld auf das Konto der beklagten Partei ein und verlor diese Geldbeträge bei von der beklagten Partei angebotenen Casino-Spielen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit Mail vom 23. Mai 2024 teilte die Klagevertreterin der beklagten Partei mit, dass der Kläger die Klagevertreterin mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt habe:<span class="Kursiv"> „Unsere Mandantschaft beabsichtigt in Erfahrung zu bringen, welchen konkreten Geldbetrag sie bei den von Ihnen angebotenen Online-Glückspielen und bei von Ihnen angebotenen Sportwetten in den vergangenen Jahren verloren hat. Wir haben Sie daher namens unserer Mandantschaft aufzufordern, sämtliche Ein- und Auszahlungen, die unsere Mandantschaft bei Ihnen getätigt hat sowie sämtliche Gewinne und Verluste, welche unsere Mandantschaft bei von Ihnen angebotenen Sportwetten erlitten hat, bekannt zu geben und Rechnung zu legen und zwar über den gesamten Zeitraum, in dem unsere Mandantschaft Konten bei Ihnen hatte. Ferner haben wir Sie namens unserer Mandantschaft gemäß Art 15 DSGVO aufzufordern, uns eine Kopie sämtlicher Daten unserer Mandantschaft, die Gegenstand der Verarbeitung durch Ihr Unternehmen sind, digital zu übermitteln. Wir merken uns hierfür den 06.06.2024 vor.“</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft">Folgende Vollmacht wurde beigelegt:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Das an dieser Stelle dargestellte Bild wurde entfernt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Außerdem wurde nachstehende Ausweiskopie angeschlossen<span class="Kursiv">:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Das an dieser Stelle dargestellte Bild wurde entfernt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Mit Mail vom 26. Mai 2024 antwortete die beklagte Partei:</p><p class="ErlText AlignLeft">„<span class="Kursiv">Sehr geehrter Herr C*,</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">vielen Dank für Ihre Email.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Bitte beachten Sie, dass die D* eine Holdinggesellschaft ist und keine Kundendaten aufbewahrt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Können Sie bitte bestätigen, an welcher Gesellschaft(en) Sie Ihre Datenschutzanfrage richten, bzw. mit welcher Gesellschaft das Vertragsverhältnis zustande gekommen ist?</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Wir bitten Sie, uns auch eine gültige Kopie der Vollmacht zu senden, damit wir diese Anfrage erfüllen können. Bitte beachten Sie, dass diese Vollmacht handschriftlich in Tinte von dem Kunden unterzeichnet sein muss, da wir keine elektronischen Unterschriften akzeptieren können.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Wenn Sie auf die E-Mail antworten, bitten wir Sie, so zu antworten, dass sämtliche früheren E-Mails und Korrespondenzen ersichtlich sind, damit wir Ihre Anfrage effizienter bearbeiten können.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Wir danken Ihnen im Voraus für Ihre Kooperation.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Mit freundlichen Grüßen</span></p><p class="ErlText AlignLeft">E<span class="Kursiv">* Ihr D*-Team</span>.“</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der <span class="Fett">Kläger</span> begehrte mit seiner am 5. Juli 2024 eingebrachten Klage gestützt auf die Zuständigkeitstatbestände des Artikel 79 Abs&nbsp;2 DSGVO, §&nbsp;29 Abs&nbsp;2 Satz 1 DSG, gemäß Artikel 15 Abs 1 und 3 DSGVO die digitale Übermittlung einer Kopie sämtlicher Daten, die Gegenstand der Verarbeitung der Beklagten sind. Dazu brachte er im Wesentlichen vor, er habe über die von der beklagten Partei in Österreich angebotene Internetseite von seinem Wohnsitz in Österreich aus bei der Beklagten ein Konto (einen „Account“) eingerichtet und Geld bei den von der beklagten Partei angebotenen Casino-Spielen eingesetzt und verloren. Trotz Aufforderung weigere sich die Beklagte beharrlich, dem Kläger entsprechende Listen zu übermitteln bzw Daten zur Verfügung zu stellen, aus denen sich sämtliche Einzahlungen und Auszahlungen sowie bei Sportwetten getätigte Einsätze, Gewinne und Verluste der klagenden Partei ergeben.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die <span class="Fett">Beklagte</span> anerkannte in ihrer Klagebeantwortung den Anspruch, begehrte einen Kostenzuspruch gemäß §&nbsp;45 ZPO und brachte vor, den Anspruch mittlerweile erfüllt zu haben, indem sie am 1. August 2024 an die Klagevertreterin folgende Daten übermittelt habe: Kontodaten und Transaktionsdaten der klagenden Partei; Casinoverlauf; Sportwettverlauf; Datenschutzerklärung. Sie habe die Klagsführung nicht veranlasst. Die vorgelegte Vollmacht sei mit einer nicht qualifiziert elektronischen Unterschrift versehen gewesen. Auf Basis einer solchen Unterschrift sei es der beklagten Partei datenschutzrechtlich nicht erlaubt, personenbezogene Daten an Dritte herauszugeben. Zudem sei die Unterschrift nicht verifizierbar gewesen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Hierauf schränkte der Kläger mit dem am 24. Oktober 2024 eingebrachten vorbereitenden Schriftsatz die Klage auf Kosten ein und erwiderte: Begründete Zweifel iSd Artikel 12 Abs&nbsp;6 DSGVO hätten für die Beklagte nicht bestanden, da neben der – wenn auch nicht in Tinte – unterfertigten Vollmacht ohnehin eine Kopie des Reisepasses des Klägers der Beklagten übermittelt worden sei und die dort ersichtliche Unterschrift ein im Wesentlichen gleichartiges Schriftbild aufweise.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Das <span class="Fett">Erstgericht</span> verpflichtete mit dem angefochtenen Urteil die Beklagte, dem Kläger die Prozesskosten von EUR&nbsp;1.528,06 (darin EUR&nbsp;198,84 USt und EUR&nbsp;335,00 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen. In seiner Entscheidung traf es auf den Seiten 2 bis 5 zusätzlich zu dem oben wiedergegebenen Sachverhalt folgende Feststellungen:</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit folgender Mail vom 1. August 2024 wurden die Kontodaten, Transaktionsdaten und die Datenschutzerklärung der Klagevertreterin von der beklagten Partei übermittelt: „<span class="Kursiv">Sehr geehrte Damen und Herren, wir kommen zurück auf Ihre Datenschutzanfrage vom 23.05.2024. Wie wir Ihnen mitgeteilt haben, konnten wir Ihnen bisher keine Auskunft über die Daten von Herrn A* erteilen, da wir die Unterschrift auf der Vollmacht nicht validieren konnten. Wenn die Unterschrift auf der Vollmacht nicht mit der Unterschrift auf dem Ausweisdokument übereinstimmt, dürfen wir nach der DSGVO keine Daten an Dritte herausgeben.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Kursiv">Nunmehr haben wir Ihre Klage erhalten. Auf Grund des § 8 RAO ersetzt (nur) vor Gerichten und Behörden die Berufung auf eine Vollmacht durch einen Anwalt deren urkundlichen Nachweis. Vor diesem Hintergrund können wir nun von einer rechtskonformen Vollmacht ausgehen und übermitteln Ihnen hiermit die angefragten personenbezogenen Daten.</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Mit freundlichen Grüßen, E*, Ihr D*-Team</span>.“</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Klagevertreterin und die beklagte Partei stehen in regelmäßigem Kontakt betreffend Auskunftsersuchen einzelner Kunden der beklagten Partei.</p><p class="ErlText AlignLeft">Sowohl die Unterschrift am Ausweis als auch jene auf der Vollmacht stammen vom Kläger. Dass die Unterschrift auf der Vollmacht nicht genau so aussieht wie jene am Ausweis ist der Tatsache geschuldet, dass der Kläger die Unterschrift auf der Vollmachtsurkunde am Handy leistete.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Kläger stand mit der Klagevertreterin in telefonischen Kontakt. Er stellte ihr seine Ausweiskopie zur Verfügung.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die beklagte Partei verfügte über Namen, Benutzernamen, E-Mailadresse, Telefonnummer, Geburtsdatum und Adresse des Klägers, nahm jedoch mit dem Kläger nicht Kontakt auf, um vermeintliche Unklarheiten betreffend die Vollmachtserteilung zu klären.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett">Rechtlich</span> führte das <span class="Fett">Erstgericht</span> aus: Gemäß Art 15 Abs 1 DSGVO habe die betroffene Person das Recht, von den Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden. Sie habe ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf Informationen gem Art 15 Abs 1 lit a bis h DSGVO sowie gem Absatz 3 leg cit auf Übermittlung einer Kopie dieser Daten. Der Betroffene könne sich eines Vertreters bedienen; diesfalls sei die Vorlage eines urkundlichen Nachweises der Bevollmächtigung zu fordern. Nach dem „Erleichterungsgrundsatz“ gem Art 12 Abs 2 DSGVO habe der Verantwortliche die Ausübung der Rechte auf Auskunft zu erleichtern und keine inhaltlichen oder formalen Hürden ohne erkennbaren sachlichen Grund in den Weg legen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Wenn der Verantwortliche Zweifel habe, könne er weitere Informationen zur Identifizierung des Antragsstellers einfordern. Als geeignete Form eines Identitätsnachweises gelte etwa die Beilage einer Kopie eines amtlichen Lichtbildausweises.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Klagevertretung habe mit dem Auskunftsersuchen eine vom Kläger nicht qualifiziert unterfertigte elektronische Vollmacht und eine Kopie seines Führerscheins übermittelt. Begründete Zweifel, dass der Kläger der Klagevertretung keine Vollmacht erteilt habe, seien nicht ersichtlich, zumal neben der Vollmacht auch die Ausweiskopie übersendet wurde. Allgemein sei bekannt, dass elektronisch geleistete Unterschriften von solchen auf Papier abweichen können. Überdies habe die beklagte Partei nicht mitgeteilt, ob und welche Zweifel sie habe und auch keine eigenen Nachforschungen angestellt. Statt dessen forderte sie lediglich eine Vollmacht handschriftlich in Tinte unterzeichnet, wofür keine Rechtsgrundlage bestehe. Die Beklagte könne sich daher nicht auf §&nbsp;45 ZPO berufen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diese Entscheidung erhebt die Beklagte <span class="Fett">Rekurs</span> wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den bekämpften Beschluss dahin abzuändern, dass die klagende Partei verpflichtet werde, der beklagten Partei die Kosten des Verfahrens von EUR&nbsp;1.300,81 (darin EUR&nbsp;198,43 USt) zu ersetzen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die klagende Partei beantragt in ihrer (Kosten)Rekursbeantwortung, dem Rechtsmittel keine Folge zu geben.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurs ist nicht berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft">1. Das Erstgericht hat explizit festgestellt, dass der Kläger die Unterschrift auf der Vollmachtsurkunde am Handy leistete. Der relevierte sekundäre Feststellungsmangel, zum Thema, dass der Kläger die übermittelte Vollmacht mittels Verwendung technischer Hilfsmittel signierte, liegt daher nicht vor.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">2. Die Beklagte meint, die ihr mit dem Auskunftsersuchen vorgelegte Vollmacht sei mangels einer handschriftlichen Unterschrift bzw einer qualifizierten elektronischen Signatur als ausreichender Nachweis der Berechtigung des einschreitenden Rechtsanwalts nicht geeignet gewesen. Die Beklagte sei daher zu Recht dem Auskunftsersuchen – vorerst – nicht nachgekommen. Im vorliegenden Fall habe der Kläger die Vollmacht bloß (nicht qualifiziert) elektronisch unterfertigt. Eine einfache elektronische Signatur genüge nicht zum Nachweis dafür, dass die Vollmacht auch tatsächlich von der betroffenen Person unterzeichnet worden sei. Die Beklagte habe auch ihre Bedenken dargelegt. Der Kläger wäre im Rahmen seiner Mitwirkungsobliegenheit verpflichtet gewesen, die verlangten weiteren Identitätsnachweise der Beklagten zu übermitteln. Demnach habe die Beklagte die Klage nicht veranlasst, weshalb die Voraussetzungen des §&nbsp;45 ZPO vorliegen würden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Dazu ist auszuführen:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß Artikel 15 Abs&nbsp;1 DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung, VO [EU] 2016/679) hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf die Informationen gemäß Artikel 15 Abs&nbsp;1 lit a bis h DSGVO sowie gemäß §&nbsp;15 Abs&nbsp;3 DSGVO auf kostenlose Übermittlung einer Kopie dieser Daten.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Der Zweck dieses Auskunftsrechts liegt nach dem Erwägungsgrund 63 insbesondere darin, dass die betroffene Person Grundlegendes über die Verarbeitung ihrer Daten erfahren kann, insbesondere ob und welche Daten der Verantwortliche über sie verarbeitet und ob dies rechtmäßig geschieht (ErwGr 63 Satz 1; Haidinger in Knyrim, Der DatKomm Artikel 15 DSGVO Rz&nbsp;1).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die DSGVO hat unmittelbare Geltung; sie geht dem nationalen Recht vor (vgl Zerdick in Ehmann/Selmayr Datenschutz-Grundverordnung<span class="Hoch">2</span> Artikel 3 Rz&nbsp;7 sowie Selmayr/Ehmann aaO Einführung Rz&nbsp;1). Die Rechtsunterworfenen können ihre Rechte direkt aus der DSGVO entnehmen; nationale Regelungen, gleich welcher Rangstufe, müssen infolge des Vorrangs des EU-Rechts unangewendet bleiben (Selmayr/Ehmann aaO Einführung Rz&nbsp;1). Die DSGVO ist autonom auszulegen (vgl Selmayr/Ehmann aaO Rz&nbsp;91).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Nach dem Wortlaut des Artikel 15 Abs&nbsp;1 DSGVO hat nur die betroffene Person ein Recht auf Auskunft, welches sie geltend machen muss (Haidinger in Knyrim, Der DatKomm Artikel 15 DSGVO Rz&nbsp;11). Zur Durchsetzung dieser datenschutzrechtlichen Ansprüche können sich die Betroffenen jedoch eines Vertreters bedienen (vgl Haidinger aaO Rz 11/2). In diesem Fall hat jedoch der Verantwortliche im Rahmen der Identitätsfeststellung sowohl die Vollmacht als auch die Identität der betroffenen Person zu prüfen (vgl Illibauer in Der Datkomm Artikel 12 DSGVO Rz&nbsp;80).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Verantwortliche hat jedoch den von einer Datenverarbeitung betroffenen Personen die Ausübung ihrer Rechte auf Auskunft, Berichtigung, Löschung, Einschränkung, Datenübertragbarkeit und Widerspruch gemäß Artikel 12 Abs&nbsp;2 DSGVO zu erleichtern („Erleichterungsgrundsatz“; Illibauer aao Artikel 12 DSGVO Rz&nbsp;71). Damit ist gemeint, dass keine weiteren Hürden für die Informationserteilung nach Artikel 13 und 14 aufgebaut werden dürfen und Mitteilungen nach Artikel 15 bis 22 und 34 DSGVO nach den gesetzlichen Voraussetzungen durchgeführt werden müssen (Illibauer aaO). Sofern der Verantwortliche begründete Zweifel an der Identität des Antragsstellers hat, ist dieser berechtigt, weitere Informationen über die natürliche Person anzufordern, soweit diese zur Bestätigung der Identität des Betroffenen erforderlich sind (Heckmann/Paschke in Ehmann/Selmayr Datenschutz-Grundverordnung<span class="Hoch">2</span> Artikel 12 Rz&nbsp;51). Es dürfen aber in diesem Zusammenhang nicht zu hohe Anforderungen an die Identifikation gestellt werden (vgl Heckmann/Paschke aaO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Es steht fest, dass der Klagevertreter mit seinem Auskunftsersuchen der Beklagten einerseits eine vom Kläger (am Handy) unterfertigte Vollmacht zur Einholung einer DSGVO-Auskunft (Beilage ./5) und andererseits eine Kopie seines Führerscheins mit Lichtbild und Unterschrift (Beilage ./7) übermittelt hat. Bei dieser Sachlage konnten für die Beklagte nach Zugang des Aufforderungsschreibens, auch wenn die Vollmacht nicht qualifiziert elektronisch gefertigt gewesen sein möge, keine begründeten Zweifel iSd Artikel 12 Abs&nbsp;6 DSGVO bestehen, dass der Kläger tatsächlich dem einschreitenden Rechtsanwalt Vollmacht erteilt hat, bestanden doch nach den äußeren Merkmalen dieser übermittelten Urkunden keine Anhaltspunkte, die Zweifel an der Vollmachtserteilung hätten begründen können.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Dass eine einfache elektronische Signatur nicht zum Nachweis dafür genüge, dass die Vollmacht auch tatsächlich von der betroffenen Person unterzeichnet wurde, geht entgegen den Rekursausführungen in dieser Form nicht aus der Entscheidung des BVwG vom 27.05.2020, W214 2228346-1, hervor. Diese Entscheidung betraf einen anderen Sachverhalt. Wie das Erstgericht korrekt ausgeführt hat, gilt die Beilage einer Kopie eines amtlichen Lichtbildausweises als geeignete Form eines Identitätsnachweises (Jahnel, Kommentar zur Datenschutz-Grundverordnung, Art 12 DSGVO Rz 13).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Begründete Zweifel an der Identität des Klägers und der Bevollmächtigung der Klagevertreterin konnte die Beklagte – wie bereits ausgeführt – angesichts der ihr vorgelegten Unterlagen nicht haben (vgl Art 12 Abs 6 DSGVO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Es ist überdies nach ErwGr 39 der Transparenzgrundsatz der DSGVO zu beachten. „Der Grundsatz der Transparenz setzt voraus, dass alle Informationen und Mitteilungen zur Verarbeitung dieser personenbezogenen Daten leicht zugänglich und verständlich und in klarer und einfacher Sprache abgefasst sind.“ (ErwGr 39 Satz 3). Außerdem legt der EuGH die DSGVO grundsätzlich sehr weit und sehr „datenschutzfreundlich“ aus (vgl Zhou/Wybitul in Betriebsberater 25/2023, DSGVO-Auskunftsansprüche als Vorstufe von Schadenersatzforderungen, 1411 [1412] mwN).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Da der Beklagten die vom Kläger am Handy unterfertigte Vollmacht und eine Kopie seines amtlichen Führerscheins samt Lichtbild und Unterschrift vorlagen, durfte sie keine weiteren Zweifel an der Identität des Klägers haben. Indem es die Beklagte dennoch verabsäumte, dem Kläger die verlangte Auskunft vor Klagsführung zu erteilen, hat sie die Erhebung der Klage veranlasst (vgl Obermaier in Höllwerth/Ziehensack ZPO-TaKom §&nbsp;45 ZPO Rz&nbsp;3; vgl auch M. Bydlinski in Fasching/Konecny<span class="Hoch">3</span> §&nbsp;45 ZPO Rz&nbsp;3). Die Voraussetzungen des §&nbsp;45 ZPO liegen nicht vor.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Dem Rekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Kostenentscheidung beruht auf §§&nbsp;50, 41 ZPO, 11 RATG. Nachdem die Beklagte die Abänderung der Kostenentscheidung dahin angestrebt hat, statt des Kostenzuspruchs an den Kläger von EUR 1.528,06 einen Kostenzuspruch an die Beklagte von EUR&nbsp;1.300,81 zu erlangen, beziffert sich der Rekursstreitwert – wie der Kläger in seiner Kostenrekursbeantwortung korrekt ausführt – mit EUR&nbsp;2.828,87.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Revisionsrekurs ist gemäß §&nbsp;528 Abs&nbsp;2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.</span></p></div></div></body></html>
null
JJT_20250123_OLG0459_00200R00169_24X0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-02-03
2025-02-03
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250123_OLG0459_00200R00169_24X0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250123_OLG0459_00200R00169_24X0000_000/JJT_20250123_OLG0459_00200R00169_24X0000_000.html
2R169/24x
ECLI:AT:OLG0459:2025:00200R00169.24X.0123.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Richter Mag.&nbsp;Bernhard Telfser als Vorsitzenden sowie Dr.&nbsp;Werner Gratzl und Mag.&nbsp;Christine Mayrhofer in der Insolvenzeröffnungssache der Antragstellerin Österreichische Gesundheitskasse, **straße **, wider die Antragsgegnerin <span class="Fett">B*</span>, geboren am **, „C*“, **platz **, über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 20.&nbsp;November 2024, GZ1* in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Antragsstellerin begehrte mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2024 über das Vermögen der Antragsgegnerin das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Diese schulde laut beiliegendem vollstreckbaren Rückstandsausweis den Betrag von EUR&nbsp;6.026,27 zuzüglich gesetzlicher Verzugszinsen. Die Beitragsschuld sei trotz mehrmaliger Mahnung und trotz Exekutionsmaßnahmen weiterhin zur Gänze ausständig.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die amtswegigen Erhebungen des Erstgerichtes ergaben mehr als zehn offene Exekutionsverfahren, wobei sieben Gläubiger Forderungen in Höhe von EUR&nbsp;12.370,25 betreiben. Ein Vermögensverzeichnis wurde am 25.&nbsp;Februar 2024 abgelegt.</p><p class="ErlText AlignLeft">Zu der für den 13.&nbsp;November 2024 anberaumten Einvernehmungstagsatzung erschien niemand. Die Zustellung an die Antragsgegnerin ist durch Hinterlegung zur Abholung ab 23.&nbsp;Oktober 2024 ausgewiesen. Die Antragsstellerin hatte zur Tagsatzung schriftlich bekanntgegeben, dass seit der Konkursantragstellung der Rückstand auf EUR&nbsp;7.198,54 gestiegen sei. Es seien am 15.&nbsp;Oktober 2024 EUR&nbsp;19,37 und am 22.&nbsp;Oktober 2024 EUR&nbsp;15,75 an Zahlungen geleistet worden; eine Ratenvereinbarung sei nicht abgeschlossen worden.</p><p class="ErlText AlignLeft">Laut Aktenvermerk des Erstgerichtes vom 15.&nbsp;November 2024 bestehe bei der SVS ein Rückstand in Höhe von EUR&nbsp;23.960,55. Eine Ratenvereinbarung bestehe nicht. Die Ratenvereinbarung vom 28.&nbsp;Juni 2024 sei wegen Nichteinhaltung am 4.&nbsp;September 2024 beendet worden. Im letzten Halbjahr seien Zahlungen in Höhe von gesamt EUR&nbsp;882,19 geleistet worden, wobei die letzte Zahlung am 29.&nbsp;Oktober 2024 erfolgt sei.</p><p class="ErlText AlignLeft">Nach Aktenvermerk vom 18.&nbsp;November 2024 belaufe sich der aktuelle Rückstand beim Finanzamt auf EUR&nbsp;10.523,89. Aktuell bestehe keine Ratenvereinbarung. Im Mai 2023 sei eine Ratenvereinbarung abgeschlossen worden, die allerdings nicht eingehalten und daher beendet worden sei. In den letzten sechs Monaten seien Zahlungen in Höhe von gesamt rund EUR&nbsp;3.800,00, die letzte Zahlung am 18.&nbsp;Oktober 2024, erfolgt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit dem <span class="Fett">angefochtenen Beschluss</span> erklärte das Erstgericht die Antragsgegnerin für zahlungsunfähig, wies den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin mangels kostendeckenden Vermögens gemäß §&nbsp;71b IO ab und teilte mit, das Insolvenzverfahren nicht zu eröffnen. In seiner Begründung verwies es darauf, dass die von der Antragstellerin behauptete Forderung durch die dafür angebotene Titelurkunde in Form eines Rückstandsausweises vom 16.&nbsp;Oktober 2024 über EUR&nbsp;6.026,97, zurückreichend bis Dezember 2023, glaubhaft gemacht worden sei. Die nicht bloß vorübergehende Zahlungsunfähigkeit resultiere aus aktuell 26 aufscheinenden offenen gerichtlichen Exekutionen. Allein aus dem Jahr seien neun Verfahren mit gesamt betriebenen Ansprüchen in Höhe von EUR&nbsp;11.425,61 (inklusive Räumungsexekution) offen. Zudem sei gegen die Schuldnerin ein Passivprozess über EUR&nbsp;73,48 anhängig. Zudem verwies es auf die - oben wiedergegebenen - amtswegigen Erhebungsergebnisse. Die Schuldnerin habe sich im Insolvenzeröffnungsverfahren bei Gericht nicht beteiligt. Im Zuge des Exekutionsverfahrens GZ2* des Bezirksgerichtes Urfahr habe sie am 25.&nbsp;Februar 2024 ein Vermögensverzeichnis abgelegt. Aus diesem ergebe sich, dass sie selbstständig im Bereich Fußpflege tätig sei und kein Einkommen bezogen habe. Ihr Konto weise einen Stand von EUR&nbsp;4.000,00 im Soll auf; außer einem Pkw der Marke VW-Polo, Baujahr 2014 sei kein werthaltiges Vermögen vorhanden gewesen, auch keine Forderungen gegenüber Kunden. Der aktuelle Rückstand bei den Gläubigern der öffentlichen Hand, die offenen Exekutionsverfahren sowie das zuletzt abgegebene Vermögensverzeichnis ließen keinen Zweifel darüber aufkommen, dass tatsächlich Insolvenz gegeben sei und auch der Kostenvorschuss für die Insolvenzeröffnung nicht aufgebracht werden könne. Anfechtungsvolumen bei den Gläubigern der öffentlichen Hand sei gesichert nicht gegeben. Die antragstellende Gläubigerin sei zum Erlag eines Kostenvorschusses nicht bereit gewesen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diesen Beschluss richtet sich der <span class="Fett">Rekurs der Antragsgegnerin</span> mit dem erkennbaren Antrag, den Insolvenzantrag abzuweisen. Sie macht geltend, sie habe bis heute den Brief der Ladung nicht erhalten, die Post habe für sie keine Verständigung hinterlegt, um so den Brief des Gerichtes abholen (zu können). Die Ratenzahlung der Rückstände bei der Antragstellerin würde weiterlaufen. Es seien falsche Tatsachen festgestellt worden, da sie zahlungsfähig sei. Es starte das Weihnachtsgeschäft.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Antragsstellerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung. Entgegen dem Rekursvorbringen bestehe seit 1.&nbsp;August 2024 keine Ratenvereinbarung mehr. Es sei nach dem angefochtenen Beschluss ein neuerliches Ratenansuchen eingebracht worden, das aber abgelehnt worden sei. Seit der letzten Mitteilung seien zwei Zahlungen von insgesamt EUR&nbsp;65,18 geleistet worden und betrage der ausgewiesene Rückstand fast unverändert EUR&nbsp;7.171,57. Der weitere und bereits fällige Beitrag für den Beitragszeitraum 10/2024 sei noch nicht mitberücksichtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft">Aufgrund des Rekursvorbringens wurde dem Erstgericht mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz vom 11.&nbsp;Dezember 2024 aufgetragen, durch geeignete Erhebungen zu überprüfen, inwieweit der Zustellvorgang betreffend den Antrag auf Insolvenzeröffnung und die Ladung der Antragsgegnerin zur Einvernahmetagsatzung rechtswirksam erfolgt sei. Die Erhebungsergebnisse lassen sich dahin zusammenfassen, dass der gegenständliche Rückschein am 22.&nbsp;Oktober 2024 ordnungsgemäß hinterlegt und die Verständigung der Hinterlegung korrekt in die Abgabeeinrichtung **platz ** geworfen worden sei. Es gebe über keine Auffälligkeiten zu berichten. Es handle sich um einen sehr zuverlässigen und ordentlichen Zusteller, der seit 23 Jahren bei der Österreichischen Post beschäftigt sei.</p><p class="ErlText AlignLeft">Diese Erhebungsergebnisse wurden der Antragsgegnerin durch persönliche Zustellung zur Kenntnis gebracht. Sie wurde auf ihre Möglichkeit hingewiesen, binnen 14 Tagen eine Stellungnahme dazu abzugeben. Eine solche ist jedoch unterblieben.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurs ist nicht berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Was den behaupteten Zustellmangel betrifft, ist auf die unwidersprochen gebliebenen Erhebungsergebnisse des Erstgerichtes bei der Österreichischen Post zu verweisen. Demnach ist die Verständigung der Antragsgegnerin gemäß §&nbsp;17 Abs 2 ZustG ordnungsgemäß erfolgt. Die Hinterlegung der an die Antragsgegnerin gerichteten Sendung (Antrag auf Insolvenzeröffnung und Ladung zur Einvernahmetagsatzung) ist daher wirksam erfolgt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Antragsgegnerin hat die Einvernahmetagsatzung insofern unentschuldigt unbesucht gelassen. Daher ist davon auszugehen, dass die Frage der Zahlungs(un)fähigkeit vom Rekursgericht grundsätzlich nur auf Basis der bei erstinstanzlicher Beschlussfassung gegebenen Aktenlage geprüft werden kann. Nach § 259 Abs 2 IO können nämlich Anträge, Erklärungen und Einwendungen, zu deren Anbringung eine Tagsatzung bestimmt ist, von den nicht erschienenen, gehörig geladenen Personen nachträglich nicht mehr vorgebracht werden. Somit ist es der Antragsgegnerin verwehrt, im Rekurs gegen die Entscheidung über den Insolvenzeröffnungsantrag Neuerungen – insbesondere solche betreffend die Tatfrage ihrer Zahlungs-(un)fähigkeit – vorzubringen, wenn sie der Ladung zur Tagsatzung über den Konkursantrag bzw zu ihrer Vernehmung keine Folge geleistet hat (Mohr, IO [2012], § 70 E 212 und § 71c E 14; OLG Linz 8.10.2013, 2 R 158/13p; 21.8.2014, 2 R 133/14p uva; OLG Graz 3 R 154/14p, ZIK 2015/37; RIS-Justiz RS0110967 T6 und RS0115313).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Worin die unrichtigen Feststellungen des Erstgerichtes liegen sollen, lässt die Rekurswerberin in ihrem Rechtsmittel unerörtert. Aufgrund der bei erstinstanzlicher Beschlussfassung gegebenen Aktenlage ist zweifellos von der Zahlungsunfähigkeit der Antragsgegnerin auszugehen. Darauf weisen nicht nur die zahlreichen Exekutionen, sondern auch das von ihr unterfertigte Vermögensverzeichnis hin. Aus diesen Gründen besteht auch am Fehlen von kostendeckendem Vermögen kein Zweifel. Der Rekurs bleibt erfolglos.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Revisionsrekurs ist gemäß §§&nbsp;252 IO iVm 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250122_OGH0002_0130OS00101_24P0000_000
Justiz
OGH
2025-01-30
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250122_OGH0002_0130OS00101_24P0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250122_OGH0002_0130OS00101_24P0000_000/JJT_20250122_OGH0002_0130OS00101_24P0000_000.html
13Os101/24p
ECLI:AT:OGH0002:2025:0130OS00101.24P.0122.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat am 22.&nbsp;Jänner&nbsp;2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag.&nbsp;Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Brenner und Dr.&nbsp;Setz-Hummel&nbsp;LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Rechtspraktikantin Mag.&nbsp;Müller&nbsp;BSc in der Strafsache gegen * K* wegen Verbrechen der Schlepperei nach §&nbsp;114 Abs&nbsp;1, 3 Z&nbsp;2 und 3, Abs&nbsp;4 erster Fall FPG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 7.&nbsp;Oktober&nbsp;2024, GZ&nbsp;9&nbsp;Hv&nbsp;60/24f-32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Subsumtion der vom Schuldspruch umfassten Taten jeweils auch nach §&nbsp;114 Abs&nbsp;4 erster Fall FPG, demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und es wird die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen wird zurückgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Aufhebung des Strafausspruchs verwiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * K* (alias „* H*“) mehrerer Verbrechen der Schlepperei nach §&nbsp;114 Abs&nbsp;1, 3 Z&nbsp;2 und 3, Abs&nbsp;4 erster Fall FPG schuldig erkannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [2] Danach hat er am 4.&nbsp;Oktober&nbsp;2023 und am 6.&nbsp;Oktober&nbsp;2023 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit abgesondert verfolgten Mittätern (§&nbsp;12 erster Fall StGB) als Mitglied einer kriminellen Vereinigung durch im Urteil beschriebene Handlungen die rechtswidrige Einreise von jeweils weit mehr als drei aus der Türkei und Syrien stammenden Fremden über die ungarisch-serbische Grenze in die Republik Österreich mit dem Vorsatz gefördert, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, wobei er diese Taten auf eine Art und Weise beging, durch die die Fremden längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt wurden, weil sie bei fehlender Versorgung mit ausreichend Luft, Nahrung und Wasser auf der Ladefläche eines Kastenwagens über mehrere Stunden ausharren mussten.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Dagegen richtet sich die auf §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">Zum berechtigten Teil der Nichtigkeitsbeschwerde:</span></p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true"> [4] Die Mängelrüge (Z&nbsp;5) zeigt zutreffend auf, dass die für die Annahme der Qualifikation nach §&nbsp;114 Abs&nbsp;4 erster Fall FPG entscheidenden Konstatierungen zur Tatbegehung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung nicht begründet (Z&nbsp;5 vierter Fall) sind. Der im Urteil vorgenommene, nicht auf bestimmte Feststellungen bezogene pauschale Verweis auf (in der Hauptverhandlung vorgekommene) Beweismittel (US&nbsp;6) wird dem Begründungsgebot des §&nbsp;270 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;5 StPO nicht gerecht (RIS-Justiz RS0132828 und RS0098818; <span class="Kursiv">Danek/Mann</span>, WK-StPO §&nbsp;270 Rz&nbsp;38).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] Dieser zutreffend aufgezeigte Begründungsmangel führte – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – zur Aufhebung des angefochtenen Urteils wie aus dem Spruch ersichtlich bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (§&nbsp;285e StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">Im Übrigen ist die Nichtigkeitsbeschwerde nicht berechtigt:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Die Feststellungen zur Täterschaft des Angeklagten erschloss das Erstgericht in vernetzter Betrachtung einer Mehrzahl von Beweisergebnissen (US&nbsp;6&nbsp;ff) unter besonderer Gewichtung der Angaben des für glaubwürdig erachteten Zeugen * R*, welcher den Angeklagten sowohl im Ermittlungsverfahren als auch in der Hauptverhandlung als Organisator der Schlepperfahrten („* H*“) identifiziert hatte (US&nbsp;7 iVm ON&nbsp;25 S&nbsp;3). Unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z&nbsp;5 vierter Fall) ist diese Ableitung nicht zu beanstanden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Die leugnende Verantwortung des Angeklagten und die Angaben des * El R* haben die Tatrichter mit eingehender Begründung als unglaubwürdig verworfen (US&nbsp;7&nbsp;f). Das Eingehen auf jedes Detail dieser Aussagen war aus dem Blickwinkel des §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;5 zweiter Fall StPO nicht erforderlich, es hätte vielmehr gegen das Gebot zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§&nbsp;270 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;5 StPO) verstoßen (RIS-Justiz RS0098778 und RS0106295).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] Soweit die Mängelrüge ihre Argumentation auf der aktenfremden Prämisse entwickelt, das Erstgericht habe die Feststellungen zur Täterschaft des Angeklagten auch auf der Basis einer Identifizierung auf einem Lichtbild abgeleitet, welches nicht den Angeklagten darstellt (vgl hingegen US&nbsp;7), geht sie schon im Ansatz ins Leere.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] Mutmaßungen sind nicht Gegenstand des Zeugenbeweises (RIS-Justiz RS0097573). Als Bezugspunkt der Z&nbsp;5 zweiter Fall des §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 StPO scheiden sie somit aus.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [10] Der Unvollständigkeit (Z&nbsp;5 zweiter Fall) behauptenden Rüge zuwider stehen die in der Beschwerde ins Treffen geführten, allerdings unzulässig aus dem Zusammenhang gerissenen, Angaben des Zeugen KI&nbsp;P* (ON&nbsp;25 S&nbsp;3&nbsp;ff) den Feststellungen zur Täterschaft des Angeklagten nicht erörterungsbedürftig entgegen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [11] Indem die Rüge aus Verfahrensergebnissen anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Beschwerdeführer günstigere Schlüsse ableitet als das Erstgericht, wendet sie sich nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§&nbsp;283 Abs&nbsp;1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§&nbsp;258 Abs&nbsp;2 StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [12] Im dargestellten Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher – ebenfalls in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß §&nbsp;285d Abs&nbsp;1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [13] Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Aufhebung des Strafausspruchs verwiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [14] Die Kostenentscheidung gründet sich auf §&nbsp;390a Abs&nbsp;1 StPO.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250122_OLG0459_0100BS00007_25P0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-30
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250122_OLG0459_0100BS00007_25P0000_000
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10Bs7/25p
ECLI:AT:OLG0459:2025:0100BS00007.25P.0122.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr.&nbsp;Henhofer als Vorsitzende und Mag.&nbsp;Höpfl sowie den Richter Mag.&nbsp;Graf in der Strafvollzugssache <span class="Fett">A*</span> wegen bedingter Entlassung über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 14. Jänner 2025, GZ*, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der am ** geborene rumänische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 8 Monaten, die über ihn mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 11. November 2024 zu GZ2* wegen des Vergehens des schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 130 Abs 1 StGB verhängt wurde.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Das voraussichtliche Strafende fällt auf den 7. Juni 2025; die Hälfte der Strafzeit wird mit 7.&nbsp;Februar 2025, zwei Drittel werden mit 17. März 2025 vollzogen sein.</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Erstgericht eine bedingte Entlassung des Strafgefangenen zur Hälfte der verbüßten Strafzeit aus spezialpräventiven Gründen ab, bewilligte jedoch die bedingte Entlassung zum 17. März 2025 nach Verbüßung eines Teiles der Strafe von 5 Monaten und 10 Tagen bei einem Strafrest von 2 Monaten und 20 Tagen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren (ON 8).</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die gegen den ablehnenden Teil des genannten Beschlusses angemeldete, schriftlich nicht ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen ist nicht berechtigt (ON 1.3).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Hat ein Verurteilter die Hälfte der im Urteil verhängten und im Gnadenweg festgesetzten zeitlichen Freiheitsstrafe oder des nicht bedingt nachgesehenen Teils einer solchen Strafe, mindestens aber drei Monate verbüßt, so ist ihm der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§&nbsp;50 bis 52 anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird (§&nbsp;46 Abs 1 StGB).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Zutreffend weist das Erstgericht auf das strafrechtlich getrübte Vorleben des Strafgefangenen hin, der bereits beginnend im Jahr 2013 in regelmäßigen Abständen Vermögensdelikte europaweit beging. So weist die rumänische ECRIS-Auskunft insgesamt zehn, überwiegend einschlägige Eintragungen aus verschiedenen Ländern (Niederlande, Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Italien) auf. In der Schweiz wurde der Strafgefangene laut Schweizer Strafregister-Informationssystem vom Bezirksstrafgericht Vivisbachbezirks mit Urteil vom 3. November 2021 wegen gewerbs- und bandenmäßigem Diebstahl und weiterer Übertretungen zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt, aus welcher er bedingt entlassen wurde.</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit Blick auf diese Vorgeschichte des Strafgefangenen, insbesondere auf seine internationale Delinquenz, sind die spezialpräventiven Bedenken des Erstgerichtes trotz seiner der Hausordnung der Justizanstalt entsprechenden Führung nicht zu beanstanden. Weder die verhängten Geld- und Freiheitsstrafen noch das bereits verspürte Haftübel von mehreren Monaten konnten den Strafgefangenen von einer neuerlichen Delinquenz abhalten.</p><p class="ErlText AlignLeft">Angesichts der daraus abzuleitenden Täterpersönlichkeit kann – in Übereinstimmung mit dem Erstgericht – eine dem Strafvollzug gleichwertige deliktsabhaltende Wirkung einer (weiteren) bedingten Entlassung zum frühest möglichen Zeitpunkt nicht erwartet werden.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Festgehalten wird allerdings, dass die vorliegende Delinquenz des Strafgefangenen noch nicht jene Schwere der Tat herstellt, aufgrund der es ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (§&nbsp;46 Abs 2 StGB).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Rechtsmittelbelehrung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diese Entscheidung steht kein weiteres Rechtsmittel zu.</p></div></div></body></html>
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JJT_20250121_OGH0002_0110OS00119_24W0000_000
Justiz
OGH
2025-01-31
2025-01-31
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250121_OGH0002_0110OS00119_24W0000_000
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11Os119/24w (11Os120/24t)
ECLI:AT:OGH0002:2025:0110OS00119.24W.0121.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat am 21.&nbsp;Jänner&nbsp;2025 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag.&nbsp;Marek als Vorsitzende, die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Bachner-Foregger sowie die Hofrätinnen und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag.&nbsp;Fürnkranz, Dr.&nbsp;Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag.&nbsp;Müller&nbsp;BSc als Schriftführerin in der Strafsache gegen * G* wegen des Verbrechens des Mordes nach §§&nbsp;15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St.&nbsp;Pölten als Geschworenengericht vom 16.&nbsp;Juli&nbsp;2024, GZ&nbsp;17&nbsp;Hv&nbsp;62/24w-71.10, weiters über dessen Beschwerde gegen einen Beschluss des Vorsitzenden vom 6.&nbsp;August&nbsp;2024, GZ&nbsp;17&nbsp;Hv&nbsp;62/24w-76, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den</span></p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.</p><p class="ErlText AlignLeft">Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Mit dem angefochtenen – auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden – Urteil wurde * G* des Verbrechens des Mordes nach §§&nbsp;15, 75 StGB schuldig erkannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Danach hat er am 10.&nbsp;Jänner&nbsp;2024 in T* * F* zu töten versucht, indem er ihm mit einem Messer mit stabiler und spitz zulaufender Klinge von 17,5&nbsp;Zentimetern Länge und bis zu 3,5&nbsp;Zentimetern Breite mehrfache, kräftig geführte Stiche im Bereich der rechten und linken seitlichen sowie der vorderen Brustwand, gegen die linke Rückenregion und gegen die vordere Bauchwand sowie Schnitte am Oberkörper und an den Extremitäten zufügte, wodurch F* lebensbedrohliche Verletzungen, nämlich eine acht Zentimeter messende Stich-/Schnittwunde an der linken seitlichen Brustwand mit einer rund vier Zentimeter breiten Eröffnung der Brusthöhle, „Luftbrustfüllung“ und Blutung in den Brustraum, zwei oberflächliche Stichwunden über dem Brustbein, eine mehrere Zentimeter breite Stich-/Schnittwunde an der rechten seitlichen Brustwand mit einem bis zur Rückenmuskulatur reichenden, ca acht Zentimeter langen Stichkanal, zwei tiefe Stichwunden der linken Schulter-/Rückenregion, zwei Stich-/Schnittwunden im Bereich des linken Ellbogens, eine rund 25&nbsp;Zentimeter lange Stich-/Schnittwunde der linken Bauchwand mit Eröffnung der Bauchhöhle und Austritt von Bauchorganen sowie Schnittwunden im Bereich des rechten Daumens am Endglied, an der rechten Handfläche in der Daumen-/Zeigefingerfalte rechts und über dem Kleinfingerballen sowie am linken Daumen, in der linken Daumen-/Zeigefingerfalte und über dem linken Zeigefingergrundglied erlitt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Die Geschworenen haben – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde relevant – die anklagekonform gestellte Hauptfrage&nbsp;1./ in Richtung des Verbrechens des Mordes nach §§&nbsp;15, 75 StGB bejaht und hiezu gestellte Zusatzfragen nach dem Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch (§&nbsp;16 Abs&nbsp;1 StGB; I), dem Rechtfertigungsgrund der Notwehr (§&nbsp;3 Abs&nbsp;1 erster Fall StGB) und dem Schuldausschließungsgrund der Notwehrüberschreitung aus asthenischem Affekt (§&nbsp;3 Abs&nbsp;2 StGB; II) verneint. Die Beantwortung von Eventualfragen ist demgemäß folgerichtig unterblieben.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Gegen das Urteil richtet sich die auf §&nbsp;345 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;6 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] Die gesetzmäßige Ausführung einer Fragenrüge (Z&nbsp;6) erfordert eine Substantiierung dahin, durch welche in der Hauptverhandlung vorgebrachten konkreten Tatsachen (§&nbsp;314 Abs&nbsp;1 StPO) die nunmehr urgierte weitere Fragestellung indiziert gewesen sein soll (RIS-Justiz RS0100860). Dabei darf der Rechtsmittelwerber den Nachweis der geltend gemachten Nichtigkeit nicht bloß auf der Grundlage einzelner aus dem Kontext der Gesamtverantwortung gelöster Teile davon führen, sondern hat vielmehr die für die vermisste Fragestellung ins Treffen geführten Verfahrensergebnisse in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0120766 [T2]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Dem wird die Fragenrüge (Z&nbsp;6) nicht gerecht.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Sie kritisiert das Unterbleiben einer Eventualfrage nach dem Verbrechen des Totschlags (§§&nbsp;15, 76 StGB) mit der auf isoliert herausgegriffene Teile der Verantwortung des Angeklagten gestützten Behauptung, dieser habe sich – aus Eifersucht – in einer emotionalen Ausnahmesituation befunden. Die Depositionen des Angeklagten werden aber gerade nicht in ihrer Gesamtheit (vgl aber RIS-Justiz <a href="https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&amp;Rechtssatznummer=RS0120766&amp;SkipToDocumentPage=True&amp;SucheNachRechtssatz=True&amp;SucheNachText=False" target="_blank">RS0120766</a>) berücksichtigt, hat dieser doch den für die Verwirklichung (auch) des Verbrechens des Totschlags nach §§&nbsp;15, 76 StGB erforderlichen (RIS-Justiz <a href="https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&amp;Rechtssatznummer=RS0092113&amp;SkipToDocumentPage=True&amp;SucheNachRechtssatz=True&amp;SucheNachText=False" target="_blank">RS0092113</a>) Tötungsvorsatz mehrfach dezidiert in Abrede gestellt (vgl ON&nbsp;71.9,&nbsp;11 und 14), sodass seine Verantwortung als ernst zu nehmendes Indiz für eine Eventualfrage in Richtung §&nbsp;76 StGB ausscheidet.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] Über die gegen den Protokollberichtigungsbeschluss (ON&nbsp;76) gerichtete Beschwerde (vgl <span class="Kursiv">Danek/Mann</span>, WK-StPO §&nbsp;271 Rz&nbsp;56), die sich auf keine für den Erfolg der Nichtigkeitsbeschwerde wesentlichen Umstände bezieht, war vom Obersten Gerichtshof zufolge Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde (§&nbsp;285i StPO), nicht zu entscheiden (vgl RIS-Justiz <a href="https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&amp;Rechtssatznummer=RS0126057&amp;SkipToDocumentPage=True&amp;SucheNachRechtssatz=True&amp;SucheNachText=False" target="_blank">RS0126057</a> [T2, T5], <a href="https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&amp;Rechtssatznummer=RS0120683&amp;SkipToDocumentPage=True&amp;SucheNachRechtssatz=True&amp;SucheNachText=False" target="_blank">RS0120683</a> [T14]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur war die Nichtigkeitsbeschwerde daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§§&nbsp;285d Abs&nbsp;1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§&nbsp;285i, 344 StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [10] Die Kostenentscheidung beruht auf §&nbsp;390a Abs&nbsp;1 StPO.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250121_OGH0002_0110OS00146_24S0000_000
Justiz
OGH
2025-02-03
2025-02-03
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250121_OGH0002_0110OS00146_24S0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250121_OGH0002_0110OS00146_24S0000_000/JJT_20250121_OGH0002_0110OS00146_24S0000_000.html
11Os146/24s
ECLI:AT:OGH0002:2025:0110OS00146.24S.0121.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat am 21.&nbsp;Jänner&nbsp;2025 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag.&nbsp;Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag.&nbsp;Fürnkranz, Dr.&nbsp;Oberressl, Dr.&nbsp;Brenner und Mag.&nbsp;Riffel in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag.&nbsp;Müller&nbsp;BSc als Schriftführerin in der Strafsache gegen * G* und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 fünfter Fall, Abs&nbsp;4 Z&nbsp;3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten G* sowie die Berufungen des Angeklagten * L* und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 17.&nbsp;September&nbsp;2024, GZ&nbsp;63&nbsp;Hv&nbsp;56/24i-105, ferner über die Beschwerden der Angeklagten gegen einen Beschluss nach §&nbsp;494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den</span></p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.</p><p class="ErlText AlignLeft">Dem Angeklagten * G* fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde (soweit hier relevant) * G* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 fünfter Fall, Abs&nbsp;4 Z&nbsp;3 SMG (I/A/), der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §&nbsp;27 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 erster und zweiter Fall, Abs&nbsp;2 SMG (I/B/1/), der Verbrechen der (schweren) Körperverletzung nach §&nbsp;84 Abs&nbsp;4, §&nbsp;15 StGB (II/A/1/), des Vergehens der Nötigung nach §&nbsp;105 Abs&nbsp;1 StGB (II/A/2/) und der Vergehen der Körperverletzung nach §&nbsp;83 Abs&nbsp;1 StGB (II/B/1/ und 2/) schuldig erkannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Danach hat er (soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung)</p><p class="ErlText AlignLeft">I/&nbsp;von Sommer&nbsp;2023 bis 19.&nbsp;März&nbsp;2024 in S* und an anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">A/&nbsp;in einer das 25-Fache der Grenzmenge (§&nbsp;28b SMG) übersteigenden Menge, und zwar 10.000&nbsp;Gramm Cannabiskraut (enthaltend 0,96&nbsp;% Delta-9-THC und 12,63&nbsp;% THCA), „1.008&nbsp;Gramm Kokain“ (enthaltend 78,88&nbsp;% Cocain) und zwölf Ecstasy-Tabletten (enthaltend 28,33&nbsp;% MDMA), im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit * L* sukzessive (US&nbsp;7&nbsp;f) an im Urteil angeführte Abnehmer überlassen,</span></p><p class="ErlText AlignLeft">II/</p><p class="ErlText AlignLeft">A/&nbsp;in B* L*</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">1/&nbsp;am Körper verletzt und dadurch eine schwere Verletzung oder Gesundheitsschädigung herbeigeführt oder herbeizuführen versucht (§&nbsp;15 StGB), und zwar</span></p><p class="ErlText AlignLeft">a/&nbsp;Ende Februar oder Anfang März&nbsp;2024, indem er ihn zu Boden stieß und ihm mehrere Fußtritte gegen den Körper und den Kopfbereich versetzte, wodurch dieser eine Rissquetschwunde an der Lippe sowie eine Prellung der Rippen erlitt;</p><p class="ErlText AlignLeft">b/&nbsp;im März&nbsp;2024, indem er ihn mehrmals am Hals erfasste und würgte, wodurch dieser mehrmals das Bewusstsein verlor und Schmerzen im Hals- und Kehlkopfbereich erlitt;</p><p class="ErlText AlignLeft">c/&nbsp;am 17.&nbsp;März&nbsp;2024, indem er ihm mehrere Schläge mit einem Stock versetzte, ihn mit einem Feuerzeug an den Handflächen beider Hände sowie am rechten Hoden verbrannte und ihm mit Zigaretten Brandwunden am Handrücken, im Brustbereich, am Oberarm und im Nackenbereich zufügte, wodurch dieser eine länger als 24&nbsp;Tage dauernde Gesundheitsschädigung erlitt (Verbrennungen an den angeführten Stellen sowie Prellungen im Bereich der Augenhöhle, der Halswirbelsäule, des linken Brustkorbes, des Gesäßes und der Oberschenkel).</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Dagegen richtet sich die auf §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;4 und 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten G*.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Der Verfahrensrüge (Z&nbsp;4) zuwider konnte der (durch Rechtsmittelvorbringen nicht ergänzbare; RIS-Justiz RS0099618 [insb T17, T18]) Antrag auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass L* sich die Verletzungen zu II/A/ „selbst zugefügt haben kann“, schon deshalb sanktionslos abgewiesen werden, weil er nicht erkennen ließ, weshalb die Klärung des Beweisthemas (Möglichkeit einer Selbstverletzung) fallkonkret besonderes Fachwissen erfordern sollte oder damit die Täterschaft des Beschwerdeführers ausgeschlossen werden könnte (vgl US&nbsp;15&nbsp;f).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] Soweit die Mängelrüge (Z&nbsp;5 vierter Fall) zu I/A/ eine Überraschung durch die als gerichtsnotorisch angenommenen Reinheitsgrade der Suchtgifte (US&nbsp;7, 13) behauptet, übersieht sie die dazu ergangene Information des Rechtsmittelwerbers und seiner Verteidigung durch die in der Hauptverhandlung vorgetragene Anklageschrift (ON&nbsp;104, 2 iVm ON&nbsp;50, 1, 6 – RIS-Justiz RS0119094 [T1, T8]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§&nbsp;285d Abs&nbsp;1 StPO). Die Entscheidung über die Berufungen und die (impliziten) Beschwerden kommt dem Oberlandesgericht zu (§§&nbsp;285i, 498 Abs&nbsp;3 StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Der Kostenausspruch beruht auf §&nbsp;390a Abs&nbsp;1 StPO.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250121_OGH0002_0110OS00112_24S0000_000
Justiz
OGH
2025-02-03
2025-02-03
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250121_OGH0002_0110OS00112_24S0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250121_OGH0002_0110OS00112_24S0000_000/JJT_20250121_OGH0002_0110OS00112_24S0000_000.html
11Os112/24s
ECLI:AT:OGH0002:2025:0110OS00112.24S.0121.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat am 21.&nbsp;Jänner&nbsp;2025 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag.&nbsp;Marek als Vorsitzende, die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Bachner-Foregger sowie die Hofrätinnen und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag.&nbsp;Fürnkranz, Dr.&nbsp;Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag.&nbsp;Müller BSc als Schriftführerin in der Strafsache gegen * K* und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchgifthandels nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 fünfter Fall, Abs&nbsp;2 Z&nbsp;2, Abs&nbsp;4 Z&nbsp;3 SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten * W* und * S* sowie der Staatsanwaltschaft in Ansehung der Angeklagten W* gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 15.&nbsp;März&nbsp;2024, GZ&nbsp;20&nbsp;Hv&nbsp;77/23h-420, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den</span></p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.</p><p class="ErlText AlignLeft">Den Angeklagten W* und S* fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden – soweit hier von Bedeutung – * W* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 fünfter Fall, Abs&nbsp;4 Z&nbsp;3 SMG (I./C./3.) sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §&nbsp;27 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 erster und zweiter Fall, Abs&nbsp;2 SMG (I./E./2.) und * S* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 fünfter Fall, Abs&nbsp;2 Z&nbsp;2, Abs&nbsp;4 Z&nbsp;3 SMG, §&nbsp;15 StGB (I./A./3.), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 zweiter und dritter Fall, Abs&nbsp;2 Z&nbsp;2 SMG, §&nbsp;15 StGB (I./B./3.), der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §&nbsp;27 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 erster und zweiter Fall, Abs&nbsp;2 SMG (I./E./4./) sowie der Vergehen nach §&nbsp;4 Abs&nbsp;1 zweiter, dritter und vierter Fall NPSG (II./3./) schuldig erkannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Soweit zur Behandlung des Rechtsmittelvorbringens relevant, haben in L* und andernorts</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">I./ vorschriftswidrig Suchtgift</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">C./&nbsp;im Zeitraum von zumindest Herbst&nbsp;2021 bis 24.&nbsp;März&nbsp;2022 in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§&nbsp;28b SMG) übersteigenden Menge anderen teilweise durch gewinnbringenden Verkauf überlassen, und zwar</span></p><p class="ErlText AlignLeft">3./&nbsp;W*</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">3./1./&nbsp;durch zu I./C./1./ und insbesondere zu 1./2./ und 1./4./ beschriebenen Tathandlungen [nämlich durch Zurverfügungstellung ihrer Wohnung und eines Kellerabteils zwecks Lagerung der Suchtgifte; US&nbsp;7&nbsp;f] als Beitragstäterin (§&nbsp;12 dritter Fall StGB) [zu den Tathandlungen des O*, der im Zeitraum von Spätherbst&nbsp;2021 bis kurz vor dem 24.&nbsp;März&nbsp;2022 unbekannte Mengen Kokain/Mephedrongemisch, zumindest 150&nbsp;Gramm Methamphetamin, zumindest 1.000&nbsp;Gramm Amphetamin, zumindest 2.000&nbsp;Gramm Cannabiskraut, unbekannte Mengen Ecstasy-Tabletten und zumindest 80&nbsp;Gramm Kokain – überwiegend im Zusammenwirken mit Sa* – an großteils unbekannte Abnehmer verkaufte, wobei sie gemeinsam wiederholt die für den Verkauf benötigten Mengen an Suchtgift aus dem Kellerabteil der Wohnung der W* holten und in der Folge gewinnbringend an bislang unbekannte Abnehmer, weitere 1.000&nbsp;Gramm Amphetamin an einen unbekannten Abnehmer verkauften {C./1./2./} und weiters O* zumindest 50&nbsp;Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von 13,6&nbsp;% THCA und 1,04&nbsp;% Delta-9-THC, die er sich zuvor aus der Wohnung der K* aus den bei ihr gelagerten Beständen geholt hatte, an einen unbekannten Abnehmer übergab, wobei er dabei durchgehend von W* in deren Pkw chauffiert wurde; US&nbsp;7&nbsp;f {C./1./4./}] [und indem W* am 24.&nbsp;März&nbsp;2022 eine ihr von O* übergebene Tasche, die das auf US&nbsp;25&nbsp;f beschriebene Suchtgift in einer die Grenzmenge um das Fünfundzwanzigfache übersteigenden Menge enthielt, * Ob* überließ; US&nbsp;48&nbsp;f, 53];</span></p><p class="ErlText AlignLeft">3./2./&nbsp;seit Mitte August&nbsp;2021 bis kurz vor dem 29.&nbsp;März&nbsp;2022 wiederholt insgesamt unbekannte Mengen Cannabiskraut an * A*, teils zum Selbstkostenpreis, teils unentgeltlich zum Konsum;</p><p class="ErlText AlignLeft">3./3./&nbsp;seit Mitte August&nbsp;2021 bis 28.&nbsp;März&nbsp;2022 wiederholt unbekannte Mengen Cannabiskraut an * B* unentgeltlich zum Konsum;</p><p class="ErlText AlignLeft">3./4./&nbsp;seit Mitte August&nbsp;2021 bis Dezember&nbsp;2021 wiederholt unbekannte Mengen Amphetamin und Kokain an * D* unentgeltlich zum Konsum;</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">II./&nbsp;im Zeitraum von zumindest Dezember&nbsp;2021 bis 23.&nbsp;März&nbsp;2022 mit dem Vorsatz, daraus einen Vorteil zu ziehen, eine mit Verordnung gemäß §&nbsp;3 NPSG bezeichnete oder von einer gemäß §&nbsp;3 NPSG definierten chemischen Substanzklasse umfasste Neue Psychoaktive Substanz, nämlich zumindest 120&nbsp;Gramm Ketamin zahlreichen, großteils unbekannten Abnehmern mit dem Vorsatz überlassen, dass sie von diesen zur Erreichung einer psychoaktiven Wirkung im menschlichen Körper angewendet wird, wobei das Ketamin gewinnbringend verkauft und an im Inland und Ausland wohnhafte Abnehmer verschickt wurde, somit teils auch aus- und eingeführt, und zwar</span></p><p class="ErlText AlignLeft">3./&nbsp;S*, indem er</p><p class="ErlText AlignLeft">3./1./&nbsp;Anfang Jänner&nbsp;2022 gemeinsam mit O* und Sa* der K* als „Erstausstattung“ auch ca&nbsp;1.000&nbsp;Gramm Ketamin sowie die für ihre Aufgabe als Versenderin auch von Ketamin nötigen Utensilien wie Digitalwaagen, Polsterkuverts, Vakuumiergerät und Laptop samt Etikettendrucker überließ und sie in das Portionieren und Verpacken des Ketamins einwies;</p><p class="ErlText AlignLeft">3./2./&nbsp;im Zeitraum von etwa Mitte Jänner&nbsp;2022 bis 24.&nbsp;März&nbsp;2022 im Auftrag des abgesondert verfolgten R* zur Unterstützung von K* logistische Arbeiten wie die Besorgung von Briefmarken, Aceton, Einweghandschuhen und Digitalwaagen übernahm und teils zu K* brachte, wofür er mit insgesamt 1.000&nbsp;Euro entlohnt wurde.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Gegen dieses Urteil richten sich die von der Angeklagten W* auf §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;9 lit&nbsp;a StPO, vom Angeklagten S* auf §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;5a StPO und von der Staatsanwaltschaft auf §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;7 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">1./&nbsp;Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten W*:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Die allein gegen den Schuldspruch&nbsp;I./C./3./ gerichtete Rechtsrüge (Z&nbsp;9 lit&nbsp;a) ortet einen Rechtsfehler mangels Feststellungen zur subjektiven Tatseite, kritisiert insofern aber nur einzelne Passagen der beweiswürdigenden Erwägungen (US&nbsp;45). Sie übergeht solcherart die insofern maßgeblichen Konstatierungen auf US&nbsp;26&nbsp;f, wonach die Angeklagte die Tathandlungen im vollen Bewusstsein setzte, durch diese verbotene Suchtgifte in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge des §&nbsp;28b SMG übersteigenden Menge anderen zu überlassen bzw zu solchen Überlassungshandlungen des Angeklagten O* kausal beizutragen, und dies billigend in Kauf nahm, wobei sie der wiederkehrenden Überlassung und dem daraus resultierenden Additionseffekt von insgesamt das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge um mehr als übersteigenden Suchtgiftquanten bewusst gleichgültig gegenüberstand und auch in Bezug auf die von ihr an Ob* übergebene Stofftasche, in welcher sich [die auf US&nbsp;27 näher beschriebenen] Suchtgifte befanden, es zumindest ernsthaft für möglich hielt und sich billigend damit abfand, dass diese Tasche Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge um übersteigenden Menge enthielt. Solcherart verfehlt sie den im gesamten Urteilssachverhalt gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] Zum Schuldspruch&nbsp;I./E./2./ wurde – trotz des das gesamte Urteil umfassenden Aufhebungsantrags – kein Vorbringen erstattet (§§&nbsp;285 Abs&nbsp;1, 285a Z&nbsp;2 StPO).</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">2./&nbsp;Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S*:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Unter Hinweis auf eine – vom Angeklagten für Jänner&nbsp;2022 behauptete (ON&nbsp;359a S&nbsp;33) und im Urteil durchaus erwogene (US&nbsp;40 f) – behördliche Absonderung des Genannten wegen einer COVID-Infektion unternimmt die – erkennbar nur gegen den Schuldspruch&nbsp;II./3./ gerichtete – Tatsachenrüge (Z&nbsp;5a) nur den Versuch, die Glaubwürdigkeit jener Angaben der Angeklagten K* in Frage zu stellen (RIS-Justiz RS0106588), wonach sie die „Erstausstattung“ (auch) vom Angeklagten S* erhalten habe (US&nbsp;32&nbsp;ff). Solcherart werden keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der entscheidenden Feststellungen geweckt, sondern bloß die tatrichterlichen Beweiswürdigungserwägungen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen (§&nbsp;283 Abs&nbsp;1 StGB) Schuldberufung in Frage gestellt (zum Anfechtungsgegenstand des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes vgl RIS-Justiz RS0119583, RS0118780).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Zum übrigen Schuldspruch wurde – trotz des das gesamte Urteil umfassenden Aufhebungsantrags – kein Vorbringen erstattet (§§&nbsp;285 Abs&nbsp;1, 285a Z&nbsp;2 StPO).</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">3./&nbsp;Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] Die Staatsanwaltschaft behauptet, die Anklage wäre nicht erledigt (Z&nbsp;7), weil dem Urteilsspruch (§&nbsp;260 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 StPO) in Ansehung der Angeklagten W* nicht sämtliche, der Genannten im Anklagetenor (ON&nbsp;311) angelasteten Tathandlungen zugrundegelegt wurden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] Diese Kritik geht ins Leere, weil die im Urteilsspruch vermisste Tathandlung (Anklagevorwurf&nbsp;I./D./2./, siehe Anklageschrift ON&nbsp;311 S&nbsp;12 und 18 [Beförderung einer Tasche mit Suchtgift zu Ob*]) – wie die Beschwerde selbst einräumt – in den (mit dem Urteilsspruch eine Einheit bildenden [RIS-Justiz RS0098734, RS0099643]) Entscheidungsgründen ihren Niederschlag gefunden hat (US&nbsp;25&nbsp;f), wobei das Gericht den seitens der Staatsanwaltschaft als Verbrechen der Vorbereitung von Suchtgifthandel „nach §&nbsp;28 Abs&nbsp;1 erster, zweiter und dritter Fall sowie Abs&nbsp;2 SMG“ gewerteten Anklagepunkt&nbsp;I./D./2./ (vgl abermals ON&nbsp;311 S&nbsp;12 und 18) explizit als Tathandlung des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 fünfter Fall, Abs&nbsp;4 Z&nbsp;3 SMG (I./C./3./) beurteilte (US&nbsp;48&nbsp;f, 53). Von einer Nichterledigung der Anklage (Z&nbsp;7) kann daher keine Rede sein (RIS-Justiz RS0099643 [T1]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [10] Bleibt anzumerken, dass die (durch die Urteilsgründe beseitigte) Ungenauigkeit der Konkretisierung einer Tat im Referat der entscheidenden Tatsachen (§&nbsp;260 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 StPO) auch unter dem Blickwinkel der gebotenen Individualisierung (<span class="Kursiv">Ratz</span>, WK-StPO §&nbsp;281 Rz&nbsp;526) unproblematisch ist, weil eine spätere Verfolgung wegen einer „zwischen Herbst&nbsp;2021 und 24.&nbsp;März&nbsp;2022“ erfolgten Überlassung von Suchtgift nach dem Grundsatz „ne bis in idem“ ausgeschlossen ist (RIS-Justiz RS0098795, RS0120226; <span class="Kursiv">Lendl</span>, WK-StPO §&nbsp;260 Rz&nbsp;24; <span class="Kursiv">Ratz</span>, WK-StPO §&nbsp;281 Rz&nbsp;268).</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [11] Mit Blick auf §&nbsp;290 Abs&nbsp;1 zweiter Satz erster Fall StPO wird betreffend die Angeklagten O* (I./A./2./ und I./C./1./) und Sa* (I./A./4./ und I./C./2./) bemerkt, dass §&nbsp;28a Abs&nbsp;4 Z&nbsp;3 SMG eine besondere Art von Zusammenrechnungsgrundsatz darstellt, sodass gleichartige strafbare Handlungen derart qualifiziert stets nur ein einziges Verbrechen nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;4 Z&nbsp;3 SMG begründen (RIS-Justiz RS0117464 [T14]). Dementsprechend erfolgte – angesichts der Urteilsfeststellungen zum Vorliegen eines Additionsvorsatzes hinsichtlich sämtlicher Suchtgiftverkäufe (US&nbsp;23&nbsp;f und 26&nbsp;f) – die gesonderte Annahme jeweils eines durch Überlassen von (in den Wohn- und Kellerräumlichkeiten der W* gebunkerten) Kokain/Mephedrongemisch, Methamphetamin, Amphetamin, Cannabiskraut, Ecstasy und Kokain begangenen Verbrechens nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 fünfter Fall, Abs&nbsp;4 Z&nbsp;3 SMG, §&nbsp;15 StGB (I./C./1./ bzw I./C./2./) neben dem durch Versand von MDMA, Kokain, Cannabiskraut und Amphetamin an inländische Abnehmer begangenen Verbrechen nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 fünfter Fall, Abs&nbsp;2 Z&nbsp;2, Abs&nbsp;4 Z&nbsp;3 SMG, §&nbsp;15 StGB (I./A./2./ bzw I./A./4./) rechtsirrig.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [12] Diese Subsumtionsfehler (§&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;10 StPO) wirken sich aber nicht zum Nachteil der Angeklagten O* und Sa* aus, weil bei der Strafbemessung das „Zusammentreffen mehrerer Verbrechen mit Vergehen“ und ein „mehrfaches Überschreiten der Übermenge“ „bei den Fakten&nbsp;I./A./2./ und I./C./1./“ (O*; US&nbsp;56) bzw „bei den Fakten&nbsp;I./A./4./ und I./C./2./“ (Sa*; US&nbsp;56) dessen ungeachtet als erschwerend veranschlagt werden konnte (vgl <span class="Kursiv">Ratz</span>, WK-StPO §&nbsp;290 Rz&nbsp;22 und 24; RIS-Justiz RS0114927 [T16]).</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [13] In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur waren die Nichtigkeitsbeschwerden daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§&nbsp;285d Abs&nbsp;1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten W* und S* sowie der Staatsanwaltschaft folgt (§&nbsp;285i StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [14] Über eine Maßnahme gemäß §&nbsp;290 Abs&nbsp;1 zweiter Satz StPO in Ansehung des die Angeklagte * K* betreffenden Schuldspruch&nbsp;I./D./ entscheidet der Oberste Gerichtshof gesondert in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung (§&nbsp;285d Abs&nbsp;2 StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [15] Die Kostenentscheidung beruht auf §&nbsp;390a Abs&nbsp;1 StPO.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250121_OGH0002_0110OS00112_24S0000_001
Justiz
OGH
2025-02-03
2025-02-03
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250121_OGH0002_0110OS00112_24S0000_001
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11Os112/24s
ECLI:AT:OGH0002:2025:0110OS00112.24S.0121.001
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat am 21.&nbsp;Jänner&nbsp;2025 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag.&nbsp;Marek als Vorsitzende, die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Bachner-Foregger sowie die Hofrätinnen und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag.&nbsp;Fürnkranz, Dr.&nbsp;Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag.&nbsp;Müller BSc als Schriftführerin in der Strafsache gegen * K* und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten * W* und * S* sowie der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 15.&nbsp;März&nbsp;2024, GZ&nbsp;20&nbsp;Hv&nbsp;77/23h-420, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr.&nbsp;Geymayer, der Angeklagten * K* und ihres Verteidigers Mag.&nbsp;Schöppl zu Recht erkannt:</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch&nbsp;I./D./ der Angeklagten * K*, demzufolge auch in dem diese Angeklagte betreffenden Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und im Umfang der Aufhebung des Schuldspruchs zu I./D./ in der Sache selbst erkannt:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">* K* wird gemäß §&nbsp;259 Z&nbsp;3 StPO vom Vorwurf freigesprochen, sie habe am 23.&nbsp;März&nbsp;2022 im Rahmen einer kriminellen Vereinigung Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§&nbsp;28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz, dass es in Verkehr gesetzt werde, erworben und besessen, und zwar insgesamt 1.696,5&nbsp;Gramm Cannabiskraut (Reinheitsgehalt 13,6&nbsp;% THCA und 1,04&nbsp;% Delta-9-THC), 1.562,8&nbsp;Gramm MDMA, und zwar ca&nbsp;1.919&nbsp;Stück Ecstasy-Tabletten (ca&nbsp;767,6&nbsp;Gramm MDMA) mit der Prägung „Red Bull“ (Reinheitsgehalt 38&nbsp;% MDMA), 750,6&nbsp;Gramm MDMA (Reinheitsgehalt 73,8&nbsp;%), 30,1&nbsp;Gramm MDMA (Reinheitsgehalt 73,5&nbsp;%) sowie 4,8&nbsp;Gramm MDMA, 811,8&nbsp;Gramm Kokain, und zwar 645,2&nbsp;Gramm (Reinheitsgehalt 78,2&nbsp;%), 161,6&nbsp;Gramm (Reinheitsgehalt 77,2&nbsp;%) sowie 5&nbsp;Gramm, 439,7&nbsp;Gramm Amphetamin, und zwar 408,1&nbsp;Gramm (Reinheitsgehalt 45,01&nbsp;% Amphetamin), 13,3&nbsp;Gramm (Reinheitsgehalt 58,7&nbsp;% Amphetamin) und 18,3&nbsp;Gramm (Reinheitsgehalt 57,1&nbsp;% Amphetamin), das zu diesem Zeitpunkt in ihrer Wohnung bzw in ihrem Pkw zum Zwecke der Erfüllung ihrer Aufgabe als Drogenversenderin für die kriminelle Vereinigung deponiert war, bis zur Sicherstellung durch Beamte des Landeskriminalamts Oberösterreich.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Wegen der ihr weiterhin zur Last liegenden Verbrechen des Suchtgifthandels nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 fünfter Fall, Abs&nbsp;2 Z&nbsp;2, Abs&nbsp;4 Z&nbsp;3 SMG, §&nbsp;15 Abs&nbsp;1 StGB (I./A./1./) und nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 zweiter und dritter Fall, Abs&nbsp;2 Z&nbsp;2 SMG, §&nbsp;15 Abs&nbsp;1 StGB (I./B./1./) sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §&nbsp;27 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 erster und zweiter Fall, Abs&nbsp;2 SMG (I./E./1./) und nach §&nbsp;4 Abs&nbsp;1 zweiter, dritter und vierter Fall NPSG (II./1./) wird über die Genannte unter Anwendung des §&nbsp;28 StGB nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;4 Z&nbsp;3 SMG eine Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren und neun Monaten verhängt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß §&nbsp;38 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 StGB wird die Vorhaft vom 24.&nbsp;März&nbsp;2022, 00:00&nbsp;Uhr, bis 3.&nbsp;Juni&nbsp;2022, 10:45&nbsp;Uhr, auf die verhängte Strafe angerechnet.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Mit Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 15.&nbsp;März&nbsp;2024, GZ&nbsp;20&nbsp;Hv&nbsp;77/23h-420, wurde – soweit hier von Bedeutung – * K* je eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 fünfter Fall, Abs&nbsp;2 Z&nbsp;2, Abs&nbsp;4 Z&nbsp;3 SMG, §&nbsp;15 Abs&nbsp;1 StGB (I./A./1./) und nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 zweiter und dritter Fall, Abs&nbsp;2 Z&nbsp;2 SMG, §&nbsp;15 Abs&nbsp;1 StGB (I./B./1./), des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach §&nbsp;28 Abs&nbsp;1 erster und zweiter Fall, Abs&nbsp;2, Abs&nbsp;3 SMG (I./D./1./) sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §&nbsp;27 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 erster und zweiter Fall, Abs&nbsp;2 SMG (I./E./1./) und nach §&nbsp;4 Abs&nbsp;1 zweiter, dritter und vierter Fall NPSG (II./1./) schuldig erkannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Danach hat sie in L* und andernorts – soweit in diesem Verfahren von Relevanz –</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">I./&nbsp;vorschriftswidrig Suchtgift</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">A./&nbsp;von Dezember&nbsp;2021 bis zumindest Anfang April&nbsp;2022 bzw bis zur Festnahme am 24.&nbsp;März&nbsp;2022 in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§&nbsp;28b SMG) übersteigenden Menge im Rahmen einer kriminellen Vereinigung […] anderen durch gewinnbringenden Verkauf <span class="Unterstrichen">überlassen</span>, indem * R* im Darknet auf zumindest sechs Darknetmarktplätzen […] als Vendor im Zusammenwirken mit den übrigen Mitgliedern der kriminellen Vereinigung einen regen Suchtgifthandel trieb, und zwar</span></p><p class="ErlText AlignLeft">1./&nbsp;nachdem sie Anfang Jänner&nbsp;2022 als „Erstausstattung“ 5.500&nbsp;Stück Ecstasy-Tabletten mit der Prägung „Red Bull“ (Reinheitsgehalt 38&nbsp;% MDMA), ca&nbsp;200&nbsp;Gramm Kokain (Reinheitsgehalt zumindest 77,2&nbsp;% Cocain), zumindest 300&nbsp;Gramm MDMA als Stein (Reinheitsgehalt zumindest 73,8&nbsp;%), ca&nbsp;2.000&nbsp;Gramm Cannabiskraut (Reinheitsgehalt 13,6&nbsp;% THCA und 1,04&nbsp;% Delta-9-THC) und zumindest 1.000&nbsp;Gramm Amphetamin (Reinheitsgehalt zumindest 45,01&nbsp;% Amphetamin) und kurz nach dem 23.&nbsp;Februar&nbsp;2022 weitere ca&nbsp;390&nbsp;Gramm Kokain (Reinheitsgehalt zumindest 77,2&nbsp;% Cocain) und zumindest 1.500&nbsp;Gramm Cannabiskraut (Reinheitsgehalt 13,6&nbsp;% THCA und 1,04&nbsp;% Delta-9-THC), im Februar/März weitere ca&nbsp;1.000&nbsp;Gramm MDMA als Stein (Reinheitsgehalt 73,8&nbsp;%) und am 22.&nbsp;März&nbsp;2022 nochmals ca&nbsp;1.000&nbsp;Gramm Kokain (durchschnittlicher Reinheitsgehalt 77,7&nbsp;%) erhalten hatte, indem sie</p><p class="ErlText AlignLeft">1./1./&nbsp;im Zeitraum Anfang Jänner bis 23.&nbsp;März&nbsp;2022 zahlreiche auf den Darknetmarktplätzen des Vendors eingegangene Bestellungen – allein bis 14.&nbsp;Februar&nbsp;2022 gingen auf drei Darknetmarktplätzen […] 265&nbsp;Bestellungen ein – durch postalische Übermittlung der jeweils bestellten Suchtgifte an die Abnehmer bzw seit zumindest Anfang März&nbsp;2022 auch durch „Dead Drop“ (Hinterlegung der jeweils bestellten Suchtgiftmengen und Übermittlung der Koordinaten des Hinterlegungsortes an den jeweiligen Käufer) abwickelte, insgesamt zumindest 3.560&nbsp;Stück Ecstasy-Tabletten (ca&nbsp;1.424&nbsp;Gramm MDMA) mit der Prägung „Red Bull“ (Reinheitsgehalt 38&nbsp;% MDMA), zumindest 540&nbsp;Gramm MDMA in kristalliner Form [vom Stein] (Reinheitsgehalt zumindest 73,8&nbsp;%), ca&nbsp;700&nbsp;Gramm Kokain (Reinheitsgehalt zumindest 77,2&nbsp;%), zumindest 1.750&nbsp;Gramm Cannabiskraut (Reinheitsgehalt 13,6&nbsp;% THCA und 1,04&nbsp;% Delta-9-THC) und zumindest 500&nbsp;Gramm Amphetamin (Reinheitsgehalt zumindest 45,01&nbsp;% Amphetamin) an großteils unbekannte Abnehmer, wobei in den zu 1./1./1./ bis 10./ (auf US&nbsp;3&nbsp;f) angeführten Fällen an den dort angeführten Tagen Postsendungen an in- und ausländische Abnehmer mit den im Einzelnen angeführten Suchtgiften sichergestellt werden konnten;</p><p class="ErlText AlignLeft">1./2./&nbsp;am 2.&nbsp;März 2022 im Auftrag des * O* 250&nbsp;Gramm Cannabiskraut (Reinheitsgehalt 13,6&nbsp;% THCA und 1,04&nbsp;% Delta-9-THC) an die Insassen eines Pkw auf Kommission;</p><p class="ErlText AlignLeft">sowie jeweils abseits ihrer Mitwirkung an der obgenannten kriminellen Vereinigung</p><p class="ErlText AlignLeft">1./3./&nbsp;am 21.&nbsp;Dezember&nbsp;2021 ca&nbsp;3&nbsp;Gramm Kokain an * W* und * A* unentgeltlich zum Konsum;</p><p class="ErlText AlignLeft">1./4./&nbsp;seit Mitte August&nbsp;2021 bis kurz vor dem 21.&nbsp;Dezember&nbsp;2021 an W* wiederholt insgesamt unbekannte Mengen Kokain unentgeltlich zum Konsum;</p><p class="ErlText AlignLeft">1./5./&nbsp;zu einem unbekannten Zeitpunkt einem unbekannten jungen Mann eine geringe Menge Kokain unentgeltlich zum Konsum;</p><p class="ErlText AlignLeft">1./6./&nbsp;im Zeitraum Spätsommer&nbsp;2021 bis Ende&nbsp;2021 der * Sc* in mehreren Übergaben ca&nbsp;10&nbsp;Gramm Amphetamin sowie 2 bis 3&nbsp;Stück Ecstasy-Tabletten teils entgeltlich, teils unentgeltlich zum Konsum;</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">D./&nbsp;am 23.&nbsp;März&nbsp;2022 im Rahmen einer kriminellen Vereinigung in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§&nbsp;28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz, dass es in Verkehr gesetzt werde, erworben und besessen, und zwar insgesamt 1.696,5&nbsp;Gramm Cannabiskraut (Reinheitsgehalt 13,6&nbsp;% THCA und 1,04&nbsp;% Delta-9-THC), 1.562,8&nbsp;Gramm MDMA, und zwar ca&nbsp;1.919&nbsp;Stück Ecstasy-Tabletten (ca 767,6&nbsp;Gramm MDMA) mit der Prägung „Red Bull“ (Reinheitsgehalt 38&nbsp;% MDMA), 750,6&nbsp;Gramm MDMA (Reinheitsgehalt 73,8&nbsp;%), 30,1&nbsp;Gramm MDMA (Reinheitsgehalt 73,5&nbsp;%) sowie 4,8&nbsp;Gramm MDMA, 811,8&nbsp;Gramm Kokain, und zwar 645,2&nbsp;Gramm (Reinheitsgehalt 78,2&nbsp;%), 161,6&nbsp;Gramm (Reinheitsgehalt 77,2&nbsp;%) sowie 5&nbsp;Gramm, 439,7&nbsp;Gramm Amphetamin, und zwar 408,1&nbsp;Gramm (Reinheitsgehalt 45,01&nbsp;% Amphetamin), 13,3&nbsp;Gramm (Reinheitsgehalt 58,7&nbsp;% Amphetamin) und 18,3&nbsp;Gramm (Reinheitsgehalt 57,1&nbsp;% Amphetamin), das zu diesem Zeitpunkt in ihrer Wohnung bzw in ihrem Pkw zum Zwecke der Erfüllung ihrer Aufgabe als Drogenversenderin für die kriminelle Vereinigung deponiert war, bis zur Sicherstellung durch Beamte des Landeskriminalamts Oberösterreich.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten W* und S* sowie jene der Staatsanwaltschaft wurden mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom heutigen Tag zur GZ&nbsp;11&nbsp;Os&nbsp;112/24s-4, zurückgewiesen. Dabei hat der Oberste Gerichtshof die Ausübung der ihm nach §&nbsp;290 Abs&nbsp;1 zweiter Satz erster Fall StPO zukommenden Befugnis in Ansehung des * K* betreffenden Schuldspruchs&nbsp;I./D./ dem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vorbehalten.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Das (hier) Verbrechen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach §&nbsp;28 Abs&nbsp;1 erster und zweiter Fall, Abs&nbsp;2 und Abs&nbsp;3 SMG (vgl schon 13&nbsp;Os&nbsp;12/20v) wird (als Vorbereitungsdelikt im technischen Sinn) bei Tatbegehung in Ansehung derselben Suchtgiftmengen vom Verbrechen des Suchtgifthandels nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 fünfter Fall, (hier:) Abs&nbsp;2 Z&nbsp;2 und Abs&nbsp;4 Z&nbsp;3 SMG zufolge stillschweigender Subsidiarität verdrängt, sobald Letzteres wenigstens ins Versuchsstadium (§&nbsp;15 StGB) tritt (RIS-Justiz RS0113820 [T6, T7], RS0127080; <span class="Kursiv">Ratz</span> in WK<span class="Hoch">2</span> StGB Vor §§&nbsp;28 bis 31 Rz&nbsp;44; <span class="Kursiv">Schwaighofer</span> in WK<span class="Hoch">2</span> SMG §&nbsp;27 Rz&nbsp;107, §&nbsp;28 Rz&nbsp;29 und §&nbsp;28a Rz&nbsp;55).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] Inhaltlich der dem Schuldspruch&nbsp;I./A./1./ und I./D./ zugrunde liegenden Feststellungen (US&nbsp;20&nbsp;ff iVm US&nbsp;27&nbsp;f) erhielt die Angeklagte K* Anfang Jänner&nbsp;2022 die sogenannte „Erstausstattung“ und am 23.&nbsp;Februar&nbsp;2022, im Februar/März&nbsp;2022 sowie am 22.&nbsp;März&nbsp;2022 jeweils weitere Suchtgiftquanten zur Versendung an großteils unbekannte Abnehmer bzw zur Hinterlegung per „Dead Drop“, wobei sie die zu I./A./1./ genannten Taten im Rahmen einer tatbestandlichen Handlungseinheit zufolge fortlaufender Verwirklichung des Überlassens von Suchtgift mit „von Beginn an“ vorliegendem Vorsatz auf „wiederkehrende Überlassung und den daran angeknüpften Additionseffekt“ beging (US&nbsp;23&nbsp;f; RIS-Justiz RS0112225).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Betreffend den der Angeklagten K* (mit darauf bezogenem Inverkehrsetzungsvorsatz) angelasteten Besitz einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§&nbsp;28b SMG) übersteigenden („<span class="Unterstrichen">Rest</span>“-)Suchtgiftmenge am 23.&nbsp;März&nbsp;2022 (I./D./1./; US&nbsp;28) lassen die Entscheidungsgründe deutlich erkennen, dass sich der Vorwurf des Erwerbens und Besitzens dieser Suchtgiftmenge auf eben jene Suchtgiftquanten bezog, in Ansehung derer bereits das Verbrechen des Suchtgifthandels nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 fünfter Fall, Abs&nbsp;2 Z&nbsp;2 und Abs&nbsp;4 Z&nbsp;3 SMG, §&nbsp;15 StGB (I./A./1./) verwirklicht war, weshalb von Scheinkonkurrenz auszugehen war (vgl 13&nbsp;Os&nbsp;45/11h = RIS-Justiz RS0113820 [T6, T7], RS0126213 [T1], jüngst 14&nbsp;Os&nbsp;71/24h Rz&nbsp;14&nbsp;f; 14&nbsp;Os&nbsp;81/24d Rz&nbsp;11&nbsp;f).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Wie die Generalprokuratur zutreffend ausführt, erweist sich der Schuldspruch zu I./D./1./ auf dieser Basis daher als verfehlt (Z&nbsp;9 lit&nbsp;a vgl dazu 14&nbsp;Os&nbsp;71/24h Rz&nbsp;22) und war daher aufzuheben. Insoweit war auf Basis des Urteilssachverhalts in der Sache durch Freispruch zu entscheiden (<span class="Kursiv">Lendl</span>, WK-StPO §&nbsp;259 Rz&nbsp;9).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] Bei der damit erforderlichen Strafneubemessung waren das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen und Vergehen (§&nbsp;33 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 StGB), das mehrfache Überschreiten der „Übermenge“ beim Faktum&nbsp;I./A./1./, die Mehrfachqualifikation beim Faktum&nbsp;I./A./1./ erschwerend, mildernd das reumütige Geständnis (§&nbsp;34 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;17 StGB), die Unbescholtenheit (§&nbsp;34 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;2 StGB), der Umstand, dass es teilweise beim Versuch (§&nbsp;34 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;13 StGB) blieb sowie die teilweise objektive Schadensgutmachung durch Sicherstellung von Suchtgift, sodass unter zusätzlicher Berücksichtigung des hohen sozialen Störwerts insbesondere grenzüberschreitenden Suchtgifthandels eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von drei Jahren und neun Monaten angemessen ist.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] Die Anrechnung der Vorhaftzeiten beruht auf §&nbsp;38 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 StGB.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [10] Eine Kostenentscheidung hatte zu entfallen (RIS-Justiz RS0101558).</p></div></div></body></html>
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JJT_20250120_LG00007_05000R00115_24D0000_001
Justiz
Handelsgericht Wien
2025-01-29
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250120_LG00007_05000R00115_24D0000_001
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250120_LG00007_05000R00115_24D0000_001/JJT_20250120_LG00007_05000R00115_24D0000_001.html
50R115/24d
ECLI:AT:LG00007:2025:05000R00115.24D.0120.001
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Handelsgericht Wien hat als Berufungsgericht durch die Richter Mag.<span class="Hoch">a</span> Michlmayr (Vorsitzende), Mag.<span class="Hoch">a</span> Tassul und KR Dipl-HTL-Ing. Mag. (FH) Mag. Dr. Sittler in der Rechtssache der klagenden Parteien <span class="Fett">1. A*</span>, geb. am ** und <span class="Fett">2. B*</span>, beide **, **, beide vertreten durch Skribe Rechtsanwaelte GmbH in 1010 Wien, wider die beklagte Partei <span class="Fett">C* GmbH</span>, **, **straße **, 11. St., IZD Tower, vertreten durch Dr. Armin Bammer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, wegen EUR 500,-- samt Nebengebühren über die Berufung der klagenden Parteien gegen das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 27.5.2024, 19 C 562/23w-10, in nicht öffentlicher Sitzung den</p><p class="Abstand AlignJustify"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter"><span class="Fett">Beschluss</span></p><p class="Abstand AlignJustify"></p><p class="ErlText AlignJustify">gefasst:</p><p class="Abstand AlignJustify"></p><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:208px !important;">Der Berufung wird Folge gegeben.</p><p class="Abstand AlignJustify"></p><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:208px !important;">Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.</p><p class="Abstand AlignJustify"></p><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:208px !important;">Die Kosten des Berufungsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.</p><p class="Abstand AlignCenter"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter"><span class="Fett">Entscheidungsgründe:</span></p><p class="Abstand AlignCenter"></p><p class="ErlText AlignJustify">Die Kläger verfügen jeweils über eine bestätigte Buchung für Flug EJU 7622 mit dem planmäßigen Abflug am 25.06.2023 um 9:30 Uhr in ** (D*) und der planmäßigen Ankunft am 25.06.2023 um 11:15 Uhr in ** (**). Dieser Flug wurde annulliert. Die Bekanntgabe der Annullierung erfolgte weniger als zwei Wochen vor dem planmäßigen Abflugzeitpunkt.</p><p class="ErlText AlignJustify">Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab und verhielt die Kläger zum Ersatz der mit EUR € 757,04 bestimmten Verfahrenskosten der Beklagten.</p><p class="ErlText AlignJustify">Die auf den Seiten 3 bis 4 getroffenen Feststellungen beurteilte das Erstgericht rechtlich, soweit für das Berufungsverfahren noch relevant,</p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">dass das Flugzeug auf Grund der herrschenden Windverhältnisse aus Sicherheitsgründen nicht planmäßig in D* landen habe können, stelle damit einen außergewöhnlichen Umstand iSd Art 5 Abs 3 VO dar.</span></p><p class="ErlText AlignJustify">Ob und welche Maßnahmen das Luftfahrtunternehmen zu treffen habe, bestimme sich nach den Umständen des Einzelfalls. Es bestehe keine Verpflichtung, ohne konkreten Anlass Vorkehrungen, wie etwa das Vorhalten von Ersatzflugzeugen zu treffen. Selbst wenn außergewöhnliche Umstände vorlägen, sei das ausführende Luftfahrtunternehmen lediglich dann von der Haftung befreit, wenn es alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen habe, um die Umstände, die zur Annullierung geführt haben, zu vermeiden. Es gehe daher nicht um die Unvermeidbarkeit der Annullierung oder Verspätung, sondern der Umstände, die dazu geführt haben.</p><p class="ErlText AlignJustify">Die Darlegungs- und Beweislast für die fehlende Zumutbarkeit etwaig geforderter Maßnahmen trage nach allgemeinen Kriterien das beklagte Luftfahrtunternehmen. Es werde gefordert, dass Einzelheiten in zeitlicher, örtlicher und/oder technischer Hinsicht dargelegt werden.</p><p class="ErlText AlignJustify">Wenn die Ersatzbeförderung wesentlich später als drei Stunden nach der geplanten Ankunftszeit des annullierten Fluges erfolgt wäre, liege keine taugliche Maßnahme vor, die in der Lage sei, eine die Ausgleichsleistung auslösende Verspätung abzuwenden.</p><p class="ErlText AlignJustify">Wie sich aus den Feststellungen ergebe, habe keine zumutbare Möglichkeit einer zeitnahen Ersatzbeförderung bestanden. Aufgrund der festgestellten Wetterverhältnisse ergebe sich zudem, dass sich die Windgeschwindigkeiten und Böen im Laufe des Tages verstärkten, weshalb eine spätere Überführung des Flugzeugs mit noch größeren Schwierigkeiten verbunden gewesen wäre,im Vergleich zur ursprünglich geplanten Landung. Es sei der Beklagten nicht zumutbar bei noch schlechteren Verhältnissen den Versuch der Überstellung eines Flugzeugs zu unternehmen. Der Beklagten sei demnach der Entlastungsbeweis gelungen.</p><p class="ErlText AlignJustify">Gegen dieses Urteil richtet sich die <span class="Fett">Berufung der Kläger</span> wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (einschließlich sekundärer Feststellungsmängel) mit dem Antrag, das Urteil (allenfalls nach Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens) im klagsstattgebenden Sinne abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.</p><p class="ErlText AlignJustify"><span class="Fett">Die Beklagte</span> beantragt der Berufung keine Folge zu geben.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignJustify">Die Berufung ist im Sinne des Aufhebungsantrags <span class="Fett">berechtigt</span>.</p><p class="ErlText AlignJustify">Unter Wiedergabe erstgerichtlicher Feststellungen machen die Kläger zunächst deutlich, das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes nicht zu bekämpfen.</p><p class="ErlText AlignJustify">Die Beklagte habe vorliegend jedoch – entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichts - nicht sämtliche zumutbaren Maßnahmen ergriffen.</p><p class="ErlText AlignJustify">Die zumutbaren Maßnahmen seien in drei Ebenen prüfbar:</p><p class="ErlText AlignJustify">[1] Maßnahmen zur Vermeidung der außergewöhnlichen Umstände selbst;</p><p class="ErlText AlignJustify">[2] Maßnahmen zur Vermeidung einer daraus resultierenden Annullierung (bzw einer großen Verspätung); und</p><p class="ErlText AlignJustify">[3] Maßnahmen zur Vermeidung der unerwünschten Folgen der Annullierung (bzw einer großen Verspätung) für den einzelnen Fluggast.</p><p class="ErlText AlignJustify">Die Beklagte hätte den Flug verspätet durchführen können. Das Erstgericht bzw. die Beklagte würden die denkbar entferntesten Maßnahmen, wie den Einsatz einer Ersatzmaschine, der es hier ohnehin nicht bedurft hätte, ausschließen, nur um über die naheliegendste Maßnahme, der verspäteten Durchführung des Fluges (spätestens) am nächsten Tag mit der eingeplanten Maschine, hinwegzutäuschen.</p><p class="ErlText AlignJustify">Es komme überdies bei der Prüfung einer Umbuchung nicht darauf an eine Verspätung von unter 3 Stunden zu erreichen, sondern die Verspätung an sich zu reduzieren.</p><p class="ErlText AlignJustify">Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union muss das Luftfahrtunternehmen alles ihm Mögliche und Zumutbare tun, um zu vermeiden, dass es durch außergewöhnliche Umstände genötigt ist, einen Flug zu annullieren, oder, dass der Flug nur mit einer großen Verspätung durchgeführt werden kann, deren Folgen für den Fluggast einer Annullierung gleichkommen (EuGH 22.12.2008 C-549/07 Wallentin – Hermann/Al Italia; EuGH 4.5.2017 C-315/15, Pesková/Travel Service).</p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">Die angemessenen Maßnahmen, die einem Luftverkehrsunternehmen zuzumuten sind, um zu vermeiden, dass außergewöhnliche Umstände zu einer erheblichen Verspätung eines Fluges führen oder Anlass zu seiner Annullierung geben, sind jedoch im Einzelfall zu beurteilen. Dabei geht der EuGH von „einem flexiblen und vom Einzelfall abhängigen Begriff der zumutbaren Maßnahme“ aus, und weist dabei darauf hin, dass es Sache des nationalen Gerichts ist, zu beurteilen, ob im zu beurteilenden Fall angenommen werden kann, dass das Luftfahrtunternehmen die der Situation angemessenen Maßnahmen getroffen hat. Im Rahmen der Einzelfallprüfung muss der Tatrichter des nationalen Gerichts also situationsbedingt beurteilen, ob das betroffene Luftfahrtunternehmen auf technischer und administrativer Ebene in der Lage war, direkt oder indirekt Vorkehrungen zu treffen, die geeignet waren, die Folgen der Annullierung oder großen Verspätung zu verringern oder zu vermeiden (EuGH 4.5.2017 C-315/15, Schmid Beck-OK Fluggastrechte-VO (25. Edition), Art. 5, Rz 255 mwN).</span></p><p class="ErlText AlignJustify">Das Erstgericht gibt die bisherige ständige Rechtsprechung des Berufungsgerichts, wonach, dann, wenn die Ersatzbeförderung wesentlich später als drei Stunden nach der geplanten Ankunftszeit des annullierten Fluges erfolgt wäre, keine taugliche Maßnahme vorliegt, die in der Lage ist, eine die Ausgleichsleistung auslösende Verspätung abzuwenden (60&nbsp;R 62/20b, 1 R 48/21m, 50 R 28/22x, 60 R 103/22k, 1 R 55/24w, 50 R 76/24v; 1 R 169/24 k; 1 R 55/24w uva), zutreffend wider.</p><p class="ErlText AlignJustify">Diese Judikatur war von dem Argument getragen, dass Maßnahmen, die dem Luftfahrtunternehmen eine Durchführung des Fluges mit einer mehr als dreistündigen Verspätung erlauben, keine zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung einer Annullierung darstellen. Das – soweit die bisherige Judikatur - ergibt sich bereits daraus, dass nach der Rechtsprechung des EuGH bei derartigen Verspätungen über den Wortlaut der EU-Fluggast-VO hinaus, dieselben Ausgleichsleistungen zu erbringen sind wie bei der Annullierung, da sich die Lage der Fluggäste solch verspäteter Flüge kaum von der bei annullierten Flügen unterscheidet. Da sich das Luftfahrtunternehmen in diesem Fall folglich denselben Ansprüchen wie bei Annullierung aussetzt sind derartige Maßnahmen auch nicht zumutbar.</p><p class="ErlText AlignJustify">Dieser ständigen Judikatur folgend hat das Erstgericht in Ansehung der der Beklagten zumutbaren Maßnahmen, trotz darüber hinausgehender Beweisergebnisse, lediglich jene Feststellungen getroffen, die in Anwendung dieser Judikatur erforderlich waren (<span class="Kursiv">„Der Beklagten stand in D* kein Ersatzflugzeug zur Verfügung (./20). Eine Ersatzbeförderung der Kläger im Wege der Umbuchung, sodass die Kläger nicht wesentlich später als mit einer dreistündigen Verspätung an ihrem Endziel ankamen, war der Beklagten nicht möglich.“</span>), wobei es auf Basis dieser (bisherigen) Rechtsprechung das Klagebegehren folgerichtig abgewiesen hat.</p><p class="ErlText AlignJustify">Das Berufungsgericht sieht sich jedoch nunmehr va. im Lichte der Judikatur des EuGH veranlasst von dieser Rechtsprechung abzugehen, zumal der Begriff der zumutbaren und angemessenen Maßnahmen, die das Luftfahrtunternehmen zu treffen hat in jüngerer Zeit immer strengeren Anforderungen unterworfen wurde.</p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">Alle <span class="Fett">zumutbaren Maßnahmen</span> müssen ergriffen werden, <span class="Fett">auch wenn</span> dadurch die<span class="Fett"> Drei-Stunden-Grenze nicht unterschritten</span> wird. Zweck der Maßnahme ist es nach der Verordnung nämlich nicht, die Annullierung oder Verspätung zu vermeiden, sondern – wie oben (→ <span class="Unterstrichen">Rn. 259</span>) dargelegt – deren Folgen.Dabei ist die den Fluggast belastende Folge, dass der Fluggast „Ärgernissen und Unannehmlichkeiten“ ausgesetzt ist (körperliche Belastung durch die Verlängerung der Reisezeit etc), die <span class="Fett">vermieden oder verringert</span> werden sollen. Die Verordnung bestimmt aber nicht, dass dies nur für den Zeitraum vom max. drei Stunden gelten soll. Daher muss ein Luftfahrtunternehmen auch dann, wenn bei der Durchführung des ursprünglich geplanten Fluges die Drei-Stunden-Grenze überschritten werden sollte, alles Zumutbare tun, um diese Folgen a) zu vermeiden oder b) wenigstens zu verringern. Die schnellstmögliche Beförderung zum vereinbarten Endziel auch nach Überschreitung der 3-Stunden-Grenze kann die Unannehmlichkeit zumindest verringern (vgl. Schmid Beck-OK Fluggastrechte-VO (25. Edition), Art. 5, Rz 266mwN).</span></p><p class="Abstand AlignJustify"></p><p class="ErlText AlignJustify">Das Berufungsgericht übernimmt demnach, ohne die bisherigen Einschränkungen, die Judikatur, wonach es zu den gebotenen Maßnahmen gehört, dem Fluggast eine mögliche anderweitige direkte oder indirekte Beförderung mit einem Flug anzubieten, den das betroffene oder ein anderes Luftfahrtunternehmen durchführt <span class="Unterstrichen">und der mit weniger Verspätung als der nächste Flug des betreffenden Luftfahrtunternehmens ankommt, es sei denn, die Durchführung einer solchen anderweitigen Beförderung stellt für das betreffende Unternehmen angesichts seiner Kapazitäten zum maßgeblichen Zeitpunkt ein nicht tragbares Opfer dar.</span></p><p class="ErlText AlignJustify">Da - wie bereits erwähnt – das Erstgericht, trotz Vorliegen darüber hinausgehender Beweisergebnisse, im Vertrauen auf das Bestehen der bisherigen Judikatur des Berufungsgerichtes, keine weiteren Feststellungen getroffen hat, war die Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung unumgänglich.</p><p class="ErlText AlignJustify">Um die Parteien mit der nunmehr geänderten Rechtsansicht des Berufungsgerichtes nicht zu überraschen, wird auch den Parteien die Gelegenheit zu geben sein, im zweiten Rechtsgang weiteres Vorbringen, unter Außerachtlassung der bisherigen Rechtsprechung, zu erstatten. </p><p class="ErlText AlignJustify">Das Erstgericht wird demnach, nach abschließendem ergänzenden Vortrag der Streitteile, zusätzliche Feststellungen über die der Beklagten zumutbaren Maßnahmen zu treffen und diese in Folge einer rechtlichen Beurteilung zu unterziehen haben.</p><p class="ErlText AlignJustify">Lediglich zur Komplettierung sei schon jetzt, bezugnehmend auf den Vortrag in der Berufung, angemerkt, dass das Berufungsgericht die Ansicht vertritt, dass es einem Luftfahrtunternehmen ganz generell ein untragbares wirtschaftliches Opfer abverlangen würde, bei unklaren außergewöhnlichen Windverhältnissen, deren Ende nicht abzusehen ist, ein Fluggerät am Abflughafen des Vorfluges zu belassen, um dort abzuwarten bis sich die schwierigen, einer Landung am Abflughafen des betreffenden Fluges entgegenstehenden, Wetterverhältnisse wieder normalisieren, zumal in diesem Zusammenhang (ex ante) völlig unabsehbar war, wann eine Besserung dieser Wetterverhältnisse einsetzen würde.</p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">Der Umfang des Prozessstoffs und die nicht absehbaren Weiterungen des Verfahrens stehen einer Verfahrensergänzung durch das Berufungsgericht gemäß §&nbsp;496 Abs&nbsp;3 ZPO entgegen (RS0044905, RS0042125).</span></p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">Der Kostenvorbehalt gründet auf § 52 ZPO.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250120_OLG0459_0090BS00304_24F0000_001
Justiz
OLG Linz
2025-02-03
2025-02-03
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250120_OLG0459_0090BS00304_24F0000_001
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9Bs304/24f
ECLI:AT:OLG0459:2025:0090BS00304.24F.0120.001
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Einzelrichterin Mag. Kuranda in der Strafsache gegen <span class="Fett">A*</span> wegen des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach §&nbsp;287 Abs&nbsp;1 StGB über dessen Kostenbeschwerde gegen den Beschluss des Einzelrichters des Landesgerichts Wels vom 28.&nbsp;November 2024, GZ1*-28, entschieden:</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">In dem gegen A* bei der Staatsanwaltschaft Wels zu GZ2* geführten Ermittlungsverfahren wurde Dr.&nbsp;B*, LL.M., zum Sachverständigen bestellt und beauftragt, Befund und Gutachten zu den nach §§&nbsp;11, 21 Abs&nbsp;1 und 2 StGB relevanten Fragen, insbesondere zu der Frage der Zurechnungsfähigkeit des A* zur Tatzeit, einer allfällig vorliegenden schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung und aus medizinischer Sicht zu erwartenden Prognosetaten zu erstatten (ON&nbsp;4).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Am 16. Juli 2024 teilte der Angeklagte mit, dass er eine Zusammenarbeit mit dem Sachverständigen ablehne, daher einen Termin mit dem bestellten Sachverständigen nicht wahrnehmen und sich keiner Untersuchung unterziehen werde (ON&nbsp;7). Hierauf teilte die Staatsanwaltschaft dem Sachverständigen am 17.&nbsp;Juli 2024 mit, dass beim Landesgericht Wels die Durchführung einer Befundaufnahme und Gutachtenserstattung im Rahmen der Hauptverhandlung beantragt wird (ON&nbsp;8).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit Strafantrag vom 17. Juli 2024 legt die Staatsanwaltschaft dem A* die Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§&nbsp;15 Abs&nbsp;1, 269 Abs&nbsp;1 erster Fall StGB, der Nötigung nach §§&nbsp;15 Abs&nbsp;1, 105 Abs&nbsp;1 StGB sowie der Körperverletzung nach §&nbsp;83 Abs&nbsp;1 StGB zur Last (ON&nbsp;9).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">In der Hauptverhandlung vom 23. Oktober 2024 bekannte sich der Angeklagte zu den Tatvorwürfen schuldig.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mangels Mitwirkung des Angeklagten an einer medizinischen Anamneseerhebung (S 4 in ON 20a) erstattete der Sachverständige Dr.&nbsp;B* in der Hauptverhandlung aufgrund der Aktenlage ein Gutachten zu den Fragen des allfälligen Vorliegens der Voraussetzungen der §§&nbsp;11&nbsp;StGB, 21 Abs&nbsp;1 bzw Abs&nbsp;2 StGB und §&nbsp;287 StGB beim Angeklagten zum Tatzeitpunkt (ON&nbsp;20a).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit (gekürzt ausgefertigtem) Urteil vom 23. Oktober 2024 wurde A* des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach §&nbsp;287 Abs&nbsp;1 StGB schuldig erkannt und gemäß §&nbsp;389 Abs&nbsp;1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Mit Honorarnote vom 25. Oktober 2024 verzeichnete der Sachverständige Dr.&nbsp;B*, LL.M., Gebühren nach dem GebAG (im Wesentlichen) wie folgt:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Aktenstudium § 36&nbsp;EUR&nbsp;65,00</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Neurologisches Gutachten § 43 EUR&nbsp;43,90</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Psychiatrisches Gutachten § 43 in der Verhandlung&nbsp;EUR&nbsp;168,50</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Psychiatrisches Gutachten § 43 Erörterung nach § 11 StGB&nbsp;EUR&nbsp;283,30</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Psychiatrisches Gutachten § 43 Erörterung nach § 21 StGB&nbsp;EUR&nbsp;283,30</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Teilnahme an der Verhandlung € 49,00 pro Std&nbsp;EUR&nbsp;49,00</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Psychiatrisches Gutachten § 43 Erörterung nach § 287 StGB&nbsp;EUR&nbsp;283,30</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Zeitversäumnis § 32 und 30 km Entf., pro Std. € 32,90 EUR&nbsp;32,90</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Kilometer à 0,42 € ½ v 100km&nbsp;EUR&nbsp;21,00</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mühewaltung § 34 Abs 2&nbsp;EUR&nbsp;43,90</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">Barauslagen (Porto, Telefon, usw)</span>&nbsp;<span class="Unterstrichen">EUR</span>&nbsp;<span class="Unterstrichen">12,00</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Zwischensumme&nbsp;EUR&nbsp;1.286,10</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">20% MwSt</span>&nbsp;<span class="Unterstrichen">EUR</span>&nbsp;<span class="Unterstrichen">257,22</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gesamtsumme gerundet&nbsp;EUR&nbsp;1.543,00</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Gebührennote wurde dem Verteidiger sowie dem Revisor beim Landesgericht Wels zur allfälligen Äußerung binnen 14&nbsp;Tagen zugestellt (ON&nbsp;1.14).</p><p class="ErlText AlignLeft">Hierauf äußerte sich der Angeklagte im Wege seines Verteidigers mit Schriftsatz vom 26.&nbsp;November 2024, der darin ausführte, dass eine Überprüfung der Korrektheit der Gebührennote nicht möglich sei, weil der Gutachter hinsichtlich der relevanten Beträge jeweils in zwei Spalten einen Betrag und eine Zwischensumme und in einer dritten Spalte (ohne Bezeichnung) weitere Ziffern bzw Zahlen angeführt habe, die keinen Zweck aufweisen würden. Die Leistungen seien lediglich unter generellen Verweis auf „§&nbsp;43“ verzeichnet worden, ohne einen Absatz oder eine Ziffer zu bestimmen. Die Honorarnote würde daher nicht den Anforderungen einer transparenten oder nachvollziehbaren Abrechnung entsprechen, sodass die Berechtigung dieser geltend gemachten Kosten nicht nachvollzogen werden könne. Einen Antrag stellte der Angeklagte nicht (ON&nbsp;27). Der Revisor beim Landesgericht Wels erhob keinen Einwand gegen die antragsgemäße Bestimmung der Gebühren des Sachverständigen (ON&nbsp;26, 1).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit dem angefochtenen Beschluss vom 28. November 2024 bestimmte das Erstgericht die Gebühren des Sachverständigen Dr.&nbsp;B* , LL.M., antragsgemäß mit einem Betrag von EUR&nbsp;1.543,00 im Wesentlichen mit der Begründung, dass die vom Sachverständigen herangezogenen Ansätze für die Gebührennote sich aus den §§&nbsp;31, 32 Abs&nbsp;1, 34, 35, 36, 43 (Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 lit&nbsp;a, lit&nbsp;d und lit&nbsp;e) GebAG in Zusammenschau mit den jeweiligen Anmerkungen (Erhöhung der Beträge) ergeben würden. Gegen die Richtigkeit dieser Ansätze würden keine Bedenken bestehen. Die dem Sachverständigen zugesprochene Gebühr entspreche den im GebAG vorgesehenen Tarifsätzen und erbrachten Leistungen. Da die in §&nbsp;40 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;2 GebAG genannten Personen gegen die Bestimmung der Gebühr in der vom Sachverständigen beantragten Höhe keine Einwendungen erhoben haben, könne zur Begründung dieses Beschlusses gemäß §&nbsp;39 Abs&nbsp;3 GebAG auf den diesen Personen zugestellten Gebührenantrag verwiesen werden (ON&nbsp;28).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Dagegen erhob der Angeklagte mit Schriftsatz vom 12.&nbsp;Dezember 2024 Beschwerde, mit dem Antrag, den Beschluss aufzuheben und dem Sachverständigen aufzutragen, für eine ordnungsgemäße Verzeichnung der begehrten Kosten zu sorgen, damit diese entsprechend vom Verteidiger überprüft werden können und verwies auf seine zur Gebührennote des Sachverständigen abgegebenen Äußerung vom 26.&nbsp;November 2024, demnach die Kosten des Sachverständigen mangelhaft verzeichnet worden seien (ON&nbsp;29).</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die Beschwerde, zu der sich der Revisor nicht mehr geäußert hat, ist nicht berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Vorweg ist festzuhalten, dass entgegen den Ausführungen des Angeklagten die Honorarnote des Sachverständigen schlüssig und nachvollziehbar ist. Aus ihr ergibt sich, dass der Sachverständige Gebühren nach dem GebAG verzeichnet hat, worauf der Sachverständige in der Gebührennote hingewiesen hat. Der bloße Umstand, dass er bei den einzelnen Gebührenpositionen lediglich den §&nbsp;43 GebAG angeführt hat, ohne die Ziffer und die Littera dieser Bestimmung anzuführen, schadet nicht, weil sich aus dem dafür jeweils verzeichneten Betrag unzweifelhaft ergibt, welcher Leistung dieser zuzuordnen ist. So verzeichnete der Sachverständige für ein neurologisches Gutachten EUR&nbsp;43,90, was dem in §&nbsp;43 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 lit&nbsp;a GebAG angeführten Tarif entspricht. Für ein psychiatrisches Gutachten in der Verhandlung verzeichnete der Sachverständige EUR&nbsp;168,50, was wiederum dem Tarifansatz nach §&nbsp;43 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 lit&nbsp;d GebAG entspricht. Schließlich ergibt sich aus den insgesamt dreimal verzeichneten Beträgen von EUR&nbsp;283,30, dass die Erörterung der in Auftrag gegebenen Fragen nach §&nbsp;11 StGB, §&nbsp;21&nbsp;StGB und §&nbsp;287 StGB jeweils nach dem Tarif gemäß §&nbsp;43 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 lit&nbsp;e GebAG (jeweils idF BGBl&nbsp;II 2023/430 [Betragsanpassung durch VO]) abgerechnet wurden. Die Gebührennote weist insofern eine Besonderheit auf, als der Sachverständige nach jeder Person in einer links von den beanspruchten Gebühren angeführten Spalte eine Zwischensumme errechnet, was allerdings mit eigener Berechnung nachvollzogen werden kann und sich schon aus der Titulierung als „Zwischensumme“ ergibt. Die in der dritten Spalte angeführten Zahlen legen eindeutig dar, dass es sich dabei um die angeführten Stunden für Zeitversäumnis und Teilnahme an der Verhandlung (jeweils eine Stunde) bzw die Anzahl der gefahrenen Kilometer (50) handelt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Honorarnote des Sachverständigen entspricht daher dem Gesetz und bedurfte keiner Aufklärung.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß §&nbsp;39 Abs&nbsp;3 Z&nbsp;2 GebAG kann das Gericht, wenn es keine Bedenken gegen die Höhe der Gebühren hegt, bei Beschlussfassung in antragsgemäßer Höhe zur Begründung des Beschlusses auf den den Parteien zugestellten Gebührenantrag verweisen, wenn gegen die antragsgemäße Bestimmung der Gebühr keine Einwendungen erhoben wurden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Entscheidung über den zivilrechtlichen Anspruch des Sachverständigen soll – nach Möglichkeit unter Abkürzung allfälliger überflüssiger Rechtsmittelverfahren – in die erste Instanz verlagert werden, wofür in den §§&nbsp;38 bis 42 GebAG verfahrensrechtliche Sonderbestimmungen nach Art eines selbständigen (hier ins Strafverfahren implantierten) Zwischenverfahrens vorgesehen ist, welche grundsätzlich für alle Prozessarten gelten und alle sonstigen Verfahrensvorschriften, also auch jene der StPO, verdrängen. Die den Parteien einzuräumende Frist zur Äußerung zum Gebührenantrag des Sachverständigen und allenfalls erstatteten Einwendungen der Parteien haben im Gebührenbestimmungsverfahren die gleiche Funktion wie die Frist zur Klagebeantwortung und die Klagebeantwortung im Zivilprozess (RIS-Justiz RS0113541 [T2]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">§&nbsp;39 Abs&nbsp;3 GebAG kann nicht bloß als Begründungserleichterung für das Gericht bei unterbliebenen Einwendungen gegen den Gebührenantrag des SV interpretiert werden. Die unterbliebene Erstattung von Einwendungen gegen eine in den Tatsachenbereich fallende, disponible Gebührenposition – wie die Ermessensentscheidung über die Höhe des Stundensatzes – nimmt den Parteien das Rechtsschutzinteresse (die Beschwer) für das Rechtsmittel. Daran ändert auch nichts, dass im strafrechtlichen Beschwerdeverfahren kein Neuerungsverbot besteht (<span class="Kursiv">Krammer/Schmidt/Guggenbichler</span>, SDG-GebAG<span class="Hoch">4</span> § 39 E&nbsp;84).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Unterbleiben einer Äußerung der Parteien des Verfahrens hat also eine qualifizierte Bedeutung. War die Gebührenverzeichnung des Sachverständigen schlüssig und verstößt die Bestimmung der beanspruchten Gebühr nicht gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen, müssen die Parteien mit einer antragsgemäßen und abschließenden Gebührenbestimmung rechnen. Die Überprüfung des Gebührenantrages erstreckt sich dabei nur auf seine Schlüssigkeit, seine Übereinstimmung mit dem Akteninhalt sowie auf zwingende gesetzliche Bestimmungen (vgl <span class="Kursiv">Krammer/Schmidt/Guggenbichler</span>, SDG-GebAG<span class="Hoch">4</span> § 39 E&nbsp;91).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Da weder der Angeklagte noch der Revisor Einwendungen gegen die vom Sachverständigen verzeichneten Gebühren erhoben haben und der am Akteninhalt orientierte Gebührenantrag des Sachverständigen schlüssig ist und nicht gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen verstößt, konnte das Erstgericht die Gebühren antragsgemäß bestimmen.</p><p class="Abstand AlignCenter"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Rechtsmittelbelehrung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.</p></div></div></body></html>
null
JJT_20250117_OLG0459_0120RS00122_24H0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-27
2025-01-27
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250117_OLG0459_0120RS00122_24H0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250117_OLG0459_0120RS00122_24H0000_000/JJT_20250117_OLG0459_0120RS00122_24H0000_000.html
12Rs122/24h
ECLI:AT:OLG0459:2025:0120RS00122.24H.0117.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr.&nbsp;Barbara Jäger in der Sozialrechtssache der klagenden Partei <span class="Fett">A*</span>, geboren am **, **, vertreten durch Mag.&nbsp;Rainer Storch, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt<span class="Fett">, 1100 Wien</span>, Wienerbergstraße&nbsp;11, vertreten durch ihren Angestellten Mag.&nbsp;B*, <span class="Fett">wegen Versehrtenrente </span>(hier Bestimmung der Sachverständigengebühr), über den Rekurs des Sachverständigen <span class="Fett">Dr.&nbsp;C*</span>, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, **straße&nbsp;**, gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 12.&nbsp;November 2024, GZ*, beschlossen:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Dem Rekurs wird <span class="Fett">nicht Folge</span> gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Der Kläger wurde bei einem Arbeitsunfall verletzt und erhob gegen die Herabsetzung der Versehrtenrente eine Klage. Mit Beschluss vom 31.&nbsp;August 2023 bestellte das Erstgericht (ua) den Rekurswerber zum Sachverständigen und beauftragte ihn mit der Erhebung des Befundes und der Erstattung eines Gutachtens über die Änderung der Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers gegenüber den Vorverfahren sowie mit der Beurteilung einer allfälligen Vorschädigung (ON&nbsp;4).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">In Entsprechung dieses Auftrags untersuchte der Sachverständige als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie am 10.&nbsp;November 2023 den Kläger und führte im Rahmen seiner psychiatrischen Befunderhebung einen sogenannten Syndrom-Kurz-Test (kurz: SKT) zur Erfassung von Störungen der Aufmerksamkeit und Gedächtnisleistung durch. Aufgaben, die eine sprachliche Ausdrucksfähigkeit unter einer zeitlichen Begrenzung erforderten, waren nur bedingt verwertbar. Die Aufgaben, welche die Merk- und Gedächtnisleistung überprüften, waren im Normbereich (ON&nbsp;7.1 S&nbsp;11, S&nbsp;15). Für die Durchführung dieses Tests verzeichnete der Sachverständige - zusätzlich zur pauschalen Mühewaltungsgebühr nach §&nbsp;43 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 lit&nbsp;e GebAG für das psychiatrische Gutachten – eine nicht näher spezifizierte Gebühr in Höhe von EUR&nbsp;110,00 zuzüglich 20&nbsp;% USt (ON&nbsp;7.3).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Beklagte sprach sich in ihrer Äußerung gegen die kumulative Berücksichtigung dieser Gebühr für die testpsychologische Untersuchung aus, weil dieser Test ein standardisierter Fragebogen sei und als solcher integrierter Teil der Exploration und selbstverständliche Voraussetzung für die Erstattung eines fundierten psychiatrischen Gutachtens. Dieser Test sei mit der Pauschalgebühr für die Mühewaltung mit abgegolten (ON&nbsp;13).</p><p class="ErlText AlignLeft">Diese Einwendungen wurde dem Sachverständigen zur Gegenäußerung binnen 14&nbsp;Tagen zugestellt (ON&nbsp;14). Er äußerte sich aber nicht, sodass die genaue Ausgestaltung dieses Tests und die Höhe des begehrten Honorars im Dunkeln blieben.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das <span class="Fett">Erstgericht</span> bestimmte die Gebühren des Sachverständigen für die psychiatrische Untersuchung samt Befund und Gutachten nach §&nbsp;43 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 lit&nbsp;e GebAG mit EUR&nbsp;195,20 zuzüglich USt und lehnte eine gesonderte (zusätzliche) Honorierung der psychiatrischen Testuntersuchung ab. Dieser Test sei offenbar ein Fragebogentest und als solcher Teil der Befundaufnahme. Dass ein über einen standardisierten Fragebogen hinausgehender Test erforderlich gewesen und durchgeführt worden sei, habe der Sachverständige nicht dargelegt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Dagegen richtet sich der <span class="Fett">Rekurs des Sachverständigen</span> mit dem Abänderungsantrag auf Bestimmung seiner Gebühren im verzeichneten Ausmaß.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurs ist <span class="Fett">nicht berechtigt</span>.</p><p class="ErlText AlignLeft">1&nbsp;Der Sachverständige führt aus, der Kläger habe ein Schädel-Hirntrauma mit Gehirnprellung erlitten und eine Merkfähigkeitsstörung angegeben. Derartige Einschränkungen habe aber die klinisch-psychiatrische Untersuchung nicht ergeben und deshalb sei ein Screening Test zur Quantifizierung etwaiger Defizite erforderlich gewesen. Der SKT sei mit einem psychiatrischen Befund, bei welchem in einfacher Form durch Fragen oder einfache Aufgaben die Merk- und Konzentrationsfähigkeit beurteilt werde, nicht zu vergleichen. Der Test sei standardisiert und international anerkannt, dh jeder Arzt stelle die gleichen Testaufgaben und insofern sei das Gesamtergebnis auch vergleichbar. Das sei bei einem psychiatrischen Befund nicht der Fall, da jeder Arzt andere Fragen oder Aufgaben stelle. Die Aufgaben seien zudem in einer Untersuchungssituation nicht durchzuführen, da dafür verschiedene praktische Hilfsmittel notwendig seien. Der Syndrom-Kurz-Test beinhalte einen Koffer voller Bildvorlagen, auf denen sich verschiedene Aufgaben befänden und Würfel mit verschiedenen Ziffern; daraus würden neun Aufgaben gestellt und die Antworten zeitlich mit einer Stoppuhr erfasst, dokumentiert und anhand einer Tabelle ausgewertet. Die errechnete Summe ergebe dann einen Wert, der einen Rückschluss auf die kognitiven Defizite zulasse. Diesen Test als Fragebogen zu bezeichnen und einer psychiatrischen Untersuchung gleichzusetzen, sei medizinisch nicht nachvollziehbar.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">2.1&nbsp;Gemäß §&nbsp;39 Abs&nbsp;1 letzter Satz GebAG kann das Gericht vor der Gebührenbestimmung den Sachverständigen auffordern, sich über Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, zu äußern und, unter Setzung einer bestimmten Frist, noch fehlende Bestätigungen über seine Kosten vorzulegen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Diese Bestimmung sichert das rechtliche Gehör des Sachverständigen. Das Wort „kann“ ist in verfassungskonformer Interpretation als „muss“ zu verstehen und dient der Verbreiterung der Entscheidungsgrundlagen. Wird der Aufforderung nicht entsprochen, hat der Sachverständige die Nachteile – allenfalls den völligen Gebührenverlust – zu tragen. Das im Rechtsmittelverfahren geltende Neuerungsverbot hindert den Sachverständigen, Umstände, die er bereits in erster Instanz behaupten hätte können, im Rechtsmittel geltend zu machen (<span class="Kursiv">Krammer/Schmidt/Guggenbichler, </span>SDG&nbsp;–&nbsp;GebAG<span class="Hoch">4 </span> §&nbsp;39 GebAG Anm&nbsp;4, E&nbsp;36; RIS-Justiz RS0117521, vgl RS0119962).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Dies ist allerdings insofern zu konkretisieren, als sich die Folgen der Nichtäußerung auf Tatfragen beziehen. Nur die Geltendmachung von Umständen im Rekurs, die keine reinen Rechtsfragen darstellen, setzt voraus, dass sie Gegenstand einer vorherigen Äußerung waren (vgl RIS-Justiz RW0000402; <span class="Kursiv">Krammer/Schmidt/Guggenbichler, </span>SDG&nbsp;–&nbsp;GebAG<span class="Hoch">4 </span> §&nbsp;39 GebAG E&nbsp;48&nbsp;f).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">2.2&nbsp;Daraus folgt, dass im nunmehrigen Rekursverfahren der Syndrom-Kurz-Test als testpsychologische Untersuchung in Form eines standardisierten Fragebogen zu qualifizieren ist, wie von der Beklagten behauptet. Die im Rekurs nachgetragenen Erklärungen des Sachverständigen unterliegen dem Neuerungsverbot.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">3.1&nbsp;Die Gebühr für Mühewaltung nach §&nbsp;43 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 GebAG ist eine Gesamtgebühr für Befund und Gutachten, weshalb mit der Entlohnung für eine psychiatrische Untersuchung und Begutachtung auch jene psychodiagnostischen Tests, die integrierter Teil der Exploration und geradezu selbstverständliche Voraussetzung für die Erstattung eines fundierten psychiatrischen Gutachtens sind, abgegolten werden; derartige Tests sind daher in der Regel nicht gesondert zu vergüten (RIS-Justiz RS0059366).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Rechtsprechung reagierte auf die mit Februar 2007 in Kraft getretene Änderung der Ärzteausbildung und leitete daraus ab, dass vom psychiatrischen Sachverständigen selbst durchgeführte psychologische Testuntersuchungen gesondert zu entlohnen seien, weil die Fähigkeit zur Durchführung psychiatrisch-psychologischer Testuntersuchungen nicht weiterhin Ausbildungsinhalt des Fachgebiets Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin sei (OGH 12&nbsp;Os 22/10t; RIS-Justiz RS0125844). Das Rekursgericht folgte vorerst dieser neuen Judikatur undifferenziert zu verschiedenen psychodiagnostischen Testverfahren, knüpfte dann aber nach neuerlicher Änderung der Ärzteausbildung im Bereich des Sonderfachs Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin mit Jänner 2011 mit der Entscheidung 12&nbsp;Rs 71/11i wieder an die eingangs zitierte Rechtsprechung an, schrieb den Rechtssatz RIS-Justiz RS0059366 erneut fort und lehnte eine kumulative Honorierung ab (OLG Linz 12 Rs 106/11m, 11&nbsp;Rs 61/13i; vgl auch <span class="Kursiv">Krammer/Schmidt/Guggenbichler</span>, SDG-GebAG<span class="Hoch">4</span> §&nbsp;43 GebAG E&nbsp;74).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Der von <span class="Kursiv">Krammer</span> – im Hinblick auf die Loslösung der Psychologie und psychologischen Diagnostik von der Psychiatrie in Richtung einer Fächertrennung – dazu vorgebrachten Kritik (SV&nbsp;2012/1, 32) Rechnung tragend, begann das Rekursgericht in der Folge zwischen einfachen psychiatrischen Tests und solchen aufwändigen Testuntersuchungen, die nicht zur psychiatrischen Alltagspraxis gehören, zu differenzieren. Einfache und zur Alltagspraxis gehörende psychiatrische Tests in Form eines bloßen Fragebogens sind als unselbständige Bestandteile einer psychiatrischen Untersuchung nicht gesondert zu vergüten (OLG Linz 12&nbsp;Rs 105/19a). Es besteht kein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen.</p><p class="ErlText AlignLeft">3.2&nbsp;Jedenfalls unter der Prämisse (siehe Pkt&nbsp;2.2), dass es sich beim Syndrom-Kurz-Test um einen kurzen Fragebogentest zur Erfassung von Störungen der Aufmerksamkeit und Gedächtnisleistung handelt, muss somit der Rekurs erfolglos blieben. Inwieweit die Zuhilfenahme von Bildvorlagen und einer Stoppuhr die Beurteilung des SKT als aufwändige und für einen psychiatrischen Sachverständigen nicht alltägliche Untersuchung tragen könnte, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">4&nbsp;Der Revisionsrekurs ist gemäß §&nbsp;528 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;5 ZPO jedenfalls unzulässig.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250116_OLG0459_00400R00163_24D0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-27
2025-01-27
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250116_OLG0459_00400R00163_24D0000_000
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4R163/24d
ECLI:AT:OLG0459:2025:00400R00163.24D.0116.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignJustify">Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch den Senatspräsidenten Mag.&nbsp;Gerhard Hasibeder als Vorsitzenden sowie Mag. Stefan Riegler und MMag. Andreas Wiesauer in der Rechtssache der Kläger <span class="Fett">1. A* B*</span>, geb. **, Pensionist, **straße&nbsp;**, und <span class="Fett">2. C* B*</span>, geb. **, Pensionist, **-Weg**, beide vertreten durch die Holter-Wildfellner &amp; Partner Rechtsanwälte GmbH &amp; Co KG in 4710&nbsp;Grieskirchen, wider die Beklagte <span class="Fett">D*</span>, geb. **, Pensionistin, **straße&nbsp;**, vertreten durch die Korp Rechtsanwalts GmbH in 4770&nbsp;Andorf, <span class="Fett">wegen </span>(ausgedehnt)<span class="Fett"> EUR&nbsp;134.302,77 s.A. </span>über den Kostenrekurs der Kläger (Rekursinteresse: EUR&nbsp;5.563,58) gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 5. November 2024, GZ1*, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:47px !important;">Dem Kostenrekurs wird <span class="Fett">teilweise Folge</span> gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:47px !important;">Das angefochtene Urteil wird im Kostenpunkt dahin abgeändert, dass die Kostenentscheidung insgesamt wie folgt zu lauten hat:</p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:47px !important;"><span class="Kursiv">„3. Die Beklagte ist schuldig, den Klägern die mit EUR&nbsp;42.012,93 (darin enthalten EUR&nbsp;4.303,38 USt. und EUR&nbsp;16.192,68 an Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“</span></p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:47px !important;">Die Kläger sind schuldig, der Beklagten die mit EUR&nbsp;442,84 (darin enthalten EUR&nbsp;73,81 USt.) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14&nbsp;Tagen zu ersetzen.</p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:47px !important;">Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignCenter"><span class="Fett">BEGRÜNDUNG</span></p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;<span class="Fett">Die Kläger</span> begehrten mit am 13. Dezember 2023 eingebrachter Klage zunächst die Zahlung von insgesamt EUR&nbsp;129.660,91 s.A., dehnten das Klagebegehren anschließend auf zuletzt EUR&nbsp;134.302,77 s.A. aus und brachten hiezu im Wesentlichen vor, dem Erstkläger stehe unter Anrechnung von Vorempfängen ein Pflichtteilsanspruch iHv EUR&nbsp;61.162,75, dem Zweitkläger ein solcher im Ausmaß von EUR&nbsp;73.140,02 zu. Weitere Vorempfänge seien nicht anzurechnen.</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;<span class="Fett">Die Beklagte</span> bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte dagegen zusammengefasst ein, die Ansprüche der Kläger seien überhöht und hätten sich die Kläger weitere Vorausempfänge anrechnen zu lassen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">&nbsp;<span class="Fett">Mit dem </span>in der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 5.&nbsp;November 2024 mündlich verkündeten, im Kostenpunkt<span class="Fett"> angefochtenen Urteil</span> gab das Erstgericht dem Klagebegehren zur Gänze statt, verpflichtete die Beklagte zu vollem Kostenersatz gegenüber den Klägern dem Grunde nach und behielt sich die ziffernmäßige Bestimmung der schriftlichen Urteilsausfertigung vor. In der aufgrund nicht erfolgter Berufungsanmeldung ausgefertigter gekürzten Urteilsausfertigung gemäß §&nbsp;417a&nbsp;ZPO verpflichtete das Erstgericht die Beklagte zu einem ziffernmäßig festgestellten Prozesskostenersatz iHv EUR&nbsp;41.568,71 (darin enthalten EUR&nbsp;4.229,34 an USt. und EUR&nbsp;16.192,68 an Barauslagen).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">&nbsp;Begründend führte es – soweit für die Behandlung des Kostenrekurses von Relevanz – gestützt auf §&nbsp;41&nbsp;Abs&nbsp;1&nbsp;ZPO zusammengefasst aus, dass aufgrund der Einwendungen der Beklagten gegen die Kostennote der Kläger die als vorprozessuale Kosten geltend gemachte Vollmachtsbekanntgabe und der Antrag auf Aktenübersendung vom 3. November 2022 nicht nachvollzogen hätten werden können, zumal als Bescheinigungsmittel lediglich die Vollmachtsbekanntgabe sowie der Antrag auf Kostenübersendung der Kostennote angeschlossen worden sei, darin jedoch keinerlei Kosten verzeichnet worden seien. Ebensowenig seien die Kosten der Aushebung der Beilagen ./I-./S bescheinigt worden, sodass diesbezüglich kein Kostenzuspruch erfolgen habe können. Die verzeichneten elektronischen Akteneinsichten vom 17. und 27. Februar 2024, 22. März 2024 und 16.&nbsp;September 2024 seien aufgrunddessen, dass Anwälte ab der Vollmachtsbekanntgabe im Wege der elektronischen Akteneinsicht in das VJ-Register vollen Zugriff auf alle dort gespeicherten Daten, damit auf den gesamten Akteninhalt, hätten und seit dem ZZRÄG 2019 dafür keine Gebühr (mehr) anfalle sowie zufolge des Umstandes, dass elektronische Akteneinsichten durch den Einheitssatz abgegolten seien, nicht zu honorieren. Im Übrigen sei die nicht aufgetragene Stellungnahme der Kläger vom 15. April 2024 zum Fristerstreckungsantrag der Beklagten nicht zu honorieren, weil das Erstgericht bereits mit Beschluss vom 7. April 2024 über den Antrag der Beklagten entschieden habe. Hinsichlich der Akteneinsicht für das Verfahren des Bezirksgerichtes Schärding zu GZ2* hätten die Kläger nicht dargetan, warum sie diese Akteneinsicht durchgeführt hätten bzw. warum hiefür Kosten iHv EUR&nbsp;10,00 verzeichnet worden seien. Die Urkundenvorlagen der Kläger vom 3.&nbsp;und 6. Juni 2024 seien nicht vom Gericht aufgetragen gewesen, sondern laut Mitteilung in der Urkundenvorlage lediglich vom Sachverständigen und habe das Erstgericht hierüber keine Kenntnis gehabt, weshalb die Urkundenvorlagen nicht zu honorieren gewesen seien. Darüber hinaus seien aufgrund der vorzunehmenden Grobprüfung die von den Klägern verzeichneten Kosten für den Antrag auf Gutachtenserörterung samt aufgetragener Fragenliste nicht nach TP&nbsp;3A, sondern lediglich nach TP&nbsp;2 zu honorieren gewesen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;Dagegen richtet sich der <span class="Fett">Kostenrekurs</span> der Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Kostenentscheidung dahin abzuändern, dass den Klägern ein Kostenersatz von insgesamt EUR&nbsp;47.132,29, sohin ein weiterer Betrag im Ausmaß von <span class="Kursiv">[richtig]</span> EUR&nbsp;5.563,<span class="Unterstrichen">58</span> zugesprochen werde.</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Kostenrekurs keine Folge zu geben.</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Kostenrekurs ist <span class="Fett">teilweise berechtigt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">&nbsp;<span class="Unterstrichen">1.1.</span> Die gesonderte Vollmachtsbekanntgabe kann etwa dann als notwendig und zweckmäßig anzusehen sein, wenn sie – so wie hier – zur Erlangung einer objektiv erforderlichen elektronischen Akteneinsicht (§§&nbsp;89i,&nbsp;89o&nbsp;GOG) erfolgt (<span class="Kursiv">Obermaier</span>, Kostenhandbuch<span class="Hoch">4</span> Rz&nbsp;1.267 und 1.428). Die in casu von den Klägern im Verlassenschaftsverfahren begehrte Akteneinsicht in Form einer Aktenabschrift (ON&nbsp;49.3.1, S.&nbsp;1&nbsp;f) war ähnlich dem Antrag eines Pflichtteilberechtigten auf Inventarisierung dem Zweck gewidmet, eine Grundlage für die Berechnung des Pflichtteils zu geben. Die Vollmachtsbekanntgabe diente in diesem Fall somit unzweifelhaft der Vorbereitung des Pflichtteilsprozesses, sodass es sich hier um vorprozessuale Kosten handelt (vgl. <span class="Kursiv">Obermaier</span> aaO Rz&nbsp;4.109). Vollmachtsbekanntgaben stellen allerdings nur bloße Mitteilungen dar, weil sie inhaltlich nicht dazu bestimmt sind, zur Sache etwas beizutragen (vgl. <span class="Kursiv">Obermaier</span> aaO Rz&nbsp;1.283). Falls die Vollmacht noch nicht ausgewiesen ist, ist die Vollmachtsvorlage mit der Mitteilung, dass sie zu Zwecken der Akteneinsicht erfolgt, das billigste Mittel und nur nach TP&nbsp;1 RATG zu entlohnen (vgl. <span class="Kursiv">Obermaier</span> aaO Rz&nbsp;3.77).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;Den Klägern gebührt demnach zwar ein Kostenersatz für ihre vorprozessuale Vollmachtsbekanntgabe, allerdings lediglich auf Basis von TP&nbsp;1&nbsp;RATG, somit nur iHv EUR&nbsp;203,50 (EUR&nbsp;101,50 bei einer Bemessungsgrundlage von damalig EUR&nbsp;129.660,91 zzgl. 50&nbsp;% Einheitssatz, 10&nbsp;% Streitgenossenzuschlag, EUR&nbsp;2,10 an verzeichnetem ERV-Zuschlag und 20&nbsp;% USt.).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">&nbsp;<span class="Unterstrichen">1.2.</span> Barauslagen für Firmenbuchabfragen sind vom Einheitssatz gedeckt (RIS-Justiz RS0126887; RW0000668). Nichts anderes hat für ähnliche Abfragen aus anderen Datenbanken, wie hier etwa aus dem Grundbuch, zu gelten, weshalb das hiefür von den Klägern zufolge wiederholter Grundbuchabfragen angesprochene Honorar iHv insgesamt EUR&nbsp;110,00 (11 x EUR&nbsp;10,00) zu Recht nicht zuerkannt wurde. Wie bereits das Erstgericht mit Verweis auf Obermaier zutreffend festhielt, haben Anwälte nach dem aktuellen Stand der Technik ab Vollmachtsbekanntgabe u.a. in Cg-Sachen im Wege der elektronischen Akteneinsicht in das VJ-Register vollen Zugriff auf alle dort gespeicherten Daten, damit auf den gesamten Akteninhalt. Seit dem ZZRÄG 2019 fällt dafür keine Gebühr an. Die elektronische Akteneinsicht ist zudem durch den Einheitssatz abgegolten (<span class="Kursiv">Obermaier</span> aaO Rz&nbsp;1.429), weshalb auch die hiefür mehrfach angesprochenen EUR&nbsp;10,00 pro Abfrage (insgesamt EUR&nbsp;50,00) nicht zu honorieren sind. Daran vermag auch der klägerische Verweis auf den ÖRAK-Leitfaden zur Kostenpraxis nichts zu ändern, zumal diesem ähnlich wie den AHK nur empfehlender Charakter zukommt. Im Übrigen werden im von den Klägern offenbar herangezogenen Pkt.&nbsp;3.7. (s. ON&nbsp;49.3.1, S.&nbsp;12) nur elektronische Abfragen aus diversen Datenbanken, nicht aber elektronische Akteneinsichten explizit erwähnt. Ungeachtet dessen ist auch im primäre Bedeutung zukommenden RATG für ein Aktenstudium (eine Akteneinsicht) die Tarifpost 7 grundsätzlich nur anwendbar, wenn der Rechtsanwalt fremde Akten außerhalb der Kanzlei einsehen muss. Außerdem kommt eine besondere Entlohnung für Aktenstudium grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn dies aufgrund des besonderen Umfanges des Aktenmaterials gerechtfertigt erscheint. Ein Tarifansatz für ein Aktenstudium (eine Akteneinsicht) in der eigenen Kanzlei findet sich im RATG nicht (s. ausführlich zur Nichthonorierung elektronischer Akteneinsicht: OLG Linz 4&nbsp;R&nbsp;41/24p mwN).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;<span class="Unterstrichen">1.3.</span> Für Vertagungsbitten oder Fristerstreckungsanträge steht ebenso wie für Repliken darauf kein Kostenersatz zu, da diese idR ausschließlich in der Sphäre der jeweiligen Partei liegen und Gegenäußerungen im Gesetz nicht vorgesehen sind (<span class="Kursiv">Obermaier</span> aaO Rz&nbsp;1.266), sodass die von den Klägern verzeichneten Kosten für den Schriftsatz vom 15. April 2024 (ON&nbsp;32) nicht zugesprochen werden können.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">&nbsp;<span class="Unterstrichen">1.4.</span> Ein Ersatzanspruch besteht nur für jene Schriftsätze, die zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung notwendig waren. Auch an sich zulässige Äußerungen sind nicht schon deshalb zu honorieren, weil sie prozessual zulässig waren. Das prozessuale Recht, einen Schriftsatz einbringen zu dürfen, begründet keinen Honoraranspruch, und zwar auch nicht im Fall, dass seine Zurückweisung unterbleibt (<span class="Kursiv">Obermaier</span> aaO Rz&nbsp;3.52&nbsp;f). Selbst für eine Urkundenvorlage im gerichtlichen Auftrag gebührt Kostenersatz nur dann, wenn sie nicht anders, ohne diesen zusätzlichen Aufwand und ohne Nachteil mit demselben Ergebnis vorgenommen werden hätte können (OLG Linz 1&nbsp;R&nbsp;78/15v uva; <span class="Kursiv">Obermaier</span> aaO Rz&nbsp;3.68 [16]). Erfolgt mit einem (verspäteten) Schriftsatz eine Urkundenvorlage, so kann dieser jedoch allenfalls nach TP&nbsp;1&nbsp;RATG honoriert werden (<span class="Kursiv">Obermaier</span> aaO Rz&nbsp;3.55,&nbsp;3.68 [14]). Gleiches gilt für den Fall, dass ein Schriftsatz aufgetragen wird (z.B. eine nach TP&nbsp;1 zu honorierende Mitteilung oder Urkundenvorlage) und sodann – wie hier – in Auftragsüberschreitung auch ein Vorbringen erstattet wird. Der Schriftsatz ist daher nur so zu honorieren, wie wenn alleine dem Auftrag entsprochen worden wäre (<span class="Kursiv">Obermaier</span> aaO Rz&nbsp;3.59), weshalb die Urkundenvorlage vom 3. Juni 2024 (ON&nbsp;36) aufgrund des Ersuchens des Sachverständigen in seiner Eigenschaft als Hilfsorgan des Gerichts (vgl. RIS-Justiz RS0026316) zwar entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichts zu honorieren ist, jedoch nur nach TP&nbsp;1&nbsp;RATG. Den Klägern gebührt demnach ein zusätzlicher als vom Erstgericht zugestandener Kostenersatz iHv EUR&nbsp;240,72 (EUR&nbsp;120,00 bei einer Bemessungsgrundlage von damalig EUR&nbsp;129.660,91 zzgl. 50&nbsp;% Einheitssatz, 10&nbsp;% Streitgenossenzuschlag, EUR&nbsp;2,60 an ERV-Zuschlag und 20&nbsp;% USt.).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">&nbsp;Beim Schriftsatz vom 6. Juni 2024 (ON&nbsp;37), der zweiten Urkundenvorlage, handelt es sich jedoch um eine bloße Erweiterung des von den Klägern bereits mit Schriftsatz vom 3. Juni 2024 erstatteten Beweisanbots um eine weitere Urkunde. Wieso die Kläger diese Urkunde nicht auch mit der nur wenige Tage vorher eingebrachten Urkundenvorlage hätten vorlegen können, erschließt sich dem Rekursgericht nicht. Dieser verzeichnete Schriftsatz der Kläger verstößt damit gegen die Verbindungspflicht nach §&nbsp;41&nbsp;Abs&nbsp;1&nbsp;ZPO iVm §&nbsp;22&nbsp;RATG, erweist sich daher als nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig und ist somit nicht zu honorieren (8&nbsp;Ob&nbsp;46/09m; 3&nbsp;Ob&nbsp;129/16s).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">&nbsp;<span class="Unterstrichen">1.5.</span> In einem Antrag auf Erörterung eines Sachverständigengutachtens muss lediglich angegeben werden, welche Aufklärungen bzw. Erläuterungen des schriftlichen Gutachtens gewünscht werden. Für einen schlichten Antrag auf Ladung des Sachverständigen zur Erörterung gebührt nur TP&nbsp;1 RATG. Anträge auf Gutachtenserörterung mit (nicht vom Gericht aufgetragenen, wenngleich allenfalls freigestellten) Vorbringen zu den Themen honoriert die Rechtsprechung nach TP&nbsp;2 RATG, wobei in begründeten Fällen in komplexen Causen ein Zuschlag nach §&nbsp;21&nbsp;Abs&nbsp;1&nbsp;RATG gegeben werden kann, der die Höhe des Honorars nach TP&nbsp;3A RATG erreichen und übersteigen darf (<span class="Kursiv">Obermaier</span> aaO Rz&nbsp;3.65). Es trifft nun zwar zu, dass ein Teil der Rechtsprechung Anträge auf Gutachtenserörterung samt Fragenkatalog zumindest dann, wenn der Partei die Erstellung eines Fragenkatalogs aufgetragen wurde, als aufgetragenen Schriftsatz gemäß TP&nbsp;3.A.I.1.d&nbsp;RATG qualifiziert (2 Ob 162/10b = RIS-Justiz RS0126467; OLG Innsbruck 4 R 27/18d; 4 R 106/22b; 10 R 4/23y ua; in diesem Sinn auch noch OLG Linz 4&nbsp;R&nbsp;174/01p; 2 R 192/04z). Diese Ansicht nimmt allerdings nicht darauf Bedacht, dass es sich dabei um vorbereitende Schriftsätze handeln muss, die nach § 257 Abs 3 ZPO zulässig sind oder vom Gericht aufgetragen werden. Vorbereitende Schriftsätze iSd § 78 ZPO sind aber solche, die zur Vorbereitung einer mündlichen Verhandlung bestimmt sind, sich also auf den Prozessstoff beziehen. Sie haben die Anträge, welche die Partei in der mündlichen Verhandlung stellen will, und insbesondere eine Darstellung der Tatsachen- und Beweismittel zu enthalten, auf die sie sich zur Begründung ihrer Anträge stützt (<span class="Kursiv">Fasching</span>, Lehrbuch² Rz&nbsp;508). Der Auftrag, im Fall der Stellung eines Antrags auf Gutachtenserörterung eine Fragenliste anzuschließen, ist aber ebenso wie der Auftrag, die Anschrift eines Zeugen bekannt zu geben oder dergleichen, kein Auftrag zur Einbringung eines vorbereitenden Schriftsatzes iSd § 78 ZPO. Die Einbringung eines Fragenkatalogs an den Sachverständigen ist vielmehr vergleichbar mit der Einbringung eines (auch nach TP 2 RATG zu honorierenden) Beweisantrags, weil es um die konkrete Beweisaufnahme auf Basis des schon früher erstatteten Vorbringens geht (ausführlich dazu zuletzt ua OLG Linz 4 R 88/22x, 4 R 31/23s).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">&nbsp;Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des OLG Linz bedeutet der – hier vom Erstgericht erteilte – Auftrag zur Vorlage eines Fragenkatalogs für den Fall des Stellens eines Erörterungsantrags somit noch keine Entlohnung nach TP&nbsp;3.A.I.1.d&nbsp;RATG, da die Einbringung eines Erörterungsantrags nicht aufgetragen, sondern nur freigestellt wird. Aufgetragen wird iSd §&nbsp;357&nbsp;Abs&nbsp;2&nbsp;ZPO nur der Inhalt eines allfälligen Antrags, nicht jedoch die Einbringung eines Schriftsatzes (so auch <span class="Kursiv">Obermaier</span> aaO). Eine derart umfassende bzw. diffizile Leistung, die einen Zuschlag nach §&nbsp;21&nbsp;Abs&nbsp;1&nbsp;RATG rechtfertigen würde, haben die Kläger weder substanziell behauptet, noch bescheinigt, sodass der vom Erstgericht in diesem Punkt nach TP&nbsp;2 RATG reduziert vorgenommene Kostenzuspruch nicht zu korrigieren ist. Daran vermag auch das (erst) im Kostenrekurs erhobene Argument, dass für die Erstellung des Fragenkatalogs die Beiziehung eines Privatsachverständigen erforderlich gewesen sei, nichts zu ändern, zumal die Kosten hiefür – wie von den Klägern im Kostenrekurs auch zugestanden – ohnedies vom Erstgericht gesondert zuerkannt wurden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;Dem Kostenrekurs der Kläger war daher im Ausmaß von insgesamt EUR&nbsp;444,22 brutto teilweise Folge zu geben und die Kostenentscheidung des Erstgerichts entsprechend zu Gunsten der Kläger abzuändern.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">&nbsp;Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht aufgrund des nur verhältnismäßig geringfügigen Unterliegens der Beklagten im Rekursverfahren im Ausmaß von rund 8&nbsp;% auf §&nbsp;43&nbsp;Abs&nbsp;2 erster Fall ZPO iVm §&nbsp;50&nbsp;ZPO, wobei sie ihre Kosten nur auf Basis des obsiegten Betrages von EUR&nbsp;5.119,36 (RS0116722) und nur nach <span class="Kursiv">[richtig]</span> TP&nbsp;3A RATG zzgl. 60&nbsp;% Einheitssatz, 10&nbsp;% Streitgenossenzuschlag, EUR&nbsp;2,60 an ERV-Zuschlag und 20&nbsp;% USt. erhält.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">&nbsp;Gemäß §&nbsp;528&nbsp;Abs&nbsp;2&nbsp;Z&nbsp;3&nbsp;ZPO ist ein Revisionsrekurs gegen Entscheidungen über den Kostenpunkt jedenfalls unzulässig.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250116_OLG0459_00400R00001_25G0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-27
2025-01-27
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250116_OLG0459_00400R00001_25G0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250116_OLG0459_00400R00001_25G0000_000/JJT_20250116_OLG0459_00400R00001_25G0000_000.html
4R1/25g
