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2018-04-01 | Am Kreuz scheiden sich die Geister | Reaktionen auf Söder-Vorstoß | In jeder staatlichen Behörde in Bayern soll ab Juni ein Kreuz hängen - als Spiegelbild kultureller Werte, sagt Ministerpräsident Söder. Kritiker fürchten, das Kreuz könne zur banalen Folklore abgestempelt werden.
mehr | In jeder staatlichen Behörde in Bayern soll ab Juni ein Kreuz hängen - als Spiegelbild kultureller Werte, sagt Ministerpräsident Söder. Kritiker fürchten, das Kreuz könne zur banalen Folklore abgestempelt werden. Das Kreuz ist mehr als Christentum - davon ist Bayerns Ministerpräsident Markus Söder überzeugt. Es stehe für die kulturellen Werte der Deutschen und gehöre damit auch in die deutschen Behörden. Bisher schreibt die Bayerische Staatsregierung Kreuze nur in Klassenzimmern und Gerichtssälen vor. Der Beschluss des bayerischen Kabinetts, diese Pflicht auszuweiten, stößt nicht überall auf Gegenliebe. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, knüpft die Präsenz des Symbols in Amtsgebäuden an eine Bedingung: Die "Werte des Kreuzes" zu achten - Menschenwürde, Nächstenliebe, Humanität. Das Kreuz dürfe keinesfalls "für politische Zwecke missbraucht werden". Keine "Folklore", kein "Etikett" Genau diese Befürchtung haben einige Kirchenvertreter. Mit deutlichen Worten kanzelt der Würzburger Hochschulpfarrer Burkhard Hose den Vorstoß der bayerischen Regierung ab: Das Kreuz tauge nicht "als verlängerter Arm einer Politik der Ausgrenzung oder des nationalistischen Egoismus" und dürfe nicht zu "bayerischer Folklore" herabgestuft werden. "Das Kreuz ist nicht nur Etikett oder Ausweis einer bestimmten Identität, sondern Erinnerung an den Lebensweg Jesu", wettert Hose und greift Söder auch direkt an: "Viele empfinden es zunehmend als eine Provokation und als Heuchelei, wie Sie über das Christentum öffentlich reden. In unserer Wahrnehmung wird das Christentum zunehmend von Ihnen dazu missbraucht, um die Ausgrenzung von Menschen anderen Glaubens zu betreiben." Experte sieht rechtlichen Grenzfall Vor einer "Banalisierung" warnte auch Michael Heinig, Leiter des Kirchenrechtlichen Institutes der Evangelischen Kirche in Deutschland. Zwar sei die Söder-Entscheidung aus seiner Sicht nicht verfassungswidrig. Doch immerhin habe das Bundesverfassungsgericht 1995 bereits festgelegt, dass das Kreuz auf den Kern des christlichen Glaubens verweise und nicht nur für kulturelle Prägungen stehe. Der Beschluss des bayerischen Kabinetts sei demnach ein "heikler Grenzfall". Doch gerade die Werte, für die das Kruzifix stehe, führt der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick zur Verteidigung der neuen Regelung ins Feld. Das Kreuz sei ein Zeichen der Versöhnung, des Friedens und der Solidarität, sagte Schick dem Bayerischen Rundfunk: "Alle Menschen, die das Kreuz anschauen, verpflichten sich, das zu leben und voranzubringen." Das Netz spottet über Söder Im Netz fängt sich Söders Vorstoß reichlich Häme und Kritik ein. Auf Twitter spotten Nutzer, wenn es Söder nur um bayerische Identität ginge, würde er Brezen statt Kreuze aufhängen. Andere schlagen ernstere Töne an, fürchten einen immer stärker werdenden Rechtsruck in Bayern. Im Kabinett hatte die Opposition am Dienstag scharfe Kritik geübt. Die SPD verwies auf das Grundgesetz, welches zur Religionsfreiheit und Neutralität verpflichte. Und die Grünen warfen Söder vor, das Kreuz lediglich für seinen Wahlkampf zu missbrauchen. | /inland/bayern-behoerden-kreuz-103.html |
2018-04-01 | Macron drückt aufs Tempo | Rede vor EU-Parlament | Frankreichs Präsident Macron drängt die EU zum Handeln. Die Reform der Wirtschafts- und Währungsunion müsse vorangetrieben werden, sagte er vor dem EU-Parlament - auch mit Blick auf die Europawahlen.
mehr | Frankreichs Präsident Macron drängt die EU zum Handeln. Die Reform der Wirtschafts- und Währungsunion müsse vorangetrieben werden, sagte er vor dem EU-Parlament - auch mit Blick auf die Europawahlen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat vor dem EU-Parlament mit Nachdruck für einen eigenen Haushalt für die Eurozone geworben. In Straßburg forderte er, vor der Europawahl im kommenden Jahr einen Fahrplan zur schrittweisen Reform der Wirtschafts- und Währungsunion aufzustellen. "Bis Ende der Legislaturperiode 2019 müssen wir spürbare Ergebnisse einfahren", so Macron in seiner Rede, die den Titel "Die Zukunft Europas" trug. Als konkrete Punkte nannte er die Vollendung der Bankenunion und "budgetären Kapazität, die die Stabilität und die Konvergenz in der Eurozone fördert". Widerstand in Deutschland In Deutschland gibt es großen Widerstand gegen einen eigenen Eurozonen-Haushalt. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, bei den Vorschlägen Macrons würden neben der Weiterentwicklung Europas auch die französischen nationalen Interessen eine Rolle spielen. Es sei auch "unsere Aufgabe, unsere nationalen Interessen zu formulieren. Das tun wir". Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz hatte sich schon zurückhaltend zu Macrons Vorstößen geäußert. Macron hatte im Herbst an der Pariser Sorbonne-Universität in einem Grundsatzvortrag zahlreiche Reformen vorgeschlagen, mit denen er Europa stärker integrieren will. Kernpunkt war unter anderem eine engere Verzahnung der Euro-Länder, etwa durch ein gemeinsames Budget für die 19 Staaten. Seine in Deutschland ebenfalls scharf kritisierte damalige Forderung nach einem europäischen Finanzminister erwähnte er nun in Straßburg zunächst nicht. Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen über den Euro-Umbau auf einem Gipfel im Juni entscheiden. Verteidigung der "europäischen Demokratie" Macron ging in seiner Rede in Straßburg auch auch auf die Flüchtlingspolitik ein. Die "giftige Debatte" über den Umbau des Asylrechts und die Umverteilung von Flüchtlingen müsse gelöst werden, sagte er. So könnten Gemeinden, die Flüchtlinge aufnehmen, finanziell besser unterstützt werden. Insgesamt habe sich Europa in den vergangenen Jahrzehnten bewährt und müsse deshalb gegen Angriffe und Populisten und autoritären Regimen verteidigt werden, sagte Macron. "Die europäische Demokratie ist angesichts der Wirren in der Welt unsere Trumpfkarte." Er rief zur Verteidigung der Demokratie auf. "Ich möchte nicht zu einer Generation der Schlafwandler gehören", sagte er. "Ich möchte zu einer Generation gehören, die standhaft entschieden hat, ihre Demokratie zu verteidigen." Macron plädierte für die Schaffung einer "neuen europäischen Souveränität, mit der wir unseren Bürgern die klare, verbindliche Antwort geben, dass wir sie beschützen können, eine Antwort auf die Unordnung dieser Welt". Juncker plädiert für Beteiligung aller EU-Staaten EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker forderte Frankreich dazu auf, europapolitische Reformen nicht nur im deutsch-französischen Tandem anzugehen. Er wisse um die Bedeutung, die Frankreichs Präsident der Freundschaft mit Deutschland beimesse, sagte Juncker im EU-Parlament an Macron gerichtet. "Aber vergessen wir nicht, dass Europa nicht nur deutsch-französisch ist", so Jucker. Die EU sei eine Gemeinschaft und habe 28 Mitgliedstaaten. Die Wahl Macrons habe in Europa neue Hoffnungen geweckt, sagte Juncker weiter. Für die Verwirklichung seiner Visionen könne der französische Präsident auf die EU-Kommission zählen. | /ausland/macron-eu-parlament-107.html |
2018-04-01 | Jeder Zweite scheitert am Deutschtest | Integrationskurse | Am Ende des Integrationskurses steht der Deutschtest. Doch mehr als die Hälfte der Teilnehmer besteht ihn nicht. An den Kursen nehmen Ausländer teil, die dauerhaft in Deutschland leben wollen.
mehr | Am Ende des Integrationskurses steht der Deutschtest. Doch mehr als die Hälfte der Teilnehmer besteht ihn nicht. An den Kursen nehmen Ausländer teil, die dauerhaft in Deutschland leben wollen. Mehr als die Hälfte aller Zuwanderer besteht den Deutschtest am Ende der Integrationskurse nicht. Das berichtet die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" und bezieht sich auf Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BamF). Demnach besuchten im vergangenen Jahr 339.578 Menschen erstmals einen Integrationskurs. Allerdings machten deutlich weniger, nämlich nur 289.751 von ihnen, später auch beim Sprachtest am Kursende mit. Von denjenigen, die am Sprachtest teilnahmen, erreichte etwa jeder Zweite (48,7 Prozent) das Kursziel B1. Vier von zehn (40,8 Prozent) kamen lediglich auf das niedrigere Sprachniveau A2, der Rest blieb darunter. Das Kursziel B1 ist ausreichend, um im Alltag in Deutschland schriftlich und mündlich klarzukommen, für einen qualifizierten Beruf reicht das Sprachlevel meist nicht. Viele Gründe fürs Nichtbestehen Die Gründe, dass so viele nicht bestehen, sind vielfältig. Das Bamf gab an, dass einige Teilnehmer während des Kurses krank werden, andere eine Arbeit finden oder umziehen und deshalb nicht zur Abschlussprüfung antreten. Nach Angaben von Sprachlehrern liegt das schlechte Abschneiden allerdings auch an einer fehlenden Lernkultur und daran, dass viele Flüchtlinge nach wie vor traumatisiert seien. Viele Flüchtlinge schwänzen demnach aber auch zu viele Stunden ihrer Sprachkurse. Sprachkurs und Orientierungskurs An den Integrationskursen nehmen Ausländer teil, die auf Dauer in Deutschland leben möchten. Darunter sind Zuwanderer aus der EU und Spätaussiedler, in jüngster Zeit aber vor allem Flüchtlinge, die meist von den Behörden zur Teilnahme verpflichtet werden. Die Integrationskurse bestehen aus zwei Teilen: Aus 600 Schulstunden Sprachkurs und 100 Schulstunden Orientierungskurs. | /inland/deutschtest-integrationstest-101.html |
2018-04-01 | Was hat Trump vor? | Drohende US-Strafzölle | Bekannt ist noch nichts, vielleicht hat sich US-Präsident Trump auch noch nicht entschieden. Morgen aber läuft die Frist für seine Strafzoll-Entscheidung ab. Nicht nur in der EU herrscht Spannung. Von Martin Ganslmeier. | Bekannt ist noch nichts, vielleicht hat sich US-Präsident Trump auch noch nicht entschieden. Morgen aber läuft die Frist für seine Strafzoll-Entscheidung ab. Nicht nur in der EU herrscht Spannung. US-Präsident Donald Trump hat noch nicht entschieden, welche Länder weiterhin von den Schutzzöllen auf Stahl und Aluminium ausgenommen bleiben - das sagte US-Finanzminister Steven Mnuchin im Fernsehsender Fox. Auch US-Handelsminister Wilbur Ross betonte, Trump werde seine Entscheidung erst kurz vor Ablaufen der Deadline bekanntgeben. In einem Interview mit dem Wirtschaftssender Bloomberg deutete Ross an, es werde für einige Länder eine Befreiung von den Zöllen geben, wenn sie einer Quotierung ihrer Stahl- und Aluminiumexporte in die USA zustimmen. Ross und EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström tauschten sich kurz vor Fristende erneut aus. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur laut eigenen Angaben aus dem US-Handelsministerium. Mit Südkorea hatte sich die Trump-Regierung bereits entsprechend geeinigt. Südkorea stimmte einem neuen bilateralen Handelsvertrag zu, der deutlich günstiger für die USA ausfällt. Auch US-Experten warnen Die US-Handelskammer und mehrere US-Wirtschaftsexperten warnten vor einer Eskalation des Streits, vor allem mit der EU und China. Trump dagegen reagierte bisher gelassen auf die angekündigten Gegenmaßnahmen der EU. Er werde dann eben als nächstes Strafzölle auf Autoimporte aus der EU einführen. Dies träfe vor allem die deutsche Autoindustrie. Eine Neuauflage des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP lehnte Trump stets ab: Er träfe lieber Vereinbarungen mit einzelnen Ländern, nicht mit multilateralen Organisationen. Die Regeln der Welthandelsorganisation WTO kritisierte Trump als "unfair gegenüber den USA". Andere Länder verhandeln ebenfalls Nicht nur die EU wartet mit Spannung auf Trumps Entscheidung. Auch andere Länder liefern sich mit dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer einen Verhandlungspoker bis zum Ablauf der Deadline. Australien sieht gute Chancen, dauerhaft von den Schutzzöllen befreit zu werden. Schließlich importiere Australien mehr Produkte aus den USA als umgekehrt. Brasilien stellt sich auf eine Quote für seine Stahlexporte in die USA ein. Japan versucht bislang erfolglos, die Trump-Regierung von einer Rückkehr in das transpazifische Freihandelsabkommen TPP zu überzeugen. Kanada und Mexiko hoffen auf eine dauerhafte Befreiung, wenn es zu einer Einigung bei den Neuverhandlungen um das Nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA kommt. Seoul zahlte hohen Preis Südkorea ist bereits dauerhaft von den US-Schutzzöllen befreit, hat dafür allerdings einen hohen Preis gezahlt: Neben einem neuen bilateralen Handelsvertrag, der deutlich besser für die USA ausfiel, stimmte Südkorea auch einer Quotierung seiner Stahlexporte zu: die werden künftig bei 2,7 Millionen Tonnen pro Jahr gedeckelt. Außerdem verpflichtet sich Südkorea, künftig 50.000 Autos aus den USA zu importieren, auch wenn diese nicht den südkoreanischen Sicherheitsstandards entsprechen. Das sind doppelt so viele Importautos aus den USA wie bisher. | /wirtschaft/handelsstreit-eu-usa-107.html |
2018-04-01 | Woran die Kreuz-Pflicht scheitern könnte | Lehren des Kruzifix-Urteils | Ministerpräsident Söder hat den Kreuz-Streit neu angefacht. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1995 klingt in Teilen so, als hätten die Richter Söders Argumentation vorausgesehen. Von Claudia Kornmeier. | Ministerpräsident Söder hat den Kreuz-Streit neu angefacht. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1995 klingt in Teilen so, als hätten die Richter Söders Argumentation vorausgesehen. Von Claudia Kornmeier, ARD-Rechtsredaktion Was hat das Bundesverfassungsgericht 1995 entschieden? In Deutschland gilt die Glaubensfreiheit, Artikel 4 Grundgesetz. Kreuze in Klassenzimmern staatlicher Schulen sind damit aus Sicht der Verfassungsrichter nicht vereinbar (Az. 1 BvR 1087/91). Geklagt hatte ein Vater, der sich an dem christlichen Symbol in den Klassenzimmern seiner Kinder gestört hatte. Die Entscheidung für oder gegen einen Glauben ist aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts Sache des Einzelnen, nicht des Staates. Das heißt, der Staat muss neutral bleiben. Die Verfassungsrichter stellten außerdem fest: Eine "friedliche Koexistenz" von Anhängern unterschiedlicher Überzeugungen könne der Staat nur gewährleisten, wenn er selbst in Glaubensfragen neutral bleibe. "Er darf daher den religiösen Frieden in einer Gesellschaft nicht von sich aus gefährden." Auf die zahlenmäßige Stärke oder die soziale Relevanz komme es dabei nicht an. Wie hat Bayern damals auf die Entscheidung aus Karlsruhe reagiert? In Bayern wurde ein neues Gesetz erlassen. Auch das schreibt wieder ein Kreuz in jedem Klassenraum vor. Erziehungsberechtigte können nun aber widersprechen. Wenn sie "ernsthafte und einsehbare Gründe" haben, muss die Schulleitung nach einem Kompromiss suchen. Allerdings soll dabei "der Wille der Mehrheit" berücksichtigt werden. Ist das Kreuz überhaupt ein religiöses Symbol? Aus Sicht von Ministerpräsident Markus Söder steht das Kreuz nicht für eine Religion, sondern ist ein "Bekenntnis zur Identität" und zur "kulturellen Prägung" Bayerns: "Das Kreuz ist nicht ein Zeichen einer Religion." Das Bundesverfassungsgericht hatte das anders gesehen: "Das Kreuz ist Symbol einer bestimmten religiösen Überzeugung und nicht etwa nur Ausdruck der vom Christentum mitgeprägten abendländischen Kultur", heißt es in dem Beschluss. Das Kreuz sei geradezu das "Glaubenssymbol schlechthin" des Christentums. "Es wäre eine dem Selbstverständnis des Christentums und der christlichen Kirchen zuwiderlaufende Profanisierung des Kreuzes, wenn man es (…) als bloßen Ausdruck abendländischer Tradition oder als kultisches Zeichen ohne spezifischen Glaubensbezug ansehen wollte." Lässt sich die Entscheidung von damals auf die Kreuz-Pflicht in den Amtsstuben übertragen? Es ist nicht zwingend, dass Karlsruhe Kreuze in Behörden genauso beurteilt. Der Beschluss von 1995 bezieht sich auf die Situation in Klassenräumen, wo Schüler jeden Tag mit dem Symbol konfrontiert und gezwungen werden, "unter dem Kreuz" zu lernen. Allerdings: Bereits 1973 hatte das Bundesverfassungsgericht Kreuze in Gerichtssälen kritisiert. Auch damals hieß es: Der Zwang zur Gerichtsverhandlung unter einem Kreuz könne die Glaubensfreiheit verletzen (Az. 1 BvR 308/69). Wie sieht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Sache? Die Straßburger Richter sehen die Sache etwas weniger streng als ihre Karlsruher Kollegen. Sie lassen den Staaten einen großen Spielraum. In einem Fall aus Italien stellten sie 2011 fest, dass ein Kreuz in einem Klassenraum mit der Menschenrechtskonvention vereinbar ist (Beschwerde-Nr. 30814/06). Das bedeutet aber nicht umgekehrt, dass die Karlsruher Entscheidung keinen Bestand haben kann. | /inland/bverfg-kreuz-101.html |
2018-04-01 | Zittern bis zum Schluss | Drohende US-Strafzölle | Der Countdown läuft ab: Bis morgen soll die Entscheidung fallen, ob die US-Strafzölle auf Stahl und Aluminium auch für die EU gelten. Doch auch wenn die Zeit knapp wird, hoffen EU-Politiker auf eine Einigung.
mehr | Der Countdown läuft ab: Bis morgen soll die Entscheidung fallen, ob die US-Strafzölle auf Stahl und Aluminium auch für die EU gelten. Doch auch wenn die Zeit knapp wird, hoffen EU-Politiker auf eine Einigung. Der Countdown neigt sich dem Ende: Bis Dienstag soll US-Präsident Donald Trump entscheiden, ob die EU auch weiterhin von den Strafzöllen für Stahl und Aluminium verschont bleibt. Bis zum Schluss werben deutsche und EU-Politiker für eine Einigung im Handelsstreit. "Ich bin der Auffassung, dass eigentlich weder die USA noch die Europäer einen Handelskrieg riskieren sollten", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier in der ARD-Sendung "Anne Will". Dafür müsse aber auch die EU bereit sein, ein Angebot auf den Tisch zu legen, über das mit den USA verhandelt werden könne. "Nicht Trumps Ansatz der Abschottung zu eigen machen" Verhandeln ist das Stichwort der Stunde. Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Norbert Röttgen, hatte sich im Bericht aus Berlin für ein Handelsabkommen mit den USA ausgesprochen. Die EU solle sich nicht "den Ansatz der Abschottung und Protektionismus" von Trump zu eigen machen. Darum dürfe die EU auch "keine Maßnahmen mit Vergeltungscharakter" ergreifen. Sollten Reaktionen nötig sein, müsste die EU eher "Nadelstiche ausüben", um den USA zu verdeutlichen, dass sie "sich ins eigene Fleisch schneiden" würden. BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang sagte im ARD-Morgenmagazin, er rechne damit, dass Trump die Ausnahmeregelung auslaufen lassen werde und die US-Strafzölle gegen die EU in Kraft treten. Man müsse dann die USA vor der Welthandelsorganisation verklagen. "Denn diese Vorgehensweise ist nicht korrekt", sagte Lang. Bei möglichen Gegenmaßnahmen mahnte er allerdings zu Besonnenheit. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Reiner Hoffmann, erklärte im ARD-Morgenmagazin, er sehe wie BDI-Hauptgeschäftsführer Lang die Gefahr, dass am Ende die USA und Europa gleichermaßen als Verlierer dastehen könnten. Gegenzölle der EU dürften nur als ultima ratio in Betracht kommen. Oettinger befürwortet "TTIP light" Der Ausweg eines Abkommens findet in der EU einige Befürworter. EU-Kommissar Günther Oettinger sprach sich für den Vorschlag der Bundesregierung aus, ein Industriezollabkommen auszuhandeln. Von dem Vorschlag hatte zuerst die "Welt am Sonntag" berichtet. Demnach stelle sich die Bundesregierung eine Art "TTIP light" vor, eine abgespeckte Variante des auf Eis liegenden transatlantischen Freihandelsabkommens. Um ein solches Abkommen zu ermöglichen, müsse Trump aber im ersten Schritt die Strafzölle "vom Tisch nehmen", forderte Oettinger in der "Rheinischen Post". Im zweiten Schritt könne dann verhandelt werden. Bisher treffen die US-Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium vor allem China. Für eine Reihe anderer Staaten gelten die selben Ausnahmen wie für die EU. "Regelungen haben teils Berichtigung verloren" Auch die US-Handelskammer in Deutschland hofft noch auf eine Einigung. Deren Chef, Frank Sportolari, sagte "Handelsblatt", es spreche nichts dagegen, die derzeit geltenden Regelungen zwischen EU und USA "zu prüfen und zu modernisieren". Einige von ihnen hätten ihre Berechtigung verloren. Nehmen Sie die 25 Prozent Zoll, die die USA auf Lieferwagen aus Europa erheben. Das ist eine Regelung, die aus den 1950er-Jahren stammt. Dafür gibt es heute keine vernünftige Erklärung mehr. Umgekehrt erheben die Europäer Zölle von zehn Prozent auf Autos aus den USA, während die Amerikaner für europäische Autos 2,5 Prozent verlangen. Gegenmaßnahmen bereits geplant Doch trotz allem Hoffen auf eine Einigung in letzter Minute hat sich die EU bereits gewappnet, sollte Trump die Ausnahmeregelung aufheben. Im Gegenzug würden auch auf US-Produkte höher Zölle erhoben werden, darunter neben Stahlgütern auch Orangensaft, Jeans oder Harley-Davidson-Motorräder. Zudem will die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström dann erneut Beschwerde bei der Welthandelsorganisation (WTO) einlegen. | /wirtschaft/handelsstreit-eu-usa-105.html |
2018-04-01 | EU zittert vor dem Trump-Tweet | Verhältnis zu den USA | Der Streit um Zölle, der Konflikt um das Iran-Abkommen: Die EU und die USA liegen in zentralen Fragen über Kreuz. Mehr noch: Brüssel, Berlin und Paris haben Angst vor den USA des Donald Trump, meint Ralph Sina.
mehr | Der Streit um Zölle, der Konflikt um das Iran-Abkommen: Die EU und die USA liegen in zentralen Fragen über Kreuz. Mehr noch: Brüssel, Berlin und Paris haben Angst vor den USA des Donald Trump. Ein neues Kapitel in der EU-Geschichte: Die Europäische Union hat Angst vor ihrem wichtigsten militärischen Verbündeten und Wirtschaftspartner. Brüssel, Berlin und Paris haben Angst vor den USA des Donald Trump, dem EU-Ignoranten und America-First-Ideologen. Und die EU-Angst war noch nie so groß. Denn im kommenden Monat laufen gleich zwei Trump-Ultimaten aus. Das eine betrifft den Iran-Atomvertrag und damit die größte friedenspolitische Leistung, welche die EU in den letzten Jahren erbracht hat. Ohne die jahrelange Vermittlungsleistung der führenden Diplomatin des Europäischen Auswärtigen Dienstes wäre dieser Vertrag mit Teheran nicht zustande gekommen. Charmeoffensive ändert nichts Trump ist bereit, im Mai den Atomdeal der wichtigsten politischen Player auf der Weltbühne mit Teheran zu Makulatur zu machen - um den Preis, dass der Iran wieder Uran anreichert, um die Atombombe zu bauen. Selbst die bis an den Rand der Selbstverleugnung gehende Charmeoffensive von Präsident Macron bei seinem Staatsbesuch im Weißen Haus ändert nichts an Trumps Fixierung auf die Zerschlagung des Atomdeals. Und Merkels besonnen-mahnende Worte bei ihrer kurzen Washington-Visite sowieso nicht. Doch nicht nur der Atomvertrag mit Teheran ist im kommenden Monat durch Trump in großer Gefahr. Sondern auch die Exportwirtschaft der EU, allen voran die des Exportweltmeisters Deutschland. Denn bis Dienstag läuft die von Trump gesetzte Frist aus, innerhalb derer er Stahl und Aluminium aus der EU von den neuen Zollaufschlägen ausnimmt. Kein individuelles Gefeilsche Zwar beginnen Trump und sein Handelsminister zu begreifen, dass sie nicht einzelne Stahl- und Aluminium-Verträge mit einzelnen EU-Ländern aushandeln können und es kein individuelles Gefeilsche gibt, sondern Washington dem gesamten EU-Block mit noch über 500 Millionen Menschen und noch 28 Ländern gegenübersteht. Einem Block, der sich als ganzer gegen Trump-Zölle zur Wehr setzen wird, statt sich durch einzelne Deals auseinanderdividieren zu lassen. Trump und sein Handelsminister beginnen dank des Nachhilfeunterrichts durch Macron und Merkel zu begreifen: Es gibt in Handelsfragen tatsächlich ein Verhandlungsmonopol der EU. Der US-Präsident muss sich den Namen Malmström merken. Die EU-Handelskommissarin hat bereits in Absprache mit den Mitgliedsländern einen Katalog mit Gegenzöllen erarbeitet und stellt sich auf eine Klage vor der Welthandelsorganisation ein. Die EU gibt nicht proaktiv klein bei. Trump lässt die Europäer zappeln Dennoch ist sie zutiefst verunsichert. Das zeigte sich überdeutlich an diesem Wochenende beim Treffen der EU-Finanzminister. Immer wieder appellierte Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire an Trump, keine Strafzölle zu verhängen und keine weiteren Ultimaten. Doch Trump lässt die Europäer ganz bewusst zappeln. Weder Merkel noch Macron verriet er vorab in Washington, ob er bereits eine Zollentscheidung getroffen hat und wie diese Entscheidung aussieht. Der Präsident trifft die Zollentscheidung - mehr als diese resignierte Feststellung ihrer eigenen Ohnmacht blieb Merkel nicht. Nach dem erfolgreichen Gipfel zwischen Nord- und Südkorea sieht sich Trump mehr denn je als Riesenstaatsmann und die nach Washington pilgernden EU-Politiker als reine Statisten in einem weltpolitischen Spiel, dessen Regeln er allein diktiert. Vor allem die Handels- und Zollregeln. Der EU bleibt nur das Zittern vor dem Trump-Tweet . Noch nie in ihrer EU-Geschichte blickten Brüssel, Berlin und Paris dermaßen verängstigt nach Washington. Die transatlantische Beziehung ist längst ein transatlantischer Alptraum. Ohne den Fluchtweg namens Scheidung. | /kommentar/trump-eu-zoelle-101.html |
2018-04-01 | Schulterschluss gegen Strafzölle | Handelsstreit mit den USA | In zwei Tagen läuft für die EU die Schonfrist für US-Strafzölle auf Stahl und Aluminium ab. Klare Signale aus Washington fehlen. Kanzlerin Merkel griff deshalb erneut zum Telefonhörer.
mehr | In zwei Tagen läuft für die EU die Schonfrist für US-Strafzölle auf Stahl und Aluminium ab. Klare Signale aus Washington fehlen. Kanzlerin Merkel griff deshalb erneut zum Telefonhörer. Die Regierungen Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens haben die USA aufgefordert, keine handelspolitischen Maßnahmen gegen die EU zu ergreifen. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe am Samstag den französischen Präsidenten Emmanuel Macron und heute die britische Premierministerin Theresa May über ihre Gespräche mit US-Präsident Donald Trump unterrichtet und sich über das weitere Vorgehen abgestimmt, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. Die drei Politiker seien sich einig, dass andernfalls die EU bereit sein sollte, "im Rahmen der multilateralen Handelsordnung entschlossen ihre Interessen zu vertreten", führte Seibert aus. EU will kontern Am 1. Mai läuft die Ausnahmeregelung ab, die Trump den Europäern für Importzölle auf Stahl und Aluminium gewährt hat. Er hatte weder nach dem Besuch des französischen Präsidenten noch nach dem Treffen mit Merkel am Freitag zu erkennen gegeben, ob die Europäer dauerhaft von den Importzöllen ausgenommen werden. Die EU hat für den Fall der Fälle bereits Gegenmaßnahmen vorbereitet: Sie würde sich dann erneut an die Welthandelsorganisation (WTO) wenden. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hatte am 17. April Beschwerde bei der WTO eingereicht und ein Schiedsverfahren beantragt. Die EU hat so die Möglichkeit, Sonderzölle auf US-Produkte zu erheben. Die EU-Kommission erstellte eine Liste mit US-Waren, die sie ihrerseits mit Strafzöllen belegen könnte. Sie umfasst neben Eisen- und Stahlgütern auch Produkte wie Orangensaft, Jeans, Whiskey und Harley-Davidson-Motorräder. TTIP light? Einem Zeitungsbericht zufolge setzt sich die Bundesregierung inzwischen für ein Industriezollabkommen ein. Das berichtet die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf Regierungskreise. Demnach zielt der Vorschlag auf eine Art "TTIP light" ab, eine abgespeckte Variante des auf Eis liegenden transatlantischen Freihandelsabkommens. Davon würden auch die USA profitieren, weil dann Zölle auf Waren sinken oder sogar gestrichen würden, heißt es in dem Bericht. Demnach dürfte der Vorschlag aber in der EU auf große Hürden stoßen. Die Franzosen wollten bei einem TTIP im kleinerer Format nicht mitmachen. Bisher treffen die US-Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium vor allem China. Für eine Reihe anderer Staaten gelten die selben Ausnahmen wie für die EU. | /wirtschaft/handelsstreit-eu-usa-103.html |
2018-04-01 | Trump lästert - die Journalisten auch | Präsident fehlt bei Dinner | US-Präsident Trump ist wieder nicht zum traditionellen Korrespondenten-Dinner in Washington erschienen. Stattdessen lästerte er vor Anhängern über Journalisten - und die Medien konterten scharf. Von Jan Phillip Burgard. | US-Präsident Trump ist wieder nicht zum traditionellen Korrespondenten-Dinner in Washington erschienen. Stattdessen lästerte er vor Anhängern über Journalisten - und die Medien konterten scharf. | /ausland/trump-journalisten-dinner-101.html |
2018-04-01 | EU-Finanzminister weiter uneins | Pläne für Digitalsteuer | Digitalkonzerne erzielen in Europa große Gewinne, zahlen aber wegen der aktuellen Rechtslage weniger Steuern als andere Firmen. Die EU-Finanzminister wollen das ändern, sind sich aber uneinig, wie und in welchen Umfang.
mehr | Digitalkonzerne erziele in Europa großer Gewinne, zahlen aber wegen der aktuellen Rechtslage weniger Steuern als andere Firmen. Die EU-Finanzminister wollen das ändern, sind sich aber uneinig, wie und in welchen Umfang. Die EU-Finanzminister können sich auch weiter nicht darüber einigen, ob Digitalkonzerne wie Facebook und Google härter besteuert werden sollen. "Es gibt viele verschiedene Ansichten", sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici nach dem informellen Treffen der EU-Ressortchefs in Sofia. Der EU gingen dadurch erhebliche Steuereinnahmen verloren. "Manche Länder wollen keine kurzfristige Entscheidung", meinte Bulgariens Finanzminister Wladislaw Goranow, dessen Land derzeit den Vorsitz unter den EU-Staaten innehat. Es müsse eine Lösung auf Ebene der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gefunden werden, sagte Luxemburgs Finanzminister Pierre Gramegna. Große Länder drängen auf schnelle Lösung Deutschland, Frankreich und einige andere hatten im vergangenen Jahr rasche Maßnahmen zur stärkeren Besteuerung von Digital-Riesen wie Facebook und Google gefordert. Sie kritisieren, dass die Konzerne in Europa gewaltige Umsätze und Gewinne verbuchen, aber kaum Steuern zahlen, da sie in den meisten Ländern keine versteuerbaren Firmensitze haben. Außerdem bündeln sie ihre Geschäfte in Ländern mit günstigen Steuerbedingungen, etwa in Irland. Es sei ein großes moralisches Problem, dass die größten Firmen nicht ihren öffentlichen Verpflichtungen nachkämen, sagte Finanzminister Olaf Scholz. Sei französischer Amtskollege Bruno Le Maire forderte, eine Entscheidung in der Sache müsse bis spätestens Ende des Jahres fallen. Erster Vorschlag der Kommission Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, für Unternehmen mit einem weltweiten Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro sowie einem Online-Umsatz von 50 Millionen Euro in Europa drei Prozent Ertragssteuer zu verhängen. Zudem sollen die Körperschaftssteuer-Regeln so geändert werden, dass Unternehmen auch ohne physische Präsenz besteuert werden können. In Steuerfragen müssen die EU-Staaten einstimmig zustimmen, Beschlüsse gelten hier daher als besonders schwierig. Neuer Steuerstreit mit den USA droht US-Finanzminister Steven Mnuchin hatte zu den EU-Plänen im März gesagt, Washington sei "strikt dagegen", digitale Unternehmen speziell zu besteuern. Moscovici erklärte jedoch, die Steuer ziele nicht allein auf US-Unternehmen. Auch grenzüberschreitend tätige Digitalunternehmen müssten aber einen "fairen Anteil" an Steuern zahlen. | /wirtschaft/eu-steuern-internetkonzerne-105.html |
2018-04-01 | Kontrolle mit Notwendigkeit? | Pressefreiheit in der Türkei | In keinem anderen Land sitzen so viele Journalisten in Haft wie in der Türkei, kritisieren die "Reporter ohne Grenzen". Karin Senz hat mit türkischen Journalistinnen gesprochen - und ist auf gegensätzliche Sichtweisen gestoßen.
mehr | In keinem anderen Land sitzen so viele Journalisten in Haft wie in der Türkei, kritisieren die "Reporter ohne Grenzen". Karin Senz hat mit türkischen Journalistinnen gesprochen - und ist auf gegensätzliche Sichtweisen gestoßen. Die Locken fallen der jungen türkischen Journalistin Elif Akgül immer wieder ins Gesicht. Sie streicht sie mit der Hand zurück, zwischen den Fingern klemmt eine Zigarette. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir den ersten Platz belegen, wenn es um inhaftierte Journalisten geht. Im Moment sind mehr als 150 Journalisten in türkischen Gefängnissen - da zählen auch Medienmitarbeiter und Mitglieder aus der Geschäftsführung dazu", sagt Akgül. Sie schreibt für das regierungskritische Nachrichtenportal "Bianet". Medien in den Händen von "Terrororganisationen" Auch Meryem Atlas ist eine junge Journalistin in Istanbul. Sie arbeitet als Kolumnistin und Managerin für die "Daily Sabah", einer sehr regierungsnahen Zeitung. "Manche türkischen Medien sind in letzter Zeit in die Hände der Gülen-Bewegung gefallen, einer Terrororganisation. Darum wurden sie von der Regierung geschlossen und zu gesetzteswidrigen Organisationen erklärt", sagt sie. Das Büro von Meryem Atlas befindet sich in einem großen modernen Medienhaus in Istanbul. Sie trägt Kopftuch und eine dicke weite Jacke, obwohl es draußen 25 Grad Celsius hat. Damit sticht sie auch unter ihren Mitarbeitern heraus. Viele der Frauen im Großraumbüro tragen ausgeschnittene T-Shirts und enge Hosen. Unsere neue Rangliste der #Pressefreiheit zeigt: In immer mehr Ländern sind #Journalisten gezielter Hetze ausgesetzt - nicht zuletzt in #Europa. https://t.co/OTC7icIuyB https://t.co/tIMQ9BcLfx "Vorschriften in der Berichterstattung gibt es überall" Atlas hat im Ausland studiert, unter anderem in London. Sie ist sehr resolut und klar in ihrer Haltung. Ihrer Meinung nach geben alle Medienhäuser eine Linie bei der Berichterstattung vor, nicht nur türkische: "Da können Sie von der 'New York Times' bis zum 'Economist' gehen. Manche Vorschriften sind technischer Natur, manche politisch." Ihr Job als Managerin sei es, den Mitarbeitern Aufträge zu geben - etwa mit wem Interviews geführt werden sollen. Es erstaunt mich schon. Wenn es um die BBC, CNN oder die 'New York Times' geht, wird das professionell genannt. Bei uns ist sofort von Unterdrückung die Rede. Außerdem gebe es durchaus kritische Zeitungen. Atlas zieht drei von einem Stapel auf ihrem Schreibtisch. Auf einer ist Meral Aksener auf der Titelseite, die Spitzenkandidatin der neuen "Iyi Parti", die bei den Wahlen im Juni gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan antritt. "In der ganzen Zeitung wird die iyi Parti unterstützt. Erdogan taucht nicht einmal auf", betont Atlas. Journalisten wechseln zum Internet Auch die "Cumhuriyet" liegt auf dem Stapel, für viele die einzig wirklich regierungskritische Zeitung in der Türkei, die noch übrig ist. Dafür hat die Bedeutung der Nachrichtenportale im Internet in letzter Zeit deutlich zugelegt. Viele kritische Zeitungs- oder Fernsehjournalisten schreiben jetzt online. Die unabhängige Journalistin Elif Akgül meint: "Wir haben Glück, weil unsere Regierung einfach nicht weiß, wie das Internet funktioniert." So ganz ernst meint sie das wohl nicht. Denn immer wieder werden auch Nachrichtenportale gesperrt. Die restriktive Medienpolitik der türkischen Regierung scheint auch nicht der Idealvorstellung von Meryem Atlas von der regierungsnahen "Daily Sabah" zu entsprechen: Extreme Zeiten machen es Regierungen leichter, extreme Maßnahmen zu ergreifen. Aber unter diesen extremen Maßnahmen kann man nicht von einer offenen Gesellschaft oder ähnlichem sprechen. Es lässt sich sicher noch was in Sachen Pressefreiheit in der Türkei verbessern, stimmt sie zu. Konkreter wird sie allerdings nicht. | /ausland/pressefreiheit-medien-tuerkei-101.html |
2018-04-01 | Wie viel Schäuble steckt in Scholz? | Euro-Finanzministertreffen | Jahrelang dominierte Wolfgang Schäuble die Eurogruppe mit seinem strikten Sparkurs. Sein Nachfolger Olaf Scholz will vieles ähnlich machen. Kann er Europa dennoch neue Impulse geben? Von Michael Grytz. | Jahrelang dominierte Wolfgang Schäuble die Eurogruppe mit seinem strikten Sparkurs. Sein Nachfolger Olaf Scholz will vieles ähnlich machen. Kann er Europa dennoch neue Impulse geben? Es gibt unter den Journalisten einige, denen beim Eurogruppen-Treffen in Sofia immer noch versehentlich der Name "Schäuble" aus dem Mund kommt, wenn sie über den amtierenden deutschen Finanzminister sprechen - zu sehr hat Wolfgang Schäuble über Jahre diese Treffen geprägt. Und natürlich stellt sich die Frage, wie viel Wolfgang Schäuble in Olaf Scholz steckt. Darauf sind auch alle europäischen Amtskollegen neugierig: "Ich werde ihn das fragen!", meinte der luxemburgische Finanzminister Pierre Gramegna dazu lachend auf die Frage der ARD. Auf Kurs beim Thema "solide Finanzen" "Ein deutscher Finanzminister bleibt ein deutscher Finanzminister", konstatierte Scholz und stellte damit klar, dass er beim Thema "solide Finanzen" nicht daran denkt, einen anderen Kurs als sein Vorgänger einzuschlagen. "Die deutsche Politik hat sich vorgenommen, in Deutschland für ausgewogene Haushalte zu sorgen. Wenn wir in Europa Politik machen, dann tun wir das mit der Perspektive, für ein stabiles Bankensystem zu sorgen. Das geht schon zusammen", sagte Schulz dem ARD-Europastudio auf dem Treffen der EU-Finanzminister in Sofia. Welche Akzente er dabei setzen will, verrät er - noch - nicht: Erst mal mit allen reden, und hören was geht. Manch einer seiner europäischen Kollegen mag da etwas ernüchtert gewesen sein. Dabei geht es demnächst aber um viel Geld: Griechenland soll im Juni raus aus den Hilfsprogrammen. "Es kann heute einen viel optimistischeren Blick auf Griechenland geben als vor ein paar Jahren", sagte Scholz und wirkte da noch vorsichtig zurückhaltend. Man müsse aber dennoch "erst einmal genau hinschauen". Schuldenschnitt für Griechenland Diese Aussage hätte auch von seinem Vorgänger kommen können - wenn auch in der Form pointierter. Im Raum steht ein weiterer Schuldenschnitt für die Griechen. Das Land ist mit 180 Prozent seiner Wirtschaftsleistung verschuldet, dreimal höher, als es die Euro-Stabilitätskriterien vorschreiben. Mit fast 330 Milliarden Euro ist Griechenland nach wie vor so hoch verschuldet, dass es kaum eine Chance hätte, das allein zu stemmen. Eine dreistellige Milliardensumme müsste es mindestens sein, ist aus verschiedenen Kreisen zu hören. Erreichen könne man das durch eine weitere Verlängerung der Kreditlaufzeiten, Aussetzen der Tilgung und andere Maßnahmen. Bankenunion und ihre Risiken Schmallippig gab sich Scholz auch im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Eurozone - zuletzt immer wieder vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron gefordert - sowie der Vollendung der europäischen Bankenunion. Er sei sich sicher, dass alle wüssten, dass in der Frage der Eurozone und der Bankenunion schnelle Fortschritte gemacht werden müssten, sagte der Finanzminister. "Aber diese müssen gut sein. Man muss das alles genau überlegen." Die Risiken müssten abgebaut werden - damit meint Scholz die sogenannten Non-Performing Loans, vor allem in griechischen, zypriotischen und italienischen Banken. Kredite, die nicht zurückgezahlt werden können, rund eine Billion sind das. Da ist es wieder, das "Ja, aber". Einlagensicherungsfonds schon weit Aktuell sei eine Expertengruppe schon sehr weit bei der technischen Entwicklung einer europäischen Einlagensicherung, wie von hochrangigen Beamten zu hören ist. Die deutsche Bundesregierung dürfte es nicht lustig finden, dauerhaft für die Risiken anderer haften. Das treibe insbesondere Scholz‘ Koalitionspartner den Blutdruck nach oben, wie einige denken. Wie Scholz das seinen Amtskollegen vermitteln will, ist noch unklar. Dabei könnte der Einlagensicherungsfonds, wonach Spareinlagen in der ganzen Eurozone in bestimmter Höhe abgesichert würden, sogar die Risiken insgesamt für Deutschland reduzieren. Schon allein, weil sie besser verteilt würden. Ausgeschlossen hat Scholz die Frage jedenfalls nicht. Noch steht diese Entscheidung nicht an. Also hört er sich erst einmal um, was überhaupt geht. Und wie viel Schäuble steckt nun in Scholz? Diese Frage mag er natürlich nicht. Als Bürgermeister von Hamburg habe er stets mit anderen Ländern verhandeln müssen. Und so wolle er es auch hier halten. Olaf Scholz ist natürlich nicht Wolfgang Schäuble. Was er konkret anders machen will, lässt er bislang im Unklaren. Klar ist aber: Im Kreise der europäischen Finanzminister wird er wohl deutlich weniger polarisieren und poltern wie gelegentlich sein Vorgänger. | /ausland/finanzminister-griechenland-103.html |
2018-04-01 | Spanien empört über mildes Urteil | Vergewaltigungsprozess | Eine Frau wird im spanischen Pamplona von fünf Männern sexuell missbraucht. Weil die Frau dabei nicht geschlagen und bedroht wird, fällt das Urteil mild aus. Nun gibt es deshalb landesweit Proteste.
mehr | Eine Frau wird im spanischen Pamplona von fünf Männern sexuell missbraucht. Weil die Frau dabei nicht geschlagen und bedroht wird, fällt das Urteil mild aus. Nun gibt es deshalb landesweit Proteste. Das milde Urteil in einem Aufsehen erregenden Prozess um eine Gruppenvergewaltigung hat in Spanien eine Welle der Empörung ausgelöst. Fünf angeklagte Männer waren im Landgericht von Navarra in Pamplona nur wegen wiederholten sexuellen Missbrauchs unter der Ausnutzung der schutzlosen Lage des 18-jährigen Opfers zu jeweils neun Jahren Haft verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte die 27- und 28-jährigen Angeklagten des gewaltsamen sexuellen Übergriffs beschuldigt und Haftstrafen von jeweils knapp 23 Jahren gefordert. Die Richter sahen den Tatbestand der Vergewaltigung nicht gegeben, weil es, wie es im Urteil heißt, "weder Schläge noch Drohungen" gegeben habe. Einer der drei Richter sprach sich sogar für Freispruch aus, wurde aber überstimmt. Die Anwälte beider Seiten kündigten Berufung an. Tausende Menschen protestierten Nach Bekanntgabe des Urteils gingen am Donnerstagabend in vielen Städten des Landes Tausende auf die Straße, um ihrem Ärger Luft zu machen. Frauen skandierten: "Wenn man uns nicht tötet, glaubt man uns nicht!" Nach den Protesten kritisierten nun erstmals auch Mitglieder der Zentralregierung die Entscheidung des Gerichts. Es sei an der Zeit zu überlegen, ob man die Definition von Vergewaltigung im Strafgesetzbuch nicht ändern müsse, sagte die Verteidigungsministerin und Generalsekretärin der Volkspartei von Ministerpräsident Mariano Rajoy, Maria Dolores de Cospedal, im Interview des Radiosenders Cope. Aufnahmen über WhatsApp geteilt Im Juli 2016 hatten die fünf Männer die junge Frau, die sie kurz zuvor bei den Feiern am Rande der Stiertreiben von Pamplona kennengelernt hatten, nach Mitternacht in einen dunklen Hausflur gedrängt. Sie filmten anschließend, wie sie sich an der jungen Frau vergingen und teilten über WhatsApp die Aufnahmen auch mit anderen. Die Gruppe nannte sich "La Manada" (das Rudel). Die Männer beteuerten, die Frau habe entgegen ihrer Aussage freiwillig mitgemacht. | /ausland/spanien-urteil-vergewaltigung-101.html |
2018-04-01 | Aufklärung oder Schmierentheater? | Mutmaßlicher Giftgaseinsatz | Russland hat Aussagen präsentiert, es habe in Duma keinen Giftgaseinsatz gegeben. Medien vermuten, es sei Druck auf Zeugen ausgeübt worden. Auch die OPCW kritisiert das russische Vorgehen. Von Patrick Gensing. | Russland hat Aussagen präsentiert, es habe in Duma keinen Giftgaseinsatz gegeben. Medien vermuten, es sei Druck auf Zeugen ausgeübt worden. Auch die OPCW kritisiert das russische Vorgehen. Der mutmaßliche Giftgaseinsatz von Duma sorgt weiter für massive internationale Verwerfungen. Russland präsentierte am Donnerstagabend in Den Haag mehrere Syrer, deren Aussagen belegen sollen, dass es gar keinen Angriff mit Giftgas gegeben habe. Die Attacke vom 7. April war Anlass für Luftangriffe einer US-geführten Allianz auf Forschungs- und Militäreinrichtungen in Syrien. Die USA und weitere Staaten wollten demonstrieren, dass sie keinen weiteren Einsatz von Chemiewaffen tolerieren. Die vom UN-Menschenrechtsrat eingesetzte Unabhängige Internationale Untersuchungskommission für Syrien dokumentierte zwischen 2013 und Ende 2017 mehr als 30 Chemie-Attacken in Syrien. Mindestens 25 davon seien durch das syrische Militär ausgeführt worden, bei den restlichen seien die Verantwortlichen nicht klar. Im Jahr 2018 sind bislang sieben Vorfälle mit Chlorgas bekannt geworden. Über die meisten dieser Angriffe wird kaum noch gesprochen; im Gegensatz dazu stehen zwei Vorfälle im Fokus der internationalen Öffentlichkeit: die Attacke in Chan Scheichun vom April 2017 und nun die von Duma. Rebellen gaben nach Angriff auf Die Stadt war Anfang April über Tage angegriffen worden, die syrische Armee begann eine Bodenoffensive, die durch Luftangriffe unterstützt wurde. Kurz nach dem mutmaßlichen Giftgaseinsatz gaben die Kämpfer der salafistischen Armee des Islams, die Duma kontrolliert hatten, auf. Angeblich wegen des Giftgasangriffs. Russland und Syrien bestreiten vehement den Einsatz von Chemiewaffen. Was tatsächlich geschah - darüber kursieren unterschiedliche Varianten: einige Quellen behaupten, die Rebellen selbst hätten Giftgas eingesetzt, um das syrische Regime zu belasten. Der Kreml spricht von einer Inszenierung durch die Weißhelme. Wieder andere Quellen sagten, die Patienten in einem Krankenhaus in Duma seien wegen eines Sandsturms behandelt worden. Das wiederum widerspricht der russischen Version, die Behandlung von Kindern im Krankenhaus sei komplett inszeniert gewesen. Russland bringt Syrer nach Den Haag Nachdem syrische und russische Truppen in Duma die Kontrolle übernahmen, sollen Augenzeugen des mutmaßlichen Giftgaseinsatzes unter Druck gesetzt worden sein. Das berichtet die britische Zeitung "The Guardian". Wenige Tage später präsentierte ein russischer Nachrichtenkanal ein Exklusivinterview mit einem elfjährigen Jungen. Dieser heiße Hasan Diab und erklärte laut einem Übersetzer, er sei am 7. April in einer Klinik in Duma von unbekannten Männern gefilmt worden, wie ihm die Augen ausgespült wurden. Die Männer hätten ihm Kekse versprochen und ihm Anweisungen gegeben, um die Aufnahmen zu inszenieren. https://www.youtube.com/watch?v=OfoHWGPSX1Q Der Reporter des russischen Staatssenders, der das Interview geführt hatte, bekräftigte auf Twitter, dass es keinen Druck auf den Jungen gegeben habe. Auch sei der Kontakt nicht über das Militär vermittelt worden. Journalisten stellten allerdings durch eine gemeinsame Recherche fest, dass das Interview nicht in Duma, sondern offenkundig vor oder auf dem Gelände einer Militär-Einrichtung unweit des Verteidigungsministeriums in Damaskus geführt wurde. Sie vermuten daher, dass das Militär eingebunden war, um das Exklusivinterview zu vermitteln - und dass es sehr wohl Druck gegeben haben könnte. https://twitter.com/RobertMackey/status/988363837169721345 Szenen aus Spielfilm als vermeintlicher Beweis Der Staatssender Russia 1 hatte zuvor sogar behauptet, die Weißhelme hätten ein ganzes Filmset nachgebaut. Als vermeintlichen Beweis zeigte der Sender in seiner Hauptnachrichtensendung Ausschnitte aus einem syrischen Spielfilm. Eine lupenreine Falschinformation. Nun brachte Russland Hasan und weitere Syrer nach Den Haag. Auf einer Pressekonferenz am Donnerstagabend beim russischen Botschafter bei der OPCW traten diese Zeugen auf und sagten aus, es habe in Duma keinen Einsatz von Giftgas gegeben. Scharfe Kritik Die Botschafter von 17 Staaten bei der OPCW kritisierten die russische Pressekonferenz scharf. In einer gemeinsamen Erklärung schrieben sie, es handele sich um nichts weiter als plumpe Propaganda. Das Vorführen von angeblichen Zeugen kollidiere mit den derzeitigen Untersuchungen der OPCW, deren Experten erst mit erheblicher Verzögerung ihre Arbeit in Duma beginnen konnten. Falls diese angeblichen Zeugen hilfreiche Informationen zu dem Vorfall liefern könnten, sollten sie diese zunächst den OPCW-Experten übermitteln. Die Indizien für einen Giftgaseinsatz in Duma seien unangreifbar, teilten die 17 Botschafter mit. Mediziner von NGOs hätten an den Opfern chemische Wirkstoffe gefunden. Zudem gebe es zahlreiche Zeugenaussagen, Fotos und Videos, deren Authentizität geprüft worden seien. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO habe Berichte von medizinischen Partnerorganisationen vorliegen, in denen beschrieben wird, dass mehr als 500 Patienten Symptome gezeigt hätten, die durch chemische Kampfstoffe ausgelöst worden seien. Man erwarte, dass diese Informationen von den unabhängigen Experten noch einmal überprüft und verifiziert werden. Der britische Botschafter erklärte, die OPCW sei kein Theater. Es sei verachtenswert, die Opfer von chemischen Attacken als Schauspieler zu bezeichnen. OPCW reiste an zweiten Ort in Duma Die OPCW teilte derweil mit, ihre Fact-Finding-Mission habe einen zweiten Ort in Duma besuchen können. Dort hätten die Experten auch Proben nehmen können, die ebenfalls analysiert werden sollen. Im Hinblick auf die Pressekonferenz mit den angeblichen Zeugen in Den Haag merkte die OPCW an, man habe Russland empfohlen abzuwarten, bis die Arbeit der Experten beendet sei. Zudem sollten potenzielle Zeugen erst von der Fact-Finding-Mission befragt werden können. Diesen Hinweis habe Russland aber ignoriert. Die OPCW werde ihre unabhängige Arbeit aber fortsetzen. Die Ergebnisse dürften schließlich beweisen, ob in Duma Giftgas eingesetzt wurde oder nicht. Dann wird sich zeigen, ob die Pressekonferenz in Den Haag eine ernsthafte Bemühung zur Aufklärung war oder ein Schmierentheater mit manipulierten Aussagen. Allerdings zweifelte Russlands Außenminister Sergej Lawrow bereits die Unabhängigkeit der OPCW-Experten an - und auch im Fall Skripal versuchte Moskau offenkundig, durch eine Falschinformation die Glaubwürdigkeit der OPCW zu schwächen. | /faktenfinder/duma-propaganda-101.html |
2018-04-01 | Verbot für bienenschädliche Insektizide | Abstimmung der EU-Staaten | Die sogenannten Neonikotinoide gelten als eine Ursache für das Bienensterben. Drei dieser Insektengifte sollen in Europa nun nicht mehr im Freien eingesetzt werden dürfen. Der Einsatz in Gewächshäusern bleibt erlaubt.
mehr | Die sogenannten Neonikotinoide gelten als eine Ursache für das Bienensterben. Drei dieser Insektengifte sollen in Europa nun nicht mehr im Freien eingesetzt werden dürfen. Der Einsatz in Gewächshäusern bleibt erlaubt. Drei bienenschädliche Insektizide werden europaweit verboten. In Brüssel stimmten die Vertreter der EU-Länder mehrheitlich dafür, den Einsatz sogenannter Neonikotinoide auf Äckern zu verbieten. In Gewächshäusern dürfen die Stoffe Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid aber weiterhin verwendet werden. "Gesundheit der Bienen von größter Bedeutung" Die Gesundheit der Bienen bleibe von größter Bedeutung, weil sie Artenvielfalt, Lebensmittelproduktion und Umwelt betreffe, sagte EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis. "Heute ist ein guter Tag für den Schutz der Bienen in Deutschland und in Europa", so Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Bereits vor der Abstimmung hatte sie gesagt, was der Biene schade, müsse weg vom Markt. Bauern nutzen Neonikotinoide, um das Saatgut zu beizen und damit die angebauten Pflanzen gegen Schädlinge zu schützen. Doch die Chemikalien sind für viele Bienen, Schmetterlinge und Insekten äußerst schädlich. Sie greifen das zentrale Nervensystem an, können lähmen oder zum Tode führen. Anfang April bestätigte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit in einem neuen Bericht die Gefahren für Bienen und Hummeln: "Die Mehrzahl der Anwendungen von Neonikotinoid-haltigen Pestiziden stellt ein Risiko für Wild- und Honigbienen dar." Die Behörde hatte die drei Neonikotinoide mehrfach in den Fokus genommen. Bereits Ende 2013 wurde der Einsatz von Neonikotinoiden in der EU eingeschränkt. | /inland/eu-bienensterben-pestizide-103.html |
2018-04-01 | Optimistischer Blick auf Griechenland | Euro-Finanzministertreffen | Finanzminister Scholz sieht in Griechenland kurz vor dem Ende des Hilfsprogramms eine positive Entwicklung. Auf einem Treffen in Sofia beraten er und seine Kollegen der Euro-Zone über die Fortschritte des Landes.
mehr | Finanzminister Scholz sieht in Griechenland kurz vor dem Ende des Hilfsprogramms eine positive Entwicklung. Auf einem Treffen in Sofia beraten er und seine Kollegen der Euro-Zone über die Fortschritte des Landes. Griechenlands wirtschaftliche Aussichten haben sich nach Einschätzung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz deutlich verbessert. "Was wir sehen können, ist, dass es doch viel optimistischere Blicke auf Griechenland geben kann, als das vor ein paar Jahren der Fall war", sagte Scholz beim Treffen der Euro-Finanzminister in Sofia. Scholz sagte, es gehe nun darum, das laufende Kreditprogramm "gut zu Ende zu bringen". Für den Bundesfinanzminister ist es der erste Auftritt im Kreis der Euro-Kollegen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte gestern bei einem Besuch in Athen die "beeindruckende" Rückkehr Griechenlands auf einen Wachstumskurs gewürdigt. Nun gehe es darum, "sich auf das Problem des Schuldenabbaus zu konzentrieren". Weitreichende Spar- und Reformschritte Das hoch verschuldete Griechenland ist seit 2010 auf internationale Hilfen angewiesen. Im laufenden Kreditprogramm stehen bis August bis zu 86 Milliarden Euro zur Verfügung. Dafür muss das Land jeweils weitreichende Spar- und Reformschritte umsetzen. Es ist allerdings absehbar, dass Athen nicht die ganze Summe in Anspruch nehmen wird. Nach Ende des Programms soll das nach wie vor hoch verschuldete Land sich wieder selbst über die Finanzmärkte finanzieren können. Vorsorgliche Kreditlinie Das "Handelsblatt" hatte gestern unter Berufung auf eine Verschlusssache des Bundesfinanzministeriums berichtet, die Europäer würden noch nicht ausschließen, dass Athen im Sommer doch noch eine vorsorgliche Kreditlinie des Euro-Rettungsfonds ESM benötigen könnte. Doch auch ohne ESM-Kreditlinie wollten die Europäer Griechenland weiterhin kontrollieren. Als eine Option sei eine sogenannte "erhöhte Überwachung" durch die EU-Kommission in der Diskussion. Zusätzlich beraten die Europäer heute dem Bericht zufolge darüber, Schuldenerleichterungen teilweise an Bedingungen zu knüpfen. Unter anderem sei eine Klausel im Gespräch, dass Athen die Reformen, die es im Rahmen des Rettungsprogramms erfüllen musste, nicht zurückdrehen dürfe. EU-Kommissar Pierre Moscovici sagte, die Entscheidung über die nächsten Schritte müsse idealerweise auf dem nächsten Eurogruppentreffen im Juni getroffen werden. | /ausland/finanzminister-griechenland-101.html |
2018-04-01 | Zwei Mal kam man sich schon nah | Bisherige Korea-Gipfel | Das Treffen zwischen Moon und Kim ist das dritte innerkoreanische Gipfeltreffen seit Ende des Korea-Krieges. Die beiden Gipfel 2000 und 2007 brachten erste Ergebnisse - doch dann folgten zehn Jahre Eiszeit.
mehr | Das Treffen zwischen Moon und Kim ist das dritte innerkoreanische Gipfeltreffen seit Ende des Korea-Krieges. Die beiden Gipfel 2000 und 2007 brachten erste Ergebnisse - doch dann folgten zehn Jahre Eiszeit. Der Gipfel zwischen Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un und Südkoreas Präsident Moon Jae In hat eine historische Dimension. Es ist erst das dritte Mal seit dem Ende des Korea-Krieges von 1950 bis 1953, dass Staatschefs beider Länder zusammenkommen. Die Gipfel in den Jahren 2000 und 2007 fielen in eine Zeit der Annäherung auf der Koreanischen Halbinsel, darauf folgte jedoch eine zehnjährige Phase gespannter und unterkühlter Beziehungen. Gipfel im Jahr 2000 Den ersten innerkoreanischen Gipfel bestritten Nordkoreas früherer Machthaber Kim Jong Il, der verstorbene Vater von Kim Jong Un, und der liberale südkoreanische Ex-Präsident Kim Dae Jung. Das Treffen im Juni dauert drei Tage und begann ebenfalls gestenreich: Ein breit lächelnder Kim Jong Il ergriff am Flughafen von Pjöngjang die Hände von Kim Dae Jung und ließ so schnell nicht los. Am Ende stand eine Einigung auf gemeinsame Wirtschaftsprojekte, die inzwischen aber auf Eis liegen. Zudem vereinbarten die beiden, wieder Familien zusammenzuführen, die durch die Teilung zwischen Nord und Süd auseinandergerissen wurden. Für seine Annäherungspolitik an Pjöngjang bekam Kim Dae Jung später den Friedensnobelpreis. Gipfel im Jahr 2007 Ihren zweiten Gipfel hielten Nord- und Südkorea im Oktober 2007 ab, die zentralen Figuren waren Kim Jong Il und Roh Moo Hyun, der ebenfalls als liberal geltende Nachfolger Kim Dae Jungs. Der inzwischen verstorbene Roh war der politische Mentor des heutigen Staatschefs Moon. Der zweite Gipfel führte Roh nach Pjöngjang, nachdem er in einem schlagzeilenträchtigen Moment die demilitarisierte Zone überquert hatte. Die mit reichlich Symbolik aufgeladenen Bilder von seinem Grenzübertritt gingen um die Welt. Kim und Roh einigten sich darauf, einen Friedenspakt zu verfolgen, der den Korea-Krieg von 1950 bis 1953 formal beenden sollte. Damals hatte es nur einen Waffenstillstand gegeben. Zudem erzielten beide eine Übereinkunft über eine Reihe von Kooperationsprojekten. Doch wurden die meisten Vereinbarungen zu den Akten gelegt, als Rohs auf fünf Jahre beschränkte Amtszeit Monate später endete und der konservative Lee Myung Bak Nachfolger wurde. Gipfel von 2018 Der liberale Moon, seit Mai 2017 im Amt, und Kim Jong Un trafen heute im Grenzdorf Panmunjom zusammen, um unter anderem über eine mögliche Denuklearisierung zu sprechen. Der Streit über Nordkoreas Atomprogramm zählt zu den gefährlichsten Konflikten der Welt. Die Spannungen hatten sich 2017 deutlich verschärft, nachdem das Land mehrfach Raketen und seine bisher größte Atombombe getestet und damit wiederholt gegen UN-Resolutionen verstoßen hatte. Seit Jahresanfang verfolgt Kim jedoch überraschend eine Politik der Annäherung an Südkorea. So entsandte er Sportler zu den Winterspielen im südkoreanischen Pyeongchang. Zu der Delegation gehörte seine Schwester Kim Yo Jong, die sich mit Moon traf und ihm übermittelte, dass ihr Bruder Interesse an einem Gipfel habe. Südkoreanische Gesandte reisten daraufhin erst nach Nordkorea - und wenig später mit einer Botschaft für Donald Trump in die USA: Kim sei bereit zu einem Gipfeltreffen mit dem US-Präsidenten. | /ausland/hintergrund-korea-101.html |
2018-04-01 | Rückführung um jeden Preis? | Asyldebatte | Aktuelle Zahlen zeigen: Es kehren weit weniger Flüchtlinge in ihre Herkunftsländer zurück als von der Bundesregierung erhofft. Die geplanten "Ankerzentren" würden das aber nicht unbedingt ändern. Von Sandra Stalinski. | Aktuelle Zahlen zeigen: Es kehren weit weniger Flüchtlinge in ihre Herkunftsländer zurück als von der Bundesregierung erhofft. Die geplanten "Ankerzentren" würden das aber nicht unbedingt ändern. Zuwanderung begrenzen, Familiennachzug deckeln, Abschiebungen erleichtern - die Botschaften, die aus der Bundesregierung und allen voran dem CSU-geführten Bundesinnenministerium kommen, sind eindeutig. Eine Situation wie 2015 soll sich nicht wiederholen, so steht es auch im Koalitionsvertrag von Union und SPD. Und obwohl die aktuellen Zuwanderungszahlen weit davon entfernt sind, legt der zuständige Innenminister Horst Seehofer einigen Aktionismus an den Tag, um die Zahl der Zuwanderer und Asylbewerber, die in Deutschland leben oder hierher kommen wollen, zu verringern. Nur jeder Dritte wird abgeschoben Noch vor der Sommerpause will er einen "Masterplan für Migration" vorlegen. Das Ziel: Asylverfahren beschleunigen und die Hürden für Abschiebungen senken. Doch das ist kompliziert, wie die aktuelle Lage zeigt. 231.933 Personen waren zum Stichtag 31.03.2018 in Deutschland ausreisepflichtig. Von ihnen hatten jedoch 170.410 eine Duldung, das heißt ihre Abschiebung ist vorübergehend ausgesetzt, beispielsweise wegen Krankheit oder fehlender Papiere, weil dann nicht überprüft werden kann, wer sie wirklich sind oder woher sie kommen. Es bleiben 61.523 Personen, die eigentlich abgeschoben werden müssten. In etwa genauso viele wie schon im Vorjahr. Dennoch wurden im gesamten Jahr 2017 lediglich 23.966 Menschen abgeschoben - also nur in etwa ein Drittel. Und an dieser Quote wird sich auch im ersten Halbjahr dieses Jahres voraussichtlich nichts ändern. Im ersten Quartal 2018 lag die Zahl der Abschiebungen bei 6.235, also in etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Freiwillige Rückkehr nicht besonders erfolgreich Dass Abschiebungen so schwer durchzuführen sind, hat viele Gründe. Viele Länder sind nicht gerade kooperativ, wenn es darum geht, ihre Staatsbürger zurückzunehmen, erschweren die Bedingungen für die Ausreiseflüge oder das Erstellen neuer Ausweisdokumente. Manche Abschiebungen scheitern erst am geplanten Flugtag, weil die Ausreisepflichtigen nicht angetroffen werden, in letzter Minute Einsprüche oder ärztliche Atteste vorlegen. Bund und Länder setzten in jüngster Vergangenheit deshalb verstärkt auf freiwillige Rückkehr. Doch auch die war - anders als noch 2016 - im Jahr 2017 nicht übermäßig erfolgreich. 29.522 Menschen kehrten 2017 über die Ausreiseprogramme REAG/GARP in ihre Herkunftsländer zurück. In 2018 waren es bislang 4723. In diesen Programmen fördern Bund und Länder die freiwillige Ausreise mit der Übernahme der Reisekosten und finanziellen Starthilfen für einen Neuanfang in der alten Heimat. Darüber hinaus gibt es weitere Programme der Länder. Verschärfte Bedingungen für Abschiebung Das sind noch lange nicht die Zahlen, die sich Seehofer vorstellt. Insbesondere bei den Abschiebungen will er deshalb mehr Druck machen. Ärztliche Atteste oder fehlende Dokumente von Ausreisepflichtigen sollen künftig nicht mehr als Hinderungsgründe anerkannt werden, die eine Abschiebung generell unmöglich machten, heißt es laut Medienberichten des "Redaktionsnetzwerks Deutschland" in einem Eckpunktepapier Seehofers. Und auch die geplanten "Ankerzentren" verfolgen vor allem das Ziel, Flüchtlinge abzuschrecken und zügiger in ihre Heimatländer zurückzuführen. Die Abkürzung "Anker" steht für "Ankunft, Entscheidung, Rückführung". Die Ankunft eines Flüchtlings soll hier erfasst, über seinen Schutzstatus entschieden und - bei Ablehnung des Asylantrags - auch eine schnelle Abschiebung in die Wege geleitet werden. Der Betrieb der neuen "Ankerzentren" soll zunächst in Pilotversuchen getestet werden. Internierung in Lagern? Doch je mehr über die geplanten Rückführungs- oder "Abschiebezentren", wie manche sie nennen, bekannt wird, desto lauter wird die Kritik - sogar von der Gewerkschaft der Polizei. Von "Internierung" und "Lagern" ist die Rede. Seehofer tut dies zwar als "Schauermärchen" ab: Die Flüchtlinge würden dort nicht eingesperrt, sie hätten lediglich eine Residenzpflicht. Doch Flüchtlingshilfeorganisationen wie Pro Asyl befürchten, dass der Zugang von Ehrenamtlichen und Beratungsstellen zu Flüchtlingen dort während des laufenden Asylverfahrens erschwert sein werde. "Das wird zu unfairen Asylverfahren führen, zu fehlerhaften Entscheidungen und womöglich werden die Menschen am Ende auch nicht mehr den Weg zu den Gerichten finden", sagt Pro Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt im Gespräch mit tagesschau.de. Eine unabhängige Rechtsberatung und effektiver Rechtsschutz werde kaum möglich sein, denn das scheitere allein schon daran, dass die Flüchtlinge nicht so leicht einen Anwalt finden werden, wenn sie von Ankunft bis Ende des Asylverfahrens in einer solchen Massenunterkunft seien. "Wer vermittelt den Kontakt zu Rechtsanwälten?", fragt Burkhardt. In den Transitzentren in Manching und Bamberg, die die Vorbilder für die "Ankerzentren" sind, könnten diese Schwierigkeiten bereits beobachtet werden. "Es braucht unabhängige Rechtsberatung" Eine unabhängige Rechtsberatung vor Ort in solchen Unterkünften fordert deshalb auch Constantin Hruschka vom Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik. "Wenn die Rechtsberatung nur von der Behörde selbst durchgeführt wird, wird ein Flüchtling kaum in der Lage sein, seine Rechte durchzusetzen." Das Problem bei der Diskussion um die "Ankerzentren" sei aber, dass noch keiner genau wisse, wie sie denn ausgestaltet werden. Sollten die geplanten Zentren, wie befürchtet, nach den Vorbildern in Manching und Bamberg funktionieren, wäre das fatal: "Dort gibt es ein relativ starres Ausgangsregime. Das ist eigentlich nicht europarechtskonform, denn die Freizügigkeit und Bewegungsfreiheit darf bis zum Abschluss des Asylverfahrens nur eingeschränkt werden, wenn dies für das Verfahren erforderlich ist," sagt Hruschka zu tagesschau.de. Der Asyl- und Menschenrechtsexperte arbeitete bei einem seit 2014 betriebenen Modellprojekt in Zürich mit. Denn auch in der Schweiz soll es pro Region ein größeres Aufnahmezentrum für Flüchtlinge geben, wo diese bis zur Abwicklung des Verfahrens bleiben sollen - allerdings unter wesentlich besseren Bedingungen als - nach den bisher bekannten Plänen - in Deutschland. In der Züricher Einrichtung gibt es eine unabhängige Beratung und Rechtsvertretung, die für die Bewohner jederzeit zugänglich ist. Der Aufenthalt dort ist auf 140 Tage beschränkt, bis dahin müssen die Behörden den Fall entscheiden haben. Die Erstinstanzliche Entscheidung muss sogar bereits nach vier bis sechs Wochen fallen, damit noch genügend Zeit bleibt, womöglich zu klagen. Und: Es haben in dem regionalen Zentrum maximal 300 Menschen Platz. Pro Asyl: "Konflikte sind vorprogrammiert" Würde sich Deutschland an diesem Modellprojekt orientieren, könnten die "Ankerzentren" Experten zufolge tatsächlich sinnvoll sein. Denn in der Tat wären die Wege in einer solchen Einrichtung kürzer und die Verfahren könnten so womöglich beschleunigt werden. Und eine rasche Gewissheit über das persönliche Schicksal ist allemal besser als ein schier endloses Ausharren ohne Perspektive. Doch laut den Seehofer-Plänen sollen etwa 1000 Menschen in den "Ankerzentren" untergebracht werden können - und zwar bis zu 18 Monate, Familien mit Kindern bis zu sechs. Wenn sie dort abgeschottet von Arbeit, Schule, Nachbarn und Ehrenamtlichen leben, wie es Flüchtlingsinitiativen in Bamberg und Manching beobachten, habe das schwerwiegende Auswirkungen auf die Psyche und die Integrationsperspektive dieser Menschen. Konflikte in den Einrichtungen seien programmiert. Und dass Abschiebungen, wie Seehofer hofft, aus diesen Zentren letztlich leichter würden, bezweifelt Pro Asyl ebenfalls. "Das Konzept zielt auf Abschreckung und Zermürbung. So lange es dort keine rechtswidrigen Inhaftierungen gibt, könnten Flüchtlinge sich nach negativem Asylbescheid auch von dort wegbewegen", sagt Geschäftsführer Burkhardt. | /inland/rueckfuehrungen-fluechtlinge-101.html |
2018-03-01 | Mord oder fahrlässige Tötung? | Raser-Urteil des BGH | Bei einem illegalen Autorennen starb 2016 ein Unbeteiligter. Zwei Raser wurden wegen Mordes verurteilt. Heute entscheidet der BGH in dem Fall. Kolja Schwartz erklärt, um welche Schlüsselfrage es dabei geht.