ECLI:AT:OLG0459:2025:00400R00001.25G.0116.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch Senatspräsident Mag.&nbsp;Gerhard Hasibeder als Vorsitzenden sowie MMag.&nbsp;Andreas Wiesauer und Mag.&nbsp;Stefan Riegler in der Rechtssache der Klägerin <span class="Fett">A* GmbH, </span>FN **, **, vertreten durch die Kaiblinger Rechtsanwalts GmbH in Gunskirchen, gegen die Beklagte <span class="Fett">B* Oy, </span>**, Finnland, vertreten durch Dr.&nbsp;Lothar Hofmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR&nbsp;56.000,00 s.A., über den Rekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 28.&nbsp;November 2024, GZ*, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin binnen 14 Tagen die mit EUR&nbsp;2.243,04 (darin enthalten EUR&nbsp;373,84 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Klägerin begehrt mit ihrem Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehles Stornokosten in Höhe von EUR&nbsp;56.000,00 s.A. aus einem abgeschlossenen Kaufvertrag über LKWs. </p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen den am 11.&nbsp;September 2023 vom Bezirksgericht für Handelssachen Wien antragsgemäß erlassenen Europäischen Zahlungsbefehl (ON 2) erhob die Beklagte einen Einspruch (ON 4).</p><p class="ErlText AlignLeft">Das daraufhin für die Durchführung des Verfahrens von der Klägerin namhaft gemachte Erstgericht beraumte für den 19.&nbsp;Juni 2024 eine vorbereitende Tagsatzung an. Da für die Beklagte zur vorbereitenden Tagsatzung niemand erschien, erließ das Erstgericht am 19.&nbsp;Juni 2024 ein klagsstattgebendes Versäumungsurteil (ON&nbsp;18).</p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen das Versäumungsurteil erhob die Beklagte am 25. Oktober 2024 einen Widerspruch und beantragte, das Versäumungsurteil aufzuheben (ON 22). Am 26. November 2024 erhob die Beklagte überdies eine Berufung gegen das Versäumungsurteil (ON 27).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Widerspruch der Beklagten vom 25. Oktober 2024 gegen das Versäumungsurteil vom 19.&nbsp;Juni 2024 zurück, weil ein Widerspruch gemäß §&nbsp;397a Abs 1 ZPO grundsätzlich nur möglich sei, wenn die erste zu setzende Verfahrenshandlung versäumt werde und dies zu einem Versäumungsurteil führe, nicht aber, wenn eine weitere Verfahrenshandlung versäumt werde. Der Widerspruch des Beklagten gegen ein wegen Versäumung der vorbereitenden Tagsatzung erlassenes klagsstattgebendes Versäumungsurteil sei auch dann gemäß §&nbsp;442a Abs 1 Satz 2 ZPO ausgeschlossen, wenn zuvor Einspruch gegen einen Europäischen Zahlungsbefehl nach der EuMahnVO erhoben worden sei. Im konkreten Fall habe die Beklagte Einspruch gegen den Europäischen Zahlungsbefehl erhoben. Der Widerspruch sei daher unzulässig.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos aufzuheben, in eventu die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Klägerin erstattete eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag, dem Rekurs keine Folge zu geben.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurs ist nicht berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Rekurswerberin führt zusammengefasst aus, dass das Erstgericht übergangen habe, dass das Versäumungsurteil zur Zeit der Einbringung des Widerspruchs noch gar nicht zugestellt gewesen sei und zum Zeitpunkt der Entscheidung schon Berufung erhoben worden sei, sowie dass im Gerichtshofverfahren die Bestimmung, dass ein Widerspruch ausscheide, wenn zuvor ein Einspruch erhoben worden sei (§ 442a Abs 1 Satz 2 ZPO) nicht zur Anwendung komme.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Rekurswerberin ist zwar Recht zu geben, dass die Bestimmung des §&nbsp;442a Abs 1 Satz 2 ZPO, wonach ein Widerspruch gegen ein Versäumungsurteil ausgeschlossen ist, wenn in dem Verfahren bereits ein Einspruch gegen einen Zahlungsbefehl erhoben wurde, grundsätzlich nur im Verfahren vor den Bezirksgerichten Anwendung findet. Sie übersieht aber, dass dem Säumigen im Verfahren vor dem Gerichtshof gemäß §&nbsp;397a Abs 1 erster Halbsatz ZPO ein Widerspruch gegen ein Versäumungsurteil nur wegen nicht rechtzeitig erstatteter Klagebeantwortung zusteht. Alle anderen Versäumungsurteile, insbesondere solche wegen Versäumung der vorbereitenden Tagsatzung, können nicht mit Widerspruch bekämpft werden (<span class="Kursiv">Rechberger/Klicka</span> in <span class="Kursiv">Rechberger/Klicka</span><span class="Hoch">5</span> §&nbsp;397a ZPO Rz&nbsp;2; vgl auch <span class="Kursiv">Garber</span> in <span class="Kursiv">Höllwerth/Ziehensack, </span>ZPO-TaKom §&nbsp;397a Rz 5-7).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Da die Beklagte zuvor Einspruch gegen den Europäischen Zahlungsbefehl nach der EuMahnVO erhoben hat (vgl dazu auch 1 Ob 115/15s = SZ 2015/84), ist das Erstgericht zu Recht davon ausgegangen, dass ein Widerspruch gegen das in diesem Verfahren erlassene Versäumungsurteil von vorneherein unzulässig ist. Es kommt daher entgegen der Ansicht der Rekurswerberin weder darauf an, ob das Versäumungsurteil zum Zeitpunkt der Erhebung des Widerspruchs schon zugestellt war noch ob allenfalls unabhängig von einer Reihung der Rechtsbehelfe bzw Rechtsmittel zunächst über die von ihr eingebrachte Berufung zu entscheiden wäre.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Dem Rekurs musste aus diesen Gründen ein Erfolg versagt bleiben.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf den §§ 50, 41 ZPO.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Da die Bestätigung der Zurückweisung eines Widerspruchs gegen ein Versäumungsurteil der Bestätigung der Zurückweisung einer Klage nicht gleichzuhalten ist (RS0106997), ist der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250116_OLG0459_0070BS00003_25B0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-27
2025-01-27
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250116_OLG0459_0070BS00003_25B0000_000
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7Bs3/25b
ECLI:AT:OLG0459:2025:0070BS00003.25B.0116.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Dr. Gföllner als Vorsitzende, die Richterin Dr. Ganglberger-Roitinger sowie den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen <span class="Fett">A*</span> wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB über den Einspruch des A* gegen die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Salzburg vom 19.&nbsp;Dezember 2024, GZ1* (= ON&nbsp;52 in GZ2* des Landesgerichts Salzburg), in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Einspruch wird abgewiesen und die Rechtswirksamkeit der Anklageschrift festgestellt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die über A*, geboren am ** in **/Rumänien, verhängte Untersuchungshaft wird (nach Ende des Zwischenvollzugs) aus den Haftgründen der Flucht- und der Tatbegehungsgefahr nach §&nbsp;173 Abs&nbsp;1 und Abs&nbsp;2 Z&nbsp;1 und 3 lit&nbsp;a, b und c StPO fortgesetzt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Wirksamkeit dieses Haftfortsetzungsbeschlusses ist durch eine Haftfrist nicht mehr begrenzt.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit Anklageschrift vom 19. Dezember 2024 (ON&nbsp;52) legt die Staatsanwaltschaft Salzburg dem ** geborenen A* das Verbrechen des Mordes nach §§&nbsp;15, 75 StGB zur Last.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Demnach habe A* in den frühen Morgenstunden des 25. Oktober 2024 in ** vor dem Hauptbahnhof versucht, den am Boden liegenden B* durch das Versetzen von elf wuchtigen Tritten gegen dessen Kopf zu töten.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der am 2. Jänner 2025 dagegen erhobene Einspruch (ON 57), zu welchem sich die Oberstaatsanwaltschaft nicht äußerte, ist nicht berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Bei Erhebung eines Anklageeinspruchs hat das Oberlandesgericht die Zulässigkeit der Anklage und die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts von Amts wegen nach allen Richtungen auf das Vorliegen der Voraussetzungen zu prüfen (<span class="Kursiv">Birklbauer</span> in WK StPO §&nbsp;215 Rz&nbsp;4).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Einspruchsgrund des § 212 Z 1 StPO liegt nicht vor. Die Staatsanwaltschaft bringt eine mit gerichtlicher Strafe bedrohte Tat zur Darstellung. Der dem Angeklagten in der Anklageschrift zur Last gelegte Lebenssachverhalt ist – wenn er sich so ereignet haben sollte, also hypothetisch als erwiesen angenommen (<span class="Kursiv">Birklbauer</span> in WK StPO §&nbsp;212 Rz&nbsp;4) – dem in der Anklageschrift bezeichneten Tatbestand, nämlich dem Verbrechen des Mordes nach §§&nbsp;15, 75 StGB, zu subsumieren. Das im Einspruch in Frage gestellte Vorliegen eines (zumindest) bedingten Tötungsvorsatzes ist eine Tatfrage, die in der Anklage bejaht wurde und deren indiziertes Vorliegen vom erkennenden Geschworenengericht in freier Beweiswürdigung nach Durchführung einer Hauptverhandlung zu beurteilen sein wird.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Ausgehend von den (mit der Aktenlage korrelierenden) Sachverhaltsannahmen der Staatsanwaltschaft, wonach der Anklagte und ein ihn begleitender unbekannter Täter mit B* in Streit gerieten seien, aus dem sich bald eine Schlägerei entwickelt habe, und es dem unbekannten Mit- bzw Vortäter gelungen sei, B* durch einen Schulterwurf auf die Gehsteigkante einer Busleiste kampfunfähig zu machen, ist der vom Einspruchswerber reklamierte Rechtfertigungsgrund der Notwehr (§ 3 StGB) nicht indiziert. Ein eine Notwehrsituation begründender Angriff iSd § 3 Abs 1 erster Satz StGB ist nur so lange noch gegenwärtig, als er nicht aufgegeben oder bezwungen wurde oder misslungen ist (RIS-Justiz RS0088813 [T1]). Konkret ist der vorliegenden Videoaufzeichnung zu entnehmen, dass nach zunächst von B* gegenüber dem Angeklagten gesetzten Tätlichkeiten Ersterer zurückwich, sich sodann der Angeklagte auf diesen zubewegte und sich eine Schlägerei zwischen diesem und dem nunmehr auch herbeieilenden unbekannten Täter entwickelte, wobei sich B* nach einem Schulterwurf durch den unbekannten Täter auf die Gehsteigkante kaum mehr bewegte und sich nicht mehr aufrichtete (Videosequenz ON 2.26 Minute 00.32 bis 00.44). Die vom Angeklagten sodann dem B* versetzten Fußtritte gegen den Kopf erfolgten sohin zu einem Zeitpunkt, als dessen Angriff bereits beendet war.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Ein Zustand voller Berauschung des Angeklagten ist nach der Aktenlage auch nicht anzunehmen (vgl Alkoholvortest ON&nbsp;2.16, 3, Sachverständigengutachten ON&nbsp;48.2, 28).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Einspruchsgründe der nicht hinreichenden Verurteilungswahrscheinlichkeit und Sachverhaltsklärung (§&nbsp;212 Z&nbsp;2 und Z&nbsp;3 StPO) sind ebenfalls nicht verwirklicht.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Eine Einstellung des Verfahrens nach §&nbsp;215 Abs&nbsp;2 StPO iVm §&nbsp;212 Z&nbsp;2 StPO kommt nur dann in Betracht, wenn das Oberlandesgericht zur Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte der inkriminierten Tat keinesfalls überwiesen werden könne, wenn somit Dringlichkeit und Gewicht des Tatverdachts trotz eingehender Ermittlungen nicht ausreichen, bei lebensnaher Betrachtung eine Verurteilung auch nur (entfernt) für möglich zu halten (<span class="Kursiv">Birklbauer</span> in WK StPO §&nbsp;212 Rz&nbsp;18). Beim ausermittelten Sachverhalt kommt dem Oberlandesgericht gleichsam eine Missbrauchskontrolle nur in jenen Fällen zu, in denen die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt, obwohl so gut wie überhaupt keine Verurteilungsmöglichkeit besteht; andernfalls ist über die erhobenen Vorwürfe im Zuge der Hauptverhandlung zu entscheiden (<span class="Kursiv">Birklbauer</span> in WK StPO §&nbsp;212 Rz&nbsp;19). Eine (vorläufige) Zurückweisung der Anklageschrift (§&nbsp;215 Abs&nbsp;3 StPO aus dem Grund des §&nbsp;212 Z&nbsp;3 StPO) kommt hingegen dann in Betracht, wenn die Staatsanwaltschaft von weiteren möglichen Erhebungen Abstand nimmt und auf Basis eines nicht hinreichend geklärten und ausermittelten Sachverhalts anklagt (<span class="Kursiv">Birklbauer</span> in WK StPO §&nbsp;212 Rz&nbsp;14). Der Einspruchsgrund des §&nbsp;212 Z&nbsp;3 StPO ist nicht gegeben, wenn bei Gegenüberstellung sämtlicher belastenden und entlastenden Verdachtsmomente sowie unter Mitberücksichtigung indizierter Rechtfertigungs-, Schuldausschließungs-, Strafausschließungs- und Strafaufhebungsgründe sowie Verfolgungshindernisse mit einfacher Wahrscheinlichkeit ein Schuldspruch zu erwarten ist (<span class="Kursiv">Birklbauer</span> in WK StPO §&nbsp;212 Rz&nbsp;15).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Nach diesen Grundsätzen ist der Sachverhalt als hinreichend ermittelt zu beurteilen. Die in der Anklageschrift angeführten relevanten Beweismittel können gesamthaft überblickt werden. Schulderhebliche Beweisaufnahmen stehen den Ausführungen im Anklageeinspruch zuwider nicht aus. Abgesehen davon, dass der Sachverständige ohnedies die Kausalität der einzelnen (von den Zeugen geschilderten und dem Video aufgezeichneten) Tathandlungen für die Verletzungen der davon jeweils betroffenen Körperregionen bejaht hat (ON 45.2, 27), betrifft die Frage, welche Verletzung durch welche Tathandlung eingetreten ist, angesichts des Umstands, dass dem Angeklagten nur eine versuchte Tat vorgeworfen wird, keine schuld- oder subsumtionsrelevante Tatsache (idS RIS-Justiz RS0122138 [T1 und T5]). Eine ergänzende Fragestellung an den Sachverständigen ist somit nicht erforderlich.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Dringlichkeit und Gewicht des Tatverdachts reichen aus, um eine Verurteilung des Angeklagten für möglich zu halten (zu diesem Maßstab des §&nbsp;212 Z&nbsp;2 StPO: <span class="Kursiv">Birklbauer</span> in WK StPO §&nbsp;212 Rz&nbsp;18; <span class="Kursiv">Kirchbacher, </span>StPO<span class="Hoch">15</span> §&nbsp;212 Rz&nbsp;4). Der Tatverdacht ist fallbezogen sogar zur qualifizierten Dringlichkeit verdichtet.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Sachverhaltsannahmen zum äußeren Tatgeschehen gründen insbesondere auf der sichergestellten Videoaufzeichnung (ON&nbsp;2.26), aber auch den Angaben der ein Eintreten auf den am Boden liegenden B* beobachtenden Zeugen C* (ON 2.13), D* (ON 2.14) und E* (ON 47.16) in Verbindung mit den in den Krankenunterlagen dokumentierten Verletzungen des B* und dem medizinischen Gutachten zur Vereinbarkeit des Verletzungsbilds mit den Fußtritten gegen den Kopf des B* (ON&nbsp;45.2, 27), wobei der Angeklagte auch einräumte, diesen drei- bis viermal mit dem Fuß getreten zu haben (ON&nbsp;4.2, 2). Zur behaupteten Notwehrsituation ist auf die Ausführungen im Zusammenhang mit dem Einspruchsgrund des §&nbsp;212 Z 1 StPO zu verweisen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Sachverhaltsannahmen zur subjektiven Tatseite können methodisch unbedenklich aus dem äußeren Tatgeschehen abgeleitet werden (RIS-Justiz RS0098671, RS0116882). Der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wollen oder Wissen ist rechtsstaatlich vertretbar und bei leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch auch gar nicht zu ersetzen. Die Art der Tathandlung von elf wuchtigen Tritten gegen den verletzungssensiblen Kopf lässt auch Einblutungen und auch schwerwiegende Knochenverletzungen bzw innere Verletzungen befürchten und indiziert hochwahrscheinlich, dass der Angeklagte solcherart zumindest billigend den Tod des B* in Kauf nahm.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Ob und inwieweit sich der unter Anklage gestellte Tatverdacht auch zu einem Schuldnachweis verdichten lässt, wird das erkennende Geschworenengericht nach den das Strafverfahren beherrschenden Grundsätzen der Unmittelbarkeit, Mündlichkeit und freien richterlichen Beweiswürdigung zu beurteilen haben (vgl <span class="Kursiv">Birklbauer</span> in WK StPO §&nbsp;212 Rz&nbsp;19).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Auch die Einspruchsgründe nach §&nbsp;212 Z 4 bis 8 StPO liegen nicht vor. Insbesondere ruft die Staatsanwaltschaft Salzburg als berechtigte öffentliche Anklägerin aufgrund des im Sprengel des Landesgerichts Salzburg gelegenen Tatorts das nach §&nbsp;36 Abs&nbsp;3 StPO örtlich und nach §&nbsp;31 Abs 2 Z 1 StPO sachlich zuständige Landesgericht als Geschworenengericht an.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Einspruch war daher abzuweisen und die Rechtswirksamkeit der Anklageschrift festzustellen (§ 215 Abs 6 StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Anklageeinspruch eines in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten verpflichtet das Oberlandesgericht zu einer amtswegigen Entscheidung über die Haft (§ 214 Abs 3 StPO). Dies auch dann, wenn der Angeklagte sich - kurzfristig - in Zwischenhaft befindet, wodurch der zuletzt gefasste Untersuchungshaftbeschluss bloß temporär seine Wirksamkeit verliert (vgl <span class="Kursiv">Nimmervoll</span> in RZ 2013, 260 ff; RIS-Justiz RS0097798).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Über den Angeklagten wurde am 27. Oktober 2024 die Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 1 und 2 Z 1 und 3 lit a, b und c StPO verhängt (ON 6). Vom 31. Oktober 2024, 13.04 Uhr, bis 30. Dezember 2024, 13.04 Uhr, war die Untersuchungshaft aufgrund der Vollziehung der vom Bezirksgericht Salzburg zu GZ3* verhängten Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 60 Tagen unterbrochen (ON 24 und ON 60.2). Seit 13.&nbsp;Jänner 2025, 14.31 Uhr, bis (voraussichtlich) 30. Jänner 2025, 04.31 Uhr, befindet sich der Angeklagte erneut wegen mehrerer Verwaltungsstrafen im Zwischenvollzug (ON 63 bis 67).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß § 173 Abs 1 StPO erfordert die Verhängung und Fortsetzung der Untersuchungshaft in materieller Hinsicht einen dringenden Tatverdacht, das Vorliegen zumindest eines der in Abs&nbsp;2 leg cit angeführten Haftgründe und Verhältnismäßigkeit (vgl <span class="Kursiv">Kirchbacher</span>, StPO<span class="Hoch">15</span>&nbsp;§&nbsp;173 Rz&nbsp;2). Die an sich angebrachte Haft wird (auch) durch die Anwendung eines oder mehrerer gelinderer Mittel verdrängt, wenn diese geeignet sind, die Haftzwecke zu erreichen (<span class="Kursiv">Kirchbacher</span> aaO Rz&nbsp;16).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Voranzustellen ist, dass an den nach §&nbsp;173 Abs&nbsp;1 StPO erforderlichen dringenden Tatverdacht höhere Anforderungen zu stellen sind als an die im Rahmen des §&nbsp;212 Z&nbsp;2 StPO zu prüfende Verurteilungsmöglichkeit. Wie in Erledigung des Anklageeinspruchs dargestellt, ist die angenommene Verdachtslage zur inkriminierten strafbaren Handlung auch qualifiziert dringend iSd §&nbsp;173 Abs&nbsp;1 StPO.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Fluchtgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 StPO ist weiterhin anzunehmen, weil der Angeklagte im Inland nicht sozial integriert ist und auch über keinen Wohnsitz in Österreich verfügt. Berücksichtigend zudem die im Falle einer Verurteilung von ihm zu erwartende Freiheitsstrafe bei einem Strafrahmen des § 75 StGB von zehn bis zu zwanzig Jahren oder lebenslanger Freiheitsstrafe ist konkret zu befürchten, er könne versuchen unterzutauchen oder sich anderweitig dem Verfahren entziehen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gesetzeskonform ging das Erstgericht auch vom Vorliegen des Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr nach §&nbsp;173 Abs&nbsp;1 und 2 Z&nbsp;3 lit a StPO aus. Dieser setzt als Anlasstat wie als Prognosetat jeweils eine Tat mit schweren Folgen voraus, deren Begehung -&nbsp;ungeachtet des gegen den Angeklagten geführten Strafverfahrens&nbsp;- aufgrund bestimmter Tatsachen befürchtet werden muss. Der Begriff der „schweren Folgen“ umfasst über die tatbestandsmäßigen Folgen hinaus alle konkreten Tatauswirkungen in der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Dabei sind Art, Ausmaß und Wichtigkeit aller effektiven Nachteile sowohl für den betroffenen Einzelnen, als auch für die Gesellschaft im Ganzen, der gesellschaftliche Störwert einschließlich der Eignung, umfangreiche und kostspielige Abwehrmaßnahmen auszulösen und weitreichende Beunruhigung und Besorgnisse herbeizuführen, zu berücksichtigen (<span class="Kursiv">Kirchbacher/Rami</span> in WK StPO §&nbsp;173 Rz 43). Dem Misslingen der gewollten Tatvollendung kommt bei der Prüfung der Tatfolgen keine ausschlaggebende Bedeutung zu (<span class="Kursiv">Nimmervoll</span>, Haftrecht<span class="Hoch">3</span> Z 648; RIS-Justiz RS0108487 [T4]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das angelastete Verbrechen des Mordes nach §§&nbsp;15, 75 StGB stellt eine Anlasstat mit schweren Folgen dar. Berücksichtigend, dass der Angeklagte mehrere Vorstrafen wegen Aggressions- bzw. Gewaltdelikten aufweist, insbesondere im Jahr 2018 wegen „vorsätzlicher Tötung“ zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde (Strafregisterauskunft ON&nbsp;2.18 sowie ECRIS-Auskunft ON&nbsp;40.2), ist aufgrund der daraus sowie aus der mutmaßlichen Tathandlung ableitbaren Charakterdefizite konkret zu befürchten, er werde in Freiheit ungeachtet des gegen ihn geführten Strafverfahrens neuerlich vergleichbare strafbare Handlungen mit schweren Folgen gegen die körperliche Integrität Dritter begehen, wie die ihm angelastete Straftat. Da insgesamt vier einschlägige Vorstrafen auch wegen strafbarer Handlungen mit nicht bloß leichten Folgen (vgl <span class="Kursiv">Nimmervoll</span>, Haftrecht<span class="Hoch">3</span> Z 715) vorliegen, ist der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach §&nbsp;173 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;3 StPO zudem in den Ausformungen der lit&nbsp;b und c leg cit gegeben.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Von einer Unverhältnismäßigkeit der Dauer der Untersuchungshaft kann angesichts des Gewichts der inkriminierten Straftat und der beim gegeben Strafrahmen im Fall eines anklagekonformen Schuldspruchs zu erwartenden Sanktion nicht die Rede sein.</p><p class="ErlText AlignLeft">Zielführende gelindere Mittel, die geeignet wären, die Haft zu substituieren, sind nicht zu erkennen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Entfall einer Haftfrist gründet sich auf § 175 Abs 5 StPO.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett">Mitteilung gemäß § 174 Abs 4 iVm Abs 3 Z 5 StPO:</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Nach Einbringen der Anklage ist die Wirksamkeit eines Beschlusses auf Verhängung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft durch die Haftfrist nicht mehr begrenzt; Haftverhandlungen finden nach diesem Zeitpunkt nur statt, wenn der Angeklagte seine Enthaftung beantragt und darüber nicht ohne Verzug in einer Hauptverhandlung entschieden werden kann (§&nbsp;175 Abs&nbsp;5 StPO).</span></p><p class="Abstand AlignCenter"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Rechtsmittelbelehrung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu (§ 214 Abs 1 StPO).</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250116_OLG0459_00300R00151_24G0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-24
2025-01-24
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250116_OLG0459_00300R00151_24G0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250116_OLG0459_00300R00151_24G0000_000/JJT_20250116_OLG0459_00300R00151_24G0000_000.html
3R151/24g
ECLI:AT:OLG0459:2025:00300R00151.24G.0116.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz hat als Berufungsgericht durch Senatspräsident Mag. Hans Peter Frixeder als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Gert Schernthanner und die Richterin Mag.<span class="Hoch">a </span>Carina Habringer-Koller in der Rechtssache des Klägers <span class="Fett">Ing. A*</span>, geboren am **, Pensionist, **weg **, vertreten durch die Heinisch Weber Rechtsanwälte OG in Wien, wider die Beklagte <span class="Fett">B*AG</span>, **straße **, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen (restlich) EUR 5.385,00 sA über die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 23. Oktober 2024, GZ1* (Berufungsinteresse: EUR&nbsp;2.692,50 sA) und über den Rekurs des Klägers gegen die im Urteil des Landesgerichtes Wels vom 23. Oktober 2024, GZ1*, enthaltene Kostenentscheidung (Rekursinteresse: EUR 5.960,31) in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett">I.</span> Der Berufung wird nicht Folge gegeben.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit EUR&nbsp;731,90 (darin EUR&nbsp;121,98 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Revision ist jedenfalls unzulässig.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett">II.</span> Dem Kostenrekurs wird teilweise Folge gegeben.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Das angefochtene Urteil wird in seiner Kostenentscheidung (Spruchpunkte 2. und 3.) dahin abgeändert, dass diese wie folgt zu lauten hat:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett"><span class="Kursiv">„2.</span></span><span class="Kursiv"> Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit </span><span class="Unterstrichen">EUR 7.560,42</span><span class="Kursiv"> (darin EUR 342,87 an anteiligen Barauslagen) saldierten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.“</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Kosten des Rekursverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Entscheidungsgründe und begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Der Kläger erwarb am 17. September 2015 in ** beim Autohaus “C*“ ein Fahrzeug der Marke Mercedes-Benz Typ GLC 220d 4 Matic CDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) ** um den vereinbarten Kaufpreis von EUR 53.850,00 (gegen Eintausch seines bisherigen Fahrzeugs Audi Q5 um EUR 16.000,00). Das Fahrzeug enthält den von der Beklagten entwickelten und eingebauten Dieselmotor vom Typ „OM 651“.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett">Der Kläger</span> begehrte von der Beklagten ursprünglich Wandlung und die Rückzahlung des um ein Benützungsentgelt geminderten Kaufpreises in Höhe von EUR&nbsp;40.746,50 sA Zug um Zug gegen die Rückstellung des Fahrzeugs. Der Kläger stützte seine Klage im Wesentlichen auf die Bestimmungen der §§ 874, 1295 und 1311 ABGB. Er brachte zusammengefasst vor, dass der in seinem Fahrzeug verbaute Dieselmotor vom sogenannten „Abgasmanipulations-skandal“ betroffen sei und dass die Stickoxidwerte nicht den Angaben im Typenschein entsprächen. Hätte er gewusst, dass im Motor eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut war, hätte er das Fahrzeug nicht gekauft. Auch ein allfälliges Software-Update habe an diesem Umstand nichts geändert. Die Beklagte sei daher verpflichtet, den Kauf des Fahrzeugs Zug um Zug rückabzuwickeln. In der Verhandlung vom 7. Juni 2023 schränkte der Kläger auf EUR 34.844,-- sA ein, wobei er sich ein Benützungsentgelt für die seit dem Kaufzeitpunkt gefahrenen Kilometer in Höhe von EUR&nbsp;19.006,00 anrechnen ließ (ON 33.4, 4).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">In eventu begehrte der Kläger aus dem Titel der Wertminderung die Zahlung von EUR&nbsp;16.155,00 sA (30% des Kaufpreises), da das Fahrzeug aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung erheblich weniger wert sei, als es ohne die unzulässige Abschalteinrichtung wäre. Ihm sei dadurch ein Schaden in Höhe der durch die unzulässige Abschalteinrichtung bedingten Wertminderung entstanden; auch daran habe das Software-Update nichts geändert. Letztlich erhob der Kläger auch ein (mit EUR&nbsp;3.000,00 bewertetes) Feststellungsbegehren.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Die Beklagte</span> bestritt das Klagebegehren, beantragte dessen Abweisung und wendete im Wesentlichen ein, dass im Fahrzeug keine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut sei. Das Fahrzeug sei technisch sicher, fahrbereit und könne uneingeschränkt im Straßenverkehr benützt werden; sowohl die EG-Typengenehmigung als auch die Zulassung seien weiterhin aufrecht. Dem Kläger sei zu keinem Zeitpunkt ein Schaden entstanden. Eine ursprünglich allenfalls bestandene unzulässige Abschalteinrichtung sei durch das von der Beklagten angebotene und in der Zwischenzeit (im November 2018) auch durchgeführte Software-Update behoben worden; nach diesem Update sei das Thermofenster im Fahrzeug auf einen Temperaturbereich von -10 Grad Celsius bis +40 Grad Celsius erweitert worden. Das Fahrzeug unterliege keiner Wertminderung; auch das vom Kläger erhobene Feststellungsbegehren bestehe nicht zu Recht.</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit Urteil vom 8. August 2023 wies das <span class="Unterstrichen">Erstgericht im ersten Rechtsgang</span> das Klagebegehren zur Gänze ab und verpflichtete den Kläger zum Kostenersatz (ON&nbsp;40).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">Das OLG Linz</span> gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers mit Berufungsurteil vom 12.&nbsp;Dezember 2023, GZ2*, teilweise Folge, bestätigte das Ersturteil in seinen Spruchpunkten 1. (Abweisung des Hauptbegehrens) und 2.2. (Abweisung des Eventualbegehrens auf Feststellung) und änderte das auf Leistung gerichtete Eventualbegehren gemäß Punkt 2.1. dahin ab, dass es die Beklagte schuldig erkannte, dem Kläger EUR&nbsp;5.385,00 samt 4% Zinsen pa daraus seit 10. November 2021 binnen 14 Tagen zu bezahlen, während es das Leistungsmehrbegehren von EUR&nbsp;10.770,00 sA abwies (ON&nbsp;45).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">Der OGH</span> gab mit Beschluss vom 22. Mai 2024, 7 Ob 40/24v, der gegen das Berufungsurteil erhobenen Revision der Beklagten Folge, hob die Urteile der Vorinstanzen im Umfang des Zuspruchs von EUR&nbsp;5.385,00 sA auf und verwies die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Die Abweisung des Hauptbegehrens und des Eventualbegehrens im Umfang der Abweisung des Zahlungsbegehrens von EUR&nbsp;10.770,00 sA sowie der Abweisung des Feststellungsbegehrens erwuchs unbekämpft in Rechtskraft. Im Umfang von EUR&nbsp;5.385,00 sA erachtete der OGH die Rechtssache für noch nicht spruchreif, weil die Feststellungen nicht ausreichten, um ein Verschulden der Beklagten zu beurteilen (ON&nbsp;51).</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit dem <span class="Fett">angefochtenen Urteil im zweiten Rechtsgang</span> verpflichtete das Erstgericht die Beklagte zur Zahlung des restlichen Betrags von EUR&nbsp;5.385,00 samt 4% Zinsen pa daraus seit 10. November 2021. Weiters verpflichtete es einerseits den Kläger zum Ersatz der mit EUR&nbsp;10.947,95 bestimmten anteiligen Verfahrenskosten und andererseits die Beklagte zum Ersatz der mit EUR&nbsp;202,28 bestimmten anteiligen Barauslagen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Das Erstgericht legte seiner Entscheidung die auf US 2 bis 6 getroffenen <span class="Unterstrichen">Feststellungen</span> zugrunde, die unbekämpft geblieben sind und im Folgenden auszugsweise wiedergegeben werden:</p><p class="ErlText AlignLeft">Im Oktober 2018 erreichte den Kläger das Schreiben der Beklagten, dass ein Software-Update am Fahrzeug zu machen ist. Gleichzeitig legte die Beklagte in dem Schreiben dar, dass sich an den Treibstoff-Verbrauchswerten nichts ändern wird. Der Kläger berechnete seinen AdBlue-Verbrauch mit 1,05% pro Liter Diesel bis zum Update am 5. November 2018; danach sank der berechnete Verbrauch auf 0,79% AdBlue pro Liter Diesel. Das Fahrzeug entspricht nach wie vor den Erwartungen des Klägers; er lässt das Service ebenso regelmäßig machen wie das „Pickerl“. Bis zum Jänner 2022 fuhr der Kläger mit dem Fahrzeug gut 86.000 km, bis Anfang Juni 2023 fuhr er 105.833 km; dh der Kläger ist seit seiner Einvernahme als Partei rund 20.000 km gefahren, er dachte nicht daran, das Auto zu verkaufen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Marktüberwachung des KBA ergab bislang keine Hinweise, dass nach dem Aufspielen des Software-Updates die geforderte Mindestdauerhaltbarkeit der emissionsmindernden Bauteile von 160.000 km nicht mehr erreicht wird bzw eingehalten werden kann. Es kann nicht festgestellt werden, dass das verbaute „Thermofenster“ über die überwiegende Zeit des Jahres inaktiv ist. Vor dem Update war das „Thermofenster“ zwischen 0 Grad Celsius und 35 Grad Celsius bedatet; nach dem Aufspielen des Updates am 5. November 2018 wurde der Temperaturbereich des „Thermofensters“ auf -10 Grad Celsius bis +40 Grad Celsius erweitert. </p><p class="ErlText AlignLeft">Am 5. November 2018 wurde am Fahrzeug des Klägers ein Software-Update durchgeführt. Das Update hat tatsächlich zu keinen Leistungseinbußen, zu keinem Kraftstoffmehrverbrauch und zu keinem erhöhten CO²-Verbrauch im realen Betrieb, und schon gar nicht zu einer Überschreitung der Angaben des Herstellers geführt.</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit dem Softwareupdate ist es zu einer Verbesserung der Interaktion zwischen Abgasrückführung und SCR-Dosierung gekommen. Die Abgasrückführung ist im Bereich von -10 Grad Celsius bis +40 Grad Celsius, jedenfalls aber im Bereich der im Unionsgebiet herrschenden Jahresdurchschnittstemperatur unkorrigiert. Das Fahrzeug weist (spätestens seit dem Update) über den überwiegenden Zeitraum eines Jahres eine volle und uneingeschränkte Abgasrückführung auf (was allerdings nicht bedeutet, dass der NOx-Grenzwert von 80 mg über den überwiegenden Zeitraum eines Jahres eingehalten wird; der Thermofensterbereich darf nicht mit dem tatsächlichen NOx-Ausstoß gleichgesetzt werden).</p><p class="ErlText AlignLeft">Für den Fall, dass der Kläger seinen Mercedes GLC 220d 4 Matic verkauft, erleidet er keinen Abschlag aufgrund des aufgespielten Software-Updates, verglichen mit einem fiktiv gleich- wertigen Mercedes GLC 220d 4 Matic, der schon bei der Auslieferung über eine Software mit inkludiertem Software-Update verfügt hätte. Das Software-Update hat eine deutliche Verbesserung der Abgasqualität erbracht, sodass nach dem Aufspielen des Software-Updates kein Minderwert des Mercedes GLC 220d 4 Matic festgestellt werden kann. Am Gebrauchtwagenmarkt gibt es keinen Wertverlust für Fahrzeuge, die vom Abgasskandal betroffen waren, und schon gar keinen für Fahrzeuge, bei denen lediglich ein Software-Update zur Verbesserung des Emissionsverhaltens aufgespielt wurde. Wenn ein Käufer zum Zeitpunkt des Erwerbs im September 2015 zwei völlig idente Fahrzeuge angeboten bekommen hätte, eines mit einem Taferl in der Windschutzscheibe „Ich bin verordnungskonform“ und ein zweites mit einem Taferl „Ich bin vorerst nicht verordnungskonform, allerdings gibt es innerhalb von 1 Jahr ein verordnungskonformes Software-Update“, dann würde jeder vernünftige Käufer beim gleichen Kaufpreis zu dem von vorneherein verordnungskonformen Fahrzeug greifen. Das heißt, das vorerst nicht verordnungskonforme Fahrzeug müsste billiger angeboten werden, wobei der Preisabschlag mit maximal 10% zu begrenzen wäre. Nur für den Fall, dass im Jahr 2015 festgestellt worden wäre, dass das Software-Update nicht verordnungskonform wäre und trotz dieser Feststellung bis heute kein konformes Software-Update in Aussicht gestellt würde, müsste man den Abschlag von 10% erweitern, weil dann über den gesamten Benützungszeitraum von nunmehr [richtig] 9 Jahren kein konformes Software-Update zur Verfügung gestellt worden wäre. Für diesen Fall, dass eben ein nicht verordnungskonformer Zustand festgestellt und kein konformes Software-Update in angemessener Frist angeboten würde, wäre die fiktive Zeitwertminderung, bezogen auf den Ankaufszeitpunkt, auf 20% bis 30% zu erhöhen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Gefahr des Entzugs der Typengenehmigung oder gar eine Stilllegung des Fahrzeugs droht nicht.</p><p class="ErlText AlignLeft">In <span class="Unterstrichen">rechtlicher Hinsicht</span> gab das Erstgericht im Wesentlichen die Ausführungen des OGH in dessen Entscheidung 7 Ob 40/24v (Rz&nbsp;20 bis 44) und des OLG Linz in dessen Berufungsurteil GZ2* (S 13 bis 14) wieder und kam zu dem Ergebnis, dass die Beklagte im zweiten Rechtsgang zwar ein umfassendes Vorbringen erstattet, aber keine zusätzlichen Beweise angeboten habe. Deshalb hätten keine neuen Beweise aufgenommen und der festgestellte Sachverhalt nicht verbreitert werden können. Daher bleibe es bei dem Ergebnis, dass der Kläger Anspruch auf Wertminderung im Umfang von 10% des ursprünglichen Kaufpreises, somit im Betrag von EUR&nbsp;5.385,00 habe.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Unterstrichen">Die Kostenentscheidung</span> stützte das Erstgericht auf „§ 43 Abs 2 ZPO“, wobei es zwei Verfahrensabschnitte bildete: Im ersten Abschnitt (bis zur Klagseinschränkung in ON&nbsp;33) sei der Kläger mit rund 13% durchgedrungen, sodass er der Beklagten 74% von deren Kosten zu ersetzen habe. In diesem Abschnitt erhalte der Kläger 13% der von ihm allein getragenen Pauschalgebühr. Im zweiten Abschnitt habe der Kläger mit rund 15% obsiegt, sodass er der Beklagten 70% von deren Kosten und 85% von deren allein getragenen Barauslagen zu ersetzen habe.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diese Entscheidung richtet sich einerseits die <span class="Fett">Berufung der Beklagten</span> aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass dem Kläger lediglich ein Betrag von EUR&nbsp;2.692,50 (=&nbsp;5% des ursprünglichen Kaufpreises) zugesprochen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Kläger strebt mit seiner Berufungsbeantwortung die Bestätigung des Ersturteils an.</p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen die im angefochtenen Urteil enthaltene Kostenentscheidung richtet sich andererseits der <span class="Fett">Kostenrekurs des Klägers</span> mit dem Antrag, ihn lediglich zu einem Kostenersatz in Höhe von EUR&nbsp;4.785,36 brutto an die Beklagte zu verpflichten.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Beklagte strebt in ihrer Rekursbeantwortung die Bestätigung der Kostenentscheidung an.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Die Berufung der Beklagten ist </span><span class="Unterstrichen">nicht berechtigt</span><span class="Fett">; der Kostenrekurs des Klägers ist </span><span class="Unterstrichen">teilweise berechtigt</span><span class="Fett">.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Unterstrichen">I. Zur Berufung der Beklagten:</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">1. Zur Rechtsrüge:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">1.1.</span> Die Beklagte argumentiert im Rahmen ihrer Rechtsrüge zusammengefasst, dass das Erstgericht auf US 5 bindend festgestellt habe, dass beim Fahrzeug keine Wertminderung vorliege, sodass es nach der ständigen Rechtsprechung des OGH den Anspruch am unteren Ende der Bandbreite, somit mit höchstens 5% des Kaufpreises, zusprechen hätte dürfen. Auch aufgrund des Alters des Fahrzeugs und der umfassenden Nutzung durch den Kläger wäre der Anspruch am unteren Ende der Bandbreite festzusetzen gewesen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte das Erstgericht daher nur eine Wertminderung in Höhe von 5% des ursprünglichen Kaufpreises, somit einen Betrag von EUR&nbsp;2.692,50 zusprechen dürfen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">1.2.</span> Richtig ist, dass das Erstgericht auf US&nbsp;5 einerseits feststellte, dass für den Fall, dass der Kläger seinen Mercedes verkaufen sollte, er keinen Abschlag aufgrund des aufgespielten Software-Updates erleiden würde und dass nach dem Aufspielen des Software-Updates kein Minderwert beim Mercedes mehr festgestellt werden könne.</p><p class="ErlText AlignLeft">Andererseits hat das Erstgericht aber auch unbekämpft und auf der Grundlage des vom Sachverständigen erstatteten Gutachtens festgestellt, dass dann, wenn ein Käufer zum Zeitpunkt des Erwerbs im September 2015 – und nur auf diesen Zeitpunkt kommt es an – zwei völlig idente Fahrzeuge angeboten bekommen hätte, ein verordnungskonformes und ein anderes vorerst nicht verordnungskonformes, das vorerst nicht verordnungskonforme Fahrzeug um 10% billiger angeboten hätte werden müssen (US 5). Das Erstgericht stellte daher ausdrücklich fest, dass zum Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs durch den Kläger (als noch kein Software-Update aufgespielt war) für das Fahrzeug ein Preisabschlag von 10% zu veranschlagen war. Diese erstgerichtliche Feststellung hat die Beklagte nicht bekämpft. </p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett">1.3.</span> Wenn sie daher nun in ihrer Rechtsrüge davon ausgeht, dass das Erstgericht keine Wertminderung (auch nicht bezogen auf den Zeitpunkt des Erwerbs) festgestellt habe, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Eine Rechtsrüge ist nur dann dem Gesetz gemäß ausgeführt, wenn das angefochtene Urteil unter Zugrundelegung des von ihm festgestellten Sachverhalts als unrichtig bekämpft wird (RS0041585). Eine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge hat daher stets vom festgestellten Sachverhalt auszugehen (vgl RS0043312). Da die Beklagte in diesem Punkt nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht, ist ihre Rechtsrüge insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett">1.4.</span> Nach der nunmehr ständigen Rechtsprechung des OGH ist der nach den Vorgaben des EuGH objektiv-abstrakt zu ermittelnde Schaden bereits aufgrund des Kaufvertrags eingetreten (10 Ob 27/23b, 10 Ob 46/23x ua). Dabei kann der vom deutschen BGH in einer Bandbreite von 5% (aus Gründen unionsrechtlicher Effektivität als Untergrenze) bis 15% (aus Gründen unionsrechtlicher Verhältnismäßigkeit als Obergrenze) ausgemittelte Schadenersatzbetrag auch für das österreichische Recht übernommen werden, sodass der zu ersetzende Betrag innerhalb dieser Bandbreite festzusetzen ist. Da der Kläger im konkreten Fall spätestens seit dem Software-Update im November 2018 Kenntnis vom umweltschädlichen Mangel hatte, das Fahrzeug jedoch auch nach Aufdeckung des „Abgasskandals“ behielt und weiter verwendete, erscheint ein Minderwert von 10% sachgerecht und angemessen (vgl 10 Ob 27/23b [Rz&nbsp;39 ff]; RS0134498). Dies korrespondiert auch mit den Ausführungen des Sachverständigen DI D* in der Verhandlung vom 7. Juni 2023, wonach ein vorerst nicht verordnungs-konformes Fahrzeug, bei dem später ein Software-Update aufgespielt werden konnte, zunächst um ca 10% billiger angeboten hätte werden müssen (Protokoll ON&nbsp;33.4, 9).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">1.5.</span> Auf den Umstand, dass sie an der vom Kläger behaupteten Übertretung eines Schutzgesetzes (angeblich) kein Verschulden treffe, kommt die Beklagte in ihrer Berufung nicht mehr näher zurück.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">2. Ergebnis, Kosten, Zulassung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">2.1.</span> Im Ergebnis kommt der Berufung der Beklagten – auf der Grundlage des im zweiten Rechtsgang unbekämpft gebliebenen Sachverhalts – keine Berechtigung zu.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett">2.2.</span> Die Kostenentscheidung beruht auf den §§&nbsp;50 und 41 ZPO.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett">2.3.</span> Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld oder Geldeswert EUR&nbsp;5.000,00 nicht übersteigt. Daher kommt es allein auf den Entscheidungsgegenstand an, über den das Berufungsgericht entschieden hat (RS0042408).</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Unterstrichen">II. Zum Kostenrekurs des Klägers:</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett">1.</span> Vorauszuschicken ist, dass das Erstgericht am Ende der Verhandlung vom 11. Oktober 2024, nachdem die Parteienvertreter ihre Kostennoten gelegt hatten, den Schluss der Verhandlung verkündete (Protokoll ON&nbsp;57.5, 3). Noch vor Ablauf der 14-tägigen Frist für die Erhebung von Einwendungen gegen das Kostenverzeichnis fasste das Erstgericht das nunmehr bekämpfte Urteil ON&nbsp;58 vom 23. Oktober 2024; dieses wurde beiden Parteien am 28. Oktober 2024 zugestellt. Sowohl der Kläger als auch die Beklagte erhoben fristgerecht jeweils am 25.&nbsp;Oktober 2024 Einwendungen gegen das Kostenverzeichnis der jeweils anderen Partei (ON&nbsp;59 und 60). Diese konnten bei der vom Erstgericht gewählten Vorgangsweise naturgemäß nicht mehr berücksichtigt werden. Durch dessen rasche Entscheidung ist § 54 Abs 1a ZPO gänzlich unanwendbar, was zur Folge hat, dass die im Kostenrekurs vorgetragenen Argumente nicht gegen das Neuerungsverbot verstoßen (vgl <span class="Kursiv">M. Bydlinski</span> in Fasching/Konecny<span class="Hoch">3</span> II/1 § 54 ZPO Rz 27; <span class="Kursiv">Obermaier,</span> Kostenhandbuch<span class="Hoch">4</span>, Rz 1.63; 7 Ob 58/20k; OLG Linz 3 R 65/23h).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">2.</span> Wie im Kostenrekurs des Klägers – insoweit noch zutreffend – ausgeführt, sind für die Kostenentscheidung insgesamt <span class="Unterstrichen">drei Verfahrensabschnitte</span> zu bilden: der erste Abschnitt von der Klage bis einschließlich zum Beschluss vom 5. Juni 2023 (ON&nbsp;32); der zweite Abschnitt von der Klagseinschränkung am Beginn der Verhandlung vom 7. Juni 2023 (Protokoll ON&nbsp;33) bis zur Berufungsentscheidung des OLG Linz GZ2* (ON&nbsp;45); und der dritte Abschnitt nach dieser Berufungsentscheidung (ab ON&nbsp;46). Die Bemessungsgrundlage betrug im ersten Verfahrensabschnitt EUR&nbsp;40.746,50 sA, im zweiten Verfahrensabschnitt EUR&nbsp;34.844,00 sA und im dritten Verfahrensabschnitt nur noch EUR&nbsp;5.385,00 sA.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">3. Zum ersten Verfahrensabschnitt (ON&nbsp;1 bis ON&nbsp;32):</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Der Kläger obsiegt im vorliegenden Verfahren letztlich mit dem Betrag von EUR&nbsp;5.385,00 sA. Für den ersten Verfahrensabschnitt bedeutet dies, dass er mit (gut) 13% obsiegte und mit (knapp) 87% unterlag. Daraus folgt, dass die Beklagte im ersten Verfahrensabschnitt Anspruch auf 74% ihrer Kosten und auf 87% ihrer Barauslagen hat.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Kosten der Beklagten im ersten Verfahrensabschnitt umfassen jene für die Klagebeantwortung vom 6. Dezember 2021 (ON&nbsp;5) und jene für die Verhandlung vom 26. Jänner 2022 in der Dauer von zwei Stunden (Protokoll ON&nbsp;9). Für die Anregung und die Urkundenvorlage vom 19. Jänner 2022 (ON&nbsp;8) können der Beklagten hingegen die verzeichneten Kosten nach TP 2 nicht zugesprochen werden. Die Anregung war nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig und hätte ebenso in der vorbereitenden Tagsatzung vom 26. Jänner 2022 erhoben werden können. Somit ist die Eingabe laut ON&nbsp;8 lediglich als einfache Urkundenvorlage nach TP 1 zu honorieren. Die Kosten für den Antrag und die Urkundenvorlage vom 31. März 2022 (ON&nbsp;12) stehen der Beklagten nicht zu, zumal dieser Schriftsatz mit Beschluss des Erstgerichts vom 31. März 2022 zurückgewiesen wurde (ON&nbsp;13). Der Beklagten stehen im ersten Verfahrensabschnitt somit 74% ihrer Kosten von EUR&nbsp;4.237,10 netto zu, das sind EUR&nbsp;3.135,45 netto. Darüber hinaus stehen der Beklagten 87% ihrer Barauslagen (Kostenvorschuss von EUR&nbsp;1.200,00) zu, das sind EUR&nbsp;1.044,00.</p><p class="ErlText AlignLeft">Im Gegenzug hat der Kläger im ersten Abschnitt Anspruch auf 13% seiner Barauslagen. Diese umfassen zwei Kostenvorschüsse für den Sachverständigen in Höhe von EUR&nbsp;1.500,00 (ON 10 und ON 20) und EUR 1.200,00 (ON 23), insgesamt daher EUR&nbsp;2.700,00; 13% davon betragen EUR&nbsp;351,00. Darüber hinaus erhält der Kläger die anteilige Pauschalgebühr für die Klage von EUR 202,28, die ihm bereits vom Erstgericht rechtskräftig zugesprochen wurde.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Daraus folgt, dass die Beklagte im ersten Verfahrensabschnitt Anspruch auf <span class="Unterstrichen">EUR&nbsp;4.221,91</span> (inklusive anteiliger Barauslagen von EUR&nbsp;693,00 und der anteiligen Umsatzsteuer) hat. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass die Beklagte, die ihr Unternehmen in Deutschland betreibt, Anspruch auf 19% Umsatzsteuer hat (vgl RS0114955 [T12]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">4. Zum zweiten Verfahrensabschnitt (ON&nbsp;33 bis ON&nbsp;45):</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">In diesem Abschnitt hat der Kläger mit (gut) 15% obsiegt und mit (knapp) 85% verloren. Die Beklagte hat daher Anspruch auf 70% ihrer Verfahrenskosten und 85% ihrer Barauslagen. Die Verfahrenskosten betreffen einerseits die Teilnahme an der Verhandlung vom 7. Juni 2023, wobei diese nicht – wie im Kostenrekurs behauptet – eine Stunde, sondern tatsächlich zwei Stunden dauerte (vgl Protokoll ON&nbsp;33); es ist daher der von der Beklagten verzeichnete Betrag von EUR&nbsp;1.228,20 zugrunde zu legen. Andererseits sind in diesem zweiten Verfahrensabschnitt auch die Kosten für die Berufungsbeantwortung vom 12. Oktober 2023 (ON 43) angefallen. Insgesamt hat die Beklagte Anspruch auf 70% ihrer Kosten von EUR&nbsp;5.508,50 netto, das sind EUR&nbsp;3.855,95 netto.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Darüber hinaus hat die Beklagte Anspruch auf 85% ihrer in diesem Verfahrensabschnitt angefallenen Barauslagen (von EUR&nbsp;50,00), das sind EUR&nbsp;42,50.</p><p class="ErlText AlignLeft">Dagegen hat der Kläger im zweiten Abschnitt Anspruch auf 15% seiner Barauslagen; diese umfassen den Kostenvorschuss vom 26. Juni 2023 in Höhe von EUR&nbsp;50,00 (ON&nbsp;36) und die Pauschalgebühr von EUR&nbsp;1.219,00 für die Erhebung der Berufung vom 14. September 2023 (ON&nbsp;41). 15% von insgesamt EUR&nbsp;1.269,00 ergeben den Betrag von EUR&nbsp;190,35.</p><p class="ErlText AlignLeft">Daraus folgt, dass die Beklagte im zweiten Abschnitt Anspruch auf <span class="Unterstrichen">EUR&nbsp;4.440,73 brutto</span> hat (inklusive anteiliger Barauslagen und 19% deutsche Umsatzsteuer).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">5. Zum dritten Verfahrensabschnitt (ab ON&nbsp;46):</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Zutreffend verweist der Kläger in seinem Kostenrekurs darauf, dass die Berufungsentscheidung des OLG Linz vom 12. Dezember 2023 nur im Umfang von EUR&nbsp;5.385,00 sA bekämpft wurde, sodass dieser Betrag die Bemessungsgrundlage für den dritten Verfahrensabschnitt bildet. In diesem Abschnitt hat der Kläger zur Gänze obsiegt und daher Anspruch auf vollen Kostenersatz: einerseits für seine Revisionsbeantwortung vom 26. Februar 2024 (ON&nbsp;49) und andererseits für die Kosten der abschließenden Verhandlung vom 11. Oktober 2024 (ON&nbsp;57). Für diese Verhandlung legte der Kläger aber – offenbar irrtümlich – wiederum die (höhere) Bemessungsgrundlage von EUR&nbsp;34.844,00 zugrunde (siehe Kostenverzeichnis ON&nbsp;57.3, 1). Tatsächlich beträgt die Bemessungsgrundlage EUR&nbsp;5.385,00; die vom Kläger verzeichneten Kosten sind entsprechend zu kürzen. Der Kläger hat für den dritten Verfahrensabschnitt Anspruch auf <span class="Unterstrichen">EUR&nbsp;1.102,22 brutto</span>.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">6.</span> Daraus folgt insgesamt:</p><p class="ErlText AlignLeft">Erster Abschnitt: Beklagte hat Anspruch auf&nbsp;EUR&nbsp;4.221,91 brutto</p><p class="ErlText AlignLeft">Zweiter Abschnitt: Beklagte hat Anspruch auf&nbsp;EUR&nbsp;4.440,73 brutto</p><p class="ErlText AlignLeft">Dritter Abschnitt: Kläger hat Anspruch auf - EUR&nbsp;1.102,22 brutto.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Beklagten stehen daher anteilige Verfahrenskosten in Höhe von <span class="Unterstrichen">insgesamt EUR&nbsp;7.560,42 brutto </span>(darin enthalten EUR&nbsp;342,87 an anteiligen Barauslagen und 19% deutsche USt) zu.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">7. Zu den Kosten des Rekursverfahrens:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Kläger wurde vom Erstgericht zu einem Kostenersatz von insgesamt EUR&nbsp;10.745,67 (EUR 10.947,95 – EUR 202,28) verpflichtet. Aufgrund seines teilweise berechtigten Kostenrekurses ist er nunmehr lediglich zum Ersatz von EUR&nbsp;7.560,42 an anteiligen Verfahrenskosten verpflichtet; das bedeutet, dass sein Kostenrekurs im Umfang von EUR&nbsp;3.185,25 bzw – gemessen am Rekursinteresse von EUR&nbsp;5.960,31 – mit 53,44% erfolgreich war. Die Kosten des Rekursverfahrens sind daher gemäß §§ 50 und 43 Abs&nbsp;1 ZPO gegenseitig aufzuheben (vgl <span class="Kursiv">Obermaier,</span> Kostenhandbuch<span class="Hoch">4</span> Rz&nbsp;1.130).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett">8.</span> Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses resultiert aus §&nbsp;528 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;3 ZPO.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250116_OLG0459_0070BS00004_25Z0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-24
2025-01-24
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250116_OLG0459_0070BS00004_25Z0000_000
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7Bs4/25z
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Dr. Gföllner als Vorsitzende, die Richterin Dr. Ganglberger-Roitinger und den Richter Mag. Grosser in der Strafvollzugssache <span class="Fett">A*</span> wegen bedingter Entlassung über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz vom 17. Dezember 2024, GZ1*, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass A*, geboren am **, aus der über ihn mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 27. Februar 2024 zu GZ2* verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten am <span class="Fett">12. Februar 2025</span> bedingt entlassen wird.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß § 48 Abs 1 StGB wird die Probezeit mit drei Jahren festgesetzt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß §§ 50 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 52 StGB wird für die Dauer der Probezeit Bewährungshilfe angeordnet.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">BEGRÜNDUNG:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der am ** geborene A* verbüßt seit 12. November 2024 eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten, die über ihn mit Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Linz vom 27. Februar 2024 zu GZ2* wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB verhängt worden war.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Nach dem Schuldspruch hat er am 27. Dezember 2023 in ** bei der Haltestelle **straße ** seine Ehegattin B* vorsätzlich in Form einer Prellung am rechten Ellbogen am Körper verletzt, indem er ihr einen Stoß versetzte, wodurch diese die Stiege der Fußgängerunterführung nach unten stürzte.</p><p class="ErlText AlignLeft">Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 12. Mai 2025. Die Hälfte der Strafzeit wird mit 12. Februar 2025 erreicht werden; der Zwei-Drittel-Stichtag fällt auf den 12. März 2025.</p><p class="ErlText AlignLeft">Nach Durchführung einer Anhörung am 17. Dezember 2024 (ON 9) lehnte das Erstgericht mit dem angefochtenen Beschluss die bedingte Entlassung des Strafgefangenen bereits nach Verbüßung der Hälfte der Strafe ab.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die dagegen erhobene, nicht weiter ausgeführte Beschwerde des A* ist berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Hat ein Verurteilter die Hälfte der im Urteil verhängten oder im Gnadenweg festgesetzten zeitlichen Freiheitsstrafe oder des nicht bedingt nachgesehenen Teils einer solchen Strafe, mindestens aber drei Monate verbüßt, so ist ihm der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird (§ 46 Abs 1 StGB). Hat ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel einer Freiheitsstrafe verbüßt, so ist er trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 solange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (§ 46 Abs 2 StGB).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Prognose künftigen Verhaltens (§ 46 Abs 1 StGB) erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit. Besonderes Augenmerk ist nach § 46 Abs 4 StGB darauf zu legen, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben beziehungsweise ob negative Faktoren durch Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB ausgeglichen werden können (<span class="Kursiv">Jerabek/Ropper</span> in WK<span class="Hoch">2</span> StGB § 46 Rz 15/1).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Ausschließlich bei der Prüfung einer bedingten Entlassung zwischen der Hälfte und zwei Dritteln der Strafe sind nach § 46 Abs 2 StGB generalpräventive Aspekte zu berücksichtigen, und zwar auch nur dann, wenn es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise (auch) des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Gewichtige Umstände, welche sich aus Sicht der Allgemeinheit von den regelmäßig vorkommenden Begleiterscheinungen strafbaren Verhaltens auffallend abheben, müssen ein Absehen von der vorzeitigen Entlassung unumgänglich erscheinen lassen. Dabei ist nicht nur der bloße Abschreckungseffekt bei potenziellen Tätern, sondern (iS positiver Generalprävention) auch das Interesse an der Festigung genereller Normtreue in der Bevölkerung zu beachten. Diese Aspekte generalpräventiver Natur müssen aus der Schwere der Tat ableitbar sein. Liegen sie vor, sind sie gleichrangig mit den Erfordernissen der Spezialprävention zu berücksichtigen (<span class="Kursiv">Jerabek/Ropper</span> in WK<span class="Hoch">2</span> StGB § 46 Rz 16). Aufgrund des Ausnahmecharakters ist das Kriterium der Tatschwere jedenfalls restriktiv auszulegen (vgl <span class="Kursiv">Birklbauer</span>, SbgK § 46 Rz 73).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die dem gegenständlichen Strafvollzug zugrundeliegende Straftat ist nicht als solche einzustufen, die sich von den regelmäßig vorkommenden Begleiterscheinungen strafbaren Verhaltens auffallend abhebt und/oder mit einem deutlich erhöhten Störwert verbunden ist. Auch andere (einzelfallbezogene) Umstände, die aus generalpräventiven Gründen ausnahmsweise den weiteren Vollzug erforderlich machen würden, liegen - auch wenn der Beschwerdeführer wegen einer strafbaren Handlung zum Nachteil seiner Ehegattin schuldig erkannt wurde - nicht vor.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der bedingten Entlassung stehen auch spezialpräventive Bedenken nicht entgegen. Auffällig sind zwar die einschlägige Vorstrafe vom 11. September 2023 zu GZ3* des Landesgerichts Linz (wegen §§ 15, 84 Abs 4 StGB und § 105 Abs 1 StGB) sowie der rasche Rückfall (ca. drei Monate nach der ersten Verurteilung), jedoch sind diese Gründe nicht ausreichend, um bei dem erstmals in Haft befindlichen Verurteilten anzunehmen, dass er durch die bedingte Entlassung (nach der Hälfte der Strafzeit) in Verbindung mit der Anordnung von Bewährungshilfe weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Im Ergebnis erfordern daher weder spezialpräventive noch generalpräventive Erwägungen den weiteren Strafvollzug.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Bemessung der Probezeit mit drei Jahren ist geboten, um einen ausreichenden Beobachtungs- und Bewährungszeitraum zu gewährleisten.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Rechtsmittelbelehrung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu.</p></div></div></body></html>
null
JJT_20250115_OLG0459_00200R00172_24P0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-29
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250115_OLG0459_00200R00172_24P0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250115_OLG0459_00200R00172_24P0000_000/JJT_20250115_OLG0459_00200R00172_24P0000_000.html
2R172/24p
ECLI:AT:OLG0459:2025:00200R00172.24P.0115.000
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null
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Richter Mag.&nbsp;Bernhard Telfser als Vorsitzenden sowie Dr.&nbsp;Werner Gratzl und Mag.&nbsp;Christine Mayrhofer in der Rechtssache des Klägers <span class="Fett">A*</span>, geboren am **, **straße **, vertreten durch die ALLMAYER-BECK STOCKERT Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei <span class="Fett">B*</span>, **, vertreten durch die BK.PARTNERS Bugelnig Kirner, Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Kosten, über den Kostenrekurs des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 14.&nbsp;November 2024, GZ*, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR&nbsp;331,20 (darin 18&nbsp;% USt iHv EUR 50,52) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Unstrittig ist, dass die beklagte Partei über ihre deutschsprachige Internetseite Online- Glücksspiele in Österreich anbietet. In diesem Zusammenhang schließt sie regelmäßig Verträge mit Verbrauchern im Internet ab. Die klagende Partei ist Vertragspartner der beklagten Partei, weshalb die beklagte Partei auch Daten der klagenden Partei speichert und verarbeitet.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Zwischen den Parteien ist im Rekursverfahren strittig, ob sich die beklagte Partei – wie vom Erstgericht dahingehend entschieden – trotz ihres Anerkenntnisses der Klagsforderung auf einen Kostenersatz nach §&nbsp;45 ZPO stützen kann. Dem gingen folgende Abläufe voran:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit E-Mail vom 13.6.2024 übermittelte der Klagevertreter ein Email nachstehenden Inhalts an die beklagte Partei (vgl Beilage ./5):</span></p><p class="ErlText AlignLeft">„Sehr geehrte Damen und Herren!</p><p class="ErlText AlignLeft">Zunächst erlauben wir uns Ihnen mitzuteilen, dass uns Herr A* mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt hat.</p><p class="ErlText AlignLeft">Unsere Mandantschaft beabsichtigt in Erfahrung zu bringen, welchen konkreten Geldbetrag sie bei den von Ihnen angebotenen Online-Glückspielen und bei von Ihnen angebotenen Sportwetten in den vergangenen Jahren verloren hat.</p><p class="ErlText AlignLeft">Wir haben Sie daher namens unserer Mandantschaft aufzufordern, sämtliche Ein- und Auszahlungen, die unsere Mandantschaft bei Ihnen getätigt hat sowie sämtliche Gewinne und Verluste, welche unsere Mandantschaft bei von Ihnen angebotenen Sportwetten erlitten hat, bekannt zu geben und Rechnung zu legen und zwar über den gesamten Zeitraum, in dem unsere Mandantschaft Konten bei Ihnen hatte.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Ferner haben wir Sie namens unserer Mandantschaft gemäß Art 15 DSGVO aufzufordern, uns eine Kopie sämtlicher Daten unserer Mandantschaft, die Gegenstand der Verarbeitung durch Ihr Unternehmen sind, digital zu übermitteln.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Wir merken uns hierfür den 27.06.2024 vor.</p><p class="ErlText AlignLeft">Bei ungenutztem Verstreichen der vorgenannten Frist, geht unsere Mandantschaft davon aus, dass Sie ihr die angeforderte Information (= beim Online-Glückspiel erlittener Gesamtverlust) bewusst vorenthalten und sind wir in diesem Fall bereits jetzt beauftragt, den Anspruch unserer Mandantschaft gerichtlich durchzusetzen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit freundlichen Grüßen...“.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemeinsam mit diesem Email übermittelte die klagende Partei der beklagten Partei auch eine Ausweiskopie, auf der die Unterschrift der klagenden Partei in folgender Weise ersichtlich ist (vgl Beilage ./6):</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> <span class="Kursiv">Das an dieser Stelle dargestellte Bild wurde entfernt</span>.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft">sowie eine Vollmacht, auf der die Unterschrift der klagenden Partei wie folgt ausgewiesen ist(vgl Beilage ./4):</p><p class="ErlText AlignLeft"> <span class="Kursiv">Das an dieser Stelle dargestellte Bild wurde entfernt</span>.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft">Das Vollmachtsformular selbst enthält den Zusatz unter der Unterschriftszeile „handschriftlich“.</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit Antwort-E-Mail vom 17.6.2024 stellte die beklagte Partei fest, dass die C* Group eine Holdinggesellschaft sei und keine Kundendaten aufbewahre; in diesem Zusammenhang</p><p class="ErlText AlignLeft">ersuche sie um Bekanntgabe, an welche Gesellschaft(en) die Datenschutzanfrage gerichtet werde. Unter einem ersuchte die beklagte Partei um Übermittlung einer gültigen Kopie der Vollmacht, um die Anfrage erfüllen zu können, wobei darauf hingewiesen wurde, dass diese Vollmacht handschriftlich in Tinte vom Kunden unterzeichnet sein müsse, da die beklagte Partei keine elektronischen Unterschriften akzeptieren könne.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit der vorliegenden <span class="Fett">Klage</span> begehrt der Kläger die Beklagte schuldig zu erkennen, ihm eine Kopie sämtlicher seiner Daten, die Gegenstand der Verarbeitung der beklagten Partei seien, digital zu übermitteln. Er habe die Beklagte gemäß Art 15 Abs 1 und Abs 3 DSGVO aufgefordert, sämtliche Ein- und Auszahlungen, die sie getätigt habe, offen zu legen und entsprechende Kopien dieser Daten zu übermitteln. Bislang habe die Beklagte ihren Kunden in gleichgelagerten Fällen Listen übermittelt, in denen sämtliche Einzahlungen und Auszahlungen aufgelistet gewesen seien. Im vorliegenden Fall weigere sich die Beklagte jedoch <span class="Fett">beharrlich</span>, dem Kläger entsprechende Listen zu übermitteln bzw. Daten zur Verfügung zu stellen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Noch vor Erstattung der Klagebeantwortung am 27.8.2024 hat die <span class="Fett">beklagte Partei</span> die angeforderten Kontodaten und Transaktionsdaten an den Klagevertreter übermittelt. Sie erklärte in ihrer Klagebeantwortung den klägerischen Anspruch auf Herausgabe von Daten vollumfänglich anzuerkennen. Sie habe den erhobenen Anspruch mittlerweile erfüllt und würden die (dort näher beschrieben) Unterlagen noch einmal vorgelegt, dies einerseits zur Erfüllung des Anspruchs und andererseits zum Nachweis der Erfüllung des Anspruchs. Die Übermittlung der Daten sei nun datenschutzrechtlich zulässig geworden, weil sich der Klagevertreter (nur) gegenüber dem Gericht gemäß §&nbsp;8 RAO auf die erteilte Vollmacht berufen könne und dabei verpflichtet sei, die Identität des Mandanten zu prüfen. Die eingebrachte Klage sei zur Durchsetzung des Anspruchs nicht erforderlich gewesen und habe sie keinerlei Veranlassung zur Klagsführung gegeben; dem Aufforderungsschreiben sei nämlich keine rechtsgültige Vollmacht beigelegen. Sie habe daher der Klagevertreterin unverzüglich mitgeteilt, dass sie personenbezogene Daten von Kunden an Dritte nur dann herausgeben könne, wenn eine rechtskonforme Vollmacht vorliege, insbesondere also nachvollziehbar sei, dass die Unterschrift auf der Vollmacht mit der Unterschrift der betroffenen Person auf einem Ausweisdokument übereinstimme. Die elektronische Signatur entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben und weiche zudem erheblich von der Unterschrift im Ausweisdokument ab. Darauf habe die Klagevertreterin nicht mehr reagiert, sondern unmittelbar die Klage eingebracht. Wenn der (Daten-)Verantwortliche begründete Zweifel an der Identität der natürlichen Person habe, die den Antrag stelle, so könne der Verantwortliche zusätzliche Informationen anfordern, die zur Bestätigung der Identität der betroffenen Person erforderlich seien. Könne der Verantwortliche die Identität nicht zweifelsfrei feststellen, dürfe er die Daten nicht herausgeben. Dies gelte auch dann, wenn Zweifel an der Vollmacht bestünden. In diesem Fall müsse der Verantwortliche alle Schritte setzen, um sich zu versichern, dass die Vollmacht auch tatsächlich ihre Richtigkeit habe. Wenn also eine Unterschrift auf einer Vollmacht von der Unterschrift auf dem Ausweisdokument abweiche, müsse sich der Verantwortliche versichern, dass der Betroffene auch tatsächlich die Vollmacht unterschrieben habe. Eine elektronische Signatur könne nur dann den Zweck erfüllen, wenn diese im Sinne der elDAS-VO qualifiziert sei. Eine einfache elektronische Signatur genüge nicht. Gegenüber privaten Personen habe auch ein Rechtsanwalt seine Vollmacht urkundlich nachzuweisen. Bestünden Zweifel an der Vollmacht, so müsse der Verantwortliche weitere Informationen anfordern, bevor er Daten der betroffenen Person an Dritte herausgeben dürfe. Die vorgelegte Vollmacht sei mit einer nicht qualifizierten elektronischen Unterschrift versehen und reiche für ein Auskunftsbegehren durch dritte Personen nicht aus. Auf Basis einer solchen Unterschrift sei es der Beklagten nicht erlaubt, personenbezogene Daten an Dritte herauszugeben. Angesichts des Schriftbildes der vorgelegten Unterschriften habe sie keinesfalls davon ausgehen können, dass die Vollmacht und der vorgelegte Ausweis von der selben Person unterschrieben worden seien. Sie habe den Klagevertreter darauf hingewiesen und um Übermittlung einer korrekten Vollmacht ersucht. Wäre eine nachvollziehbare Vollmacht vorgelegt worden, hätte sie Daten an den Klagevertreter übermitteln können und hätte diese Übermittlung fristgerecht durchgeführt. Wenn der Kläger selbst die Datenschutzanfrage gestellt hätte, wäre eine Übermittlung der Daten auch ohne Vollmacht in nur wenigen Tagen möglich gewesen. Die Klagevertreterin habe für andere Mandanten wiederholt Datenschutzanfragen gestellt und seien stets die geforderten Daten übermittelt worden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der <span class="Fett">Kläger</span> schränkte aufgrund der Erfüllung durch die Beklagte auf Kosten ein. Die Beklagte habe jedenfalls Grund zur Klagsführung gegeben und könne sich nicht mehr auf §&nbsp;45 ZPO berufen. Diese habe die Auskunft zunächst unter Angabe von fadenscheinigen Begründungen (Beanstandung der Unterschrift in der Vollmacht) verweigert. Die Beklagte habe bisher übermittelte Vollmachten stets akzeptiert. Nunmehr habe sie ihre Taktik geändert und versuche, Zeit zu schinden, um die Erfüllung des Rechnungslegungs- bzw. Auskunftsanspruchs in die Länge zu ziehen und damit korrespondierend auch die Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen geschädigter Spieler zu erschweren. Nur wenn der Verantwortliche begründete Zweifel habe, die konkret darzulegen seien, könne er weitere Informationen zur Identifizierung des Antragstellers einfordern. Die Beklagte verstoße mit ihrem Vorgehen, nämlich eine Unterschrift des Vertretenen in „handschriftlicher Tinte“ zu fordern, gegen den Erleichterungsgrundsatz. Begründete Zweifel hätten nicht bestanden, da neben der – wenn auch nicht in Tinte – unterfertigten Vollmacht ohnehin eine Kopie des Reisepasses des Klägers übermittelt worden sei und die dort ersichtliche Unterschrift ein gleichartiges Schriftbild aufweise wie jene auf der Vollmacht. Etwaige geringfügige Abweichungen seien darauf zurückzuführen, dass die Vollmacht elektronisch, hingegen der Ausweis handschriftlich unterfertigt worden sei. Darüber hinaus habe es die Beklagte unterlassen, ihre behaupteten begründeten Zweifel gegenüber den Klagevertreter konkret darzulegen. Vielmehr habe sie mit einem standardisiertem Scheiben pauschal darauf verwiesen, auf einer mit handschriftlicher Tinte unterfertigten Vollmacht zu bestehen. Dies belege, dass es der Beklagten nur darum gehe, das Verfahren zu verzögern und den Kläger an der Geltendmachung seiner Ansprüche zu hindern. Die Beklagte habe daher Veranlassung zur Klagsführung gegeben.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit dem <span class="Fett">angefochtenen Urteil</span> verpflichtete das Erstgericht den Kläger zum Kostenersatz an die beklagte Partei in Höhe von EUR&nbsp;1.300,81. Seiner Entscheidung legte es die eingangs wiedergegebenen Feststellungen zugrunde. In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat es die Ansicht, der Kläger habe der Beklagten im Zuge des Aufforderungsschreibens keine rechtsgültige Vollmacht übermittelt, sodass diese berechtigt gewesen sei, die Wirksamkeit der Vollmacht zu prüfen und die Daten vorerst noch nicht bekannt zu geben bzw. zu übermitteln. Werde der Auskunftsanspruch von einer dritten Person gestellt, so sei dem Verantwortlichen eine Vollmacht vorzuweisen. Dies gelte auch für Fälle, in denen die Anfrage von einem Rechtsanwalt erfolge. Zwar könne sich der Rechtsanwalt gegenüber dem Gericht auf seine Vollmacht berufen; dies gelte allerdings nicht gegenüber privaten Personen. Gegenüber privaten Personen habe auch ein Rechtsanwalt seine Vollmacht urkundlich nachzuweisen. Bestünden Zweifel an der Vollmacht etwa wie im gegenständlichen Fall, weil die Unterschrift maßgeblich von der Ausweiskopie abweiche, müsse der Verantwortliche weitere Informationen anfordern, bevor er Daten der betroffenen Person an Dritte herausgeben dürfe. Andernfalls würde der Verantwortliche die Rechte der betroffenen Person, insbesondere auf Datengeheimnis, verletzen. Wenn eine Unterschrift auf einer Vollmacht, also von der Unterschrift auf dem Ausweisdokument abweiche, müsse sich der Verantwortliche versichern, dass der Betroffene auch tatsächlich die Vollmacht unterschrieben habe. Eine elektronische Signatur könne nur dann den Zweck erfüllen, wenn diese im Sinn des elDAS-VO qualifiziert sei. Eine einfache elektronische Signatur genüge nicht. Da die Unterschrift auf der übermittelten Vollmacht von der Unterschrift auf dem Ausweisdokument abweiche und insbesondere auch die Unterschrift auf der Vollmacht nicht einer qualifizierten elektronischen Signatur entspreche, sei die beklagte Partei aufgrund des Aufforderungsschreibens noch nicht verpflichtet gewesen, dem Auskunftsbegehren nachzukommen. Nach erfolgter Klagszustellung habe die Beklagte den Auskunftsanspruch erfüllt. Sie habe daher keinen Anlas zur Klagsführung gegeben, sodass der Kläger gemäß §&nbsp;45 ZPO verpflichtet sei, die Kosten des Verfahrens zu ersetzen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diesen Beschluss richtet sich der <span class="Fett">Kostenrekurs des Klägers</span> mit dem Abänderungsantrag, die beklagte Partei zu einem Kostenersatz an ihn in Höhe von EUR&nbsp;1.528,06 zu verpflichten. Die beklagte Partei beantragt in ihrer Rekursbeantwortung die Bestätigung des Kostenurteils.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurs ist nicht berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß §&nbsp;45 ZPO fallen die Prozesskosten dem Kläger zur Last, wenn der Beklagte durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage nicht Veranlassung gegeben und den in der Klage erhobenen Anspruch sofort bei erster Gelegenheit anerkannt hat.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Kläger hat als Verursacher eines ohne Not geführten Prozesses die Kosten zu ersetzen. Die Kostenersatzpflicht des an sich siegreichen Kläger setzt voraus, dass der Beklagte keinen Anlass zur Klage gab und bei der ersten Gelegenheit das Klagebegehren rückhaltlos anerkannt hat (<span class="Kursiv">Futcik </span>in<span class="Kursiv"> Rechberger/Klicka </span>ZPO<span class="Hoch">5</span>, §&nbsp;45 ZPO Rz 1 ff).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Während am Vorliegen der zweiten Voraussetzung, nämlich des Anerkenntnisses bei der ersten Gelegenheit, keine wie auch immer gearteten Bedenken bestehen, liegt der Schwerpunkt des vorliegenden Streits in der Frage, ob die Beklagte durch ihr Verhalten, insbesondere durch ihr Antwort-Mail auf das Aufforderungsschreiben, zur Klage Anlass gegeben hat. Dahinter steht die Frage, ob die Beklagte Art 12 Abs 6 DSGVO gemessen am vorliegenden Einzelfall zu weitgehend interpretiert hat.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Art 12 Abs 6 DSGVO lautet:</span></p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:47px !important;"><span aria-hidden="true">Hat der Verantwortliche begründete Zweifel an der Identität der natürlichen Person, die den Antrag gemäß den Art 15 bis 21 stellt, so kann er unbeschadet des Art 11 zusätzliche Informationen anfordern, die zur Bestätigung der Identität der betroffenen Person erforderlich sind.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Diese Regel steht (nur) auf den ersten Blick im Spannungsverhältnis zum Erleichterungsgrundsatz des Art 12 Abs 2 DSGVO, wonach der Verantwortliche der von einer Datenverarbeitung betroffenen Person die Ausübung ihrer Rechte auf Auskunft, Berechtigung, Löschung, Einschränkung, Datenübertragbarkeit und Widerspruch zu erleichtern hat. Damit ist gemeint, dass keine <span class="Fett">weiteren</span> Hürden für die Informationsabteilung nach Art 13 und 14 aufgebaut werden dürfen und Mitteilungen nach Art 15-22 und 34 nach den gesetzlichen Voraussetzungen (vgl Art 15 bis 22) durchgeführt werden müssen (z.B. fehlende oder eingeschränkte Erreichbarkeit, teure Kommunikation über Mehrwertnummern, ungenaue Kontaktadressen, inhaltliche oder sprachliche Voraussetzungen) (<span class="Kursiv">Illibauer</span> in <span class="Kursiv">Knyrim</span>, DatKomm. Art 12 DSGVO Rz 71).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Nicht in die DSGVO übernommen wurde eine nach österreichischem DSG 2000 durchaus bewährte Form der Identitätsfeststellung, nämlich die Verpflichtung der betroffenen Person, die Identität bereits beim Ersuchen um Auskunft bekannt zu geben. Für den Verantwortlichen bringt das die Schwierigkeit mit sich, vorab nicht nur die Identität zweifelsfrei feststellen zu müssen, sondern auch, wann begründete Zweifel vorliegen und ein Identitätsnachweis verlangt werden kann. Für all dies ist er zudem beweispflichtig. Tut er dies nicht, könnten personenbezogene Daten unzulässigerweise herausgegeben worden sein. Verlangt er ohne begründeten Zweifel nach einer Ausweiskopie, könnte er die Ausübung der betroffenen Rechte erschwert und entgegen Art 12 Abs 2 gehandelt haben. Es empfiehlt sich daher durchaus, in jenen Fällen, in welchen die Identität des Betroffenen bzw. des Anfragenden nicht vollends klar ist, eine Ausweiskopie oder eine ähnliche Art der Identifizierung zu verlangen oder sonstige Authentifizierungsverfahren, wie beispielsweise qualifizierte elektronische Signaturen, Online-Kundenkonten mit Nutzername und Passwort oder spezielle Sicherheitsabfragen durchzuführen (Illibauer, aaO Rz 76). </span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Diese Problematik stellte sich im vorliegenden Fall nicht, da dem Auskunftsersuchen ohnehin eine Kopie des Reisepasses des Klägers angeschlossen war. Allerdings ersuchte nicht der Kläger selbst um Auskunftserteilung, sondern die Klagevertretung im Namen des Klägers. Bei der Berufung auf eine Vollmacht der betroffenen Person muss daher nicht nur die tatsächliche Identität der betroffenen Person geprüft werden, sondern auch die Vollmacht selbst. Zu §&nbsp;26 Abs 1 DSG 2000 wurde vertreten, dass neben dem Nachweis der Bevollmächtigung ein weiterer Identitätsnachweis nicht erforderlich ist, da der Rechtsanwalt verpflichtet ist, die Identität des Auskunftswerbers zu prüfen. Demgegenüber ist gegenüber privaten Auftraggebern, nunmehr Verantwortlichen, weiterhin die Vorlage eines urkundlichen Nachweises der Bevollmächtigung zu fordern (§&nbsp;8 Abs 1 RAO). Wird beispielsweise eine Anfrage um Auskunft gemäß Art 15 eingebracht und werden Daten Dritter ohne Vollmacht eingefordert, ist diesem Antrag nicht Folge zu leisten (Illibauer aaO, Rz 80).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Soweit sich der Rekurswerber darauf beruft, dass eine Vollmachtserteilung formlos erfolgen könne, mag dies zutreffen; dies wirkt aber nur im Innenverhältnis und hilft im vorliegenden Fall nicht weiter, weil sich der Datenverantwortliche aus den genannten Gründen vergewissern muss, dass der einschreitende Dritte tatsächlich über eine Vollmacht des Auskunftsberechtigten verfügt. Auch der Hinweis auf den Beschluss des OLG Linz 1 R 139/24b ändert nichts an dieser Betrachtung, weil der dort erkennende Senat aufgrund der Umstände des Einzelfalls zum Ergebnis kam, es hätten keine begründeten Zweifel iSd Art 12 Abs 6 DSGVO bestanden. Entgegen den Ausführungen des Rekurswerbers wurde die Frage, ob die Vollmacht qualifiziert elektronisch zu signieren war, angesichts der vorgelegten Urkunden als nicht weiter entscheidungsrelevant beurteilt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurswerber räumt selbst ein (Punkt 1.6.), dass im Hinblick auf die Zielsetzung der DSGVO zur Verhinderung von Missbrauch ein hoher Grad an Verlässlichkeit an den Identitätsnachweis zu fordern ist. Dass an der Identität des Klägers selbst keine Zweifel bestehen, wurde schon oben dargelegt und ist auf die beigelegte Ausweiskopie zurückzuführen. Der Rekurswerber übersieht jedoch, dass bei einem von einem Dritten gestellten Auskunftsbegehren ein zweistufiges Prüfungsverfahren zur Anwendung kommt:</p><p class="ErlText AlignLeft">Zunächst ist die Identität der betroffenen Person zu klären und in weiterer Folge [wie von Illibauer dargelegt] auch zu prüfen, ob die betroffene Person eine rechtswirksame Vollmacht erteilt hat. Entgegen der Ansicht des Rekurswerbers im erstinstanzlichen Verfahren unterscheiden sich die beiden Unterschriften, nämlich einerseits auf der Ausweiskopie und andererseits auf der Vollmacht, maßgeblich; zudem räumt der Kläger in seiner Klagseinschränkung (ON&nbsp;6,3) ein, dass trotz der in der Vollmacht unter dem Unterschriftsfeld angebrachten Anmerkung „handschriftlich“ diese elektronisch unterfertigt wurde.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die maßgebliche Abweichung der Unterschriften begründeten jedenfalls Zweifel daran, dass die Vollmacht tatsächlich vom Kläger stammt und durfte die beklagte Partei daher gemäß Art 12 Abs 6 DSGVO zusätzliche Informationen anfordern. Dass die Zweifel der beklagten Partei (auch) an der vorgelegten Vollmacht bestanden, geht insofern aus ihrem Antwort-Email hervor, als nunmehr eine andere Form der Vollmachtserteilung gefordert wurde. Ob sie tatsächlich berechtigt ist, eine Vollmachtsurkunde unterschrieben „handschriftlich in Tinte“ zu fordern, braucht nicht geprüft werden, weil jedenfalls für die unmittelbar auf das Antwort-Email erfolgte Klagseinbringung aufgrund der gegebenen Zweifel an der Vollmacht keine Veranlassung iSd §&nbsp;45 ZPO bestand.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Der wiedergegebene vorprozessuale Geschehensablauf, insbesondere das Antwort-Email der Beklagten, lässt auch vom Empfängerhorizont aus zweifelsohne erkennen, dass die von der beklagten Partei erblickten Probleme nicht in der Identität des Klägers selbst, sondern in der weiteren Stufe, nämlich der Vollmachtserteilung an die Klagevertreter, welche die Beklagte zur Herausgabe der den Kläger betreffenden Daten aufgefordert haben, erblickt wurde. Das Verlangen der beklagten Partei enthält objektiv erkennbar zumindest jenes auf Vorlage eines Nachweises, aus dem mit einem hohen Grad an Verlässlichkeit das Vorliegen einer Vollmacht des Klägers an die Klagevertreter geprüft werden kann.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die vorliegende Anforderung von weiteren Informationen iSd Art 12 Abs 6 DSGVO widerspricht auch nicht dem Erleichterungsgrundsatz, werden dort doch andere Hindernisse wie fehlende oder eingeschränkte Erreichbarkeit, teure Kommunikation, ungenaue Kontaktadressen sowie inhaltliche oder sprachliche Voraussetzungen genannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurs bleibt daher erfolglos.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§&nbsp;50 und 41 ZPO. Gemäß §&nbsp;11 Abs 1 RATG ist im Kostenrekursverfahren Bemessungsgrundlage der Betrag, dessen Zuspruch oder Aberkennung im Kostenrekurs beantragt wird. Nach TP 3 A I. 5. b) RATG gebührt für Kostenrekursbeantwortungen anstelle verzeichneter TP 3 B nur Honorar nach TP 3 A; die Kosten der Beklagten waren entsprechend zu kürzen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß §&nbsp;528 Abs 2 Z 3 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.</span></p></div></div></body></html>
null
JJT_20250115_OLG0459_0090BS00302_24M0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-28
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250115_OLG0459_0090BS00302_24M0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250115_OLG0459_0090BS00302_24M0000_000/JJT_20250115_OLG0459_0090BS00302_24M0000_000.html
9Bs302/24m
ECLI:AT:OLG0459:2025:0090BS00302.24M.0115.000
null
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Engljähringer als Vorsitzende, Mag.&nbsp;Hemetsberger und Mag. Kuranda in der Strafsache gegen <span class="Fett">A*</span> wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB über die Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit, des Ausspruchs über die Schuld sowie die privatrechtlichen Ansprüche gegen das Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Linz vom 30.&nbsp;August 2024, GZ*, nach der in Anwesenheit des Ersten Oberstaatsanwalts Mag. Winkler LL.M, des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Arthofer durchgeführten Berufungsverhandlung am 15.&nbsp;Jänner 2025 zu Recht erkannt:</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Berufung wegen Nichtigkeit und Schuld wird Folge gegeben; das angefochtene Urteil wird zur Gänze aufgehoben und</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">I. im Umfang der Anklagefakten 2. bis 6. in der Sache selbst erkannt:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">A* wird von dem wider ihn mit Strafantrag der Staatsanwaltschaft Linz vom 12.&nbsp;August 2024 erhobenen Vorwurf, er habe in der Nacht zum 11. Mai 2024 in B* gemeinsam mit einem weiteren, bislang unbekannten Täter als Beteiligten (§&nbsp;12 StGB) durch Sprühen von Graffitis fremde Sachen zerstört, beschädigt, verunstaltet oder unbrauchbar gemacht, wobei er durch die Taten einen EUR&nbsp;5.000,00 übersteigenden Schaden herbeiführte, und zwar</span></p><p class="ErlText AlignLeft">...</p><p class="ErlText AlignLeft">2. mehrere Objekte (zwei Container, die Glaswand in einer Bushaltestelle, einen Verteilerkasten, die Fassade des Schulgebäudes und ein Verkehrszeichen) der Marktgemeinde B*, wodurch ein Schaden in Höhe von EUR&nbsp;1.300,00 entstand,</p><p class="ErlText AlignLeft">3. das Garagentor der C*, wodurch ein Schaden in unbekannter Höhe entstand,</p><p class="ErlText AlignLeft">4. einen Verteilerkasten der Firma D*, wodurch ein Schaden in Höhe von EUR&nbsp;1.095,36 entstand,</p><p class="ErlText AlignLeft">5. die Verteilerkästen einer Ampelanlage und einer Verkehrsüberwachungskamera des E*, wodurch ein Schaden in Höhe von EUR&nbsp;600,00 entstand,</p><p class="ErlText AlignLeft">6. einen Verteilerkasten der Firma F*, wodurch ein Schaden in Höhe von EUR&nbsp;573,10 entstand,</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen;</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Privatbeteiligten Marktgemeinde B*, D* GmbH und F* GmbH werden gemäß § 366 Abs 1 StPO mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen;</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">II. im Umfang des Anklagefaktums 1. die Sache dem Erstgericht zu einem Vorgehen nach den Bestimmungen des XI. Hauptstücks der Strafprozessordnung zurückverwiesen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">III. Mit seiner übrigen Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Entscheidungsgründe:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene A* des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach den §§&nbsp;125, 126 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;7 StGB schuldig erkannt und hiefür nach dem Strafsatz des §&nbsp;126 Abs&nbsp;1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, deren Vollzug gemäß §&nbsp;43 Abs&nbsp;1 StGB unter Bestimmung dreijähriger Probezeit bedingt nachgesehen wurde.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Im Adhäsionserkenntnis wurde der Angeklagte gemäß § 369 Abs 1 StPO verpflichtet, den Privatbeteiligten Marktgemeinde B* EUR&nbsp;1.410,00, der D* GmbH EUR&nbsp;1.095,36 und der F* GmbH EUR&nbsp;573,10 zu bezahlen. Weitere Privatbeteiligte wurden gemäß §&nbsp;366 Abs&nbsp;2 StPO mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Nach dem Schuldspruch hat A* in der Nacht zum 11. Mai 2024 in B* gemeinsam mit einem weiteren, bislang unbekannten Täter als Beteiligten (§&nbsp;12 StGB) durch Sprühen von Graffitis fremde Sachen zerstört, beschädigt, verunstaltet oder unbrauchbar gemacht, wobei er durch die Taten einen EUR&nbsp;5.000,00 übersteigenden Schaden, nämlich von zumindest EUR&nbsp;5.178,46 herbeiführte, und zwar</span></p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:47px !important;">1. den Stadel der G*, wodurch ein Schaden in Höhe von zumindest EUR&nbsp;1.500,00 entstand;</p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:47px !important;">2. mehrere Objekte (zwei Container, die Glaswand in einer Bushaltestelle, einen Verteilerkasten, die Fassade des Schulgebäudes und ein Verkehrszeichen) der Marktgemeinde B*, wodurch ein Schaden in Höhe von EUR&nbsp;1.410,00 entstand;</p><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:47px !important;">3. das Garagentor der C*, wodurch ein Schaden in unbekannter Höhe entstand;</p><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:47px !important;">4. einen Verteilerkasten der Firma D*, wodurch ein Schaden in Höhe von EUR&nbsp;1.095,36 entstand;</p><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:47px !important;">5. die Verteilerkästen einer Ampelanlage und einer Verkehrsüberwachungskamera des E*, wodurch ein Schaden in Höhe von EUR&nbsp;600,00 entstand;</p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:47px !important;">6. einen Verteilerkasten der Firma F*, wodurch ein Schaden in Höhe von EUR&nbsp;573,10 entstand.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 10a StPO gestützte Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit sowie seine Berufung wegen Schuld und privatrechtlicher Ansprüche, mit der er einen Freispruch, demgemäß die Verweisung der Privatbeteiligten mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg im Umfang der Fakten 2. bis 6. des Schuldspruches sowie ein Vorgehen nach dem XI.&nbsp;Hauptstück der StPO im Umfang des Schuldspruchs Punkt&nbsp;1. begehrt (ON&nbsp;14). Die Oberstaatsanwaltschaft Linz beantragte in ihrer dazu erstatteten Stellungnahme vom 31.&nbsp;Dezember 2024, der Berufung des Angeklagten nicht Folge zu geben.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">In seiner Schuldberufung kritisiert der Angeklagte die erstgerichtliche Beweiswürdigung, demnach aus den Beweisergebnissen zum Schuldspruchpunkt 1., wozu sich der Angeklagte geständig gezeigt habe, auf die Begehung der den Schuldspruchpunkten 2. bis 6. zugrunde liegenden Sachbeschädigungen durch A* geschlossen werden könne. Aus der Verwendung blauer Lackfarbe, dem Bezug zu den Fußballvereinen H* (kurz: H*) und I* (I*) sowie der teilweisen Ähnlichkeit der Ausführung bestimmter Buchstaben und Zeichen („K“ und ein Rufzeichen in geschwungener Wellenlinie) bei den meisten Graffitis könne eine Täterschaft des Angeklagten nicht abgeleitet werden, weil dieser bei der dem Schuldspruchpunkt 1. zugrunde liegenden Sachbeschädigung ein bereits bestehendes Graffiti lediglich übermalte, mithin keine Buchstaben oder Zeichen setzte, die auf seine Täterschaft schließen lassen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Argumentation ist schlüssig, weshalb sich das Berufungsgericht veranlasst sah, das Beweisverfahren durch nochmalige Einvernahme des Angeklagten sowie Verlesung des wesentlichen Akteninhalts zu wiederholen.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">In Abänderung der erstgerichtlichen Feststellungen ist nunmehr zu konstatieren, dass nicht festgestellt werden kann, dass der Angeklagte in der Nacht zum 11.&nbsp;Mai 2024 in B* gemeinsam mit einem weiteren, bislang unbekannten Täter als Beteiligten durch Sprühen von Graffitis mehrere Objekte (zwei Container, die Glaswand in einer Bushaltestelle, einen Verteilerkasten, die Fassade des Schulgebäudes und ein Verkehrszeichen) der Marktgemeinde B*, das Garagentor der C*, einen Verteilerkasten der Firma D*, die Verteilerkästen einer Ampelanlage und einer Verkehrsüberwachungskamera des E* sowie einen Verteilerkasten der Firma F*, mithin fremde Sachen, zerstört, beschädigt, verunstaltet oder unbrauchbar gemacht hat, wodurch er einen EUR&nbsp;5.000,00 übersteigenden Schaden herbeigeführt habe.</p><p class="ErlText AlignLeft">Es trifft zwar zu, wie vom Erstgericht in der Beweiswürdigung festgehalten, dass alle Graffitis, die den Schuldspruchfakten 2. bis 6. zugrunde liegen, mit blauer Sprühfarbe angefertigt wurden und – mit Ausnahme der Schriftzüge an der Mauer des Schulgebäudes und an einem Verkehrszeichen (Lichtbilder&nbsp;18, 19 und 20 in ON&nbsp;2.8) – einen Bezug zu den Fußballvereinen H* und I* aufweisen, sich die Schriftart beim Buchstaben „K“ im Schriftzug H* bei einigen Graffitis (dargestellt in den Lichtbildern&nbsp;9 und 11 bis 18 in der Lichtbildbeilage ON&nbsp;2.8) auffallend ähnelt und dem Buchstaben „K“ bei dem in weißer Schrift angebrachten Graffiti auf dem Stadel der G* (Bild&nbsp;3 in ON&nbsp;2.8) entspricht. Bei vier Graffitis (dargestellt in den Lichtbildern&nbsp;13 bis 16 in ON&nbsp;2.8) fällt auf, dass ein Rufzeichen in wellenförmiger Linie angebracht wurde. Aus diesen Ähnlichkeiten könnte geschlossen werden, dass die inkriminierten Graffitis von ein und demselben Täter ausgeführt wurden. Auf die Täterschaft des A* kann aber mit der für das Strafverfahren notwendigen Sicherheit daraus nicht geschlossen werden. Wie die Berufung zutreffend aufzeigt, ergibt sich nämlich aus dem Geständnis des Angeklagten, das mit den Bildern aus der Überwachungskamera der G* in Einklang steht, dass dieser Angeklagte ein bereits bestehendes, mit schwarzer Farbe angebrachtes Graffiti („J*“) mit blauer Lackfarbe durch ein Kreuz lediglich übermalte, ohne aber selbst einen Schriftzug angebracht zu haben. Vielmehr war es ein weiterer, bislang unbekannter Täter, der mit weißer Sprühfarbe den Schriftzug „J*“, „H*!“ und „J* FOTZE“ am Stadel der G* anbrachte (Lichtbilder 1 bis 3 in ON 2.8). Dementsprechend kann aus dem in diesem Schriftzug auffällig wirkenden „K“, das beinahe einem „H“ entspricht und insofern den überwiegenden weiteren (blauen) Schriftzügen auf den inkriminierten Graffitis ähnelt, zwar auf den unbekannten Täter, nicht aber auf den Angeklagten geschlossen werden. Eine Verurteilung des A* würde voraussetzen, dass dieser bei sämtlichen Graffitis, die aufgrund des auffallenden Schriftzuges dem unbekannten Täter zugeordnet werden könnten, in dessen Begleitung und daher unmittelbarer Mittäter oder zumindest dessen (psychischer) Beitragstäter war. Dafür hat aber das Beweisverfahren keine ausreichend tragfähigen Anhaltspunkte ergeben. Soweit das Erstgericht in seiner Beweiswürdigung ausführt, dass sich die (gemeinschaftlich verübten) Taten auch in zeitlicher Hinsicht in einen Zusammenhang bringen lassen, kann hier nicht mit der für einen Schuldspruch notwendigen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass sämtliche Graffitis in der Nacht zum 11.&nbsp;Mai 2024 angebracht wurden, weil diese nach dem Amtsvermerk der PI&nbsp;B* am 12.&nbsp;Mai 2024 (ON 2.9) im Zuge eines Streifendienstes an elf verschiedenen Tatorten bzw Objekten zum Nachteil von sieben verschiedenen Geschädigten festgestellt worden seien. Allein diese Sichtung am 12.&nbsp;Mai 2024 lässt nämlich, zumal an einigen Objekten bereits bestehende Graffitis übermalt worden seien (Lichtbilder 10, 12, 15 bis 17 in ON 2.8), den Schluss noch nicht zwingend zu. Auch der Umstand, dass sich die Tatorte in der Nähe der Wohnadresse des Angeklagten befinden, führt nicht zur tragfähigen Annahme seiner Täterschaft, handelt es sich doch bei den Tatorten – wie vom Erstgericht selbst ausgeführt (US&nbsp;8) – überwiegend um belebte Orte (Verkehrszeichen an einer Straße mit starkem Verkehrsaufkommen, Bushaltestellen, Verteilerkästen an belebten Kreuzungen und Schulgebäude), sodass ein ausschließliches Gelegenheitsverhältnis des Angeklagten nicht angenommen werden kann. Die Tatorte würden auch auf der Fahrtroute vieler anderer Bewohner der Marktgemeinde B* liegen, die durch die B** geteilt wird und daher, wie auch die B&nbsp;**, von vielen dieser Bewohner benutzt werden muss.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Damit war der Berufung wegen Schuld Folge zu geben und der Angeklagte nach Beweiswiederholung von der unter den Anklagepunkten 2. bis 6. angeführten Sachbeschädigung gemäß §&nbsp;259 Z&nbsp;3 StPO freizusprechen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Sohin verbleibt bei A* der Vorwurf eines Vergehens der Sachbeschädigung nach §&nbsp;125 StGB, weil er in der Nacht zum 11.&nbsp;Mai 2024 in B* gemeinsam mit einem bislang unbekannten Täter Graffitis auf den Stadel der G* sprühte und damit eine fremde Sache verunstaltete, wodurch ein Schaden in Höhe von EUR&nbsp;1.500,00 entstand, den der Angeklagte bereits an die Geschädigte G* bezahlt hat (ON&nbsp;12, 2).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit Blick darauf, dass sich der Angeklagte zu dieser Sachbeschädigung schuldig bekannte, er bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und zum Tatzeitpunkt unter 21&nbsp;Jahre alt war, demgegenüber keine Erschwerungsgründe zu erkennen sind, ist auch die auf §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;10a StPO gestützte Diversionsrüge berechtigt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Ein Vorgehen nach dem XI. Hauptstück der Strafprozessordnung setzt gemäß §&nbsp;198 StPO (ua) voraus, dass der Sachverhalt hinreichend geklärt ist, dem Beschuldigten keine schwere Schuld zur Last fällt und eine Bestrafung weder aus spezial- noch generalpräventiven Gründen geboten erscheint sowie eine Schuldeinsicht, demnach die Bereitschaft des Beschuldigten, Verantwortung für das ihm zur Last gelegte Tatgeschehen zu übernehmen (RIS-Justiz RS0116299).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Bei der Bewertung des Grades der Schuld als „schwer“ ist von jenem Schuldbegriff auszugehen, der nach §§&nbsp;32ff StGB die Grundlage für die Strafbemessung bildet, wobei stets nach Lage des konkreten Falls eine ganzheitliche Abwägung aller unrechts- und schuldrelevanten Tatumstände vorzunehmen ist (RIS-Justiz RS0116021 [T17]). Die Schuldabwägung orientiert sich primär an der gesetzlichen Strafdrohung, in welcher der Gesetzgeber eine generelle Vorbewertung des Unrechts- und Schuldgehalts des betreffenden Deliktstypus zum Ausdruck bringt. Es ist deshalb nicht der typische Schuldgehalt der der Anzeige zugrunde liegenden Straftat bzw des im Verhältnis dazu bestehenden Grunddelikts als Vergleichsbasis zu einem noch nicht schweren Verschulden heranzuziehen, sondern eine Relation zu den aufgrund ihrer Strafdrohungen insgesamt im Einzugsbereich der Diversion liegenden Straftaten herzustellen. Der abstrakte und durch die Strafdrohung gesetzlich definierte Einzugsbereich der Diversion reicht vom Bagatelldelikt bis hin zum Verbrechen. Bei einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe ist in der Regel von einem im Vergleich zum Einzugsbereich diversionsfähiger Straftaten bloß durchschnittlichen Unrechtsgehalt derartiger Taten auszugehen (zu alldem <span class="Kursiv">Schroll</span> in <span class="Kursiv">Fuchs/Ratz</span> WK StPO §&nbsp;198 Rz&nbsp;28f).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Schon die Strafdrohung des § 125 StGB einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten oder einer Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen bringt zum Ausdruck, dass fallkonkret von einer schweren Schuld nicht ausgegangen werden kann. Das Vorliegen mehrerer Milderungs- und keiner Erschwerungsgründe und insbesondere der bisher ordentliche Lebenswandel des Angeklagten, der auch Verantwortung übernommen und den Schaden gutgemacht hat, erfordern weder spezial- noch generalpräventiv eine Bestrafung des Angeklagten.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das angefochtene Urteil war daher in diesem Umfang aufzuheben und die Sache an das Erstgericht mit dem Auftrag zu verweisen, nach dem XI.&nbsp;Hauptstück der Strafprozessordnung vorzugehen.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250115_OLG0459_00200R00174_24G0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-27
2025-01-27
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250115_OLG0459_00200R00174_24G0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250115_OLG0459_00200R00174_24G0000_000/JJT_20250115_OLG0459_00200R00174_24G0000_000.html
2R174/24g
ECLI:AT:OLG0459:2025:00200R00174.24G.0115.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Richter Mag.&nbsp;Bernhard Telfser als Vorsitzenden sowie Dr.&nbsp;Werner Gratzl und Mag.&nbsp;Christine Mayrhofer in der Rechtssache des Klägers A*, geb. **, **, vertreten durch die ALLMAYER-BECK STOCKERT Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei <span class="Fett">B*</span>, **, vertreten durch die BK.PARTNERS Bugelnig Kirner, Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Kosten, über den Kostenrekurs des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 26. November 2024, GZ*, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 331,20 (darin 18&nbsp;% USt iHv EUR 50,52) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Unstrittig ist, dass die beklagte Partei über ihre Internetseite ** Online-Glücksspiele in Österreich anbietet. Der in Österreich wohnhafte Kläger hat dort ein Konto („Account“) eingerichtet. Der Kläger hat Geldbeträge auf das Konto der beklagten Partei einbezahlt und diese Geldbeträge bei von der beklagten Partei angebotenen Casino-Spielen eingesetzt und verloren.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Zwischen den Parteien ist im Rekursverfahren strittig, ob sich die beklagte Partei – wie vom Erstgericht dahingehend entschieden – trotz ihres Anerkenntnisses der Klagsforderung auf einen Kostenersatz nach §&nbsp;45 ZPO stützen kann. Dem gingen folgende Geschehnisse voran:</span></p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">Die Klagevertreterin hat die beklagte Partei mit E-Mail vom 6.6.2024 gemäß Art 15 Abs 1 und</span></p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">Abs 3 DSGVO aufgefordert, sämtliche Ein- und Auszahlungen, die der Kläger getätigt hat, offenzulegen und entsprechende Kopien dieser Daten zu übermitteln. Weiters wurde die beklagte Partei aufgefordert, offenzulegen, ob der Kläger Sportwetten getätigt hat. Dem Aufforderungsschreiben lag eine Vollmacht und eine Ausweiskopie (Führerschein) des Klägers bei, wobei die vorgelegte Vollmacht nicht mit einer qualifizierten elektronischen Unterschrift versehen war (unstrittig). Auf der Vollmacht und der Ausweiskopie finden sich folgende Unterschriften:</span></p><p class="ErlText AlignJustify"><span class="Kursiv">Das an dieser Stelle dargestellte Bild wurde entfernt.</span></p><p class="Abstand AlignJustify"></p><p class="ErlText AlignJustify">Mit Antwort-E-Mail vom 8.6.2024 ersuchte die beklagte Partei um Übermittlung einer gültigen Kopie der Vollmacht, um die Anfrage erfüllen zu können, wobei darauf hingewiesen wurde, dass diese Vollmacht handschriftlich in Tinte vom Kunden unterzeichnet sein müsse, da die beklagte Partei keine elektronischen Unterschriften akzeptieren könne.</p><p class="ErlText AlignJustify">Auf diese Nachricht erfolgte keine Reaktion der Klagevertreterin mehr. Diese brachte am18.7.2024 die Klage ein.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit der vorliegenden Klage begehrt der <span class="Fett">Kläger </span>die Beklagte schuldig zu erkennen, ihm eine Kopie sämtlicher seiner Daten, die Gegenstand der Verarbeitung der beklagten Partei seien, digital zu übermitteln. Er habe die Beklagte gemäß Art 15 Abs 1 und Abs 3 DSGVO aufgefordert, sämtliche Ein- und Auszahlungen, die er getätigt habe, offen zu legen und entsprechende Kopien dieser Daten zu übermitteln. Bislang habe die Beklagte ihren Kunden in gleichgelagerten Fällen Listen übermittelt, in denen sämtliche Einzahlungen und Auszahlungen aufgelistet gewesen seien. Im vorliegenden Fall weigere sich die Beklagte jedoch <span class="Fett">beharrlich</span>, dem Kläger entsprechende Listen zu übermitteln bzw. Daten zur Verfügung zu stellen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die <span class="Fett">beklagte Partei</span> erklärte in ihrer Klagebeantwortung den klägerischen Anspruch auf Herausgabe von Daten vollumfänglich anzuerkennen. Dieser Anspruch werde mit diesem Schriftsatz erfüllt. Die Übermittlung der Daten sei nun datenschutzrechtlich zulässig geworden, weil sich der Klagevertreter (nur) gegenüber dem Gericht gemäß §&nbsp;8 RAO auf die erteilte Vollmacht berufen könne und dazu verpflichtet sei, die Identität des Mandanten zu prüfen. Die eingebrachte Klage sei zur Durchsetzung des Anspruchs nicht erforderlich gewesen und habe sie keinerlei Veranlassung zur Klageführung gegeben; dem Aufforderungsschreiben sei nämlich keine rechtsgültige Vollmacht beigelegen. Sie habe daher der Klagevertreterin unverzüglich mitgeteilt, dass sie personenbezogene Daten von Kunden an Dritte nur dann herausgeben könne, wenn eine rechtskonforme Vollmacht vorliege, insbesondere also nachvollziehbar sei, dass die Unterschrift auf der Vollmacht mit der Unterschrift der betroffenen Person auf einem Ausweisdokument übereinstimme. Die elektronische Signatur entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben und weiche zudem erheblich von der Unterschrift im Ausweisdokument ab. Darauf habe die Klagevertreterin nicht mehr reagiert, sondern unmittelbar die Klage eingebracht. Wenn der (Daten-)Verantwortliche begründete Zweifel an der Identität der natürlichen Person habe, die den Antrag stelle, so könne der Verantwortliche zusätzliche Informationen anfordern, die zur Bestätigung der Identität der betroffenen Person erforderlich seien. Könne der Verantwortliche die Identität nicht zweifelsfrei feststellen, dürfe er die Daten nicht herausgeben. Dies gelte auch dann, wenn Zweifel an der Vollmacht bestünden. In diesem Fall müsse der Verantwortliche alle Schritte setzen, um sich zu versichern, dass die Vollmacht auch tatsächlich ihre Richtigkeit habe. Wenn also eine Unterschrift auf einer Vollmacht von der Unterschrift auf dem Ausweisdokument abweiche, müsse sich der Verantwortliche versichern, dass der Betroffene auch tatsächlich die Vollmacht unterschrieben habe. Eine elektronische Signatur könne nur dann den Zweck erfüllen, wenn diese im Sinne der elDAS-VO qualifiziert sei. Eine einfache elektronische Signatur genüge nicht. Gegenüber privaten Personen habe auch ein Rechtsanwalt seine Vollmacht urkundlich nachzuweisen. Bestünden Zweifel an der Vollmacht, so müsse der Verantwortliche weitere Informationen anfordern, bevor er Daten der betroffenen Person an Dritte herausgeben dürfe. Die vorgelegte Vollmacht sei mit einer nicht qualifizierten elektronischen Unterschrift versehen und reiche für ein Auskunftsbegehren durch dritte Personen nicht aus. Auf Basis einer solchen Unterschrift sei es der Beklagten nicht erlaubt, personenbezogene Daten an Dritte herauszugeben. Angesichts des Schriftbildes der vorgelegten Unterschriften habe sie keinesfalls davon ausgehen können, dass die Vollmacht und der vorgelegte Ausweis von der selben Person unterschrieben worden seien. Sie habe den Klagevertreter darauf hingewiesen und um Übermittlung einer korrekten Vollmacht ersucht. Wäre eine nachvollziehbare Vollmacht vorgelegt worden, hätte sie Daten an den Klagevertreter übermitteln können und hätte diese Übermittlung fristgerecht durchgeführt. Wenn der Kläger selbst die Datenschutzanfrage gestellt hätte, wäre eine Übermittlung der Daten auch ohne Vollmacht in nur wenigen Tagen möglich gewesen. Die Klagevertreterin habe für andere Mandanten wiederholt Datenschutzanfragen gestellt und seien stets die geforderten Daten übermittelt worden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der <span class="Fett">Kläger</span> schränkte aufgrund der Erfüllung durch die Beklagte auf Kosten ein. Die Beklagte habe jedenfalls Grund zur Klageführung gegeben und könne sich nicht mehr auf §&nbsp;45 ZPO berufen. Diese habe die Auskunft zunächst unter Angabe von fadenscheinigen Begründungen (Beanstandung der Unterschrift in der Vollmacht) verweigert. Die Beklagte habe bisher übermittelte Vollmachten stets akzeptiert. Nunmehr habe sie ihre Taktik geändert und versuche, Zeit zu schinden, um die Erfüllung des Rechnungslegungs- bzw. Auskunftsanspruchs in die Länge zu ziehen und damit korrespondierend auch die Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen geschädigter Spieler zu erschweren. Nur wenn der Verantwortliche begründete Zweifel habe, die konkret darzulegen seien, könne er weitere Informationen zur Identifizierung des Antragstellers einfordern. Die Beklagte verstoße mit ihrem Vorgehen, nämlich eine Unterschrift des Vertretenen in „handschriftlicher Tinte“ zu fordern, gegen den Erleichterungsgrundsatz. Begründete Zweifel hätten nicht bestanden, da neben der – wenn auch nicht in Tinte – unterfertigten Vollmacht ohnehin eine Kopie des Reisepasses des Klägers übermittelt worden sei und die dort ersichtliche Unterschrift ein gleichartiges Schriftbild aufweise wie jenes auf der Vollmacht. Etwaige geringfügige Abweichungen seien darauf zurückzuführen, dass die Vollmacht elektronisch, hingegen der Ausweis handschriftlich unterfertigt worden sei. Darüber hinaus habe es die Beklagte unterlassen, ihre behaupteten begründeten Zweifel gegenüber den Klagevertreter konkret darzulegen. Vielmehr habe sie mit einem standardisiertem Scheiben pauschal darauf verwiesen, auf einer mit handschriftlichen Tinte unterfertigten Vollmacht zu bestehen. Dies belege, dass es der Beklagten nur darum gehe, das Verfahren zu verzögern und den Kläger an der Geltendmachung seiner Ansprüche zu hindern. Die Beklagte habe daher Veranlassung zur Klageführung gegeben.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit dem <span class="Fett">angefochtenen Urteil</span> verpflichtete das Erstgericht den Kläger zum Kostenersatz an die beklagte Partei in Höhe von EUR&nbsp;1.170,35. Seiner Entscheidung legte es die eingangs wiedergegebenen Feststellungen zugrunde. In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat es die Ansicht, der Kläger habe der Beklagten im Zuge des Aufforderungsschreibens keine rechtsgültige Vollmacht übermittelt, sodass diese berechtigt gewesen sei, die Wirksamkeit der Vollmacht zu prüfen und die Daten vorerst noch nicht bekannt zu geben bzw. zu übermitteln. Werde der Auskunftsanspruch von einer dritten Person gestellt, so sei dem Verantwortlichen eine Vollmacht vorzuweisen. Dies gelte auch für Fälle, in denen die Anfrage von einem Rechtsanwalt erfolge. Zwar könne sich der Rechtsanwalt gegenüber dem Gericht auf seine Vollmacht berufen; dies gelte allerdings nicht gegenüber privaten Personen. Gegenüber privaten Personen habe auch ein Rechtsanwalt seine Vollmacht urkundlich nachzuweisen. Bestünden Zweifel an der Vollmacht etwa wie im gegenständlichen Fall, weil die Unterschrift maßgeblich von der Ausweiskopie abweiche, müsse der Verantwortliche weitere Informationen anfordern, bevor er Daten der betroffenen Person an Dritte herausgeben dürfe. Andernfalls würde der Verantwortliche die Rechte der betroffenen Person, insbesondere auf Datengeheimnis, verletzen. Wenn eine Unterschrift auf einer Vollmacht von der Unterschrift auf dem Ausweisdokument abweiche, müsse sich der Verantwortliche versichern, dass der Betroffene auch tatsächlich die Vollmacht unterschrieben habe. Eine elektronische Signatur könne nur dann den Zweck erfüllen, wenn diese im Sinn des elDAS-VO qualifiziert sei. Eine einfache elektronische Signatur genüge nicht. Da die Unterschrift auf der übermittelten Vollmacht von der Unterschrift auf dem Ausweisdokument abweiche und insbesondere auch die Unterschrift auf der Vollmacht nicht einer qualifizierten elektronischen Signatur entspreche, sei die beklagte Partei aufgrund des Aufforderungsschreibens noch nicht verpflichtet gewesen, dem Auskunftsbegehren nachzukommen. Nach erfolgter Klagszustellung habe die Beklagte den Auskunftsanspruch erfüllt, indem Konto- und Transaktionsdaten vorgelegt worden seien. Sie habe daher keinen Anlas zur Klageführung gegeben, sodass der Kläger gemäß §&nbsp;45 ZPO verpflichtet sei, die Kosten des Verfahrens zu ersetzen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen dieses Urteil richtet sich der <span class="Fett">Kostenrekurs des Klägers</span> mit dem Abänderungsantrag, die beklagte Partei zu einem Kostenersatz an ihn in Höhe von EUR&nbsp;1.528,06 zu verpflichten. Die beklagte Partei beantragt in ihrer Rekursbeantwortung die Bestätigung des Kostenurteils.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurs ist nicht berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß §&nbsp;45 ZPO fallen die Prozesskosten dem Kläger zur Last, wenn der Beklagte durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage nicht Veranlassung gegeben und den in der Klage erhobenen Anspruch sofort bei erster Gelegenheit anerkannt hat.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Kläger hat als Verursacher eines ohne Not geführten Prozesses die Kosten zu ersetzen. Die Kostenersatzpflicht des an sich siegreichen Kläger setzt voraus, dass der Beklagte keinen Anlass zur Klage gab und bei der ersten Gelegenheit das Klagebegehren rückhaltlos anerkannt hat (<span class="Kursiv">Futcik </span>in<span class="Kursiv"> Rechberger/Klicka </span>ZPO<span class="Hoch">5</span>, §&nbsp;45 ZPO Rz 1 ff).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Während am Vorliegen der zweiten Voraussetzung, nämlich des Anerkenntnisses bei der ersten Gelegenheit, keine wie auch immer gearteten Bedenken bestehen, liegt der Schwerpunkt des vorliegenden Streits in der Frage, ob die Beklagte durch ihr Verhalten, insbesondere durch ihr Antwort-Mail auf das Aufforderungsschreiben, zur Klage Anlass gegeben hat. Dahinter steht die Frage, ob die Beklagte Art 12 Abs 6 DSGVO gemessen am vorliegenden Einzelfall zu weitgehend interpretiert hat.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Art 12 Abs 6 DSGVO lautet:</span></p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:47px !important;"><span aria-hidden="true">Hat der Verantwortliche begründete Zweifel an der Identität der natürlichen Person, die den Antrag gemäß den Art 15 bis 21 stellt, so kann er unbeschadet des Art 11 zusätzliche Informationen anfordern, die zur Bestätigung der Identität der betroffenen Person erforderlich sind.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Diese Regel steht (nur) auf den ersten Blick im Spannungsverhältnis zum Erleichterungsgrundsatz des Art 12 Abs 2 DSGVO, wonach der Verantwortliche der von einer Datenverarbeitung betroffenen Person die Ausübung ihrer Rechte auf Auskunft, Berechtigung, Löschung, Einschränkung, Datenübertragbarkeit und Widerspruch zu erleichtern hat. Damit ist gemeint, dass keine <span class="Fett">weiteren</span> Hürden für die Informationsabteilung nach Art 13 und 14 aufgebaut werden dürfen und Mitteilungen nach Art 15-22 und 34 nach den gesetzlichen Voraussetzungen (vgl Art 15 bis 22) durchgeführt werden müssen (z.B. fehlende oder eingeschränkte Erreichbarkeit, teure Kommunikation über Mehrwertnummern, ungenaue Kontaktadressen, inhaltliche oder sprachliche Voraussetzungen) (<span class="Kursiv">Illibauer</span> in <span class="Kursiv">Knyrim</span>, DatKomm. Art 12 DSGVO Rz 71).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Nicht in die DSGVO übernommen wurde eine nach österreichischem DSG 2000 durchaus bewährte Form der Identitätsfeststellung, nämlich die Verpflichtung der betroffenen Person, die Identität bereits beim Ersuchen um Auskunft bekannt zu geben. Für den Verantwortlichen bringt das die Schwierigkeit mit sich, vorab nicht nur die Identität zweifelsfrei feststellen zu müssen, sondern auch, wann begründete Zweifel vorliegen und ein Identitätsnachweis verlangt werden kann. Für all dies ist er zudem beweispflichtig. Tut er dies nicht, könnten personenbezogene Daten unzulässigerweise herausgegeben worden sein. Verlangt er ohne begründeten Zweifel nach einer Ausweiskopie, könnte er die Ausübung der betroffenen Rechte erschwert und entgegen Art 12 Abs 2 gehandelt haben. Es empfiehlt sich daher durchaus, in jenen Fällen, in welchen die Identität des Betroffenen bzw. des Anfragenden nicht vollends klar ist, eine Ausweiskopie oder eine ähnliche Art der Identifizierung zu verlangen oder sonstige Authentifizierungsverfahren, wie beispielsweise qualifizierte elektronische Signaturen, Online-Kundenkonten mit Nutzername und Passwort oder spezielle Sicherheitsabfragen durchzuführen (Illibauer, aaO Rz 76). </span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Diese Problematik stellte sich im vorliegenden Fall nicht, da dem Auskunftsersuchen ohnehin eine Kopie des Reisepasses des Klägers angeschlossen war. Allerdings ersuchte nicht der Kläger selbst um Auskunftserteilung, sondern die Klagevertretung im Namen des Klägers. Bei der Berufung auf eine Vollmacht der betroffenen Person muss daher nicht nur die tatsächliche Identität der betroffenen Person geprüft werden, sondern auch die Vollmacht selbst. Zu §&nbsp;26 Abs 1 DSG 2000 wurde vertreten, dass neben dem Nachweis der Bevollmächtigung ein weiterer Identitätsnachweis nicht erforderlich ist, da der Rechtsanwalt verpflichtet ist, die Identität des Auskunftswerbers zu prüfen. Demgegenüber ist gegenüber privaten Auftraggebern, nunmehr Verantwortlichen, weiterhin die Vorlage eines urkundlichen Nachweises der Bevollmächtigung zu fordern (§&nbsp;8 Abs 1 RAO). Wird beispielsweise eine Anfrage um Auskunft gemäß Art 15 eingebracht und werden Daten Dritter ohne Vollmacht eingefordert, ist diesem Antrag nicht Folge zu leisten (Illibauer aaO, Rz 80).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Soweit sich der Rekurswerber darauf beruft, dass eine Vollmachtserteilung formlos erfolgen könne, mag dies zutreffen; dies wirkt aber nur im Innenverhältnis und hilft im vorliegenden Fall nicht weiter, weil sich der Datenverantwortliche aus den genannten Gründen vergewissern muss, dass der einschreitende Dritte tatsächlich über eine Vollmacht des Auskunftsberechtigten verfügt. Auch der Hinweis auf den Beschluss des OLG Linz 1 R 139/24b ändert nichts an dieser Betrachtung, weil der dort erkennende Senat aufgrund der Umstände des Einzelfalls zum Ergebnis kam, es hätten keine begründeten Zweifel iSd Art 12 Abs 6 DSGVO bestanden. Entgegen den Ausführungen des Rekurswerbers wurde die Frage, ob die Vollmacht qualifiziert elektronisch zu signieren war, angesichts der vorgelegten Urkunden als nicht weiter entscheidungsrelevant beurteilt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurswerber räumt selbst ein (Punkt 1.6.), dass im Hinblick auf die Zielsetzung der DSGVO zur Verhinderung von Missbrauch ein hoher Grad an Verlässlichkeit an den Identitätsnachweis zu fordern ist. Dass an der Identität des Klägers selbst keine Zweifel bestehen, wurde schon oben dargelegt und ist auf die beigelegte Ausweiskopie zurückzuführen. Der Rekurswerber übersieht jedoch, dass bei einem von einem Dritten gestellten Auskunftsbegehren ein zweistufiges Prüfungsverfahren zur Anwendung kommt:</p><p class="ErlText AlignLeft">Zunächst ist die Identität der betroffenen Person zu klären und in weiterer Folge [wie von Illibauer dargelegt] auch zu prüfen, ob die betroffene Person eine rechtswirksame Vollmacht erteilt hat. Entgegen der Ansicht des Rekurswerbers im erstinstanzlichen Verfahren unterscheiden sich die beiden Unterschriften, nämlich einerseits auf der Ausweiskopie und andererseits auf der Vollmacht, maßgeblich; zudem räumt der Kläger in seiner Klagseinschränkung (ON&nbsp;6,3) ein, dass trotz der in der Vollmacht unter dem Unterschriftsfeld angebrachten Anmerkung „handschriftlich“ diese elektronisch unterfertigt wurde.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die maßgebliche Abweichung der Unterschriften begründeten jedenfalls Zweifel daran, dass die Vollmacht tatsächlich vom Kläger stammt und durfte die beklagte Partei daher gemäß Art 12 Abs 6 DSGVO zusätzliche Informationen anfordern. Dass die Zweifel der beklagten Partei (auch) an der vorgelegten Vollmacht bestanden, geht insofern aus ihrem Antwort-Email hervor, als nunmehr eine andere Form der Vollmachtserteilung gefordert wurde. Ob sie tatsächlich berechtigt ist, eine Vollmachtsurkunde unterschrieben „handschriftlich in Tinte“ zu fordern, braucht nicht geprüft werden, weil jedenfalls für die unmittelbar auf das Antwort-Email erfolgte Klagseinbringung aufgrund der gegebenen Zweifel an der Vollmacht keine Veranlassung iSd §&nbsp;45 ZPO bestand.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Der wiedergegebene vorprozessuale Geschehensablauf, insbesondere das Antwort-Email der Beklagten, lässt auch vom Empfängerhorizont aus zweifelsohne erkennen, dass die von der beklagten Partei erblickten Probleme nicht in der Identität des Klägers selbst, sondern in der weiteren Stufe, nämlich der Vollmachtserteilung an die Klagevertreter, welche die Beklagte zur Herausgabe der den Kläger betreffenden Daten aufgefordert haben, erblickt wurde. Das Verlangen der beklagten Partei enthält objektiv erkennbar zumindest jenes auf Vorlage eines Nachweises, aus dem mit einem hohen Grad an Verlässlichkeit das Vorliegen einer Vollmacht des Klägers an die Klagevertreter geprüft werden kann.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die vorliegende Anforderung von weiteren Informationen iSd Art 12 Abs 6 DSGVO widerspricht auch nicht dem Erleichterungsgrundsatz, werden dort doch andere Hindernisse wie fehlende oder eingeschränkte Erreichbarkeit, teure Kommunikation, ungenaue Kontaktadressen sowie inhaltliche oder sprachliche Voraussetzungen genannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurs bleibt daher erfolglos.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§&nbsp;50 und 41 ZPO. Gemäß §&nbsp;11 Abs 1 RATG ist im Kostenrekursverfahren Bemessungsgrundlage der Betrag, dessen Zuspruch oder Aberkennung im Kostenrekurs beantragt wird. Nach TP 3 A I. 5. b) RATG gebührt für Kostenrekursbeantwortungen anstelle verzeichneter TP 3 B nur Honorar nach TP 3 A; die Kosten der Beklagten waren entsprechend zu kürzen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß §&nbsp;528 Abs 2 Z 3 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.</span></p></div></div></body></html>
null
JJT_20250115_OLG0459_00600R00177_24B0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-23
2025-01-23
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250115_OLG0459_00600R00177_24B0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250115_OLG0459_00600R00177_24B0000_000/JJT_20250115_OLG0459_00600R00177_24B0000_000.html
6R177/24b
ECLI:AT:OLG0459:2025:00600R00177.24B.0115.000
null
null
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hat durch die Senatspräsidentin Mag. Edeltraud Kraupa als Vorsitzende sowie Dr. Karin Gusenleitner-Helm und Mag. Christine Mayrhofer der Rechtssache der Kläger <span class="Fett">1. Ing. A* B*,</span> geb. **, Unternehmer, und <span class="Fett">2. C* B*-D*,</span> geb. **, Diplomkrankenpflegerin, beide wohnhaft in **gasse **, beide vertreten durch die Kammler &amp; Koll Rechtsanwälte OG in Freistadt,<span class="Fett"> </span>gegen die Beklagte <span class="Fett">E*</span>, geb. **, Pensionistin, ** Straße **, vertreten durch Dr. Peter Hrubesch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen (zuletzt) EUR 27.610,80 s.A. (Erstkläger) und EUR 51.109,29 s.A. (Zweitklägerin), über die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 31.10.2024, GZ* (Berufungsinteresse: EUR 1.877,80), in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><ul class="wai-list" style="margin-left: 23pt;"><li aria-level="1"><div class="SymE1"><div class="AufzaehlungE1"><span aria-hidden="true">-</span></div></div><div class="content"><div class="AufzaehlungE1 AlignJustify"></div></div></li></ul></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:45px !important;text-indent:-45px;">Der Berufung wird <span class="Fett">nicht Folge</span> gegeben.</p><ul class="wai-list" style="margin-left: 23pt;"><li aria-level="1"><div class="SymE1"><div class="AufzaehlungE1"><span aria-hidden="true">-</span></div></div><div class="content"><div class="AufzaehlungE1 AlignJustify">Die Berufungsbeantwortung der Zweitklägerin wird <span class="Fett">zurückgewiesen</span>.</div></div></li><li aria-level="1"><div class="SymE1"><div class="AufzaehlungE1"><span aria-hidden="true">-</span></div></div><div class="content"><div class="AufzaehlungE1 AlignJustify">Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem Erstgericht nach rechtskräftiger Erledigung der Streitsache vorbehalten.</div></div></li><li aria-level="1"><div class="SymE1"><div class="AufzaehlungE1"><span aria-hidden="true">-</span></div></div><div class="content"><div class="AufzaehlungE1 AlignJustify">Die Revision ist jedenfalls unzulässig.</div></div></li></ul><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Entscheidungsgründe:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Nach dem Tod ihrer Tochter am 22.03.2020 hatte die Beklagte im Zeitraum von Ende April 2020 bis Ende April 2021 engen Kontakt zu den Klägern.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die <span class="Fett">Kläger</span> begehrten zuletzt EUR 78.720,09 s.A. und brachten dazu im Wesentlichen vor, dass sie für die Beklagte, welche Hilfe bei einer Übersiedelung und bei Behördengängen benötigt habe, umfangreiche (im einzelnen aufgeschlüsselte [ON 36]) Betreuungsleistungen erbracht hätten. Es sei vereinbart worden, dass die Beklagte sämtliche Leistungen auch bezahle. Für das Pensionsgirokonto der Beklagten sei den Klägern eine Zeichnungsberechtigung eingeräumt worden, damit diese die im Rahmen der Betreuung der Beklagten anfallenden finanziellen Aufwendungen tätigen könnten. Der <span class="Fett">Erstkläger</span> machte gegen die Beklagte eine Gesamtforderung von EUR 27.610,80 s.A. (EUR 22.410,00 für Betreuungsleistungen [747 Betreuungsstunden à EUR 30,00], EUR 1.150,80 für Fahrtkosten und EUR 4.050,00 für Kosten im Zusammenhang mit dem Umzug) geltend. Die <span class="Fett">Zweitklägerin</span> begehrte insgesamt EUR 51.109,29 s.A., dies bestehend aus EUR 43.725,00 für Betreuungsleistungen (1.457,50 Betreuungsstunden à EUR 30,00), EUR 2.582,58 für Fahrtkosten und aus einem Differenzanspruch von EUR 4.801,71 an Geldleistungen (EUR 18.941,71 abzüglich Refundierung von EUR 14.140,00 durch die Beklagte [vgl ON 12]).</p><p class="ErlText AlignLeft">Die <span class="Fett">Beklagte</span> bestritt und wandte zusammengefasst ein, dass eine Entlohnung der Kläger nie vereinbart worden sei. Die Kläger hätten sie lediglich bei der Organisation und Durchführung ihres Umzuges am 17.06.2020, der Adaptierung der neuen Wohnung sowie bei der Durchführung der hiezu erforderlichen Behördengänge unterstützt. Eine darüberhinausgehende Betreuung habe sie nicht benötigt. Allfällige berechtigte Ansprüche seien durch den von den Klägern selbst zugestandenen Refundierungsbetrag von EUR 14.140,00 abgegolten. Die Kläger hätten von ihr diverse Vollmachten notariell beglaubigt unterfertigen lassen, daraufhin sei sie von ihnen völlig abgeschottet und vereinnahmt worden. Sie hätten vom Pensionskonto der Beklagten Barbehebungen von insgesamt EUR 17.260,00, Überweisungen auf die eigenen Konten von insgesamt EUR 1.958,00 sowie weitere Überweisungen von insgesamt EUR 3.379,02, die eindeutig zu ihren eigenen Zwecken erfolgt seien, getätigt. Ebenso seien von ihrem Konto Abbuchungen iHv EUR 4.624,41 ohne Rechnungsnachweis vorgenommen worden, die jedenfalls nicht zu ihrem Gunsten vorgenommen worden seien. Von diesen Barbehebungen und Überweisungen von gesamt EUR 27.221,43 anerkannte die Beklagte den Betrag von EUR 11.591,00 und wendete den restlichen Betrag von EUR 15.630,00 kompensando ein.</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit dem angefochtenen Urteil erkannte das <span class="Fett">Erstgericht</span> die Klagsforderung des Erstklägers mit EUR 1.877,80 als zu Recht bestehend, hingegen mit EUR 25.733,00 sowie die Kompensandoforderung in Bezug auf seine berechtigte Klagsforderung als nicht zu Recht bestehend; die Klagsforderung der Zweitklägerin erkannte das Erstgericht mit EUR 3.548,22 sowie die Kompensandoforderung bis zu dieser Höhe als zu Recht bestehend und die Klagsforderung mit EUR 47.561,07 hingegen als nicht zu Recht bestehend. Demnach gab das Erstgericht der Klagsforderung des Erstklägers unter Abweisung seines Mehrbegehrens von EUR 25.733,00 s.A. im Umfang von EUR 1.877,80 s.A. statt, und wies das Begehren der Zweitklägerin von EUR 51.109,29 s.A. zur Gänze ab.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Es legte seiner Entscheidung die auf US 17 bis 22 ersichtlichen Feststellungen zugrunde, auf die gemäß § 500a ZPO verwiesen werden kann. Hervorzuheben sind folgende Feststellungen:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">„[…] Die Zweitklägerin tätigte vom Pensionsgirokonto der Beklagten nachstehende Überweisungen auf ihr eigenes Konto bei der F*, ohne dass eine Verwendung der jeweiligen Beträge auf Wunsch und/oder zugunsten der Beklagten feststellbar wäre:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[...]</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">gesamt € 1.958,--.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Darüber hinaus überwies die Zweitklägerin vom Pensionsgirokonto der Beklagten die folgenden Beträge, für die ebenfalls kein Wunsch der Beklagten und/oder ein Verwendung zugunsten der Beklagten feststellbar ist:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[...]</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Zwischensumme 1 € 3.379,02;</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">sowie darüber hinaus die folgenden Beträge, wofür ebenfalls kein Wunsch der Beklagten und/oder ein Verwendung zugunsten der Beklagten feststellbar ist:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[...]</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Zwischensumme 2 € 4.624,41.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[...]“</span></p><p class="ErlText AlignLeft">In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht im Wesentlichen die Auffassung, die Parteien hätten verbindlich vereinbart, dass die Kläger der Beklagten bei der Übersiedlung behilflich seien und, dass der Erstkläger die Beklagte beim Verkauf der Wohnung sowie bei Behördengängen unterstütze. Für darüber hinaus reichende Kontakte bzw. „Tagesbetreuungen“ könne hingegen kein übereinstimmend erklärter verbindlicher Parteiwille angenommen werden. Der Nachweis vereinbarter Unentgeltlichkeit sei der Beklagten nicht gelungen. Für die gerechtfertigten Leistungen stünden dem Erstkläger somit insgesamt EUR 1.877,80 (71 Betreuungsstunden à EUR 20,00 und Fahrtkosten für 1.090 km à EUR 0,42) zu, wobei die von der Beklagten erhobene Kompensandoforderung gegen ihn nicht zu Recht bestehe, da er nicht Zahlungsempfänger von Leistungen, Auszahlungen und/oder Überweisungen der Beklagten gewesen sei.</p><p class="ErlText AlignLeft">Hinsichtlich der Forderung der Zweitklägerin errechne sich insgesamt ein Betrag von EUR 17.688,22 (305 Betreuungsstunden à EUR 20,00, Fahrtkosten von 5.200 km à EUR 0,42 sowie der Ersatz der Barzahlungen und Überweisungen für die Beklagte von EUR 6.665,64 EUR 2.738,58). Davon sei der Betrag von EUR 14.140,00 zu subtrahieren, welchen die Zweitklägerin durch Zahlungen der Beklagten bereitserhalten habe. Die Klagsforderung der Zweitklägerin bestehe daher mit EUR 3.548,22 zu Recht und mit EUR 47.561,07 nicht zu Recht. Für jene Überweisungen, für die weder ein Wunsch der Beklagten noch eine Verwendung zu ihrer Gunsten feststellbar gewesen sei, sei ihre Kompensandoforderung auf Rückzahlung gegen die zu Recht bestehende Klagsforderung der Zweitklägerin gerechtfertigt. Die Summe der Kompensandoforderung erreiche die zu Recht bestehende Klagsforderung der Zweitklägerin, sodass die Klagsforderung der Zweitklägerin abzuweisen gewesen sei.</p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen den Zuspruch an den Erstkläger richtet sich die Berufung der Beklagten aus den Berufungsgründen der unrichtigen bzw. unvollständigen Tatsachenfeststellung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem auf gänzliche Klagsabweisung gerichteten Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Kläger beantragen in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett">Die Berufung</span>, über die entgegen des Antrages der Beklagten in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden konnte, da eine mündliche Berufungsverhandlung nicht für notwendig erachtet wird (§ 480 Abs 1 ZPO), <span class="Fett">ist nicht berechtigt</span>.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Unterstrichen">I. Zur Tatsachenrüge:</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Vorweg ist festzuhalten, dass eine ordnungsgemäße Tatsachenrüge nur dann vorliegt, wenn klar ersichtlich ist, durch welche Tatsachen sich der Berufungswerber für beschwert erachtet, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurden, welche Feststellungen stattdessen begehrt werden und aufgrund welcher Beweismittel die begehrten Feststellungen getroffen werden könnten. Um die Beweisrüge in der Berufung auszuführen, muss der Rechtsmittelwerber also deutlich zum Ausdruck bringen, welche konkrete Feststellung bekämpft wird, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, welche Feststellung begehrt wird und aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen die begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre (RIS-Justiz RS0041835; Kodek in Rechberger/Klicka<span class="Hoch">5</span> § 471 ZPO Rz 15).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Wenn nun die Beklagte mit ihrer Tatsachenrüge die rechtliche Schlussfolgerung des Erstgerichts <span class="Kursiv">„Die von der Beklagten erhobene Kompensandoforderung gegen den Erstkläger besteht nicht zu Recht, da der Erstkläger nicht Zahlungsempfänger von Leistungen und/oder Auszahlungen und/oder Überweisungen der Beklagten war“</span> (US 24) bekämpft, so ist darauf hinzuweisen, dass sich diese auf den tatsächlich festgestellten Sachverhalt stützt. Aus diesem geht nämlich hervor, dass der Erstkläger nicht Zahlungsempfänger der Leistungen, Auszahlungen und/oder Überweisungen war, sondern die Zweitklägerin Überweisungen auf ihr eigenes Konto, an sonstige dritte Personen und diverse Unternehmen tätigte, ohne dass eine Verwendung der jeweiligen Beträge auf Wunsch und/oder zugunsten der Beklagten feststellbar war (US 20f). Dazu führte es beweiswürdigend aus, dass die Zahlungen und Überweisungen jeweils von der Zweitklägerin durchgeführt wurden, wie sich aus allen Aussagen – gemeint des Erstklägers, der Zweitklägerin und der Beklagten –, denen auch kein Urkundenbeweis entgegenstand (US 23), ergibt. Diesen beweiswürdigenden Überlegungen tritt die Beklagte auch inhaltlich nicht entgegen. </p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Entgegen der Ausführung in der Berufung entspricht es auch keineswegs allgemeiner Lebenserfahrung, dass ein Ehegatte an Zahlungseingängen auf dem Konto des anderen Ehegatten gleichsam automatisch partizipiert. Inwiefern die von der Zweitklägerin getätigten Überweisungen und Zahlungen (vgl genauere Auflistung US 20 ff) auch dem Erstkläger zugutegekommen sein soll, ist nicht ersichtlich und, entgegen der Behauptung der Beklagten, sicherlich nicht offenkundig. Diese bloß pauschalen Ausführungen in der Berufung reichen nicht aus, um eine unrichtige bzw. unvollständige Tatsachenfeststellung des Erstgerichts aufgrund einer unrichtiger Beweiswürdigung zu begründen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Feststellungen, dass die Zweitklägerin vom Pensionskonto der Beklagten ua Überweisungen auf ihr eigenes Konto und Zahlungen an Dritte tätigte, wird von der Beklagten gar nicht bekämpft. Daher erweist sich die Tatsachenrüge als nicht berechtigt und können die vom Erstgericht aufgrund einer nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen der rechtlichen Beurteilung zugrundegelegt werden.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Unterstrichen">II. Zur Rechtsrüge:</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Eine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge hat vom festgestellten Sachverhalt auszugehen (vgl RS0043312 ua). Die Rechtsrüge ist hingegen nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, wenn nicht dargelegt wird, aus welchen Gründen – ausgehend vom vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt – die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig erscheint (RS0043603).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Soweit die Beklagte meint, dass das Erstgericht bei richtiger rechtlicher Beurteilung zum Ergebnis eines Mitverschuldens des Erstklägers sowie einer Haftung zur Rückzahlung an die Beklagte gekommen wäre, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Festgestellt wurde nämlich, dass die am Pensionskonto der Beklagten zeichnungsberechtigte Zweitklägerin Überweisungen auf ihr eigenes Konto sowie weitere Zahlungen zu ihren eigenen Gunsten tätigte. Inwiefern deshalb oder aufgrund einer dem Erstkläger erteilten Vertretungsvollmacht diesen „Verantwortung an Transaktionen seiner Gattin“ treffen sollte, erschließt sich ausgehend vom festgestellten Sachverhalt nicht.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Berufung ist daher nicht berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft">Da sich die Berufung der Beklagten lediglich gegen den klagsstattgebenden Teil des Urteils und zwar gegen den Zuspruch an den Erstkläger richtet, ist die Berufungsbeantwortung der Zweitklägerin zurückzuweisen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Kostenvorbehalt betreffend die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 3 ZPO.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Revision ist gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250115_OLG0459_00200R00166_24F0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-30
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250115_OLG0459_00200R00166_24F0000_000
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2R166/24f