mehr | Bei einem illegalen Autorennen starb 2016 ein Unbeteiligter. Zwei Raser wurden wegen Mordes verurteilt. Heute entscheidet der BGH in dem Fall. Was wird den Angeklagten im Berliner "Raserfall" vorgeworfen? Sie sollen sich spontan zu einem Wettrennen verabredet haben. In der Nacht vom 31. Januar auf den 1. Februar 2016 mitten in Berlin. Einige rote Ampeln sollen die damals 24 und 26 Jahre alten Fahrer bei ihrer Tour überfahren haben - mit bis zu 170 Kilometern pro Stunde. An der letzten Ampel rammte einer der Fahrer mit seinem Wagen den Jeep eines Rentners, der bei Grün die Kreuzung überfahren hatte. Der Geländewagen wurde über 70 Meter weit über die Straße geschleudert. Der 69-jährige Fahrer starb noch am Unfallort. Eine Beifahrerin der Raser wurde verletzt. Wie hat das Landgericht Berlin die Angeklagten verurteilt? Das Urteil war spektakulär. Das Landgericht Berlin verurteilte beide Raser wegen Mordes in Mittäterschaft, gefährlicher Körperverletzung und einer vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs. Neben den lebenslangen Freiheitsstrafen bekamen beide eine lebenslange Sperrfrist für eine Neuerteilung des Führerscheins. Am 01. Februar 2018 verhandelte der Bundesgerichtshof den Fall. Worum ging es in der Verhandlung? Grob gesagt ging es um die Rechtsfrage, ob man die Tat wirklich als Mord mit der zwingenden lebenslangen Freiheitsstrafe beurteilen kann. Oder ob es sich "nur" um eine fahrlässige Tötung mit einer Höchststrafe von fünf Jahren handelt. Für den Mord ist (übrigens genauso wie für den Totschlag) vor allem eines entscheidend: Die Täter müssen zum Tatzeitpunkt so genannten Tötungsvorsatz gehabt haben. Vorsatz bedeutet zwar keineswegs, dass die Angeklagten den Tod des Rentners gewollt haben müssen, also absichtlich töteten. Sie müssen den Tod aber zumindest "billigend in Kauf genommen" haben. Von diesem "bedingten Vorsatz" geht das Landgericht Berlin in seinem Urteil aus. In der Verhandlung vor dem BGH ging es lange um die Frage, ob das Berliner Gericht beim Vorsatz einen Fehler gemacht hat, vor allem was den Zeitpunkt angeht. Entscheidend ist es nämlich, dass man den Tätern den Vorsatz zu einem Zeitpunkt nachweist, an dem sie die Handlung noch in der Hand haben. Die Raser müssten also vor dem Beschleunigen des Autos auf die Geschwindigkeit von 170 km/h den Tod eines Menschen billigend in Kauf genommen haben. Das Berliner Gericht hatte im Urteil den Vorsatz aber erst zu einem Zeitpunkt angenommen, an dem die Raser bereits keine Chance mehr hatten, zu reagieren, also zu bremsen oder auszuweichen. Warum soll der Zeitpunkt des Vorsatzes so entscheidend sein? Das ist in den Raserfällen in der Tat nicht so leicht zu verstehen. Allerdings ist es bei allen "Vorsatztaten" entscheidend, dass der Vorsatz bei Beginn der Tat nachgewiesen wird. Die Vorsitzende Richterin erklärte das in der Verhandlung anhand eines Beispiels: "Jemand stößt aus Übermut einen Felsbrocken von einem Berg hinab und erkennt erst anschließend, dass unten sein Feind steht. Dann denkt er: "Das trifft sich gut." Dieser "nachträgliche Gedanke" sei dann unerheblich, weil die eigentliche Tathandlung - das Hinabstoßen des Steins - noch ohne diesen Vorsatz erfolgte. Wann nimmt man überhaupt den Tod eines anderen Menschen "billigend in Kauf"? Immer wieder hörte man bei der Begründung zum Berliner Urteil: "Wer mit 170 km/h durch eine Innenstadt fährt, dem muss doch klar sein, dass dabei jemand zu Tode kommen kann." Das stimmt sicher. Genau dieser Satz wäre aber allein nur die Begründung für eine fahrlässige Tötung und nicht für den Vorsatz. Die Abgrenzung zwischen fahrlässiger und vorsätzlicher Tötung kann man vereinfacht so erklären: Denkt ein Raser: "Wenn ein Mensch ums Leben kommt, ist mir das egal" dann nimmt er den Tod billigend in Kauf. Denkt er hingegen: "Ich bin ein guter Fahrer. Es wird schon gut gehen", dann mag das grobe Selbstüberschätzung sein, aber dann fehlt der Vorsatz, jemanden zu töten. Dann würde eine fahrlässige Tötung vorliegen. Wurde in der Verhandlung vor dem BGH auch über diese Abgrenzung gestritten? Ja, hier lag ein weiterer Knackpunkt: Das Berliner Landgericht war davon ausgegangen, dass es den Rasern egal war, ob bei ihrer Fahrt jemand um Leben kommen würde. Gleichzeitig sagten die Richter im Urteil aber, dass die Angeklagten sich selbst sicher fühlten in ihren Autos und nicht daran glaubten, dass ihnen oder der Freundin auf dem Beifahrersitz etwas passieren würde. Aber passt das zusammen? Kann man wirklich glauben, dass einem selbst nichts passiert bei einem Unfall, bei dem ein Mensch stirbt? Oder dachten die Täter eher in Naivität und Selbstüberschätzung, dass es zu keinem Unfall kommt? - Dem könnte man dann zwar entgegnen, dass kein vernünftiger Mensch so denken darf, aber darauf kommt es nicht an beim Vorsatz und für dieses "das darf man doch nicht denken" gibt es ja die "fahrlässige Tötung". Worum geht es in den anderen Fällen, die der BGH entscheidet? Auch hier geht es um Raserei, allerdings nicht um Autorennen. In Bremen war ein Motorradfahrer viel zu schnell unterwegs. Mit fast 100 km/h kollidierte er mit einem Fußgänger, der dabei starb. In Frankfurt war es ein Autofahrer, der mit 142 km/h über eine rote Ampel raste. Auch hier starb ein Mensch. In beiden Fällen wurden die Täter wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Die jeweilige Staatsanwaltschaft strebt eine Verurteilung wegen Mordes an und legte Revision ein. Diese Fälle werden heute noch verhandelt. Am Nachmittag könnte auch hier ein Urteil kommen. Wurden nicht inzwischen die Gesetze für Raser verschärft? Doch. Illegale Autorennen haben sich in letzter Zeit gehäuft. Und viele kritisierten, dass die Teilnahme oft nur als Ordnungswidrigkeit geahndet wird. Außerdem sei die Höchststrafe von fünf Jahren für die fahrlässige Tötung für Autorennen mit tödlichem Ausgang nicht ausreichend. Deshalb wurde 2017 das Gesetz verschärft. Nach der Neuregelung stehen "verbotene Kraftfahrzeugrennen" unter Strafe, auch wenn nichts passiert. Für die Teilnahme an solchen Rennen kann es bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe geben. Kommt eine Person zu Tode, stehen bis zu zehn Jahre Haft im Raum. Also doppelt so viel, wie bisher bei "fahrlässiger Tötung". Für zurückliegende Raser-Fälle, also auch für die Angeklagten in dem Berliner Fall, gilt das neue Gesetz allerdings nicht. | /inland/illegale-autorennen-berlin-103.html |
2018-03-01 | Wer zahlt künftig für Risikospiele? | Fragen und Antworten | Sollte das Urteil zu Risikospielen rechtskräftig werden, könnten auf die DFL und die Vereine hohe Kosten zukommen. Doch was ist der juristische Knackpunkt? Und hat das Urteil Signalwirkung? Von Christoph Kehlbach. | Sollte das Urteil zu Risikospielen rechtskräftig werden, könnten auf die DFL und die Vereine hohe Kosten zukommen. Doch was ist der juristische Knackpunkt? Und hat das Urteil Signalwirkung? Worum geht es in dem Verfahren? Wie so oft - ums Geld. Bremen will die Mehrkosten für Polizeieinsätze bei so genannten Hochsicherheitsrisikospielen nicht selbst tragen. Stattdessen soll der Veranstalter, also die Deutsche Fußball Liga, zahlen müssen, wenn weit mehr Polizeibeamte eingesetzt werden, als das bei "normalen" Spielen der Fall ist. Die Summen sind dabei immens: Für ein Spiel von Werder Bremen gegen den Hamburger SV im April 2015 verschickte die Polizei Bremen einen Gebührenbescheid über 425.718,11 Euro. Dieser Gebührenbescheid ist Gegenstand des Verfahrens. Die DFL will nicht zahlen und klagt gegen den Bescheid. Das Oberverwaltungsgericht Bremen aber hält die Forderung für berechtigt. Was ist der juristische Knackpunkt? Die Bremer Polizei beruft sich auf eine Vorschrift aus dem Gebühren- und Beitragsgesetz des Bundeslandes. Danach können die Ausrichter von gewinnorientierten Großveranstaltungen zur Zahlung der Mehrkosten verpflichtet werden, die entstehen, wenn ein besonderer Mehraufwand der Polizei nötig wird. Die Vorschrift ist bewusst allgemein formuliert, spricht nicht direkt von Fußballspielen. Dennoch hält die DFL diese Norm für ein "Einzelfallgesetz", weil es de facto nur um Bundesligaspiele gehe. Einzelfallgesetze sind aber verboten, Gesetze müssen immer eine Vielzahl von Fällen abdecken. Außerdem sagt die DFL sinngemäß: Es ist Sache des Staates für Sicherheit zu sorgen. Die Kosten dafür dürften nicht den Sportveranstaltern aufgebrummt werden. Stattdessen müsse die öffentliche Hand zahlen. Das sah das OVG nun anders. Hat die Entscheidung Signalwirkung? Wenn die rechtlichen Bedenken geklärt sind, könnten sich andere Bundesländer animiert sehen, ebenso wie Bremen zu verfahren. Schließlich gibt es solche Hochsicherheitsrisikospiele auch anderswo. Allerdings ist das auch immer eine politische Frage, denn zunächst müssten die jeweiligen Gesetzgeber die rechtlichen Voraussetzungen schaffen. In ersten Reaktionen haben etwa Hamburg und Baden-Württemberg das schon ausgeschlossen, vermutlich droht also kein "Flächenbrand". Wer zahlt am Ende? Sollte die DFL endgültig zahlen müssen, könnte sie versuchen, die Kosten an die Vereine weiterzugeben. Je nach Größe und Finanzstärke wäre das für viele Clubs dann sicher eine massive Belastung. Vor allem, weil es solche Risikospiele ja auch in den unteren Ligen geben kann, wo die Vereine mit sehr viel weniger Geld auskommen müssen. Ist das Urteil rechtskräftig? Nein, das OVG Bremen hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Die DFL hat angekündigt, von diesem Rechtsmittel Gebrauch machen zu wollen. | /inland/dfl-fussballspiele-101.html |
2018-03-01 | Einig im Kampf gegen Lohndumping | Gleichheit in der EU | Hunderttausende Osteuropäer arbeiten in westlichen EU-Ländern - oft zu schlechteren Bedingungen und niedrigeren Löhnen als einheimische Arbeitnehmer. Das will die EU mit Hilfe von neuen Regeln verhindern.
mehr | Hunderttausende Osteuropäer arbeiten in westlichen EU-Ländern - oft zu schlechteren Bedingungen und niedrigeren Löhnen als einheimische Arbeitnehmer. Das will die EU mit Hilfe von neuen Regeln verhindern. Millionen entsandte Arbeitnehmer in Europa sollen besser vor Sozial- und Lohndumping geschützt werden. Nach monatelangen Verhandlungen erzielten Unterhändler des Europäischen Parlaments, der einzelnen EU-Länder und der EU-Kommission eine Grundsatzeinigung. Sozialkommissarin Marianne Thyssen sprach von einem Durchbruch und einem ausgewogenen Kompromiss. Zentraler Punkt sei das Prinzip "gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit am selben Ort". Gut zwei Millionen entsandte Kräfte arbeiten nach offiziellen Angaben in einem anderen EU-Land, Hunderttausende auch in Deutschland. Gleiche Tariflöhne wie einheimische Kollegen Über die Reform der mehr als 20 Jahre alten EU-Entsenderichtlinie wird seit 2016 gestritten. Der französische Präsident Emmanuel Macron erklärte dies voriges Jahr zum Topthema. Östliche Mitgliedstaaten mit niedrigem Lohnniveau pochen darauf, ihre Bürger in westlichen EU-Ländern freizügiger zu entlohnen. Die westlichen EU-Länder beklagen hingegen Lohndumping auf ihrem Arbeitsmarkt. Vereinbart wurde nun nach Angaben der Unterhändler, dass Entsendungen grundsätzlich auf zwölf Monate begrenzt sein sollen - mit der Möglichkeit einer Ausweitung auf 18 Monate. Die entsandten Arbeitnehmer sollen von Anfang an die gleichen Tariflöhne wie ihre einheimischen Kollegen bekommen, einschließlich Extras wie ein dreizehntes Monatsgehalt oder Schlechtwetter-Zuschläge. Reise- oder Unterbringungskosten dürfen ihnen nicht vom Lohn abgezogen werden. Die neuen Regeln sollten dazu führen, dass Entsandte vom ersten Tag an geschützt sind und die Abwärtsspirale im Wettbewerb um Niedriglöhne und die schlechtesten Bedingungen gestoppt wird. Unterschiede bleiben bei der Sozialversicherung, wie Thyssen bestätigte. Die entsandten Arbeitnehmer dürfen sich in der heimischen Kranken- oder Rentenversicherung versichern, deren Beiträge in Osteuropa teils viel niedriger sind als in Westeuropa. Dadurch sind die Lohnkosten unter dem Strich bei entsandten Arbeitnehmern nach wie vor günstiger als bei einheimischen. Einigung noch vorläufig In Deutschland verlassen sich etliche Branchen auf Kräfte aus Osteuropa. Sie arbeiten etwa auf dem Bau, in Schlachtbetrieben oder in der Pflege. Die deutschen Arbeitgeberverbände wollten eigentlich keine Verschärfung der Regeln, Gewerkschaften drangen darauf. Mit dem Kompromiss sei es gelungen, die Differenzen zwischen Ost und West zu überbrücken, sagte die bulgarische Vizearbeitsministerin Sorniza Roussinova für die derzeitige Ratspräsidentschaft. "Wir bewahren einen der wichtigsten Werte Europas: die Freizügigkeit von Arbeitnehmern und die Dienstleistungsfreiheit", erklärte sie. Die vorläufige Einigung wird nun zunächst mit dem Rat der Mitgliedsländer und den Gremien des Europaparlaments besprochen. Bis Mitte des Jahres soll sie endgültig beschlossen werden. Der Kompromiss baut auf Beschlüssen der EU-Sozialminister vom Oktober auf. Damals hatten allerdings die östlichen Länder Polen, Ungarn, Litauen und Lettland dagegen gestimmt. | /ausland/eu-lohn-sozial-dumping-101.html |
2018-03-01 | Sie reden - aneinander vorbei | EU und Polen | Seit Monaten dauert der Streit um die polnische Justizreform: Die EU droht, Warschau stellt sich stur. Polens Premier Morawiecki wollte Brüssel nun die Augen für die guten Seiten der neuen Regelungen öffnen. Von Andreas Meyer-Feist. | Seit Monaten dauert der Streit um die polnische Justizreform: Die EU droht, Warschau stellt sich stur. Polens Premier Morawiecki wollte Brüssel nun die Augen für die guten Seiten der neuen Regelungen öffnen. Eine Annäherung gibt es nicht - und auch nichts, was man in Brüssel öffentlich dazu hätte sagen wollen. Die EU-Kommission hält sich bedeckt, ebenso die polnische Regierung. EU-Diplomaten aus Berlin und Paris halten es schon für einen Fortschritt, dass überhaupt wieder regelmäßig miteinander gesprochen wird, nach den vielen Monaten der Funkstille zwischen Warschau und Brüssel. Das zumindest habe sich unter dem neuen polnischen Premier Mateusz Morawiecki geändert. Nun hat Morawiecki mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker gesprochen - und doch, so scheint es jedenfalls, haben sie wieder aneinander vorbei geredet. Dem Ziel der EU ist man kein Stück näher gekommen: Dass Polen zumindest die kritischsten Passagen seiner umstrittenen Justizreform abschwächt - für Brüssel allesamt Verstöße gegen EU-Grundwerte, denen auch Polen zugestimmt habe. EU kritisiert Reform als rechtswidrig Besonders das Verfahren zur Ernennung von Richtern wird nicht nur von der EU-Kommission, sondern auch von der für Grundrechtefragen zuständigen Venedigkommission des Europarates missbilligt: Die nationalpopulistische Regierung könne weitreichenden Einfluss nehmen, wenn heikle Gesetze, wie das Wahl- oder das Demonstrationsrecht, von Obersten Richtern überprüft werden sollen. Die Ernennung des Präsidenten des polnischen Verfassungsgerichtes sei rechtswidrig erfolgt und müsse rückgängig gemacht werden, fordert die EU. Von einem polnischen Einlenken kann aber keine Rede sein: Der Streit spitzt sich weiter zu. Polens Regierungschef Morawiecki versuchte den Spieß umzudrehen und die EU-Kommission für alle Schwierigkeiten verantwortlich zu machen, denen sich Polen ausgesetzt sieht. Der Premier präsentierte ein "Weißbuch", das dem Vernehmen nach in der EU-Kommission Befremden auslöste. Polen: Regelungen schaffen "Gleichgewicht der Gewalten" Es soll belegen, dass die umstrittenen Reformen nicht schlecht, sondern gut für die Demokratie sind. Die Schieflage zwischen Regierung und Justiz sei aufgehoben worden, die dazu geführt habe, dass Richter "niemandem Rechenschaft" geschuldet hätten. "Unabhängigkeit" und ein "Gleichgewicht" der Gewalten seien erst durch die Reformen gewährleistet. Gleichzeitig drohte Morawiecki mit unkalkulierbaren Folgen, sollte der Streit mit Brüssel weiter eskalieren: Das würde "anti-europäische Stimmungen" in seinem Land erst befördern. Die EU-Kommission will sich davon nicht beirren lassen, vor allem mit Blick auf Rechtssicherheit für Investoren und alle EU-Bürger, die in Polen zu tun hätten. Die polnische Regierung spricht von "Missverständnissen", gibt sich gesprächsbereit, will aber sonst nichts ändern. In Berlin und Paris arbeitet man schon an einem möglichst gesichtswahrenden Ausweg für alle Seiten: Polen solle die kritischsten Punkte der Justizreform entschärfen und die weniger kritischen in den kommenden Monaten nach und nach wieder an geltendes EU-Recht angleichen. Die Unabhängigkeit der Obersten Richter in Polen gilt dabei als unverhandelbar für Brüssel. Harte Sanktionen muss Warschau kaum fürchten Die Kommission hat Polen nun eine Frist bis zum 20. März gesetzt. Falls sich der Wind in den nächsten Tagen nicht dreht, dann müssen die EU-Regierungschefs entscheiden, ob sie die erste Phase eines EU-Strafverfahrens nach Artikel 7 der EU-Verträge einleiten. Dazu müssten 22 EU-Länder dafür stimmen. Mehr als eine Ermahnung an Polen ist damit aber nicht verbunden. Drastische Sanktionen gelten als unwahrscheinlich. Dafür müssten alle anderen EU-Staaten zustimmen, was Ungarn schon ausgeschlossen hatte. Und selbst wenn es zu Sanktionen kommen sollte, bis hin zum Entzug der Stimmrechte für Polen, sie müssten befristet werden. Danach dürfte sich Polen wieder rehabilitiert fühlen, selbst wenn sich in der Sache nichts ändert. Deshalb gibt es auch Zweifel an diesem relativ neuen Verfahren. Endet es im Fall Polen wie das berühmte Hornberger Schießen, dann dürfte es wohl das erste und letzte gewesen sein, was die EU-Kommission eingeleitet und den Regierungschefs zur Annahme empfohlen hat. | /ausland/polen-eu-justizreform-101.html |
2018-03-01 | So funktioniert der Rettungsschirm ESM | Europäischer Stabilitätsmechanismus | Als Konsequenz aus der Schuldenkrise haben die Euro-Staaten einen dauerhaften Krisenmechanismus in Kraft gesetzt. Wie kann der ESM verschuldeten Staaten helfen und woher kommt das Geld für die Hilfen? tagesschau.de beantwortet die wichtigsten Fragen.
mehr | Als Konsequenz aus der Schuldenkrise haben die Euro-Staaten einen dauerhaften Krisenmechanismus in Kraft gesetzt. Der neue Rettungsschirm ESM löst den Vorgänger EFSF ab. Er ist anders aufgebaut und verfügt über mehr Möglichkeiten. Wie genau kann er verschuldeten Staaten helfen und woher kommt das Geld für die Hilfen? tagesschau.de beantwortet die wichtigsten Fragen. Von David Rose, tagesschau.de Was ist der ESM? ESM steht als Abkürzung für "Europäischer Stabilitätsmechanismus". Das ist eine internationale Finanzinstitution mit Sitz in Luxemburg. Die damals 17 Mitgliedsstaaten der Eurozone gründeten den ESM durch einen Vertrag, der am 2. Februar 2012 unterzeichnet wurde. Er trat im Oktober 2012 in Kraft. Der ESM löste den alten Euro-Rettungsschirm EFSF (European Financial Stability Facility) ab, der 2013 auslief. Der neue Stabilitätsmechanismus dient dem Ziel, Staaten der Eurozone zu unterstützen, die mit großen Finanzproblemen kämpfen. Das soll auch die Eurozone als Ganzes stabilisieren. Wie kann der ESM helfen? Der ESM-Vertrag sieht derzeit sechs mögliche Varianten von Stabilisierungshilfen vor. Wie bereits der Vorgänger EFSF kann auch der ESM direkte Kredithilfen gewähren. Zusätzlich ist die Möglichkeit vorgesehen, Länder vorsorglich zu stützen. Ihnen kann eine Kreditlinie gewährt werden. Sie können bei Bedarf Geld innerhalb des vereinbarten Rahmens abrufen. Die Staaten müssen davon aber keinen Gebrauch machen. Denn faktisch soll dieses Mittel vor allem das Vertrauen der Investoren in Länder stärken, die relativ solide haushalten und über eine starke Wirtschaft verfügen. Als dritte Option kann der ESM Kredite gewähren, die nicht die Staatsfinanzen stabilisieren, sondern den Banken des jeweiligen Landes zugute kommen sollen. In diesen Fällen bekommt der jeweilige Staat ein ESM-Darlehen, um seinerseits den Geldhäusern Kapitalhilfen gewähren zu können. Im Dezember 2014 wurden als weitere Möglichkeit direkte Kapitalhilfen für Banken eingeführt. Dieses Instrument ist aber nur als letzter Ausweg zulässig, wenn ein Beitrag der Eigentümer und Gläubiger der Bank nicht reicht und der entsprechende Euro-Staat nicht in der Lage ist, die Kapitalhilfen selbst zu stemmen (selbst unter Zuhilfenahme von ESM-Hilfen). Das kann der Fall sein, wenn ein Staat selbst massive Finanzprobleme bekommt, weil er Banken mit Kapitalspritzen versorgen muss. Die letzten beiden möglichen Hilfsmaßnahmen betreffen den Aufkauf von Staatsanleihen. Einerseits darf der ESM Papiere von Euro-Ländern erwerben, wenn diese neu ausgegeben werden (Primärmarkt). Neben anderen Investoren tritt der ESM damit als normaler Käufer auf und erhöht die Nachfrage. Das wiederum soll die Zinsen drücken, zu denen sich hoch verschuldete Länder auf dem Kapitalmarkt Geld leihen können. Der ESM darf zusätzlich auch bereits ausgegebene Staatsanleihen kaufen, die an den Märkten gehandelt werden (Sekundärmarkt). Unter welchen Voraussetzungen sind Hilfen möglich? Grundsätzlich können nur ESM-Mitglieder und damit die Länder der Eurozone Unterstützung beantragen. Der ESM-Vertrag legt fest, dass Hilfen nur gewährt werden dürfen, wenn diese "zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt und seiner Mitgliedsstaaten unabdingbar" sind. Bevor die Regierungen der Eurozone im sogenannten ESM-Gouverneursrat darüber entscheiden, ist eine Bewertung durch die Europäische Zentralbank vorgeschrieben. Diese muss prüfen, ob tatsächlich eine Gefahr für die Finanzstabilität der Eurozone oder ihrer Mitgliedsstaaten besteht, ob die Staatsverschuldung des Antragstellers tragfähig ist und wie viel Geld das Land tatsächlich benötigt. Eine weitere Bedingung setzte Deutschland auf dem EU-Gipfel im Dezember 2011 durch. Dabei geht es um den direkten Zusammenhang zwischen ESM-Hilfen und dem sogenannten Fiskalpakt, der unter anderem die Einführung von Schuldenbremsen vorschreibt. Nur jene Euro-Staaten dürfen auf Unterstützung durch den ESM hoffen, die den Fiskalpakt ratifiziert haben und sich an dessen Vorgaben halten. Sind die Hilfen mit Auflagen verbunden? Ja. Wer um Unterstützung des ESM bittet, muss dafür Gegenleistungen erbringen. Allgemein gilt: je größer die Hilfe, desto härter die Auflagen. Vor allem mit direkten Kredithilfen werden in der Regel Forderungen nach Strukturreformen und Sparprogrammen verknüpft sein. Welche Schritte das jeweilige Land einleiten muss, wird in einem "Memorandum of Understanding" detailliert festgehalten, das beide Seiten miteinander aushandeln. Müssen auch private Investoren im Krisenfall einspringen? Im Gegensatz zum alten Euro-Rettungsschirm EFSF ist beim dauerhaften Krisenmechanismus ESM eine mögliche Beteiligung privater Anleger an den Rettungskosten vorgesehen. Dies soll laut Vertragstext aber nur in Ausnahmefällen in Betracht gezogen werden. Letztlich greift diese Möglichkeit nur in dem für unwahrscheinlich gehaltenen Fall, dass ein Euro-Land vor der Insolvenz steht. Dann muss der Mitgliedsstaat mit den Gläubigern einen Plan aushandeln, wie die Schulden umgeschichtet oder neu strukturiert werden sollen. Um sich von vornherein die Tür für solche Umschuldungen offen zu halten, müssen seit 2013 neu ausgegebene Staatsanleihen der Euro-Länder eine Standardklausel enthalten. Diese sogenannten "Collective Action Clauses" (CAC) regeln das Verfahren einer möglichen Umschuldung. Sie verhindern, dass einzelne Gläubiger eine Einigung in Verhandlungen über neue Zahlungsbedingungen blockieren. Wer entscheidet über die Hilfsmaßnahmen? Auf Antrag eines Euro-Staates können die Regierungen der 19 Länder der Eurozone Hilfen freigeben. Die Entscheidung darüber trifft der ESM-Gouverneursrat, in dem jede Regierung normalerweise durch den Finanzminister vertreten ist. In der Regel müssen diese Entscheidungen einstimmig fallen, in besonders eilbedürftigen Verfahren reicht auch eine Mehrheit von 85 Prozent der Stimmen. Dabei gilt aber nicht das Prinzip "Ein Land, eine Stimme". Vielmehr haben die Stimmen der einzelnen Staaten unterschiedliches Gewicht. Wer dem ESM mehr Kapital zur Verfügung stellt, hat dabei auch mehr Einfluss auf die Entscheidungen. Deutschland ist der wichtigste Geldgeber. Gegen den Willen der Bundesregierung können faktisch keine Hilfszusagen gemacht werden. Wie viel Geld steht dem ESM zur Verfügung? Der ESM verfügt über ein Stammkapital von nahezu 705 Milliarden Euro. Mehr als 80 Milliarden Euro davon flossen zur Bildung eines Kapitalstocks in den ersten Jahren von den Mitgliedsstaaten an den ESM. Weitere gut 624 Milliarden Euro gelten als "abrufbares Kapital". Es handelt sich um eine Art stille Reserve, auf die im Bedarfsfall zurückgegriffen werden kann. Die Euro-Staaten können sich darauf einigen, dieses Geld auch tatsächlich in Teilen oder komplett für Hilfsmaßnahmen abzurufen. Das Stammkapital versetzt den ESM in die Lage, Kredithilfen von bis zu 500 Milliarden Euro zu gewähren. Ob diese Summe ausreicht, soll regelmäßig durch die Regierungen gemeinsam im ESM-Gouverneursrat überprüft werden. Woher stammt das Geld? Die Euro-Staaten stellten das Stammkapital bereit. In fünf Raten, von denen 2012 und 2013 jeweils zwei überwiesen wurden und im April 2014 die letzte folgte, zahlten sie zunächst rund 80,6 Milliarden Euro ein. Das restliche Kapital steht nur auf Abruf bereit und müsste erst nach einem gemeinsamen Beschluss tatsächlich an den ESM überwiesen werden. Wieviel jedes Land zahlt, richtet sich nach seinem Anteil am Kapital der Europäischen Zentralbank. Deutschland steuert etwa 27 Prozent des Geldes bei. Die Bundesrepublik musste somit für den Aufbau des Kapitalstocks zunächst fast 22 Milliarden Euro an den ESM überweisen. Das abrufbare Kapital aus Deutschland summiert sich auf weitere 168 Milliarden Euro. Um die Hilfsmaßnahmen zu finanzieren, leiht sich der ESM aber in erster Linie selbst Geld auf den Kapitalmärkten. Das Stammkapital dient der Absicherung dieser Geschäfte und soll dazu beitragen, günstig an Geld zu kommen und von den Ratingagenturen die beste Bonitätsnote "AAA" zu erhalten. Dass der ESM selbst über Kapital verfügt, ist ein zentraler Unterschied zum EFSF. Dieser konnte lediglich auf Garantien der Euro-Staaten zurückgreifen, wenn er sich an Kapitalmärkten Geld lieh, bekam aber kein Kapital von den Mitgliedsstaaten für seine Arbeit. Aufteilung des ESM-StammkapitalsEingezahltes KapitalAbrufbares KapitalDeutschland21,72 Mrd. Euro168,30 Mrd. EuroFrankreich16,31 Mrd. Euro126,39 Mrd. EuroItalien14,33 Mrd. Euro111,06 Mrd. EuroSpanien9,52 Mrd. Euro73,80 Mrd. EuroNiederlande4,57 Mrd. Euro35,45 Mrd. EuroBelgien2,78 Mrd. Euro21,56 Mrd. EuroGriechenland2,25 Mrd. Euro17,46 Mrd. EuroÖsterreich2,23 Mrd. Euro17,26 Mrd. EuroPortugal2,01 Mrd. Euro15,56 Mrd. EuroFinnland1,44 Mrd. Euro11,14 Mrd. EuroIrland1,27 Mrd. Euro9,87 Mrd. EuroSlowakei0,66 Mrd. Euro5,11 Mrd. EuroSlowenien0,34 Mrd. Euro2,65 Mrd. EuroLitauen0,33 Mrd. Euro2,53 Mrd. EuroLettland0,22 Mrd. Euro1,71 Mrd. EuroLuxemburg0,20 Mrd. Euro1,55 Mrd. EuroZypern0,16 Mrd. Euro1,22 Mrd. EuroEstland0,15 Mrd. Euro1,15 Mrd. EuroMalta0,06 Mrd. Euro0,45 Mrd. EuroGESAMT80,55 Mrd. Euro624,25 Mrd. Euro Mit wie viel Geld haftet Deutschland maximal? Die Obergrenze der deutschen Haftung ergibt sich aus den Angaben zum Stammkapital im Anhang des ESM-Vertrags und summiert sich auf etwa 190 Milliarden Euro. "Die Haftung eines jedes ESM-Mitglieds bleibt unter allen Umständen auf seinen Anteil am genehmigten Stammkapital zum Ausgabekurs begrenzt", stellt dazu Artikel 8 des Vertrags ausdrücklich klar. Das Bundesverfassungsgericht betonte in seiner Entscheidung vom 12. September 2012 ausdrücklich, dass Deutschland bei der Ratifizierung sicherstellen muss, dass diese Haftungsgrenze nicht ohne ausdrückliche Zustimmung des Bundestags erhöht werden kann. Dies soll auch verhindern, dass das Budgetrecht des Bundestags durch eine mögliche Hintertür in Artikel 25 des ESM-Vertrags ausgehöhlt wird. Dort ist geregelt, dass beim Zahlungsausfall einzelner Mitglieder die anderen ESM-Staaten das fehlende Kapital beisteuern müssen - ohne dass dabei eine ausdrückliche Obergrenze festgelegt wird. Was ändert sich im EU-Vertrag? Parallel zur Einführung des ESM wurde Artikel 136 des Vertrags von Lissabon ergänzt. Zwei eingefügte Sätze verankerten dort den neuen Krisenmechanismus: "Die Mitgliedsstaaten, deren Währung der Euro ist, können einen Stabilitätsmechanismus einrichten, der aktiviert wird, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt zu wahren. Die Gewährung aller erforderlichen Finanzhilfen im Rahmen des Mechanismus wird strengen Auflagen unterliegen." Kann der ESM-Vertrag nachträglich geändert werden? Ja. Hilfsinstrumente des ESM dürfen laut Artikel 19 des Vertrags jederzeit geändert werden. Das gilt zum Beispiel für die Einführung direkter Kapitalhilfen an die Banken, wie sie laut einem Beschluss der Euro-Staaten beim Gipfel am 28./29.Juni 2012 mittelfristig möglich werden sollten - dieses neue Hilfsmittel wurde schließlich am 8. Dezember 2014 durch einen Beschluss des ESM-Gouverneursrates neu in die Liste möglicher Instrumente aufgenommen. Voraussetzung für solche Änderungen ist die Zustimmung aller Mitglieder des ESM-Gouverneursrates, in dem die Regierungen aller Unterzeichnerstaaten vertreten sind. Bevor die Bundesregierung im Namen Deutschlands solchen Änderungen zustimmen kann, muss sie aber vorher den Gesetzgeber fragen. Das ist im deutschen Gesetz zur Ratifizierung des ESM-Vertrags ausdrücklich festgelegt. Ohne einen Mehrheitsbeschluss des Bundestages können somit keine neuen ESM-Hilfsinstrumente eingeführt werden. Der ESM-Vertrag sieht zudem ausdrücklich vor, dass der Gouverneursrat mindestens alle fünf Jahre prüft, ob das ursprüngliche Stammkapital ausreicht oder aufgestockt werden muss. Der Gouverneursrat und damit die beteiligten Regierungen können beschließen, dem ESM mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Auch einem solchen Schritt dürfte die Bundesregierung nur zustimmen, wenn der Bundestag dies in Form eines Gesetzes ausdrücklich genehmigt. Hat die Entscheidung des Verfassungsgerichts 2012 den ESM verändert? Nein. Der ESM-Vertrag konnte nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom September 2012 in seiner ursprünglichen Form in Kraft treten. Die Richter entschieden aber, dass Deutschland bei Hinterlegung der Ratifikationsurkunde völkerrechtlich verbindlich klarstellen musste, dass es sich nur bei einer bestimmten Auslegung des Textes an den Vertrag gebunden fühlt. Dies betrifft einerseits die Einhaltung der absoluten Obergrenze der deutschen Haftung, die nicht ohne Zustimmung des Bundestags angehoben werden dürfe. Andererseits beziehen sich die geforderten Vorbehalte auf die umfassenden Informationsrechte von Bundestag und Bundesrat. Diese dürfen laut Urteil nicht durch die Schweigepflicht der ESM-Mitarbeiter und die Unverletzlichkeit der ESM-Unterlagen beschränkt werden. Welche Hilfen hat der ESM bislang gewährt? Bislang wurden drei Rettungsprogramme unter dem Dach des ESM gestartet: Spanien erhielt zum Zwecke der Stabilisierung seiner Banken insgesamt 41,3 Milliarden Euro. Das 2012 begonnene Programm endete planmäßig im Jahr 2014. Im Rahmen des 2013 angelaufenen Programms für Zypern flossen 7,3 Milliarden Euro an Hilfskrediten. Das Land verließ den Rettungsschirm wie vorgesehen im März 2016. Im Sommer 2015 wurde zudem das dritte Hilfsprogramm für Griechenland bewilligt - das erste, das nach den Regeln des ESM organisiert ist. Die Hilfszusagen summieren sich auf bis zu 86 Milliarden Euro. Das Programm läuft im August 2018 aus. | /wirtschaft/esm-ts-110.html |
2018-03-01 | Im Stresstest-Modus | EU-US-Beziehungen | Schon mehrmals hat Trump gezeigt, wie wenig er sich um die Meinung der Europäer schert. Die Strafzölle sind nur das jüngste Beispiel dafür, wie seine Politik USA und EU voneinander entfremdet. Von Kai Küstner. | Schon mehrmals hat Trump gezeigt, wie wenig er sich um die Meinung der Europäer schert. Die Strafzölle sind nur das jüngste Beispiel dafür, wie seine Politik USA und EU voneinander entfremdet. Alles begann mit einem Anruf: Schon vor seinem Amtsantritt telefonierte der gewählte US-Präsident Donald Trump mit Brüssel. Und hatte dort EU-Ratspräsident Donald Tusk in der Leitung. "Und? Wer ist der nächste?", soll Trump nach Angaben von EU-Offiziellen gefragt haben. In dem festen Glauben, dass nach dem Brexit der Briten bald weitere Staaten die Europäische Union verlassen würden. Schon zu diesem Zeitpunkt war klar, dass mit diesem Mann im Weißen Haus die EU-US-Beziehungen einem bisher ungekannten Stresstest unterzogen würden. Anfang 2017, kurz nach Trumps Amtsantritt, warnte EU-Ratspräsident Donald Tusk: "Die neue geopolitische Situation ist eine Herausforderung für uns. Sie kann zu einer echten Bedrohung werden, wenn wir Europäer nicht einig genug sind." Und in der Tat sollte sich schnell herausstellen, dass der neue Mann im Weißen Haus auf dem europäischen Ohr einigermaßen taub sein würde. Gelder für Klimaprojekte laufen aus Trump scherte sich nicht um das Flehen der Europäer, doch bitte nicht aus dem Welt-Klimaabkommen auszusteigen. Die Auswirkungen der Entscheidung vom Juni 2017, sagen Entwicklungsexperten, würden erst jetzt langsam spürbar: Gelder für Klimaprojekte in Afrika und anderen Krisenregionen laufen nun aus. Fast noch schlechter als über das Klimaabkommen redete Trump über einen anderen - aus Sicht der Europäer historischen - Deal: das Atomabkommen mit dem Iran. Dabei betonte erst kürzlich die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, dass der Iran-Deal funktioniere. "Er hält, was er verspricht, sein Hauptziel betreffend: Nämlich das iranische Nuklearprogramm unter Kontrolle zu halten." Doch Trump hält das Abkommen für "beschämend". Steigen die USA auch aus diesem Projekt aus, was durchaus möglich ist, sehen die Europäer dadurch ihre Sicherheit gefährdet. Doppel-Ziel im Umgang mit den USA Der US-Präsident hörte auch nicht auf die EU, als die ihm nahelegte, Jerusalem nicht einseitig als Israels Hauptstadt anzuerkennen. Dass Trump mit der Abrissbirne an das Erbe seines Vorgängers Obama herangeht, ist offensichtlich. Doch selbiges tut er auch mit den Beziehungen zu Europa, beklagen Kritiker. Die Frage ist: Was tun, EU? Auf der Münchner Sicherheitskonferenz erklärte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker kürzlich: "Die Umstände bringen es mit sich, dass wir uns um Weltpolitik-Fähigkeit bemühen müssen." Eine Abwandlung des Merkel-Satzes, dass die Europäer ihr Schicksal mehr in die eigenen Hände nehmen müssten. Doch der Illusion zu erliegen, dass sich die EU völlig von den USA abnabeln könnte, hält der Direktor des Holbrooke-Forums an der American Academy, Jan Techau, für fahrlässig. "Das ist keine Option", sagte er dem ARD-Studio Brüssel. "Wie sollten denn die Europäer den Stabilitätsbeitrag ausgleichen, den Amerika leistet? Die Europäer werden keinen eigenen Nuklearschirm aufbauen, der sie von nuklearer Erpressung freihält." Derzeit sieht es so aus, als würde die EU ein Doppel-Ziel im Umgang mit den USA verfolgen: Sie arbeitet an einem stärkeren Europa und versucht gleichzeitig, eine Schwächung der transatlantischen Kanäle so gut es geht zu vermeiden. Einfach ist das mit einem "America-First"-Präsidenten nicht. Niemand weiß, wie weit die beiderseitig Entfremdung noch gehen wird. | /ausland/eu-usa-beziehungen-101.html |
2018-03-01 | EU rüstet sich für Handelsstreit | Reaktion auf US-Strafzölle | Strafzölle auf US-Jeans und Whiskey? Die EU wappnet sich gegen die umstrittenen Zollpläne der USA. Ein Handelskonflikt wird immer wahrscheinlicher. Der IWF warnt vor einer Kettenreaktion. Von Karin Bensch.