ECLI:AT:OLG0459:2025:00200R00166.24F.0115.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Bernhard Telfser als Vorsitzenden, Dr.&nbsp;Werner Gratzl und Mag.&nbsp;Christine Mayrhofer in der Insolvenzsache der Schuldnerin <span class="Fett">A* </span> <span class="Fett">Gm.b.H. </span>(FN **), per Adresse der Geschäftsführerin **straße ** (ON 146), (Masseverwalter Mag.&nbsp;Dr. B*, Rechtsanwalt in Steyr), über den Rekurs der Schuldnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Steyr vom 31. Oktober 2024, GZ1*, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit Beschluss vom 11. September 2018 wurde auf Antrag der Schuldnerin über ihr Vermögen ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet und Dr. B*, Rechtsanwalt in Steyr, zum Masseverwalter bestellt. Mit dem Eröffnungsbeschluss genehmigte das Gericht dem Masseverwalter die Beiziehung von Dritten iSd §&nbsp;81 Abs&nbsp;4 IO. Am 12. November 2018 wurde nach Zurückziehung des Sanierungsplanantrags die Bezeichnung des Verfahrens auf Konkursverfahren abgeändert. Von einem Gesamtbetrag von EUR&nbsp;3,007.299,55 aus 21 angemeldeten Forderungen anerkannte der Masseverwalter EUR&nbsp;742.637,76.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Nach dem ersten Bericht des Masseverwalters fand er keinen operativen Unternehmensbetrieb vor. Die Schuldnerin habe sich im Wesentlichen nur mehr mit der Liquidation und der Verwertung ihrer Vermögensbestandteile beschäftigt; es seien an zahlreichen Standorten in ganz Österreich diverse eisenbahntechnische Fahrnisse gelagert; teilweise seien diese mit exekutiven Gläubigerpfandrechten belastet; die Sachlage sei sehr unübersichtlich, weil keine aktuellen Inventare und keine Anlageverzeichnisse vorlägen. Einem bereits anhängigen Zwangsversteigerungsverfahren betreffend die schuldnerische Liegenschaft EZ ** Grundbuch ** (eine landwirtschaftliche Nutzfläche) trat der Masseverwalter gemäß § 119 Abs&nbsp;4 IO bei.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Am 30. Jänner 2019 legte der Masseverwalter von ihm in Auftrag gegebene Schätzgutachten (zu Verkehrs- und Liquidationswerten – Gutachten Ing. C*) zu den Fahrnissen vor. Deren Verwertung werde sinnvollerweise durch ein professionelles Verwertungsunternehmen auf internationaler Basis vorzunehmen sein. Am 30. April 2019 berichtete er, dass mittlerweile weitere Fahrnisse hervorgekommen seien, die sich teils auf Liegenschaftsflächen der Marktgemeinde D*, teils auf solchen der Geschäftsführerin der Schuldnerin befänden und noch ergänzend aufgenommen und begutachtet werden müssten. Es sei auch noch die Pfandrechtslage abzuklären, sodass die Verwertung noch einige Zeit in Anspruch nehmen werde.</p><p class="ErlText AlignLeft">Bereits im Mai 2019 beantragte die Schuldnerin sowie die Geschäftsführerin Ing. E* persönlich als Gesellschafterin und Insolvenzgläubigerin die Enthebung des Masseverwalters. Nach Abweisung des Antrags wurde dem dagegen erhobenen Rekurs nicht Folge gegeben und die Erstentscheidung mit der Maßgabe bestätigt, dass der Enthebungsantrag zurückgewiesen wird, soweit er von Ing. E* persönlich eingebracht wurde, und abgewiesen wird, soweit er von der Schuldnerin gestellt wurde. Zur Begründung führte das Rekursgericht aus, das Insolvenzgericht könne nur dann im Wege einer Amtsenthebung eingreifen, wenn eine gravierende, pflichtverletzende Fehlleistung des Masseverwalters klar auf der Hand liege, was hier nicht der Fall sei. Denn die Behauptungen der Schuldnerin würden eine entsprechende inhaltliche Stringenz, Plausibilität und Sachlichkeit vermissen lassen. Wenn die Schuldnerin so gut wie jede Verwaltungs- und Verwertungsmaßnahme des Masseverwalters beanstande, diesen – obwohl bereits in anderen Insolvenzverfahren bewährt – im Ergebnis als unfähig hinstelle und das Insolvenzgericht mit einer Flut von Vorwürfen gegen ihn überhäufe, seien massive Vorbehalte bezüglich der objektiven Begründetheit dieser Kritik angezeigt. Ein derart krasses Szenario zu zeichnen sei einfach nicht realitätsnah, sondern lasse darauf schließen, dass die Schuldnerin entweder den Verlust ihrer unternehmerischen Entscheidungskompetenz nicht akzeptieren könne und/oder die wirtschaftlichen Gegebenheiten verkenne und/oder Interessen verfolge, die nicht mit den Zwecken des Insolvenzverfahrens harmonieren würden.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Verwertung der Insolvenzmasse erwies sich in der Folge durch die seit dem Jahr 2015 wider die Schuldnerin betriebenen Exekutionsverfahren, der seit Jahren fehlenden ordnungsgemäßen Buchhaltung (letzter ordnungsgemäßer Jahresabschluss 2013, 2012 und 2013 praktisch keine Umsatzerlöse, ab 2014 keine prüfbaren Zahlen) und der bereits erfolgten Pfändungen von Fahrnissen besonders schwierig. Die zunächst vom Sachverständigen Ing. C* im Verfahren ausgewiesenen Liquidationswerte konnten bei den Versteigerungen bei weitem nicht erzielt werden. Nach einem von einer betreibenden Gläubigerin außergerichtlich eingeholten Privatgutachten aus dem Bereich Schienenfahrzeuge beträgt der Wert der von diesem Sachverständigen besichtigten Fahrnissen unter Berücksichtigung angesetzter Entsorgungskosten entweder Null oder es ist lediglich ein Schrottpreis erzielbar. Dem Oberbauwagen (Rolba RR-200-S) wies der Sachverständige im Exekutionsverfahren lediglich EUR&nbsp;75.714,00 an Wert zu, wobei er darauf hinwies, dass dabei nicht berücksichtigt sei, ob das Fahrzeug im gegenständlichen Zustand zu diesem Preis im Markt absetzbar sei, zumal der Schmalspurmarkt sehr klein sei und viele Strecken von privaten Vereinen betrieben würden, die zu scharfer Kalkulation gezwungen seien. Weiters merkte er an, dass das Fahrzeug keinen historischen oder nostalgischen Wert hat; auch konnte er versteckte Schäden nicht ausschließen. Letztlich erkannte auch der hier beigezogene Sachverständige Ing. C* im Laufe des Verfahrens, dass die angenommenen Werte nicht erzielbar sind, weil die wenigen auf einer Schmalspur laufenden europäischen Privatbahnen sukzessive ihren Betrieb einstellen und daher für gebrauchte Geräte und Maschinen kein Interesse besteht, weshalb er nun die Ansicht vertrat, dass für derartige alte Anlagen lediglich ein Schrottwert anzusetzen ist.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Verwertung verkomplizierte sich noch dadurch, dass die Fahrnisse an verschiedenen Standorten in ganz Österreich und auch in Deutschland gelagert waren. Durch die teilweisen Pfändungen der Fahrnisse bei gleichzeitigem Verbleib vor Ort hatte der Masseverwalter eine Abgrenzung vorzunehmen und zu prüfen, ob die in den Exekutionsverfahren begründeten Pfandrechte noch aufrecht und zu berücksichtigen sind. Dabei war er mangels aktuellem Anlageverzeichnis auf die Angaben der Geschäftsführerin der Schuldnerin angewiesen. Diese waren unvollständig und teilweise unrichtig. So hat die Geschäftsführerin der Schuldnerin oftmals erst über entsprechende Vorhalte von Informationen, die dem Masseverwalter von dritter Seite zugetragen wurden, neue Standorte bekanntgegeben. Zudem zeigte sich im Verfahren, dass die Geschäftsführerin der Schuldnerin die Verwertung nicht nur verzögerte, sondern teilweise auch verhinderte; sie war nur mit der Verwertung jener Fahrnisse einverstanden, die ihrer Ansicht nach für die von ihr angestrebte Wiederaufnahme des Bahnbetriebs zwischen ** und D* nicht mehr benötigt werden.</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Steyr vom 29.&nbsp;April 2023 (GZ2*) wurde die Schuldnerin verpflichtet, die auf den Grundstücken der Marktgemeinde D* verbrachten Eisenbahnfahrzeuge und eisenbahntechnischen Einrichtungen, Signale, Schienen, Eisenbahnschwellen und Gleisschotter zu beseitigen. Die von der Marktgemeinde D* wegen Nutzungsentgelten angemeldete Insolvenzforderung von EUR&nbsp;442.800,17 bestritt der Masseverwalter. Nach langwierigen Verhandlungen konnte er eine vergleichsweise Bereinigung mit der Marktgemeinde* D* dahin erzielen, dass die auf den Gemeindegrundstücken gelagerten Fahrzeuge verwertet werden und direkt von den Käufern vor Ort entfernt werden. Die restlichen Fahrnisse, die grundsätzlich nur eine Belastung der Masse darstellten, konnten bei einer pauschalen Abgeltung seitens der Gemeinde mit EUR&nbsp;2.000,00 vor Ort bleiben. Darüber hinaus verzichtete die Marktgemeinde auf Insolvenz- und Masseforderungen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Diverse Fahrnisse der Schuldnerin befinden sich auch auf einer der Geschäftsführerin der Schuldnerin persönlich gehörenden Liegenschaft. Diesbezüglich verbot sie dem Masseverwalter und den von ihm beauftragten Verwertungsunternehmen, ihre Liegenschaft weiterhin zu betreten, wodurch sie die Verwertung der Fahrnisse verhinderte. Zusätzlich machte sie gegenüber der Insolvenzmasse Nutzungsentgeltansprüche geltend, die sie auch gerichtlich einklagte, wobei sie von einem monatlichen Nutzungsentgelt von nahe zu EUR&nbsp;12.000,00 brutto ausging und unter Zugrundelegung eines Teilbetrags einen Zuspruch von EUR&nbsp;70.000,00 begehrte. Der im Prozess über die Geltendmachung von Nutzungsentgelten beauftragte Sachverständige ermittelte die Jahrespacht für die Lagerflächen lediglich mit EUR&nbsp;400,00. Von der Behörde beauftragte Amtssachverständige stuften die auf dem Grundstück der Geschäftsführerin der Schuldnerin abgelagerten Fahrnisse zumindest teilweise als Abfall, in gewissen Bereichen sogar als gefährlichen Abfall, der sofort zu entfernen sei, ein.</p><p class="ErlText AlignLeft">Zusammengefasst hat sich im Laufe des Verfahrens nach und nach herauskristallisiert, dass die Geschäftsführerin der Schuldnerin an einer zügigen Insolvenzabwicklung nicht interessiert ist und sie die Verwertungstätigkeiten verzögert, behindert und teilweise bis heute verhindert hat. Das vom Insolvenzverwalter mit der Verwertung beauftragte Verwertungsunternehmen F* GmbH und deren Geschäftsführer G* sah sich bei den Verwertungshandlungen jeder einzelnen Position größtem Widerstand der Geschäftsführerin der Schuldnerin ausgesetzt. Das Verwertungsunternehmen schaffte es letztlich nur mit einem außergewöhnlichen Aufwand, schuldnerische Fahrnisse zu verwerten. Die ständigen Störaktionen und Behinderungen verbunden mit der Zermürbungstaktik der Geschäftsführerin der Schuldnerin führten dazu, dass der Geschäftsführer der F* GmbH resignierte. Das vom Masseverwalter daraufhin beauftragte Verwertungsunternehmen H* GmbH führte letztlich keinerlei Verwertungshandlungen durch und es gelang der Geschäftsführerin der Schuldnerin, den nächsten Verwerter zu verhindern. Das nächste vom Insolvenzverwalter beauftragte Verwertungsunternehmen I* GmbH hatte überhaupt Bedenken, ob die auf dem Grundstück der Geschäftsführerin der Schuldnerin lagernden Fahrnisse einen entsprechenden Erlös für die Masse einbringen würden, weil die einzelnen Fahrnisse als Sondermüll einzustufen seien und das Gelände teilweise über weite Strecken nicht zugänglich (mit Vegetation verwachsen) sei und erst die Voraussetzungen für eine Zufahrt geschaffen werden müssten.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Da der Masseverwalter die dafür erforderliche Zustimmung der Grundstückseigentümerin ausschloss, erachtete er eine gewinnbringende Verwertung der auf den Grundstücksflächen der Geschäftsführerin der Schuldnerin gelagerten Fahrnisse für nicht möglich, weshalb er einen Ausscheidungsantrag nach § 119 Abs 5 IO stellte. Nach langwierigen und komplizierten Verhandlungen mit der Geschäftsführerin der Schuldnerin und deren Rechtsvertreter konnte der Insolvenzverwalter eine Einigung dergestalt erzielen, dass sie die auf ihrem Grundstück gelagerten Fahrnisse um einen symbolischen Betrag erwirbt und im Gegenzug auf die Geltendmachung von Nutzungsentgelten gegenüber der Insolvenzmasse (weder als Konkurs- noch als Masseforderung) verzichtet. Im Mietzinsprozess wurde ewiges Ruhen vereinbart.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Obwohl es die Geschäftsführerin der Schuldnerin war, die den Mietzinsprozess gegen die Insolvenzmasse anstrengte, bekämpfte sie die Bestimmung der Vertretungskosten des Masseverwalters für dieses bezirksgerichtliche Verfahren. Ihrem Rekurs wurde nicht Folge gegeben (ON&nbsp;116).</p><p class="ErlText AlignLeft">Am 7. Oktober 2021 wurde über das Vermögen der F* GmbH das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung zu GZ3* des Landesgerichtes St. Pölten eröffnet. Vor Ende der Zahlungsfrist im Sanierungsplan am 11. Jänner 2024 wurde dann am 16. Juni 2023 über das Vermögen der F* GmbH das Konkursverfahren zu GZ3* des Landesgerichtes St. Pölten eröffnet. Dieses Verfahren ist noch nicht beendet. Der Geschäftsführer der F* GmbH ist in der Zwischenzeit verstorben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Meistbotsverteilungsbeschluss vom 28. April 2023 (ON&nbsp;128) über die Verwertung der Sondermasse Oberbaumotorwagen Rolba RR-2/2000-S Nr. **, Baujahr 1988, mit einer Verteilungsmasse von EUR&nbsp;10.000,00 wurde von der Gemeinschuldnerin nicht bekämpft und ist rechtskräftig.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die im Anmeldungsverzeichnis unter Position 10 von der Stadt J* auf Basis von Räumungskosten bedingt angemeldete Forderung von EUR&nbsp;310.000,00 anerkannte der Masseverwalter erst nachträglich (ON&nbsp;30). Die Stadt J* schränkte dazu am 26. Juli 2023 auf einen unbedingten Forderungsteil von EUR&nbsp;34.938,78 ein. Sie machte eine unbedingte Gesamtforderung von EUR 37.142,94 geltend.</p><p class="ErlText AlignLeft">Nach vollständiger Verwertung der Insolvenzmasse legte der Masseverwalter mit Eingabe vom 01.09.2023 (ON&nbsp;132) seinen Schlussbericht, die Schlussrechnung, einen Kostenbestimmungsantrag und einen (Schluss-)Verteilungsentwurf vor. Das Erstgericht beraumte für den 24. Oktober 2023 eine Tagsatzung zur Verhandlung über die Schlussrechnung, den Verteilungsentwurf, die Kostenansprüche und die nachträgliche Prüfungstagsatzung an.</p><p class="ErlText AlignLeft">Sowohl die Schuldnerin als auch die Geschäftsführerin der Schuldnerin Ing. E* erhoben Bemängelungen gegen die Schlussrechnung wie in ON&nbsp;134, 137 und 140. Ferner sprachen sich die Schuldnerin und die Geschäftsführerin überhaupt gegen eine Entlohnung des Masseverwalters aus. Ihre Bemängelungen zur Schlussrechnung erhoben sie auch zu Erinnerungen gegen die Verteilungsentwürfe.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Masseverwalter nahm zu den Bemängelungen zur Schlussrechnung und den Erinnerungen zu den Verteilungsentwürfen mit seiner Äußerung vom 8. April 2024 umfassend Stellung (ON&nbsp;143).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit dem angefochtenen Beschluss wies das <span class="Fett">Erstgericht</span> die Bemängelungen gegen die Schlussrechnung und die Erinnerungen gegen den Verteilungsentwurf, soweit sie von der Geschäftsführerin Ing. E* persönlich als Insolvenzgläubigern erhoben wurden, zurück (Punkt I.1. und IV.1.). Des weiteren genehmigte es die vom Masseverwalter vorgelegte Schlussrechnung ON&nbsp;132 samt Beilage ./D sowie den Verteilungsentwurf Beilage ./B in ON&nbsp;140 (Punkt I.2. und IV.2.). Im Punkt II.1. bestimmte es die Entlohnung des Masseverwalters mit EUR&nbsp;39.747,84 (darin enthalten EUR&nbsp;6.624,64 USt und EUR&nbsp;500,00 netto Barauslagen). In Punkt II.2. bestimmte es die Belohnungen der Gläubigerschutzverbände Kreditschutzverband von 1870, Alpenländischer Kreditorenverband und Österreichischer Verband Kreditreform mit je EUR&nbsp;1.207,06 sowie des Insolvenzschutzverbands für Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer mit EUR&nbsp;293,62. Es sprach im Punkt II.3. aus, dass die gerichtliche Pauschalgebühr EUR&nbsp;4.894,00 beträgt. Mit Punkt III. wies es den Sanierungsplanantrag in ON&nbsp;138 (verbessert in ON&nbsp;140) zurück.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Über den oben angeführten Verfahrensverlauf hinaus führte es rechtlich zu den Bemängelungen der Schuldnerin – soweit für das Rekursverfahren von Relevanz – zusammenfassend noch aus:</p><p class="ErlText AlignLeft">Da es der Geschäftsführerin Ing. E* mangels titulierter und vom Masseverwalter anerkannter Forderungen im Verfahren an einer Gläubigerstellung fehle, seien die von ihr ad personam erhobenen Bemängelungen gegen die Schlussrechnung und den Verteilungsentwurf zurückzuweisen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Zu den Bemängelungen der Schuldnerin sei im Zusammenhang mit §§&nbsp;121 Abs&nbsp;1 und 81 IO zu prüfen, ob eine Haftung des Masseverwalters in Frage komme, wobei diese nur dann greife, wenn konkursspezifische Pflichten verletzt worden seien. Insbesondere gegenüber den Absonderungsgläubigern treffe den Masseverwalter grundsätzlich die Verpflichtung, deren Recht auf vorzugsweise Befriedigung zu wahren.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Mit ihren Bemängelungen beanstande die Schuldnerin zusammengefasst die gesamten Verwaltungs- und Verwertungshandlungen des Masseverwalters und unterstelle ihm, die Masse verschleudert oder verschenkt zu haben. Dies versuche sie mit weitschweifigen, verwirrenden, nicht plausiblen und unsachlichen, teilweise verleumderischen Ausführungen darzustellen, wobei sie keine nachvollziehbaren Bescheinigungen oder Nachweise vorlege. Dabei beziehe sie den Masseverwalter in ihre Verschwörungstheorien mit ein, nach denen alle anderen, insbesondere die Marktgemeinde D*, der K*, die Stadt J* u.a. teilweise zusammenwirkend zu ihren Lasten handelten und ihr schaden würden. Der Masseverwalter werde seit Jahrzehnten vom Landesgericht Steyr als Insolvenzverwalter herangezogen und habe sich in allen Verfahren äußerst bewährt. Bedenken an seinen Fähigkeiten und an der pflichtgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben hätten nie bestanden. Auch hier sei ein konkursspezifische Pflichten verletzendes Verhalten des Masseverwalters nicht gegeben. Betrachte man die Vorwürfe der Schuldnerin in ihrer Gesamtheit, seien diese nicht stichhältig. Wenn derart massive Vorwürfe erhoben würden, bestünden begründete Zweifel an der Sachlichkeit und Objektivität der Ausführungen der Schuldnerin. Es fehle den Unterstellungen auch an Realitätsnähe.</p><p class="ErlText AlignLeft">Das Erstgericht führte zu den einzelnen Bemängelungen zusammengefasst wie folgt aus:</p><p class="ErlText AlignLeft">Soweit die Schuldnerin bemängle, dass diverse Fahrnisse lediglich zu einem Schrottpreis veräußert worden seien, was im Hinblick auf die Sachverständigengutachten einer Vermögensbeseitigung von rund EUR&nbsp;300.000,00 entspreche, sei ihr entgegenzuhalten, dass sich sowohl in den Exekutionsverfahren, als auch im gegenständlichen Verfahren die beigezogenen Sachverständigen bei der Inventarisierung und Schätzung der Fahrnisse durch die Angaben der Geschäftsführerin der Schuldnerin zu hohen Schätzwerten verleiten haben lassen, die sich im Laufe des Verfahrens als nicht der Realität entsprechend herausgestellt hätten. Dafür spreche insbesondere ein Privatgutachten eines Sachverständigen in einem Exekutionsverfahren aus dem Bereich Schienenfahrzeuge, also eines Fachmanns für schuldnerische Fahrnisse, der den erzielbaren Erlös für die von ihm besichtigten Fahrnisse entweder mit Null oder mit einem Schrottpreis angesetzt habe. Dieser Sachverständige kam auch in seinem Gutachten über den Oberbauwagen ROLBA zu ebensolcher Bewertung. Auch der hier tätige Sachverständige habe seine Einschätzung zum Oberbauwagen revidiert, weil sich der Sekundärmarkt für ältere Bahnobjekte, Lokomotiven, Waggons etc. extrem verschlechtert habe und daher lediglich ein Schrottwert anzusetzen sei.</p><p class="ErlText AlignLeft">Zum Zusammenhang der Forderungen der Gläubigerinnen Fa. L* (FA-ON&nbsp;8) und M* AG (FA-ON&nbsp;4):</p><p class="ErlText AlignLeft">Dem Gericht erschließe sich ein Zusammenhang dieser beiden Forderungsanmeldungen nicht. Tatsache sei, dass die Firma WL Eigentümerin der ehemaligen Glockengießerei in D* sei und damit auch Eigentümerin aller darin befindlichen Fahrnisse. Der von der Schuldnerin angesprochene Treppenturm sei zwar im Gutachten des Sachverständigen Ing. C* angeführt, jedoch sei die Inventarisierung und Schätzung nach den Angaben der Geschäftsführerin der Schuldnerin erfolgt. Es habe sich im Verfahren nicht nur einmal herausgestellt, dass die Angaben der Geschäftsführerin der Schuldnerin unrichtig gewesen seien. Selbst wenn daher der Treppenturm schon versteigert worden wäre, wäre es daher zu Recht zu einem Widerruf der Einbeziehung ins Verfahren gekommen, weil die Masse nicht berechtigt gewesen sei, diesen zu verwerten. Alle weiteren Ausführungen zu diesem Punkt seien nicht nachvollziehbar.</p><p class="ErlText AlignLeft">Zur Forderungsanmeldung ON 10 des Magistrats der Stadt J*:</p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen die Kritik der Anerkennung der eingeschränkten unbedingten Forderung von EUR&nbsp;37.142,94 des des Magistrats der Stadt J* und gegen die Auffassung der Schuldnerin, dass Ansprüche gegen die Stadt J* erhoben hätten werden müssen, argumentiert das Erstgericht, die Ausführungen der Schuldnerin seien ein besonderes Beispiel dafür, dass sie einerseits durch weitwendige, verwirrende, nicht nachvollziehbare und nicht überprüfbare, weil unbelegte Behauptungen darzustellen versuche, dass eine nicht ordnungsgemäße Verwertung der Fahrnisse der Schuldnerin erfolgt sei, und andererseits sich alle gegen die Schuldnerin verschworen hätten, um sie zu schädigen. Dass die Grundstücke der Stadt J* auf Kosten der Masse dekontaminiert worden seien, erschließe sich dem Gericht nicht. Auch wären die Beseitigungsmaßnahmen auf den Grundstücken der Stadt J* um EUR 37.000,00 nicht möglich gewesen. Wie die Schuldnerin auf den von ihr behaupteten Anspruch gegenüber der Stadt J* von rund einer halben Millionen Euro komme, könne sie nicht schlüssig erklären. Wenn sie meine, dass sie von der Stadt J* bis 2018 mit Ausreden hingehalten worden sei, ihr die versprochene Bahntrasse zu verkaufen, so negiere sie die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs, wonach die Eigenschaft als Eisenbahnanlage seit Jahrzehnten erloschen gewesen sei. Da die Schuldnerin über keine eisenbahnrechtliche Baugenehmigung verfügt habe, sei sie auch nicht berechtigt, einen Eisenbahnbetrieb zu führen und daher auch nicht berechtigt, die Grundstücksflächen der Stadt J* zu nutzen. Seitens der Stadt J* sei bereits ein Klageentwurf erstellt worden, in welchem unter anderem auch ein Räumungsbegehren gegen die Schuldnerin erhoben worden sei. Durch die Insolvenzeröffnung habe die Stadt J** selbst Maßnahmen zur Räumung getroffen und seien die daraus entstandenen Kosten vom Masseverwalter letztlich anerkannt worden. Die Kosten von EUR 37.000,00 erschienen auch nicht überhöht. Die von der Schuldnerin behaupteten Ansprüche gegenüber der Stadt J* seien zudem längst verjährt, bedenke man, dass sie diese Ansprüche aus einer Vereinbarung aus dem Jahr 2002 ableite und die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs aus den Jahren 2008 und 2012 stammten. Es wäre an der Schuldnerin gelegen gewesen, derartige Ansprüche innerhalb der Verjährungsfrist geltend zu machen. Dass sie das nicht getan habe, lasse sich nur damit begründen, dass sie hier einen derartigen Anspruch behaupte, um ihn als weiteres Argument für die angeblich schlechte Abwicklung des Insolvenzverfahrens durch den Masseverwalter ins Treffen führen zu können.</p><p class="ErlText AlignLeft">Zum Rolba-OBW RR-2/2000-S (Oberbaumotorwagen):</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Zum Vorwurf, der Masseverwalter habe den Motorwagen unter Wert veräußert, verwies das Erstgericht zunächst auf das Vorliegen eines exekutiven Pfandrechts, weshalb es sich beim Oberbaumotorwagen um eine Sondermasse gehandelt habe, sodass auf den (rechtskräftigen) Beschluss vom 28. April 2023 (Bd II ON 128) zu verweisen sei.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Bei diesem Massebestandteil handle es sich um ein weiteres Beispiel dafür, dass es der Schuldnerin gelungen sei, die Sachverständigen sowohl im Exekutionsverfahren als auch hier über den tatsächlichen Wert des Bestandteils zu täuschen. Die Schuldnerin verschweige, dass ein gerichtliches Sachverständigengutachten aus einem Exekutionsverfahren beim Bezirksgericht Linz einen Fahrzeugwert von EUR&nbsp;75.714,00 ergeben habe. Diesem aus dem Fachbereich Schienenfahrzeuge kommenden Sachverständigengutachten lasse sich entnehmen, dass der Sachverständige zudem anzweifle, dass der mittelte geringere Wert am Markt erzielbar sei, weil der Schmalspurmarkt sehr klein sei und viele Strecken von privaten Vereinen betrieben würden. Obwohl der Oberbauwagen in ganz Europa angeboten worden sei, habe sich lediglich eine Interessentin gemeldet. Zu berücksichtigen sei, dass das angesprochene Fachgutachten aus 2017 stamme und der Oberbauwagen lange auf einer Freifläche abgestellt gewesen sei und vor sich hin gerostet habe, sodass letztlich nur EUR&nbsp;10.000,00 zu erzielen gewesen seien. Eine Pflichtwidrigkeit des Masseverwalters liege nicht vor. Die behaupteten Schäden beim Umladen des Oberbauwagens ließen sich aus den von der Schuldnerin vorgelegten Fotos nicht ableiten. Wenn die Schuldnerin meine, dass ein höherer Verwertungserlös für den Massebestandteil erzielbar gewesen wäre, stelle sich die Frage, warum sie nicht über all die Jahre bis zur Insolvenzeröffnung nicht selbst den Verkauf zu dem ihrer Ansicht nach erzielbaren Preisen vorgenommen habe.</p><p class="ErlText AlignLeft">Zu Position 72 im Sachverständigengutachten Ing. C* – Gleisstopfmaschine 08-75 GS:</p><p class="ErlText AlignLeft">Zu diesem Punkt sei die Schuldnerin der Auffassung, dass entweder die Gleisstopfmaschine Massebestandteil sei oder die N* GmbH keine Forderung gegen die Schuldnerin habe und nicht Konkursgläubigerin sei.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Ausführungen der Schuldnerin zeigten besonders eindrucksvoll, wie sie mit Unwahrheiten und Halbwahrheiten agiere, um dem Masseverwalter auch diesbezüglich ein Fehlverhalten vorwerfen zu können. Die Behauptung der Schuldnerin, es ergebe sich aus dem Mietzins- und Räumungsprozess der N* GmbH keine Forderung gegenüber der Schuldnerin, ergebe sich nur daraus, dass sie bewusst verschweige, dass die im Verfahren erhobenen Rechtsmittel letztlich zu einer Verpflichtung der Schuldnerin zur Bezahlung offener Mietzinse von EUR&nbsp;135.389,40 und zur Verpflichtung der Räumung des Bestandobjekts **platz ** in D* gegenüber der N* GmbH geführt hätten. Ein Zusammenhang mit einer Überweisung von EUR&nbsp;70.000,00 betreffend die Gleisstopfmaschine erschließe sich für das Gericht nicht, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts dieser Betrag zur Erfüllung eines gerichtlichen Vergleiches betreffend den Kauf der ehemaligen Glockengießerei verwendet worden sei. Der Behauptung, die Gleisstopfmaschine sei Massebestandteil, stehe entgegen, dass die Firma O* GmbH den Erwerb des Eigentums an der Gleisstopfmaschine urkundlich nachgewiesen habe (Kaufvertrag vom 29. Juli 2008 samt Überweisungsbeleg des Kaufpreises [Beil./5 zu ON 143]). Dies werde von der Schuldnerin nicht akzeptiert, weil sie auch diesbezüglich Machenschaften zu diesen Vorgängen unterstelle.</p><p class="ErlText AlignLeft">Zu Position 73 im Sachverständigengutachten Ing. C* „Hypus“:</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Schuldnerin erhebe den Vorwurf, dass diese Schienenreinigungsanlage ohne Geldfluss einfach verschwunden sei. Aber auch zu dieser Position im Gutachten habe die Geschäftsführerin der Schuldnerin gegenüber dem Sachverständigen unrichtig angegeben, es würde sich um Eigentum der Masse handeln. Nach umfangreichen Erhebungen des Masseverwalters habe sich herausgestellt, dass die P* Bank den Erwerb dieser Anlage durch die N* GmbH unter Abtretung des Eigentumsvorbehaltes finanziert habe. Mit E-Mail vom 24. Juli 2018 habe die P* Bank der Firma O*, auf deren Gelände die Hypus abgestellt gewesen sei, mitgeteilt, dass sie ihr Eigentum eingezogen habe und sie mit der Verschrottung der Hypus einverstanden sei. Aus diesen Urkunden ergebe sich damit, dass die Schuldnerin nicht Eigentümerin der Hypus gewesen sei, sodass der Masse kein Anspruch auf einen Erlös zustehe.</p><p class="ErlText AlignLeft">Zum Entlohnungsanspruch des Masseverwalters:</p><p class="ErlText AlignLeft">Zur Erhöhung der Entlohnung habe der Masseverwalter vorgebracht, dass ein außergewöhnlich enormer Aufwand bei der Abwicklung des Verfahrens durch das von Anfang bis zum Schluss destruktive Verhalten der Geschäftsführerin der Schuldner entstanden sei. Die Geschäftsführerin der Schuldnerin habe keinerlei Aufklärungen und falsche Auskünfte erteilt. Sie habe beispielsweise dafür Sorge getragen, dass Positionen in das Inventar aufgenommen worden seien, die nicht Eigentum der Masse gewesen seien, was sich erst nachträglich nach umfangreicher Korrespondenz und Erhebungen herausgestellt habe. Seitens der Schuldnerin sei jede Verwertungshandlung des Insolvenzverwalters nicht nur in Frage gestellt worden, sondern versucht worden, die Verwertung zu verhindern. Er sei während der gesamten Verwertung von der Schuldnerin in einer für ihn noch nie da gewesenen Intensität und Hartnäckigkeit mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln behindert worden. Dabei habe die Geschäftsführerin der Schuldnerin ihre Doppelposition ausgenutzt, nämlich einerseits als Geschäftsführerin der Schuldnerin und andererseits als Eigentümerin ihrer Liegenschaften, auf der sich ein Großteil der zu verwertenden Fahrnisse befunden habe und teilweise noch immer befinde. Die sich auf der Liegenschaft der Geschäftsführerin der Schuldnerin zu verwertenden Fahrnisse seien aufgrund teilweise jahrzehntelanger Lagerung „dschungelartig“ verwachsen gewesen. Dieser „Dschungel“ sei zuvor zu beseitigen gewesen, wobei das Betretungsverbot durch die Geschäftsführerin der Schuldnerin hinderlich gewesen sei. Die in vielfacher Form erhobenen Vorwürfe, der Masseverwalter habe schlechte oder falsche Verwertungshandlungen gesetzt, hätten sich in hunderten Seiten niederschlagen, die die Geschäftsführerin der Schuldnerin dem Insolvenzverwalter per Telefax übermittelt habe. Im Vergleich zu einem „normalen Insolvenzverfahren“ habe sich der Aufwand des Masseverwalters in einer fast nicht einzuschätzenden Dimension vergrößert. Bei einem normalen Ablauf wäre das Verfahren wohl längstens in einem Jahr abzuwickeln gewesen, tatsächlich sei der fünffache Zeitraum benötigt worden.</p><p class="ErlText AlignLeft">Demgegenüber vertrete die Schuldnerin, dass dem Masseverwalter überhaupt keine Entlohnung gebühre, „bevor er den bisher angerichteten Schaden nicht zur Gänze gutgemacht habe“.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Dem Masseverwalter komme nach § 82b IO eine Erhöhung der Entlohnung nach §&nbsp;82 IO schon deshalb zu, weil der letzte ordnungsgemäße Jahresabschluss der Schuldnerin erst 2013 erstellt worden sei. Dem Masseverwalter sei somit keine ordnungsgemäße Buchhaltung vorgelegen und auch kein aktuelles Anlagenverzeichnis, weshalb er für die Inventarisierung der Insolvenzmasse auf die Angaben der Geschäftsführerin der Schuldnerin angewiesen gewesen sei. Zudem seien die Fahrnisse der Schuldnerin an verschiedensten Orten in Österreich, teilweise auch in Deutschland gelagert gewesen. Auch seien die zahlreich vorliegenden exekutiven Pfandrechte aufwändig zu prüfen gewesen. Erschwerend sei hinzugekommen, dass Fahrnisse teilweise zwar versteigert, aber nicht abtransportiert gewesen seien, sodass diese Unübersichtlichkeit zu einem überdurchschnittlichen Aufwand für den Masseverwalter geführt habe. Das Verfahren sei auch durch die unrichtigen Angaben der Geschäftsführerin der Schuldnerin zu den Fahrnissen verkompliziert worden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Hier betrage die Bemessungsgrundlage für die Entlohnung des Masseverwalters EUR&nbsp;81.410,67. Angesichts der dargestellten Umstände stehe sie in keiner Relation zum enormen Arbeitsaufwand des Masseverwalters im Verfahren. Daraus ergebe sich lediglich eine Verwertungsentlohnung von EUR&nbsp;13.311,60, weshalb eine Erhöhung von 100 % für angemessen erachtet werde.</p><p class="ErlText AlignLeft">Zur Verteilung:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Verteilungsentwurf des Masseverwalters sei nach §&nbsp;130 IO zu genehmigen. Soweit die Schuldnerin kritisiere, dass die Forderungsanmeldungen in ON&nbsp;5 und ON&nbsp;13 vom Masseverwalter zu Unrecht bestritten worden seien, sei entgegenzuhalten, dass beide Gläubiger keine Prüfungsklage eingebracht hätten, weshalb sie auch bei der Verteilung nicht zu berücksichtigen seien. Soweit argumentiert werde, dass die Forderungsanmeldung der Stadt J* zu ON&nbsp;10 vom Masseverwalter zu Unrecht anerkannt worden sei, sei dazu bereits oben Stellung genommen worden. Die Räumungskosten seien im geltend gemachten Umfang zu Recht angemeldet und vom Masseverwalter anerkannt worden, weshalb sie bei der Verteilung zu berücksichtigen seien. Die gegen die Forderungsanmeldung ON&nbsp;6 der Q* eingewandten groben technischen Mängel seien von der Schuldnerin nicht konkret und nachvollziehbar belegt worden, weshalb auch diese Forderung bei der Verteilung zu berücksichtigen sei.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen sämtliche Entscheidungen des Erstgerichts richtet sich der rechtzeitige <span class="Fett">Rekurs</span> der Schuldnerin ohne Erhebung eines dezidierten Rekursgrundes mit dem Antrag, die angefochtenen Entscheidungen mangels Beschlussreife aufzuheben und die Rechtssache an die erste Instanz zurückzuverweisen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Insolvenzverwalter erstattete keine Rekursbeantwortung.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurs ist nicht berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Zunächst ist festzuhalten, dass die Rekurslegitimation der Schuldnerin nicht zweifelhaft ist (<span class="Kursiv">Stapf/Gril</span>l in KLS<span class="Hoch">2</span> §&nbsp;122 Rz&nbsp;2 und <span class="Kursiv">Zeitler</span> in KLS<span class="Hoch">2</span> §&nbsp;130 Rz&nbsp;32).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Bevor auf einzelne Rekursargumente eingegangen wird, ist den Ausführungen voranzustellen, dass die Rekursausführungen die von der Schuldnerin behaupteten Verletzungen konkursspezifischer Pflichten des Masseverwalters insgesamt nicht zu tragen vermögen. Die Argumentation der Schuldnerin lässt wesentliche Verfahrensergebnisse unbeachtet, sodass die von ihr herangezogenen Argumentationsgrundlagen letztlich unschlüssig bleiben. Das Erstgericht ist auf sämtliche entscheidungswesentlichen Bemängelungen und Einwendungen der Schuldnerin im Verfahren und in der bekämpften Entscheidung umfassend eingegangen. Seine Begründung ist schlüssig und nachvollziehbar, sodass auf seine rechtliche Beurteilung verwiesen werden kann (§&nbsp;252 IO iVm §§&nbsp;526 Abs 3 iVm 500a ZPO). Die Rekursausführungen sind nicht stichhältig.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Im Einzelnen:</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Schuldnerin argumentiert, sie habe zu Unrecht im gesamten Verfahren kein Gehör gefunden.</p><p class="ErlText AlignLeft">Dabei übergeht sie, dass ihr anlässlich der Anberaumung einer Tagsatzung zur Verhandlung über die Schlussrechnung und den Verteilungsentwurf die Entwürfe des Masseverwalters zugestellt wurden und sie Einsicht nehmen und allfällige Bemängelungen anbringen konnte. Der Aufforderung dazu ist sie auch nachgekommen. Sie hat in ON&nbsp;134, 137 und 140 umfangreiche Bemängelungen, Erinnerungen und Einwendungen gegen die Rechnungslegung, den Kostenbestimmungsantrag sowie den Verteilungsentwurf erhoben. Zu diesen hat der Masseverwalter fundiert Stellung bezogen. In seinem Beschluss ist das Erstgericht auf die Bemängelungen der Schuldnerin auf den Seiten 8 bis 26 umfassend eingegangen. Entgegen den Rekursausführungen wurden die Einwände vom Erstgericht ernst genommen, soweit möglich nachvollzogen und dementsprechend dazu Stellung genommen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Soweit die Schuldnerin vorbringt, dass ihr Antrag auf Eröffnung eines Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung erst der zweite Schritt in Reaktion auf einen Konkursantrag der Marktgemeinde D* gewesen sei, kann dies dahingestellt bleiben. Für dieses Verfahren ist allein der von der Schuldnerin gestellte Antrag auf Eröffnung eines Sanierungsverfahrens entscheidend. Er hat das Verfahren eröffnet.</p><p class="ErlText AlignLeft">Zur Beantwortung der im Rekurs angesprochenen fünf Themenbereiche:</p><p class="ErlText AlignLeft">1. Bereich:</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Schuldnerin fordert einen konkreten „Nachweis“ zur von der Marktgemeinde D* gegenüber der Gemeinschuldnerin erhobenen Forderung von EUR&nbsp;707,00 an Gerichtsgebühren. Die Gemeinschuldnerin habe sämtliche aus den Verfahren mit der Marktgemeinde D* zu ersetzende Gebühren und Kosten bezahlt. Die Geltendmachung dieser Forderung sei daher nicht nachvollziehbar.</p><p class="ErlText AlignLeft">Zunächst ist festzuhalten, dass die von der Gemeinschuldnerin angesprochene Forderung über EUR&nbsp;707,00 an Gerichtsgebühren nicht im Anmeldungsverzeichnis aufscheint und daher nicht Gegenstand dieses Insolvenzverfahrens ist, sodass sich schon aus diesem Grund ein weiteres Eingehen auf die Ausführungen der Schuldnerin dazu erübrigt. Der guten Ordnung halber ist festzuhalten, dass sich in Beilage ./3 zum Antrag der Schuldnerin auf Eröffnung eines Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung die Forderung in der offenen Postenliste aufgezählt findet und sie insoweit schon von der Gemeinschuldnerin selbst als prüfungsrelevant angeführt wurde (ON 1).</p><p class="ErlText AlignLeft">2. Bereich:</p><p class="ErlText AlignLeft">Soweit die Schuldnerin das Gebaren der Firmenführung gemeinsam mit dem K Vorstand in einer Sitzung vom 5. März 2018 anspricht, ist ihr entgegenzuhalten, dass sich ihre Ausführungen auf Zeiten vor Einleitung des Insolvenzverfahrens am 7. September 2018 beziehen, sodass darauf mangels Relevanz für im Insolvenzverfahren kritisierte Handlungen nicht eingegangen werden muss.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Schuldnerin kritisiert, dass trotz der Feststellung, dass weder der Masseverwalter noch der Verwerter je etwas an den K* veräußert hätte, sich nun „aber zahlreiche Gegenstände der Masse dennoch in dessen Verwahrung und Verwendung befänden“.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Dazu hat das Erstgericht bereits darauf verwiesen, dass nicht auszuschließen ist, dass der K* von Käufern, die Massebestandteile erworben haben, diese zur Verfügung gestellt erhalten hat. Dies könne dem Masseverwalter nicht zum Vorwurf gemacht werden (Beschluss ON 144 S. 17 oben). Das Rekursgericht tritt dieser Beurteilung bei.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Soweit die Schuldnerin exemplarisch auf den kleinen „ESG-Kesselwagon“ verweist, ist ihr entgegenzuhalten, dass einer behaupteten Verwertung durch den Masseverwalter entgegensteht, dass dieser Waggon nicht im Schätzgutachten des Ing. C* (Beil./B zu ON&nbsp;25) enthalten ist und es damit – soweit ersichtlich - zu keiner Verwertung dieses Waggons durch den Masseverwalter gekommen ist. Anzumerken bleibt, dass die Schuldnerin in ihrer Bemängelung zur Schlussrechnung die Verpfändung des ESG-Kesselwaggons an die N* GmbH anführt, sodass insoweit ohnedies von einem Absonderungsrecht auszugehen wäre (ON&nbsp;134, S. 219). Dass es hier zu einem Verschenken des Kesselwagons durch den Masseverwalter gekommen wäre, bleibt bloße, nicht belegte Behauptung der Schuldnerin.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">3. Bereich:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Schuldnerin bemängelt das Abhandenkommen eines Böschungsmähgerätes Conver C 26 E, welches am sogenannten SPR-131 (Plasser und Theurer – Trägerfahrzeug) montiert gewesen sei. In ihrer Bemängelung zur Schlussrechnung mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2023 (ON&nbsp;137 S. 279) führt die Schuldnerin aus, dass der Pfandgegenstand für Gläubiger gedient habe und sich zur Gänze auf ihrem Grundstück ** befunden habe. Die Geräte seien danach verbracht worden und der Masseverwalter habe ihr am 19. Juni 2019 mitgeteilt, dass das Verkaufsverfahren hinsichtlich dieser Position abgeschlossen sei. Es werde aber bis heute verschwiegen, an wen, um wie viel und warum und so weiter die Verwertung erfolgt sei.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Wenn - wie hier - bei sehr zahlreichen und örtlich weit verstreuten Bestandteilen der Masse und einer vom Gericht genehmigten Verwertung durch beauftragte Verwertungsunternehmen (§ 81 Abs 4 IO) nicht jeder einzelne Verwertungsschritt bis ins Detail nachvollzogen werden kann, führt dies noch nicht zu einer konkursspezifischen Verletzung der Pflichten des Masseverwalters. Die Schuldnerin merkt selbst an, dass am Gegenstand mehrere Pfandrechte bestanden haben, sodass ohnedies von Absonderungsansprüchen auszugehen ist (ON&nbsp;137, 279). Auf die weitwendigen Überlegungen und Ausführungen zum Grenzverlauf zwischen den Grundstücken der Geschäftsführerin der Schuldnerin und der Marktgemeinde D* kommt es nicht an, weil der entscheidende Umstand, dass das Böschungsmähgeräte Conver C 26 samt Trägerfahrzeug SBR-131 Bestandteil der Insolvenzmasse ist und verwertet wurde, auch von der Schuldnerin nicht bestritten wird.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">4. Bereich:</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Schuldnerin wendet sich gegen die vom Masseverwalter in der Forderungsanmeldung ON&nbsp;10 zuletzt als unbedingte Forderung der Stadt J* anerkannten Räumungskosten von EUR&nbsp;37.142,94. Sie führt dazu aus, es fehle jede Rechtsgrundlage, dass die Insolvenzmasse der Schuldnerin für die Beseitigung der Problemstoffe auf den Grundstücken der Stadt J* herangezogen werde, weil sie nicht Eigentümerin der auf den Grundstücksflächen der Stadt J* vorhandenen eisenbahntechnischen Einrichtungen gewesen sei.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Anzumerken ist, dass die Weisungsbefugnis des Insolvenzgerichts sich grundsätzlich auf sämtliche Tätigkeitsbereiche des Insolvenzverwalters erstreckt. Nach herrschender Lehre besteht jedoch dort keine Weisungsbefugnis des Insolvenzgerichts, wenn es um Erklärungen des Insolvenzverwalters an das Gericht geht. Dementsprechend kommt die Erteilung von Weisungen bezüglich eines Anerkenntnisses oder einer Bestreitung von Insolvenzforderungen oder bezüglich des Inhalts des Kostenbestimmungsantrags des Insolvenzverwalters rechtlich nicht in Betracht (<span class="Kursiv">Resch</span> in KLS<span class="Hoch">2</span> Rz&nbsp;10 zu §&nbsp;84 IO). Aus der Äußerung des Insolvenzverwalters zu den Bemängelungen der Schuldnerin (ON&nbsp;143) ergibt sich, dass die Anerkennung des unbedingten Forderungsteils der Stadt J* für den Rückbau der Eisenbahnanlage vom Akteninhalt wie folgt gedeckt ist:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Wenn die Schuldnerin ihr Eigentum an den Gleisanlagen, die auf den Grundstücken der Stadt J* teilweise rückzubauen waren, bestreitet, lässt sie unbeachtet, dass bereits in den aufwendigen gleichgerichteten Verfahren der Marktgemeinde D* gegen die Beklagte festgehalten wurde, dass sie nach ihrer Gründung im Jahr 1992 von der R* 1993 die Bahnlinie käuflich erworben hat, wodurch jene Teile der veräußerten Bahntrasse, die nach Einstellung des Straßenbahnbetriebs 1974 nicht sofort entfernt werden mussten, in ihr Eigentum übergegangen sind (Urteil Bezirksgericht Enns vom 20. November 2012,GZ4*, [bestätigt durch Urteil des LG Steyr vom 28. April 2013, 1 R 22/13y]; VwGH Zl 2005/03/0219 und Zl 2010/03/0030; Beil./1 zu ON&nbsp;143). Warum der Inhalt und die Beurteilung dieser Entscheidungen im gleichgelagerten Rechtsverhältnis zur Stadt J* vom Masseverwalter unbeachtet bleiben sollte, wobei die Schmalspureisenbahn und später die Straßenbahnlinie jeweils über Grundstücke der einen wie der anderen Gemeinde geführt wurden, führt der Rekurs nicht aus. Wenn der Masseverwalter die von der Stadt J* geltend gemachten Räumungskosten zur Vermeidung weiteren Verfahrensaufwands anerkannte, erweist sich dies wegen der zitierten Vorprozesse mit der Marktgemeinde D* als unbedenklich.</p><p class="ErlText AlignLeft">Auch für das Rekursgericht ist nicht nachvollziehbar, woraus sich aus der Haftungsvereinbarung mit der S* AG vom 3. Juli 2002 eine Kostenübernahme für von der Stadt J* geltend gemachte Räumungskosten ergeben solle, bezieht sich diese Vereinbarung doch nur auf Bauarbeiten im Kreuzungsbereich bei der **straße und sind diesbezügliche Ansprüche, wie das Erstgericht zutreffend ausführte, bereits längst verjährt.</p><p class="ErlText AlignLeft">5. Bereich:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Schuldnerin kritisiert die Verwahrung des Oberbauwagens Rolba auf den Abstellflächen von T* als zu teuer. Aus der Stellungnahme des Masseverwalters vom 30.08.2021 (ON&nbsp;86) hatte sich die Notwendigkeit der Verwahrung des Rolba Oberbauwagens an anderer Stelle ergeben, weil die Stadt J* bereits eine Räumungsklage vorbereitet und ihre Einbringung in Aussicht gestellt hatte. Zur Miethöhe, die einen überdachten Abstellplatz betraf, weil von der Geschäftsführerin der Schuldnerin ein dementsprechend hoher Fahrzeugwert angeführt worden war, gab es ohnehin dementsprechende Nachverhandlungen durch den Masseverwalter, um das Mietentgelt adäquat festzulegen (Bd I ON 86). Eine monatliche Miete von EUR&nbsp;200,00 für einen versperrten, mit Kameras abgesicherten und überdachten Abstellplatz bei einem - wie die Geschäftsführerin der Schuldnerin angibt - hohen Fahrzeugwert ist unbedenklich. Wenn sich die Schuldnerin im Weiteren gegen die Form der Verwertung des Rolba Oberbauwagens wendet, ist sie auf die rechtskräftig abgeschlossene Sondermasseverteilung nach Verwertung des Massegegenstands zu verweisen. Welche konkrete Wertbeeinträchtigung durch die Übersiedlung der Lokomotive eingetreten sein soll, führt der Rekurs nicht aus. Die von der Schuldnerin vorgelegten Fotografien zur Bestätigung eines Schadensbildes sind aufgrund des Alters und des Gebrauchszustandes des Rolba Oberbauwagens für eine Schadensbeurteilung nicht aussagekräftig.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Mit ihrem weiteren Rekursvorbringen nimmt die Schuldnerin Bezug zur „Hypus Versuchsanlage“, wobei sie deren Verwertung mit einer Auftragszession mit der N* GmbH in Zusammenhang bringt. Dabei bestätigt das Rekursvorbringen selbst einen Verkauf an dieN* GmbH. Auch aus der Stellungnahme des Masseverwalters in ON&nbsp;143 ist der Verkauf und der Eigentumsvorbehalt anlässlich der Finanzierung des Verkaufs durch die V* Bank mit dem Schreiben der Schuldnerin vom 24.06.2006 (Beil./6 zu ON&nbsp;143 Schreiben vom 24.06.2005) dokumentiert. Die im Zusammenhang angeführten Ausführungen zur Auftragszession ändern nichts an der fehlenden Massezugehörigkeit der Hypus Versuchsanlage aufgrund des bereits 2005 und damit lange vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens (2018) erfolgten Verkaufs der Versuchsanlage.</p><p class="ErlText AlignLeft">Zu Position 72 im Gutachten Ing. C* - Gleisstopfmaschine 08-75 GS - führt die Schuldnerin an, dass die Firma O* diese Maschine nicht gutgläubig erworben habe, weshalb ihr das Eigentum nicht zukomme.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Schuldnerin nimmt im Rekurs inhaltlich nicht zum vom Erstgericht angeführten Eigentumsnachweis durch die O* GmbH Stellung. Bereits aus dem Kaufvertrag ergibt sich entgegen den Rekursausführungen die Gutgläubigkeit der Firma O* GmbH als Käuferin, weil die Kette der Eigentumsübertragung zum Kaufgegenstand bereits in der Präambel in Punkt I des Kaufvertrages angeführt wurde, sodass diesbezüglich Klarheit für die Vertragsparteien und damit Gutgläubigkeit gegeben war (Beil./5 zu ON 143). Das Eigentum der Verkäuferin war schon nach der Vertragslage nicht zweifelhaft. Die kritisierte Gebarung über den Kaufpreis liegt weit vor Konkurseröffnung und sie ist daher nicht in Bezug zum Insolvenzverfahren zu setzen. Das gleiche gilt für die im Rekurs angestellten Darlegungen zur früheren Aufgabenteilung zwischen dem K* und der Schuldnerin. Diese Geschehnisse liegen vor Konkurseröffnung, weshalb aus ihnen keine inkorrekte Abführung des Insolvenzverfahrens abzuleiten ist.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Wenn die Schuldnerin letztlich eine generelle Kritik an der Kommunikation und an Informationsdefiziten übt und diese dem Masseverwalter zum Vorwurf macht, übergeht sie die Feststellungen im erstgerichtlichen Beschluss. Danach hatte gerade sie wesentlichen Anteil an den Schwierigkeiten bei der Verwertung der Insolvenzmasse, weil sie vielfach unrichtige Angaben bezüglich der Massezugehörigkeit gemacht hat.</p><p class="ErlText AlignLeft">Studiert man den Insolvenzakt in seiner Gesamtheit, zeigt sich, dass der Masseverwalter trotz der aufgetretenen Erschwernisse im Besonderen bemüht war, das Insolvenzverfahren möglichst rasch und effizient abzuwickeln. Aus insgesamt 19 (!) Berichten und Stellungnahmen des Masseverwalters ist dieses Bemühen schriftlich dokumentiert, sodass die von der Schuldnerin geäußerte Kritik nicht stichhaltig ist. Soweit die Schuldnerin noch einmal Rechtsunsicherheiten zu den sehr großen Massebestandteilen anspricht, darf auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.</p><p class="ErlText AlignLeft">Wenn die Schuldnerin letztlich Ausführungen zum Zusammenhang der Forderungsanmeldungen ON&nbsp;4 und ON&nbsp;8 trifft, ist ihr entgegenzuhalten, dass beiden Anmeldungen jeweils titulierte Forderungen zu Grunde liegen. Im Insolvenzverfahren kommt die von der Schuldnerin angestrebte Gegenverrechnung zwischen den Titelgläubigern nicht (mehr) in Frage. Die Schuldnerin ist auf ihre Bestreitung der Forderungsanmeldung ON 8 zu verweisen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Auf die übrigen bekämpften Punkte der Entscheidung geht die Schuldnerin in ihrem Rekurs inhaltlich nicht mehr ein.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurs bleibt insgesamt erfolglos.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Unzulässigkeit eines weiteren Rechtsmittels folgt aus den §§&nbsp;252 IO, 528 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;2 ZPO.</span></p></div></div></body></html>
null
JJT_20250115_OLG0459_00200R00005_25F0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-24
2025-01-24
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250115_OLG0459_00200R00005_25F0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250115_OLG0459_00200R00005_25F0000_000/JJT_20250115_OLG0459_00200R00005_25F0000_000.html
2R5/25f
ECLI:AT:OLG0459:2025:00200R00005.25F.0115.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Bernhard Telfser als Vorsitzenden sowie Dr.&nbsp;Werner Gratzl und Mag.&nbsp;Christine Mayrhofer in der Insolvenzeröffnungssache der Antragstellerin <span class="Fett">A*</span>, **straße **, wider den Antragsgegner <span class="Fett">B*</span>, geboren am **, geschäftsführender Gesellschafter der Firma „C* GmbH“, **straße **, über den Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 17. Dezember 2024, GZ1*, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Dem Rekurs wird Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der angefochtene Beschluss wird dahingehend abgeändert, dass der Antrag, über das Vermögen des Antragsgegners den Konkurs zu eröffnen, abgewiesen wird.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt nicht EUR&nbsp;5.000,00.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Antragstellerin beantragte mit (ursprünglich beim Bezirksgericht Linz eingebrachten) Antrag vom 03.10.2024, über das Vermögen des Antragsgegners den Konkurs zu eröffnen. Er schulde aus dem Zeitraum 01.07.2023 bis 30.06.2024 EUR&nbsp;1.565,15 an Versicherungsbeiträgen, EUR&nbsp;367,74 an Nebengebühren und Verzugszinsen zuzüglich Verzugszinsen von 7,88 % seit 04.10.2024 aus EUR&nbsp;1.471,61. Laut Bericht des BG Linz zu GZ2* sei der Vollzug mangels pfändbarer Gegenstände erfolglos gewesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die amtswegigen Erhebungen des Erstgerichtes (an das mittlerweile das Insolvenzantragsverfahren überwiesen worden war) ergaben fünf Exekutionen, betrieben von zwei Gläubigern mit einer insgesamten Summe von EUR&nbsp;1.919,15. Aus den vom Erstgericht beigeschafften Vermögensverzeichnis (GZ3* des BG Linz) ergibt sich, dass der Antragsgegner aus seiner selbständigen Erwerbstätigkeit bei der C* GmbH kein Einkommen erzielt; er lebt von seinen Ersparnissen. Allerdings verfügt er auf dem Girokonto über einen Kontostand von EUR&nbsp;3.000,00 im Haben. Zwei vom Schuldner angeführte Kraftfahrzeuge, ein Motorrad und ein PKW, waren nicht auffindbar.</p><p class="ErlText AlignLeft">Zu der für den 16.12.2024 anberaumten Einvernahme-Tagsatzung ist niemand erschienen. Die Zustellung der Ladung des Antragsgegners ist durch Hinterlegung zur Abholung ab 14.11.2024 ausgewiesen. Die Sendung wurde nicht behoben und am 03.12.2024 retour gesendet. Eine neuerliche Abfrage im Exekutionsregister ergab vier von der Antragstellerin und eine von der D* betriebene Forderung (letztere in Höhe von EUR&nbsp;244,00).</p><p class="ErlText AlignLeft">Über telefonische Anfrage vom 16.12.2024 gab die Antragstellerin bekannt, dass sich die Rückstände aktuell auf EUR&nbsp;2.872,38 belaufen würden.</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit dem <span class="Fett">angefochtenen Beschluss</span> erklärte das Erstgericht den Antragsgegner für zahlungsunfähig und wies den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen mangels kostendeckenden Vermögens ab; ein Insolvenzverfahren werde nicht eröffnet. In seiner Begründung verwies es auf die oben wiedergegebene Erhebungsergebnisse. Diese und das zuletzt am 19.06.2024 abgelegte Vermögensverzeichnis ließen keinen Zweifel darüber aufkommen, dass tatsächlich Insolvenz gegeben sei und auch der Kostenvorschuss für die Insolvenzeröffnung nicht aufgebracht werden könne. Trotz der eher überschaubaren Rückstände des Schuldners habe die Antragstellerin selbst diese geringen Beträge exekutiv nicht einbringlich machen können. Auch die weitere Exekution betreffe eine Forderung von nur EUR&nbsp;244,00. Demnach könne der Schuldner auch derartige kleine Rückstände nicht begleichen oder regulieren, weshalb von seiner Zahlungsunfähigkeit auszugehen sei. Die beiden Kraftfahrzeuge seien nicht auffindbar. Es fehle daher an einer Kostendeckung; ein Anfechtungsvolumen sei nicht gegeben und sei die Antragstellerin zum Erlag eines Kostenvorschusses nicht bereit gewesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diesen Beschluss richtet sich der <span class="Fett">Rekurs des Antragsgegners</span> mit dem erkennbaren Abänderungsantrag auf Abweisung des Insolvenzeröffnungsantrags. Zum einen macht er Zustellprobleme geltend, andererseits weist er auf eine zwischenzeitig erfolgte Begleichung sämtlicher Rückstände, also sowohl jener bei der Antragstellerin als auch jener bei der D* hin. Er vertritt die Ansicht, die Einleitung eines Insolvenzverfahrens stehe in keinem angemessenen Verhältnis zur Höhe der offenen Forderungen. Er sei zahlungsfähig und habe derzeit keine laufenden Kredite oder sonstige Zahlungsverpflichtungen. Seine finanzielle Lage sei stabil und gesichert. Um sicherzustellen, dass es nicht mehr zu Zahlungsausfällen komme, werde er künftig Vorauszahlungen für eine längere Periode leisten. Dem sind Einzahlungsbelege betreffend die offenen Forderungen angeschlossen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Antragstellerin erstattete keine Rekursbeantwortung; vielmehr zieht sie ihren Antrag auf Insolvenzeröffnung zurück, weil am 19.12.2024 Vollzahlung geleistet worden sei.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurs ist im Ergebnis berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Zwar ist gemäß §&nbsp;70 Abs&nbsp;4 IO bei der Entscheidung über den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht zu berücksichtigen, dass der Gläubiger den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zurückgezogen hat oder dass die Forderung des Gläubigers nach dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens befriedigt worden ist. Wenn der Schuldner eine solche Befriedigung mit dem Gläubiger bescheinigt, so reicht dies allein nicht aus, um das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit zu entkräften.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Zudem kommt, dass der Antragsgegner die Einvernahme-Tagsatzung unbesucht gelassen hat. Daher ist davon auszugehen, dass die Frage der Zahlungs(un)fähigkeit vom Rekursgericht grundsätzlich nur auf Basis der bei erstinstanzlicher Beschlussfassung gegebenen Aktenlage geprüft werden kann, weil der Schuldner die Vernehmungstagsatzung unbesucht ließ. Nach §&nbsp;259 Abs 2 IO können nämlich Anträge, Erklärungen und Einwendungen, zu deren Anbringung eine Tagsatzung bestimmt ist, von den nicht erschienenen, gehörig geladenen Personen nachträglich nicht mehr vorgebracht werden. Somit ist es dem Schuldner verwehrt, im Rekurs gegen die Entscheidung über den Insolvenzeröffnungsantrag Neuerungen – insbesondere solche betreffend die Tatfrage seiner Zahlungs-(un)fähigkeit – vorzubringen, wenn er der Ladung zur Tagsatzung über den Konkursantrag bzw zu seiner Vernehmung keine Folge geleistet hat (<span class="Kursiv">Mohr</span>, IO11 [2012], § 70 E 212 und § 71c E 14; OLG Linz 8.10.2013, 2 R 158/13p; 21.8.2014, 2 R 133/14p uva; OLG Graz 3 R 154/14p, ZIK 2015/37; RIS-Justiz RS0110967 T6 und RS0115313).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Allerdings lagen zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung doch mehr Hinweise auf eine Zahlungsunwilligkeit oder Zahlungsstockung als weniger auf eine Zahlungsunfähigkeit des Antragsgegners vor. Immerhin ist im Vermögensverzeichnis ein Kontoguthaben von EUR&nbsp;3.000,00 ersichtlich, das annähernd sämtliche betriebenen Forderungen hätte decken können. Ohne näher auf die vom Antragsgegner illustrierte Zustellproblematik eingehen zu müssen, ist trotz §&nbsp;70 Abs&nbsp;4 und §&nbsp;259 Abs&nbsp;2 IO das Vorliegen der Konkursvoraussetzung der Zahlungsunfähigkeit zu verneinen. Der angefochtene Beschluss war daher im Sinne einer Abweisung des ohnehin mittlerweile zurückgezogenen Insolvenzantrags abzuändern.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Bewertung des Entscheidungsgegenstandes beruht auf der Höhe der Forderungen der Antragsstellerin.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß §§&nbsp;528 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;1 ZPO iVm 252 IO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250115_OLG0459_0090BS00298_24Y0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-28
2025-01-30
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9Bs298/24y
ECLI:AT:OLG0459:2025:0090BS00298.24Y.0115.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Engljähringer als Vorsitzende, Mag. Hemetsberger und Mag. Kuranda in der Strafsache gegen <span class="Fett">A*</span> wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe gegen das Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Linz vom 12. November 2024, GZ1*, nach der in Anwesenheit des Ersten Oberstaatsanwalts Mag.&nbsp;Winkler, LL.M. (WU), des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. J. Helm durchgeführten Berufungsverhandlung am 15.&nbsp;Jänner 2025 zu Recht erkannt:</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:38px !important;">Der Berufung wird teilweise Folge gegeben; das angefochtene Urteil wird in seinem Strafausspruch dahin abgeändert, dass die Freiheitsstrafe auf drei Jahre herabgesetzt wird.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last. </span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Entscheidungsgründe:</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit dem angefochtenen Urteil wurde A* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §&nbsp;28a Abs 1 fünfter Fall SMG (A./) sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (B./) schuldig erkannt und unter Anwendung der §§&nbsp;28 Abs 1, 39 Abs 1 und 1a StGB nach § 28a Abs 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Nach dem Schuldspruch hat er in ** und andernorts vorschriftswidrig Suchtgift</p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:47px !important;"><span aria-hidden="true">A./ im Zeitraum von zumindest April 2024 bis zumindest 16. Mai 2024 in einer die Grenzmenge (§&nbsp;28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich zumindest 40,7 Gramm Heroin (mit einem Reinheitsgehalt von 12,15%) den nachangeführten Abnehmern großteils durch gewinnbringenden Verkauf überlassen, und zwar</span></p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:95px !important;">1./ B* in wiederholten Teilverkäufen von ein bis fünf Gramm insgesamt ca. 40 Gramm Heroin zum Grammpreis von EUR 40,00 (bei Abnahme von fünf Gramm) bzw. EUR 50,00,</p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:95px !important;">2./ C* einmalig 0,2 Gramm Heroin unentgeltlich zum Konsum,</p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:95px !important;">3./ D* einmalig 0,5 Gramm Heroin unentgeltlich zum Konsum;</p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:47px !important;">B./ im Zeitraum Anfang Februar 2024 bis zumindest 16. Mai 2024 erworben und bis zum ausschließlichen Eigenkonsum besessen, nämlich regelmäßig insgesamt unbekannte Mengen Heroin, aber auch seit 17. Februar 2024 wiederholt insgesamt unbekannte Mengen Cannabiskraut.</p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen den Strafausspruch richtet sich die Berufung des Angeklagten (ON 15), mit der er zusammengefasst die Herabsetzung der Freiheitsstrafe auf maximal zwei Jahre und sechs Monate anstrebt.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Berufung ist teilweise berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft">Das Erstgericht wertete bei der Strafbemessung das teilweise Geständnis mildernd und das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen sowie sechs einschlägige Vorstrafen erschwerend.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Dieser Strafzumessungskatalog ist im Sinne des zutreffenden Einwandes der Oberstaatsanwaltschaft dahingehend zu präzisieren, dass der besondere Erschwerungsgrund des §&nbsp;33&nbsp;Abs&nbsp;1 Z&nbsp;2 StGB durch das Vorliegen der Rückfallsvoraussetzungen nach §&nbsp;39 Abs&nbsp;1 und Abs&nbsp;1a StGB noch aggraviert wird. Daran anknüpfend ist mit Blick auf die Feststellungserfordernisse hinsichtlich der – vom Erstgericht angewandten – Strafschärfung nach §&nbsp;39 Abs&nbsp;1 und Abs&nbsp;1a StGB (RIS-Justiz RS0134000) nachzuholen (ON&nbsp;2.4, 3), dass der Angeklagte zuletzt am 30.&nbsp;August 2021 zu GZ2* des Landesgerichts Linz unter anderem wegen Suchtmitteldelinquenz zu einer 15-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, die er bis 4.&nbsp;August 2023 verbüßt hat. Zuvor war er am 25.&nbsp;November 2020 ebenfalls vom Landesgericht Linz zu GZ3* wegen mehrerer Suchtmitteldelikte zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden, die am 11.&nbsp;Mai 2022 vollzogen wurde .</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Der Erschwerungsgrund des raschen Rückfalls nach der bislang letzten Entlassung aus einer Freiheitsstrafe am 4.&nbsp;August 2023 ist hier entgegen der Ansicht der Oberstaatsanwaltschaft jedoch gerade noch nicht anzunehmen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Ausgehend davon und vor dem Hintergrund der allgemeinen Kriterien der Strafbemessung nach §&nbsp;32 Abs&nbsp;2 und Abs&nbsp;3 StGB erweist sich die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren bei dem gegebenen Strafrahmen einer Freiheitsstrafe von bis zu siebeneinhalb Jahren (§&nbsp;28a Abs&nbsp;1 SMG iVm §&nbsp;39 Abs&nbsp;1 und Abs&nbsp;1a StGB) einer moderaten Reduktion zugänglich. Eine Freiheitsstrafe von drei Jahren ist tat- und schuldadäquat und der konkreten Täterpersönlichkeit entsprechend. Nur dass sich der Angeklagte den Berufungsausführungen zufolge im Zeitraum 4. August 2023 bis März 2024 auf dem richtigen Weg befunden habe, lässt eine weitere Reduktion der Freiheitsstrafe angesichts des einschlägig belasteten Vorlebens des Angeklagten nicht zu.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250115_OLG0459_00400R00138_24B0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-29
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250115_OLG0459_00400R00138_24B0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250115_OLG0459_00400R00138_24B0000_000/JJT_20250115_OLG0459_00400R00138_24B0000_000.html
4R138/24b
ECLI:AT:OLG0459:2025:00400R00138.24B.0115.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch Senatspräsident Mag.&nbsp;Gerhard Hasibeder als Einzelrichter (§ 8a JN) in der Rechtssache der Klägerin<span class="Fett"> A*, </span>geboren am **, Briefträgerin, ** Straße **, vertreten durch die Linsinger &amp; Partner Rechtsanwälte OG in St. Johann im Pongau, gegen die Beklagte <span class="Fett">B*, </span>geboren am **, Einzelhandelskauffrau, **straße **, vertreten durch Dr. Thomas Herzog und Mag. Barbara Loipetsberger, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wegen EUR&nbsp;39.070,00 s.A., über den Rekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 19.&nbsp;September 2024, GZ*, beschlossen:</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der angefochtene Beschluss, der in seinem Punkt 2. (Gebührennote Nr. 202411) bestätigt wird, wird in seinem Punkt 1. (Gebührennote Nr. 202316) dahin abgeändert, dass die Gebühren des Sachverständigen Dipl.-HTL-Ing. C* für die Erstellung des schriftlichen Gutachtens vom 23. Oktober 2023 (ON 27) - Gebührennote Nr. 202316 vom 23. Oktober 2023 in der korrigierten Fassung vom 5.&nbsp;August 2024 - mit gerundet gemäß § 39 Abs 2 GebAG EUR&nbsp;5.546,00, und insgesamt daher mit EUR&nbsp;9.344,00 bestimmt werden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Abänderung der Auszahlungsanordnung wird dem Erstgericht übertragen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Klägerin hat ihre Rekurskosten selbst zu tragen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegenstand des Verfahrens sind gewährleistungs- und schadenersatzrechtliche Ansprüche der Klägerin betreffend eine von der Beklagten mit Kaufvertrag vom 27.&nbsp;Juli 2021 erworbenen Eigentumswohnung.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der mit Beschluss vom 22. Juni 2023, ON 11, bestellte Sachverständige Dipl.-HTL-Ing.&nbsp;C* wurde mit der Erstattung eines Gutachtens einerseits zu den behaupteten Mängeln des Wohnungseigentumsobjekts und andererseits zum Verkehrswert der Wohnung beauftragt (ON&nbsp;13).</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Sachverständige erstattete ein schriftliches Gutachten vom 23.&nbsp;Oktober 2023 (ON 27), das er in der Verhandlung vom 20. Juni 2024 mündlich erörterte bzw ergänzte (ON 59).</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht die Gebühren des Sachverständigen für die Erstattung des schriftlichen Gutachtens vom 23. Oktober 2023 auf Basis der (korrigierten) Gebührennote Nr. 202316 vom 5. August 2024 mit EUR&nbsp;5.709,00 und für die Erörterung/Ergänzung des Gutachtens in der Tagsatzung vom 20. Juni 2024 mit EUR&nbsp;3.798,00, insgesamt daher mit EUR&nbsp;9.507,00.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Da das Erstgericht der Entscheidung die (korrigierte) Gebührennote Nr. 202316 mit den dort angeführten Ansätzen uneingeschränkt zugrunde gelegt hat, ist es im Ergebnis nicht entscheidend, dass in der angefochtenen Entscheidung einerseits die Gebühr für Aktenstudium mit EUR&nbsp;44,90 doppelt angesetzt ist und andererseits die Gebühr nach §&nbsp;51 GebAG nur mit EUR&nbsp;728,90 (statt richtig mit EUR&nbsp;728,90 zuzüglich EUR&nbsp;730,20) ausgewiesen ist. Die ausgeworfene Summe von EUR&nbsp;5.709,00 stimmt mit der Gebührennote des Sachverständigen überein, sodass es sich dabei um bloße berichtigungsfähige Schreibfehler handelt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Nach der Begründung des Erstgerichtes seien die Gebühren vom Sachverständigen (im zuletzt nach den Einwendungen der Klägerin mit Stellungnahme des Sachverständigen modifizierten Umfang) GebAG-konform verzeichnet worden. Zeitversäumnis für den Lokalaugenschein sei zuletzt nicht mehr geltend gemacht worden. Der Ansatz für die Übersendung des Gutachtens sei vom Sachverständigen einwendungsgemäß auf EUR&nbsp;12,00 reduziert worden; ebenso habe der Sachverständige einwendungsgemäß die Berechnungsgrundlage für die Liegenschaftsschätzung reduziert. Die verrechneten Stunden seien vom Sachverständigen mit ON 67 plausibilisiert worden, ebenso der zur Anwendung gebrachte Stundensatz. Letzterer übersteige zudem den allgemein bei Gericht beobachteten Rahmen nicht. Auch die Beiziehung des Gehilfen sei dargelegt worden. Zu den Kosten des Reinschreibens/von Farbablichtungen habe der Sachverständige auf interne Aufzeichnungen verwiesen; Kosten in der geltend gemachten Höhe würden zudem plausibel erscheinen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag dahin, dass dem Sachverständigen kein Gebührenanspurch zukomme, hilfsweise die Sachverständigengebühren mit EUR&nbsp;5.208,19 (darin EUR&nbsp;868,03 USt) zu bestimmen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Eine Rekursbeantwortung wurde weder von der Beklagten noch vom Sachverständigen erstattet.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurs ist teilweise berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Vorweg ist im Einklang mit der Rekurswerberin festzuhalten, dass über den Rekurs gegen die angefochtene Entscheidung über die Gebühren des Sachverständigen gemäß §&nbsp;8a JN der Einzelrichter zu entscheiden hat.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Recht zu geben ist der Rekurswerberin auch darin, dass sich der Anspruch auf die Gebühren gemäß § 25 Abs 1 GebAG nach dem dem Sachverständigen erteilten Auftrag richtet und dass nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich allfällige Mängel des Gutachtens oder dessen inhaltliche Richtigkeit nicht im Gebührenbestimmungsverfahren zu prüfen sind. Insoweit erschließt sich für das Rekursgericht nicht, worauf die Rekurswerberin mit ihren Ausführungen in ihrer Mängelrüge in diesem Zusammenhang abzielt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Grundsätzlich richtig ist auch, dass das Gericht zur Nachprüfung verpflichtet ist, wenn die Angaben des Sachverständigen wegen des besonderen Ausmaßes der verzeichneten Stunden bedenklich sind. Hierbei ist auch der Sachverständige zu hören, wobei das Erstgericht ungeachtet allfälliger Äußerungen verpflichtet ist, die Schlüssigkeit des Gebührenantrages, seine Übereinstimmung mit dem Akteninhalt sowie gesetzlichen Bestimmungen zu prüfen.</p><p class="ErlText AlignLeft">In diesem Zusammenhang wirft die Rekurswerberin dem Erstgericht vor, diesen Maßstäben nicht gerecht geworden zu sein und die verzeichneten Gebühren des Sachverständigen ohne (tiefer gehende) Prüfung bestätigt zu haben. Sie könne den Angaben des Sachverständigen bloß durch begründete Tatsachenfeststellungen entgegentreten, sei gegenwärtig jedoch - mangels präziserer Angaben des Sachverständigen - noch nicht einmal in die Möglichkeit versetzt worden, solche erheben zu können. Als Verfahrensmangel werde daher geltend gemacht, dass das Erstgericht nicht auf die Beibringung weiterer Bescheinigungen gedrängt habe. Gerade das der Gebührennote 202411 zugrunde gelegte Stundenausmaß von 18 erscheine überaus bedenklich, als dies tatsächlich der Erstattung eines zweiten Gutachtens gleichkommen würde, obwohl es zu diesem Zeitpunkt lediglich das bereits vorliegende Gutachten zu erörtern gegolten habe. Rechtsrichtig hätte das Erstgericht seine gesetzmäßigen Überprüfungspflichten (kritischer) in Anwendung bringen müssen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Abgesehen davon, dass im Rekurs nicht ausgeführt wird, welche weiteren Bescheinigungen das Erstgericht dem Sachverständigen aufzutragen gehabt hätte oder welche konkrete tiefer gehende bzw kritischere Prüfung vorzusehen gewesen wäre, liegt ein aufzugreifender Verfahrensmangel auch aus nachstehenden Gründen nicht vor:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Nach ständiger Rechtsprechung sind die Angaben eines gerichtlich beeideten Sachverständigen über den Zeitaufwand so lange als wahr anzunehmen, als nicht das Gegenteil bewiesen oder zumindest wahrscheinlich gemacht wird oder solange nicht gegenteilige Anhaltspunkte hervorkommen (<span class="Kursiv">Krammer/Schmidt/Guggenbichler</span>, SDG-GebAG<span class="Hoch">4</span> § 38 GebAG E&nbsp;93). Das darf aber nicht in einer De-facto-Unüberprüfbarkeit des verzeichneten Zeitaufwandes münden. Jedenfalls muss der verzeichnete Stundenaufwand plausibel sein (OLG Wien 12 R 43/17g = SV 2017/4, 233). In diesem Sinn muss der Sachverständige, wenn von einer Partei das in Rechnung gestellte Zeitausmaß bestritten wird, grundsätzlich seine Zeitangaben nach den einzelnen Leistungen detaillieren (<span class="Kursiv">Krammer/Schmidt/Guggenbichler</span> aaO E&nbsp;103, 104). Bestehen Bedenken gegen die Richtigkeit der verzeichneten Stundenanzahl, so bedarf der Zeitaufwand einer Nachprüfung. Dazu hat der Sachverständige grundsätzlich eine Stundenauflistung vorzulegen (vgl <span class="Kursiv">Krammer/Schmidt/Guggenbichler</span> aaO E&nbsp;105; OLG Linz 4&nbsp;R 116/24t).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">In diesem Sinn hat der Sachverständige aufgrund der Äußerung der Klägerin einerseits eine Modifizierung seiner Gebührennote vorgenommen und andererseits sowohl die verzeichneten Stundensätze begründet als auch insbesondere detaillierte Stundenauflistungen samt Angaben zu den erbrachten Tätigkeiten erstellt (ON 67). Eine Verpflichtung des Erstgerichtes zur Durchführung weiterer Überprüfungen bestand im Sinne der Judikatur nicht, zumal die Klägerin zur Stellungnahme bzw zum (korrigierten) Gebührenantrag des Sachverständigen ON 67 ausdrücklich nur auf die bereits erhobenen Einwendungen verwies und ansonsten keine weiteren substanziierten Einwände, insbesondere zu den Stundenauflistungen erhob (vgl ON 70). Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt daher nicht vor.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">In rechtlicher Hinsicht rügt die Rekurswerberin zunächst, dass der Sachverständige entgegen §&nbsp;38 Abs 1 GebAG den Anspruch auf seine Gebühr nicht binnen vier Wochen nach Abschluss seiner Tätigkeit geltend gemacht habe, weil er aufgrund ihrer Äußerung zur mit 5. Juli 2024 übermittelten Gesamtgebührennote eine korrigierte Gebührennote (erst) mit 6. August 2024 zur Vorlage gebracht habe, welche der bekämpften Kostenbestimmung zugrunde gelegt worden zu sein scheine. Da die Tätigkeiten des Sachverständigen mit Schluss der mündlichen Verhandlung am 20. Juni 2024 ihren Abschluss gefunden hätten, sei er mangels fristgerechter bzw gehöriger Geltendmachung seines Gebührenanspruchs verlustig gegangen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Dieser Auslegung des § 38 Abs 1 GebAG kann nicht gefolgt werden. Der Sachverständige hat seine Gebührennote vom 1. Juli 2024, ON 62, jedenfalls fristgerecht eingebracht (die Gebührennote vom 23. Oktober 2023, ON 28, wurde ohnehin schon nach Erstattung des schriftlichen Gutachtens vorgelegt). Die Korrektur der Gebührennoten erfolgte lediglich aufgrund der Einwendungen der Klägerin. Wenn der Sachverständige unter Zugrundelegung von teilweise als berechtigt angesehene Einwendungen seine Gebührennote korrigiert, und zwar ausschließlich zu seinem Nachteil, also den Gebührenanspruch reduziert, bedeutet dies entgegen der offenbar vertretenen Rekursansicht nicht, dass die Verzeichnung verfristet ist, sondern wirkt - wie bei einer Verbesserung eines Antrages - auf die ursprüngliche Einbringung zurück. Es kann nämlich keinen Unterschied machen, dass ein Sachverständiger (zur Klarstellung) eine korrigierte reduzierte Gebührennote erstellt und vorlegt anstatt sich nur zu den erhobenen Einwendungen zu äußern, ohne eine korrigierte Gebührennote zu erstellen. In diesem Sinn fallen auch nachträgliche Aufklärungen zu den verzeichneten Gebühren nicht unter die Präklusivfrist (RS0122914).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Weiters rügt die Rekurswerberin die Kosten für die Beiziehung von Hilfskräften. Dem Sachverständigen stehe zwar die Beiziehung von Hilfskräften auch ohne ausdrücklichen Gerichtsauftrag frei, um eine entsprechende Nachprüfung und Überwachung zu gewährleisten, habe er bei Geltendmachung der Gebühren aber jene Umstände darzulegen, aus denen sich die Notwendigkeit ergebe, Hilfskräfte beizuziehen. Unterlasse er die Bescheinigung habe ihn das Gericht gemäß § 39 Abs 1 GebAG zur Äußerung dazu aufzufordern. Der Sachverständige habe es aber bis zuletzt unterlassen, diese Umstände darzulegen. Die bloße Tatsache, dass er eine Bürogemeinschaft mit seinem Sohn unterhalte, vermöge die Beiziehung desselben als Hilfskraft nicht zur Annahme der Notwendigkeit zu verhelfen. Die Kosten für die Beiziehung von Hilfskräften von EUR&nbsp;408,00 und EUR&nbsp;228,00 hätten daher versagt bleiben müssen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß § 30 GebAG sind dem Sachverständigen die Kosten für Hilfskräfte so weit zu ersetzen, als deren Beiziehung nach Art und Umfang seiner Tätigkeit unumgänglich notwendig ist. Zu diesen Kosten zählen die Kosten, die der Sachverständige für die Arbeitsleistung der Hilfskräfte aufwenden muss, soweit sie das übliche Ausmaß nicht übersteigen (Z&nbsp;1).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Eine Hilfskraft ist eine Person, die - angestellt oder selbständig - auf demselben Fachgebiet wie der Sachverständige tätig ist, seinen fachlichen Weisungen unterliegt und ihm entsprechend ihrer Fähigkeit zuarbeitet. Die Beiziehung von Hilfskräften steht dem Sachverständigen auch ohne ausdrücklichen Gerichtsauftrag frei, sofern eine entsprechende Nachprüfung und Überwachung gewährleistet ist. Eine Hilfskraft darf der Sachverständige daher auch ohne ausdrückliche Erlaubnis des Gerichts beiziehen. Sie unterliegt seiner fachlichen Weisung und Überwachung. Die Verteilung der bei einem umfangreichen Gutachten erforderlichen Vorarbeiten an qualifizierte Hilfskräfte kommt der Zeit- und Geldersparnis wie Verfahrensbeschleunigung zugute (<span class="Kursiv">Krammer/Schmidt/Guggenbichler</span> aaO § 30 GebAG E&nbsp;1, 3, 5, 8).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Für Hilfskräfte kann niemals eine Gebühr für Mühewaltung zugesprochen werden; Hilfskraftkosten sind vielmehr nach § 30 GebAG zu verzeichnen (SV 2014/4, 218). Es schadet allerdings nicht, wenn der Sachverständige die Kosten für Hilfskräfte (unzutreffend) unter dem Titel Mühewaltungsgebühr verzeichnet, anstatt sich richtig auf § 30 GebAG zu stützen (<span class="Kursiv">Krammer/Schmidt/Guggenbichler</span> aaO § 30 GebAG E&nbsp;24).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Bei der Beurteilung der Notwendigkeit der Hilfskräfte sind strengste Maßstäbe anzulegen, weil die mit der Sachverständigentätigkeit verbundenen Arbeiten grundsätzlich mit der Gebühr für Mühewaltung entlohnt werden. Daher ist grundsätzlich die detaillierte Bescheinigung der einzelnen hiefür vorliegenden Gründe notwendig (<span class="Kursiv">Krammer/Schmidt/Guggenbichler</span> aaO § 30 GebAG E&nbsp;25). Die Wendung „unumgänglich notwendig“ in § 30 GebAG soll betonen, dass der Sachverständige den Auftrag im Wesentlichen persönlich zu erfüllen hat. Bezüglich der Gebührenverrechnung ist diese Wendung aber teleologisch auf jene Fälle einzuschränken, in denen die Hilfskräfte höhere Kosten verursacht hätten als ohne ihre Beiziehung. Werden Arbeiten von Hilfskräften kostengünstiger ausgeführt als vom Sachverständigen persönlich, dann sind sie ohne Rücksicht darauf zu vergüten, ob die Beiziehung der Hilfskräfte „unumgänglich notwendig“ war. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn der Sachverständige bestimmte Ermittlungsarbeiten nicht selbst verrichtet, sondern Hilfskräfte beizieht, deren Stundensatz wesentlich niedriger ist als jener des Sachverständigen (<span class="Kursiv">Krammer/Schmidt/Guggenbichler</span> aaO § 30 GebAG E27 und 30).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Sachverständige grundsätzlich berechtigt war, seinen (ebenfalls qualifizierten) Sohn als Hilfskraft einzusetzen, da aufgrund des verrechneten deutlich niedrigeren Stundensatzes davon ausgegangen werden kann, dass das Gutachten kostengünstiger erstellt wurde als wenn der Sachverständige selbst diese Tätigkeiten ausgeführt hätte.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Rekurswerberin erachtet auch den Stundensatz für die Mühewaltung von EUR&nbsp;136,00 bzw EUR 152,00 als überhöht. Diesen Stundensätzen lasse sich die (rechtsirrige) Annahme entnehmen, dem Sachverständigen würde tatsächlich der doppelte Gebührenrahmen des §&nbsp;34 Abs 3 GebAG zur Verfügung zu stehen. Die Tätigkeiten des Sachverständigen gelte es anhand des § 34 Abs 3 Z 2 GebAG zu beurteilen, sodass von einem Gebührenrahmen zwischen EUR&nbsp;50,00 und EUR&nbsp;100,00 auszugehen sei.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Diesen Ausführungen ist zunächst zu entgegnen, dass die Klägerin gegen die Gebührennote vom 23. Oktober 2023, ON 28, fristgerecht keine Einwendungen erhoben hat (vgl OLG Linz 1&nbsp;R 222/09m, wonach schon trotz nachfolgender Gutachtenserörterung gegen die für die Erstattung des schriftlichen Sachverständigengutachtens gelegte Gebührennote innerhalb der nach § 39 Abs 1a GebAG gesetzten Frist Einwendungen erhoben werden müssen). Einerseits bezog sich die Fristerstreckung nur auf die Stellung eines Gutachtenserörterungsantrages (vgl ON 30 und 31), andererseits erhob die Klägerin auch in ihrer Äußerung ON 33 keine substanziierten Einwendungen gegen die Höhe des für die Mühewaltung verzeichneten Stundensatzes. Unabhängig davon bezog sich die Klägerin in ihren gegen beide Gebührennoten erhobenen Einwendungen ON 64 zur Höhe des Stundensatzes im Wesentlichen nur auf das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 37 GebAG (doppelte Gebühr für die Überprüfung eines anderen Sachverständigengutachtens). Nach der Stellungnahme des Sachverständigen erfolgt die Ermittlung des Gebührenansatzes auf der Grundlage des internen Basisstundensatzes des Büros Dipl.-HTL-Ing. C* multipliziert mit dem Faktor 2,0 für Tätigkeiten als Sachverständiger mit einem Abschlag von 20&nbsp;%. Tatsächlich bezieht sich der Sachverständige daher weder auf den in §&nbsp;34 Abs 3 Z 2 GebAG genannten Stundensatzbereich noch auf eine Erhöhung der Gebühr nach §&nbsp;37 GebAG, dessen Voraussetzungen naturgemäß nicht vorliegen, sondern offenbar auf §&nbsp;34 Abs&nbsp;1 GebAG.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mangels Einwendungen zur hinsichtlich der Mühewaltung nach §&nbsp;34 GebAG unverändert gebliebenen Gebührennote Nr. 202316 vom 23. Oktober 2023 war das Erstgericht daher auch nicht verpflichtet, nähere Aufklärungen zu den dort verzeichneten Stundensätzen zu verlangen. Auch die Einwendungen ON 64 beziehen sich hinsichtlich der Höhe des Stundensatzes nur auf das Nichtvorliegen eines Falles des §&nbsp;37 GebAG. Nach Einbringung der Stellungnahme des Sachverständigen zur Äußerung der Klägerin zur Gebührennote, in der die Höhe des Stundensatzes näher begründet wird, hat die Klägerin allerdings keine weiteren, geschweige denn substanziierten Einwendungen erhoben, sondern nur auf ihre bisherigen Einwendungen verwiesen. Insgesamt konnten daher die verzeichneten Stundensätze der Gebührenbestimmung zugrunde gelegt werden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Recht zu geben ist der Rekurswerberin allerdings darin, dass - unter Zugrundlegung der vom Sachverständigen selbst in seiner Stundenauflistung angeführten erbrachten Tätigkeiten - eine Tätigkeit verzeichnet wurde, die tatsächlich der Schätzung des Wohnungseigentumsobjektes zuzuordnen ist, und zwar „1,0 Std. SV Überprüfung der Verkehrswertbewertung der Firma D* GmbH, adressiert an Frau A*, Bewertungsstichtag 12.02.2023“ vom 2. August 2023.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Tarif des §&nbsp;51 GebAG für die Schätzung von Häusern und Baugründen umfasst die Mühewaltung für Befund und Gutachten, sodass insoweit keine zusätzlichen Leistungen mehr zu honorieren sind. Mit den Tarifansätzen des § 51 wird grundsätzlich die gesamte Mühewaltung des Sachverständigen abgegolten, soweit sie mit der Schätzung zusammenhängt (<span class="Kursiv">Krammer/Schmidt/Guggenbichler</span> aaO § 51 GebAG E 3 und 7).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Dieser Umstand konnte ungeachtet der fehlenden substanziierten Einwendung dazu aufgegriffen werden, weil die Verzeichnung der „Überprüfung der Verkehrswertbewertung“ als Mühewaltung nach §&nbsp;34 GebAG gegen die Bestimmung des §&nbsp;51 GebAG verstößt, wonach die Gebühr für Mühewaltung für Befund und Gutachten über die Schätzung von Häusern und Baugründen (oder Wohnungseigentumsobjekten: Abs 3) nach festen, vom Schätzwert abhängigen Tarifen zu bestimmen ist. In diesem Sinn hat der Sachverständige ohnehin eine Gebühr nach § 51 GebAG verzeichnet und zugesprochen erhalten. Die Gebühr für Mühewaltung nach § 34 GebAG für die Erstellung des schriftlichen Gutachtens vom 23. Oktober 2023 (Teil A) war daher um eine Stunde á EUR 136,00 netto zu kürzen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Soweit die Rekurswerberin in weiterer Folge den Zuspruch einer Entschädigung für Zeitversäumnis bekämpft, weil der Sachverständige einen Anspruch auf eine Gebühr für Mühewaltung habe, missversteht sie offenbar die Bestimmung des § 32 GebAG. Nach § 32 Abs 2 Z 1 GebAG besteht der Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis (nur) <span class="Fett">so weit</span> nicht, als der Sachverständige Anspruch auf eine Gebühr für Mühewaltung hat. Für die verzeichnete Zeit, die der Sachverständige außerhalb seiner Wohnung oder seiner gewöhnlichen Arbeitsstätte aufgewendet hat, und die nicht als Mühewaltung abgegolten wird, hat er daher einen Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis. Dies trifft auf die Wegzeiten (Postaufgabe) hinsichtlich der Verständigung (Ladung) der Parteien (Beteiligten) und zur Erörterung beim Erstgericht zu. Die Kosten für die Übersendung des Gutachtens an das Gericht wurden ohnehin iSd §&nbsp;31 Abs&nbsp;1a GebAG in der vor 1.&nbsp;Jänner 2024 anzuwendenden Fassung auf EUR&nbsp;12,00 reduziert. Für diese Zeiten steht dem Sachverständigen keine Gebühr für Mühewaltung zu, welche er dafür auch nicht verzeichnet hat.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Letztlich meint die Rekurswerberin, dass mit der Einführung des § 31 Abs 1a GebAG, wonach der Sachverständige für die - nunmehr verpflichtende - Übermittlung des Gutachtens im ERV kein gebührenrechtlich relevanter Bedarf nach Anfertigung einer Ausfertigung bzw Kopie des Gutachtens bestehe, sodass die angesprochenen Kosten für das Reinschreiben von Befund und Gutachten pauschal mit EUR&nbsp;13,20 abgegolten werden hätten müssen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Dabei übersieht die Rekurswerberin allerdings, dass die Gebühr nach §&nbsp;31 Abs 1a GebAG von (nunmehr) EUR&nbsp;13,20 nur für die Übermittlung des Gutachtens im elektronischen Rechtsverkehr zusteht. Die Kosten für die Übertragung bzw das Reinschreiben von Befund und Gutachten (Urschrift) steht nach § 31 Abs 1 Z 3 GebAG unabhängig davon zu. Das Gleiche gilt grundsätzlich für die Kosten von Farblichtbildern und (sonstigen) Ablichtungen oder Farbablichtungen (§ 31 Abs 1 Z 1 GebAG). Kosten für Durchschriften bzw Kopien des Gutachtens selbst wurden ohnehin nicht verzeichnet.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Insgesamt waren die dem Sachverständigen zuzusprechenden Gebühren in teilweiser Stattgebung des Rekurses der Klägerin geringfügig (um eine Stunde Mühewaltung nach § 34 GebAG á EUR&nbsp;136,00 netto) zu reduzieren.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Abänderung der Auszahlungsanordnung bleibt im Sinn des §&nbsp;527 Abs 1 ZPO dem Erstgericht vorbehalten (<span class="Kursiv">Kodek </span>in <span class="Kursiv">Rechberger/Klicka</span><span class="Hoch">5</span><span class="Kursiv"> </span>§&nbsp;527 ZPO Rz 1; <span class="Kursiv">Sloboda</span> in <span class="Kursiv">Fasching/Konecny</span><span class="Hoch">3</span> § 527 ZPO Rz 5).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß § 41 Abs 3 letzter Satz GebAG findet im Gebührenbestimmungsverfahren kein Kostenersatz statt, sodass die Klägerin ihre Rekurskosten selbst zu tragen hat.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Entscheidung über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf §&nbsp;528 Abs 2 Z&nbsp;5 ZPO.</span></p></div></div></body></html>
null
JJT_20250115_OGH0002_0220DS00008_24G0000_000
Justiz
OGH
2025-01-29
2025-02-03
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250115_OGH0002_0220DS00008_24G0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250115_OGH0002_0220DS00008_24G0000_000/JJT_20250115_OGH0002_0220DS00008_24G0000_000.html
22Ds8/24g
ECLI:AT:OGH0002:2025:0220DS00008.24G.0115.000
null
null
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 15.&nbsp;Jänner&nbsp;2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Lässig als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag.&nbsp;Ziegelbauer als weiteren Richter sowie die Rechtsanwälte Dr.&nbsp;Kretschmer und Dr.&nbsp;Forcher als Anwaltsrichter in der Disziplinarsache gegen *, Rechtsanwalt in *, wegen Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten nach §&nbsp;1 Abs&nbsp;1 DSt über die Beschwerde des Kammeranwalts gegen den Beschluss des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 22.&nbsp;Mai&nbsp;2024, GZ&nbsp;D&nbsp;21/24-9, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§&nbsp;62 Abs&nbsp;1 zweiter Satz OGH-Geo&nbsp;2019) den</span></p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">In Stattgebung der Beschwerde wird der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass Grund zur Disziplinarbehandlung in mündlicher Verhandlung hinsichtlich des Verdachts vorliegt, *, Rechtsanwalt in *, habe vom 9.&nbsp;August&nbsp;2022 bis zum 20.&nbsp;Februar&nbsp;2024 keine aktualisierte Risikoanalyse seiner Kanzlei erstellt.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [1] Mit dem angefochtenen (Teileinstellungs-)Beschluss sprach der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien aus, dass kein Grund zur Disziplinarbehandlung * in Bezug auf den Vorwurf bestehe, er habe vom 9.&nbsp;August&nbsp;2022 bis zum 20.&nbsp;Februar&nbsp;2024 keine aktualisierte Risikoanalyse seiner Kanzlei erstellt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [2] Dem Verfahren liegt zugrunde (BS&nbsp;2&nbsp;ff), dass * anlässlich einer seitens der Berufsüberwachung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien durchgeführten Überprüfung seiner Kanzlei im Fragebogen betreffend Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung am 9.&nbsp;August&nbsp;2022 (unter anderem) angab, dass er „keine geldwäschegeneigten Geschäfte“ im Sinn des §&nbsp;8a RAO abwickle (ON&nbsp;1 [unjournalisierte] S&nbsp;1).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] Da hinsichtlich der Kanzlei * für den angefragten Zeitraum (2021 und 2022) 51&nbsp;Treuhandschaften zur Abwicklung gemeldet waren, forderte der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien * am 20.&nbsp;Oktober&nbsp;2022 zur Stellungnahme binnen 14&nbsp;Tagen auf (ON&nbsp;1 [unjournalisierte] S&nbsp;3).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Darauf übermittelte * einen neu ausgefüllten Fragebogen, in dem er die Abwicklung „geldwäschegeneigter Geschäfte“ im Sinn des §&nbsp;8a RAO sowie das Vorliegen einer schriftlichen Kanzlei-Risikoanalyse bejahte, eine Aktualisierung derselben in den letzten zwei Monaten jedoch ebenso verneinte wie das Bestehen standardisierter Prozesse zur Überprüfung und Abwicklung geldwäschegeneigter Geschäfte. Regelmäßige Fortbildungen betreffend die Bestimmungen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung fänden nicht statt. Betreffend die Risikoanalyse führte * aus, sich als Einzelanwalt ohne Angestellte immer persönlich um die Einhaltung aller nationalen und internationalen Vorgaben betreffend Geldwäsche-Compliance zu kümmern, Plausibilitätsprüfungen zur Mittelherkunft sowie KYC-Analysen selbst vorzunehmen und das eigene Risikokalkül als äußerst gering einzustufen (ON&nbsp;1 [unjournalisierte] S&nbsp;7&nbsp;ff).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien hielt dazu am 27.&nbsp;April&nbsp;2023 fest, dass die Beantwortung gestellter Fragen und die damit erfolgte Überprüfung der Kanzlei * in einigen Bereichen „offensichtlich Mängel im Umgang mit den bzw Unkenntnis der Bestimmungen [der] §§&nbsp;8a&nbsp;ff RAO“ aufgezeigt habe, sie aber „in einem ersten Schritt“ das Modell „Aufklärung statt Strafe“ verfolge und * aufgefordert werde, eine „Aus-/Weiterbildungsveranstaltung iS GW/TF-Prävention zu besuchen und den entsprechenden Nachweis anher zu übermitteln“, wofür der Ausschuss den 31.&nbsp;Oktober&nbsp;2023 als Fristende vormerkte (ON&nbsp;1 [unjournalisierte] S&nbsp;11).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Dieser Aufforderung kam * – trotz Urgenz und Setzung von Nachfristen (ON&nbsp;1 [unjournalisierte] S&nbsp;13&nbsp;ff) – nicht nach (vgl auch den unter einem gefassten Einleitungsbeschluss ON&nbsp;8), vielmehr stellte er Mängel im Umgang mit den oder Unkenntnis der Bestimmungen der §§&nbsp;8a&nbsp;ff RAO in Abrede (ON&nbsp;1 [unjournalisierte] S&nbsp;19).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [7] Die ihm bis zum 20.&nbsp;Dezember&nbsp;2023 vorliegenden Informationen zur „Risikoanalyse“ stufte der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien als „nicht dem Erfordernis“ entsprechend ein (ON&nbsp;1 [unjournalisierte] S&nbsp;23) und forderte * (abermals vergeblich) zur Befolgung des Auftrags auf, eine Weiterbildungsveranstaltung betreffend Geldwäsche- und Terrorismusprävention nachzuweisen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [8] Nach Anzeigenerstattung und Bestellung eines Untersuchungskommissärs (ON&nbsp;1 und 2) verfasste * eine aktualisierte, mit 20.&nbsp;Februar&nbsp;2024 datierte Risikoanalyse, die er seiner schriftlichen Stellungnahme an den Untersuchungskommissär vom 10.&nbsp;März&nbsp;2024 beischloss (ON&nbsp;4).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] Mit am 22.&nbsp;Mai&nbsp;2024 gefassten und getrennt ausgefertigten Beschlüssen fand der Disziplinarrat einerseits Grund zur Disziplinarbehandlung * wegen des Vorwurfs, er habe sich – entgegen §&nbsp;54 RL-BA&nbsp;2015 – trotz Aufforderung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom 27.&nbsp;April&nbsp;2023 bis zur „Anzeigeerhebung“ nicht entsprechend weitergebildet (ON&nbsp;8).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [10] Andererseits erachtete der Disziplinarrat unter Heranziehung der Bestimmung des §&nbsp;3 DSt keinen Grund zur Disziplinarbehandlung * wegen des Vorwurfs, vom 9.&nbsp;August&nbsp;2022 bis zum 20.&nbsp;Februar&nbsp;2024 keine aktualisierte Risikoanalyse seiner Kanzlei erstellt zu haben (ON&nbsp;9). Da * seiner Verpflichtung zur Erstellung einer schriftlichen und aktualisierten Kanzlei-Risikoanalyse „letztendlich“ nachgekommen sei, könne sein Verschulden gerade noch als geringfügig angesehen werden. Überdies sei sein Verhalten außer den Vertretern der Rechtsanwaltskammer niemandem bekannt geworden und habe „nach außen keine bzw insgesamt noch keine bedeutenden Folgen nach sich gezogen“ (BS&nbsp;4).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [11] Dagegen richtet sich die Beschwerde des Kammeranwalts (ON&nbsp;11), die ihrerseits fehlende Voraussetzungen für ein Vorgehen nach §&nbsp;3 DSt reklamiert. Die Verpflichtung zur Erstellung einer Risikoanalyse im Sinn des seit 26.&nbsp;Juni&nbsp;2017 in Kraft stehenden §&nbsp;8a Abs&nbsp;3 RAO bestehe ausnahmslos für jede Rechtsanwaltskanzlei. Im aktuellen Fall sei davon auszugehen, dass * mit der Einhaltung dieser Verpflichtung bis zum 20.&nbsp;Februar&nbsp;2024 säumig gewesen und somit sein Verschulden nicht bloß geringfügig sei.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"> [12] Der Beschwerde kommt – wie auch die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme zutreffend darlegt – Berechtigung zu.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [13] Gemäß §&nbsp;8a Abs&nbsp;1 RAO ist der Rechtsanwalt im Hinblick auf die hier besonders hohe Gefahr der Geldwäscherei (§&nbsp;165 StGB) oder der Terrorismusfinanzierung (§&nbsp;278d StGB) verpflichtet, alle – im Gesetz näher umschriebenen (geldwäschegeneigten [vgl <span class="Kursiv">Lehner/Vitek</span> in <span class="Kursiv">Engelhart/Hofmann/Lehner/Rohregger/Vitek</span>, RAO<span class="Hoch">11</span> §&nbsp;8a RAO Rz&nbsp;41&nbsp;ff]) – Geschäfte besonders sorgfältig zu prüfen, bei denen er im Namen und auf Rechnung seiner Partei Finanz- oder Immobilientransaktionen durchführt oder für seine Partei an deren Planung oder Durchführung mitwirkt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [14] Dabei hat er – §&nbsp;8a Abs&nbsp;2 erster Satz RAO zufolge – angemessene und geeignete Strategien und Verfahren zur Erfüllung der ihm insofern auferlegten Sorgfaltspflichten in Ansehung von Parteien, Verdachtsmeldungen, der Aufbewahrung von Aufzeichnungen, interner Kontrolle, Risikobewertung und Risikomanagement sowie zur Sicherstellung der Einhaltung der einschlägigen Vorschriften und der Kommunikation innerhalb seiner Kanzlei einzuführen und aufrecht zu erhalten, um Transaktionen, die mit Geldwäscherei (§&nbsp;165 StGB) oder Terrorismusfinanzierung (§&nbsp;278d StGB) zusammenhängen, vorzubeugen und diese zu verhindern. Davon umfasst sind laut §&nbsp;8a Abs&nbsp;2 zweiter Satz RAO auch in einem angemessenen Verhältnis zu seiner konkreten Geschäftstätigkeit und Art und Größe seiner Kanzlei stehende Strategien, Kontrollen und Verfahren (einschließlich einer dahingehenden Mitarbeiterüberprüfung) zur wirksamen Minderung und Steuerung der auf Unionsebene, innerstaatlicher Ebene sowie bei sich selbst (§&nbsp;8a Abs&nbsp;3 RAO) ermittelten Risiken von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung. Überdies hat der Rechtsanwalt gemäß §&nbsp;8a Abs&nbsp;3 erster und dritter Satz RAO eine – in einem angemessenen Verhältnis zu seiner konkreten Geschäftstätigkeit und Art und Größe seiner Kanzlei stehende – Analyse und Bewertung des für ihn bestehenden Risikos der Inanspruchnahme seiner Tätigkeit zu Zwecken der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung durchzuführen, wobei diese Risikobewertungen vom Rechtsanwalt aufzuzeichnen, auf aktuellem Stand zu halten und auf Anforderung der Rechtsanwaltskammer zur Verfügung zu stellen sind.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [15] Die Verpflichtung zur Erstellung einer schriftlichen Risikoanalyse nach §&nbsp;8a Abs&nbsp;3 RAO gilt ausnahmslos für jede Anwaltskanzlei, auch wenn ein Rechtsanwalt der Ansicht ist, dass in seiner Kanzlei keine Risikofaktoren vorliegen (RIS-Justiz RS0133236; <span class="Kursiv">Manhart</span> in <span class="Kursiv">Murko/Nunner-Krautgasser</span>, Anwaltliches und notarielles Berufsrecht §&nbsp;8a RAO Rz&nbsp;37).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [16] Der besondere Strafausschließungsgrund nach §&nbsp;3 DSt ist nur gegeben, wenn eine umfassende Abwägung aller für die Strafbemessung bedeutenden belastenden und entlastenden Faktoren ergibt, dass das Gewicht der zu beurteilenden Tat hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Schuldgehalt und Unrechtsgehalt erheblich zurückbleibt, demnach die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der jeweiligen Deliktsverwirklichung geringfügig ist (RIS-Justiz RS0089974 [insb T2] und RS0056585). Bei der diesbezüglichen Beurteilung ist auch auf allfällige weitere, gleichzeitig zu ahndende Disziplinarvergehen Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0056702; <span class="Kursiv">Lehner</span> in <span class="Kursiv">Engelhart/Hofmann/Lehner/Rohregger/Vitek</span>, RAO<span class="Hoch">11</span> §&nbsp;3 DSt Rz&nbsp;5).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [17] Mit Blick darauf, dass * eine rund eineinhalb Jahre andauernde Säumigkeit bei der Erstellung einer aktualisierten schriftlichen Kanzlei-Risikoanalyse und solcherart während dieses Zeitraums ein laufender Verstoß gegen die der Verhinderung sowie der Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung dienenden Bestimmung des §&nbsp;8a RAO angelastet wird, sowie unter Bedachtnahme auf den nach dem Einleitungsbeschluss (ON&nbsp;8) bestehenden Vorwurf der Missachtung einer gerade auf die Einhaltung der Vorgaben des §&nbsp;8a RAO bezogenen Fortbildungsveranstaltung (§&nbsp;54 RL-BA&nbsp;2015) erweist sich – auf der Basis der derzeitigen Verdachtslage (§&nbsp;28 DSt) – die rechtliche Annahme der Erfüllung der Voraussetzungen des §&nbsp;3 DSt als verfehlt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [18] Da somit die Möglichkeit eines disziplinarrechtlichen Fehlverhaltens * auch hinsichtlich des gegenständlichen Vorwurfs nicht auszuschließen ist und über Zweifel hinsichtlich dessen disziplinärer Verantwortlichkeit nur in einer mündlichen Disziplinarverhandlung entschieden werden kann (RIS-Justiz RS0057005 und RS0110142; <span class="Kursiv">Lehner</span> in <span class="Kursiv">Engelhart/Hofmann/Lehner/Rohregger/Vitek</span>, RAO<span class="Hoch">11</span> §&nbsp;28 DSt Rz&nbsp;10), war die angefochtene Entscheidung – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – im Sinn des §&nbsp;28 Abs&nbsp;2 DSt abzuändern.</span></p></div></div></body></html>
null
JJT_20250115_OLG0459_0090BS00313_24D0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-02-03
2025-02-03
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250115_OLG0459_0090BS00313_24D0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250115_OLG0459_0090BS00313_24D0000_000/JJT_20250115_OLG0459_0090BS00313_24D0000_000.html
9Bs313/24d
ECLI:AT:OLG0459:2025:0090BS00313.24D.0115.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Engljähringer als Vorsitzende, Mag. Hemetsberger und Mag. Kuranda in der Strafsache gegen <span class="Fett">A*</span> wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§&nbsp;15, 84 Abs&nbsp;1 StGB über dessen Berufung wegen Nichtigkeit und Strafe gegen das Urteil der Einzelrichterin des Landesgerichts Linz vom 29.&nbsp;Juli 2024, GZ*-15, nach der in Anwesenheit des Ersten Oberstaatsanwalts Mag. Winkler, LL.M. (WU), des Angeklagten und seines Verteidigers Mag.&nbsp;Arthofer durchgeführten Berufungsverhandlung am 15.&nbsp;Jänner 2025 zu Recht erkannt:</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Berufung wird nicht Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß §&nbsp;390a Abs&nbsp;1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last. </span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Entscheidungsgründe:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit dem angefochtenen Urteil wurde der ** geborene A* des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§&nbsp;15, 84 Abs&nbsp;1 StGB schuldig erkannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Demnach habe er am 24.&nbsp;April 2024 in ** B* am Körper verletzt, indem er ihm mehrere Faustschläge in die rechte Gesichtshälfte versetzte, ihn an den Haaren packte und ihm ein Büschel Haare ausriss sowie ihm mit dem Fuß in den rechten Hals- und Gesichtsbereich trat, wodurch er eine schwere Körperverletzung des Genannten herbeizuführen versuchte, dieser jedoch lediglich eine leichte Körperverletzung in Form von Nasenbluten, einer Prellung und Schwellung der Nase, eines Hämatoms am rechten Auge sowie von blutenden Kratzern an der Nase und in der rechten Gesichtshälfte erlitt.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gegen diesen Schuldspruch wendet sich die allein auf den Nichtigkeitsgrund des §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;10a StPO gestützte Berufung des Angeklagten, die ohne Erfolg ist.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Aus Z&nbsp;10a leg cit ist ein Urteil dann nichtig, wenn die darin enthaltenen Feststellungen bei richtiger Rechtsansicht die Nichtanwendung der Diversion nicht zu tragen vermögen oder wenn Ergebnisse der Hauptverhandlung auf einen Umstand hindeuten, der für die positive Beurteilung der diversionellen Voraussetzungen den Ausschlag gäbe, das Gericht dazu aber keine Feststellungen getroffen hat. Gegenstand der Diversionsrüge ist demnach – nicht anders als im Fall einer Rechtsrüge aus Z&nbsp;9 oder einer Subsumtionsrüge aus Z&nbsp;10 des §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 StPO – ein Vergleich der im Urteil getroffenen Feststellungen mit den Voraussetzungen des §&nbsp;198 StPO (<span class="Kursiv">Kirchbacher</span> StPO<span class="Hoch">15</span> §&nbsp;281 Rz&nbsp;95 mwN).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Jenen Kriterien wird der Berufungswerber nicht gerecht, indem er den Sachverhaltsannahmen zusammengefasst die Behauptung gegenüberstellt, seine Schuld wäre als nicht schwer anzusehen und weder spezial- noch generalpräventive Erwägungen stünden einem diversionellen Vorgehen entgegen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Für den Begriff „schwere Schuld“ ist jener Schuldbegriff maßgebend, der im §&nbsp;32 Abs&nbsp;1 StGB als Grundlage für die Bemessung der Strafe vorausgesetzt wird, wobei die Prüfung dieser Frage stets eine ganzheitliche Abwägung aller unrechtsrelevanten und schuldrelevanten Tatumstände des konkreten Falls verlangt. Demnach müssen das Handlungs-, das Erfolgs- und das Gesinnungsunrecht insgesamt eine Unwerthöhe erreichen, die im Weg einer überprüfenden Gesamtwertung als auffallend und ungewöhnlich zu beurteilen ist. Dabei kommt der vom Gesetzgeber in der Strafdrohung zum Ausdruck gebrachten Vorbewertung des deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalts eine Indizwirkung für die Schuldabwägung zu (vgl RIS-Justiz RS0116021 [insb T17]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">In dem Licht kann der 39-jährige Rechtsmittelwerber über seine bisherige Unbescholtenheit hinaus zwar für sich ins Treffen führen, dass die Tat beim Versuch geblieben ist, wobei das Gewicht dieses Milderungsumstandes iSd §&nbsp;34 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;13 zweiter Fall StGB mit Blick auf die tatsächlich eingetretenen, wenn auch noch nicht schweren Verletzungen des Opfers reduziert ist, und er außerdem die Schadenersatzansprüche des Verletzten durch Zahlung von 500&nbsp;Euro vollständig befriedigt hat (vgl US&nbsp;4). Zudem ist das umfassende, auch glaubwürdig von Reue getragene Geständnis des Angeklagten insofern unter dem Aspekt des §&nbsp;34 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;17 zweiter Fall StGB, also eines wesentlichen Beitrags zur Wahrheitsfindung, nicht von gesteigertem Wert, als der gesamte Vorfall lückenlos durch Videoaufzeichnungen dokumentiert war. Angesichts der vollkommen grundlosen, fortgesetzten (US&nbsp;2&nbsp;f) Aggressionshandlungen, nicht zuletzt auch noch in Form des Hintretens auf den Kopfbereich des bereits am Boden liegenden Opfers, des tatsächlich verwirklichten Erfolgsunrechts und vor allem der sich in den gesamten Umständen der Tat konkretisierenden, gravierenden täterspezifischen Schuld erreichen Handlungs- und Gesinnungsunwert insgesamt eine Unwerthöhe, die als auffallend und ungewöhnlich zu beurteilen ist, und die auch nicht durch das Nachtatverhalten des Rechtsmittelwerbers ausreichend gemindert werden kann. Seine Schuld ist im konkreten Fall, zumal die Strafobergrenze der hier verwirklichten Deliktskategorie bereits die Zulässigkeitsvoraussetzung nach §&nbsp;198 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;1 StPO ausschöpft, vielmehr als schwer zu qualifizieren, sodass sich die vom Schuldspruch umfasste Tat entgegen der Berufungsargumentation nicht mehr für eine diversionelle Erledigung eignet.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Am Schuldspruch ist also nicht mehr zu rütteln.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Hierfür verhängte die Erstrichterin über den Angeklagten nach §&nbsp;84 Abs&nbsp;4 StGB eine sechsmonatige Freiheitsstrafe, deren Vollzug sie mit dreijähriger Probezeit bedingt nachsah (§&nbsp;43 Abs&nbsp;1 StGB).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die (gemäß §&nbsp;467 Abs&nbsp;3 StPO implizite) Strafberufung des Angeklagten dringt ebensowenig durch. Denn beim gegebenen Rahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren ist die tat- und schuldadäquat in der Mindesthöhe festgesetzte Freiheitsstrafe angesichts der oben skizzierten Strafzumessungserwägungen, insbesondere zur objektiven Tatschwere, nicht mehr reduzierbar. Daraus (auch) abzuleitende sozialprognostische Bedenken hindern überdies die Anwendung des §&nbsp;37 Abs&nbsp;1 StGB sowie die Verkürzung der Probezeitdauer zur ohnedies bedingt nachgesehenen Sanktion.</span></p></div></div></body></html>
null
JJT_20250114_OGH0002_0080OB00135_24X0000_000
Justiz
OGH
2025-01-30
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250114_OGH0002_0080OB00135_24X0000_000
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8Ob135/24x
ECLI:AT:OGH0002:2025:0080OB00135.24X.0114.000
null
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr.&nbsp;Tarmann-Prentner als Vorsitzende sowie die Hofräte MMag.&nbsp;Matzka, Dr.&nbsp;Stefula, Dr.&nbsp;Thunhart und Mag.&nbsp;Dr.&nbsp;Sengstschmid als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH, *, vertreten durch Hon.-Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Bernhard Fink und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei Stadtgemeinde R*, vertreten durch Mag.&nbsp;Florian Mitterbacher, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, wegen 154.082,86&nbsp;EUR&nbsp;sA, über die ordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 30.&nbsp;Juli&nbsp;2024, GZ&nbsp;4&nbsp;R&nbsp;87/24g-88, womit das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 12.&nbsp;März&nbsp;2024, GZ&nbsp;50&nbsp;Cg&nbsp;50/19d-83, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die Revision wird zurückgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14&nbsp;Tagen die mit 2.957,28&nbsp;EUR (darin 492,88&nbsp;EUR&nbsp;USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Der Senat klärte bereits mit der im ersten Rechtsgang ergangenen Entscheidung 8&nbsp;Ob&nbsp;103/20k (=&nbsp;ecolex&nbsp;2021/641 [<span class="Kursiv">S.&nbsp;Ortner</span>] = ZTR&nbsp;2022, 47 [<span class="Kursiv">Saria</span>]), dass der vorliegende gemischte (sogenannte Anlage-Contracting-) Vertrag auch in nicht zu vernachlässigendem Ausmaß Elemente eines Finanzierungsleasings und damit Kreditierungsfunktion und zudem erhebliche wirtschaftliche Bedeutung hat und daher nach §&nbsp;104 K-AGO der aufsichtsbehördlichen Genehmigung bedurft hätte, sodass mangels einer solchen die Klägerin von der beklagten Gemeinde nicht Vertragserfüllung, sondern nur allenfalls – im zweiten Rechtsgang zu klären – Schadenersatz wegen culpa in contrahendo und bereicherungsrechtliche Rückabwicklung verlangen kann.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Das Berufungsgericht kam im zweiten Rechtsgang zum Ergebnis, dass zwar nach Bereicherungsrecht der mit Klage geltend gemachte Zahlungsanspruch zu Recht besteht, aber die Beklagte ihrerseits einen – compensando eingewendeten – Kondiktionsanspruch in zumindest selber Höhe hat, und wies folglich die Klage ab. Es ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, es liege keine höchstgerichtliche Rechtsprechung „zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines wegen Fehlens der aufsichtsbehördlichen Genehmigung unwirksamen, Elemente verschiedener Vertragstypen enthaltenden 'Contracting'Vertrags, der bereits in Vollzug gesetzt war und auf den beide Parteien wechselseitig langjährig Leistungen erbracht hatten“, vor.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Damit zeigt das Berufungsgericht aber keine erhebliche Rechtsfrage von der in §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO geforderten Qualität auf. Für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung ist die Natur des Vertrags, den es rückabzuwickeln gilt, ohne Bedeutung, weil dieser unwirksam ist. Es kommt einzig auf die Leistungen an, die die Parteien einander erbrachten. Bei über Jahre gelebten, aber unwirksamen Anlage-Contracting-Verträgen mag aufgrund der zahlreichen Leistungen die Rückabwicklung komplex sein, sie hat jedoch nach den allgemeinen von der Rechtsprechung anerkannten bereicherungsrechtlichen (und verjährungsrechtlichen) Grundsätzen zu erfolgen. Das Berufungsgericht hat sich bei der Entscheidung des Falls an ebendiesen orientiert. Im Übrigen schließt die Kasuistik des Einzelfalls bereits in der Regel eine beispielgebende Entscheidung aus (RS0042405 [T2]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Auch die von der Klägerin für die Zulässigkeit der Revision weiters ins Treffen geführten Fragen sind nicht erheblich iSd §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Dies gilt zunächst für jene, „inwieweit der jeweilige Zweck der aufsichtsbehördlichen Genehmigung das betroffene Rechtsgeschäft unwirksam machen kann und welche Leistungen in einem solchen Fall zulässigerweise zurückgefordert werden können“. Mangels aufsichtsbehördlicher Genehmigung ist der gesamte Contracting-Vertrag unwirksam. Welche Leistungen zulässigerweise zurückgefordert werden können, kann nur im Einzelfall geklärt werden.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [6] Dass es, wie von der Revisionswerberin für die Zulässigkeit der Revision weiters ins Treffen geführt, zu den Grenzen des Rückforderungsanspruchs der Vertragsparteien keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gebe, ist nicht nachvollziehbar, weil ebendies Gegenstand des gesamten Bereicherungs- und Verjährungsrechts ist.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Eine Scheinbegründung für die Zulässigkeit der Revision stellt auch dar, es sei zu klären, welche Voraussetzungen an das Vorbringen und die Schlüssigkeit von Gegenforderungen allgemein zu stellen sind. Nicht nur die Frage der Schlüssigkeit einer Klage, sondern auch die Frage der Schlüssigkeit einer Gegenforderung – somit ob sich diese aus dem von der beklagten Partei behaupteten Sachverhalt ergibt – kann nur anhand der konkreten Behauptungen im Einzelfall geprüft werden und begründet damit keine erhebliche Rechtsfrage iSd §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO (idS 6&nbsp;Ob&nbsp;39/18f [Pkt&nbsp;1 mwH]). Dass die prozessuale Aufrechnungseinrede die Geltendmachung einer aufrechenbaren, aber noch nicht aufgerechneten Gegenforderung, mit der erst im Urteil aufgerechnet werden soll, zum Gegenstand hat und von einer aufrechenbaren Gegenforderung nicht gesprochen werden kann, wenn diese nicht einmal ziffernmäßig angegeben wurde, ist entgegen der Ansicht der Revisionswerberin bereits höchstgerichtlich geklärt (RS0040779). Die Beklagte hat hiergegen auch nicht verstoßen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] Die Zulässigkeit der Revision lässt sich ebensowenig damit begründen, dass die ständige Rechtsprechung, wonach wegen der Rückwirkung der Aufrechnungserklärung die Kompensation selbst dann noch zulässig ist, wenn die Forderung des Aufrechnenden im Zeitpunkt seiner Aufrechnungserklärung bereits verjährt gewesen wäre (insb RS0034016 [T4]), von einem Teil der Literatur abgelehnt wird. In der Literatur an einer höchstgerichtlichen ständigen Rechtsprechung geäußerte Kritik stellt für sich keinen in §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO genannten Grund für die Zulassung einer Revision dar. Wenn die Klägerin weiters damit argumentiert, es wäre die Wirkung von bereits wirksam ausgeübten Gestaltungsrechten auf die Rückabwicklung des vorliegenden Vertrags zu klären, übergeht sie, dass mangels wirksamen Vertrags hier Gestaltungsrechte nicht wirksam ausgeübt wurden. Dass ein Vertrag trotz seiner Unwirksamkeit Grundlage dafür biete, wirksam Gestaltungsrechte auszuüben, ist auch der von der Klägerin angeführten Literaturstelle nicht zu entnehmen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [9] Die behauptete Abweichung des Berufungsgerichts von den erstgerichtlichen Feststellungen liegt nicht vor. Dass der Geschäftsführer der Klägerin „wusste […], dass unter Umständen eine aufsichtsbehördliche Genehmigung des Contracting-Vertrags erforderlich ist“, hat bereits das Erstgericht festgestellt; die Hervorhebung dieser Konstatierung durch das Berufungsgericht im Rahmen von dessen Sachverhaltsdarstellung ändert daran nichts.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [10] Wenn die Klägerin letztlich mit einer angeblichen – tatsächlich im Übrigen aber gar nicht vorliegenden – Abweichung des Berufungsurteils von einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu argumentieren versucht, warum eine „Einwendung der Unwirksamkeit“ [scilicet: des Vertrags] scheitere, so ist sie darauf hinzuweisen, dass die Unwirksamkeit des Vertrags seit der Entscheidung des Senats im ersten Rechtsgang ein abschließend erledigter Streitpunkt ist.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [11] Die Kostenentscheidung beruht auf §§&nbsp;41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (RS0035979 [T16]).</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250114_OLG0459_0080BS00207_24H0000_001
Justiz
OLG Linz
2025-01-27
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250114_OLG0459_0080BS00207_24H0000_001
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250114_OLG0459_0080BS00207_24H0000_001/JJT_20250114_OLG0459_0080BS00207_24H0000_001.html
8Bs207/24h
ECLI:AT:OLG0459:2025:0080BS00207.24H.0114.001
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Mag. Reinberg als Vorsitzende und Mag.&nbsp;Haidvogl, BEd, sowie den Richter Mag. Graf in der Strafsache gegen <span class="Fett">A* </span> wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs&nbsp;2, 148 zweiter Fall StGB über die Berufung des Angeklagten wegen Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Schöffengericht vom 27. Februar 2024, GZ*, nach der in Anwesenheit der Oberstaatsanwältin Mag. Breier, des Privatbeteiligtenvertreters Mag.&nbsp;B*, des Angeklagten sowie seines Verteidigers Mag.&nbsp;Wolkerstorfer durchgeführten Berufungsverhandlung am 14. Jänner 2025 zu Recht erkannt:</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Berufung wird nicht Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß §&nbsp;390a Abs&nbsp;1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Entscheidungsgründe:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit dem angefochtenen Urteil wurde A*des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§&nbsp;146, 147 Abs&nbsp;2, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Danach hat er im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit C* in ** und andernorts in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von „teilweise schweren Betrügereien“ eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, andere durch Täuschung über Tatsachen, nämlich „ein zahlungswilliger und zahlungsfähiger Vertragspartner zu sein, wobei er angab, für die Unternehmen D* UG und E* UG tätig zu sein“, zu Handlungen verleitet, die diese in einem insgesamt EUR&nbsp;50.000,00 übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, indem er</span></p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:47px !important;">1. vom 1. Mai bis 1. Juli 2021 gegenüber F* vorgab, dass sie im Rahmen ihrer Anstellung bei den beiden Unternehmen ein Büro einrichten sowie mehrere Verträge (G* AG Internet und ** Kreditkarte) für die Unternehmen abschließen solle, wobei sie die Kosten vorstrecken, aber zurückbekommen sollte, was trotz mehrfacher Aufforderung nicht erfolgte, wodurch sie einen Schaden von EUR&nbsp;4.010,67 erlitt;</p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:47px !important;">2. vom 20. März 2021 bis 31. Mai 2022 von H* und I* eine Wohnung anmietete, jedoch die anfallende Miete nicht vollständig bezahlte, wodurch diese einen Schaden von EUR&nbsp;3.010,00 erlitten;</p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:47px !important;">3. von Anfang März bis 3. Mai 2021 über den Außendienstmitarbeiter J* bei der K* AG mehrere größere Bestellungen tätigte, die jedoch nur zum Teil beglichen wurden, wodurch dieser ein Schaden von EUR&nbsp;43.147,27 entstand;</p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:47px !important;">4. von April 2020 bis 7. Mai 2021 L* für die Planungsarbeiten als Model für ein Fotoshooting und andere Tätigkeiten engagierte, das Entgelt dafür aber nur teilweise bezahlte, wodurch diese einen Schaden von EUR&nbsp;5.000,00 erlitt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Schuldspruch erwuchs infolge Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 4. September 2024 zu 15&nbsp;Os 67/24b-4 in Rechtskraft. Hiefür verhängte das Erstgericht nach dem zweiten Strafsatz des §&nbsp;148 StGB unter Anwendung des §&nbsp;43a Abs&nbsp;2 StGB eine Geldstrafe von 240 Tagessätzen zu je EUR 24,00, gesamt daher EUR&nbsp;5.760,00, für den Fall der Uneinbringlichkeit 120 Tage Ersatzfreiheitsstrafe sowie eine gemäß § 43 Abs 1 StGB bei dreijähriger Probezeit bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von acht Monaten. Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht mildernd die Unbescholtenheit, erschwerend die „mehrfache Begehungsweise“.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Überdies wurde der Angeklagte gemäß § 369 Abs 1 StPO schuldig erkannt, Schadenersatz zu leisten (konkret an F*: EUR&nbsp;4.010,67, an H* : EUR&nbsp;2.510,00, sowie an die K* AG EUR&nbsp;43.147,27).</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Dagegen richtet sich die Berufung des Angeklagten wegen Strafe sowie der privatrechtlichen Ansprüche; indes ohne Erfolg.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Berufung releviert zusammengefasst herabgesetzte Schuld, weil sämtliche Geschädigten sich bei den Firmen „D*“ und „E*“ schadlos halten könnten; dies mit dem verbundenen Ziel einer Strafmäßigung sowie der Verweisung der Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg (ON&nbsp;35).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der erstgerichtliche Strafzumessungskatalog ist zunächst dahin zu ergänzen, dass die deutlich mehrfache Überschreitung der Wertqualifikation dieses Betrugs die Schuld aggraviert (§&nbsp;32 StGB). Mangels Schadensgutmachung oder weiterer Aspekte ist jedoch ein zusätzlicher, die Schuld mindernder Umstand nicht zu ersehen, zumal auch das relevierte Alter des Angeklagten nicht im Sinne einer noch höheren Wertung des Milderungsgrundes des bisher ordentlichen Lebenswandels noch das mehrjährige (jedoch noch nicht fünfjährige) Wohlverhalten durchschlägt, sodass beim gegebenen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren nach §&nbsp;148 zweiter Fall StGB kein Raum für eine Strafmäßigung bleibt. Vielmehr erscheint das Strafmaß und die gewählte Kombination nach § 43a Abs 2 StGB angemessen. Bleibt anzumerken, dass die angegebene Veränderung der Einkünfte während des Berufungsverfahrens auf die Tagsatzhöhe auch ohne Einfluss bleibt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> Auch die Berufung wegen der privatrechtlichen Ansprüche verfehlt ihr Ziel. Mit dem schon zur Nichtigkeitsbeschwerde erhobenen Vorbringen (vgl auch 15 Os 67/24b-5 [8]) wird auf Basis des rechtskräftigen Schuldspruchs ebenfalls kein Mangel aufgezeigt. Der Zuspruch erfolgte daher unabhängig von Überlegungen des Berufungswerbers zu alternativen Haftungsfonds, zur Solidarhaftung oder abseits Fragen der Einbringlichkeit im Allgemeinen dem Grunde und der Höhe nach zu Recht.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250114_OGH0002_0100OB00066_24I0000_000
Justiz
OGH
2025-01-29
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250114_OGH0002_0100OB00066_24I0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250114_OGH0002_0100OB00066_24I0000_000/JJT_20250114_OGH0002_0100OB00066_24I0000_000.html
10Ob66/24i
ECLI:AT:OGH0002:2025:0100OB00066.24I.0114.000
null
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Nowotny als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag.&nbsp;Schober, Dr.&nbsp;Annerl, Dr.&nbsp;Vollmaier und die Hofrätin Dr.&nbsp;Wallner-Friedl als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei S*, vertreten durch Mag.&nbsp;Lukas Leszkovics, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte und widerklagende Partei T* GmbH, *, vertreten durch Mag.&nbsp;Ludwig Vogl, Rechtsanwalt in Mattighofen, wegen (restlich) 8.589,88&nbsp;EUR&nbsp;sA (Klage zu AZ&nbsp;4&nbsp;Cg&nbsp;11/23t) und Herausgabe (Streitwert: 15.504&nbsp;EUR; Widerklage zu AZ&nbsp;4&nbsp;Cg&nbsp;43/23y), über die Revision der beklagten und widerklagenden Partei (Revisionsinteresse: 24.093,88&nbsp;EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29.&nbsp;Mai&nbsp;2024, GZ&nbsp;4&nbsp;R&nbsp;181/23a-48, mit dem das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 22.&nbsp;September&nbsp;2023, GZ&nbsp;4&nbsp;Cg&nbsp;11/23t-44 (verbunden mit AZ&nbsp;4&nbsp;Cg&nbsp;43/23y), teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">I.&nbsp;Die Bezeichnung der klagenden und widerbeklagten Partei wird wie aus dem Kopf ersichtlich berichtigt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">II.&nbsp;Die Revision wird zurückgewiesen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die beklagte und widerklagende Partei ist schuldig, der klagenden und widerbeklagten Partei die mit 1.883,40&nbsp;EUR (darin enthalten 313,90&nbsp;EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14&nbsp;Tagen zu ersetzen.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Unterstrichen">Zu I.:</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Der vormalige Kläger Ing.&nbsp;T* ist am 8.&nbsp;10.&nbsp;2023 verstorben; die Verlassenschaft wurde mittlerweile mit in Rechtskraft erwachsenem Beschluss des Bezirksgerichts Korneuburg vom 3.&nbsp;6.&nbsp;2024, GZ&nbsp;14&nbsp;A&nbsp;602/23a-19, seiner Witwe S* zur Gänze eingeantwortet. Aufgrund dieser Gesamtrechtsnachfolge war die Bezeichnung der klagenden und widerbeklagten Partei nach §&nbsp;235 Abs&nbsp;5 ZPO richtigzustellen (vgl RS0035114; RS0039530).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Unterstrichen">Zu II.:</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [2] Der vormalige Kläger und Widerbeklagte (idF: vormaliger Kläger) erwarb von der Beklagten und Widerklägerin (idF: Beklagte) im April&nbsp;2021 einen Bürocontainer zu einem Gesamtpreis von 15.504&nbsp;EUR. Kurz nach der Lieferung am 25.&nbsp;8.&nbsp;2021 rügte er zahlreiche Mängel und beharrte auf deren Behebung. Die Beklagte stritt das Vorliegen von Mängeln ab, bot aber die Vertragsaufhebung an. Zu einer Wandlung zeigte sich der vormalige Kläger jedoch nur unter der Voraussetzung der Übernahme der Kosten des Abbruchs des Fundaments und des Ersatzes des Planungsaufwands bereit und beharrte auch in der darauffolgenden Korrespondenz auf der Verbesserung oder der Lieferung eines mängelfreien Containers gegen Preisminderung für den Verspätungsschaden. Auch die Beklagte bekräftigte ihren Standpunkt und forderte zudem für die Nutzung des an sie zurückzugebenden Containers ein Benützungsentgelt. Der vormalige Kläger blieb aber bei seiner Forderung nach Verbesserung der Mängel, dies unter – mehrfach wiederholter – Androhung einer Ersatzvornahme. Die Beklagte erklärte sich schließlich mit Schreiben vom 25.&nbsp;10.&nbsp;2022 zur Behebung einiger Mängel bereit. Nach der Klageerhebung ersuchte sie jedoch mit Schreiben vom 11.&nbsp;5.&nbsp;2023 und 12.&nbsp;5.&nbsp;2023 um Bekanntgabe eines Termins für die Abholung des Containers. Der vormalige Kläger verweigerte aber dessen Rückgabe.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] Mit der am 13.&nbsp;2.&nbsp;2023 erhobenen <span class="Unterstrichen">Klage</span> begehrte der vormalige Kläger von der Beklagten ursprünglich 27.748,02&nbsp;EUR. Die beharrliche Weigerung der Beklagten, die gerügten Mängel zu verbessern, berechtige ihn zur Wandlung und Rückforderung der geleisteten Anzahlung von 10.852,80&nbsp;EUR. Weiters habe er Anspruch auf Ersatz der Kosten von 1.895,22&nbsp;EUR für den von ihm veranlassten Einbau eines vertragskonformen Sicherheitsglases sowie des Mehraufwands von 15.000&nbsp;EUR für die Anschaffung eines Ersatzobjekts von dritter Seite.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Nach der am 19.&nbsp;5.&nbsp;2023 – unter Vorbehalt – erfolgten Rückerstattung der Anzahlung durch die Beklagte schränkte er sein Klagebegehren auf 16.895,22&nbsp;EUR ein.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Die <span class="Unterstrichen">Beklagte</span> hält dem entgegen, die begehrte Leistung stehe jedenfalls nur Zug um Zug gegen Rückgabe des Containers zu. Stets sei sie zur Wandlung bereit gewesen, der vormalige Kläger habe jedoch im Vorfeld zu Unrecht „Sowieso-Kosten“ für den Rückbau und den Ersatz diverser Vorbereitungsarbeiten verlangt. Die Kosten für den eigenmächtigen Austausch der – ohnedies sicherheitszertifizierten – Gläser habe die Beklagte nicht verursacht. Ebenso wenig habe sie die Mehrkosten für die Ersatzbeschaffung zu tragen. Hätte der vormalige Kläger der sogleich angebotenen Wandlung zugestimmt, wären auch diese auf zwischenzeitige Preissteigerungen zurückzuführenden Kosten nicht entstanden.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [6] In ihrer <span class="Unterstrichen">Widerklage</span> begehrt die Beklagte (dortige Klägerin) die Herausgabe des Containers unter Hinweis auf die bereits zurückgezahlte Anzahlung.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Der <span class="Unterstrichen">vormalige Kläger</span> (dort Beklagter) bestreitet die Herausgabeverpflichtung unter Berufung auf ihr aus §§&nbsp;1052 und 471 ABGB resultierendes Zurückbehaltungsrecht wegen des auf den Container in Zusammenhang mit dem Austausch der Gläser gemachten Aufwands.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] Das <span class="Unterstrichen">Erstgericht</span> sprach dem vormaligen Kläger einen Teilbetrag von 6.694,66&nbsp;EUR sowie weitere 1.895,22&nbsp;EUR, diesen Betrag Zug um Zug gegen Rückgabe des Containers, zu und wies das darüber hinausgehende Begehren auf Zahlung weiterer 8.305,34&nbsp;EUR ebenso wie das Widerklagebegehren auf Herausgabe des Containers ab. Der vormalige Kläger sei berechtigt gewesen, zunächst auf einer Verbesserung der vorhandenen Mängel zu bestehen und erst nach der beharrlichen Weigerung der Verbesserung von seinem Wandlungsrecht Gebrauch zu machen, zumal die Beklagte sich gar nie auf eine Unzumutbarkeit der Verbesserung gestützt habe. Deren Einwand, der Mehraufwand sei nur auf das unberechtigte Beharren auf einer Verbesserung zurückzuführen, gehe daher in Leere. Die Beklagte habe folglich die Mehrkosten für die Anschaffung eines Ersatzcontainers (im Ausmaß von konkret 6.694,66&nbsp;EUR) sowie die Kosten für den Einbau des Sicherheitsglases zu ersetzen, sei doch der vormalige Kläger aufgrund der Verweigerung zur Ersatzvornahme berechtigt gewesen. Dem Herausgabeanspruch stehe das Zurückbehaltungsrecht am Container aufgrund des darauf gemachten Aufwands nach §&nbsp;471 Abs&nbsp;1 ABGB entgegen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] Das <span class="Unterstrichen">Berufungsgericht</span> gab der gegen die teilweise Stattgebung der Klage sowie die Abweisung der Widerklage gerichteten Berufung der Beklagten teilweise Folge. Es verwarf die erhobene Nichtigkeitsberufung und bestätigte das Ersturteil im Umfang der darin erfolgten Zusprüche an den vormaligen Kläger. In Ansehung des Widerklagebegehrens änderte es die Entscheidung dahin ab, dass es dem Herausgabeanspruch teilweise, nämlich Zug um Zug gegen Ersatz der für den Austausch der Gläser aufgewandten Kosten von 1.895,22&nbsp;EUR, stattgab. Soweit im Revisionsverfahren noch von Relevanz, führte es in rechtlicher Hinsicht aus, der Umstand, dass der vormalige Kläger im Zuge seines Beharrens auf einer – von der Beklagten verweigerten – Verbesserung Bedingungen für einen Umstieg auf eine Wandlung genannt habe, ändere nichts daran, dass er stets klar erkennbar am primären Gewährleistungsbehelf festgehalten habe. Der spätere Umstieg auf den sekundären Gewährleistungsbehelf der Wandlung mache sein vorangegangenes Beharren auf einer Verbesserung nicht rechtswidrig. Die Wahl der Gewährleistungsbehelfe obliege dem Übernehmer, wenn der Übergeber keinen stichhaltigen Einwand der Unverhältnismäßigkeit der Verbesserung erhebe. Auf die von der Beklagten relevierten niedrigeren Kosten der Ersatzbeschaffung im Herbst&nbsp;2021 komme es daher nicht an. Die Auflösung des Vertrags infolge Wandlung ziehe die Rückerstattung der wechselseitig erbrachten Leistungen Zug um Zug nach sich. Zugleich könne der Übernehmer nach §&nbsp;933a Abs&nbsp;1 ABGB Schadenersatz fordern, wenn der Übergeber den Mangel verschuldet habe, was innerhalb der zehnjährigen Frist des §&nbsp;933a Abs&nbsp;3 ABGB vermutet werde (§&nbsp;1298 ABGB). Angesichts dieser Beweislastumkehr habe es keines Klagevorbringens zu einem Verschulden der Beklagten bedurft. Als behauptungs- und beweispflichtige Übergeberin wäre es an ihr gelegen gewesen, Vorbringen zu ihrem fehlenden Verschulden zu erstatten. Der Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens stehe auch nicht in einem Austauschverhältnis mit dem Anspruch der Beklagten auf Rückstellung des Containers, sodass insoweit eine Zug-um-Zug-Verpflichtung nicht in Betracht komme. In Ansehung des Anspruchs auf Ersatz der Kosten für den Austausch der Sicherheitsgläser leide das Ersturteil auch nicht an einem rechtlichen Feststellungsmangel. Zwar habe das Erstgericht keine ausdrückliche Feststellung dazu getroffen, ob im Container ursprünglich Sicherheitsgläser verbaut gewesen seien, es sei aber erkennbar von der Sachverhaltsannahme ausgegangen, dass die vereinbarten und erforderlichen Sicherheitsgläser im Übergabezeitpunkt eben nicht vorhanden gewesen seien. Daher bestehe ein Ersatzanspruch in Ansehung der Kosten der berechtigten Selbstverbesserung. Der auf Herausgabe des Containers gerichteten Widerklage sei entgegen der Rechtsansicht der Beklagten nicht schon deshalb stattzugeben, weil das Retentionsinteresse des vormaligen Klägers infolge der Einleitung eines Aktivprozesses durch diesen weggefallen sei. Zutreffend weise die Berufung jedoch darauf hin, dass die Widerklage zu Unrecht abgewiesen worden sei, weil ein Retentionsrecht nach §&nbsp;471 ABGB nur zur Zug-um-Zug-Verurteilung führe.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [10] Das Berufungsgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand in Ansehung der Widerklage als 5.000&nbsp;EUR, nicht aber 30.000&nbsp;EUR übersteigend und ließ die Revision nachträglich zu, weil höchstgerichtliche Judikatur zur hier zu beurteilenden Fallkonstellation eines Wechsels der Gewährleistungsbehelfe nach Verweigerung einer Verbesserung durch den Übergeber fehle.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [11] Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die <span class="Unterstrichen">Revision</span> der Beklagten. Sie wendet sich, gestützt auf die Revisionsgründe der Nichtigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, gegen die Bestätigung der teilweisen Klagestattgebung im führenden Verfahren sowie die bloß teilweise Stattgebung des Widerklagebegehrens im Sinn einer Zug-um-Zug-Verpflichtung und beantragt, die Entscheidungen der Vorinstanzen wegen Nichtigkeit aufzuheben, hilfsweise das Berufungsurteil dahin abzuändern, dass die Klage im führenden Verfahren gänzlich abgewiesen, der Widerklage hingegen zur Gänze stattgegeben werde.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [12] Die Klägerin beantragt in ihrer <span class="Unterstrichen">Revisionsbeantwortung</span>, die Revision der Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [13] Die Revision der Beklagten ist nicht zulässig.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [14] 1.&nbsp;Wenn die Beklagte neuerlich auf den schon in ihrer Berufung geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der fehlenden Begründung des Ersturteils in Ansehung der Abweisung der Widerklage zurückkommt, so ist darauf nicht einzugehen. Ist das Berufungsgericht – wie hier – in die Prüfung der Frage einer allfälligen im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufenen Nichtigkeit eingegangen und hat es eine solche verneint, ist die Wahrnehmung dieser Nichtigkeit im Verfahren dritter Instanz nicht mehr möglich. Eine vom Berufungsgericht im Spruch oder den Entscheidungsgründen verneinte Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz ist nach ständiger Rechtsprechung eine den Obersten Gerichtshof bindende, nicht weiter anfechtbare Entscheidung (RS0042981; RS0042917). Das kann auch nicht durch die Behauptung umgangen werden, das Berufungsgericht sei auf bestimmte Argumente nicht (ausreichend) eingegangen oder es sei ihm (deshalb) selbst eine Nichtigkeit unterlaufen (RS0042981 [T7, T22]; RS0043405 [T3]).</p><p class="ErlText AlignLeft"> [15] 2.&nbsp;Die Beklagte versucht, darüber hinaus die Zulässigkeit der Revision damit zu begründen, dass das Berufungsgericht bei der Beurteilung des Widerklagebegehrens außer Acht gelassen habe, dass sich der vormalige Kläger durch sein Verhalten anlässlich der Rückerstattung der geleisteten Anzahlung seines Zurückbehaltungsrechts an dem Container verschwiegen habe, habe dieser doch zunächst die Rückzahlung ohne Äußerung entgegengenommen und erst in der Folge die Rückgabe des Containers verweigert. Seine nachträgliche Berufung auf ein Zurückbehaltungsrecht sei damit treuwidrig erfolgt.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [16] Abgesehen davon, dass die Beklagte einen entsprechenden Rechtsmissbrauchseinwand im Verfahren erster Instanz nicht erhoben hat, lässt sie unberücksichtigt, dass der vormalige Kläger bereits in seinem vorbereitenden Schriftsatz vom 17.&nbsp;5.&nbsp;2023, also bereits vor der Rückerstattung der von ihm geleisteten Anzahlung durch die Beklagte, deutlich zum Ausdruck gebracht hat, den Container erst nach Befriedigung auch seiner sonstigen geltend gemachten Ansprüche herausgeben zu wollen. In ihrer Eingabe vom selben Tag bringt die Beklagte selbst vor, mit Blick auf die bisher fehlende Bereitschaft des (vormaligen) Klägers zur Herausgabe des Containers „nun in Vorleistung [zu] treten“ und die Anzahlung unter dem Vorbehalt der Rückgabe des Containers zu überweisen. Wieso vor diesem Hintergrund der nachfolgend im Widerklageverfahren erhobene Einwand eines nach wie vor bestehenden Zurückbehaltungsrechts gegen Treu und Glauben verstoßen soll, ist nicht ersichtlich. Weder hat der vormalige Kläger durch die Annahme der „Vorleistung“ oder durch seine vorangegangene Prozessführung zu erkennen gegeben, dass er schon aufgrund dieser Zahlung im Gegenzug zur Rückgabe des Containers bereit sein werde, noch war er – entgegen der erkennbaren Rechtsansicht der Beklagten – dazu verpflichtet, vor der Annahme der Rückzahlung noch einmal ausdrücklich auf ein dessen ungeachtet weiterbestehendes Zurückbehaltungsrecht am Container hinzuweisen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [17] 3.&nbsp;Die Beklagte führt ferner ins Treffen, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Beachtlichkeit der Einlassung des Übernehmers in außergerichtliche Verhandlungen mit dem Übergeber über eine Wandlung des Vertrags. Sie steht konkret auf dem Standpunkt, der (vormalige) Kläger müsse sich in der vorliegenden Fallkonstellation entgegenhalten lassen, dass er der ihm angebotenen Wandlung bereits wesentlich früher hätte zustimmen können, was deutlich weniger Kosten verursacht hätte. Damit könne er auch nur fordern, was er erhalten hätte, wenn er die Wandlung bereits früher akzeptiert hätte, würde er doch ansonsten ohne Grund bessergestellt, obwohl es gerade an ihm gelegen sei, dass die Wandlung zunächst gescheitert sei.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [18] Auch diese Argumentation verfängt nicht:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [19] Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung liegt dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn das Gesetz selbst eine klare, das heißt eindeutige Regelung trifft (RS0042656).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [20] Schon das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass nach den Urteilsfeststellungen nicht etwa bereits im Vorfeld des Prozesses eine grundsätzliche Einigung der Vertragsparteien über die Rückabwicklung des Vertrags zustande gekommen ist; vielmehr hat der vormalige Kläger trotz Gesprächen über eine mögliche Vertragsaufhebung außerprozessual stets auf den ihm zunächst zustehenden primären Gewährleistungsbehelf der Verbesserung beharrt. Der bloße Umstand, dass er zugleich unter bestimmten Bedingungen auch zu einer Rückabwicklung des Vertrags bereit gewesen wäre, ändert daran nichts und steht auch dem erst später – aufgrund der anhaltenden Verweigerung einer Verbesserung durch die Beklagte – erfolgten Umstieg auf den sekundären Gewährleistungsbehelf der Wandlung (gemäß §&nbsp;932 Abs&nbsp;4 ABGB in der vor dem Inkrafttreten des GRUG, BGBl&nbsp;I&nbsp;175/2021, geltenden Fassung; vgl §&nbsp;1503 Abs&nbsp;20 ABGB, §&nbsp;41a Abs&nbsp;35 KSchG, §&nbsp;29 Abs&nbsp;2 VGG) nicht entgegen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [21] Die Beklagte vermag dem in ihrer Revision nichts Substanzielles entgegenzuhalten: Sie legt insbesondere nicht dar, wieso der vormalige Kläger dazu verhalten gewesen sein soll, die Wandlung schon früher, nämlich als diese ihm von der Beklagten in Aussicht gestellt wurde, zu akzeptieren, nur weil er sich – ohne Aufgabe seines Rechtsstandpunkts – auf darauf bezogene außergerichtliche Verhandlungen eingelassen hat.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [22] Darauf aufbauend ist der Urteilssachverhalt auch nicht hinsichtlich der Frage ergänzungsbedürftig geblieben, ob „die Wandlung bereits im Herbst&nbsp;2021 stattfinden hätte können“ und ob sich der von der Beklagten letztlich zu tragende Aufwand in diesem Fall verringert hätte.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [23] 4.&nbsp;Auch im Übrigen zeigt die Beklagte in ihren Revisionsausführungen keine Rechtsfrage der von §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO geforderten Qualität auf:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [24] 4.1.&nbsp;In Bezug auf die geltend gemachte Mangelhaftigkeit der im Container verbauten Gläser ging das Berufungsgericht davon aus, dass das Erstgericht zwar keine ausdrückliche Feststellung zur Qualität dieser Gläser getroffen habe. Allerdings trage die Urteilsfeststellung, wonach der vormalige Kläger „die Fenster gegen ein Sicherheitsglas austauschen“ ließ, insbesondere in Zusammenhalt mit den darauf bezogenen Ausführungen in der Beweiswürdigung des Ersturteils unzweifelhaft die Sachverhaltsannahme in sich, dass die vereinbarten Sicherheitsgläser im Übergabezeitpunkt eben nicht vorhanden gewesen seien.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [25] Diese Auslegung der Urteilsfeststellungen im Einzelfall begegnet keinen im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifenden Bedenken (vgl RS0118891). Mit ihrem Rechtsmittelvortrag, der sich im Wesentlichen in der Kritik erschöpft, das Erstgericht habe zur entsprechenden Frage „keine brauchbaren Feststellungen“ getroffen, sodass das Berufungsgericht alleine darauf aufbauend – ohne Durchführung einer Beweiswiederholung – nicht annehmen hätte dürfen, dass im gelieferten Container kein Sicherheitsglas verbaut gewesen sei, legt die Beklagte keine unvertretbare Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts dar. In der vorgenommenen Interpretation der Urteilsfeststellungen liegt gerade keine Sachverhaltsergänzung, die in der Tat eine Beweiswiederholung bzw Beweisergänzung durch das Berufungsgericht erfordert hätte (vgl RS0043026). Damit geht aber auch der implizit erhobene Vorwurf der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens ins Leere.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [26] 4.2.&nbsp;Die Beklagte moniert schließlich auch noch im Revisionsverfahren, die Vorinstanzen hätten bei der Beurteilung der geltend gemachten Schadenersatzansprüche verkannt, dass die Beweislastumkehr nach §&nbsp;1298 ABGB den Geschädigten nicht von seiner Behauptungslast in Bezug auf das Verschulden an der mangelhaften Leistung enthebe. Ein solches Vorbringen zu einem verschuldeten Mangel sei aber im gesamten erstinstanzlichen Klagevortrag nicht erstattet worden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [27] Dieses Vorbringen lässt unberücksichtigt, dass es im Rahmen des der Beklagten obliegenden Entlastungsbeweises nach §&nbsp;1298 ABGB gerade an ihr gewesen wäre, die entsprechenden Tatsachenbehauptungen aufzustellen, aus denen hervorgeht, dass ihr hinsichtlich der erfolgten Verletzung vertraglicher Pflichten kein objektiv und subjektiv sorgfaltswidriges Verhalten anzulasten ist (arg: „Wer vorgibt, [...]“; 5&nbsp;Ob&nbsp;512/95; 3&nbsp;Ob&nbsp;202/13x uva; RS0018309 [T4]; RS0022023; vgl weiters <span class="Kursiv">G.&nbsp;Kodek</span> in <span class="Kursiv">Kletečka/Schauer</span>, ABGB-ON<span class="Hoch">1.04</span> §&nbsp;1298 Rz&nbsp;22 mwN). Dies hat sie in erster Instanz nicht getan.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [28] 5.&nbsp;Da die Klägerin auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat, steht ihr gemäß §§&nbsp;41, 50 ZPO der Ersatz der Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zu (RS0112296; RS0035979 [T16]), allerdings bloß auf Basis einer Bemessungsgrundlage von gesamt 24.093,88&nbsp;EUR, ist doch die Abweisung des Zahlungsmehrbegehrens von 8.305,34&nbsp;EUR im Ersturteil unbekämpft in Rechtskraft erwachsen.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250114_OGH0002_0080OB00150_24B0000_000
Justiz
OGH
2025-01-30
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250114_OGH0002_0080OB00150_24B0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250114_OGH0002_0080OB00150_24B0000_000/JJT_20250114_OGH0002_0080OB00150_24B0000_000.html
8Ob150/24b