mehr | Strafzölle auf US-Jeans und Whiskey? Die EU wappnet sich gegen die umstrittenen Zollpläne der USA. Ein Handelskonflikt wird immer wahrscheinlicher. Der IWF warnt vor einer Kettenreaktion. "Wir werden schnell, hart und angemessen reagieren", sagte ein Sprecher von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker klar und deutlich. Doch was die Europäische Union jetzt ganz konkret gegen die geplanten US-Zölle auf europäische Stahl- und Aluminiumprodukte unternehmen will, sagte Junckers Sprecher nicht. Nur so viel ließ er wissen: Die Kommission habe Gegenmaßnahmen parat, die nächste Woche diskutiert würden. Durchgesickert ist bereits, dass die Brüsseler Behörde eine Liste mit US-Produkten in der Schublade hat, die mit zusätzlichen Zöllen belegt werden könnten. Zum Beispiel Bourbon-Whiskey, Motorräder, Orangensaft und Tomaten. Wenn diese US-Produkte mit neuen EU-Zöllen belegt würden, könnten sie in Europa deutlich teurer werden. Ruf nach schneller Reaktion Die EU müsse schnell handeln, forderte Bernd Lange, SPD-Politiker und Vorsitzender des Handelsausschusses im Europaparlament. "Wir müssen klar Gegenmaßnahmen ergreifen, also Zölle auf amerikanische Produkte. Und wir müssen auch bei der WTO eine Klage einreichen." Die WTO, das ist die Welthandelsorganisation. Sowohl die USA als auch die Europäische Union sind dort Mitglieder. IWF warnt vor Kettenreaktion Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat sich der weltweiten Kritik an den von US-Präsident Donald Trump angekündigten Strafzöllen auf Stahl und Aluminium angeschlossen. Diese Zölle würden "wahrscheinlich Schaden nicht nur außerhalb der USA, sondern auch der US-Wirtschaft selbst" zufügen, erklärte IWF-Sprecher Gerry Rice. Der IWF sei besorgt, dass nun auch andere Länder ebenso wie die USA Gründe der nationalen Sicherheit anführen könnten, um weitreichende Handelsbeschränkungen zu verhängen. Die geplanten Zölle der US-Regierung auf europäische Waren sind rechtswidrig, meint der CDU-Europaabgeordnete Daniel Caspary: "Die verstoßen ganz klar gegen das Recht der Welthandelsorganisation. Und ich finde es gut, dass die Europäische Kommission schon angekündigt hat, hier angemessen, aber wirksam dagegen vorzugehen und im Zweifel Gegenmaßnahmen zu ergreifen." Hintergrund des Streits um Strafzölle ist die weltweite Überproduktion von Stahl und Aluminium. Vor allem China produziert Stahl zu Billigpreisen und schafft mehr Überkapazität am Weltmarkt, als die Vereinigten Staaten verbrauchen. "Protektionismus ist nicht die Antwort" Protektionismus könne nicht die Antwort auf die gemeinsamen Probleme im Stahlsektor sein, sagte der Kommissionssprecher. "Wir werden nicht untätig herumsitzen, während unsere Industrie durch unfaire Maßnahmen getroffen wird, die Tausende europäische Arbeitsplätze gefährden." Neue Zölle mit wiederum neuen Zöllen vergelten? Darin sieht der Grünen-Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer ein großes Problem. Denn damit gebe es keinen Ausweg aus einem aufziehenden Handelskrieg. Darüber hinaus könnten die US-Schutzzölle die Europäer noch auf ganz andere Weise treffen, warnt Bütikofer: "Die Stahlexporte aus Drittländern, die wegen Schutzzöllen dann nicht mehr nach Amerika exportiert werden können, drohen dann den europäischen Markt zu überfluten." Damit sähe die Europäische Union sich möglicherweise gezwungen, ihrerseits neue Schutzzölle zum Beispiel gegen Billigstahl aus China zu verhängen. Damit hätte es die US-Regierung geschafft, die Europäer in einen Handelskrieg mit den Chinesen hineinzuziehen. | /ausland/eu-reaktion-us-strafzoelle-101.html |
2018-03-01 | Ein paar Rosinen muss es geben | May zum Brexit | Sie wolle sich ja mit der EU in Sachen Brexit einigen - das hat Großbritanniens Premier May erneut deutlich gemacht. Doch Entgegenkommen auf ganzer Linie gehe dann doch nicht. Von Stephanie Pieper. | Sie wolle sich ja mit der EU in Sachen Brexit einigen - das hat Großbritanniens Premier May erneut deutlich gemacht. Doch Entgegenkommen auf ganzer Linie gehe dann doch nicht. Der Schnee hat der britischen Premierministerin Theresa May einen Strich durch die Rechnung gemacht: Eigentlich wollte sie ihre große Rede zum Brexit in Newcastle im Nordosten Englands halten - doch wegen des schlechten Wetters wurde daraus nichts. Stattdessen trat May in der City of London auf, und hat den EU-Partnern etwas genauer verraten, wie sie sich die britisch-europäischen Beziehungen nach dem EU-Austritt vorstellt. Zuletzt waren die Brexit-Verhandlungen ins Stocken geraten, vor allem wegen des Streits um die Grenze zwischen dem britischen Nordirland und Irland. Wer jedoch gehofft hatte, May würde das komplizierte Brexit-Rätsel nun vollständig lösen, der dürfte enttäuscht sein. Aber das konnte der britischen Premierministerin auch kaum gelingen. Kein Handelsdeal von der Stange Das Signal, das May an die EU aussendet, lautet: Ich bewege mich auf euch zu - nun bewegt ihr euch bitte auch auf mich zu. In den Brexit-Verhandlungen, so die konservative Regierungschefin, könne nun mal keine Seite all ihre Vorstellungen durchsetzen. Einen Handelsdeal von der Stange - nach dem Vorbild Norwegens, das im Binnenmarkt ist, oder nach dem Vorbild des EU-Vertrags mit Kanada - lehnt May weiter ab. Stattdessen schwebt ihr "pick'n'mix" vor, wie die Engländer es nennen: ein auf Großbritannien zugeschnittenes Abkommen. Wenn das Rosinenpicken sei, wie manche EU-Partner klagen, dann sei jedes Handelsarrangement Rosinenpicken, entgegnet May. Keine Kehrtwende auch in Sachen Zollunion: Aus der will May immer noch aussteigen, damit die Briten eigene Handelsabkommen in aller Welt abschließen können. Eine neue Form der Zollpartnerschaft soll den möglichst reibungslosen Warenaustausch garantieren. May verspricht, Großbritannien werde dabei die hohen EU-Produktstandards nicht unterlaufen. Ein "No" zur festen Grenze Sie bekräftigte zugleich: Eine feste Grenze zwischen Nordirland und Irland - mit Checkpoints und Kontrollen - soll es mit ihr nicht geben: "Als Premierministerin des gesamten Vereinigten Königreich werde ich weder zulassen, dass unser EU-Abschied den historischen Fortschritt zurückwirft, den wir in Nordirland gemacht haben - noch werde ich zulassen, dass die Integrität unserer kostbaren Union beschädigt wird." Ein entschiedenes "No" also von May zum EU-Entwurf für das Austrittsabkommen: Demnach sollen Nordirland und Irland notfalls ein gemeinsames Zollgebiet bilden, sollte ein Brexit-Deal scheitern. Behördenplatz gegen Kasse Für die Finanzbranche akzeptiert May jetzt, dass die sogenannte Reisepass-Regelung, mit der Banken bislang von London aus überall in der EU Geschäfte machen können, mit dem Brexit endet. Da aber für viele europäische Unternehmen die City of London ein wichtiger Finanzier ist, würde es aus Mays Sicht allen Beteiligten schaden, hierfür keine kreative Lösung zu finden. Die Regierungschefin will außerdem prüfen, ob Großbritannien Mitglied einiger EU-Agenturen bleiben kann: etwa der für die Zulassung von Arzneimitteln und von Chemikalien und der für die Flugsicherheit. Gegen Geld, wie sie signalisiert. Zum Schluss von Mays Rede dann ein letzter Appell an die EU: Großbritannien wisse, was es wolle, verstehe aber auch die Prinzipien der Gegenseite. Das gemeinsame Interesse müsse sein, den Brexit-Deal hinzukriegen. Ihre Botschaft richtet sich auch nach innen: May muss nicht nur ihre zerstrittene Tory-Partei zusammenhalten, sondern auch ihren nordirischen Bündnispartner DUP zufriedenstellen. Der Weg bis zum geordneten Austritt der Briten aus der EU in 13 Monaten ist noch weit. | /ausland/brexit-may-eu-103.html |
2018-03-01 | Ziemlich enge Freunde - trotz Brexit? | Großbritannien und die EU | Großbritanniens Premierministerin May sieht die EU auch nach dem Brexit als engen Partner des Königreichs. Doch von den Regelungen, auf denen diese Partnerschaft beruhen könnte, ist May noch weit entfernt.
mehr | Großbritanniens Premierministerin May sieht die EU auch nach dem Brexit als engen Partner des Königreichs. Doch von den Regelungen, auf denen diese Partnerschaft beruhen könnte, ist May noch weit entfernt. Die britische Premierministerin Theresa May zeichnet ein rosiges Bild für das künftige Großbritannien nach dem EU-Austritt. Stärker werde die Scheidung von der EU das eigene Land machen, es werde ein geeinteres Großbritannien für alle geben - für diejenigen die den Brexit gewollt haben und auch für Gegner des Austritts. Dies versicherte May in ihrer Grundsatzrede, in der sie in London ihre Vorstellungen über die künftigen Wirtschaftsbeziehungen zwischen EU und Großbritannien darlegte. Ungenügende Blaupausen Und um das zu erreichen, will May weiterhin enge Beziehungen zur EU beibehalten. Nur wie genau das mit der engen Partnerschaft funktionieren soll, weiß die Premierministerin auch noch nicht so genau. Denn bestehende Handelsabkommen zwischen der EU und anderen Ländern - etwa Kanada oder Norwegen - reichen May als Vorlage für Brexit-Deals nicht aus. Sie wünsche sich die "breiteste und tiefste Partnerschaft", betonte May. Für sie ist klar: Zölle oder Beschränkungen im Handel mit EU-Staaten will sie nicht hinnehmen. Eigentlich solle alle "ganz ähnlich bleiben", wie es jetzt schon ist - mithilfe eines Zollabkommens, das Grenzkontrollen überflüssig machen werde. Und auch mit Blick auf die EU-Behörden will May gar keine so rigorose Trennlinie ziehen: So solle Großbritannien Teil einiger Institutionen bleiben, etwa in den Behörden für Arzneimittel- und Flugsicherheit. Dafür sei die britische Regierung auch bereit zu zahlen. Grenzfrage bleibt Streitfrage Die deutlichste Position bezog May in ihrer Grundsatzrede zum Thema Nordirland: Jede Regelung, die zu einer harten Grenze zwischen dem britischen Teil des Landes und dem restlichen Irland führe, sei "nicht akzeptabel". Eine solche feste Grenze will auch die EU nicht. Das hatte deren Chefverhandler Michel Barnier erneut betont, als die EU Mitte der Woche ihren neuen Entwurf zum Brexit-Vertrag vorgestellt hatte. Prinzipiell beinhaltete der Entwurf alle bislang mit London ausgehandelten Kompromisse - doch es gab eine Ausnahme: Sollten sich EU und Großbritannien in der Grenzfrage Nordirland-Irland nicht einigen können, dann sollten im britischen Nordirland die Regeln der EU-Zollunion und des EU-Binnenmarktes weiter gelten. Der Aufschrei der britischen Regierung kam prompt: Eine solche Spaltung des Vereinigten Königreichs sei nicht hinzunehmen, einen solchen Brexit-Vertrag könne May keinesfalls unterschreiben. Mit eigenen Lösungsvorschlägen konnte May am Freitag nicht parieren - allerdings zeigte sie sich betont optimistisch, dass am Ende ein guter Vertrag stehen werde, von dem beide Seiten - Großbritannien und die EU - profitieren würden. | /ausland/brexit-eu-may-101.html |
2018-03-01 | "Verlassen die EU, aber nicht Europa" | May im ARD-Interview | Im Exklusiv-Interview mit der ARD hat die britische Premierministerin May ihre Idee eines "ambitionierten" Sicherheitsabkommens erläutert. Dies sei im Interesse aller. Sie hoffe auf eine gute Zusammenarbeit nach dem Brexit.
mehr | Im Exklusiv-Interview mit der ARD hat die britische Premierministerin May ihre Idee eines "ambitionierten" Sicherheitsabkommens erläutert. Dies sei im Interesse aller. Sie hoffe auf eine gute Zusammenarbeit nach dem Brexit. | /ausland/may-interview-101.html |
2018-03-01 | "Eine Gefahr für den Welthandel" | Reaktionen auf US-Strafzölle | Mit seinen geplanten Stahl-Strafzöllen sorgt US-Präsident Trump für eine Menge Unmut: Die Europäische Wirtschaft fürchtet drastische Einbußen, die deutsche Politik sorgt sich um Arbeitsplätze - und auch Chinas Führung ist düpiert.
mehr | Mit seinen geplanten Stahl-Strafzöllen sorgt US-Präsident Trump für eine Menge Unmut: Die Europäische Wirtschaft fürchtet drastische Einbußen, die deutsche Politik sorgt sich um Arbeitsplätze - und auch Chinas Führung ist düpiert. "America first" - nach dieser Devise will US-Präsident Donald Trump auch den Handel regeln. Dass zum Handel allerdings auch immer mindestens ein Partner gehört, lässt sich an den Reaktionen auf Trumps Ankündigung ablesen, Einfuhrzölle von 25 Prozent auf Stahl und von zehn Prozent auf Aluminium zu erheben. Denn das Echo fällt heftig aus - drohen nun vielen Handelspartnern der USA schmerzliche finanzielle Einbußen. So rechnet der europäische Stahlverband Eurofer vor, dass die EU-Stahlexporte nach Amerika um 50 Prozent oder mehr sinken würden - bei einem aktuellen Volumen von rund fünf Millionen Tonnen aus der EU, wie es in einer ersten Reaktion heißt. "Präsident Trump hat unter den Vorschlägen des Handelsministeriums die am meisten zerstörende Variante ausgewählt", kritisiert Eurofer. Laut dem Verband betrifft Trumps Maßnahme eine Gesamtmenge von 35 Millionen Tonnen im Wert von 30 Milliarden Dollar (2017). Wir erwarten, dass die Zölle die US-Einfuhren um etwa 20 bis 25 Millionen Tonnen beschneiden", sagte Eurofer-Generaldirektor Axel Eggert. Unverständnis auch bei der Internationalen Handelskammer (ICC). "Der Welthandel ist kein Nullsummenspiel, bei dem ein Land auf Kosten des anderen gewinnt", sagte Oliver Wieck, ICC-Generalsekretär in Deutschland, dem "Handelsblatt". "Dies wäre für den Welthandel insgesamt, aber auch für die USA selbst verheerend." Erschwerter Marktzugang Die deutsche Wirtschaft ist entsprechend besorgt. Es bestehe die Gefahr, dass andere Länder folgen und das gesamte Welthandelssystem "zum Nachteil aller weiter aushöhlen", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. "Klar ist, die Zölle erschweren den Marktzugang in die USA und führen letztlich auch zu höheren Preisen beim US-Verbraucher", sagte Wansleben. "Gerade die hoch-internationalisierte deutsche Wirtschaft ist auf offene Märkte und ein funktionierendes Welthandelssystem angewiesen." "Die USA bauen eine Zollschranke auf, mit der sie sich gegen Stahlimporte aus aller Welt abschotten. Diese Maßnahme verstößt eindeutig gegen Regeln der Welthandelsorganisation WTO", sagte zudem der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Hans Jürgen Kerkhoff. Er befürchtet, dass Exporteure den offenen EU-Markt überschwemmen könnten, um die Zölle in den USA zu vermeiden. Gabriel hofft auf ein Einlenken der US-Regierung Kein Wunder, dass auch die Politik in Aufruhr ist. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker reagierte deutlich: "Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie unsere Industrie durch unfaire Maßnahmen getroffen wird, die Tausende europäische Arbeitsplätze gefährden." Die Bundesregierung kritisierte die Ankündigung von Strafzöllen ebenfalls. Man lehne solche Zölle ab, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Sie würden "globale Handlungsströme empfindlich treffen". Das Problem weltweiter Überkapazitäten bei Stahl und Aluminium lasse sich durch "einseitige Maßnahmen der USA nicht lösen". Und Bundesaußenminister Sigmar Gabriel erklärte, er sehe die Entwicklung mit "größter Sorge". "Ein solcher weltweiter US-Rundumschlag würde gerade unsere Exporte und Arbeitsplätze mit am stärksten betreffen", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe und der "Welt". Die Begründung der USA mit nationalen Sicherheitsinteressen sei "insbesondere gegenüber EU- und NATO-Partnern überhaupt nicht nachvollziehbar. "Diese drohende schwere handelspolitische Auseinandersetzung zwischen den USA und Europa ist weder im Interesse Europas noch der USA", so Gabriel. Wenn zwei sich stritten, profitiere der Dritte. "Deshalb hoffe ich, dass Präsident Trump seine Ankündigung noch einmal überdenkt. Wir müssen alles dafür tun, einen internationalen Handelskonflikt zu vermeiden." Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries reagierte mit Unverständnis auf Trumps Vorstoß. "Es ist nicht nachvollziehbar, dass europäische oder gar deutsche Stahlimporte die nationale Sicherheit der USA gefährden könnten", erklärte sie. "Jemand, der so viel von fairem Handel spricht wie Präsident Trump, sollte nicht zu solch unfairen Mitteln greifen." China fordert Zurückhaltung Eine Einschätzung, die offenbar auch die Regierung in Peking - selbst immer wieder wegen ihrer Handelspolitik in der Kritik - teilt. "Wenn alle Länder dem Beispiel der Vereinigten Staaten folgen, wird das unzweifelhaft ernsthafte Folgen für die Welthandelsordnung haben", sagte die Sprecherin des chinesischen Außenministerium, Hua Chunying. Die US-Regierung solle sich bei der Anwendung von Schutzinstrumenten für den Handel "in Zurückhaltung üben". An den asiatischen Börsen in Seoul, Tokio und Shanghai gaben die Kurse von mehreren großen Stahlproduzenten deutlich nach. Die größten Stahlexporteure in die USALandAnteil an Stahlimporten in den USA 20171. Kanada16,7 %2. Brasilien13,2 %3. Südkorea9,7 %4. Mexiko9,4 %5. Russland8,1 %6. Türkei5,6 %7. Japan4,9 %8. Deutschland3,7 %9. Taiwan3,2 %10. China2,9 %11. Indien2,4 %Quelle: Reuters | /wirtschaft/stahl-strafzoelle-reaktionen-101.html |
2018-03-01 | EU will US-Strafzölle nicht hinnehmen | Import von Stahl und Aluminium | Die EU werde sich gegen US-Strafzölle entschieden zur Wehr setzen, kündigte Kommissionschef Juncker an. Die Liste mit Zöllen für US-Produkte liegt bereits parat. Droht nun ein Handelskrieg? Von Karin Bensch.
mehr | Die EU werde sich gegen US-Strafzölle entschieden zur Wehr setzen, kündigte Kommissionschef Juncker an. Die Liste mit Zöllen für US-Produkte liegt bereits parat. Droht ein Handelskrieg? Die EU will sich gegen die geplanten Strafzölle wehren. US-Präsident Donald Trump hatte angekündigt, Einfuhrzölle von 25 Prozent auf Stahl und von zehn Prozent auf Aluminium aus der Europäischen Union zu erheben. Damit will Trump die schwächelnde heimische Industrie schützen und ihr zu neuem Wachstum verhelfen - also seine "America First"-Politik beim Welthandel durchziehen. Die EU reagierte schnell und deutlich: "Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie unsere Industrie durch unfaire Maßnahmen getroffen wird, die Tausende europäische Arbeitsplätze gefährden", teilte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit. "Protektionismus hoch drei" Auch im Europaparlament wird Widerstand laut. Das sei eine ganz klare Abschottungspolitik, kritisiert Bernd Lange, SPD-Politiker und Vorsitzender des Handelsausschusses. "Die Verhängung von Zöllen auf Stahl und Aluminium durch den amerikanischen Präsidenten ist Protektionismus hoch drei, Nationalismus hoch drei und untergräbt das internationale Handelsrecht." Sowohl die Vereinigten Staaten als auch die Europäische Union sind Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO), die ihren Sitz in Genf hat. Die Amerikaner müssten sich an die Regeln der WTO halten, fordert der CDU-Europaabgeordnete Daniel Caspary, der Mitglied im Ausschuss für Internationalen Handel ist. "Die verstoßen ganz klar gegen das Recht der Welthandelsorganisation WTO und ich finde es gut, dass die Europäische Kommission schon angekündigt hat, hier angemessen dagegen vorzugehen", sagt Caspary. Liste mit Zöllen für US-Produkte liegt parat Die EU-Kommission kündigte an, in den kommenden Tagen konkrete Vorschläge zu machen. Sie hat bereits eine Liste mit US-Produkten, die mit zusätzlichen Zöllen belegt werden könnten, in der Schublade liegen. Darunter zum Beispiel: Bourbon-Whiskey, Harley-Davidson-Motorräder, aber auch aus den USA nach Europa importierte Kartoffeln und Tomaten. "Wir brauchen Gegenreaktionen und zwar möglichst schnell", fordert der SPD-Europaabgeordnete Lange. Auch auf amerikanische Produkte sollten entsprechend Zölle gesetzt werden. Zudem fordert er ein Klageverfahren bei der WTO. Sorge um Arbeitsplätze auf beiden Seiten Hintergrund des Streits um Strafzölle ist die weltweite Überproduktion von Stahl und Aluminium. Allein die Stahlproduktion ist seit dem Jahr 2000 um 127 Prozent gestiegen, die Nachfrage wächst aber langsamer. Vor allem China produziert Stahl zu Billigpreisen und schafft mehr Überkapazität am Weltmarkt als die Vereinigten Staaten verbrauchen. Sich gegen Dumping zu wehren, sei in Ordnung, sagt der Europapolitiker Caspary. "Aber dass die Amerikaner ihre ineffiziente Stahlindustrie auch gegen Produkte aus Europa schützen, ist illegal und schießt über das Ziel hinaus." Viele Stahlwerke und Aluminiumhütten in den USA sind wegen der Billigkonkurrenz aus dem Ausland nicht ausgelastet. Zahlreiche Jobs gingen bereits verloren. Die US-Strafzölle auf europäische Waren sollen das nun ändern. Sorge vor Handelskrieg In der EU ist die Stahlindustrie eine wichtige Branche, an der viele Arbeitsplätze hängen. Jedes Jahr werden aus Europa Stahlprodukte im Wert von rund fünf Milliarden Euro exportiert. Interessen prallen aufeinander. Der Streit um die Strafzölle - er könnte der Auftakt zu einem Handelskrieg zwischen den USA und der Europäischen Union sein. | /wirtschaft/usa-import-strafzoelle-103.html |
2018-03-01 | Rundfunkgebühren sollen bleiben | Abstimmung in der Schweiz | Die Initiative für die Abschaffung der Schweizer Rundfunkgebühren ist gescheitert. 71,6 Prozent der Wähler haben sich für die Beibehaltung der Abgaben ausgesprochen - das Ergebnis fiel deutlicher aus als erwartet.
mehr | Die Initiative für die Abschaffung der Schweizer Rundfunkgebühren ist gescheitert. 71,6 Prozent der Wähler haben sich für die Beibehaltung der Abgaben ausgesprochen - das Ergebnis fiel deutlicher aus als erwartet. Nach einem monatelangen Abstimmungswahlkampf haben die Schweizer die Abschaffung der Rundfunkgebühren mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. 71,6 Prozent der Wähler sprachen sich bei der Volksabstimmung gegen die Abschaffung aus. Das berichtet das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF). Die Wahlbeteiligung lag demnach bei 54,1 Prozent. Heftig geführte Debatte Kaum ein anderes Thema hat die Schweiz in den vergangenen Jahren dermaßen polarisiert. Der Anstoß zum Volksentscheid kam von der Initiative "No Billag". Die "No Billag"-Unterstützer argumentierten, der gebührenfinanzierte Rundfunk sei zu teuer oder sogar ganz verzichtbar. Außerdem seien mündige Bürger selbst in der Lage zu entscheiden, welche Medien sie nutzen und für welche sie bezahlen wollen. "Mehr Bezahlkonzepte" Der Vorschlag der "No Billag"-Unterstützer für die Finanzierung des Schweizer Rundfunks SRG lautete: mehr Werbung und mehr Bezahlkonzepte wie bei privaten Sendern und Streamingdiensten. Die Mehrzahl der Schweizer hatte allerdings dem Votum zufolge kein Vertrauen in diese Ideen. Gerade in den vergangenen Wochen hatten sich auch die Befürworter des gebührenfinanzierten Rundfunks lauter zu Wort gemeldet. Sie betonten insbesondere, ein unabhängiger Rundfunk sei essenziell für eine funktionierende Demokratie. Bereits beschlossen ist, die Höhe der Rundfunkgebühr von derzeit 451,10 Franken (rund 390 Euro) ab 2019 deutlich zu senken. Die Rundfunkanstalt SRG hat außerdem weitere Sparmaßnahmen angekündigt. DJV-Vorsitzender: "Bin erleichtert" Der Deutsche Journalisten-Verband erwartet von der Entscheidung in der Schweiz positive Signale für die deutsche Debatte. Auch in Deutschland gibt es Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk. "Ich bin erleichtert", sagte der Vorsitzende Frank Überall. "Auf der anderen Seite muss uns zu denken geben, dass rund ein Drittel der Menschen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk so kritisch gegenübersteht, dass sie ihn abgeschafft wissen wollen. Das ist ja immer noch eine stattliche Zahl, die die Initiative unterstützt hat." Wilhelm: "Signal für Qualitätsjournalismus" Der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm sieht das klare Votum als "wichtiges Signal für unabhängigen Qualitätsjournalismus auch über die Schweiz hinaus". Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der sich auch in Deutschland zu umfassenden Reformen verpflichtet habe, sei eine Klammer für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, sagte der Intendant des Bayerischen Rundfunks. | /ausland/europa/nobillag-107.html |
2018-03-01 | Mehrheit bleibt GroKo-skeptisch | ARD-DeutschlandTrend | Zwar findet eine Große Koalition mehr Anklang in der Bevölkerung - eine Mehrheit lehnt das Bündnis im ARD-DeutschlandTrend jedoch weiterhin ab. Die SPD legt derweil bei der Sonntagsfrage zu, hat aber ein Imageproblem. Von Ellen Ehni. | Zwar findet eine Große Koalition mehr Anklang in der Bevölkerung - eine Mehrheit lehnt das Bündnis im ARD-DeutschlandTrend jedoch weiterhin ab. Die SPD legt derweil bei der Sonntagsfrage zu, hat aber ein Imageproblem. Von Ellen Ehni, WDR Die Deutschen stehen einer Fortsetzung der großen Koalition mehrheitlich immer noch skeptisch gegenüber: 52 Prozent sagen, dass sie das weniger gut oder schlecht fänden. 46 Prozent hingegen bewerten eine Koalition aus Union und SPD als sehr gut oder gut - das sind vier Punkte mehr als bei der letzten Umfrage von Infratest Dimap für den ARD-DeutschlandTrend vor zwei Wochen. Vor allem bei den Anhängern der potenziellen Koalitionsparteien sind die Zustimmungswerte gestiegen: 70 Prozent der Unions-Anhänger finden die GroKo mittlerweile gut - das sind sechs Punkte mehr als vor zwei Wochen - und 66 Prozent der SPD-Anhänger - hier gibt es sogar ein Plus von 15 Punkten. Sollte es nicht zu einer Neuauflage der Großen Koalition kommen, sprechen sich 45 Prozent der Befragten (+5 im Vergleich zum Vormonat) für eine Minderheitsregierung von CDU/CSU aus, 52 Prozent (-4) für Neuwahlen. Image der SPD hat gelitten Es wird schon lange über Inhalte und Personen debattiert in der SPD, das Ansehen der Partei hat dabei deutlichen Schaden genommen: 78 Prozent der Bürger halten die Partei für nicht geschlossen. Gerade mal 18 Prozent (-34 Prozentpunkte im Vergleich zu August 2014) hält die SPD für geschlossen. Und auch in puncto Glaubwürdigkeit bestehen Defizite: 35 Prozent erachten die SPD für glaubwürdig (-23 Punkte), 64 Prozent sind gegenteiliger Meinung. Für 43 Prozent (-13 Punkte) hat die SPD die richtigen Konzepte, um die wichtigen Probleme des Landes zu lösen. Eine Mehrheit (55 Prozent) ist nicht dieser Auffassung. Am ehesten überzeugt die SPD durch Bürgernähe: 57 Prozent der Bürger vertreten die Ansicht, dass die SPD die Sorgen und Nöte der Menschen versteht, 41 Prozent sehen dies anders. Dass die SPD als Teil der Regierung gute Arbeit machen wird, bezweifelt allerdings die Mehrheit der Deutschen: 58 Prozent geben an, die Sozialdemokraten aktuell für nicht regierungsfähig zu halten; 40 Prozent halten die SPD hingegen für regierungsfähig. Unions-Anhänger mit inhaltlicher Ausrichtung zufrieden Im Zuge der Diskussion um eine konservative Wende der CDU sind 56 Prozent der Unions-Anhänger der Auffassung, dass die CDU mit ihren heutigen politischen Positionen genau richtig aufgestellt ist. 21 Prozent der Unions-Anhänger halten sie für zu konservativ, 19 Prozent für zu wenig konservativ. Wenn man auf die Deutschen insgesamt schaut, so hält eine deutliche Mehrheit von 75 Prozent die CDU für regierungsfähig, 23 Prozent sind gegenteiliger Auffassung. 60 Prozent halten sie für geschlossen, 37 Prozent tun dies nicht. Für gut die Hälfte (53 Prozent) ist die CDU glaubwürdig, für 45 Prozent ist sie das nicht. 47 Prozent sind der Meinung, dass sie die richtigen Konzepte hat, um die Probleme des Landes zu lösen. 50 Prozent sind gegenteiliger Auffassung. 43 Prozent sind der Ansicht, die CDU verstehe die Sorgen und Nöte der Menschen, 55 Prozent sehen dies anders. Befragte attestieren CSU Geschlossenheit Die CSU überzeugt bundesweit insbesondere durch Geschlossenheit (57 Prozent). Die Hälfte der Bundesbürger hält die Christsozialen darüber hinaus auch für glaubwürdig (50 Prozent) und regierungsfähig (49 Prozent). Ähnlich wie bei der CDU bestehen auch bei der CSU Vorbehalte in Sachen Bürgernähe: 44 Prozent finden, die CSU verstehe die Sorgen der Menschen, 50 Prozent sind gegenteiliger Auffassung. Und auf noch etwas größere Skepsis stößt die konzeptionelle Ausrichtung der CSU: Ein gutes Drittel (35 Prozent) ist der Ansicht, die CSU habe die richtigen Konzepte für die Lösung der wichtigsten Probleme des Landes, 59 Prozent sehen hier Defizite. SPD legt bei der Sonntagsfrage leicht zu Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, dann käme die Union auf 34 Prozent, ein Punkt mehr als vor zwei Wochen. Die SPD verbessert sich um zwei Punkte und erreicht 18 Prozent. AfD und FDP bleiben unverändert bei 15 bzw. 9 Prozent. Die Linke und die Grünen verlieren jeweils zwei Punkte und kommen auf 9 bzw. 11 Prozent. Im Vergleich zur Bundestagswahl 2005 haben sich die Ergebnisse der SPD fast halbiert. Warum geben so viele Menschen ihre Stimme nicht mehr der SPD? Es gibt deutliche Unterschiede zwischen früheren und aktuellen SPD-Anhängern, was das Image der Partei angeht: Von den aktuellen SPD-Wählern halten 81 Prozent die SPD für glaubwürdig. Bei den Befragten, die nicht mehr für die SPD stimmen würden, das bei einer früheren Bundestagswahl aber getan haben, sagen das gerade mal 27 Prozent der Befragten. 81 Prozent der SPD-Anhänger meinen, dass die SPD die richtigen Konzepte hat, um die wichtigen Probleme des Landes zu lösen. Von den früheren Wählern sagen dies 41 Prozent. 93 Prozent der aktuellen SPD-Anhänger sind der Auffassung, dass die Partei die Sorgen und Nöte der Menschen versteht. Von den früheren Anhängern sehen das 50 Prozent so. Regierungsfähigkeit attestieren der SPD 77 Prozent der aktuellen Wähler, von den früheren sind es 34 Prozent. AfD-Anhänger: Enttäuschung statt Überzeugung Interessant ist auch, auf die Wahlmotivation zu schauen. Ähnlich wie bei der Bundestagswahl 2017 gibt die Mehrheit der Bundesbürger (61 Prozent) an, ihre Entscheidung für die jeweilige Partei aus Überzeugung treffen zu wollen. Ein Drittel (33 Prozent) würde sich hingegen eher aus Enttäuschung über die anderen Parteien entscheiden. Von den Anhängern der SPD würden sich 71 Prozent aus Überzeugung für ihre Partei entscheiden. Bei den Unions-Anhängern sind dies 69 Prozent, bei den FDP-Anhängern 64 Prozent, bei den Grünen-Anhängern 58 Prozent und bei den Linken-Anhängern 55 Prozent. Anders sieht es bei den Anhängern der AfD aus, hier überwiegen deutlich Protestmotive: 75 Prozent geben an, sich aus Enttäuschung über die anderen Parteien für die Partei zu entscheiden; 24 Prozent der AfD-Anhänger würden sich aus Überzeugung für die AfD entscheiden. | /inland/deutschlandtrend/deutschlandtrend-1167.html |
2018-03-01 | EU will Trumps Strafzölle nicht akzeptieren | Import von Stahl und Aluminium | Die Strategie von US-Präsident Trump, Strafzölle auf den Stahl- und Alu-Import zu erheben, kommt im Ausland gar nicht gut an. Die EU will diesem Protektionismus keinesfalls "tatenlos" zusehen und bekommt starken Rückenwind.