ECLI:AT:OGH0002:2025:0080OB00150.24B.0114.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr.&nbsp;Tarmann-Prentner als Vorsitzende sowie die Hofräte MMag.&nbsp;Matzka, Dr.&nbsp;Stefula, Dr.&nbsp;Thunhart und Mag.&nbsp;Dr.&nbsp;Sengstschmid als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D* H*, vertreten durch Mag.&nbsp;Martin Moser, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei A* AG, *, vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 49.724,14&nbsp;EUR&nbsp;sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 31.&nbsp;Oktober&nbsp;2024, GZ&nbsp;2&nbsp;R&nbsp;116/24g-83.1, in nichtöffentlicher Sitzung den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die außerordentliche Revision wird gemäß §&nbsp;508a Abs&nbsp;2 ZPO mangels der Voraussetzungen des §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO zurückgewiesen.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Die Vorinstanzen erkannten dem Kläger für die in seinem Fahrzeug verbaute unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art&nbsp;5 Abs&nbsp;2 VO&nbsp;(EG)&nbsp;715/2007 einen Schadenersatz in Höhe von 5&nbsp;% des Kaufpreises zu.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision nicht zu.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] Dass das Berufungsgericht bei der Ausmittlung der zu ersetzenden Wertminderung die Grenzen des gebundenen Ermessens überschritten hätte, zeigt die Revision nicht auf.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Wie bereits vom Obersten Gerichtshof wiederholt entschieden, kann in Fällen wie dem vorliegenden der zu ersetzende Betrag vom Gericht in Übereinstimmung mit dem unionsrechtlichen Effektivitätsgebot im Sinn des §&nbsp;273 Abs&nbsp;1 ZPO nach freier Überzeugung – selbst mit Übergehung eines angebotenen (etwa: Sachverständigen-)Beweises – innerhalb einer Bandbreite von 5&nbsp;% bis 15&nbsp;% des gezahlten und dem Wert des Fahrzeugs angemessenen Kaufpreises festgesetzt werden (10&nbsp;Ob&nbsp;27/23b [Rz&nbsp;39&nbsp;f]; 8&nbsp;Ob&nbsp;88/22g [Rz&nbsp;25]; 8&nbsp;Ob&nbsp;95/24i [Rz&nbsp;8] ua; RS0134498).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] In seiner Zulassungsbeschwerde führt der Kläger für die Zulässigkeit der Revision ins Treffen, diese Judikatur sei inhaltlich unrichtig, weil sie der beklagten Fahrzeugherstellerin keinen abschreckenden und damit effektiven Schadenersatz auferlege, und weil sie nur aus den Jahren&nbsp;2023 und 2024 stamme, sei sie noch nicht als gesichert anzusehen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Der Kläger übergeht, dass sein Fahrzeug nach den Feststellungen uneingeschränkt betriebs- und fahrbereit und sowohl im Zeitpunkt des Erwerbs als auch des Verkaufs durch ihn zu den üblichen Preisen handelbar war. Unter diesen Bedingungen den Fahrzeughersteller zur Zahlung von 5&nbsp;% des Kaufpreises zu verurteilen, ist jedenfalls abschreckend und damit effektiv im Sinne der Rechtsprechung des EuGH. Dass die zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung „nur“ aus den vergangenen rund zwei Jahren stammt, ändert nichts daran, dass sie bereits im Sinn des §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO gesichert ist.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§&nbsp;510 Abs&nbsp;3 ZPO).</span></p></div></div></body></html>
null
JJT_20250114_OGH0002_010OBS00130_24A0000_000
Justiz
OGH
2025-01-29
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250114_OGH0002_010OBS00130_24A0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250114_OGH0002_010OBS00130_24A0000_000/JJT_20250114_OGH0002_010OBS00130_24A0000_000.html
10ObS130/24a
ECLI:AT:OGH0002:2025:010OBS00130.24A.0114.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Nowotny als Vorsitzenden, die Hofräte Mag.&nbsp;Schober und Dr.&nbsp;Annerl sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.&nbsp;Arno Sauberer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag.&nbsp;Robert Brunner (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Mag.&nbsp;Hannes Huber und Dr.&nbsp;Georg Lugert, Rechtsanwälte in Melk, gegen die beklagte Partei Österreichische Gesundheitskasse, 1030&nbsp;Wien, Haidingergasse&nbsp;1, vertreten durch die Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in St.&nbsp;Pölten, wegen Familienzeitbonus, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27.&nbsp;November&nbsp;2024, GZ&nbsp;7&nbsp;Rs&nbsp;124/24t-14, in nichtöffentlicher Sitzung den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die außerordentliche Revision wird gemäß §&nbsp;508a Abs&nbsp;2 ZPO mangels der Voraussetzungen des §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO zurückgewiesen.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Gegenstand des Verfahrens ist der Anspruch des Klägers auf Familienzeitbonus gemäß §&nbsp;2 FamZeitbG für die Zeiträume von 24.&nbsp;Mai&nbsp;2024 bis 12.&nbsp;Juni&nbsp;2024 und von 19.&nbsp;Juni&nbsp;2024 bis 23.&nbsp;Juni&nbsp;2024.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Der Kläger wurde am 13.&nbsp;Juni&nbsp;2024 akut stationär im Krankenhaus aufgenommen und befand sich dort in stationärer Behandlung bis einschließlich 18.&nbsp;Juni&nbsp;2024.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] Die <span class="Fett">Vorinstanzen</span> bejahten den (anteiligen) Anspruch des Klägers auf Familienzeitbonus in den gegenständlichen Zeiträumen.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"> [4] In der <span class="Fett">außerordentlichen Revision</span> steht die beklagte Österreichische Gesundheitskasse auf dem Standpunkt, dass ein anteiliger Anspruch auf Familienzeitbonus nicht vorgesehen sei, wenn sich der Vater nicht zumindest 28&nbsp;Tage ununterbrochen in Familienzeit befinde.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] <span class="Fett">1.</span>&nbsp;Nach nunmehriger Rechtsprechung kann für die Tage, an denen alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, auch ein anteiliger Anspruch auf Familienzeitbonus bestehen (RS0133955; anders noch RS0133088 und RS0132377). Primäres Argument dafür war der Umstand, dass sich aus dem für die Anspruchsberechtigung maßgeblichen §&nbsp;2 FamZeitbG nicht zwingend ergibt, dass der Anspruch auf Familienzeitbonus materiell nicht auch für einen kürzeren Zeitraum als den nach der verfahrensrechtlichen Bestimmung des §&nbsp;3 Abs&nbsp;3 FamZeitbG gewählten bestehen kann. Aus §&nbsp;2 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;3 FamZeitbG folgt lediglich, dass sich der Vater im gesamten Zeitraum, in dem ein Anspruch besteht, in Familienzeit befinden muss, die zwischen 28 und 31&nbsp;Tage beträgt. Die Festlegung eines verbindlichen Anspruchszeitraums gemäß §&nbsp;3 Abs&nbsp;3 FamZeitbG ist daher allein für das Verwaltungsverfahren maßgeblich, nicht jedoch für die Frage der Anspruchsberechtigung. Der gänzliche Wegfall des Anspruchs im Fall des Fehlens der Anspruchsvoraussetzungen auch nur an einem Tag des gewählten Bezugszeitraums steht überdies in Widerspruch zum Zweck der Gewährung eines Familienzeitbonus, Väter dazu zu motivieren, sich nach der Geburt des Kindes intensiv dem Kind und der Familie zu widmen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] <span class="Fett">2.</span>&nbsp;Auf dieser Grundlage bejahte der Oberste Gerichtshof einen anteiligen Anspruch auf Familienzeitbonus in einem Fall, in dem wegen eines Krankenhausaufenthalts des Kindes die Voraussetzungen des §&nbsp;2 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;3 und 4 iVm §&nbsp;2 Abs&nbsp;3 und 4 FamZeitbG nur für einen Teil des beantragten Zeitraums vorlagen (10&nbsp;ObS&nbsp;109/22k). Es mag daher zutreffen, dass sich der Kläger während seines Krankenhausaufenthalts nicht in Familienzeit im Sinn des §&nbsp;2 Abs&nbsp;4 FamZeitbG befand und die Anspruchsvoraussetzung des §&nbsp;2 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;3 FamZeitbG in diesem Zeitraum nicht erfüllt war. Dies hindert aber nach der dargestellten Rechtsprechung die (anteilige) Bejahung eines Anspruchs auf Familienzeitbonus im übrigen Antragszeitraum, in dem unstrittig sämtliche Voraussetzungen des §&nbsp;2 Abs&nbsp;1 FamZeitbG erfüllt waren, nicht. Dass der Kläger schon bei der Antragstellung ein dem §&nbsp;3 Abs&nbsp;2 FamZeitbG widersprechendes Ausmaß an Familienzeit geplant hätte, behauptet die Beklagte nicht und ist aufgrund des festgestellten Sachverhalts auch nicht anzunehmen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [7] <span class="Fett">3.</span>&nbsp;Die von der Beklagten als bedeutsam angesehene Rechtsfrage ist somit geklärt, sodass ihre Revision zurückzuweisen ist.</p></div></div></body></html>
null
JJT_20250114_OLG0459_0090BS00001_25Y0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-30
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250114_OLG0459_0090BS00001_25Y0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250114_OLG0459_0090BS00001_25Y0000_000/JJT_20250114_OLG0459_0090BS00001_25Y0000_000.html
9Bs1/25y
ECLI:AT:OLG0459:2025:0090BS00001.25Y.0114.000
null
null
null
<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Dr. Engljähringer als Einzelrichterin in der&nbsp;Strafsache gegen <span class="Fett">Mag. A*</span> und eine andere Angeklagte wegen Kosten gemäß §&nbsp;381 Abs&nbsp;1 StPO über die Beschwerde der Verurteilten gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 5.&nbsp;Dezember 2024, GZ*, entschieden:</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">In diesem Verfahren wurde Mag.&nbsp;A* mit rechtskräftigem Urteil vom 26.&nbsp;Juni 2024 (ON&nbsp;21 und ON&nbsp;33.3) je eines Vergehens der Begünstigung nach §§&nbsp;12 zweiter Fall, 15, 299 Abs 1 StGB und der falschen Beweisaussage nach §§&nbsp;15, 12 zweiter Fall, 288 Abs&nbsp;1 StGB schuldig erkannt; gleichzeitig wurde sie zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet (§&nbsp;389 Abs&nbsp;1 StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Jene Kosten bestimmte das Erstgericht im nun angefochtenen Beschluss (ON&nbsp;35) mit einem Pauschalkostenbeitrag gemäß §&nbsp;381 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 StPO in Höhe von 1.500&nbsp;Euro.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Dagegen wendet sich die Beschwerde der Verurteilten (ON&nbsp;38), jedoch ohne Erfolg.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Pauschalkostenbeitrag sieht nach §&nbsp;381 Abs&nbsp;3 Z&nbsp;3 StPO – bezogen auf das landesgerichtliche Einzelrichterverfahren – eine Mindestgrenze von 150&nbsp;Euro und eine Höchstgrenze von 3.000&nbsp;Euro vor. In dem Rahmen sind bei der Bemessung die Belastungen der im Strafverfahren tätigen Behörden und Dienststellen und das Ausmaß der diesen erwachsenen, nicht besonders zu vergütenden Auslagen sowie das Vermögen, das Einkommen und die anderen für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Ersatzpflichtigen maßgebenden Umstände zu berücksichtigen (§&nbsp;381 Abs&nbsp;5 StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Demnach ist zunächst der konkrete Prozessaufwand unter Berücksichtigung des etwas umfangreicheren Ermittlungsverfahrens, welches ebenso wie das knappe Hauptverfahren auch gegen eine weitere Angeklagte zu führen war, sowie eines Berufungsverfahrens, dessen arbeitsmäßige Belastung der befassten Dienststellen sich der Beschwerde zuwider ebenfalls nicht bloß in der Dauer der öffentlichen Verhandlung erschöpft, mit der Einschätzung des Erstgerichts als durchschnittlich einzustufen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Soweit die Rechtsmittelwerberin bei der Beurteilung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit überdies bestehende Kreditschulden in Höhe von 472.000&nbsp;Euro einwendet, lässt sie außer Acht, dass diese Verbindlichkeiten, für die sie offenkundig gemeinsam mit ihrem Ehemann aufzukommen hat, durch den damit geschaffenen Vermögenswert (Eigentumswohnung; vgl ON&nbsp;9.3, 1; ON&nbsp;9.7, 2; ON&nbsp;21,2) kompensiert werden. Nachvollziehbar zeigt die Beschwerdeführerin zwar auf, dass ihre aktuellen Einkünfte aus anwaltlicher Tätigkeit angesichts der Betreuungspflicht für ein Kleinstkind vorübergehend etwas reduziert sein mögen. Eine direkte Relation des Pauschalkostenbeitrags zu einem bestimmten Monatseinkommen ist dem Gesetz aber ohnedies nicht zu entnehmen. Der im Mittelfeld der gesetzlichen Bandbreite angesiedelte Pauschalkostenbeitrag ist in der Gesamtschau der aktenkundigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin daher nicht reduzierbar. Keinesfalls lässt sich im Übrigen darstellen, dass im Sinn des §&nbsp;391 Abs&nbsp;1 StPO bei Eintreibung der Verfahrenskosten in Höhe von 1.500&nbsp;Euro der zu einer einfachen Lebensführung notwendige Unterhalt gefährdet wäre.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Rechtsmittelbelehrung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diese Entscheidung steht kein weiteres Rechtsmittel zu.</p></div></div></body></html>
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JJT_20250114_OGH0002_010OBS00134_24I0000_000
Justiz
OGH
2025-01-29
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250114_OGH0002_010OBS00134_24I0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250114_OGH0002_010OBS00134_24I0000_000/JJT_20250114_OGH0002_010OBS00134_24I0000_000.html
10ObS134/24i
ECLI:AT:OGH0002:2025:010OBS00134.24I.0114.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Nowotny als Vorsitzenden, die Hofräte Mag.&nbsp;Schober und Dr.&nbsp;Annerl sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.&nbsp;Arno Sauberer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag.&nbsp;Robert Brunner (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei C*, vertreten durch die Siarlidis Huber-Erlenwein Rechtsanwälte OG in Graz, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, 1051&nbsp;Wien, Wiedner Hauptstraße&nbsp;84–86, wegen Rückforderung von Kinderbetreuungsgeld, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27.&nbsp;November&nbsp;2024, GZ&nbsp;7&nbsp;Rs&nbsp;62/24b-18, in nichtöffentlicher Sitzung den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die außerordentliche Revision wird gemäß §&nbsp;508a Abs&nbsp;2 ZPO mangels der Voraussetzungen des §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO zurückgewiesen.</span></p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] <span class="Fett">1.</span>&nbsp;Die Frage, ob die Eltern die nicht rechtzeitige Vornahme einer Mutter-Kind-Pass-Untersuchung im Sinn des §&nbsp;24c Abs&nbsp;2 Z&nbsp;1 KBGG zu vertreten haben, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab (RS0130213), sodass sie im Regelfall keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage bildet.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [2] Die Beurteilung der Vorinstanzen, auch ein nicht juristisch ausgebildeter Elternteil könne bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt erkennen, dass „im dritten, vierten oder fünften Lebensmonat“ spätestens den Zeitpunkt fünf Monate nach dem Tag der Geburt des Kindes und nicht das Ende des Kalendermonats (hier Februar) bezeichne, sodass die Fehlvorstellung über die Fristenberechnung von den Eltern zu vertreten sei, hält sich innerhalb des den Vorinstanzen eingeräumten Beurteilungsspielraums (vgl 10&nbsp;ObS&nbsp;187/21d).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] <span class="Fett">2.</span>&nbsp;Angesichts der eindeutigen Regelung, aus von den Eltern zu vertretenden Gründen nicht innerhalb der festgelegten Frist vorgenommene Untersuchungen mit der Reduktion des Anspruchs auf Kinderbetreuungsgeld zu sanktionieren, liegt die Annahme einer planwidrigen Lücke für den Fall der Vornahme der Untersuchung nach Ablauf der Frist (wenn auch noch im selben Kalendermonat) so fern, dass es keiner Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs hierzu bedarf (RS0042656; RS0042824).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] <span class="Fett">3.</span>&nbsp;Warum ein Abstellen auf den Tag der Geburt (und nicht auf den ganzen Kalendermonat, in dem das Fristende liegt) bei der Frage, ob eine Untersuchung rechtzeitig vorgenommen wurde, zu einer unsachlichen Ungleichbehandlung führen soll, wird in der außerordentlichen Revision nicht näher erklärt, sodass der Anregung der Klägerin auf Anrufung des Verfassungsgerichtshofs nicht näher zu treten ist. Eine Rechtsfrage von der Qualität des §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO liegt nicht vor, wenn der Oberste Gerichtshof die verfassungsrechtlichen Bedenken des Rechtsmittelwerbers nicht teilt (RS0116943).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] <span class="Fett">4.</span>&nbsp;Da die außerordentliche Revision keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO aufzeigt, ist sie zurückzuweisen.</span></p></div></div></body></html>
null
JJT_20250114_OGH0002_008OBA00053_24P0000_000
Justiz
OGH
2025-02-03
2025-02-03
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250114_OGH0002_008OBA00053_24P0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250114_OGH0002_008OBA00053_24P0000_000/JJT_20250114_OGH0002_008OBA00053_24P0000_000.html
8ObA53/24p
ECLI:AT:OGH0002:2025:008OBA00053.24P.0114.000
null
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr.&nbsp;Tarmann-Prentner sowie die Hofräte MMag.&nbsp;Matzka und Dr.&nbsp;Stefula und die fachkundigen Laienrichter Johannes Püller (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Alexander Leitner (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei C*, vertreten durch die Haider Obereder Pilz Rechtsanwält:innen GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Gemeinde Wien, 1010&nbsp;Wien, Rathausstraße&nbsp;4, vertreten durch die Fellner Wratzfeld &amp; Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung des aufrechten Bestandes eines Dienstverhältnisses, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24.&nbsp;September&nbsp;2024, GZ&nbsp;8&nbsp;Ra&nbsp;75/24v-48.2, in nichtöffentlicher Sitzung den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die außerordentliche Revision wird gemäß §&nbsp;508a Abs&nbsp;2 ZPO mangels der Voraussetzungen des §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO zurückgewiesen.</span></p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] <span class="Fett">1.1.</span>&nbsp;Regelungen über die Beweislast kommen nur dann zur Anwendung, wenn die Beweisergebnisse nach der Überzeugung des Gerichts nicht ausreichen, um einen entscheidungswesentlichen Tatumstand als erwiesen oder als nicht erwiesen anzunehmen, sodass die freie Beweiswürdigung zu keinem Ergebnis führt (vgl RS0039903).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [2] Die Auslegung von Urteilsfeststellungen im Einzelfall wirft regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO auf (vgl RS0118891).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] <span class="Fett">1.2.</span>&nbsp;Die Vorinstanzen haben die Konstatierungen, wonach nicht festgestellt werden könne, dass es im Bereich der Bestattung Wien, bei welcher der Kläger dienstzugeteilt war, oder sonst bei der Beklagten eine offene Stelle gebe, für die der Kläger aufgrund seiner Ausbildung, seiner Erfahrung bei der Beklagten und seiner geistigen und gesundheitlich eingeschränkten körperlichen Leistungsfähigkeit geeignet oder sinnvoll einsetzbar sei, ersichtlich nicht im Sinne eines non&nbsp;liquet getroffen: Wie sich auch aus der Beweiswürdigung des Erstgerichts ergibt, legte es seinen Feststellungen konkrete und von ihm nicht bezweifelte positive Beweisergebnisse zugrunde, dass keine solchen Arbeitsplätze bestünden.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] <span class="Fett">1.3.</span>&nbsp;Ein solches Auslegungsergebnis bewegt sich im Rahmen des insbesondere Rechtsmittelgerichten im Einzelfall notwendigerweise zukommenden Beurteilungsspielraums.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Beweislastregeln sind daher hier nicht anwendbar; ein von der Revision vermeintes Abgehen von der Rechtsprechung zur Behauptungs- und Beweislastverteilung liegt damit insofern nicht vor.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] <span class="Fett">2.1.</span>&nbsp;Nach §&nbsp;42 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;2 des Gesetzes über das Dienstrecht der Vertragsbediensteten der Gemeinde Wien (Vertragsbedienstetenordnung&nbsp;1995 – VBO&nbsp;1995), WrLBGl&nbsp;1995/50 (in der Folge: WrVBO&nbsp;1995), ist die Beklagte zur Kündigung eines Bediensteten berechtigt, wenn dieser für die Erfüllung seiner Dienstpflichten gesundheitlich ungeeignet ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Krankenstände auftreten, die den Bediensteten laufend in einem weit über dem Durchschnitt liegenden Maß an der Dienstleistung hindern (RS0081880). Dabei kommt es nicht allein auf die Dauer und Häufigkeit der in der Vergangenheit aufgetretenen Krankenstände an (RS0081880 [T13]); entscheidend ist vielmehr, ob daraus abgeleitet werden kann, dass der Dienstnehmer für die Erfüllung der Dienstpflichten gesundheitlich in Zukunft nicht geeignet ist (RS0081880 [T12, T16]). Hierfür kommt es auf die Erfüllung bzw Nichterfüllung der dem Vertragsbediensteten übertragenen Dienstpflichten auf dem konkreten Arbeitsplatz und nicht auf die Möglichkeit ersprießlicher Arbeitsleistung auf irgendeinem anderen Dienstposten des Dienstgebers an; der Arbeitgeber ist daher – auch im Rahmen seiner Fürsorgepflicht (siehe sogleich Pkt&nbsp;2.2.) – grundsätzlich nicht verpflichtet, den dauernd dienstunfähigen Arbeitnehmer in einer anderen als der arbeitsvertraglich geschuldeten Verwendung zu beschäftigen (vgl 8&nbsp;ObA&nbsp;56/18w mwH).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [7] <span class="Fett">2.2.</span>&nbsp;Bereits das Berufungsgericht hat aber ausführlich dargelegt, dass der Dienstgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht verhalten ist, einem partiell dienstunfähigen Dienstnehmer nach Möglichkeit eine leichtere Arbeit zuzuweisen, zu deren Verrichtung er weiterhin in der Lage ist; verletzt der Dienstgeber diese soziale Gestaltungspflicht, ist die Kündigung nicht berechtigt (9&nbsp;ObA&nbsp;30/21h mwN; RS0082303). Diese Obliegenheit, dem Arbeitnehmer tunlichst leichtere Arbeiten zuzuweisen, besteht vor allem dann, wenn das Dienstverhältnis bereits lange Zeit (hier: insgesamt mehr als dreißig Jahre) gedauert hat und wenn der Personalstand des Dienstgebers groß ist (8&nbsp;ObA&nbsp;79/02d): Je größer dieser ist, umso eher kann eine entsprechende Verwendung gefunden werden (RS0082305).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] Der Dienstgeber ist aber im Rahmen der sozialen Gestaltungs- und Fürsorgepflicht nicht gehalten, seine Arbeitsorganisation umzustrukturieren und für den dauernd und nicht nur krankheitshalber vorübergehend nicht voll einsatzfähigen Vertragsbediensteten durch eine neue Arbeitsverteilung einen dem Rest seiner Arbeitskraft entsprechenden, bis dahin nicht existierenden Arbeitsplatz neu zu schaffen (vgl RS0082303 [T4, T7]; RS0031393).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] <span class="Fett">2.3.</span>&nbsp;Die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass keine weitere Verwendbarkeit bestanden hätte oder mangels offener Planstellen eine solche Besetzung nicht möglich wäre, trifft den Arbeitgeber (RS0125343 [T1]). Ob dem Arbeitgeber der Beweis der mangelnden Beschäftigungsmöglichkeit für einen nur mehr partiell dienstfähigen Vertragsbediensteten gelungen ist, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet schon deshalb grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage; dasselbe gilt für die Frage, ob der Dienstgeber seiner diesbezüglichen Fürsorgepflicht ausreichend nachgekommen ist (vgl 8&nbsp;ObA&nbsp;66/22x; RS0051942 [T4]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [10] <span class="Fett">3.</span>&nbsp;Die Revision zeigt auch keine Rechtsfragen auf, welche die Anrufung des Obersten Gerichtshofs rechtfertigen könnten.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [11] <span class="Fett">3.1.1.</span>&nbsp;Der Kläger meint, er sei nicht als Sargträger, sondern als Bestatter beschäftigt gewesen; nach einem für letztere Beschäftigung geltenden Beurteilungsmaßstab liege kein Kündigungsgrund im Sinne des §&nbsp;42 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;2 WrVBO&nbsp;1995 vor, wonach er für die Erfüllung seiner Dienstpflichten gesundheitlich gänzlich ungeeignet wäre.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [12] <span class="Fett">3.1.2.</span>&nbsp;Dem stehen die Feststellungen über die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers in Ansehung insbesondere der Hebe- und Trageleistungen entgegen, wie sie gerade mit einer Beschäftigung als Bestatter – mag er auch (wie der Kläger zuletzt) Partieführer einer Trägerpartie (gewesen) sein – insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit verbunden sind, zumindest auch als Sargträger zu fungieren, ohne dass es Verwendungen und Tätigkeiten als Bestatter gäbe, die sich durchgängig im Rahmen des nach den Feststellungen deutlich – und nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft – eingeschränkten körperlichen Leistungskalküls des Klägers bewegen würden.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [13] Die Arbeitsorganisation der Beklagten sieht vor, dass Bestatterpartien von vier Personen auf allen Wiener Friedhöfen eingesetzt werden; dabei wäre es nach den Feststellungen dauerhaft nicht möglich, einzelne Mitarbeiter etwa ausschließlich für Urnenbestattungen anstelle von Sargbestattungen heranzuziehen, was insgesamt dazu führt, dass der Kläger keine für die Beklagte sinnvoll verwertbare Arbeitsleistung in seiner bisherigen Beschäftigung mehr erbringen kann. In diesem Lichte ist das Berufungsgericht zumindest vertretbar von einer Unfähigkeit des Klägers ausgegangen, seiner unstrittig dienstvertraglich vereinbarten Tätigkeit als Bestatter nachzugehen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [14] Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang behauptet, er könne sämtliche Tätigkeiten als Bestatter weiterhin ausüben, entfernt er sich vom festgestellten Sachverhalt, zumal er nach diesem nicht nur bei Aufgaben als Sargträger, sondern sogar auch bei sonstigen (Teil-)Tätigkeiten (Urnentragen) im „Leichtdienst“ körperlich eingeschränkt ist.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [15] <span class="Fett">3.2.1.</span>&nbsp;Nach den Feststellungen gibt es bei der Bestattung Wien keine Stellen, welche ausschließlich für Tätigkeiten in einem solchen Leichtdienst vorgesehen wären; sie hat keinen Bedarf an einer dauernden solchen Verwendung eines Arbeitnehmers und dies ist aus organisatorischen Gründen auf Dauer auch nicht möglich. Der Leichtdienst war generell lediglich dafür gedacht, dem Kläger vorübergehend eine Beschäftigungsmöglichkeit bis zur Wiedererlangung seiner Gesundheit zu schaffen, was ihm auch wiederholt mitgeteilt wurde.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [16] <span class="Fett">3.2.2.</span>&nbsp;Aus dem Umstand, dass die Beklagte den Kläger über einen längeren Zeitraum von eineinhalb Jahren in einem solchen Leichtdienst beschäftigte, ist für den Kläger nichts zu gewinnen. Das Berufungsgericht vertrat – im Anschluss an die Entscheidung 8&nbsp;ObA&nbsp;56/18w – die Auffassung, dass es sich bei der Zuweisung des Klägers zu einer solchen Tätigkeit um eine vorübergehende soziale Maßnahme der Beklagten handelte, aber keine dauerhafte Einrichtung oder Umgestaltung ihrer Arbeitsorganisation; aus der Eignung des Klägers zur Erbringung dieser Tätigkeiten könne keine bloß partielle Dienstunfähigkeit abgeleitet werden.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [17] Dies ist auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger nach den Feststellungen im Zusammenhang mit dieser Zuweisung in Aussicht gestellt hatte, seine volle Einsetzbarkeit könne und werde wiederhergestellt werden, nicht im Einzelfall unvertretbar.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [18] <span class="Fett">3.3.1.</span>&nbsp;Im Übrigen steht – positiv (siehe oben Pkt&nbsp;1.) – fest, dass es weder im Bereich der Bestattung Wien, etwa als „Arrangeur“ oder im Bereich des Bestattungsmuseums, noch sonst bei der Beklagten eine offene Stelle gibt, für die der Kläger aufgrund seiner Ausbildung, seiner Erfahrung bei der Beklagten und seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit geeignet bzw sinnvoll einsetzbar wäre, zumal er auch nicht über erforderliche rhetorische Fähigkeiten, IT-Kenntnisse, welche in bloßen Verwaltungstätigkeiten gebraucht werden, oder kaufmännische Qualifikationen verfügt.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [19] <span class="Fett">3.3.2.</span>&nbsp;Wenn das Berufungsgericht auf diesen Feststellungen aufbauend zum Schluss kam, dass der Beklagten auch insofern keine Verletzung ihrer Fürsorgepflicht anzulasten ist, liegt darin keine im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [20] <span class="Fett">3.4.</span>&nbsp;Welche Bedeutung dem Umstand zukommen sollte, dass Mitursache der körperlichen Einschränkung eine bei Verrichtung der Bestattertätigkeit erlittene Verletzung und damit ein Arbeitsunfall gewesen wäre, erschließt sich nicht.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [21] <span class="Fett">4.</span>&nbsp;Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§&nbsp;510 Abs&nbsp;3 ZPO iVm §&nbsp;2 Abs&nbsp;1 ASGG).</span></p></div></div></body></html>
null
JJT_20250114_OGH0002_008OBA00052_24S0000_000
Justiz
OGH
2025-02-03
2025-02-03
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250114_OGH0002_008OBA00052_24S0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250114_OGH0002_008OBA00052_24S0000_000/JJT_20250114_OGH0002_008OBA00052_24S0000_000.html
8ObA52/24s
ECLI:AT:OGH0002:2025:008OBA00052.24S.0114.000
null
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr.&nbsp;Tarmann-Prentner als Vorsitzende, die Hofräte MMag.&nbsp;Matzka und Mag.&nbsp;Dr.&nbsp;Sengstschmid sowie die fachkundigen Laienrichter Johannes Püller (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Alexander Leitner (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei B* A*, vertreten durch Mag.&nbsp;Harald Lajlar, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei M* GmbH, *, vertreten durch Dr.&nbsp;Peter Klaunzer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 67.966,83&nbsp;EUR&nbsp;brutto und 1.705,45&nbsp;EUR&nbsp;netto&nbsp;sA sowie Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26.&nbsp;September&nbsp;2024, GZ&nbsp;15&nbsp;Ra&nbsp;18/24w-40, in nichtöffentlicher Sitzung den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die außerordentliche Revision wird gemäß §&nbsp;508a Abs&nbsp;2 ZPO mangels der Voraussetzungen des §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO zurückgewiesen.</span></p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] 1.&nbsp;Die Klägerin bezweifelt im Rechtsmittelverfahren nicht, dass das wiederholte Manipulieren der Zeiterfassung zu Lasten der Beklagten einen Entlassungsgrund bildet (vgl RS0029647 [T2]). Sie meint aber, die Beklagte habe auf die festgestellten Falscheintragungen der Klägerin im Zeiterfassungssystem nicht rechtzeitig reagiert.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [2] 2.&nbsp;Der Grundsatz der Unverzüglichkeit der Entlassung besagt, dass der Arbeitgeber – bei sonstigem Verlust des Entlassungsrechts – die Entlassung ohne Verzug, das heißt sofort nachdem ihm der Entlassungsgrund bekannt geworden ist, aussprechen muss (RS0029131 [T8, T9]; RS0028965). Die Unterlassung der sofortigen Geltendmachung eines Entlassungsgrundes führt zur Verwirkung des Entlassungsrechts, wenn das Zögern nicht in der Sachlage begründet war (vgl RS0031571). Diesem Grundsatz liegt der Gedanke zugrunde, dass ein Arbeitgeber, der eine ihm bekannt gewordene Verfehlung des Arbeitnehmers nicht unverzüglich mit der Entlassung beantwortet, die Weiterbeschäftigung dieses Arbeitnehmers offenbar nicht als unzumutbar ansieht und auf die Ausübung des Entlassungsrechts im konkreten Fall verzichtet (RS0031799 [T12]; RS0029249 [T2]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] 3.1.&nbsp;Unter einem fortgesetzten Entlassungsgrund ist die wiederholte Begehung von im Wesentlichen gleichartigen, auf derselben Neigung oder denselben Eigenschaften des Dienstnehmers beruhenden Handlungen oder Unterlassungen zu verstehen, welche alle demselben Entlassungstatbestand zu unterstellen sind und wegen ihres inneren Zusammenhanges durch Zeit, Ort, Ursache oder Gelegenheit nach den Regeln des Arbeitslebens eine Einheit bilden (RS0028881).</p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] 3.2.&nbsp;Bei Vorliegen fortgesetzter Entlassungsgründe verliert der Arbeitgeber nur hinsichtlich jenes Entlassungsgrundes das Entlassungsrecht, hinsichtlich dessen er die Entlassung nicht (rechtzeitig) ausgesprochen hat; aber auch diese Verfehlungen können im Rahmen der Würdigung des Gesamtverhaltens bei späterer Wiederholung Berücksichtigung finden. Dem Grundsatz von Treu und Glauben und der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers kann es allerdings unter Umständen widersprechen, wenn er zunächst längere Zeit hindurch ein tatbestandsmäßiges Verhalten des Arbeitnehmers widerspruchslos hinnimmt, sodass der Arbeitnehmer ein Einverständnis oder doch eine Gleichgültigkeit des Arbeitgebers annehmen kann, dann aber dennoch eine Entlassung ausspricht. In einem solchen Fall muss er den Arbeitnehmer vorher zu einem pflichtgemäßen Verhalten auffordern (RS0028859 [insb T1]; RS0107592).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] 4.&nbsp;Der Unverzüglichkeitsgrundsatz darf nicht überspannt werden (vgl RS0029273 [T16]; RS0031587 [T1]). Verzögerungen, die dadurch entstehen, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Gelegenheit gibt, den Entlassungsgrund zu beseitigen oder sich zu erklären, sind in gewissem Ausmaß zu tolerieren (vgl RS0029386; RS0029381). Entscheidend ist vor allem der Verständnishorizont des betroffenen Dienstnehmers (vgl RS0029267): Für diesen muss das Verhalten des Dienstgebers gerechtfertigten Grund zur Annahme geben, dieser verzichte auf die Geltendmachung der Entlassungsgründe; dies trifft regelmäßig dann nicht zu, wenn das Zögern sachlich begründet ist und der Dienstgeber durch sein Verhalten nicht den Eindruck erweckt, er werde den Entlassungsgrund nicht wahrnehmen (RS0031799 [T25, T27]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] 5.&nbsp;Die Frage, ob dem Erfordernis der Unverzüglichkeit des Ausspruchs der Entlassung entsprochen wurde, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO (vgl RS0031571 [insb T12]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] 6.&nbsp;Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, das die Entlassung am 4.&nbsp;10.&nbsp;2022 als rechtzeitig wertete, weil zwischen der letzten Manipulation am 1.&nbsp;10.&nbsp;2022 und dem Entlassungsgespräch ein Wochenende lag sowie die Beklagte ihrer langjährigen Mitarbeiterin im Rahmen eines persönlichen Gesprächs die Möglichkeit einräumte, ihr Verhalten zu erklären (vgl 9&nbsp;ObA&nbsp;54/18h), hält sich ebenso im Rahmen der dargelegten Rechtsprechung und des den Gerichten im Einzelfall notwendigerweise zukommenden Beurteilungsspielraums wie die Berücksichtigung der bereits zuvor erfolgten Manipulationen. Dabei war es auch vertretbar, allfällige Verzögerungen seit der erstmaligen Kenntnisnahme von den Vorfällen am 2.&nbsp;9.&nbsp;2022 und 3.&nbsp;9.&nbsp;2022 für irrelevant zu erachten, zumal insofern keine Umstände vorlagen, aus denen die Klägerin auf Einverständnis oder Gleichgültigkeit der Beklagten schließen konnte.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§&nbsp;510 Abs&nbsp;3 ZPO iVm §&nbsp;2 Abs&nbsp;1 ASGG).</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250113_OLG0459_0100BS00273_24D0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-31
2025-01-31
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250113_OLG0459_0100BS00273_24D0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250113_OLG0459_0100BS00273_24D0000_000/JJT_20250113_OLG0459_0100BS00273_24D0000_000.html
10Bs273/24d
ECLI:AT:OLG0459:2025:0100BS00273.24D.0113.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr.&nbsp;Henhofer als Vorsitzende und Mag.&nbsp;Höpfl sowie den Richter Mag.&nbsp;Graf in der Strafsache gegen <span class="Fett">A*</span> wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§&nbsp;15 Abs 1, 84 Abs 4 StGB über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Salzburg vom 30.&nbsp;Oktober 2024, GZ*, nach der in Anwesenheit des Oberstaatsanwalts Mag. Zentner des Angeklagten und seiner Verteidigerin Mag. Scharzenberger durchgeführten Berufungsverhandlung am 13.&nbsp;Jänner 2025 zu Recht erkannt:</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Berufung wird Folge gegeben und die bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe auf zwölf Monate erhöht. </p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last. </span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Entscheidungsgründe:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit dem angefochtenen Urteil wurde der ** geborene A* des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§&nbsp;15 Abs 1, 84 Abs 4 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt, welche gemäß §&nbsp;43 Abs 1 StGB unter Bestimmung dreijähriger Probezeit bedingt nachgesehen wurde. Dem unbekämpft gebliebenen Schuldspruch zu Folge hat er am 16.&nbsp;Juni 2024 in ** B* durch Versetzen mehrerer wuchtiger Schläge mit der Hand gegen den Kopf und Körper sowie eines Kniestoßes gegen den Körper schwer am Körper zu verletzen versucht.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Staatsanwaltschaft wegen Strafe mit der eine höhere bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe angestrebt wird (ON&nbsp;13).</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die Berufung ist berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft">Bei der Strafbemessung wertete der Erstrichter mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel sowie den Umstand, dass die Tat beim Versuch geblieben ist, erschwerend hingegen keinen Umstand.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Milderungsgrund nach §&nbsp;34 Abs 1 Z 13 StGB (Versuch) erfährt insofern eine Einschränkung, als das Opfer tatsächlich in Form von Rötungen im Bereich des linken Wangenknochens und unterhalb des linken Ohres (US&nbsp;2) verletzt wurde.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der in der Gegenäußerung relevierte zusätzliche Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 18 StGB (längeres Wohlverhalten seit der Tat), liegt erst ab einem Zeitraum von etwa fünf Jahren vor und ist damit fallkonkret (Tathandlung am 16. Juni 2024) nicht gegeben. Das Einräumen einer Misshandlung wiederum ist kein reumütiges Geständnis und hat auch nicht zur Wahrheitsfindung beigetragen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Ausgehend vom Strafrahmen des §&nbsp;84 Abs 4 StGB von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe mit Blick auf das im Video (ON&nbsp;3) ersichtliche brutale Vorgehen des Angeklagten gegen den Kopfbereich eines bereits am Boden knienden Opfers, ist die vom Erstgericht verhängte (Mindest-)Freiheitsstrafe von lediglich einem Zehntel des Strafrahmens auf zwölf Monaten zu erhöhen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die bedingte Strafnachsicht gemäß § 43 Abs 1 StGB wurde bereits vom Erstgericht gewährt und blieb unbekämpft.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250113_OLG0459_0110RS00001_25H0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-23
2025-01-23
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250113_OLG0459_0110RS00001_25H0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250113_OLG0459_0110RS00001_25H0000_000/JJT_20250113_OLG0459_0110RS00001_25H0000_000.html
11Rs1/25h
ECLI:AT:OLG0459:2025:0110RS00001.25H.0113.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Richter Senatspräsident Dr.&nbsp;Robert Singer als Vorsitzenden, Mag.&nbsp;Herbert Ratzenböck und Dr.&nbsp;Patrick Eixelsberger in der Sozialrechtssache der klagenden Partei<span class="Fett"> A*</span>, geboren am **, vertreten durch Mag.&nbsp;Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei<span class="Fett"> B*</span>, **straße&nbsp;**, vertreten durch ihren Angestellten Mag.&nbsp;C*, wegen Berufsunfähigkeitspension, über den Kostenrekurs der klagenden Partei gegen die Kostenentscheidung im Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 9.&nbsp;Oktober&nbsp;2024, GZ*, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen: </p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:38px !important;">Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:38px !important;">Die angefochtene Kostenentscheidung wird dahin abgeändert, dass die beklagte Partei schuldig ist, der klagenden Partei binnen 14&nbsp;Tagen die mit EUR&nbsp;2.410,80 (darin enthalten EUR&nbsp;401,80 an USt) bestimmten Prozesskosten zu ersetzen.</p><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:38px !important;">Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14&nbsp;Tagen die mit EUR&nbsp;170,16 (darin enthalten EUR&nbsp;28,36 an USt) bestimmten Rekurskosten zu ersetzen.</p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:38px !important;">Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Mit <span class="Fett">Bescheid</span> vom 19.10.2022 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 2.6.2022 auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension ab.</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit der dagegen erhobenen <span class="Fett">Klage</span> begehrte die Klägerin die Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension ab Stichtag im gesetzlichen Ausmaß.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">In der abschließenden Verhandlung legte die Klägerin eine Kostennote über den Gesamtbetrag von EUR&nbsp;3.613,--. In den dagegen fristgerecht erhobenen Einwendungen gemäß §&nbsp;54 Abs&nbsp;1a ZPO wandte sich die Beklagte unter anderem gegen die Honorierung der Urkundenvorlage vom 11.1.2023 (ON&nbsp;3) sowie der Schriftsätze vom 27.9.2023 (ON&nbsp;25) und 11.4.2024 (ON&nbsp;41).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Mit dem nur in der Kostenentscheidung angefochtenen <span class="Fett">Urteil</span> verpflichtete das Erstgericht unter gleichzeitiger Abweisung des Pensionsbegehrens die Beklagte dem Grunde nach zur Gewährung von Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation samt Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung und zur Zahlung der mit EUR&nbsp;2.207,40 bestimmten Prozesskosten. Zur Kostenentscheidung führte es&nbsp;-&nbsp;soweit für das Rekursverfahren von Bedeutung&nbsp;-&nbsp;aus, dass der bekämpfte Bescheid bereits mit der Klage vorgelegt hätte werden können, weshalb die über gerichtlichen Auftrag erfolgte Urkundenvorlage vom 11.1.2023 nicht zu honorieren sei. Der Antrag vom 27.9.2023 sei aufgrund seines näher dargelegten Inhalts nur nach TP&nbsp;2 RATG&nbsp;-&nbsp;und nicht wie verzeichnet nach TP&nbsp;3A RATG&nbsp;-&nbsp;zu honorieren. Beim Schriftsatz vom 11.4.2024 handle es sich lediglich um eine kurze Mitteilung, sodass dieser nach TP&nbsp;1 RATG zu entlohnen sei. Am 10.1.2024 habe keine Verhandlung stattgefunden.</p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der <span class="Fett">Rekurs der Klägerin </span>wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, ihr weitere Kosten in Höhe von EUR&nbsp;752,80 zuzuerkennen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Beklagte hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Der Rekurs ist teilweise berechtigt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurs strebt eine Honorierung der Urkundenvorlage vom 11.1.2023 nach TP&nbsp;1 RATG, des Schriftsatzes vom 27.9.2023 nach TP&nbsp;3A RATG und des Schriftsatzes vom 11.4.2024 nach TP&nbsp;2 RATG sowie eine Zeitversäumnis nach TP&nbsp;9 RATG im Ausmaß von 10/2 für die frustrierte Anreise zur abberaumten Verhandlung vom 10.1.2024 an.</p><p class="ErlText AlignLeft">Dazu ist auszuführen:</p><p class="ErlText AlignLeft">1.&nbsp;Zur Urkundenvorlage vom 11.1.2023 (ON&nbsp;3):</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">1.1&nbsp;Nach §&nbsp;83 ASGG ist jeder Klage eine Ausfertigung des Bescheides des Versicherungsträgers anzuschließen. Diese Verpflichtung dient bei der&nbsp;-&nbsp;wie hier&nbsp;- Bescheidklage dem Nachweis der besonderen Verfahrensvoraussetzungen des sozialgerichtlichen Verfahrens. Ist die Bescheidvorlage unterblieben, ist ein Verbesserungsverfahren nach §&nbsp;84 ZPO einzuleiten (<span class="Kursiv">Neumayr</span> in Zellkomm³ §&nbsp;83 ASGG Rz&nbsp;1).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">1.2&nbsp;Hier war die Erteilung des gerichtlichen Auftrags zur Vorlage des bekämpften Bescheides und die nachfolgende Urkundenvorlage nur deshalb erforderlich, weil die bereits bei Klagseinbringung rechtsfreundlich vertretene Klägerin gegen die gesetzliche Verpflichtung des §&nbsp;83 ASGG verstoßen hat. Die daraus resultierende Kostenmehrbelastung wäre bei gesetzeskonformer Vorgangsweise nicht entstanden, weshalb diese Kosten die Klägerin selbst zu tragen hat.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">2.&nbsp;Zum Schriftsatz vom 27.9.2023 (ON&nbsp;25):</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Dieser Schriftsatz beschränkte sich&nbsp;-&nbsp;ohne gerichtlichen Auftrag&nbsp;-&nbsp;auf inhaltliche Einwendungen gegen zwei schriftlich erstattete Sachverständigengutachten jeweils verbunden mit dem Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens mit der Folge, dass die bereits für 8.11.2023 angesetzte Verhandlung abberaumt und ein neuer Verhandlungstermin zur mündlichen Erörterung der beiden Gutachten anberaumt wurde. Dabei handelt es sich um einen Beweisantrag und&nbsp;-&nbsp;entgegen den Rekursausführungen&nbsp;-&nbsp;nicht um einen vorbereitenden Schriftsatz. Dafür war auch kein erheblicher Begründungsaufwand erforderlich; dies wird auch vom Rekurs (zu Recht) nicht behauptet. Demnach unterliegt dieser Schriftsatz keinesfalls einer Honorierung nach TP&nbsp;3A RATG; vielmehr kommt hier die Generalklausel nach TP&nbsp;2&nbsp;I&nbsp;1&nbsp;lit&nbsp;e RATG zum Tragen, wonach sonstige Schriftsätze, die nicht in Tarifpost 1 oder 3 genannt sind, nach Tarifpost 2 RATG zu honorieren sind (vgl bloß <span class="Kursiv">Obermaier</span>, Kostenhandbuch<span class="Hoch">4</span> Rz&nbsp;3.68 [Pkt&nbsp;9]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">3.&nbsp;Zum Schriftsatz vom 11.4.2024 (ON&nbsp;41):</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">In diesem Schriftsatz wurde von der Klägerin mit einer kurzen Begründung dargelegt, warum sie dem gerichtlichen Auftrag vom 28.3.2024 (ON&nbsp;40), Urkunden betreffend im Detail dargelegte Behandlungen seit 23.6.2020 vorzulegen, nicht entsprechen kann. Demnach handelt es sich um eine einfache Mitteilung an das Gericht, die unter TP&nbsp;1 Z&nbsp;1 lit&nbsp;a RATG fällt. Argumente für eine darüber hinausgehende Entlohnung sind dem Rekurs nicht zu entnehmen. Daher ist der Rekurs auch insofern nicht berechtigt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">4.&nbsp;Zur Anreise zur abberaumten Verhandlung vom 10.1.2024:</p><p class="ErlText AlignLeft">4.1&nbsp;Das Erstgericht hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass am 10.1.2024 keine Verhandlung stattfand. Kosten für die Verrichtung der Verhandlung wurden von der Klägerin aber ohnedies nicht verzeichnet.</p><p class="ErlText AlignLeft">4.2&nbsp;Die Klägerin hat für den 10.1.2024 an Kosten unter anderem eine Entschädigung für Zeitversäumnis nach TP&nbsp;9 RATG im Ausmaß von fünf Stunden geltend gemacht, wogegen die Beklagte keine Einwendungen erhoben hat. Aus dem Akteninhalt geht nicht hervor, dass der Klagevertreter von der Abberaumung zu einem Zeitpunkt verständigt worden wäre, dass eine Anreise zum Termin unterbleiben hätte können. Die Abberaumung durch die Erstrichterin erfolgte nämlich erst aufgrund eines Schriftsatzes der Beklagten vom 9.1.2024, und zwar soweit ersichtlich um 17.35&nbsp;Uhr; die Durchführung der Abberaumung durch die Kanzlei erfolgte erst am Verhandlungstag, ohne dass im Akt eine telefonische Verständigung des Klagevertreters&nbsp;-&nbsp;wie von der Erstrichterin angeordnet&nbsp;-&nbsp;in einem Aktenvermerk festgehalten wurde. Damit kann nicht einmal davon ausgegangen werden, dass der Klagevertreter vor Beginn der für 11.30&nbsp;Uhr angesetzten Verhandlung von deren Abberaumung Kenntnis erlangte.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">4.3&nbsp;Daraus folgt, dass die Klägerin grundsätzlich Anspruch auf Kostenersatz für die frustrierte Anreise ihrer rechtsanwaltlichen Vertretung hat. Die Klägerin wohnt nicht am Gerichtsort, weshalb ihr Mehrkosten, welche durch die Bestellung eines nicht am Sitz des Prozessgerichtes ansässigen Rechtsanwaltes entstehen, zu ersetzen sind (vgl RS0036203). Da sich §&nbsp;23 Abs&nbsp;2 RATG nicht auf den doppelten Einheitssatz des §&nbsp;23 Abs&nbsp;5 RATG bezieht, steht dem Anwalt auch gegenüber dem Verfahrensgegner ein Wahlrecht zu, ob er den doppelten Einheitssatz oder den einfachen zuzüglich Reisespesen und Zeitversäumnis nach TP&nbsp;9 RATG verrechnet (1&nbsp;Ob&nbsp;43/17f; <span class="Kursiv">Obermaier</span> aaO Rz&nbsp;3.16). Demnach steht der Klägerin für die frustrierte Anreise ihres Rechtsvertreters zum abberaumten Termin vom 10.1.2024 eine Entschädigung für Zeitversäumnis nach TP&nbsp;9&nbsp;Z&nbsp;4 RATG zu, der im verzeichneten Ausmaß von fünf Stunden bei einer Reisebewegung vom Kanzleisitz in Innsbruck zum Gerichtsort nach Salzburg und zurück völlig unbedenklich ist. Daher hat die Klägerin insofern einen weiteren Kostenersatzanspruch von EUR&nbsp;169,50 netto (EUR 33,90 x 5) bzw (zuzüglich 20&nbsp;% USt) EUR&nbsp;203,40 brutto.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">5.&nbsp;In teilweiser Stattgebung des Rekurses war daher die Beklagte zu einem weiteren Kostenersatz von EUR&nbsp;203,40 brutto zu verpflichten.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">6.&nbsp;Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf §&nbsp;77 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;2 lit&nbsp;a ASGG. Die Klägerin hat wegen der Einseitigkeit der Kostenersatzpflicht Anspruch auf Ersatz der Kosten ihres Kostenrekurses auf Basis des erzielten Erfolgs, demnach auf Basis eines Betrags von EUR&nbsp;203,40 (<span class="Kursiv">Sonntag</span> in <span class="Kursiv">Köck/Sonntag</span> ASGG §&nbsp;77 Rz&nbsp;10), dies allerdings nur nach TP&nbsp;3A RATG (vgl TP&nbsp;3A&nbsp;I&nbsp;5&nbsp;lit&nbsp;a RATG).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">7.&nbsp;Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses folgt aus §&nbsp;528 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;3 ZPO.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250113_OGH0002_0110OS00155_24I0000_000
Justiz
OGH
2025-01-15
2025-01-15
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250113_OGH0002_0110OS00155_24I0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250113_OGH0002_0110OS00155_24I0000_000/JJT_20250113_OGH0002_0110OS00155_24I0000_000.html
11Os155/24i
ECLI:AT:OGH0002:2025:0110OS00155.24I.0113.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat am 13.&nbsp;Jänner&nbsp;2025 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag.&nbsp;Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag.&nbsp;Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Oberressl in Gegenwart der OKontr.&nbsp;Kolar als Schriftführerin in der Strafsache gegen * R* und andere Beschuldigte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 fünfter Fall, Abs&nbsp;2 Z&nbsp;2, Abs&nbsp;4 Z&nbsp;3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen, AZ&nbsp;29&nbsp;St&nbsp;207/24f der Staatsanwaltschaft Wien (AZ&nbsp;311&nbsp;HR&nbsp;291/24p des Landesgerichts für Strafsachen Wien), über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten * Ra* gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 10.&nbsp;Dezember&nbsp;2024, AZ&nbsp;22&nbsp;Bs&nbsp;346/24d (ON&nbsp;190.3 der Ermittlungsakten), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft">* Ra* wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 26.&nbsp;November&nbsp;2024 wurde in dem von der Staatsanwaltschaft Wien gegen * R* und andere Beschuldigte wegen des Verdachts des Suchtgifthandels nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 fünfter Fall, Abs&nbsp;2 Z&nbsp;2, Abs&nbsp;4 Z&nbsp;3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen geführten Ermittlungsverfahren die über * Ra* am 18.&nbsp;Oktober&nbsp;2024 verhängte Untersuchungshaft (ON&nbsp;106, 107) aus den Haftgründen der Flucht-, Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr gemäß §&nbsp;173 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;1, Z&nbsp;2, Z&nbsp;3 lit&nbsp;a und lit&nbsp;b StPO (Verdunkelungsgefahr wirksam bis 18.&nbsp;Dezember&nbsp;2024) fortgesetzt (ON&nbsp;166).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [2] Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Wien als Beschwerdegericht der dagegen erhobenen Beschwerde des Beschuldigten Ra* nicht Folge und setzte die Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Verdunkelungsgefahr (wirksam bis 18.&nbsp;Dezember&nbsp;2024) und der Tatbegehungsgefahr nach §&nbsp;173 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;2, Z&nbsp;3 lit&nbsp;a und lit&nbsp;b StPO fort (ON&nbsp;190.3).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Dabei erachtete es * Ra* (BS&nbsp;2&nbsp;f,&nbsp;5 iVm ON&nbsp;166 S&nbsp;4: objektiv und subjektiv) dringend verdächtig, er habe in W*</span></p><p class="ErlText AlignLeft">I/&nbsp;zu noch festzustellenden Zeitpunkten in mindestens zwei Angriffen Vermögensbestandteile, die aus einer kriminellen Tätigkeit herrührten, nämlich Barerlöse aus Suchtgiftverkäufen im Ausmaß von insgesamt zumindest 3.400&nbsp;Euro, besessen und durch Überweisung an bislang unbekannte Empfänger anderen übertragen, wobei er zur Zeit des Erlangens wusste, dass sie aus der kriminellen Tätigkeit eines anderen, nämlich Suchtgifthandel, herrührten;</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">II/&nbsp;vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§&nbsp;28b SMG) übersteigenden Menge als Mitglied einer kriminellen Vereinigung bestehend zumindest aus ihm selbst, acht namentlich genannten und weiteren bislang nicht bekannten Personen, die darauf angelegt ist, dass von ihren Mitgliedern Verbrechen, nämlich fortlaufender Suchtgifthandel, ausgeführt werden,</span></p><p class="ErlText AlignLeft">A/&nbsp;seit einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt bis zum 17.&nbsp;Oktober&nbsp;2024, „eine noch festzustellende Menge“ Kokain (enthaltend durchschnittlich 68,25&nbsp;% Cocain), bislang unbekannten Abnehmern durch gewinnbringenden Verkauf überlassen;</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">B/&nbsp;seit einem noch festzustellenden Zeitpunkt bis zum 17.&nbsp;Oktober&nbsp;2024 (BS&nbsp;2&nbsp;f iVm ON&nbsp;166 S&nbsp;4: mit Inverkehrsetzungsvorsatz) besessen, und zwar 22&nbsp;Gramm Kokain (enthaltend durchschnittlich 68,25&nbsp;% Cocain) und 15&nbsp;Gramm Cannabiskraut (enthaltend durchschnittlich 0,90&nbsp;% Delta-9-THC und 11,85&nbsp;% THCA).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] In rechtlicher Hinsicht bejahte das Beschwerdegericht (durch Verweis auf die diesbezügliche Subsumtion im landesgerichtlichen Beschluss; ON&nbsp;190.3 S&nbsp;2&nbsp;f – vgl RIS-Justiz RS0124017 [insb T2]) ersichtlich den dringenden Verdacht in Richtung des Verbrechens der Geldwäscherei nach §&nbsp;165 Abs&nbsp;2 StGB (I/), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 fünfter Fall, Abs&nbsp;2 Z&nbsp;2 SMG (II/) und des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach §&nbsp;28 Abs&nbsp;1 zweiter Fall und Abs&nbsp;3 SMG (III/).</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Gegen die Annahme des dringenden Tatverdachts und das Vorliegen von Haftgründen richtet sich die fristgerecht erhobene Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten Ra* (ON&nbsp;210.1), die überdies eine „unzureichende Prüfung“ gelinderer Mittel rügt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Die Begründung des dringenden Tatverdachts kann im Grundrechtsbeschwerdeverfahren hinsichtlich der Sachverhaltsgrundlagen der Haftentscheidung in sinngemäßer Anwendung der Z&nbsp;5 und 5a des §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 StPO angefochten werden; eine am Gesetz orientierte Beschwerde hat somit einen Darstellungs- oder Begründungsmangel aufzuzeigen oder an Hand deutlich und bestimmt bezeichneter Aktenbestandteile erhebliche Bedenken gegen die vorläufige Beweiswürdigung des Oberlandesgerichts zu erwecken (RIS-Justiz RS0110146; RS0114488).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Soweit die Beschwerde (erkennbar unter dem Aspekt des §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;5 vierter Fall StPO iVm §&nbsp;10 GRBG) behauptet, das Beschwerdegericht habe im Zusammenhang mit den Feststellungen zum dringenden Tatverdacht „keine eigenständige Würdigung der Beweise“ vorgenommen, sondern sich auf die „Wiedergabe der erstinstanzlichen Begründung“ beschränkt, vernachlässigt sie, dass sich das Oberlandesgericht die beweiswürdigenden Erwägungen des Erstgerichts zu eigen machte (BS&nbsp;2&nbsp;f und 4&nbsp;ff) und damit klare und nachvollziehbare Aussagen darüber traf, von welchen eigenen Sachverhaltsannahmen es in objektiver und subjektiver Hinsicht ausging und auf welchen konkreten Beweisergebnissen diese basieren (vgl im Übrigen zur Zulässigkeit von Verweisen RIS-Justiz RS0115236 [T1], erneut RS0124017 [insb T2]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] Die rechtliche Annahme der von §&nbsp;173 Abs&nbsp;2 StPO genannten Gefahren kann im Rahmen des Grundrechtsbeschwerdeverfahrens nur dahin überprüft werden, ob sie aus den vom Beschwerdegericht angeführten bestimmten Tatsachen abgeleitet werden durfte, ohne dass die darin liegende Ermessensentscheidung als willkürlich angesehen werden müsste (RIS-Justiz RS0117806, RS0118185; <span class="Kursiv">Kier </span>in WK² GRBG §&nbsp;2 Rz&nbsp;49).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] Die von §&nbsp;173 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;3 lit&nbsp;b StPO geforderte Gefahr erschloss das Beschwerdegericht aus den wiederholten und fortgesetzten Tathandlungen (als „Läufer“) im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, der „grenzüberschreitenden“ Menge an Suchtgift, der prekären finanziellen Situation des Beschuldigten als Bezieher von Notstandshilfe und dem Umstand, dass der Genannte bereits im Oktober&nbsp;2021 wegen Taten iSd §&nbsp;28 Abs&nbsp;1 zweiter Fall SMG und §&nbsp;27 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 achter Fall SMG zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt wurde und die ihm nunmehr zur Last liegenden Taten innerhalb der Probezeit begangen habe. Daraus ergab sich für das Beschwerdegericht (ua) die Befürchtung, der Beschuldigte werde, auf freiem Fuß belassen, erneut eine strafbare Handlungen mit nicht bloß leichten Folgen (vgl dazu <span class="Kursiv">Kirchbacher</span>, StPO<span class="Hoch">15</span> §&nbsp;173 Rz&nbsp;12; RIS-Justiz RS0118543, RS0134434) gegen dasselbe Rechtsgut, nämlich „die Volksgesundheit, Leib und Leben und fremdes Vermögen“ begehen wie die ihm angelasteten Straftaten.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [10] Darin ist keine willkürlich begründete Prognose zu erblicken (RIS-Justiz RS0117806 [T4, T7], RS0113445).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [11] Da bei gegebenem dringenden Tatverdacht bereits ein Haftgrund die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft rechtfertigt, erübrigt sich, im Rahmen der Behandlung der Grundrechtsbeschwerde zu prüfen, ob auch die Haftgründe der Verdunkelungsgefahr nach §&nbsp;173 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;2 StPO und der Tatbegehungsgefahr nach §&nbsp;173 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;3 lit&nbsp;a StPO vorgelegen sind (RIS-Justiz&nbsp;RS0061196).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [12] Mit bloßem Bestreiten der Einschätzung des Oberlandesgerichts, die Untersuchungshaft sei durch gelindere Mittel (§&nbsp;173 Abs&nbsp;5 StPO) nicht substituierbar (BS&nbsp;8&nbsp;f), zeigt der Beschwerdeführer keinen konkreten Beurteilungsfehler auf (siehe aber RIS-Justiz&nbsp;RS0116422 [T1]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [13] Beim elektronisch überwachten Hausarrest (§&nbsp;173a StPO) handelt es sich um eine besondere Form des Vollzugs der Untersuchungshaft, nicht aber um ein diese substituierendes gelinderes Mittel. Da die Bedingungen des Vollzugs von Freiheitsentzug nicht in den Schutzbereich des GRBG fallen (RIS-Justiz RS0122737 [T16], RS0123350 [T3]; <span class="Kursiv">Kier</span> in WK² GRBG §&nbsp;1 Rz&nbsp;54), kann die von der Beschwerde kritisierte Ablehnung des Begehrens, die Untersuchungshaft in Form des Hausarrests fortzusetzen, nicht mit Grundrechtsbeschwerde bekämpft werden (RIS-Justiz RS0126401).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [14] Der Beschuldigte * Ra* wurde somit im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb seine Beschwerde ohne Kostenausspruch (§&nbsp;8 GRBG) abzuweisen war.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250113_OLG0459_0100BS00270_24P0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-22
2025-01-22
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250113_OLG0459_0100BS00270_24P0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250113_OLG0459_0100BS00270_24P0000_000/JJT_20250113_OLG0459_0100BS00270_24P0000_000.html
10Bs270/24p
ECLI:AT:OLG0459:2025:0100BS00270.24P.0113.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Henhofer als Vorsitzende und Mag. Höpfl sowie den Richter Mag. Graf in der Strafsache gegen <span class="Fett">A*</span> wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufungen der Staatsanwaltschaft wegen Strafe und des Angeklagten wegen Nichtigkeit, des Ausspruchs über die Schuld, die Strafe sowie die privatrechtlichen Ansprüche, jeweils gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr vom 27. August 2024, GZ*, und die (teils implizierten) Beschwerden des A* und der Staatsanwaltschaft gegen den zugleich ergangenen Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO nach der in Anwesenheit des Oberstaatsanwalts Mag. Zentner sowie des Angeklagten und dessen Verteidigerin Mag. Gierer durchgeführten Berufungsverhandlung am 13. Jänner 2025</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett">I. zu Recht erkannt:</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft">Den <span class="Fett">Berufungen</span> wird <span class="Fett">nicht Folge </span>gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß §&nbsp;390a Abs&nbsp;1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.</span></p><p class="ErlText AlignJustify" style="text-indent:19px;"><span aria-hidden="true"><span class="Fett">II. beschlossen:</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft">Den Beschwerden wird nicht Folge gegeben.</p><p class="Abstand AlignJustify"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit dem angefochtenen Urteil wurde der ** geborene Angeklagte A* des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB (1.) und jenes der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (2.) schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach dem Strafsatz des 107 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten verurteilt. Gemäß §&nbsp;369 Abs 1 StPO wurde er weiters verpflichtet, dem Privatbeteiligten B* einen Schadenersatzbetrag von EUR 700,00 binnen 14 Tagen zu bezahlen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Nach dem Schuldspruch hat er zu nachgenannten Zeiten in ** den B*</p><p class="ErlText AlignLeft">1. am 10. Jänner 2024 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die wahrheitswidrige Vorgabe, das herausgelockte Geld zum Ankauf und gewinnbringenden Verkauf von Suchtgift zu verwenden und mit Gewinnbeteiligung von EUR 200,00 zurückzubezahlen, zu einer Handlung, nämlich zur Herausgabe von Bargeld in Höhe von EUR&nbsp;700,00 verleitet, die B* im genannten Betrag am Vermögen schädigte, und</p><p class="ErlText AlignLeft">2. am 19. Jänner 2024 gefährlich mit einer Verletzung am Körper bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er sinngemäß zu ihm sagte: „Ich werde dir die Zunge und die Ohren rausschneiden!“.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO wurde aus Anlass der Verurteilung vom Widerruf der dem Angeklagten zu GZ1*, GZ2* und GZ3* je des Bezirksgerichts Kirchdorf an der Krems gewährten bedingten Strafnachsichten abgesehen, jedoch hinsichtlich letztgenannter Entscheidung gemäß Abs 6 leg cit die Probezeit auf fünf Jahre verlängert.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gegen dieses Urteil richten sich die von der Staatsanwaltschaft wegen Strafe und vom Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Schuld sowie die privatrechtlichen Ansprüche jeweils angemeldeten (AS 10 in ON 18) und ausgeführten Berufungen (vom Angeklagten in zulässiger Weise auch jene wegen Nichtigkeit und Strafe [RIS-Justiz RS0115811, § 467 Abs 3 StPO]), wobei der Angeklagte einen Freispruch, in eventu den Ausspruch einer Geldstrafe, weiters die Verweisung des Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg - die Anklagebehörde hingegen eine Anhebung des Strafmaßes – anstreben. Mit seiner implizierten Beschwerde gegen den nach §&nbsp;494a Abs&nbsp;6 StPO gefassten Beschluss wendet sich A* gegen die Verlängerung der Probezeit. Die Staatsanwaltschaft beantragt hingegen den Widerruf offener bedingter Strafnachsichten (ON 21, 24).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Berufungen, zu der die Oberstaatsanwaltschaft keine Stellungnahme abgegeben hat, sind nicht berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die erfolgversprechende Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes erfordert das Festhalten am gesamten im Urteil konstatierten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die methodisch fundierte Behauptung, dass das Erstgericht bei der Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist (RIS-Justiz RS0099810). Sofern der Berufungswerber im Rahmen der Schuldberufung (der Sache nach eine Rechtsrüge nach Z 9 lit a) Feststellungsmängel und Beweisergebnisse behauptet, die die „Ungeeignetheit der Drohung indizieren“, argumentiert er nicht auf Basis des festgestellten Sachverhalts, demnach der Angeklagte mit der Ankündigung B* die Zunge und die Ohren rauszuschneiden, willentlich einen Anschlag auf seine körperliche Unversehrtheit prognostiziert hat und dabei in der Absicht handelte, den Bedrohten in Furcht und Unruhe im Hinblick auf seine körperliche Unversehrtheit zu versetzen (US 4). Zufolge ihres Sinngehaltes und des dadurch beim Tatopfer hervorgerufenen Eindrucks hat das Erstgericht die Äußerungen als gefährliche Drohung rechtsrichtig nach § 74 Z 5 StGB - und nicht als bloß milieubedingte Unmutsäußerung – beurteilt (US 9f).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Schuldberufung ist vorauszuschicken, dass das Gericht die im Verfahren vorgekommenen Beweismittel in Ansehung ihrer Glaubwürdigkeit und Beweiskraft prüft und aufgrund des Ergebnisses dieses Vorgangs zur Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen entscheidender Tatsachen kommt, die es im Urteil feststellt. Die Beweismittel sind dabei nicht nur einzeln, sondern in ihrer Gesamtheit und ihrem inneren Zusammenhang zu würdigen (vgl RIS-Justiz RS0098314). In diesem Sinn gelingt es A* nicht, hinreichende Zweifel an der erstrichterlichen Beweiswürdigung und den darauf gegründeten Feststellungen zu erwecken, stützte die Erstrichterin ihre umfassenden und nachvollziehbaren Erwägungen doch auf die – als glaubwürdig befundenen - Angaben des Zeugen B* , der sowohl im Zuge seiner polizeilichen Einvernahme (ON 2.4), als auch bei seinen zeugenschaftlichen Aussagen während der Hauptverhandlung (AS 5ff in ON 10, AS 5ff in ON 18) keinen Zweifel darüber offen ließ, dass ihn der Angeklagte unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zur Übergabe von EUR 700,00 verleitet hat. Die belastenden Angaben des Zeugen finden zudem objektive Untermauerung im Beweisverfahren, werden seine Darlegungen doch durch vorliegende Chat-Nachrichten, in denen der Zeuge B* mehrfach den Angeklagten aufforderte, ihm EUR 700,00 zu bezahlen, anderenfalls er dessen Vater informieren werde, gestützt (AS 6ff in ON 12). Würde man den Angaben des Angeklagten folgen, wonach dieser von B* lediglich ersucht worden wäre, ihm EUR&nbsp;700,00 zu leihen, wäre der Inhalt dieser Nachrichten – und das vehemente Fordern des Geldbetrages - logisch nicht ableitbar. Zudem bestätigte der Bruder des Opfers, dass er Gespräche zwischen B* und dem Angeklagten mitgehört habe, in denen es inhaltlich um die Rückzahlung eines dem Angeklagten überlassenen Geldbetrags von EUR 700,00 (und nicht etwa um die zukünftige Gewährung eines Darlehens in dieser Höhe) ging (AS 3f in ON 2.5).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Wenn hinsichtlich des inkriminierten Betrugsgeschehens (Faktum 1.) der Rechtsmittelwerber vorbringt, dass sich das Urteilsgericht – der Verantwortung des Angeklagten folgend - intensiver mit der Glaubwürdigkeit des Zeugen B* auseinandersetzen hätte müssen, sohin nicht zu der Überzeugung kommen hätte dürfen, dass es den gescheiterten Suchtgiftankauf nicht gegeben habe und dies eine Ausrede des Angeklagten darstellte, um sein Lügenkonstrukt aufrecht zu halten, ist dem zu entgegnen, dass die Erstrichterin im Zuge einer äußerst akribischen und kritischen Beweiswürdigung - festgehalten auf den Seiten vier bis inkl. sieben der Urteilsausfertigung - nachvollziehbar argumentierte, warum sie der Verantwortung des Angeklagten im Gegensatz zu den belastenden Angaben des Zeugen B* keinen Glauben schenkte. Die Argumentation der Erstrichterin, wonach bei umfassender Betrachtung des Streitgesprächs vom 19. Jänner 2024 (ON 16.3) nur die Rückzahlung eines vom Opfer dem Angeklagten zuvor überlassenen Geldbetrages Inhalt gewesen sein konnte (und nicht etwa die bloße Forderung des Opfers zur Gewährung eines Darlehens), ist nach logisch-empirischer Überprüfung nicht zu beanstanden. Bei Würdigung der Angaben von Personen, die das Gericht selbst vernommen hat, ist außerdem oft der persönliche Eindruck der erkennenden Richter entscheidend. Dieser unmittelbare, lebendige Eindruck, der sich auch auf das Auftreten, die Sprache, die Ausdrucksweise und die Bewegungen einer Person stützen kann, lässt sich nicht immer erschöpfend in Worte kleiden und muss daher im Urteil nicht in allen Einzelheiten dargelegt und wiedergegeben werden (<span class="Kursiv">Lendl</span> in <span class="Kursiv">Fuchs/Ratz</span>, WK StPO §&nbsp;258 Rz 27). Dass das Gericht letztlich – auch unter Verweis auf Grundsätze der allgemeinen Nachvollziehbarkeit aber auch auf die widersprüchlichen Angaben des Angeklagten - zum Ergebnis kam, dass der Angeklagte dem Zeugen einen geplanten- und gescheiterten Suchtgiftankauf bloß vorspiegelte, um ihn durch Vorgabe falscher Tatsachen zur Übergabe von EUR 700,00 zu verleiten, ist Vorgang der freien Beweiswürdigung, handelt es sich dabei doch um einen kritisch-psychologischen Vorgang, bei dem durch Subsumierung der Gesamtheit der durchgeführten Beweise in ihrem Zusammenhang unter allgemeine Erfahrungssätze logische Schlussfolgerungen zu gewinnen sind (RIS-Justiz RS0098390). Weil aber nicht nur zwingende, sondern auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse das Gericht zu Tatsachenfeststellungen berechtigen (vgl RIS-Justiz RS0098362; <span class="Kursiv">Kirchbacher</span>, StPO<span class="Hoch">15</span> §&nbsp;258 Rz 8), der Grundsatz „in dubio pro reo“ keine negative Beweislastregel darstellt, dieser gerade nicht bedeutet, dass sich das Gericht bei mehreren denkbaren Schlussfolgerungen durchwegs für die dem Angeklagten günstigste Variante entscheiden müsste (vgl <span class="Kursiv">Kirchbacher</span>, aaO Rz 11) und die Feststellungen des Erstgerichts zur subjektiven Tatseite, das vom äußeren Tatablauf auf den deliktspezifischen Vorsatz schloss (vgl RIS-Justiz RS0116882), nicht korrekturbedürftig waren, bleibt entgegen der Ansicht des Angeklagten kein Raum für den Zweifelsgrundsatz (<span class="Kursiv">Lendl</span> in <span class="Kursiv">Fuchs/Ratz</span>, WK StPO §&nbsp;258 Rz 36f), sodass der Schuldspruch Bestand hatte.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gleiches gilt für das zu Punkt 2. festgestellte Geschehen, stützte sich das Erstgericht dabei doch aktenkonform auf die (tatsachen-)geständige Verantwortung des Angeklagten (AS 3 in ON 10, AS 5 in ON 18), die im Übrigen in einer vorliegenden Gesprächsaufzeichnung Untermauerung findet (AS 7 in ON 16.3). Weil das Erstgericht die Feststellungen zur subjektiven Tatseite aus dem objektiven Tatgeschehen sowie aus den konkreten Tatumständen schlüssig und formal einwandfrei getroffen hat (US&nbsp;8f), hat somit auch dieser Schuldspruch Bestand. Die Schuldberufung, die offen lässt, welche konkreten (und insbesondere relevanten) Beweise noch einer Würdigung unterzogen hätten werden sollen, geht somit auch hier ins Lehre.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht die teilweise geständige Verantwortung als mildernd, erschwerend hingegen sechs einschlägige Vorstrafen und das Zusammentreffen zweier Vergehen. Schuldaggravierend wurde außerdem die Begehung der strafbaren Handlungen während drei offener Probezeiten berücksichtigt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett">Damit wurde der Strafzumessungskatalog vollständig dargestellt. Die von den Rechtsmittelwerbern relevierte fehlerhafte Gewichtung der Strafzumessungsgründe ist nicht auszumachen. Bei Abwägung der Strafzumessungslage und der allgemein im Sinn des § 32 Abs 2 und Abs 3 StGB anzustellenden Erwägungen erweist sich somit bei einem zur Verfügung stehenden Strafrahmen von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen die vom Erstgericht gefundene Sanktion von fünf Monaten Freiheitsstrafe mit Blick auf den Unrechts- und Schuldgehalt der begangenen Taten korrekt bemessen und keiner Modifikation zugänglich.</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Mit einer Geldstrafe kann aufgrund des einschlägig getrübten Vorlebens des Angeklagten und vor dem Hintergrund des Umstandes, dass dieser bloß einen (in seiner Gewichtung stark zu relativierenden [RS0091488]) Milderungsgrund für sich zu generieren vermochte, nicht das Auslangen gefunden werden, würde diese Form der Sanktion doch ihren spezialpräventiven Zweck nicht erfüllen und beim Angeklagten subjektiv das Gefühl der Bagatellisierung des Vorfalles hervorrufen.</span></p><p class="ErlText AlignJustify">Der Zuspruch von Euro 700,00 an den Privatbeteiligten B* aus dem Titel des Schadenersatzes ist durch den Schuldspruch dem Grunde und der Höhe nach gedeckt, entspricht er doch exakt jenem monetären Schaden, welchen der Privatbeteiligte nach den erstrichterlichen Feststellungen erlitten hat.</p><p class="ErlText AlignJustify">Weil der Angeklagte nunmehr erstmals zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt wurde, bedurfte es – entsprechend der Ansicht des Erstgerichts - spezialpräventiv nicht zusätzlich eines Widerrufs offener bedingter Strafnachsichten. Durch die bloße Verlängerung der Probezeit im Verfahren GZ3* des Bezirksgerichts Kirchdorf an der Krems kann sich der Angeklagte nicht ernsthaft als beschwert erachten.</p></div></div></body></html>
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JJT_20250113_OLG0459_0100BS00285_24V0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-21
2025-01-22
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250113_OLG0459_0100BS00285_24V0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250113_OLG0459_0100BS00285_24V0000_000/JJT_20250113_OLG0459_0100BS00285_24V0000_000.html
10Bs285/24v
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Henhofer als Vorsitzende und Mag. Höpfl sowie den Richter Mag. Graf in der Strafsache gegen <span class="Fett">A* </span>wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 19. Dezember 2024, GZ* , in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:38px !important;"><span aria-hidden="true">Über A*, geboren **, wird die Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 1 und Abs 2 Z 3 lit a und b StPO <span class="Fett">fortgesetzt</span>.</span></p><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:38px !important;">Die Wirksamkeit dieses Beschlusses ist durch eine Haftfrist nicht mehr begrenzt.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">Am 12. Dezember 2024 wurde von der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis Anklage gegen A* erhoben und ihm mit dieser das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG sowie die Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG zur Last gelegt (ON 22).</span></p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">Mit dem angefochtenen Beschluss setzte das Erstgericht die am 11. Dezember 2024 über A* aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 1 und 2 Z 3 lit a und b StPO verhängte Untersuchungshaft (ON 20) fort (ON 27) und gab damit dem vom Genannten am 17. Dezember 2024 eingebrachten Antrag auf Enthaftung (ON 25) keine Folge.</span></p><p class="ErlText AlignJustify">Die dagegen vom Angeklagten erhobene Beschwerde (ON 28 samt Ergänzung ON 29) ist nicht berechtigt.</p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">Haftbegründend ist der Angeklagte dringend verdächtig, er habe in der Zeit von Februar 2023 bis September 2024 in S*, M* und anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge</span></p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">I./ ein- und ausgeführt, indem er</span></p><p class="ErlText AlignJustify">1./ insgesamt 2.870 Gramm Amphetamin mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 9,29% und 20 Gramm Methamphetamin mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 77,62% von Deutschland aus- und nach Österreich einführte,</p><p class="ErlText AlignJustify">2./ etwa im September 2024 500 Gramm Amphetamin mit einem Reinheitsgehalt von 7,6 <span class="Unterstrichen">+</span> 0,37 % von Österreich aus- und nach Deutschland einführte;</p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">II./ anderen überlassen, und zwar</span></p><p class="ErlText AlignJustify">1./ insgesamt 2.850 Gramm Amphetamin mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 9,29% zu einem Grammpreis von EUR 10,00 und 20 Gramm Methamphetamin mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von etwa 77,62% an B*,</p><p class="ErlText AlignJustify">2./ insgesamt 20 Gramm Amphetamin mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 9,29% an C*.</p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">Er habe demnach je das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG begangen.</span></p><p class="ErlText AlignJustify">Die höhergradige Wahrscheinlichkeit, dass A* diese ihm zur Last gelegten Taten, zu welchen er sich in dieser Form nicht geständig verantwortet (ON 14.3, ON 19), begangen hat, gründet auf den diesbezüglich belastenden Angaben des abgesondert verfolgten B* (ON 2.4). Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass sich B* durch seine Aussagen selbst massiv belastet hat und der Angeklagte keine plausible Erklärung für eine wahrheitswidrige Falschbelastung hat. Vielmehr bezeichnet dieser B* als einen Freund. Da B* im Rahmen seiner Angaben auch andere Personen belastet und detaillierte Angaben zu seinen Suchtgiftgeschäften macht, geht die Argumentation des Beschwerdeführers, B* würde möglicherweise seinen Lieferanten schützen wollen, ins Leere.</p><p class="ErlText AlignJustify">Derzeit bestätigt D*, Lebensgefährtin des Angeklagten, (abweichend von den Angaben des Angeklagten) die belastenden Angaben zu den grenzüberschreitenden Kontakten bzw persönlichen Treffen zwischen A* und B*. Wenn der Beschwerdeführer nunmehr ankündigt, D* werde sich im Rahmen der Hauptverhandlung ihrer Aussage entschlagen, vermag dies ob der den Angeklagten konkret und schlüssig belastenden Angaben des B* vor der Polizei die qualifizierte Verdachtslage nicht zu relativieren. Ebensowenig die in Ergänzung zur Beschwerde beigebrachte handschriftliche Notiz, die von B* stammen soll und in welcher dieser erkläre, den Angeklagten zu Unrecht belastet zu haben (ON 29.2). Auch dieser Notiz ist ein plausibler Grund für eine Falschbelastung nicht zu entnehmen. Vielmehr wird darin ausgeführt, dass B* die Strafe für den Angeklagten habe „absitzen“ wollen, was eine Falschbelastung gerade nicht nachvollziehbar erklärt.</p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">Hinsichtlich des Reinheitsgehalts kann auf die in RZ 2024, S 36 veröffentlichten Medianwerte der vom Bundeskriminalamt im Jahr 2023 untersuchten Suchtgiftproben zurückgegriffen werden; hinsichtlich Punkt Punkt I.1. orientiert sich der Reinheitsgehalt an der zu ON 10.3 erliegenden Auswertung des Bundeskriminalamtes, welche hinsichtlich einer bei B* sichergestellten Menge Amphetamin vorgenommen wurde. Anhaltspunkte dafür, dass die Qualität des tatverfangenen Suchtgifts unterdurchschnittlich gewesen wäre, liegen nicht vor. B* spricht vielmehr von guter Qualität (S 9 in ON 2.4).</span></p><p class="ErlText AlignJustify">Da A* bereits ein Verfahren wegen Suchtmitteldelikten in Deutschland aufweist, ist ihm die Vorschriftswidrigkeit seines Handelns zweifelsohne bewusst. Mit Blick auf die kontinuierlichen Tathandlungen über einen langen Tatzeitraum, ist auch die subjektive Tatseite – insbesondere in Form eines (zumindest bedingten) Additionsvorsatzes – dringenden indiziert. Da Suchtgifthändler bei lebensnaher Betrachtung zur Sicherung fortlaufender Geschäfte darauf bedacht sind, möglichst gute Qualität auf den Markt zu bringen, ist auch der Reinheitsgehalt bzw die daraus resultierende reine Wirkstoffmenge, sohin das Überschreiten der 25-fachen Grenzmenge, ebenso höhergradig wahrscheinlich von einem bedingten Vorsatz des Angeklagten getragen.</p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">Dass es über die dargelegte Verdachtslage hinaus zu weiteren Verkäufen von Amphetamin an bislang unbekannte Abnehmer gekommen sein dürfte, lässt sich aus den vorliegenden Observationsergebnissen (vgl Anlassbericht vom 5. Dezember 2024 ON 10.2) zwar begründet, (mangels konkreter Wahrnehmungen und belastender Aussagen zu tatsächlichen Suchtgiftübergaben) jedoch nicht höhergradig wahrscheinlich annehmen.</span></p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">Nichts desto trotz liegt ausgehend vom dringenden Tatverdacht des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 StPO sowohl in der Ausprägung der lit a als auch der lit b vor. So ist der Verdachtslage folgend eine über einen langen Zeitraum fortgesetzte und durch Gewinnstreben gekennzeichnete Suchtmitteldelinquenz anzunehmen. Dies ungeachtet eines gegen A* wegen einer eben solchen in Deutschland behängenden Strafverfahrens. Es ist daher mit Grund zu befürchten, er werde auf freiem Fuß – wie schon zurückliegend – auch weiterhin, sohin noch vor rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens, neuerlich einschlägig straffällig werden und strafbare Handlungen mit schweren bzw mit nicht bloß leichten Folgen begehen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet sind wie die ihm angelasteten (fortgesetzten) Taten.</span></p><p class="ErlText AlignJustify">Die von ihm für den Fall seiner Enthaftung beigebrachte Einstellungszusage, derzufolge er monatlich EUR 1.800,00 brutto ins Verdienen bringen würde (ON 25.3), kann in Anbetracht der augenscheinlich kriminellen Neigung und der damit verbundenen Intensität des herangezogenen Haftgrundes diesen nicht hinreichend wirksam substituieren. Gleiches gilt für die Zusage, sich gesundheitsbezogenen Maßnahmen zu unterziehen. So ist auf Basis der verhandelten Mengen davon auszugehen, dass die Suchtgiftverkäufe primär vom Gewinnstreben getragen waren und ist es auch noch zu keinen therapeutischen Interventionen gekommen, die bereits Wirkung zeigen könnten. Die Zusage, den Kontakt mit B* zu meiden, läuft ebenso ins Leere, weil die zu befürchtende Delinquenz nicht allein an dessen Person zu messen ist.</p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">A* wurde am 8. Dezember 2024 festgenommen (ON 15) und befindet sich seither in Haft. Angesichts des Gewichts der angelasteten Straftaten und der konkreten Straferwartung im Fall eines verdachtskonformen Schuldspruchs bei einem Strafrahmen des § 28a Abs 4 SMG von einem bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe ist letztlich auch eine Unverhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft nicht gegeben.</span></p><p class="Abstand AlignJustify"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett">Mitteilung gemäß § 174 Abs 3 StPO iVm § 175 Abs 5 StPO:</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft">Nach Einbringen der Anklage ist die Wirksamkeit eines Beschlusses auf Fortsetzung der Untersuchungshaft durch die Haftfrist nicht mehr begrenzt; Haftverhandlungen finden nach diesem Zeitpunkt nur statt, wenn der Angeklagte seine Enthaftung beantragt und darüber nicht ohne Verzug in einer Hauptverhandlung entschieden werden kann.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">RECHTSMITTELBELEHRUNG:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diese Entscheidung steht kein weiteres Rechtsmittel zu.</p></div></div></body></html>
null
JJT_20250113_OLG0459_0100BS00267_24X0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-02-03
2025-02-03
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250113_OLG0459_0100BS00267_24X0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250113_OLG0459_0100BS00267_24X0000_000/JJT_20250113_OLG0459_0100BS00267_24X0000_000.html
10Bs267/24x
ECLI:AT:OLG0459:2025:0100BS00267.24X.0113.000
null
null
null
<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Henhofer als Vorsitzende und Mag. Höpfl sowie den Richter Mag. Graf in der Strafsache gegen <span class="Fett">A* </span>wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und 4 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe gegen das Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Linz vom 17. Oktober 2024, GZ1*-26, nach der in Anwesenheit des Oberstaatsanwalts Mag. Zentner und des Angeklagten durchgeführten Berufungsverhandlung am 13. Jänner 2025<span class="Fett"> </span>zu Recht erkannt:</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Berufung wird nicht Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignJustify"><span aria-hidden="true">Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.</span></p><p class="Abstand AlignJustify"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Entscheidungsgründe:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene A* je des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und 4 StGB (I./) und der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB schuldig erkannt und uAd § 28 Abs 1 StGB nach § 288 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Gemäß § 43 Abs 1 StGB wurde die verhängte Strafe unter Bestimmung dreijähriger Probezeit bedingt nachgesehen. Gemäß § 390 Abs 4 StPO wurde er auch zum Ersatz der Kosten des gegen B* geführten Verfahrens GZ2* der Staatsanwaltschaft Linz verurteilt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Nach dem Schuldspruch hat der Angeklagte</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Kursiv">I./ am 27. März 2024 in C* als Zeuge in einem Ermittlungsverfahren nach der StPO bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache falsch ausgesagt, indem er vor dem D* im Verfahren ** folgende falsche Aussagen tätigte [..] „Er (gemeint B*) hat mir das Handy zurückgegeben und mich dabei gleichzeitig geschubst. Er hat mich mit beiden Händen geschubst. Von dem Schubser tut mir meine Hand, meine Schulter und mein Bein weh. Es war dort eine Sitzbank. Durch den Schubser flog ich auf die Bank. Dabei flog das Handy auf den Boden und der Bildschirm brach dabei. … Ich habe der Ärztin auch mitgeteilt, was passiert ist. Ich habe ihr gesagt, dass sie sehr aggressiv sind. Sie sagte ber, dass sie nur eine Ärztin ist. […] Sie hat mir nicht erlaubt, etwas zu erklären. Sie sagte, dass sie nur eine Ärztin ist. … Durch den Schubser bin ich mit meinem rechten Bein gegen die Bank geflogen. Die Bank hat keine Rückenlehne, weshalb ich auch mit dem linken Arm dagegen flog. B* hat mich beim Schubsen an der rechten Schulter berührt. [Auf die Fragen: Wo hatten sie das Mobiltelefon als sie geschubst wurden? Wohin ist dieses geflogen?] Ich hielt es in der linken Hand. Es ist auf die Sitzbank geflogen. Danach war es beschädigt“,</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Kursiv">II./ am 6. Februar 2024 in ** durch sein Vorbringen von Vorwürfen gegenüber dem Inspektionskommandanten E* […] bzw Obstlt. F*, er sei von B* am 5. Februar 2024 auf der PI G* durch Schubsen am Körper verletzt worden, wobei auch sein Mobiltelefon beschädigt worden sei, sowie in weiterer Folge durch die zu Punkt I./ dargestellten falschen Zeugenaussagen vom 27. März 2024 in C* B* dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass er ihn einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich der Vergehen der Körperverletzung (§§ 83 Abs 1 bzw. 2, 313 StGB) und der Sachbeschädigung (§ 125 StGB) falsch verdächtigt hat, obwohl er wusste (§ 5 Abs 3 StGB), dass die Verdächtigung falsch ist.</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft">Bei der Strafzumessung wertete das Erstgericht die Unbescholtenheit des Angeklagten mildernd und das Zusammentreffen von zwei Vergehen erschwerend.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe, die primär auf einen Freispruch abzielt.</p><p class="ErlText AlignLeft">Auf die Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit war keine Rücksicht zu nehmen, weil er weder bei der Anmeldung seines Rechtsmittels noch in einer Berufungsausführung erklärte, welche Nichtigkeitsgründe er geltend machen will. Allenfalls von Amts wegen aufzugreifende materiell-rechtliche Fehler, die mit Nichtigkeitswirkung zum Nachteil des Angeklagten ausgeschlagen hätten, haften dem Urteil nicht an.</p><p class="ErlText AlignLeft">Im Rahmen der Schuldberufung moniert der Angeklagte sinngemäß, dass das Erstgericht zu Unrecht den Schilderungen des Zeugen B* gefolgt sei, der Tätlichkeiten gegen den Angeklagten in Abrede gestellt hat.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Gericht ist bei der freien Beweiswürdigung nicht an bestimmte Beweisregeln gebunden, sondern hat die Beweismittel auf ihre Glaubwürdigkeit und Beweiskraft sowohl einzeln als auch in ihrem inneren Zusammenhang sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen (§ 258 StPO). Die Schlussfolgerungen im Rahmen der Beweiswürdigung müssen nicht zwingend sein, sie dürfen jedoch mit den Denkgesetzen nicht im Widerspruch stehen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">In diesem Sinne hat sich der Erstrichter in seiner sorgfältigen Beweiswürdigung mit den vorliegenden Beweisergebnissen auseinandergesetzt (US 5 bis 8). Seine Argumentation ist schlüssig und bestehen gegen die getroffenen Feststellungen, die in den Beweisergebnissen Deckung finden, keinerlei Bedenken. Er konnte sich im Zuge der Verhandlung einen Eindruck insbesondere vom Angeklagten und dem Zeugen B* verschaffen, wobei er den Schilderungen des Letztgenannten gefolgt ist. Diese werden allem voran durch den Umstand gestützt, dass ein noch vor dem behaupteten Vorfall aufgenommenes Lichtbild bereits eine Beschädigung des Mobiltelefons des Angeklagten zeigt. Diese ist ident mit der bei Anzeigenerstattung festgestellten Beschädigung. Dadurch wird die diesbezüglich gegenteilige Aussage des Angeklagten widerlegt, wobei die Angaben des Angeklagten auch in sich widersprüchlich sind. Es kann hiezu zur Vermeidung von Wiederholungen auf die eingehenden und aktenkonformen Ausführungen des Erstgerichts verwiesen werden. Es besteht somit kein Grund, die Beweiswerterwägungen des Erstgerichts anzuzweifeln.</p><p class="ErlText AlignLeft">Zur Strafberufung ist auszuführen, dass die Strafzumessungsgründe vom Erstgericht sowohl vollständig erhoben als auch zutreffend gewichtet wurden. Die verhängte neunmonatige Freiheitsstrafe erweist sich vorliegend als tat- und schuldangemessen. Die Probezeit im gesetzlich höchstzulässigen Ausmaß ist angezeigt, um einen ausreichenden Bewährungszeitraum zu ermöglichen.</p></div></div></body></html>
null
JJT_20250110_OLG0459_0080BS00004_25G0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-21
2025-01-22
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250110_OLG0459_0080BS00004_25G0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250110_OLG0459_0080BS00004_25G0000_000/JJT_20250110_OLG0459_0080BS00004_25G0000_000.html
8Bs4/25g
ECLI:AT:OLG0459:2025:0080BS00004.25G.0110.000
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null
null
<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Mag. Reinberg als Vorsitzende und Mag. Haidvogl, BEd, sowie den Richter Mag. Grosser in der Strafvollzugssache betreffend <span class="Fett">A*</span> über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 20. Dezember 2024, GZ*, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:38px !important;">Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben. </p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">BEGRÜNDUNG:</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit dem angefochtenen Beschluss wurde der Antrag des Strafgefangenen auf vorläufiges Absehen vom Strafvollzug wegen Aufenthaltsverbots gemäß § 133a StVG mit der Begründung abgewiesen, dass ausnahmsweise Aspekte der Generalprävention einem solchen Vorgehen vor Vollzug von zwei Drittel der Strafe per 10. Oktober 2025 entgegenstehen (ON 6).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Dagegen richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Strafgefangenen, der unter Hinweis auf das Vorliegen aller Voraussetzungen des § 133a Abs 1 StVG (rechtskräftiges unbefristetes Einreiseverbot gültiger kosovarischer Reisepass mit Ablauf **, Zustimmung zur Ausreise und Kostentragung der Rückkehr in den Kosovo) weiters releviert, dass er im Falle des begehrten Absehens vom Strafvollzug gemeinsam mit seiner Ehefrau und seinem viereinhalbjährigen Sohn an seine konkrete Adresse in ** zurückkehren und dort Arbeit als Staplerfahrer gesichert habe, wobei er auch derzeit im Freigängerhaus der JA ** als Staplerfahrer beschäftigt und überdies das erste Mal in Haft sei (ON 7).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Beschwerde verfehlt ihr Ziel.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Sämtliche Argumente des Beschwerdeführers, die auf sein Wohlverhalten und seine Zukunftsaussichten in seiner kosovarischen Heimat und zugleich stabilen familiären Verhältnissen hinweisen, argumentieran am Wesen der Bestimmung des § 133a Abs 2 StVG vorbei. Denn das Erstgericht hat gesetzeskonform und an der Aktenlage orientiert dargelegt, aus welchen Gründen es seiner ablehnenden Entscheidung ausnahmsweise generalpräventive Aspekte iSd §&nbsp;133a Abs 2 StGB zugrunde legte. Dazu ist allein auf den Umstand Bedacht zu nehmen, dass diesem Strafvollzug eine Vermögenskriminalität besonderer Schwere zugrunde liegt (als Mitglied einer kriminellen Vereinigung in einem insgesamt EUR 300.000,00 übersteigenden Beutewert bei Einbrüchen in Gebäude, die jeweils höhere fünfstellige Vermögenswerte erzielen ließen und außerordentlich professionell angelegt waren; vgl etwa „Mauerdurchbruch Nachbargebäude“), sodass die Gründe des Erstgerichts für die bekämpfte Ablehnung nicht zu korrigieren sind. Der Beschwerdeführer muss daher gegen sich gelten lassen, dass diese Tatschwere ein Hindernis bis zum Ablauf von zwei Drittel der Strafe zum 10. Oktober 2025 darstellt.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Rechtsmittelbelehrung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.</p></div></div></body></html>
null
JJT_20250110_OLG0459_0080BS00249_24K0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-31
2025-01-31
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250110_OLG0459_0080BS00249_24K0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250110_OLG0459_0080BS00249_24K0000_000/JJT_20250110_OLG0459_0080BS00249_24K0000_000.html
8Bs249/24k
ECLI:AT:OLG0459:2025:0080BS00249.24K.0110.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Mag. Reinberg als Vorsitzende und Mag. Haidvogl, BEd, sowie den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs&nbsp;4 Z 3 SMG über dessen Einspruch gegen die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Graz vom 24. Oktober 2024, GZ1* (= GZ2 des Landesgerichts Salzburg), am 10. Jänner 2024 in nicht öffentlicher Sitzung entschieden:</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:47px !important;">Der Einspruch wird abgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:47px !important;">Die Anklageschrift ist rechtswirksam.</p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:47px !important;"><span aria-hidden="true">Die über A*, geboren am ** in **, österreichischer Staatsangehöriger, zuletzt ohne Beschäftigung, verhängte Untersuchungshaft wird aus dem Haftgrund der Flucht- und Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 1 und 2 Z 1 und 3 lit a und b StPO fortgesetzt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft" style="padding-left:47px !important;">Die Wirksamkeit dieses Haftfortsetzungsbeschlusses ist durch eine Haftfrist nicht mehr begrenzt.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit ihrer an das Landesgericht Salzburg gerichteten Anklageschrift vom 24. Oktober 2024 legt die Staatsanwaltschaft Graz dem am ** geborenen A* als Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG zur Last, er habe im Zeitraum vom 8. April 2020 bis zum 23. Februar 2021 in **, B* und anderen Orten des Bundesgebietes vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er insgesamt zumindest 55,8&nbsp;kg Kokain (37.386&nbsp;g Kokain-Base bei einem angenommenen Reinheitsgehalt von 67&nbsp;%; 2.492 Grenzmengen) sowie 10&nbsp;kg Amphetamin (1.000&nbsp;g Amphetamin-Base bei einem angenommenen Reinheitsgehalt von 10&nbsp;%; 100 Grenzmengen) von seinen Lieferanten übernommen und an bislang unbekannte Abnehmer gewinnbringend weiterverkauft habe, wobei sein Vorsatz auf eine Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichtet gewesen sei und auch die kontinuierliche Tatbegehung über einen längeren Deliktszeitraum und den daran geknüpften Additionseffekt sowie die Überschreitung des 25-fachen der Grenzmenge des §&nbsp;28b SMG umfasst habe (ON&nbsp;57).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Anklage wurde mit Verfügung vom 11. November 2024 (ON 1.64) dem in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten am 13. November 2024 (ON 57.1) und seinem Verteidiger am 12. November 2024 (VJ-Register) zugestellt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Demgemäß rechtzeitig erhob der Angeklagte, gestützt auf die Gründe des § 212 Z 1, 3 und 6 StPO, am 25. November 2024 Einspruch dagegen. Darin behauptet er zusammengefasst ein Verwendungsverbot hinsichtlich der dem Anklagevorwurf ganz wesentlich zu Grunde liegenden Mobilfunkdaten und zum anderen die Zuständigkeit des Landesgerichts für Strafsachen Wien für das Verfahren (ON&nbsp;71).</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Einspruch – zu dem sich die Oberstaatsanwaltschaft nicht geäußert hat – ist nicht berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Nach § 212 StPO steht dem Angeklagten der Einspruch gegen die Anklageschrift unter anderem dann zu, wenn die zur Last gelegte Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder sonst ein Grund vorliegt, der die Verurteilung des Angeklagten aus rechtlichen Gründen ausschließt (Z&nbsp;1), oder der Sachverhalt nicht soweit geklärt ist, dass eine Verurteilung des Angeklagten nahe liegt (Z&nbsp;3). In ersterem Fall hätte das Oberlandesgericht dem Einspruch Folge zu geben und das Verfahren einzustellen (§ 215 Abs 2 StPO) und in letzterem Fall die Anklageschrift zurückzuweisen, wodurch das Hauptverfahren beendet und das Ermittlungsverfahren wieder eröffnet wird (§ 215 Abs 3 StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Hier bringt der Einspruchswerber zunächst vor, dass die Ergebnisse der Chatauswertung des Kryptomessengerdienstes C*, auf die sich die die Anklageschrift (ausschließlich) stützt, einem Verwendungsverbot unterliegen und demgemäß überhaupt keine verwertbaren Beweisergebnisse vorliegen, welche die Einbringung einer Anklageschrift rechtfertigen würden. Er begründet dies einerseits mit einem Hinweis auf § 55d Abs 7 EU-JZG, wonach die inländischen Strafverfolgungsbehörden nach Kenntnisnahme von der durch ausländische Strafverfolgungsbehörden in Österreich durchgeführten Telekommunikationsüberwachung dieser widersprechen hätten müssen und als Konsequenz die bereits gesammelten Ergebnisse nicht verwendet werden dürfen. Andererseits habe er mangels Übermittlung der Rohdaten samt IP-Verbindungs- und Metadaten sowie in deutscher Sprache gehaltener Informationen über die Ermittlung oder die technische Aufbereitung der Daten seitens der französischen Behörden keine Möglichkeit gehabt, zu den Beweismitteln sachgerecht Stellung zu nehmen und seien diese auch aus diesem Grund von dem Verfahren auszuschließen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">§ 55d Abs 7 EU-JZG setzt Art 31 der Richtlinie 2014/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen (kurz: RL-EEA) um (ErläutRV 66 BlgNR 26. GP 9). Er verpflichtet die Staatsanwaltschaft im Fall einer Unterrichtung durch ausländische Behörden (die grundsätzlich unter Verwendung des Formblatts laut Anhang XIX zum EU-JZG [Anhang C zur RL-EEA] zu erfolgen hat, aber unabhängig davon entsprechende Rechtspflichten auslöst [14&nbsp;Os&nbsp;107/24b]), dass eine Telekommunikationsüberwachung in Österreich – ohne technische Unterstützung durch österreichische Unternehmen oder Behörden – bereits durchgeführt wurde, gegenwärtig durchgeführt wird oder in Zukunft durchgeführt werden soll, das Vorliegen der in § 55a Abs 1 Z 1 bis 5, 8 und 13 EU-JZG angeführten Vollstreckungshindernisse zu prüfen. Bei deren Vorliegen hat sie der ausländischen Strafverfolgungsbehörde mitzuteilen, dass die Überwachung von Nachrichten nicht durchgeführt werden kann oder zu beenden ist, sowie bereits gesammelte Ergebnisse der Überwachung von Nachrichten nicht verwendet werden dürfen. Von besonderer Bedeutung ist im gegebenen Zusammenhang § 55a Abs 1 Z 13 EU-JZG, der im Fall einer Europäischen Ermittlungsanordnung zur Durchführung einer Observation, einer Überwachung von Nachrichten oder einer optischen und akustischen Überwachung von Personen ein Vollstreckungshindernis normiert, wenn die Überwachung in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall nicht genehmigt würde (vgl Art 31 Abs 3 RL-EEA).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Nicht zuletzt aufgrund der Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung des inländischen Rechts (RIS-Justiz RS0111214, RS0075866) sind Art 31 Abs 1 RL-EEA und die dazu ergangene Rechtsprechung in den Blick zu nehmen. Diese Bestimmung trifft Regelungen für den Fall, dass zum Zwecke der Durchführung einer Ermittlungsmaßnahme die Überwachung des Telekommunikationsverkehrs von der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats genehmigt wurde und der in der Überwachungsanordnung bezeichnete Kommunikationsanschluss der Zielperson der Überwachung im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats genutzt wird, von dem für die Durchführung der Überwachung keine technische Hilfe benötigt wird. Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 30. April 2024, M.N. (EncroChat), C-670/22, festgehalten, dass sich der – autonom und einheitlich auszulegende – Begriff Telekommunikationsverkehr in seiner herkömmlichen Bedeutung auf alle Verfahren zur Fernübermittlung von Informationen beziehe. Aus dem zur Unterrichtung grundsätzlich zu verwendenden Formblatt ergebe sich als Ziel der Überwachung eine Telefonnummer, eine IP-Adresse oder eine E-Mail-Adresse. Nicht nur Inhaltsdaten, sondern auch Verkehrs- und Standortdaten werden davon erfasst (Rz 109&nbsp;ff). Jedenfalls handle es sich bei einer Infiltration von Endgeräten, die auf die Abschöpfung von Kommunikationsdaten, aber auch von Verkehrs- oder Standortdaten eines internetbasierten Kommunikationsdiensts abziele, um eine Überwachung des Telekommunikationsverkehrs im Sinne von Art 31 Abs 1 RL-EEA (Rz&nbsp;114).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Hier jedoch wurden die den Einspruchswerber belastenden Ergebnisse aus einem Telekommunikationsverkehr gerade nicht durch dessen (nach inländischem Recht in §§ 134&nbsp;ff StPO geregelte) Überwachung gewonnen, sondern durch die Sicherstellung eines in der Republik Frankreich betriebenen Servers, auf dem die entsprechenden Daten gespeichert waren (vgl zum inländischen Recht: §§ 115f&nbsp;ff der StPO), durch ein gemeinsames Ermittlungsteam der französischen, belgischen und niederländischen Strafverfolgungsbehörden. Erst dadurch wurde die über diesen Server abgewickelte Kommunikation zugänglich. Die entschlüsselten Kommunikationsdaten wurden sodann anderen europäischen Ermittlungsbehörden, unter anderem dem österreichischen Bundeskriminalamt, (vorab) zur Verfügung gestellt und schließlich von der Staatsanwaltschaft mittels Europäischer Ermittlungsanordnung (vgl ON 15) zur Verwendung im Strafverfahren beigeschafft (vgl S&nbsp;2&nbsp;ff in ON&nbsp;14). Dass ein Server <span class="Kursiv">gehackt</span> (demnach unberechtigt in ein Computersystem eingedrungen) worden wäre oder <span class="Kursiv">direkte Angriffe auf Mobiltelefone erfolgt</span> seien (S&nbsp;3 des Anklageeinspruchs) behauptet der Einspruchswerber lediglich, ohne diese Behauptung aus dem Akteninhalt zu entwickeln.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Ein Anwendungsfall von Art 31 RL-EEA, bzw § 55d Abs 7 EU-JZG liegt demnach schon grundsätzlich nicht vor. Von den österreichischen Behörden wurde auch nicht um die Durchführung von Überwachungsmaßnahmen betreffend verschlüsselte Nachrichten, sondern um die Übermittlung ohne Mitwirkung österreichischer Behörden sichergestellter, nicht mehr verschlüsselter Daten des Servers des Kryptomessengerdienstes C* betreffend bestimmte Nutzer ersucht (Beweistransfer gemäß §&nbsp;56 Abs 1 erster Satz EU-JZG). Übrigens handelt sich dabei gerade nicht um Ergebnisse einer nach dem fünften Abschnitt des achten Hauptstücks der Strafprozessordnung durchgeführten Ermittlungsmaßnahme, weshalb das in § 140 Abs 1 StPO normierte Verwendungsverbot keine Anwendung findet (13&nbsp;Os&nbsp;71/24a mwN; RIS-Justiz RS0119110 [T&nbsp;11]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Nach § 56 Abs 1 zweiter Satz EU-JZG ist allerdings zu berücksichtigen, ob die Befassung eines anderen Mitgliedstaats durch Erlass einer Europäischen Ermittlungsanordnung (hier: zum Beweistransfer) in einem angemessenen Verhältnis zum Gewicht der Straftat, zur Schwere der Schuld, zu den Folgen der Tat, zum Grad des Verdachts und zum angestrebten Erfolg steht. Das steht in diesem Fall schwerster Kriminalität im Bereich des international agierenden Drogenhandels, dessen Aufklärung großes öffentliches Interesse zukommt, aber ohne Verwendung von Beweisergebnissen wie den vorliegenden wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre, außer Frage.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Soweit der Einspruchswerber die Unverwertbarkeit der Kommunikationsdaten im Inlandsverfahren in einem zweiten Schritt daraus ableiten will, dass keine „Rohdaten“ übermittelt worden seien und es ihm demnach nicht möglich gewesen sei, sachgerecht zu den Beweismitteln Stellung zu nehmen, ist ihm zu entgegnen: Im Ermittlungsverfahren wurden die Chatverläufe ausgewertet und jene Teile, die auf Englisch geführt wurden, zusätzlich übersetzt (ON&nbsp;12, ON 48.3). Außerdem wurden alle Chatverläufe, an denen die dem Einspruchswerber zugeordnete Identifikationsnummer beteiligt war, auf einem Datenträger gespeichert und der Staatsanwaltschaft übergeben (ON&nbsp;47). Er selbst hat zu den Ermittlungsergebnissen jedoch bislang nicht Stellung genommen (ON&nbsp;31.3, ON&nbsp;33). Vor diesem Hintergrund bleibt aber unklar, welchen zusätzlichen Beweiswert die Auswertung der „Rohdaten“ bringen sollte (vgl aber § 55 Abs 1 StPO) und inwieweit er durch deren Fehlen gehindert sein soll, sachgerecht zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Eine Verletzung seiner Verteidigungsrechte oder des Rechts auf ein faires Verfahren, die eine Unverwertbarkeit der Beweisergebnisse nach sich ziehen könnte (vgl EuGH C-670/22 Rz 130), wird damit nicht im Ansatz zur Darstellung gebracht.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Abschließend sei noch auf die inzwischen gesicherte Judikatur des Obersten Gerichtshofs verwiesen, wonach der Verwendung der aus den sichergestellten Servern gewonnenen Daten der C*-Kommunikation keine Hindernisse entgegenstehen (grundlegend: 14&nbsp;Os&nbsp;14/24a).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Zusammengefasst sind demnach die den Einspruchswerber belastenden Kommunikationsdaten verwertbar und liegt weder der Einspruchsgrund des § 212 Z 1 StPO noch jener des §&nbsp;212 Z 3 StPO vor.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das weitere Einspruchsvorbringen befasst sich mit § 212 Z 6 StPO und behauptet, das von der Anklageschrift angerufene Landesgericht Salzburg sei örtlich nicht zuständig.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Bezugspunkt sowohl der örtlichen als auch der sachlichen Zuständigkeitsprüfung ist (in allen Verfahrensarten) stets der von der Anklage vorgegebene Prozessgegenstand, also die „der Anklage zugrunde liegenden Tatsachen an sich oder in Verbindung mit den in der Hauptverhandlung hervorgekommenen Umständen“, demnach Modifikationen des Anklagesachverhalts ohne Änderung des Prozessgegenstands (<span class="Kursiv">Oshidari</span> in WK-StPO §&nbsp;38 Rz&nbsp;2 mwN, <span class="Kursiv">Ratz</span> in WK-StPO §&nbsp;281 Rz&nbsp;493, RIS-Justiz RS0131309).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Nach der Aktenlage zutreffend legt die Staatsanwaltschaft Graz dem Einspruchswerber das Überlassen von (zumindest) 55,8&nbsp;kg Kokain (enthaltend 37.386&nbsp;g Kokain-Base) überwiegend im Großraum B* zur Last, wobei er dieses Suchtgift zwischen 8. April 2020 und 17. Februar 2021 von seinen Lieferanten bezogen und zeitnah weiterverkauft habe (vgl S&nbsp;3 und 5 der Anklageschrift). Darüber hinaus habe er vor dem 21. Februar 2021 (zumindest) 10&nbsp;kg Amphetamin übernommen und am 23. Februar 2021 10&nbsp;kg Amphetamin (enthaltend 1.000&nbsp;g Amphetamin-Base) in D* an E* übergeben (S&nbsp;3 und 5 der Anklageschrift). Sie geht dabei von einer tatbestandlichen Handlungseinheit aus, deren letzter Akt im Sprengel des Landesgerichts Salzburg gesetzt worden sei und demnach die Zuständigkeit dieses Gerichts begründe (ON&nbsp;57).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Von einer tatbestandlichen Handlungseinheit im weiteren Sinn spricht man in Anlehnung an 13&nbsp;Os&nbsp;1/07g (verstärkter Senat) dort, wo es nur um die Intensität der einheitlichen Tatausführung geht, demnach bei wiederholter Verwirklichung des gleichen Tatbestands in kurzer zeitlicher Abfolge, also bei nur quantitativer Steigerung (einheitliches Unrecht) und einheitlicher Motivationslage (einheitliche Schuld), auch wenn höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Träger verletzt werden, sowie bei fortlaufender Tatbestandsverwirklichung, also der Annäherung an den tatbestandsmäßigen Erfolg durch mehrere Einzelakte im Fall einheitlicher Tatsituation und gleicher Motivationslage, etwa beim Übergang vom Versuch zur Vollendung oder bei einem Einbruchsdiebstahl in zwei Etappen (RIS-Justiz RS0122006). Im Suchtmittelstrafrecht werden Einzelakte insbesondere dann zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit (und demgemäß einer einzigen Tat) zusammengefasst, wenn sie objektiv mit einer am einheitlichen Gefahrenbegriff orientierten Kontinuität gesetzt werden und wenn dabei auf der subjektiven Tatseite der zumindest bedingte Vorsatz des Täters jeweils auch den an die bewusst kontinuierliche Begehung geknüpften Additionseffekt mitumfasst (RIS-Justiz RS0112225). Gegenteilig wären bei der sukzessiven Manipulation mehrerer Suchtgiftquanten nicht eine sondern mehrere tatbestandliche Handlungseinheiten dann in Betracht zu ziehen, wenn es an einer insgesamt einheitlichen Tatsituation und gleicher Motivationslage fehlt (RIS-Justiz RS0133289; vgl auch <span class="Kursiv">Ratz</span> in WK-StGB² Vor §§ 28-31 Rz&nbsp;89).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Bei der Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG handelt es sich nach ihrer Konzeption zwar um eine § 29 StGB vergleichbare besondere Art von Zusammenrechnungsgrundsatz (RIS-Justiz RS0117464), der – ab Erreichen der so genannten Übermenge – mehrere gleichartige selbständige „Straftaten nach Abs 1“ des § 28a SMG zusammenfasst. Dessen ungeachtet kann sie jedoch alternativ (bei entsprechender Kontinuität und Additionsvorsatz) in Form einer tatbestandlichen Handlungseinheit im weiteren Sinn verwirklicht werden und bildet dann (oder wenn eine entsprechende Suchtgiftmenge in einem Einzelakt überlassen wird) eine einzige selbständige Tat im materiellen Sinn (vgl etwa 15&nbsp;Os&nbsp;118/24b).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Anklagebehörde geht – durch den Akteninhalt gedeckt – davon aus, dass der Einspruchswerber Anfang 2020 beschloss, sich durch den gewinnbringenden Verkauf von Suchtgift seinen Lebensunterhalt zu verdienen, und in weiterer Folge in Umsetzung dieses Tatplans zwischen April 2020 und Ende Februar 2021 Kokain und Amphetamin im Gegenwert von EUR&nbsp;2.363.600,00 an seine Abnehmer verkaufte. Dabei habe er von Beginn an mit entsprechendem Additionsvorsatz gehandelt und das Überschreiten der 25-fachen Grenzmenge ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden (S&nbsp;3 und 7 in ON&nbsp;57).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Vor dem Hintergrund dieser Sachverhaltsannahmen (vgl 11&nbsp;Os&nbsp;93/21t [Rz&nbsp;18]) ist die Rechtsansicht des Einspruchswerbers, die Übergaben von Kokain einerseits und jene von Amphetamin andererseits seien gesondert zu beurteilen, nicht haltbar. Entgegen dem Einspruchsvorbringen ist der zeitliche Zusammenhang der Einzelakte (letzte Übernahme des dann zeitnah im Großraum B* weitergegebenen Suchtgifts am 17. Februar 2021, Verkauf des Amphetamins in D* am 23. Februar 2021) evident. Die Motivationslage – Suchtgiftverkauf zur Bestreitung des Lebensunterhalts – bleibt die selbe. Und wenn überhaupt, dann ist nur von einer quantitativen, nicht aber von einer qualitativen Steigerung des kriminellen Handelns auszugehen. Ebenso wenig ist eine solche darin zu erblicken, dass der Einspruchswerber, der nach der Verdachtslage schlicht jede sich bietende Möglichkeit ausnutzte, um durch den Verkauf von Suchtmitteln an Geld zu gelangen, am Ende ein anderes Suchtgift als zuvor weitergab.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Weil demnach die Anklage zu Recht eine tatbestandliche Handlungseinheit annimmt und bei deren Vorliegen für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit jener Ort, an dem die deliktische Handlung beendet wurde, also in der Regel der Ort der letzten Ausführungshandlung, maßgeblich ist (RIS-Justiz RS0130107), wurde die Anklageschrift zutreffend beim Landesgericht Salzburg eingebracht.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Nachdem auch sonst kein Einspruchsgrund vorliegt, ist der Einspruch abzuweisen und die Rechtswirksamkeit der Anklageschrift festzustellen (§ 215 Abs 6 StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß § 214 Abs 3 StPO hat das Oberlandesgericht außerdem von Amts wegen über die Haft zu entscheiden, wenn ein Angeklagter, der sich in Untersuchungshaft befindet (vgl hier: ON 34, 45 und 50), Einspruch gegen die Anklageschrift erhebt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der in der Anklage beschriebene Tatverdacht ist nicht nur ein einfacher, sondern sogar ein dringender. Danach ist der Einspruchswerber qualifiziert verdächtig, zwischen 8. April 2020 und 23. Februar 2021 im Bundesgebiet und zuletzt im Sprengel des Landesgerichts Salzburg vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich 55,8&nbsp;kg Kokain enthaltend 37.386&nbsp;g Cocain und 10&nbsp;kg Amphetamin enthaltend 1.000&nbsp;g Reinsubstanz, überlassen zu haben. Dabei hat er es nach der Verdachtslage von Beginn an ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, dass er durch die kontinuierliche Weitergabe von Teilmengen insgesamt eine solche Menge an Suchtgift weitergeben wird, welche die Grenzmenge nach § 28b SMG um mehr als das 25-fache übersteigt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Der Einspruchswerber hat sich im Ermittlungsverfahren nicht zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen geäußert (ON&nbsp;31.3, ON&nbsp;33).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die dringende Verdachtslage stützt sich auf die vorliegenden Protokollen des Nachrichtenverkehrs des Nutzers mit der Identifikationsnummer ** im Kryptomessengerdienst C* mit seinen Gesprächspartnern (ON&nbsp;12 und ON&nbsp;48.3). Aus diesen lässt sich trotz Verwendung szenetypischer Codes ableiten, dass er die oben beschriebene Suchtgiftmenge von seinen Lieferanten auf Kommission übernahm und seine Schulden möglichst zeitnah in Teilbeträgen durch Geldübergaben an die Kurierfahrer beglich, was in Zusammenschau mit der erheblichen Gesamtmenge auf eine Weitergabe des Suchtgifts schließen lässt. In Einzelfällen sind sogar die Vereinbarungen mit den Abnehmern des Einspruchswerbers dokumentiert (vgl S&nbsp;3&nbsp;f in ON&nbsp;48.3).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Verbindung zwischen der angeführten Identifikationsnummer und dem Einspruchswerber wurde in überzeugender Weise durch einen Abgleich der Fluggastdaten des Einspruchswerbers mit den in den Chatnachrichten erwähnten Ortsveränderungen hergestellt (vgl ON 11.6).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Nachdem sich keine Hinweise auf eine unterdurchschnittliche Qualität finden wird der Wirkstoffgehalt der tatverfangenen Mengen mit dem Median des im überwiegenden Tatzeitraum in Österreich sichergestellten Suchtgifts der betreffenden Art angenommen (vgl <span class="Kursiv">Rauch/Greibl/Seliga</span>, Reinsubstanzgehalte von Suchtgiften 2020, in RZ 2021, 35). Angesichts der 2.592-fachen Grenzmengenüberschreitung würden übrigens auch großzügige Abschläge zugunsten des Einspruchswerbers nichts an der rechtlichen Unterstellung der Tat ändern.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das in den Chatverläufen dokumentierte Verhalten des Einspruchswerbers lässt auf die dringenden Verdachtsannahmen auch zur subjektiven Tatseite schließen (vgl <span class="Kursiv">Ratz</span> in WK-StPO § 281 Rz 452).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Sollte sich dieser Tatverdacht im Zuge der Hauptverhandlung zu einem Schuldbeweis verdichten lassen, hat der Einspruchswerber das mit Freiheitsstrafe von einem bis zu 15 Jahren bedrohte Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG zu verantworten.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Angesichts dieser Strafdrohung ist ein hoher Fluchtanreiz für den zuletzt in Spanien aufhältigen (vgl ON 26.3) und aufgrund eines Europäischen Haftbefehls (ON&nbsp;22) übergebenen Einspruchswerber gegeben. Im Tatzeitraum hielt er sich nachweislich in Österreich auf, obwohl er seit Februar 2014 schon nicht mehr hier gemeldet ist (ON&nbsp;16). Einer der Sozialversicherung gemeldeten Erwerbstätigkeit ist er hierzulande seit 01.01.2020 nicht mehr nachgegangen (ON&nbsp;56). Darüber hinaus hat er bei Flugbuchungen nicht existente Rufnummern angegeben (ON&nbsp;13.2) und führte er bei seiner Übernahme durch die österreichischen Strafverfolgungsbehörden ein Mobiltelefon mit einer Nummer, die auf eine nicht existente Person registriert ist, sowie eine nicht ihm gehörende Bankomatkarte mit sich (ON&nbsp;31.3 und 35.2). All das lässt auf Fluchtgefahr im Sinne von § 173 Abs 2 Z 1 StPO schließen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Außerdem liegt Tatbegehungsgefahr in der Ausformung des § 173 Abs 2 Z 3 lit a und b StPO vor. Der in lit a verwendete Begriff der schweren Folgen ist ident mit jenem der §§ 21 und 23 StGB. Er umfasst über die tatbestandsmäßigen Folgen hinaus alle konkreten Tatauswirkungen in der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Dabei sind Art, Ausmaß und Wichtigkeit aller effektiven Nachteile sowohl für den betroffenen Einzelnen als auch für die Gesellschaft im Ganzen, der gesellschaftliche Störwert einschließlich der Eignung, umfangreiche und kostspielige Abwehrmaßnahmen auszulösen und weit reichende Beunruhigung und Besorgnisse herbeizuführen, zu berücksichtigen (<span class="Kursiv">Kirchbacher/Rami </span>in WK-StPO § 173 Rz 43, RIS-Justiz RS0108487). Die schweren Folgen müssen aus einer Tat herrühren (RIS-Justiz RS0119762). Bei einer tatbestandlichen Handlungseinheit wie im vorliegenden Kontext ist das der Fall (vgl 11&nbsp;Os&nbsp;108/13m, <span class="Kursiv">Haslwanter</span> in WK-StGB² § 21 Rz&nbsp;27). Ungeachtet dessen ziehen hier sogar schon Einzelakte des Tatgeschehens, wie das Überlassen der 100-fachen Grenzmenge an Amphetamin am 23. Februar 2021, für sich genommen schwere Folgen im oben dargestellten Sinn nach sich. Vor dem Hintergrund der beschriebenen Verdachtslage, wonach der Einspruchswerber über zehn Monate hinweg unter Verwendung von geheimen Kommunikationskanälen internationale Kontakte zur Beschaffung enormer Mengen an Suchtgift nutzte, die er dann im Bundesgebiet in Verkehr setzte, sowie der Tatsache, dass er bei seiner Übergabe an die österreichischen Strafverfolgungsbehörden ein Mobiltelefon mit sich führte, dessen Rufnummer auf eine nicht existente Person registriert ist, und eine fremde Bankomatkarte unklarer Provenienz bei sich hatte (vgl ON&nbsp;35.2), ist zu befürchten, er werde – auf freien Fuß gesetzt – zeitnah erneut rechtsgutidente strafbare Handlungen mit schweren Folgen begehen, wie die ihm nun angelastete fortgesetzte strafbare Handlung.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Verdunkelungsgefahr ist nicht mehr anzunehmen (§ 178 Abs 1 Z 1 StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit Blick auf die im Fall eines Schuldspruchs bei dem gegebenen Strafrahmen zu erwartende Freiheitsstrafe und den erheblichen sozialen Störwert internationalen Suchtgifthandels ist der inzwischen mehr als ein halbes Jahr andauernde Freiheitsentzug seit der Festnahme am 28.06.2024 (ON 26.3) auch nicht unverhältnismäßig. Die sechsmonatige Frist des § 178 Abs 2 StPO dagegen ist – infolge Verhängung der Untersuchungshaft erst am 13. Juli 2024 – aktuell noch nicht relevant (<span class="Kursiv">Kirchbacher/Rami</span> in WK-StPO § 178 Rz 2). In Anbetracht der Schwierigkeiten der internationalen Ermittlungen, des Gewichts der vorliegenden Haftgründe und der nun zeitnah zu erwartenden Hauptverhandlung wäre jedoch auch deren Überschreiten gerechtfertigt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Zielführende gelindere Mittel, die geeignet wären, die Haft zu substituieren, sind nicht zu erkennen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Demnach ist bei nun rechtswirksamer Anklage die Untersuchungshaft fortzusetzen.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="TabTextZentriert AlignCenter"><span aria-hidden="true"><span class="Fett">Mitteilung gemäß § 174 Abs 4 iVm Abs 3 Z 5 StPO:</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Nach Einbringen der Anklage ist die Wirksamkeit eines Beschlusses auf Verhängung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft durch die Haftfrist nicht mehr begrenzt; Haftverhandlungen finden nach diesem Zeitpunkt nur statt, wenn der Angeklagte seine Enthaftung beantragt und darüber nicht ohne Verzug in einer Hauptverhandlung entschieden werden kann (§ 175 Abs 5 StPO).</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="TabTextZentriert AlignCenter"><span class="Fett">R</span>echtsmittelbelehrung:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gegen diese Entscheidung steht ein Rechtsmittel nicht zu (§ 214 Abs 1 letzter Halbsatz StPO).</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250110_OLG0459_0090BS00311_24K0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-22
2025-01-22
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9Bs311/24k
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JJT_20250109_OGH0002_0120OS00115_24I0000_000
Justiz
OGH
2025-01-22
2025-01-22
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250109_OGH0002_0120OS00115_24I0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250109_OGH0002_0120OS00115_24I0000_000/JJT_20250109_OGH0002_0120OS00115_24I0000_000.html
12Os115/24i
ECLI:AT:OGH0002:2025:0120OS00115.24I.0109.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat am 9.&nbsp;Jänner&nbsp;2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Bachner-Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Oshidari, Dr.&nbsp;Haslwanter&nbsp;LL.M., Dr.&nbsp;Sadoghi und Dr.&nbsp;Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag.&nbsp;Prieth in der Strafsache gegen * S* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 fünfter Fall, Abs&nbsp;2 Z&nbsp;2 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6.&nbsp;August&nbsp;2024, GZ&nbsp;72&nbsp;Hv&nbsp;66/24p-89.3, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den</span></p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 fünfter Fall, Abs&nbsp;2 Z&nbsp;2 SMG schuldig erkannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [2] Danach hat er vom 27.&nbsp;Dezember&nbsp;2023 bis zum 27.&nbsp;Jänner&nbsp;2024, vom 25.&nbsp;Februar&nbsp;2024 bis zum 5.&nbsp;März&nbsp;2024 sowie vom 18.&nbsp;März&nbsp;2024 bis zum 26.&nbsp;März&nbsp;2024 in W* vorschriftswidrig als Mitglied einer aus ihm und im Urteil bezeichneten Personen bestehenden kriminellen Vereinigung (US&nbsp;2&nbsp;f) Suchtgift anderen in einer nicht feststellbaren, jedoch die Grenzmenge (§&nbsp;28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich Heroin (beinhaltend 0,3&nbsp;% Acetylcodein, 5,4&nbsp;% Heroin und 0,4&nbsp;% Monoacetylmorphin) sowie Kokain (beinhaltend 68,25&nbsp;% Cocain), überlassen.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Die dagegen aus §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;5 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Entgegen der Mängelrüge (Z&nbsp;5) ist es einerseits nicht entscheidend, ob die für die Suchtgiftaktivitäten benutzte Wohnung dem Angeklagten gehörte oder nicht. Andererseits ging das Erstgericht – vom Beschwerdeführer übergangen – ohnedies davon aus, dass ihm die in Rede stehende Wohnung von Mitgliedern der kriminellen Vereinigung zur Erschwerung von Ermittlungsmaßnahmen überlassen wurde (US&nbsp;3).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] Die weitere Beschwerde (Z&nbsp;5 vierter Fall) behauptet ein Begründungsdefizit zu den festgestellten Tatzeiten, ohne (auch insoweit) deutlich zu machen, weshalb ein entscheidender Umstand betroffen sein soll (vgl RIS-Justiz RS0098557).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§&nbsp;285d Abs&nbsp;1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§&nbsp;285i StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Die Kostenentscheidung gründet auf §&nbsp;390a Abs&nbsp;1 StPO.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250109_OGH0002_0120OS00128_24A0000_000
Justiz
OGH
2025-01-22
2025-01-22
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250109_OGH0002_0120OS00128_24A0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250109_OGH0002_0120OS00128_24A0000_000/JJT_20250109_OGH0002_0120OS00128_24A0000_000.html
12Os128/24a
ECLI:AT:OGH0002:2025:0120OS00128.24A.0109.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat am 9.&nbsp;Jänner&nbsp;2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Bachner-Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Oshidari, Dr.&nbsp;Haslwanter&nbsp;LL.M., Dr.&nbsp;Sadoghi und Dr.&nbsp;Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag.&nbsp;Prieth in der Strafsache gegen * S* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach §&nbsp;201 Abs&nbsp;1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 30.&nbsp;August&nbsp;2024, GZ&nbsp;84&nbsp;Hv&nbsp;12/24k-45.3, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den</span></p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Freispruch enthält, wurde * S* des Verbrechens der Vergewaltigung nach §&nbsp;201 Abs&nbsp;1 StGB schuldig erkannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Danach hat er am 17.&nbsp;April&nbsp;2023 in W* * G* mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs (zu ergänzen: und einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung) genötigt, indem er ihr zunächst auf den Oberschenkel, auf den Hals und auf das Gesäß griff, und sie, als sie weglaufen wollte, an ihrer Kleidung zu sich zog, sie an den Handgelenken festhielt, ihr die Hose samt Unterhose herunterzog und sie an der Vagina leckte, sie weiter festhielt, ihren Oberkörper gewaltsam von hinten über die Küchentheke beugte, ihre Schultern nach unten drückte und sie sodann von hinten mit seinem Penis vaginal penetrierte.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Die dagegen aus §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;4 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Entgegen der Verfahrensrüge wurden Verteidigungsrechte des Angeklagten durch Abweisung des Antrags, das dem Gericht übergebene Mobiltelefon des Angeklagten, „ebenso wie das Handy des Opfers, auszuwerten, zum Beweis dafür, dass die Behauptungen des Opfers, der Angeklagte habe ihr geschrieben, um mit ihr in die Disko zu gehen, nicht stimmen und auch sonst, dass sie ihm nicht geschrieben hat und auch Vorhaltungen gemacht hat wegen der Vergewaltigung, wie sie es behauptet hat“ (ON&nbsp;45.2, S&nbsp;21), nicht geschmälert.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] Denn der Beweisantrag legte nicht dar, aus welchem Grund sich aus einer Auswertung der Mobiltelefone ergeben sollte, dass die in Rede stehenden Textnachrichten tatsächlich nicht übermittelt worden seien. Solcherart erschöpfte sich das Begehren in einer unzulässigen Erkundungsbeweisführung (vgl RIS-Justiz RS0118444).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§&nbsp;285d Abs&nbsp;1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§&nbsp;285i StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Die Kostenentscheidung gründet auf §&nbsp;390a Abs&nbsp;1 StPO.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250109_OGH0002_0120OS00138_24X0000_000
Justiz
OGH
2025-01-22
2025-01-22
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250109_OGH0002_0120OS00138_24X0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250109_OGH0002_0120OS00138_24X0000_000/JJT_20250109_OGH0002_0120OS00138_24X0000_000.html
12Os138/24x
ECLI:AT:OGH0002:2025:0120OS00138.24X.0109.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat am 9.&nbsp;Jänner&nbsp;2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Bachner-Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Oshidari, Dr.&nbsp;Haslwanter&nbsp;LL.M., Dr.&nbsp;Sadoghi und Dr.&nbsp;Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag.&nbsp;Prieth in der Strafsache gegen * K* und eine Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§&nbsp;127, 128 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;5, 129 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 und Abs&nbsp;2 Z&nbsp;1 (iVm Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1), 130 Abs&nbsp;1 erster Fall und Abs&nbsp;2 zweiter Fall (iVm Abs&nbsp;1 erster Fall), 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ&nbsp;38&nbsp;Hv&nbsp;34/24a des Landesgerichts Krems an der Donau, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts vom 20.&nbsp;Juni&nbsp;2024, GZ&nbsp;38&nbsp;Hv&nbsp;34/24a-94.7, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr.&nbsp;Schreiber&nbsp;LL.M., zu Recht erkannt:</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft">Im Verfahren AZ&nbsp;38&nbsp;Hv&nbsp;34/24a des Landesgerichts Krems an der Donau verletzt das Urteil des genannten Gerichts vom 20.&nbsp;Juni&nbsp;2024</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">1)&nbsp;im Schuldspruch der beiden Angeklagten zu I und II §&nbsp;29 StGB und</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">2)&nbsp;im Verfallserkenntnis §&nbsp;20 Abs&nbsp;3 StGB.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird im Verfallserkenntnis (zur Gänze) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Krems an der Donau verwiesen.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Mit unbekämpft in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 20.&nbsp;Juni&nbsp;2024, GZ&nbsp;38&nbsp;Hv&nbsp;34/24a-94.7, wurden * K* und * Kr* jeweils des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach „§§&nbsp;127, 129 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 und Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 StGB“ [wohl gemeint: §§&nbsp;127, 129 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;1 iVm Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 StGB] (I/B), des Verbrechens des [schweren] gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§&nbsp;127, 128 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;5, 129 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1, 130 Abs&nbsp;1 erster Fall, Abs&nbsp;2 zweiter Fall, 15 StGB (II/A), des „Verbrechens“ (richtig: Vergehens) des [schweren] gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§&nbsp;127, 128 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;5, 130 Abs&nbsp;1 erster Fall, 15 StGB (II/B bis II/F und I/A), der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach §&nbsp;229 Abs&nbsp;1 StGB (III) sowie des Vergehens nach §&nbsp;50 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;2 WaffG (IV) schuldig erkannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [2] „Gemäß §&nbsp;20 Abs&nbsp;3 StGB“ erklärte das Gericht einen „Wertersatz in Höhe von 18.000&nbsp;Euro für verfallen“ und verpflichtete „die beiden Angeklagten zur Zahlung dieses Geldbetrags zur ungeteilten Hand“ (US&nbsp;6&nbsp;f).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Nach dem Inhalt des Schuldspruchs haben die Genannten – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes von Bedeutung – (zu I und II) zwischen 15.&nbsp;Jänner und 8.&nbsp;Februar&nbsp;2024 in G* und an anderen Orten Österreichs in 28 (auf US&nbsp;1 bis 5 im Einzelnen dargestellten) Angriffen fremde bewegliche Sachen in einem 5.000&nbsp;Euro übersteigenden Wert den im Urteil genannten Personen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen oder wegzunehmen versucht (US&nbsp;8), wobei sie die Diebstähle und die Diebstähle nach §&nbsp;129 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 StGB in der Absicht begingen, sich durch ihre wiederkehrende Begehung über einen Zeitraum von mehreren Wochen ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen, das nach einer jährlichen Durchschnittsbetrachtung monatlich den Betrag von 400 Euro übersteigt, zu verschaffen (US&nbsp;8&nbsp;ff).</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Dieses Urteil verletzt – wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt – in mehrfacher Hinsicht das Gesetz:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] 1)&nbsp;Nach dem Zusammenrechnungsprinzip des §&nbsp;29 StGB sind alle demselben Täter in einem Verfahren zur Last liegenden Diebstähle, mögen sie auch weder örtlich noch zeitlich zusammenhängen oder jeder für sich rechtlich verschiedener Art sein, bei der rechtlichen Beurteilung zu einer Subsumtionseinheit zusammenzufassen (RIS-Justiz RS0114927; <span class="Kursiv">Ratz </span>in WK² StGB §&nbsp;29 Rz&nbsp;6).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Indem das Schöffengericht die den Angeklagten (jeweils) zu I und II des Schuldspruchs angelasteten Diebstähle im Ausspruch nach §&nbsp;260 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;2 StPO nicht nach §&nbsp;29 StGB zu einer Subsumtionseinheit zusammenfasste, verletzte es das Gesetz in §&nbsp;29 StGB.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Dieser Rechtsfehler hat die Angeklagten über die unrichtige Lösung der Rechtsfrage hinaus in concreto nicht benachteiligt. Denn auch bei rechtsrichtiger Subsumtion liegt der angenommene Erschwerungsgrund nach §&nbsp;33 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 StGB vor und wertete das Schöffengericht nicht die mehrfache Tatbegehung schlechthin, sondern die „über die Gewerbsmäßigkeit hinausgehende“ (US&nbsp;10&nbsp;f) Tatwiederholung zu I und II als erschwerend, sohin Umstände, die weiterhin aggravierend ins Gewicht fallen (vgl RIS-Justiz RS0091375 [T6], RS0114927;<span class="Kursiv"> Ratz</span> in WK-StPO §&nbsp;290 Rz&nbsp;24). Insoweit bestand kein Anlass für ein Vorgehen nach §&nbsp;292 letzter Satz StPO.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [8] 2)&nbsp;Zudem steht auch der Verfallsausspruch mit dem Gesetz nicht im Einklang:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] Nach §&nbsp;20 Abs&nbsp;1 StGB hat das Gericht alle Vermögenswerte, die für die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung oder durch sie erlangt wurden, für verfallen zu erklären. Dieser Verfall erstreckt sich nach §&nbsp;20 Abs&nbsp;2 StGB auch auf Nutzungen und Ersatzwerte der unter Abs&nbsp;1 beschriebenen Vermögenswerte, so etwa auf den aus dem Verkauf des erbeuteten Diebesgutes lukrierten Erlös (<span class="Kursiv">Fuchs/Tipold </span>in WK² StGB §&nbsp;20 Rz&nbsp;40&nbsp;f).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [10] Nach §&nbsp;20 Abs&nbsp;3 StGB ist ein Geldbetrag für verfallen zu erklären, der den nach Abs&nbsp;1 und Abs&nbsp;2 erlangten Vermögenswerten entspricht, wenn die dem Verfall nach Abs&nbsp;1 oder 2 unterliegenden Vermögenswerte nicht sichergestellt oder beschlagnahmt sind.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [11] Vorliegend erklärte das Schöffengericht (im Übrigen trotz tatsächlich erfolgter und aus dem Akt ersichtlicher [vgl ON&nbsp;46.10, ON&nbsp;46.19, 2 und ON&nbsp;64 iVm ON&nbsp;94.6, 21] Sicherstellung auch von Bargeld) nach §&nbsp;20 Abs&nbsp;3<span class="Fett"> </span>StGB einen „Wertersatz“ in Höhe von 18.000&nbsp;Euro für verfallen und verpflichtete die beiden Angeklagten zur Zahlung dieses Geldbetrags zur ungeteilten Hand (US&nbsp;6&nbsp;f).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [12] Sind Vermögenswerte – wie hier – zwei Personen zugekommen (US&nbsp;10), so ist bei jedem Empfänger aber nur der dem jeweils tatsächlich rechtswidrig erlangten Vermögenswert entsprechende Betrag für verfallen zu erklären. Die vom Schöffengericht ausgesprochene Solidarhaftung ist hingegen nicht vorgesehen (RIS-Justiz RS0129964; vgl <span class="Kursiv">Fuchs/Tipold </span>in WK² StGB §&nbsp;20 Rz&nbsp;35 mwN). Vielmehr wäre (jeweils) dem einzelnen Empfänger ein entsprechender, betraglich bestimmter (Teil des) Wertersatz(es) zuzuordnen gewesen (11&nbsp;Os&nbsp;43/23t [Rz&nbsp;13]). Tatsachenfeststellungen, die eine solche Zuordnung ermöglichen würden, enthält das angefochtene Urteil ebenso wenig. Damit wurde insoweit keine ausreichende Entscheidungsbasis für einen Ausspruch des Verfalls nach §&nbsp;20 Abs&nbsp;3 StGB geschaffen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [13] Aufgrund nachteiliger Auswirkungen dieser Gesetzesverletzung für die Angeklagten sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, ihre Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§&nbsp;292 letzter Satz StPO).</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250109_OGH0002_0120OS00119_24B0000_000
Justiz
OGH
2025-01-22
2025-01-22
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250109_OGH0002_0120OS00119_24B0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250109_OGH0002_0120OS00119_24B0000_000/JJT_20250109_OGH0002_0120OS00119_24B0000_000.html
12Os119/24b
ECLI:AT:OGH0002:2025:0120OS00119.24B.0109.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat am 9.&nbsp;Jänner&nbsp;2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Bachner-Foregger als Vorsitzende, die Hofräte und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Oshidari, Dr.&nbsp;Haslwanter&nbsp;LL.M., Dr.&nbsp;Sadoghi und Dr.&nbsp;Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag.&nbsp;Prieth in der Strafsache gegen * C* und einen anderen Angeklagten wegen Verbrechen des Ausspähens von Daten eines unbaren Zahlungsmittels nach §§&nbsp;12 dritter Fall, 241h Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1, Abs&nbsp;2 erster und zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten C* sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 25.&nbsp;Juni&nbsp;2024, GZ&nbsp;114&nbsp;Hv&nbsp;63/24f-108, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den</span></p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.</p><p class="ErlText AlignLeft">Dem Angeklagten C* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier relevant – der Angeklagte * C* des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§&nbsp;127, 128 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;5, 129 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;3, 130 Abs&nbsp;2 zweiter Fall (iVm Abs&nbsp;1 erster und zweiter Fall), 15 StGB (a/I und [durch Beitrag nach §&nbsp;12 dritter Fall StGB] b/II), jeweils mehrerer Verbrechen des Ausspähens von Daten eines unbaren Zahlungsmittels nach §§&nbsp;12 dritter Fall, 241h Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1, Abs&nbsp;2 erster und zweiter Fall StGB (b/I) und der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach §§&nbsp;12 dritter Fall, 241e Abs&nbsp;1 und 2 erster und zweiter Fall StGB (b/III), mehrerer Vergehen der Urkundenunterdrückung nach §§&nbsp;12 dritter Fall, 229 Abs&nbsp;1 StGB (b/IV) und eines Verbrechens des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach §§&nbsp;12 dritter Fall, 148a Abs&nbsp;1, Abs&nbsp;2 erster Fall und Abs&nbsp;4 StGB (b/V) schuldig erkannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Danach hat er – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – zu b des Schuldspruchs im Zeitraum von 28.&nbsp;Juni&nbsp;2023 bis 8.&nbsp;Juli&nbsp;2023 in S* und andernorts als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung dadurch, dass er mit den unmittelbaren Tätern zum Tatort anreiste, diese psychisch unterstützte und Aufpasserdienste leistete, zu den strafbaren Handlungen des * S* und der * G* beigetragen, die</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">&nbsp;b/I in den im Urteil zu A bis U genannten Fällen Daten eines unbaren Zahlungsmittels, nämlich die PIN im Urteil bezeichneter Bankomatkarten, ausspähten, indem sie die Opfer bei Bankgeschäften beobachteten, wobei er gewerbsmäßig (US&nbsp;18 und 21) und mit dem Vorsatz handelte, dass S* und G* sowie er selbst und „die Mitglieder der kriminellen Vereinigung“ durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werden (US&nbsp;18 iVm US&nbsp;21);</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">&nbsp;b/II in den im Urteil zu A/1 bis A/17 sowie B/1 bis B/19 genannten Fällen fremde bewegliche Sachen in einem 5.000&nbsp;Euro übersteigenden Gesamtwert, nämlich Bargeld und im Urteil angeführte Wertgegenstände, anderen wegnahmen, indem sie diese in unbeobachteten Momenten an sich brachten, wobei er gewerbsmäßig (US&nbsp;18 und 21) und mit dem Vorsatz handelte, dass S* und G* sowie er selbst und die „Mitglieder ihrer kriminellen Vereinigung“ durch deren Zueignung unrechtmäßig bereichert werden (US&nbsp;19 iVm US&nbsp;21);</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">&nbsp;b/III in den im Urteil zu A bis T genannten Fällen sich unbare Zahlungsmittel, nämlich Bankomatkarten, zu H überdies eine Sparkontokarte und eine Kreditkarte und zu T zudem auch eine Kreditkarte, über die sie nicht verfügen durften, verschafften, wobei er gewerbsmäßig (US&nbsp;18 und 21) und mit dem Vorsatz handelte, dass S* und G* sowie er selbst und die „Mitglieder ihrer kriminellen Vereinigung“ durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werden (US&nbsp;20 iVm US&nbsp;21);</span></p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;b/IV in den im Urteil zu A bis K genannten Fällen dort angeführte Urkunden, über die sie nicht verfügen durften, unterdrückten;</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;b/V die im Urteil genannten Personen dadurch am Vermögen schädigten, dass sie das Ergebnis einer automationsunterstützten Datenverarbeitung durch Eingabe oder Übertragung von Daten oder sonst durch Einwirkung auf den Ablauf des Verarbeitungsvorgangs beeinflussten, und zwar indem sie Zahlungen mit entfremdeten unbaren Zahlungsmitteln tätigten, nämlich</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;A/&nbsp;in zwei Angriffen über einen Betrag von insgesamt 34,20&nbsp;Euro mit der zu b/III/J verschafften Bankomatkarte sowie</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;B/&nbsp;in 13&nbsp;Angriffen über einen Betrag von insgesamt 1.722,05&nbsp;Euro mit der zu b/III/M verschafften Bankomatkarte,</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">&nbsp;wobei er gewerbsmäßig (US&nbsp;18 und 21) und mit dem Vorsatz handelte, S* und G* sowie sich selbst und die „Mitglieder der kriminellen Vereinigung“ unrechtmäßig zu bereichern (US&nbsp;20 iVm US&nbsp;21).</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Dagegen richtet sich die auf §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten C*, der keine Berechtigung zukommt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Mit dem Einwand fehlender oder offenbar unzureichender Begründung (Z&nbsp;5 vierter Fall) der Feststellungen zur Begehung der zu b des Schuldspruchs angeführten Taten nimmt die Mängelrüge nicht Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (vgl aber RIS-Justiz RS0119370). Die Tatrichter leiteten nämlich diese Feststellungen – ohne Verstoß gegen Gesetze folgerichtigen Denkens oder grundlegende Erfahrungssätze (vgl RIS-Justiz RS0116732) – aus den Reisebewegungen des C* (insbesondere) mit den beiden unmittelbaren Tätern, die bereits rechtskräftig verurteilt worden sind und von denen einer ein (auf die eigene Involvierung beschränktes) Geständnis ablegte (US&nbsp;22), der Verantwortungsübernahme des C* hinsichtlich einer Tat, der in zwei Fällen dokumentierten Anwesenheit am Tatort und dem dabei von ihm gezeigten Verhalten ab (US&nbsp;24).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] Davon ausgehend versagten sie der zu b des Schuldspruchs leugnenden Verantwortung des C* die Glaubhaftigkeit (US&nbsp;24&nbsp;f). Der dagegen erhobene Vorwurf einer Scheinbegründung stellt keinen zulässigen Bezugspunkt des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (Z&nbsp;5 vierter Fall) dar (RIS-Justiz RS0106588 [T4]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Mit Berufung auf den Zweifelsgrundsatz wird Nichtigkeit aus Z&nbsp;5 ebenfalls nicht aufgezeigt, sondern bloß in unzulässiger Weise die dem Schöffengericht vorbehaltene Beweiswürdigung bekämpft (RIS-Justiz RS0098534, RS0098483, RS0102162).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Indem die Beschwerde das zur Mängelrüge erstattete Vorbringen pauschal auch zu jenem der Tatsachenrüge (Z&nbsp;5a) erklärt, vernachlässigt sie den wesensmäßigen Unterschied der – demnach gesondert auszuführenden – Nichtigkeitsgründe (RIS-Justiz RS0115902).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß §&nbsp;285d Abs&nbsp;1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts&nbsp;zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§&nbsp;285i StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] Die Kostenentscheidung gründet sich auf §&nbsp;390a Abs&nbsp;1 StPO.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250109_OGH0002_0120OS00105_24V0000_000
Justiz
OGH
2025-01-22
2025-01-22
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250109_OGH0002_0120OS00105_24V0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250109_OGH0002_0120OS00105_24V0000_000/JJT_20250109_OGH0002_0120OS00105_24V0000_000.html
12Os105/24v
ECLI:AT:OGH0002:2025:0120OS00105.24V.0109.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat am 9.&nbsp;Jänner&nbsp;2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Bachner-Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Oshidari, Dr.&nbsp;Haslwanter&nbsp;LL.M., Dr.&nbsp;Sadoghi und Dr.&nbsp;Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag.&nbsp;Prieth in der Strafsache gegen * K* und eine Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 erster und fünfter Fall, Abs&nbsp;4 Z&nbsp;3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten * F* gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 10.&nbsp;Juni&nbsp;2024, GZ&nbsp;36&nbsp;Hv&nbsp;23/24t-27.4, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft">In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch&nbsp;B./ und demzufolge auch in dem die Angeklagte F* betreffenden Strafausspruch aufgehoben, insoweit eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache dazu an das Landesgericht Wiener Neustadt verwiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte F* auf diese Entscheidung verwiesen.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Schuldsprüche des Mitangeklagten * K* wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §&nbsp;27 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 zweiter und dritter Fall, Abs&nbsp;2 SMG (A./I./), der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach §&nbsp;28 Abs&nbsp;1 erster und zweiter Satz SMG (A./II./1./ und 2./) sowie „des“ Verbrechens des Suchtgifthandels nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 erster (vgl US&nbsp;8) und fünfter Fall (zur Ausgestaltung dieser Tatvarianten als kumulatives Mischdelikt vgl aber RIS-Justiz RS0116676 [T4, T7]), Abs&nbsp;4 Z&nbsp;3 SMG (A./III./) enthält, wurde * F* des Verbrechens der Geldwäscherei nach §&nbsp;165 Abs&nbsp;2 und 4 erster Fall StGB (B./) schuldig erkannt.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Soweit vorliegend von Bedeutung, haben danach von Anfang&nbsp;2021 bis zum 22.&nbsp;Jänner&nbsp;2024 in F* und an anderen Orten</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">A./III./&nbsp;* K* vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§&nbsp;28b SMG) übersteigenden Menge, zumindest 13.100&nbsp;Gramm (brutto) beinhaltend insgesamt zumindest 1.190&nbsp;Gramm reines THCA, welches der 29,75-fachen Grenzmenge entspricht, sowie 90&nbsp;Gramm reines Delta-9-THC, welches der 4,5-fachen Grenzmenge entspricht, Abnehmern in einer Vielzahl von im Urteil dargestellten Verkaufshandlungen gewinnbringend überlassen, wobei er die Straftat nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 SMG in Bezug auf das Suchtgift in einer das 25-Fache der Grenzmenge (insgesamt etwa das 34,25-Fache der Grenzmenge) übersteigenden Menge beging;</span></p><p class="ErlText AlignLeft">B./&nbsp;* F* Vermögensbestandteile in einem 50.000&nbsp;Euro übersteigenden Wert erworben, sonst an sich gebracht, besessen, umgewandelt und sonst verwendet, obwohl sie zur Zeit des Erlangens wusste, dass sie aus einer kriminellen Tätigkeit, nämlich dem zu A./III./ beschriebenen Suchtgifthandel ihres Lebensgefährten * K* herrühren, indem sie das Geld für den Lebensunterhalt der Familie aufwendete.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Die dagegen aus Z&nbsp;5 und 11 des §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten ist – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – berechtigt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Die Mängelrüge (Z&nbsp;5 vierter Fall) zeigt im Ergebnis zutreffend auf, dass die Konstatierung, wonach die Beschwerdeführerin das durch den Suchtgifthandel des Mitangeklagten K* erwirtschaftete Geld, über das sie jederzeit faktisch verfügen konnte, für den gemeinsamen Lebensunterhalt „verwendete und ausgab“ (US&nbsp;10), offenbar unzureichend begründet geblieben ist. Der Schöffensenat stützte sich (US&nbsp;12&nbsp;f) insoweit auf die Angaben der beiden Angeklagten in der Hauptverhandlung (ON&nbsp;27 S&nbsp;3&nbsp;ff und S&nbsp;14&nbsp;ff), welchen aber ein in diese Richtung gehender Aussageinhalt nicht entnommen werden kann.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] Damit bieten die Verfahrensergebnisse keine tragfähige Grundlage für die Annahme einer Tathandlung im Sinn des §&nbsp;165 Abs&nbsp;2 StGB.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Nichts anderes ergibt sich – der Vollständigkeit halber bemerkt – unter dem Blickwinkel ersparter Aufwendungen, stellen diese doch keine Vermögensbestandteile dar (§&nbsp;165 Abs&nbsp;6 letzter Halbsatz StGB).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Urteilsaufhebung wie im Spruch ersichtlich ist die Folge (§&nbsp;285e StPO), womit sich ein Eingehen auf die weitere Argumentation der Nichtigkeitsbeschwerde erübrigt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [8] Mit ihrer Berufung war die Angeklagte auf die Kassation zu verweisen.</p></div></div></body></html>
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JJT_20250109_OGH0002_0120OS00125_24K0000_000
Justiz
OGH
2025-01-22
2025-01-22
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250109_OGH0002_0120OS00125_24K0000_000
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12Os125/24k
ECLI:AT:OGH0002:2025:0120OS00125.24K.0109.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat am 9.&nbsp;Jänner&nbsp;2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Bachner-Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Oshidari, Dr.&nbsp;Haslwanter&nbsp;LL.M., Dr.&nbsp;Sadoghi und Dr.&nbsp;Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag.&nbsp;Prieth in der Strafsache gegen * W* und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betrugs nach §§&nbsp;146, 147 Abs&nbsp;3, 148 zweiter Fall, 12 dritter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten W* sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Schöffengericht vom 29.&nbsp;April&nbsp;2024, GZ&nbsp;13&nbsp;Hv&nbsp;69/23a-283, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den</span></p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht Linz zu.</p><p class="ErlText AlignLeft">* W* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Freispruch eines Mitangeklagten enthält, wurde * W* des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betrugs nach §§&nbsp;146, 147 Abs&nbsp;3, 148 zweiter Fall, 12 dritter Fall StGB schuldig erkannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [2] Danach hat er in B* und an anderen Orten in einverständlichem Zusammenwirken mit * B* und einem weiteren Mittäter mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz gewerbsmäßig auf die im Urteil näher dargestellte Weise (§&nbsp;70 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 und Z&nbsp;3, Abs&nbsp;2 StGB) andere Personen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorspiegelung, risikolose und lukrative Vermögensanlagen der überlassenen Gelder in vermeintliche Investitionsprogramme, nämlich das „Tradingprogramm&nbsp;2020“ und „private Trading&nbsp;2021“, mit Renditen von bis zu fünf Prozent pro Woche vornehmlich über gute Kontakte zur „Hochfinanz Dubai“ zu erwirken, sowie die Vorgabe der Auszahlungswilligkeit hinsichtlich der überlassenen Beträge und der versprochenen Gewinne, zu Handlungen, nämlich zur Zahlung von Bargeld und zur Überweisung von Bitcoins und Euro aus dem Titel des Investitionsbeitrags verleitet, die diese in einem 300.000&nbsp;Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, wobei * W* Opfer anwarb, als Ansprechperson auftrat und als vermeintlicher Finanzexperte die Sicherheit des Geschäfts zusicherte, wobei er:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">I./&nbsp;in der Zeit vom 22.&nbsp;Februar&nbsp;2021 bis zum 12.&nbsp;Mai&nbsp;2021 in den im Urteil zu 1./ und 2./ dargestellten Fällen erhaltene Geldbeträge in Kryptowährungen gegen Einbehalt einer Provision von 1&nbsp;% tauschte und entweder den Opfern zur Weiterleitung an * B* oder diesem direkt überwies;</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">II./&nbsp;in der Zeit vom 17.&nbsp;Februar&nbsp;2021 bis zum 12.&nbsp;März&nbsp;2021 in den im Urteil zu 1./ bis 4./ beschriebenen Fällen zu den von * B* (auf die zu A./ dargestellte Weise) verübten Tathandlungen beitrug, indem er von * B* an ihn vermittelte Geldbeträge in Bitcoins zum Zweck der Investition in das Tradingprogramm gegen Einbehalt einer Provision im Ausmaß von 1&nbsp;% umwandelte und dann entweder in den im Urteil zu 1./ bis 4./ dargestellten Fällen an die Opfer zurücküberwies oder an * B* weitertransferierte.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Die gegen dieses Urteil aus Z&nbsp;5, 9 lit&nbsp;a, 9 lit&nbsp;b und 10 des §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Der Mängelrüge (Z&nbsp;5 vierter Fall) zuwider hat das Erstgericht die subjektive Tatseite des Angeklagten nicht bloß aus seiner Kenntnis von den Investitionsprogrammen des gesondert verfolgten * B* abgeleitet, sondern aus einer vernetzten Betrachtung vielzähliger weiterer Parameter, wie insbesondere der widersprüchlichen, teils durch andere Zeugen widerlegten Verantwortung des Angeklagten, der engen Zusammenarbeit mit * B*, der weiteren Veranlagungstätigkeit für Dritte trotz Erkennens der finanziellen Probleme des „Investitionsprogramms“ des * B* und der Intransparenz des Anlagemodells samt den ungewöhnlich hohen und nicht nachvollziehbaren Renditen (US&nbsp;25&nbsp;ff). Indem die Beschwerde die Gesamtheit dieser Entscheidungsgründe übergeht (RIS-Justiz RS0119370), erweist sie sich als nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] Aus welchem Grund den (solcherart begründeten) Feststellungen zur subjektiven Ausrichtung des Beschwerdeführers der erforderliche Sachverhaltsbezug fehlen soll, macht die weitere Beschwerde (Z&nbsp;9 lit&nbsp;a) nicht deutlich.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Die Rechtsmittelkritik (Z&nbsp;9 lit&nbsp;b), wonach eine – ne-bis-in-idem-Wirkung entfaltende – Tatidentität zwischen der verwaltungsbehördlichen Verurteilung des Angeklagten in seiner Eigenschaft als (verwaltungsbehördlicher) Geschäftsführer der G* GmbH (§&nbsp;9 Abs&nbsp;1 VStG) wegen Verstoßes gegen die Registrierungspflicht als Dienstleister von virtuellen Währungen nach §&nbsp;32a Finanzmarkt-Geldwäschegegesetz (vgl US&nbsp;6) und dem ihm angelasteten betrügerischen Handeln im Umgang mit derartigen Finanzprodukten bestehe (zu den Voraussetzungen eines derartigen Verfolgungshindernisses vgl aber 14&nbsp;Os&nbsp;63/22d, EvBl&nbsp;2023/109, 377 mwN; <span class="Kursiv">Hinterhofer/Oshidari</span>, Strafverfahren Rz&nbsp;2.237&nbsp;ff), erschöpft sich in einer bloßen Rechtsbehauptung.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Die Subsumtionsrüge (Z&nbsp;10) erblickt in den Konstatierungen betreffend die gewerbsmäßige Tatbegehung erneut unsubstantiierten Gebrauch von verba legalia, ohne aber zu erklären, weshalb insoweit von fehlendem Sachverhaltsbezug auszugehen sein soll (vgl US&nbsp;35).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§&nbsp;285d Abs&nbsp;1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§&nbsp;285i StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] Die Kostenentscheidung gründet auf §&nbsp;390a Abs&nbsp;1 StPO.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250109_OGH0002_0120OS00139_24V0000_000
Justiz
OGH
2025-01-23
2025-01-23
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250109_OGH0002_0120OS00139_24V0000_000
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12Os139/24v
ECLI:AT:OGH0002:2025:0120OS00139.24V.0109.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat am 9.&nbsp;Jänner&nbsp;2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Bachner-Foregger als Vorsitzende, die Hofräte und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Oshidari, Dr.&nbsp;Haslwanter&nbsp;LL.M., Dr.&nbsp;Sadoghi und Dr.&nbsp;Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag.&nbsp;Prieth in der Strafsache gegen * G* wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§&nbsp;15, 84 Abs&nbsp;4 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ&nbsp;63&nbsp;Hv&nbsp;38/24t des Landegerichts Salzburg, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts vom 14.&nbsp;Juni&nbsp;2024 (ON&nbsp;49) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag.&nbsp;Ramusch&nbsp;LL.M., LL.M., zu Recht erkannt:</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 14.&nbsp;Juni&nbsp;2024, GZ&nbsp;63&nbsp;Hv&nbsp;38/24t-49, verletzt in seinem Strafausspruch §&nbsp;39a Abs&nbsp;1 Z&nbsp;4 und Abs&nbsp;2 Z&nbsp;3 StGB sowie §&nbsp;39 Abs&nbsp;1a StGB iVm §&nbsp;270 Abs&nbsp;4 Z&nbsp;2 StPO.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Es werden dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie der zugleich gefasste Beschluss nach §&nbsp;494a Abs&nbsp;1 Z&nbsp;2 und Abs&nbsp;6 StPO aufgehoben und es wird die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Mit gekürzt ausgefertigtem (§&nbsp;270 Abs&nbsp;4 iVm §&nbsp;488 Abs&nbsp;1 StPO) Urteil der Einzelrichterin des Landesgerichts Salzburg vom 14.&nbsp;Juni&nbsp;2024, GZ&nbsp;63&nbsp;Hv&nbsp;38/24t-49, wurde * G* des Vergehens der Körperverletzung nach §&nbsp;83 Abs&nbsp;1 StGB (A./1./), des Vergehens nach §&nbsp;50 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;3 WaffG (A./2./), des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§&nbsp;15, 269 Abs&nbsp;1 erster Fall StGB (B./1./), des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§&nbsp;83 Abs&nbsp;1, 84 Abs&nbsp;2 StGB (B./2./) und des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach (richtig [RIS-Justiz RS0132358]:) §§&nbsp;15, 84 Abs&nbsp;4 StGB (C./) schuldig erkannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [2] Er wurde unter Anwendung des §&nbsp;28 Abs&nbsp;1 StGB sowie §&nbsp;39a Abs&nbsp;1 Z&nbsp;4 und Abs&nbsp;2 Z&nbsp;3 StGB, §&nbsp;39 Abs&nbsp;1a StGB und §&nbsp;19 Abs&nbsp;4 Z&nbsp;1 JGG nach §&nbsp;84 Abs&nbsp;4 StGB zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] Danach hat er – soweit hier von Bedeutung –</p><p class="ErlText AlignLeft">C./&nbsp;am 12.&nbsp;April&nbsp;2024 in E* * B* schwer am Körper zu verletzen versucht, indem er auf das am Boden liegende Opfer eintrat und diesem dadurch die im Urteil genannten (leichten) Verletzungen zufügte.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Über die vom Verurteilten gegen einen Beschluss auf nachträgliche Strafmilderung nach §&nbsp;31a Abs&nbsp;1 StGB erhobene Beschwerde (ON&nbsp;65) hat das Oberlandesgericht Linz, AZ&nbsp;10&nbsp;Bs&nbsp;226/24t, noch nicht entschieden.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Der Strafausspruch steht – wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt – mit dem Gesetz nicht im Einklang:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Das Verbrechen der schweren Körperverletzung nach §&nbsp;84 Abs&nbsp;4 StGB ist (bei wie hier Anwendung der Strafdrohung der allgemeinen Strafgesetze; §&nbsp;19 Abs&nbsp;4 Z&nbsp;1 JGG) mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen. Gemäß §&nbsp;39a Abs&nbsp;1 Z&nbsp;4 StGB kommt es – sofern der Umstand nicht schon die Strafdrohung bestimmt – zu einer Änderung des Strafrahmens, wenn ein Täter eine vorsätzliche strafbare Handlung unter Anwendung von Gewalt sowie unter Einsatz oder Drohung mit einer Waffe begeht, wobei solcherart gemäß §&nbsp;39a Abs&nbsp;2 Z&nbsp;3 StGB von einer Strafuntergrenze von einem Jahr Freiheitsstrafe auszugehen ist.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Weil G* das ihm zu C./ zur Last gelegte Verbrechen der schweren Körperverletzung nach §§&nbsp;15, 84 Abs&nbsp;4 StGB nicht unter Einsatz einer Waffe beging (US&nbsp;2, 4), lagen die Voraussetzungen des §&nbsp;39a Abs&nbsp;1 Z&nbsp;4 StGB sowie dem folgend §&nbsp;39a Abs&nbsp;2 Z&nbsp;3 StGB nicht vor.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] Indem das Erstgericht ausdrücklich von einer Strafuntergrenze von einem Jahr Freiheitsstrafe ausging (US&nbsp;3) und dabei zu Unrecht die Bestimmung des §&nbsp;39a Abs&nbsp;2 Z&nbsp;3 StGB, die diese zwingend erhöht, anwendete, ohne dass die Voraussetzungen hiefür vorlagen (vgl dazu RIS-Justiz RS0134002; <span class="Kursiv">Flora</span> in WK<span class="Hoch">2</span> StGB §&nbsp;39a Rz&nbsp;11), hat es seine Strafbefugnis überschritten und das Gesetz dadurch in diesen Bestimmungen verletzt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] Die rechtsfehlerfreie Anwendung der nach §&nbsp;39 Abs&nbsp;1a StGB erweiterten Strafbefugnis erfordert Tatsachenfeststellungen, auf deren Grundlage die Voraussetzung dieser Strafschärfungsvorschrift erfüllt sind (RIS-Justiz RS0134000). Dies gilt auch für ein – wie hier – gekürzt ausgefertigtes Urteil, weil auch ein solches die für die Strafbemessung maßgebenden Umstände in Schlagworten zu enthalten hat (§&nbsp;270 Abs&nbsp;4 Z&nbsp;2 StPO). Der Hinweis auf nicht näher konkretisierte „drei einschlägige Vorstrafen“ (US&nbsp;4) genügt diesem Erfordernis nicht (siehe jüngst 14&nbsp;Os&nbsp;41/24x Rz&nbsp;8 mwN; zu den Voraussetzungen des §&nbsp;39 Abs&nbsp;1a StGB <span class="Kursiv">Flora</span> in WK<span class="Hoch">2</span> StGB §&nbsp;39 Rz&nbsp;29/1&nbsp;ff). Der Strafausspruch verletzt mangels ausreichender Feststellungen in Ansehung der zwingenden Erhöhung der Strafobergrenze daher auch §&nbsp;39 Abs&nbsp;1a StGB iVm §&nbsp;270 Abs&nbsp;4 Z&nbsp;2 StPO.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [10] Da nicht auszuschließen ist, dass sich die Gesetzesverletzungen zum Nachteil des Verurteilten ausgewirkt haben, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, ihre Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§&nbsp;292 letzter Satz StPO; zum Beschluss auf Absehen vom Widerruf bedingter Strafnachsicht vgl RIS-Justiz RS0101886; <span class="Kursiv">Jerabek/Ropper</span>, WK-StPO §&nbsp;494a Rz&nbsp;11; zum Verschlechterungsverbot im weiteren Verfahren RIS-Justiz RS0115530, RS0100547).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [11] Vom Strafausspruch rechtslogisch abhängige Entscheidungen und Verfügungen (hier ua der Beschluss auf nachträgliche Strafmilderung nach §&nbsp;31a Abs&nbsp;1 StGB [ON&nbsp;64]), gelten gleichfalls als beseitigt (RIS-Justiz RS0100444).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [12] Die dagegen gerichtete Beschwerde ist somit gegenstandslos.</p></div></div></body></html>
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JJT_20250109_OGH0002_0120OS00123_24S0000_000
Justiz
OGH
2025-01-22
2025-01-22
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250109_OGH0002_0120OS00123_24S0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250109_OGH0002_0120OS00123_24S0000_000/JJT_20250109_OGH0002_0120OS00123_24S0000_000.html
12Os123/24s
ECLI:AT:OGH0002:2025:0120OS00123.24S.0109.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat am 9.&nbsp;Jänner&nbsp;2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Bachner-Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Oshidari, Dr.&nbsp;Haslwanter&nbsp;LL.M., Dr.&nbsp;Sadoghi und Dr.&nbsp;Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag.&nbsp;Prieth in der Strafsache gegen * M* wegen Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §&nbsp;206 Abs&nbsp;1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts St.&nbsp;Pölten als Jugendschöffengericht vom 5.&nbsp;September&nbsp;2024, GZ&nbsp;13&nbsp;Hv&nbsp;35/24w-26.4, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen zugleich gefasste Beschlüsse gemäß §§&nbsp;494 Abs&nbsp;1, 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den</span></p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.</p><p class="ErlText AlignLeft">Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * M* der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §&nbsp;206 Abs&nbsp;1 StGB (A./) und der Vergehen der Blutschande nach §&nbsp;211 Abs&nbsp;3 StGB (B./) schuldig erkannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Danach hat er in W*</p><p class="ErlText AlignLeft">A./&nbsp;mit seiner am *&nbsp;2009 geborenen und somit unmündigen Halbschwester * Mi* in wiederholten Angriffen</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">I./&nbsp;vom 21.&nbsp;Mai&nbsp;2021 bis zum 30.&nbsp;November&nbsp;2022 dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen, indem er mehrmals wöchentlich seine Finger auf ihren unbekleideten Schambereich legte und sie sodann mit zumindest einem seiner Finger vaginal penetrierte oder dies versuchte;</span></p><p class="ErlText AlignLeft" style="text-indent:95px;"><span aria-hidden="true">II./&nbsp;von 1.&nbsp;Dezember&nbsp;2021 bis zum 30.&nbsp;November&nbsp;2022 zudem den Beischlaf unternommen, indem er mit ihr mehrmals wöchentlich den vaginalen Geschlechtsverkehr vollzog;</span></p><p class="ErlText AlignLeft">B./&nbsp;durch die zu A./II./ angeführten Tathandlungen mit seiner Schwester den Beischlaf vollzogen.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Die dagegen aus §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;3 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Die Verfahrensrüge (Z&nbsp;3) behauptet einen (faktischen) Ausschluss der Öffentlichkeit (§&nbsp;228 Abs&nbsp;1 StPO), weil die in der Hauptverhandlung am 5.&nbsp;September&nbsp;2024 erfolgte Beschlussfassung auf Wiederherstellung (der zuvor ausgeschlossenen) Öffentlichkeit und die Verkündung des Urteils (siehe ON&nbsp;26.3, S&nbsp;23) in einer derart kurzen Zeitabfolge stattgefunden habe, dass es Zuhörern unmöglich gemacht worden sei, der Urteilsverkündung beizuwohnen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Nach Stellungnahme der Vorsitzenden vom 25.&nbsp;Oktober&nbsp;2024 wurde der Beschluss auf Wiederherstellung der Öffentlichkeit nicht nur den im Verhandlungssaal anwesenden Personen zur Kenntnis gebracht, sondern auch über die Lautsprecheranlage – deutlich hörbar – mit den Worten: „Beschluss auf Wiederherstellung der Öffentlichkeit. Urteilsverkündung in der Strafsache M*“ verkündet.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [6] Damit ist aber der von der Beschwerde behauptete Verfahrensfehler nicht auszumachen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§&nbsp;285d Abs&nbsp;1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen sowie über die (implizite) Beschwerde (§§&nbsp;285i, 498 Abs&nbsp;3 StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] Die Kostenentscheidung gründet auf §&nbsp;390a Abs&nbsp;1 StPO.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250109_OGH0002_0120OS00130_24W0000_000
Justiz
OGH
2025-01-22
2025-01-22
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250109_OGH0002_0120OS00130_24W0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250109_OGH0002_0120OS00130_24W0000_000/JJT_20250109_OGH0002_0120OS00130_24W0000_000.html
12Os130/24w
ECLI:AT:OGH0002:2025:0120OS00130.24W.0109.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat am 9.&nbsp;Jänner&nbsp;2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Bachner-Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Oshidari, Dr.&nbsp;Haslwanter&nbsp;LL.M., Dr.&nbsp;Sadoghi und Dr.&nbsp;Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag.&nbsp;Prieth in der Strafsache gegen * F* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach §&nbsp;201 Abs&nbsp;1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 20.&nbsp;August&nbsp;2024, GZ&nbsp;9&nbsp;Hv&nbsp;16/24w-69, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den</span></p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.</p><p class="ErlText AlignLeft">Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung, wurde * F* mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens der Vergewaltigung nach §&nbsp;201 Abs&nbsp;1 StGB (C./I./) schuldig erkannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Danach hat er am 16.&nbsp;Dezember&nbsp;2023 in J* * Fa* mit Gewalt zu Duldung des Beischlafs und einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er sie an den Armen und Beinen erfasste, auf den Bauch drehte, ihre Hüften anhob, und sodann den Vaginal- sowie Analverkehr an ihr vollzog.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Die dagegen aus Z&nbsp;4 und 5 des §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Entgegen der Verfahrensrüge (Z&nbsp;4) wurden durch die Abweisung mehrerer Beweisanträge Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verkürzt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Dem Begehren auf „wörtliche Verlesung im Abschiedsbrief der * Fa* auf Seite&nbsp;1, woraus sich ergibt, dass Frau Fa* offensichtlich bereits einmal vergewaltigt wurde und kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass aufgrund dieses traumatischen Erlebnisses von damals in Verbindung mit den Medikamenten und dem vermehrten Alkoholkonsum, hier vielleicht Geschehnisse verwechselt werden und das nunmehr dem Angeklagten zur Last gelegt wird“, hat das Schöffengericht ohnedies entsprochen (ON&nbsp;67.3 S&nbsp;18).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Der Antrag auf Einholung eines „aussagepsychologischen Gutachtens zum Beweis dafür, dass die Aussage der * Fa* aufgrund ihres psychischen Zustands nach dem Schlaganfall und dem vermehrten Konsum von Alkohol und Drogen in Verbindung mit Medikamenten aufgrund von Parallelerlebnissen bzw reinen Erfindungen basiert“, wurde der Verfahrensrüge zuwider zu Recht abgewiesen. Denn einerseits legte der Angeklagte nicht dar, weshalb anzunehmen sei, dass die Zeugin Fa* ihre Zustimmung zu einer entsprechenden Befundung erteilen werde (RIS-Justiz RS0118956). Zum anderen hätte es angesichts der Beweisergebnisse, wonach sich ihr psychischer Zustand erst nach ihrer kontradiktorischen Vernehmung verschlechterte (vgl US&nbsp;19), eines Vorbringens bedurft, weshalb die Einholung des begehrten Gutachtens das behauptete Ergebnis hätte erwarten lassen (vgl RIS-Justiz RS0118444).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Den Antrag auf ergänzende Befragung (ON&nbsp;67.3 S&nbsp;6) der Genannten hat der Schöffensenat schon im Hinblick auf die nach den Verfahrensergebnissen mittlerweile eingetretene Vernehmungsunfähigkeit (US&nbsp;20 iVm ON&nbsp;65.2) zu Recht abgewiesen (§&nbsp;55 Abs&nbsp;2 StPO). Im Übrigen sieht das Gesetz einen Entfall des Zeugnisverweigerungsrechts nach Durchführung einer kontradiktorischen Vernehmung im Sinn des §&nbsp;165 StPO selbst bei Hervorkommen neuer Verfahrensergebnisse (Liebesbriefe, Textnachrichten, Telefonate) nicht vor (RIS-Justiz RS0131839).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] Der Mängelrüge (Z&nbsp;5 zweiter Fall) zuwider mussten sich die Tatrichter nicht mit den vom Opfer an den Angeklagten (rund zwei Monate nach der Tat) übermittelten Textnachrichten befassen, stellt doch die darin bekundete Liebesbezeugung den sexuellen Übergriff nicht in Frage (vgl auch US&nbsp;20).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [9] Die weitere Beschwerde gibt nicht bekannt, aus welchem Grund der Bericht der Familien- und Jugendgerichtshilfe G* in Bezug auf den Alkohol- und Drogenkonsum des Opfers und die aufgrund eines Schlaganfalls eingetretenen neurologischen Veränderungen den Feststellungen zum Tathergang erörterungsbedürftig entgegenstehen sollte.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§&nbsp;285d Abs&nbsp;1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§&nbsp;285i StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [11] Die Kostenentscheidung gründet auf §&nbsp;390a Abs&nbsp;1 StPO.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250109_OLG0459_0100BS00001_25F0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-28
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250109_OLG0459_0100BS00001_25F0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250109_OLG0459_0100BS00001_25F0000_000/JJT_20250109_OLG0459_0100BS00001_25F0000_000.html
10Bs1/25f
ECLI:AT:OLG0459:2025:0100BS00001.25F.0109.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Einzelrichterin Dr. Henhofer in der Strafsache gegen <span class="Fett">A*</span> wegen des Vergehens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§&nbsp;127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 StGB über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 29. November 2024, GZ*, entschieden:</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:38px !important;">Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.&nbsp;</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">BEGRÜNDUNG:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">A* wurde mit Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Salzburg vom 11.&nbsp;März 2024 von dem wider ihn erhobenen Vorwurf, er habe dem Vergehen des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 StGB zu unterstellende Handlungen gesetzt, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen (ON 42).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Mit Eingabe vom 4. April 2024 beantragte er einen Beitrag des Bundes zu seinen Verteidigungskosten von pauschal EUR 3.000,00 (ON 47).</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit Beschluss vom 29. April 2024 wurde der Beitrag des Bundes zu den Verteidigungskosten mit EUR 1.000,00 festgesetzt (ON 48).</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit Schriftsatz vom 20. November 2024 beantragte der Freigesprochene unter Hinweis auf die seit 1. August 2024 geänderte Gesetzeslage einen weiteren Kostenersatz von EUR&nbsp;3.333,00 (ON 57).</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit dem angefochtenen Beschluss wurde dieser Antrag unter Hinweis auf jeweils unterdurchschnittliche Komplexität bzw. Umfang des Verfahrens abgewiesen (ON 58).</p><p class="ErlText AlignLeft">Die dagegen vom Freigesprochenen erhobene Beschwerde unter erstmaligem Anschluss einer Leistungsaufstellung in Höhe von insgesamt EUR 11.334,95 (darin enthalten 50% Erfolgszuschlag und USt) ist nicht berechtigt.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Wird ein im Offizialverfahren Angeklagter freigesprochen, so hat ihm der Bund auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Der Beitrag umfasst die nötig gewesenen und vom Angeklagten bestrittenen baren Auslagen und außer dem Fall des §&nbsp;61 Abs 2 StPO auch einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Angeklagte bedient hat. Der Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang des Verfahrens, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen und darf im Verfahren vor dem Einzelrichter – vorbehaltlich der in den §§ 221 Abs 4 und 285 Abs 2 StPO genannten Fälle – EUR 13.000,00 nicht übersteigen (§ 393a Abs 1 und 2 Z 2 StPO). Mit dieser seit 1.&nbsp;August 2024 geltenden Bestimmung (BGBl. I 2024/96) sollen die Kriterien für die Bemessung des konkreten Pauschalkostenbeitrags mit dem Ziel deutlicher Anhebung neu gestaltet werden; grundsätzlich wird aber weiterhin an der Bemessung des Kostenbeitrags in Form von Pauschalkostenbeiträgen festgehalten (EBRV 2557 BGBl Nr. XXVII. GP 6ff).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Ausschlaggebend sind insbesondere der sich auf die Verteidigung durchschlagende Aufwand bei den Ermittlungsmaßnahmen bzw. den Verfahrenshandlungen, die Dauer des Verfahrens, die Anzahl an Verfahrensbeteiligten sowie die Gestaltung des dem Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalts, der in seiner gesamten Bandbreite von ganz einfachen Fällen bis hin zu umfangreichen Strafverfahren variieren kann. Beim Kriterium des Umfangs des Verfahrens sind sowohl Ermittlungs- und Hauptverfahren als auch ein allfälliges Rechtsmittelverfahren zu berücksichtigen. Es ist somit auf den Verfahrensaufwand im gesamten Strafverfahren abzustellen. Insgesamt soll durch die Neuregelung zum Ausdruck kommen, dass der Umfang des Verfahrens alleine nicht ausschlaggebend ist, sondern auch dessen Komplexität in der Beurteilung entsprechend zu berücksichtigen sein soll. Je nach Umfang der Ermittlungen und Verfahrenshandlungen sowie Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen kann sich der Betrag den im Gesetz vorgesehenen Höchstmaß annähern bzw. sich von diesem weiter entfernen. Unter Heranziehung der Ansätze nach den AHK – unter Berücksichtigung des Einheitssatzes, jedoch ohne Erfolgs- oder Erschwerniszuschläge – werden hiefür nach den Gesetzesmaterialien durchschnittliche Verteidigungskosten in einem „Standardverfahren“ vor dem Einzelrichter mit EUR 6.500,00 veranschlagt. Ein solches Standardverfahren vor dem Einzelrichter umfasst demnach an Verteidigungsaufwand die Vertretung im Ermittlungsverfahren (Besprechung mit dem Mandanten, Vollmachtsbekanntgabe bzw. Antrag auf Akteneinsicht, Aktenstudium und Teilnahme an einer zweistündigen Vernehmung), die Teilnahme an einer Hauptverhandlung in der Dauer von fünf Stunden und die Einbringung eines prozessrelevanten Schriftsatzes (vgl. EBRV 2557 BGBl Nr. XXVII. GP 2f und 6ff).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Fallkonkret wurde A* zunächst Verfahrenshilfe gewährt (ON 25) und erfolgte die Vollmachtsbekanntgabe durch den Wahlverteidiger erst am 9. Februar 2024 verbunden mit dem Antrag auf Akteneinsicht (ON 29). Die in der Honorarnote angeführte Vollmachtsbekanntgabe an die Staatsanwaltschaft Graz vom 5. Februar 2024 ist zum einen dem Akt nicht zu entnehmen, und zum anderen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig gewesen, da das gesamte Verfahren von der Staatsanwaltschaft Salzburg bzw. dem Landesgericht Salzburg geführt wurde. So wurde die Untersuchungshaft mit Beschluss des Landesgerichts Salzburg am 5. Februar 2024 verhängt (ON 20). Der Wahlverteidiger nahm am 11. März 2024 an der um 10.00 Uhr beginnenden Hauptverhandlung vor dem Landesgericht Salzburg teil, welche nach 76 Minuten mit dem freisprechenden Urteil beendet wurde. Dass am selben Tag zuvor eine Besprechung in der JA Salzburg in der Dauer von 12 halben Stunden stattgefunden hat, ist zum einen nicht belegt und zum anderen mit Blick auf den Beginn der Hauptverhandlung um 10.00 Uhr nicht nachvollziehbar. Der im Leistungsverzeichnis angeführte Kostenbestimmungsantrag selbst ist nicht zu berücksichtigen (vgl. <span class="Kursiv">Lendl</span> WK-StPO §&nbsp;393a Rz&nbsp;23). Komplexe Rechtsfragen (ein Einbruchsfaktum) waren nicht zu lösen, auch die Komplexität der Tatfrage war unterdurchschnittlich. In der Hauptverhandlung konnten der Angeklagte und sein als Zeuge vernommener Bruder ausreichend nachvollziehbar erklären, wie seine DNA an den Tatort und das Werkzeug gekommen war (Seite 2 in ON 42).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Fallkonkret kommt daher (auch nach der neuen Rechtslage) ein weiterer Zuspruch nicht in Betracht.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Rechtsmittelbelehrung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diese Entscheidung steht kein weiteres Rechtsmittel zu.</p></div></div></body></html>
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JJT_20250109_OGH0002_0120OS00120_24Z0000_000
Justiz
OGH
2025-01-22
2025-01-22
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250109_OGH0002_0120OS00120_24Z0000_000
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12Os120/24z
ECLI:AT:OGH0002:2025:0120OS00120.24Z.0109.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat am 9.&nbsp;Jänner&nbsp;2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Bachner-Foregger als Vorsitzende, die Hofräte und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Oshidari, Dr.&nbsp;Haslwanter&nbsp;LL.M., Dr.&nbsp;Sadoghi und Dr.&nbsp;Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag.&nbsp;Prieth in der Strafsache gegen Dr.&nbsp;* U* wegen des Vergehens des schweren Betrugs nach §§&nbsp;15, 146, 147 Abs&nbsp;2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten, die Berufung der Staatsanwaltschaft sowie die Berufung der Privatbeteiligten gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 10.&nbsp;Juli&nbsp;2024, GZ&nbsp;50&nbsp;Hv&nbsp;31/24a-30, in nichtöffentlicher Sitzung den</span></p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht Innsbruck zu.</p><p class="ErlText AlignLeft">Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dr.&nbsp;* U* des Vergehens der falschen Beweisaussage nach §&nbsp;288 Abs&nbsp;1 StGB (1./) und des Vergehens des schweren Betrugs nach §§&nbsp;15, 146, 147 Abs&nbsp;2 StGB (2./) schuldig erkannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Danach hat er am 4.&nbsp;Mai&nbsp;2023 in F*</p><p class="ErlText AlignLeft">1./&nbsp;als Zeuge vor dem Landesgericht Feldkirch im Verfahren zum AZ&nbsp;* bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache falsch ausgesagt, indem er sinngemäß angab, S* L* sei in W* nicht als Zahnarzt tätig, er habe keine Wahrnehmungen dazu, dass S* L* selbst Patienten behandelt habe, er habe ihn als Vortragenden erlebt, wobei immer ein Zahnarzt dabei gewesen sei, der das am Patienten umgesetzt habe, er vermute, dass * Z* von Dr.&nbsp;* S* behandelt worden sei;</p><p class="ErlText AlignLeft">2./&nbsp;durch die zu 1./ angeführte Tat, somit durch Täuschung über Tatsachen, mit auf unrechtmäßige Bereicherung eines Dritten (S* L*) gerichtetem Vorsatz, die Richterin des Landesgerichts F* Dr.&nbsp;* Za* zu einer Handlung, nämlich zur Abweisung der Klage, zu verleiten versucht, die Z* in einem 5.000&nbsp;Euro übersteigenden Betrag von 56.146,62&nbsp;Euro samt Zinsen sowie Prozesskosten in Höhe von 35.250,98&nbsp;Euro am Vermögen schädigen sollte.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Dagegen richtet sich die auf §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;4, 5, 7, 8 und 9 [lit]&nbsp;a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Entgegen der Verfahrensrüge (Z&nbsp;4) wurde der Beschwerdeführer durch die Abweisung (ON&nbsp;29, 24&nbsp;f) des in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf Vernehmung des S* L* zum Beweis dafür, „dass der Angeklagte S* L* lediglich dabei gesehen hat, wie er bei Patienten Veneers anbrachte und ihn nicht bei herkömmlichen Zahnarztleistungen gesehen hat“ in seinen Verteidigungsrechten nicht verletzt. Das Begehren ließ im Hinblick auf den Umstand, dass auch das Anbringen von „normalen“ Veneers (also Verblendschalen) als Zahnärzten vorbehaltene Tätigkeit qualifiziert wurde (US&nbsp;4), kein für die Schuld- oder Subsumtionsfrage erhebliches Beweisthema erkennen (vgl RIS-Justiz RS0116503).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Soweit die Verfahrensrüge die erstrichterliche Begründung für die Ablehnung der begehrten Beweisaufnahme kritisiert, entfernt sie sich vom Prüfungsmaßstab des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0116749, RS0121628). Die in der Beschwerde nachgetragenen Argumente zur Antragsfundierung sind prozessual verspätet und daher unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618 [insb T26]).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Die Mängelrüge wendet sich zunächst gegen jenen Teil des Schuldspruchs, wonach der Angeklagte angegeben habe zu vermuten, dass Z* von Dr.&nbsp;S* behandelt worden sei. Indem sie hier bloß isoliert einen Teil der inkriminierten Aussage (siehe aber RIS-Justiz RS0096208, RS0098893; zur tatbestandlichen Handlungseinheit <span class="Kursiv">Plöchl</span> in WK<span class="Hoch">2</span> StGB §&nbsp;288 Rz&nbsp;72) kritisiert, spricht sie nicht wie geboten (RIS-Justiz RS0117499) eine entscheidende Tatsache an. Ferner bringt diese Bekundung nur eine Bewertung des zuvor erstatteten Berichts über sinnliche Wahrnehmungen zum Ausdruck, ohne selbst eine Tatsachenmitteilung zu sein (RIS-Justiz RS0097540, RS0097545; <span class="Kursiv">Plöchl</span> in WK<span class="Hoch">2</span> StGB §&nbsp;288 Rz&nbsp;25/1; vgl im Übrigen US&nbsp;6, 9&nbsp;ff).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Die vermisste Begründung (Z&nbsp;5 vierter Fall) zu den Urteilskonstatierungen, wonach der Angeklagte objektiv falsch ausgesagt habe, dass S* L* in W* nicht als Zahnarzt tätig gewesen sei und der Angeklagte keinerlei Wahrnehmungen gehabt habe, dass dieser selbst Patienten behandelt habe, findet sich, von der Beschwerde gänzlich ignoriert, auf den US&nbsp;8 bis 11; jene zur subjektiven Tatseite auf US&nbsp;11&nbsp;f.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] Die weiteren Beschwerdeausführungen zur Untergliederung zahnärztlicher Leistungen richten sich bloß mit eigenen Beweiswerterwägungen nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§&nbsp;283 Abs&nbsp;1 StPO) Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§&nbsp;258 Abs&nbsp;2 StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [9] Dass die Tatrichter aus den Beweisergebnissen nicht andere, für den Beschwerdeführer günstigere Schlüsse gezogen haben, stellt einen zulässigen Akt freier richterlicher Beweiswürdigung dar (RIS-Justiz RS0098400).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [10] Die Urteilskonstatierungen, wonach S* L* dem Angeklagten Patienten vorgestellt habe, ihn auch dazu gerufen und ihm einen Fall vorgestellt habe, bedurften – der weiteren Mängelrüge zuwider – keiner weiteren Begründung, da damit keine entscheidende Tatsache angesprochen wird (vgl neuerlich RIS-Justiz RS0117499; RS0106268).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [11] Soweit die Rüge ein Begründungsdefizit (Z&nbsp;5 vierter Fall) darin ortet, dass die Tatrichter die eigene Beurteilung von Personalbeweisen – nämlich der Einlassung des Angeklagten sowie der Aussagen der Zeugen * M*, Z*, * L*, * P*, T* L* und M* L* – durch den als „gerichtsnotorisch“ bezeichneten Umstand der Anhängigkeit diverser Zivil- und Strafverfahren im Zusammenhang mit Fehlbehandlungen durch S* L* und bereits erfolgter Schuldsprüche bestätigt sahen (US&nbsp;8&nbsp;ff), ohne dass diese Verfahren in der Hauptverhandlung im Detail erörtert wurden (vgl aber den Inhalt des verlesenen Zivilurteils ON&nbsp;29, 25 iVm ON&nbsp;13 S&nbsp;15), übersieht sie, dass das von ihr angesprochene Überraschungsverbot (RIS-Justiz RS0119094) in Bezug auf beweiswürdigende Erwägungen des Gerichts unter dem Aspekt der Z&nbsp;5 keine Anwendung findet (RIS-Justiz RS0120025 [T1, T3, T5]; <span class="Kursiv">Ratz</span>, WK-StPO §&nbsp;281 Rz&nbsp;492, 545).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [12] Die Beschwerde stellt hier ihrerseits nur die Würdigung der Verfahrensresultate nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung in Frage.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [13] Aus §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;7 StPO kritisiert der Beschwerdeführer, dass im Schuldspruch „die letzten Zeilen des Anklagetenors zu Punkt&nbsp;1. nicht enthalten bzw er nicht deutlich freigesprochen worden“ sei. Dabei vernachlässigt er, dass eine vermeintliche (siehe neuerlich RIS-Justiz RS0098893, RS0096208) Nichterledigung der Anklage im Ergebnis einem Freispruch gleichkommt (RIS-Justiz RS0099646) und solcherart vom Angeklagten – der selbst davon ausgeht, dass ein in Rechtskraft erwachsener Freispruch vorliegt – gar nicht geltend gemacht werden kann (RIS-Justiz RS0099656, RS0099646 [T6]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [14] Die Kritik an aus Sicht des Beschwerdeführers überschießenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen zum von der Anklageschrift nicht umfassten Fall der Patientin M* (US&nbsp;3&nbsp;f) lässt außer Acht, dass eine Anklageüberschreitung iSd §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;8 StPO nur durch den Spruch (§&nbsp;260 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 StPO) und nicht bloß durch Ausführungen in den Gründen erfolgen kann (RIS-Justiz RS0099694, RS0098906; zur Unanfechtbarkeit überschießender Feststellungen siehe RIS-Justiz RS0118585).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [15] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) richtet sich zunächst isoliert gegen die Wortfolge, wonach der Angeklagte „vermute, dass Z* von Dr.&nbsp;S* behandelt worden sei“. Dabei leitet sie nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (siehe aber RIS-Justiz RS0116565), warum das Vergehen des §&nbsp;288 Abs&nbsp;1 StGB durch einzelne (bewusst falsche) Angaben im Rahmen einer Zeugenaussage und nicht durch alle im Rahmen einer Vernehmung getätigten Angaben in ihrer Gesamtheit verwirklicht wird (abermals RIS-Justiz RS0096208, RS0098893; <span class="Kursiv">Plöchl</span> in WK<span class="Hoch">2</span> StGB § 288 Rz 72).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [16] Insoweit die Rechtsrüge (Z&nbsp;9 lit&nbsp;a) anhand einer eigenständigen Bewertung von Verfahrensergebnissen – insbesondere der Einlassung des Angeklagten – die Unrichtigkeit der übrigen inkriminierten Aussagepunkte sowie den darauf bezogenen Vorsatz in Zweifel zieht, hält sie nicht am Urteilssachverhalt fest (US&nbsp;6&nbsp;f) und verfehlt solcherart die prozessordnungsgemäße Ausführung materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [17] Der zu Schuldspruch&nbsp;2./ als Scheinbegründung (Z&nbsp;5 vierter Fall) kritisierte Schluss vom gezeigten Verhalten auf die subjektive Tatseite des Angeklagten (US&nbsp;12) ist keineswegs unstatthaft, sondern beim – wie hier – leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch gar nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0098671, RS0116882; <span class="Kursiv">Ratz</span>, WK-StPO §&nbsp;281 Rz&nbsp;452).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [18] Weshalb eine Verurteilung wegen Betrugs im (wie hier) Stadium des Versuchs (§&nbsp;15 StGB) ausscheide, weil das bezughabende Zivilverfahren noch nicht beendet sei und es deshalb an der Kausalität fehle (vgl aber RIS-Justiz RS0108611; <span class="Kursiv">Kirchbacher/Sadoghi</span> in WK<span class="Hoch">2</span> StGB §&nbsp;146 Rz&nbsp;123) stellt eine im Rahmen der Rechtsrüge (Z&nbsp;9 lit&nbsp;a) erhobene bloße Rechtsbehauptung dar, die die angestrebte rechtliche Konsequenz nicht methodengerecht aus dem Gesetz ableitet (siehe aber RIS-Justiz RS0116565).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [19] Ebenso verabsäumt die weitere Rechtsrüge (Z&nbsp;9 lit&nbsp;a) darzustellen (neuerlich RIS-Justiz RS0116565), weshalb in einer falschen Aussage eines Zeugen im Zivilverfahren ein absolut untauglicher (und damit strafloser) Versuch (§&nbsp;15 Abs&nbsp;3 StGB) des Betrugs vorliegen, demnach bei gebotener generalisierender Betrachtung und losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalls eine dem Tatbestand entsprechende Sachverhaltsverwirklichung denkunmöglich und somit unter keinen Umständen zu erwarten sein sollte (RIS-Justiz RS0115363).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [20] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß §&nbsp;285d Abs&nbsp;1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [21] Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht zu (§&nbsp;285i StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [22] Die Kostenentscheidung beruht auf §&nbsp;390a Abs&nbsp;1 StPO.</span></p></div></div></body></html>
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2025-01-24
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 9.&nbsp;Jänner&nbsp;2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Bachner-Foregger als Vorsitzende, durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Gitschthaler als weiteren Richter sowie durch die Rechtsanwältin Dr.&nbsp;Hausmann und den Rechtsanwalt Univ.-Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Harrer als Anwaltsrichter in Gegenwart der Schriftführerin Mag.&nbsp;Müller, in der Disziplinarsache gegen *, Rechtsanwalt in *, wegen Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten nach §&nbsp;1 Abs&nbsp;1 erster Fall DSt über die Berufung des Disziplinarbeschuldigten gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer * vom 22.&nbsp;März&nbsp;2023, GZ&nbsp;D&nbsp;92/20-27, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag.&nbsp;Schneider, des Kammeranwalts Mag.&nbsp;Jakauby und des Disziplinarbeschuldigten zu Recht erkannt:</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft">In Stattgebung der Berufung wird das angefochtene Erkenntnis im schuldigsprechenden Teil aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:</p><p class="ErlText AlignLeft">* wird von dem wider ihn erhobenen Vorwurf, er habe</p><p class="ErlText AlignLeft">1./&nbsp;am 26.&nbsp;März&nbsp;2019 im Verfahren AZ&nbsp;* des Bezirksgerichts * namens des Beklagten * V* Einspruch gegen einen Zahlungsbefehl erhoben und ihn bis 21.&nbsp;Februar&nbsp;2022 vertreten, ohne dafür eine Vollmacht und einen Auftrag von diesem erhalten zu haben und</p><p class="ErlText AlignLeft">2./&nbsp;in den Verfahren AZ&nbsp;* und AZ&nbsp;* des Landesgerichts * * S* gegen * V* vertreten, obwohl er zuvor am 10.&nbsp;Jänner&nbsp;2019 eine Treuhandschaft als Treuhänder für V* als Auftraggeber übernommen hat,</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">gemäß §&nbsp;38 Abs&nbsp;1 erster Fall iVm §&nbsp;54 Abs&nbsp;3 DSt freigesprochen.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Mit dem angefochtenen Erkenntnis, das auch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche enthält, wurde *, Rechtsanwalt in *, der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung nach §&nbsp;1 Abs&nbsp;1 erster Fall DSt schuldig erkannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Danach hat er</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">1./&nbsp;am 26.&nbsp;März&nbsp;2019 im Verfahren AZ&nbsp;* des Bezirksgerichts * – unter Verletzung der Bestimmungen des §&nbsp;9 RAO und des §&nbsp;7 RL-BA&nbsp;2015 – namens des Beklagten * V* Einspruch gegen einen Zahlungsbefehl erhoben und ihn bis 21.&nbsp;Februar&nbsp;2022 vertreten, ohne dafür eine Vollmacht und einen Auftrag von diesem erhalten zu haben;</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">2./&nbsp;unzulässigerweise – weil gegen die Bestimmungen der §§&nbsp;9, 10 RAO und §§&nbsp;6, 10 RL-BA&nbsp;2015 verstoßend – in den Verfahren AZ&nbsp;* und AZ&nbsp;* jeweils des Landesgerichts * * S* gegen * V* vertreten, obwohl er zuvor am 10.&nbsp;Jänner&nbsp;2019 eine Treuhandschaft als Treuhänder für V* als Auftraggeber übernommen hat.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die (der Sache nach auch) Nichtigkeit relevierende (vgl RIS-Justiz RS0128656 [T1]; <span class="Kursiv">Ratz</span>, WK-StPO §&nbsp;281 Rz&nbsp;562) Berufung des Disziplinarbeschuldigten wegen Schuld und Strafe.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Nach den wesentlichen Feststellungen des Disziplinarrats erhob der Disziplinarbeschuldigte am 26.&nbsp;März&nbsp;2019 im Verfahren AZ&nbsp;* des Bezirksgerichts * namens des Beklagten V* Einspruch gegen einen Zahlungsbefehl und vertrat diesen bis 21.&nbsp;Februar&nbsp;2022, ohne dafür eine Vollmacht oder einen Auftrag erhalten zu haben. Der Disziplinarbeschuldigte hatte den Zahlungsbefehl von * S*, den er in vielen Verfahren ständig vertritt, erhalten. Der Disziplinarbeschuldigte kontaktierte V* zu keiner Zeit, hatte weder eine E-Mail-Adresse noch eine Telefonnummer und agierte dennoch als rechtsfreundlicher Vertreter in diesem Verfahren.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Den weiteren Konstatierungen des Disziplinarrats zufolge hatte der Disziplinarbeschuldigte bereits am 11.&nbsp;Jänner&nbsp;2019 eine Treuhandvereinbarung unterzeichnet, die ihm ebenfalls von S* übergeben worden war. Dieser Vereinbarung gemäß sollte der Disziplinarbeschuldigte 20&nbsp;% der Anteile an der E* in Ungarn treuhändig für V* verwalten.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [6] Der Disziplinarbeschuldigte hatte im Zusammenhang mit der von ihm und V* unterzeichneten Treuhandvereinbarung keinen persönlichen Kontakt mit diesem, er hat von diesem keinen zusätzlichen schriftlichen Auftrag oder Vollmacht erhalten. Trotz dieses Treuhandverhältnisses hat der Disziplinarbeschuldigte für S* zu AZ&nbsp;* und AZ&nbsp;* je des Landesgerichts * Klagen gegen V* eingebracht.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"> [7] Die Berufung ist berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [8] Nach der unwiderlegten Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten hat S*, ein ständiger Mandant und persönlicher Freund, ihm den Originalzahlungsbefehl mit dem Bemerken übergeben, dass sich der Beklagte V* wegen eines Auslandsaufenthalts „nicht um die Sache kümmern“ könnte und – letztlich in dessen Auftrag – zu verhindern sei, dass der Zahlungsbefehl in Rechtskraft erwachse. Unter einem möge um eine Ratenvereinbarung mit der klagenden Partei eingekommen werden (ON&nbsp;26 S&nbsp;10).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] Die Berufung wendet zutreffend ein, dass in diesem Verhalten des Disziplinarbeschuldigten weder ein Verstoß gegen §&nbsp;9 Abs&nbsp;1 RAO noch §&nbsp;7 RL-BA&nbsp;2015 erblickt werden kann, zumal überdies die in der Folge tatsächlich getroffene Ratenvereinbarung lange Zeit hindurch von V* eingehalten wurde. Im Verfahren AZ&nbsp;* des Bezirksgerichts * selbst wurde Ruhen vereinbart, erst 2022 kam es zu einem Fortsetzungsantrag der klagenden Partei wegen Ratenverzugs, sodass im Übrigen selbst im Fall einer anfänglichen Vertretung ohne Vollmacht und Auftrag ab Zahlung der ersten Rate von einer nachträglichen Genehmigung des Einschreitens des Disziplinarbeschuldigten durch V* auszugehen wäre.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [10] Zum Schuldspruch zu 2./ weist die Berufung zutreffend darauf hin, dass die Feststellungen des Disziplinarrats die Annahme eines Verstoßes gegen das Verbot der „materiellen“ Doppelvertretung (§&nbsp;10 Abs&nbsp;1 RAO) nicht tragen, weil sich diesen nicht entnehmen lässt, dass der Disziplinarbeschuldigte zunächst für eine und dann in derselben oder einer zusammenhängenden Sache gegen diese Partei anwaltlich tätig geworden ist. Konstatierungen, dass die Klagsführungen (auf Zahlung von einer Million Euro bzw auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit einer Vereinbarung) jeweils des Landesgerichts * (siehe ES&nbsp;6) in einem Konnex zur Treuhandschaft stünden, hat der Disziplinarrat nicht getroffen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [11] Auch für die Annahme, S* sei „Partei des Treuhandverhältnisses“ (ES&nbsp;9; vgl aber Beilage&nbsp;./16 zur Anzeige ON&nbsp;1) gewesen, mangelt es an einer Grundlage.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [12] Ob eine Interessenkollision vorliegt, ist nach objektiven Kriterien und nicht nach subjektiven Eindrücken der Beteiligten zu beurteilen (<span class="Kursiv">Engelhart </span>in<span class="Kursiv"> Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek</span>, RAO<span class="Hoch">11</span> §&nbsp;10 RL-BA&nbsp;2015 Rz&nbsp;8).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [13] Angesichts der nicht effektuierten, V* – aus nicht vom Disziplinarbeschuldigten zu vertretenden Gründen – erst nach der Klagseinbringung zugegangenen Treuhandvereinbarung fehlt es dem angefochtenen Erkenntnis an einer Sachverhaltsbasis, die bei objektiver Betrachtung befürchten ließe, der Disziplinarbeschuldigte wäre gegenüber einem seiner beiden Mandanten in Folge des anderen Mandats nicht mit dem erforderlichen Eifer, der gebotenen Treue und Gewissenhaftigkeit (§&nbsp;9 Abs&nbsp;1 RAO) tätig geworden (vgl <span class="Kursiv">Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek</span>, RAO<span class="Hoch">11</span> §&nbsp;10 RL-BA&nbsp;2015 Rz&nbsp;23).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [14] Ohne dass es eines Eingehens auf das weitere Berufungsvorbringen bedurfte, war – da nach der Aktenlage Sachverhaltsannahmen, die einen Schuldspruch nach §&nbsp;1 Abs&nbsp;1 erster Fall DSt in einem der beiden Punkte tragen könnten, in einem weiteren Rechtsgang nicht zu erwarten sind – das angefochtene Erkenntnis in seinem schuldig sprechenden Teil aufzuheben und in der Sache selbst ein Freispruch zu fällen (RIS-Justiz RS0100239, RS0118545; <span class="Kursiv">Ratz</span>, WK-StPO §&nbsp;288 Rz&nbsp;24).</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250109_OGH0002_0120OS00088_24V0000_000
Justiz
OGH
2025-01-30
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250109_OGH0002_0120OS00088_24V0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250109_OGH0002_0120OS00088_24V0000_000/JJT_20250109_OGH0002_0120OS00088_24V0000_000.html
12Os88/24v
ECLI:AT:OGH0002:2025:0120OS00088.24V.0109.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat am 9.&nbsp;Jänner&nbsp;2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Bachner-Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Oshidari, Dr.&nbsp;Haslwanter&nbsp;LL.M., Dr.&nbsp;Sadoghi und Dr.&nbsp;Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag.&nbsp;Prieth in der Strafsache gegen Dr.&nbsp;* L* wegen Verbrechen der schweren Körperverletzung nach §&nbsp;84 Abs&nbsp;4 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 13.&nbsp;November&nbsp;2023, GZ&nbsp;9&nbsp;Hv&nbsp;26/23d-193, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zur Gänze, demzufolge auch im Strafausspruch, im Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche (einschließlich der Feststellungen gemäß §&nbsp;69 Abs&nbsp;1 StPO) und im Verfallserkenntnis aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Mit ihren Berufungen werden die Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier relevant – Dr.&nbsp;* L* der Verbrechen der schweren Körperverletzung nach §&nbsp;84 Abs&nbsp;4 StGB (I) und des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§&nbsp;146, 147 Abs&nbsp;2, 148 erster Fall, 15 StGB (II) schuldig erkannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Danach hat sie in W*</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">(I)&nbsp;nachgenannte Personen durch die angeführten, medizinisch nicht indizierten Behandlungen vorsätzlich am Körper verletzt und vorsätzlich an der Gesundheit geschädigt und dadurch eine „jeweils länger als 24&nbsp;Tage dauernde Gesundheitsschädigung“ jener herbeigeführt, und zwar „in wiederholten Angriffen“</span></p><p class="ErlText AlignLeft">(1)&nbsp;in den Jahren&nbsp;2016 bis zumindest 2019 * G*<span class="Fett"> </span>durch die medizinisch nicht indizierte Entfernung von Zähnen und Implantatsetzungen „in zu großem Ausmaß (betroffen sind die Zähne&nbsp;11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 31, 32, 33, 34, 35, sowie 41, 42, 43, 44, 45, 46 und 47)“ sowie die Vornahme medizinisch nicht indizierter chirurgischer Begleitmaßnahmen (Schleimhauttransplantationen, Vestibulumplastik);</p><p class="ErlText AlignLeft">(2)&nbsp;im Zeitraum Oktober&nbsp;2016 bis Dezember&nbsp;2018 * B*<span class="Fett"> </span>durch das medizinisch nicht indizierte Einsetzen von Inlays bei den Zähnen&nbsp;14, 17, 18, 24, 25, 27 und 28, womit eine nicht erforderliche Abtragung von Zahnsubstanz einherging;</p><p class="ErlText AlignLeft">(3)&nbsp;am 13.&nbsp;April&nbsp;2017 * K*<span class="Fett"> </span>durch das medizinisch nicht indizierte Einsetzen von Inlays bei Zahn&nbsp;27, womit eine nicht erforderliche Abtragung von Zahnsubstanz einherging;</p><p class="ErlText AlignLeft">(4)&nbsp;im Zeitraum Februar&nbsp;2018 bis Juni&nbsp;2018 Michael Kö*<span class="Fett"> </span>durch die Vornahme von medizinisch nicht indizierten „Füllungsmaßnahmen“ bei den Zähnen&nbsp;27, 36, 37, 38, 47, womit eine nicht erforderliche Abtragung von Zahnsubstanz einherging;</p><p class="ErlText AlignLeft">(5)&nbsp;im August&nbsp;2018 * J*<span class="Fett"> </span>durch die medizinisch nicht indizierte Vornahme einer Kauflächenfüllung am Zahn&nbsp;24, womit eine nicht erforderliche Abtragung von Zahnsubstanz einherging;</p><p class="ErlText AlignLeft">(6)&nbsp;im Frühling&nbsp;2019 * S*<span class="Fett"> </span>durch das medizinisch nicht indizierte Einsetzen von Onlays bei den Zähnen&nbsp;17 und 16 im rechten Oberkiefer und dem „Versuch der Durchführung von Füllungsmaßnahmen“ am Zahn&nbsp;11, womit eine nicht erforderliche Abtragung von Zahnsubstanz einherging;</p><p class="ErlText AlignLeft">(7)&nbsp;am 21.&nbsp;August&nbsp;2019 * Kn*<span class="Fett"> </span>durch das medizinisch nicht indizierte Einsetzen eines Inlays bei Zahn&nbsp;17, womit eine nicht erforderliche, ausgedehnte Zerstörung von Zahnsubstanz einherging;</p><p class="ErlText AlignLeft">(8)&nbsp;im Dezember&nbsp;2019 * R*<span class="Fett"> </span>durch das medizinisch nicht indizierte Einsetzen von Inlays und Onlays bei den Zähnen&nbsp;17, 24, 35 und 47, womit eine nicht erforderliche, ausgedehnte Zerstörung von Zahnsubstanz einherging;</p><p class="ErlText AlignLeft">(9)&nbsp;am 4.&nbsp;März&nbsp;2020 * Ku*<span class="Fett"> </span>durch die medizinisch nicht indizierte Vornahme von „Füllungsmaßnahmen“ bei den Zähnen&nbsp;24, 26 und 27, womit eine nicht erforderliche Abtragung von Zahnsubstanz einherging;</p><p class="ErlText AlignLeft">(10)&nbsp;im Frühjahr&nbsp;2020 K* H*<span class="Fett"> </span>durch das medizinisch nicht indizierte Einsetzen von Inlays und Onlays bei den Oberkieferseitenzähnen&nbsp;14, 15, 17, 24, 25, 26, 27, womit eine nicht erforderliche, ausgedehnte Zerstörung von Zahnsubstanz einherging;</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">(II)&nbsp;nachgenannte Personen mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen, nämlich teilweise durch die wahrheitswidrige Behauptung, dass eine „Sanierungsbedürftigkeit schadhafter Zähne vorliegen würde und die zu I angeführten Behandlungen medizinisch indiziert wären, teilweise durch die Vorspiegelung, verrechnete zahnärztliche Leistungen auch tatsächlich erbracht zu haben“, zu Handlungen, nämlich zu nachangeführten Zahlungen verleitet oder zu verleiten versucht, die sie insgesamt in einem 5.000&nbsp;Euro übersteigenden Betrag von 49.280&nbsp;Euro am Vermögen schädigten oder schädigen sollten, wobei sie in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger Betrugshandlungen über eine längere Zeit von mehreren Jahren (US&nbsp;15 und 75) ein fortlaufendes, bei einer jährlichen Durchschnittsbetrachtung monatlich den Betrag von 400 Euro übersteigendes Einkommen zu verschaffen, und sie bereits mehr als zwei solche Taten begangen hat, und zwar</span></p><p class="ErlText AlignLeft">(1)&nbsp;anlässlich der zu Punkt&nbsp;I/1 geschilderten Behandlungen G*<span class="Fett"> </span>zur Zahlung von insgesamt zumindest 30.000&nbsp;Euro;</p><p class="ErlText AlignLeft">(2)&nbsp;anlässlich der zu (richtig) Punkt&nbsp;I/2 geschilderten Behandlungen B*<span class="Fett"> </span>zur Zahlung von 3.820&nbsp;Euro;</p><p class="ErlText AlignLeft">(3)&nbsp;anlässlich der zu Punkt&nbsp;I/3 geschilderten Behandlung K*<span class="Fett"> </span>zur Zahlung von 800&nbsp;Euro;</p><p class="ErlText AlignLeft">(4)&nbsp;anlässlich der zu Punkt&nbsp;I/4 geschilderten Behandlungen Kö*<span class="Fett"> </span>zur Zahlung von 2.000 Euro;</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">(5)&nbsp;anlässlich der zu Punkt&nbsp;I/5 geschilderten Behandlung und „ebenfalls im August&nbsp;2018 durch das Verrechnen von nicht erforderlichen Kauflächenfüllungen“ (vgl aber US&nbsp;32) bei zwei Zähnen J*<span class="Fett"> </span>zur Zahlung von 160&nbsp;Euro;</span></p><p class="ErlText AlignLeft">(6)&nbsp;anlässlich der zu Punkt&nbsp;I/6 geschilderten Behandlungen S*<span class="Fett"> </span>zur Zahlung von 1.000&nbsp;Euro;</p><p class="ErlText AlignLeft">(7)&nbsp;anlässlich der zu Punkt&nbsp;I/7 geschilderten Behandlung Kn*<span class="Fett"> </span>zur Zahlung von 500 Euro;</p><p class="ErlText AlignLeft">(8)&nbsp;anlässlich der zu Punkt&nbsp;I/8 geschilderten Tathandlungen R*<span class="Fett"> </span>zur Zahlung von insgesamt zumindest 1.000&nbsp;Euro;</p><p class="ErlText AlignLeft">(9)&nbsp;anlässlich der zu Punkt&nbsp;I/9 geschilderten Tathandlungen Ku*<span class="Fett"> </span>zur Zahlung von insgesamt zumindest 1.000&nbsp;Euro;</p><p class="ErlText AlignLeft">(10)&nbsp;anlässlich der zu Punkt&nbsp;I/10 geschilderten Tathandlungen K* H*<span class="Fett"> </span>zur Zahlung von insgesamt zumindest 2.000&nbsp;Euro sowie im Frühjahr&nbsp;2020 durch das Angebot medizinisch<span class="Fett"> </span>nicht indizierter Füllungsmaßnahmen bei mehreren Zähnen des Unterkiefers zur Zahlung eines nicht näher bekannten Betrags von 3.000&nbsp;Euro, wobei es aufgrund eines Behandlungsabbruchs beim Versuch blieb;</p><p class="ErlText AlignLeft">(11)&nbsp;im Mai&nbsp;2020 durch das Angebot einer medizinisch nicht indizierten Sanierung mehrerer Zähne durch Vortäuschung eines Kariesbefalls V* H*<span class="Fett"> </span>zur Zahlung von 4.000&nbsp;Euro, wobei es aufgrund der Nichtinanspruchnahme der Behandlung beim Versuch blieb.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Dagegen richtet sich die auf §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;4, 5, 5a, 8, 9 lit&nbsp;a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Zutreffend zeigt die Mängelrüge (Z&nbsp;5 zweiter Fall) zu I/10 und II/10 des Schuldspruchs eine unvollständige Begründung der Feststellungen zum Fehlen medizinischer Indikation der bei K* H* lege artis durchgeführten Behandlungen (US&nbsp;45 und 47) auf. Die Tatrichter setzten sich nämlich mit der (in den Entscheidungsgründen bloß erwähnten [US&nbsp;55; vgl aber 14&nbsp;Os&nbsp;84/12b; <span class="Kursiv">Ratz</span>, WK-StPO §&nbsp;281 Rz&nbsp;429]) Verantwortung der Angeklagten, dass die Behandlungen medizinisch notwendig gewesen seien (ON&nbsp;166 S&nbsp;3, ON&nbsp;167 S&nbsp;28 bis 30), nicht auseinander.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] Gleichfalls im Recht ist die Mängelrüge (Z&nbsp;5 zweiter Fall) mit dem zu II/11 des Schuldspruchs erhobenen Einwand unvollständiger Begründung der Feststellungen, wonach die Angeklagte V* H* zur Inanspruchnahme einer Behandlung mehrerer kariöser Zähne zu einem Honorar von zumindest 4.000&nbsp;Euro zu verleiten versuchte (US&nbsp;49&nbsp;f). Denn die Tatrichter ließen die Verantwortung der Angeklagten, dass sie den Zustand der Zähne zwar befundet, nicht aber die Behandlung mehrerer Zähne wegen Karies zu einem Honorar von 4.000&nbsp;Euro angeboten habe (ON&nbsp;167 S&nbsp;30&nbsp;f), unerörtert (vgl im Übrigen zur Unterscheidung zwischen bloß vorbereitender, nicht ausführungsnaher Täuschung und den Willensentschluss des Getäuschten mitbestimmender Täuschung RIS-Justiz RS0130106; <span class="Kursiv">Kirchbacher/Sadoghi</span> in WK² StGB §&nbsp;146 Rz&nbsp;124&nbsp;f; <span class="Kursiv">Bauer/Plöchl</span> in WK² StGB §§&nbsp;15, 16 Rz&nbsp;221).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Kursiv"> [6] </span>&nbsp;<span class="Kursiv">Die sofortige Aufhebung des Schuldspruchs zu I/10, II/10 und II/11 bereits bei der nichtöffentlichen Beratung war Folge dieser Begründungsmängel (§&nbsp;285e StPO).</span></span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">Zur amtswegigen Maßnahme:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem übrigen Schuldspruch – wie von der Generalprokuratur zutreffend aufgezeigt – nicht geltend gemachte Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z&nbsp;9 lit&nbsp;a) zum Nachteil der Angeklagten anhaften, die von Amts wegen wahrzunehmen waren (§&nbsp;290 Abs&nbsp;1 zweiter Satz erster Fall StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] Schwere Körperverletzung nach §&nbsp;84 Abs&nbsp;4 StGB setzt voraus, dass der Täter durch die Tat, wenn auch nur fahrlässig, eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung (§&nbsp;84 Abs&nbsp;1 StGB) des anderen herbeiführt. Bei (wie hier) Tatmehrheit ist hinsichtlich dieser Folgen jede Tat für sich zu betrachten, weil eine gesamthafte (rechtliche) Beurteilung der Verletzungen oder Gesundheitsschädigungen derselben Person durch verschiedene Taten desselben Täters unzulässig ist (<span class="Kursiv">Burgstaller/Schütz</span> in WK² StGB §&nbsp;84 Rz&nbsp;28; vgl 9&nbsp;Os&nbsp;183/77, EvBl&nbsp;1978/168).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] Eine einzige Tat (im materiellen Sinn) ist im hier gegebenen Zusammenhang jede (medizinische) Behandlung für sich und dies unabhängig von der Anzahl der im Zuge dieser Behandlung (gegebenenfalls auch durch chirurgische Maßnahmen) medizinisch versorgten Zähne. Ebenfalls eine einzige Tat (im materiellen Sinn) stellen mehrere von vornherein festgelegte (tatbestandliche) Behandlungsschritte auf Grundlage eines Behandlungsplans dar, mögen diese auch an unterschiedlichen Tagen stattfinden. Diesfalls wäre nämlich von einer Tatbegehung durch Annäherung an den tatbestandsmäßigen Erfolg durch Einzelakte bei einheitlicher Tatsituation und gleicher Motivationslage und damit von einer tatbestandlichen Handlungseinheit auszugehen (zum Begriff vgl RIS-Justiz RS0120233; <span class="Kursiv">Ratz</span> in WK² StGB Vor §§&nbsp;28–31 Rz&nbsp;89).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [10] Treten §&nbsp;84 Abs&nbsp;1 StGB zu subsumierende Tatfolgen nicht ein, kommt (Versuchs-)Strafbarkeit nach §&nbsp;84 Abs&nbsp;4 StGB nur in Betracht, wenn sich der Vorsatz des Täters auf deren Herbeiführung erstreckte (vgl RIS-Justiz RS0131591).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [11] Davon ausgehend ist hinsichtlich der (rechtlichen) Unterstellung von Tatfolgen unter eine der Varianten des §&nbsp;84 Abs&nbsp;1 StGB im hier gegebenen Zusammenhang Folgendes zu beachten:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [12] Medizinisch nicht indiziertes Abtragen von Zahnsubstanz oder Entfernen eines Zahns erfüllt wegen der damit verbundenen Substanzbeeinträchtigung das Tatbestandsmerkmal einer Verletzung am Körper (vgl zu ärztlichen Eingriffen <span class="Kursiv">Burgstaller/Schütz</span> in WK² StGB §&nbsp;83 Rz&nbsp;32&nbsp;f mit Hinweis auf die hier verneinten Voraussetzungen des §&nbsp;90 StGB).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [13] Die (rechtliche) Beurteilung einer an sich schweren Verletzung (§&nbsp;84 Abs&nbsp;1 StGB) bedarf einer wertenden Betrachtung der durch die Tat im Einzelfall bewirkten Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Gebisses. Zu berücksichtigen sind insbesondere die Anzahl der verletzten Zähne, deren Zustand (vgl dazu insbesondere US&nbsp;16&nbsp;ff betreffend Vorerkrankungen von G*), ihre Funktion im Gebiss und das Vorhandensein von Antagonisten (vgl RIS-Justiz RS0092546). Verliert das Gebiss des Verletzten etwa die zuvor vorhanden gewesene Kauffähigkeit, liegt eine an sich schwere Verletzung vor (vgl 11 Os 186/82). Der Umstand, dass die Funktionsfähigkeit des Gebisses durch Ersatz abgetragener Zahnsubstanz durch (hier) Keramikfüllungen (oder Ähnliches) oder Ersatz gerissener Zähne durch (hier) Implantate wiederherstellbar ist, hat hingegen bei Beurteilung einer an sich schweren Verletzung (oder Gesundheitsschädigung) außer Betracht zu bleiben (vgl <span class="Kursiv">Burgstaller/Schütz</span> in WK² StGB §&nbsp;84 Rz&nbsp;24).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [14] Gesundheitsschädigung setzt eine körperliche oder seelische Funktionsstörung voraus, die Krankheitswert im medizinischen Sinn hat (vgl RIS-Justiz RS0092510; 11&nbsp;Os&nbsp;160/93 [pathologische Veränderung des Körpers]; 13&nbsp;Os&nbsp;82/02 [medizinischer Krankheitswert]; ErläutRV&nbsp;30 BlgNR&nbsp;13.&nbsp;GP&nbsp;212 [Herbeiführung oder Verschlimmerung einer <span class="Unterstrichen">Krankheit</span>]; <span class="Kursiv">Birklbauer/Lehmkuhl/Tipold</span>, Strafrecht BT I<span class="Hoch">6</span> §&nbsp;83 Rz&nbsp;8; <span class="Kursiv">Burgstaller/Schütz</span> in WK² StGB §&nbsp;83 Rz&nbsp;9&nbsp;f; vgl auch 11&nbsp;Os&nbsp;42/87, wo ein Bänderriss im Sprunggelenk als eine an sich schwere Verletzung beurteilt und die mit dem Tragen eines Gipsverbands einhergehende Bewegungseinschränkung als „Gesundheitsstörung“ bezeichnet wird).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [15] Schmerzen haben (auch ohne Objektivierung einer pathologischen Veränderung des Körpers) die Qualität einer Schädigung an der Gesundheit, wenn ein vom Opfer als Leiden empfundener Schmerzzustand von einiger Dauer vorliegt, welcher die Einwirkung auf seinen Körper überdauert und solcherart einer krankheitswertigen körperlichen oder seelischen Störung entspricht (12&nbsp;Os&nbsp;103/17i, 13&nbsp;Os&nbsp;96/12k, 12&nbsp;Os&nbsp;140/87; <span class="Kursiv">Burgstaller/Fabrizy</span> in WK² StGB §&nbsp;83 Rz&nbsp;10 und 12; Leukauf/Steininger/<span class="Kursiv">Nimmervoll/Stricker</span>, StGB<span class="Hoch">4</span> update&nbsp;2020 §&nbsp;83 Rz&nbsp;10a; <span class="Kursiv">Kienapfel/Schroll</span> BT I<span class="Hoch">5</span> §&nbsp;83 Rz&nbsp;15 und 17; <span class="Kursiv">Messner</span>, SbgK §&nbsp;83 Rz&nbsp;58, jeweils mwN; vgl RIS-Justiz RS0092475, RS0092661, RS0092612; vgl zur älteren Rsp, die Schmerzen lediglich eine Indizfunktion zuerkannte 11&nbsp;Os&nbsp;176/01, 14&nbsp;Os&nbsp;193/94, 13&nbsp;Os&nbsp;150/93).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [16] Das Erstgericht nahm in rechtlicher Hinsicht zu I des Schuldspruchs jeweils eine länger als 24&nbsp;Tage dauernde Gesundheitsschädigung an. Ausgehend von den dargestellten Grundsätzen tragen die Entscheidungsgründe diese Beurteilung jedoch nicht:</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">Schuldspruch zu I/1:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [17] Nach dem Urteilssachverhalt entfernte die Angeklagte der Patientin im Behandlungszeitraum 4.&nbsp;Mai&nbsp;2016 (US&nbsp;15) bis Februar&nbsp;2021 (US&nbsp;16) 28 im Urteil bezeichnete Zähne (US&nbsp;15 iVm US&nbsp;18) und ersetzte sie durch Implantate. Eine medizinische Indikation lag nur bei zwei Zähnen vor (US&nbsp;18). Offenbar gemeint begleitend zu den Zahnextraktionen nahm die Angeklagte teilweise medizinisch nicht indizierte Maßnahmen vor (US&nbsp;20). Wie viele Behandlungen die Angeklagte durchführte und welche Zähne bei welcher Behandlung entfernt wurden, ergibt sich aus den Entscheidungsgründen nicht. Ebenso unklar ist, ob die Angeklagte nach einem bestimmten Behandlungsplan vorging. Auch zu den Auswirkungen der jeweiligen Tat (im materiellen Sinn) auf die Funktionsfähigkeit des Gebisses fehlen Feststellungen und sind die konstatierten Schmerzperioden (US&nbsp;21) nicht einer bestimmten Tat (im materiellen Sinn) zuordenbar.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [18] Diese Sachverhaltsgrundlage lässt daher die rechtliche Annahme einer (durch eine einzige Tat herbeigeführten) an sich schweren Verletzung (oder Gesundheitsschädigung) oder einer länger als 24&nbsp;Tage dauernden Gesundheitsschädigung nicht zu.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [19] Weiters ist den Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen, dass der Vorsatz der Angeklagten die Herbeiführung einer „länger als 24&nbsp;Tage dauernde[n] Gesundheitsschädigung“ (US&nbsp;21) durch eine bestimmte Tat (im materiellen Sinn) umfasste (vgl im Übrigen zur bloßen Wiedergabe der verba legalia RIS-Justiz RS0119090).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [20] Hinsichtlich des medizinisch nicht indizierten Abtragens von Zahnsubstanz bei den Zähnen&nbsp;34 und 35 (vgl demgegenüber das Referat der entscheidenden Tatsachen, wo eine Verletzung am Körper durch eine solche Behandlung nicht genannt wird [US&nbsp;2]) mangelt es den Entscheidungsgründen generell an Ausführungen zur subjektiven Tatseite.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [21] Im zweiten Rechtsgang wird im Fall der Nachweisbarkeit einer (vorsätzlichen oder fahrlässigen) Verletzung am Körper oder Schädigung an der Gesundheit durch medizinisch nicht indizierte oder nicht lege artis durchgeführte Zahnextraktionen zu berücksichtigen sein, dass bei medizinischer Indikation des Ersatzes gerissener Zähne durch Implantate die mit einer solchen ordnungsgemäßen medizinischen (und deshalb für sich nicht tatbildlichen [vgl <span class="Kursiv">Burgstaller/Schütz</span> in WK² StGB §&nbsp;83 Rz&nbsp;31]) Behandlung verbundenen Beeinträchtigungen den Zahnentfernungen zurechenbar sind (<span class="Kursiv">Burgstaller/Schütz</span> in WK² StGB §&nbsp;84 Rz&nbsp;8; vgl 11&nbsp;Os&nbsp;42/87 [Beeinträchtigungen der Bewegungsfreiheit durch einen Gipsverband], 11&nbsp;Os&nbsp;74/77 [Zahnspange]).</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">Schuldspruch zu I/2, I/4 und I/5:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [22] Das Erstgericht beurteilte den Verlust von Zahnsubstanz als Gesundheitsschädigung, die länger als 24&nbsp;Tage dauerte (US&nbsp;24, 28 und 31). Nach den Urteilskonstatierungen ersetzte die Angeklagte die abgetragene Zahnsubstanz durch Inlays (US&nbsp;23 und 30&nbsp;f) oder nahm „Füllungsmaßnahmen“ vor (US&nbsp;28). Ob das Abtragen der Zahnsubstanz (allenfalls je eine Tat im materiellen Sinn) zu einer Funktionsstörung des Gebisses geführt hat, ergibt sich aus den Entscheidungsgründen nicht. Demzufolge auch nicht ihre für die Subsumtion nach §&nbsp;84 Abs&nbsp;1 erster Fall StGB entscheidende Dauer, bei deren Bestimmung überdies (im Gegensatz zur Beurteilung der Rechtsfrage nach einer an sich schweren Verletzung oder Gesundheitsschädigung) der Zeitpunkt der Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit durch „Füllungsmaßnahmen“ sowie Einsetzen von Inlays und Onlays zu berücksichtigen wäre. Die (jeweilige) Wiedergabe der verba legalia des §&nbsp;84 Abs&nbsp;1 erster Fall StGB (hinsichtlich der objektiven und subjektiven Tatseite [zu letzterer US&nbsp;25, 28&nbsp;f und US&nbsp;31]) ist somit ohne Sachverhaltsbezug geblieben (vgl aber erneut RIS-Justiz RS0119090).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [23] Mangelnde Feststellungen zu einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Gebisses stehen im Übrigen auch der (grundsätzlich denkbaren) rechtlichen Annahme einer an sich schweren Verletzung (§&nbsp;84 Abs&nbsp;1 dritter Fall StGB) entgegen.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">Schuldspruch zu I/3, I/6, I/7, I/8 </span><span class="Unterstrichen">und I/9:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [24] Auch hier beurteilte das Erstgericht das Abtragen von Zahnsubstanz als Gesundheitsschädigung, die länger als 24&nbsp;Tage dauerte, und konstatierte zur Klärung der privatrechtlichen Ansprüche Schmerzperioden (vgl zu deren Einordnung als bloße Berechnungshilfe RIS-Justiz RS0122794). Zusätzlich stellten die Tatrichter zu I/6, I/7 und I/8 des Schuldspruchs „Kälteschmerzen“ (oder auch „Kältebeschwerden“, „Druckempfindlichkeit“, „Temperaturempfindlichkeit“) fest (US&nbsp;33, 34, 36&nbsp;f, 40 und 41). Was darunter zu verstehen ist und wie sich diese Schmerzen konkret ausgewirkt haben, ob also ein als Leiden empfundener Schmerzzustand von einiger Dauer im eingangs dargelegten Sinn vorlag, ergibt sich jedoch nicht.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [25] Hinsichtlich der subjektiven Tatseite ist zu berücksichtigen, dass sich die Feststellungen auch hier (jeweils) auf die Wiedergabe der verba legalia beschränken und deshalb keinen Sachverhaltsbezug aufweisen (US&nbsp;26, 34&nbsp;f, 37, 41 und 44; vgl abermals RIS-Justiz RS0119090).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Im Einzelnen ist darüber hinaus Folgendes zu bemerken:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">* K* (Schuldspruch zu I/3):</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [26] Nach den Urteilskonstatierungen erlitt K* gerafft 30&nbsp;Tage leichte Schmerzen (US&nbsp;26, vgl auch ON&nbsp;81 S&nbsp;76, wonach K* gegenüber dem Sachverständigen angab, unter „Kälte<span class="Unterstrichen">problemen</span>“ zu leiden), ohne dass klar wird, ob diese Schmerzen just auf jene Tat (im materiellen Sinn) zurückzuführen sind, im Zuge derer die Angeklagte den Zahn&nbsp;27 medizinisch versorgte, oder auf die zahlreichen (medizinisch indizierten) Behandlungen (nicht genannter Art) im Zeitraum November&nbsp;2016 bis Mai&nbsp;2017 (US&nbsp;25; vgl ON&nbsp;82 S&nbsp;12, wo der Sachverständige die Schmerzperioden ohne Differenzierung nach Behandlungen [Taten im materiellen Sinn] gesamthaft ermittelte). Feststellungen zu Tatfolgen aufgrund des Abtragens von Zahnsubstanz beim Zahn&nbsp;27, welche die rechtliche Beurteilung einer länger als 24&nbsp;Tage dauernden Gesundheitsschädigung tragen würden, enthalten die Entscheidungsgründe demnach nicht.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">* S* (Schuldspruch zu I/6):</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [27] Auch hier konstatierten die Tatrichter Schmerzperioden aufgrund von Kältebeschwerden (an anderen Urteilsstellen auch „Kälteschmerzen“ oder „Kälteempfindlich[keit]“; US&nbsp;34). Da die Angeklagte zahlreiche Behandlungen bei S* durchführte, „extrem kälteempfindlich[e]“ Seitenzähne im rechten Oberkiefer in den Schmerzperioden Berücksichtigung fanden (US&nbsp;34) und Behandlungen zweier Seitenzähne im rechten Oberkiefer Gegenstand eines Freispruchs waren (US&nbsp;35), wird ebenfalls nicht deutlich, welche Behandlungen (und damit welche Tat im materiellen Sinn) kausal für die ermittelten Schmerzperioden waren.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [28] Hinsichtlich der in Aussicht genommenen Behandlung des Zahns&nbsp;11 („oberer Frontzahn“) fehlen Feststellungen zu einer (zumindest) ausführungsnahen Handlung (§&nbsp;15 Abs&nbsp;2 StGB), sodass der Urteilssachverhalt auch deshalb die Subsumtion dieser Tat (im materiellen Sinn) nach §§&nbsp;15, 84 Abs&nbsp;4 StGB nicht trägt.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">* Kn* (Schuldspruch I/7):</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [29] Die Angeklagte versorgte neben dem Zahn&nbsp;17 vier weitere konkret bezeichnete Zähne, hinsichtlich derer eine medizinische Indikation für „nicht zu beanstandende Behandlungen“ vorlag (US&nbsp;36). Bei Kn* auftretende Kälteschmerzen seien beim Essen unangenehm (US&nbsp;36). Ob diese kausal auf die Behandlung des Zahns&nbsp;17 zurückzuführen sind, ergibt sich aus dem Urteil nicht (US&nbsp;36&nbsp;f), weil die Tatrichter lediglich Schmerzen im Zuge eines Vitalitätstests konstatierten (US&nbsp;37). Demzufolge sind die festgestellten Schmerzperioden nicht der Behandlung des Zahns&nbsp;17 zuordenbar.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">* R* (Schuldspruch zu I/8):</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [30] Die Angeklagte führte bei R* eine Vielzahl von Behandlungen durch, von denen nur ein geringer Teil Gegenstand des Schuldspruchs ist. Vergleichbar mit dem Schuldspruch zu I/6 konstatierten die Tatrichter auch hier Schmerzperioden aufgrund von Kältebeschwerden (an anderen Urteilsstellen auch „Temperaturempfindlichkeit“ oder „Druckempfindlichkeit“; US&nbsp;40&nbsp;f), ohne klarzumachen, auf welche Behandlung (Tat im materiellen Sinn) diese zurückgehen.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Unterstrichen">* Ku* (Schuldspruch zu I/9):</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [31] Die (rechtliche) Annahme einer länger als 24&nbsp;Tage dauernden Gesundheitsschädigung steht hier entgegen, dass „behandlungsbedingte Angaben“ von Schmerztagen nicht „möglich“ sind (US&nbsp;44).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [32] Diese Rechtsfehler mangels Feststellungen erfordern die Aufhebung (auch) des übrigen Schuldspruchs zu I (vgl zur Einordnung des §&nbsp;84 Abs&nbsp;4 StGB als selbständige Qualifikation des §&nbsp;83 Abs&nbsp;1 StGB 13&nbsp;Os&nbsp;136/16y; zum nicht erfolgten Schuldspruch nach §&nbsp;83 Abs&nbsp;1 StGB vgl RIS-Justiz RS0115884) sowie des damit nach dem Urteilssachverhalt wegen der Täuschung allein (vgl demgegenüber den Urteilstenor, wo auch die Täuschung über die tatsächliche Durchführung einer Behandlung genannt ist) über die für die Subsumtion nach §&nbsp;84 Abs&nbsp;4 StGB entscheidende medizinische Indikation der Behandlungen in untrennbarem Zusammenhang (§&nbsp;289 StPO) stehenden (übrigen) Schuldspruchs zu II.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [33] Zusammengefasst waren somit teils in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde, teils aus deren Anlass (§&nbsp;290 Abs&nbsp;1 zweiter Satz erster Fall StPO) der gesamte Schuldspruch, demzufolge der Strafausspruch, der Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche (einschließlich der Feststellungen gemäß §&nbsp;69 Abs&nbsp;1 StPO; vgl RIS-Justiz RS0101311 [T3] und RS0100510 [T2]) und das auf Schuldspruch zu II beruhende (US&nbsp;76) Verfallserkenntnis bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (§&nbsp;285e StPO) sofort aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [34] Ein Eingehen auf das Beschwerdevorbringen zu den von der amtswegigen Maßnahme betroffenen Teilen des Schuldspruchs und zum Verfallserkenntnis erübrigt sich daher. Im Übrigen wird zur behaupteten Anklageüberschreitung klarstellend festgehalten, dass die versuchte (betrügerische) Erlangung eines Honorars für die nicht stattgefundene Behandlung des Zahns&nbsp;11 – im Gegensatz zu II/10 und II/11 des Schuldspruchs, die sich sich ebenfalls auf Betrug im Zusammenhang mit abgelehnten Behandlungen beziehen – nicht Gegenstand des Schuldspruchs zu II/6 war.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [35] Mit ihren Berufungen waren die Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [36] Zufolge Aufhebung des gesamten Schuldspruchs und damit auch des vom Erstgericht gefällten Kostenersatzausspruchs nach §&nbsp;389 Abs&nbsp;1 StPO fallen der Beschwerdeführerin keine Kosten des Rechtsmittelverfahrens im Sinn des §&nbsp;390a Abs&nbsp;1 StPO zur Last (RIS-Justiz RS0101342 [T4]; <span class="Kursiv">Lendl</span>, WK-StPO §&nbsp;390a Rz&nbsp;7).</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250108_OLG0459_0100BS00277_24T0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-21
2025-01-22
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250108_OLG0459_0100BS00277_24T0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250108_OLG0459_0100BS00277_24T0000_000/JJT_20250108_OLG0459_0100BS00277_24T0000_000.html
10Bs277/24t
ECLI:AT:OLG0459:2025:0100BS00277.24T.0108.000
null
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Henhofer als Vorsitzende und Mag.&nbsp;Höpfl sowie den Richter Mag. Graf in der Strafsache gegen <span class="Fett">A*</span> wegen des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Salzburg gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 9. Dezember 2024, GZ*, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und dem Landesgericht Salzburg die Anordnung der Hauptverhandlung aufgetragen.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Staatsanwaltschaft Salzburg legt A* mit Strafantrag vom 26. November 2024 (ON&nbsp;3) das Vergehen des Diebstahls nach §§ 127, 15 StGB (I.) und das Vergehen der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (II.) zur Last.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Danach habe A* am 17. November 2024 in S*</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">I. Verfügungsberechtigten der B*-AG fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar</span></p><p class="ErlText AlignLeft">A. um 22:13 Uhr, Lebensmittel im Wert von EUR 20,30;</p><p class="ErlText AlignLeft">B. um 22:17 Uhr, Lebensmittel im Wert von EUR 25,80, wobei er vom Ladendetektiv C* auf frischer Tat betreten wurde, weshalb die Tat beim Versuch blieb;</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">II. C* mit Gewalt, indem er versuchte, sich von der Anhaltung mit Körperkraft loßzureißen und C* am Hals packte, zu einer Handlung, Unterlassung oder Duldung, nämlich zur Abstandnahme der allgemeinen Anhaltung gemäß § 80 Abs 2 StPO zu nötigen versucht.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit dem angefochtenen Beschluss sprach die Einzelrichterin des Landesgerichts Salzburg gemäß §&nbsp;485 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 zweiter Fall iVm §&nbsp;450 erster Satz StPO ihre sachliche Unzuständigkeit aus, weil in rechtlicher Hinsicht nicht von den angelasteten Vergehen, sondern von dem - die Zuständigkeit des Schöffengerichts begründenden - Verbrechen des räuberischen Diebstahls nach §&nbsp;131 StGB auszugehen sei.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die dagegen erhobene Beschwerde der Staatsanwaltschaft (ON&nbsp;7) ist berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Da das Einzelrichterverfahren keinen Einspruch gegen den Strafantrag kennt, ist zur Wahrung der Interessen des Angeklagten in Fortführung der im Ermittlungsverfahren in § 108 StPO geregelten Möglichkeit des Antrags auf Einstellung des Verfahrens mit Beginn des Hauptverfahrens (§ 210 Abs 2 StPO) die amtswegige Überprüfung des Strafantrags vorgesehen (vgl <span class="Kursiv">Bauer</span> in <span class="Kursiv">Fuchs/Ratz,</span> WK StPO § 485 Rz 1). Gemäß § 485 Abs 1 Z 1 StPO hat das Gericht im Fall seiner örtlichen oder sachlichen Unzuständigkeit gemäß § 450 StPO vorzugehen, demnach vor Anordnung der Hauptverhandlung seine örtliche oder sachliche Unzuständigkeit mit Beschluss auszusprechen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Überprüfung der sachlichen Zuständigkeit erfolgt nicht bloß anhand des Strafantrags, sondern (auch) nach der Aktenlage, wobei Bezugspunkt der Prüfung stets der von der Anklage vorgegebene Prozessgegenstand – dh die „der Anklage zugrunde liegenden Tatsachen an sich oder in Verbindung mit den in der Hauptverhandlung hervorgekommenen Umständen“, also Modifikationen des Anklagesachverhalts ohne Änderung des Prozessgegenstands – ist. Dabei hat das Gericht die rechtliche Beurteilung des angeklagten Sachverhalts selbstständig anhand der Verdachtslage – im Sinn eines Anschuldigungsbeweises – vorzunehmen, wie sie sich aus dem Strafakt ergibt. Eine Bindung an die Subsumtion in der Anklage besteht somit nicht. Der Prüfungsmaßstab hat sich an jenem des Unzuständigkeitsurteils zu orientieren; danach ist für die Annahme einer in die Zuständigkeit des (hier:) Schöffengerichts fallenden Straftat kein voller Schuldbeweis erforderlich, ein bloßer Anschuldigungsbeweis genügt (vgl dazu <span class="Kursiv">Bauer</span> aaO §&nbsp;485 Rz&nbsp;3 iVm §&nbsp;450 Rz&nbsp;2 mwN). Es kommt somit nicht auf die abstrakte Möglichkeit der Verwirklichung einer in die Zuständigkeit des (hier:) Schöffengerichts fallenden Straftat an, sondern darauf, dass sich diese Möglichkeit im Lichte der konkretem Umstände bei lebensnaher (ungekünstelter) Betrachtung als sachlich indiziert erweist (<span class="Kursiv">Lewisch</span> in <span class="Kursiv">Fuchs/Ratz,</span> WK StPO § 261 Rz 10).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die bisherigen Ermittlungsergebnisse, insbesondere die vorliegenden Videoaufzeichnung des inkriminierten Vorfalls (ON 6) indizieren, dass der Angeklagte, der das Geschäft bereits verlassen hatte, von C* zurück gezogen wurde, woraufhin er mit beiden Händen C* (teils im Halsbereich) erfasste und wegstieß. Seinen daraufhin ausgeführten Versuch, das Geschäft zu verlassen, gab er widerstandslos auf, nachdem ihn C* an der Jacke zurückgezogen hatte.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Angeklagte gab in seiner Vernehmung vor der Polizei an, bewusst den Diebstahl begangen zu haben und begründete dies mit seiner Alkoholisierung (AS 3 in ON 2.5). Tatsächlich ergab ein ca. 45 Minuten nach dem Vorfall durchgeführter Alkovortest ein Ergebnis von 1.06 Milligramm Alkohol pro Liter Atemluft (AS 2 in ON 2.2). Die zeugenschaftliche Auskunft von C* reduzierte sich auf ein vor der Polizei ausgefülltes Formblatt (ON 2.6).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Annahme der Qualifikation des §&nbsp;131 erster Fall StGB setzt in subjektiver Hinsicht – soweit hier wesentlich – die Absicht (§&nbsp;5 Abs&nbsp;2 StGB) des Täters voraus, sich oder einem Dritten eine weggenommene Sache durch Gewaltanwendung oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§&nbsp;89 StGB) zu erhalten. Kommt es dem Täter aber nur darauf an zu fliehen, scheidet §&nbsp;131 StGB aus (vgl dazu <span class="Kursiv">Stricker</span> in <span class="Kursiv">Höpfel/Ratz</span>, WK² StGB §&nbsp;131 Rz Rz&nbsp;43f mwN; RIS-Justiz RS0093586).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Wenngleich selbst eine erhebliche Alkoholisierung grundsätzlich absichtliches Handeln nicht ausschließt (RIS-Justiz RS0089301), reichen vor dem Hintergrund der aktuellen Beweisergebnisse und unter Beachtung des Umstands, dass der Angeklagte das Diebsgut in seiner Jacke (und nicht - wie im angefochtenen Beschluss angeführt - teilweise in der Hand) verwahrte, die Ermittlungsergebnisse bei Anlegung eines realitätsbezogenen Maßstabes im konkreten Fall nicht aus, um daraus den für den Tatbestand des §&nbsp;131 StGB erforderlichen erweiterten Vorsatz im Sinn eines Anschuldigungsbeweises abzuleiten.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Es war daher in Stattgabe der Beschwerde der angefochtene Beschluss aufzuheben und dem Erstgericht die Anordnung der Hauptverhandlung aufzutragen.</p><p class="Abstand AlignCenter"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Rechtsmittelbelehrung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250108_OLG0459_00200R00156_24K0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-22
2025-01-22
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250108_OLG0459_00200R00156_24K0000_000
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2R156/24k
ECLI:AT:OLG0459:2025:00200R00156.24K.0108.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Bernhard Telfser als Vorsitzenden sowie Dr. Werner Gratzl und Mag. Christine Mayrhofer in der Insolvenzeröffnungssache der Antragstellerin <span class="Fett">A*,</span> C*gasse **, in D* , vertreten durch die Kosch &amp; Partner Rechtsanwälte GmbH in Wiener Neustadt, wider die Antragsgegnerin <span class="Fett">B* GmbH </span>(vormals E* GmbH), F*gasse ** in Wien, FN&nbsp;**, über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 26. September 2024, GZ1*, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Mit Schriftsatz vom 23.05.2024, GZ2* des LG Salzburg, beantragte die Antragstellerin, über das Vermögen der Antragsgegnerin das Konkursverfahren zu eröffnen. Zur Zuständigkeit führte sie aus, die Antragsgegnerin habe ihren firmenbuchrechtlichen Sitz in *G-Straße **, in Salzburg.</p><p class="ErlText AlignLeft">Nach Durchführung des Prüfungsverfahrens eröffnete das Landesgericht Salzburg mit Beschluss vom 24.&nbsp;Juli 2024 über das Vermögen der Antragsgegnerin das Konkursverfahren (GZ1* LG Salzburg). Dem von der Antragsgegnerin dagegen erhobenen Rekurs wurde Folge gegeben, dieser Beschluss und das ihm vorangegangene Verfahren bis einschließlich der Anordnung der Ediktalzustellung vom 10.&nbsp;Juni 2024 als nichtig aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über den Insolvenzeröffnungsantrag nach Verfahrensergänzung aufgetragen. Es sei die Zustellung des Insolvenzeröffnungsantrags und der Ladung zur Einvernahmetagsatzung an den Geschäftsführer der Antragsgegnerin unter einer tauglichen Abgabestelle unterblieben, sodass die Voraussetzungen für eine Ediktalzustellung dieser Dokumente nicht vorgelegen sei. Es werde zunächst die neuerliche Zustellung des Insolvenzeröffnungsantrags und der Ladung zu einer Einvernahmetagsatzung an die Antragsgegnerin vorzunehmen sein.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss erklärte sich das Landesgericht Salzburg gemäß §&nbsp;44 JN für örtlich unzuständig und überwies die Rechtssache an das Landesgericht Wien.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">In seiner Begründung vertrat es die (zutreffende und auch von der Rekurswerberin geteilte) Ansicht, maßgebender Zeitpunkt für die Entscheidung der Zuständigkeitsfrage sei der Zeitpunkt der Antragstellung. Dass zu diesem Zeitpunkt der Firmensitz der Antragsgegnerin in Salzburg gelegen gewesen sei, schade nicht, stelle doch §&nbsp;63 Abs&nbsp;1 IO hinsichtlich der Zuständigkeitsfrage nämlich nicht auf den satzungsgemäßen Sitz, sondern ausschließlich auf den Ort des tatsächlichen Unternehmensbetriebs ab. Dass offensichtlich an der Adresse in Salzburg kein tatsächlicher Unternehmensbetrieb mehr stattgefunden habe, ergebe sich logisch aus der am 7.&nbsp;Mai 2024, somit vor Einlangen des Antrags auf Konkurseröffnung, beim Firmenbuchgericht eingelangten Firmensitzverlegung der Antragsgegnerin nach Wien. Diese Sitzverlegung sei mit 26.07.2024 auch vom Handelsgericht Wien eingetragen worden, sodass seither der Firmensitz auf F*gasse ** in Wien laute. Die Antragsgegnerin habe zum maßgebenden Zeitpunkt kein Unternehmen mehr im Sprengel des Landesgerichtes Salzburg, sondern dieses vielmehr schon bereits aus Wien betrieben. Die Zuständigkeit des Handelsgerichtes Wien ergebe sich aus §&nbsp;64 IO, weswegen die Rechtssache an dieses zu überweisen gewesen sei.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gegen diesen Beschluss richtet sich der unbeantwortete Rekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt die Abänderung dahingehend, dass das Landesgericht Salzburg gemäß §&nbsp;44 JN als Insolvenzgericht örtlich zuständig festzustellen sei.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurs ist nicht berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß § 63 Abs 1 IO ist für das Insolvenzverfahren der Gerichtshof erster Instanz (Insolvenzgericht) zuständig, in dessen Sprengel der Schuldner im Zeitpunkt der Antragstellung sein Unternehmen betreibt oder mangels eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Nach § 63 Abs 2 IO ist der Gerichtshof erster Instanz zuständig, in dessen Sprengel sich eine Niederlassung, mangels einer solchen Vermögen des Schuldners befindet, wenn der Schuldner im Inland kein Unternehmen betreibt oder er im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Wie vom Erstgericht zutreffend hervorgehoben, stellt §&nbsp;63 Abs&nbsp;1 IO nicht auf den satzungsgemäßen Sitz, sondern ausschließlich auf den Ort des tatsächlichen Unternehmensbetriebs ab (<span class="Kursiv">Koller/Lovrek/Spitzer,</span> IO², §&nbsp;63 Rz&nbsp;11). Dazu wurde vertreten, dass im Falle, wenn ein eigenes Büro fehlt, im Zweifel der Aufenthalt der geschäftsführenden Organe der Betriebsort ist. Nach dem OLG Linz ist Betriebsort jener Ort, von dem aus das schuldnerische Unternehmen unter Zugrundelegung der tatsächlichen Verhältnisse (und nicht formeller Gegebenheiten, wie etwa des gesellschaftsvertraglich bestimmten und im Firmenbuch eingetragenen Sitzes) finanziell, kaufmännisch und organisatorisch geleitet wird, wo also der Mittelpunkt der wirtschaftlichen Beziehungen bzw des Erwerbslebens des Schuldners liegt. Dieser „Betriebsort“ kann auch durch den (Wohn-)Sitz und Aufenthalt des geschäftsführenden und vertretungsbefugten Organs indiziert sein (aaO Rz&nbsp;14).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Erst mangels Vorhandenseins eines Betriebsortes begründet sich die örtliche Zuständigkeit des Gerichtes nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Schuldners. Da dieser Anknüpfungspunkt nur für natürliche Personen in Frage kommt, braucht aufgrund der Rechtsform der Antragsgegnerin als GmbH darauf nicht mehr weiter eingegangen werden (vgl aaO Rz&nbsp;19). Auch der Niederlassungstatbestand scheidet mangels dafür vorliegender Anhaltspunkte aus und kann unberücksichtigt bleiben. Erst als ultima ratio der Anknüpfungsgründe kommt das Vermögen des Schuldners in Frage, wobei vorausgesetzt ist, dass der Schuldner – mangels Relevanz des Aufenthalts oder einer Niederlassung – einen Betriebsort in Österreich hat, wobei der Vermögensgerichtsstand auch durch Erlag eines entsprechenden Kostenvorschusses begründet werden kann (aaO Rz&nbsp;30 und 33). Nicht unerwähnt bleiben soll, dass ungeachtet des Untersuchungsgrundsatzes des Insolvenzgerichtes der antragstellende Gläubiger in seinem Antrag auch jenen Sachverhalt anzugeben hat, aus dem sich die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt (aaO Rz&nbsp;37).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Wie vom Erstgericht zutreffend betont, ist der von der Antragstellerin in ihrem Insolvenzeröffnungsantrag angeführte firmenbuchrechtliche Sitz der Antragsgegnerin kein taugliches Kriterium für die Prüfung der Zuständigkeit nach §&nbsp;63 IO. Der Kritik der Rekurswerberin, es sei zum maßgeblichen Zeitpunkt der Einbringung des Insolvenzeröffnungsantrags von keinem Unternehmensbetrieb der Antragsgegnerin im Sprengel des Handelsgerichtes Wien auszugehen, ist hingegen nicht zu folgen. Dass die Antragsgegnerin im Zeitpunkt der Antragstellung 23.&nbsp;Mai 2024 ihren Sitz in Salzburg hatte, ist ebenso wie die spätere Sitzverlegung nach Wien unbeachtlich. In der Sitzverlegung nach Wien kann jedoch – wie noch darzustellen sein wird –durchaus ein weiteres Indiz für eine schon früher ausgeübte Unternehmensleitung der Antragsgegnerin von Wien aus erblickt werden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Rekurswerberin erkennt zwar zutreffend, dass es auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Antragsgegnerin und den Niederlassungstatbestand nicht ankommt; der von ihr relevierte Vermögensgerichtsstand kommt jedoch aufgrund seines bloß subsidiären Charakters nicht mehr zum Tragen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Rekurswerberin übersieht, dass der (auch jetzt noch aktuelle) Geschäftsführer die Antragsgegnerin bereits seit 11.12.2023 vertritt und dieser schon zu dieser Zeit unter der Adresse F*gasse&nbsp;**,Wien, residierte; es handelt sich dabei um exakt dieselbe Adresse wie die später darauf geänderte und nunmehrige Geschäftsanschrift der Antragsgegnerin. Es wurde bereits dargelegt, dass nach der Rechtsprechung der Betriebsort auch durch den (Wohn-)Sitz und Aufenthalt des geschäftsführenden und vertretungsbefugten Organs indiziert sein kann. Derartiges fand bereits seit 11.12.2023 unter der Wiener Adresse statt.</p><p class="ErlText AlignLeft">Wenn die Rekurswerberin meint, die Antragsgegnerin unterhalte keinen Geschäftsbetrieb im Sprengel des Handelsgerichtes Wien und habe auch zum Zeitpunkt der Antragstellung keinen Geschäftsbetrieb gehabt, übergeht sie ihre eigenen Ausführungen im Insolvenzeröffnungsantrag. Darin führt sie aus, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin schon am 11.12.2023, also unmittelbar nach Übernahme der Geschäftsführung der Antragsgegnerin, eine Auflösungsvereinbarung zum Kaufvertrag, abgeschlossen zwischen der E* Gesellschaft mbH (als Verkäuferin und grundbücherlichen Eigentümerin) und der Antragsgegnerin (als Käuferin), abgeschlossen habe. Nach dem von der Rekurswerberin angeschlossenen Dokument ./J wurde diese Auflösungsvereinbarung in Wien abgeschlossen. Indem der Geschäftszweig der Antragsgegnerin (auch) auf An- und Verkauf und Entwicklung von Liegenschaften lautet, liegt darin eine Betriebstätigkeit der Antragsgegnerin, die von dem in Wien wohnhaften Geschäftsführer abgewickelt wurde. Entgegen der Ansicht der Rekurswerberin konnten auch zwischenzeitig alle Geschäftsstücke dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin unter seiner Adresse in Wien zugestellt werden.</p><p class="ErlText AlignLeft">Wenn nun schon vor dem maßgeblichen Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung die entscheidende Unternehmensleitung der Antragsgegnerin von Wien aus erfolgte, stellt die spätere Sitzverlegung der Antragsgegnerin nach Wien umso mehr einen unterstützenden Anhaltspunkt dafür dar.</p><p class="ErlText AlignLeft">Soweit die Antragstellerin auf einen erst am 24.07.2024 eingebrachten Antrag auf Sitzverlegung der Antragsgegnerin verweist, übersieht sie, dass nach der öffentlich einsehbaren Urkundensammlung des Firmenbuchs dies erst eine Reaktion auf einen Verbesserungsauftrag des Firmenbuchgerichtes war. So hatte die Antragsgegnerin bereits am 14.02.2024 unter Bezugnahme auf einen Generalversammlungsbeschluss vom 09.02.2024 ua die Eintragung der Sitzverlegung der Antragsgegnerin nach Wien beantragt. Auch dies bestätigt, dass die Antragsgegnerin zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung im Sprengel des Landesgerichtes Salzburg kein Unternehmen mehr betrieb, sondern dies bereits schon von Wien aus erfolgt war.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der angefochtene Beschluss, mit dem das Erstgericht seine Unzuständigkeit ausspricht und die Insolvenzeröffnungssache an das Handelsgericht Wien überweist, erweist sich daher frei von Rechtsirrtum; der Rekurs bleibt erfolglos.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Revisionsrekurs ist gemäß §§ 252 IO iVm 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250108_OLG0459_0070BS00001_25H0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-24
2025-01-24
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250108_OLG0459_0070BS00001_25H0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250108_OLG0459_0070BS00001_25H0000_000/JJT_20250108_OLG0459_0070BS00001_25H0000_000.html
7Bs1/25h
ECLI:AT:OLG0459:2025:0070BS00001.25H.0108.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Dr. Gföllner als Vorsitzende, die Richterin Dr. Ganglberger-Roitinger und den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen <span class="Fett">unbekannte Täter</span> wegen des Vergehens der fahrlässigen Tötung nach § 80 Abs 1 StGB über die Beschwerde des Privatbeteiligten Mag. A* gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 16. Dezember 2024, GZ1*, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">BEGRÜNDUNG:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Staatsanwaltschaft Salzburg führte zu GZ2* ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Täter wegen „§§ 80 f StGB“ zum Nachteil des am 24. Juli 2024 verstorbenen B*.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Am 25. September 2024 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren nach § 190 Z 2 StPO ein (ON 1.16), wovon unter anderem Mag. A* (Sohn des Verstorbenen, der sich dem Verfahren auch als Privatbeteiligter angeschlossen hatte [ON 2.6 ,ON 6.1, 2 und ON 11]), mit Note vom selben Tag verständigt wurde.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit Eingabe vom 2. Oktober 2024 beantragte Mag. A* eine detaillierte schriftliche Begründung der Einstellung (ON&nbsp;16). Die Einstellungsbegründung gemäß § 194 Abs 2 StPO (ON 17) wurde ihm mit Note vom 2. Oktober 2024 zugestellt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Zusätzlich zu seinem am 16. Oktober 2024 eingebrachten Antrag auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 195 StPO (ON 19) erhob Mag. A* mit weiterer Eingabe vom 13. November 2024 Einspruch wegen Rechtsverletzung (ON 23). Begründend führte er zusammengefasst aus, sein Recht als Zeuge vollständig auszusagen sowie sein Recht auf amtswegige und unparteiliche Ermittlung und vollständige Aufnahme der Beweise seien verletzt worden, auch sei er von der Polizei anlässlich seiner Einvernahme als Zeuge am 28. Juli 2024 nicht über seine Rechte als Opfer belehrt worden. Die Staatsanwaltschaft leitete den Einspruch wegen Rechtsverletzung am selben Tag an das Landesgericht Salzburg weiter (ON 1.21).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Nachdem ihm die ablehnende Stellungnahme der Staatsanwaltschaft am 14. November 2024 zur Gegenäußerung binnen sieben Tagen zugestellt worden war (ON 1.22), beantragte Mag. A* am 21. November 2024 eine Fristverlängerung für die Beibringung der Gegenäußerung, in eventu Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen technischer Probleme (ON 27).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Mit dem angefochtenen Beschluss vom 16. Dezember 2024 (ON 32), der auch die unbekämpfte Zurückweisung des Antrags auf Verlängerung der Äußerungsfrist nach § 106 Abs 5 StPO, in eventu Wiedereinsetzung in den vorigen Stand enthält (Punkt 2.), wies das Erstgericht den Einspruch wegen Rechtsverletzung als unzulässig zurück (Punkt 1.). Dies mit der Begründung, dass Mag. A* bereits mit Zustellung der Verständigung der Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 190 Z 2 StPO am 25. September 2024 Kenntnis davon erlangt habe, dass keine weitere Beweisaufnahme mehr erfolgen wird, weshalb der am 13. November 2024 erhobene Einspruch wegen Rechtsverletzung verfristet sei.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen die Zurückweisung des Einspruchs wegen Rechtsverletzung richtet sich die am 30.&nbsp;Dezember 2024 von Mag. A* fristgerecht erhobene Beschwerde (ON 33).</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die Beschwerde ist nicht berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gemäß § 106 Abs 1 StPO steht Einspruch wegen Rechtsverletzung an das Gericht jeder Person zu, die behauptet, im Ermittlungsverfahren durch (die) Staatsanwaltschaft in einem subjektiven Recht verletzt zu sein, weil ihr die Ausübung eines Rechts nach diesem Gesetz verweigert (Z 1) oder eine Ermittlungs- oder Zwangsmaßnahme unter Verletzung von Bestimmungen dieses Gesetzes angeordnet oder durchgeführt wurde (Z 2).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Einspruch ist binnen sechs Wochen ab Kenntnis der behaupteten Verletzung in einem subjektiven Recht bei der Staatsanwaltschaft einzubringen (§ 106 Abs 3 StPO). Es kommt nicht nur auf tatsächliche Kenntnisnahme der behaupteten Verletzung in einem subjektiven Recht an, sondern ist die rechtliche Wertung ausschlaggebend, ob alle Voraussetzungen dafür geschaffen wurden, um mit Grund verlangen zu können, dass der Betreffende das Faktum (Anordnung oder Vorgang) auch bewusst zur Kenntnis nehmen kann (RIS-Justiz RS0133462).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die Ausführungen des Beschwerdeführers, es sei auf den Zeitpunkt der Zustellung der Einstellungsbegründung gemäß § 194 Abs 2 StPO am 2. Oktober 2024 als fristauslösendes Ereignis abzustellen, „weil ihm erst zu diesem Zeitpunkt klar gewesen sei, dass die Staatsanwaltschaft unwillig sei, den Tod seines Vaters entsprechend zu untersuchen“, überzeugen nicht. Bereits ab Kenntnis der Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 190 Z 2 StPO war ihm bekannt, dass weitere Ermittlungsmaßnahmen, einschließlich seiner (ergänzenden) Zeugenvernehmung, nicht stattfinden werden und die behaupteten Rechtsverletzungen damit faktisch vorgelegen sind. Eine bewusste Rechtsverletzung durch die Staatsanwaltschaft verlangt §&nbsp;106 StPO nicht, weshalb die Beweggründe der Staatsanwaltschaft für die Einstellung nicht ausschlaggebend sind.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer Gegenteiliges nicht behauptet, indiziert die Übergabe der Benachrichtigung von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 190 Z 2 StPO an den elektronischen Zustelldienst am 25. September 2024 die Zustellung des Dokuments durch Bereithaltung zur Abholung am selben Tag (elektronische Zustellung ohne Zustellnachweis iSd §&nbsp;36 ZustG). Dafür spricht zudem die (mehrfache) Einsichtnahme in den Ermittlungsakt durch den Beschwerdeführer an diesem Tag (vgl Zugriffsprotokoll).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Sowohl durch die Bereithaltung der Benachrichtigung von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 190 Z 2 StPO zur Abholung, als auch durch die Akteneinsicht waren alle Voraussetzungen dafür gegeben, dass der Beschwerdeführer am 25. September 2024 von den behaupteten Rechtsverletzungen bewusst Kenntnis nehmen konnte. Die sechswöchige Frist zur Erhebung des Einspruches wegen Rechtsverletzung endete daher am 6. November 2024.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Zurückweisung des erst am 13. November 2024 eingebrachten Einspruchs als verspätet erfolgte somit gesetzeskonform. </p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Vollständigkeit halber bleibt anzumerken, dass die StPO kein subjektives Recht des Opfers auf Verfolgung des Beschuldigten vorsieht (bloß gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens sieht § 195 StPO den Antrag auf Fortführung und somit eine gerichtliche Kontrolle staatsanwaltschaftlichen Handelns vor), demnach auch die Überprüfung der Zweckmäßigkeit einzelner Erhebungsschritte der Staatsanwaltschaft dieser Kontrollmöglichkeit entzogen ist (vgl <span class="Kursiv">Pilnacek/Stricker</span> in WK-StPO § 106 Rz 16).</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Rechtsmittelbelehrung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu.</p></div></div></body></html>
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JJT_20250107_OLG0459_0100BS00278_24I0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-22
2025-01-22
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250107_OLG0459_0100BS00278_24I0000_000
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10Bs278/24i
ECLI:AT:OLG0459:2025:0100BS00278.24I.0107.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Henhofer als Vorsitzende und Mag.&nbsp;Höpfl sowie den Richter Mag. Graf in der Strafsache gegen <span class="Fett">A*</span> wegen des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs 1, 269 Abs 1 erster Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 28. November 2024, GZ*, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der ** geborene A* wurde mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 3.&nbsp;Oktober 2024, rechtskräftig seit 8.&nbsp;Oktober 2024, der Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§&nbsp;15 Abs&nbsp;1, 269 Abs&nbsp;1 erster Fall StGB und der schweren Körperverletzung nach §§&nbsp;15 Abs&nbsp;1, 83 Abs&nbsp;1, 84 Abs&nbsp;2 StGB schuldig erkannt und unter Anwendung des §&nbsp;28 Abs&nbsp;1 StGB und des §&nbsp;39 Abs&nbsp;1 StGB nach dem ersten Strafsatz des §&nbsp;269 Abs&nbsp;1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 12&nbsp;Monaten verurteilt (ON&nbsp;16.1).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Mit dem angefochtenen Beschluss wurde der Antrag des Verurteilten vom 27.&nbsp;November 2024 auf Strafaufschub abgewiesen (ON&nbsp;31).</p><p class="ErlText AlignLeft">Die dagegen vom Verurteilten erhobene Beschwerde ist nicht berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Gesetzeskonform hat das Erstgericht die Voraussetzungen für einen Strafaufschub gemäß §&nbsp;6 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;2 StVG bei einer zu vollziehenden Freiheitsstrafe, die ein Jahr nicht übersteigt, angeführt. Demnach muss der Aufschub für das spätere Fortkommen des Verurteilten, für den Wirtschaftsbetrieb, in dem er tätig ist, für den Unterhalt der ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Personen oder für die Gutmachung des Schadens zweckmäßiger erscheinen als der sofortige Vollzug (lit&nbsp;a).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Ein Aufschub ist nur wegen besonderer im Einzelfall gelegener Umstände und niemals grundsätzlich zweckmäßiger als der unverzügliche Strafantritt. Ein späterer Vollzug wird den Verurteilten ebenso aus seinem Erwerbs- und Familienleben reißen wie der sofortige, weshalb ein Aufschub in der Regel bloß eine zeitliche Verlagerung der mit dem Vollzug in jedem Fall verbundenen Nachteile darstellt. Je früher der Verurteilte den Vollzug antritt, umso früher steht er seinem Arbeitgeber wieder zur Verfügung und kann er sich um seine Unterhaltspflichten und die Schadensgutmachung kümmern. Die Zweckmäßigkeit des Strafaufschubs ist daher im Antrag anhand konkreter Umstände schlüssig zu behaupten, im zumutbaren Rahmen zu bescheinigen und vom Gericht festzustellen (<span class="Kursiv">Pieber</span> in WK StVG §&nbsp;6 Rz&nbsp;27).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Bereits das Erstgericht hat zutreffend festgehalten, dass die Beschäftigung seit 1.&nbsp;Juli 2024 und die Betreuung bei FORAM und den Mänerwelten keine derartigen besonderen Umstände darstellen, da der Verurteilte auch zum Zeitpunkt der Tatbegehung in diesem Beschäftigungsverhältnis und bei FORAM in Betreuung stand. Ebenso wenig der Wunsch „alte Schulden komplett abzuzahlen“ – im aktuellen Strafverfahren erfolgten keine Privatbeteiligtenzusprüche (ON&nbsp;16.1).</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Rechtsmittelbelehrung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diese Entscheidung steht kein weiteres Rechtsmittel zu.</p></div></div></body></html>
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JJT_20250107_OGH0002_013FSS00002_24H0000_000
Justiz
OGH
2025-01-30
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250107_OGH0002_013FSS00002_24H0000_000
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13Fss2/24h
ECLI:AT:OGH0002:2025:013FSS00002.24H.0107.000
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JJT_20250107_OLG0459_0120RS00110_24V0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-31
2025-01-31
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250107_OLG0459_0120RS00110_24V0000_000
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12Rs110/24v
ECLI:AT:OLG0459:2025:0120RS00110.24V.0107.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr.&nbsp;Barbara Jäger als Vorsitzende sowie Dr.&nbsp;Dieter Weiss und Mag.&nbsp;Nikolaus Steininger, LL.M. als weitere Richter in der Verfahrenshilfesache des Antragstellers <span class="Fett">A*</span>, geboren am **, **, **platz&nbsp;** (Die B*), über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels vom 7.&nbsp;Dezember 2023, GZ*, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Dem als Rekurs zu wertenden Schreiben vom 4.&nbsp;Jänner 2024 (ON&nbsp;6) wird <span class="Fett">nicht Folge</span> gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Rekurswiederholung vom 18.&nbsp;Jänner 2024 (ON&nbsp;9) und die Rekursergänzung vom 9.&nbsp;April 2024 (ON&nbsp;15) werden zurückgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Mit <span class="Fett">Bescheid</span> vom 24.&nbsp;Juli 2023 sprach die Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Oberösterreich (in der Folge: PVA), aus, dass ab 1.&nbsp;August 2023 eine offene Forderung der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (in der Folge: SVS) in Höhe von EUR&nbsp;60.611,45 auf den Leistungsanspruch des Antragstellers aufgerechnet werde. Aus dem beigefügten Informationsblatt ergibt sich ein Anspruch an Invaliditätspension zuzüglich Ausgleichszulage von EUR&nbsp;1.053,64 und ein monatlicher aufrechnungsbedingter Abzug von EUR&nbsp;30,00 (Blg&nbsp;./A).</p><p class="ErlText AlignLeft">Zur Bekämpfung dieses Bescheides beantragte der Antragsteller am 2.&nbsp;November 2023 die <span class="Fett">Gewährung der Verfahrenshilfe</span> durch Beigebung eines Rechtsanwaltes. Der Bescheid sei ihm am 3.&nbsp;August 2023 zugestellt worden. Er leide an unterdurchschnittlichen intellektuellen Fähigkeiten und Unbeteiligte, einschließlich Justiz, könnten seine oft als Wahnvorstellungen ausgelegten Ausführungen teilweise nicht nachvollziehen. Daher sei es sinnvoll, die Umstände mit einem Anwalt zu besprechen. Sein Einkommen betrage EUR&nbsp;1.053,64 (ON&nbsp;1).</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Verfahrenshilfeantrag bezieht sich auch auf die Rekurserhebung gegen einen nicht näher bezeichneten Beschluss vom 29.&nbsp;November 2022, zugestellt am 22.&nbsp;Dezember 2022. Dieser zweite Antrag wurde mangels Erkennbarkeit der bekämpften Entscheidung zurückgewiesen. Die Antragstellung erfolgte aber irrtümlich (Folge von Copy&amp;Paste) und wurde vom Antragsteller mit Schreiben vom 18.&nbsp;Jänner 2024 zurückgezogen (ON&nbsp;9).</p><p class="ErlText AlignLeft">Über Aufforderung des Erstgerichts teilte die PVA mit, der Bescheid vom 24.&nbsp;Juli 2023 sei ohne Zustellnachweis versandt worden, aber üblicherweise sei von einem Postweg von zwei Tagen auszugehen (ON&nbsp;3). </p><p class="ErlText AlignLeft">Den Antragsteller forderte das Erstgericht ebenfalls auf, binnen fünf Tagen mitzuteilen und zu belegen, wann der Bescheid zugestellt wurde (ON&nbsp;2). Diese Aufforderung wurde dem Antragsteller am 9.&nbsp;November 2023 durch Hinterlegung zugestellt (ON&nbsp;4).</p><p class="ErlText AlignLeft">Nachdem seitens des Antragstellers zum Datum der Bescheidzustellung keine fristgerechte Stellungnahme eingelangt war, wies das <span class="Fett">Erstgericht</span> mit dem angefochtenen Beschluss<span class="Fett"> </span>vom 7.&nbsp;Dezember 2023 den Antrag auf Verfahrenshilfe ab. Der Bescheid sei, selbst wenn im Zweifel ein Postweg von vier Tagen zugrunde gelegt werde, spätestens am 28.&nbsp;Oktober 2023 in Rechtskraft erwachsen. Der Antragsteller habe nicht belegt, den Bescheid erst am 3.&nbsp;August 2023 erhalten zu haben. Der Verfahrenshilfeantrag sei daher verspätet (ON&nbsp;5).</p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen die Ablehnung der Verfahrenshilfe setzte sich der Antragsteller noch am Tag der Beschlusszustellung (4.&nbsp;Jänner 2023) mit einem als „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand &amp; Mitteilung“ bezeichneten Schreiben zur Wehr. Er sei bis 2.&nbsp;November in Haft und dort auch gemeldet gewesen. An seinem Wohnsitz habe keine Post zugestellt werden können. Der PVA-Bescheid sei ihm am 2.&nbsp;August 2023 zugestellt worden. Er habe dies am Kuvert vermerkt und noch am selben Tag die SVS und PVA telefonisch kontaktiert (ON&nbsp;6).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Das Erstgericht sah im Hinblick auf die in §&nbsp;8 ZustellG normierte Verpflichtung, bei laufendem Verfahren die geänderte Wohnadresse bekannt zu geben, keinen Fall für eine Wiedereinsetzung, sondern wertete dieses Schreiben als <span class="Fett">Rekurs</span> (Beschluss – Information ON&nbsp;14 Pkt&nbsp;5), was seitens des Antragstellers durch eine Rekursergänzung gebilligt wurde (ON&nbsp;15).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Im Rahmen von Zwischenerhebungen beauftragte das Erstgericht die PVA sowie die SVS mit der Vorlage allfälliger Aktenvermerke über Telefonate mit dem Antragsteller. Der Antragsteller wurde mit der Aufklärung der Diskrepanz des Datums der Bescheidzustellung (2. oder 3.&nbsp;August 2023), der Vorlage des Kuverts mit dem Vermerk „2.&nbsp;8.&nbsp;2023“ und mit der Bekanntgabe des Haftzeitraums beauftragt (ON&nbsp;7). Die Zustellung an den Antragsteller erfolgte am 24.&nbsp;Jänner 2023 durch Hinterlegung.</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit der SVS gab es Telefonkontakte des Antragstellers am 3. und 4.&nbsp;August sowie 6.&nbsp;September 2023, wobei sich letztlich herausstellte, dass die Aufrechnung mit September 2023 mangels Rechtskraft der Einkommenssteuerbescheide 2005 bis 2008 gestoppt und der einmalig einbehaltene Betrag von EUR&nbsp;30,00 von der SVS an den Antragsteller zurücküberwiesen wurde (ON&nbsp;8, ON&nbsp;13, Blg&nbsp;./I,II).</p><p class="ErlText AlignLeft">Die PVA konnte keine Unterlagen über Telefonate vorlegen, bestätigte aber, mit Schreiben vom 16.&nbsp;August 2023 von der SVS ersucht worden zu sein, bis auf Widerruf keine Aufrechnung mehr durchzuführen (ON&nbsp;10, Blg ./1).</p><p class="ErlText AlignLeft">In dem noch innerhalb der Rekursfrist eingelangten, als „Wiedereinsetzungantrag in den vorigen Stand und Rekurs“ bezeichneten Schreiben vom 18.&nbsp;Jänner 2024 führte der Antragsteller aus, die von 2.&nbsp;November 2023 bis 2.&nbsp;Jänner 2024 verhängte Haft sei ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis gewesen und sämtliche Post sei nach wie vor bei der „** B*“ gelandet. Es gehe nicht darum, ob er in der Lage sei, sich selbst zu verteidigen, sondern dass es im Interesse der Rechtspflege sein müsse, dass man juristisch ordentlich vertreten werde. Er erkenne nunmehr mit Gewissheit aufgrund des Eintrags in seinen (eingescannten) Stehkalender, dass die Klagsfrist am 3.&nbsp;November 2023 geendet habe. Wie der Pfeil auf den 2.&nbsp;November 2023 zeige, habe er die Klage einen Tag vor Fristablauf eingebracht, weil er einen Termin bei der Bewährungshilfe gehabt und dabei am Gerichtsgebäude vorbeigekommen sei (ON&nbsp;9).</p><p class="ErlText AlignLeft">Offensichtlich in Erfüllung des Gerichtsauftrags ON&nbsp;7 stellte der Antragsteller in einem Schreiben vom 26.&nbsp;Jänner 2024 klar, dass er den 2.&nbsp;August 2023 deshalb – noch vor Auffinden des Stehkalenders – angegeben habe, weil er geglaubt habe, auch die Klage „wie gewöhnlich am letzten Drücker“ abgegeben zu haben. Er achte penibel auf die Fristen, das Kuvert habe er nach Klagseinbringung weggeworfen. Die Haft sei überraschend verhängt worden und werde von der Ombudsstelle derzeit behandelt (ON&nbsp;12).</p><p class="ErlText AlignLeft">In einem als „Beschluss – Information“ bezeichneten Schriftstück vom 19.&nbsp;März 2023 fasste das Erstgericht den aktuellen Verfahrensstand zusammen, teilte dem Antragsteller mit, den Rekurs ON&nbsp;6 dem Oberlandesgericht Linz vorzulegen, und nahm umfangreich Stellung dazu, warum seines Erachtens die Dreimonatsfrist nicht eingehalten worden sei. Insbesondere überzeuge das Foto aus dem Standkalender nicht und sei der Antragsteller trotz Abzugs wochenlang untätig geblieben (ON&nbsp;14).</p><p class="ErlText AlignLeft">Daraufhin ergänzte der Antragsteller mit Eingabe vom 9.&nbsp;April 2024 seinen Rekurs ON&nbsp;6 um umfangreiche, mit Rechtsprechung des VwGH, OGH und des NÖ LVwG sowie Kommentarstellen untermauerte Ausführungen zur Beweislast bei Zustellungen ohne Zustellnachweis. Außerdem legte er dar, dass er aus der Haft einen Wohnsitzwechsel nicht mitteilen habe können; er habe sogar versucht, im Rahmen eines Ausgangsersuchens zu seinen Unterlagen zu gelangen. Zugleich lehnte der Antragsteller den Erstrichter als befangen ab (ON&nbsp;15).</p><p class="ErlText AlignLeft">Dem Ablehnungsantrag und dem Rekurs dagegen wurde nicht Folge gegeben (ON&nbsp;17, ON&nbsp;19), sodass nunmehr eine Entscheidung über den Rekurs gegen die Ablehnung der Verfahrenshilfe möglich ist.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurs ist <span class="Fett">nicht berechtigt</span>.</p><p class="ErlText AlignLeft">1&nbsp;Aufgrund des Grundsatzes der Einmaligkeit von Rechtsmitteln sind weitere Rechtsmittelschriften und Rechtsmittelgegenschriften, Nachträge oder Ergänzungen auch dann unzulässig, wenn sie innerhalb der gesetzlichen Frist angebracht werden (RIS-Justiz <span class="Unterstrichen">RS0041666</span>). Sowohl der wiederholte Rekurs vom 18.&nbsp;Jänner 2024 (ON&nbsp;9) als auch die Rekursergänzung vom 9.&nbsp;April 2024 (ON&nbsp;15) sind daher zurückzuweisen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Letztlich kommt es auf den Inhalt dieser beiden Eingaben aber ohnehin nicht an, weil von keiner Verfristung der Klagseinbringung auszugehen ist. Der Streit zum Beginn der Dreimonatsfrist – 2. oder 3.&nbsp;August 2023 – , ist aus rechtlichen Überlegungen nicht zu führen.</p><p class="ErlText AlignLeft">2&nbsp;Recht zu geben ist dem Rekurswerber nämlich hinsichtlich seiner Bedenken gegen die Ansicht des Erstgerichts zum Zeitpunkt der Bescheidzustellung.</p><p class="ErlText AlignLeft">2.1&nbsp;Der Bescheid datiert mit 24.&nbsp;Juli, signiert wurde er aber erst am 25.&nbsp;Juli 2023 (Blg&nbsp;./A), sodass bei den vom Erstgericht zugrunde gelegten vier Zustelltagen die Rechtskraft jedenfalls nicht am 28.&nbsp;Oktober eingetreten sein konnte. Tatsächlich ist es aber völlig offen, wann der Bescheid zur Post gegeben wurde, da die PVA keine Belege für die Postaufgabe hat.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">2.2&nbsp;Auch Sozialversicherungsträger haben gemäß der Verweisungsnorm des § 21 AVG für Zustellungen die Vorschriften des Zustellgesetzes anzuwenden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Da die Versendung ohne Zustellnachweis erfolgte (ON&nbsp;3), ist §&nbsp;26 ZustG einschlägig. Im Falle einer Zustellung ohne Zustellnachweis wird das Dokument zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird (Abs&nbsp;1). Die Zustellung gilt als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt; im Zweifel hat aber die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen ( Abs&nbsp;2 Satz&nbsp;1).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">2.3&nbsp;Aus dieser Bestimmung ergibt sich, dass die Zustellfiktion nicht eintritt, wenn die Wirksamkeit oder der Zeitpunkt der Zustellung vom Empfänger bestritten werden. In diesem Fall hat die Behörde Tatsache und Zeitpunkt der Zustellung – mangels Zustellnachweises – auf andere Weise zu beweisen, dh sie hat nachzuweisen, dass und wann sie das Dokument in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wurde. Gelingt ihr dieser Nachweis, findet die Zustellfiktion statt. Gelingt dies nicht, muss die Behauptung der Partei über die nicht erfolgte Zustellung oder über den Zeitpunkt der Zustellung als richtig angenommen werden (<span class="Kursiv">Bumberger/Schmid</span>, Praxiskommentar zum Zustellgesetz §&nbsp;26 [Stand 1.1.2018, rdb.at] K9; VwGH 2013/08/0032, 2011/10/0146 uvam; vgl OLG Wien 7&nbsp;Rs 30/22s).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Dem Sozialversicherungsträger obliegt es, die erfolgte Zustellung nachzuweisen. Verzichtet er trotz § 22 AVG auf die Beigabe eines Zustellscheins, trägt er das Risiko einer nicht oder nicht gehörig erfolgten Zustellung. Kann etwa einem Bescheidadressaten bei fehlerhafter Zustellung nicht anderweitig bewiesen werden, dass ihm der Bescheid tatsächlich zugekommen ist, gilt der Bescheid als nicht ergangen (RIS-Justiz <span class="Unterstrichen">RS0049619</span>). Nichts anderes gilt für den vom Sozialversicherungsträger nicht erwiesenen Zeitpunkt der Zustellung.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Es gibt keinen Rechtssatz, dass bei bewiesenem Absenden eines - nicht eingeschriebenen - Briefes mit der Post der Zugang beim Adressaten zu vermuten wäre (RIS-Justiz <span class="Unterstrichen">RS0014065</span>). Die Tatsache der Abgabe einer Sendung an die Post begründet keine Umkehr der Beweislast (OGH 10ObS188/02y unter Hinweis auf 7&nbsp;Ob 675/89). Ist der Tag der Zustellung strittig, hat der vom Empfänger angegebene Tag der Zustellung so lange als der wirkliche Zustelltag zu gelten, als von der Behörde nicht die Unrichtigkeit dieser Behauptung bewiesen wird (<span class="Kursiv">Gitschthaler </span>in <span class="Kursiv">Rechberger/Klicka, </span>ZPO<span class="Hoch">5 </span>§&nbsp;87 [§&nbsp;26 ZustG] Rz&nbsp;2).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">2.4&nbsp;Da die PVA keinerlei Beweise zum Zeitpunkt der Bescheidzustellung vorlegen oder anbieten konnte, ist von dem vom Antragsteller genannten Zustellzeitpunkt auszugehen. Ob das nunmehr der 2. oder 3.&nbsp;August 2023 war, ist irrelevant und für einen anderen Tag gibt es keine Anhaltspunkte. Die Beweislast trifft die PVA. Der Verfahrenshilfeantrag vom 2.&nbsp;November 2023 ist daher zumindest im Zweifel als rechtzeitig innerhalb der dreimonatigen Klagsfrist eingebracht anzusehen.</p><p class="ErlText AlignLeft">3&nbsp;Bezüglich Bewilligung der Verfahrenshilfe ist allerdings für den Antragsteller trotz dieses Zwischenerfolgs nichts zu gewinnen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">3.1&nbsp;In Prozessen ohne absolute Anwaltspflicht soll schon aufgrund der möglichst weitgehenden Einschränkung der Belastung des Anwaltsstands durch Verfahrenshilfevertretungen die Beigabe eines Rechtsanwalts nur als Ausnahme verfügt werden. Sie ist dort erforderlich, wo der Rechtsfall besondere Schwierigkeiten in rechtlicher und/oder tatsächlicher Hinsicht erwarten lässt, und insbesondere wo der Prozess einen Verlauf nehmen kann, der sich der Übersicht und der Einsicht der Partei entzieht. […] Die Bestellung eines Rechtsanwalts zur Verfahrenshilfe wird in Arbeits- und Sozialrechtssachen für das Verfahren erster Instanz angesichts der erweiterten richterlichen Anleitungs- und Belehrungspflicht (§&nbsp;39 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;1 ASGG) im Regelfall als nicht erforderlich angesehen (<span class="Kursiv">M.&nbsp;Bydlinski </span>in <span class="Kursiv">Fasching/Konecny³ </span>§&nbsp;64 ZPO Rz&nbsp;16; OLG Wien in SVSlg 57.109, 57.107, 57.091, 57.089 uvam).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">3.2&nbsp;Dass der Antragsteller nur einen geringen Grad von Verständnis und Rechtskenntnis verfügt, behauptet er zwar sinngemäß in seinem Verfahrenshilfeantrag, ist aber schon durch seine multiplen Eingaben eindeutig widerlegt. Er ist nicht nur in der Lage, auf die Aufträge des Richters entsprechend zu reagieren, sondern bedient sich auch ohne Anleitung intensivst sämtlicher Rechtsbehelfe. Daher sind der richterlichen Anleitungspflicht keine Grenzen gesetzt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">4.1&nbsp;Im Ergebnis zu Recht hat daher das Erstgericht das Begehren auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen. Eines Rechtsanwaltes bedarf es nicht und ansonsten ist in sozialgerichtlichen Verfahren mit keiner Kostenbelastung zu rechnen. Es fallen nicht nur keine Gerichtsgebühren an (§&nbsp;80 ASGG), sondern auch keine Gebühren für Zeugen oder Sachverständige (§&nbsp;77 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 ASGG) und für Reisekosten der Partei gilt die Sonderregelung des §&nbsp;79 ASGG.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">4.2&nbsp;Der rechtzeitige Verfahrenshilfeantrag zur Einbringung der Bescheidklage hat die dreimonatige Klagsfrist unterbrochen. Die Bestimmung des § 73 Abs 2 ZPO ist sinngemäß auch auf die Klagsfrist des § 67 Abs 2 ASGG anzuwenden (<span class="Kursiv">Sonntag </span>in <span class="Kursiv">Köck/Sonntag</span>, ASGG §&nbsp;67 Rz&nbsp;43 und <span class="Kursiv">Neumayr </span>in ZellKomm³ §&nbsp;67 Rz&nbsp;10 jeweils unter Hinweis auf RIS-Justiz RW0000353). Sie beginnt mit dem Eintritt der Rechtskraft dieses abweislichen Beschlusses über die Verfahrenshilfe neu zu laufen</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">5&nbsp;Ein Revisionsrekurs ist in Verfahrenshilfesachen gemäß §&nbsp;528 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;4 ZPO jedenfalls unzulässig.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250107_OGH0002_0110OS00147_24P0000_000
Justiz
OGH
2025-01-09
2025-01-09
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250107_OGH0002_0110OS00147_24P0000_000
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11Os147/24p