mehr | Die Strategie von US-Präsident Trump, Strafzölle auf den Stahl- und Alu-Import zu erheben, kommt im Ausland gar nicht gut an. Die EU will diesem Protektionismus keinesfalls "tatenlos" zusehen und bekommt starken Rückenwind. Kaum hatte US-Präsident Donald Trump seine Pläne für Strafzölle auf den Import von Stahl und Aluminium angekündigt, folgte prompt der kritische Aufschrei. "Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie unsere Industrie durch unfaire Maßnahmen getroffen wird, die Tausende europäische Arbeitsplätze gefährden. Die EU wird entschieden und angemessen reagieren, um ihre Interessen zu verteidigen", warnte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Was die EU im Gegenzug unternehmen könnte, ließ Juncker aber noch offen. In den kommenden Tagen solle ein Vorschlag ausgearbeitet werden. Gegenzölle und Klage möglich Auch EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström betonte: "Die US-Maßnahmen werden negative Auswirkungen auf die transatlantischen Beziehungen und die globalen Märkte haben." Trump will mit den geplanten Strafzöllen die heimische Stahl- und Aluminiumbranche stärken. Auf die Einfuhr von Stahl soll ein Strafzoll von 25 Prozent, auf den Import von Aluminium von zehn Prozent erhoben werden. Trump hatte bereits seit Monaten damit gedroht, entsprechende Strafzölle einzuführen. Dementsprechend haben Experten in der EU nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa schon mögliche Gegenschritte geprüft: Dazu zählt demnach der juristische Weg mit einer Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO). Aber auch wirtschaftliche Konsquenzen könnten erfolgen, etwa US-Produkte ebenfalls mit zusätzlichen Zöllen zu belegen - beispielsweise Tomaten oder Bourbon-Whiskey. Industrie fordert schnelles Durchgreifen Rückenwind für eine starke Gegenreaktion erhält die EU aus der deutschen Industrie: Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) betonte, er werde die EU unterstützen, eine angemessene Antwort auf die US-Strafzölle zu finden. "Trump riskiert weltweite Handelskonflikte und eine Spirale des Protektionismus, die am Ende auch amerikanische Jobs kosten werden", sagte BDI-Präsident Dieter Kempf. Gleichzeitig rief er dazu auf, bei der Suche nach angemessenen Reaktionen einen "kühlen Kopf zu bewahren". Auch die Wirtschaftsvereinigung Stahl in Deutschland verurteilte die Entscheidung des US-Präsidenten und sieht darin einen Verstoß gegen die Regelungen der Welthandelsorganisation. Die EU müsse "konsequent mit den Instrumenten dagegen vorgehen, die die WTO hierfür bereitstellt". Ansonsten drohe letztendlich die EU "die Rechnung für den Protektionsimus der USA zu zahlen". Dow Jones sackt ab Auch an der Börse zeichneten sich die Konsequenzen dieser Ankündigung schnell ab: An der New Yorker Börse gab der Leitindex Dow Jones fast 500 Punkte nach. Besonders stark fielen die Kurse für Industrieunternehmen, die von höheren Stahl- und Aluminiumpreisen getroffen werden könnten. Auch vom US-Nachbarn und wichtigem Handelspartner Kanada kam Widerspruch: Handelsminister François-Philippe Champagne nannte die geplanten Einfuhrzölle "unakzeptabel", sollten sie auch die kanadische Stahlbranche treffen. | /ausland/usa-import-strafzoelle-101.html |
2018-03-01 | Was wissen wir über den #bundeshack? | FAQ | Hackern ist es gelungen, in das hochgesicherte Datennetzwerk des Bundes einzudringen. Was bislang bekannt ist, fasst Jens Eberl zusammen.
mehr | Hackern ist es gelungen, in das hochgesicherte Datennetzwerk des Bundes einzudringen. Was ist bislang bekannt? Von Jens Eberl, WDR Was ist passiert? Das IT-Netzwerk der Bundesregierung (IVBB) wurde gehackt. Und das offenbar schon vor langer Zeit: Der Angriff ist den Sicherheitsbehörden Mitte Dezember aufgefallen. Bis heute dauere die Cyberattake an, sagte der Chef des Parlamentarischen Kontrollgremiums. Am 28.02.2018 wurde öffentlich bekannt, dass Hacker es geschafft hätten, Daten abzugreifen. Nach bisherigem Stand ist das Auswärtige Amt von dem Hacker-Angriff betroffen. Ob es den Angreifern auch gelungen ist, in weitere Ministerien einzudringen, ist derzeit unklar. Für den Schutz der Regierungsnetze vor Hackern ist das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in Bonn zuständig. Sollte sich bestätigen, dass die Hacker möglicherweise schon monatelang in dem als sicher eingestuften IVBB-Netzwerk unentdeckt mitlesen konnten, dürfte der Schaden immens sein. Was ist der Informationsverbund Berlin-Bonn? Den Informationsverbund Berlin-Bonn, kurz IVBB, gibt es seit 1999. Der IVBB arbeitet als Netzwerk komplett getrennt vom öffentlichen Internet. Er soll vor allem den Datenverkehr zwischen der alten Hauptstadt Bonn und Berlin sichern. Am IVBB hängen Bundesrat, Kanzleramt und Bundesministerien, Bundesrechnungshof und Sicherheitsbehörden in Berlin und Bonn und in Teilen der Bundestag. Das Netz wird von der Telekom betrieben und läuft auf Spezialhardware, die ausschließlich für den IVBB konstruiert worden ist. Die Hardware sorgt dafür, dass nicht-dienstrelevante Angebote schon bei Verdacht auf Gefährdung der IT geblockt werden. Die IT der einzelnen Ministerien und des Kanzleramtes selbst ist laut BSI noch einmal extra gesichert, um besonders sensible Informationen zu schützen. Jedes Ministerium verfüge über eine eigene "IT-Sicherheitszone". Mitarbeiter, die auf Datenbestände zugreifen wollen, müssen sich demnach per Karte oder Stick authentifizieren. Der IVBB spielte eine wichtige Rolle, nachdem 2015 der Hackerangriff auf den Bundestag bekannt geworden war. Während Fachleute das Parlamentsnetz Parlakom von der Software der Angreifer säuberten und es dafür zeitweise abschalteten, sprang die Bundesregierung ein. Der Datenverkehr von Abgeordneten und ihren Mitarbeitern wurde über den IVBB umgeleitet. Was passiert gerade, um den Virus zu entfernen? Experten des BSI sind momentan damit beschäftigt, den Internetverkehr zu durchforsten, der von den betroffenen Netzwerken ausging. Eine entscheidende Frage ist, ob es den Angreifern gelungen ist, technische Hintertüren in Netzwerken zu platzieren. Nur wenn diese entfernt werden, ist es möglich, die Hacker permanent aus den Netzen zu werfen. Ansonsten können sie über diese Hintertüren das Netzwerk erneut betreten. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums sei es mittlerweile gelungen, die Hacker "innerhalb der Bundesverwaltung" zu isolieren. Der Angriff sei deshalb nun unter Kontrolle. Die Hacker sind also weiterhin in den Netzen, können sich aber nicht mehr frei und unbeobachtet bewegen. Aufgabe der IT-Experten ist es nun, hinterlassene Trojaner und Viren zu entfernen. Wer steckt dahinter? Ganz klar ist das nicht. Zunächst wurde die als "APT28" bekannte Hackergruppe als Drahtzieher vermutet. Sie wird von westlichen Geheimdiensten mit dem russischen Staat in Verbindung gebracht und hat bereits Netzwerke innerhalb der NATO, von US-Rüstungsfirmen wie Boeing und Lockheed Martin sowie Regierungsnetzwerke in Osteuropa infiltriert. Auch die "New York Times" war von einem Angriff betroffen. Außerdem wird die Gruppe für den Spionageangriff auf das Netzwerk des Deutschen Bundestages im Jahr 2015 verantwortlich gemacht. Doch nun rückt aber eine andere Gruppe in den Fokus: Laut RBB soll eine unter dem Name "Snake" bekannte russische Hackergruppe hinter dem Angriff auf das Datennetzwerk des Bundes stehen. Das hätten Ermittlungen ergeben. Sie ist schon seit dem Jahr 2005 aktiv. Nach einer Analyse des Antivirus-Spezialisten Kaspersky handelt es sich um eine der komplexesten laufenden Cyberspionage-Kampagnen. Bei ihren Angriffen versuchen die Hacker ihre Opfer durch sogenannte Watering-Hole-Attacken zu infizieren. Dazu spähen die Spione zunächst Webseiten aus, die von den Opfern potenziell von Interesse sind. Mit gefälschten E-Mails werden dann die Opfer auf einen manipulierten Webserver umgeleitet, der dem Original zum Verwechseln ähnlich sieht. Auf diesem Weg werden dann beim Opfer die Rechner infiziert. | /inland/faq-bundeshack-101.html |
2018-03-01 | Das Problem war der Vorsatz | BGH hebt Raser-Urteil auf | Bei einem illegalen Autorennen in Berlin starb 2016 ein Unbeteiligter. Zwei Raser wurden deshalb wegen Mordes verurteilt. Den BGH überzeugt das nicht. Kolja Schwartz und Claudia Kornmeier erklären, warum.
mehr | Bei einem illegalen Autorennen in Berlin starb 2016 ein Unbeteiligter. Zwei Raser wurden deshalb wegen Mordes verurteilt. Den BGH überzeugt das nicht. Was wird den Angeklagten im Berliner "Raserfall" vorgeworfen? Sie sollen sich spontan zu einem Wettrennen verabredet haben. In der Nacht vom 31. Januar auf den 1. Februar 2016 mitten in Berlin. Einige rote Ampeln sollen die damals 24 und 26 Jahre alten Fahrer bei ihrer Tour überfahren haben - mit bis zu 170 Kilometern pro Stunde. An der letzten Ampel rammte einer der Fahrer mit seinem Wagen einen Rentner, der mit seinem kleinen Jeep bei Grün die Kreuzung überfahren hatte. Der Geländewagen wurde über 70 Meter weit über die Straße geschleudert. Der 69-jährige Fahrer starb noch am Unfallort. Eine Beifahrerin der Raser wurde verletzt. Wie hat das Landgericht Berlin die Angeklagten verurteilt? Das Urteil war spektakulär. Das Landgericht Berlin verurteilte beide Raser wegen Mordes in Mittäterschaft, gefährlicher Körperverletzung und einer vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs. Neben den lebenslangen Freiheitsstrafen bekamen beide eine lebenslange Sperrfrist für eine Neuerteilung des Führerscheins. Bei einer bloßen Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung - wofür die Verteidigung plädiert hatte - hätte die Höchststrafe bei fünf Jahren gelegen. Was hat der BGH jetzt dazu gesagt? Die höchsten Strafrichter haben das Urteil aufgehoben und an eine andere Strafkammer des Landgerichts Berlin zurückverwiesen. Das Problem war der Vorsatz. Nahmen die Angeklagten den Tod des Rentners zumindest billigend in Kauf? Aus Sicht des BGH hat das Landgericht hier einen Fehler gemacht. Im Urteil hieß es, die Angeklagten hätten die Möglichkeit, dass ihr Rennen für einen anderen tödlich ausgehen könnte, spätestens erkannt und billigend in Kauf genommen, als sie in die Unfallkreuzung einfuhren. Genau für diesen Zeitpunkt hat das Landgericht allerdings auch festgestellt, dass die Angeklagten keine Chance mehr hatten, den Unfall zu verhindern. Das aber würde heißen: Die Raser hatten erst Tötungsvorsatz, als das Geschehen schon nicht mehr in ihren Händen lag. Das aber ist zu spät. Raser sind also keine Mörder? So einfach ist die Rechtslage nicht, sagte die Vorsitzende Richterin bei der Urteilsverkündung. Nötig sei eine differenzierte Betrachtung im Einzelfall, und dabei könne möglicherweise auch eine Verurteilung wegen Mordes herauskommen. Wann nimmt man überhaupt den Tod eines anderen Menschen "billigend in Kauf"? Immer wieder hörte man bei der Begründung zum Berliner Urteil: "Wer mit 170 km/h durch eine Innenstadt fährt, dem muss doch klar sein, dass dabei jemand zu Tode kommen kann." Das stimmt sicher. Genau dieser Satz wäre aber allein nur die Begründung für eine fahrlässige Tötung und nicht für den Vorsatz. Die Abgrenzung zwischen fahrlässiger und vorsätzlicher Tötung kann man vereinfacht so erklären: Denkt ein Raser: "Wenn ein Mensch ums Leben kommt, ist mir das egal" dann nimmt er den Tod billigend in Kauf. Denkt er hingegen: "Ich bin ein guter Fahrer. Es wird schon gut gehen", dann mag das grobe Selbstüberschätzung sein, aber dann fehlt der Vorsatz, jemanden zu töten. Dann würde eine fahrlässige Tötung vorliegen. Müsste ein Raser mit Tötungsvorsatz nicht gleichzeitig seinen eigenen Tod in Kauf nehmen? Der BGH hält die Gefahr, die die Raser für sich selbst eingehen, für einen "vorsatzkritischen Umstand". Auch hier muss aber wieder jeder Einzelfall für sich geprüft werden. Das wurde deutlich bei einem weiteren Raserfall, den Karlsruhe am Donnerstag entschied: In dem Frankfurter Fall war ein Autofahrer mit 142 Kilometern pro Stunde über eine rote Ampel gerast. Er stieß dabei mit einem anderen Wagen zusammen, dessen Fahrer noch an der Unfallstelle starb. Das Landgericht verurteilte ihn wegen fahrlässiger Tötung. Der Raser war nämlich nicht angeschnallt. Daraus schlossen die Richter, Vorsatz könne nicht vorliegen, weil der Raser ansonsten zwangsläufig auch seinen eigenen Tod in Kauf hätte nehmen müssen. Eine solche generelle Regel gebe es aber nicht, so der BGH. Der Frankfurter Fall muss nun neu verhandelt werden, Ausgang offen. Welche Rolle spielte die Eigengefährdung der Raser im Berliner Fall? Auch im Berliner Fall führte der Gedanke zu Schwierigkeiten. Das Landgericht war davon ausgegangen, dass es den Rasern egal war, ob bei ihrer Fahrt jemand ums Leben kommen würde. Gleichzeitig sagten die Richter im Urteil aber, dass die Angeklagten sich selbst sicher fühlten in ihren Autos und nicht daran glaubten, dass ihnen oder der Freundin auf dem Beifahrersitz etwas passieren würde. Der BGH sah darin einen Widerspruch. Im Übrigen habe das Landgericht die Annahme, dass die Angeklagten sich in ihren Fahrzeugen absolut sicher fühlten, nicht belegt. Es gebe keinen Erfahrungssatz dahin gehend, dass sich Fahrer in ihren tonnenschweren, stark beschleunigenden und mit umfassender Sicherheitstechnik ausgestatteten Fahrzeugen regelmäßig sicher fühlten wie in einem Panzer oder in einer Burg. Wurden nicht inzwischen die Strafen für Raser verschärft? Ja, wurden sie. Seit 2017 können "verbotene Kraftfahrzeugrennen" mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden, auch wenn nichts passiert. Stirbt jemand, stehen bis zu zehn Jahre Haft im Raum. Also doppelt so viel wie bisher bei "fahrlässiger Tötung". Für zurückliegende Raser-Fälle, also auch für die Angeklagten in dem Berliner Fall, gilt das neue Gesetz nicht. Einer Verurteilung wegen Mordes steht das neue Gesetz nicht entgegen. | /inland/illegale-autorennen-berlin-105.html |
2018-03-01 | Arbeitslosigkeit sinkt auf Tiefstand | EU-weiter Rückgang | Die Zahl der Arbeitslosen in der EU ist so niedrig wie seit neun Jahren nicht. Doch es gibt große Unterschiede zwischen den Mitgliedsländern. Für junge Erwachsene hat sich die Lage nicht verbessert.
mehr | Die Zahl der Arbeitslosen in der EU ist so niedrig wie seit neun Jahren nicht. Doch es gibt große Unterschiede zwischen den Mitgliedsländern. Für junge Erwachsene hat sich die Lage nicht verbessert. In der Europäischen Union ist die Zahl der Arbeitslosen auf den niedrigsten Stand seit neun Jahren gesunken. EU-weit lag sie bei 7,3 Prozent, in der Eurozone immerhin bei 8,6 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat mitteilte. Alle 28 Mitgliedsstaaten verzeichneten im Januar einen Rückgang der Arbeitslosenzahlen im Vergleich zum Vorjahr. Doch zwischen den Ländern tun sich große Unterschiede auf: Während in Griechenland 20,9 Prozent und in Spanien 16,3 Prozent ohne Arbeit waren, traf die Erwerbslosigkeit in Deutschland nur 3,6 Prozent der Einwohner. Die niedrigste Arbeitslosenquote verzeichnet Tschechien. Dort lag sie bei 2,4 Prozent. Überdurchschnittlich hoch ist noch immer die Jugendarbeitslosigkeit, obwohl sie im Vergleich mit 2017 leicht sank. Im Januar waren EU-weit 3,64 Millionen Menschen unter 25 arbeitslos - das entspricht einer Quote von 16,1 Prozent. Auf die Eurozone gerechnet, waren 17,7 Prozent der jungen Leute ohne Arbeitsplatz - insgesamt 2,54 Millionen Menschen. Im Unterschied zur Arbeitslosenquote der Bundesagentur für Arbeit orientiert sich die EU-weite Erhebung an den Vorgaben der International Labour Organization (ILO). Diese weichen wesentlich von der in Deutschland angewendeten Systematik ab. | /wirtschaft/arbeitslosigkeit-eu-101.html |
2018-03-01 | Einigung auf Brexit-Übergangsphase | Britischer EU-Austritt | Die Europäische Union und Großbritannien haben sich beim Brexit auf eine Übergangsphase geeinigt. In dieser Zeit soll sich das Land an alle EU-Regeln halten - dafür bleibt es Teil der Zollunion.
mehr | Die Europäische Union und Großbritannien haben sich beim Brexit auf eine Übergangsphase geeinigt. In dieser Zeit soll sich das Land an alle EU-Regeln halten - dafür bleibt es Teil der Zollunion. Die EU und Großbritannien haben einen weiteren Durchbruch bei den Brexit-Verhandlungen erzielt: Sie einigten sich auf eine 21-monatige Übergangsfrist nach dem britischen EU-Austritt im März 2019. Das teilte der EU-Unterhändler Michel Barnier mit. Der britische Brexit-Minister David Davis sprach von "einem weiteren wichtigen Schritt". Diese Übergangszeit bis Ende 2020 ist besonders Unternehmern und Bürgern wichtig, um die Folgen des Brexits abzufedern. Weiter Zugang zum EU-Binnenmarkt In dieser Zeit soll sich Großbritannien weiter an alle EU-Regeln halten und auch finanzielle Beiträge wie bisher nach Brüssel überweisen. Dafür behält das Land den Zugang zum EU-Binnenmarkt und bleibt Teil der Zollunion. Großbritannien wollte ursprünglich eine Phase von "etwa zwei Jahren", ließ sich aber auf den kürzeren Zeitraum ein. In der Frist soll auch geklärt werden, wie die langfristige Partnerschaft beider Seiten aussehen soll. Bis Oktober soll Abkommen stehen Allerdings tritt die Übergangsperiode nur im Rahmen eines umfassenden Austrittsabkommens in Kraft. "Nichts ist vereinbart, bis nicht alles vereinbart ist", sagte Barnier. Man sei sich über große Teile einig, aber es sei noch Arbeit zu tun. Bis Oktober soll das Abkommen unter Dach und Fach sein. Dass man sich einig wurde, werteten beide Seiten als wichtigen Schritt hin zu einem geordneten Austritt. "Das ist in meinen Augen eine entscheidende Etappe", sagte Barnier. "Aber eine Etappe ist eben eine Etappe. Wir sind noch nicht am Ende des Weges." Der EU-Gipfel soll am Freitag Zwischenbilanz ziehen. Großbritannien will Ende März 2019 die EU, den gemeinsamen Binnenmarkt und die Zollunion nach mehr als 40 Jahren Mitgliedschaft verlassen. Knackpunkt Irland-Nordirland-Grenze Knackpunkt bleibt die Vermeidung einer festen Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland. Die EU rang Großbritannien die Bestätigung ab, dass notfalls im Norden der Insel weiter wichtige EU-Regeln gelten sollen - "falls und solange keine andere Lösung gefunden wird", wie Barnier sagte. Für Großbritannien ist das ein heikler Punkt. Bliebe Nordirland faktisch Teil der Zollunion und des Binnenmarktes, entstünde eine Grenze zum Rest des Vereinigten Königreichs - für die britische Regierung inakzeptabel. Sie setzt auf "besondere Lösungen", die aber noch nicht bekannt sind. Teil der heutigen Vereinbarung ist, in den nächsten Wochen intensiv über eine Lösung zu verhandeln. | /ausland/brexit-605.html |
2018-03-01 | Wer ist Sergej Skripal? | Vergifteter Ex-Spion | Sergej Skripal war russischer Geheimdienstoffizier, spionierte aber für den britischen Geheimdienst. Dafür wurde er in Moskau verurteilt, kam aber frei und ging nach England.
mehr | Sergej Skripal war russischer Geheimdienstoffizier, spionierte aber für den britischen Geheimdienst. Dafür wurde er in Moskau verurteilt, kam aber frei und ging nach England. Dort wurde er nun offenbar vergiftet. Der 66-jährige Sergej Skripal ist ehemaliger Offizier des russischen Militärgeheimdienstes. Während seiner aktiven Zeit in Russland hatte der britische Geheimdienst ihn angeworben. Skripals Aufgabe war es, Informationen über die Identitäten verdeckter russischer Geheimagenten in diversen europäischen Ländern weiterzugeben. Laut russischen Medien soll er zudem kompromittierendes Material über russische Agenten gesammelt haben, um diese erpressbar zu machen. Als Gegenleistung für seine Arbeit überwies der britische Geheimdienst MI6 ihm insgesamt mehr als 100.000 Dollar (81.000 Euro) auf ein Konto in Spanien. Wegen Landesverrats verurteilt 2004 wurde Skripal in Russland wegen Landesverrats festgenommen - darauf stehen bis zu 20 Jahre Haft. Weil er aber mit den Behörden kooperierte, wurde er von einem Militärtribunal lediglich zu 13 Jahren verurteilt. 2010 kam er im Rahmen eines internationalen Gefangenenaustauschs vorzeitig frei und fand danach Asyl in Großbritannien. Im Gegenzug kam unter anderem die in den USA inhaftierte Anna Chapman frei - sie soll für Russland spioniert haben. Gemeinsam mit Skripal wurde damals der Agent Igor Sutjagin begnadigt, der ebenfalls nach Großbritannien ausreiste. Befragt zu dem aktuellen Vorfall erklärte er: "Falls es eine Vergeltungsmaßnahme gegen Skripal war, ist unklar, warum sie erfolgte", sagte Sutjagin zu Radio Swoboda. Skripal habe schließlich gestanden, sei begnadigt worden und habe einen Teil seiner Strafe abgesessen. "Ich sehe keinen Grund für Rache gegen ihn", erklärte Sutjagin - auch wenn es in Russland durchaus "spezielle Dienste" gebe, die "Verräter liquidieren". Außer seiner Tochter Julia hat Skripal keine Angehörigen mehr in Großbritannien. Seine Ehefrau starb an Krebs, der Sohn 2017 an plötzlichem Leberversagen auf einer Russland-Reise. Erinnerungen an Litwinenko Der Fall Skripal erinnert an den des russischen Ex-Agenten Alexander Litwinenko, der 2006 in London an einer Vergiftung mit radioaktivem Polonium starb. Die Substanz war ihm britischen Untersuchungen zufolge bei einem Treffen in einem Hotel in den Tee gemischt worden. Ein britischer Richter stellte 2016 fest, dass Litwinenkos Tod ein von russischen Geheimdiensten ausgeführter Mordanschlag war - wahrscheinlich mit der Zustimmung von Präsident Wladimir Putin. | /ausland/grossbritannien-spion-109.html |
2018-03-01 | EU droht mit Zöllen auf Erdnussbutter und Whiskey | Reaktion auf US-Maßnahme | Erdnussbutter, Orangensaft und Whiskey - diese US-Produkte könnten künftig mit Strafzöllen belegt werden. Das sagte EU-Handelskommissarin Malmström. Ratspräsident Tusk warnte vor einem Handelskrieg.
mehr | Erdnussbutter, Orangensaft und Whiskey - diese US-Produkte könnten künftig mit Strafzöllen belegt werden. Das sagte EU-Handelskommissarin Malmström. Ratspräsident Tusk warnte vor einem Handelskrieg. Wegen der drohenden US-Strafzölle auf Stahl und Aluminium bereitet die EU Gegenmaßnahmen vor. Mögliche US-Produkte, auf welche die Europäer ihrerseits Strafzölle erheben könnten, umfassten unter anderem Erdnussbutter, Orangensaft und Whiskey, sagte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström in Brüssel. Entscheidungen seien aber noch nicht gefallen. Eine "Bedrohung für die nationale Sicherheit"? Malmström zweifelte zugleich die Rechtmäßigkeit der von US-Präsident Donald Trump angekündigten Strafzölle an. Die Kommission glaube nicht, "dass das im Einklang mit Regeln der Welthandelsorganisation ist". Als mögliche Begründung für die Maßnahme hatte Trump die nationale Sicherheit der USA genannt. Ist diese bedroht, gibt ihm ein alter Handelsparagraf die Möglichkeit, weitgehend selbst über die Maßnahmen zu entscheiden. Diese Begründung sei ebenfalls sehr zweifelhaft, betonte Malmström: "Wir können nicht sehen, wie die EU eine Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA sein kann." Die EU-Kommission sei zwar entschlossen, eine Eskalation des Streits zu verhindern, erklärte Malmström. Sollte Trump jedoch seine Ankündigung wahr machen, müsse man reagieren. Zum einen sei dann eine Beschwerde bei der WTO vorgesehen. Außerdem würden kurzfristige Schutzmaßnahmen im Stahlsektor nötig. Und schließlich werde dann sehr bald eine definitive Liste mit US-Produkten veröffentlicht, deren Import erschwert werden könne. Ziel dabei sei es, den durch die US-Maßnahmen erlittenen Schaden "auszugleichen". Tusk: Handelskriege sind "schlecht und leicht zu verlieren" Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk warnte vor den negativen Folgen eines Handelskriegs. Diese seien "schlecht und leicht zu verlieren", sagte Tusk in Anspielung auf ein Trump-Zitat, wonach Handelskriege "gut und einfach zu gewinnen" seien. Tusk will den EU-Staats- und Regierungschefs vorschlagen, "eine außerordentliche Handelsdebatte" bei ihrem Gipfel im März auf die Tagesordnung zu setzen. | /wirtschaft/eu-reax-strafzoelle-101.html |
2018-03-01 | Ryan bittet Trump um Zoll-Verzicht | Angst vor Handelskrieg | Die Sorge um geplante Strafzölle auf Stahlimporte in die USA wächst. Nun warnt auch der führende Republikaner Ryan vor einem Handelskrieg. Er bittet Präsident Trump darum einzulenken, findet aber kein Gehör.
mehr | Die Sorge um geplante Strafzölle auf Stahlimporte in die USA wächst. Nun warnt auch der führende Republikaner Ryan vor einem Handelskrieg. Er bittet Präsident Trump darum einzulenken, findet aber kein Gehör. In der Debatte um Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte meldet sich ein weiterer Republikaner zu Wort: Der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Paul Ryan, hat Präsident Donald Trump um ein Einlenken gebeten. "Wir sind sehr besorgt über die Auswirkungen eines Handelskrieges und bitten das Weiße Haus, diese Pläne nicht weiterzuverfolgen", ließ Ryan durch seine Sprecherin mitteilen. Allerdings ist Trump auf die Zustimmung des US-Parlaments nicht angewiesen, sondern kann Entscheidungen per Dekret wirksam machen. Trump: "Wir geben nicht nach" Trump hatte am Wochenende angekündigt, alle Stahlimporte mit einem 25-prozentigen Strafzoll zu belegen. Für die Einfuhr von Aluminium soll ein Zoll von zehn Prozent gelten. Trump zufolge soll diese Maßnahme die US-Schwerindustrie stärken. Volkswirte und Analysten warnen, dass durch Gegenmaßnahmen anderer Staaten ein Handelskrieg ausbrechen könnte. Auch viele republikanische Politiker und US-amerikanische Unternehmer befürchten, dass Strafzölle die US-Wirtschaft letztlich schädigen, weil sie zu Preissteigerungen und in der Folge sinkender Kaufkraft der US-Bürger führen könnten. Sowohl die EU als auch China und Kanada hatten Trump bereits mit eigenen Zöllen gedroht, sollte er seine Ankündigung umsetzen. "Wir geben nicht nach", verkündete Trump jedoch nach einem Treffen mit Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu. Für Mexiko und Kanada knüpfte Trump die Einführung von Strafzöllen daran, ob sie in den Verhandlungen um das Freihandelsabkommen NAFTA einen für die USA vorteilhaften Deal abschlössen. Die größte Bedrohung für die US-Schwerindustrie sieht Trump in China. EU will einen Handelskrieg vermeiden Der mexikanische Wirtschaftsminister Ildefonso Guajardo twitterte, Strafzölle seien "der falsche Weg, Anreize für die Bildung einer modernen NAFTA zu schaffen". Auch die Bundesregierung nannte Abschottung und Protektionismus einen "Irrweg". EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger rief zu angemessenen, aber wirksamen Gegenmaßnahmen auf: "Einen Handelskrieg zu vermeiden, wäre unser Ziel. Wenn der transatlantische Handelskonflikt eskaliert, sind die Gewinner die Asiaten." Am Mittwoch will die EU-Kommission über ihre Reaktion auf mögliche Strafzölle entscheiden. | /ausland/usa-strafzoll-101.html |
2018-03-01 | EuGH stärkt Rechte von Passagieren | Verspätete Flüge | Verspätete Flüge sind ärgerlich - vor allem, wenn man dadurch Anschlussflüge verpasst. Laut EuGH können deutsche Urlauber auch in Deutschland klagen - selbst, wenn ein Flug im EU-Ausland verspätet war.