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat am 7.&nbsp;Jänner&nbsp;2025 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag.&nbsp;Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag.&nbsp;Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Oberressl in Gegenwart der FI&nbsp;Jäger als Schriftführerin in der Strafsache gegen * D* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 erster Fall, Abs&nbsp;4 Z&nbsp;2 und Z&nbsp;3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen, AZ&nbsp;72&nbsp;Hv&nbsp;95/24b des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die Grundrechtsbeschwerde des * D* gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 28.&nbsp;November&nbsp;2024, AZ&nbsp;17&nbsp;Bs&nbsp;362/24w (ON&nbsp;404.3 der Hv-Akten), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft">* D* wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Im Verfahren AZ&nbsp;72&nbsp;Hv&nbsp;95/24b des Landesgerichts für Strafsachen Wien gab das Oberlandesgericht Wien mit dem angefochtenen Beschluss vom 28.&nbsp;November&nbsp;2024, AZ&nbsp;17&nbsp;Bs&nbsp;362/24w (ON&nbsp;404.3), der Beschwerde des * D* gegen den in der schöffengerichtlichen Hauptverhandlung am 19.&nbsp;November&nbsp;2024 gefassten Haftfortsetzungsbeschluss (ON&nbsp;391.1 S&nbsp;43&nbsp;f, ON&nbsp;394) nicht Folge und setzte die über den Genannten mit Beschluss vom 8.&nbsp;März&nbsp;2024 (ON&nbsp;21) verhängte Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr gemäß §&nbsp;173 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;3 lit&nbsp;a und b StPO fort.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Dabei ging das Beschwerdegericht vom dringenden Verdacht aus (ON&nbsp;404.3 S&nbsp;3 bis&nbsp;7), * D* habe in W* und anderen Orten</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">A/&nbsp;als Mitglied einer aus mindestens zehn Personen bestehenden, organisierten und auf längere Zeit, nämlich auf mehrere Jahre angelegten Verbindung, die auf die Begehung von Straftaten nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 SMG ausgerichtet war, der neben ihm unter anderem 21 namentlich genannte Personen sowie zahlreiche weitere noch nicht ausgeforschte Täter angehörten,</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">I/&nbsp;vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§&nbsp;28b SMG) vielfach übersteigenden Menge</span></p><p class="ErlText AlignLeft">1/&nbsp;erzeugt bzw zu erzeugen versucht, und zwar</p><p class="ErlText AlignLeft">a/&nbsp;in We* und anderen Orten im Zeitraum von April&nbsp;2018 bis April&nbsp;2023 in zumindest 15&nbsp;Anbauzyklen insgesamt zumindest 1.050&nbsp;kg Cannabiskraut (beinhaltend durchschnittlich 10,17&nbsp;% THCA und 0,76&nbsp;% Delta-9-THC), indem er in arbeitsteiliger Vorgehensweise in der Betriebsstätte der Mi* M* GmbH eine professionelle Cannabisplantage (mit-)aufbaute und betrieb, wobei er die abgesondert verfolgten * R* und * I* beauftragte, die Elektroinstallationen für den Betrieb der Cannabisplantage (mit) zu errichten, Reparaturen der Anlage durchzuführen und während des Betriebs der Anlage bei elektronischen Problemen zur Verfügung zu stehen, die Setzlinge für die Plantage lieferte, bei der Ernte der Cannabispflanzen (mit-)half, frische Erde für die folgenden Anbauzyklen brachte und die Abfälle nach den jeweiligen Ernten abtransportierte, wobei in der Cannabisplantage Cannabispflanzen bis zur Erntereife kultiviert und pro Erntezyklus jeweils durchschnittlich 70&nbsp;kg Cannabiskraut gewonnen wurden;</p><p class="ErlText AlignLeft">b/&nbsp;in Wei* und anderen Orten im Zeitraum von Jänner&nbsp;2020 bis Februar&nbsp;2023 in zumindest 12&nbsp;Zyklen insgesamt zumindest 120&nbsp;kg Cannabiskraut (beinhaltend durchschnittlich 10,41&nbsp;% THCA und 0,79&nbsp;% Delta-9-THC), indem er eine ca&nbsp;50&nbsp;m² große Cannabis-Indoorplantage in einem nur dafür angemieteten ehemaligen Wirtshaus betrieb, das eine Kapazität für ca&nbsp;500&nbsp;Cannabispflanzen hatte;</p><p class="ErlText AlignLeft">c/&nbsp;in T* und anderen Orten im Zeitraum von zumindest Anfang Dezember&nbsp;2023 bis zu seiner Festnahme am 5.&nbsp;März&nbsp;2024 in einem Zyklus ca&nbsp;39&nbsp;kg Cannabiskraut (beinhaltend zumindest 5.210&nbsp;g THCA und 398&nbsp;g Delta-9-THC), indem er mit den dazu bereits rechtskräftig verurteilten M* Du*, S* Du*, * J* und * L* an einer im Beschluss bezeichneten Adresse eine Cannabisplantage auf zwei Ebenen mit insgesamt 636&nbsp;Pflanzen (mit-)betrieb, wobei beim Einschreiten der Polizei am 14.&nbsp;März&nbsp;2024 224&nbsp;Pflanzen bereits abgeerntet waren und es hinsichtlich der restlichen Pflanzen, die in Vollblüte standen, beim Versuch blieb;</p><p class="ErlText AlignLeft">2/&nbsp;anderen überlassen, und zwar in W* und anderen Orten im Zeitraum von April&nbsp;2018 bis April&nbsp;2023 in mehrfachen Angriffen insgesamt ca&nbsp;189&nbsp;kg Cannabiskraut (beinhaltend durchschnittlich 10,17&nbsp;% THCA und 0,76&nbsp;% Delta-9-THC), indem er das Cannabiskraut aus der Cannabisplantage in der Betriebsstätte der Mi* M* GmbH in We* übernahm und unbekannten Mittätern oder Großabnehmern zum Weiterverkauf überließ;</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">II/&nbsp;dazu beigetragen, dass vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§&nbsp;28b SMG) vielfach übersteigenden Menge in arbeitsteiliger Vorgehensweise anderen überlassen wird, indem Cannabiskraut von Mittätern der Verbindung vereinbarungsgemäß von Indoorplantagen abgeholt und an weitere Mittäter oder Großabnehmer weitergegeben wird,</span></p><p class="ErlText AlignLeft">1/&nbsp;dadurch, dass er in Kenntnis des Tatplans die zu I/1/a/ genannten Handlungen in We* und anderen Orten setzte, dass im Zeitraum von April&nbsp;2018 bis April&nbsp;2023 insgesamt ca&nbsp;861&nbsp;kg Cannabiskraut (beinhaltend durchschnittlich 10,17&nbsp;% THCA und 0,76&nbsp;% Delta-9-THC) von Mittätern aus der Cannabisplantage in der Betriebsstätte der Mi* M* GmbH abgeholt und anderen überlassen wird;</p><p class="ErlText AlignLeft">2/&nbsp;dadurch, dass er in Kenntnis des Tatplans die zu I/1/b/ genannten Handlungen in Wei* und anderen Orten setzte, dass im Zeitraum von Jänner&nbsp;2020 bis Februar&nbsp;2023 insgesamt zumindest 120&nbsp;kg Cannabiskraut (beinhaltend durchschnittlich 10,41&nbsp;% THCA und 0,79&nbsp;% Delta-9-THC Reinheitsgehalt) von Mittätern aus der Cannabisplantage in dem ehemaligen Wirtshaus abgeholt und anderen überlassen wird,</p><p class="ErlText AlignLeft">B/&nbsp;als Mitglied einer kriminellen Vereinigung der neben ihm unter anderem 21 namentlich genannte Personen sowie zahlreiche weitere noch nicht ausgeforschte Täter angehörten</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">I/&nbsp;Cannabispflanzen zum Zweck der Gewinnung einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§&nbsp;28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz angebaut, dass es in Verkehr gesetzt werde, und zwar</span></p><p class="ErlText AlignLeft">1/&nbsp;im Zeitraum ab Jänner&nbsp;2024 bis zu seiner Festnahme am 5.&nbsp;März&nbsp;2024, indem er an einer Adresse in W* eine Cannabisplantage mit 852&nbsp;Cannabispflanzen (mit-)betrieb, in welcher 23,04&nbsp;kg Cannabiskraut (beinhaltend zumindest 3.530&nbsp;g THCA und 270&nbsp;g Delta-9-THC) erzeugt worden wären, zumal bei der Anordnung der Durchsuchung am 6.&nbsp;Mai&nbsp;2024 die Pflanzen bereits in Vollblüte standen, wobei er das für den Betrieb erforderliche Equipment zur Verfügung stellte sowie an der Errichtung und der Inbetriebnahme der Plantage mitwirkte;</p><p class="ErlText AlignLeft">2/&nbsp;im Zeitraum ab Jänner&nbsp;2024 bis zu seiner Festnahme am 5.&nbsp;März&nbsp;2024, indem er an einer Adresse in W* eine Cannabisplantage mit 850&nbsp;Cannabispflanzen (mit-)betrieb, in welcher zumindest ca&nbsp;10&nbsp;kg Cannabiskraut (beinhaltend zumindest 14,57&nbsp;% THCA und 1,12&nbsp;% Delta-9-THC) erzeugt worden wären, wobei er zumindest an der Errichtung und dem Betrieb der Plantage mitwirkte;</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">II/&nbsp;zum Anbau von Cannabispflanzen zum Zweck der Gewinnung einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§&nbsp;28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz beigetragen, dass es in Verkehr gesetzt werde, indem er in Kenntnis des Tatplans dem abgesondert verurteilten * N* zu einem noch festzustellenden Zeitpunkt im Herbst&nbsp;2023 Cannabissetzlinge für eine Cannabisplantage in W* überließ, der im Zeitraum von Oktober&nbsp;2023 bis April&nbsp;2024, eine Cannabisplantage mit 363&nbsp;Cannabispflanzen betrieb, in welcher 10,62&nbsp;kg Cannabiskraut (beinhaltend zumindest 1.305&nbsp;g THCA und 99,3&nbsp;g Delta-9-THC) erzeugt worden wären, zumal beim Einschreiten der Polizei am 17.&nbsp;April&nbsp;2024 die Pflanzen bereits in Vollblüte standen;</span></p><p class="ErlText AlignLeft">C/&nbsp;mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, aus einer Anlage, die der Gewinnung, Umformung, Zuführung oder Speicherung von Energie dient, Energie in einem noch festzustellenden, 5.000&nbsp;Euro jedenfalls übersteigenden Wert entzogen, indem er den für die unter seiner Mitwirkung betriebenen Cannabis-Indoorplantagen erforderlichen Strom durch Benützung einer den am Objekt angebrachten Stromzähler umgehenden Leitung bezog, und zwar</p><p class="ErlText AlignLeft">I/&nbsp;im Zeitraum von Jänner&nbsp;2020 bis Februar&nbsp;2023 in Wei* Energie in einem noch festzustellenden, jedenfalls 5.000&nbsp;Euro übersteigenden Wert betreffend die zu&nbsp;A/I/1/b/ angeführte Indoorplantage;</p><p class="ErlText AlignLeft">II/&nbsp;im Zeitraum von zumindest Anfang Januar&nbsp;2024 bis zu seiner Festnahme am 5.&nbsp;März&nbsp;2024 in T* Energie im Umfang von zumindest 10.271,81&nbsp;Euro betreffend die zu&nbsp;A/I/1/c/ angeführte Indoorplantage;</p><p class="ErlText AlignLeft">III/&nbsp;im Zeitraum ab Jänner&nbsp;2024 bis zu seiner Festnahme am 5.&nbsp;März&nbsp;2024 in W* Energie in einem noch festzustellenden Wert betreffend die zu B/I/1/ angeführte Indoorplantage.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Oberlandesgericht (ON&nbsp;404.3 S&nbsp;7&nbsp;f) dieses Verhalten als jeweils ein Verbrechen des Suchtgifthandels nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 erster Fall, Abs&nbsp;4 Z&nbsp;2 und Z&nbsp;3 SMG (A/I/1/) und nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 fünfter Fall, Abs&nbsp;4 Z&nbsp;2 und Z&nbsp;3 SMG, teils iVm §&nbsp;12 dritter Fall StGB (A/I/2/ und A/II/), als ein Verbrechen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach §&nbsp;28 Abs&nbsp;1 zweiter Satz, Abs&nbsp;2 und Abs&nbsp;3 SMG, teils iVm §&nbsp;12 dritter Fall StGB (B/) und als ein Vergehen der Entziehung von Energie nach §&nbsp;132 Abs&nbsp;1 und Abs&nbsp;2 erster Fall StGB (C/).</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Gegen diesen Beschluss des Beschwerdegerichts richtet sich die rechtzeitig erhobene Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten * D* (ON&nbsp;406), die sich (erneut; vgl zu früheren Grundrechtsbeschwerden 11&nbsp;Os&nbsp;85/24w und 11&nbsp;Os&nbsp;129/24s) gegen die Annahmen zum dringenden Tatverdacht wendet, weil das Oberlandesgericht diese (ua) auf (aus Beschwerdesicht) einem innerstaatlichen Beweisverbot unterliegende Verfahrensergebnisse (SKY ECC-Chats) gestützt habe.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers haben die (erkennbar gemeint: für eine Unterrichtung iSd §&nbsp;55d Abs&nbsp;7 EU-JZG zuständigen) französischen Behörden die Staatsanwaltschaft Wien (erkennbar gemeint: als für den Empfang einer solchen Unterrichtung zuständige Behörde) über die Überwachung der über den Krypto-Messenger-Dienst SKY&nbsp;ECC abgewickelten Kommunikation durch „Verwendung eines Bundestrojaners“ informiert. Die Staatsanwaltschaft hätte daher gemäß §&nbsp;55d Abs&nbsp;7 iVm §&nbsp;55a Abs&nbsp;1 Z&nbsp;13 EU-JZG die Überwachung und Verwendung untersagen müssen. Aus diesem Grund dürften die gewonnenen Überwachungsergebnisse (umso mehr) auch im gegenständlichen Verfahren nicht verwendet werden, weil eine derartige Ermittlungsmaßnahme (Einsatz eines Bundestrojaners) in Österreich nicht zulässig sei. Die Staatsanwaltschaft Wien habe deshalb Kenntnis „über die Vorgangsweise der französischen Behörden“ gehabt, weil die „ON&nbsp;140 inklusive der ON&nbsp;140, 98–112 von der Staatsanwaltschaft Wien in den hier gegenständlichen Akt eingeflossen sind“ und Staatsanwalt S* (nationaler Experte bei EUROJUST) diese „SIENA“, die „von Europol für die Übermittlung von Daten an nationale Europolbüros verwendet“ wird, an Staatsanwalt Sa* (Staatsanwaltschaft Wien) übermittelt habe.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Vorangestellt sei, dass in Österreich das Überwachen verschlüsselt gesendeter, übermittelter oder empfangener Nachrichten und Informationen, die von einer natürlichen Person über ein Kommunikationsnetz oder einen Dienst der Informationsgesellschaft gesendet, übermittelt oder empfangen werden, nicht per se unzulässig ist (vgl die technologieneutrale Formulierung von §&nbsp;134 Z&nbsp;3 StPO idgF; EBRV&nbsp;17&nbsp;BlgNR&nbsp;26.&nbsp;GP&nbsp;2, 8&nbsp;ff, 12&nbsp;f; <span class="Kursiv">Reindl-Krauskopf</span>, WK-StPO §&nbsp;134 Rz&nbsp;20/1).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Vielmehr wurde vom Verfassungsgerichtshof (bloß) jene (letztlich nie in Kraft getretene) Rechtsgrundlage aufgehoben, die das Überwachen verschlüsselt gesendeter, übermittelter oder empfangener Nachrichten und Informationen durch <span class="Unterstrichen">Installation eines Progamms</span> in einem Computersystem (§&nbsp;74 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;8 StGB) ermöglichen sollte, um eine <span class="Unterstrichen">Verschlüsselung beim Senden, Übermitteln oder Empfangen</span> der Nachrichten und Informationen <span class="Unterstrichen">zu überwinden</span> (vgl §&nbsp;134 Z&nbsp;3a und §&nbsp;135a StPO idF BGBl&nbsp;I&nbsp;2018/27; VfGH&nbsp;G&nbsp;72–74/2019-48, G&nbsp;181–182/2019-18 vom 11.&nbsp;Dezember&nbsp;2019).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] Diese Bestimmung sollte nach allgemeinem Verständnis ermöglichen, die Verschlüsselung am Ursprung des Kommunikationsflusses zu überwinden, also die <span class="Unterstrichen">Kommunikationsinhalte im</span> noch (oder wieder) <span class="Unterstrichen">unverschlüsselten Zustand abzufangen oder zu protokollieren</span> und diese <span class="Unterstrichen">dadurch</span> den Strafverfolgungsbehörden <span class="Unterstrichen">in lesbarer Form verfügbar zu machen</span> (vgl <span class="Kursiv">Reindl-Krauskopf</span>, WK-StPO §&nbsp;134 Rz&nbsp;20/1, 20/2, 20/3). Es fehlt eine gesetzliche Basis für die (remote oder physikalische) Installation eines Programms (zB einer Spionagesoftware) auf dem zu überwachenden Computersystem (zB Desktop-PC, Notebook, Smartphone, Tablet), welches von einer natürlichen Person gesendete, übermittelte oder empfangene Nachrichten und Informationen entweder vor der Verschlüsselung oder nach der Entschlüsselung an die Strafverfolgungsbehörden (unverschlüsselt) ausleitet (sogenannte „<span class="Unterstrichen">Quellen-TKÜ</span>“).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] Die Ergebnisse einer nicht durch österreichische Strafverfolgungsbehörden veranlassten Überwachung verschlüsselter Kommunikation im Sinn einer „Quellen-TKÜ“ durch ausländische Behörden unterläge allerdings nicht schon allein deshalb einem Verwendungsverbot, weil die Anordnung einer solchen Maßnahme nach österreichischem Recht nicht zulässig gewesen wäre (vgl 14&nbsp;Os&nbsp;14/24a [Rz&nbsp;8&nbsp;f, Rz&nbsp;45 je mwN]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [10] Eine Unterbindung von – ohne Veranlassung österreichischer Behörden – im Ausland gesetzten, nach österreichischem Recht nicht zulässigen Überwachungsmaßnahmen in Österreich mit der Konsequenz eines Verwendungsverbots dadurch erlangter Überwachungsergebnisse ist allerdings im Anwendungsbereich der Europäischen Ermittlungsanordnung (vgl die der Umsetzung der Richtlinie&nbsp;2014/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3.&nbsp;April&nbsp;2014 über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen [RL-EEA] dienenden §§&nbsp;55&nbsp;ff EU-JZG) vorgesehen (vgl 14&nbsp;Os&nbsp;14/24a [Rz&nbsp;45] mwN, 14&nbsp;Os&nbsp;107/24b&nbsp;[Rz&nbsp;10], 11&nbsp;Os&nbsp;129/24s&nbsp;[Rz&nbsp;11]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [11] So hat nach §&nbsp;55d Abs&nbsp;7 EU-JZG die (österreichische) Staatsanwaltschaft (vgl §&nbsp;55c Abs&nbsp;2 EU-JZG), bei der eine „Unterrichtung“ (vgl Anhang&nbsp;XIX zum EU-JZG bzw Art&nbsp;31 Abs&nbsp;2 RL-EEA iVm Anhang&nbsp;C) durch eine „ausstellende Behörde“ (§&nbsp;2 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;4a EU-JZG) eines „Ausstellungsstaats“ (§&nbsp;2 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;3 lit&nbsp;a EU-JZG) darüber einlangt, dass eine Überwachung des Telekommunikationsverkehrs in Österreich ohne technische Unterstützung durch österreichische Behörden und/oder Unternehmen bereits durchgeführt wurde, gegenwärtig durchgeführt wird oder in Zukunft durchgeführt werden soll (vgl Art&nbsp;31 Abs&nbsp;1 RL-EEA), der ausstellenden (unterrichtenden) Behörde im Fall des Vorliegens der in §&nbsp;55a Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 bis 5, 8 und 13 EU-JZG genannten Gründe binnen 96&nbsp;Stunden mitzuteilen, dass die Überwachung von Nachrichten nicht durchgeführt werden kann oder zu beenden ist, sowie bereits gewonnene Überwachungsergebnisse nicht verwendet werden dürfen (vgl Art&nbsp;31 Abs&nbsp;3 RL-EEA; vgl <span class="Kursiv">Herrnfeld</span> in <span class="Kursiv">Göth-Flemmich/Herrnfeld/Kmetic/Martetschläger</span>, Internationales Strafrecht §&nbsp;55d EU-JZG Rz&nbsp;9; 14&nbsp;Os&nbsp;107/24b&nbsp;[Rz&nbsp;6&nbsp;ff]; 11&nbsp;Os&nbsp;129/24s&nbsp;[Rz&nbsp;7&nbsp;ff]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [12] Das Vollstreckungshindernis des §&nbsp;55a Abs&nbsp;1 Z&nbsp;13 EU-JZG erfasst den Fall, dass eine Überwachung von Nachrichten in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall nicht genehmigt werden würde.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [13] Eine Europäische Ermittlungsanordnung eines anderen Mitgliedstaats, die auf die Überwachung verschlüsselter Kommunikation durch Installation einer Trojaner-Software im oben beschriebenen Sinn („Quellen-TKÜ“) auf in Österreich verwendeten Mobiltelefonen ohne Kenntnis deren Nutzer gerichtet ist, dürfte von österreichischen Behörden gemäß §&nbsp;55a Abs&nbsp;1 Z&nbsp;13 EU-JZG nicht vollstreckt werden. Wäre also eine österreichische Staatsanwaltschaft über eine solche (wenngleich bereits abgeschlossene, ohne Einbindung österreichischer Behörden vorgenommene) Ermittlungsmaßnahme von einer ausstellenden Behörde (§&nbsp;2 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;4a EU-JZG) unterrichtet worden, so hätte sie die in §&nbsp;55d Abs&nbsp;7 EU-JZG normierte Verpflichtung getroffen und unterlägen die Überwachungsergebnisse einem Verwendungsverbot.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [14] Selbst ein bestimmte Beweisergebnisse betreffendes Beweisverbot hinderte allerdings nicht, andere Beweisergebnisse zu verwerten, die aus weiteren, aus Anlass der vom Beweisverbot betroffenen Ergebnisse durchgeführten Beweiserhebungen gewonnen wurden (RIS-Justiz RS0130052; <span class="Kursiv">Kirchbacher/Sadoghi</span>, WK-StPO §&nbsp;246 Rz&nbsp;58).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [15] Im Grundrechtsbeschwerdeverfahren kann die Verletzung eines Beweisverwertungsverbots unter dem Aspekt des §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;5 vierter Fall StPO geltend gemacht werden, weil Subsidiarität dieses Nichtigkeitsgrundes gegenüber den im Grundrechtsbeschwerdeverfahren nicht anwendbaren Z&nbsp;2 bis 4 des §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 StPO ausscheidet (vgl 14&nbsp;Os&nbsp;107/24b [Rz&nbsp;5], 11&nbsp;Os&nbsp;129/24s&nbsp;[Rz&nbsp;6] je mwN).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [16] Der angefochtene Beschluss hält zu den für die Begründung des dringenden Tatverdachts herangezogenen (vgl BS&nbsp;8&nbsp;ff) SKY ECC-Chats fest, dass die Chat-Auswertungen „auf Basis einer französischen Genehmigung durch eine gemeinsame Ermittlungsaktion niederländischer, französischer und belgischer Behörden gewonnen“ wurden (BS&nbsp;10), wobei kein „Trojaner“ auf den Mobiltelefonen installiert wurde (BS&nbsp;11), und verweist (vgl RIS-Justiz RS0124017) im Übrigen zur Vorgangsweise der ausländischen Strafverfolgungsbehörden bei der Gewinnung der Kommunikationsdaten und -inhalte auf den erstgerichtlichen Haftfortsetzungsbeschluss vom 19.&nbsp;November&nbsp;2024, GZ&nbsp;72&nbsp;Hv&nbsp;95/24b-394 (BS&nbsp;10&nbsp;ff). Weiters ging es davon aus, dass die österreichischen Behörden, insbesondere die Staatsanwaltschaft, im Zeitpunkt der Gewinnung dieser Daten in keiner Weise eingebunden waren, sondern erst nach deren Abschluss davon „erfuhren“, als die Beweisergebnisse bereits vorlagen (ON&nbsp;404.3 S&nbsp;11).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [17] Das Erstgericht ging unter Bezugnahme auf die Entscheidung 14&nbsp;Os&nbsp;14/24a und die – mittlerweile übersetzte (ON&nbsp;383.2) – Darstellung des Ablaufs der Überwachung (ON&nbsp;140 S&nbsp;98–112 = ON&nbsp;380) sowie die weiteren in ON&nbsp;140 und ON&nbsp;141 enthaltenen Unterlagen von folgendem Sachverhalt aus (ON&nbsp;394&nbsp;S&nbsp;7&nbsp;ff):</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [18] Der Kommunikationsanbieter SKY ECC stellte seinen Kunden Mobiltelefone mit einer Verschlüsselungssoftware zur Verfügung, mit denen Text-, Sprach- und Bildnachrichten verschickt werden konnten und die eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aufwiesen. Jedem Mobiltelefon war eine unveränderbare Identifikationsnummer (PIN) zugeordnet. Im Zuge von gegen das Unternehmen SKY ECC im Jahr&nbsp;2019 von den französischen Behörden eingeleiteten Ermittlungen wurde im Datenzentrum des Unternehmens O* in Frankreich auf zwei von SKY ECC verwendeten Servern ein „IP-Tap“ installiert, der den (aus dem Gesamtkontext erkennbar: nach wie vor verschlüsselten) Datenverkehr zwischen den Servern überwachte. Im Zuge einer im Datenzentrum von O* in Frankreich mit französischen Genehmigungen durchgeführten Durchsuchung wurden Kopien der Arbeitsspeicher der von SKY ECC verwendeten Server erstellt, wodurch ein „Verschlüsselungszertifikat“ erlangt wurde. Mit diesem „Verschlüsselungszertifikat“ entwickelten französische, belgische und niederländische Behörden eine Methode zur Entschlüsselung der verschlüsselten Nachrichten: Bei dieser sogenannten Man-in-the-Middle (MITM-)Methode wurde mit Genehmigung des dafür zuständigen französischen Beirats vom 12.&nbsp;November&nbsp;2020 (gültig bis 30.&nbsp;November&nbsp;2026) im Datenzentrum von O* ein Server installiert (MITM-Server), der den gesamten über die Server von SKY ECC abgewickelten (erkennbar: verschlüsselten) Datenverkehr empfing und eine für das konkrete Empfängertelefon unsichtbare „Push-Nachricht“ an dieses versendete, mit dem Zweck, dieses zur Reaktion und so zur Freigabe der für die Entschlüsselung der empfangenen Nachrichten notwendigen Verschlüsselungselemente zu veranlassen (vgl ON&nbsp;383.2 S&nbsp;12 und ON&nbsp;394 S&nbsp;8). Dadurch konnte die über SKY ECC abgewickelte Kommunikation – nach Verbindung dieses Systems im O*-Datenzentrum am 18.&nbsp;Dezember&nbsp;2020 – gespeichert und entschlüsselt werden. <span class="Unterstrichen">Auf den SKY ECC-Mobiltelefonen der Nutzer wurde keine Software</span>, insbesondere <span class="Unterstrichen">kein (Entschlüsselungs-)Programm</span> und kein „Bundestrojaner“ <span class="Unterstrichen">installiert</span>; die ermittelnden ausländischen Behörden hatten keinen Zugriff auf die Mobiltelefone. Die Staatsanwaltschaft Wien wurde demnach auch <span class="Unterstrichen">nicht über</span> eine von ausländischen Behörden durchgeführte <span class="Unterstrichen">Überwachung</span> verschlüsselter Nachrichten <span class="Unterstrichen">nach vorheriger Installation eines (Entschlüsselungs-)Programms auf den Mobiltelefonen</span> der Nutzer ohne deren Kenntnis <span class="Unterstrichen">unterrichtet</span>. Im März&nbsp;2021 wurden von französischen, belgischen und niederländischen Strafverfolgungsbehörden zudem <span class="Unterstrichen">in Frankreich</span> die von SKY ECC genutzten Server sichergestellt, womit die über diese abgewickelten Kommunikationen „zugänglich“ wurden. Die erlangten, entschlüsselten Kommunikationsdaten wurden anderen europäischen Ermittlungsbehörden, ua dem österreichischen Bundeskriminalamt und schließlich im Rechtshilfeweg (vgl ON&nbsp;140 S&nbsp;4&nbsp;ff, ON&nbsp;141 S&nbsp;6&nbsp;ff, S&nbsp;51&nbsp;ff) der Staatsanwaltschaft Wien zur Verfügung gestellt. Im Zuge der Datenauswertung konnte auch der Angeklagte * D* als Inhaber und Nutzer eines SKY ECC-Mobiltelefons ermittelt werden. Ob die den Angeklagten betreffenden Überwachungsergebnisse (vgl ON&nbsp;31, ON&nbsp;338) durch Verwendung des „IP-Taps“ oder durch Sicherstellung der Server gewonnen wurden, steht nicht fest.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [19] Es gibt keine Hinweise darauf, dass der Angeklagte die Mobiltelefone mit der Technologie SKY ECC nicht freiwillig benützt hat, dass dem Inhalt der aufgezeichneten Kommunikation ein von behördlicher Seite veranlasster Zwang oder ein sonstiges (etwa listiges) Einwirken staatlicher Behörden auf den Angeklagten zugrunde liegt, dass im Zuge der Ermittlungsmaßnahmen durch in- oder ausländische Behörden auf die Freiheit der Willensentschließung oder -betätigung des Angeklagten eingewirkt worden wäre, oder dass der Angeklagte durch Strafverfolgungsorgane (oder durch von diesen beauftragte Dritte) zur Begehung von Straftaten verleitet worden wäre (ON&nbsp;394 S&nbsp;9).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [20] Soweit der Beschwerdeführer auf Basis eigenständiger Überlegungen aus den im Akt befindlichen Unterlagen (ON&nbsp;140 S&nbsp;98 bis 112) und aus Erwägungen des Verfassungsgerichtshofs zur Aufhebung von §&nbsp;134 Z&nbsp;3a und §&nbsp;135a StPO idF BGBl&nbsp;I&nbsp;2018/27 ableitet, die verschlüsselte Kommunikation sei unter Einsatz eines in Österreich nicht zulässigen „Bundestrojaners“ überwacht und die Staatsanwaltschaft Wien hierüber (von der zuständigen Behörde iSd §&nbsp;55d Abs&nbsp;7 EU-JZG) „unterrichtet“ worden, stellt er die (hier: prozessualen) Sachverhaltsgrundlagen des Beschwerdegerichts zur Frage der Verwertbarkeit der Chat-Inhalte (ON&nbsp;404.3 S&nbsp;11&nbsp;f iVm ON&nbsp;394 S&nbsp;8) nicht nach Maßgabe der Kriterien des §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;5 oder 5a StPO in Frage.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [21] Dem angefochtenen Beschluss sind auch keine Konstatierungen dahin zu entnehmen, dass die von einem in Frankreich zwischengeschalteten MITM-Server an in Österreich befindliche Endgeräte (Mobiltelefone) versandten „Push-Nachrichten“ als solche eine Überwachung von verschlüsselten Nachrichteninhalten <span class="Unterstrichen">beim Senden, Übermitteln oder Empfangen</span> durch deren <span class="Unterstrichen">Ausleitung</span> an die Strafverfolgungsbehörden <span class="Unterstrichen">vor der Verschlüsselung oder nach der Entschlüsselung</span> ermöglicht hätten.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [22] Auf Basis der vom Beschwerdegericht angenommenen Tatsachen zeigt die Grundrechtsbeschwerde somit das Vorliegen eines Beweisverbots nicht auf.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [23] Wegen des im Grundrechtsbeschwerdeverfahren geltenden Grundsatzes der Einmaligkeit des Rechtsmittels sind allfällige spätere Ergänzungen der Beschwerde in den Äußerungen zur Stellungnahme der Generalprokuratur unbeachtlich (RIS-Justiz RS0061430 [T6], RS0097055 [T3]; <span class="Kursiv">Kier</span> in WK² GRBG §&nbsp;3 Rz&nbsp;26).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [24] Mit der Behauptung einer durch die „Verwertung und Verwendung der SKY ECC Chats durch das OLG Wien“ erfolgten Verletzung (auch) des Grundrechts auf ein faires Verfahren (Art&nbsp;6 Abs&nbsp;1 MRK) und des Grundrechts auf Achtung des Privatlebens (Art&nbsp;8 Abs&nbsp;1 MRK) wird keine Garantie des Grundrechts auf persönliche Freiheit (Art&nbsp;5 MRK) oder eine der über Art&nbsp;5 Abs&nbsp;2 bis 5 MRK angesprochenen Garantien des Art&nbsp;6 Abs&nbsp;1 MRK thematisiert und solcherart der Anfechtungsrahmen einer Grundrechtsbeschwerde verlassen (11&nbsp;Os&nbsp;129/24s [Rz&nbsp;15]; vgl <span class="Kursiv">Kirchbacher/Rami</span>, WK-StPO Vor §§&nbsp;170–189 Rz&nbsp;1&nbsp;f).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [25] * D* wurde demnach – im Ergebnis in Übereinstimmung mit der Generalprokuratur – im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb die Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenausspruch (§&nbsp;8 GRBG) abzuweisen war.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250107_OGH0002_0130NS00068_24I0000_000
Justiz
OGH
2025-01-30
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250107_OGH0002_0130NS00068_24I0000_000
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13Ns68/24i
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JJT_20250107_OLG0459_0120RS00124_24B0000_004
Justiz
OLG Linz
2025-01-22
2025-01-22
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250107_OLG0459_0120RS00124_24B0000_004
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12Rs124/24b
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr.&nbsp;Barbara Jäger als Vorsitzende sowie Dr.&nbsp;Dieter Weiß und Mag.&nbsp;Nikolaus Steininger, LL.M. als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei <span class="Fett">A*</span>, geboren am **, Hilfskraft, vertreten durch Mag.&nbsp;Richard Salzburger, Rechtsanwalt in Kufstein, gegen die beklagte Partei B<span class="Fett">*</span>, vertreten durch ihren Angestellten Mag.&nbsp;C*, <span class="Fett">wegen Versehrtenrente </span>(hier wegen Wiedereinsetzung)<span class="Fett">,</span> über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 26.&nbsp;November 2024, GZ*, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurs wird<span class="Fett"> nicht Folge </span>gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die klagende Partei hat die Rekurskosten selbst zu tragen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Mit Bescheid der Beklagten vom 20.&nbsp;August 2024 wurde der Klägerin aufgrund des Arbeitsunfalls vom 23.&nbsp;Oktober 2022 ab 22.&nbsp;Juli 2024 eine Dauerrente von 20&nbsp;% der Vollrente gewährt.</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit der am 24.&nbsp;September 2024 eingebrachten <span class="Fett">Klage</span> begehrte die Klägerin eine Versehrtenrente in Höhe von zumindest 30&nbsp;%.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die <span class="Fett">Beklagte</span> beantragte die Zurückweisung der Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs und brachte vor, der Bescheid sei am 23.&nbsp;August 2024 von der Klägerin übernommen worden, sodass die Klage vom 24.&nbsp;September 2024 verspätet sei.</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit <span class="Fett">Beschluss</span> vom 1.&nbsp;Oktober 2024 wurde die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückgewiesen. Die unerstreckbare Klagsfrist von vier Wochen habe am 20.&nbsp;September 2024 geendet.</p><p class="ErlText AlignLeft">Dieser Beschluss wurde der Klagsvertretung am 3.&nbsp;Oktober 2024 zugestellt.</p><p class="ErlText AlignLeft">Am 4.&nbsp;Oktober 2024 (und damit jedenfalls rechtzeitig [vgl RIS-Justiz RS0036742, insb [T5,T6] zur Prüfpflicht im Zeitpunkt der Klagseinbringung]) langte der <span class="Fett">Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand</span> zur Einbringung der Klage verbunden mit den Anträgen auf Aufhebung des Beschlusses auf Klagszurückweisung und auf Anberaumung einer Tagsatzung bei Gericht ein. Die Klagsvertreter hätten erstmals durch den Beschluss vom 4.&nbsp;Oktober 2024 erfahren, dass eine Zustellung der Klage an die Klägerin am 23.&nbsp;August 2024 erfolgt sei. Auf dem Kuvert, das den Klagsvertretern zusammen mit dem Bescheid der Beklagten übergeben worden sei, sei als Beginn der Abholfrist der 29.&nbsp;August 2029 (wohl: 2024) vermerkt gewesen. Demgemäß sei von der seit 15&nbsp;Jahren in der Kanzlei tätigen Sekretärin D* im Fristenkalender als letzter Tag der Frist der 26.&nbsp;September 2024 vermerkt worden. Für eine frühere Zustellung hätten sich keine Hinweise ergeben, sodass auch keine weiteren Erkundungspflichten bestanden hätten. Die Klagsvertreter hätten vielmehr davon ausgehen können, dass die vierwöchige Frist zur Klagseinbringung gewahrt sei. Daher liege allenfalls ein minderer Grad des Versehens seitens der zuverlässigen Kanzleikraft vor.</p><p class="ErlText AlignLeft">Als Bescheinigungsmittel wurden das Rückscheinkuvert in Kopie (Beilage ./B), ein Auszug aus dem Fristenkalender der Klagsvertreter (Beilage ./C) und die Vernehmung von D* als Zeugin angeboten (ON 5).</p><p class="ErlText AlignLeft">Die <span class="Fett">Beklagte</span> sprach sich gegen die Bewilligung der Wiedereinsetzung aus. Die Klägerin habe den Bescheid am 23.&nbsp;August 2024 übernommen und die Übernahme mit ihrer Unterschrift bestätigt. Dies werde dadurch untermauert, dass auf dem elektronischen Rückschein als Zeitpunkt der Hinterlegung der 22.&nbsp;August 2024 angeführt sei. Außerdem habe die Beklagte in einem Telefonat mit der Post AG in Erfahrung gebracht, dass der Bescheid der Klägerin am 23.&nbsp;August 2024 um 13.42 Uhr persönlich übergeben worden sei. Die Beklagte fordere die Klägerin auf, das originale Rückscheinkuvert vorzulegen, da bei Einsicht in den elektronischen Gerichtsakt der Eindruck entstehe, der Beginn der Abholfrist sei auf dem Rückscheinkuvert verändert bzw zwei verschiedene Kugelschreiber seien bei der ersten Ziffer verwendet worden (ON&nbsp;6).</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit Beschluss vom 26.&nbsp;Oktober 2024 wurde zur Vernehmung der Zeugin D* eine Tagsatzung für den 12.&nbsp;November 2024 anberaumt und – zur Wahrung des rechtlichen Gehörs – auch die Klägerin geladen (ON&nbsp;8). Mit Schriftsatz vom 6.&nbsp;November 2024 verzichtete die Klägerin auf die Vernehmung der Zeugin D* (ON 9), weshalb die Tagsatzung abberaumt wurde (ON 10).</p><p class="ErlText AlignLeft">Das <span class="Fett">Erstgericht </span>wies den Wiedereinsetzungsantrag sowie die weiteren Anträge der Klägerin ab und nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Bescheid der beklagten Partei vom 20.&nbsp;August 2024 wurde der Klägerin am 23.&nbsp;August 2024 persönlich zugestellt.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die von der Klägerin vorgelegte Kopie des Rückscheinkuverts stellt sich wie folgt dar:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><img style="width:459.21pt" src="/Dokumente/Justiz/JJT_20250107_OLG0459_0120RS00124_24B0000_004/12Rs124_24b.img1is.jpg" alt=""></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft">Im Fristenbuch der Klagsvertreter findet sich am 26.&nbsp;September 2024 in der Spalte „Fristen-Anmerkung“ der Eintrag „A* Klage B*“.</p><p class="ErlText AlignLeft">In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht den Wiedereinsetzungsantrag anhand der paraten Bescheinigungsmittel und gelangte zu dem Ergebnis, aus der vorgelegten Kopie des Rückscheinkuverts lasse sich nicht feststellen, wie die in ihrem äußeren Erscheinungsbild bedenkliche Eintragung des Beginns der Abholfrist zustande gekommen sei. Das Datum könne – oberflächlich betrachtet – als 23.08.2024, 23.08.2029, 29.08.2024 und als 29.08.2029 gelesen werden. Ohne Vernehmung der Zeugin D* bleibe ungewiss, ob und falls ja, welche Überlegungen die Kanzleikraft aufgrund der bestehenden Auffälligkeiten (insb der Schreibweise der Zahl „3“ bei „6330“ und beim Datum „23.08.2024“) angestellt habe. Es könne daher nicht mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Fristberechnung für die vierwöchige Klagsfrist und die daraufhin erfolgte Fristeintragung auf einem minderen Grad des Versehens der Sekretärin der Klagsvertreter beruht habe. Könne der Wiedereinsetzungsgrund nicht dargetan werden, sei der Antrag abzuweisen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diese Entscheidung richtet sich der rechtzeitige <span class="Fett">Rekurs der Klägerin </span>wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, „in eventu Nichtigkeit“ und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung in eine Bewilligung ihres Wiedereinsetzungsantrags.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Ob der Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist, hängt von der Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab. Daher ist der angefochtene Beschluss nicht bloß verfahrensleitend (§&nbsp;521a Abs&nbsp;1 ZPO) und das Rekursverfahren zweiseitig (<span class="Kursiv">Gitschthaler</span> in <span class="Kursiv">Rechberger/Klicka</span><span class="Hoch">5 </span>§&nbsp;153 ZPO Rz&nbsp;5; OLG Graz 2&nbsp;R 230/21t, OLG Linz 1&nbsp;R 31/22t).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung die Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Rekurs ist <span class="Fett">nicht berechtigt</span>.</p><p class="ErlText AlignLeft">1&nbsp;Dass der bekämpfte Bescheid der Klägerin am 23.&nbsp;August 2024 (dem ersten Tag der Hinterlegungsfrist) persönlich ausgehändigt wurde und ausgehend von diesem Zustellzeitpunkt die Klage verspätet ist, bestreitet die Klägerin nicht. Auf Basis einer ordnungsgemäßen Zustellung kann nur durch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die Zurückweisung der Klage verhindert werden.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">2.1&nbsp;Die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt gemäß §&nbsp;146 Abs&nbsp;1 ZPO voraus, dass eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hat. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">2.2&nbsp;Ein Versehen minderen Grades ist jenes Verschulden, welches das Maß der groben Fahrlässigkeit noch nicht erreicht, aber mehr als eine entschuldbare Fehlleistung darstellt. Ein minderer Grad des Versehens entspricht der leichten Fahrlässigkeit im allgemeinen Schadenersatzrecht und liegt dann vor, wenn der Fehler auch einem sorgfältigen Menschen gelegentlich unterläuft (<span class="Kursiv">Deixler-Hübner </span>in <span class="Kursiv">Fasching/Konecny³</span> §&nbsp;146 ZPO Rz&nbsp;54&nbsp;f). An das Maß der zur Annahme eines unvorhergesehenen Ereignisses erforderlichen Aufmerksamkeit und Voraussicht ist zwar ein strenger Maßstab anzulegen, doch darf dies nicht zu einer Überspannung der Anforderungen führen. Es ist jenes Maß zu fordern, wie es nach der Lebenserfahrung von einer vernünftigen und durchschnittlich gewissenhaften Person angesichts der Bedeutung der vorzunehmenden Handlung unter den gegebenen Umständen aufgewendet zu werden pflegt (RIS-Justiz RS0036696). Ein bloß minderer Grad des Versehens liegt nicht mehr vor, wenn die Partei die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihr zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (RIS-Justiz RS0036811 [T2]) und naheliegende Überlegungen nicht anstellt oder etwas unbeachtet lässt, was leicht einleuchten hätte müssen (<span class="Kursiv">Gitschthaler </span>in <span class="Kursiv">Rechberger/Klicka</span><span class="Hoch">5</span><span class="Kursiv"> </span>§&nbsp;146 ZPO Rz&nbsp;7).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">3.1&nbsp;Entscheidend ist grundsätzlich das eigene Verschulden der Partei an der Fristversäumung. Allerdings muss sich eine Partei die Handlungen und das Verschulden ihres gesetzlichen Vertreters und ihres Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen. Nicht zuzurechnen ist ihr hingegen ein Verschulden Dritter, etwa der Kanzleimitarbeiter oder Konzipienten, sofern diese nicht aufgrund einer eigenen Vollmacht für die Partei rechtswirksam handeln (<span class="Kursiv">Deixler-Hübner </span>in <span class="Kursiv">Fasching/Konecny</span><span class="Hoch">3 </span>§&nbsp;146 ZPO Rz&nbsp;51&nbsp;ff; vgl OGH 16&nbsp;Ok 47/05). Das Verschulden jener Personen, die keine Verfahrenserklärungen abgeben dürfen, sondern lediglich im Rahmen der Vorbereitung dieser Vertretungshandlung tätig werden, ist nur dann der Partei anzulasten, wenn Überwachungspflichten verletzt wurden (VwGH Ra 2021/13/0063 [RS&nbsp;2]; vgl OGH 5&nbsp;Ob 229/21v [Rz&nbsp;18], 16&nbsp;Ok 47/05). Demgemäß hindert das einmalige Versehen eines ansonsten bewährten und verlässlichen Mitarbeiters die Wiedereinsetzung dann, wenn der Rechtsanwalt die von ihm zu erwartenden Sorgfalts-, Organisations- und Kontrollpflichten verletzt hat (OGH 10&nbsp;ObS 37/23y [Rz&nbsp;7]; vgl RIS-Justiz RS0036813). Stets ist aber neben dem Verschulden des Bevollmächtigten auch das der Partei selbst zu prüfen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">3.2&nbsp;Im Wiedereinsetzungsverfahren gilt nach herrschender Meinung die Eventualmaxime, sodass schon der Wiedereinsetzungsantrag alle den Wiedereinsetzungsantrag begründenden Umstände und die Mittel zu ihrer Bescheinigung zu enthalten hat (OGH 1&nbsp;Ob 157/14s [Pkt&nbsp;6] mit umfassender Darstellung von Lehre und Rechtsprechung; OLG Linz 11&nbsp;Rs 97/24z, 4&nbsp;R 110/21f).</p><p class="ErlText AlignLeft">4.1&nbsp;Die Klägerin beruft sich nunmehr in ihrem Wiedereinsetzungsantrag darauf, ihren Rechtsvertretern zusammen mit dem zu bekämpfenden Bescheid ein Kuvert mit dem Beginn der Abholfrist am 29.&nbsp;August 2024 übergeben zu haben, woraufhin die seit 15 Jahren in der Kanzlei tätige Sekretärin den 26.&nbsp;September 2024 als letzten Tag der Frist im Fristenkalender vermerkt habe.</p><p class="ErlText AlignLeft">4.2&nbsp;Nach diesem Vorbringen kommt es entgegen der Ansicht des Erstgerichts auf die Überlegungen der Kanzleikraft zu den bestehenden Auffälligkeiten auf dem Rückscheinkuvert nicht an. Die Klagsvertreter selbst interpretierten das Datum des Beginns der Hinterlegungsfrist als 29.&nbsp;August 2024 und dem entsprechend erfolgte der Fristenvermerk durch die Sekretärin mit dem 26.&nbsp;September vier Wochen später. Deshalb hat der Klagsvertreter auch nachvollziehbar den Antrag auf Befragung der Sekretärin zurückgezogen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Ein minderer Grad des Versehens der Kanzleikraft ist ebenfalls nicht zu prüfen, da es zum einen auf den Grad des Organisations- und Überwachungsverschuldens des Rechtsanwalts ankommt, und sich zum anderen die Klagsvertreter gar nicht auf einen Fehler ihrer Kanzleikraft bei der Fristeneintragung berufen, sondern darauf, dass sich aus dem vorliegenden Rückscheinkuvert der 29.&nbsp;August 2024 ergibt und kein Anlass für weitere Erkundigungen bestand.</p><p class="ErlText AlignLeft">4.3&nbsp;Selbst wenn man aber der Klägerin beipflichten würde, dass es nur einen minderen Grad des Versehens darstellt, wenn die Klagsvertreter den 29.&nbsp;August 2024 als Beginn der Abholfrist annahmen, da auf den ersten Blick tatsächlich die zweite Zahl als Ziffer 9 erscheint und es die Sorgfaltsanforderungen an einen Kanzleibetrieb überspannen würde, müssten jegliche Ungenauigkeiten bei der Schreibweise zum Anlass für Recherchen über den Zustellvorgang genommen werden, rechtfertigt das im vorliegenden Fall trotzdem noch keine Wiedereinsetzung. Es bleibt nämlich nach wie vor das Verschulden der Partei selbst an der Fristversäumnis zu prüfen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Klägerin erhielt den Bescheid am 23.&nbsp;August 2024 nachweislich persönlich ausgehändigt und wusste aufgrund der Rechtsmittelbelehrung (bzw musste wissen), dass eine Klage binnen vier Wochen ab Zustellung zu erheben ist. Welches unabwendbare oder unvorhergesehene Ereignis sie daran hinderte, bis 20.&nbsp;September 2024 die Klage einzubringen, wird im Wiedereinsetzungsantrag aber nicht dargetan. Das bloße Aufsuchen der Klagsvertreter, um die Klage einbringen zu lassen, kann sie insofern nicht exkulpieren, als nicht vorgebracht wird, wann sie die Rechtsanwaltskanzlei aufsuchte. Erfolgte die Kontaktaufnahme nach dem 20.&nbsp;September 2024 und damit verspätet, ist das der Klägerin selbst als grobes Verschulden anzulasten, erfolgte sie vor dem 29.&nbsp;August 2024 ist von der Klagsvertretung zu verlangen, den von ihr selbst zugrunde gelegten Hinterlegungszeitpunkt zu hinterfragen. Was bzw welches Versehen die Klägerin veranlasste, die Diskrepanz zwischen der nur ihr bekannten tatsächlichen Abholung am 23.&nbsp;August und dem auf dem Rückscheinkuvert aufscheinenden 29.&nbsp;August ihrer Rechtsvertretung zu verschweigen, bleibt ebenfalls ungeklärt.</p><p class="ErlText AlignLeft">Im Ergebnis hat es daher schon aus rechtlichen Erwägungen bei einer Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags zu bleiben. Ein Eingehen auf die in der Rechtsrüge angestellten Überlegungen zur Lesart des Zustellzeitpunkts und dazu, ob die Falschdeutung ein minderer Grad des Versehens der Kanzleikraft wäre, erübrigt sich.</p><p class="ErlText AlignLeft">5.1&nbsp;Da für den Wiedereinsetzungsantrag die Eventualmaxime gilt, begründet es auch keinen Verfahrensmangel, dass das Erstgericht die zur Einvernahme der Zeugin D* anberaumte Tagsatzung nach dem Verzicht auf diese Zeugin wieder abberaumte und nicht den Klagsvertreter anstatt der Zeugin befragte.</p><p class="ErlText AlignLeft">Eine Einvernahme des Klagsvertreters über die Modalitäten der Kalendierung in der Kanzlei konnte in dieser Tagsatzung mangels Behauptung eines Fehlers der Kanzleikraft und mangels Anbot der Einvernahme des Klagsvertreters als Bescheingungsmittel im Wiedereinsetzungsantrag nicht erfolgen.</p><p class="ErlText AlignLeft">In der letztlich abberaumten Tagsatzung hätte der Klagsvertreter kein Vorbringen mehr nachtragen können, sodass es auch keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens begründet und umso weniger das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt, wenn das Erstgericht mit dem Klagsvertreter die Sach- und Rechtslage nicht erörterte und ihm keine Gelegenheit gab, weiteres Vorbringen zu erstatten.</p><p class="ErlText AlignLeft">5.2&nbsp;Eine weitere Mangelhaftigkeit des Verfahrens ortet die Klägerin darin, dass das Erstgericht zwar angeordnet habe, die Klägerin solle das Original des Rückscheinkuverts in der Tagsatzung vorlegen (ON&nbsp;8), die Tagsatzung dann aber unmittelbar vor deren Beginn abberaumt habe. Hätte das Erstgericht das Original-Kuvert eingesehen, hätte sich ergeben, dass D* vom 29. und nicht vom 23. als Beginn der Abholfrist ausgegangen sei und üblicherweise ab dem Tag der Zustellung die Frist eingetragen werde.</p><p class="ErlText AlignLeft">Abgesehen davon, dass es rechtlich auf die Überlegungen der Kanzleikraft nicht ankommt (siehe Pkt&nbsp;4.2), übersieht die Klägerin, dass der Auftrag zur Vorlage des Originals auf einen Antrag der Beklagten zurückgeht. Die Klägerin kann sich aber nicht dadurch für beschwert erachten, dass einem Antrag der Gegenpartei letztlich nicht entsprochen wurde (<span class="Kursiv">Delle-Karth, </span>Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens im Berufungssystem des österreichischen Zivilprozessrechts, ÖJZ&nbsp;1993,&nbsp;10 [20]).</p><p class="ErlText AlignLeft">Die im Ergebnis bestätigte Entscheidung des Erstgerichts beruht daher auch auf keinem mangelhaften Verfahren.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">6&nbsp;§&nbsp;154 ZPO kommt im sozialgerichtlichen Verfahren nicht zur Anwendung (<span class="Kursiv">Köck/Sonntag, </span>ASGG §&nbsp;77 Rz&nbsp;3; <span class="Kursiv">Obermaier, </span>Kostenhandbuch<span class="Hoch">4 </span>Rz&nbsp;1.494; <span class="Kursiv">Kuderna, </span>ASGG², 448; OLG Wien 8&nbsp;Rs 96/06f = RIS Justiz RW0000353; OLG Linz 11&nbsp;Rs 97/24z; OGH 10&nbsp;ObS 201/93; aA 10&nbsp;ObS 117/02g, 10&nbsp;ObS 71/00i, 10&nbsp;ObS 116/97z). Die Kostenentscheidung beruht daher auf §&nbsp;77 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;2 lit&nbsp;b ASGG. Mangels tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten des Verfahrens kommt ein Kostenersatzanspruch der Klägerin nach Billigkeit nicht in Betracht.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">7&nbsp;Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses folgt aus §&nbsp;528 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;2 ZPO. Die Verweigerung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Klagsfrist ist nach ständiger Rechtsprechung einer Zurückweisung der Klage nicht gleichzuhalten (OGH 10&nbsp;ObS 75/15z, 10&nbsp;ObS 150/13a).</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20250107_OLG0459_0080BS00265_24P0000_000
Justiz
OLG Linz
2025-01-21
2025-01-22
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20250107_OLG0459_0080BS00265_24P0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20250107_OLG0459_0080BS00265_24P0000_000/JJT_20250107_OLG0459_0080BS00265_24P0000_000.html
8Bs265/24p
ECLI:AT:OLG0459:2025:0080BS00265.24P.0107.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Mag. Reinberg und Mag.&nbsp;Haidvogl, BEd, sowie den Richter Mag. Grosser in der Strafvollzugssache betreffend <span class="Fett">A*</span> wegen bedingter Entlassung über die Beschwerde der Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 17. Dezember 2024, GZ*, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.</p><p class="Abstand AlignLeft"></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Begründung:</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">A* wurde wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §&nbsp;28a Abs&nbsp;1 zweiter und dritter Fall, Abs&nbsp;4 Z&nbsp;3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen nach dem SMG zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt (Urteil des Landesgerichtes Linz vom 24.&nbsp;März 2023, GZ*). Die Strafgefangene verbüßt seit 24.&nbsp;März 2023 ihre Strafhaft; dies seit 17.&nbsp;April 2024 im Rahmen des elektronisch überwachten Hausarrests.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Zwei Drittel der Strafzeit werden am 16. Februar 2025 erreicht sein, das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 16.&nbsp;April 2026.</p><p class="ErlText AlignLeft">Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 6) lehnte das Erstgericht die bedingte Entlassung ab.</p><p class="ErlText AlignLeft">Dagegen richtet sich die Beschwerde der Strafgefangenen. Sie ist ohne Erfolg.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Am Gesetz orientiert, hat das Erstgericht - ungeachtet der positiven Entwicklung der Strafgefangenen, ihres gelungenen Berufseinstiegs, der verlässlichen Termineinhaltung bei B*, der konstruktiven Arbeit mit der Bewährungshilfe sowie der erstmaligen Strafhaft festgehalten, dass (wenngleich generalpräventive Erwägungen mit 16.&nbsp;Februar 2025 enden) die Einfuhr von mehr als 2&nbsp;kg Heroin und einem halben Kilogramm Methamphetamin auch spezialpräventiv eine derart tiefe Verwurzelung und hohe kriminelle Energie ausweisen, dass diese positive Entwicklung sowie die anstehenden Bemühungen um Wahrnehmung ihrer Mutterpflichten derzeit noch nicht zur begehrten bedingten Entlassung führen können. Insofern ist der Beschwerde mit den Argumenten einer zunehmenden persönlichen und beruflichen Verfestigung und der positiven Arbeitserfüllung im Rahmen des elektronisch überwachten Hausarrests sowie der Obsorge und Pflege ihrer Kinder bei mittlerweiligem Wohlverhalten zuzustimmen, dass dies zu einem späteren Zeitpunkt eine bedingte Entlassung mit entsprechenden Auflagen ermöglichen wird. Allein der Umstand, die Beteiligung an Suchtgiftschwerstkriminalität mit der emotionalen Bindung zum Haupttäter zu verknüpfen und so die persönliche Schuld zu bagatellisieren, muss misslingen. Diese Einwände sind den zugrundeliegenden Urteilserwägungen überdies fremd. Insofern hat die Strafgefangene zweifellos eine Änderung der Verhältnisse nach §&nbsp;46 Abs&nbsp;4 StGB zu verbuchen; allein ihre persönliche Schuld an so massiven Straftaten wiegt noch zu schwer, um davon auszugehen, dass aktuell eine bedingte Entlassung gleichermaßen wie der weitere Vollzug der Strafhaft wirken könnte. Bleibt anzumerken, dass der derzeit noch weiters notwendige Vollzug der Strafhaft im Rahmen des elektronisch überwachten Hausarrests ohnedies die weitere Pflichtenerfüllung im Rahmen der Berufsausübung ermöglicht.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">Rechtsmittelbelehrung:</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.</p></div></div></body></html>
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JJT_20241230_OGH0002_0040OB00105_23D0000_000
Justiz
OGH
2025-02-03
2025-02-03
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241230_OGH0002_0040OB00105_23D0000_000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Hon.-Prof.&nbsp;PD&nbsp;Dr.&nbsp;Rassi als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten Dr.&nbsp;Schwarzenbacher, den Hofrat Dr.&nbsp;Stiefsohn, und die fachkundigen Laienrichter Patentanwalt Dr.&nbsp;Müllner und Patentanwalt Mag.&nbsp;Dr.&nbsp;Alge als weitere Richter in der Patentrechtssache der Antragstellerin * GmbH, *, vertreten durch die Themmer, Toth &amp; Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die Antragsgegnerin * GmbH &amp; Co KG, *, Deutschland, vertreten durch die Gassauer-Fleissner Rechtsanwälte GmbH in Wien unter Mitwirkung der<span class="Kursiv"> </span>Schwarz &amp; Partner Patentanwälte GmbH in Wien, wegen Nichtigkeit des Patents E&nbsp;552 954 („Verfahren zum Herstellen von Betonsteinen und Betonplatten“), über die außerordentliche Revision der Antragstellerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21.&nbsp;März&nbsp;2023, GZ&nbsp;33&nbsp;R&nbsp;46/22k-8, in nichtöffentlicher Sitzung den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Revision wird Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [1] Die Antragstellerin beantragt die Nichtigerklärung des österreichischen Teils E&nbsp;552 954 des europäischen Patents EP&nbsp;1&nbsp;827784&nbsp;B1 der Antragsgegnerin.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Dieses Patent betrifft ein Verfahren zum Fertigen von Betonsteinen und Betonplatten, die dadurch, dass auf die Oberflächen- oder Vorsatzbetonschicht vor dem Verdichten eine Portion eines Veredelungsmaterials aufgeworfen wird, gemaserten bzw gesprenkelten Natursteinen ähnlich sehen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] Das Patent enthält folgende Ansprüche:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">1.&nbsp;Verfahren zum Fertigen von Betonsteinen oder Betonplatten verschiedener Formate und Größen, bei dem in Formen (2) für mehrere Steine oder Platten Beton eingefüllt wird, deren Vorsatzbetonschicht (3) eine Grundfarbe aufweist, der Beton mittels Vibration und/oder mittels Stempeln verdichtet wird und anschließend aushärtet, wobei auf die Vorsatzbetonschicht (3) vor dem Verdichten zumindest eine Portion eines Materials geworfen wird, dadurch gekennzeichnet, dass das Material eingefärbtes und/oder unterschiedlich eingefärbtes und/oder Farbe und/oder verschiedene Farben aufweisendes Veredelungsmaterial ist, das mittels zumindest einer Aufbringvorrichtung (4) geworfen wird, dass das Veredelungsmaterial eine abgestufte Kornzusammensetzung von max.&nbsp;2&nbsp;mm Korndurchmesser hat, dass die Aufbringvorrichtung (4) zumindest ein* Schleuderscheibe (5), ein Schaufelrad, ein* Wurfarm oder ein Katapult aufweist, denen die Portion oder Portionen des Veredelungsmaterials zugeführt werden und dass der Vorsatzbeton einen feinkörnig abgestimmten Kornaufbau, feiner oder gleich der Grenzsieblinie C4 hat und die Oberflächen der Vorsatzbetonschicht (3) farblich unterschiedliche Stellen enthalten.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">2.&nbsp;Verfahren zum Fertigen von Betonsteinen oder Betonplatten verschiedener Formate und Größen, beim* dem in Formen (2) für mehrere Steine oder Platten Beton eingefüllt wird, deren Vorsatzbetonschicht (3) eine Grundfarbe aufweist, der Beton mittels Vibration und/oder mittels Stempeln verdichtet wird und anschließend aushärtet, wobei auf die Vorsatzbetonschicht (3) vor dem Verdichten zumindest eine Portion eines Materials geworfen wird, dadurch gekennzeichnet, dass das Material eingefärbtes und/oder unterschiedlich eingefärbtes und/oder Farbe und/oder verschiedene Farben aufweisendes Veredelungsmaterial ist, das mittels zumindest einer Aufbringvorrichtung (4) geworfen wird, dass das Veredelungsmaterial eine abgestufte Kornzusammensetzung von max.&nbsp;2&nbsp;mm Korndurchmesser hat, dass die Aufbringvorrichtung (4) zumindest einen Veredelungsmaterial enthaltenden Dosierbehälter mit einer Dosierleiste aufweist, wobei der Dosierbehälter mit gleichmäßiger oder ungleichmäßiger Geschwindigkeit über die Form geführt wird und dass der Vorsatzbeton einen feinkörnig abgestimmten Kornaufbau, feiner oder gleich der Grenzsieblinie C4 hat und die Oberflächen der Vorsatzbetonschicht (3) farblich unterschiedliche Stellen enthalten.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">3.&nbsp;Verfahren zum Fertigen von Betonsteinen oder Betonplatten verschiedener Formate und Größen, beim* dem in Formen (2) für mehrere Steine oder Platten Beton eingefüllt wird, deren Vorsatzbetonschicht (3) eine Grundfarbe aufweist, der Beton mittels Vibration und/oder mittels Stempeln verdichtet wird und anschließend aushärtet, wobei auf die Vorsatzbetonschicht (3) vor dem Verdichten zumindest eine Portion eines Materials geworfen wird, dadurch gekennzeichnet, dass das Material eingefärbtes und/oder unterschiedlich eingefärbtes und/oder Farbe und/oder verschiedene Farben aufweisendes Veredelungsmaterial ist, das mittels zumindest einer Aufbringvorrichtung (4) geworfen wird, dass das Veredelungsmaterial eine abgestufte Kornzusammensetzung von max.&nbsp;2&nbsp;mm Korndurchmesser hat, dass die Aufbringvorrichtung (4) zumindest einen Rohrstutzen aufweist, dem eine oder mehrere Portionen eines einheitlichen oder unterschiedlichen Veredelungsmaterials zugeführt werden und durch den diese auf die Vorratsbetonschicht (3) geworfen oder geschossen werden und dass der Vorsatzbeton einen feinkörnig abgestimmten Kornaufbau, feiner oder gleich der Grenzsieblinie C4 hat und die Oberflächen der Vorsatzbetonschicht (3) farblich unterschiedliche Stellen enthalten.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">4.&nbsp;Verfahren nach einem der Ansprüche&nbsp;1–3, dadurch gekennzeichnet, dass das Veredelungsmaterial eine eingefärbte und/oder unterschiedlich eingefärbte Betonmischung ist.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">5.&nbsp;Verfahren nach Anspruch&nbsp;4, dadurch gekennzeichnet, dass der Vorsatzbeton kunststoffmodifiziert ist und/oder eine Silikat-Beton-Mischung aufweist.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">6.&nbsp;Verfahren nach einem der Ansprüche&nbsp;1–5, dadurch gekennzeichnet, dass das Veredelungsmaterial kleine Gesteinskörner sind oder enthält.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">7.&nbsp;Verfahren nach einem der Ansprüche&nbsp;1–6, dadurch gekennzeichnet, dass das Veredelungsmaterial eine Gesteinsmischung ist oder enthält.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">8.&nbsp;Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Gesteinskörner oder Gesteinskörnermischungen oder Körnungen mit einem organischen oder anorganischen Bindemittel angemischt werden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">9.&nbsp;Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Veredelungsmaterial Körnungen von Halbedelsteinen oder Edelsteinen oder Glimmer oder Metallspäne oder Kunststoffpartikel sind oder enthält.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">10.&nbsp;Verfahren nach Anspruch&nbsp;2, dadurch gekennzeichnet, dass auf die Dosierleiste Vibrationen oder Rüttelstöße ausgeübt werden, die gleichförmig und/oder ungleichförmig und/oder intermittierend ausgeführt werden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">11.&nbsp;Verfahren nach einem der Ansprüche&nbsp;2 oder 10, dadurch gekennzeichnet, dass der Dosierleiste entlang ihrer Erstreckung unterschiedliche Veredelungsmaterialien und/oder unterschiedliche Portionen Veredelungsmaterial zugeführt werden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">12.&nbsp;Verfahren nach einem der Ansprüche 2, 10 oder 11, dadurch gekennzeichnet, dass der Dosierbehälter an der Vorderkante des Dosierwagens für den Vorsatzbeton angebracht wird.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">13.&nbsp;Verfahren nach Anspruch&nbsp;3, dadurch gekennzeichnet, dass der Rohrstutzen mit einem federbelasteten Kolben nach Art eines Schussapparates ausgerüstet ist.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">14.&nbsp;Verfahren nach Anspruch&nbsp;3, dadurch gekennzeichnet, dass der Auswurf mittels Druckluft erfolgt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">15.&nbsp;Verfahren nach einem der Ansprüche&nbsp;3, 13 oder 14, dadurch gekennzeichnet, dass das Auswurfende des Rohrstutzens nach Art einer Düse ausgebildet ist.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">16.&nbsp;Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass in einer Portion unterschiedliche Veredelungsmaterialien enthalten sind.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">17.&nbsp;Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass mehrere Portionen auf die Oberflächen einer Form (2) aufgeworfen werden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">18.&nbsp;Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass mehrere Portionen des Veredelungsmaterials hintereinander auf die Oberflächen einer Form (2) geworfen werden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">19.&nbsp;Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Aufbringvorrichtung (4) während des Aufbringens des Veredelungsmaterials über oder neben der Form (2) bewegt wird.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">20.&nbsp;Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Aufbringvorrichtung (4) mit unterschiedlicher Bewegungsgeschwindigkeit und/oder Bewegungsrichtung über oder neben der Form (2) bewegt wird.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">21.&nbsp;Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass mehrere Aufbring</span><span class="Kursiv">vorrichtungen (4) für eine Form (2) benutzt werden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">22.&nbsp;Verfahren nach einem der Ansprüche&nbsp;1 bis 21, dadurch gekennzeichnet, dass mehrere unterschiedliche Aufbringvorrichtungen (4) für eine Form (2) benutzt werden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">23.&nbsp;Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Aufbringvorrichtungen (4) Leit- oder Begrenzungsbleche (7) aufweisen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">24.&nbsp;Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Vorsatzbeton kunststoffmodifiziert ist und/oder eine Silikat-Beton-Mischung aufweist.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">25.&nbsp;Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass auf die Oberflächen der Betonsteine oder Betonplatten vor oder nach dem Verdichten und vor oder nach dem Aushärten ein organisches oder anorganisches Mittel aufgebracht wird.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">26.&nbsp;Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Oberflächen und/oder die Ränder der Oberflächen der Betonsteine oder Betonplatten nach der Endverdichtung und vor der Aushärtung oder Versiegelung mit Bürsten bearbeitet und dabei strukturiert und/oder aufgerauht und/oder geglättet und/oder Überstände an den Rändern abgearbeitet werden.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft">Anspruch 1 enthält somit folgende Merkmale:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">M1.1a&nbsp;Verfahren zum Fertigen von Betonsteinen oder Betonplatten verschiedener Formate und Größen,</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">M1.1b&nbsp;bei dem in Formen&nbsp;(2) für mehrere Steine oder Platten Beton eingefüllt wird,</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">M1.2&nbsp;deren Vorsatzbetonschicht&nbsp;(3) eine Grundfarbe aufweist,</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">M1.3&nbsp;der Beton mittels Vibration und/oder mittels Stempeln verdichtet wird und anschließend aushärtet,</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">M1.4&nbsp;wobei auf die Vorsatzbetonschicht (3) vor dem Verdichten zumindest eine Portion eines Materials geworfen wird, dadurch gekennzeichnet, dass</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">M1.5&nbsp;das Material eingefärbtes und/oder unterschiedlich eingefärbtes und/oder Farbe und/oder verschiedene Farben aufweisendes Veredelungsmaterial ist,</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">M1.6&nbsp;das mittels zumindest einer Aufbringvorrichtung (4) geworfen wird,</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">M1.7&nbsp;dass das Veredelungsmaterial eine abgestufte Kornzusammensetzung von max. 2 mm Korndurchmesser hat,</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">M1.8&nbsp;dass die Aufbringvorrichtung (4) zumindest ein* Schleuderscheibe (5), ein Schaufelrad, ein Wurfarm oder ein Katapult aufweist, denen die Portion oder Portionen des Veredelungsmaterials zugeführt werden und</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">M1.9&nbsp;dass der Vorsatzbeton einen feinkörnig abgestimmten Kornaufbau, feiner oder gleich der Grenzsieblinie C4 hat und</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">M1.10&nbsp;die Oberflächen der Vorsatzbetonschicht (3) farblich unterschiedliche Stellen enthalten.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Anspruch&nbsp;2 und Anspruch&nbsp;3 des Streitpatents unterscheiden sich gegenüber Anspruch 1 jeweils durch eine alternative Aufbringvorrichtung.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] In Anspruch&nbsp;2 wird das Merkmal M1.8 durch Merkmal M2.8 ersetzt:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">M2.8&nbsp;dass die Aufbringvorrichtung (4) zumindest einen Veredelungsmaterial enthaltenden Dosierbehälter mit einer Dosierleiste aufweist, wobei der Dosierbehälter mit gleichmäßiger oder ungleichmäßiger Geschwindigkeit über die Form geführt wird.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"> [6] Die weiteren Merkmale&nbsp;M2.1 bis M2.7 sowie M2.9 und M2.10 entsprechen den Merkmalen M1.1 bis M1.7 sowie M1.9 und M1.10 von Anspruch 1.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [7] In Anspruch&nbsp;3 wird das Merkmal M1.8 durch Merkmal M3.8 ersetzt:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">M3.8&nbsp;dass die Aufbringvorrichtung (4) zumindest einen Rohrstutzen aufweist, dem eine oder mehrere Portionen eines einheitlichen oder unterschiedlichen Veredelungsmaterials zugeführt werden und dieses auf die Vorratsbetonschicht (3) [Vorsatzbetonschicht] geworfen oder geschossen werden.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"> [8] Die weiteren Merkmale M3.1 bis M3.7 sowie M3.9 und M3.10 entsprechen den Merkmalen M1.1 bis M1.7 sowie M1.9 und M1.10 von Anspruch 1 und sind in Anspruch&nbsp;3 mit identem Wortlaut beansprucht.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [9] Das Streitpatent enthält nachstehende Beschreibung (auszugsweise):</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0001]&nbsp;Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Fertigen von Betonsteinen oder Betonplatten verschiedener Formate und Größen, beim* dem in Formen für mehrere Steine oder Platten Beton eingefüllt wird, nach den Oberbegriffen der Ansprüche 1 bis 3.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0002]&nbsp;Es ist üblich, zunächst den Rohbeton für Betonsteine und Betonplatten in die Formen einzufüllen, anschließend den Vorsatzbeton einzufüllen und dann die Betonsteine bzw. Betonplatten zu verdichten.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0003]&nbsp;Es ist aber auch möglich, die Betonsteine bzw. Betonplatten in einem einstufigen Verfahren ohne Vorsatzbeton herzustellen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0004]&nbsp;Dabei ist es bekannt, der Oberflächenschicht bei dem einstufigen Verfahren bzw. der Vorsatzbetonschicht je nach Wunsch eine Grundfarbe zu geben, die ohne Einfärbung der Betonfarbe entsprechen kann oder mit verschiedenen Farben eingefärbt ist, um verschiedenfarbige Betonsteine oder Betonplatten herzustellen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[...]</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0010]&nbsp;Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein Verfahren zur Verfügung zu stellen, mit dem Oberflächen von Betonsteinen bzw. Betonplatten entstehen, die gemaserten und/oder gesprenkelten Natursteinen sehr ähnlich sehen. Dabei soll eine strukturierte Oberfläche entstehen, bei der gerichtete Adern und/oder Maserungen und/oder Sprenkelungen dominieren.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0011]&nbsp;Die Aufgabe der Erfindung wird dadurch gelöst, dass auf die Oberflächen- oder Vorsatzbetonschicht vor dem Verdichten mittels zumindest einer Aufbringvorrichtung zumindest eine Portion eines </span><span class="Kursiv">eingefärbten und/oder unterschiedlich eingefärbten oder eines farbigen bzw. unterschiedlich farbigen Veredelungsmaterials aufgeworfen wird. Dadurch besteht die Möglichkeit, geflammte, geaderte oder gesprenkelte Oberflächen zu erzeugen, die der natürlichen Struktur von Natursteinen ähnlich sehen. Durch Variationen der Aufbringvorrichtung, der Portion bzw. Portionen und des Veredelungsmaterials können diese Oberflächen erzeugt bzw. variiert werden. Dabei spielt auch die Grundfarbe der Oberflächen oder Vorsatzbetonschicht eine Rolle, die von ungefärbtem Beton bis verschieden gefärbtem Beton reicht.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0012]&nbsp;Unter „werfen“ wird im verfahrenstechnischen Sinn auch „schleudern“, „schießen“ oder „blasen“ des Veredelungsmaterials auf die Oberflächen- oder Vorsatzbetonschicht verstanden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0013]&nbsp;In vorteilhafter Weise ist das Veredelungsmaterial eine eingefärbte und/oder unterschiedlich eingefärbte Betonmischung, die aufgrund des Aufbringens auf die Oberfläche die besondere Optik ergibt. Dadurch, dass die Betonmischung anschließend in die Oberfläche eingedrückt bzw. dort verdichtet wird, ist eine gute Verbindung mit der Oberflächenschicht oder der Vorsatzbetonschicht gegeben.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0014]&nbsp;Das Veredelungsmaterial kann auch kleine Gesteinskörner aufweisen oder enthalten, so dass verschiedenartige Materialien mit unterschiedlichen Farben, auch Körnungen von Halbedelsteinen oder Edelsteinen oder Glimmer oder Metallspäne oder Kunststoffpartikel oder Glaspartikel in die Oberflächen- oder Vorsatzbetonschicht eingebracht werden können. Das Veredelungsmaterial kann auch eine beliebige Gesteinsmischung sein. Das Veredelungsmaterial hat eine abgestufte Kornzusammensetzung von max. 2 mm Korndurchmesser.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0015]&nbsp;Der Vorsatzbeton oder die Beton-Oberflächenschicht hat einen feinkörnigen Kornaufbau, feiner oder gleich der Grenzsieblinie C4. C4 bezeichnet einen dem Fachmann bekannten feinkörnigen Kornaufbau von Körnungen zwischen 0 und 4,0 mm Durchmesser. Zur Beurteilung werden standardisierte Siebversuche mit festgelegten Siebmaschen durchgeführt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0016]&nbsp;In einer aufgebrachten Portion können unterschiedliche Veredelungsmaterialien, unterschiedlich eingefärbte Betonmischungen einschließlich Gesteinskörnern oder Gesteinmischungen oder Körnungen oder Späne oder Partikel enthalten sein.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0017]&nbsp;Es können aber auch mehrere Portionen des gleichen oder unterschiedlichen Veredelungsmaterials pro Portion auf die Form aufgebracht werden, sowie mehrere </span><span class="Kursiv">Portionen des Veredelungsmaterials hintereinander auf die Oberflächen einer Form.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0018]&nbsp;Erfindungsgemäß wird vorgeschlagen, dass die Aufbringvorrichtung zumindest eine Schleuderscheibe oder ein Schaufelrad oder ein Wurfarm oder ein Katapult aufweist, denen die Portion oder die Portionen des Veredelungsmaterials zugeführt werden. Diese und die im Folgenden noch beschriebenen Aufbringvorrichtungen können sich über die Form oder neben der Form bewegen und es können ihnen auch unterschiedliche Portionen mit unterschiedlichem Zeitabstand zugeführt werden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0019]&nbsp;In einer weiteren Ausgestaltung wird vorgeschlagen, dass die Aufbringvorrichtung zumindest einen Veredelungsmaterial enthaltenden Dosierbehälter mit einer Dosierleiste aufweist, wobei der Dosierbehälter mit gleichmäßiger oder ungleichmäßiger Geschwindigkeit über die Form geführt wird.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0020]&nbsp;Dabei werden auf die Dosierleiste vorzugsweise Vibrationen oder Rüttelstöße ausgeübt, die gleichmäßig und/oder ungleichmäßig und/oder intermittierend ausgeführt werden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0021]&nbsp;Der Dosierleiste können entlang ihrer Erstrekkung [gemeint: Erstreckung] unterschiedliche Veredelungsmaterialien und/oder unterschiedliche Portionen Veredelungsmaterial zugeführt werden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0022]&nbsp;Der Dosierbehälter kann auch an der Vorderkante des Dosierwagens für den Vorsatzbeton angebracht werden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0023] Es wird weiterhin vorgeschlagen, die Aufbringvorrichtung als Rohrstutzen auszubilden, durch den die Portion oder die Portionen des Veredelungsmaterials auf die Oberflächen- oder Vorsatzbetonschicht geworfen werden. Eine besonders gute Verteilung auf die Form ergibt sich, wenn das Rohrstutzenende nach Art einer Düse ausgebildet ist.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0024]&nbsp;Zur guten Verteilung trägt auch bei, dass der Auswurf mittels Druckluft erfolgt. Der Auswurf des Veredelungsmaterials kann auch mittels eines vorgespannten, federbelasteten Kolbens erfolgen, dessen Verrieglung zum Werfen plötzlich gelöst wird.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0025]&nbsp;Vorzugsweise kann die Aufbringvorrichtung über die Form oder neben der Form bewegt werden. Sie kann dabei unterschiedliche Bewegungsgeschwindigkeiten aufweisen bzw. erreichen, wobei auch ein ruckartiges Bewegen vorteilhaft sein kann. Je nach Größe der Form und je nach farblicher Bestückung der Aufbringvorrichtung mit Veredelungsmaterial können auch </span><span class="Kursiv">mehrere und auch unterschiedliche Vorrichtungen für eine Form benutzt werden, damit eine Vergleichmäßigung des Wurfs oder ein spezielles charakteristisches Wurfbild des Veredelungsmaterials auf die Schichten erreicht wird.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0026]&nbsp;Vorzugsweise werden bei den Aufbringvorrichtungen Leitbleche benutzt, da derartige Scheibenräder oder Wurfarme und auch Rohrstutzen eine größere Streuung haben können.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0027]&nbsp;Durch die Aufbringvorrichtungen können mehrere Portionen des Veredelungsmaterials hintereinander ausgeworfen werden, wobei es sich dabei um unterschiedliche Veredelungsmaterialien, wie zuvor beschrieben, handeln kann.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0028]&nbsp;Weiterhin wird vorgeschlagen, dass die eingefärbte bzw. unterschiedlich eingefärbte Betonmischung oder auch der Vorsatzbeton oder die Beton-Oberflächenschicht kunststoffmodifiziert ist und/oder eine Silikat-Beton-Mischung aufweist.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0029]&nbsp;Die Gesteinskörner oder Gesteinskörnermischung oder Körnungen können mit einem organischen oder anorganischen Bindemittel angemischt werden. Das Bindemittel ist vorzugsweise farblos und wird vor dem Aufbringen mit den Gesteinskörnern oder -mischungen oder Körnungen oder Spänen oder Partikeln gemischt, wobei als organisches Bindemittel z.B. eine Acrylatdispersion und als anorganisches Bindemittel z.B. ein Silikat benutzt wird.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[...]</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0032]&nbsp;Zur weiteren Erläuterung der Erfindung wird auf die Zeichnung verwiesen, in der ein Ausführungsbeispiel der Erfindung vereinfacht dargestellt ist.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0033]&nbsp;Es zeigt:</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><img style="width:178.81pt" src="/Dokumente/Justiz/JJT_20241230_OGH0002_0040OB00105_23D0000_000/4Ob105_23d.img1is.jpg" alt=""></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[Einzige Figur: eine perspektivische Ansicht eines Formbrettes mit einer Form mit Betonsteinen und einer Aufbringvorrichtung.]</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0034]&nbsp;In der einzigen Figur ist mit 1 ein Formbrett bezeichnet, auf dem eine mit 2 bezeichnete Form angeordnet. Die Form&nbsp;2 weist eine größere Anzahl von durchgehenden Öffnungen (35 Stück in der Figur) auf, in denen Beton eingefüllt ist, auf dem eine mit 3 bezeichnete Vorsatzbetonschicht aufgebracht und sichtbar ist. Die Vorsatzbetonschicht ist, der Figur nicht entnehmbar, eingefärbt. Weiterhin ist mit 4 allgemein eine Aufbringvorrichtung bezeichnet, die eine mit 5 bezeichnete Schleuderscheibe beinhaltet. Die Ebene der Schleuderscheibe ist etwa parallel zur Oberfläche der Form&nbsp;2 mit Abstand zu dieser ausgerichtet. Die Aufbringvorrichtung&nbsp;4 kann sich entlang der in der Figur angeordneten Seite aber auch entlang der übrigen Seiten der Form bewegen, so dass alle Vorsatzbetonschichten&nbsp;3 beliebig erreicht werden können. Oberhalb der Schleuderscheibe&nbsp;5 ist ein mit 6 bezeichneter Trichter angeordnet, in dem, nicht sichtbar, Veredelungsmaterial eingefüllt ist. Der Trichter&nbsp;6 hat an seinem der Schleuderscheibe&nbsp;5 zugewandten Ende (nicht sichtbar) eine Vorrichtung zum Öffnen und Schließen der Trichteröffnung, so dass beliebige Portionen des Veredelungsmaterials auf die Schleuderscheibe geleitet werden können. Es können oberhalb der Schleuderscheibe mehrere Trichter angeordnet sein, in denen unterschiedliche Veredelungsmaterialien enthalten sind, um die Oberflächen der Vorsatzbetonschichten&nbsp;3 mit verschiedenen Veredelungsmaterialien in verschiedenen Dosierungen bewerfen zu können. Auch die Drehzahl der Schleuderscheibe&nbsp;5 und dessen Höhenlage zu der Form 2 kann beliebig verstellt und variiert werden, auch während der Wurfbewegung, ebenso die Bewegungsgeschwindigkeit entlang der Form.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[0035]&nbsp;Mit 7 ist weiterhin eine Leitvorrichtung bezeichnet, die das beliebige Abwerfen von Veredelungsmaterial durch die Schleuderscheibe, insbesondere außerhalb der Form&nbsp;2, verhindert und die Wurfrichtung auf die Form&nbsp;2 lenkt.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"> [10] Zum relevanten Stand der Technik und zum Fachwissen einer Fachperson im Prioritätszeitpunkt gehören ua:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">./C:&nbsp;Maschinenfabrik Hess: „Grundlagenschulung für Betonsteinmaschinen“, 1.&nbsp;Ausgabe, veröffentlicht im November&nbsp;1999;</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">./D:&nbsp;Weber/Riechers „Kies und Sand für Beton“, Verlag Bau + Technik, Düsseldorf, 2003 (Seiten 1-51);</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">./E:&nbsp;GB 2 310 161 A, veröffentlicht 20.&nbsp;8.&nbsp;1997;</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">./F:&nbsp;EP&nbsp;1&nbsp;431&nbsp;014&nbsp;A2, veröffentlicht 23.&nbsp;6.&nbsp;2004;</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">./G:&nbsp;WO&nbsp;03/027042&nbsp;A2, veröffentlicht 3.&nbsp;4.&nbsp;2003;</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">./H:&nbsp;FR&nbsp;2&nbsp;239&nbsp;853&nbsp;A5, veröffentlicht 28.&nbsp;2.&nbsp;1975;</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">./I:&nbsp;EP&nbsp;0&nbsp;300&nbsp;532&nbsp;A1, veröffentlicht 25.&nbsp;1.&nbsp;1989;</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">./J:&nbsp;JPH&nbsp;05154827&nbsp;A, veröffentlicht 22.&nbsp;6.&nbsp;1993;</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">./K:&nbsp;JPH&nbsp;09108608&nbsp;A, veröffentlicht 28.&nbsp;4.&nbsp;1997;</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">./L:&nbsp;JPH&nbsp;07117039&nbsp;A, veröffentlicht 9.&nbsp;5.&nbsp;1995;</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">./M:&nbsp;JPH&nbsp;05280177&nbsp;A, veröffentlicht 26.&nbsp;10.&nbsp;1993;</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">./N:&nbsp;JPH&nbsp;11179853&nbsp;A, veröffentlicht 6.&nbsp;7.&nbsp;1999;</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">./O:&nbsp;WO&nbsp;01/14277&nbsp;A2, veröffentlicht 1.&nbsp;3.&nbsp;2001.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"> [11] Der Adressat des Streitpatents ist eine Fachperson mit mehrjähriger praktischer Erfahrung auf dem Gebiet der Herstellung sowie Be- und Verarbeitung unterschiedlicher Betonsteine und Betonplatten.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [12] Die <span class="Unterstrichen">Antragstellerin</span> stützt ihren Nichtigkeitsantrag erstens auf das Fehlen der Ausführbarkeit/Offenbarung. Dem Streitpatent sei nämlich nicht zu entnehmen, ab wann ein aufzuwerfendes Veredelungsmaterial hinreichend eingefärbtes und/oder unterschiedlich eingefärbtes und/oder Farbe und/oder verschiedene Farben aufweisendes Veredelungsmaterial sei. Es sei nicht offenbart, was die Fachperson unter dem Merkmal „farblich unterschiedliche Stellen“ in der Vorsatzschicht verstehen solle. Ein erwünschtes Ergebnis sei überhaupt nicht oder allenfalls zufällig, jedenfalls nicht wiederholbar und gezielt nach dieser Methode zu erreichen. Auch die Merkmale „Aufbringvorrichtung mit Dosierbehälter“, „Dosierleiste“ und „Rohrstutzen als Aufbringungsvorrichtung“ seien unklar. Zweitens stützt sich die Antragstellerin auf das behauptete Fehlen der Neuheit aufgrund einer Vorveröffentlichung eines Patents zur Herstellung von Dachziegeln aus Beton, die das Erscheinungsbild von natürlichem Stein haben sollen. Drittens bestreitet die Antragstellerin die erfinderische Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Streitpatent.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [13] Die <span class="Unterstrichen">Antragsgegnerin</span> beantragte die Abweisung des Antrags und stellte fünf Hilfsanträge. Das Streitpatent sei neu und erfinderisch und seine Verfahrensansprüche seien ausführbar.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [14] Die <span class="Unterstrichen">Nichtigkeitsabteilung</span> des Patentamts erklärte das Streitpatent für nichtig. Die Ansprüche&nbsp;1 bis 26 seien zwar deutlich und vollständig offenbart sowie neu, aber nicht erfinderisch.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [15] Das <span class="Unterstrichen">Berufungsgericht</span> wies den Antrag, das Patent für nichtig zu erklären, ab. Das Streitpatent sei ausreichend offenbart, weil der Inhalt der Anmeldung der Fachperson eine eindeutige und konkrete Lehre zum technischen Handeln gebe. Es sei auch neu, weil seine wesentlichen Merkmale nicht bereits in dem Patent zur Herstellung von Dachziegeln (Beilage&nbsp;./E) gezeigt worden seien. Schließlich sei das Patent auch erfinderisch, weil trotz der Kombination von Vorveröffentlichungen noch eine wesentliche Änderung erforderlich sei, die sich für die Fachperson nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergebe. Den Wert des Entscheidungsgegenstands bemaß das Berufungsgericht mit 30.000&nbsp;EUR übersteigend und die ordentliche Revision erklärte es für nicht zulässig.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [16] Dagegen richtet sich die <span class="Unterstrichen">außerordentliche Revision</span> der Antragstellerin mit dem Antrag, die erstinstanzliche Entscheidung wiederherzustellen, indem das Patent der Antragsgegnerin für nichtig erklärt werde; in eventu wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [17] Die Antragstellerin macht als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens geltend, dass das Berufungsgericht von der ersten Instanz abweichende Feststellungen getroffen habe ohne die Antragstellerin zu hören. Als unrichtige rechtliche Beurteilung macht sie geltend, dass das Berufungsgericht von der herrschenden Rechtsprechung abgewichen sei, wonach ein spezieller Begriff (hier Merkmal M1.3 in Beilage&nbsp;./G) einen allgemeinen Begriff neuheitsschädlich vorwegnehme. Überdies würden die Merkmale M1.5 und M1.10 keine technische Wirkung entfalten, sondern lediglich der Erzeugung einer ästhetischen Formschöpfung dienen, und weiters sei das Merkmal M1.8 nicht erfinderisch gegenüber einer Kombination von Beilage&nbsp;./G mit Beilage&nbsp;./E bzw dem allgemeinen Fachwissen; dasselbe gelte für das Merkmal M1.9 gegenüber Beilage&nbsp;./G und dem allgemeinen Fachwissen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [18] Die Antragsgegnerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen bzw ihr nicht Folge zu geben.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"> [19] Die Revision ist <span class="Unterstrichen">zulässig</span> und im Sinne des Aufhebungsantrags <span class="Unterstrichen">berechtigt</span>.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [20] 1.1.&nbsp;Die Revision zeigt zutreffend auf, dass das Berufungsgericht von der herrschenden Rechtsprechung abgewichen ist, wonach ein spezieller Begriff (hier Merkmal M1.3 in Beilage&nbsp;./G) einen allgemeinen Begriff neuheitsschädlich vorwegnimmt (vgl OPM OBp&nbsp;1/07; OLG Wien 133&nbsp;R&nbsp;7/18d mwN).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [21] 1.2.&nbsp;So führt das Berufungsgericht aus, dass „Vibration“ deswegen nicht geoffenbart sei, weil es bei Beilage&nbsp;./G unter Vakuum (Unterdruck) erfolge. Nun ist aber die Anwendung von Unterdruck im Patent keineswegs ausgeschlossen. Es bleibt daher (bereits in erster Instanz) mit den Parteien zu erörtern und sodann zu beurteilen, ob unter dem Gesichtspunkt der Offenbarung des speziellen Begriffs das Merkmal „Vibration“ bereits geoffenbart wurde.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [22] 1.3.&nbsp;Weiters fehlt zu den Merkmalen M1.8 und M1.9 jegliche belastbare Feststellung für die patentgemäß geforderte Feinheit. Mangels nachgewiesener Effekte oder Vorteile wäre das eine willkürliche Einschränkung, die nicht zur erfinderischen Tätigkeit beiträgt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [23] 2.1.&nbsp;Ob eine Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist grundsätzlich eine Rechtsfrage (RS0123155 [T3]), allerdings bedarf es zu deren Lösung auch der Klärung der Tatfrage, ob sich das Patent für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt (vgl RS0071399).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [24] 2.2.&nbsp;Diese Tatfrage wurde vom Berufungsgericht anders als von der Nichtigkeitsabteilung gelöst, ohne dass dafür in erster Instanz die technischen Grundlagen festgestellt worden waren.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [25] 2.2.1.&nbsp;Insbesondere fehlt es zum Merkmal M1.3 an ausreichendem Tatsachensubstrat der ersten Instanz, um die erfinderische Tätigkeit begründen zu können, aber auch zu den Merkmalen M1.8 und M1.9 reichen im Zusammenhang mit Beilage&nbsp;./E die technischen Grundlagen der ersten Instanz nicht dafür aus.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [26] 2.2.2.&nbsp;Zu Merkmal M1.4 führte das Berufungsgericht aus, dass die Feinheit der Vorsatzbetonschicht nicht geoffenbart sei. Es fehlt jedoch an einer Feststellung, inwiefern diese Feinheit wesentlich ist.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [27] 2.2.3.&nbsp;Zu Merkmal M1.8 führte das Berufungsgericht – abweichend von der ersten Instanz – aus, dass trotz Kombination der beiden Vorveröffentlichungen Beilagen&nbsp;./G und ./E noch eine wesentliche weitere Änderung erforderlich sei, um zu dem im Streitpatent gezeigten Schaufelrad zu gelangen. Auch dazu fehlt es an einer Grundlage in den Tatsachenfeststellungen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [28] 2.3.&nbsp;Soweit das Berufungsgericht selbst von den Feststellungen der ersten Instanz abweichende Feststellungen ohne Beweiswiederholung getroffen hat, verstößt dies gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz (vgl RS0043057), sodass diese Feststellungen nicht der rechtlichen Beurteilung zugrundegelegt werden können.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [29] 2.4.&nbsp;Die Nichtigkeitsabteilung des Patentamts wird daher im nächsten Verfahrensgang mit den Parteien die technischen Grundlagen für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit – unter anderem unter dem Gesichtspunkt, ob sich das Patent für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt – zu erörtern und sodann ergänzend festzustellen haben.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [30] Der Revision der Antragstellerin ist daher Folge zu geben, das angefochtene Urteil aufzuheben und der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [31] Der Kostenvorbehalt beruht auf §&nbsp;52 Abs&nbsp;1 ZPO.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20241227_OGH0002_0120OS00140_24S0000_000
Justiz
OGH
2025-01-09
2025-01-09
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241227_OGH0002_0120OS00140_24S0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20241227_OGH0002_0120OS00140_24S0000_000/JJT_20241227_OGH0002_0120OS00140_24S0000_000.html
12Os140/24s
ECLI:AT:OGH0002:2024:0120OS00140.24S.1227.000
null
null
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat am 27.&nbsp;Dezember&nbsp;2024 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Bachner-Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Oshidari und Dr.&nbsp;Haslwanter&nbsp;LL.M. in der Strafsache gegen * H* wegen Verbrechen der nationalsozialistischen Wiederbetätigung nach §&nbsp;3g Abs&nbsp;1 und 2 VerbotsG und weiterer strafbarer Handlungen, AZ&nbsp;7&nbsp;Hv&nbsp;93/24z des Landesgerichts Ried im Innkreis, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 12.&nbsp;November&nbsp;2024, AZ&nbsp;10&nbsp;Bs&nbsp;243/24t, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß §&nbsp;62 Abs&nbsp;1 zweiter Satz OGH-Geo&nbsp;2019 zu Recht erkannt:</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;* H* wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Mit Beschluss vom 12.&nbsp;November&nbsp;2024, AZ&nbsp;10&nbsp;Bs&nbsp;243/24t, gab das Oberlandesgericht Linz der Beschwerde des H* gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 23.&nbsp;Oktober&nbsp;2024, GZ&nbsp;11&nbsp;HR&nbsp;109/23k-160, nicht Folge und setzte die über den Genannten mit dem erwähnten Beschluss verhängte Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach §&nbsp;173 Abs&nbsp;2 Z&nbsp;3 lit&nbsp;a bis c StPO fort.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] In der Sache erachtete das Beschwerdegericht den Genannten dringend verdächtig, in Z* und an anderen Orten</p><p class="ErlText AlignLeft" style="text-indent:95px;"><span aria-hidden="true">A./&nbsp;sich auf andere als die in §§&nbsp;3a bis 3f VerbotsG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt zu haben, indem er</span></p><p class="ErlText AlignLeft" style="text-indent:95px;"><span aria-hidden="true">I./&nbsp;vom 18.&nbsp;Juni&nbsp;2015 bis zum 14.&nbsp;August&nbsp;2023 „für jedermann sichtbar“ ein im Eingangsbereich der Liegenschaft *, eingepflastertes Symbol einer „Schwarzen Sonne“ zur Schau stellte,</span></p><p class="ErlText AlignLeft" style="text-indent:95px;"><span aria-hidden="true">II./&nbsp;von 2020 bis 2022 über „Whats App“ in 51&nbsp;Fällen im angefochtenen Beschluss näher beschriebene Bilder und Videos, die den Nationalsozialismus sowie dessen Ziele verherrlichen, als zeitgemäß darstellen und die Gräueltaten des Nationalsozialismus verharmlosen, an andere Personen übermittelte, wobei er in zwei Fällen (3./ und 6./) die Tathandlungen auf eine Weise beging, dass sie vielen Menschen zugänglich wurden, und</span></p><p class="ErlText AlignLeft" style="text-indent:95px;"><span aria-hidden="true">III./&nbsp;von einem unbekannten Zeitpunkt bis zum 26.&nbsp;Juni&nbsp;2023 im Einzelnen angeführte NS-Devotionalien sammelte und mit dem Vorsatz besaß, diese in naher Zukunft im Rahmen eines „NS-Museums“ zum Zweck nationalsozialistischer Propaganda öffentlich zur Schau zu stellen;</span></p><p class="ErlText AlignLeft" style="text-indent:95px;">B./&nbsp;seit einem unbekannten Zeitpunkt bis zum 26.&nbsp;Juni&nbsp;2023 eine falsche 100&nbsp;Euro-Banknote sowie eine falsche 50&nbsp;Euro-Banknote, somit nachgemachtes Geld, mit dem Vorsatz, dass es als echt und unverfälscht ausgegeben werde, besessen zu haben.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Dieses Verhalten subsumierte das Oberlandesgericht den Verbrechen der nationalsozialistischen Wiederbetätigung nach §&nbsp;3g Abs&nbsp;1 und 2 VerbotsG (A./I./, II./3./ und 6./), den Verbrechen der nationalsozialistischen Wiederbetätigung nach §&nbsp;3g Abs&nbsp;1 VerbotsG (A./II./1./, 2./, 4./, 5./ und 7./ bis 51./ und A./III./) sowie dem Verbrechen des Besitzes nachgemachten oder verfälschten Geldes nach §&nbsp;233 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 StGB (B./).</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Die gegen diesen Beschluss gerichtete Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten ist nicht berechtigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Der vom Oberlandesgericht aus den äußeren Umständen gezogene Schluss auf die subjektive Ausrichtung des Angeklagten (BS&nbsp;9) ist unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS-Justiz RS0098671).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Entgegen der weiteren Beschwerdeargumentation zur angeblichen Unverhältnismäßigkeit der Haft ist das Oberlandesgericht zu Recht von der Anwendbarkeit des VerbotsG idgF ausgegangen. Denn insoweit ist §&nbsp;3g Abs&nbsp;1 VerbotsG günstiger als die Vorläuferbestimmung. Soweit die Tathandlungen §&nbsp;3g Abs&nbsp;2 VerbotsG idgF subsumiert wurden (A./I./, II./3./ und 6./), sind die früheren Vorschriften nicht ungünstiger (§&nbsp;61 StGB).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Den Einwand der Säumigkeit der Ermittlungsbehörden hat der Angeklagte im Rahmen seiner Beschwerde an das Oberlandesgericht nicht erhoben. Insoweit fehlt es an der Prozessvoraussetzung der (horizontalen) Erschöpfung des Rechtswegs (§&nbsp;1 Abs&nbsp;1 GRBG; vgl <span class="Kursiv">Hinterhofer/Oshidari</span>, Strafverfahren Rz&nbsp;11.95).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] Die Grundrechtsbeschwerde war daher ohne Kostenzuspruch (§&nbsp;8 GRBG) abzuweisen.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20241220_OGH0002_0040OB00029_23B0000_000
Justiz
OGH
2025-02-03
2025-02-03
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241220_OGH0002_0040OB00029_23B0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20241220_OGH0002_0040OB00029_23B0000_000/JJT_20241220_OGH0002_0040OB00029_23B0000_000.html
4Ob29/23b
ECLI:AT:OGH0002:2024:0040OB00029.23B.1220.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.&nbsp;Schwarzenbacher als Vorsitzenden sowie den Vizepräsidenten Hon.-Prof.&nbsp;PD&nbsp;Dr.&nbsp;Rassi, den Hofrat MMag.&nbsp;Matzka und die fachkundigen Laienrichter Patentanwälte Dr.&nbsp;Müllner und DI&nbsp;Dr.&nbsp;Wildhack als weitere Richter in der Patentrechtssache der Antragstellerin O* AG (Handelsregister des Kantons *), *, Schweiz, vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien unter Mitwirkung der Schwarz &amp; Partner Patentanwälte OG in Wien, gegen den Antragsgegner C*, Frankreich, vertreten durch die Gassauer-Fleissner Rechtsanwälte GmbH in Wien unter Mitwirkung der Kliment &amp; Henhapel Patentanwälte OG in Wien, wegen Nichtigkeit des Patents&nbsp;AT&nbsp;E&nbsp;121&nbsp;750, über die Revision der Antragstellerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 17.&nbsp;November&nbsp;2022, GZ&nbsp;33&nbsp;R&nbsp;14/22d-12, mit dem die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 23.&nbsp;Februar&nbsp;2021, GZ&nbsp;N&nbsp;6/2017-7b, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Revision wird <span class="Fett">Folge</span> gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache wird an die Nichtigkeitsabteilung des Patentamts zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Der Antragsgegner hatte das Patent&nbsp;<span class="Unterstrichen">AT&nbsp;E&nbsp;121&nbsp;750&nbsp;T2</span> (österreichischer Teil des Europäischen Patents&nbsp;<span class="Unterstrichen">EP&nbsp;0&nbsp;359&nbsp;593&nbsp;B2</span>; in der Folge: <span class="Unterstrichen">Streitpatent</span>) über die Chromatographische Trennung von Plasmaproteinen, insbesondere von Faktor&nbsp;VIII, von&nbsp;Willebrand-Faktor, von Fibronectin und von Fibrinogen am <span class="Unterstrichen">8.&nbsp;2.&nbsp;1989</span> unter Beanspruchung der <span class="Unterstrichen">Priorität&nbsp;7.&nbsp;6.&nbsp;1988</span> (FR&nbsp;8807530) angemeldet; das Streitpatent ist nach Erreichung der Höchstdauer am 8.&nbsp;2.&nbsp;2009 erloschen. Die Ansprüche lauteten [mit zur Verdeutlichung hinzugefügter Merkmalsgliederung&nbsp;<span class="Fett">M1 bis M7</span> und <span class="Fett">M13 bis M16</span>] im Einzelnen:</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett"><span class="Kursiv">1.&nbsp;</span>[M1]</span>&nbsp;<span class="Kursiv">Verfahren zur Trennung von Proteinen Faktor&nbsp;VIII, Fibrinogen, Fibronectin und von&nbsp;Willebrand-Faktor </span><span class="Fett">[M2]</span>&nbsp;<span class="Kursiv">des menschlichen oder tierischen Plasmas und </span><span class="Fett">[M3]</span>&nbsp;<span class="Kursiv">zur Herstellung von Konzentraten dieser Proteine, dadurch gekennzeichnet, dass es die folgenden Schritte aufweist:</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Kursiv">-&nbsp;</span><span class="Fett">[M4]</span>&nbsp;<span class="Kursiv">als Ausgangsmaterial wird die bei niedriger Temperatur gefällte Plasmafraktion, die </span><span class="Fett">[M5]</span>&nbsp;<span class="Kursiv">im Wesentlichen aus Fibrinogen, Fibronectin, von&nbsp;Willebrand-Faktor und Faktor&nbsp;VIII besteht, verwendet,</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Kursiv">-&nbsp;</span><span class="Fett">[M6]</span>&nbsp;<span class="Kursiv">das besagte bei niedriger Temperatur Gefällte, das wieder in wässrige Lösung gebracht wurde, wird einer einzigen Trennung durch Chromatographie auf einem Anionenaustauscherharz unterworfen, </span><span class="Fett">[M6a]&nbsp;</span><span class="Kursiv">dessen Matrix ein Gel von der Art eines makroreticulären Vinylpolymeren ist, </span><span class="Fett">[M6b]&nbsp;</span><span class="Kursiv">das durch seine Porositäts- und Hydrophobieeigenschaften fähig ist, den Komplex aus Faktor&nbsp;VIII und von&nbsp;Willebrand-Faktor zurückzuhalten,</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">-&nbsp;</span><span class="Fett">[M7]</span>&nbsp;<span class="Kursiv">durch aufeinander folgende Erhöhung der Ionenstärke des Elutionspuffers werden selektiv die verschiedenen Proteine gewonnen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett"><span class="Kursiv">2.&nbsp;</span></span><span class="Kursiv">Verfahren nach Anspruch&nbsp;1, dadurch gekennzeichnet, dass das Gel von der Art des Vinylpolymeren Fractogel&nbsp;(M)&nbsp;-&nbsp;TSK ist.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett"><span class="Kursiv">3.&nbsp;</span></span><span class="Kursiv">Verfahren nach Anspruch&nbsp;1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Anionen austauschende Charakter des Harzes von auf die Matrix gepfropften Gruppen vom DEAE-Typ herrührt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett"><span class="Kursiv">4.&nbsp;</span></span><span class="Kursiv">Verfahren nach den Ansprüchen&nbsp;1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Ausgangsfraktion Faktor&nbsp;VIII enthält, der eine spezifische Aktivität größer oder gleich 0,1&nbsp;I.E. pro mg an Proteinen aufweisen kann.</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett"><span class="Kursiv">5.</span></span><span class="Kursiv">&nbsp;Verfahren nach einem der Ansprüche&nbsp;1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Ausgangsfraktion eine Vorreinigungsbehandlung erfahren hat, die</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">-&nbsp;eine Behandlung mit Aluminiumhydroxid,</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">-&nbsp;eine Abkühlung auf 14</span><span class="Kursiv">–16&nbsp;Grad</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">-&nbsp;ein Zentrifugieren und die Wiedergewinnung des Überstands umfasst.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett"><span class="Kursiv">6.</span></span><span class="Kursiv">&nbsp;Verfahren nach einem der Ansprüche&nbsp;1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Chromatographie mit einem Puffer durchgeführt wird, der Lysin und Glycin enthält und dessen Ionenstärke mit Hilfe von Natriumchlorid in zunehmender Konzentration erhöht wird.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett"><span class="Kursiv">7.</span></span><span class="Kursiv">&nbsp;Verfahren nach Anspruch&nbsp;6, dadurch gekennzeichnet, dass der Puffer&nbsp;2</span><span class="Kursiv">–4&nbsp;g/l Lysin und 8–11&nbsp;g/l Glycin enthält.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett"><span class="Kursiv">8.</span></span><span class="Kursiv">&nbsp;Verfahren nach einem der Ansprüche&nbsp;1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Natriumchlorid-Konzentration des Puffers</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Kursiv">-&nbsp;bei der Äquilibrierung der Kolonne und beim Beladen der Probe 0,11&nbsp;M ist, was die Absorption des Fibronectins, des von&nbsp;Willebrand-Faktors und des </span><span class="Kursiv">Faktors&nbsp;VIII erlaubt und das Fibrinogen in das Filtrat durchlaufen lässt,</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">-&nbsp;auf 0,15&nbsp;M erhöht wird, um das Fibronectin und den größten Teil des von&nbsp;Willebrand-Faktors zu eluieren,</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Kursiv">-&nbsp;auf 0,25&nbsp;M erhöht wird, um den Faktor&nbsp;VIII zu eluieren.</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett"><span class="Kursiv">9.</span></span><span class="Kursiv">&nbsp;Verfahren nach einem der Ansprüche&nbsp;1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass mit der Plasmafraktion, bevor sie dem Schritt der chromatographischen Trennung unterworfen wird, eine Behandlung zur Virusinaktivierung in Gegenwart von chemischen Inaktivierungsagentien durchgeführt wird.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett"><span class="Kursiv">10.</span></span><span class="Kursiv">&nbsp;Verfahren nach einem der Ansprüche&nbsp;1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass es das Auffangen des Filtrats der Chromatographie und dessen Lauf über eine Chromatographie über Heparin-Sepharose-Harz einschließt, um ein Fibrinogen-Konzentrat zu gewinnen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett"><span class="Kursiv">11.</span></span><span class="Kursiv">&nbsp;Verfahren nach einem der Ansprüche&nbsp;1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass es das Auffangen des ersten Eluats der Chromatographie und dessen Lauf über eine zweite, mit der ersten identischen Kolonne einschließt, mit dem gleichen, auf 0,15&nbsp;M eingestellten Natriumchlorid-Puffer, um ein Konzentrat des von&nbsp;Willebrand-Faktors zu gewinnen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett"><span class="Kursiv">12.</span></span><span class="Kursiv">&nbsp;Verfahren nach einem der Ansprüche&nbsp;1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass es das Auffangen des ersten Eluats der Chromatographie und dessen Lauf über eine Molekularsieb-Chromatographie einschließt, um ein Fibronectin-Konzentrat zu gewinnen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett"><span class="Kursiv">13.</span></span>&nbsp;<span class="Fett">[M13]&nbsp;</span><span class="Kursiv">Konzentrat von Faktor&nbsp;VIII, </span><span class="Fett">[M14]&nbsp;</span><span class="Kursiv">erhältlich durch das Verfahren nach einem der Ansprüche&nbsp;1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, </span><span class="Fett">[M15]</span>&nbsp;<span class="Kursiv">dass es eine spezifische Aktivität von wenigstens 100&nbsp;I.E. pro mg an Proteinen besitzt und </span><span class="Fett">[M16]</span>&nbsp;<span class="Kursiv">dass es von einer Qualität vergleichbar mit der eines Konzentrats gleicher Blutgruppe ist.</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Die Antragstellerin meldete bereits am <span class="Unterstrichen">27.&nbsp;5.&nbsp;1988</span> ein jedoch erst am 29.&nbsp;11.&nbsp;1989 veröffentlichtes Patent&nbsp;<span class="Unterstrichen">EP&nbsp;0&nbsp;343&nbsp;275&nbsp;A1</span> über ein <span class="Kursiv">Verfahren zur Herstellung eines hochreinen, virusfreien Antihämophiliefaktors mittels Chromatographie</span> an (in der Folge: <span class="Unterstrichen">Vorpatent</span>); diese Ansprüche lauteten:</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett"><span class="Kursiv">1.&nbsp;</span></span><span class="Kursiv">Verfahren zur Herstellung eines hochreinen, durch Behandlung mit biokompatiblen organischen Lösungsmitteln/Detergenzien virusfreien Antihämophiliefaktors (AHF oder Faktor&nbsp;VIII) durch Reinigung eines Kryopräzipitats, dadurch gekennzeichnet, dass vor der Befreiung des Kryopräzipitats </span><span class="Kursiv">von Viren das aufgetaute Kryopräzipitat mit 1 bis 3&nbsp;U/ml Heparin enthaltendem Wasser bei pH&nbsp;6,5 bis 7,5 extrahiert und mit einer Aluminiumhydroxid-Suspension versetzt wird und nach Abkühlung auf 10 bis 18°&nbsp;C und Einstellen des pH-Wertes auf 6 bis 7 zentrifugiert oder filtriert und danach in an sich bekannter Weise weiterverarbeitet wird.</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett"><span class="Kursiv">2.</span></span><span class="Kursiv">&nbsp;</span><span class="Kursiv">Verfahren nach Anspruch&nbsp;1, dadurch gekennzeichnet, dass nach der Entfernung der Viren die Probe einer Gelpermeationschromatographie an Ionenaustauschmaterialien unterworfen wird.…</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett"><span class="Kursiv">3.</span></span><span class="Kursiv">&nbsp;</span><span class="Kursiv">Verfahren nach Anspruch&nbsp;1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass nach der Entfernung der Viren und vor der chromatographischen Trennung die Probe mit Ölen extrahiert wird, vorzugsweise mit Sojaöl, Rizinöl und/oder Baumwollsamenöl.</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] In der Folge erstatteten die Antragstellerin selbst und ein anderes Pharmaunternehmen gegen das Streitpatent einen <span class="Unterstrichen">Einspruch</span> nach Art&nbsp;100 lit&nbsp;a und lit&nbsp;c EPÜ wegen Mangels an Neuheit (Art&nbsp;54 EPÜ) und erfinderischer Tätigkeit (Art&nbsp;56 EPÜ) sowie wegen Erweiterung des Patentgegenstands über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (Art&nbsp;123 Abs&nbsp;2 EPÜ). Nachdem die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts in einer am <span class="Unterstrichen">29.&nbsp;1.&nbsp;2001</span> zugestellten Entscheidung nach Art&nbsp;102 Abs&nbsp;3 EPÜ das Streitpatent aufrechterhalten hatte, wies die Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts am <span class="Unterstrichen">16.&nbsp;3.&nbsp;2003</span> zu <span class="Unterstrichen">T&nbsp;0292/01-3.3.4</span> die auch von der nunmehrigen Antragstellerin erhobene Beschwerde ab, mit der sie den Widerruf des Streitpatents begehrt hatte.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Die zu 98&nbsp;% im Eigentum der Antragstellerin stehende österreichische O*gesellschaft&nbsp;m.b.H. (FN&nbsp;*) hatte bereits 1994 die <span class="Unterstrichen">Nichtigerklärung</span> des Streitpatents nach §§&nbsp;112&nbsp;ff PatG beantragt, weil der Gegenstand der Patentansprüche&nbsp;1 und 13 angesichts der Lehre der früher angemeldeten, aber nach dem Streitpatent veröffentlichten Patentschrift des Vorpatents nicht neu sei. Die Nichtigkeitsabteilung wies diesen Antrag am <span class="Unterstrichen">13.&nbsp;10.&nbsp;2006</span> ab (N&nbsp;15/2004-8, 9), was der Oberste Patent- und Markensenat am <span class="Unterstrichen">23.&nbsp;1.&nbsp;2008</span> zu <span class="Unterstrichen">Op&nbsp;6/07</span>, PBl&nbsp;2009, 3, bestätigte, weil die hervorgehobenen Merkmale der Patentansprüche&nbsp;1 und 13 gegenüber dem Vorpatent neu seien und insbesondere keine neuheitsschädliche Vorwegnahme von Merkmal&nbsp;6b des Streitpatents durch den Vorhalt des Vorpatents vorgelegen sei.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] Nunmehr stellte die <span class="Fett">Antragstellerin</span> am 7.&nbsp;4.&nbsp;2017 den Antrag, das Streitpatent wegen Fehlens von Neuheit, erfinderischer Tätigkeit und Offenbarung nach §§&nbsp;112&nbsp;ff PatG für <span class="Unterstrichen">nichtig</span> zu erklären. Dabei stützte auch sie sich auf das Vorpatent im Zusammenhalt mit diversen Fachveröffentlichungen. Das rechtliche Interesse ergebe sich aus zwischen den Parteien anhängigen Rechtsstreitigkeiten über Entgelte aus dem Streitpatent. Res iudicata liege angesichts der gegenüber der Entscheidung des Obersten Patent- und Markensenats <span class="Unterstrichen">Op&nbsp;6/07</span> unterschiedlichen Verfahrensparteien sowie angesichts nunmehr vorgelegter zusätzlicher Beweismittel nicht vor. In einem Parallelverfahren in Deutschland sei das Streitpatent bereits für nichtig erklärt worden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [6] Der <span class="Fett">Antragsgegner</span> beantragte die Abweisung des Antrags.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [7] Die <span class="Fett">Nichtigkeitsabteilung</span> wies den Antrag ab. Die Merkmale&nbsp;6a und 6b seien im Vorpatent auch in Verbindung mit der Fachliteratur nicht geoffenbart, das Streitpatent sei daher hinsichtlich der Merkmalsgruppe&nbsp;M6 und damit im gesamten Umfang des Anspruchs&nbsp;1 und der davon abhängigen Ansprüche&nbsp;2 bis 13 neu; es sei insgesamt auch erfinderisch gegenüber dem Stand der Technik.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [8] Das <span class="Fett">Berufungsgericht</span> bestätigte diese Entscheidung, bewertete seinen Entscheidungsgegenstand mit insgesamt 30.000&nbsp;EUR übersteigend und ließ die ordentliche Revision nicht zu.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [9] Das Berufungsgericht verneinte Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens und erklärte, die Feststellungen der Nichtigkeitsabteilung seiner eigenen rechtlichen Beurteilung zugrundezulegen, wonach auch deren Rechtsansicht geteilt werde. Das rechtliche Interesse der Antragstellerin an der Nichtigerklärung des bereits erloschenen Streitpatents sei nicht in Frage gestellt worden. Das Vorpatent habe das Merkmal&nbsp;6b des Streitpatents, insbesondere die konkreten Porositäts- und Hydrophobieeigenschaften weder explizit noch implizit offenbart. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs im dortigen Parallelverfahren habe auch in der aufrecht gebliebenen modifizierten Fassung das im Berufungsverfahren einzig noch strittige Merkmal&nbsp;6b enthalten. Es liege auch eine erfinderische Tätigkeit vor, zumal das Streitpatent die Abtrennung von vier Proteinen bezwecke, während das Vorpatent nur Verfahren zur Abtrennung eines einzigen Proteins vorsehe. Die Berufung biete auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Fachperson aufgrund des nächstliegenden Standes der Technik ohne Weiteres auf das Merkmal&nbsp;6b gekommen wäre. Die Erfindung nach Anspruch&nbsp;1 sei auch nach dem Gesamtinhalt der (Streit-)Patentschrift hinreichend offenbart. Dementsprechend sei auch die Beurteilung der abhängigen Ansprüche&nbsp;2 bis 12 als rechtsbeständig nicht zu beanstanden. Auch Anspruch&nbsp;13 sei neu, was die Berufung nicht in Frage stelle. Auch der erfinderische Schritt sei zu bejahen; mangelnde Offenbarung werde in der Berufung nicht substanziiert.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [10] Dagegen richtet sich die <span class="Fett">Revision</span> der Antragstellerin mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dem Nichtigkeitsantrag zur Gänze stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [11] Der Antragsgegner beantragt in der ihm vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [12] Die Revision ist zur Wahrung der Rechtssicherheit <span class="Fett">zulässig</span> und im Sinne des Aufhebungsantrags <span class="Fett">berechtigt</span>.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"> [13] Die Revision führt zusammengefasst ins Treffen, das Berufungsgericht weiche bei der Beurteilung von „Fractogel DEAE“ im Vorpatent in Ansehung des Merkmals&nbsp;6b von der ständigen Rechtsprechung ab, und zwar: zu neuheitsschädlichen Vorhalten mit allgemeinen Formeln und konkret angeführten engeren konkreten Ausführungsbeispielen; zur impliziten Offenbarung; zur Offenbarung von im Stand der Technik offenbarten Spezialfällen, die eine allgemeine Lehre neuheitsschädlich vorwegnähmen; sowie zur Erfindungshöhe dahin, ob der Fachmann durch den Vorhalt veranlasst würde, ihm die im Streitpatent vorgesehene Ausbildung zu geben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Der Senat hat erwogen:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [14] <span class="Fett">1.1.</span>&nbsp;Das EPÜ enthält keine Regelungen zur Ausgestaltung des Nichtigkeitsverfahrens, weil das Europäische Patent zwar in einem zentralisierten europäischen Verfahren erteilt wird, seine Wirkungen sich aber auch und vor allem nach dem nationalen Recht der Vertragsstaaten richten, in denen das Patent Geltung hat (vgl <span class="Kursiv">Kolle</span> in <span class="Kursiv">Benkard</span>, EPÜ<span class="Hoch">4 </span>[2023] Art&nbsp;2 Rn&nbsp;2 und <span class="Kursiv">Scharen</span> in <span class="Kursiv">Benkard</span>, EPÜ<span class="Hoch">4 </span>[2023] Art&nbsp;138 Rn&nbsp;32).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [15] <span class="Fett">1.2.</span>&nbsp;Unabhängig von der Möglichkeit, gegen das erteilte Patent mit Nichtigkeitsantrag vorzugehen, ermöglicht es das Patentrecht, das Schutzrecht bereits unmittelbar nach Erteilung durch Einspruch nach §&nbsp;102 PatG bzw Art&nbsp;99&nbsp;ff EPÜ anzugreifen. Die Antragstellerin hatte hier von dieser Möglichkeit eines fristgebundenen, raschen und billigen Verfahrens (vgl <span class="Kursiv">Weiser</span>, PatG GMG<span class="Hoch">3 </span>[2016] §&nbsp;102 PatG 433&nbsp;f; <span class="Kursiv">Kucsko</span>, Geistiges Eigentum [2003] 906) Gebrauch gemacht, konnte aber die Eintragung des Europäischen Patents nicht verhindern.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [16] <span class="Fett">1.3.1.</span>&nbsp;Das EPÜ sieht keine Subsidiarität des nationalen Nichtigkeitsverfahrens gegenüber einem noch möglichen oder bereits anhängigen Einspruchsverfahren vor, sondern es nimmt die zur Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen und zu unerwünschter Doppelarbeit führende Zweigleisigkeit in Kauf. Auch das Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung kann mit einer Nichtigkeitsklage beim Einheitspatentgericht angegriffen werden; ist ein Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Patentamt anhängig, kann das Einheitspatentgericht das Verfahren aussetzen, ist dazu allerdings nicht verpflichtet (<span class="Kursiv">Ehlers</span> in <span class="Kursiv">Benkard</span>, EPÜ<span class="Hoch">4 </span>[2023] Vorbem zu Art&nbsp;99–105c Rn&nbsp;7).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [17] <span class="Fett">1.3.2.</span>&nbsp;Ein Vorrang des Einspruchsverfahrens vor einem Nichtigkeitsverfahren ergibt sich jedoch bisweilen nach nationalem Recht, beispielsweise aus §&nbsp;81 Abs&nbsp;2 dPatG (vgl <span class="Kursiv">Hall/Nobbe</span> in <span class="Kursiv">Benkard</span>, PatG<span class="Hoch">12 </span>[2023] §&nbsp;81 Rn&nbsp;40) oder für die Schweiz aus Art&nbsp;127&nbsp;f des Bundesgesetzes über die Erfindungspatente; nach dem Recht Großbritanniens ist es eine Frage der Interessensabwägung im Einzelfall, ob das nationale Verfahren über die Nichtigkeit schon vor Abschluss des Einspruchsverfahrens durchgeführt oder bis zu dessen Abschluss ausgesetzt wird (vgl nochmals <span class="Kursiv">Ehlers</span> in <span class="Kursiv">Benkard</span>, EPÜ<span class="Hoch">4 </span>[2023] Vorbem zu Art&nbsp;99–105c Rn&nbsp;7).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [18] <span class="Fett">1.3.3.</span>&nbsp;Zwar ist für Österreich nach §&nbsp;11 PatV-EG (dessen Verfassungsrang durch §&nbsp;5 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;5 1.&nbsp;BVRBG, BGBl&nbsp;I&nbsp;2008/2, aber beseitigt wurde, weil dieser – so die parlamentarischen Materialien [ErläutRV&nbsp;314 BlgNR&nbsp;23.&nbsp;GP&nbsp;16] – „schon nach geltender Verfassungs-rechtslage entbehrlich“ sei [gemeint wohl Art&nbsp;9 Abs&nbsp;2 B-VG idF BGBl&nbsp;1981/350 iVm Art&nbsp;50 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 B-VG]) ein vor dem Österreichischen Patentamt anhängiges Verfahren auf Nichtigerklärung eines Europäischen Patents von Amts wegen insoweit zu unterbrechen, als ein dieselbe Sache betreffendes Einspruchsverfahren (Art&nbsp;99 EPÜ) vor dem Europäischen Patentamt anhängig ist oder anhängig gemacht wird. Das unterbrochene Verfahren ist nach rechtskräftigem Abschluss des Einspruchsverfahrens auf Antrag fortzusetzen, wenn vom Europäischen Patentamt eine Entscheidung in der Sache selbst nicht gefällt wurde. Andernfalls ist das Verfahren auf Antrag oder von Amts wegen einzustellen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [19] <span class="Fett">1.3.4.</span>&nbsp;Dies sei nach den Materialien zum PatV-EG (ErläutRV&nbsp;870 BlgNR&nbsp;14.&nbsp;GP&nbsp;11) geboten, weil eine vertragskonforme Durchführung des EPÜ eine Regelung erfordere, die das Entstehen einander widersprechender Entscheidungen in derselben Sache verhindere. Die in §&nbsp;11 PatV-EG vorgesehene Unterbrechung des Nichtigkeitsverfahrens erfolge nur insoweit, als Sachidentität bestehe. Gegebenenfalls könne daher ein Nichtigkeitsverfahren teilweise fortgesetzt werden. Was unter „derselben Sache“ zu verstehen sei, wäre durch die Rechtsprechung zur Streitanhängigkeit hinreichend geklärt; das nationale Verfahren werde für die Dauer des europäischen Einspruchsverfahrens unterbrochen. Sei eine Sachentscheidung ergangen, so sei der innerstaatliche Rechtsweg unzulässig und das Verfahren daher einzustellen, während eine bloße Formalentscheidung des Europäischen Patentamts (zB Zurückweisung des Einspruchs) hingegen eine Fortsetzung des Verfahrens vor der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamts nicht ausschließe.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [20] <span class="Fett">1.3.5.</span>&nbsp;Nach dem Wortlaut des §&nbsp;11 PatV-EG ist bei zeitlicher Parallelität eines nationalen Nichtigkeits- und eines europäischen Einspruchsverfahrens jenes zu unterbrechen und nur dann fortzusetzen, wenn das Europäische Patentamt keine Sachentscheidung gefällt hat. §&nbsp;11 PatV-EG regelt daher, wie mit einem bereits anhängigen Nichtigkeitsverfahren umzugehen ist, welches gleichzeitig mit einem Einspruchsverfahren nach Art&nbsp;99&nbsp;ff EPÜ abgeführt werden müsste. Dies hat zum Ziel (neben der Vermeidung von Parallelverfahren [vgl auch ErläutRV&nbsp;621 BlgNR&nbsp;22.&nbsp;GP&nbsp;19 zu §&nbsp;115a PatG idF BGBl&nbsp;I&nbsp;2004/149: „um Doppelgleisigkeiten und insbesondere die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen zu vermeiden“] und möglicherweise einer Entlastung der nationalen Behörden – vgl BGH 19.&nbsp;4.&nbsp;2011, X&nbsp;ZR&nbsp;124/10, GRUR&nbsp;2011, 848 Rn&nbsp;9; 12.&nbsp;7.&nbsp;2005, X&nbsp;ZR&nbsp;29/05, GRUR&nbsp;2005, 967; <span class="Kursiv">Pitz</span>, Die Entwicklung der Nichtigkeitsklage vom patentamtlichen Verwaltungsverfahren zum zivilprozessualen Folgeverfahren gegen europäische Patente, GRUR&nbsp;1995, 231 [238]), sicherzustellen, dass über den Rechtsbestand des Streitpatents im Weiteren auf Grundlage seiner endgültigen, allenfalls geänderten Fassung (vgl Art&nbsp;101 Abs&nbsp;3 lit&nbsp;a und Art&nbsp;103 EPÜ) verhandelt und entschieden werden kann (vgl <span class="Kursiv">Hall/Nobbe</span> in <span class="Kursiv">Benkard</span>, PatG<span class="Hoch">12 </span>[2023] §&nbsp;81 Rn&nbsp;40; <span class="Kursiv">Ahrens</span> in <span class="Kursiv">Fitzner/Lutz/Bodewig</span>, Patentrechtskommentar<span class="Hoch">4 </span>[2020] §&nbsp;81 PatG Rn&nbsp;65).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [21] Diese Bestimmung ist nicht dahin zu verstehen, dass der nationale Gesetzgeber dem Einspruchsverfahren nach Art&nbsp;99&nbsp;ff EPÜ generell Vorrang in dem Sinne einräumen wollte, dass eine Sachentscheidung in diesem Verfahren Rechtskraftwirkung dahin entfalten sollte, dass die Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen auch in einem späteren nationalen Verfahren wegen entschiedener Sache ausschließen würde (vgl <span class="Kursiv">Meinl</span> in <span class="Kursiv">Stadler/Gehring</span>, PatG<span class="Hoch">2 </span>[2019] §&nbsp;11 PatV-EG Rz&nbsp;4 und 9).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [22] Eine „Bindung“ der über einen späteren Antrag auf Nichtigerklärung nach §§&nbsp;112&nbsp;ff PatG entscheidenden Behörden an eine in einem früheren und abgeschlossenen Einspruchsverfahren ergangene Entscheidung der Beschwerdeabteilung (bzw – wie hier – der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts) besteht daher nach herrschender Ansicht nicht (vgl schon OPMS 12.&nbsp;5.&nbsp;2004, Op&nbsp;2/04, PBl&nbsp;2004, 148; in diesem Sinne wohl auch <span class="Kursiv">Weiser</span>, PatG GMG<span class="Hoch">3 </span>[2016] §&nbsp;1 PatV-EG&nbsp;666; vgl auch [zu §&nbsp;115a PatG] <span class="Kursiv">Burgstaller</span>, Österreichisches Patentrecht<span class="Hoch">2 </span>[2021] §§&nbsp;112–126 PatG Anm&nbsp;7). Dass vom Europäischen Patentamt bereits ein Einspruchsverfahren durchgeführt wurde, führt daher nicht dazu, dass entschiedene Rechtssache (res iudicata) vorliegt, weil nationale Gerichte und Patentämter nicht an Entscheidungen des Europäischen Patentamts gebunden sind (OPMS 27.&nbsp;5.&nbsp;2009, Op&nbsp;1/09, PBl&nbsp;2010, 7 [16]; <span class="Kursiv">Weiser</span>, PatG GMG<span class="Hoch">3 </span>[2016] §&nbsp;113 PatG 462&nbsp;ff [insb 464]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [23] Dieses ergibt sich auch mit Blick auf §&nbsp;115a PatG, wonach im Falle eines gleichzeitig anhängig (gemachten) nationalen Einspruchsverfahrens das nationale Nichtigkeitsverfahren unmittelbar (außer im Falle des Widerrufs) fortgesetzt werden kann; der Gesetzgeber setzt somit voraus, dass Einspruchs- und Nichtigkeitsverfahren zulässig sind. Warum ein Nichtigkeitsverfahren bereits durch jede frühere inhaltliche Einspruchsentscheidung nach Art&nbsp;99&nbsp;ff EPÜ – anders als bei nationalen Einspruchsentscheidungen – von vornherein ausgeschlossen wäre, erschließt sich weder aus Text und Zweck von §&nbsp;11 PatV-EG noch aus den Materialien hierzu, die zudem – wie oben (Punkt&nbsp;1.3.4.) dargelegt – fälschlich auch davon ausgehen, dass das EPÜ eine Regelung erfordere, die das Entstehen einander widersprechender Einspruchs- und Nichtigkeits-entscheidungen in derselben Sache verhindere.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [24] Dieses Ergebnis entspricht auch der Rechtslage und Rechtsprechung in der BRD (wo aber betont wird, dass frühere Entscheidungen aber bei der Entscheidungsfindung allenfalls als „sachverständige Stellungnahmen von erheblichem Gewicht“ zu berücksichtigen sind – vgl BGH 4.&nbsp;5.&nbsp;1995, X&nbsp;ZR&nbsp;29/23, GRUR&nbsp;1996, 75; <span class="Kursiv">Landry</span> in <span class="Kursiv">Haedicke/Timmann</span>, Handbuch des Patentrechts<span class="Hoch">2 </span>[2020] §&nbsp;8 Rn&nbsp;11; <span class="Kursiv">Mes</span>, PatG GebrMG<span class="Hoch">5</span> [2020] §&nbsp;81 PatG Rn&nbsp;106; <span class="Kursiv">Ann</span>, Patentrecht<span class="Hoch">8 </span>[2022] §&nbsp;30 Rn&nbsp;97&nbsp;ff [insb 105]; <span class="Kursiv">Schnekenbühel</span> in <span class="Kursiv">Fitzner/Lutz/Bodewig</span>, Patentrechtskommentar<span class="Hoch">4</span> [2020] §&nbsp;61 PatG Rn&nbsp;30; vgl auch RS0125405).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [25] <span class="Fett">2.1.</span>&nbsp;Die Antragstellerin im Verfahren des Obersten Patent- und Markensenats zu Op&nbsp;6/07, PBl&nbsp;2009, 3, über die dort beantragte Nichtigerklärung des Streitpatents nach §§&nbsp;112&nbsp;ff PatG – eine Kapitalgesellschaft – war mit der nunmehrigen Antragstellerin (ihrer Muttergesellschaft, ebenfalls eine Kapitalgesellschaft) nicht ident.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [26] <span class="Fett">2.2.</span>&nbsp;Eine Erstreckung der Rechtskraft über den Kreis der Parteien einer Vorentscheidung hinaus kommt nur in gesetzlich besonders vorgesehenen Fällen in Frage (vgl eingehend <span class="Kursiv">Klicka</span> in <span class="Kursiv">Fasching/Konecny</span><span class="Hoch">3</span> III/2 [2017] §&nbsp;411 ZPO Rz&nbsp;102&nbsp;ff). Ein solcher Fall ist hier nicht erkennbar:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [27] <span class="Fett">2.3.1.</span>&nbsp;§&nbsp;146 Abs&nbsp;2 PatG in der Stammfassung (BGBl&nbsp;1970/259) hatte dahin gelautet, dass eine Eintragung gemäß §&nbsp;146 Abs&nbsp;1 PatG in das Patentregister (dass eine bestimmte Tatsache der Patentierbarkeit der Erfindung nicht entgegensteht, oder dass die Erfindung mit dem Gegenstand eines früheren Patents oder Privilegiums nicht übereinstimmt) die Wirkung hatte, dass ein auf dieselben Tatsachen und Beweismittel gestützter neuerlicher Antrag, auch wenn er von Dritten gestellt werde, unzulässig sei.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [28] <span class="Fett">2.3.2.</span>&nbsp;Die Wortfolge „auch wenn er von Dritten gestellt wird“ wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 17.&nbsp;10.&nbsp;1973 als gleichheitswidrig (Art&nbsp;7 B-VG) aufgehoben, weil die Eintragung Rechtswirkungen auch für Personen entfalte, die am Verfahren nicht beteiligt waren, deren Rechte durch eine solche Entscheidung aber beeinträchtigt werden können (VfSlg&nbsp;7182/1973).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [29] <span class="Fett">2.3.3.</span>&nbsp;In der Folge wurde der verbleibende §&nbsp;146 PatG durch die PatG-Nov&nbsp;1977, BGBl&nbsp;1977/349, zur Gänze aufgehoben, was in den Materialien (ErläutRV&nbsp;490 BlgNR&nbsp;14.&nbsp;GP&nbsp;15) damit begründet wurde, dass die von Anfang an im Patentgesetz enthaltene Regelung verhindern habe sollen, dass sich einerseits die Behörde mehrfach mit demselben Problem auseinandersetzen müsse, und andererseits ein Patentinhaber immer wieder mit dem gleichen Tatsachenvorbringen konfrontiert werde. Der nach der teilweisen Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof verbliebene Rest des §&nbsp;146 PatG sage jedoch im Hinblick auf den Grundsatz „res iudicata“ eine Selbstverständlichkeit aus, sodass er zur Gänze zu streichen sei.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [30] <span class="Fett">2.4.</span>&nbsp;Da auch sonst keine gesetzlichen Grundlagen ersichtlich sind, die eine Rechtskrafterstreckung anordnen, entfaltet die Entscheidung im Verfahren des Obersten Patent- und Markensenats zu Op&nbsp;6/07, PBl&nbsp;2009, 3, über die dort beantragte Nichtigerklärung des Streitpatents nach §§&nbsp;112&nbsp;ff PatG hier keine Wirkung dahin, dass der an jenem Verfahren nicht beteiligten nunmehrigen Antragstellerin die Geltendmachung des Anspruchs verwehrt würde (vgl zur deutschen Rechtslage und mit demselben Ergebnis BGH 9.&nbsp;11.&nbsp;2011, X&nbsp;ZR&nbsp;23/11, GRUR&nbsp;2012, 540; zust <span class="Kursiv">Hall/Nobbe</span> in <span class="Kursiv">Benkard</span>, PatG<span class="Hoch">12 </span>[2023] §&nbsp;81 Rn&nbsp;41; <span class="Kursiv">Keukenschrijver</span> in <span class="Kursiv">Busse/Keukenschrijver</span>, PatG<span class="Hoch">9</span> [2020] §&nbsp;81 Rn&nbsp;102; <span class="Kursiv">Mes</span>, PatG GebrMG<span class="Hoch">5</span> [2020] §&nbsp;81 PatG Rn&nbsp;105; vgl auch BGH 18.&nbsp;3.&nbsp;2014, X&nbsp;ZR&nbsp;77/12, GRUR&nbsp;2014, 758, Rn&nbsp;9&nbsp;ff).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [31] <span class="Fett">2.5.</span>&nbsp;Eine der Fallkonstellation eines nach §&nbsp;14 UWG Klageberechtigten vergleichbare Situation, in der dessen Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen wäre, weil nach der Lebenserfahrung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen wäre, dass seine schutzwürdigen Interessen durch eine andere, natürliche oder juristische Person, die schon über einen entsprechenden Unterlassungstitel verfüge oder gerade dabei sei, sich einen solchen zu verschaffen, vollwertig gewahrt würden (vgl RS0079356; <span class="Kursiv">Kodek/Leupold</span> in <span class="Kursiv">Wiebe/Kodek</span>, UWG<span class="Hoch">2</span> §&nbsp;14 [2021] Rz&nbsp;103&nbsp;f; <span class="Kursiv">Görg</span>, UWG [2020] §&nbsp;14 Rz&nbsp;410; <span class="Kursiv">Kraft/Steinmair</span>, UWG-Praxiskommentar<span class="Hoch">2</span> [2019] §&nbsp;14 Rz&nbsp;5&nbsp;ff; <span class="Kursiv">Duursma-Kepplinger</span> in <span class="Kursiv">Gumpoldsberger/Baumann</span>, UWG [2006] §&nbsp;14 Rz&nbsp;185), liegt hier nicht vor. Die Interessen der Antragstellerin wurden im oben genannten Vorverfahren nicht gewahrt, zumal die dortige Antragstellerin gerade nicht durchgedrungen war (vgl aber <span class="Kursiv">Kodek/Leupold</span> in <span class="Kursiv">Wiebe/Kodek</span>, UWG<span class="Hoch">2</span> §&nbsp;14 [2021] Rz&nbsp;144 mwN zu de lege ferenda bzw im Hinblick auf die Waffengleichheit im Sinne des Art&nbsp;6 EMRK möglichen allgemeinen Grenzen wiederholter Inanspruchnahme durch Popularklagen).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [32] <span class="Fett">2.6.</span>&nbsp;Auf die Frage, ob im Verfahren des Obersten Patent- und Markensenats zu Op&nbsp;6/07, PBl&nbsp;2009, 3, ein zum vorliegenden Verfahren identer Streitgegenstand vorliege, muss daher nicht eingegangen werden.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [33] <span class="Fett">3.1.</span>&nbsp;Der Bundesgerichtshof hatte in einem ersten Patentnichtigkeitsverfahren mit Urteil vom 13.&nbsp;7.&nbsp;2010, Xa&nbsp;ZR&nbsp;10/07, BeckRS&nbsp;2010, 17869, das auch das Streitpatent, jedoch mit einer hier nicht zu beurteilenden Modifikation (abschließender Verfahrensschritt der Gefriertrocknung) gegenüber dem Vorpatent der nunmehrigen Antragstellerin für rechtsbeständig gehalten, jedoch in der Folge mit Urteil vom 18.&nbsp;3.&nbsp;2014, X&nbsp;ZR&nbsp;77/12, GRUR&nbsp;2014, 758, das auch modifizierte Streitpatent wegen Offenbarung durch das Vorpatent der Antragstellerin teilweise für nichtig erklärt (vgl <span class="Kursiv">Meier-Beck</span>, Die Rechtsprechung des BGH in Patentsachen im Jahr&nbsp;2014, GRUR&nbsp;2015, 721).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [34] <span class="Fett">3.2.</span>&nbsp;Ausländische Entscheidungen über die Nichtigerklärung eines Europäischen Patents wirken aber nur für den jeweiligen Urteilsstaat und erfassen daher nicht den inländischen Teil dieses Patents. Allerdings können ihre Gründe in inländischen Sicherungsverfahren zur Bescheinigung von Nichtigkeitsgründen herangezogen werden (RS0125405; <span class="Kursiv">Burgstaller</span>, Österreichisches Patentrecht<span class="Hoch">2</span> [2021] §§&nbsp;112–126 PatG Anm&nbsp;8; vgl auch oben Punkt&nbsp;1.3.5.).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [35] <span class="Fett">3.3.</span>&nbsp;Die Entscheidungsgründe des Bundesgerichtshofs in den oben erwähnten Urteilen sind daher – ebenso wie die eingangs erwähnte Entscheidung der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts zu T&nbsp;0292/01-3.3.4 und die Entscheidung des Obersten Patent- und Markensenats zu OP&nbsp;6/07 (= PBl&nbsp;2009, 3) – hier nicht bindend, aber bei einer (neuerlichen) inhaltlichen Beurteilung grundsätzlich zu berücksichtigen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [36] <span class="Fett">4.1.</span>&nbsp;Auch nach dem Erlöschen eines Patents (durch Verzicht oder – wie hier – Zeitablauf) kann ein Nichtigkeitsverfahren eingeleitet werden. In diesem Fall wird aber der Antrag auf Nichtigerklärung nicht mehr vom Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung unberechtigter Schutzrechte getragen, sondern es ist ein besonderes eigenes Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers erforderlich (OPM 28.&nbsp;10.&nbsp;2003, N&nbsp;1/99, N&nbsp;2/99, PBl&nbsp;2004, 163; <span class="Kursiv">Stadler/Gehring</span> in <span class="Kursiv">Stadler/Koller</span>, PatG [2019] §&nbsp;113 Rz&nbsp;80&nbsp;ff; <span class="Kursiv">Weiser</span>, PatG<span class="Hoch">3 </span>[2016] §&nbsp;112 458&nbsp;f; vgl ebenso die hA in der BRD: BGH 29.&nbsp;9.&nbsp;1964 Ia&nbsp;ZR&nbsp;285/63, GRUR&nbsp;1965, 231; 16.&nbsp;2.&nbsp;1982, X&nbsp;ZR&nbsp;78/80, GRUR&nbsp;1982, 355; 17.&nbsp;12.&nbsp;2002, X&nbsp;ZR&nbsp;155/99, BeckRS&nbsp;2003, 2900; sowie – jeweils mwN – <span class="Kursiv">Ahrens</span> in <span class="Kursiv">Fitzner/Lutz/Bodewig</span>, Patentrechtskommentar<span class="Hoch">4</span> [2012] §&nbsp;81 PatG Rn&nbsp;74&nbsp;ff; <span class="Kursiv">Keukenschrijver</span> in <span class="Kursiv">Busse/Keukenschrijver</span>, PatG<span class="Hoch">9</span> [2020] §&nbsp;81 Rn&nbsp;73&nbsp;f; <span class="Kursiv">Mes</span>, PatG GebrMG<span class="Hoch">5</span> [2020] §&nbsp;81 PatG Rn&nbsp;78&nbsp;ff; <span class="Kursiv">Ann</span>, Patentrecht<span class="Hoch">8 </span>[2022] §&nbsp;26 Rn&nbsp;203).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [37] <span class="Fett">4.2.1.</span>&nbsp;Die Antragstellerin hat hierfür in ihrem verfahrenseinleitenden Antrag vor der Nichtigkeitsabteilung zusammengefasst ins Treffen geführt, ihre zu 98&nbsp;% in ihrem Eigentum stehende österreichische O*gesellschaft&nbsp;m.b.H. sei vom Antragsgegner aus Patentverletzung (Rechnungslegung und Zahlung) in Anspruch genommen und in Exekution gezogen worden (4&nbsp;Ob&nbsp;206/13t), und jene sei auch der Ansicht, sie als Tochtergesellschaft würde für die Herausgabe des durch angebliche Patentverletzungen erzielten Gewinns der Muttergesellschaft, der Antragstellerin, haften; diese habe das wirtschaftliche Risiko von Ansprüchen Dritter aus Patentrechtsverletzungen zu tragen und ihr drohten bei Bestand des Streitpatents vielfältige Regressansprüche.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [38] <span class="Fett">4.2.2.</span>&nbsp;Wie schon das Berufungsgericht zutreffend anmerkte, ist der Antragsgegner diesen Ausführungen weder vor der Nichtigkeitsabteilung noch im Rechtsmittelverfahren, weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht, entgegengetreten.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [39] <span class="Fett">4.3.</span>&nbsp;Ausgehend von den von der Antragstellerin ins Treffen geführten, als unstrittig anzusehenden tatsächlichen Umständen (§&nbsp;267 ZPO iVm §&nbsp;120 Abs&nbsp;1 PatG) ist daher davon auszugehen, dass der Antragstellerin ein von ihr plausibel dargelegtes rechtliches Interesse nicht abgesprochen werden kann, weil mit dem Wegfall des Streitpatents auch ihrer Tochtergesellschaft und in der Folge auch ihr selbst drohende finanzielle Nachteile durch patentrechtliche Ansprüche des Antragsgegners wegfielen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [40] <span class="Fett">5.</span>&nbsp;Da der Geltendmachung des Anspruchs durch die Antragstellerin keine früheren Entscheidungen entgegenstehen und „entschiedene Sache“ (§&nbsp;113 Abs&nbsp;2 PatG) nicht vorliegt, und von rechtlichem Interesse der Antragstellerin auszugehen ist, ist auf die in ihrer Revision aufgeworfenen Fragen inhaltlich einzugehen; dabei ist von folgenden Vorüberlegungen auszugehen:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [41] <span class="Fett">5.1.</span>&nbsp;Nach dem klaren Gesetzeswortlaut der §§&nbsp;141&nbsp;ff PatG sind – von einzelnen Sonderregelungen abgesehen – die Bestimmungen der ZPO über das Rechtsmittelverfahren anzuwenden. Daraus folgt zwingend, dass Endentscheidungen wie hier schon grundsätzlich auch den grundlegenden Bestimmungen der ZPO über Urteile sowie deren Aufbau und Inhalte zu entsprechen haben, damit sie auch nach den Bestimmungen der ZPO über die Rechtsmittel und deren Gründe überprüft werden können.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [42] <span class="Fett">5.2.</span>&nbsp;Die Entscheidungen der Vorinstanzen genügen diesen Anforderungen nicht.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [43] <span class="Fett">5.2.1.</span>&nbsp;In der Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung wurden unter der Überschrift „Sachverhalt“ keine Feststellungen getroffen, sondern Zusammenfassungen des Vorbringens der Parteien versucht. Unter der Überschrift „Gründe“ wurde die maßgebliche Fachperson definiert und unter dem Punkt „Zur Neuheit gegenüber Beilage&nbsp;./B“ [= Vorpatent] wurden Argumente angeführt, warum Anspruch&nbsp;1 hinsichtlich des Merkmals&nbsp;M6 neu gegenüber dem Vorpatent wäre; in diesem Punkt wird noch disloziert dargelegt, dass es sich beim Vorpatent um ein nachveröffentlichtes älteres Recht handle, dass es ein Verfahren betreffe, bei dem die Probe einer Gelpermeationschromatographie an Ionenaustauschermaterialien unterworfen werde, und dass im Vorpatent eine genauere Kennzeichnung hinsichtlich dessen chemischer Natur unterblieben sei. Weitere für die Frage der Neuheit des Streitpatents gegenüber dem Vorpatent relevante Tatsachenfeststellungen sind in der gesamten Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung nicht erkennbar. Insbesondere steht etwa nicht fest, dass im Vorpatent als konkretes Beispiel für ein Gelpermeationsmaterial mit Ionenaustauscheraktivität ein „Fractogel®-DEAE-Harz“ angeführt ist, gleichwohl wird solches aber in weiterer Folge mit unklarer Konsequenz als „Annahme der Antragstellerin“ rechtlich diskutiert.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [44] Schon daraus erhellt, dass es weitgehend unklar bleibt, welche Tatsachen von der Nichtigkeitsabteilung und ihr folgend dem Berufungsgericht festgestellt und als Grundlage der rechtlichen Beurteilung herangezogen wurden.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [45] <span class="Fett">5.3.</span>&nbsp;Auch aus dem Berufungsurteil ergibt sich nämlich keine diesbezügliche Klarheit, welchen Sachverhalt die Tatsacheninstanzen ihrer rechtlichen Beurteilung zugrundelegten. So hat etwa das Berufungsgericht ausgeführt, dass es „die“ Feststellungen der Nichtigkeitsabteilung übernommen und der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt hätte. Im Rahmen der Behandlung der Rechtsrüge wird sodann ausgeführt, dass das Berufungsgericht der früheren Ansicht des Obersten Patent- und Markensenats vom 23.&nbsp;1.&nbsp;2008, Op&nbsp;6/07, PBl&nbsp;2009, 3, beitreten würde, wobei im Lichte der Berufung allerdings noch weitere Ausführungen unklarer Provenienz zu „ergänzen“ wären. In der Folge werden zwar Merkmale des Vorpatents erörtert, es wird dabei aber nicht deutlich, ob es sich hierbei um (von der Nichtigkeitsabteilung nicht getroffene) Tatsachenfeststellungen zum Vorpatent handeln soll, oder um eine rechtliche Auseinandersetzung mit den von der Antragstellerin diesbezüglich vorgebrachten Argumenten; letztlich bleiben auch hier Tatsachenfragmente und rechtliche Darlegungen (etwa zur impliziten Vorwegnahme der Merkmals&nbsp;6b) mit einer Subsumtion der Merkmale unter den Anspruchswortlaut sowie mit einer Auseinandersetzung mit den Argumenten der Berufungswerberin untrennbar und letztlich undeutlich vermengt.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [46] <span class="Fett">5.4.</span>&nbsp;Es ist daher in Ansehung des Vorpatents nicht ersichtlich und dementsprechend auch nicht überprüfbar, aufgrund welcher Überlegungen welche konkreten Sachverhalte von den Vorinstanzen als erwiesen angesehen und ihrer rechtlichen Würdigung zugrunde gelegt wurden. Die Entscheidungen beider Vorinstanzen können damit keinen Bestand haben, da sie den – hier wie auch generell in Verfahren wie dem vorliegenden zu beachtenden – grundlegenden Anforderungen an im gerichtlichen Rechtszug überprüfbare Entscheidungen nicht genügen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [47] <span class="Fett">5.5.</span>&nbsp;Im fortgesetzten Verfahren werden daher – gesondert von Tatsachenbehauptungen und rechtlichen Erwägungen der Parteien, von Feststellungen oder rechtlichen Erwägungen früherer Entscheidungen oder von sonstigen Verfahrensinhalten – konkrete und nachvollziehbare Tatsachenfeststellungen zu den relevanten Themenkreisen (hier – wie in der Folge gezeigt wird – insbesondere hinsichtlich des expliziten und impliziten Offenbarungsgehalts des Vorpatents) zu treffen sein, wobei – hier wie auch generell – darauf zu achten sein wird, Feststellungen nicht mit rechtlichen Überlegungen oder anderen Darlegungen irgendwelcher Art zu vermengen. Weiters wird konkret zu begründen sein, aufgrund welcher (nicht rechtlichen, sondern Beweisergebnisse würdigenden und abwägenden) Überlegungen welche Tatsachen warum als erwiesen angesehen wurden. Von (ausschließlich) diesen Tatsachenfeststellungen ausgehend wird sodann eine rechtliche Beurteilung stattzufinden haben, in der die Vorinstanzen klar zum Ausdruck bringen, was ihrer Beurteilung nach rechtlich aus dem Sachverhalt folgt (hier: ob die Merkmale von Anspruch&nbsp;1, insbesondere Merkmal&nbsp;6b, neu gegenüber dem Vorpatent wären).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">6.</span>&nbsp;Dabei werden in technischer Hinsicht folgende Aspekte besonders zu beachten sein:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [48] <span class="Fett">6.1.</span>&nbsp;Patentanspruch&nbsp;1 des angegriffenen Streitpatents lautet zusammengefasst, in Merkmale aufgegliedert:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">M1:&nbsp;ein Verfahren zur Trennung der Proteine Faktor VIII, Fibrinogen, Fibronectin und von&nbsp;Willebrand-Faktor;</span></p><p class="ErlText AlignLeft">M2:&nbsp;die Trennung der Proteine erfolgt aus menschlichem oder tierischem Plasma;</p><p class="ErlText AlignLeft">M3:&nbsp;zur Herstellung von Konzentraten zum therapeutischen Gebrauch;</p><p class="ErlText AlignLeft">M4:&nbsp;Ausgangsmaterial ist die Kryopräzipitatsfraktion des Plasmas;</p><p class="ErlText AlignLeft">M5:&nbsp;die Kryopräzipitatsfraktion besteht im Wesentlichen aus Fibrinogen, Fibronectin, von&nbsp;Willebrand-Faktor und Faktor&nbsp;VIII;</p><p class="ErlText AlignLeft">M6:&nbsp;man unterzieht das wieder in Lösung gebrachte Kryopräzipitat einer einzigen Trennung durch Chromatographie auf einem Anionenaustauscherharz;</p><p class="ErlText AlignLeft">M6a:&nbsp;die Matrix des Anionenaustauscherharzes ist ein Gel von der Art eines makroreticularen Vinylpolymers;</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">M6b:&nbsp;das Gel ist aufgrund seiner Porositäts- und Hydrophobieeigenschaften in der Lage, den Komplex aus Faktor&nbsp;VIII und von&nbsp;Willebrand-Faktor zurückzuhalten;</span></p><p class="ErlText AlignLeft">M7:&nbsp;man gewinnt die verschiedenen Proteine selektiv durch sukzessive Erhöhungen der Ionenstärke des Elutionspuffers.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [49] <span class="Fett">6.2.</span>&nbsp;In der Beschreibung des Streitpatents ist als Beispiel für das Anionenaustauscherharz „Fractogel TSK-DEAE&nbsp;650 (M)“ genannt, meist kurz als „DEAE Fractogel“ bezeichnet.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [50] <span class="Fett">6.3.</span>&nbsp;Das Vorpatent ist eine vor dem Streitpatent angemeldete, aber nicht vorveröffentlichte, europäische Patentanmeldung.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [51] <span class="Fett">6.4.</span>&nbsp;Im Vorpatent ist als konkretes Beispiel für ein Gelpermeationsmaterial mit Ionenaustauscheraktivität auf Seite&nbsp;2, rechte Spalte, letzte Zeile „Fractogel®-DEAE“ bzw „Fractogel®“ angeführt. Weiters wird im Ausführungsbeispiel im Verfahren gemäß Beispiel&nbsp;2, Seite&nbsp;3 des Vorpatents als Anionenaustauscherharz ein „Fractogel®-DEAE Harz“ verwendet.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [52] <span class="Fett">6.5.</span>&nbsp;Unter den Begriff „Fractogel-DEAE Harz“ können verschiedene Harze fallen, unter anderem das im Streitpatent genannte „Fractogel TSK-DEAE&nbsp;650 (M)“.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">7.</span>&nbsp;Daraus ergeben sich folgende Überlegungen:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [53] <span class="Fett">7.1.</span>&nbsp;Keine erkennbaren Feststellungen wurden dazu getroffen, welches Harz (welche Harze) die Fachperson zum Prioritätszeitpunkt in erster Linie konkret ausgewählt hätte, wenn sie das Beispiel aus dem Vorpatent mit der zwingenden Vorgabe des Beispiels, ein „Fractogel®-DEAE Harz“ zu verwenden, nachgearbeitet hätte. Dabei liegt nahe, dass die Fachperson jedenfalls ein – dieser Vorgabe gemäß dem Vorpatent entsprechendes – Gel für die Nacharbeitung dieses konkreten Beispiels auswählen hätte <span class="Unterstrichen">müssen</span>. Die Fachperson hätte also nicht irgendein (anderes) Gel auswählen und hätte diese Auswahl auch nicht offen oder unerledigt lassen oder die Nacharbeitbarkeit (nur) daran scheitern lassen dürfen, dass im Vorpatent „nur“ die Vorgabe der Verwendung eines „Fractogel®-DEAE Harzes“ gemacht wurde, aber keine weiteren Informationen etwa zur chemischen Natur des Harzes gegeben wurden.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [54] <span class="Fett">7.2.</span>&nbsp;„Fractogel TSK-DEAE&nbsp;650 (M)“ und „Fractogel TSK-DEAE&nbsp;650 (S)“ unterscheiden sich nur in der Teilchengröße, nicht aber in ihren sonstigen Eigenschaften.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [55] Unter „Vinylpolymer“ im Sinne von Merkmal&nbsp;6a des Streitpatents ist nicht ein „Polyvinylchlorid (PVC)“ zu verstehen, sondern ein Polymer, das aus Monomeren mit einer reaktiven Ethenylgruppe (R&nbsp;–&nbsp;CH&nbsp;=&nbsp;CH2) polymerisiert wurde und entsprechend eine „normale“ Alkanstruktur aufweist. „Fractogel®-DEAE“ ist dementsprechend ein „Vinylpolymer“ im Sinne von Merkmal&nbsp;6a.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [56] <span class="Fett">7.3.</span>&nbsp;Die im Kern entscheidungsrelevante Feststellung, welche von den Vorinstanzen aber nicht konkret getroffen wurde, ist in diesem Lichte diejenige, ob die Fachperson unmittelbar an „Fractogel TSK-DEAE&nbsp;650 (M)“ und/oder an „Fractogel TSK-DEAE&nbsp;650 (S)“ gedacht und diese Gele eingesetzt hätte.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [57] <span class="Fett">7.4.</span>&nbsp;Weiters wäre festzustellen, ob dieses Gel, das „Fractogel®-DEAE Harz“, in der Lage ist, den Komplex aus Faktor&nbsp;VIII und von&nbsp;Willebrand-Faktor zurückzuhalten, wenn es gemäß dem Beispiel des Vorpatents eingesetzt würde. Wie weiter unten (Punkt&nbsp;8.5.) noch ausgeführt wird, ist in diesem Zusammenhang jedoch keine Feststellung dahin erforderlich, welche Porositäts- und welche Hydrophobieeigenschaften das Gel konkret besitzt und in welchem Ausmaß, warum bzw mit welchem technischen Wirkmechanismus es den Komplex zurückhält.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [58] <span class="Fett">7.5.</span>&nbsp;Im Lichte dieser Überlegungen ist im Übrigen nicht nachvollziehbar, inwieweit Merkmal&nbsp;6a im Berufungsverfahren nicht mehr strittig gewesen sein sollte, wie das Berufungsgericht vermeinte.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [59] <span class="Fett">8.</span>&nbsp;Wären die zu den Punkten&nbsp;7.3. und 7.4. angesprochenen Tatsachenfragen zu bejahen, wäre die Neuheit des Streitpatents zu verneinen, wobei rechtlich Folgendes zu beachten wäre:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [60] <span class="Fett">8.1.</span>&nbsp;Nach Art&nbsp;54 Abs&nbsp;1 EPÜ gilt eine Erfindung als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Den Stand der Technik bildet nach Abs&nbsp;2 leg&nbsp;cit <span class="Unterstrichen">alles</span>, was vor dem Anmeldetag der europäischen Patentanmeldung der Öffentlichkeit durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht worden ist. Nach Abs&nbsp;3 leg&nbsp;cit gilt als Stand der Technik auch <span class="Unterstrichen">der Inhalt</span> der europäischen Patentanmeldungen in der ursprünglich eingereichten Fassung, deren Anmeldetag vor dem in Abs&nbsp;2 leg&nbsp;cit genannten Tag liegt und die erst an oder nach diesem Tag veröffentlicht worden sind.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [61] <span class="Fett">8.2.</span>&nbsp;Das Vorpatent ist ein älteres Recht gemäß Art&nbsp;54 Abs&nbsp;3 EPÜ und zur Beurteilung der Neuheit, nicht aber zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit heranzuziehen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [62] <span class="Fett">8.3.</span>&nbsp;Aus Art&nbsp;54 EPÜ folgt konkret (arg: „alles“, „der Inhalt“), dass der <span class="Unterstrichen">gesamte</span> Inhalt einer älteren europäischen Patentanmeldung zu beachten ist. Die Ansicht des Berufungsgerichts, wonach das Vorpatent nicht nur „Fractogel DEAE“, sondern allgemein ein „Gelpermeationsmaterial mit Ionenaustauscheraktivität“ offenbare und „Fractogel DEAE“ nur als Beispiel für ein solches Gelpermeationsmaterial anführe, trifft zwar zu, ändert aber nichts daran, dass „Fractogel DEAE“ ebenfalls zum Inhalt des Vorpatents zählt. Das EPÜ gibt keinen Anlass, gewisse Merkmale, die im Stand der Technik explizit beschrieben sind, unberücksichtigt zu lassen, selbst wenn sie als „unwichtiges Beispiel“ beschrieben wären (was hier aber ohnehin nicht der Fall ist, weil es sich um das relevante Ausführungsbeispiel des Vorpatents handelt). Der gesamte Inhalt des Vorpatents inklusive der dort spezifisch und konkret genannten beispielhaften Angaben, insbesondere zum Harz, zählt dementsprechend zum dort offenbarten Stand der Technik.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [63] <span class="Fett">8.4.</span>&nbsp;Eine Schrift offenbart weiters nicht nur das, was darin explizit beschrieben ist, sondern auch alle Merkmale, die sich implizit ergeben, das sind insbesondere alle Merkmale, die sich beim Nacharbeiten eines konkret beschriebenen Beispiels zwangsläufig ergeben.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [64] Wenn nun die Fachperson das Ausführungsbeispiel im Vorpatent nacharbeiten möchte, muss sie jedenfalls entscheiden, welches Harz sie konkret verwenden möchte (oben Punkte&nbsp;7.3. und 7.4.), zumal der Begriff „Fractogel-DEAE Harz“ nicht ganz eindeutig ist.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [65] Wenn die Fachperson „Fractogel TSK-DEAE&nbsp;650 (M)“ gewählt hätte, dann wären die Merkmale&nbsp;6a und 6b erfüllt. Hätte sie „Fractogel TSK-DEAE&nbsp;650 (S)“ gewählt, dann gälte dasselbe, denn diese beiden Harze haben bis auf die Teilchengröße gleiche Eigenschaften. Somit würden bei einem solchen Nacharbeiten des Beispiels im Vorpatent zwangsläufig die Merkmale&nbsp;6a und 6b verwirklicht, sodass sie implizit geoffenbart wären. Damit wären alle Merkmale des Patentanspruchs&nbsp;1 verwirklicht und dieser wäre nicht neu.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [66] <span class="Fett">8.5.</span>&nbsp;Die Auffassung des Berufungsgerichts, es gebe keinen Anhaltspunkt für die Annahme, die Fachperson hätte sofort erkennen können, dass das Vorpatent (auch) die im Merkmal&nbsp;6b des Streitpatents genannten (konkreten) Porositäts- und Hydrophobieeigenschaften hätte offenbaren wollen und dass die Fachperson diesen Offenbarungsgehalt „miterfasst“ hätte, überzeugt nicht: Es kommt hier weder darauf an, was das Vorpatent offenbaren <span class="Unterstrichen">wollte</span>, noch darauf, was die Fachperson miterfasst <span class="Unterstrichen">hätte</span>, sondern es ist entscheidend, ob sich die fraglichen Merkmale beim Nacharbeiten des Beispiels zwangsläufig ergeben hätten.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [67] Dabei ist zu berücksichtigen, dass es für die Frage der Offenbarung im Vorpatent gerade nicht relevant ist, dass die chemischen Eigenschaften des dort eingesetzten Produkts „Fractogel DEAE“ nicht näher beschrieben sind bzw dass dort keine genauere Kennzeichnung hinsichtlich dessen chemischer Natur gegeben ist.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [68] Insbesondere ist es auch <span class="Unterstrichen">nicht</span> erforderlich, dass im Vorpatent konkrete Werte für die Porositäts- und/oder Hydrophobieeigenschaften angegeben sind. Die Begriffe „Porositätseigenschaften“ und „Hydrophobieeigenschaften“ sind lediglich allgemeine und relative Begriffe, die weder qualitativ noch quantitativ einschränkend zu verstehen sind. Insbesondere bedeutet „Porositätseigenschaften“ nicht, dass dadurch bestimmte Porositätswerte bzw Minimal- oder Maximalwerte impliziert werden, die das Harz aufweisen müsste. Ebenso wenig bedeutet „Hydrophobieeigenschaften“, dass das Harz hydrophob ist oder gewisse Hydrophobie-Werte aufweisen müsste (auch tendenziell hydrophilere Harze haben „Hydrophobieeigenschaften“, nur eben geringere als hydrophobere Harze). „Porositätseigenschaften“ und „Hydrophobieeigenschaften“ sind dementsprechend bei <span class="Unterstrichen">jedem</span> Harz in irgendeiner, stärkeren oder schwächeren, Form ausgebildet und beeinflussen die Funktionalität des Gels im Einsatz.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [69] Um das funktionale Merkmal&nbsp;6b des Anspruchs zu erfüllen, reicht es aus, wenn das Gel in der Lage ist, den Komplex aus Faktor&nbsp;VIII und von&nbsp;Willebrand-Faktor zurückzuhalten, wenn es gemäß dem Beispiel eingesetzt würde; mehr ist von Anspruch&nbsp;1 nicht gefordert. Einer wissenschaftlichen Erkenntnis oder Begründung dafür, warum bzw ob das Gel aufgrund irgendwelcher besonderen Porositäts- und/oder Hydrophobieeigenschaften den Komplex zurückhalten könne, bedarf es nicht, es reicht, dass dieser Erfolg beim Nacharbeiten einträte.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [70] <span class="Fett">8.6.</span>&nbsp;Unrichtig ist demnach die Auffassung des Berufungsgerichts, es sei unerheblich, ob „Fractogel TSK-DEAE&nbsp;650 (M)“ tatsächlich sowohl die vom Vorpatent als auch die von Merkmal&nbsp;6b geforderten (unterschiedlichen) Eigenschaften haben sollte oder nicht. Es ist im Gegenteil von entscheidungswesentlicher Bedeutung, ob bzw dass „Fractogel TSK-DEAE&nbsp;650 (M)“ das Merkmal&nbsp;6b erfüllt. Irrelevant ist hingegen, ob die im Vorpatent angeführten Eigenschaften zutreffen oder nicht.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [71] Damit ist auch die Darlegung des Berufungsgerichts verfehlt, wonach bedeutungslos sei, ob „Fractogel DEAE“ das Merkmal&nbsp;6b des Patentanspruchs&nbsp;1 erfülle. Genau diese Frage (zu deren Beantwortung Feststellungen fehlen) ist jedoch nach dem Gesagten entscheidungswesentlich.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [72] <span class="Fett">8.7.</span>&nbsp;In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass auch der Bundesgerichtshof (13.&nbsp;7.&nbsp;2010, Xa&nbsp;ZR&nbsp;10/07, BeckRS 2010, 17869) begründet festgestellt und entschieden hat, dass die Merkmale&nbsp;6a und 6b im Vorpatent offenbart sind. Die Merkmale von Patentanspruch&nbsp;1 in der hier vorliegenden Fassung wurden vom Bundesgerichtshof als nicht neu angesehen, und daher wurde in dessen Verfahren ein <span class="Unterstrichen">zusätzliches</span> – in Patentanspruch&nbsp;1 in der hier vorliegenden Fassung gerade <span class="Unterstrichen">nicht</span> enthaltenes – Merkmal in den dortigen Patentanspruch&nbsp;1 aufgenommen; erst dieses neue und zusätzliche Merkmal (Gefriertrocknung als weiterer Schritt) hat dort die Neuheit begründet. Im Übrigen müssen bei einer derartigen Beschränkung eines Patentanspruchs alle anderen Merkmale im Patentanspruch verbleiben; dass auch die modifizierte Fassung das strittige Merkmal&nbsp;6b enthält, ist also nicht relevant.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [73] Soweit das Berufungsgericht daher aus jenem Urteil des Bundesgerichtshofs nichts zugunsten der Antragstellerin abzuleiten vermag, weil der Patentanspruch&nbsp;1 zwar nur in einer modifizierten Fassung aufrechterhalten, auch diese modifizierte Fassung aber das strittige Merkmal&nbsp;6b enthalten habe, ist dies nicht stichhältig: Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs und deren Begründung, dass die Merkmale&nbsp;6a und 6b im Vorpatent offenbart sind, sind für das vorliegende Verfahren wie oben (Punkt&nbsp;3.) dargelegt, zwar nicht präjudiziell, aber inhaltlich sehr wohl relevant und bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [74] <span class="Fett">9.</span>&nbsp;Zusammengefasst war daher die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen unvermeidlich.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [75] Der Kostenvorbehalt folgt aus §&nbsp;50 Abs&nbsp;1 ZPO.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20241219_OGH0002_0010OB00175_24B0000_000