mehr | Verspätete Flüge sind ärgerlich - vor allem, wenn man dadurch Anschlussflüge verpasst. Laut EuGH können deutsche Urlauber auch in Deutschland klagen - selbst, wenn ein Flug im EU-Ausland verspätet war. Der Europäische Gerichtshof hat die Rechte von Reisenden auf Umsteigeflügen gestärkt. Wer mit verschiedenen Fluggesellschaften unterwegs ist, kann bei Verspätungen selbst entscheiden, ob er am Abflugs- oder Ankunftsort auf Entschädigung klagt. Für deutsche Kunden bedeutet das: Sie können eine Ausgleichszahlung auch vor einem deutschen Gericht geltend machen, wenn ihr Flug aus einem anderen EU-Land verspätet war. Das gilt auch dann, wenn Teilstrecken dieser Reise von ausländischen Partnern der gebuchten Fluggesellschaft abgewickelt wurden. Die verschiedenen Flüge für eine Reise müssen dafür einheitlich gebucht worden sein, betonen die EU-Richter in Luxemburg. Außerdem muss die Fluggesellschaft, die die Verspätung verursacht hat, ihren Sitz in der EU haben. Mit 13 Stunden Verspätung am Ziel Im konkreten Fall hatten Passagiere bei Air Berlin beziehungsweise Iberia Umsteigeflüge von Spanien nach Deutschland gebucht. Die jeweils erste Teilstrecke wurde nicht von diesen Fluggesellschaften selbst, sondern von deren spanischem Partner Air Nostrum abgewickelt. Weil dieser erste Flug verspätet war, verpassten die Gäste ihre Anschlüsse und kamen mit 13 Stunden Verspätung in Deutschland an. Sie wollten von Air Nostrum eine Ausgleichszahlung und klagten in Deutschland. Die Richter in Düsseldorf und am Bundesgerichtshof hatten Zweifel, ob deutsche Gerichte zuständig sind für Klagen gegen eine Fluggesellschaft, die ihren Sitz in einem anderen EU-Land hat. Der EuGH entschied nun: Die Teilstrecken wurden bei einem Anbieter gebucht. Dieser ist damit auch für die gesamte Strecke verantwortlich. Viele Fluggesellschaften blocken erstmal ab Felix Methmann, Experte für Fluggastrechte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen, sieht in dem Urteil eine Erleichterung für Fluggäste. "Dem Verbraucher ist es jetzt sehr viel einfacher möglich, seine Fluggastrechte geltend zu machen und durchzusetzen", sagt er. "Es ist ja doch leider so, dass die meisten Airlines erst einmal abblocken." Der Verbraucher müsse dann häufig einen Rechtsanwalt einschalten oder sogar vor Gericht gehen. "Und das muss er nun eben nicht in Spanien, Italien, Griechenland oder sonstwo tun, sondern er kann es jetzt in Deutschland machen." Aktenzeichen C-274/16, C-447/16 und C-448/16 | /wirtschaft/eugh-urteile-fluggastrechte-103.html |
2018-03-01 | "So blöd müssen wir auch sein" | EU reagiert auf US-Zölle | Die EU-Kommission findet die angekündigten US-Strafzölle "blöd". Sie will nun mit "Revanche-Blödheit" antworten - und schickt eine Mahnung an die USA. Von Samuel Jackisch. | Die EU-Kommission findet die angekündigten US-Strafzölle "blöd". Sie will nun mit "Revanche-Blödheit" antworten - und schickt eine Mahnung an die USA. Es kommt selbst in Brüssel selten vor, dass jemand öffentlich ankündigt, etwas Blödes zu tun - und dafür auch noch Applaus bekommt. "So blöd können wir auch. So blöd müssen wir auch sein", sagte EU-Kommissionpräsident Jean-Claude Juncker jüngst in Hamburg. "Revanche-Blödheit" der EU? Die Blödheit, die er meint, sind Strafzölle: Stahl und Aluminium aus Europa könnte die US-Regierung schon bald mit Sondereinfuhrsteuern versehen. Ein Problem für die europäische Exportwirtschaft, das die EU-Kommission nun mit Revanche-Blödheit angehen will. "Entschieden und angemessen" sei die europäische Strategie, die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström heute in Brüssel vorstellte. Sie besteht aus drei Schritten. "Zunächst will die EU gemeinsam mit anderen Ländern Beschwerde einlegen bei der Welthandelsorganisation WTO". Außerdem ziehe die EU ihrerseits Schutzzölle in Betracht, sollte als Folge der US-Zölle vermehrt Stahl aus aller Welt auf den europäischen Markt gelangen und die Preise rapide senken. Drittens diskutieren die Kommissare Gegenzölle auf importierte US-Produkte, so Malmström. Jeans und Whiskey, Motorräder und Motorboote stehen auf der Liste, ebenso Erdnussbutter, Kidneybohnen, Orangensaft und Tabak bis hin zum Lippenstift. Außerdem verarbeitete Metalle wie Rohre oder Ventilatoren. Es geht zunächst um Symbolik Eine bunte Mischung mit zwei Konstanten: Zum einen handelt es sich um Produkte, die auch europäische Hersteller anbieten - dem Verbraucher soll eine Alternative bleiben. Betroffen sind außerdem hauptsächlich Unternehmen, deren Sitz in republikanisch regierten US-Bundesstaaten liegt. Deren Senatoren sollen ihren Präsidenten unter Druck setzen, die Zölle zurückzunehmen - so das Kalkül. Knapp drei Milliarden Euro umfasst das Handelsvolumen der gelisteten Produkte. Die vergleichsweise niedrige Summe zeigt, dass es vor allem um Symbolik geht - möglichst ohne die Wirtschaft zu beunruhigen. Der Internationale Währungsfonds, Außenhandelsverbände und zuletzt die mächtige Autoindustrie hatten in den vergangenen Tagen vor einem Handelskrieg gewarnt. "Das Gegenteil ist wahr" Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk - heute eigentlich in Sachen Brexit unterwegs - schickte eine Mahnung über den Atlantik. Auf die Parole des US-Präsidenten, Handelskriege seien gut und einfach zu gewinnen, entgegnet Tusk, dass vielmehr das Gegenteil wahr sei: "Handelskriege sind schlecht und leicht zu verlieren". Das Wort vom Krieg vermeidet die für Handel zuständige EU-Kommissarin Malmström lieber komplett. Sie spricht höflich vom transatlantischen Disput: "Wir bleiben hoffnungsvoll, einen größeren Handelsstreit vermeiden zu können" - wenigstens so lange, wie es in Washington und Brüssel bei der gegenseitigen Androhung von Blödheit bleibt. Alles doch nur halb so wild? Beobachter halten es für durchaus möglich, dass Trumps Furor schon bald - nach den anstehenden Wahlen in einigen US-Bundesstaaten - wieder nachlassen könnte. Sein Handelsminister Wilbur Ross ließ sich jedenfalls kurz nach Malmströms Auftritt in Brüssel mit den Worten zitieren, die USA strebten keinen Handelskrieg an. Ein solcher Konflikt, wie er zuletzt 2002 unter Trumps Vor-Vorgänger Bush ausgebrochen war, hätte nach den Worten der EU-Kommissarin ohnehin keinen Gewinner. Mit Informationen von Holger Romann, ARD-Studio Brüssel | /wirtschaft/eu-usa-zoelle-101.html |
2018-03-01 | Wenn Uhren plötzlich anders ticken | Europäisches Stromnetz | Ganze sechs Minuten sollen Backofenuhren oder Radiowecker nachgehen. Und zwar, weil gut zwei Flugstunden von hier im Stromnetz etwas schief läuft. Die Gründe dafür sind auch politisch. Von M. Heussen. | Ganze sechs Minuten sollen Backofenuhren oder Radiowecker nachgehen. Und zwar, weil gut zwei Flugstunden von hier im Stromnetz etwas schief läuft. Die Gründe dafür sind auch politisch. Weil es irgendwo zwischen Serbien und dem Kosovo im Stromnetz knirscht, kommen Kinder bei uns zu spät zur Schule - jedenfalls, wenn sie sich an der Backofenuhr in der Küche orientieren. Das klingt absurd, überrascht einen Techniker wie Jürgen Ripperger vom Verband für Elektrotechnik und Elektronik aber nicht wirklich. Viele elektronische Uhren nutzen die Netzfrequenz für die Zeitmessung. Wenn es also Schwankungen im europäischen Stromnetz gibt, gehen die Uhren nicht mehr genau. "Das kommt immer wieder mal vor, wird aber zeitnah ausgeglichen, meist bevor es die Verbraucher merken", erklärt Ripperger. "Auch dieses Mal erfolgte eine kontrollierte Anpassung der Regelleistung, obwohl diese zusätzliche Stromentnahme in der kalten Jahreszeit größere Probleme aufwirft." Eigentlich greifen diese Mechanismen fast automatisch und trotzdem kann es zu kleinen Verzögerungen kommen. Die reichen aus, um die Uhren durcheinander zu bringen. In den letzten Tagen ist es vielen zum ersten Mal aufgefallen, doch das Problem besteht seit Mitte Januar: Der Radiowecker oder die Herduhr zeigen eine andere Zeit als die Armband- oder die Handyuhr. Bis zu sechs Minuten Unterschied - das kann ärgerlich sein, wenn man pünktlich Bus oder Bahn erreichen möchte. Auch ein politisches Problem Dass das kein vereinzeltes Problem ist, sondern europaweit auftritt, hat der Verbund der europäischen Stromnetzbetreiber "Entso-E" in Brüssel bestätigt. Politische Auseinandersetzungen zwischen Serbien und dem Kosovo hätten dazu geführt, dass dort nicht die sonst übliche Strommenge eingespeist wurde. 113 Gigawattstunden Strom fehlen. "Entso-E" ruft jetzt nicht nur nach einer technischen, sondern vor allem nach einer politischen Lösung. "Wir fordern die europäischen und nationalen Regierungen und politischen Entscheidungsträger auf, rasch zu handeln", erklärte der Verbund. 25 Länder haben auf dem europäischen Kontinent ihre Stromnetze miteinander verbunden. Jedes verpflichtet sich, eine bestimmte Menge einzuspeisen. "Wenn man sich daran hält, dann ist alles stabil", sagt Ripperger. Stabil heißt, dass die Nennfrequenz europaweit auf 50 Hertz gehalten werden muss. Kleinere Abweichungen treten immer wieder auf, toleriert werden sie bis zu einer Größe von einem Prozent (also im Bereich von 49,5 Hz bis 50,5 Hz). Die kritische Marke sind 47,5 Hertz. Würde sie unterschritten, müssten alle Kraftwerke automatisch abgeschaltet werden - dann würden in Europa die Lichter ausgehen. Noch Wochen bis zum Normalbetrieb Im Regelfall werden Schwankungen aber sehr schnell ausgeglichen. "Im Sommer hätten wir das zum Beispiel auch durch Sonnenenergie mit abgefedert", so Ripperger. Im Winter, wenn außerdem auch noch die Verbrauchsmengen viel größer sind, müssen andere Kraftwerksreserven aktiviert werden. Deswegen sind die Spannungsabsacker in ganz Europa spürbar. Noch in dieser Woche sollen wieder Strommengen in normaler Höhe eingespeist werden. Wann die fehlenden 113 Gigawattstunden nachgeliefert werden, kann "Entso-E" noch nicht sagen. Es könne ein paar Wochen dauern, bis das System wieder normal laufe. Und möglicherweise müssen die Uhren dann wieder neu gestellt werden - dann aber nicht vor, sondern zurück. Denn eine leicht erhöhte Frequenz lässt sie schneller laufen. | /ausland/stromnetz-schwankungen-101.html |
2018-03-01 | Trump verhängt Einfuhrzölle | Stahl und Aluminium | Die USA verhängen weltweite Einfuhrzölle auf Stahl in Höhe von 25 Prozent und auf Aluminium in Höhe von zehn Prozent. Nur Mexiko und Kanada werden zunächst ausgenommen, gab US-Präsident Trump bekannt.
mehr | Die USA verhängen weltweite Einfuhrzölle auf Stahl in Höhe von 25 Prozent und auf Aluminium in Höhe von zehn Prozent. Nur Mexiko und Kanada werden zunächst ausgenommen, gab US-Präsident Trump bekannt. US-Präsident Donald Trump hat die angekündigten Strafzölle auf Stahl in Höhe von 25 Prozent und zehn Prozent auf Aluminium beschlossen. Sie sollten die "nationale Sicherheit" der Vereinigten Staaten verteidigen und die US-Arbeiterschaft in der Branche schützen, sagte Trump bei einer Zeremonie im Weißen Haus. "Wir wollen unsere Schiffe, unsere Flugzeuge unsere Rüstung mit Stahl und Aluminium aus unserem Land bauen", sagte Trump. Mit dem Schritt löse er ein Wahlversprechen ein. Anwesend waren auch Arbeiter aus beiden Branchen. Diese seien "das Rückgrat Amerikas", sagte Trump. Der Stahlarbeiter Dusty Stevens aus Kentucky dankte Trump: "Im Moment sind wir nur zu 40 Prozent ausgelastet. Mein Vater hat dort 40 Jahre lang gearbeitet. Mit den Importzöllen, können wir unser Werk wieder voll auslasten, 100 Millionen US-Dollar investieren und mehr als 300 Jobs schaffen", sagt Stevens. Ausnahmen für Kanada und Mexiko Bereits in 15 Tagen sollen die Zölle in Kraft treten. Kanada und Mexiko, mit denen die USA derzeit über eine Neufassung ihres gemeinsamen Freihandelsabkommens verhandeln, werden bis auf Weiteres von den Zöllen ausgenommen. Kanadas Außenministerin Chrystia Freeland begrüßte die Ausnahmen für Mexiko und ihr eigenes Land. "Wir werden uns für eine permanente Ausnahme einsetzten", sagte sie. Beide Länder stehen zusammen für mehr als ein Viertel der US-Stahlimporte. Die Gespräche seien von den neuen Zöllen unabhängig und die Herangehensweise Kanadas habe sich nicht verändert, sagte Freeland. Mit den Strafzöllen setzt sich Trump über die Drohungen der EU und Chinas mit Gegenmaßnahmen sowie die vielfachen Warnungen vor einem Handelskrieg hinweg. Aus dem Weißen Haus hieß es jedoch, dass die US-Regierung dazu bereit sei, "Land für Land" über mögliche künftige Ausnahmeregelungen bei den Zöllen zu verhandeln. So hatte Trump angedeutet, Ausnahmen für "echte Freunde" zuzulassen. "Wir müssen unsere Stahl- und Aluminiumindustrie stärken und gleichzeitig große Flexibilität und Zusammenarbeit mit denen zeigen, die unseren echten Freunde sind und fair mit uns sowohl im Handel als auch militärisch umgehen", teilte Trump via Twitter mit. Kritik an Deutschland Die EU und speziell Deutschland zählte Trump aber nicht zu den fairen Partnern der USA. Trump hob Deutschland als Beispiel für solche Länder hervor, von denen die USA über die Jahre hinweg beim Handel und in der Verteidigung "enorm ausgebeutet" worden seien. Dabei verwies der US-Präsident auf die seiner Ansicht nach zu niedrigen deutschen Verteidigungsausgaben. Die deutschen Proteste gegen die Strafzölle scheinen insofern wenig Aussicht auf Erfolg zu haben. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries hatte in einem Brief an US-Handelsminister Wilbur Ros gewarnts, Deutschland habe "gravierende Bedenken" gegen das "einseitige Vorgehen der USA". Die EU-Kommission hatte ihrerseits unterstrichen, dass es bei den US-Zöllen auf Stahl und Aluminium keine Ausnahmen für einzelne EU-Mitgliedstaaten geben könne. Sollte ein Mitgliedsland - etwa Großbritannien - ausgenommen werden, "gilt das für die gesamte EU", sagte EU-Kommissionsvize Jyrki Katainen in Brüssel. Die EU hatte sich bereits am Mittwoch bereit erklärt, den US-Strafzöllen mit Gegenzöllen auf US-Produkte zu begegnen - besonders auf Whiskey. Eine Entscheidung darüber sei aber noch nicht gefallen, sagte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström. Auch in den USA versuchten Politiker und Wirtschaftsvertreter Trump zum Umdenken zu bewegen. In einem Schreiben forderten mehr als 100 republikanische Abgeordnete, auf ein pauschales Verhängen der Abgaben zu verzichten und nur gezielt gegen Billig-Importe vorzugehen. Am Dienstag hatte Trumps Chef-Wirtschaftsberater Gary Cohn seinen Rücktritt erklärt. Regierungskreisen zufolge nahm der als Verfechter des Freihandels geltende Cohn auch wegen der Zölle seinen Hut. Mit Informationen von Torsten Teichmann, ARD-Studio Washington | /wirtschaft/trump-zoelle-beschluss-101.html |
2018-03-01 | Wer will was im Handelsstreit? | Konflikt zwischen USA und EU | Ein Handelskrieg zwischen den USA und der EU droht. Doch wer hat eigentlich welche "Waffen"? Welchen Plan verfolgt Trump und wie wird die EU reagieren? Ein Überblick.
mehr | Ein Handelskrieg zwischen den USA und der EU droht. Doch wer hat eigentlich welche "Waffen"? Welchen Plan verfolgt Trump und wie wird die EU reagieren? Ein Überblick. Was hat Trump vor? Mit schnellen und heftigen Reaktionen auf seine Ankündigung, Zölle zu erheben, dürfte US-Präsident Donald Trump gerechnet haben. Von seinem Plan scheint sich Trump zumindest nicht abbringen zu lassen. Die Ankündigung von vergangener Woche deutet darauf hin, dass er die erste von drei Optionen ziehen will, die das Handelsministerium vorbereitet hatte: 25 Prozent Zoll auf weltweit alle Stahlimporte, zehn Prozent auf alle Aluminiumimporte. Details will der Präsident in den nächsten Tagen nennen. "Wir machen Zölle", bekräftigte er nochmals. Die EU müsste ihrerseits Handelsschranken abbauen, wolle sie Zugeständnisse erreichen. When a country (USA) is losing many billions of dollars on trade with virtually every country it does business with, trade wars are good, and easy to win. Example, when we are down $100 billion with a certain country and they get cute, don’t trade anymore-we win big. It’s easy! Dass er keine Angst vor einem Handelskrieg hat, machte Trump zuletzt mit markigen Worten deutlich. "Wenn ein Land (USA) viele Milliarden Dollar im Handel mit praktisch jedem Land verliert, mit dem es Geschäfte macht, dann sind Handelskriege gut - und einfach zu gewinnen", schrieb er auf Twitter. Kann der US-Präsident das allein entscheiden? Fast. Trump beruft sich bei seiner Zollpolitik auf die nationale Sicherheit. Wenn er nachweisen kann, dass diese berührt ist, hat er große Befugnisse - beruhend auf Paragraf 232 des "Trade Expansion Acts" aus dem Jahr 1962. Die EU-Kommission hält diese Begründung für absurd. "Wir können nicht sehen, wie die EU [..] eine Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA sein kann", sagte Handelskommissarin Cecilia Malmström. Eine Entscheidung zum Stahl muss Trump demnach bis zum 11. April fällen, zum Aluminium bis zum 19. April. Der US-Präsident hatte zuvor das Handelsministerium eingebunden - dieses hatte die Frage, ob die Nationale Sicherheit durch die Stahl- und Aluminiumimporte berührt ist, nach einem monatelangen Prüfprozess mit "Ja" beantwortet. Gesetzgeberische Bemühungen, dem Kongress bei Zöllen ein größeres Mitspracherecht zu geben und damit die Macht des Präsidenten zu beschneiden, laufen. War Trumps Ankündigung von Zöllen wohlüberlegt oder eher spontan? Wohl beides. Vieles spricht dafür, dass Minister Wilbur Ross eine besser zurechtgestutzte, zielgenauere Version favorisierte, die zwölf Länder, darunter China und Russland treffen sollte, aber mit Ausnahme der Türkei keine NATO-Partner. Die EU-Länder wären dann von Zöllen verschont worden. Ross betonte zuletzt die Entscheidung für Zölle sei "wohl durchdacht" getroffen worden - einen Handelskrieg strebe man nicht an. US-Kommentatoren sind sich einig, dass bei Trump vor allem hinsichtlich des Zeitpunkts des überraschenden Vorstoßes auch Innenpolitik eine große Rolle spielte. Der Präsident steht wegen Personalquerelen im Weißen Haus sowie der Russland-Affäre unter großem Druck. Und Gary Cohn, Trumps Top-Wirtschaftsberater und erklärter Anhänger des Freihandels, nahm seinen Hut. Welche Gegenmaßnahmen könnte die EU einleiten? Die EU könnte kurzfristig ebenfalls Handelsbarrieren für US-Produkte errichten - entweder ebenfalls in Form von höheren Zöllen oder durch Einfuhrquoten. Brüssel geht derzeit von Einbußen von rund 2,8 Milliarden Euro für die heimische Industrie durch die angekündigten Zusatzzölle auf Stahl und Aluminium aus. Gegenmaßnahmen sollen dann ebenfalls in dieser Größenordnung erfolgen. EU-Experten arbeiten seit Monaten an einer Liste mit US-Produkten, die als Reaktion auf Abschottungsmaßnahmen im Fokus stehen könnten. Darauf dürften vor allem Industrie- und Agrarprodukte stehen. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatte zuletzt angekündigt, dass etwa Bourbon-Whiskey und Harley-Davidson-Motorräder dazu zählen könnten. Handelskommissarin Cecilia Malmström sprach nun zudem von Erdnussbutter, Orangensaft und Cranberrys. Für die EU dürfte es darum gehen, die US-Wirtschaft möglichst empfindlich zu treffen, allzu gravierende Auswirkungen für Verbraucher und Unternehmen hierzulande aber zu vermeiden. Zudem könnten so gezielt Bundesstaaten von politischen Unterstützern Trumps getroffen werden. Die EU will im Fall der Fälle auch Beschwerde bei der WTO einlegen. So ging sie auch 2002 vor, als US-Präsident George W. Bush Schutzzölle auf Stahlprodukte einführte. Die USA kosteten die wirtschaftlichen Folgen des damaligen Handelskonfliktes Studien zufolge rund 200.000 Arbeitsplätze. Nachdem die USA ihre Strafzölle zurückgenommen hatten, normalisierte sich der Handel wieder und die Regelung der Angelegenheit wurde allgemein als Erfolg der WTO gewertet. Wenn die Richter - wie damals - gegen die USA entscheiden, dürfte die EU offiziell Vergeltungsmaßnahmen einleiten. Bevor sie klagt, will sich die EU laut Handelskommissarin Malmström mit anderen von den US-Maßnahmen betroffenen Staaten absprechen. Das Problem: Ein Verfahren kann Jahre dauern. Trump hat zudem bereits gedroht, die WTO zu verlassen und blockiert die Ernennung neuer Richter für das Streitschlichtungsgremium der Organisation. Wie sehen die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA derzeit aus? Die USA sind für die Europäische Union der mit Abstand wichtigste Handelspartner. Nach Angaben der EU-Kommission beläuft sich der Handel zwischen den beiden Seiten auf rund ein Drittel des gesamten Welthandels. 2016 betrugen EU-Warenexporte in die USA rund 362 Milliarden Euro. Die Güterimporte aus den USA hatten einen Wert von etwa 246,8 Milliarden Euro. Hinzu kommen erhebliche Dienstleistungsexporte sowie direkte Investitionen von Firmen. Die EU-Exporte von Stahl und Aluminium belaufen sich dagegen "nur" auf gut sechs Milliarden Euro pro Jahr. Die geltenden Zölle zwischen beiden Handelspartnern sind bereits vergleichsweise niedrig. Auf EU-Seite liegen sie im Schnitt bei etwa drei Prozent des Warenwerts, auf US-Seite bei knapp zweieinhalb Prozent. In einigen Sektoren gibt es allerdings erhebliche Abweichungen. Die EU verlangt etwa zehn Prozent bei Autoeinfuhren, in den USA sind es lediglich 2,5. Im Gegenzug sind die Zölle für Trucks und Pick-ups in den USA deutlich höher. Europa sichert zudem etwa seine Landwirtschaft überdurchschnittlich, in den USA werden hingegen etwa bei Schuhwaren bis zu 48 Prozent Aufschlag fällig. In Brüssel wird darauf verwiesen, dass Europa insgesamt weniger Zoll-Spitzenwerte als die USA aufzuweisen habe. Zudem gebe es neben Zöllen noch andere Handelshemmnisse - demnach lassen sich die USA bei Zulassungen einzelner Produkte teilweise jahrelang Zeit. Welche deutschen Branchen wären vor allem betroffen? Die Auswirkungen von Strafzöllen auf Stahl für die deutsche Stahlbranche wären aus Expertensicht nicht massiv. So sieht sich der Branchenprimus Thyssenkrupp von US-Strafzöllen direkt nur wenig betroffen. Der Konzern habe nur ein geringes Engagement in den USA. Branchenverbände aber warnten, Unternehmen, die bisher Stahl in die USA exportiert haben, würden sich Alternativen suchen - vor allem Europa. Folge könnte eine "Stahlschwemme" von Herstellern aus Nicht-EU-Ländern sein. Viel stärker treffen könnte es die deutsche Autoindustrie - wenn Trump seine Drohung wahr macht, nach möglichen Gegenmaßnahmen der EU Importzölle auf Autos zu verhängen. "Wir beobachten die aktuelle Entwicklung mit großer Sorge", sagte der Präsident des Branchenverbandes VDA, Bernhard Mattes. Zwar produzieren BMW, Daimler und VW zunehmend auch in den USA und beschäftigen dort insgesamt rund 37.000 Menschen. Die deutsche Autoindustrie aber exportiert daneben in großen Stückzahlen in die USA, im vergangenen Jahr waren es fast 500.000 Autos. Nach Berechnungen der Commerzbank haben die USA 2017 aus Deutschland Autos im Wert von 20 Milliarden Dollar importiert. Rückgänge hier könnten Folgen haben auch für die Beschäftigung in Deutschland. | /wirtschaft/handeslstreit-usa-eu-faq-101.html |
2018-03-01 | Dialog und doppelter Druck | Polens Regierungschef in Brüssel | Bei Morawieckis Besuch in Brüssel geht es vor allem um die umstrittenen polnischen Justizreformen. Polen und die EU setzen jetzt auf Dialog - damit ein Druckmittel nicht zur Anwendung kommt. Von K. Küstner. | Bei Morawieckis Besuch in Brüssel geht es vor allem um die umstrittenen polnischen Justizreformen. Polen und die EU setzen jetzt auf Dialog - damit ein Druckmittel nicht zur Anwendung kommt. Die gute Nachricht ist: Sie reden miteinander. Gut zwei Jahre lang kam der Versuch der EU-Kommission, im Streit mit Warschau einen Dialog zu führen, eher einem Selbstgespräch gleich. Doch seitdem Ende vergangenen Jahres Mateusz Morawiecki das Amt des Regierungschefs übernahm, hat sich das geändert. "Wir haben jetzt eine andere Situation, weil wir nun tatsächlich einen Dialog mit Polen führen", erklärte EU-Kommissionsvize Frans Timmermans vergangene Woche. "Aber natürlich macht ein Dialog nur Sinn, wenn er Ergebnisse hervorbringt." Damit benannte er das Problem: Warschau ist im Ton nun zwar verbindlich, aber in der Sache weiter hart. Den umstrittenen Umbau des Justizsystems jedenfalls treibt die polnische Regierung unerbittlich voran. Daran hat sich trotz des Drucks, den nicht nur Brüssel, sondern insbesondere auch Berlin ausübt, nichts geändert. "Demokratie in Gefahr" "Politische Rabatte bei der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie werden nicht gewährt", betonte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth, vor wenigen Tagen in Brüssel. Im Namen der Bundesregierung und der französischen Regierung verlas er beim Treffen der Europaminister eine Erklärung, die klarstellte, für wie problematisch Berlin und Paris die Lage in Warschau mittlerweile halten. Aus Teilnehmerkreisen hieß es, dass sich bei dem Treffen letztlich nur der ungarische Vertreter eindeutig auf die Seite Polens schlug. Und auch Timmermans stellte "durch die Bank starke Unterstützung für die Position der EU-Kommission" fest. Erstmalig überhaupt in der Geschichte der EU hatte Brüssel kurz vor Weihnachten ein Sanktionsverfahren gegen die polnische Regierung eingeleitet, weil es in dem Land die Demokratie in Gefahr sieht. Doch eben wegen des ungarischen Widerstands und weil empfindliche Strafen einstimmig beschlossen werden müssten, könnte sich dieses Werkzeug letztlich als stumpf erweisen. Druck auch durch Bundesregierung Daher nutzt insbesondere die Bundesregierung ein Druckmittel, das sich am Ende als deutlich schmerzhafter erweisen könnte: Berlin drängt hinter den Kulissen in Brüssel darauf, die Verteilung von EU-Hilfsgeldern für wirtschaftlich schwache Regionen künftig an die Wahrung demokratischer Spielregeln zu knüpfen. Das ist eine deutliche Warnung an Warschau, das auf die Milliardenhilfen dringend angewiesen ist. Bis Anfang Mai muss sich die EU-Kommission entscheiden, wie sie vorgeht, denn dann will sie ja ihren neuen Haushalts-Entwurf präsentieren. "Ich wünsche keine neue Spaltung in Europa, davon hatten wir genug", gibt EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker zu bedenken. Er weiß sehr wohl um die explosive Wirkung, die das Knüpfen von Hilfsgeldern an das Einhalten demokratischer Spielregeln oder auch an die Aufnahme von Flüchtlingen hätte. Zudem weiß er, in welch zerbrechlichem Zustand sich die EU nach diversen durchlebten Krisen und zahlreichen Wahlerfolgen von Rechtspopulisten derzeit befindet. Eine einheitliche Linie zur Koppelung des Haushalts an Fragen des Rechtsstaats muss die Kommission erst noch finden. Doch die Vorbereitungen auf einen entsprechenden Gesetzentwurf laufen offenbar. Am liebsten wäre es aber nicht nur der Brüsseler Behörde, der Streit ließe sich im Dialog mit Warschau entschärfen. Doch bislang gibt es keine Anzeichen, dass die polnische Regierung in der Sache nachzugeben bereit ist - trotz des doppelten Drucks, den die EU zu entfalten versucht. | /ausland/polen-besuch-bruessel-101.html |
2018-03-01 | Die Slowakei zweifelt an sich | Nach Journalistenmord | Nach den Morden an dem Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnirova fordert die Opposition Regierungschef Fico zum Rücktritt auf. Auch der Präsident fordert Antworten. Von Peter Lange. | Abgeordnete des EU-Parlaments reisen in die Slowakei. Sie wollen den Hintergründen des Mordes an dem Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnirova nachgehen. Sie reisen in ein aufgewühltes Land, die EU-Abgeordneten, die sich in den nächsten Tagen in der Slowakei ein Bild machen wollen - vom Stand der Ermittlungen im Mordfall Kuciak und Kusnirova, von mafiösen Strukturen und ihren Drähten in hohe Regierungsstellen, von organisierter Kriminalität und Korruption und von den Arbeitsbedingungen der Medien. Die Slowakei steht mit einem Mal im Blickpunkt - und die Regierung mit dem Rücken an der Wand. "Wir möchten mitteilen, dass wir beschlossen haben, im Nationalrat einen Antrag für ein Misstrauensvotum gegen Ministerpräsident Fico einzubringen", sagt Igor Matovic, Vorsitzender der Oppositionspartei Olano. "Die bis jetzt veröffentlichten Informationen würden in einem demokratischen Land im Herzen der EU längst für einen Rücktritt der Verantwortlichen ausreichen. Und wenn nicht, würde der Premier Konsequenzen ziehen." Fico wehrt sich Für verantwortlich hält Matovic den Innenminister Robert Kalinak, der weiter im Amt ist. Und Robert Fico, der Premier, liefert sich eine neue Fehde mit Staatspräsident Andrej Kiska, seit der eine Umbildung der Regierung oder alternativ Neuwahlen gefordert hat. "Der Staatschef macht mit seiner Initiative bei dem Spiel der Opposition mit, dessen Ergebnis nicht die Stabilität dieses Staates und seiner Institutionen sein soll, sondern im Gegenteil: Chaos und Neuwahlen", so Fico. Der Ministerpräsident sieht sich weiter als unverzichtbaren Garanten für politische Stabilität in der Slowakei. Und er versucht, den Fokus wieder von der politischen Ebene wegzuholen. "Ich nehme die Realität war und bin bereit zu diskutieren. Auf der anderen Seite habe ich das Gefühl, dass auch Euch Journalisten überhaupt nicht mehr die Frage quält, warum diese jungen Menschen ermordet worden sind. Alle fragt ihr nach Neuwahlen und macht große Politik", so Fico. Allerdings: Seitdem sieben festgenommene italienische Geschäftsleute wieder auf freien Fuß gesetzt wurden, ist von der Polizei gar nichts mehr zu erfahren. Der Präsident will Vertrauen schaffen Am Nachmittag reagierte Präsident Andrej Kiska und erhöhte noch einmal den Druck auf Regierungschef Robert Fico: "Die Bürger haben ernste Fragen und erwarten Antworten: Wie ist es möglich, dass unsere Behörden die Warnung der italienischen Behörden über Mafia-Verbindungen in die Ostslowakei nicht beachtet? Warum hat die Regierung die Warnung unseres eigenen Geheimdienstes ignoriert", so das Staatsoberhaupt. Der slowakische Präsident will nun mit den Parteien darüber beraten, wie verloren gegangenes Vertrauen wieder gewonnen werden kann. Das Vertrauen der Slowaken in die politischen Institutionen, aber auch in das eigene Selbstbild als einer demokratischen und rechtsstaatlichen Werten verpflichteten Gesellschaft. Denn diese Selbstbild ist durch den Mord an Jan Kuciak und Martina Kusnirova schwer beschädigt worden. "Wir hatten aber alle angenommen, dass wir längst Teil einer ganz anderen Gemeinschaft sind, sagt Igor Matovic. Deshalb ist der Schock um so größer, besonders für die Studenten und Journalisten, die die Proteste organisieren", so Oppositionspolitiker Matovic. Denn der Druck auf die Regierung kommt nicht mehr nur vom Präsidenten und von der Opposition im Parlament. Für morgen sind neue Kundgebungen angekündigt, und man darf wohl davon ausgehen, dass dann auch auf der Straße der Rücktritt der Regierung gefordert wird. | /ausland/slowakei-mord-eu-delegation-101.html |
2018-03-01 | Das Anti-Rosinenpick-Papier | Brexit-Leitlinien der EU | Die EU hat Großbritannien davor gewarnt, sich beim Brexit Rosinen herauszupicken. Laut Leitlinien-Entwurf der EU ist eine enge Partnerschaft in einem Bereich allerdings wünschenswert. Von Kai Küstner. | Die EU hat Großbritannien davor gewarnt, sich beim Brexit Rosinen herauszupicken. Laut Leitlinien-Entwurf der EU ist eine enge Partnerschaft in einem Bereich allerdings wünschenswert. Es ist ein in Brüssel oft geäußerter Vorwurf, dass die britischen Brexit-Befürworter in einer Art Traumwelt leben würden - unfähig, harte Wahrheiten hinzunehmen. So deutlich formulierte EU-Ratspräsident Donald Tusk das zwar nicht, als er nun den Leitlinien-Entwurf für die künftigen Beziehungen zum Königreich vorstellte, aber er dürfte durchaus so manchen Brexit-Traum zum Zerplatzen gebracht haben, als er mit Bezug auf die zukünftige Partnerschaft sagte, dass das einzige mögliche Modell ein Freihandelsabkommen sei. Damit widersprach Tusk eindeutig der britischen Premierministerin Theresa May, die erst am vergangenen Freitag in einer Rede abermals den Wunsch nach einem "maßgeschneiderten Deal" geäußert hatte. Konkret stellt sich London vor, dass einige Wirtschaftszweige weiter Zugang zum gigantischen EU-Binnenmarkt haben sollen, während man bei anderen Branchen einen harten Schnitt macht. Eine Wunschvorstellung, der Tusk eine klare Absage erteilte. "Ein Ansatz nach dem Selbstbaukasten-Prinzip für einen Nicht-Mitgliedsstaat ist völlig ausgeschlossen", erklärte er. Allein Handelspakt denkbar Ebenso eindeutig ist das Leitlinien-Papier selbst: "Rosinenpicken" könne es nicht geben, heißt es da auf Seite drei, andernfalls untergrabe das die Integrität und das Funktionieren des Binnenmarkts. Aus Tusks Sicht hat es sich die britische Regierung durch das Ziehen roter Linien selbst zuzuschreiben, dass die Möglichkeiten für eine tiefe künftige Beziehung begrenzt sind. Denn Premierministerin May habe ja klargestellt, dass die Briten weder Teil des Binnenmarkts noch der Zollunion bleiben wollen, wodurch eben nur die Handelspakt-Option bleibe. Dies werde das erste Freihandelsabkommen der Geschichte, das wirtschaftliche Beziehungen löst, anstatt sie zu stärken, erklärte Tusk weiter. "Unsere Übereinkunft wird den Handel zwischen der EU und dem Königreich nicht reibungsloser und sanfter gestalten, sondern komplizierter und teurer." Enge Partnerschaft bei Terrorismus-Bekämpfung Der luxemburgische Regierungschef Xavier Bettel, in dessen Beisein Tusk das Leitlinien-Papier vorstellte, pflichtete bei. Gewinner werde es beim Brexit nicht geben. Weder auf der einen, noch auf der anderen Seite. Genau wie viele seiner Amtskollegen in der EU wünscht sich auch Bettel eine klarere Ansage aus London, wie es sich die künftige Partnerschaft nun eigentlich vorstelle. Da man darauf noch wartet, ist das Papier, das beim Gipfel Ende März noch von allen 27 offiziell abgesegnet werden soll, auch einigermaßen vage gehalten. Eins allerdings wünscht man sich durchaus bei allen derzeitigen Streitthemen: Eine enge Partnerschaft zum Beispiel bei der Terrorismus-Bekämpfung. Und noch ein anderes Thema sprach Ratspräsident Tusk an. Er sei entschlossen, eine besonders absurde Brexit-Folge zu vermeiden: Die Störung des Flugverkehrs zwischen Großbritannien und der EU. Man wolle, erklärte Tusk, schließlich keine Mauer zwischen der EU und dem Königreich errichten. | /ausland/eu-brexit-leitlinien-entwurf-101.html |
2018-03-01 | Mit abgehobenen Preisen in den Urlaub | Teure Flüge in Ferienzeiten | Die Pleiten von Air Berlin und Niki dürften Reisende viel Geld kosten. Durch den Wegfall von Kapazitäten und Konkurrenz könnten die Preise laut Experten in den Ferienzeiten deutlich ansteigen. Von Jens Eberl. | Die Pleiten von Air Berlin und Niki dürften Reisende viel Geld kosten. Durch den Wegfall von Kapazitäten und Konkurrenz könnten die Preise laut Experten in den Ferienzeiten deutlich ansteigen. Von Jens Eberl, WDR 800.000 Sitzplätze weniger auf einen Schlag - die Pleiten der Fluglinien Air Berlin und Niki sorgten im vergangenen Jahr für erhebliche Engpässe auf dem Flugmarkt. Nach und nach wurden diese Kapazitäten durch andere Airlines übernommen. Aber nach wie vor ist spürbar, dass wichtige Konkurrenten weggefallen sind. Das Flugvergleichsportal Skyscanner hatte die Preise bereits vor Weihnachten mit dem Vorjahr verglichen und drastische Steigerungen festgestellt: Flüge nach Venedig waren 25 Prozent teurer. Nach Teneriffa oder Istanbul waren es 29 Prozent mehr. Wer nach Mallorca wollte, musste sogar 40 Prozent mehr bezahlen. Im Sommer soll sich das nicht ändern. Da sind die Preise zwar generell immer höher als sonst, aber besonders diesen Sommer erwarten Experten einen überproportionalen Anstieg der Flugpreise. Viele Reisende - höhere Ausgaben Viele Familien merken das dieses Jahr bei ihrer Urlaubsplanung - etwa Familie Peck aus Essen. Am liebsten würde die vierköpfige Familie irgendwo individuell hinfliegen und ein Ferienhaus mieten. Da der ältere Sohn Oscar mittlerweile zur Schule geht, können sie nur in den Sommerferien in Urlaub fliegen. Genau in dieser Zeit sind die Flüge besonders teuer. "Jeden Tag ist der Preis gestiegen", beobachtete Mutter Nina Peck. "Wir schauen nach Flügen nach Mallorca, und momentan sind wir schon bei knapp 1400 Euro." Circa 400 Euro kostet das Ticket für einen Erwachsenen. Ein happiger Preis für die Baleareninsel. Nina und Tobias Peck überlegen nun, ob sie schnell buchen oder lieber noch warten sollen. Experte rät: Früh buchen! Ein Problem, mit dem auch die Reisebüros zu kämpfen haben. Denn für Individualreisende noch günstige Flüge in Ferienzeiten zu finden, wird immer schwerer. Ralf Hieke ist Präsidiumsmitglied des Deutschen Reisebüroverbands. Seine Empfehlung in diesem Jahr lautet: früh buchen. "Je kurzfristiger man bucht, desto höher werden die Preise auch sein. Wenn es dann auf die Ferien als klassische Hauptreisezeit zugeht, werden die Preise sicher nicht sinken." Die Lufthansa, unter deren Dach auch Eurowings fliegt, hat versucht, verloren gegangene Kapazitäten durch den Einsatz von mehr Flugzeugen auszugleichen. Die Airline räumt aber ein, dass dies nur teilweise gelungen ist. "Wir merken schon, dass die Flugzeuge deutlich schneller voll werden", sagt Sprecher Helmut Tolksdorf. Und das lasse natürlich auch die Preise steigen, vor allem in den stark nachgefragten Ferienzeiten. "Die Preise setzen sich aus mehreren Faktoren zusammen: Auslastung, Wochentag, wie viele Tage liegen zwischen Hin- und Rückflug und der Prognose, wie viele Fluggäste wohl an diesem Tag unterwegs sein werden." Am ersten Ferientag ist also ein Flug grundsätzlich teurer als mitten in den Ferien oder außerhalb der Urlaubszeit. Lufthansa beteuert aber, nach der Air-Berlin-Pleite die Preise nicht grundsätzlich erhöht zu haben. "Die Preissteigerungen kommen allein durch die höhere Auslastung und die geringeren Kapazitäten zustande", so Tolksdorf. Neue Konkurrenz könnte Preise fallen lassen Stephan Bingemer von der International School of Management versucht, die Reisenden etwas zu beruhigen: "Die Preise können auch wieder nach unten gehen. Vieles hängt jetzt davon ab, wie sich die Konkurrenten in der Luft verhalten. Wenn sie sich gegenseitig beschnuppern und die Preise stabil halten, wird sich das Preisniveau nicht nach unten entwickeln. Aber wenn aggressive Spieler, etwa Easyjet, die Preise nach unten holen, kann es sein, dass ein gegenseitiger Effekt auftaucht und die Preise tatsächlich purzeln." Die Experten sind sich aber uneinig, ob es schon in diesem Sommer einen verstärkten Konkurrenzkampf am Himmel geben wird. Auch die Rückkehr von Niki wird zunächst zurückhaltend eingeschätzt. In Kürze will die Airline mit elf Flugzeugen unter dem Namen "Laudamotion" wieder an den Start gehen. Hieke ist überzeugt, dass die höheren Kapazitäten an der einen oder anderen Stelle für Entlastung sorgen werden, "allerdings sehe ich in der Hauptsaison - sprich in Ferienzeiten - in der Zukunft keine großen Preissprünge nach unten." | /wirtschaft/flugpreise-steigerung-101.html |
2018-03-01 | "Wir müssen offen für Kritik sein" | ARD-Vorsitzender zu "No Billag" | Die ARD werde sich auch nach dem Rundfunkgebühren-Referendum in der Schweiz nicht zurücklehnen, macht der der ARD-Vorsitzende Wilhelm deutlich. Dialog sei wichtig, sagte er bei tagesschau24. Der Rundfunk gehöre der ganzen Gesellschaft.
mehr | Die ARD werde sich auch nach dem Rundfunkgebühren-Referendum in der Schweiz nicht zurücklehnen, macht der der ARD-Vorsitzende Wilhelm deutlich. Dialog sei wichtig, sagte er bei tagesschau24. Der Rundfunk gehöre der ganzen Gesellschaft. tagesschau24: Eine große Mehrheit der Schweizer ist gegen die Abschaffung der Rundfunkgebühren. Wie erleichtert waren Sie, als Sie die Hochrechnungen gehört haben? Ulrich Wilhelm, ARD-Vorsitzender: Wir sind mit den Schweizer Kollegen über 3Sat und über eine Fülle von gemeinsamen Initiativen verbunden. Insofern haben wir die Diskussion und auch den heutigen Tag intensiv verfolgt. Wir begrüßen das Ergebnis, weil es bei allen Besonderheiten, die der Schweizer Rundfunkmarkt hat, etwa das Senden in vier Sprachen, doch auch Erfahrungen gibt, die auf uns übertragbar sind. tagesschau24: Lässt sich die Stimmung in der Schweiz auch eins zu eins wohl auf Deutschland übertragen? Wilhelm: Eins zu eins sicher nicht. Aber es gab eine umfassende Darstellung der Argumente beider Seiten. Dass sich in allen Kantonen eine so große Mehrheit im Lichte dieser Argumente für eine solidarische Finanzierung und gegen die Alternative von reinen Bezahlmodellen nach punktueller Nutzung ausgesprochen hat, ist doch ein Punkt, der glaube ich übertragbar auf uns ist. Denn auch hier argumentieren Gegner der öffentlich-rechtlichen Finanzierung damit, dass man auch für ARD und ZDF ähnlich wie bei Netflix oder iTunes oder Amazon Prime immer nur für das bezahlen sollte, was man ganz konkret nutzt. Auf diese Argumentation hin gab es ja eine ganze Fülle von Darstellungen und Informationen in der Schweiz wozu das führen würde. Auch für Minderheiten senden tagesschau24: Was sagen Sie jenen in Deutschland, die nur zahlen möchten, wenn sie ein Angebot nutzen? Wilhelm: Es ist genau so, wie Sie es ansprechen. Letztlich geht es darum, ob man weiterhin hochwertige Angebote in dieser Fülle ohne die solidarische Finanzierung über einen Beitrag oder eine Gebühr haben würde. Und da zeigt sich - auch nach Überzeugung einer großen Mehrheit der Bevölkerung - dass das nicht geht. Das umfassende Netz von Auslandskorrespondenten, eine Vertretung in allen Ländern in allen wichtigen Regionen der Welt, wäre nicht möglich. Eine nur punktuelle Bezahlung, wenn in einem bestimmten Teil der Erde etwas Besonderes passiert, reicht nicht. Oder nehmen Sie die Fülle der regionalen Berichterstattung, sowohl im Hörfunk als auch im Fernsehen, also die vielen Büros, die wir in allen Landesteilen haben und dort Themen erfassen. Nicht nur im Bereich der Politik, sondern auch Bildung Wissenschaft und Kultur. Dazu Themen des regionalen Sports. Nehmen Sie die Dritten Programme. Was an großartiger Qualität bei den großen Abodiensten angeboten wird, sind in der Regel fiktionale Produkte, die für die ganze Welt hergestellt werden, die man also durch Bezahler in vielen Ländern refinanzieren kann. Wir bieten immer wieder auch für kleinere Publika, für Minderheiten und besondere Aspekte wie etwa Kinderprogramme oder die Übertragung von Gottesdiensten. Glaubensthemen, Wirtschaftsmagazine - all das gibt es in einer Welt nur privater Finanzierung im Rundfunk nicht. Das ist neben der Unabhängigkeit, die ein ganz großer Wert an sich ist, ein ganz entscheidender Vorteil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Mit dem Publikum reden tagesschau24: Bedeutet das Ergebnis in der Schweiz für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hier in Deutschland, dass wir uns bequem zurücklehnen können? Wilhelm: Das kann sich heute keine Institution mehr leisten. Heute wird immer mehr gefordert, dass sich alle erklären, dass alle darlegen, warum sie das, was sie machen, genauso machen. Und das gilt genauso für uns. Wir müssen in einen Dialog mit dem Publikum, mit der ganzen Gesellschaft treten. Wir müssen deutlich machen, warum wir bestimmte Angebote machen. Wir müssen aber auch offen für Kritik sein, für berechtigte Anliegen aus der Gesellschaft und auch immer wieder bereit sein, uns selbst zu überprüfen. Also ob die Angebotspalette schon umfassend genug ist oder ob von bestimmten Dingen vielleicht nicht zu viel vorhanden ist und wir auf andere Dinge besser reagieren sollten. Ich glaube, dass ist auch ein Punkt, den die Schweiz lehrt. Als der öffentlich-rechtliche Rundfunk begann, in einen Dialog mit dem Publikum zu gehen, drehten sich die Umfragen. Als der Rundfunk als ein mindestens sehr distanziertes Gebilde oder sogar als ein abgehobenes Gebilde erlebt wurde, da bauten sich Widerstände auf. Für uns ist wichtig, wenn wir überhaupt auf einem Sockel stehen, runter vom Sockel! In das Gespräch mit der Gesellschaft gehen und immer wieder offen für alles sein. Aber auf der anderen Seite können wir stolz sein auf den Wert, den wir verkörpern: nämlich ein unabhängiges Programm. Einen Rundfunk der der Gesellschaft gehört und der es sich auch leisten kann, dass er in regionaler Fülle und Unterschiedlichkeit alle Lebenswelten in Deutschland abbilden soll, und sich immer wieder bemüht, das zu tun. | /inland/nobillag-wilhelm-101.html |
2018-03-01 | "Emoji" zum schlechtesten Film gekürt | "Goldene Himbeere" | Schlechtester Film, schlechteste Regie und schlechtestes Drehbuch: Der Animationsfilm "Emoji" hat bei der "Goldenen Himbeere" kräftig abgesahnt. Aber auch "Fifty Shades of Grey" ging nicht leer aus.
mehr | Schlechtester Film, schlechteste Regie und schlechtestes Drehbuch: Der Animationsfilm "Emoji" hat bei der "Goldenen Himbeere" kräftig abgesahnt. Aber auch "Fifty Shades of Grey" ging nicht leer aus. Zum ersten Mal in der 38-jährigen Geschichte der "Goldenen Himbeere" ist ein Animationsfilm zum schlechtesten Film gekürt worden. "Emoji - Der Film" erhielt einen Tag vor der Oscar-Verleihung gleich vier der Spottpreise, teilten die Verleiher auf ihrer Webseite mit. Unter anderem bekam der Film auch den Zuschlag für die schlechteste Regie (Tony Leondis) und das schlechteste Drehbuch. Der Erotikfilm "Fifty Shades of Grey - Gefährliche Liebe" wurde zweifach bedacht: für Kim Basinger als Nebendarstellerin und als schlechteste Fortsetzung. Bei den Männern wurde Tom Cruise als Hauptdarsteller in "Die Mumie" genannt und Oscar-Preisträger Mel Gibson als Nebendarsteller in der Komödie "Daddy's Home 2 - Mehr Väter, mehr Probleme!" Der Schauspieler Tyler Perry erhielt die Auszeichnung als schlechteste Darstellerin für die Drag-Rolle in "Tyler Perry's Boo 2! A Madea Halloween". Der neunfach nominierte Actionfilm "Transformers: The Last Knight" kam ohne eine einzige Nennung glimpflich davon. "Wir werden euch nicht vermissen" In Anlehnung an die Oscars wurde ein Video mit einem "In Memoriam"-Segment gezeigt. Damit wird normalerweise an verstorbene Filmschaffende erinnert. Die Verleiher der Himbeeren zeigten Fotos von Harvey Weinstein, Woody Allen, Kevin Spacey und anderen Männern aus der Unterhaltungsbranche, denen sexuelle Übergriffe vorgeworfen werden. "Es tut uns leid, aber wir werden euch nicht vermissen", hieß es am Ende. Die "Razzies" wurden 1980 von dem Cineasten John Wilson als Gegenstück zur glanzvollen Oscar-Verleihung ins Leben gerufen. Nach Angaben der Gruppe hatten mehr als 1000 Mitglieder aus den USA und 26 weiteren Ländern abgestimmt. | /kultur/goldene-himbeere-101.html |
2018-03-01 | Wer darf was in Syrien? | Grenzen des Völkerrechts | In Syrien kämpfen schon lange nicht mehr nur Syrer gegen Syrer. Involviert sind allen voran Russland, die USA und die Türkei. Welche Grenzen setzt das Völkerrecht den Einsätzen? Von Claudia Kornmeier. | In Syrien kämpfen schon lange nicht mehr nur Syrer gegen Syrer. Involviert sind allen voran Russland, die USA und die Türkei. Welche Grenzen setzt das Völkerrecht den Einsätzen? Darf die syrische Armee gegen Aufständische vorgehen? Im März 2011 ging der syrische Machthaber Bashar al-Assad mit Gewalt gegen Proteste vor. Daraus entwickelte sich ein Bürgerkrieg. "In gewisser Weise darf ein Staat wehrhaft sein", sagt der Völkerrechtler Pierre Thielbörger zum Einsatz der syrischen Armee gegen Aufständische. "Dabei müssen aber natürlich die Menschenrechte eingehalten werden. Und wenn sich die Situation zu einem nicht-internationalen bewaffneten Konflikt entwickelt, gilt das humanitäre Völkerrecht." Das heißt: Etwa der Einsatz von Chemiewaffen oder Landminen ist verboten. Ebenso Angriffe auf Hilfstransporte oder Krankenhäuser. Darf Russland Damaskus militärisch unterstützen? "Eine Unterstützung von Regierungstruppen ist erlaubt", sagt Thielbörger, "da der Einsatz sozusagen auf Einladung des anderen Staates erfolgt." Derzeit werde auch nicht mehr in Frage gestellt, dass es tatsächlich die Assad-Regierung ist, die das Land vertritt. Auch der eingeladene Staat muss sich aber an die Grundregeln des humanitären Völkerrechts halten. "Und da gibt es große Zweifel", so die Einschätzung des Bochumer Juristen. Ist der von den USA angeführte Kampf gegen den IS legitimiert? Die internationale Anti-IS-Koalition, an der auch die Bundeswehr mit Aufklärungs- und Tankflugzeugen beteiligt ist, arbeitet mit den von Kurden dominierten Demokratischen Kräften Syriens (SDF) zusammen. Völkerrechtlich ist das problematisch. Denn: "Anders als die Regierung dürfen Rebellengruppen nicht unterstützt werden", sagt Thielbörger. "Finanzielle Unterstützung ist ein Verstoß gegen das Interventionsverbot. Eine militärische Beteiligung - etwa durch Waffenlieferungen oder Truppen - ist ein Verstoß gegen das Gewaltverbot." Die Koalition rechtfertigt ihren Einsatz mit dem Recht auf Selbstverteidigung gegen Anschläge des IS. Ob Artikel 51 der UN-Charta ein solches Recht auch mit Blick auf terroristische Angriffe erlaubt und nicht nur bei Angriffen eines anderen Staates, ist umstritten. Der Wortlaut der Vorschrift lässt diese Auslegung der Anti-IS-Koalition zu. "Als sich die Staaten 1945 auf die UN-Charta einigten, hatten sie sich aber natürlich den Angriff eines Staates vorgestellt", meint Thielbörger. "Das Missbrauchspotenzial dieser Selbstverteidigungs-Doktrin ist sehr groß." Wie ist der Einsatz der Türkei in Afrin zu bewerten? Seit dem 20. Januar führt die Regierung in Ankara im nordsyrischen Afrin eine Militäroffensive gegen die Kurdenmiliz YPG. Auch die Türkei rechtfertigt ihren Einsatz mit dem Recht auf Selbstverteidigung. Aus ihrer Sicht ist die YPG ein Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Die Kämpfe finden im Grenzgebiet zur Türkei statt. "Durch diese räumliche Nähe ist die Berufung auf das Recht auf Selbstverteidigung im Fall der Türken auf den ersten Blick glaubhafter als im Fall der Anti-IS-Koalition", sagt Thielbörger. "Aber durchaus auch kritisch zu bewerten." Was können die UN tun, um den Menschen zu helfen? Der UN-Menschenrechtsrat hat eine Untersuchungskommission eingerichtet, die über die Jahre hinweg systematische Verletzungen von Menschenrechten durch alle Konfliktparteien festgestellt hat - etwa Folter, Entführungen oder gezielte Attacken auf Krankenhäuser und Schulen. Diese Sammlung an Beweisen soll dazu dienen, zu einem späteren Zeitpunkt Verantwortliche zur Rechenschaft ziehen zu können. Zuletzt forderte der UN-Sicherheitsrat außerdem nach langen Verhandlungen eine Waffenruhe an 30 aufeinander folgenden Tagen in ganz Syrien. Obwohl auch Russland dieser Resolution zustimmte, gehen die Kämpfe unvermindert weiter. Dabei sind Beschlüsse des Sicherheitsrats bindend. Wie der Sicherheitsrat seine Forderung nach einer Waffenruhe durchsetzen will, dazu schweigt die Resolution zudem. "Das Völkerrecht hat schwache Durchsetzungsmechanismen. Viel bleibt ungesühnt", sagt Thielbörger. "Es ist deshalb an der Politik, Verstöße gegen das Völkerrecht zu ächten und Druck auszuüben." | /ausland/syrien-voelkerrecht-101.html |
2018-03-01 | "Wir machen keine schmutzigen Deals" | Cavusoglu zum Fall Yücel | Was wird aus Deniz Yücel? Seine Regierung könne im Hinblick auf den inhaftierten Journalisten gar keine Deals machen, erklärt der türkische Außenminister Cavusoglu im ARD-Interview. Eine Entscheidung sei Sache der Justiz.
mehr | Was wird aus Deniz Yücel? Seine Regierung könne im Hinblick auf den inhaftierten Journalisten gar keine Deals machen, erklärt der türkische Außenminister Cavusoglu im ARD-Interview. Eine Entscheidung sei Sache der Justiz tagesschau.de: Die Polizei in Deutschland geht inzwischen härter gegen Demonstranten vor, die Symbole der auch in Deutschland als Terrororganisation eingestuften PKK zeigen. Sehen sie das positiv? Mevlüt Cavusoglu: Ich sehe leichte Verbesserungen. Als PKK-Unterstützer zuletzt in einigen Städten demonstrieren wollten und Symbole der PKK-Terrororganisation verwendeten, was ja auch in Deutschland verboten ist, ging die deutsche Polizei dazwischen und versuchte das zu stoppen. Aber man hat sehen können, wie sie deutsche Sicherheitskräfte und die Polizei angriffen. Das ist eine Terrororganisation. Es ist ein gutes Zeichen, aber offen gesagt erwarten wir mehr. tagesschau.de: Die türkische Regierung hat Berlin immer wieder aufgefordert, auch gegen die Gülen-Bewegung vorzugehen, weil diese aus Sicht Ankaras hinter dem Putschversuch im Sommer 2016 steckt. Hat Berlin auf die Forderung reagiert? Cavusoglu: Bezüglich Fetö (Anm. d. Red.: Türkische Abkürzung für "Fethullahistische Terrororganisation" - so bezeichnet die türkische Regierung die Gülen-Bewegung) wurde eine Person in die Fahndungsliste aufgenommen. Ich hoffe, es gibt ein Ergebnis, aber unsere Erwartungen an Deutschland sind größer, was das Dasein von Fetö in Deutschland betrifft. Einige der Verschwörer sind geflohen, und da benötigen wir die Unterstützung und die Solidarität aus Deutschland. Also: Es gab ein paar positive Schritte, aber wir erwarten mehr. Und wir teilen Deutschland diese Erwartungen mit, auch Sigmar Gabriel, als ich ihn in Goslar getroffen habe. tagesschau.de: Was rechtfertigt Deniz Yücels lange Inhaftierung? Cavusoglu: Deniz Yücel war seit 2015 durch seine Zeitung als Journalist in der Türkei nicht akkreditiert und er hielt sich in der Türkei nicht als Journalist auf und er wurde nicht aufgrund von Journalismus festgenommen. Lassen sie uns bezüglich der Vorwürfe die Anklageschrift lesen, und wenn wir diese gelesen haben, sehen wir, welche Vorwürfe es gegen ihn gibt und welche Art Verbrechen er begangen hat. Am Ende wird ein regulärer Prozess, ein Gerichtsprozess, weitergehen und wir können lediglich die Justiz bitten, diesen Prozess zu beschleunigen. "Das Gericht wird sein Urteil fällen" tagesschau.de: Yücels Antrag auf Freilassung wird jetzt vom türkischen Verfassungsgericht behandelt. Welches Urteil erwarten sie? Cavusoglu: Das Gericht wird sein Urteil fällen. Es ist unabhängig. Seit wir die individuelle Verfassungsbeschwerde eingeführt haben, spielt das Verfassungsgericht eine entscheidende Rolle. Viele Menschen wurden in der Vergangenheit aufgrund der Urteile des Verfassungsgerichts freigelassen, einschließlich einiger Journalisten und Politiker. Das ist der Mechanismus der individuellen Verfassungsbeschwerde, die diese Regierung eingeführt hat. (Anm. d. Red.: 2010 führte die AKP-Regierung die individuelle Verfassungsbeschwerde ein. Diese ermöglicht es türkischen Bürgern, vor dem türkischen Verfassungsgericht zu klagen) tagesschau.de: Die Opposition in Deutschland warnte den deutschen Außenminister Gabriel, Yücels Freilassung nicht durch Lieferungen von Kriegswaffen-Know-How an die Türkei zu erkaufen und spricht von einem "schmutzigen Deal". Was ist da dran? Cavusoglu: Solche Deals machen wir nicht. Wir verhandeln so nicht. Wie könnte ich so verhandeln, wie könnte ich garantieren, dass das Gericht irgendein bestimmtes Urteil fällt, das Deutschland erwartet oder das die Deutschen erwarten? Wir machen bei solchen Verhandlungen nicht mit, wir fangen mit so etwas gar nicht erst an. Da geht es um zwei verschiedene Vorgänge. Die Verteidigungsindustrie bringt für beide Seiten Vorteile. Das ist etwas anderes. Ein Teil der deutschen Opposition in Deutschland unterstützt die PKK. Ich weiß, dass die Linkspartei und einige Parlamentarier, zum Beispiel Andrej Hunko, Fan der Terrororganisation PKK sind. Warum? Weil sie der gleichen Ideologie anhängen. Das ist auch inakzeptabel und empörend. "Erdogan und Merkel genießen jedes Treffen" tagesschau.de: In einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa vor dem Jahreswechsel sagten Sie: "Wenn Deutschland die Türkei bedroht, dann schlägt die Türkei zurück." Was meinten Sie konkret damit? Cavusoglu: Eine Aussage wie "wenn ihr Deniz Yücel nicht freilasst, dann beenden wir die Wirtschaftsbeziehungen" - das ist eine Drohung. Also haben wir gesagt, dass wir so etwas nicht akzeptieren und wir antworten darauf, wir reagieren darauf und wir werden das nicht akzeptieren. Das heißt nicht, dass ich gegen Deutschland zurückschlage oder Deutschland bestrafe. Ich denke, dass wurde falsch übersetzt oder interpretiert. tagesschau.de: Sie sagen, der türkische Staatspräsident Erdogan wolle Merkel nach einer Regierungsbildung in die Türkei einladen. Wie gut verstehen sich die beiden eigentlich? Cavusoglu: Beide, Präsident Erdogan und Madame Merkel, genießen jedes Treffen und jeden Kontakt, jede Unterhaltung am Telefon oder wenn sie sich persönlich treffen. Denn beide sind sehr offene und aufrichtige Menschen, was ich selbst sehr schätze. So arbeite ich übrigens auch mit vielen Kollegen, auch mit meinem lieben Freund Sigmar Gabriel. Das Interview führte Oliver Mayer-Rüth, ARD-Studio Istanbul, für tagesschau.de. | /ausland/interview-cavusoglu-101.html |
2018-03-01 | "Eine Rückkehr in Sowjetzeiten" | Politologe zur Russland-Wahl | Russlands Wirtschaft stagniert, die Lebensbedingungen verbessern sich nicht mehr - dennoch ist Präsident Putin populär. Weil er auf militärische Stärke setzt, sagt Politologe Oreschkin im Interview.
mehr | Russlands Wirtschaft stagniert, die Lebensbedingungen verbessern sich nicht mehr - dennoch ist Präsident Putin populär. Weil er auf militärische Stärke setzt, sagt Politologe Oreschkin im Interview. ARD-Studio Moskau: Herr Oreschkin, was ist das Geheimnis für Putins ungebrochene Popularität? Dmitri Oreschkin: Das Geheimnis für seine Unterstützung besteht darin, dass er sich mit wirtschaftlichen und sozialen Problemen nicht befasst und sich nur für die globalen militärischen und strategischen Fragen verantwortlich zeigt. In den Augen der Russen leistet er Widerstand gegen die USA, kämpft gegen die USA. Er stellt Russland auf die Beine. Was aber die Lebensbedingungen der Bevölkerung angeht: Das ist nicht sein Thema, dafür sind die Gouverneure, die Regierung, Ministerpräsident Dmitri Medwedjew verantwortlich. Deshalb sind sie alle unpopulär, auch die Partei "Einheitliches Russland". ARD-Studio Moskau: Was bedeutet das für die nächste Amtszeit? Oreschkin: Ich sehe keine Krise. Ich nehme an, dass es eine Stagnation geben wird. Das Land ist reich, Erdöl und Gas werden weiterhin gepumpt und verkauft. Aber es fehlt dem Staat an Investitionen in allen Richtungen, aus dem Ausland kommen keine, denn man hat Angst. Dazu kommen die Sanktionen und die wachsende Abkapslung Russlands, so dass es zu keinem technologischen Austausch kommt. In der nahen Zukunft bleibt Russland verdammt dazu, Rohstoffexporteur zu bleiben. Damit sind wir komplett von den Rohstoffpreisen abhängig. Für die Mehrheit der Menschen wird es also keine spürbare Lebensverbesserung geben. Putin wird weiter mit Raketen drohen ARD-Studio Moskau: Wie wird Putin damit umgehen? Oreschkin: Er hat keine andere Wahl, er wird gezwungen sein, immer wieder von Raketen zu reden und auf die inneren und äußeren Feinde zu verweisen. Die innere Opposition sieht er wirklich als Feinde. ARD-Studio Moskau: Was bedeutet das für die Opposition? Oreschkin: Die Opposition wird weiter unter Druck geraten, die Oppositionellen werden immer mehr zu Dissidenten. Dies wird eine Rückkehr in die Zustände der Sowjetunion. Der von Putin eingeschlagene Weg führt zwangsläufig nach unten, zur Verschlechterung der sozio-politischen Kultur und politischen Institute. Das führt zwar nicht zu einer Revolution, aber in den Sumpf. Das Interview führte Birgit Virnich, ARD-Studio Moskau | /ausland/russland-wahl-123.html |
2018-03-01 | Ins richtige Licht gerückt | Lobbyisten und Berater in der EU | Außenpolitik ist nicht nur Sache von Diplomaten und Politikern. So wie Konzerne und Verbände engagieren auch viele Staaten Lobbyisten, um Entscheidungen der EU zu beeinflussen. Zu den interessantesten Zielen zählen EU-Parlamentarier.
mehr | Außenpolitik ist nicht nur Sache von Diplomaten und Politikern. So wie Konzerne und Verbände engagieren auch viele Staaten Lobbyisten, um Entscheidungen der EU zu beeinflussen. Zu den interessantesten Zielen zählen EU-Parlamentarier. Von Silvia Stöber, tagesschau.de Die Krise in der Ukraine hat einen Krieg der Informationen zwischen Ost und West ausgelöst, wie es in den vergangenen Jahren nur bei wenigen Ereignissen und auch nur in Ansätzen zu erleben war. Akteure auf diesem Feld sind neben Politikern und staatsnahen Medien auch PR-Agenturen, Berater und Nichtregierungsorganisationen. Sie versuchen, im Auftrag von Regierungen oder Parteien das Bild von Staaten oder politischen Kräften in der öffentlichen Meinung zu prägen und so politische Entscheidungen zu beeinflussen. Informationsmix lenken Thomas Eymond-Laritaz von der Agentur APCO Worldwide in London beschreibt seinen Job so: "Meine Arbeit besteht darin, eine Balance an Informationen in der Öffentlichkeit herzustellen." Was öffentlich diskutiert werde, sei nicht die Realität, sondern ein Mix aus Informationen, den es im Auftrag der Kunden zu lenken gelte. "Dazu benötige ich eine Story, die nicht nur in Bezug auf die Realität vor Ort korrekt ist. Sie muss auch verstanden werden und ankommen", erklärt Eymond-Laritaz. Ansprechpartner seien Leute, die an prominenter Stelle ihre Meinung äußerten: Journalisten, Think Tanks, Experten und Politiker. Der Franzose beriet unter anderem den bulgarischen Premierminister Simeon Sakskoburggotski, den georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili und den ukrainischen Oligarchen Viktor Pinchuk. Früher arbeitete er für die Büros der französischen Premiers Lionel Jospin und Jean-Pierre Raffarin. Lobbying für Janukowitsch Wer Einfluss auf Entscheidungen der EU nehmen will, sollte neben wichtigen Medien vor allem Abgeordnete des EU-Parlaments und der EU-Staaten sowie deren Regierungen anvisieren, erklärt Amanda Paul vom Brüsseler Think Tank European Policy Centre. Oft treten politische Rivalen aus einem Staat in Brüssel gegeneinander an. Auch der inzwischen aus der Ukraine geflohene Präsident Viktor Janukowitsch und seine Partei der Regionen setzten auf Lobbying. Zwar lehnte Janukowitsch es im November 2013 ab, das EU-Assoziierungsabkommen zu unterzeichnen, und löste damit die Protestwelle auf dem Maidan in Kiew aus. Doch arbeitete noch bis zu seiner Flucht aus Kiew im Februar eine Organisation daran, in Brüssel und Berlin ein pro-europäisches Image von ihm und seiner Partei zu zeichnen. Dieses Europäische Zentrum für eine moderne Ukraine (European Center for a Modern Ukraine, ECFMU) ist im Transparenzregister der EU aufgeführt als in Brüssel registrierte Nichtregierungsorganisation. "Auch wenn die Organisation vorgab, unabhängig zu sein, so wusste doch jeder in Brüssel, dass sie ein Lobby-Instrument für die Partei der Regionen war", erzählt Paul. Dies ging aus dem Inhalt ihrer Newsletter und E-Mails hervor, die 2012 noch Leonid Koschara als Präsident der Organisation unterzeichnete. Damals war er Parlamentsabgeordneter der Partei der Regionen und außenpolitischer Berater Janukowitschs. Ende 2012 wurde er Außenminister. Am 14. November 2013 luden das ECFMU und die Wirtschaftsberatungsfirma "Berlin Economics" in Berlin zu einer Veranstaltung über die östlichen EU-Nachbarländer. Es sprach der ehemalige EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen. Auf dem Panel saß unter anderem der ukrainische Vizepremier Oleksandr Vilkul von der Partei der Regionen, der CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder war als Podiumsgast angekündigt, nahm aber nicht teil.* Wertvolle Kontakte zu EU-Politikern Keine zwei Wochen später verärgerte Janukowitsch die EU mit der verweigerten Unterschrift und seinem Auftritt beim EU-Gipfel in Vilnius nachhaltig. Ohnehin hatten dessen Rivalen Julia Timoschenko und Wladimir Klitschko bereits ganze Arbeit geleistet. Timoschenko, die wie Janukowitsch Lobbyisten für sich arbeiten ließ, und Klitschko verfügten über etwas noch weitaus Wertvolleres: direkte Kontakte zu EU-Politikern. Timoschenko fand Unterstützer in der Grünen-Europaabgeordneten Rebecca Harms und im Christdemokraten Elmar Brok, der Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament ist. Beide setzten sich vehement für ihre Freilassung aus dem Gefängnis ein. Sie begründeten dies als notwendiges Signal für den Umgang mit politischen Gefangenen in der Ukraine. Klitschko wiederum hatte bereits 2006 Verbindungen zur Konrad-Adenauer-Stiftung in Kiew geknüpft und baute seine Kontakte bis hin zur Europäischen Volkspartei (EVP) aus, an deren Treffen auch regelmäßig Kanzlerin Angela Merkel teilnimmt. "Eine Mitgliedschaft in der EVP ist das beste PR-Instrument", sagt die Expertin Paul. Meister des politischen Lobbyings So trat Klitschko bei einer EVP-Veranstaltung am Rande des EU-Gipfels Ende November auf. Dort in Vilnius konnte er sich der guten Ratschläge kaum erwehren. Zu den Ratgebern zählte der Franzose Raphaël Glucksmann, Berater des eben aus dem Amt geschiedenen georgischen Präsidenten Saakaschwili. Auch politische Mitstreiter des einstigen "Rosenrevolutionärs" waren zugegen. Sie erwiesen sich in den vergangenen Jahren geradezu als Meister des Lobbyings in eigener Sache. Nicht nur gaben sie Millionen für PR-Firmen dies- und jenseits des Atlantiks aus. Sie verfügen auch über hervorragende Kontakte vornehmlich unter konservativen Politikern in der EU. Saakaschwili selbst gelang es in den ersten Jahren seiner Präsidentschaft, mit Charme und Intelligenz Politiker für sich einzunehmen. Zusätzlich teilten Polen, Balten und Schweden mit ihm einen gegen Russland gerichteten Patriotismus. Politiker aus diesen Ländern hielten auch noch zu Saakaschwili, nachdem er 2008 zum Ausbruch des Krieges mit Russland beigetragen hatte. Ein Orden für ein Wort Bei der Interpretation der Ereignisse um den Krieg spielte die Agentur Aspect Consulting in Brüssel eine Rolle, aber auch Politiker wie der polnische Europaparlamentarier Chryzstof Lisek. Der EVP-Abgeordnete erstellte 2011 einen Bericht über Georgien, auf dessen Grundlage das Parlament eine Resolution verabschiedete. Darin wurden die von Georgien abtrünnigen Gebiete Südossetien und Abchasien erstmals nicht mehr als "abtrünnig" bezeichnet, sondern als von Russland "okkupiert", was einseitig die georgische Sichtweise reflektiert. Ausdrücklich als Dank dafür verlieh Saakaschwili kurz darauf Lisek den Orden des Heiligen Georg, die höchste Auszeichnung Georgiens. Bei einem Interviewtermin präsentierte Lisek Fotos von der Verleihung und hob hervor, dass Saakaschwili zudem noch in einer Rede die Bedeutung seines Berichts hervorgehoben habe. Auch habe er den georgischen Präsidenten auf seinem Weingut in Kachetien besuchen dürfen. Eine Provokation Russlands Noch sehr viel weiter gingen einige estnische Politiker mit ihrer Solidarität für Georgien. Zu ihnen zählt Indrek Tarand, der ebenfalls Saakaschwili beraten hatte und 2009 zum EU-Abgeordneten gewählt wurde. Er wollte den Georgiern im Krieg 2008 zu Hilfe eilen und organisierte eine Gruppe Freiwilliger, die mit Waffen in das Kriegsgebiet geschickt werden sollten. Die damalige estnische Regierung erteilte jedoch keine Genehmigung, Waffen und Uniformen der Reservearmee mitzunehmen. Außerdem war der Krieg bereits zu Ende, als die Freiwilligen ankamen. Sie errichteten schließlich Unterkünfte für die Kriegsflüchtlinge. Kritiker warfen Tarand vor, einen Militärschlag Russlands gegen den NATO-Staat Estland zu provozieren. Einer der damaligen Mitorganisatoren und ebenfalls Berater Saakaschwilis, Eerik Niiles Kross, bewirbt sich derzeit um einen Sitz im Europaparlament. Sollte er gewählt werden, so steht zu vermuten, wird auch er sich in Brüssel für die georgische Sache einsetzen. Expertin Amanda Paul hält das Verhalten vieler EU-Abgeordneter für intransparent und korrupt und das Europaparlament in Fällen wie jenem der ukrainischen Politikerin Timoschenko für stark polarisiert. Zweifel am Register für Lobby-Organisationen Seit 2011 gibt es ein freiwilliges Register des Europäischen Parlaments und der EU-Kommission für Lobby-Organisationen. Nur wer dort registriert ist, soll Zugang zum Europäischen Parlament erhalten. Allerdings betrachten Kritiker das Register als schwaches Instrument. Derzeit wird es einer Evaluierung unterzogen. Doch bemängelt die Organisation ALTER-EU, dass dieser Prozess weder glaubwürdig noch sinnvoll sei, da zum Beispiel die freiwillige Registrierung beibehalten werden soll. Dass Lobbying-Bemühungen auch ohne Erfolg bleiben können oder ins das Gegenteil des Erwarteten umschlagen können, zeigt sich nicht nur bei Janukowitsch. Auch Klitschko und Timoschenko werden inzwischen sehr viel nüchterner gesehen. Und Saakaschwilis Partei verlor nicht nur zu Hause Wahlen. Die in Brüssel aufdringlich vorgebrachte Kritik am politischen Konkurrenten führte zu einem Überdruss, der Saakaschwilis Ansehen weiteren Schaden hinzufügte. *In einer früheren Version hatten wir berichtet, Philipp Mißfelder habe an dem genannten Podium teilgenommen. Das ist nicht so. | /europawahl/hintergruende/eu-lobbying-ts-100.html |
2018-03-01 | Streiken für sechs Prozent mehr Lohn | Tarifstreit im öffentlichen Dienst | Im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes hat die Gewerkschaft ver.di mit Warnstreiks etliche kommunale Einrichtungen lahmgelegt. Betroffen waren Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hamburg.