Justiz
OGH
2025-01-30
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241219_OGH0002_0010OB00175_24B0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20241219_OGH0002_0010OB00175_24B0000_000/JJT_20241219_OGH0002_0010OB00175_24B0000_000.html
1Ob175/24b
ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00175.24B.1219.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.&nbsp;Musger als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag.&nbsp;Dr.&nbsp;Wurdinger, Mag.&nbsp;Wessely-Kristöfel, Dr.&nbsp;Parzmayr und Dr.&nbsp;Pfurtscheller als weitere Richterinnen und Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.&nbsp;M*, vertreten durch Hon.-Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Alexander Klauser, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei E* S.L., *, vertreten durch Mag.&nbsp;Clemens Haller, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen 5.000&nbsp;EUR&nbsp;sA und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 23.&nbsp;Juli&nbsp;2024, GZ&nbsp;14&nbsp;R&nbsp;38/24x-45, mit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 15.&nbsp;Jänner&nbsp;2024, GZ&nbsp;30&nbsp;Cg&nbsp;20/23s-38, bestätigt wurde, den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die Revision wird zurückgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei sowie der Nebenintervenientin die jeweils mit 626,60&nbsp;EUR bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen binnen 14&nbsp;Tagen zu ersetzen.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [1] Die Nebenintervenientin ist Herstellerin von Medizinprodukten und Produzentin des der Empfängnisverhütung dienenden Intrauterinpessars (IUP) „G*“ (Spirale).</p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Der Klägerin wurde von ihrem damaligen Gynäkologen im Juli 2016 eine solche Spirale aus einer – wie sich im Nachhinein herausstellte – mit einem Materialfehler behafteten Charge eingesetzt, die grundsätzlich für eine fünfjährige Verwendungsdauer vorgesehen war. Bei einer Ultraschalluntersuchung durch ihren (neuen) Gynäkologen am 6.&nbsp;7.&nbsp;2021 zeigte sich, dass die eingesetzte Spirale seit der letzten (jährlichen) Kontrolluntersuchung am 14.&nbsp;10.&nbsp;2020 aufgrund des Materialfehlers in situ gebrochen war. Daraufhin wurde die Spirale noch im Juli&nbsp;2021 unter Vollnarkose entfernt.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] Die <span class="Fett">Klägerin</span> begehrt von der Beklagten – der Rechtsträgerin des für die Medizinmarktaufsicht zuständigen Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) – Schadenersatz nach dem AHG für die im Zusammenhang mit dem Spiralenbruch aufgetretenen Komplikationen und Schmerzen. Hätte die Beklagte rechtzeitig und richtig auf das Bekanntwerden des Materialfehlers reagiert, insbesondere indem sie alle Gynäkologen und Nutzerinnen durch eine Medienkampagne darüber informiert hätte, hätte die Klägerin die von ihr verwendete Spirale noch vor dem Bruch austauschen lassen und keine Schäden erlitten.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Das <span class="Fett">Berufungsgericht</span> bestätigte die klageabweisende Entscheidung des Erstgerichts, weil die Vorgangsweise der Organe des BASG sachlich begründet innerhalb des vom Medizinproduktegesetz&nbsp;1996 (MPG&nbsp;alt) eingeräumten Ermessensspielraums gelegen und daher zumindest vertretbar gewesen sei. Die Revision sei zulässig, weil angesichts der zahlreichen anhängigen Parallelfälle im Zusammenhang mit der Verhütungsspirale der Nebenintervenientin die Frage der Vertretbarkeit des Behördenverhaltens gerade keine des Einzelfalls sei.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] Entgegen diesem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch ist die <span class="Fett">Revision der Klägerin</span> mangels einer Rechtsfrage iSd §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO <span class="Fett">nicht zulässig</span>.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] 1.&nbsp;Der Umstand allein, dass die zu lösenden Rechtsfragen in einer Vielzahl von Fällen auftreten, bewirkt für sich noch nicht deren Erheblichkeit iSd §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO (RS0042816; RS0042742 [T12]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [7] 2.&nbsp;Nach ständiger Rechtsprechung ist im Amtshaftungsprozess nicht zu prüfen, ob die in Betracht kommende Entscheidung oder das zu beurteilende Organverhalten richtig war, sondern ob die Entscheidung oder das Verhalten auf einer bei pflichtgemäßer Überlegung vertretbaren Gesetzesauslegung oder Rechtsanwendung beruhte (RS0049955). Insbesondere geht es nicht an, jede Frage, die im Ermessensrahmen zu entscheiden ist, in einem nachfolgenden Amtshaftungsprozess einer neuen Prüfung zu unterziehen. Gerade dort, wo dem entscheidenden Organ ein Ermessensspielraum eingeräumt ist, liegt Unvertretbarkeit seiner Entscheidung nicht schon dann vor, wenn eine neue Prüfung des Ermessensspielraums zu einer anderen Entscheidung führte (RS0049955 [T3, T4]).</p><p class="ErlText AlignLeft"> [8] 3.&nbsp;Die Frage nach der Vertretbarkeit einer Rechtsauffassung und eines Organverhaltens stellt grundsätzlich nur bei einer gravierenden Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht eine erhebliche Rechtsfrage dar (RS0110837; RS0049955 [T10]). Eine solche zeigt die Revisionswerberin nicht auf:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] Ergaben sich – wie hier – Hinweise auf Mängel von Medizinprodukten, die zu einer Gefährdung ua von Patienten führen konnten, war das BASG nach §&nbsp;77 Abs&nbsp;1 MPG&nbsp;alt zur Einleitung <span class="Unterstrichen">aller geeigneter Maßnahmen</span> verpflichtet, um diese Produkte vom Markt zurückzuziehen udgl, oder um Anwender, Patienten und Dritte <span class="Unterstrichen">auf Gefahren</span> oder geeignete Vorsichtsmaßnahmen <span class="Unterstrichen">aufmerksam zu machen</span>.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [10] Nach den Feststellungen bestand das BASG, nachdem es die Bruchrate der von dem Materialfehler betroffenen Spiralenmodelle aus eigenem untersucht und eine höhere Bruchquote als die Nebenintervenientin ermittelt hatte, auf einer Aktualisierung der „Field Safety Notice“ (FSN) der Nebenintervenientin. Dieser „gemäß dem Ersuchen des“ BASG aktualisierte dringende Sicherheitshinweis vom 22.&nbsp;4.&nbsp;2020 enthielt insbesondere den Passus, dass das BASG „empfiehlt, die Patientinnen mit implantierten IUPs der oben genannten Chargen über das Bruchrisiko sowie die empfohlene Vorgehensweise im Falle eines Bruchs zu informieren“. Diese ausdrückliche Empfehlung (die die Revision gänzlich außer Acht lässt) wurde in dem Schreiben mit dem Vorschlag abgerundet, zu erwägen, „Patientinnen mit implantierten IUPs der genannten Chargen einzuladen, um den korrekten Sitz des IUPs zu überprüfen und die beste medizinische Entscheidung auf individueller Basis zu treffen“. Die FSN wurde von der Nebenintervenientin am 27.&nbsp;4.&nbsp;2020 an sämtliche ihrer Kunden – Ärzte und Apotheken – versandt und vom BASG am 25.&nbsp;5.&nbsp;2020 zusätzlich an die Österreichische Ärztekammer mit dem Ersuchen um Weiterleitung an die zuständige Bundesfachgruppe übermittelt.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [11] Das Berufungsgericht war der Auffassung, das BASG sei vertretbar davon ausgegangen, dass aufgrund dieser FSN die österreichischen Gynäkologen ihre jeweiligen von der Bruchgefahr der Spiralen – auch „in situ“ – betroffenen Patientinnen von sich aus („proaktiv“) von dem Bruchrisiko informieren und individuell angepasst fachgerecht behandeln und betreuen würden.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [12] Die Klägerin hält dieser Beurteilung entgegen, dass Ärzte nach dem MPG&nbsp;alt gar nicht verpflichtet gewesen wären, Informationen an ihre Patientinnen weiterzugeben. Mit dem Argument des Berufungsgerichts, die – die Verhütungsspiralen einsetzenden – Gynäkologen seien als „Anwender von Medizinprodukten in Einrichtungen des Gesundheitswesens“ zu qualifizieren, die nach §&nbsp;72 Abs&nbsp;1 MPG alt an der Erkennung und Beseitigung möglicher Risken ua für Patienten mitzuarbeiten und geeignete Vorkehrungen und Schutzmaßnahmen, „insbesondere auch im Hinblick auf die <span class="Unterstrichen">Weitergabe von Informationen über Gefahren</span> durch Medizinprodukte“, zu treffen hatten, setzt sie sich dabei gar nicht auseinander. Zudem übergeht sie, dass das Berufungsgericht eine entsprechende Aufklärungs-, Beratungs- und Behandlungspflicht der Gynäkologen auch aus dem mit der jeweiligen Patientin geschlossenen Behandlungsvertrag abgeleitet hat.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [13] Dem Einwand der Klägerin, der Empfehlung vom 22.&nbsp;4.&nbsp;2020 fehle jeder Hinweis darauf, wann die Gynäkologen ihre Patientinnen informieren sollten, ist zu erwidern, dass in dem Schreiben von einem tendenziell erhöhten „Bruch-/Spontanausstoßrisiko nach einer Implantationsdauer von 3&nbsp;Jahren“ die Rede war. Ausgehend von der (vom BASG festgestellten) Bruchquote von 3,38&nbsp;% bei insgesamt ca&nbsp;27.000 in Österreich potentiell betroffenen Frauen hätte diese Information den Gynäkologen grundsätzlich eine nach Priorität gestaffelte Kontaktierung ihrer Patientinnen erlaubt. Dass das BASG nach den Feststellungen eine allgemeine Verunsicherung infolge einer breitflächigen Information der Öffentlichkeit vermeiden wollte und sich daher für eine zielgerichtete Information der betroffenen Patientinnen durch deren Gynäkologen entschloss, begegnet insbesondere angesichts der im Frühjahr&nbsp;2020 vorherrschenden (Corona-)Pandemiesituation keinen Bedenken, zumal die Behörde – wie festgestellt – aufgrund fehlender entsprechender Rückmeldungen aus der Vergangenheit nicht daran zweifeln musste, dass dies in der Praxis auch erfolgen werde, ohne stichprobenartige Kontrollen durchzuführen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [14] Die (teilweise nur implizite) Behauptung der Klägerin, den österreichischen Ärzten sei (offenbar von der damaligen Generaldistributorin der Nebenintervenientin) ein krass falsches Rechtsgutachten zur Verharmlosung der mit den schadhaften Verhütungsspiralen einhergehenden Gefahren übersandt worden und das BASG habe davon gewusst, entfernt sich vom festgestellten Sachverhalt.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [15] Bereits das Berufungsgericht hat der Klägerin entgegnet, dass ihr Argument, die Kontaktierung der betroffenen Patientinnen sei den behandelnden Gynäkologen logistisch gar nicht möglich gewesen, eine unzulässige Neuerung und überdies nicht weiter nachvollziehbar ist.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [16] Eine unbeachtliche Neuerung ist auch der Vorhalt in der Revision, es müsse zahlreiche Frauen in Österreich geben, die sich eine (bruchanfällige) Spirale im Ausland hätten einsetzen lassen und noch nie bei einem österreichischen Gynäkologen gewesen seien.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [17] Die Vorinstanzen haben daher zusammengefasst vertretbar die Vertretbarkeit der Vorgangsweise des BASG bejaht.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [18] 4.&nbsp;Die Kostenentscheidung beruht auf §&nbsp;41 und §&nbsp;50 ZPO. Die Beklagte und die Nebenintervenientin haben auf die fehlende Zulässigkeit der Revision hingewiesen.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20241219_OGH0002_0150NS00079_24X0000_000
Justiz
OGH
2025-01-23
2025-01-23
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JJT_20241219_OGH0002_0010OB00198_24K0000_000
Justiz
OGH
2025-01-29
2025-01-30
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Die Beklagte ist in Deutschland ansässig. Die Klägerin entwickelte für die Beklagte eine Software zur Ermöglichung der Auswertung von Corona-Tests nach den Vorgaben des deutschen Gesetzgebers und für den Einsatz in deutschen Testzentren. Gegenstand des Vertrags war die ursprüngliche und laufende Entwicklung und der laufende Betrieb der Software in Deutschland. Die Parteien schlossen keinen schriftlichen Vertrag ab und vereinbarten weder einen Gerichtsstand noch einen Erfüllungsort.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [2] Die <span class="Fett">Klägerin</span> begehrt von der Beklagten die Zahlung eines offenen Honorars von gesamt 101.587,68&nbsp;EUR&nbsp;sA für den Leistungszeitraum 1.&nbsp;Jänner&nbsp;2022 bis 3.&nbsp;Juni&nbsp;2022. Sie stützte die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts auf Art&nbsp;7 Nr&nbsp;1 lit&nbsp;b zweiter Gedankenstrich EuGVVO&nbsp;2012, weil die Dienstleistungen im Sinn des Vertrags in Wien erbracht worden seien und erbracht werden sollten. Die Software sei speziell für die individuellen Bedürfnisse der Beklagten angepasst und weiterentwickelt worden. Die Software sei zwar für den deutschen Gebrauch laufend angepasst worden, sämtliche Arbeiten seien aber in Wien erbracht worden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] Die <span class="Fett">Beklagte</span> erhob die Einrede der internationalen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts. Da charakteristische Leistung der Einsatz der Abwicklungssoftware nach Vorgaben des deutschen Gesetzgebers in Deutschland für deutsche Probanden gewesen sei, sei für alle Klagen aus dem Vertrag der Sitz der Beklagten der maßgebliche Erfüllungsort.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Das <span class="Fett">Erstgericht</span> wies die Klage mangels internationaler Zuständigkeit zurück. Für die Bestimmung des Erfüllungsorts nach Art&nbsp;7 Nr&nbsp;1 lit&nbsp;b EuGVVO&nbsp;2012 sei zu prüfen, wo im konkreten Fall die vertragscharakteristischen Leistungen liegen würden. Sofern man bei der Erstellung einer – wie hier – extra für die Bedürfnisse des Vertragspartners konzipierten Software, die ständig weiterentwickelt werden solle, überhaupt von einer beweglichen Sache sprechen könne, sei der Erfüllungsort aufgrund der Charakteristika des Kaufgegenstands Deutschland gewesen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Das <span class="Fett">Rekursgericht</span> gab dem Rekurs der Klägerin nicht Folge und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Im vorliegenden Fall sei nicht von einem Kaufvertrag beweglicher Sachen (Art&nbsp;7 Nr&nbsp;1 lit&nbsp;b erster Gedankenstrich EuGVVO&nbsp;2012), sondern von der „Erbringung von Dienstleistungen“ im Sinn des Art&nbsp;7 Nr&nbsp;1 lit&nbsp;b zweiter Gedankenstrich EuGVVO&nbsp;2012 auszugehen, zumal die Software speziell für die individuellen Bedürfnisse der Beklagten angepasst und weiterentwickelt werden und den Vorgaben des deutschen Gesetzgebers entsprechen sollte. Erfüllungsort bei der Erbringung von Dienstleistungen sei gemäß Art&nbsp;7 Nr&nbsp;1 lit&nbsp;b zweiter Gedankenstrich EuGVVO&nbsp;2012 der Ort, an dem die Dienstleistung nach dem Vertrag erbracht worden sei oder hätte erbracht werden müssen. Dagegen sei der Ort, an dem die Dienstleistung Erfolge zeitigen solle, zuständigkeitsrechtlich ohne Bedeutung. Bei synallagmatischen Verträgen sei die nicht in Geld bestehende Leistung die jeweilige den Vertrag prägende Leistung. Beziehe sich die Dienstleistung auf einen bestimmten Ort, wie zB alle auf ein bestimmtes Bauwerk gerichteten Dienstleistungen, dann sei der Erfüllungsort der Ort, auf den sich die Dienstleistung beziehe, auch wenn eine Dienstleistung an einem anderen Ort erbracht worden sein sollte. Nicht ortsbezogene Dienstleistungen würden dort erbracht, wo sie den (richtig:) Gläubiger der Dienstleistung erreichten.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [7] Gegen diese Entscheidung richtet sich der <span class="Fett">außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin</span>, der darauf abzielt, die Beschlüsse der Vorinstanzen zu beheben und dem Erstgericht die Einleitung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [8] In ihrer (vom Obersten Gerichtshof freigestellten) Revisionsrekursbeantwortung beantragt die Beklagte, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] <span class="Unterstrichen">Zu I.:</span>&nbsp;Mit Beschluss vom 13.&nbsp;7.&nbsp;2023, 1&nbsp;Ob&nbsp;73/23a, legte der Senat die hier klärungsbedürftige Frage zur internationalen (örtlichen) Zuständigkeit dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zur Vorabentscheidung vor und setzte das Revisionsrekursverfahren bis zum Einlangen der Vorabentscheidung aus. Mit Urteil vom 28.&nbsp;11.&nbsp;2024 hat der EuGH die Vorabentscheidung getroffen. Das Revisionsrekursverfahren ist daher fortzusetzen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [10] <span class="Unterstrichen">Zu II.:</span>&nbsp;Der Revisionsrekurs ist <span class="Fett">zulässig</span>, nach dem Ergebnis des Vorabentscheidungsverfahrens aber<span class="Fett"> nicht berechtigt.</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [11] 1.&nbsp;Der EuGH hat mit Urteil vom 28.&nbsp;11.&nbsp;2024, C-526/23, ECLI:EU:C:2024:985, das Vorabentscheidungsersuchen des Senats wie folgt beantwortet:</p><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:94px !important;">„Art&nbsp;7 Nr&nbsp;1 Buchst&nbsp;b zweiter Gedankenstrich der Verordnung&nbsp;(EU)&nbsp;Nr&nbsp;1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.&nbsp;Dezember&nbsp;2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass 'Erfüllungsort' eines Vertrags über die Entwicklung und den anschließenden Betrieb einer Software, die auf die Bedürfnisse eines Bestellers ausgerichtet ist, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist als das für die Schöpfung, Erstellung und Programmierung dieser Software verantwortliche Unternehmen, der Ort ist, an dem die Software den Besteller erreicht, also abgerufen und eingesetzt wird.“</p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [12] Aufgrund der Vorabentscheidung des EuGH ist für den Anlassfall geklärt, dass eine Zuständigkeit des angerufenen Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien nach Art&nbsp;7 Nr&nbsp;1 lit&nbsp;b zweiter Gedankenstrich EuGVVO&nbsp;2012 nicht besteht, weil die Beklagte die Software in Deutschland abgerufen und eingesetzt hat. Daher haben die Vorinstanzen die internationale Zuständigkeit österreichischer Gerichte zu Recht verneint.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [13] 2.&nbsp;Die Kostenentscheidung beruht auf den §§&nbsp;41, 50 ZPO.</span></p></div></div></body></html>
null
JJT_20241219_OGH0002_0010OB00067_24W0000_000
Justiz
OGH
2025-01-30
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241219_OGH0002_0010OB00067_24W0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20241219_OGH0002_0010OB00067_24W0000_000/JJT_20241219_OGH0002_0010OB00067_24W0000_000.html
1Ob67/24w
ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00067.24W.1219.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr.&nbsp;Musger als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag.&nbsp;Dr.&nbsp;Wurdinger, Mag.&nbsp;Wessely-Kristöfel, Dr.&nbsp;Parzmayr und Dr.&nbsp;Pfurtscheller als weitere Richterinnen und Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.&nbsp;H*, Rechtsanwalt, *, als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der A* KG, *, gegen die beklagte Partei Land Steiermark, Graz, Hofgasse&nbsp;15, vertreten durch Dr.&nbsp;Arno Lerchbaumer, Rechtsanwalt in Graz, und die Nebenintervenientin auf Seite der beklagten Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 536.032,24&nbsp;EUR sowie Feststellung, über die Rekurse der beklagten Partei und der Nebenintervenientin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 24.&nbsp;Jänner&nbsp;2024, GZ&nbsp;5&nbsp;R&nbsp;188/23s-64, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 14.&nbsp;Juni&nbsp;2023, GZ&nbsp;35&nbsp;Cg&nbsp;19/23y-50, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Den Rekursen wird <span class="Unterstrichen">nicht</span> Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [1] Die in Insolvenz befindliche A* KG (nachfolgend kurz <span class="Unterstrichen">Klägerin</span>) war im Bereich der Entwicklung und Herstellung von Abwasserreinigungsanlagen tätig. Sie begehrt vom beklagten Bundesland im Rahmen der Amtshaftung Zahlung von 536.032,24&nbsp;EUR sowie die Feststellung der Haftung für künftige Schäden aufgrund der falschen Behauptung, bestimmte von ihr hergestellte Anlagen entsprächen nicht dem Stand der Technik. Die Republik Österreich (Bund) ist dem Verfahren auf Seite der Beklagten als Nebenintervenientin beigetreten.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Die Klägerin habe das Amt der Steiermärkischen Landesregierung um eine Beurteilung der Frage ersucht, ob von ihr hergestellte Abwasserreinigungsanlagen dem Stand der Technik entsprächen. Hintergrund sei gewesen, dass dies in einzelnen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren verneint worden und der Klägerin eine Klärung dieser Frage in diesen Verfahren mangels Parteistellung nicht möglich gewesen sei.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] Am <span class="Unterstrichen">11.&nbsp;1.&nbsp;2021</span> habe eine Besprechung mit Organen des Amts der Landesregierung stattgefunden. Dabei sei der Klägerin (aufgrund der Beurteilung eines Amtssachverständigen) nahegelegt worden, ihre Anlagen auf eine Konformität mit einer bestimmten ÖNORM zu prüfen. Es sei ihr zugesichert worden, dass sie „damit durchkäme“, ihren Anlagen im Fall einer solchen ÖNORM-Konformität also der Stand der Technik bescheinigt würde. Die Klägerin sei diesem „Prüfungsauftrag“ nachgekommen. Dabei habe sich aber ergeben, dass die angesprochene ÖNÖRM keine taugliche Grundlage für die Beurteilung des Stands der Technik der Technologie der Klägerin sei. Dies hätte den Organen der Beklagten bekannt sein müssen. Ihre Auskunft sei daher unvertretbar unrichtig gewesen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Am <span class="Unterstrichen">5.&nbsp;8.&nbsp;2021</span> habe der Amtssachverständige des Amts der Steiermärkischen Landesregierung ein „Gutachten“ erstellt, in dem er zum unrichtigen Ergebnis gelangt sei, dass die Anlagen der Klägerin nicht dem Stand der Technik entsprächen. Dies sei der Klägerin mit Schreiben des Amts der Landesregierung vom 17.&nbsp;8.&nbsp;2021 mitgeteilt worden. Dieses Schreiben sei auch an alle Baubezirksleitungen des Landes Steiermark mit dem „Hinweis“ versandt worden, dass „alle Ansuchen um wasserrechtliche Bewilligungen [betreffend die Anlagen der Klägerin] gestoppt werden.“ In der Folge hätten auch (potenzielle) Kunden der Klägerin von der unrichtigen Behauptung erfahren, dass die Technologie der Klägerin nicht dem Stand der Technik entspreche. Diese hätten sich bei den jeweiligen Baubezirksleitungen erkundigt, ob deren Anlagen dem Stand der Technik entsprächen, was von Organen der Beklagten zu Unrecht verneint worden sei. Der vom Amt der Landesregierung (außerhalb eines konkreten Bewilligungsverfahrens) beigezogene Amtssachverständige habe seine unrichtige Ansicht in einem weiteren „Gutachten“ vom <span class="Unterstrichen">15.&nbsp;11.&nbsp;2021</span> bekräftigt. In (zumindest) einem Fall sei die (auf dessen „Gutachten“ beruhende) unrichtige Behauptung zum fehlenden Stand der Technik von einem Mitarbeiter einer Baubezirksleitung einem Kunden der Klägerin (am 14.&nbsp;2.&nbsp;2023) auch schriftlich mitgeteilt worden.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Die Beklagte hafte <span class="Unterstrichen">einerseits</span> für die – auf einer unrichtigen Beurteilung des Amtssachverständigen beruhende – unrichtige Mitteilung ihrer Organe anlässlich der Besprechung vom 11.&nbsp;1.&nbsp;2021, wonach die Anlagen der Klägerin dem Stand der Technik entsprächen (und dies auch bestätigt werden könne), wenn sie die Vorgaben einer bestimmten ÖNORM erfüllten. Für die der Klägerin in diesem Zusammenhang (zu Unrecht) „aufgetragene“ Prüfung ihrer Anlagen dahin, ob diese den Vorgaben dieser ÖNORM entsprächen, seien Kosten in Höhe von 28.469,64&nbsp;EUR angefallen und von der Beklagten zu ersetzen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] <span class="Unterstrichen">Andererseits</span> hafte die Beklagte dafür, dass der ihr (organisatorisch) zuzurechnende Amtssachverständige in seinen zwei „Gutachten“ vom 5.&nbsp;8.&nbsp;2021 und 15.&nbsp;11.&nbsp;2021 zu Unrecht (unvertretbar) behauptet habe, dass die von der Klägerin verwendete Methode der Abwasserreinigung nicht dem Stand der Technik entspreche und diese falsche Behauptung – über die Baubezirksleitungen – auch an (potenzielle) Kunden der Klägerin verbreitet worden sei. Dadurch seien der Klägerin einerseits Aufträge über die Errichtung neuer Anlagen entgangen und es seien bereits erteilte Aufträge storniert worden. Andererseits seien ihr Aufwendungen für von bestehenden Kunden geforderte, vermeintlich notwendige Anpassungen bestehender Anlagen an den Stand der Technik entstanden. Sie habe dadurch einen Schaden von insgesamt 507.562,60&nbsp;EUR erlitten, dessen Ersatz ihr aufgrund der Verbreitung der unrichtigen Behauptung zum nicht eingehaltenen Stand der Technik (vor allem) auch nach §&nbsp;1330 Abs&nbsp;2 ABGB zustehe.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [7] Der Amtssachverständige sei der Beklagten (organisatorisch) als Organ zuzurechnen. Er habe bei Beurteilung der Anlagen der Klägerin in Vollziehung der Verwaltungsmaterie des Wasserrechts und insoweit hoheitlich gehandelt. Auch die (Weiter-)Verbreitung der unrichtigen „Gutachten“ bzw ihres falschen Inhalts (zunächst) an die Baubezirksleitungen und (von diesen) an (potenzielle) Kunden der Klägerin sei hoheitlich erfolgt. Jedenfalls hätten die Organe den Anschein erweckt, hoheitlich zu handeln, was für eine Amtshaftung ausreiche.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [8] Ihr auf eine Haftung der Beklagten für künftige Schäden aufgrund der unrichtigen Behauptung, die Anlagen der Klägerin entsprächen nicht dem Stand der Technik, abzielendes Feststellungsbegehren begründete die Klägerin im Wesentlichen damit, dass ihr aufgrund der „Aberkennung“ des Stands der Technik auch in Zukunft Aufträge entgehen würden.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [9] Das <span class="Unterstrichen">beklagte Land</span> trat dem Klagebegehren mit folgenden Argumenten entgegen:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [10] Zur Haftung für die angeblich unrichtige <span class="Unterstrichen">Auskunft vom 11.&nbsp;1.&nbsp;2021</span> bestritt sie, dass die – auf einer Beurteilung ihres Amtssachverständigen basierende – Mitteilung, dass die Anlagen der Klägerin (nur) dann dem Stand der Technik entsprächen, wenn diese die Anforderungen einer bestimmten ÖNORM erfüllten, (unvertretbar) unrichtig gewesen sei.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [11] Die Klägerin leite ihre Ansprüche insoweit auch aus keinem Hoheitsakt ab. Sie habe das Amt der Landesregierung um eine „generelle“ – also außerhalb eines wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren vorzunehmende – Beurteilung ihrer Technologie ersucht, weil diese in einzelnen solchen Verfahren als nicht dem Stand der Technik entsprechend angesehen worden sei. Für ein solches Ersuchen habe keine gesetzliche Grundlage bestanden. Dass diesem dennoch entsprochen worden sei, sei nur ein „unverbindlicher Service“ gewesen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [12] Zur behaupteten Schädigung wegen der Erstellung angeblich unrichtiger <span class="Unterstrichen">Gutachten</span> durch den Amtssachverständigen und deren <span class="Unterstrichen">Weitergabe</span> an andere Organe und schließlich an potenzielle Kunden der Klägerin, wandte die Beklagte ein:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [13] Die Beurteilung des fehlenden Stands der Technik in den von der Klägerin angesprochenen „Gutachten“ sei jedenfalls nicht unvertretbar unrichtig gewesen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [14] Die Klägerin leite ihre Ansprüche auch insoweit nicht aus einem hoheitlichen Handeln von Organen der Beklagten ab. Sie habe sich weder auf ein Verwaltungshandeln in Bescheidform noch auf eine Schädigung durch einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gestützt. Die Klägerin habe die Beklagte bloß um eine „informelle“ Beurteilung der Frage ersucht, ob ihre Anlagen dem Stand der Technik entsprächen, dem ihre Organe ohne gesetzliche Grundlage durch Erstellung der beiden „Gutachten“ nachgekommen seien. Der von der Klägerin gewünschten technischen Beurteilung (durch den Amtssachverständigen der Beklagten) sei weder eine normative Wirkung noch eine Bindungswirkung für konkrete Bewilligungsverfahren zugekommen. Ob die Anlagen der Klägerin dem Stand der Technik entsprächen, sei jeweils im Einzelfall im konkreten wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren (allenfalls durch Einholung eines Gutachtens in diesen Verfahren) zu beurteilen. Das Amt der Landesregierung könne darauf keinen Einfluss nehmen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [15] Da der Stand der Technik einer wasserbaulichen Anlage im jeweiligen Bewilligungsverfahren zu beurteilen sei, könne der Klägerin aus den angeblich unrichtigen Gutachten auch kein Schaden entstanden sein. Eine allfällige Versagung der Bewilligung einer von ihr hergestellten Anlage müsse im konkreten Bewilligungsverfahren im Instanzenweg bekämpft werden. Indem sie ihre Anlagen nicht adaptiert und in einzelnen Bewilligungsverfahren auf deren Genehmigung hingewirkt habe, habe die Klägerin auch gegen ihre Pflicht zur Schadensminderung verstoßen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [16] Es fehle dem aus der Erstellung angeblich unrichtiger Gutachten abgeleiteten Ersatzanspruch auch am Rechtswidrigkeitszusammenhang, weil diese Gutachten bzw deren Inhalt nur intern an andere Dienststellen (Baubezirksleitungen) weitergegeben worden seien.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [17] Ansprüche nach §&nbsp;1330 ABGB bestünden mangels Kredit- oder Rufschädigung der Klägerin nicht. Organe der Beklagten hätten keine Tatsachen verbreitet, deren Unwahrheit sie gekannt hätten oder kennen hätten müssen. Es seien auch keine Informationen an Dritte weitergegeben worden. Dass die Anlagen der Klägerin nicht dem Stand der Technik entsprochen hätten, sei keine Information gewesen, die sich erstmals aus den beiden inkriminierten Gutachten (vom 5.&nbsp;8. und 15.&nbsp;11.&nbsp;2021) des Amtssachverständigen ergeben habe, vielmehr sei dies bereits zuvor „von sämtlichen in der Steiermark tätigen Amtssachverständigen“ vertreten worden. Die Klägerin habe auch nicht ausreichend dargelegt, wie ihre potenziellen Kunden vom Inhalt der Gutachten Kenntnis erlangt hätten.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [18] Die Beklagte bestritt auch die Höhe des – aus dem behaupteten Geschäftsentgang aufgrund der Weitergabe der angeblich unrichtigen Gutachten (deren Inhalts) an potenzielle Kunden der Klägerin resultierenden – Schadens sowie deren daraus abgeleitetes Feststellungsinteresse.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [19] Die Republik Österreich (Bund) schloss sich als <span class="Unterstrichen">Nebenintervenientin</span> im Wesentlichen dem Standpunkt der Beklagten an und bestritt insbesondere auch die Angemessenheit jener Kosten, deren Ersatz die Klägerin aufgrund der angeblich unrichtigen Auskunft vom 11.&nbsp;1.&nbsp;2021 begehrt.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [20] Das <span class="Unterstrichen">Erstgericht</span> wies das Klagebegehren als unschlüssig ab, weil die Klägerin ihre Ansprüche aus keinem hoheitlichen Organhandeln ableite.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [21] Auf jenen Ersatzanspruch, den die Klägerin aus der behaupteten unrichtigen <span class="Unterstrichen">Auskunft vom 11.&nbsp;1.&nbsp;2021</span> ableitete, ging es dabei nicht ein.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [22] Zu den aus der Erstellung der inkriminierten „<span class="Unterstrichen">Gutachten</span>“ (und der <span class="Unterstrichen">Weitergabe</span> deren Inhalts) abgeleiteten Ersatzansprüchen legte das Erstgericht dar, dass diese Gutachten außerhalb eines konkreten Bewilligungsverfahrens und nur auf Wunsch der Klägerin erstellt worden seien. Wenngleich ein wasserrechtliches Bewilligungsverfahren hoheitlicher Natur sei, habe dafür – also für eine Beurteilung der Technologie der Klägerin außerhalb eines solchen Bewilligungsverfahrens – keine gesetzliche Grundlage bestanden. Die dennoch vorgenommene Beurteilung sei für konkrete Bewilligungsverfahren auch nicht bindend. Die Erstellung der kritisierten „Gutachten“ falle daher nicht in den Hoheitsbereich. Da die Klage keine andere – nicht auf das AHG gestützte – Anspruchsgrundlage erkennen lasse und ein auf §&nbsp;1330 ABGB gestützter Anspruch gegen das Organ zu richten gewesen wäre, sei das Klagebegehren schon ausgehend vom Klagevorbringen unberechtigt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [23] Das <span class="Unterstrichen">Berufungsgericht</span> hob das klageabweisende Ersturteil auf, trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und ließ den Rekurs gegen seinen Aufhebungsbeschluss zu.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [24] Zum aus der unrichtigen <span class="Unterstrichen">Auskunft vom 11.&nbsp;1.&nbsp;2021</span> abgeleiteten Ersatzanspruch ging es im Ergebnis davon aus, dass sich die Klägerin mit dem Ersuchen um eine technische Beurteilung an Organe der Beklagten gewandt habe. Auch wenn für die damit angestrebte „generelle“ (außerhalb eines konkreten wasserrechtlichen Verfahrens erfolgte) Beurteilung des Stands der Technik ihrer Technologie durch Organe des Amts der Landesregierung keine gesetzliche Grundlage bestanden habe, sei die darauf bezogene Stellungnahme (Auskunft) der hoheitlichen Verwaltungsmaterie des Wasserrechts zuzuordnen.&nbsp;</p><p class="ErlText AlignLeft"> [25] Das aus der Erteilung der unrichtigen Auskunft abgeleitete Amtshaftungsbegehren sei auch nicht mangels Rechtswidrigkeitszusammenhangs abzuweisen. Der Klägerin sei ein subjektives Recht auf Auskunftserteilung zugestanden. Dem habe die Verpflichtung der Organe der Beklagten entsprochen, sie über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereichs richtig zu informieren. Diese Pflicht bezwecke auch den Schutz vor bloßen Vermögensschäden aufgrund von im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft erfolgten Dispositionen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [26] Auch die Erstellung der beiden <span class="Unterstrichen">Gutachten</span> durch den Amtssachverständigen der Beklagten und die behauptete <span class="Unterstrichen">Weitergabe</span> deren Inhalts sei dem Hoheitsbereich der Beklagten – nämlich der Verwaltungsmaterie des Wasserrechts – zuzuordnen, zumal die damit erfolgte Beurteilung der Anlagen der Klägerin auch als „Hilfestellung“ für die diese Rechtsmaterie vollziehenden (erstinstanzlichen) Behörden gedacht gewesen sei. Es bestehe daher auch insoweit ein enger Zusammenhang mit dem Vollzug der Verwaltungsmaterie Wasserrecht.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [27] Die vom Amtssachverständigen erstellten Gutachten seien als behördliche „Antwort“ auf das Ersuchen der Klägerin um eine „generelle“ technische Beurteilung ihrer Anlagen zu verstehen. Die Beklagte sei zur Erteilung einer richtigen „Antwort“ (Auskunft) verpflichtet gewesen. Diese Pflicht bezwecke auch den Schutz vor – wie von der Klägerin geltend gemachten – bloßen Vermögensschäden.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [28] Ob die Organe der Beklagten tatsächlich rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hätten, könne mangels Feststellungen nicht beurteilt werden. Auch zum behaupteten Anspruch nach §&nbsp;1330 ABGB fehle es an einer Tatsachengrundlage. Bei einer hoheitlichen Rufschädigung stünden zwar keine Ansprüche gegen das Organ, jedoch Ersatzansprüche gegen den Rechtsträger zu.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [29] Zusammengefasst hätte die Klage nicht als unschlüssig abgewiesen werden dürfen, sondern das Erstgericht hätte die zu den strittigen Tatsachenbehauptungen angebotenen Beweise aufnehmen müssen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [30] Den Rekurs ließ das Berufungsgericht zur Frage zu, „ob die Rechtsprechung zur Qualifikation von Handlungen als Teil der Hoheitsverwaltung bei Vorliegen eines engen inneren und äußeren Zusammenhangs auch im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung gelte, wenn das handelnde Organ selbst nicht in diese Verwaltung unmittelbar involviert sei“.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"> [31] Die dagegen erhobenen <span class="Unterstrichen">Rekurse der Beklagten</span> und der <span class="Unterstrichen">Nebenintervenientin</span> sind zur Klarstellung der Rechtslage <span class="Unterstrichen">zulässig</span>; sie sind jedoch <span class="Unterstrichen">nicht berechtigt</span>. Aufgrund ihres engen inhaltlichen Zusammenhangs werden beide Rechtsmittel gemeinsam behandelt.</p><p class="ErlText AlignLeft">1.&nbsp;Zum <span class="Unterstrichen">hoheitlichen Handeln</span>:</p><p class="ErlText AlignLeft">1.1.&nbsp;<span class="Unterstrichen">Grundsätzliches</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [32] 1.1.1.&nbsp;Organe iSd §&nbsp;1 Abs&nbsp;2 AHG sind Personen, die in Vollziehung der Gesetze handeln, also im Rahmen der Hoheitsverwaltung tätig werden (RS0049876). Das ist der Fall, wenn die Handlung in einen Tätigkeitsbereich fällt, der an sich mit Befehls- und Zwangsgewalt ausgestattet ist (RS0049876 [T5]). Die Hoheitsverwaltung ist dabei nicht auf unmittelbare hoheitliche Zwangsmaßnahmen beschränkt. Ist eine Aufgabe ihrem Wesen nach hoheitlicher Natur, sind auch alle mit ihrer Erfüllung verbundenen Verhaltensweisen als in Vollziehung der Gesetze erfolgt anzusehen, wenn sie einen hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang mit der hoheitlichen Aufgabe aufweisen (RS0049948). Auch rein faktische Handlungen zählen unter diesen Voraussetzungen zum Hoheitsbereich (RS0049897). Die Amtshaftung ist also nicht auf Bereiche beschränkt, in denen ein Organ in den besonderen öffentlich-rechtlichen Handlungsformen tätig wird, sondern sie erfasst sämtliche Tätigkeiten, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen und in einen an sich mit Befehls- und Zwangsgewalt ausgestatteten Bereich fallen (RS0049876).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [33] 1.1.2.&nbsp;Eine hoheitliche Tätigkeit liegt auch vor, wenn ein Organ seine hoheitlichen Befugnisse überschreitet, selbst wenn es dadurch gegen Strafgesetze verstößt oder sonst deliktisch handelt (RS0049948 [T21, T23, T31]; RS0049897 [T2, T3]; RS0049914 [T3]). Erweckt es nach außen den Anschein einer Amtshandlung, muss der Rechtsträger dies gegen sich gelten lassen (RS0049981 [T4]). Hoheitliches Handeln wäre nur zu verneinen, wenn ein Verhalten seiner Art nach erkennbar nicht zu dessen Vollzugsbereich gehört hätte (RS0049948 [T24, T40]), die Handlung also mit den Aufgaben eines Amtes in keinem Zusammenhang stand, auch wenn die betreffende Person als Organ auftreten wollte, tatsächlich auftrat und als solches angesehen werden konnte (RS0049914).</p><p class="ErlText AlignLeft"> [34] 1.1.3.&nbsp;Entsprechend diesen Grundsätzen kommt es auch bei einer bloßen (Tatsachen-)Mitteilung eines Organs darauf an, ob diese einen hinreichenden inneren und äußeren Zusammenhang mit einer hoheitlichen Aufgabe aufweist (RS0049948 [T11 und T12]). Die Zuordnung von „Informationsrealakten“ zur Hoheitsverwaltung wird durch deren Zugehörigkeit zum Kernbereich der in Betracht kommenden Verwaltungsmaterie vorgenommen (1&nbsp;Ob&nbsp;80/22d). Auch für solche Akte gilt, dass es bei hinreichend engem Zusammenhang mit einer hoheitlichen Aufgabe nicht darauf ankommt, ob das Organ im Rahmen seiner gesetzlichen Pflichten handelte oder Befugnisse für sich in Anspruch nahm, die einer Grundlage im materiellen Recht entbehrten (1&nbsp;Ob&nbsp;190/08k).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [35] 1.2.&nbsp;<span class="Kursiv">Das </span><span class="Unterstrichen">Wasserrecht</span><span class="Kursiv"> fällt gemäß Art&nbsp;10 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;10 </span>B-VG<span class="Kursiv"> in Gesetzgebung und Vollziehung in die Kompetenz des Bundes. Der Vollzug erfolgt gemäß Art&nbsp;102 Abs&nbsp;1 B-VG in mittelbarer Bundesverwaltung durch den Landeshauptmann und die ihm unterstellten Landesbehörden, insbesondere die Bezirksverwaltungsbehörden (vgl auch §&nbsp;98 Abs&nbsp;1 </span>WRG<span class="Kursiv">). Der Landeshauptmann ist gegenüber den ihm unterstellten Behörden weisungsbefugt (</span><span class="Kursiv">Ranacher/Sonntag</span><span class="Kursiv"> in </span><span class="Kursiv">Kahl</span><span class="Kursiv">/</span><span class="Kursiv">Khakzadeh</span><span class="Kursiv">/</span><span class="Kursiv">Schmid</span><span class="Kursiv">, Kommentar zum Bundesverfassungsrecht B-VG und Grundrechte [2021] Art&nbsp;103 B-VG Rz&nbsp;4). Das Amt der Landesregierung ist im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung der administrative Hilfsapparat des Landeshauptmanns, im Sinn eines historischen Verständnisses zählt es aber auch zu den ihm unterstellten Landesbehörden (</span><span class="Kursiv">Ranacher/Sonntag</span><span class="Kursiv"> aaO Art&nbsp;102 Rz&nbsp;6). </span> Bei den steiermärkischen Baubezirksleitungen handelt es sich um „Außenstellen“ des Amts der Steiermärkischen Landesregierung (so ausdrücklich §&nbsp;4 Abs&nbsp;7 der [früheren] Geschäftsordnung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, Stmk&nbsp;LGBl&nbsp;2001/28; vgl nun §&nbsp;5 Abs&nbsp;4 der Geschäftsordnung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, Stmk&nbsp;LGBl&nbsp;2012/52).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">1.3.&nbsp;<span class="Unterstrichen">Beurteilung des konkreten Falls</span>:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [36] 1.3.1.&nbsp;Dem <span class="Unterstrichen">Vorbringen</span> der Klägerin zur Frage, welche Nachteile sie aus welchem konkreten Fehlverhalten von Organen der Beklagten ableitet, kann <span class="Unterstrichen">einerseits</span> entnommen werden, dass sie im Vertrauen auf die ihr bei der Besprechung vom 11.&nbsp;1.&nbsp;2021 erteilte (unrichtige) Mitteilung, es bedürfe einer Überprüfung ihrer Anlagen im Hinblick auf die Vorgaben einer bestimmten ÖNORM, Aufwendungen getätigt habe.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [37] <span class="Unterstrichen">Andererseits</span> leitet die Klägerin Schäden daraus ab, dass der angeblich unrichtige Inhalt der vom Amtssachverständigen der Beklagten erstellten „Gutachten“ (zur Frage des Stands der Technik ihrer Anlagen) an andere Organe der Beklagten und <span class="Unterstrichen">letztlich an (potenzielle) Kunden</span> der Klägerin weitergegeben worden sei, die deshalb von Geschäftsabschlüssen mit der Klägerin abgesehen oder auf zusätzliche Adaptierungen bestanden hätten, wodurch ihr ein Verdienst entgangen bzw ein Aufwand entstanden sei.</p><p class="ErlText AlignLeft">1.3.2.&nbsp;Zur behaupteten <span class="Unterstrichen">Auskunft</span> anlässlich der Besprechung vom <span class="Unterstrichen">11.&nbsp;1.&nbsp;2021</span>:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [38] Nach dem maßgeblichen Klagevorbringen sei der Klägerin bei dieser Besprechung von dem beklagten Rechtsträger organisatorisch zurechenbaren Organen (auf Grundlage einer Einschätzung durch den beigezogenen Amtssachverständigen) nahegelegt worden, ihre Anlagen auf eine Übereinstimmung mit einer bestimmten ÖNORM prüfen zu lassen, weil sonst die Einhaltung des Stands der Technik nicht bestätigt werden könne.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [39] Dass diese Mitteilung in einem engen Zusammenhang mit der hoheitlichen Materie des Wasserrechts gestanden sei, ergibt sich nach dem Vorbringen schon daraus, dass sich die Klägerin gerade deshalb an das Amt der Landesregierung gewandt habe, weil die Frage, ob ihre Technologie dem Stand der Technik entspreche, in einzelnen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren verneint worden sei. Mangels Parteistellung in diesen Verfahren sei es ihr nicht möglich gewesen, dies zu bekämpfen, weshalb sie das Amt der Landesregierung um eine generelle (verbindliche) Beurteilung ersucht habe.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [40] Die in Entsprechung dieses Ersuchens erfolgte Mitteilung stand damit nicht nur in einem „allgemeinen“ Zusammenhang mit der Verwaltungsmaterie des Wasserrechts, sondern auch in einem inneren Zusammenhang mit konkreten wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [41] Für eine Zuordnung der Auskunft vom 11.&nbsp;1.&nbsp;2021 zum Hoheitsbereich spricht außerdem, dass die „Bestimmung“ des Stands der Technik für wasserbauliche Anlagen außerhalb eines konkreten Bewilligungsverfahrens in §&nbsp;12a Abs&nbsp;2 WRG als hoheitliche Aufgabe vorgesehen ist. Dass dafür nach dieser Bestimmung der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zuständig gewesen wäre und Organen des Amts der Landesregierung (als Hilfsapparat des Landeshauptmanns in der mittelbaren Bundesverwaltung; vgl Pkt&nbsp;1.2.) bzw dem Landeshauptmann insoweit keine Kompetenz zukommt, ändert nichts daran, dass die hier zu beurteilende Auskunft zu diesem Thema in einen Bereich fällt, der vom Gesetzgeber zweifellos dem Hoheitsbereich zugeordnet wurde.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [42] 1.3.3.&nbsp;Zu den „<span class="Unterstrichen">Gutachten</span>“ vom 5.&nbsp;8. und 15.&nbsp;11.&nbsp;2021 und der <span class="Unterstrichen">Information Dritter</span> über deren Inhalt:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [43] Die von der Klägerin kritisierten „Gutachten“ wurden nach den Klagebehauptungen außerhalb konkreter wasserrechtlicher Bewilligungsverfahren erstellt, weshalb sich die Klägerin nicht auf die Rechtsprechung stützen kann, wonach – hier eben nicht – gesetzlich vorgesehene Gutachten von Amtssachverständigen zu hoheitlichen Verwaltungsmaterien dem Hoheitsbereich zuzurechnen seien (RS0120112). Es handelt sich bei den inkriminierten „Gutachten“ des Amtssachverständigen aber um Informationsrealakte, die hoheitlich erfolgten, weil sie in einem engen inneren und äußeren Zusammenhang mit einer hoheitlich zu vollziehenden Rechtsmaterie standen. Beide „Gutachten“ betrafen (nach dem Klagevorbringen) die Frage, ob die Anlagen der Klägerin wasserrechtlich bewilligungsfähig seien. Auch wenn diese Beurteilung (wie die Rekurswerberinnen argumentieren) für konkrete Bewilligungsverfahren nicht bindend gewesen sein sollte, bestünde ein enger Sachzusammenhang mit der hoheitlichen Verwaltungsmaterie des Wasserrechts. Im Übrigen ist auch wieder zu beachten, dass die „generelle“ (außerhalb wasserrechtlicher Bewilligungsverfahren erfolgte) Beurteilung des Stands der Technik wasserbaulicher Anlagen gemäß §&nbsp;12a Abs&nbsp;2 WRG dem Hoheitsbereich zugeordnet ist.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [44] Die Klägerin leitet ihr Zahlungsbegehren von 507.562,60&nbsp;EUR sowie ihr Feststellungsbegehren aber – wie dargelegt – ohnehin <span class="Unterstrichen">nur</span> daraus ab, dass der angeblich unrichtige Inhalt der „Gutachten“ des Amtssachverständigen an Baubezirksleitungen <span class="Unterstrichen">weitergeleitet</span> worden sei, <span class="Unterstrichen">sodass</span> in der Folge auch (potenzielle) <span class="Unterstrichen">Kunden</span> der Klägerin von diesen „<span class="Unterstrichen">Kenntnis erlangt</span>“ hätten. Sowohl die behauptete Weiterleitung (des Inhalts) der „Gutachten“ an die Baubezirksleitungen als auch die Weiterverbreitung an Dritte (Kunden der Klägerin) wäre aber dem Hoheitsbereich zuzurechnen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [45] <span class="Unterstrichen">Ersteres</span> – also die Zuordnung der <span class="Unterstrichen">Weiterleitung</span> (des Inhalts) der „Gutachten“ <span class="Unterstrichen">an andere Dienstellen</span> zum Hoheitsbereich – ergibt sich schon daraus, dass das Schreiben des Amts der Landesregierung vom 17.&nbsp;8.&nbsp;2021, mit dem ein solches „Gutachten“ (dessen Inhalt) an die Baubezirksleitungen weitergegeben worden sei, nach dem Klagevorbringen die Aufforderung enthalten habe, anhängige Bewilligungsverfahren (zu Anlagen der Klägerin) zu „stoppen“. Unabhängig davon, ob darin eine bindende Weisung (des Landeshauptmanns; vgl §&nbsp;98 Abs&nbsp;1 WRG; das Amt der Landesregierung fungiert bei der mittelbaren Bundesverwaltung – wie dargelegt – als dessen Hilfsapparat) zu sehen wäre oder ob bei der Beurteilung der technischen Eignung der Anlagen der Klägerin in einem konkreten Bewilligungsverfahren keine inhaltliche Bindung an eine solche „Mitteilung“ bestünde (vgl §&nbsp;289 StGB zu [auch Amts-]Sachverständigen), kann kein Zweifel bestehen, dass diese jedenfalls hoheitlich erfolgt wären (vgl 1&nbsp;Ob&nbsp;27/87 zu einem an Gemeinden ergangenen Rundschreiben des Amts der Landesregierung, wobei dessen Zuordnung zum Hoheitsbereich dort daraus abgeleitet wurde, dass damit eine Ankündigung über die Ausübung des Gemeindeaufsichtsrechts erfolgt sei; letztlich wurde eine Amtshaftung für einen solchen „rein internen“ Vorgang jedoch verneint).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [46] Auch <span class="Unterstrichen">Zweiteres</span> – also die Zuordnung <span class="Unterstrichen">unrichtiger</span> (auf einem angeblich falschen Gutachten des Amtssachverständigen beruhender) <span class="Unterstrichen">Behauptungen</span> von Organen der Beklagten <span class="Unterstrichen">gegenüber Dritten</span> zum Hoheitsbereich – kann nach den bisherigen Ausführungen zum engen Zusammenhang der angeblich unrichtigen Information über die nicht dem Stand der Technik entsprechende Technologie der Klägerin mit der Verwaltungsmaterie des Wasserrechts nicht zweifelhaft sein. Aus dem Klagevorbringen lässt sich dazu auch ableiten, dass die behaupteten unrichtigen Informationen gerade gegenüber potenziellen wasserrechtlichen Bewilligungswerbern (wenngleich nicht in konkreten solchen Verfahren) erteilt worden seien.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [47] 1.3.4.&nbsp;Als <span class="Unterstrichen">Zwischenergebnis</span> ergibt sich somit, dass das Berufungsgericht zu Recht davon ausging, dass das Klagebegehren nicht schon mangels behaupteter Schädigung durch ein hoheitliches Verhalten von (organisatorisch der Beklagten zuzurechnenden) Organen abgewiesen werden durfte.</p><p class="ErlText AlignLeft">2.&nbsp;Zur <span class="Unterstrichen">Rechtswidrigkeit</span>, zum <span class="Unterstrichen">Rechtswidrigkeitszusammenhang</span> und zum <span class="Unterstrichen">Verschulden</span> des Organhandelns:</p><p class="ErlText AlignLeft">2.1.&nbsp;Zu den aus der behaupteten <span class="Unterstrichen">Auskunft</span> vom <span class="Unterstrichen">11.&nbsp;1.&nbsp;2021</span> abgeleiteten Ansprüchen:</p><p class="ErlText AlignLeft">2.1.1.&nbsp;Rechtswidrigkeit:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [48] (a)&nbsp;Nach dem für die Schlüssigkeitsprüfung maßgeblichen Klagevorbringen hätten Organe der Beklagten gegen ihre Pflicht zur Erteilung einer richtigen Auskunft verstoßen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [49] (b)&nbsp;Eine solche Pflicht ergibt sich schon aus Art&nbsp;20 Abs&nbsp;4 B-VG, wonach alle mit Aufgaben der öffentlichen Verwaltung betrauten Organe über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen haben, soweit dem keine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht entgegensteht. Mit dieser Pflicht zur Auskunftserteilung korrespondiert ein subjektives Recht des Einschreiters, dem die Behörde eine seinem Begehren entsprechende und inhaltlich <span class="Unterstrichen">richtige</span> Auskunft zu erteilen hat (etwa 1&nbsp;Ob&nbsp;154/08s; 1&nbsp;Ob&nbsp;199/22d [Rz&nbsp;177]). Die nähere Ausgestaltung der verfassungsrechtlich determinierten Auskunftspflicht blieb nach Art&nbsp;20 Abs&nbsp;4 B-VG zwar dem einfachen (hier Landes-)Gesetzgeber überlassen (vgl dazu das Steiermärkische Auskunftspflichtgesetz, LGBl&nbsp;Nr&nbsp;73/1990). Dies ändert aber nichts daran, dass sich die Verpflichtung zu einer richtigen Auskunftserteilung bereits unmittelbar aus dieser Verfassungsbestimmung ergibt (1&nbsp;Ob&nbsp;54/06g).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">2.1.2.&nbsp;Rechtswidrigkeitszusammenhang:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [50] (a)&nbsp;Behördenauskünfte sollen ihrem Empfänger eine wirtschaftliche Disposition erleichtern oder ermöglichen und ihre beabsichtigte Verwirklichung sichern. Dies ist nur zu erreichen, wenn die erteilte Information richtig ist. Auch der Ausgleich von – wie von der Klägerin geltend gemachten – bloßen Vermögensschäden aufgrund eines durch eine angebliche Fehlinformation vereitelten Dispositionsschutzes wäre daher durch Schadenersatz realisierbar. Für durch eine unrichtige hoheitliche behördliche Auskunft verursachte (auch bloße Vermögens-)Schäden stehen daher Amtshaftungsansprüche zu (RS0113363; RS0113365). Dabei haftet der Rechtsträger für jene Folgen, die gerade auf Grundlage der abgegebenen Information eintraten, nicht hingegen für solche aufgrund von Dispositionen, mit denen aufgrund der Auskunft nicht zu rechnen war (vgl 1&nbsp;Ob&nbsp;135/23v), zu denen die unrichtige Behördenauskunft den Geschädigten also nicht „verleitet“ hat (1&nbsp;Ob&nbsp;199/22d [Rz&nbsp;182]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [51] (b)&nbsp;Die Klägerin behauptet, dass ihre Organe der Beklagten aufgrund ihres Ersuchens um eine Beurteilung, ob die von ihr hergestellten Anlagen dem Stand der Technik entsprächen, die unrichtige Auskunft erteilt hätten, dass dies einer Prüfung anhand der Vorgaben einer bestimmten ÖNORM bedürfe. Diese Auskunft wäre zweifellos geeignet gewesen, die Klägerin zu den mit der vorliegenden Amtshaftungsklage geltend gemachten Aufwendungen – für die ihr nahelegte Prüfung der Konformität ihrer Anlagen mit dieser ÖNORM – zu veranlassen. Das Berufungsgericht ging somit zu Recht davon aus, dass die von der Klägerin aus der unrichtigen Auskunft der Beklagten abgeleiteten (bloßen) Vermögensschäden vom Schutzzweck der Pflicht zur Erteilung einer richtigen Auskunft erfasst seien und im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit der behaupteten Pflichtverletzung stünden.</p><p class="ErlText AlignLeft">2.1.3.&nbsp;Verschulden:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [52] Nach den Klagebehauptungen trifft den beklagten Rechtsträger ein Verschulden iSd §&nbsp;1 Abs 1 AHG an der behaupteten unrichtigen Auskunft, weil diese (also die Mitteilung, dass die Anlagen der Klägerin nur dann dem Stand der Technik entsprächen, wenn diese die Anforderungen einer bestimmten ÖNORM erfüllten) unvertretbar unrichtig gewesen sei (vgl RS0050216). Dieses Vorbringen ist zweifellos schlüssig.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">2.2.&nbsp;Zu den „<span class="Unterstrichen">Gutachten</span>“ vom 5.&nbsp;8. und 15.&nbsp;11.&nbsp;2021 und der <span class="Unterstrichen">Weitergabe</span> ihres Inhalts:</p><p class="ErlText AlignLeft">2.2.1.&nbsp;Rechtswidrigkeit:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [53] (a)&nbsp;Die Erstellung der angeblich unrichtigen „Gutachten“ zur Frage des Stands der Technik der Anlagen der Klägerin ist zwar – wie dargelegt – ebenso dem Hoheitsbereich zuzurechnen, wie die behauptete Weitergabe des Inhalts dieser „Gutachten“ innerhalb des Amts der Landesregierung. Konkrete Vermögensnachteile leitet die Klägerin aber (nur) daraus ab, dass Organe der Beklagten gegenüber ihren potenziellen Kunden zu Unrecht behauptet hätten, ihre Anlagen würden nicht dem Stand der Technik entsprechen. Sie stützt ihre Amtshaftungsansprüche insoweit auf eine Schädigung ihres wirtschaftlichen Rufs gemäß §&nbsp;1330 Abs&nbsp;2 ABGB. Eine andere Anspruchsgrundlage für ihr in diesem Zusammenhang erhobenes Ersatzbegehren (auch für das Feststellungsbegehren) führt die Klägerin weder ins Treffen noch ist eine solche nach ihrem Klagevorbringen erkennbar.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [54] (b)&nbsp;Bei einer hoheitlichen Rufschädigung unterliegt zwar der Unterlassungs- und Widerrufsanspruch wegen Verbreitung kreditschädigender Tatsachen nach §&nbsp;1330 ABGB den Beschränkungen der §&nbsp;1 Abs&nbsp;1 und §&nbsp;9 Abs&nbsp;5 AHG (RS0031951 [insb T3, T6]). Es entspricht aber der ständigen Rechtsprechung, dass eine Person, die in ihrem Kredit, Erwerb oder Fortkommen durch eine rechtswidrige (hoheitliche) Äußerung eines Organs einen Schaden erleidet, den Rechtsträger nach dem AHG auf dessen Ersatz in Anspruch nehmen kann (RS0031951). Eine Amtshaftung kann also auch durch eine hoheitliche Mitteilung oder Verbreitung einer fehlerhaften Information an einen Dritten ausgelöst werden (vgl 1&nbsp;Ob&nbsp;199/22d mit Hinweis auf 1&nbsp;Ob&nbsp;54/06g).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [55] (c)&nbsp;§&nbsp;1330 Abs&nbsp;2 ABGB setzt voraus, dass jemand unwahre Tatsachen verbreitet, die den Kredit, Erwerb oder das Fortkommen eines anderen gefährden. Sanktioniert werden nur unwahre Tatsachenbehauptungen, nicht hingegen Werturteile (RS0032688). „Tatsachen“ iSd §&nbsp;1330 ABGB sind Umstände, Ereignisse oder Eigenschaften mit einem auf seine Richtigkeit überprüfbaren Inhalt (RS0032212; RS0079167). Auch Äußerungen über Rechtsfolgen können – so sie auf einem objektiv überprüfbaren Tatsachenkern beruhen (vgl etwa 4&nbsp;Ob&nbsp;185/23v; 4&nbsp;Ob&nbsp;211/19m, jeweils zum vergleichbaren Beurteilungsmaßstab des §&nbsp;7 UWG) – Tatsachenbehauptungen sein (RS0112210). Ein „Verbreiten“ erfolgt auch bei einer Mitteilung an bloß eine einzelne (nicht zur Verschwiegenheit verpflichtete) Person (RS0032421). Sie liegt schon bei bloßer Weitergabe einer Behauptung vor (RS0079097).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [56] (d)&nbsp;Indem die Klägerin Organen der Beklagten vorwirft, sie hätten (auf Basis der vom Amtssachverständigen erstellten „Gutachten“) potenziellen Kunden gegenüber die unrichtige Behauptung aufgestellt, die Anlagen der Klägerin entsprächen nicht dem Stand der Technik (weshalb diese wasserrechtlich nicht bewilligungsfähig seien), behauptet sie einen rechtswidrigen Verstoß gegen §&nbsp;1330 Abs&nbsp;2 ABGB und damit Rechtswidrigkeit des Organhandelns. Für rechtfertigende Umstände wäre die Beklagte behauptungspflichtig (RS0031822 [T11] = 6&nbsp;Ob&nbsp;97/06t).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">2.2.2.&nbsp;Rechtswidrigkeitszusammenhang:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [57] Ausgehend vom behaupteten Verstoß von Organen der Beklagten gegen §&nbsp;1330 Abs&nbsp;2 ABGB kann auch nicht zweifelhaft sein, dass die daraus abgeleiteten Schäden vom Schutzzweck dieser Bestimmung erfasst sind. Dass die Pflicht zur Wahrung des wirtschaftlichen Rufs gerade auch vor bloßen Vermögensschäden aufgrund einer solchen Rufschädigung schützen soll, bedarf keiner weiteren Begründung (vgl etwa RS0032276).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">2.2.3.&nbsp;Verschulden:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [58] (a)&nbsp;Die Haftung nach §&nbsp;1330 Abs&nbsp;2 ABGB setzt ein Verschulden voraus. Die Klägerin behauptete in erster Instanz, dass „zumindest“ der Amtssachverständige die Unrichtigkeit seiner Gutachten – auf denen die Verbreitung der angeblich unwahren kreditschädigenden Behauptung, ihre Anlagen entsprächen nicht dem Stand der Technik, beruht habe – erkennen hätte können. Damit hat sie ein ausreichendes Vorbringen zum Verschulden erstattet.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [59] (b)&nbsp;Für die Haftung eines Rechtsträgers nach §&nbsp;1330 Abs&nbsp;2 ABGB kann es nämlich nicht darauf ankommen, ob die Kenntnis oder – wie hier behauptet – fahrlässige Unkenntnis der Unrichtigkeit einer Tatsachenbehauptung (auch) bei jenem konkreten Organ vorlag, das diese Behauptung letztlich an Dritte verbreitete, oder (nur) bei jenem Organ, das diese Behauptung innerhalb der Organisation des Rechtsträgers (erstmals) aufstellte und durch deren (zunächst interne) Weitergabe die Voraussetzungen für deren Weiterverbreitung auch an Dritte schuf. Dies legt schon der allgemeine Grundsatz nahe, dass der Einsatz von Gehilfen keine Verschlechterung der Rechtspositionen Dritter mit sich bringen darf, jedenfalls wenn „Gehilfenhandeln“ von Gesetztes wegen (hier §&nbsp;1 AHG) dem „Geschäftsherrn“ (hier dem Rechtsträger) zugerechnet wird, der „Gehilfe“ im Rahmen des ihm übertragenen Aufgabenbereichs handelte und der Dritte seine Rechte – wie hier – nicht wirksam gegen diesen geltend machen kann (RS0016312; vgl auch 4&nbsp;Ob&nbsp;210/15h). Es wäre daher nicht nachvollziehbar, würde ein arbeitsteiliges Vorgehen mehrerer Organe (und die damit verbundene „Rollenspaltung“) bei der Verbreitung einer unrichtigen Tatsachenbehauptung zu einer Verschlechterung der Rechtsposition des davon Betroffenen (Geschädigten) führen, zumal §&nbsp;1 Abs&nbsp;1 AHG für den Bereich des Amtshaftungsrechts eine umfassende Zurechnung jedes Organverhaltens zum Rechtsträger normiert, wobei der Geschädigte gemäß §&nbsp;2 Abs&nbsp;1 AHG nicht einmal das rechtswidrig und schuldhaft handelnde Organ individuell bezeichnen muss.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">3.&nbsp;<span class="Unterstrichen">Ergebnis</span>:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [60] 3.1.&nbsp;Zusammengefasst hob das Berufungsgericht das klageabweisende erstinstanzliche (Unschlüssigkeits-)Urteil somit zu Recht auf, weil das Klagebegehren nicht schon auf Basis des Klagevorbringens abgewiesen werden hätte dürfen. Vielmehr fehlen Feststellungen zu den maßgeblichen Haftungsgrundlagen, insbesondere zum behaupteten rechtswidrigen und schuldhaften Organverhalten sowie zu den dadurch verursachten Schäden der Klägerin. Den gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts erhobenen Rekursen ist daher <span class="Unterstrichen">keine Folge</span> zu geben.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [61] 3.2.&nbsp;Die diese Entscheidung tragenden Erwägungen können wie folgt zusammengefasst werden:</p><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:94px !important;"><span aria-hidden="true">Sowohl die Mitteilung eines Organs eines organisatorisch für Bewilligungsverfahren zuständigen Rechtsträgers an einen Unternehmer, dass dessen Anlagen bei Einhalten bestimmter Vorgaben genehmigungsfähig seien, als auch das Verbreiten von Mitteilungen durch Organe dieses Rechtsträgers an Dritte, dass die Anlagen des Unternehmers nicht genehmigungsfähig seien, ist Handeln in Vollziehung der Gesetze im Sinn von §&nbsp;1 AHG.</span></p><p class="ErlText AlignJustify" style="padding-left:94px !important;"><span aria-hidden="true">Verbreitet ein Organ in Vollziehung der Gesetze unrichtige Tatsachenbehauptungen, so kann sich der Amtshaftungsanspruch (§&nbsp;1 AHG iVm §&nbsp;1330 Abs&nbsp;2 ABGB) auch aus dem Verschulden jenes Organs ergeben, von dem diese Tatsachenbehauptung stammt. </span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [62] 4.&nbsp;Der <span class="Unterstrichen">Kostenvorbehalt</span> beruht auf §&nbsp;52 Abs&nbsp;1 ZPO (RS0035976; 1&nbsp;Ob&nbsp;50/23v).</span></p></div></div></body></html>
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2025-01-29
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Der am 5.&nbsp;2.&nbsp;2004 geborene Sohn der Kläger besuchte am 19.&nbsp;9.&nbsp;2020 von etwa 21:00&nbsp;Uhr bis 23:00&nbsp;Uhr eine vom Beklagten betreute (17-jährige) Jugendliche in der ihr von diesem zur Verfügung gestellten Wohnung. Am nächsten Tag wurde er in seiner eigenen Wohnung tot aufgefunden. Er hatte im Verlauf des 19.&nbsp;9.&nbsp;2020 verschiedene Drogen zu sich genommen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Die <span class="Unterstrichen">klagenden Parteien</span> begehren vom beklagten Verein Trauerschmerzengeld, weil diesem zuzurechnende Betreuer gewusst hätten, dass in der Wohnung der Jugendlichen Drogen konsumiert würden. Da dies nicht unterbunden worden sei, habe auch ihr Sohn die Möglichkeit gehabt, dort – zu seinem Tod führende – Drogen zu nehmen. Durch das Unterlassen von Maßnahmen zur Verhinderung eines Drogenkonsums in dieser Wohnung habe der Beklagte gegen ihm – auch gegenüber Besuchern der betreuten Jugendlichen – obliegende Verkehrssicherungspflichten verstoßen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] Das <span class="Unterstrichen">Berufungsgericht</span> bestätigte die klageabweisende Entscheidung des Erstgerichts.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Vertragliche Schutzpflichten aus dem Betreuungsverhältnis des Beklagten zu betreuten Jugendlichen erstreckten sich nicht auch auf den Sohn der Kläger. Der Beklagte habe keine „allgemeine“ Gefahrensituation geschaffen oder bestehen lassen, die ihn diesem gegenüber zur Gefahrenabwehr verpflichtet hätte. Selbst wenn Betreuer des beklagten Vereins gewusst hätten, dass in der Wohnung der Jugendlichen in der Vergangenheit Drogen konsumiert worden seien, würde es zu weit gehen, daraus eine „allgemeine Gefahrenabwehrpflicht“ gegenüber deren – vom Beklagten nicht zu beaufsichtigenden – Besuchern abzuleiten.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Die Revision sei zur Frage zulässig, ob ein über einen mündigen Minderjährigen Aufsichtspflichtiger für Schäden Dritter wegen einer Verletzung von Verkehrssicherungspflichten hafte.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"> [6] Entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch ist die <span class="Unterstrichen">Revision der Kläger nicht zulässig</span>, weil die Entscheidung des konkreten Falls von keiner Rechtsfrage erheblicher Bedeutung abhängt.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [7] 1.&nbsp;Die Kläger behaupten in dritter Instanz weder, dass dem beklagten Verein eine Aufsichtspflicht über ihren Sohn zugekommen wäre, noch stützen sie sich darauf, dass die von ihm betreute Jugendliche den Tod ihres Sohnes verursacht habe. Sie leiten ihre Ansprüche vielmehr nur (mehr) aus einer Verletzung einer dem Beklagten obliegenden „allgemeinen“ Verkehrssicherungspflicht ab, weil er trotz Kenntnis, dass in der Wohnung der betreuten Jugendlichen (auch von Besuchern) Drogen konsumiert worden seien, keine ausreichenden (insbesondere Kontroll-)Maßnahmen getroffen habe, um dies zu unterbinden. Wäre dies erfolgt, hätte auch der Sohn der Kläger keine Gelegenheit gehabt, in dieser Wohnung – zu seinem Tod führende – Drogen zu nehmen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [8] 2.&nbsp;Der konkrete Inhalt von Verkehrssicherungspflichten ist stets anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen (RS0029874). Dies gilt auch für die Verletzung von Überwachungspflichten (RS0029874 [T10]).</p><p class="ErlText AlignLeft"> [9] 3.&nbsp;Im vorliegenden Fall steht (unbekämpft) fest, dass der beklagte Verein die den betreuten Jugendlichen zur Verfügung gestellten Wohnungen zwei- bis dreimal pro Woche (zu unterschiedlichen Zeiten) nach 22:00&nbsp;Uhr <span class="Unterstrichen">unangekündigt kontrollierte</span>. In der Wohnung jener Jugendlichen, in der sich der Sohn der Kläger am Abend des 19.&nbsp;9.&nbsp;2020 aufhielt, erfolgte eine Kontrolle an diesem Tag am frühen Morgen (um 6:40 Uhr). Dabei ergab sich, dass der Kläger gemeinsam mit anderen Jugendlichen unerlaubt dort übernachtet hatte, worauf sein Verlassen der Wohnung veranlasst wurde. Die nächste Kontrolle dieser Wohnung erfolgte etwa 48&nbsp;Stunden später.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [10] 4.&nbsp;Davon ausgehend könnte dem Beklagten aber selbst dann nicht vorgeworfen werden, er hätte schuldhaft einen „unkontrollierten (Drogen-)Konsumraum“ bestehen gelassen, wenn die Betreuer der 17-jährigen Jugendlichen – wie die Kläger behaupten – gewusst hätten, dass in deren Wohnung in der Vergangenheit Drogen konsumiert worden seien. Eine permanente (rund um die Uhr erfolgende) Überwachung der Jugendlichen wäre nämlich auch in diesem Fall nicht zumutbar und daher nicht zu fordern gewesen. Warum durch bloß häufigere als die ohnehin zwei- bis dreimal pro Woche – und hinsichtlich der konkreten Wohnung zuletzt zweimal innerhalb von rund 48&nbsp;Stunden – erfolgten stichprobenartige Kontrollen verhindert worden wäre, dass der Sohn der Kläger am Abend des 19.&nbsp;9.&nbsp;2020 in dieser Wohnung Drogen genommen hätte (wobei er sich dort nur etwa zwei Stunden lang aufhielt), zeigt auch die Revision nicht plausibel auf.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [11] 5.&nbsp;Im Hinblick auf die vom Beklagten ohnehin vorgenommenen Kontrollen kann die abstrakte Rechtsfrage dahingestellt bleiben, ob diesen gegenüber dem Sohn der Kläger als bloßem Besucher der zu beaufsichtigenden Jugendlichen überhaupt eine Schutzpflicht (im Rahmen der behaupteten Verkehrssicherungspflicht) traf.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [12] 6.&nbsp;Soweit die Kläger dem Beklagten auch vorwerfen, trotz (zumindest) des Verdachts, dass in der Wohnung der betreuten Jugendlichen in der Nacht <span class="Unterstrichen">auf</span> den 19.&nbsp;9.&nbsp;2020 – als auch der Sohn der Kläger dort übernachtet hatte – Drogen konsumiert worden seien, weder die Obsorgeberechtigten der dort angetroffenen Jugendlichen noch die „zuständigen Behörden“ kontaktiert oder den Mietvertrag der betreuten Jugendlichen gekündigt zu haben, legen sie auch in ihrer Revision nicht dar, warum das Unterlassen dieser Maßnahmen für den – nach den Klagebehauptungen zum Tod führenden – Drogenkonsum ihres Sohnes am Abend des 19.&nbsp;9.&nbsp;2020 ursächlich gewesen sein soll.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [13] 7.&nbsp;Der Senat verkennt nicht die Tragik des Geschehens. Die vom Berufungsgericht genannte – abstrakt allenfalls erhebliche – Rechtsfrage stellt sich aber aus den dargestellten Gründen im konkreten Fall nicht. Die Revision ist daher zurückzuweisen (RS0088931).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [14] 8.&nbsp;Die Kostenentscheidung beruht auf den §§&nbsp;41, 50 ZPO. Der Beklagte wies auf die Unzulässigkeit der Revision hin.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20241219_OGH0002_0010OB00185_24Y0000_000
Justiz
OGH
2025-01-29
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241219_OGH0002_0010OB00185_24Y0000_000
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1Ob185/24y
ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00185.24Y.1219.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.&nbsp;Musger als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag.&nbsp;Dr.&nbsp;Wurdinger, Mag.&nbsp;Wessely-Kristöfel, Dr.&nbsp;Parzmayr und Dr.&nbsp;Pfurtscheller als weitere Richterinnen und Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*, Vereinigte Staaten von Amerika, vertreten durch die Hornek Hubacek Lichtenstrasser Epler Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 54.593,51&nbsp;EUR&nbsp;sA (Revisionsinteresse 45.418,65&nbsp;EUR) über die Revision der beklagten Partei gegen das Teil- und Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25.&nbsp;September&nbsp;2024, GZ&nbsp;14&nbsp;R&nbsp;36/24b-27, mit dem das Teil-<br>und Zwischenurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 8.&nbsp;Februar&nbsp;2024, GZ&nbsp;70&nbsp;Cg&nbsp;25/23w-21, teilweise abgeändert wurde, den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;Die Revision wird <span class="Unterstrichen">zurückgewiesen</span>.</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.623,02&nbsp;EUR (darin 437,17&nbsp;EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14&nbsp;Tagen zu ersetzen.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [1] Der <span class="Unterstrichen">Kläger</span> begehrt im Wege der Amtshaftung den Ersatz von Schäden, die ihm durch die Verfahrensführung in einem Verfahren nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen (HKÜ) entstanden seien. Er wirft dem Erstgericht in diesem (Anlass-)Verfahren vor, den Vollzug des rechtskräftigen Beschlusses über die Rückführung seiner – durch die Mutter – aus den USA nach Österreich verbrachten Tochter rechtlich unvertretbar verzögert zu haben.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Das <span class="Unterstrichen">Erstgericht</span> wies das Zahlungsbegehren im Umfang von 4.103,43&nbsp;EUR ab und sprach aus, dass dieses im Umfang von 50.490,08&nbsp;EUR dem Grunde nach zu Recht bestehe.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] Das <span class="Unterstrichen">Berufungsgericht</span> änderte die Entscheidung dahin ab, dass es das Zahlungsbegehren im weiteren Umfang von 5.071,43&nbsp;EUR abwies und aussprach, dass dieses im Umfang von 45.418,65&nbsp;EUR dem Grunde nach zu Recht bestehe.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Die rechtskräftige Anordnung der Rückführung des Kindes hätte spätestens ab 3.&nbsp;7.&nbsp;2020 vollzogen werden müssen. Indem das Erstgericht dies danach durch rechtswidrige Verfahrensschritte – konkret durch Einholung eines überflüssigen kinderpsychologischen Gutachtens, Abweisung eines Vollzugsantrags des Klägers sowie Aussetzung des Vollzugsverfahrens – verzögert habe, habe es in unvertretbarer Weise gegen das nach dem HKÜ geltende Beschleunigungsgebot verstoßen. Die Schäden des Klägers stünden mit diesem Verstoß im Rechtswidrigkeitszusammenhang. Die Beklagte hafte daher dem Grunde nach für die dem Kläger nach Beauftragung des Gutachtens (nicht aber für die zuvor) entstandenen Aufwendungen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Die Revision ließ das Berufungsgericht zur Frage des Rechtswidrigkeitszusammenhangs zwischen dem behaupteten Rechtsverstoß und den dadurch verursachten Schäden zu.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Die dagegen erhobene <span class="Unterstrichen">Revision</span> der Beklagten ist entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch mangels Darlegung einer erheblicher Rechtsfrage iSd §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO <span class="Unterstrichen">nicht zulässig</span>:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] 1.&nbsp;Wurde die erstinstanzliche Entscheidung nur in einem selbständig beurteilbaren Teilbereich mit Rechtsrüge angefochten, können andere Punkte in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden (RS0043573 [T29, T31, T33, T36, T43]). Da sich die Beklagte in zweiter Instanz nicht auf einen fehlenden Rechtswidrigkeitszusammenhang berufen hat (obwohl das Erstgericht diesen bejahte), ist darauf im Revisionsverfahren nicht einzugehen (vgl aber 1&nbsp;Ob&nbsp;204/20m; siehe auch §&nbsp;13 AußStrG).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] 2.&nbsp;Ob ein Organ rechtlich (un-)vertretbar handelte, hängt vom Einzelfall ab und begründet daher regelmäßig keine Rechtsfrage iSd §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO (RS0110837). Eine solche würde sich nur bei einer gravierenden Fehlbeurteilung stellen (RS0110837 [T2]), welche die Beklagte aber nicht aufzeigt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [9] 2.1.&nbsp;Das Berufungsgericht beurteilte die Einholung des Gutachtens im Anlassverfahren vor allem deshalb als unvertretbar, weil sich die von der Sachverständigen zu beurteilende Frage, ob durch die mit der Rückführung des Kindes verbundene (dauerhafte) Trennung von seiner Mutter das Kindeswohl gefährdet wäre, aufgrund der für das Erstgericht im Anlassverfahren klar erkennbaren Zumutbarkeit einer Übersiedlung der Mutter mit dem Kind in die USA gar nicht gestellt habe.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [10] 2.2.&nbsp;Dem hält die Revisionswerberin keine substanziellen Argumente entgegen. Sie legt insbesondere nicht konkret dar, warum das Erstgericht im Anlassverfahren davon ausgehen durfte, dass der Mutter eine Übersiedlung in die USA unzumutbar gewesen wäre. Nur in diesem Fall hätte sich aber die an die Sachverständige gerichtete Frage, ob das Kindeswohl durch eine dauerhafte Trennung des Kindes von seiner Mutter gefährdet wäre, überhaupt gestellt. Die Revision zeigt daher schon aus diesem Grund nicht auf, warum die Einholung eines Gutachtens zu dieser Frage trotz des im Verfahren nach dem HKÜ geltenden Beschleunigungsgebots, welches die Einholung eines Sachverständigengutachtens grundsätzlich – sofern dies nicht im Einzelfall unerlässlich ist (RS0108469 [T3]) – ausschließt (RS0108469 [T7, T8]), im vorliegenden Einzelfall vertretbar gewesen wäre.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [11] 2.3.&nbsp;Dem Argument der Beklagten, die Notwendigkeit der weiteren verfahrensverzögernden Verfahrensschritte (Abweisung des Vollstreckungsantrags des Klägers und anschließende Aussetzung des Vollzugs der Rückführungsanordnung) habe sich aus dem Ergebnis des Gutachtens ergeben, ist ebenfalls entgegenzuhalten, dass dieses nach der vertretbaren Beurteilung des Berufungsgerichts – mangels Relevanz der vom Sachverständigen zu beurteilenden Frage – gar nicht einzuholen gewesen wäre. Davon abgesehen begründete das Berufungsgericht die Unvertretbarkeit der Abweisung des Vollstreckungsantrags des Klägers damit, dass der Oberste Gerichtshof den Beschluss über die Abweisung dieses Antrags zu 6&nbsp;Ob&nbsp;83/21f abänderte und dem Erstgericht den unverzüglichen Vollzug der rechtskräftigen Rückführungsanordnung auftrug, woraus zu schließen sei, dass die diesem Beschluss zugrunde liegende Rechtsansicht als rechtlich unvertretbar angesehen worden sei. Dem tritt die Revision aber gar nicht entgegen. Sie legt auch nicht plausibel dar, warum die Aussetzung des Vollzugs der zwangsweisen Rückführung der Minderjährigen trotz vorangegangenen gegenteiligen „Auftrags“ des Obersten Gerichtshofs rechtlich vertretbar gewesen wäre.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [12] 2.4.&nbsp;Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die Erstrichterin im Anlassverfahren wegen des objektiven Eindrucks, „sie agiere in einer Art und Weise, um das Kindesentführungsverfahren und die Rückführung des Kindes zu torpedieren“, sogar erfolgreich als befangen abgelehnt wurde.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [13] 3.&nbsp;Die Kostenentscheidung beruht auf §§&nbsp;41, 50 ZPO. Der Kläger wies auf die Unzulässigkeit der Revision hin.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20241219_OGH0002_0010OB00170_24T0000_000
Justiz
OGH
2025-01-29
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241219_OGH0002_0010OB00170_24T0000_000
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1Ob170/24t
ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00170.24T.1219.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.&nbsp;Musger als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag.&nbsp;Dr.&nbsp;Wurdinger, Mag.&nbsp;Wessely-Kristöfel, Dr.&nbsp;Parzmayr und Dr.&nbsp;Pfurtscheller als weitere Richterinnen und Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I* GmbH, *, vertreten durch Dr.&nbsp;Hans Peter Bauer, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei P* GmbH, *, vertreten durch die Estermann Pock Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 80.393,16&nbsp;EUR&nbsp;sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 35.393,16&nbsp;EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 6.&nbsp;September&nbsp;2024, GZ&nbsp;3&nbsp;R&nbsp;114/24t-28.1, den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die außerordentliche Revision wird gemäß §&nbsp;508a Abs&nbsp;2 ZPO mangels der Voraussetzungen des §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO zurückgewiesen (§&nbsp;510 Abs&nbsp;3 ZPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [1] Soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, wies das <span class="Fett">Berufungsgericht</span> das Begehren der Klägerin auf Abgeltung der von ihr vermeintlich aufgrund eines Zusatzauftrags bei einem Bauvorhaben der Beklagten erbrachten Leistungen (Verpressen der Brandschutzklappen) ab.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [2] Die <span class="Fett">außerordentliche Revision der Klägerin</span> zeigt keine Rechtsfragen von der Qualität des §&nbsp;502 Abs 1 ZPO auf:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] 1.&nbsp;Nach den Feststellungen war zwischen den Parteien strittig, ob das Verpressen der Brandschutzklappen Teil des ursprünglich vereinbarten Werkvertrags war. Die Klägerin kündigte der Beklagten mit E-Mail an, für diese Arbeiten ein Nachtragsangebot zu stellen, weil sie in der Pauschale nicht enthalten seien, und sie bis zur Beauftragung des Nachtragsangebots durch die Beklagte nicht durchzuführen. Die Beklagte hielt dem mit E-Mail entgegen, dass die Arbeiten im vereinbarten Pauschalpreis enthalten seien, und forderte die Klägerin zu deren Durchführung auf.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, ein verständiger Erklärungsempfänger habe das letztgenannte E-Mail nur so verstehen können, dass die Beklagte die Leistungserbringung im Rahmen des Pauschalpreises gefordert habe. Wäre die Klägerin damit nicht einverstanden gewesen, hätte sie die Leistung schlicht unterlassen können, wie sie dies bis zu einer Beauftragung eines Nachtragsangebots durch die Beklagte ja auch angekündigt habe. Stattdessen habe die Klägerin das Angebot der Beklagten jedoch durch Erfüllung angenommen, indem sie das Verpressen der Brandschutzklappen durchgeführt habe. Sie könne dafür somit kein zusätzliches Entgelt begehren.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] 2.&nbsp;Die bloße Behauptung der Rechtsmittelwerberin, dass diese Rechtsansicht des Berufungsgerichts völlig unrichtig sei, stellt keine gehörige Ausführung der Rechtsrüge dar (RS0043605). Vor allem setzt sie sich nicht mit dem Argument auseinander, dass die Klägerin die strittigen Leistungen schließlich doch erbrachte, ohne aber ein Nachtragsangebot zu legen und eine Beauftragung abzuwarten. Allein mit dem Hinweis auf die Feststellung, dass die Klägerin bis zuletzt nicht von ihrem Standpunkt abwich, dass die Beklagte die Leistung zu bezahlen habe, bringt sie nicht zur Darstellung, dass dies der Beklagten auch bekannt oder erkennbar gewesen wäre. Nur dann hätte die Klägerin das Erbringen der Leistungen nicht als Zustimmung zu ihrem Standpunkt verstehen dürfen, dass die strittigen Leistungen schon vom ursprünglich vereinbarten Pauschalpreis erfasst waren.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Soweit die Klägerin auf divergierende Annahmen der Parteien verweist, übergeht sie, dass das Berufungsgericht von einem normativen Konsens (<span class="Kursiv">Bollenberger/P.&nbsp;Bydlinski</span> in KBB<span class="Hoch">7 </span>§&nbsp;863 Rz&nbsp;3) zu ihren Lasten und damit von einer Vereinbarung zwischen den Parteien über die Erbringung der Leistungen ohne weiteres Entgelt ausgegangen ist. Das gilt auch für ihre Ausführungen zu einem Bereicherungsanspruch, der in erster Instanz im Übrigen nie behauptet wurde, und zu einer Geschäftsführung ohne Auftrag.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] 3.&nbsp;Der Oberste Gerichtshof hat die Beantwortung der Revision nicht freigestellt, sodass die Revisionsbeantwortung der Beklagten gemäß §&nbsp;508a Abs&nbsp;2 Satz&nbsp;2 ZPO nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war. Für diese steht daher kein Kostenersatz zu (RS0043690; RS0113633).</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20241219_OGH0002_0010OB00184_24A0000_000
Justiz
OGH
2025-01-27
2025-01-27
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1Ob184/24a
ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00184.24A.1219.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.&nbsp;Musger als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag.&nbsp;Dr.&nbsp;Wurdinger, Mag.&nbsp;Wessely-Kristöfel, Dr.&nbsp;Parzmayr und Dr.&nbsp;Pfurtscheller als weitere Richterinnen und Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*, vertreten durch Dr.&nbsp;Christoph Reitmann, LL.M., Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei B* GmbH, *, vertreten durch Dr.&nbsp;Martin Holzer, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, wegen Aufhebung eines Kaufvertrags und Zahlung von 15.289,50&nbsp;EUR&nbsp;sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 8.&nbsp;August&nbsp;2024, GZ&nbsp;2&nbsp;R&nbsp;99/24g-78, mit dem das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 23.&nbsp;November&nbsp;2023, GZ&nbsp;4&nbsp;Cg&nbsp;76/21i-68, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die Revision wird zurückgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Über die Kosten des Revisionsverfahrens hat das Erstgericht zu entscheiden.</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Die Vorinstanzen wiesen das auf Auflösung (Wandlung) eines Kaufvertrags gestützte Klagebegehren ab, weil die Sache nach den „Feststellungen“ im Zeitpunkt der Übergabe mangelfrei gewesen sei. Die vom Berufungsgericht nachträglich – mit einer Scheinbegründung (RS0122015) – zugelassene Revision zeigt demgegenüber an sich zutreffend auf, dass das frühzeitige Schadhaftwerden eines bei Übergabe funktionsfähigen „Verschleißteils“ aus <span class="Unterstrichen">rechtlicher</span> Sicht einen Mangel im Sinn des Gewährleistungsrechts begründen kann (1&nbsp;Ob&nbsp;71/15w), der bei Beeinträchtigung der Betriebssicherheit auch nicht als geringfügig iSv §&nbsp;932 Abs&nbsp;4 ABGB angesehen werden könnte (4&nbsp;Ob&nbsp;198/15v).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [2] Der Mangel kann aber nach den Feststellungen der Vorinstanzen durch den – von der Beklagten angebotenen – Austausch des betroffenen Bauteils leicht behoben werden. Warum dennoch nach §&nbsp;932 Abs&nbsp;4 ABGB die (sofortige) Auflösung des Vertrags – also ein sekundärer Gewährleistungsbehelf – möglich sein sollte, zeigt die Revision nicht auf; auch den Feststellungen lässt sich kein solcher Grund entnehmen. Die Frage, ob überhaupt ein (nicht geringfügiger) Mangel vorlag, hat daher bloß theoretische Bedeutung. Sie kann die Zulässigkeit der Revision nicht begründen (RS0111271).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Der Vorbehalt der Kostenentscheidung gründet sich auf §&nbsp;52 Abs&nbsp;3 ZPO.</span></p></div></div></body></html>
null
JJT_20241219_OGH0002_0010OB00190_24H0000_000
Justiz
OGH
2025-01-29
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241219_OGH0002_0010OB00190_24H0000_000
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1Ob190/24h
ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00190.24H.1219.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.&nbsp;Musger als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag.&nbsp;Dr.&nbsp;Wurdinger, Mag.&nbsp;Wessely-Kristöfel, Dr.&nbsp;Parzmayr und Dr.&nbsp;Pfurtscheller als weitere Richterinnen und Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*, vertreten durch die Battlogg Rechtsanwalts GmbH in Schruns, gegen die beklagte Partei M*, vertreten durch Dr.&nbsp;Johann Meier ua, Rechtsanwälte in Bludenz, wegen Rechnungslegung (Streitwert 6.000&nbsp;EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 18.&nbsp;Juli&nbsp;2024, GZ&nbsp;3&nbsp;R&nbsp;143/24p-32, den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die Revision wird <span class="Unterstrichen">zurückgewiesen</span>.</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"> [1] 1.&nbsp;Die Klägerin leitet ihren Anspruch in dritter Instanz nur aus Art&nbsp;XLII EGZPO ab. Diese Bestimmung enthält zwei Grundlagen für ein Auskunftsbegehren: der erste Fall stellt darauf ab, ob nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts eine Auskunftspflicht besteht; der zweite Fall setzt die „vermutete Kenntnis von einer Verschweigung oder Verheimlichung eines Vermögens“ voraus.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] 2.&nbsp;Die Revision lässt schon nicht erkennen, auf welchen der beiden Fälle sie sich stützt.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] 3.&nbsp;Soweit die Klägerin den zweiten Fall des Art&nbsp;XLII EGZPO ansprechen will, ist ihr zu entgegnen, dass ein rein passives Verhalten (also eine bloße Auskunftsverweigerung) noch kein Verschweigen oder Verheimlichen begründet (3&nbsp;Ob&nbsp;141/22i mwN).</p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] 4.&nbsp;Soweit sie auf den ersten Fall dieser Bestimmung abstellt, setzt dieser eine bestehende Auskunftspflicht nach bürgerlichem Recht – sei es unmittelbar aufgrund des Gesetzes oder einer Vereinbarung (2&nbsp;Ob&nbsp;136/22x = RS0019051 [T4]) – voraus (RS0034986). Eine solche Anspruchsgrundlage wird im Rechtsmittel aber nicht konkret dargestellt.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] 5.&nbsp;Da die Revision insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage darlegt, ist diese zurückzuweisen.</p></div></div></body></html>
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JJT_20241219_OGH0002_0010OB00201_24A0000_000
Justiz
OGH
2025-01-27
2025-01-27
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241219_OGH0002_0010OB00201_24A0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20241219_OGH0002_0010OB00201_24A0000_000/JJT_20241219_OGH0002_0010OB00201_24A0000_000.html
1Ob201/24a
ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00201.24A.1219.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.&nbsp;Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen Mag.&nbsp;Dr.&nbsp;Wurdinger, Mag.&nbsp;Wessely-Kristöfel, Dr.&nbsp;Parzmayr und Dr.&nbsp;Pfurtscheller als weitere Richterinnen und Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin S*, geboren am *, vertreten durch Mag.&nbsp;Dr.&nbsp;Ralf Heinrich Höfler, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner E*, geboren am *, vertreten durch Dr.&nbsp;Marco Nademleinsky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 24.&nbsp;Oktober&nbsp;2024, GZ&nbsp;48&nbsp;R&nbsp;270/24x-17, in nichtöffentlicher Sitzung den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner die mit 1.694,28&nbsp;EUR (darin 282,38&nbsp;EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14&nbsp;Tagen zu ersetzen.</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"> [1] 1.&nbsp;Der Antrag des Mannes, die der Frau anlässlich der Verlobung geschenkten (bei ihr verbliebenen) 125 Gramm Gold aufzuteilen, wurde bereits vom Erstgericht rechtskräftig zurückgewiesen, sodass darauf nicht mehr einzugehen ist.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [2] 2.&nbsp;Zur Frage, ob weitere 275&nbsp;Gramm Gold der Aufteilung unterliegen, widerspricht die Behauptung der Frau, dass ihr dieses (bei der Hochzeit) allein geschenkt worden sei, der erstinstanzlichen Feststellung, wonach das Gold „wirtschaftlich beiden zukommen“ sollte (RS0043603 [T17]). Im Übrigen setzt sie sich in ihrem Rechtsmittel mit der vom Rekursgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfrage, ob Ehegatten gemeinsam geschenkte Sachen in die Aufteilungsmasse fallen, nicht substanziiert auseinander. Vielmehr beschränkt sich der Revisionsrekurs weitestgehend auf die bloße Behauptung der Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung (RS0043603 [T12; vgl auch T4]). Damit ist dem Obersten Gerichtshof ein Eingehen auf materiell-rechtliche Fragen aber verwehrt (RS0043603 [T10]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] 3.&nbsp;Da das Rechtsmittel auch sonst keine Rechtsfrage iSd §&nbsp;62 Abs&nbsp;1 AußStrG darlegt, ist dieses zurückzuweisen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] 4.&nbsp;Der Mann hat in seiner Rechtsmittelbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses der Frau hingewiesen. Ihm steht daher gemäß §&nbsp;78 Abs&nbsp;2 AußStrG der Ersatz der im Zwischenstreit über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses entstandenen Kosten zu (RS0122774).</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20241219_OGH0002_0010OB00180_24P0000_000
Justiz
OGH
2025-01-29
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241219_OGH0002_0010OB00180_24P0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20241219_OGH0002_0010OB00180_24P0000_000/JJT_20241219_OGH0002_0010OB00180_24P0000_000.html
1Ob180/24p
ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00180.24P.1219.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.&nbsp;Musger als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag.&nbsp;Dr.&nbsp;Wurdinger, Mag.&nbsp;Wessely-Kristöfel, Dr.&nbsp;Parzmayr und Dr.&nbsp;Pfurtscheller als weitere Richterinnen und Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.&nbsp;K*, vertreten durch Dr.&nbsp;Martin Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 40.980&nbsp;EUR&nbsp;sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25.&nbsp;September&nbsp;2024, GZ&nbsp;14&nbsp;R&nbsp;58/24p-17, den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die außerordentliche Revision wird gemäß §&nbsp;508a Abs&nbsp;2 ZPO mangels der Voraussetzungen des §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO zurückgewiesen.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [1] Der Kläger steht als Universitätsassistent in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Er leistete im Zeitraum 2007 bis 2019 regelmäßig Journaldienste im Tierspital einer Universitätsklinik.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Mit am 27.&nbsp;9.&nbsp;2023 eingebrachter Klage begehrte der <span class="Unterstrichen">Kläger</span> von der Beklagten die Zahlung immateriellen Schadenersatzes für zwischen 2007 und 2019 für unions-rechtswidrig über die Grenzen der Richtlinie&nbsp;2003/88/EG hinaus verrichtete Dienste.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Die <span class="Unterstrichen">Vorinstanzen</span> wiesen das Klagebegehren infolge des Ablaufs der dreijährigen Frist des §&nbsp;6 Abs&nbsp;1 Satz&nbsp;1 AHG als <span class="Unterstrichen">verjährt</span> ab.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Die dagegen erhobene <span class="Unterstrichen">außerordentliche Revision</span> des Klägers zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] 1.&nbsp;Bereits zu 1&nbsp;Ob&nbsp;173/24h legte der Senat dar, dass ein Anspruch, wie er auch vom Kläger geltend gemacht wird, als <span class="Unterstrichen">Amtshaftungsanspruch</span> zu qualifizieren sei, was auch der Beurteilung der Vorinstanzen entspricht.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [6] 2.&nbsp;Dieser Anspruch ist <span class="Unterstrichen">verjährt</span>:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] 2.1.&nbsp;Dem Kläger war sein Schaden sowie der anspruchsbegründende Sachverhalt jedenfalls Mitte&nbsp;2020 bekannt. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die dreijährige Verjährungsfrist des §&nbsp;6 Abs&nbsp;1 Satz&nbsp;1 AHG daher bei Einbringung der Klage am 27.&nbsp;9.&nbsp;2023 abgelaufen war, bedarf somit keiner Korrektur (siehe 1&nbsp;Ob&nbsp;173/24h).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] 2.2.&nbsp;Die Verjährungsfrist wurde auch nicht gemäß §&nbsp;1497 ABGB dadurch unterbrochen, dass der Kläger am 23.&nbsp;11.&nbsp;2020 bei der Dienstbehörde einen Antrag auf Gewährung einer finanziellen Entschädigung und/oder auf Feststellung des Ausmaßes an Zeitausgleich stellte, die/der sich aus der Überschreitung der unionsrechtlich zulässigen Höchstgrenze der Arbeitszeit und der Nichtgewährung unionsrechtlich gebotener Ruhezeiten im Rahmen seiner Dienstleistungen im Zeitraum 2007 bis 2019 ergebe. Dieser Antrag wurde sowohl von der Dienstbehörde als auch dem Bundesverwaltungsgericht mangels gesetzlicher Grundlage abgewiesen. Auch die dagegen erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde nach dem Vorbringen des Klägers (im vorliegenden Rechtsmittel) zurückgewiesen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] Der Senat führte bereits zu 1&nbsp;Ob&nbsp;173/24h (mwN) zu einem vergleichbaren Sachverhalt aus, dass die Einleitung eines Verwaltungsverfahrens nur dann zu einer Unterbrechung der Verjährungsfrist gemäß §&nbsp;1497 ABGB – durch „Belangen“ des Schädigers – führen könne, wenn ein solches Verfahren zur Geltendmachung des behaupteten Anspruchs gesetzlich vorgesehen sei. Dies sei bei Ansprüchen, wie sie auch hier erhoben wurden, aber nicht der Fall, weil die Antragstellung im Verwaltungsverfahren mangels gesetzlicher Grundlage aussichtslos gewesen sei. Der Kläger geht auch selbst davon aus, dass er seine Ansprüche im Dienstrechtsweg „auf verfahrensrechtlich verfehltem Wege“ geltend gemacht habe. Damit konnte die Verjährungsfrist aber nicht nach §&nbsp;1497 ABGB durch ein „Belangen“ des Schädigers unterbrochen werden, wovon bereits die Vorinstanzen ausgingen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [10] 3.&nbsp;Einer weiteren Begründung bedarf es im Hinblick auf die Ausführungen zu 1&nbsp;Ob&nbsp;173/24h, auf die im Übrigen verwiesen wird, nicht (§&nbsp;510 Abs&nbsp;3 ZPO).</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20241219_OGH0002_0010OB00189_24M0000_000
Justiz
OGH
2025-01-28
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241219_OGH0002_0010OB00189_24M0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20241219_OGH0002_0010OB00189_24M0000_000/JJT_20241219_OGH0002_0010OB00189_24M0000_000.html
1Ob189/24m
ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00189.24M.1219.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.&nbsp;Musger als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag.&nbsp;Dr.&nbsp;Wurdinger, Mag.&nbsp;Wessely-Kristöfel, Dr.&nbsp;Parzmayr und Dr.&nbsp;Pfurtscheller als weitere Richterinnen und Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.-Ing.&nbsp;M*, vertreten durch die Poduschka Partner Anwaltsgesellschaft&nbsp;mbH in Linz, gegen die beklagten Parteien 1.&nbsp;P* GmbH &amp; Co&nbsp;KG, *, und 2.&nbsp;V* AG, *, beide vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 18.664,12&nbsp;EUR&nbsp;sA, über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 17.241,80&nbsp;EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 23.&nbsp;August&nbsp;2024, GZ&nbsp;2&nbsp;R&nbsp;102/24v-44, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 14.&nbsp;Mai&nbsp;2024, GZ&nbsp;13&nbsp;Cg&nbsp;14/20v-39, bestätigt wurde, den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die Revision wird zurückgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die klagende Partei ist schuldig, der zweitbeklagten Partei die mit 1.399,14&nbsp;EUR (darin enthalten 223,39&nbsp;EUR an 19&nbsp;% USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14&nbsp;Tagen zu ersetzen.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [1] Der Kläger erwarb am 5.&nbsp;2.&nbsp;2015 von der Erstbeklagten um 31.733,38&nbsp;EUR einen VW&nbsp;*, der mit einem 1,6&nbsp;l&nbsp;Dieselmotor der Type&nbsp;EA288 Euro&nbsp;6 ausgestattet ist. Die Zweitbeklagte ist Herstellerin des Fahrzeugs.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Der <span class="Fett">Kläger</span> begehrte – gestützt auf List, Irrtum und Schadenersatz – die Rückzahlung des Kaufpreises (unter Anrechnung eines Benützungsentgelts) von (im Revisionsverfahren noch) 17.241,80&nbsp;EUR&nbsp;sA Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] Das <span class="Fett">Erstgericht</span> wies die Klage zur Gänze ab.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Das <span class="Fett">Berufungsgericht</span> bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage fehle, ob ein in einem Fahrzeug implementiertes „Thermofenster“ dann nicht mehr als Abschalteinrichtung im Sinne von Art&nbsp;3 Nr&nbsp;1 Z&nbsp;10 iVm Art&nbsp;5 Abs&nbsp;2 VO&nbsp;715/2007/EG zu qualifizieren sei, wenn aufgrund des weiten Temperaturbereichs von -&nbsp;24&nbsp;Grad bis +&nbsp;70&nbsp;Grad Celsius die Abgasrückführung praktisch nicht mehr reduziert werde.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Die nur gegen die Abweisung des Begehrens gegen die Zweitbeklagte gerichtete <span class="Fett">Revision des Klägers</span> ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts mangels einer erheblichen Rechtsfrage <span class="Fett">nicht zulässig</span>.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [6] 1.&nbsp;Trotz Zulässigerklärung der Revision durch das Berufungsgericht muss der Rechtsmittelwerber eine erhebliche Rechtsfrage aufzeigen. Macht er hingegen nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt, so ist das Rechtsmittel ungeachtet des Zulässigkeitsausspruchs zurückzuweisen. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt insbesondere dann nicht vor, wenn die für vergleichbare Sachverhalte entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung auf den konkreten Sachverhalt anwendbar sind und ohne grobe Subsumtionsfehler auch angewendet wurden (RS0107773 [T3]; RS0042742 [T11, T13]). Dies ist hier der Fall.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [7] 2.&nbsp;Nach den Feststellungen wurde durch ein Update die ursprünglich verbaute Fahrkurvenerkennung beim Fahrzeug beseitigt, worauf bereits das Berufungsgericht hingewiesen hat.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [8] Damit setzt sich der Revisionswerber gar nicht auseinander. Insbesondere zeigt er nicht auf, inwiefern die – vermeintlich vom EuGH unionsrechtlich zu klärende – Frage, ob es sich bei dieser – nicht mehr vorhandenen – Fahrkurvenerkennung um ein kontinuierliches oder periodisches Reinigungssystem handelt, die in der Revision breiten Raum einnimmt, vor diesem Hintergrund von Relevanz sein könnte.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] 3.&nbsp;In der Entscheidung zu 6&nbsp;Ob&nbsp;177/23g wurde klargestellt, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung gemäß der Legaldefinition des Art&nbsp;3 Nr&nbsp;10 VO&nbsp;715/2007/EG nur dann vorliegt, wenn die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen verringert wird, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind. Um von einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgehen zu können, muss daher auch die Verringerung der Emissionskontrolle bei normalen Fahrbedingungen und nicht bloß der Einsatz eines Konstruktionsteils nachgewiesen sein, der einen beliebigen Teil des Emissionskontrollsystems aktiviert, verzögert oder deaktiviert. Bei Vorhandensein eines Thermofensters bedeutet dies, dass dieses unter den üblichen bzw vernünftigerweise zu erwartenden klimatischen Bedingungen im Unionsgebiet aktiv sein, also die Wirkung des Emissionskontrollsystems beeinträchtigen muss (6&nbsp;Ob&nbsp;175/23p [Rz&nbsp;60]; EuGH C-128/20, <span class="Kursiv">GSMB Invest</span>, Rn&nbsp;40).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [10] Das hier vorliegende Thermofenster bewirkt erst außerhalb des Temperaturbereichs zwischen -&nbsp;24&nbsp;Grad und +&nbsp;70&nbsp;Grad Celsius eine Reduktion der Abgasrückführung. Das Berufungsgericht führte dazu aus, dass es sich bei Temperaturen unter -&nbsp;24&nbsp;Grad bzw über +&nbsp;70&nbsp;Grad Celsius nicht mehr um Bedingungen handle, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind. Vielmehr decke ein derart großer Temperaturbereich, in dem die Abgasrückführung voll funktioniere, die üblichen Fahrbedingungen im Unionsgebiet ab.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [11] Soweit der Kläger meint, dass auch Temperaturen unter -&nbsp;24&nbsp;Grad Celsius für den normalen Fahrzeugbetrieb im Unionsgebiet vernünftigerweise zu erwarten seien, ist ihm die Feststellung entgegenzuhalten, wonach bei tieferen Temperaturen als -&nbsp;24&nbsp;Grad Celsius Dieselfahrzeuge grundsätzlich nicht gefahren werden können, weil der Dieselkraftstoff einfrieren würde. Im Übrigen hat der Oberste Gerichtshof mittlerweile zu 3&nbsp;Ob&nbsp;179/24f ausgesprochen, dass es sich bei Temperaturen außerhalb von -&nbsp;24&nbsp;Grad und +&nbsp;70&nbsp;Grad Celsius zweifellos nicht mehr um Bedingungen handelt, die bei normalen Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind. Vielmehr deckt ein derart großer Temperaturbereich, in dem die Abgasrückführung voll funktioniert, die üblichen Fahrbedingungen im Unionsgebiet ab.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [12] 4.&nbsp;Des Weiteren ist der Kläger der Ansicht, die NOx-Grenzwerte müssten gemäß den unionsrechtlichen Abgasnormen, insbesondere der VO&nbsp;715/2007/EG, auch im Realbetrieb eingehalten werden.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [13] Dem ist zu erwidern, dass nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die im Anhang&nbsp;I der VO&nbsp;715/2007/EG normierten Grenzwerte nur für die Emissionsmessungen im festgelegten standardisierten Prüfverfahren relevant sind und für eine Prüfung im Realbetrieb keine Rechtsgrundlage besteht (10&nbsp;Ob&nbsp;31/23s [Rz&nbsp;46]; 4&nbsp;Ob&nbsp;61/23h [Rz&nbsp;25]; 8&nbsp;Ob&nbsp;92/23x [Rz&nbsp;12]; 6&nbsp;Ob&nbsp;175/23p [Rz&nbsp;49]; 3&nbsp;Ob&nbsp;215/23y [Rz&nbsp;13]; 8&nbsp;Ob&nbsp;10/24i [Rz&nbsp;6]; 5 Ob&nbsp;102/24x [Rz&nbsp;11]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [14] 5.&nbsp;Die Anregung des Klägers auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens beim EuGH war schon aus diesen Gründen nicht aufzugreifen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [15] Auf den in der Revisionsbeantwortung aufrecht erhaltenen Einwand der Unschlüssigkeit des Klagebegehrens (Finanzierungsleasing) war nicht mehr einzugehen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [16] 6.&nbsp;Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§&nbsp;41, 50 ZPO. Die Zweitbeklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision in ihrer Revisionsbeantwortung hingewiesen.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20241219_OGH0002_0010OB00159_24Z0000_000
Justiz
OGH
2025-02-03
2025-02-03
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241219_OGH0002_0010OB00159_24Z0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20241219_OGH0002_0010OB00159_24Z0000_000/JJT_20241219_OGH0002_0010OB00159_24Z0000_000.html
1Ob159/24z
ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00159.24Z.1219.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.&nbsp;Musger als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag.&nbsp;Dr.&nbsp;Wurdinger, Mag.&nbsp;Wessely-Kristöfel, Dr.&nbsp;Parzmayr und Dr.&nbsp;Pfurtscheller als weitere Richterinnen und Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*, vertreten durch Mag.&nbsp;Michael Rebasso, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.&nbsp;M*, 2.&nbsp;P*, 3.&nbsp;KR&nbsp;W*, alle vertreten durch die Längle Fussenegger Singer Rechtsanwälte Partnerschaft (OG) in Dornbirn, wegen 10.579,18&nbsp;EUR&nbsp;sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 19.&nbsp;Juni&nbsp;2024, GZ&nbsp;39&nbsp;R&nbsp;16/24b-83, den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die außerordentliche Revision wird gemäß §&nbsp;508a Abs&nbsp;2 ZPO mangels der Voraussetzungen des §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO zurückgewiesen.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [1] Die Beklagten sind (nach dem Tod des vormaligen Hauptmieters am 3.&nbsp;10.&nbsp;2005 als Universalsukzessoren) Hauptmieter zweier von der Klägerin in Bestand gegebener Geschäftsräumlichkeiten.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [2] Die Rechtsvorgängerin der Klägerin machte gegenüber den Beklagten eine Erhöhung des Hauptmietzinses gemäß §&nbsp;46a Abs&nbsp;2 MRG geltend.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Über Antrag der Beklagten auf Überprüfung der Angemessenheit und Zulässigkeit des angehobenen Hauptmietzinses stellte das Erstgericht mit rechtskräftigem Sachbeschluss vom 30.&nbsp;10.&nbsp;2019 (berichtigt am 10.&nbsp;12.&nbsp;2019) fest, dass der angemessene Hauptmietzins für die gegenständlichen Geschäftsräumlichkeiten zum Stichtag 3.&nbsp;10.&nbsp;2005 5.938,32&nbsp;EUR beträgt und die von der Klägerin vorgenommenen Mietzinsanhebungen gemäß §&nbsp;46a Abs&nbsp;2 MRG insoweit jedenfalls unwirksam sind, als diesen ein höherer Mietzins zugrunde gelegt wurde. Dabei ging es davon aus, dass „sich das gegenständliche Objekt – wie festgestellt – bereits zum Stichtag 3.&nbsp;10.&nbsp;2005 in einem Zustand befunden hatte, wie ... zum Zeitpunkt der Befundaufnahme durch den Sachverständigen“ im Dezember&nbsp;2018.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Im Dezember&nbsp;2019 überwiesen die Beklagten der Klägerin unter ausdrücklichem Vorbehalt der Rückforderung einen (weiteren) Mietzins für den Zeitraum&nbsp;1/2006 bis 12/2019 von 426.658,96&nbsp;EUR.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] In dem (seit dem Jahr&nbsp;2015 anhängigen) vorliegenden Verfahren schränkte die <span class="Fett">Klägerin</span> daraufhin das Begehren auf Zahlung eines seit 1.&nbsp;1.&nbsp;2006 rückständigen Mietzinses auf restliche 10.519,78&nbsp;EUR&nbsp;sA und Räumung ein.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [6] Die <span class="Fett">Beklagten</span> wandten insbesondere ein, dass sie aufgrund von Mängeln zur Mietzinsminderung berechtigt seien und Überzahlungen geleistet hätten.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [7] Das <span class="Fett">Berufungsgericht</span> sprach aus, dass die Klageforderung mit 10.579,18&nbsp;EUR und die Gegenforderung mit (zumindest) 10.579,18&nbsp;EUR zu Recht besteht. Dementsprechend wies es das Kapitalbegehren ab, gab aber dem Zinsenbegehren insoweit statt, als es der Klägerin Verzugszinsen aus dem rückständigen Mietzins für die jeweiligen Zinsperioden ab Fälligstellung per 13.&nbsp;12.&nbsp;2012 bis zur Zahlung zuerkannte. Außerdem bestätigte es die Abweisung des Räumungsbegehrens durch das Erstgericht mangels groben Verschuldens der Beklagten am Mietzinsrückstand.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] Es war – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – der Auffassung, dass eine gerichtliche Entscheidung in einem Verfahren zur Ermittlung des gesetzlich zulässigen Mietzinses zum Stichtag des Todes des Hauptmieters (§&nbsp;46a MRG) dann, wenn der angemessene Hauptmietzins – wie hier – unter Berücksichtigung diverser Mängel des Bestandobjekts ermittelt worden sei, die Geltendmachung von Mietzinsminderungsansprüchen aufgrund <span class="Unterstrichen">dieser</span> Mängel ausschließe. Damit stünden den Beklagten Mietzinsminderungsansprüche bis zur Höhe der Klageforderung nur wegen der mangelnden Beheizbarkeit des Bestandobjekts und des fehlenden Warmwassers infolge einer gesperrten Gasleitung von Februar&nbsp;2019 bis Juni&nbsp;2020 zu.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] Die <span class="Fett">außerordentliche Revision der Beklagten</span> zeigt keine Rechtsfragen von der Qualität des §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO auf.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [10] 1.&nbsp;§&nbsp;1096 Abs&nbsp;1 zweiter Satz ABGB ist eine Vorschrift des Gewährleistungsrechts (RS0021326). Ihre Anwendung setzt daher nach allgemeinen Grundsätzen voraus, dass die tatsächlich erbrachte von der vertraglich geschuldeten Leistung abweicht (RS0021326 [T11, T13]). Der Umfang des Gebrauchs und die Pflicht zu dessen Gewährung unterliegt grundsätzlich der Parteiendisposition (RS0021044). Ist den Parteien bei Vertragsschluss bewusst, dass das Mietobjekt ganz oder teilweise unbrauchbar ist, dann wird dieser Zustand zum Vertragsinhalt. Die Leistung des Vermieters ist in diesem Fall vertragskonform; ein (subjektiver) Mangel im Sinne des Gewährleistungsrechts liegt von vornherein nicht vor. Nichts anderes gilt, wenn während eines Mietverhältnisses aufgrund inzwischen bekannt gewordener Mängel ein Vergleich über die Höhe des Mietzinses geschlossen wird. Damit akzeptiert der Mieter den Zustand des Mietobjekts; im Gegenzug wird – zur Herstellung der subjektiven Äquivalenz – der Mietzins reduziert. Ein (subjektiver, dh vertragsbezogener) Mangel, der Rechtsbehelfe des Gewährleistungsrechts begründen könnte, liegt auch in diesem Fall – Wirksamkeit des Vergleichs vorausgesetzt – nicht mehr vor (4&nbsp;Ob&nbsp;191/10g).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [11] 2.&nbsp;§&nbsp;46a Abs&nbsp;2 MRG normiert für Geschäftsräumlichkeiten bei Tod des Hauptmieters die Möglichkeit der schrittweisen Anhebung des Hauptmietzinses bis zum Niveau der Angemessenheit im Laufe von 15&nbsp;Kalenderjahren.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [12] Gegenstand des Verfahrens nach §&nbsp;37 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;8 MRG ist die Feststellung, ob der vereinbarte oder begehrte Hauptmietzins den gesetzlichen Zinsbildungsvorschriften entspricht (RS0069523), hier den Schranken des §&nbsp;16 Abs&nbsp;1 MRG.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [13] Das Gesetz definiert die Höhe des angemessenen Hauptmietzinses nicht, nennt aber die zur Ermittlung der Angemessenheit heranzuziehenden wertbestimmenden Faktoren, die daher stets nur im Einzelfall an Hand der im Gesetz bezeichneten Komponenten beurteilt werden kann. Dies hat nach kritischer Ermittlung des für vergleichbare Mietgegenstände nach Art, Größe und Lage üblichen Mietzinses durch entsprechende Aufschläge oder Abschläge zu geschehen, die der Beschaffenheit, dem Ausstattungszustand und dem Erhaltungszustand des Objekts gebührend Rechnung tragen (RS0070448 [T10]).</p><p class="ErlText AlignLeft"> [14] 3.&nbsp;Dass das Berufungsgericht ausgehend von dieser Rechtslage Mietzinsminderungsansprüche der Beklagten aufgrund von Umständen verneint hat, die bereits bei der Ermittlung des angemessenen Hauptmietzinses berücksichtigt wurden, begegnet keinen Bedenken.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [15] Die Ausführungen der Revisionswerber gehen über die Argumentation der Vorinstanzen hinweg, dass aufgrund der rechtskräftigen Feststellung des angemessenen Hauptmietzinses mit Sachbeschluss vom 30.&nbsp;10.&nbsp;2019 unter Beachtung des bereits seit dem Stichtag bestehenden (schlechten) Ausstattungs- und Erhaltungszustands von einer Äquivalenzstörung im Bestandverhältnis nicht (mehr) auszugehen ist, sodass es zu keiner – auf die (Wieder-)Herstellung der subjektiven Äquivalenz zwischen Leistung und Gegenleistung abzielenden (vgl zum Gewährleistungsrecht allgemein: RS0018636) – Reduktion des Mietzinses kommen kann.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [16] Die Situation ist insofern wertungsmäßig sehr wohl mit der der Entscheidung 4&nbsp;Ob&nbsp;191/10g zugrunde liegenden Konstellation zu vergleichen. Entgegen der Meinung der Beklagten hat das Berufungsgericht nicht zum Ausdruck gebracht, dass die Beklagten hier auf Erhaltungspflichten der Klägerin verzichtet hätten, schon gar nicht dadurch, dass sie die Überprüfung des vorgeschriebenen Mietzinses durch das Gericht verlangt haben. Vielmehr ergibt sich aus der Berufungsentscheidung nur, dass – nach Rechtskraft des die behaupteten Mängel berücksichtigenden Sachbeschlusses – die Gewährleistungsvoraussetzungen mangels Äquivalenzstörung nicht (mehr) vorliegen. Daran ändert nichts, dass über Zinsminderungsansprüche nach §&nbsp;1096 ABGB auf dem streitigen Rechtsweg, nicht aber in einem Verfahren nach §&nbsp;37 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;8 MRG zu entscheiden ist (RS0021333). Schließlich hilft den Revisionswerbern auch nicht, dass nach 5&nbsp;Ob&nbsp;13/23g allfällige dem Mieter wegen einer (anders als hier) <span class="Unterstrichen">vorübergehenden</span> Gebrauchsbeeinträchtigung (dort infolge der Coronapandemie) nach §&nbsp;1096 ABGB zukommende Mietzinsminderungsansprüche mit den für die Anhebung nach §&nbsp;12a Abs&nbsp;2 iVm §&nbsp;16 Abs&nbsp;1 MRG maßgeblichen Kriterien nicht im Zusammenhang stehen. Solche Mängel behaupten die Beklagten nämlich gar nicht, sondern Mängel des Ausstattungs- und Erhaltungszustands (wie großflächig zerstörte Wand- und Deckenverputze infolge von Wassereintritten, desolate sanitäre Anlagen, veraltete Heizungsanlage und Elektroinstallationen, beschädigte Parkettböden udgl).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [17] Soweit die Beklagten die Methode des Gerichtssachverständigen im MSch-Verfahren bemängeln, sind sie darauf zu verweisen, dass der dortige Sachbeschluss von ihnen unangefochten geblieben ist.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [18] Wenn es aber mangels Vorliegens der Voraussetzungen des §&nbsp;1096 ABGB zu keiner Mietzinsminderung zu kommen hat, scheidet auch eine Minderung (nur) der Betriebskosten aus.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20241218_OGH0002_0050OB00105_24P0000_000
Justiz
OGH
2025-01-28
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241218_OGH0002_0050OB00105_24P0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20241218_OGH0002_0050OB00105_24P0000_000/JJT_20241218_OGH0002_0050OB00105_24P0000_000.html
5Ob105/24p
ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00105.24P.1218.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Mag.&nbsp;Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag.&nbsp;Painsi, Dr.&nbsp;Weixelbraun-Mohr, Dr.&nbsp;Steger und Dr.&nbsp;Pfurtscheller als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1.&nbsp;J* S*, 2.&nbsp;D* D*, beide vertreten durch MMag.&nbsp;Georg Pree, Verein für österreichisches Mietrecht, *, gegen die Antragsgegnerin C* AG, *, vertreten durch Mag.&nbsp;Andreas Kleiber, Rechtsanwalt in Wien, wegen §&nbsp;37 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;8 MRG iVm §&nbsp;16 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20.&nbsp;März&nbsp;2024, GZ&nbsp;38&nbsp;R&nbsp;299/23m-26, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 29.&nbsp;September&nbsp;2023, GZ&nbsp;57&nbsp;MSch&nbsp;1/23f-21, betätigt wurde den</span></p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Sachbeschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Erstantragstellerin die mit 180&nbsp;EUR bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14&nbsp;Tagen zu ersetzen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Revisionsrekursbeantwortung wird, insoweit sie vom Zweitantragsteller erstattet wurde, zurückgewiesen.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [1] Die Erstantragstellerin als Mieterin und die Antragsgegnerin als Vermieterin schlossen am 15.&nbsp;3.&nbsp;2018 einen Mietvertrag über eine Wohnung in Wien. Dieses Mietverhältnis begann am 15.&nbsp;3.&nbsp;2018 und wurde auf vier Jahre befristet. Als monatlicher Hauptmietzins wurde ein Betrag von 420&nbsp;EUR (netto) vereinbart.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Am 17.&nbsp;11.&nbsp;2020 schloss der Zweitantragsteller mit der Antragsgegnerin eine als „Zusatzvereinbarung zu dem Mietvertrag für das Objekt [...]“ bezeichnete Vereinbarung, wonach der Zweitantragsteller in den Mietvertrag der Erstantragstellerin eintrat und sämtliche Rechte und Pflichten aus diesem Mietvertrag mit 1.&nbsp;12.&nbsp;2020 auf ihn übergingen. Sämtliche Bestimmungen des Mietvertrags, insbesondere jene über die Befristung des Vertrags bis 14.&nbsp;3.&nbsp;2022, sollten bestehen bleiben. Die Erstantragstellerin trat dieser Vereinbarung bei und verzichtete zu Gunsten des Zweitantragstellers auf ihre Mietrechte. Der Zweitantragsteller und die Antragsgegnerin vereinbarten unter einem einen neuen Hauptmietzins von 480&nbsp;EUR (netto) pro Monat ab 1.&nbsp;12.&nbsp;2020, der dem Zweitantragsteller auch bis zum Ende des Mietverhältnisses am 28.&nbsp;2.&nbsp;2022 vorgeschrieben wurde.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] Mit dem am 22.&nbsp;1.&nbsp;2022 bei der Schlichtungsstelle eingebrachten Antrag begehrten die Antragsteller die Überprüfung der Zulässigkeit der vereinbarten Hauptmietzinse.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Das <span class="Fett">Erstgericht</span> stellte – soweit für das Revisionsrekursverfahren relevant – die zulässigen Hauptmietzinse zu den Stichtagen 15.&nbsp;3.&nbsp;2018 und 1.&nbsp;12.&nbsp;2020 (Punkt&nbsp;1.), die Teilunwirksamkeit der Vereinbarungen vom 15.&nbsp;3.&nbsp;2018 und 27.&nbsp;11.&nbsp;2020 (Punkt&nbsp;2.) und die daraus resultierende Gesamtüberschreitung gegenüber der Erstantragstellerin im Zeitraum 15.&nbsp;3.&nbsp;2018 bis 30.&nbsp;11.&nbsp;2020 und gegenüber dem Zweitantragsteller im Folgezeitraum bis 28.&nbsp;2.&nbsp;2022 fest (Punkt&nbsp;3.).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] Zu der im Revisionsrekursverfahren (einzig) strittigen Frage, ob der Antrag der Erstantragstellerin nach §&nbsp;16 Abs&nbsp;8 MRG bereits präkludiert war, führte das Erstgericht aus, dass die Präklusivfrist des §&nbsp;16 Abs&nbsp;8 MRG nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes bei befristeten Mietverhältnissen frühestens sechs Monate nach Auflösung des Mietverhältnisses ende. Da der Zweitantragsteller an Stelle der Erstantragstellerin in das bestehende Mietverhältnis eingetreten sei, habe das Mietverhältnis erst am 25.&nbsp;2.&nbsp;2022 geendet, sodass keine Präklusion eingetreten sei.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [6] Das <span class="Fett">Rekursgericht</span> gab dem (nur) gegen die Feststellung des zulässigen Mietzinses zum Stichtag 15.&nbsp;3.&nbsp;2018, der Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung vom 15.&nbsp;3.&nbsp;2018 und des Überschreitungsbetrags gegenüber der Erstantragstellerin gerichteten Rekurs der Antragsgegnerin nicht Folge.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [7] Aus den Feststellungen ergebe sich zweifelsfrei, dass die Antragsgegnerin nicht das Mietverhältnis mit der Erstantragstellerin beendet und mit dem Zweitantragsteller einen neuen Mietvertrag abgeschlossen habe, sondern die Parteien den befristeten Vertrag mit dem Übergang sämtlicher Rechte und Pflichten zum Stichtag 1.&nbsp;12.&nbsp;2020 im Wege einer Dreiparteieneinigung aufrecht erhielten. Soweit die Rekursausführungen diesen Sachverhalt in Abrede stellten, sei die Rechtsrüge nicht gesetzeskonform ausgeführt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] Im Übrigen sei der Rechtsansicht des Erstgerichts zu folgen. Die vom Rekurswerber zitierte Entscheidung 5&nbsp;Ob&nbsp;149/20b habe zwar eine etwas anders gelagerte Konstellation betroffen, bei der ursprünglich zwei Mitmieter vorhanden gewesen seien, von denen einer vorzeitig ausgeschieden sei. Der Oberste Gerichtshof habe dazu auf die Entscheidung 5&nbsp;Ob&nbsp;4/20d verwiesen, wonach die in §&nbsp;16 Abs&nbsp;8 MRG angeordnete Verlängerung der Präklusivfrist auch dem Schutz des anderen Mitmieters diene. In der vorliegenden Konstellation dürfe nicht übersehen werden, dass die Antragsteller ihren Überprüfungsantrag bereits am 22.&nbsp;1.&nbsp;2022 bei der Schlichtungsstelle eingebracht haben und damit noch vor Ablauf der vereinbarten Befristung zum 14.&nbsp;3.&nbsp;2022. Das Ausscheiden der Erstantragstellerin aus dem Mietverhältnis wirke sich daher mangels Differenzierung nicht negativ auf die Verlängerung der Präklusivfrist und ihre Rechtsposition aus.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 10.000&nbsp;EUR übersteigend und ließ den Revisionsrekurs zu. Es liege keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vor, ob das Recht zur Mietzinsüberprüfung bei Ausscheiden des bisherigen Mieters aus dem Mietvertrag im Wege einer Dreiparteieneinigung nach §&nbsp;16 Abs&nbsp;8 MRG präkludiere oder nicht.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [10] Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der <span class="Fett">Revisionsrekurs</span> der Antragsgegnerin. Sie beantragt, die angefochtene Entscheidung abzuändern und den Antrag im Umfang der Anfechtung abzuweisen. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [11] Die Antragsteller beantragen in ihrer <span class="Fett">Revisionsrekursbeantwortung</span>, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"> [12] Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt. Die Revisionsrekursbeantwortung ist, soweit sie vom Zweitantragsteller erhoben wurde, unzulässig.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [13] <span class="Fett">1.</span>&nbsp;Gegenstand des Revisionsrekurses ist die Frage der Präklusion der Geltendmachung der Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung nach §&nbsp;16 Abs&nbsp;8 MRG im Fall der Vertragsübernahme durch eine Dreiparteieneinigung.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [14] <span class="Fett">2.</span>&nbsp;Nach §&nbsp;16 Abs&nbsp;8 Satz&nbsp;1 MRG sind Mietzinsvereinbarungen unwirksam, soweit sie den nach den Absätzen&nbsp;1 bis 7 zulässigen Höchstbetrag überschreiten. Diese Unwirksamkeit muss nach §&nbsp;16 Abs&nbsp;8 Satz&nbsp;2 MRG bei unbefristeten Mietverträgen binnen einer Frist von drei Jahren geltend gemacht werden. Bei befristeten Hauptmietverhältnissen endet diese Präklusivfrist nach §&nbsp;16 Abs&nbsp;8 Satz&nbsp;3 MRG frühestens sechs Monate nach Auflösung des Mietverhältnisses oder nach seiner Umwandlung in ein unbefristetes Mietverhältnis.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [15] Diese Verlängerung der Präklusivfrist bei befristeten Mietverhältnissen soll dem Mieter die Möglichkeit bieten, noch nach Mietende einen allfälligen Rückforderungsanspruch wegen Mietzinsüberschreitung gemäß §&nbsp;37 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;8 MRG geltend zu machen. Solange ein Mieter durch die Hoffnung auf eine Vertragsverlängerung oder Umwandlung des Vertrags in ein unbefristetes Mietverhältnis in seiner Willensfreiheit beeinträchtigt ist, soll die Präklusivfrist nicht ablaufen. Erst nach endgültiger Beendigung des Mietverhältnisses oder Umwandlung in einen unbefristeten Mietvertrag steht er nicht mehr unter dem Druck, bei Geltendmachung dieses Rechts eine Verlängerung des Mietverhältnisses zu gefährden (5&nbsp;Ob&nbsp;211/22y mwN).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [16] <span class="Fett">3.</span>&nbsp;Die Antragsgegnerin steht auf dem Standpunkt, dass mit der Zusatzvereinbarung vom 17.&nbsp;11.&nbsp;2020 das mit der Erstantragstellerin bestehende Mietverhältnis zufolge ihres Verzichts auf ihre Hauptmietrechte im Wege einer Dreiparteieneinigung mit 30.&nbsp;11.&nbsp;2020 beendet worden sei. Deren Anspruch auf Überprüfung des mit ihr vereinbarten Hauptmietzinses sei daher präkludiert. Der in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Mitmiete betonte Schutzzweck des §&nbsp;16 Abs&nbsp;8 MRG komme hier nicht zum Tragen, weil ein Mieter aus dem Mietverhältnis ausgeschieden sei, ein anderer Mieter dieses fortgesetzt habe und beide Mieter ihre gesetzlichen Rechte nach §&nbsp;16 MRG ohne Vorliegen einer Drucksituation wahrnehmen hätten können. Die Erstantragstellerin hätte ihre Rechte nach §&nbsp;16 Abs&nbsp;8 MRG nach ihrem Ausscheiden geltend machen und den vorgeschriebenen und bezahlten Mietzins binnen einer Frist von sechs Monaten einer gerichtlichen Überprüfung unterziehen können. Die Hauptmietzinsüberprüfung durch den ausscheidenden Mieter verschlechtere die Stellung des verbleibenden Mieters nicht. Weder die Erstantragstellerin noch der Zweitantragsteller seien demnach der vom Gesetzgeber verpönten und zu verhindernden Drucksituation ausgesetzt gewesen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [17] Dass das Mietverhältnis im Wege einer Dreiparteieneinigung fortgesetzt worden sei, könne nichts daran ändern, dass das Mietverhältnis mit der Erstantragstellerin einvernehmlich aufgelöst und mit dem Zweitantragsteller ein abgeändertes Mietverhältnis (Vereinbarung eines höheren Mietzinses) abgeschlossen worden sei. Es wäre rechtlich auch möglich gewesen, dass mit der Erstantragstellerin begründete Mietverhältnis einvernehmlich zu beenden und mit dem Zweitantragsteller ein neues Mietverhältnis zu begründen. Die Rechtsfolgen könnten bei beiden Gestaltungsvarianten nicht unterschiedlich sein, sodass die Präklusion des Anspruchs bei beiden Vertragsvarianten (Fortsetzung eines Mietverhältnisses mit einem neuen Mieter bei Ausscheiden des vorherigen Mieters mit einem neu vereinbarten Mietzins oder einvernehmliche Beendigung des alten Vertrags und Begründung eines neuen Mietvertrags) in gleicher Weise eintreten müsse.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">4.&nbsp;</span>Der Fachsenat hat hierzu erwogen:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [18] <span class="Fett">4.1.</span>&nbsp;Eine Vertragsübernahme ist ein einheitliches Rechtsgeschäft, mit dem die Gesamtheit aller wechselseitigen Rechte und Pflichten übertragen wird und der Vertragsübernehmer (Neupartei) an die Stelle der aus dem Schuldverhältnis ausscheidenden Partei (Altpartei) tritt. Die Neupartei übernimmt daher die gesamte vertragliche Rechtsstellung der Altpartei, ohne dass dabei der Inhalt oder die rechtliche Identität des bisherigen Schuldverhältnisses verändert wird (RS0032623; RS0032653). Eine Vertragsübernahme erfordert dabei grundsätzlich eine Übereinkunft aller Beteiligten, nämlich der verbleibenden, der ausscheidenden und der an ihre Stelle tretenden Partei (RS0032607).</p><p class="ErlText AlignLeft"> [19] Diese Grundsätze wendet die Rechtsprechung auch auf den Übergang eines Bestandverhältnisses an (RS0033492).</p><p class="ErlText AlignLeft"> [20] <span class="Fett">4.2.</span>&nbsp;Der Umfang der Vertragsübernahme richtet sich grundsätzlich nach der Parteienvereinbarung (9&nbsp;Ob&nbsp;10/22v; 2&nbsp;Ob&nbsp;40/22d; 3&nbsp;Ob&nbsp;44/22z). Auf Basis des festgestellten Sachverhalts bewirkte die hier vereinbarte Vertragsübernahme, dass der Zweitantragsteller mit Stichtag 1.&nbsp;12.&nbsp;2020 an die Stelle der aus dem Schuldverhältnis ausscheidenden Erstantragstellerin trat und deren gesamte vertragliche Rechtsstellung übernahm. Die Vertragsübernahme führte im Sinn der Einheitstheorie zum Übergang der gesamten rechtlichen Rahmenbeziehung, also auch der vertragsbezogenen Gestaltungsrechte (9&nbsp;Ob&nbsp;10/22v; 2&nbsp;Ob&nbsp;40/22d; 3&nbsp;Ob&nbsp;44/22z; 5&nbsp;Ob&nbsp;163/07t).</p><p class="ErlText AlignLeft"> [21] Die Vertragsübernahme veränderte den Inhalt und die rechtliche Identität des bisherigen Mietverhältnisses nicht. Die – nach der Behauptung der Antragsteller auf das Schlagendwerden der Wertsicherungsklausel basierende – Vereinbarung eines neuen Mietzinses (nach der Vereinbarung wegen der Richtwerterhöhung 2021) zwischen der Antragsgegnerin und dem Zweitantragsteller ist als eine der Vertragsübernahme nachfolgende, rechtlich selbständige Mietzinsanhebung zu verstehen. Mangels jeglicher inhaltlicher Verknüpfung mit der vorangegangenen Vertragsübernahme ändert daran auch der Umstand nichts, dass beide Vereinbarungen in eine Urkunde aufgenommen wurden.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [22] <span class="Fett">4.3.</span>&nbsp;Der mit der Vertragsübernahme verbundene Eintritt des Zweitantragstellers in das Mietverhältnis bewirkte allerdings nicht, dass auch das gesetzliche Rückforderungsrecht nach §&nbsp;27 Abs&nbsp;3 MRG auf diesen überging.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [23] Was entgegen den Bestimmungen der §§&nbsp;15 bis 26 MRG geleistet wird, kann gemäß §&nbsp;27 Abs&nbsp;3 MRG samt gesetzlichen Zinsen zurückgefordert werden. Dieser Rückforderungsanspruch ist seinem Wesen nach kein vertraglicher, sondern ein auf dem Gesetz beruhender Kondiktionsanspruch, ein Bereicherungsanspruch eigener Art (RS0067488). Der Oberste Gerichtshof hat deshalb bereits wiederholt ausgesprochen, dass zur Rückforderung einer nach §&nbsp;27 MRG unzulässigen Einmalzahlung nur der jeweilige Mieter als Vertragspartner des Vermieters aktivlegitimiert ist und der spätere Eintritt in das Mietverhältnis nicht den Übergang des Rückforderungsrechts auf den eintretenden Mieter bewirkt (8&nbsp;Ob&nbsp;1547/92; 5&nbsp;Ob&nbsp;266/05m).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [24] Ungeachtet der späteren Vertragsübernahme blieb daher die Erstantragstellerin für den Zeitraum, in dem ihr die Mieterstellung zukam, zur Rückforderung des zufolge Überschreitens der gesetzlichen Obergrenzen des §&nbsp;16 MRG zuviel geleisteten Mietzinses aktivlegitimiert. Eine Zession dieser Rückforderungsansprüche an den Zweitantragsteller wäre zwar grundsätzlich möglich (RS0070129 [T1]), ist hier aber nicht erfolgt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [25] Die Erstantragstellerin ist in diesem Zusammenhang auch berechtigt, die Feststellung der Überschreitung des zulässigen Zinsausmaßes geltend zu machen. Der Umstand, dass das Mietverhältnis im Verhältnis zwischen ihr als der ausscheidenden Altpartei und der Antragsgegnerin als der Restpartei im Zeitpunkt einer solchen Antragstellung nicht mehr aufrecht besteht, steht dem nicht entgegen. Die Antragslegitimation kommt demjenigen zu, der im Überprüfungszeitraum Mieter war. Auch der frühere Hauptmieter ist daher ungeachtet der Beendigung des Mietvertrags berechtigt, die Entscheidung (der Schlichtungsstelle und) des Gerichts über die Zulässigkeit des vorgeschriebenen Hauptmietzinses zu begehren (RS0070501). Nur dann, wenn die Klärung der Höhe des zulässigen Hauptmietzinses nur mehr von rein theoretischer Bedeutung wäre, wäre das Rechtsschutzbedürfnis eines Hauptmieters nach Beendigung eines Bestandverhältnisses abzulehnen (5&nbsp;Ob&nbsp;73/08h).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [26] <span class="Fett">4.4.</span>&nbsp;Nach §&nbsp;16 Abs&nbsp;8 Satz&nbsp;1 MRG sind Mietzinsvereinbarungen unwirksam, soweit sie den nach den Absätzen&nbsp;1 bis 7 zulässigen Höchstbetrag überschreiten. Das Erfordernis, die Unwirksamkeit einer Mietzinsvereinbarung binnen der Fristen des §&nbsp;16 Abs&nbsp;8 MRG geltend zu machen, bedeutet – wenn ihm nicht entsprochen wird – daher im Grunde die Sanierung solcher teilnichtiger, das erlaubte Zinsausmaß überschreitender Mietzinsvereinbarungen durch Fristablauf (RS0083814).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [27] Da eine Vertragsübernahme den Inhalt und die rechtliche Identität des bisherigen Mietverhältnisses nicht ändert und der Neumieter die vertragliche Rechtsstellung des Altmieters übernimmt, richtet sich auch der Beginn des Laufs der Präklusionsfrist nach §&nbsp;16 Abs&nbsp;8 MRG grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der für den Altmieter maßgeblichen Mietzinsvereinbarung (vgl 5&nbsp;Ob&nbsp;163/07t). Dabei endet diese Frist bei einem befristeten Hauptmietverhältnis frühestens sechs Monate nach Auflösung des Mietverhältnisses oder nach seiner Umwandlung in ein unbefristetes Mietverhältnis.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [28] Nach dem insoweit klaren Wortlaut des Gesetzes ändert die Auflösung des befristeten Mietverhältnisses schon vor Ablauf dieser drei Jahre nichts daran, dass dem Mieter jedenfalls diese Frist offensteht. Entgegen der Auffassung der Revisionsrekurswerberin verkürzt eine frühere Auflösung des Mietverhältnisses diese Drei-Jahres-Frist also nicht, das weder bei unbefristeten noch bei befristeten Verträgen. Die Fristverlängerung um sechs Monate ab Auflösung eines befristeten Vertrags wirkt sich also erst und insoweit aus, als diese über die drei Jahre ab Mietzinsvereinbarung hinaus läuft.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [29] Hätte nun – wie die Revisionsrekurswerberin argumentiert – das Ausscheiden der Erstantragstellerin als Altmieterin zur Folge, dass die Präklusionsfrist nach §&nbsp;16 Abs&nbsp;8 MRG für sie ohne Rücksicht auf die vereinbarte Befristungsdauer nach diesen Grundsätzen, also nach drei Jahren ab Mietzinsvereinbarung frühestens sechs Monate nach ihrem Ausscheiden, abläuft, wäre diese gegebenenfalls gezwungen, die Teilnichtigkeit der Mietzinsvereinbarung noch vor dem Befristungsende geltend zu machen. Die gegebenenfalls festgestellte (Teil-)Nichtigkeit der Mietzinsvereinbarung wiederum würde dann zufolge der Vertragsübernahme auch auf das Mietverhältnis zwischen dem Zweitantragsteller als Neumieter und der Antragsgegnerin als Vermieterin durchschlagen. Damit bestünde nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge für beide Mieter, sowohl für den Neumieter als auch für den ihm seine Rechtsstellung übertragenden Altmieter eben jene Drucksituation, der der Gesetzgeber durch die in §&nbsp;16 Abs&nbsp;8 Satz&nbsp;3 MRG normierte Verlängerung der Präklusionsfrist bei befristeten Mietverträgen begegnen wollte.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [30] Für den Fall der Mitmiete hat der Fachsenat bereits ausgesprochen, dass der vom Gesetzgeber intendierte Mieterschutz angesichts der Drucksituation des in der Wohnung verbleibenden Mitmieters auch dann zum Tragen kommt, wenn nur ein Mitmieter Vertragspartner eines zweiten befristeten Mietvertrags wird und der andere das befristete Mietverhältnis nicht fortsetzt (5&nbsp;Ob&nbsp;4/20d; 5&nbsp;Ob&nbsp;56/20a). Auch den Fall des vorzeitigen Austritts eines Mitmieters aus einem laufenden Vertragsverhältnis hat der Fachsenat – im Größenschluss – gleich beurteilt. Das einvernehmliche Ausscheiden eines von mehreren Mitmietern führt schließlich nicht zur Auflösung des gesamten einheitlichen Mietverhältnisses (5&nbsp;Ob&nbsp;149/20b).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [31] Diese an dem eindeutigen Zweck der Fristverlängerung des §&nbsp;16 Abs&nbsp;8 Satz&nbsp;3 MRG orientierten Wertungen sind auf die vorliegende Konstellation zu übertragen. Bei Ausscheiden des Altmieters zufolge einer Vertragsübernahme ist die für die Geltendmachung seiner Ansprüche nach §&nbsp;16 Abs&nbsp;8 MRG maßgebliche Präklusionsfrist an Tatsache und Dauer der ursprünglichen vereinbarten Befristung anzuknüpfen, weil andernfalls die nach dem Willen des Gesetzgebers zu vermeidende Drucksituation für den das Mietverhältnis fortsetzenden Neumieter bzw mittelbar auch für den Altmieter eintreten könnte. Bei Vertragsübernahme läuft die Präklusionsfrist des §&nbsp;16 Abs&nbsp;8 MRG daher auch gegenüber dem aus einem befristeten Mietverhältnis ausscheidenden Altmieter solange nicht ab, als nicht sechs Monate nach der – im Fall des Aneinanderreihens befristeter Mietverträge zusammengerechnet (vgl RS0119647) – vereinbarten Befristungszeit abgelaufen sind.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [32] <span class="Fett">4.5.&nbsp;</span>Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Überprüfungsantrag der Erstantragstellerin nicht präkludiert ist. Da die Präklusionsfrist des §&nbsp;16 Abs&nbsp;8 MRG objektiv anzuknüpfen ist, ändert daran weder der Umstand, dass der Zweitantragsteller gar keine Verlängerung des Mietvertrags angestrebt haben mag, noch der ihm gegenüber maßgebliche, zufolge der neuen Mietzinsvereinbarung andere Fristenlauf (vgl RS0112326) etwas.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [33] Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin kommt damit keine Berechtigung zu.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [34] <span class="Fett">5.</span>&nbsp;Das Revisionsrekursverfahren betrifft als Folge der bloß teilweisen Anfechtung des Sachbeschlusses des Erstgerichts (nur mehr) das Prozessrechtsverhältnis zwischen der Erstantragstellerin und der Antragsgegnerin. Die Erledigung der Ansprüche des Zweitantragstellers ist hingegen in Rechtskraft erwachsen. Die Revisionsrekursbeantwortung des Zweitantragstellers ist demnach unzulässig und zurückzuweisen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [35] <span class="Fett">6.</span>&nbsp;Die Kostenentscheidung beruht auf §&nbsp;37 Abs&nbsp;3 Z&nbsp;17 MRG. Es entspricht der Billigkeit, der obsiegenden Erstantragstellerin Kostenersatz zuzuerkennen. Der von ihrem Vertreter verzeichnete Streitgenossenzuschlag gebührt freilich nicht.</span></p></div></div></body></html>
null
JJT_20241218_OGH0002_0070OB00156_24B0000_000
Justiz
OGH
2025-01-29
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241218_OGH0002_0070OB00156_24B0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20241218_OGH0002_0070OB00156_24B0000_000/JJT_20241218_OGH0002_0070OB00156_24B0000_000.html
7Ob156/24b
ECLI:AT:OGH0002:2024:0070OB00156.24B.1218.000
null
null
null
<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr.&nbsp;Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Mag.&nbsp;Dr.&nbsp;Wurdinger, Mag.&nbsp;Malesich, Dr.&nbsp;Weber und Mag.&nbsp;Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing.&nbsp;N*, vertreten durch Mag.&nbsp;Robert Haupt, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei F* AG, *, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 97.844,03&nbsp;EUR&nbsp;sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 19.&nbsp;Juli&nbsp;2024, GZ&nbsp;3&nbsp;R&nbsp;48/24m-13, in nichtöffentlicher Sitzung den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die außerordentliche Revision wird gemäß §&nbsp;508a Abs&nbsp;2 ZPO mangels der Voraussetzungen des §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO zurückgewiesen.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [1] Der Kläger schloss mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Lebensversicherungsvertrag über eine fondsgebundene Lebensversicherung beginnend mit 1.&nbsp;6.&nbsp;2008. Dieses Produkt beinhaltete eine näher spezifizierte Kapitalgarantie einer dritten Kapitalanlagegesellschaft.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Die Beklagte selbst betreibt den Fonds nicht und haftet auch nicht für die Wertentwicklung des angebotenen Investmentfonds, was sie im Versicherungsantrag bereits an mehreren Stellen zum Ausdruck bringt. Er enthält unter anderem folgende Klausel:</p><p class="ErlText AlignLeft">&nbsp;<span class="Kursiv">„Die Beklagte selbst übernimmt keine Garantie für den Wert der Garantiefondsanteile zu einem bestimmten Stichtag für die Leistungsfähigkeit der Garantiefonds oder für die Solvenz der S*. Dieses Risiko trägt somit der Versicherungsnehmer.“</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] Der <span class="Fett">Kläger</span> begehrt – soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse – die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung des Vertrags wegen Nichtigkeit dieser von ihm als gröblich benachteiligend und intransparent angesehenen Klausel.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Die <span class="Fett">Beklagte</span> wendet – soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse – ein, die Klausel sei weder gröblich benachteiligend noch intransparent und damit jedenfalls nicht unwirksam. Selbst für diesen Fall könnte der Vertrag aber auch ohne sie weiterbestehen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Die <span class="Fett">Vorinstanzen</span> wiesen die Klage ab. Der Kläger behaupte gar nicht, dass die Beklagte jemals selbst eine Garantie zugesagt habe oder hätte sollen. Vielmehr sei die Garantiegewährung durch einen Dritten nach dem Vorbringen des Klägers aus dessen Sicht sogar ein Vorzug der gegebenen Konstruktion gewesen, durch deren späteren Wegfall ihm ein Nachteil erwachsen sei. Mit der Möglichkeit eines nachträglichen Entfalls der Kapitalgarantie befasse sich die inkriminierte Klausel aber nicht. Ebensowenig habe sie das Thema zum Inhalt, wer als Garantiegeber auftrete oder welche Möglichkeiten zum nachträglichen Wechsel des Fonds bestünden. Gewährleistungsrechte des Klägers gegenüber der Beklagten würden durch diese Klausel ebenfalls nicht beschränkt. Es würden lediglich keine weitergehenden Rechte durch Einräumung eines eigenen Garantieversprechens begründet. In der fondsgebundenen Lebensversicherung trage regelmäßig der Versicherungsnehmer das Veranlagungsrisiko, worauf auch an mehreren Stellen hingewiesen werde. Die Klausel sei damit weder gesetz- noch sittenwidrig.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [6] Aber selbst ausgehend von einer Unwirksamkeit der in Rede stehenden Klausel würde deren Entfall nicht die Undurchführbarkeit des Vertrags bewirken, weil die an anderer Stelle geregelte Garantie, die eine dritte Gesellschaft beistelle, davon gänzlich unberührt bliebe.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Der Kläger zeigt mit seiner außerordentlichen Revision keine erhebliche Rechtsfrage iSd §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO auf:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] 1.&nbsp;Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor (§&nbsp;510 Abs&nbsp;3 ZPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] 2.&nbsp;Nach ständiger Rechtsprechung wird eine Rechtssache unrichtig beurteilt, wenn der Entscheidung unzulässige überschießende Feststellungen zugrunde gelegt werden (RS0040318 [T2]; RS0036933 [T10, T11, T12]). Feststellungen sind „überschießend“, wenn sie nicht durch ein entsprechendes Prozessvorbingen gedeckt sind (vgl RS0037972). Sie dürfen allerdings bei der rechtlichen Beurteilung berücksichtigt werden, wenn sie sich im Rahmen des geltend gemachten Klagegrundes oder der erhobenen Einwendung bewegen (RS0040318; RS0036933 [T6]), was bei der vom Kläger gerügten Feststellung hinsichtlich des Erhalts des Prospekts der Fall ist.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [10] 3.&nbsp;Die fondsgebundene Lebensversicherung ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die Leistung des Versicherers überwiegend nach der Entwicklung eines Investmentfonds oder eines aus Wertpapieren bestehenden Anlagestocks richtet. Der Versicherungsnehmer trägt das bei Wertpapieren immanente Risiko des Wertverlusts, hat aber auch die Chance auf eine positive Wertentwicklung des Anlagestocks. Er erhält damit grundsätzlich nicht (zumindest nicht überwiegend) eine der Höhe nach garantierte, sondern eine kurs-&nbsp;und kapitalmarktabhängige Leistung. Die Höhe wird durch den Wert der auf die Versicherung entfallenden Anteileinheiten des Anlagestocks zu einem in den Versicherungsbedingungen festgelegten Zeitpunkt errechnet (vgl&nbsp;7 Ob&nbsp;105/24b mwN).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [11] 3.1.&nbsp;Bei der fondsgebundenen Lebensversicherung trägt damit der Versicherungsnehmer das Veranlagungsrisiko (vgl auch <span class="Kursiv">Perner</span>, Privatversicherungsrecht<span class="Hoch">2</span> Rz&nbsp;7.176). Im vorliegenden Fall wurde zusätzlich eine Kapitalgarantie einer dritten Gesellschaft vereinbart; diese Klausel ist <span class="Unterstrichen">nicht</span> Gegenstand dieses Verfahrens. Die hier zu beurteilende Klausel regelt klar und unmissverständich, dass die beklagte Versicherungsgesellschaft selbst keine Kapitalgarantie übernimmt. Damit gibt die Klausel lediglich die ohnehin bestehende Rechtslage wieder. Eine (zusätzliche) Garantie der Beklagten wäre dagegen ein „mehr“, ihr Fehlen kann damit aber auch keine Verbraucherrechte nach §&nbsp;9 KSchG beschneiden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [12] 3.2.&nbsp;Vor diesem Hintergrund ist die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die Klausel weder benachteiligend noch intransparent ist und im Übrigen ihr gedachter Wegfall keine Auswirkungen auf den bestehenden Vertrag hätte, nicht korrekturbedürftig.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [13] 3.3.&nbsp;Sekundäre Feststellungsmängel zur Auswahlmöglichkeit des Klägers im Hinblick auf den Fonds liegen deshalb nicht vor, weil diese Umstände auf die vom Kläger geltend gemachte Nichtigkeit der Klausel keinen Einfluss haben; diesbezügliche Ausführungen des Berufungsgerichts haben weder Feststellungscharakter, noch sind sie von Entscheidungsrelevanz.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [14] 3.4.&nbsp;Aus der Entscheidung 7&nbsp;Ob&nbsp;82/07w ist für den Kläger nichts gewonnen: Dort wurde – im Rahmen eines Verbandsverfahrens von der dort gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung ausgehend – die Formulierung „Die Kapitalgarantie entfällt außerdem, wenn die im Rahmen dieses Produkts vorgesehenen Garantiefonds – aus welchen Gründen auch immer – für die S** AG nicht mehr verfügbar sind.“ als unzulässig angesehen, weil nach dem Wortlaut der Klausel („aus welchen Gründen auch immer“) ein ganz unbeschränktes und undifferenziertes Leistungsänderungsrecht eingeräumt worden sei. Der dort geregelte Entfall einer ursprünglich gewährten Kapitalgarantie hat mit der hier gegenständlichen – mit einem Dritten und nicht der Beklagten – vereinbarten Kapitalgarantie nichts zu tun. Aus demselben Grund gehen auch die Ausführungen des Klägers zur Frage des Weiterbestehens eines Vertrags bei Wegfall der Kapitalgarantie ins Leere, stellt sich die Frage der Auswirkungen des Wegfalls der Garantie doch nur im Fall des ursprünglichen Bestehens einer solchen Garantie.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [15] 3.5.&nbsp;Die in der Revision weiters thematisierten nach Ansicht des Klägers nichtigen Tatsachenbestätigungen sind nicht Teil der vom Kläger als unzulässig angesehenen Klausel.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [16] 4.&nbsp;Damit war die Revision zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§&nbsp;510 Abs&nbsp;3 ZPO).</span></p></div></div></body></html>
null
JJT_20241218_OGH0002_0070OB00191_24Z0000_000
Justiz
OGH
2025-01-27
2025-01-27
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241218_OGH0002_0070OB00191_24Z0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20241218_OGH0002_0070OB00191_24Z0000_000/JJT_20241218_OGH0002_0070OB00191_24Z0000_000.html
7Ob191/24z
ECLI:AT:OGH0002:2024:0070OB00191.24Z.1218.000
null
null
null
<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr.&nbsp;Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Mag.&nbsp;Dr.&nbsp;Wurdinger, Mag.&nbsp;Malesich, Dr.&nbsp;Weber und Mag.&nbsp;Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*, vertreten durch Poduschka Partner Anwaltsgesellschaft&nbsp;mbH in Linz, gegen die beklagten Parteien 1.&nbsp;S*, vertreten durch bpv Hügel Rechtsanwälte GmbH in Wien und 2.&nbsp;F*, Italien, vertreten durch Thurnher Wittwer Pfefferkorn &amp; Partner, Rechtsanwälte GmbH in Dornbirn, wegen 15.740&nbsp;EUR&nbsp;sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 9.&nbsp;September&nbsp;2024, GZ&nbsp;3&nbsp;R&nbsp;129/24a-109, womit über Berufung des Klägers nur gegen das Urteil betreffend die erstbeklagte Partei im Ausmaß der Klagsabweisung in Höhe von 11.740&nbsp;EUR&nbsp;sA das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 24.&nbsp;Juni&nbsp;2024, GZ&nbsp;41&nbsp;Cg&nbsp;21/21h-102, bestätigt wurde, den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die Revision wird zurückgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 1.146,19&nbsp;EUR (darin enthalten 206,69&nbsp;EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14&nbsp;Tagen zu ersetzen.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Der Kläger kaufte 2016 ein mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattetes Wohnmobil, dessen Herstellerin die Erstbeklagte ist. Das Klagebegehren gegen die Zweitbeklagte als Motorherstellerin wurde rechtskräftig abgewiesen. Im Revisionsverfahren nicht mehr strittig ist die Haftung der Erstbeklagten (idF: Beklagte) für Schäden, die sich aus dem Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung ergeben.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [2] Der<span class="Fett"> Kläger</span> begehrte 30&nbsp;% des von ihm bezahlten Kaufpreises, was dem objektiven Minderwert entspreche, der – bei Offenlegung der Manipulation – für das Fahrzeug zum Ankaufszeitpunkt bezahlt worden wäre. Die Beklagte hätte arglistig und sittenwidrig gehandelt und gegen Art&nbsp;5&nbsp;VO&nbsp;(EG)&nbsp;715/2007 als Schutzgesetz verstoßen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] Die <span class="Fett">Beklagte</span> wendet – soweit im Revisionsverfahren noch relevant – ein, dem Kläger stehe maximal ein Schadenersatz im Bereich von 5 bis 15&nbsp;% des Kaufpreises zu; eine Wertminderung sei beim gegenständlichen Fahrzeug gar nicht eingetreten.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Das <span class="Fett">Erstgericht</span> sprach dem Kläger in Anwendung von §&nbsp;273 Abs&nbsp;1 ZPO Schadenersatz in Höhe von 5&nbsp;% des Kaufpreises des von ihm erworbenen Fahrzeugs zu und wies das Mehrbegehren ab. Der Kläger nutze das Fahrzeug nach seinen eigenen Angaben nach wie vor völlig ungehindert, weshalb mit einem Schadenersatz am unteren Ende der von den höchstgerichtlichen Entscheidungen vorgegebenen Bandbreite das Auslagen gefunden werde. An die Ausführungen des im Verfahren tätig gewordenen Sachverständigen, wonach für den Fall einer unzulässigen Abschalteinrichtung von einer Wertminderung von ca&nbsp;20&nbsp;% ausgegangen werden könne, fühle sich das Erstgericht nicht gebunden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Das <span class="Fett">Berufungsgericht</span> bestätigte diese Entscheidung. Es erachtete die Ausführungen des Erstgerichts, wonach dieses sich an das Sachverständigengutachten „nicht gebunden“ fühle, als eine Negativfeststellung zu einer tatsächlich eingetretenen Wertminderung.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Es ließ die ordentliche Revision – nachträglich – zur Frage zu, ob das Erstgericht den Schadenersatzbetrag gemäß §&nbsp;273 Abs&nbsp;1 ZPO festsetzen durfte oder Tatsachenfeststellungen zur allfälligen Wertminderung zu treffen gehabt hätte.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Da der Kläger in seiner Revision das Vorliegen der Voraussetzungen des §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO nicht zu begründen vermag, ist die Revision entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§&nbsp;508a Abs&nbsp;1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§&nbsp;510 Abs&nbsp;3 ZPO):</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] 1.&nbsp;Ob §&nbsp;273 ZPO anzuwenden ist, ist eine rein verfahrensrechtliche Frage. Wurde die Anwendbarkeit des §&nbsp;273 ZPO zu Unrecht bejaht, muss dies mit Mängelrüge bekämpft werden (RS0040282). Das Berufungsgericht hat die Vorgangsweise des Erstgerichts, den begehrten Schadenersatz – trotz Vorliegen eines Sachverständigengutachtens – nach §&nbsp;273 ZPO festzusetzen, ausdrücklich gebilligt und die vom Kläger insoweit erhobene Mängelrüge verworfen. Ein vom Berufungsgericht verneinter Verfahrensmangel kann aber in dritter Instanz nicht mehr erfolgversprechend geltend gemacht werden (RS0043919; RS0042963). Dieser Grundsatz kann auch nicht durch die Behauptung, das Berufungsverfahren sei – weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht folgte – mangelhaft geblieben, umgangen werden (RS0042963 [T58]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] 2.&nbsp;Das Berufungsgericht hat die Mängelrüge auch nicht mit einer von der Aktenlage nicht gedeckten Begründung (vgl RS0043166) verworfen. Es hat die Ausführungen des Erstgerichts, wonach es sich an das Gutachten „nicht gebunden fühle“, als Negativfeststellung zu einer konkreten Wertminderung verstanden. Die Auslegung der Urteilsfeststellungen im Einzelfall ist aber regelmäßig keine Rechtsfrage von der Qualität des §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO (RS0118891). Die diesbezügliche Auslegung durch das Berufungsgericht ist jedenfalls vertretbar (vgl etwa 5&nbsp;Ob&nbsp;33/24z [Rz&nbsp;25], wo die Auslegung der Wortfolge, dass das betreffende Fahrzeug um 10&nbsp;% billiger angeboten hätte werden müssen, als keine ausreichende Festellung des Minderwerts durch das Berufungsgericht vom Obersten Gerichtshof ausdrücklich gebilligt wurde).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [10] 3. Dem Gericht kommt bei Anwendung des §&nbsp;273 ZPO die Befugnis zu, die Höhe des Anspruchs nach freier Überzeugung festzusetzen (vgl RS0040459). Für die Ausübung des richterlichen Ermessens sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich (vgl RS0040494; RS0121220). Es können daher nur gravierende, an die Grenzen des Missbrauchs gehende Fehler der Ermessensentscheidung auch noch in dritter Instanz an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden (RS0007104). Einen solchen Fehler zeigt der Kläger hier nicht auf:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [11] 3.1.&nbsp;Die zu 10&nbsp;Ob&nbsp;27/23b postulierte Ermittlung des Ersatzanspruchs nach den primär heranzuziehenden unionsrechtlichen Anforderungen der Ersatzleistung in der Höhe von 5 bis 15&nbsp;% wurde mehrfach und von verschiedenen Senaten bestätigt und herangezogen (vgl RS0134498). Dabei wurde auch bereits ausgesprochen, dass ein Ausschöpfen der Bandbreite nach oben mangels besonderer Umstände nicht erforderlich sein wird, wenn der Käufer – wie hier – das Fahrzeug auch in Kenntnis des umweltschädlichen Mangels erwerben hätte wollen, es auch nach Aufdeckung behält und weiter so verwendet, als würde das Problem nicht bestehen (vgl etwa RS0134498 [T3]). Entgegen der Ansicht des Klägers hat das Erstgericht hier keinen unzulässigen Vorteilsausgleich vorgenommen, sondern diese Umstände bei der Festsetzung des Schadensbetrags berücksichtigt. Im Übrigen hat das Erstgericht auch zu berücksichtigen gehabt, dass eine konkrete Wertminderung im vorliegenden Fall nicht feststellbar war, was jedenfalls zur Ausmessung im unteren Bereich der vorgegebenen Bandbreite führen muss (vgl jüngst etwa 2&nbsp;Ob&nbsp;3/24s [Rz&nbsp;19]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [12] 3.2.&nbsp;Richtig ist, dass die Wertminderung nach der Rechtsprechung auch exakt festgestellt und vom Käufer verlangt werden kann (vgl etwa RS0134498 [T6]), woraus für den Kläger aber hier nichts gewonnen ist, weil keine tatsächliche Wertminderung feststeht, weshalb auch der Vergleich mit Entscheidungen (wie etwa 8&nbsp;Ob&nbsp;70/23m [Rz&nbsp;3,&nbsp;27]; 8&nbsp;Ob&nbsp;109/23x [Rz&nbsp;9,&nbsp;22]; 4&nbsp;Ob&nbsp;119/23p [Rz&nbsp;27] oder 2&nbsp;Ob&nbsp;137/23w [Rz&nbsp;3]) wo das der Fall war, nicht verfängt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [13] 3.3.&nbsp;Die in der Revision weiters angeführte, etwa in der Entscheidung 6&nbsp;Ob&nbsp;19/24y (vgl Rz&nbsp;16 mwN) zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht, wonach der Schaden <span class="Unterstrichen">jedenfalls</span> nach der relativen Berechnungsmethode zu ermitteln sei, bezieht sich auf die §§&nbsp;874 und&nbsp;1295 Abs&nbsp;2 ABGB als Anspruchsgrundlagen. Ein Schadenersatz nach diesen Bestimmungen wurde hier allerdings – vom Kläger unbekämpft – nicht zuerkannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [14] 4.&nbsp;Die Revision ist daher insgesamt mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [15] 5.&nbsp;Die Kostenentscheidung beruht auf §§&nbsp;50, 41 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.</span></p></div></div></body></html>
null
JJT_20241218_OGH0002_0130OS00074_24T0000_000
Justiz
OGH
2025-01-10
2025-01-10
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241218_OGH0002_0130OS00074_24T0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20241218_OGH0002_0130OS00074_24T0000_000/JJT_20241218_OGH0002_0130OS00074_24T0000_000.html
13Os74/24t
ECLI:AT:OGH0002:2024:0130OS00074.24T.1218.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat am 18.&nbsp;Dezember&nbsp;2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag.&nbsp;Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Brenner und Dr.&nbsp;Setz-Hummel&nbsp;LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag.&nbsp;Prieth in der Strafsache gegen * S* wegen Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §&nbsp;206 Abs&nbsp;1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 28.&nbsp;Mai&nbsp;2024, GZ&nbsp;18&nbsp;Hv&nbsp;43/24x-37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den</span></p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.</p><p class="ErlText AlignLeft">Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* jeweils mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §&nbsp;206 Abs&nbsp;1 StGB (I&nbsp;1) und des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §&nbsp;207 Abs&nbsp;1 StGB (I&nbsp;3), jeweils „eines“ Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §&nbsp;206 Abs&nbsp;2 StGB (I&nbsp;2) und des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §&nbsp;207 Abs&nbsp;2 StGB (I&nbsp;4) sowie jeweils mehrerer Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach §&nbsp;212 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;2 StGB (I&nbsp;5) und der pornographischen Darstellungen Minderjähriger nach §&nbsp;207a Abs&nbsp;1 Z&nbsp;1 StGB in der Fassung BGBl&nbsp;I&nbsp;2017/117 (II) schuldig erkannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Danach hat er</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">I&nbsp;1)&nbsp;mit der am *&nbsp;2005 geborenen, sohin zum Tatzeitpunkt jeweils unmündigen * K*, den Beischlaf oder diesem gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen, indem er vom Herbst&nbsp;2018 bis zum August&nbsp;2019 von ihr an sich den Oralverkehr vornehmen ließ, wobei er jeweils in ihren Mund oder auf ihr Gesicht oder ihren Körper ejakulierte, sie wiederholt lingual und digital penetrierte und vom 24.&nbsp;Dezember&nbsp;2018 bis zum August&nbsp;2019 wiederholt den vaginalen Geschlechtsverkehr mit ihr vollzog,</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">I&nbsp;2)&nbsp;um sich oder einen Dritten geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, die unmündige * K* durch die Aufforderung, einen Finger in ihre Vagina zu stecken, vom Frühjahr bis zum Sommer&nbsp;2018 dazu verleitet und Anfang des Jahres&nbsp;2018 zu verleiten versucht, eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung an sich selbst vorzunehmen,</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">I&nbsp;3)&nbsp;vom März&nbsp;2018 bis zum Frühjahr&nbsp;2019 wiederholt außer dem Fall des § 206 StGB an der unmündigen * K* im Urteil beschriebene geschlechtliche Handlungen vorgenommen,</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">I&nbsp;4)&nbsp;die unmündige * K* „zu einer geschlechtlichen Handlung mit einer anderen Person“ und um sich geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, dazu verleitet, eine geschlechtliche Handlung an sich selbst vorzunehmen, indem er sie im Frühjahr oder Sommer&nbsp;2018 aufforderte, seinen Penis zu berühren sowie auf die Toilette zu gehen und dort ihre Vulva zu berühren, wobei er ihr dorthin folgte und an die geschlossene Toilettentüre klopfte,</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">I&nbsp;5)&nbsp;mit der minderjährigen * K*, die seiner Aufsicht als Pfadfindergruppenleiter unterstand, unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber dieser Person durch die zu I&nbsp;1 bis 4 beschriebenen Verhaltensweisen geschlechtliche Handlungen vorgenommen, von ihr an sich vornehmen lassen und, um sich oder einen Dritten geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, dazu verleitet und zu verleiten versucht, geschlechtliche Handlungen an sich selbst vorzunehmen, sowie</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">II)&nbsp;vom Anfang des Jahres&nbsp;2018 bis zum August&nbsp;2019 durch im Urteil beschriebene Verhaltensweisen pornographische Darstellungen von der minderjährigen * K* hergestellt (§&nbsp;12 erster Fall StGB) und sie zur Herstellung solcher Darstellungen bestimmt (§&nbsp;12 zweiter Fall StGB).</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Dagegen richtet sich die auf §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;5, 5a, 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [4] Soweit die Mängelrüge (Z&nbsp;5) keinen Bezug zu den Feststellungen über eine entscheidende Tatsache herstellt, übersieht sie, dass dies prozessuale Voraussetzung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes ist (RIS-Justiz RS0106268). Die erstgerichtliche Beurteilung der Überzeugungskraft von Personalbeweisen (also die Glaubhaftigkeit der Angaben von Zeugen und Angeklagten) ist – so sie nicht undeutlich (Z&nbsp;5 erster Fall) oder in sich widersprüchlich (Z&nbsp;5 dritter Fall) ist (was hier nicht behauptet wird) – einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde jedenfalls entzogen (RIS-Justiz RS0106588 [T13]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] Indem die Tatsachenrüge (Z&nbsp;5a) aus Verfahrensergebnissen anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Beschwerdeführer günstigere Schlüsse ableitet als das Erstgericht, wendet sie sich nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§&nbsp;283 Abs&nbsp;1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§&nbsp;258 Abs&nbsp;2 StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Die Nichtigkeitsgründe des §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 StPO sind voneinander wesensmäßig verschieden und daher gesondert auszuführen, wobei unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen sind, durch die sich der Nichtigkeitswerber für beschwert erachtet (RIS-Justiz RS0115902).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Die Erklärung der Tatsachenrüge, wonach die Ausführungen zum §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;5 StPO auch zu ihrem Inhalt erhoben werden und umgekehrt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] Durch die Berufung auf den Zweifelsgrundsatz (in dubio pro reo) wird ein aus Z&nbsp;5 oder Z&nbsp;5a des §&nbsp;281 Abs&nbsp;1 StPO beachtlicher Mangel nicht behauptet (RIS-Justiz RS0102162).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [9] Nach den Feststellungen des Erstgerichts (US&nbsp;4&nbsp;f, 8 und 10) war der Angeklagte seit 2016 als Pfadfinderleiter der * K* tätig und bot er ihr als solcher an, dass sie sich mit allfälligen persönlichen Dingen an ihn wenden könne, überdies war er vom Frühjahr&nbsp;2018 bis zum Sommer&nbsp;2018 als ihr Nachhilfelehrer tätig. Zu den Tatzeitpunkten war * K* mit dem Angeklagten jeweils alleine und unterstand dabei seiner Aufsicht, im Wissen um diese Umstände setzte der Angeklagte seine Autorität ein, um die im Urteil beschriebenen geschlechtlichen Handlungen an * K* vornehmen zu können.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [10] Soweit die Subsumtionsrüge (Z&nbsp;10) das Ausnutzen eines Autoritätsverhältnisses bestreitet, aber nicht auf der Basis der Gesamtheit der dargestellten Feststellungen des Erstgerichts argumentiert, verfehlt sie den (im Urteilssachverhalt gelegenen) Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [11] Mit der Behauptung, die verhängte Strafe sei durch den Erfolgs-, Handlungs- und Gesinnungsunwert der Taten nicht gerechtfertigt, erstattet die Sanktionsrüge (Z&nbsp;11) bloß ein Berufungsvorbringen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [12] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß §&nbsp;285d Abs&nbsp;1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [13] Hinzugefügt sei, dass das Erstgericht im Schuldspruch&nbsp;I&nbsp;2 und I&nbsp;4 die Subsumtionsfrage (Z&nbsp;10) unrichtig gelöst hat:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [14] Unter Zugrundelegung der zum Schuldspruch wegen „eines“ Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §&nbsp;206 Abs&nbsp;2 StGB (I&nbsp;2) getroffenen Tatsachenfeststellungen (US&nbsp;5) forderte der Angeklagte die Unmündige Anfang des Jahres&nbsp;2018 sowie vom Frühjahr bis zum Sommer&nbsp;2018 jeweils auf, sich vor einem Treffen mit ihm einen Finger in die Vagina zu stecken.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [15] Nach den zum Schuldspruch wegen „eines Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §&nbsp;207 Abs&nbsp;2 StGB“ (I&nbsp;4) getroffenen Tatsachenfeststellungen (US&nbsp;5) trug der Angeklagte der Unmündigen im Frühjahr&nbsp;2018 oder Sommer&nbsp;2018 auf, ihn an seinem Geschlechtsteil zu berühren (lit&nbsp;a), zudem forderte er sie (davon zeitlich getrennt) auf, die Toilette aufzusuchen, um sich dort selbst an der Vagina anzufassen (lit&nbsp;b).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [16] Davon ausgehend sind unter Berücksichtigung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US&nbsp;7&nbsp;f) die zu I&nbsp;2 festgestellten Handlungen nicht einem, sondern mehreren Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §&nbsp;206 Abs&nbsp;2 StGB und die zu I&nbsp;4 festgestellten je einem Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §&nbsp;207 Abs&nbsp;1 StGB und nach §&nbsp;207 Abs&nbsp;2 StGB zu subsumieren (zur diesbezüglichen Abgrenzung siehe <span class="Kursiv">Hinterhofer</span> SbgK §&nbsp;207 Rz&nbsp;17). Da diese Subsumtionsfehler dem Angeklagten nicht zum Nachteil gereichen, hatte es mit diesem Hinweis sein Bewenden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [17] Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§&nbsp;285i StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [18] Der Kostenausspruch beruht auf §&nbsp;390a Abs&nbsp;1 StPO.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20241218_OGH0002_0130OS00097_24Z0000_000
Justiz
OGH
2025-01-15
2025-01-15
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241218_OGH0002_0130OS00097_24Z0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20241218_OGH0002_0130OS00097_24Z0000_000/JJT_20241218_OGH0002_0130OS00097_24Z0000_000.html
13Os97/24z
ECLI:AT:OGH0002:2024:0130OS00097.24Z.1218.000
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null
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Der Oberste Gerichtshof hat am 18.&nbsp;Dezember&nbsp;2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag.&nbsp;Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr.&nbsp;Brenner und Dr.&nbsp;Setz-Hummel&nbsp;LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag.&nbsp;Prieth in der Strafsache gegen Ing.&nbsp;* F* wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach §&nbsp;88 Abs&nbsp;1 und 4 StGB, AZ&nbsp;60&nbsp;BAZ&nbsp;571/23d der Staatsanwaltschaft Krems an der Donau, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 10.&nbsp;Jänner&nbsp;2024, AZ&nbsp;34&nbsp;Bl&nbsp;41/23s, (ON&nbsp;20.3 der Ermittlungsakten) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag.&nbsp;Leitner, der Privatbeteiligten * Z* und der Privatbeteiligtenvertreterin Rechtsanwältin Dr.&nbsp;Ollinger sowie des Beschuldigten und seines Verteidigers Rechtsanwalt Dr.&nbsp;Nistelberger zu Recht erkannt:</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">In der Strafsache AZ&nbsp;60&nbsp;BAZ&nbsp;571/23d der Staatsanwaltschaft Krems an der Donau verletzt der Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 10.&nbsp;Jänner&nbsp;2024 (ON&nbsp;20.3) §&nbsp;86 Abs&nbsp;1 vierter Satz StPO.</span></p><p class="ErlText AlignLeft">Dieser Beschluss wird aufgehoben und es wird die Sache zur neuerlichen Entscheidung über den Antrag auf Fortführung an das Landesgericht Krems an der Donau verwiesen.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Gründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Die Staatsanwaltschaft Krems an der Donau führte zum AZ&nbsp;60&nbsp;BAZ&nbsp;571/23d gegen Ing.&nbsp;* F* wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach §&nbsp;88 Abs&nbsp;1 und 4 StGB ein Ermittlungsverfahren.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [2] Am 2.&nbsp;November&nbsp;2023 stellte die Staatsanwaltschaft dieses Verfahren gemäß §&nbsp;190 Z&nbsp;2 StPO mit der Begründung ein, dass kein Verschulden vorliege (ON&nbsp;1.7).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] Dagegen richtete sich der Fortführungsantrag des Opfers (ON&nbsp;16.2).</p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Dieser Antrag wurde am 21.&nbsp;November&nbsp;2023 dem Landesgericht Krems an der Donau vorgelegt (ON&nbsp;1.13). In einer gleichzeitig abgegebenen Stellungnahme verwies die Staatsanwaltschaft auf das Ergebnis des eingeholten Gutachtens (ON&nbsp;13.2) und führte aus, dass die Argumente des Fortführungsantrags nicht geeignet seien, eine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage herbeizuführen (ON&nbsp;17).</p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Die Antragstellerin trat dieser Auffassung entgegen (ON&nbsp;18.2).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] Dem Beschuldigten wurde Gelegenheit zur Äußerung sowohl zum Fortführungsantrag als auch zur Stellungnahme der Staatsanwaltschaft eingeräumt (§&nbsp;196 Abs&nbsp;1 zweiter Satz StPO), indem ihm beides mit Wirksamkeit (§&nbsp;89m Abs&nbsp;2 GOG) vom 24.&nbsp;November&nbsp;2023 zur Äußerung binnen 14&nbsp;Tagen zugestellt wurde.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Mit Beschluss vom 10.&nbsp;Jänner&nbsp;2024 (ON&nbsp;20.3) ordnete das Landesgericht Krems an der Donau die Fortführung des Ermittlungsverfahrens gegen Ing.&nbsp;* F* wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung nach §&nbsp;88 Abs&nbsp;1 und 4 StGB an. In der Begründung seiner Entscheidung hielt das Gericht ausdrücklich fest, dass sich der Beschuldigte zum Fortführungsantrag nicht geäußert hätte (ON&nbsp;20.3 S&nbsp;3).</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"> [8] Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, steht dieser Beschluss mit dem Gesetz nicht im Einklang:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] Ein Beschluss hat gemäß §&nbsp;86 Abs&nbsp;1 StPO neben Spruch und Rechtsmittelbelehrung eine Begründung zu enthalten (§&nbsp;86 Abs&nbsp;1 erster und vierter Satz StPO).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [10] Sind die in Letzterer enthaltenen tatsächlichen Annahmen mit einem formalen Begründungsmangel behaftet und solcherart willkürlich getroffen, ist der Beschluss rechtsfehlerhaft (RIS-Justiz RS0126648 und RS0132725; <span class="Kursiv">Ratz</span>, WK-StPO §&nbsp;292 Rz&nbsp;7 und 17).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [11] Vorliegend ging das Gericht (wie erwähnt) explizit davon aus, dass der Beschuldigte keine Stellungnahme im Sinn des §&nbsp;196 Abs&nbsp;1 zweiter Satz StPO abgegeben hat.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [12] Mit Recht bekämpft die Generalprokuratur diese Feststellung zu einem (gesetzlich vorgesehenen) Teil des Prüfungsverfahrens (vgl <span class="Kursiv">Ratz</span>, Fortführungsanträge und deren Erledigung, ÖJZ&nbsp;2020, 542 [544]), indem sie aufzeigt, dass sie willkürlich – und somit (wie dargelegt) rechtsfehlerhaft – getroffen worden ist. Hat sich doch das Gericht insoweit darüber hinweggesetzt, dass der Beschuldigte nach der – in der Beschwerde referierten – Lage der Akten (am 7.&nbsp;Dezember&nbsp;2023, somit innerhalb der ihm eingeräumten Äußerungsfrist) gar wohl einen Schriftsatz eingebracht hat, mit dem er dem Fortführungsantrag argumentativ entgegentritt (ON&nbsp;20.11 und 21.4).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [13] Da nicht auszuschließen ist, dass sich die aufgezeigte Gesetzesverletzung zum Nachteil des Beschuldigten auswirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, deren Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§&nbsp;292 letzter Satz StPO).</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20241218_OGH0002_0170OB00011_24B0000_000
Justiz
OGH
2025-01-27
2025-01-27
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241218_OGH0002_0170OB00011_24B0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20241218_OGH0002_0170OB00011_24B0000_000/JJT_20241218_OGH0002_0170OB00011_24B0000_000.html
17Ob11/24b
ECLI:AT:OGH0002:2024:0170OB00011.24B.1218.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Präsidenten Univ.-Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Kodek als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr.&nbsp;Stefula und MMag.&nbsp;Sloboda, die Hofrätin Mag.&nbsp;Waldstätten und den Hofrat Dr.&nbsp;Stiefsohn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag.&nbsp;Philipp Casper, Rechtsanwalt, Kalchberggasse&nbsp;1, 8010&nbsp;Graz, als Masseverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der S* GmbH *, vertreten durch die Kaan Cronenberg &amp; Partner Rechtsanwälte GmbH &amp; Co KG in Graz, gegen die beklagte Partei Ing.&nbsp;*, vertreten durch die KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Anfechtung (Streitwert 2.055.000&nbsp;EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 14.&nbsp;August&nbsp;2024, GZ&nbsp;2&nbsp;R&nbsp;91/24f-98, in nichtöffentlicher Sitzung den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die außerordentliche Revision wird gemäß §&nbsp;508a Abs&nbsp;2 ZPO mangels der Voraussetzungen des §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO zurückgewiesen.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [1] Der Beklagte ist einziger Gesellschafter und Alleingeschäftsführer der Schuldnerin. Bei dieser handelte es sich um eine „klassische“ Holdinggesellschaft, die ua 99&nbsp;% der Stammeinlage der operativ tätigen S* GmbH hielt (idF: Tochtergesellschaft).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Bereits im November und Dezember&nbsp;2015 hatte der Beklagte als Alleingesellschafter der Schuldnerin die Ausschüttung von 6.150.000&nbsp;EUR vom Bilanzgewinn beschlossen und diesen Betrag in der Folge der Schuldnerin wieder als unverzinstes, aber wertgesichertes, endfälliges Gesellschafterdarlehen gewährt. Die Rückführung sollte nach fünf Jahren erfolgen, eine Kündigung war nur aus wichtigem Grund möglich. Als Sicherheit räumte die Schuldnerin dem Beklagten im [richtig:] Dezember&nbsp;2015 unter anderem ein Pfandrecht im Höchstbetrag des Darlehens auf vier ihr gehörigen Liegenschaften ein. Im Juli und September&nbsp;2016 wiederholte der Beklagte diesen Vorgang hinsichtlich eines Bilanzgewinns von 3.770.000&nbsp;EUR mit einer Darlehenslaufzeit von sieben Jahren. Die Pfandrechte wurden wegen der Eintragungsgebühr jedoch nicht verbüchert.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [3] Am 30.&nbsp;10.&nbsp;2017 beantragte die Schuldnerin schließlich die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Verpfändung nach §&nbsp;53 GBG bis zu einem Höchstbetrag von 700.000&nbsp;EUR auf ihren Liegenschaften, die jeweils am 3.&nbsp;11.&nbsp;2017 grundbücherlich vollzogen wurde.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Mit Beschluss vom 2.&nbsp;11.&nbsp;2017 wurde über das Vermögen der Tochtergesellschaft aufgrund eines Eigenantrags das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet. Dieses Verfahren wurde am 22.&nbsp;5.&nbsp;2018 nach Annahme eines Sanierungsplans mit einer 30%igen Quote rechtskräftig beendet. Die Sanierungsplanquote wäre in vier Teilquoten zu bezahlen gewesen, von denen lediglich die Teilbarquote (5&nbsp;%) und die am 31.&nbsp;7.&nbsp;2018 fällige zweite Teilquote (5&nbsp;%) bezahlt wurden.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Mit Verträgen vom 31.&nbsp;7.&nbsp;2018 verkaufte die Schuldnerin dem Beklagten die ihr gehörigen vier Liegenschaften, wobei jeweils festgehalten wurde, dass hinsichtlich der Berichtigung des (der Höhe nach unstrittig angemessenen) Kaufpreises von gesamt 2.055.000&nbsp;EUR eine separate Vereinbarung geschlossen werde und die Verbücherung sofort erfolgen könne. Mit schriftlichen Vereinbarungen vom selben Tag stellten die Schuldnerin und der Beklagte fest, dass der Beklagte als Darlehensgeber „das gewährte Darlehen“ aufgekündigt hätte, dieses fällig sei, und die jeweiligen Kaufpreise „gegen das aushaftende Darlehen“ aufrechnungsweise verrechnet würden.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [6] Das Erstgericht konnte nicht feststellen, „ob oder wann der Beklagte die Darlehen aus den Gewinnausschüttungen tatsächlich aufgekündigt hatte. Ein Grund für eine Kündigung lag zu keinem Zeitpunkt vor“.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [7] Nachdem die am 31.&nbsp;12.&nbsp;2018 fällige dritte Teilquote (von 10&nbsp;%) aus dem Sanierungsplan nicht bezahlt werden konnte, wurde am 3.&nbsp;4.&nbsp;2019 ein Konkursverfahren über die Tochtergesellschaft eröffnet. Mit Beschluss vom 10.&nbsp;4.&nbsp;2019 wurde schließlich auch über das Vermögen der Schuldnerin ein Insolvenzverfahren eröffnet.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [8] Mit seiner Klage ficht der Masseverwalter als <span class="Fett">Kläger</span> den Verkauf der Liegenschaften und die Aufrechnung der Kaufpreise mit den Gesellschafterdarlehen an.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] Das <span class="Fett">Erstgericht</span> gab dem ausdrücklich auf verbotene Einlagenrückgewähr gemäß §§&nbsp;82&nbsp;f GmbHG gestützten Hauptbegehren statt, stellte fest, dass die Kaufverträge und die Aufrechnungsvereinbarung vom 31.&nbsp;7.&nbsp;2018 sowie die Aufrechnung mit den Gesellschafterdarlehen vom 14.&nbsp;12.&nbsp;2015 bzw 30.&nbsp;7.&nbsp;2016 nichtig seien, und ordnete die Löschung des Eigentumsrechts des Beklagten und die Eintragung der Schuldnerin als Eigentümerin im Grundbuch an.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [10] Zwar seien die Gewinnausschüttungen der Jahre&nbsp;2015 und 2016 zulässig gewesen. Die Vereinbarungen vom 31.&nbsp;7.&nbsp;2018 seien aber in ihrer Gesamtheit zu beurteilen. Ein objektives Missverhältnis im Sinn der Rechtsprechung zu §§&nbsp;82&nbsp;f GmbHG sei nicht nur dann gegeben, wenn der Wert der Liegenschaften nicht dem Kaufpreis entspreche, sondern auch dann, wenn ein derartiges Geschäft mit einem Dritten überhaupt nicht geschlossen worden wäre. Da die Schuldnerin zum 30.&nbsp;7.&nbsp;2018 insolvenzrechtlich überschuldet und zahlungsunfähig gewesen sei, habe sie werthaltige Vermögensgegenstände hingegeben, während der Beklagte mit nicht werthaltigen und nicht einmal fälligen Darlehensforderungen aufgerechnet habe. Aus Sicht der Schuldnerin habe auch keine betriebliche Rechtfertigung für den Verkauf der Liegenschaften gegen Aufrechnung bestanden, durch die sie gerade nicht mit der für sie notwendigen Liquidität ausgestattet worden sei.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [11] Das <span class="Fett">Berufungsgericht</span> gab einer Berufung des Beklagten nicht Folge und schloss sich der Rechtsansicht des Erstgerichts an. Die Darlehensforderung des Beklagten sei – ungeachtet der Anmerkung der Rangordnungen – mangels Eintragung gerade nicht pfandrechtlich besichert gewesen, sodass die illiquide Schuldnerin werthaltige und unbelastete Liegenschaften gegen Tilgung einer nicht werthaltigen und auch nicht fälligen Geldforderung hingegeben habe.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [12] Das Berufungsgericht ließ die Revision mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zu.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [13] Die <span class="Fett">außerordentliche Revision des Beklagten</span>, mit der er eine Klagsabweisung, hilfsweise eine Aufhebung der Vorentscheidungen anstrebt, ist mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage iSd §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO <span class="Fett">nicht zulässig</span> und daher zurückzuweisen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [14] <span class="Fett">1.</span>&nbsp;Soweit die Revision unter Berufung auf die Entscheidung 17&nbsp;Ob&nbsp;1/20a damit argumentiert, dass die Darlehensrückführung nicht nach §§&nbsp;82&nbsp;f GmbHG, sondern ausschließlich am Maßstab des EKEG zu prüfen sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass dieses Gesetz Kredite erfasst, die ein Gesellschafter in der Krise gewährt (§§&nbsp;1&nbsp;ff EKEG), eine solche bei der Darlehensgewährung in den Jahren&nbsp;2015 und 2016 aber unstrittig noch nicht bestand. Ein Kredit iSd §&nbsp;1 EKEG liegt gemäß §&nbsp;3 Abs&nbsp;1 Z&nbsp;3 EKEG selbst dann nicht vor, wenn ein vor der Krise gewährter Kredit verlängert oder dessen Rückzahlung gestundet wird.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [15] Die mangelnde Anwendbarkeit des EKEG bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass die vom Beklagten mit der Schuldnerin geschlossenen Geschäfte auch nach §§&nbsp;82&nbsp;f GmbHG „immunisiert“ wären, wie die Revision unterstellt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [16] <span class="Fett">2.1.</span>&nbsp;Bei Fragen der Einlagenrückgewähr gemäß §§&nbsp;82&nbsp;f GmbHG ist nach ständiger Rechtsprechung entscheidend, ob eine Besserstellung des Gesellschafters gegenüber anderen Vertragspartnern der Gesellschaft aufgrund seiner Gesellschafterstellung erfolgt und ob diese zu Lasten der Gesellschaft geht (vgl 6&nbsp;Ob&nbsp;206/17p mwN). Maßgebend ist, ob das Geschäft dem Fremdvergleich standhält und auch dann so geschlossen worden wäre, wenn kein Gesellschafter daraus einen Vorteil zöge (RS0105540). In den Fremdvergleich einzubeziehen sind nicht nur die konkreten Konditionen, sondern vor allem auch die Frage, ob mit einem gesellschaftsfremden Dritten überhaupt ein derartiges Geschäft abgeschlossen worden wäre (RS0105540 [T8]). Für die Beurteilung ist auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen (vgl 6&nbsp;Ob&nbsp;132/10w).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [17] <span class="Fett">2.2.</span>&nbsp;Bei der hier gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise (vgl RS0105532 [T15]) ist die Ansicht der Vorinstanzen, die Kaufverträge und die Aufrechnungsvereinbarung vom 31.&nbsp;7.&nbsp;2018 könnten nur gemeinsam beurteilt werden, jedenfalls vertretbar. Ebenso bewegt sich deren Wertung innerhalb des ihnen im Einzelfall notwendigerweise zukommenden Beurteilungsspielraums, dass schon der Liegenschaftserwerb ungeachtet der Angemessenheit der Kaufpreishöhe objektiv inäquivalent sei, das Geschäft zu diesen Konditionen nicht auch mit einem Nichtgesellschafter geschlossen worden wäre und keine betriebliche Rechtfertigung angenommen werden könne.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [18] Im Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse am 31.&nbsp;7.&nbsp;2018 bestanden lediglich Anmerkungen der Rangordnung für Höchstbetragshypotheken über je 700.000&nbsp;EUR für die Darlehen, die eine Laufzeit bis zum 31.&nbsp;12.&nbsp;2020 bzw 31.&nbsp;7.&nbsp;2023 hatten. Selbst vor dem Hintergrund der bereits bestehenden (höheren) Pfandrechtsbestellungsverträge ist es im Einzelfall vertretbar, im Angebot des Beklagten, die ansonsten unbelasteten Liegenschaften von der liquiditätsschwachen Schuldnerin zu einem (marktüblichen) Preis von 2.055.000&nbsp;EUR nicht gegen (marktübliche) Zahlung, sondern gegen (unübliche) Aufrechnung mit nicht fälligen, unverzinsten Darlehensforderungen zu erwerben, ein objektives Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zu erblicken, für das auch keine betriebliche Rechtfertigung erkennbar ist.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [19] Für die Gleichwertigkeit seiner Gegenleistungen ist aber der Gesellschafter behauptungs- und beweispflichtig, handelt es sich doch dabei um die Widerlegung der prima facie als unzulässig anzunehmenden Rückgewähr von Einlagen (RS0105532 [T26]).</p><p class="ErlText AlignLeft"> [20] <span class="Fett">2.3.</span>&nbsp;Abgesehen von der Angemessenheit der Kaufpreishöhe und der Besicherung durch die Rangordnungen führt die Revision für die objektive Äquivalenz (sowie die Fremdüblichkeit und die betriebliche Rechtfertigung) lediglich ins Treffen, dass das Berufungsverfahren mangelhaft geblieben sei, weil das Berufungsgericht die Beweisrüge nicht erledigt habe, wonach <span class="Kursiv">„die aus der Gewinnausschüttung stammenden Gesellschafterdarlehen laut der von Dr.&nbsp;* aufgesetzten Verrechnungsvereinbarung, die zwischen der [Schuldnerin] und dem Beklagten abgeschlossen wurde, zum Zeitpunkt der Aufrechnung fällig [waren]“</span>.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [21] Dazu hielt das Berufungsgericht jedoch – als Rechtsfrage zutreffend – im Rahmen der Rechtsrüge fest, dass die Darlehen nach den unstrittigen Verträgen endfällig und nur aus wichtigem Grund kündbar gewesen seien und die (Negativ-)Feststellungen des Erstgerichts zu einer Kündigung durch den Beklagten und dem Nichtvorliegen eines wichtigen Grundes unbekämpft geblieben seien; wenn in der Aufrechnungsvereinbarung dessen ungeachtet von einer Fälligkeit ausgegangen worden sei, spreche dies umso mehr für eine verbotene Einlagenrückgewähr.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [22] Dem hält die Revision nichts Stichhaltiges entgegen; wann und warum die Darlehen (vorzeitig) fällig gestellt worden wären, und warum insofern keine Schlechterstellung der Schuldnerin zu Gunsten des Beklagten vorgelegen sein soll, erschließt sich aus den Rechtsmittelausführungen nicht.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [23] Die Revision vermag sohin kein Fehlen oder (unvertretbares) Abgehen von höchstgerichtlicher Rechtsprechung zum Verbot der Einlagenrückgewähr nach §§&nbsp;82&nbsp;f GmbHG aufzuzeigen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [24] <span class="Fett">3.</span>&nbsp;Ob die Pfandrechte des Beklagten „anfechtungsfest“ und eine Aufrechnung in der (späteren) Insolvenz nach §&nbsp;19 Abs&nbsp;1 IO zulässig gewesen wären, ist in diesem Zusammenhang ebenso unerheblich wie die Frage der Befriedigungstauglichkeit einer insolvenzrechtlichen Anfechtung.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [25] Eine Auseinandersetzung mit der vom Beklagten verlangten „Wiedereintragung der Höchstbetragshypotheken“ kann schon deswegen unterbleiben, weil seine Pfandrechte nie verbüchert waren.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [26] <span class="Fett">4.</span>&nbsp;Im Ergebnis gelingt es der Revision sohin nicht, eine erhebliche Rechtsfrage iSd §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO aufzuzeigen, sodass sie als unzulässig zurückzuweisen war.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20241218_OGH0002_0170OB00020_24A0000_000
Justiz
OGH
2025-01-27
2025-01-27
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241218_OGH0002_0170OB00020_24A0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20241218_OGH0002_0170OB00020_24A0000_000/JJT_20241218_OGH0002_0170OB00020_24A0000_000.html
17Ob20/24a
ECLI:AT:OGH0002:2024:0170OB00020.24A.1218.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten Univ.-Prof.&nbsp;Dr.&nbsp;Kodek als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr.&nbsp;Stefula und MMag.&nbsp;Sloboda, die Hofrätin Mag.&nbsp;Waldstätten und den Hofrat Dr.&nbsp;Stiefsohn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch die LIKAR Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei Mag.&nbsp;Michael Ludwig Lang, M.B.L.-HSG, Rechtsanwalt, Krugerstraße&nbsp;13, 1010&nbsp;Wien, als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der G* GmbH, *, wegen (zuletzt) Feststellung einer Insolvenzforderung, über den (richtig) Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 3.&nbsp;September&nbsp;2024, GZ&nbsp;18&nbsp;R&nbsp;120/24m-66, mit dem infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 27.&nbsp;März&nbsp;2024, GZ&nbsp;14&nbsp;C&nbsp;448/21s-59, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [1] Über das Vermögen der G* GmbH (in der Folge: Schuldnerin) wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 7.&nbsp;7.&nbsp;2022 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Die <span class="Fett">Klägerin</span> begehrte mit Klage vom 26.&nbsp;5.&nbsp;2021 die Zahlung von 11.500&nbsp;EUR&nbsp;sA aus einem von ihr mit der nunmehrigen Schuldnerin abgeschlossenen Vertrag über die Gewährung eines qualifizierten Nachrangdarlehens in Höhe von 10.000&nbsp;EUR mit einer Laufzeit von 24&nbsp;Monaten und einer Verzinsung von 7,5&nbsp;%&nbsp;pa (zur Entscheidung im ersten Rechtsgang siehe 3&nbsp;Ob&nbsp;222/22a). Neben der behaupteten Fälligkeit der Rückzahlung des Darlehens samt Verzinsung stützte sie sich (unter anderem) auch auf die Intransparenz der vereinbarten Darlehensbedingungen, die Sittenwidrigkeit des Geschäftsmodells, arglistige Täuschung, mangelhafte Aufklärung sowie Aufhebung des Vertrags aus wichtigem Grund.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] Im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin meldete die Klägerin am 29.&nbsp;7.&nbsp;2022 eine näher aufgeschlüsselte unbedingte Insolvenzforderung von insgesamt 16.101,74&nbsp;EUR (darin Verfahrenskosten und Zinsen bis zur Insolvenzeröffnung) aus dem von ihr der Schuldnerin gewährten Nachrangdarlehen unter Hinweis auf das anhängige Verfahren an.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Nach Aufnahme des infolge Insolvenzeröffnung unterbrochen gewesenen Verfahrens stellte die Klägerin ihr Begehren auf Feststellung einer unbedingten Insolvenzforderung von 16.101,74&nbsp;EUR um und konkretisierte ihr bis dahin erstattetes Vorbringen zum sittenwidrigen Geschäftsmodell der Schuldnerin.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Das <span class="Fett">Erstgericht</span> wies die Klage im zweiten Rechtsgang wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [6] Gegenstand des Prüfungsprozesses sei ausschließlich die angemeldete Forderung und das Begehren könne nur auf den Grund gestützt werden, der in der Anmeldung angegeben worden sei. Die mangelnde rechtliche Schlüssigkeit der Forderungsanmeldung könne der Gläubiger nicht nachträglich sanieren. Soweit die Klägerin einerseits die Rückzahlung des Darlehens samt Zinsen begehre und sich andererseits auf die Rückabwicklung des Vertrags stütze, sei die Forderungsanmeldung unschlüssig. Soweit sie die Rückzahlung auf vertraglicher Grundlage fordere, sei die Zahlung nicht fällig.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [7] Das <span class="Fett">Rekursgericht</span> gab dem Rekurs Folge, hob den angefochtenen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [8] Die Forderungsanmeldung müsse alle anspruchsbegründenden Tatsachen enthalten, auf die später die Feststellungsklage gestützt werde. Diesen Anforderungen entspreche die Forderungsanmeldung der Klägerin. Der geltend gemachte Betrag sei detailliert aufgeschlüsselt und die anspruchsbegründenden Tatsachen für einen vertraglichen Anspruch und im Fall von dessen Nichtigkeit für einen Kondiktionsanspruch seien entsprechend vorgebracht. Soweit die Forderung allenfalls überhöht angemeldet worden sei, handle es sich nicht um eine Frage der Schlüssigkeit, sondern der Berechtigung des Klagebegehrens.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [9] Der Rekurs sei zulässig, weil der Auslegung der zu beurteilenden Forderungsanmeldung im Hinblick auf die Vielzahl anhängiger Verfahren über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"> [10] Der (richtig) <span class="Fett">Revisionsrekurs</span> des Beklagten ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts <span class="Fett">nicht zulässig</span>, weil er das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nicht aufzeigt:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [11] 1.&nbsp;Voranzustellen ist, dass bei einem „aufhebenden“ Beschluss des Rekursgerichts, mit dem ein Zurückweisungsbeschluss des Erstgerichts beseitigt wird, der wegen des Fehlens prozessualer Voraussetzungen ergangen war, es sich in Wahrheit nicht um eine „aufhebende“, sondern um eine abändernde Entscheidung handelt. Auf eine solche Entscheidung ist §&nbsp;527 Abs&nbsp;2 ZPO nicht anwendbar, sodass sie nach Maßgabe des §&nbsp;528 ZPO anfechtbar ist (4&nbsp;Ob&nbsp;17/23p [Rz&nbsp;25] mwH; vgl auch <span class="Kursiv">Sloboda</span> in <span class="Kursiv">Fasching/Konecny</span>, Zivilprozessgesetze<span class="Hoch">3</span> IV/I [2019] §&nbsp;527 ZPO Rz&nbsp;12, 16; <span class="Kursiv">G.&nbsp;Kodek</span> in <span class="Kursiv">Kodek/Oberhammer</span>, ZPO-ON [2023] §&nbsp;527 Rz&nbsp;2, 12).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [12] 2.&nbsp;Der Umstand allein, dass die zu lösenden Rechtsfragen – angeblich – in einer Vielzahl von Fällen auftreten, bewirkt nicht deren Erheblichkeit iSd §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO (RS0042816).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [13] 3.&nbsp;Die Forderungsanmeldung nach §&nbsp;103 IO hat ähnliche Aufgaben wie eine Klage. Sie hat selbst die anspruchsbegründenden Tatsachen zu enthalten, aber eine rechtliche Qualifikation ist darin nicht vorzunehmen (vgl RS0089657 [insb T1, T2]). Wesentliche Zielrichtung ist es in diesem Zusammenhang, den anderen Beteiligten die Beurteilung der Forderung und die Feststellung der Identität zwischen der angemeldeten Forderung und dem in der Feststellungsklage nach §&nbsp;110 IO geltend gemachten Anspruch zu ermöglichen (7&nbsp;Ob&nbsp;6/16g). Wird in der Forderungsanmeldung auf einen bereits anhängigen Prozess Bezug genommen (§&nbsp;103 Abs&nbsp;2 IO), ermöglicht in der Regel schon diese Bezugnahme, dass sich der Insolvenzverwalter über die näheren anspruchsbegründenden Tatsachen unschwer unterrichten kann (8&nbsp;Ob&nbsp;262/00p).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [14] Das Klagebegehren im Prüfungsprozess kann nur auf den Grund gestützt werden, der in der Anmeldung und bei der Prüfungstagsatzung angegeben worden ist, denn die ordnungsgemäße Abwicklung des Prüfungsverfahrens erfordert, dass es keinen Prüfungsprozess ohne vorhergehende Forderungsanmeldung gibt; es gibt daher im Prüfungsprozess keine Erweiterung oder Änderung des Klagsgegenstands und auch keine Klagsänderung. Bloße Ergänzungen im Tatsachenvorbringen oder im Beweisanbot iSd §&nbsp;235 Abs&nbsp;4 ZPO sind hingegen zulässig, sofern die Forderung schon in der Anmeldung eindeutig individualisiert wurde (RS0039281 [insb auch T18]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [15] 4.&nbsp;Die Frage, ob die Anmeldung als ausreichend anzusehen ist, kann nur nach dem Inhalt der jeweiligen Behauptungen im Einzelfall beurteilt werden und stellt somit keine erhebliche Rechtsfrage iSd §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO dar (RS0089657 [T17]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [16] 4.1.&nbsp;Der vom Erstgericht festgestellte Wortlaut der Forderungsanmeldung umfasst – neben der Bezugnahme auf das bereits anhängige Verfahren (§&nbsp;103 Abs&nbsp;2 IO) – (auch) die Behauptungen, das Modell der Schuldnerin sei „sittenwidrig“ gewesen und die Klägerin sei „über die Bonität und das Geschäftsmodell getäuscht“ worden. Es habe niemals die ernsthafte Absicht bestanden, die Darlehen aus operativen Gewinnen zurückzuzahlen. Wenn das Rekursgericht dieses Vorbringen als hinreichend schlüssig erachtete, so ist dies nicht korrekturbedürftig. Die Argumentation des Beklagten, wonach sich die Klägerin in der Forderungsanmeldung „nur“ auf die Darlehensforderung gestützt habe, übergeht gerade jene Textpassagen der Forderungsanmeldung, die über die Bezeichnung der Forderung als „Darlehen“ hinausgehen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [17] 4.2.&nbsp;Im Übrigen tritt der Beklagte den Rechtsausführungen des Rekursgerichts zur Schlüssigkeit des Vorbringens in der Forderungsanmeldung nur mit dem einer gesetzmäßigen Ausführung nicht genügenden pauschalen Hinweis auf die Unrichtigkeit dieser rechtlichen Beurteilung entgegen (vgl RS0043603 [T9]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [18] 4.3.&nbsp;Soweit sich der Beklagte auf eine – nicht veröffentlichte – Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien zu einem anderen Gläubiger der Schuldnerin stützt, lässt sich seinen Ausführungen nicht entnehmen, welche Formulierung die dort zu beurteilende Forderungsanmeldung hatte. Auch damit wird daher keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [19] 5.&nbsp;Die Kostenentscheidung beruht auf §§&nbsp;41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit des Rekurses nicht hingewiesen und auch nicht dessen Zurückweisung beantragt. Sie hat daher die Kosten der Rekursbeantwortung selbst zu tragen (RS0035962 [T20]).</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20241218_OGH0002_0050OB00128_24W0000_000
Justiz
OGH
2025-01-28
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241218_OGH0002_0050OB00128_24W0000_000
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5Ob128/24w
ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00128.24W.1218.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Mag.&nbsp;Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag.&nbsp;Painsi, Dr.&nbsp;Weixelbraun-Mohr, Dr.&nbsp;Steger und Dr.&nbsp;Pfurtscheller als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S* Limited, *, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei M* Rechtsanwalts GmbH, *, vertreten durch Mag.&nbsp;Elke Novak-Rabenseifner, Rechtsanwältin in Wien, wegen 286.082,67&nbsp;EUR&nbsp;sA (Revisionsinteresse 158.076,09&nbsp;EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 17.&nbsp;Juni&nbsp;2024, GZ&nbsp;33&nbsp;R&nbsp;54/24i-37, den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die außerordentliche Revision wird gemäß §&nbsp;508a Abs&nbsp;2 ZPO mangels der Voraussetzungen des §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO zurückgewiesen.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [1] Die Klägerin begehrt von der beklagten Rechtsanwalts-GmbH die Herausgabe von Kostenersatzbeträgen aus mehreren Gerichtsverfahren, in denen sie als Nebenintervenientin der obsiegenden Partei beigetreten war. Die Vereinbarung über ihre rechtliche Beratung und Vertretung wurde mit dem (nunmehrigen) Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten abgeschlossen. Darin waren das für die anwaltlichen Leistungen zu verrechnende Honorar (nach einem Stundensatz), die monatliche Abrechnung sowie eine Zahlungsfrist geregelt; eine Regelung über die Verwendung gerichtlich zugesprochener Kostenersatzbeträge für den Fall strittiger Honorarforderungen enthielt diese Vereinbarung nicht. Die Klägerin bestreitet, dass die Vereinbarung später dahin abgeändert wurde, dass die Beklagte berechtigt sei, Kostenersatzleistungen zu vereinnahmen, soweit sie das vereinbarte (und von der Klägerin bezahlte) Stundenhonorar übersteigen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Weder die Beklagte noch ihr Geschäftsführer hinterlegten den strittigen Betrag bei Gericht.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] Das <span class="Fett">Erstgericht</span> verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 158.076,09&nbsp;EUR&nbsp;sA und wies das Mehrbegehren von 128.006,58&nbsp;EUR&nbsp;sA ab. Die Klägerin habe die behauptete Abänderung der Honorarvereinbarung bestritten, sodass die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, den strittigen Betrag an sie auszufolgen oder zu hinterlegen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Das <span class="Fett">Berufungsgericht</span> gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und ließ die Revision nicht zu.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Die außerordentliche Revision der Beklagten zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [6] 1.&nbsp;Ein Rechtsanwalt hat, falls Richtigkeit und Höhe seiner Honorarforderung bestritten werden, entweder den bei ihm eingegangenen Betrag dem Klienten auszufolgen oder bei Gericht gemäß §&nbsp;1425 ABGB zu erlegen. Er hat zu Gunsten strittiger Honorarforderungen kein Zurückbehaltungsrecht und kann im Fall der Bestreitung seiner Honorarforderung nur zwischen Rückzahlung oder gerichtlichem Erlag wählen (RS0033851 [T7]; vgl auch RS0056451). Hat der Rechtsanwalt nicht ordnungsgemäß bei Gericht erlegt, muss er die gesamten Beträge herausgeben, ohne dass er dieser Herausgabeverpflichtung seinen Kostenanspruch entgegensetzen könnte (RS0072014). Dabei besteht keine Obliegenheit des Mandanten zu einem unverzüglichen Bestreiten der Honorarforderung (vgl RS0056451 [T5]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [7] Die Parteien streiten über die Frage der Richtigkeit der Honorarabrechnung für die anwaltlichen Leistungen – nicht zuletzt deswegen, weil der Geschäftsführer der Beklagten eine geänderte Vereinbarung über die Vorgangsweise bei der Abrechnung behauptet, die nach Ansicht der Klägerin nicht zustande gekommen ist. Die auf dem Konto der Beklagten eingegangenen Kostenersatzbeträge hätten daher nach ständiger Rechtsprechung zu §&nbsp;19 Abs&nbsp;3 RAO gerichtlich hinterlegt oder der Klägerin herausgegeben werden müssen. Die Entscheidungen der Vorinstanzen entsprechen diesem Grundsatz. Soweit die Beklagte zu der von ihr behaupteten geänderten Vereinbarung Feststellungen vermisst, ignoriert sie, dass sie ihrer Verpflichtung zur Herausgabe der bei ihr eingegangenen Kostenersatzleistungen einen aus der strittigen Honorarvereinbarung abgeleiteten Anspruch gerade nicht entgegensetzen kann. Mit ihren wiederholten Verweisen auf das Fehlen von Feststellungen zu der ihrer Ansicht nach wirksam abgeschlossenen (Änderungs-)Vereinbarung kann sie daher keine im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht und damit auch keinen (Feststellungs-)Mangel aufzeigen. Das gilt auch für den von ihr behaupteten Verstoß gegen den Grundsatz der Verfahrensökonomie, der im Kern ebenfalls den Vorwurf betrifft, dass sich die Vorinstanzen mit der strittigen Abänderungsvereinbarung nicht auseinandergesetzt haben. Die von ihr in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung zu 6&nbsp;Ob&nbsp;312/04g betraf ein Verfahren über die Zustimmung zur Ausfolgung des von einem Rechtsanwalt gerichtlich hinterlegten Betrags und ist damit ebenso wenig einschlägig wie die Entscheidung zu 6&nbsp;Ob&nbsp;37/18m, in der eine (unstrittige) Vereinbarung zwischen zwei Rechtsanwälten auszulegen war. Die darin enthaltene Aussage, dass (allein) aus der Pflicht des Rechtsanwalts, fremdes Geld auf einem Anderkonto einzuzahlen bzw zu verwahren, nicht der Schluss gezogen werden könne, jedes auf einem Anderkonto liegende Geld sei automatisch Fremdgeld (6&nbsp;Ob&nbsp;37/18m = RS0126374 [T1]), kann damit nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Da es hier nicht um einen auf ihr Honorar geleisteten Vorschuss, sondern ausschließlich um von ihr einbehaltene Kostenersatzbeträge geht, lässt sich für ihren Standpunkt auch aus der Entscheidung zu 23&nbsp;Os&nbsp;2/16s nichts gewinnen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] 2.&nbsp;Wenn ein Rechtsanwalt als Bevollmächtigter einschreitet, ersetzt die Berufung auf die ihm erteilte Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis, nicht jedoch die Erteilung einer Vollmacht (RS0035830). Aus §&nbsp;30 Abs&nbsp;2 ZPO ergibt sich, dass dem Rechtsanwalt grundsätzlich vertraut wird, wenn er ein Vollmachtsverhältnis behauptet. Dieses Vertrauen erstreckt sich im Allgemeinen auch darauf, dass die Bevollmächtigung von einer hierzu befugten Person erteilt wurde. Im Regelfall genügt daher auch bei juristischen Personen der bloße Hinweis auf die erteilte Bevollmächtigung (RS0035835). Der erleichterte Vollmachtsnachweis des §&nbsp;30 Abs&nbsp;2 ZPO befreit das Gericht zwar nicht von der Prüfung, ob tatsächlich Prozessvollmacht erteilt wurde, wenn sich aus der Aktenlage oder aus Gerichtsnotorietät Zweifel gegen eine solche Vollmachtserteilung ergeben. Es muss sich hier jedoch um konkrete Zweifel handeln. Bestehen solche nicht, dann hat eine Prüfung, ob tatsächlich Bevollmächtigung erteilt wurde, nicht zu erfolgen (RS0035833).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [9] Das Berufungsgericht sah – wie schon das Erstgericht – keinen Anlass, an der wirksamen Bevollmächtigung der Klagevertreterin zu zweifeln, und hat daher die von der Beklagten dagegen vorgetragenen Bedenken, die sie mit ihren erstinstanzlichen Argumenten gegen die (im Revisionsverfahren nicht mehr strittige) Aktivlegitimation der Klägerin vermischte, nicht geteilt. Indem sie sich damit begnügt, ihre schon im Berufungsverfahren vorgetragenen Argumente zu wiederholen, kann sie Bedenken gegen den im Sinn des §&nbsp;30 Abs&nbsp;2 ZPO erleichterten Vollmachtsnachweis und damit eine Fehlbeurteilung dieser Frage nicht aufzeigen. Auch aus der Aktenlage ist kein Grund für Zweifel an der Vollmachtserteilung erkennbar.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [10] 3.&nbsp;Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§&nbsp;510 Abs&nbsp;3 ZPO).</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20241218_OGH0002_0050OB00178_24Y0000_000
Justiz
OGH
2025-01-28
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241218_OGH0002_0050OB00178_24Y0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20241218_OGH0002_0050OB00178_24Y0000_000/JJT_20241218_OGH0002_0050OB00178_24Y0000_000.html
5Ob178/24y
ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00178.24Y.1218.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Mag.&nbsp;Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag.&nbsp;Painsi, Dr.&nbsp;Weixelbraun-Mohr, Dr.&nbsp;Steger und Dr.&nbsp;Pfurtscheller als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, geboren am *, vertreten durch Poduschka Partner Anwaltsgesellschaft&nbsp;mbH in Linz, gegen die beklagte Partei V* AG, *, vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 43.000&nbsp;EUR&nbsp;sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 31.819,81&nbsp;EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29.&nbsp;August&nbsp;2024, GZ&nbsp;5&nbsp;R&nbsp;99/24a-63, den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">Die außerordentliche Revision wird gemäß §&nbsp;508a Abs&nbsp;2 ZPO mangels der Voraussetzungen des §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO zurückgewiesen.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [1] Der Kläger kaufte am 12.&nbsp;Februar&nbsp;2014 von einer Händlerin einen A* mit einer damaligen Laufleistung von 18.500&nbsp;km um 43.000&nbsp;EUR. Die beklagte Partei ist nicht die Herstellerin des Fahrzeugs, wohl aber des darin eingebauten Motors der Baureihe&nbsp;EA189.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Die in der Motorsteuerung des Fahrzeugs ursprünglich enthaltene „Umschaltlogik“, die einen Prüfstandlauf erkannte, um im normalen Fahrbetrieb die Abgasrückführung zu reduzieren, wurde mittels Software-Update am 5.&nbsp;September&nbsp;2016 entfernt. Dieses Software-Update bedient sich eines „Thermofensters“, das die Abgasrückführung derart steuert, dass im Realbetrieb auf der Straße eine volle Abgasrückführung nur in einem gewissen Temperaturbereich stattfindet.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückzahlung des Kaufpreises samt 4&nbsp;% Zinsen ab Klagezustellung Zug um Zug gegen die Rückstellung des PKW aus dem Titel des Schadenersatzes. Die Beklagte habe den Kläger durch bewusst unrichtige Bewerbung des Fahrzeugs vorsätzlich und arglistig in die Irre geführt und geschädigt.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Die Beklagte wendete – soweit im Revisionsverfahren noch wesentlich – insbesondere ein, der Kläger müsse sich ein dem durch den Gebrauch des PKW verschafften Nutzen angemessenes Nutzungsentgelt in Höhe von 33.727&nbsp;EUR anrechnen lassen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [5] Das <span class="Unterstrichen">Erstgericht</span> verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 11.180,19&nbsp;EUR samt 4&nbsp;% Zinsen seit 28.&nbsp;Mai&nbsp;2020 Zug um Zug gegen Rückgabe des PKW und wies das Mehrbegehren ab. Die Beklagte hafte als Motorenhersteller nach §&nbsp;874, §&nbsp;1295 Abs&nbsp;2 ABGB für die arglistige Irreführung des Klägers, der sich aber ein Benützungsentgelt für den Gebrauchsnutzen abziehen lassen müsse, das nach der Formel „tatsächlicher Kaufpreis x gefahrene Kilometer : erwartbare Restlaufleistung“ und somit mit 31.819,81&nbsp;EUR zu ermitteln sei. Verzugszinsen seien dem Kläger für den zugesprochenen Betrag ab dem Tag nach Klagezustellung zuzusprechen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [6] Das <span class="Unterstrichen">Berufungsgericht</span> bestätigte diese Entscheidung und ließ die Revision mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zu.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"> [7] Die außerordentliche Revision des Klägers zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [8] 1.1.&nbsp;Nach der im Revisionsverfahren nicht in Zweifel gezogenen Rechtsauffassung der Vorinstanzen haftet die Beklagte den Klägern aus Schadenersatz wegen arglistiger Irreführung deliktisch nach §&nbsp;874, §&nbsp;1295 Abs&nbsp;2 ABGB. Dass es dabei über Einwendung zu einer schadenersatzrechtlichen Vorteilsausgleichung zu kommen hat, in deren Rahmen alles zu berücksichtigen ist, was der Geschädigte aus dem (ungewollten) Vertrag zu seinem Vorteil erlangt hat, also auch seine tatsächliche Nutzung (bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz), entspricht der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu vergleichbaren Sachverhalten im Zusammenhang mit dem „Dieselskandal“ (2&nbsp;Ob&nbsp;5/23h; 6&nbsp;Ob&nbsp;158/22m; 4&nbsp;Ob&nbsp;160/23t).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [9] 1.2.&nbsp;Dass ein derartiger Gebrauchsnutzen des Käufers eines Kfz, der die Rückabwicklung nicht zu vertreten hat, grundsätzlich in Abhängigkeit von den gefahrenen Kilometern linear zu berechnen ist, ist ebenso in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (RS0134263) bereits geklärt. Er ist ausgehend vom Kaufpreis anhand eines Vergleichs zwischen tatsächlichem Gebrauch (gefahrene Kilometer) und voraussichtlicher Gesamtnutzungsdauer (erwartete Gesamtlaufleistung bei Neufahrzeugen und erwartete Restlaufleistung bei Gebrauchtwagen) zu bestimmen (2&nbsp;Ob&nbsp;82/23g; 2&nbsp;Ob&nbsp;5/23h). Diese Anrechnung im Rahmen des Vorteilsausgleichs hat durch unmittelbaren Abzug von der Klageforderung und nicht etwa aufrechnungsweise in Form einer Gegenforderung zu erfolgen (2&nbsp;Ob&nbsp;5/23h).</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [10] 1.3.&nbsp;Die Rechtsauffassung der Vorinstanzen hält sich im Rahmen dieser Rechtsprechung und bedarf daher keiner Korrektur im Einzelfall. Dass der Grundsatz der Vorteilsanrechnung auch bei einem deliktischen Schadenersatzanspruch gegen den Motorenhersteller vorzunehmen ist, lag bereits der Entscheidung 2&nbsp;Ob&nbsp;5/23h zugrunde und widerspricht auch nicht den Vorgaben der Entscheidung des Gerichtshof der Europäischen Union vom 21.&nbsp;März&nbsp;2023 in der Rechtssache C-100/21,<span class="Kursiv"> QB </span>gegen<span class="Kursiv"> Mercedes-Benz Group AG</span>. Dort stellte der EuGH zwar klar, dass die Mitgliedstaaten vorsehen müssen, dass der Käufer einer mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinn von Art&nbsp;5 Abs&nbsp;2 der VO&nbsp;715/2007/EG ausgestatteten Fahrzeugs einen Anspruch auf Schadenersatz durch den Hersteller dieses Fahrzeugs hat, wenn dem Käufer durch diese Abschalteinrichtung ein Schaden entstanden ist, wobei in Ermangelung unionsrechtlicher Vorschriften über die Modalitäten für die Erlangung eines solchen Ersatzes es aber Sache der Mitgliedstaaten ist, diese Modalitäten festzulegen. Die Anrechnung des Nutzungsvorteils für die tatsächliche Nutzung des in Rede stehenden Fahrzeugs wäre nach der Entscheidung des EuGH nur dann unionsrechtlich pönalisiert, wenn sie es dem Fahrzeugkäufer praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren würde, angemessenen Ersatz zu erhalten. Dass der lineare Berechnungsmodus eine angemessene Entschädigung des Fahrzeugkäufers gewährleistet und den Erhalt eines angemessenen Schadenersatzes nicht unmöglich macht oder übermäßig erschwert, hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen (10&nbsp;Ob&nbsp;2/23a Rz&nbsp;40; vgl auch 8&nbsp;Ob&nbsp;1/24s Rz&nbsp;34).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [11] 1.4.&nbsp;Das vom Kläger angesprochene „Verbot der Vorteilsanrechnung bei vorsätzlicher Schädigung“ ist dem nationalen Recht fremd, zumal die Vorteilsanrechnung den Zweck hat, einen Vorteil des Geschädigten, der ohne die erfolgte Beschädigung nicht entstanden wäre, durch Vergleich des Zustands des Vermögens des Geschädigten vor und nach der Schädigung zu berücksichtigen (RS0022834, RS0022726). Die Vorteilsanrechnung hängt daher grundsätzlich nicht vom Grad des Verschulden des Schädigers ab. Die Frage der objektiv-abstrakten oder subjektiv-konkreten Schadensberechnung ist hier nicht von Relevanz, zumal der Kläger Naturalersatz durch Zug-um-Zug-Rückabwicklung anstrebt. Warum der in der Revision bemühte Effektivitätsgrundsatz und die anzustrebende Abschreckungswirkung es europarechtlich gebieten sollten, gerade dem Motorenhersteller die Berufung auf einen Gebrauchsnutzen des Fahrzeugs und eine Vorteilsanrechnung zu verbieten, kann der Revisionswerber nicht nachvollziehbar begründen. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des §&nbsp;502 Abs&nbsp;1 ZPO zeigt er hiezu nicht auf.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [12] 2.1.&nbsp;Auch hinsichtlich des Zinslaufs in „Dieselskandalfällen“ liegt bereits höchstgerichtliche Rechtsprechung vor. Demnach wird (auch) ein Schadenersatzanspruch wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung nach Art&nbsp;5 VO&nbsp;715/2007/EG erst mit der zahlenmäßig bestimmten Geltendmachung durch den Zugang einer Mahnung, Klage oder Klageerweiterung fällig, sodass Verzugszinsen erst ab diesem Zeitpunkt mit Erfolg gefordert werden können (10&nbsp;Ob&nbsp;2/23a Rz&nbsp;44; 6&nbsp;Ob&nbsp;150/22k Rz&nbsp;47; 3&nbsp;Ob&nbsp;121/23z Rz&nbsp;31; 9&nbsp;Ob&nbsp;18/24y Rz&nbsp;22; 4&nbsp;Ob&nbsp;38/24b Rz&nbsp;16). Die Vorinstanzen haben sich daran orientiert und dem Kläger Verzugszinsen aus dem zugesprochenen Betrag ab dem Tag nach Klagszustellung zuerkannt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [13] 2.2.&nbsp;„Vergütungszinsen“ für die Nutzung des Teils des Kaufpreises, den der Motorenhersteller wegen Vorteilsanrechnung nicht mehr zurückzustellen hat, hat der Kläger nicht begehrt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [14] 3.&nbsp;Damit war die Revision zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§&nbsp;510 Abs&nbsp;3 ZPO).</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20241218_OGH0002_0070OB00155_24F0000_000
Justiz
OGH
2025-01-03
2025-01-03
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241218_OGH0002_0070OB00155_24F0000_000
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7Ob155/24f
ECLI:AT:OGH0002:2024:0070OB00155.24F.1218.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr.&nbsp;Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und die Hofräte Mag.&nbsp;Dr.&nbsp;Wurdinger, Mag.&nbsp;Malesich, Dr.&nbsp;Weber und Mag.&nbsp;Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, 1060&nbsp;Wien, Linke Wienzeile&nbsp;18, vertreten durch Mag.&nbsp;Matthias Strohmayer, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei H* AG, *, vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 6.132,33&nbsp;EUR&nbsp;sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das mit Beschluss vom 11.&nbsp;September&nbsp;2024, GZ&nbsp;1&nbsp;R&nbsp;72/24w-27, berichtigte Urteil des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom 7.&nbsp;August&nbsp;2024, GZ&nbsp;1&nbsp;R&nbsp;72/24w-25, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 21.&nbsp;März&nbsp;2024, GZ&nbsp;5&nbsp;C&nbsp;256/23t-20, bestätigt wurde, den</p><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Beschluss</p><p class="ErlText AlignLeft">gefasst:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">I.&nbsp;Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art&nbsp;267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">1.&nbsp;Sind Art&nbsp;185 Abs&nbsp;1, Abs&nbsp;3 Buchstabe&nbsp;j und Abs&nbsp;5 Buchstabe&nbsp;c sowie Art&nbsp;186 Abs&nbsp;1 der Richtlinie&nbsp;2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.&nbsp;November&nbsp;2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität&nbsp;II) dahin auszulegen, dass dem Versicherungsnehmer das Rücktrittsrecht auch im Fall einer späteren individualvertraglichen Vertragsänderung zu einem Lebensversicherungsvertrag zusteht?</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">2.&nbsp;Wenn Frage&nbsp;1 bejaht wird: Steht dem Versicherungsnehmer das Rücktrittsrecht gemäß Art&nbsp;186 Abs&nbsp;1 der Richtlinie&nbsp;2009/138/EG bei jeder späteren individualvertraglichen Vertragsänderung zu oder hängt das Rücktrittsrecht von Umfang und Bedeutung der Vertragsänderung für den Versicherungsnehmer ab?</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true">II.&nbsp;Das Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof wird bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß §&nbsp;90a Abs&nbsp;1 GOG ausgesetzt.</span></p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Begründung:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett">Zu I.:</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">A.&nbsp;Sachverhalt</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [1] C* M* (in der Folge Versicherungsnehmerin) schloss als Versicherungsnehmerin mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten im Jahr&nbsp;2013 einen Lebensversicherungsvertrag („KapitalSparbrief fondsgebundene Lebensversicherung mit jährlich 4&nbsp;% Wertanpassung“) mit einer Vertragslaufzeit von 25&nbsp;Jahren und einer Monatsbruttoprämie von 50&nbsp;EUR samt einer Wertanpassungsklausel (4&nbsp;% jährlich auf Basis der zuletzt vorgeschriebenen Prämie) ab.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Am 15.&nbsp;Juli&nbsp;2014 langte bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten ein Änderungsantrag der Versicherungsnehmerin zu dieser Lebensversicherung dahingehend ein, dass ab 1.&nbsp;August&nbsp;2014 die monatliche Prämie von 50&nbsp;EUR auf 100&nbsp;EUR erhöht werden solle. Weiters war im Antrag enthalten: „Indexausschluss für: 2014 möchte Wertanpassung&nbsp;2015“.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] Daraufhin übermittelte die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Versicherungsnehmerin zu ihrem Versicherungsvertrag einen mit 24.&nbsp;Juli&nbsp;2014 datierten Nachtrag wegen „Erhöhung der Versicherungssumme und Prämie, Ausschluss einer Wertanpassungsvereinbarung“. Danach betrug die Nachtragsprämie von 1.&nbsp;August&nbsp;2014 bis 1.&nbsp;September&nbsp;2014 50&nbsp;EUR und die Folgeprämie ab 1.&nbsp;September&nbsp;2014 monatlich 100&nbsp;EUR.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Auf der letzten Seite des Nachtrags war folgender Hinweis:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">„</span><span class="Fett"><span class="Kursiv">RÜCKTRITTSRECHT</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Kursiv">Versicherungsnehmer, die als Verbraucher im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG) gelten, sind bei Vorliegen der im §&nbsp;3 KSchG genannten Voraussetzungen berechtigt, innerhalb einer Woche nach Erhalt dieser Polizze in Schriftform vom Vertrag zurückzutreten.</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Wenn der Versicherungsnehmer die Versicherungsbedingungen oder eine Kopie des Antrages nicht erhalten hat, kann er von diesem Vertrag innerhalb von 14&nbsp;Tagen ab Zustellung der Polizze in Schriftform zurücktreten. Das Rücktrittsrecht erlischt spätestens einen Monat nach Zugang der Polizze.“</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Weiters übermittelte die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Versicherungsnehmerin aufgrund ihres Änderungsantrags einen mit 12.&nbsp;August&nbsp;2015 datierten Nachtrag wegen „Einschluss einer Wertanpassungsvereinbarung“ mit Änderungsdatum 1.&nbsp;September&nbsp;2015, die auszugsweise folgenden Inhalt hat:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">„</span><span class="Fett"><span class="Kursiv">WERTANPASSUNGSKLAUSEL:</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Die Prämien des bestehenden Versicherungsvertrages werden jeweils zu Beginn eines Versicherungsjahres für die restliche Vertragsdauer nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen erhöht:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">(1)&nbsp;Erhöhung des Hauptvertrages</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Die Prämie des Hauptvertrages wird jeweils zu Beginn eines Versicherungsjahres um 4&nbsp;% der zuletzt vorgeschriebenen Prämie erhöht.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[...</span><span class="Kursiv">]</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett"><span class="Kursiv">RÜCKTRITTSRECHT</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Kursiv">Versicherungsnehmer, die als Verbraucher im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG) gelten, sind bei Vorliegen der im §&nbsp;3 KSchG genannten Voraussetzungen berechtigt, innerhalb einer Woche nach Erhalt dieser Polizze in Schriftform vom Vertrag zurückzutreten.</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Wenn der Versicherungsnehmer die Versicherungsbedingungen oder eine Kopie des Antrages nicht erhalten hat, kann er von diesem Vertrag innerhalb von 14&nbsp;Tagen ab Zustellung der Polizze in Schriftform zurücktreten. Das Rücktrittsrecht erlischt spätestens einen Monat nach Zugang der Polizze.“</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [6] Mit E-Mail vom 27.&nbsp;Juni&nbsp;2022 erklärte die Versicherungsnehmerin gegenüber der Beklagten den Rücktritt von allen Änderungen des Versicherungsvertrags aus den Jahren&nbsp;2014 und 2015, weil sie nicht über ihr gesetzliches Rücktrittsrecht belehrt worden sei und forderte die Prämiendifferenz samt Zinsen zurück.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [7] Die Beklagte lehnte den Rücktritt ab. Die Versicherungsnehmerin trat ihre Ansprüche auf Rückzahlung bezahlter Versicherungsprämien gegen die Beklagte an den klagenden Verbraucherschutz-verband ab.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">B.&nbsp;Prozessstandpunkte der Parteien und bisheriges Verfahren</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [8] Der <span class="Fett">Kläger</span> begehrt – soweit für das Revisionsverfahren relevant – Zahlung von 6.132,33&nbsp;EUR&nbsp;sA und brachte vor, die Belehrung im Lebensversicherungsvertrag sei intransparent und daher unwirksam. Darüber hinaus habe die Beklagte nicht nur bei Abschluss des Versicherungsvertrags, sondern auch bei einer Änderung des Vertrags über das Rücktrittsrecht zu belehren. Die Belehrung in den Nachträgen sei unrichtig gewesen, sodass der Versicherungsnehmerin ein unbefristetes Rücktrittsrecht zustehe. Dies führe zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung des Vertrags. Der Kläger sei zur Geltendmachung des Anspruchs der Versicherungsnehmerin legitimiert.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [9] Die <span class="Fett">Beklagte</span> beantragt Klageabweisung. Die Belehrung im Versicherungsvertrag entspreche den gesetzlichen Vorgaben und sei nicht intransparent. Das Rücktrittsrecht der Versicherungsnehmerin würde entgegen der Ansicht des Klägers an den Vertragsabschluss anknüpfen und stünde bei bloßen Vertragsänderungen nicht zu. Die Klage sei daher abzuweisen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [10] Das <span class="Fett">Erstgericht</span> wies die Klage ab. Die Belehrung im Versicherungsvertrag entspreche den gesetzlichen Vorgaben und sei nicht intransparent. Das Rücktrittsrecht würde an den Vertragsabschluss bzw die Mitteilung über den Vertragsabschluss anknüpfen und stünde daher bei bloßen Vertragsänderungen nicht zu. Auch die europarechtlichen Vorgaben für das Rücktrittsrecht würden an den Vertragsabschluss und nicht an eine Vertragsänderung anknüpfen. Bei bloßen Vertragsänderungen bedürfe es auch keines Übereilungsschutzes.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [11] Das <span class="Fett">Berufungsgericht</span> bestätigte die Rechtsansicht des Erstgerichts.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">C.&nbsp;Relevante Rechtsvorschriften</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett">Bundesgesetz vom 2.&nbsp;Dezember&nbsp;1958 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz – VersVG) in der hier relevanten Fassung BGBl&nbsp;I&nbsp;2012/34:</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft">„§&nbsp;165a</p><p class="ErlText AlignLeft">(1)&nbsp;Der Versicherungsnehmer ist berechtigt, binnen 30&nbsp;Tagen nach seiner Verständigung vom Zustandekommen des Vertrags von diesem zurückzutreten. Hat der Versicherer vorläufige Deckung gewährt, so gebührt ihm hiefür die ihrer Dauer entsprechende Prämie.</p><p class="ErlText AlignLeft">[…]“</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett">Richtlinie&nbsp;2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.&nbsp;November&nbsp;2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (Neufassung)</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft">Erwägungsgrund&nbsp;79:</p><p class="ErlText AlignLeft">„In einem Versicherungsbinnenmarkt steht den Verbrauchern eine größere und vielfältigere Auswahl an Verträgen zur Verfügung. Wenn ihnen diese Vielfalt und der verschärfte Wettbewerb in vollem Umfang zugutekommen sollen, müssen sie vor Vertragsabschluss und während der gesamten Vertragslaufzeit alle erforderlichen Informationen erhalten, um entscheiden zu können, welcher Vertrag ihren Bedürfnissen am besten entspricht.“</p><p class="ErlText AlignLeft">„Artikel&nbsp;185</p><p class="ErlText AlignLeft">Informationen für die Versicherungsnehmer</p><p class="ErlText AlignLeft">(1)&nbsp;Dem Versicherungsnehmer sind vor Abschluss des Lebensversicherungsvertrags zumindest die in den Absätzen&nbsp;2, 3 und 4 genannten Informationen mitzuteilen.</p><p class="ErlText AlignLeft">[...]</p><p class="ErlText AlignLeft">(3)&nbsp;Folgende Informationen sind bezüglich der Versicherungspolicen mitzuteilen:</p><p class="ErlText AlignLeft">[…]</p><p class="ErlText AlignLeft">j)&nbsp;Modalitäten der Ausübung des Widerrufs und Rücktrittsrechts;</p><p class="ErlText AlignLeft">(5)&nbsp;Der Versicherungsnehmer muss während der gesamten Vertragsdauer über alle Änderungen folgender Angaben auf dem Laufenden gehalten werden:</p><p class="ErlText AlignLeft">[...]</p><p class="ErlText AlignLeft">c)&nbsp;alle in Absatz&nbsp;3 Buchstaben&nbsp;d bis j genannten Angaben im Fall eines Zusatzvertrages oder einer Änderung der für den Vertrag geltenden Rechtsvorschriften;</p><p class="ErlText AlignLeft">[...]</p><p class="ErlText AlignLeft">Artikel&nbsp;186</p><p class="ErlText AlignLeft">Rücktrittszeitraum</p><p class="ErlText AlignLeft">(1)&nbsp;Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass Versicherungsnehmer eines individuellen Lebensversicherungsvertrags von dem Zeitpunkt an, zu dem sie davon in Kenntnis gesetzt werden, dass der Vertrag geschlossen ist, über eine Frist verfügen, die zwischen 14 und 30 Tagen betragen kann, um von dem Vertrag zurückzutreten.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die Mitteilung des Versicherungsnehmers, dass er vom Vertrag zurücktritt, befreit ihn für die Zukunft von allen aus diesem Vertrag resultierenden Verpflichtungen.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die übrigen rechtlichen Wirkungen des Rücktritts und die dafür erforderlichen Voraussetzungen werden gemäß dem auf den Versicherungsvertrag anwendbaren Recht geregelt, insbesondere was die Modalitäten betrifft, nach denen der Versicherungsnehmer davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Vertrag geschlossen ist.“</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett">D.&nbsp;Begründung der Vorlage</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [12] 1.&nbsp;Da der Versicherungsvertrag und die beiden Nachträge in den Jahren&nbsp;2013, 2014 und 2015 geschlossen wurden, ist §&nbsp;165a VersVG in der Fassung BGBl&nbsp;I&nbsp;2012/34 anzuwenden.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [13] 2.1.&nbsp;Gemäß §&nbsp;165a Abs&nbsp;1 VersVG ist der Versicherungsnehmer berechtigt, binnen 30&nbsp;Tagen nach seiner Verständigung vom Zustandekommen des Vertrags von diesem zurückzutreten.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [14] 2.2.&nbsp;Wenn der Versicherungsnehmer nicht korrekt und verständlich über das ihm nach §&nbsp;165a Abs&nbsp;1 VersVG zustehende Rücktrittsrecht belehrt wurde, wird ihm die Möglichkeit genommen, sein Rücktrittsrecht unter im Wesentlichen denselben Bedingungen wie bei Mitteilung zutreffender Informationen auszuüben. Dies hat zur Folge, dass die Rücktrittsfrist nach §&nbsp;165a Abs&nbsp;1 VersVG nicht mit dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, zu dem der Versicherungsnehmer davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass der Vertrag geschlossen wurde und führt zu einem unbefristeten Rücktrittsrecht des Versicherungsnehmers (7&nbsp;Ob&nbsp;117/20m zum gleichlautenden §&nbsp;165a VersVG idF BGBl&nbsp;I&nbsp;2006/95; RS0130376; vgl auch EuGH C-355/18 bis C-357/18 und C-479/18, <span class="Kursiv">Rust-Hackner</span>, ECLI:EU:C:2019:1123).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [15] 2.3.&nbsp;Dass die Belehrung im Versicherungsantrag vom 14.&nbsp;August&nbsp;2013 unrichtig sei, behauptet der Kläger in der Revision nicht mehr. Die Darstellung sämtlicher Rücktrittsrechte im Versicherungsantrag macht die Belehrung aus Gründen, die in der Endentscheidung näher darzulegen sein werden, auch nicht intransparent gemäß §&nbsp;6 Abs&nbsp;3 KSchG.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [16] 3.1.&nbsp;Allerdings kam es im vorliegenden Fall nach dem Abschluss des Versicherungsvertrags im Jahr&nbsp;2013 in den Jahren&nbsp;2014 und 2015 zu individualvertraglichen (einvernehmlichen) Änderungen des Versicherungsvertrags. Es stellt sich daher die Frage, ob das auf der RL&nbsp;2009/138/EG beruhende Rücktrittsrecht gemäß §&nbsp;165a VersVG dahin auszulegen ist, dass das Rücktrittsrecht nicht nur den erstmaligen Abschluss eines Vertrags, sondern auch später vorgenommene individualvertragliche (einvernehmliche) Vertragsänderungen erfasst und damit auch diesfalls eine entsprechende Informationspflicht des Versicherers besteht.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [17] 3.2.&nbsp;Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten in Art&nbsp;186 Abs&nbsp;1 RL&nbsp;2009/138/EG, den Versicherungsnehmern eines individuellen Lebensversicherungsvertrags ein Rücktrittsrecht innerhalb einer bestimmten Frist zu gewähren, knüpft an den Vertragsabschluss an. Nach Art&nbsp;185 Abs&nbsp;1 RL&nbsp;2009/138/EG sind dem Versicherungsnehmer vor Abschluss des Lebensversicherungsvertrags bestimmte Informationen mitzuteilen. Dazu gehören auch die Modalitäten der Ausübung des Widerrufs und Rücktrittsrechts. Auch diese Bestimmung stellt nach ihrem Wortlaut auf den Vertragsschluss ab.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [18] Demgegenüber müssen Versicherungsnehmer nach Erwägungsgrund&nbsp;79 nicht nur vor Vertragsabschluss, sondern auch während der gesamten Vertragslaufzeit alle erforderlichen Informationen erhalten, um entscheiden zu können, welcher Vertrag ihren Bedürfnissen am besten entspricht. In diesem Sinn sieht Art&nbsp;185 Abs&nbsp;5 lit&nbsp;c RL&nbsp;2009/138/EG vor, dass der Versicherungsnehmer im Fall eines Zusatzvertrags oder einer Änderung der für den Vertrag geltenden Rechtsvorschriften während der gesamten Vertragsdauer über alle Änderungen der in Art&nbsp;185 Abs&nbsp;3 lit&nbsp;d bis lit&nbsp;j RL&nbsp;2009/138/EG genannten Angaben auf dem Laufenden gehalten werden muss. In anderen Sprachfassungen wird deutlich, dass mit dem Begriff „Zusatzvertrag“ die individualvertragliche Änderung eines bestehenden Versicherungsvertrags gemeint ist (vgl EN: „in the event of a change in the policy“; FR: „en cas de modification des conditions de la police“; IT: „in caso di modifiche alle condizioni di polizza“).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [19] 3.3.&nbsp;In der österreichischen Lehre (vgl etwa <span class="Kursiv">Ramharter</span> in MünchKommVVG³ Kap&nbsp;16 Österreichisches Versicherungsrecht, K.&nbsp;Lebensversicherung Rn&nbsp;1256&nbsp;ff; <span class="Kursiv">Fenyves</span> in <span class="Kursiv">Fenyves/Perner/Riedler</span> [April&nbsp;2023] §&nbsp;5c VersVG Rz&nbsp;2&nbsp;ff) findet sich keine Stellungnahme zur hier strittigen Frage.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [20] 3.4.&nbsp;In Deutschland wird überwiegend gelehrt, dass das Widerrufsrecht (= Rücktrittsrecht) nicht nur den erstmaligen Abschluss eines Vertrags erfasst, sondern auch später vorgenommene einvernehmliche Änderungen unabhängig von ihrem Umfang und ihrer Bedeutung (<span class="Kursiv">Eberhard</span> in MünchKommVVG³ §&nbsp;8 VVG Rn&nbsp;21; <span class="Kursiv">Knops</span> in <span class="Kursiv">Bruck/Möller</span>, VVG<span class="Hoch">10</span> §&nbsp;8 Rn&nbsp;12, 41; <span class="Kursiv">Rixecker</span> in <span class="Kursiv">Langheid/Rixecker</span>, VVG<span class="Hoch">7</span> §&nbsp;8 Rn&nbsp;2; <span class="Kursiv">Heinig/Makowsky</span> in <span class="Kursiv">Looschelders/Pohlmann</span>, VVG<span class="Hoch">4</span> §&nbsp;8 Rn&nbsp;27&nbsp;ff; <span class="Kursiv">Ebers</span> in <span class="Kursiv">Schwintowski/Brömmelmeyer/Ebers</span>, VVG<span class="Hoch">4</span> §&nbsp;8 Rn&nbsp;24; <span class="Kursiv">Reusch</span> in <span class="Kursiv">Staudinger/Halm/Wendt</span>, VVG<span class="Hoch">3</span> §&nbsp;8 aF Rn&nbsp;6; offen lassend BGH&nbsp;IV&nbsp;ZR&nbsp;258/11 = NJW&nbsp;2013, 57).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [21] Teilweise wird jedoch vertreten, dass nur einvernehmliche Änderungen von einigem Gewicht ein neuerliches Widerrufsrecht auszulösen vermögen (<span class="Kursiv">Brand</span> in BeckOK-VVG<span class="Hoch">24</span> §&nbsp;8 Rn&nbsp;14&nbsp;f; <span class="Kursiv">Armbrüster</span> in <span class="Kursiv">Prölss/Martin</span>, VVG<span class="Hoch">32</span> §&nbsp;8 Rn&nbsp;3). Dabei soll es sich typischerweise um solche Änderungen handeln, die auch Gegenstand eines neuen, eigenständigen Versicherungsvertrags sein könnten, etwa Deckungserweiterungen von einigem Gewicht (<span class="Kursiv">Armbrüster</span>, Das allgemeine Widerrufsrecht im neuen VVG, r+s&nbsp;2008, 493 [494]; <span class="Kursiv">Schimikowski</span> in <span class="Kursiv">Rüffer/Halbach/Schimikowski</span>, VVG<span class="Hoch">4</span> §&nbsp;8 Rn&nbsp;5).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [22] 4.1.&nbsp;Art&nbsp;186 Abs&nbsp;1 RL&nbsp;2009/138/EG gewährt – wie dargelegt – das Rücktrittsrecht seinem Wortlaut nach nur beim Abschluss eines Vertrags und nicht auch bei später vorgenommenen individualvertraglichen (einvernehmlichen) Änderungen. Erwägungsgrund&nbsp;79 und Art&nbsp;185 Abs&nbsp;5 lit&nbsp;c RL&nbsp;2009/138/EG sind hingegen offener formuliert und stellen nicht nur auf den Vertragsabschluss ab.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [23] 4.2.&nbsp;Sinn und Zweck des Rücktrittsrechts ist vor allem der Schutz des Versicherungsnehmers vor Übereilung. Das Rücktrittsrecht soll dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit geben, vom Vertrag ohne Angabe von Gründen zurückzutreten, weil er ihn – nach einer Überlegungsfrist – doch nicht abschließen will, wobei der Grund für den Rücktritt unerheblich ist. Es lässt sich nun argumentieren, dass dieser Übereilungsschutz bei bloßen Vertragsänderungen eines bereits zustande gekommenen Vertrags nicht geboten ist, hat sich der Versicherungsnehmer doch schon vor der Vertragsänderung dazu entschlossen, den Vertrag abzuschließen und damit an das Vertragsverhältnis gebunden zu sein. Gegen diese Auffassung kann ins Treffen geführt werden, dass der dargestellte Sinn und Zweck des Rücktrittsrechts gleichermaßen bei individualvertraglichen (einvernehmlichen) Vertragsänderungen relevant ist, vor allem wenn es sich um wesentliche Änderungen handelt, die in ihrer wirtschaftlichen Tragweite einem Vertragsabschluss gleichkommen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [24] 4.3.&nbsp;Daher ist der Oberste Gerichtshof als letztinstanzliches Gericht zur Vorlage verpflichtet.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Fett">Zu II.:</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [25] Der Ausspruch über die Aussetzung des Verfahrens bis zur Erledigung des Vorabentscheidungsersuchens gründet sich auf §&nbsp;90a Abs&nbsp;1 GOG.</span></p></div></div></body></html>
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JJT_20241218_OGH0002_0070OB00201_24W0000_000
Justiz
OGH
2025-01-29
2025-01-30
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20241218_OGH0002_0070OB00201_24W0000_000
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20241218_OGH0002_0070OB00201_24W0000_000/JJT_20241218_OGH0002_0070OB00201_24W0000_000.html
7Ob201/24w
ECLI:AT:OGH0002:2024:0070OB00201.24W.1218.000
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<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"><html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="de" lang="de"><body bgcolor="#FFFFFF"><div class="paperw"><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Kopf</h1><p class="ErlText AlignLeft">Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr.&nbsp;Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Mag.&nbsp;Dr.&nbsp;Wurdinger, Mag.&nbsp;Malesich, Dr.&nbsp;Weber und Mag.&nbsp;Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G* G*, vertreten durch die Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei G* AG, *, vertreten durch Dr.&nbsp;Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 27.204&nbsp;EUR&nbsp;sA und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 1.&nbsp;Oktober&nbsp;2024, GZ&nbsp;2&nbsp;R&nbsp;123/24g-41, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 24.&nbsp;Juni&nbsp;2024, GZ&nbsp;9&nbsp;Cg&nbsp;54/22z-37, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Spruch</h1><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft">Der Revision wird nicht Folge gegeben.</p><p class="ErlText AlignLeft">Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.355,90&nbsp;EUR (darin enthalten 392,65&nbsp;EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14&nbsp;Tagen zu ersetzen.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Text</h1><p class="TabTextZentriert AlignCenter">Entscheidungsgründe:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [1] Der Kläger war bei der Beklagten unfallversichert. Im Unfallversicherungsvertrag wird – übereinstimmend mit dem Versicherungsantrag des Klägers – im Punkt „Leistungsübersicht“ unter anderem angeführt (unstrittig Beilage&nbsp;./B; RS0121557 [T2, T3]):</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">„Unfallkapital</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Die nachstehenden Versicherungssummen sind die Basis für die Berechnung unserer Versicherungsleistung. Die Versicherungsleistung errechnet sich durch Multiplikation des ärztlich festgestellten Grades der dauernden Invalidität (DI) mit der für diesen Invaliditätsgrad festgelegten Versicherungssumme.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[...]</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Freizeitunfall</span></p><table id="Tabelle1" cellspacing="0" style="width:354.35pt;border-collapse:collapse;margin-left:-6pt;margin-right:-6pt;"><tr><td style="background-color:transparent;vertical-align:top;border-top:solid #000000 0.25pt;border-left:solid #000000 0.25pt;border-bottom:solid #000000 0.25pt;padding:2.75pt 2.75pt 2.75pt 2.75pt;"><p class="TabText AlignLeft"><span class="Kursiv">DI in Prozent</span></p></td><td style="background-color:transparent;vertical-align:top;border-top:solid #000000 0.25pt;border-left:solid #000000 0.25pt;border-bottom:solid #000000 0.25pt;padding:2.75pt 2.75pt 2.75pt 2.75pt;"><p class="TabText AlignLeft"><span class="Kursiv">Versicherungs-summe in EUR</span></p></td><td style="background-color:transparent;vertical-align:top;border-top:solid #000000 0.25pt;border-left:solid #000000 0.25pt;border-bottom:solid #000000 0.25pt;padding:2.75pt 2.75pt 2.75pt 2.75pt;"><p class="TabText AlignLeft"><span class="Kursiv">Leistung in EUR von</span></p></td><td style="background-color:transparent;vertical-align:top;border:solid #000000 0.25pt;padding:2.75pt 2.75pt 2.75pt 2.75pt;"><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="TabText AlignLeft"><span class="Kursiv">bis</span></p></td></tr><tr><td style="background-color:transparent;vertical-align:top;border-left:solid #000000 0.25pt;border-bottom:solid #000000 0.25pt;padding:2.75pt 2.75pt 2.75pt 2.75pt;"><p class="TabText AlignLeft"><span class="Kursiv">von 1 bis 19</span></p></td><td style="background-color:transparent;vertical-align:top;border-left:solid #000000 0.25pt;border-bottom:solid #000000 0.25pt;padding:2.75pt 2.75pt 2.75pt 2.75pt;"><p class="TabText AlignLeft"><span class="Kursiv">200.000</span></p></td><td style="background-color:transparent;vertical-align:top;border-left:solid #000000 0.25pt;border-bottom:solid #000000 0.25pt;padding:2.75pt 2.75pt 2.75pt 2.75pt;"><p class="TabText AlignLeft"><span class="Kursiv">2.000</span></p></td><td style="background-color:transparent;vertical-align:top;border-left:solid #000000 0.25pt;border-bottom:solid #000000 0.25pt;border-right:solid #000000 0.25pt;padding:2.75pt 2.75pt 2.75pt 2.75pt;"><p class="TabText AlignLeft"><span class="Kursiv">38.000</span></p></td></tr><tr height="0"><td width="118" style="border:none;width:88.55pt;"></td><td width="118" style="border:none;width:88.6pt;"></td><td width="118" style="border:none;width:88.6pt;"></td><td width="118" style="border:none;width:88.6pt;"></td></tr></table><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[...]</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Verletzungskatalog für</span>&nbsp;<span class="Kursiv">Leistung bei Unfall in EUR</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">garantierte Sofortauszahlung</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[...]</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Zerreißung (auch teilweise)</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">von an Gliedmaßen und an der</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Wirbelsäule befindlichen Muskeln,</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Sehnen, Bändern und Kapseln</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">sowie Meniskusverletzungen</span>&nbsp;<span class="Kursiv">4.000“</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"> [2] Vertragsgrundlage ist die Bedingung „Unfallkapital (UVCP0001)“, die auszugsweise lautet:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">„</span><span class="Fett"><span class="Kursiv">Unfallkapital</span></span>&nbsp;<span class="Fett"><span class="Kursiv">UVCP0001</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">1.&nbsp;Die in der Polizze angeführten Versicherungssummen sind die Basis für die Berechnung unserer Versicherungsleistung. Die Versicherungsleistung errechnet sich durch Multiplikation des ärztlich festgestellten Grades der dauernden Invalidität (DI) mit der für diesen Invaliditätsgrad festgelegten Versicherungssumme. [...]</span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">2.&nbsp;Garantierte Sofortauszahlung</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">a)&nbsp;Für im Antrag aufgelistete Verletzungen ('Verletzungskatalog') gilt eine garantierte Sofortauszahlung vereinbart. Tritt eine dieser Verletzungen aufgrund eines Unfalls ein, wird die dafür vereinbarte Pauschalleistung nach Vorliegen eines ärztlichen Befundberichtes sofort ausbezahlt. [...]</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"><span class="Kursiv">b)&nbsp;Sie können die Beurteilung der Unfallfolgen durch einen Sachverständigen verlangen, wobei die Bestimmung des Art.&nbsp;11, Pkt.&nbsp;2 AUVB&nbsp;2016 (Verminderung des Invaliditätsgrades aufgrund Mitwirkung von Krankheiten oder Gebrechen) berücksichtigt wird.</span></span></p><p class="Abstand AlignLeft"></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Wurde die Pauschalleistung gemäß Pkt.&nbsp;a) zuvor ausbezahlt,</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">-&nbsp;erfolgt eine weitere Zahlung nur, wenn aufgrund eines festgestellten höheren Invaliditätsgrades die dafür ermittelte Versicherungsleistung die bereits ausbezahlte Pauschalleistung übersteigt;</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">-&nbsp;können wir die erbrachte Mehrleistung zurückfordern, wenn aufgrund eines festgestellten niedrigeren Invaliditätsgrades die dafür ermittelte Versicherungsleistung unter der bereits ausbezahlten Pauschalleistung liegt.“</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [3] Hinsichtlich des Genesungsgeldes ist zwischen den Parteien die Klausel UVCP0002 vereinbart, die im hier maßgeblichen Textteil lautet:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">„1.&nbsp;Wir zahlen ein Genesungsgeld, wenn durch einen Unfall eine stationäre Behandlung</span><span class="Fett"> </span><span class="Kursiv">in einem Spital innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt des Unfalles medizinisch notwendig wird. [...]“</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [4] Vertragsgrundlagen sind weiters die Allgemeinen Bedingungen für den Unfallschutz (AUVB&nbsp;2016) und die Ergänzenden Bedingungen für den Premium-Unfallschutz (EUVBP&nbsp;2016).</p><p class="ErlText AlignLeft"> [5] Die AUVB&nbsp;2016 lauten auszugsweise:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">„</span><span class="Fett"><span class="Kursiv">Artikel&nbsp;11</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett"><span class="Kursiv">Wofür wird keine Leistung erbracht?</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett"><span class="Kursiv">Wann wird die Leistung gekürzt?</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">1.&nbsp;Eine Versicherungsleistung wird nur für die durch den eingetretenen Unfall hervorgerufenen Folgen (körperliche Schädigung oder Tod) erbracht.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">2.&nbsp;Haben Krankheiten oder Gebrechen bei der der durch ein Unfallereignis hervorgerufenen Gesundheitsschädigung oder deren Folgen mitgewirkt, ist im Falle einer Invalidität der Prozentsatz des Invaliditätsgrades, ansonsten die Leistung entsprechend dem Anteil der Krankheit oder des Gebrechens zu vermindern, sofern dieser Anteil mindestens 30&nbsp;% beträgt.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Dies gilt insbesondere auch, wenn die Gesundheitsschädigung durch einen abnützungsbedingten Einfluss mit Krankheitswert, wie beispielsweise Arthrose, mitverursacht worden ist.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[...]“</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [6] Die Ergänzenden Bedingungen für den Premium-Unfallschutz (EUVBP&nbsp;2016) lauten auszugsweise:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">„In Ergänzung zu den Allgemeinen Bedingungen für den Unfallschutz (AUVB&nbsp;2016) gilt vereinbart:</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[...]</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett"><span class="Kursiv">Artikel&nbsp;3</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett"><span class="Kursiv">Was versteht man unter 'Dauernder Invalidität'?</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Fett"><span class="Kursiv">Wie wird der Invaliditätsgrad bemessen?</span></span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">1.</span><span class="Fett"><span class="Kursiv">&nbsp;</span></span><span class="Kursiv">Dauernde Invalidität (DI) liegt vor, wenn die versicherte Person durch den Unfall auf Lebenszeit in ihrer </span><span class="Fett"><span class="Kursiv">körperlichen</span></span><span class="Kursiv"> oder </span><span class="Fett"><span class="Kursiv">geistigen Leistungsfähigkeit</span></span><span class="Kursiv"> beeinträchtigt ist.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Der Eintritt dauernder Invalidität ist notwendige Voraussetzung für Zahlungen aus den Leistungsarten '</span><span class="Fett"><span class="Kursiv">Unfallkapital</span></span><span class="Kursiv">', '</span><span class="Fett"><span class="Kursiv">Zusatzkapital</span></span><span class="Kursiv">' und '</span><span class="Fett"><span class="Kursiv">Unfallrente</span></span><span class="Kursiv">'.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[...]</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">3.&nbsp;[...]&nbsp;Bei völligem Verlust oder völliger Funktionsunfähigkeit der nachstehend genannten Körperteile und Sinnesorgane gelten zur Bemessung des </span><span class="Fett"><span class="Kursiv">Invaliditätsgrades</span></span><span class="Kursiv"> ausschließlich, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, die folgenden Bewertungsgrundlagen (Gliedertaxe):</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[...]</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">eines Beines</span>&nbsp;<span class="Kursiv">70&nbsp;%</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[...].</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">4.&nbsp;Bei </span><span class="Fett"><span class="Kursiv">Teilverlust oder Funktionsbeeinträchtigung</span></span><span class="Kursiv"> gilt der entsprechende Teil des jeweiligen Prozentsatzes.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[...].</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">6.&nbsp;War die Funktion der betroffenen Körperteile oder Sinnesorgane bereits vor dem Unfall dauernd beeinträchtigt, wird vom Invaliditätsgrad der Grad der Vorinvalidität abgezogen.“</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [7] Am 11.&nbsp;9.&nbsp;2019 rutschte der Kläger im Urlaub beim Laufen auf einer nassen, leicht erhöhten Poolumrandung aus und verdrehte sich dabei sein linkes Kniegelenk. Dadurch erlitt er eine Zerrung des linken Kniegelenks mit lappenförmigem Einriss des inneren Meniskushinterhorns bei vorgeschädigtem Meniskus sowie arthrotisch veränderten Gelenkflächen des inneren linken Kniegelenkskompartements. Beim Kläger trat dadurch eine dauernde Invalidität im Ausmaß von 2&nbsp;% des Beinwerts auf. Der Mitwirkungsanteil der durch die bereits vor dem Unfall bestehende Beinachsenfehlstellung und die daraus resultierende Überbelastung des inneren Kniegelenkskompartements und der wiederum daraus folgende Knorpelschaden sowie die bestehende Arthrose beträgt 75&nbsp;%.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [8] Am 16.&nbsp;5.&nbsp;2020 rutschte der Kläger, als er mit Flip-Flops rasch und mehrere Stufen auf einmal steigend eine Kellerstiege nach oben ging, mit dem linken Fuß von einer Stufe ab, verlagerte sein Gewicht dadurch nach vorne und kam zu Sturz. Durch dieses Ereignis trat bei ihm keine dauernde Invalidität ein, weil er lediglich eine fragliche Zerrung des linken Kniegelenks erlitten hatte.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [9] Im Rahmen eines stationären Aufenthalts von Mitte Mai bis Anfang Juni&nbsp;2021 erhielt der Kläger eine Knietotalendoprothese links implantiert. Die alleinige Ursache für die Implantation war seine Beinachsenfehlstellung und die dadurch bedingte Arthroseentwicklung und Kniegelenksschädigung. Ein Zusammenhang dieser Operation mit den Ereignissen vom 11.&nbsp;9.&nbsp;2019 und 16.&nbsp;5.&nbsp;2020 ist auszuschließen.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [10] Anfang Februar&nbsp;2022 schrieb die Beklagte an den Kläger:</p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">„[...] für den Vorfall vom 11.&nbsp;September&nbsp;2019 gelten die AUVB&nbsp;2016.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">[Ein genannter Sachverständiger] hat festgestellt, dass aufgrund des Vorfalles keine Invalidität verblieben ist.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Wir haben für [den Kläger] im November&nbsp;2019 die garantierte Sofortauszahlung in der Höhe von 4.000,00&nbsp;Euro überwiesen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Da wir die Leistung für den 2%igen Invaliditätsgrad erbracht haben, fordern wir die Pauschalleistung von 4.000,00&nbsp;Euro zurück.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span class="Kursiv">Bitte überweisen Sie diesen Betrag innerhalb der nächsten 4 Wochen an uns.“</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [11] Der <span class="Fett">Kläger</span> begehrt für den Unfall vom 11.&nbsp;9.&nbsp;2019 eine restliche Leistung von 10.000&nbsp;EUR, weil bei ihm eine dauernde Invalidität von mindestens 10&nbsp;% des Beinwerts eingetreten sei. Unter Berücksichtigung der Gliedertaxe und des Unfallkapitals ergebe sich eine Invaliditätsentschädigung von 14.000&nbsp;EUR, worauf die Beklagte bereits die garantierte Sofortzahlung von 4.000&nbsp;EUR geleistet habe. Für den Unfall vom 16.&nbsp;5.&nbsp;2020 begehrt er eine weitere Invaliditätsentschädigung von 7.084&nbsp;EUR. Auch stehe ihm ab einem stationären Krankenhausaufenthalt von 16&nbsp;Tagen ein Genesungsgeld von 10.120&nbsp;EUR zu. Vor den beiden Unfällen hätten keine Erkrankungen oder sonstigen Gebrechen bestanden, die über das alterstypische Ausmaß hinausgegangen und/oder durch den Sturz oder auf der Kellertreppe aktiviert worden seien. Ein allfälliger Mitwirkungsanteil vorbestehender Erkrankungen oder Gebrechen liege unter 30&nbsp;%. Die Invaliditätsentschädigung der Beklagten setze bedingungsgemäß keinen konkreten Mindestinvaliditätsgrad voraus. Allein daraus ergebe sich, dass eine Leistungspflicht auch bei einem unfallkausalen Invaliditätsgrad von unter 1&nbsp;% bestehe. Sowohl im Antrag als auch in der Polizze werde konkret auf den vom Sachverständigen festgestellten Invaliditätsgrad abgestellt. Erst dann werde die Leistung aus dem festgestellten Invaliditätsgrad um jenen Anteil gekürzt, der auf unfallfremde Faktoren zurückzuführen sei. Das Feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass die Beklagte zu Unrecht die garantierte Sofortauszahlung von 4.000&nbsp;EUR zurückfordere; er leide an einer unfallkausalen Invalidität und es liege kein Mitwirkungsanteil von Gebrechen oder Krankheiten über 30&nbsp;% vor.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [12] Die <span class="Fett">Beklagte</span> wendete ein, durch keinen der behaupteten Vorfälle sei beim Kläger eine dauernde Invalidität eingetreten. Der gerichtliche Sachverständige sei zu einem Mitwirkungsanteil von 75&nbsp;% gelangt, sodass sich für den Unfall vom 11.&nbsp;9.&nbsp;2019 bei einer Dauerinvalidität von 2&nbsp;% des Beinwerts eine Dauerinvalidität von 0,35&nbsp;% ergebe. Ihre Leistungspflicht bei einem Freizeitunfall liege aber erst ab einer festgestellten Dauerinvalidität von 1&nbsp;% vor. Da die Operation der Knietotalendoprothese auf eine schicksalshafte Folge der O-Bein-Abnützung am linken Kniegelenk zurückzuführen sei, habe der Kläger auch keinen Anspruch auf das begehrte Genesungsgeld. Sie habe den bereits geleisteten Betrag von 4.000&nbsp;EUR zu Recht zurückverlangt, weshalb auch das Feststellungsbegehren nicht gerechtfertigt sei.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [13] Das <span class="Fett">Erstgericht</span> wies die Klagebegehren ab. Beide Vorfälle erfüllten den bedingungsgemäßen Unfallbegriff. Für den Unfall vom 11.&nbsp;9.&nbsp;2019 sei bei einer Dauerinvalidität von [richtig] 0,5&nbsp;% (2&nbsp;% abzüglich des Mitwirkungsanteils von 75&nbsp;%) des Beinwerts von 70&nbsp;% nur ein Anteil von 0,35&nbsp;% unfallkausal. Da die Versicherungsbedingungen einen Schwellenwert von 1&nbsp;% unfallbedingter Dauerinvalidität normierten, um überhaupt eine Leistungspflicht der Beklagten aus dem Titel unfallbedingter Dauerinvalidität auszulösen, jene des Klägers aber unter einem Wert von 1&nbsp;% liege, gebühre ihm keine Versicherungsleistung. Er habe daher aus diesem Unfall keinen Leistungsanspruch gegen die Beklagte aus dem Titel unfallbedingter Dauerinvalidität. Aufgrund des zweiten Unfalls bestehe ebenfalls kein Anspruch. Der Kläger könne auch kein Genesungsgeld fordern, weil sämtliche stationären Krankenhausaufenthalte nur im Zusammenhang mit der unfallfremden Implantation der Knietotalendoprothese stünden. Der Kläger habe sein Feststellungsinteresse aus der Behauptung eines Verzichts der Beklagten auf diese Rückforderung abgeleitet. Diesen Beweis habe er nicht angetreten, sodass das Feststellungsbegehren bereits aus diesem Grund abzuweisen sei.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [14] Das <span class="Fett">Berufungsgericht</span> gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Rechtlich führte es aus, Art&nbsp;11.2. AUVB&nbsp;2016 beinhalte eine Regelung zur Leistungskürzung bei mitwirkenden Ursachen. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer verstehe diese Regelung so, dass unfallfremde Krankheiten oder Gebrechen zu einer Kürzung seines Anspruchs oder zum Abzug von der Gesamtinvalidität führten. Dem Kläger sei darin beizupflichten, dass sich nach dem Wortlaut der Klausel&nbsp;UVCP0001 – ohne Berücksichtigung des Zwecks von Art&nbsp;11.2. AUVB&nbsp;2016 und des Verständnisses des durchschnittlichen Versicherungsnehmers – die Versicherungsleistung durch Multiplikation des ärztlich festgestellten Grades der dauernden Invalidität mit der für diesen Invaliditätsgrad festgelegten Versicherungssumme errechne und Art&nbsp;11 AUVB&nbsp;2016 an „die Leistung – und nicht an den Grad der dauernden Invalidität – anknüpft“. Unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks von Art&nbsp;11 AUVB&nbsp;2016, wonach der Versicherer nur für die Folgen einzutreten habe, für die der Unfall allein kausal sei und, dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer diese Regelung so verstehe, dass unfallfremde Krankheiten oder Gebrechen grundsätzlich zu seinen Lasten gingen, sei zunächst vom festgestellten Grad der dauernden Invalidität in Höhe von 2&nbsp;% der Mitwirkungsanteil in Abschlag zu bringen, sodass man zu einer unfallkausalen dauernden Invalidität von 0,5&nbsp;% gelange. Da die vereinbarten Versicherungsbedingungen einen Schwellenwert von 1&nbsp;% dauernder Invalidität festlegten, wonach nach dem Gesamtverständnis der Versicherungsbedingungen wiederum nur ein unfallkausaler Grad der dauernden Invalidität zu berücksichtigen sei, der Kläger jedoch aufgrund seines Mitwirkungsanteils von 75&nbsp;% diesen Schwellenwert nicht erreiche, sei das Klagebegehren abzuweisen. Argumente, warum der 1%-ige Schwellenwert nicht gelten sollte, bringe der Kläger nicht vor. Auch zur Abweisung des Feststellungsbegehrens enthalte die Berufung keine Ausführungen.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [15] Das Berufungsgericht sprach aus, „der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt 30.000&nbsp;EUR“, und erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil bei einem vereinbarten unteren Schwellenwert der dauernden Invalidität in Höhe von 1&nbsp;% zur Frage, ob angesichts der Bedingung der Leistungskürzung bei mitwirkenden Ursachen (Art&nbsp;11 AUVB&nbsp;2016) der festgestellte Grad der dauernden Invalidität zuerst um den unfallfremden Anteil zu kürzen sei, oder der Mitwirkungsanteil bei der Beurteilung, ob der Schwellenwert erreicht worden sei, noch nicht zu berücksichtigen sei, keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [16] Dagegen richtet sich die <span class="Fett">Revision</span> des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Begehren, den Klagebegehren stattzugeben. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [17] Die Beklagte beantragt in ihrer <span class="Fett">Revisionsbeantwortung</span> die Zurückweisung des Rechtsmittels des Klägers, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.</p></div><div class="contentBlock"><h1 class="Titel AlignJustify">Rechtliche Beurteilung</h1><p class="ErlText AlignLeft"> [18] Die <span class="Fett">Revision</span> ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund <span class="Fett">zulässig</span>, sie ist aber <span class="Fett">nicht berechtigt</span>.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [19] 1.1.&nbsp;Angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, die – wie hier – vom Gericht zweiter Instanz nicht als solche erkannt worden sind, können nach ständiger Rechtsprechung in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden (RS0042963; RS0106371).</p><p class="ErlText AlignLeft"> [20] 1.2.&nbsp;Die Frage, ob ein Sachverständigengutachten den Feststellungen zugrunde gelegt werden kann oder wegen seiner Unvollständigkeit oder Widersprüchlichkeit ein weiteres Gutachten eingeholt werden muss, ist eine Frage der Beweiswürdigung und als Tatfrage nicht revisibel (RS0043163; RS0043320 [T21]; RS0113643 [T7]). Die Rechtsmittelbeschränkung kann auch nicht dadurch umgangen werden, dass ein unerwünschtes Ergebnis der Behandlung der Beweisrüge als Mangel des Berufungsverfahrens releviert wird (RS0043371 [T28]).</p><p class="ErlText AlignLeft"> [21] 1.3.&nbsp;Die Entscheidung des Berufungsgerichts über eine Mängel- oder Beweisrüge ist mangelfrei, wenn es sich mit diesen befasst, das Verfahren des Erstgerichts überprüft und nachvollziehbare Überlegungen über die Beweiswürdigung anstellt und in seinem Urteil festhält (RS0043144; RS0043150). Das ist hier erfolgt.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [22] 2.&nbsp;Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) sind nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§&nbsp;914&nbsp;ff ABGB) auszulegen, und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung (RS0050063 [T71]; RS0112256 [T10]; RS0017960). Die Klauseln sind, wenn sie nicht Gegenstand oder Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen; dabei ist der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen (RS0008901 [insb T5, T7, T87]). Unklarheiten gehen zu Lasten der Partei, von der die Formulare stammen, das heißt im Regelfall zu Lasten des Versicherers (RS0050063 [T3]).</span></p><p class="ErlText AlignJustify">3.&nbsp;Dauernde Invalidität</p><p class="ErlText AlignLeft"> [23] 3.1.&nbsp;Dauernde Invalidität ist der gänzliche oder teilweise Verlust von Körperteilen oder Organen und/oder die Einschränkung der körperlichen, organischen oder geistigen Funktionsfähigkeit (7&nbsp;Ob&nbsp;191/15m mwN). Für den Fall einer dauernden Invalidität hat der Versicherer die sich aus der Versicherungssumme und dem Grad der Invalidität zu berechnende Versicherungsleistung zu erbringen.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [24] 3.2.&nbsp;Die zwischen den Streitteilen in Art&nbsp;3.3. EUVBP&nbsp;2016 vereinbarte Gliedertaxe bestimmt nach einem abstrakten und generellen Maßstab für eine Vielzahl von Gliedmaßen und körperlichen Funktionen feste Invaliditätsgrade bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit der mit ihnen benannten Glieder (hier Beinwert 70&nbsp;%). Bei teilweisem Verlust oder teilweiser Funktions- oder Gebrauchsunfähigkeit wird der entsprechende Teil des Prozentsatzes angenommen (Art&nbsp;3.4. EUVBP&nbsp;2016). Die Funktions- oder Gebrauchsunfähigkeit eines Gliedes wird üblicherweise in Bruchteilen der vollen Gebrauchsunfähigkeit ausgedrückt. Der in der Gliedertaxe vorgesehene Prozentsatz wird entsprechend dieses Bruchteils vermindert (7&nbsp;Ob&nbsp;82/13d; 7&nbsp;Ob&nbsp;191/15m; 7&nbsp;Ob&nbsp;124/23w, jeweils mwN).</span></p><p class="ErlText AlignJustify">4.&nbsp;Kürzung bei unfallfremdem Mitwirkungsanteil</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [25] 4.1.&nbsp;Art&nbsp;11.2. AUVB&nbsp;2016 enthält eine Regelung zur Leistungskürzung bei mitwirkenden Ursachen. Haben Krankheiten oder Gebrechen, die schon vor dem Unfall bestanden, bei der durch ein Unfallereignis hervorgerufenen Gesundheitsschädigung oder deren Folgen mitgewirkt, ist im Fall der Invalidität der Prozentsatz des Invaliditätgrades, ansonsten die Leistung entsprechend dem Anteil der Krankheit oder des Gebrechens zu vermindern.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [26] 4.2.&nbsp;Abgestellt wird allein auf die Mitwirkung der Krankheiten oder Gebrechen auf die Unfallfolgen, nicht darauf, ob beim Unfallereignis selbst Vorerkrankungen mitgewirkt haben (7&nbsp;Ob&nbsp;103/15w [zu Art&nbsp;18.3. AUVB&nbsp;2005]).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [27] 4.3.&nbsp;Art&nbsp;11.2. AUVB&nbsp;2016 sieht eine sachliche Begrenzung des Versicherungsschutzes insofern vor, als eine Versicherungsleistung nur für die durch den eingetretenen Unfall hervorgerufenen Folgen zu erbringen ist, der Versicherer also nur für die Folgen einzutreten hat, für die der Unfall (allein) kausal ist (RS0119520 [T1]). Der durchschnittliche Versicherungsnehmer versteht diese Regelung so, dass unfallfremde Krankheiten oder Gebrechen grundsätzlich zu seinen Lasten gehen, nämlich zu einer Kürzung des Anspruchs oder einem Abzug von der Gesamtinvalidität führen (7&nbsp;Ob&nbsp;103/15w mwN [zu Art&nbsp;18.3. AUVB&nbsp;2005]). Aus der Klausel folgt für den Versicherungsnehmer klar, dass der Unfallversicherer keinen Versicherungsschutz für unfallfremde Ursachen von Gesundheitsschädigungen wie Krankheiten oder konstitutionell oder schicksalshaft bedingte gesundheitliche Anomalien bietet (7&nbsp;Ob&nbsp;3/24b).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [28] 4.4.&nbsp;Die Einschränkung der Deckungspflicht (nur) auf unmittelbar durch den Unfall herbeigeführte Folgen ist vom durchschnittlichen Versicherungsnehmer zu erwarten, sodass keine Sittenwidrigkeit im Sinn des §&nbsp;879 ABGB vorliegt (7&nbsp;Ob&nbsp;192/11b).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [29] 5.&nbsp;Unfallkapital steht erst ab Erreichen des Schwellenwerts von 1&nbsp;% zu:</p><p class="ErlText AlignLeft"> [30] 5.1.&nbsp;Der Unfallversicherungsvertrag sieht für die Leistungsart „Unfallkapital“ gestaffelte Versicherungsleistungen vor. Bei einem ärztlich festgestellten Grad der dauernden Invalidität von 1 bis 19&nbsp;% und einer Versicherungssumme von 200.000&nbsp;EUR beträgt die Leistung zwischen 2.000 und 38.000&nbsp;EUR. Da unter dem Schwellenwert von 1&nbsp;% keine Versicherungsleistung genannt wird, hat der beklagte Unfallversicherer unter diesem Grad der dauernden Invalidität auch kein „Unfallkapital“ zu leisten. Dies ergibt sich eindeutig daraus, dass die Berechnung der Versicherungsleistung erst ab dem Grad der dauernden Invalidität von 1&nbsp;% beginnt, und für den Versicherungsnehmer daraus erkennbar ist, dass unter dieser Schwelle vom Versicherer keine Versicherungsleistung erbracht wird.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [31] 5.2.&nbsp;Nach der Bedingung „Unfallkapital UVCP0001“ errechnet sich die Versicherungsleistung durch Multiplikation des ärztlich festgestellten Grades der dauernden Invalidität mit der für diesen Invaliditätsgrad festgelegten Versicherungssumme.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [32] Zunächst ist im gegenständlichen Fall der Invaliditätsgrad anhand der vereinbarten Gliedertaxe nach Art&nbsp;3.3. und Art&nbsp;3.4. EUVBP&nbsp;2016 zu ermitteln (siehe oben Punkt&nbsp;3.2.).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [33] Beim Zusammentreffen mit einem unfallfremden Mitwirkungsanteil mindert sich – wie dargelegt – nach Art&nbsp;11.2. AUVB&nbsp;2016 der Prozentsatz des (durch eine allfällige Vorinvalidität „bereinigten“; Art&nbsp;3.6. EUVBP&nbsp;2016) Invaliditätsgrades entsprechend des unfallfremden Mitwirkungsanteils (<span class="Kursiv">Kloth</span>, Private Unfallversicherung<span class="Hoch">2</span> [2014] G.&nbsp;Die Invaliditätsleistung Rn&nbsp;257 [zur inhaltsähnlichen Z&nbsp;3 der deutschen AUVB&nbsp;2010/2008/99] mwN). Diese Auslegung wird auch durch Punkt&nbsp;2.b) der Bedingung UVCP0001 bestätigt, wonach ein Sachverständiger bei der Beurteilung der Unfallfolgen Art&nbsp;11.2. AUVB&nbsp;2016 (Verminderung des Invaliditätsgrades aufgrund von Mitwirkung von Krankheiten oder Gebrechen) zu berücksichtigen hat. Damit folgt für den Versicherungsnehmer klar, dass auch Punkt&nbsp;1. UVCP0001 vom ärztlich festgestellten Grad der dauernden Invalidität ausgeht, der den bestehenden „Vorzustand“ der versicherten Person berücksichtigt, wenn bei ihr bereits vorhandene Krankheiten oder Gebrechen die Unfallfolgen beeinflussten (RS0119520).</span></p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [34] 5.3.&nbsp;Der Kläger erlitt beim Unfall vom 11.&nbsp;9.&nbsp;2019 einen Invaliditätsgrad im Ausmaß von 2&nbsp;% des Beinwerts von 70&nbsp;% (Art&nbsp;3.3. iVm Art&nbsp;3.4. EUVBP&nbsp;2016). Zu berücksichtigen ist weiters nach Art&nbsp;11.2. AUVB&nbsp;2016 der Mitwirkungsanteil von 75&nbsp;% durch die bestehende Beinachsenfehlstellung und die daraus resultierende Überbelastung des inneren Kniegelenkskompartements und der wiederum daraus folgende Knorpelschaden sowie die bestehende Arthrose. Der unfallbedingte Invaliditätsgrad ergibt sich durch Kürzung um diesen Mitwirkungsanteil.</span></p><p class="ErlText AlignLeft"> [35] Der für die Leistungsart „Unfallkapital“ maßgebliche ärztlich festgestellte Grad der dauernden Invalidität beträgt daher 0,35&nbsp;% (2&nbsp;% des Beinwerts von 70&nbsp;% abzüglich des Mitwirkungsanteils von 75&nbsp;%). Da die dauernde Invalidität unter 1&nbsp;% liegt, steht dem Kläger für diesen Unfall die begehrte Versicherungsleistung nicht zu.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [36] 6.&nbsp;Zur Invaliditätsentschädigung für den Unfall vom 16.&nbsp;5.&nbsp;2020 (von 7.084&nbsp;EUR&nbsp;sA), zum Genesungsgeld für den stationären Krankenhausaufenthalt (von 10.120&nbsp;EUR&nbsp;sA) und zum Feststellungsbegehren enthält die Revision keine Rechtsausführungen, sodass darauf nicht einzugehen ist.</p><p class="ErlText AlignLeft"> [37] 7.&nbsp;Der Revision ist daher nicht Folge zu geben.</p><p class="ErlText AlignLeft"><span aria-hidden="true"> [38] 8.&nbsp;Die Kostenentscheidung beruht auf §&nbsp;41 und §&nbsp;50 ZPO.</span></p></div></div></body></html>
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