mehr | Im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes hat die Gewerkschaft ver.di mit Warnstreiks etliche kommunale Einrichtungen lahmgelegt. Betroffen waren Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hamburg. Im Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen haben die Gewerkschaften ihre Warnstreiks fortgesetzt. Schwerpunkte waren nach Angaben von ver.di Nordrhein-Westfalen und Hamburg. Einem Sprecher in der Hansestadt zufolge versammelten sich am Morgen unter anderem Mitarbeiter der Stadtreinigung und der Hafenbehörde Hamburg Port Authority zu einer Kundgebung. In Hamburg sind ferner Kindertagesstätten, Büchereien und Theater von den Arbeitsniederlegungen betroffen sein. In den beiden größten Städten in Nordrhein-Westfalen legte ver.di den öffentlichen Nahverkehr weitgehend lahm. In Köln und Düsseldorf blieben Busse, U- und Straßenbahnen in den Depots. Auch Kindertagesstätten sind von den Arbeitsniederlegungen im öffentlichen Dienst der Kommunen betroffen. Neben Köln und Düsseldorf streikt die Gewerkschaft ver.di auch in Oberhausen, Mülheim und Unna. 200 Kilometer Stau Berufstätige, die auf Autos umgestiegen waren, mussten sich auf Staus einstellen. Im gesamten Bundesland kam es am Morgen zeitweise zu mehr als 200 Kilometern Stau. Ein Sprecher der Landesleitstelle der Polizei NRW bezeichnete die Zahl für Staus an einem Mittwoch zwar als relativ hoch. Sie sei aber auch nicht außergewöhnlich hoch. Von Warnstreiks betroffen war auch Baden-Württemberg. In Esslingen bei Stuttgart ruhte am Morgen der Nahverkehr, ebenso wie in Heidenheim und Sachsenheim, wie die Gewerkschaft berichtete. In Stuttgart wurden etliche Kitas bestreikt. Weitere Gewerkschaften kündigen Streiks an Schon gestern hatten sich laut ver.di bundesweit rund 35.000 Menschen an den Arbeitskampfmaßnahmen beteiligt. In Dortmund, Bochum, Essen, Wuppertal, Recklinghausen und Duisburg kam der öffentliche Personennahverkehr demnach zum Erliegen. Neben Nordrhein-Westfalen waren Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg und Bayern Schwerpunkte. Inzwischen haben auch andere Gewerkschaften ihre Mitglieder zu Warnstreiks aufgerufen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) etwa forderte Erzieher und andere sozialpädagogische Fachkräfte für morgen zur Arbeitsniederlegung auf. Die IG Bauen-Agrar-Umwelt kündigte Warnstreiks für den selben Tag an. Hintergrund der Warnstreiks von ver.di sind die stockenden Tarifverhandlungen zwischen Bund und Kommunen. Ver.di fordert für die 2,3 Millionen Beschäftigten sechs Prozent mehr Geld, mindestens aber 200 Euro zusätzlich pro Monat. Die nächste Tarifverhandlung ist für Mitte April in Potsdam terminiert. | /wirtschaft/warnstreik-oeffentlicherdienst-103.html |
2018-03-01 | EU erlaubt Monsanto-Übernahme durch Bayer | Genehmigung unter Auflagen | Die EU-Kommission hat dem Agrarchemiekonzern Bayer die milliardenschwere Übernahme des US-Konkurrenten Monsanto erlaubt - allerdings unter strengen Auflagen. Eine große Hürde steht Bayer aber noch bevor.
mehr | Die EU-Kommission hat dem Agrarchemiekonzern Bayer die milliardenschwere Übernahme des US-Konkurrenten Monsanto erlaubt - allerdings unter strengen Auflagen. Eine große Hürde steht Bayer aber noch bevor. Wichtiger Etappensieg für Bayer: Die EU-Kommission hat die Übernahme des US-Saatgutriesen Monsanto durch den Leverkusener Pharma- und Agrarchemiekonzern unter Auflagen gebilligt. Bayer habe Zusagen im Umfang von sechs Milliarden Euro gemacht und damit wettbewerbsrechtlichen Bedenken vollständig ausräumen können, teilte die EU-Kommission mit. "Dadurch wird gewährleistet, dass auf den Märkten für Saatgut, Pflanzenschutzmittel und digitale Landwirtschaft auch nach dem Zusammenschluss wirksamer Produkt- und Innovationswettbewerb herrscht", erklärte EU-Kommissarin Margrethe Vestager. Bayer muss Geschäftsteile verkaufen Bayer verpflichtete sich, fast sein gesamtes weltweites Geschäft für Saatgut und agronomische Merkmale, einschließlich der Forschung, an BASF zu verkaufen. Daneben sollen das Geschäft mit dem Pflanzenschutzmittel Glufosinat sowie drei wichtige Forschungsprogramme für Breitband-Unkraut-Vernichtungsmittel an den Chemiekonzern gehen. Überschneidungen zwischen Bayer und Monsanto in diesen Bereichen müssen beseitigt werden. Bayer befindet sich darüber hinaus mit BASF in exklusiven Gesprächen über eine Veräußerung seines Gemüsesaatgutgeschäfts. Die Ludwigshafener sollen zudem eine Lizenz für die aktuellen und in Entwicklung befindlichen Produkte für die digitale Landwirtschaft von Bayer erhalten. Auch diesem Verkauf muss die EU-Kommission aber noch zustimmen. Bayer dürfe Monsanto nur dann übernehmen, wenn das Verkaufspaket an BASF geprüft und genehmigt worden sei, sagte Vestager. US-Wettbewerbshüter müssen noch zustimmen Der Leverkusener Konzern will den US-Konkurrenten für etwa 62,5 Milliarden US-Dollar (etwa 51 Milliarden Euro) übernehmen. Bayer würde damit zum größten Saatgut- und Pflanzenschutzkonzern der Welt aufsteigen. Kritiker warnten bereits vor einer zu großen Marktmacht des neuen Agrarriesen. Mit der Erlaubnis der EU hat Bayer bei dem größten Zukauf in ihrer Firmengeschichte eine wichtige Hürde genommen. Noch steht aber die Zustimmung der Wettbewerbshüter in den USA aus. Kritiker warnen vor Veränderungen in der Landwirtschaft Anfangs habe es in der EU-Kommission Bedenken gegeben, dass durch eine solche Übernahme Wettbewerb und Forschung auf dem europäischen Markt und weltweit in Gefahr seien, so Vestager. "Durch unsere strengen Auflagen für die Übernahme konnten die Zweifel bezüglich des Wettbewerbs ausgeräumt werden." Kritiker warnen hingegen weiterhin vor einer zu großen Marktmacht des neuen Agrarriesen. Hinzu kommt für sie, dass das US-Unternehmen Monsanto neben dem umstrittenen Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat auch gentechnisch veränderte Pflanzen herstellt. Dass die EU-Kommission, die Fusion von Bayer und Monsanto erlaubt hat, sei fatal, meint der Grünen-Europaabgeordnete Martin Häusling. Vor allem kritisiert er die Entscheidung mit Blick auf den zukünftigen Verkauf von Saatgut. Bayer habe Monsanto ganz gezielt übernommen, weil es einer der größten Saatgutproduzenten ist, sagt Häusling. "Und das wird in Zukunft viele Veränderungen in der Landwirtschaft mit sich bringen, wenn nur noch die großen Chemiekonzerne bestimmen, was die Landwirte dann säen, was für Mittel sie einsetzen." | /wirtschaft/bayer-monsanto-uebernahme-101.html |
2018-03-01 | Trump eint die EU | Zollpläne der US-Regierung | Der Verhandlungserfolg mit den USA schweißt die EU zusammen - denn sie hat endlich wieder ein Erfolgserlebnis. Das muss sie nun nutzen und gegen die inneren Gegner der Union vorgehen. Von Ralph Sina. | Der Verhandlungserfolg mit den USA schweißt die EU zusammen - denn sie hat endlich wieder ein Erfolgserlebnis. Das muss sie nun nutzen und gegen die inneren Gegner der Union vorgehen. Donald Trump sei Dank: Die EU hat seit langem zum ersten Mal wieder ein richtiges Erfolgserlebnis. Der transatlantische Handelskrieg ist abgewendet - zumindest vorerst. Die EU hat gezeigt, dass sie tatsächlich geeint und stark auftreten kann, jedenfalls dann wenn es um Trump geht. EU tankt Selbstbewusstsein Der zielte mit seinen Handelsdrohungen gegen die EU eigentlich auf den Exportweltmeister Deutschland. Doch die EU ließ sich nicht spalten. Der wichtigste Wirtschaftsblock der Welt trat geeint auf. Das verleiht Kraft und Selbstbewusstsein. Beides braucht die EU jetzt dringend. Denn die Trump-Fans innerhalb der EU - Marine Le Pen, Gert Wilders und Co - warten nur darauf, diese von innen zu zerlegen und zwar bei der Europawahl im kommenden Jahr. Deshalb reicht es für die EU bei diesem Gipfel nicht, stark gegenüber Washington und Moskau aufzutreten. Sie muss jetzt auch entschlossen agieren gegenüber den Europagegnern in der eigenen Union. Angela Merkel und Emmanuel Macron müssen jetzt gemeinsam mit einer "Koalition der Willigen" ein pragmatisches EU-Programm entwickeln, das vor Beginn des Europawahlkampfes im kommenden Frühjahr greift. Banken und Flüchtlingskrise als Themen Dieses Programm muss bei der schärferen Überwachung der Außengrenzen, bei der konsequenten Kopplung der Visaausgabe an die Bereitschaft von Drittstaaten appellieren, abgelehnte Asylbewerber zurückzunehmen. Und es muss sich auf die Stabilisierung der Eurozone konzentrieren, die nach wie vor wegen fauler Bankenkredite in dreistelliger Milliardenhöhe alles andere als eine Sicherheitszone ist. Macrons EU-Reden auf der Akropolis und an der Sorbonne waren rhetorisch grandios und ein Feuerwerk der Reformideen. Doch jetzt geht es um praktische Schritte, die den Wählern zeigen: Die EU kann gemeinsam etwas erreichen, nicht nur im Umgang mit Trump. | /kommentar/trump-zoelle-eu-101.html |
2018-03-01 | Trump hat nicht völlig Unrecht | Strafzölle der USA | Das Bild von den bösen USA und der guten EU ist falsch, meint Pascal Lechler. Denn auch die Europäische Union schütze sich mit einer Reihe von Zöllen - zum Beispiel auf Autoimporte aus den USA.
mehr | Das Bild von den bösen USA und der guten EU ist falsch, meint Pascal Lechler. Denn auch die Europäische Union schütze sich mit einer Reihe von Zöllen - zum Beispiel auf Autoimporte aus den USA. Gelassen bleiben, das ist das Gebot der Stunde. Es reicht schon, dass Donald Trump impulsiv und unberechenbar ist. Deshalb ist es gut, dass EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström bewusst nicht von "Handelskrieg" und "Vergeltung" spricht und damit Trump nicht weiter provoziert. Die kommenden zwei Wochen bis Inkrafttreten der US-Strafzölle sollten genutzt werden, um alle diplomatischen Kanäle zu aktivieren. Es ist gut, dass sich Malmström bereits mit dem US-Handelsbeauftragten in Brüssel getroffen hat. Denn ganz so unbelehrbar und dickköpfig scheint Trump dann doch nicht zu sein. Er kündigte bereits an, einige Länder von den Strafzöllen ausnehmen zu wollen. Falsches Gut-Böse-Schema Auch wenn die Aussichten für die EU gut sind, vor der WTO gegen die USA zu gewinnen - Malmström dämmert offenbar, dass das Gut-Böse-Schema auf Dauer nicht funktioniert. Hier die gemeinen USA, dort die liebe, freihandelsorientierte EU. Auch die EU wehrt sich nämlich mit Schutzzöllen - sie hat allein mehr als 50 gegen China verhängt. Wenn Malmström sagt, bei den Autozöllen gebe es einen leichten Unterschied zwischen den USA und der EU, dann stimmt das einfach nicht. Die EU erhebt vier Mal so hohe Zölle auf Autoimporte aus den USA, wie die Vereinigten Staaten umgekehrt auf EU-Importe. Gut, die USA langen dann bei Pick-up-Trucks kräftig zu und bei Textilien. Aber über alle Zölle hinweg gesehen, bleibt ein Ungleichgewicht, erhebt die EU im Schnitt höhere Zölle als die USA. Der US-Präsident hat also nicht völlig Unrecht, wenn er von einem unfairen Verhalten spricht. Zölle auf BMW Made in USA Deshalb sollte der Vorschlag des Chefvolkswirts der Commerzbank, die EU-Autozölle zu senken, ernsthaft in Betracht gezogen werden. Damit könnte man Trump besänftigen und zugleich den deutschen Herstellern helfen. Denn die meisten Autoexporte aus den USA - insbesondere nach Deutschland - sind BMW-Fahrzeuge, die dort gebaut wurden. Diese verteuert die EU aktuell mit Zöllen von 10 Prozent. Und noch eines wird nicht richtig, nur weil man es immer wieder wiederholt: Unser Handelsüberschuss sei eben so groß, weil alle Welt unsere guten Maschinen haben wolle. Der Handelsüberschuss wird durch die lockere EZB-Geldpolitik befeuert. Hätten wir noch die starke DM wäre der Handelsüberschuss deutlich geringer. Natürlich könnte Deutschland auch mehr konsumieren und damit seinen Handelsüberschuss senken. Straßen, Bahninfrastruktur, Wohnungsbau, Schulen - überall könnte man viel Geld investieren. Wie wäre es mit IPads für alle Schulen - damit wäre nicht nur den deutschen Schülern geholfen, sondern auch Trump. | /kommentar/handelsstreit-eu-usa-101.html |
2018-03-01 | Selmayr wird höchster EU-Beamter | Neuer Generalsekretär | Er gilt schon als einer der einflussreichsten Strippenzieher in Brüssel. Nun wechselt der deutsche Beamte Selmayr auf den Posten des Generalsekretärs und erhält eine Beschäftigungsgarantie. Von Ralph Sina. | Er gilt schon als einer der einflussreichsten Strippenzieher in Brüssel. Nun wechselt der deutsche Beamte Selmayr auf den Posten des Generalsekretärs und erhält eine Beschäftigungsgarantie. Martin Selmayr galt bisher schon als mächtigster Kommissionsbeamter in Brüssel. Als einen Mann für alle Kommissionsfälle mit herausragenden Qualitäten beschrieb Juncker nun seinen bisherigen Kabinettschef. Selmayr entwickelte 2014 die Wahlkampfstrategie, die Juncker an die Spitze der EU-Kommission brachte. Der CDU-Politiker und EU-Jurist Selmayr setzte sich während der Griechenlandkrise 2015 vehement für den Verbleib des Landes in der Eurozone ein. Selmayr war ein entschiedener Gegner des Grexit und damit Kontrahent des damaligen Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble. Das wiederum veranlasste EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger während einer Kommissionspressekonferenz zu der Bemerkung, "dass in Berlin mancher in Martin Selmayr nicht den Interessenvertreter deutscher Politik sieht, sondern oftmals eher das Gegenteil." Juncker deckt Selmayer trotz Eklats Eine für die Bundesregierung zuweilen irritierende Rolle spielte Selmayr auch bei den Brexit-Verhandlungen. Bei sämtlichen Brexit-Treffen Junckers mit der britischen Premierministerin Theresa May saß Selmayr mit am Tisch. Als eine deutsche Sonntagszeitung im vergangenen Jahr Details aus vertraulichen Bexit-Gesprächen während eines Abendessens in London veröffentlichte, geriet Selmayr in den Verdacht, die Quelle der Indiskretionen zu sein, für die sich Juncker öffentlich entschuldigte. Für einen regelrechten Eklat sorgte Selmayr im Sommer vergangenen Jahres während eines Bankenempfangs in Brüssel, als er einem "Spiegel"-Korrespondenten wegen dessen kritischen Artikels über ihn androhte, dem Journalisten künftig keine Informationen mehr zukommen zu lassen. Er fügte die Bemerkung hinzu, am liebsten hätte er ihm nach der Lektüre des Artikels "eins in die Fresse geschlagen". Der "Spiegel"-Korrespondent hatte unter anderem geschrieben, Selmayr habe in Brüssel mehr Macht als mancher Regierungschef. Beschäftigungs- und Einflussgarantie Nun beförderte Juncker seinen einflussreichen Kabinettschef auf den Posten des Generalsekretärs. Er verschafffte damit dem CDU-Politiker bei der Kommission eine Beschäftigungs- und Einflussgarantie für die nächsten Jahre. Denn Generalsekretär der EU-Kommission kann Selmayr auch dann noch bleiben, wenn Junckers Zeit als Kommissionschef im nächsten Jahr zu Ende geht. Selmayrs Nachfolger als Junckers Kabinettschef wird die Spanierin Clara Martinez Alberola. Die EU-Kommission weiblicher zu machen, ist Junckers Ziel. "In der Gesamtbetrachtung unserer 32.000 Beschäftigten haben wir mehr Frauen als Männer", betont Oettinger. Aber bei der Betrachtung der Kommissionsspitze sieht es mit dem Thema "Gender Balance und Frauenquote" deutlich schlechter aus. Immerhin: durch die jetzige Personalentscheidungen wird die Kommission im Top-Management etwas weiblich. "Mit den heutigen Entscheidungen kommen wir auf 36 Prozent", freut sich Oettinger. Sein Parteifreund Selmayr freut sich auf seinen neuen Job als Generalsekretär der EU-Kommission. | /ausland/eu-generalsekretaer-101.html |
2018-03-01 | "Das stinkt zum Himmel" | Personalie Selmayr | "Vetternwirtschaft" und "Machtübernahme" - die Berufung des Deutschen Martin Selmayr zum Generalsekretär der EU-Kommission sorgt im Europaparlament für einigen Unmut. Auch Kommissionschef Juncker steht in der Kritik.
mehr | "Vetternwirtschaft" und "Machtübernahme" - Die Berufung des Deutschen Martin Selmayr zum neuen Generalsekretär der EU-Kommission sorgt im Europaparlament für einigen Unmut. Auch Kommissionschef Juncker steht in der Kritik. Das Europaparlament hat im Rahmen einer Aussprache die umstrittene Ernennung des Deutschen Martin Selmayr zum Generalsekretär der EU-Kommission scharf kritisiert. Vor allem Kommissionschef Jean-Claude Juncker steht in der Kritik. Er soll seinen bisherigen Kabinettschef im Hau-Ruck-Verfahren auf den einflussreichen Posten gehievt haben. "Das stinkt doch zum Himmel", erklärte der Linken-Abgeordnete Dennis de Jong. Sogar die Kommissare seien kurz nach der Ernennung Selmayrs überrascht von der Personalie gewesen. Von einer "unangemessenen Machtübernahme in der EU" spricht der CDU-Abgeordnete Werner Langen. Der gesamte Vorgang erinnere ihn an die "Geheimbürokratie des 19. Jahrhunderts". "Es riecht nach Vetternwirtschaft", meint auch der deutsche Grüne Sven Giegold. Die EU-Institutionen müssten die Konsequenzen ziehen und die Stellen aller Beamten künftig öffentlich ausschreiben. Außerdem meldeten die Parlamentarier Zweifel an der Eignung des 47 Jahre alten Selmayer an, die Leitung der EU-Komission mit ihren rund 32.000 Beschäftigten zu übernehmen. Thema im Haushaltskontrollausschuss Kritiker äußern den Verdacht, Juncker habe seinem bisherigen Kabinettschef Selmayr den Posten zuschanzen wollen. Die Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses, Ingeborg Grässle, kündigte an, das Gremium werde den Vorgang in der kommenden Woche überprüfen und dazu Stellung nehmen. Diese "Expressbeförderung" habe das Klima vergiftet. Die Kommission müsse bis Ende des Jahres Vorschläge für Verbesserungen des Ernennungssystems vorlegen. Die EU-Kommission dagegen beteuert, bei der Beförderung alle Regeln befolgt zu haben. Das Verfahren sei "im Einklang" mit den Regeln und dem Statut für EU-Beamte gewesen, sagte der für Personalfragen zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger. Selmayr habe sich beworben und sich einem Auswahlverfahren gestellt. Die Entscheidung für ihn sei von allen EU-Kommissaren gebilligt worden. | /ausland/selmayr-kritik-eu-parlament-101.html |
2018-03-01 | Wie arm ist Deutschland? | Debatte über Hartz IV | Der designierte Gesundheitsminister Spahn sagt, niemand müsste in Deutschland hungern, wenn es die Tafeln nicht gäbe. Deshalb steht er in der Kritik. Stimmt seine Aussage? Von Günter Marks. | Der designierte Gesundheitsminister Spahn sagt, niemand müsste in Deutschland hungern, wenn es die Tafeln nicht gäbe. Deshalb steht er in der Kritik. Stimmt seine Aussage? Wie arm ist Deutschland? Die Tafeln tragen dafür Sorge, dass Lebensmittel nicht weggeworfen werden. Damit erfüllen sie eine wichtige Aufgabe und helfen Menschen, die auf jeden Euro achten müssen. Aber niemand müsste in Deutschland hungern, wenn es die Tafeln nicht gäbe. Wir haben eines der besten Sozialsysteme der Welt."Jens Spahn, designierter Bundesgesundheitsminister in der Berliner Morgenpost, Funke-Mediengruppe Muss in Deutschland jemand hungern? Nein, in Deutschland muss niemand hungern. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, sagt im Gespräch mit tagesschau.de, es gehe auch nicht um Hungern oder Verhungern. "Es geht darum, sich halbwegs vernünftig ernähren zu können." Die Gesundheit sei entscheidend. Die Menschen, die von Sozialleistungen leben müssten, hätten schlicht zu wenig Geld. Wie solle man als Hartz-IV-Empfänger ein Kind, das Sport treibt und aktiv ist, von rund 2,70 Euro am Tag ernähren? Die Menschen wüssten am Ende des Monats nicht mehr, was sie noch kaufen sollten, weil schlicht kein Geld mehr da ist. Ähnlich äußert sich Barbara Eschen, Sprecherin der Nationalen Armutskonferenz. Mit den derzeitigen Hartz-IV-Sätzen sei eine ausreichende und gesunde Ernährung nicht möglich. Wie viele Menschen gehen regelmäßig zur Tafel? Die "Tafel Deutschland" gibt Auskunft auf ihrer Internetseite. Den Angaben zufolge werden regelmäßig bis zu 1,5 Millionen bedürftige Personen unterstützt. Bei den meisten handele es sich um Erwachsene im erwerbsfähigen Alter (53 Prozent). Vor allem gehe es dabei um Empfänger von Hartz-IV-Leistungen und Sozialhilfe, Spätaussiedler und Migranten. Mit Sorge beobachte die "Tafel" "die weiterhin hohe Anzahl der bedürftigen Kinder und Jugendlichen". Sie machen den Angaben zufolge rund ein Viertel der Empfänger aus (23 Prozent). Ebenfalls knapp ein Viertel der Menschen, die das Angebot nutzen, seien Rentner (23 Prozent). Es gebe 934 Tafeln mit mehr als 2100 Tafel-Läden und Ausgabestellen. Die Zahl der Tafeln sei in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, heißt es auf der Seite. Zu der Bedeutung und Entwicklung der Tafeln stellte die Fraktion der Linkspartei im Bundestag im vergangenen Jahr eine Kleine Anfrage. In der Antwort der Bundesregierung vom August 2017, die tagesschau.de vorliegt, heißt es, dass die Tafeln "eine Ergänzung zu den vorhandenen staatlichen Sozialleistungen" darstellten. "Sie können und sollen jedoch die staatlichen Sozialleistungen nicht ersetzen, weder teilweise noch vollständig." Die Bundesregierung stellte zu dem Zeitpunkt eine einfache Rechnung auf. Sie lautete: Je mehr Tafeln es gibt, desto mehr Menschen würden sie auch nutzen. In der Kleinen Anfrage heißt es, dass sich die Zunahme der Zahl von Tafeln und die wachsende Zahl ihrer Nutzer nicht nur gegenseitig bedingen würden, "sondern sie fördern sich auch wechselseitig". "Je größer das Angebot der Tafeln ist - sowohl hinsichtlich der Zahl der Abgabestellen als auch der Differenzierung der angebotenen Waren -, desto mehr Menschen nutzen das Angebot. Eine dadurch verursachte steigende Nachfrage nach den Angeboten wird wiederum als Begründung für eine Ausweitung des Angebots aufgefasst." Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband sagt, diese Aussage sei "extrem ignorant". Es gebe einen "ungeheuren Bedarf", der mit den Tafeln gestillt werde. Wie viel Geld hat ein Hartz-IV-Bezieher monatlich zur Verfügung? Als Alleinstehende(r) beziehungsweise als Alleinerziehende(r) steht einem Hartz-IV-Empfänger seit Anfang 2018 ein Regelsatz von 416,- Euro zu. Erwachsene, die zum Beispiel in Wohngemeinschaften untergebracht sind, sowie Behinderte, auf die das ebenfalls zutrifft, werden ebenfalls mit 416,- Euro unterstützt. Zusammenlebende Paare oder Bedarfsgemeinschaften kommen auf 374 Euro pro Partner. Nicht-erwerbstätige Menschen unter 25 Jahren, die im Haushalt ihrer Eltern leben, erhalten 332,- Euro. Bei Kindern und Jugendlichen gibt es eine Staffelung. Von 14 Jahren bis 18 Jahren (316,- Euro), von sechs bis 14 Jahren (296 Euro,-) sowie bis sechs Jahren (240 ,- Euro). Dazu kommen Kosten für Unterkunft und Heizung, die laut Bundesregierung "grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht" werden, "soweit sie angemessen sind". Wer gilt als arm? Laut Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD, bedeutet Armut "verschiedene Arten von Entbehrungen im Zusammenhang mit der Unfähigkeit, menschliche Grundbedürfnisse zu befriedigen". Zu diesen Grundbedürfnissen gehören "der Konsum und die Sicherheit" von Nahrung, Gesundheitsversorgung, Bildung, Rechtsprechung, gesellschaftliche Mitsprache, Sicherheit und Würde sowie eine menschenwürdige Arbeit. Die Berliner Armutskonferenz, ein Landesverband der Armutskonferenz, beschreibt Armut in der Präambel ihrer Geschäftsordnung als "subjektives Erleben", das "nicht allein über objektivierbare Daten" zu erfassen sei. "Armut in Deutschland ist relativ zu betrachten und dem Lebensstandard der Gesamtbevölkerung gegenüberzustellen." Die Einkommensarmut sei das Schlüsselmerkmal. Sie habe "auf alle anderen Lebensbereiche des Menschen Einfluss". Die EU hat einen Richtwert für die Einkommensarmut definiert. Wer als Erwachsener weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens in der Bevölkerung für sich allein zur Verfügung hat, gilt als von Armut bedroht beziehungsweise als arm. Wie sehen die regionalen Unterschiede in Deutschland aus? Der EU-Richtwert für die Einkommensarmut ist regional sehr unterschiedlich. Aus dem Wert leitet sich die sogenannte Armutsgefährdungsschwelle ab. Das heißt laut Statistischem Bundesamt, dass man im Jahr 2016 zum Beispiel in Baden-Württemberg ab 1055,- Euro monatlich arm war, in Hamburg ab 1040,- Euro, in Thüringen ab 870,- Euro und in Mecklenburg-Vorpommern ab 846,- Euro. Für Haushalte mit zwei Erwachsenen und zwei Kinder unter 14 Jahren war man in Baden-Württemberg im Jahr 2016 mit einem zur Verfügung stehenden Geld unterhalb von 2215,- Euro arm, in Hamburg ab 2184,- Euro, in Thüringen ab 1827,- Euro und in Mecklenburg -Vorpommern ab 1777,- Euro. Laut Statistischem Bundesamt lagen die Armutsquoten 2016 in Bremen mit 22,6 Prozent, Sachsen-Anhalt mit 21,4 Prozent und Mecklenburg-Vorpommern mit 20,4 Prozent am höchsten. Die niedrigsten Armutsquoten verzeichneten Baden-Württemberg mit 11,9 Prozent, Bayern mit 12,1 Prozent und Hamburg mit 14,9 Prozent. Hat Deutschland eines der besten Sozialsysteme der Welt, wie Spahn behauptet? Da gibt es sehr unterschiedliche Meinungen. Viele Vertreter der Bundesregierung würden das vielleicht so sagen, wie Spahn es formuliert hat. Entsprechende Äußerungen gibt es auch von der liberalen und rechts-konservativen Opposition. Eschen von der Nationalen Armutskonferenz sagt, dass die soziale Sicherung in den skandinavischen Ländern nach wie vor deutlich besser sei als in Deutschland. "Das betrifft sowohl die Höhe des Arbeitslosengeldes als auch das Niveau der Mindestsicherung, der Renten und die Wohnraumversorgung." Laut Eschen wachse in Deutschland die Altersarmut jährlich, während sie zum Beispiel in Österreich und der Schweiz relativ niedrig sei. "Die Altersvorsorgeeinkommen sind dort grundsätzlich deutlich höher." Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband sagt, die Äußerungen von Spahn würden "von einer erheblichen Realitätsferne" zeugen. Die Menschen, die behaupten würden, Hartz-IV würde zum Leben reichen, hätten nicht viel mit den Empfängern dieser Sozialleistung zu tun. Zur Frage, warum Spahns Aussage gerade jetzt solche Aufregung hervorruft, obwohl schon die damalige Arbeitsministerin und heutige SPD-Fraktionschefin im Bundestag, Andrea Nahles, sich in den vergangenen vier Jahren oft ähnlich äußerte, sagte Schneider: "Das Timing im Zusammenhang mit den Tafeln war entscheidend dafür, dass Spahns Äußerungen als Provokation verstanden wurden." Die Tafeln hätten uns vor Augen geführt, dass wir in Deutschland Armut haben. Sich frühmorgens in der Kälte im Winter bei den Tafeln anzustellen, mache man nur, wenn man wirklich darauf angewiesen sei. Mitarbeit: Wolfgang Wichmann | /inland/faq-armut-in-deutschland-101.html |
2018-03-01 | Viele Tote bei Flugzeugunglück | Absturz in Nepal | Ein Linienflugzeug aus Bangladesch mit 71 Menschen an Bord ist nach der Landung auf dem Flughafen der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu verunglückt. Laut offiziellen Angaben gab es mindestens 49 Tote.
mehr | Ein Linienflugzeug aus Bangladesch mit 71 Menschen an Bord ist nach der Landung auf dem Flughafen der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu verunglückt. Laut offiziellen Angaben gab es mindestens 49 Tote. Bei der Bruchlandung eines Flugzeugs mit 71 Personen an Bord auf dem Flughafen der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu sind laut Polizeiangaben mindestens 49 Menschen ums Leben gekommen. 22 der Insassen würden mit teils lebensgefährlichen Verletzungen im Krankenhaus behandelt. An Bord seien 67 Passagiere gewesen, teilte ein Sprecher der Fluggesellschaft mit: 32 aus Bangladesch, 33 aus Nepal und jeweils einer aus China und den Malediven. Zudem hätten sich vier Besatzungsmitglieder in der Maschine befunden. Unglücksursache noch unbekannt Nach Angaben der Behörden war die aus Dhaka kommende Propellermaschine der privaten Fluggesellschaft US-Bangla bei der Landung von der Landebahn abgekommen, in ein Fußballfeld gekracht und habe dann Feuer gefangen. Die Unglücksursache ist noch nicht bekannt. Der Direktor der nepalesischen Luftfahrtbehörde sagte, die Maschine vom Typ Bombardier Dash 8 habe vielleicht technische Probleme gehabt. Die Maschine brach in mehrere Teile, Dutzende Feuerwehrleute und Rettungskräfte waren im Einsatz, beobachtete ein Journalist der Nachrichtenagentur AP. Dichter Rauch stieg aus dem Flugzeug auf, das sich auf einem Feld am Rand des Flughafens befand. Das Flugzeug sei extrem tief geflogen. Plötzlich habe es einen Knall gegeben und dann noch einen, sagte eine Augenzeugin, die den Absturz von der Terrasse ihres Homeoffices beobachtete. Feuerwehrleute hätten den Brand sehr schnell gelöscht, sagte sie weiter. Das Flugzeug habe zwei Schleifen über dem Flughafen gedreht, während es auf eine Landegenehmigung gewartet habe, sagte ein Manager der Fluggesellschaft. Alle Starts und Landungen abgesagt Auf dem Tribhuvan International Airport wurden nach dem Unfall alle Starts abgesagt und ankommende Flüge zu anderen Zielen umgeleitet. Der auf 1338 Metern Höhe gelegene Flughafen von Kathmandu hat nur eine Start- und Landebahn, die in ungefährer Nord-Süd-Richtung verläuft. Am Flughafen von Kathmandu haben sich bereits mehrere tödliche Flugzeugunglücke ereignet. Im September 2012 starben alle 19 Personen an Bord einer Turboprop-Maschine von Sita Air, die Bergsteiger zum Mount Everest befördern wollte. Das Flugzeug kollidierte kurz nach dem Start mit Vögeln und stürzte ab. | /ausland/nepal-flugzeugabsturz-101.html |
2018-03-01 | "Gewinner wären am Ende die Chinesen" | Drohende US-Einfuhrzölle | Die Europäer sind alarmiert - die von US-Präsident Trump angedrohten Zölle sollen noch im März in Kraft treten. Bis dahin wird Brüssel wohl mit den USA verhandeln. Ansonsten bliebe nur noch die Klage vor der WTO. Von Karin Bensch. | Die Europäer sind alarmiert - die von US-Präsident Trump angedrohten Zölle sollen noch im März in Kraft treten. Bis dahin wird Brüssel wohl mit den USA verhandeln. Ansonsten bliebe nur noch die Klage vor der WTO. Ring frei für Runde zwei. Der Streit um US-Importzölle auf Stahl und Aluminium aus Europa geht weiter. Ein Treffen zwischen Vertretern der USA und der EU am Wochenende in Brüssel hatte keine Einigung gebracht. Deshalb sollen die Gespräche in dieser Woche fortgesetzt werden. "Wir hoffen immer noch, dass die Europäische Union von den US-Zöllen ausgenommen wird", sagte Cecilia Malmström, die in der EU-Kommission für Handel zuständig ist. Kanada und Mexiko, die Nachbarn und Freihandelspartner der USA, sind bereits von den Zöllen befreit. Auch für Australien soll eine Ausnahme gemacht werden. Handelskommissarin Malmström betonte, dass die EU ebenfalls ein Freund und ein enger militärischer NATO-Verbündeter sei und keine Gefahr für die Sicherheit der USA darstelle, mit der Trump die Zölle offiziell begründet hatte. Macron und Merkel sind besorgt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte US-Präsident Trump in einem Telefonat gewarnt, dass mit Zöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte aus Europa ein Handelskrieg riskiert werde. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte von einer ernsten Situation gesprochen. Die Zölle seien nicht sachgerecht, weil es ein weltweit vereinbartes System von Einfuhrzöllen gebe. Merkel setzt auf Gespräche, aber auch darauf, die deutschen Interessen zu schützen. EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger hält den derzeitigen Zollstreit für schwierig, aber beherrschbar. Es seien Entschiedenheit und Gelassenheit gefragt, sagte Oettinger dem Europastudio Brüssel. "Ein Handelskrieg zwischen Europa und den USA hätte einen Gewinner: China. Die Chinesen sollten nicht lachender Dritter sein." In knapp zwei Wochen sollen die neuen US-Zölle gelten. Bis dahin werden Europäer und Amerikaner wohl verhandeln. Sollte keine Lösung gefunden werden, will die EU vor der Welthandelsorganisation WTO klagen und ihrerseits Zölle auf US-Produkte verhängen. Wir wollen nicht, dass die Situation eskaliert, sagte Handelskommissarin Malmström. Aber wir können auch nicht weiter schweigen, wenn eine solch große Maßnahme unsere europäische Wirtschaft bedroht. Trump droht mit Zöllen auf deutsche Autos Mittlerweile hat US-Präsident Donald Trump nachgelegt: Er drohte weitere US-Importzölle an - diesmal auf europäische Autos. Bei einer Wahlveranstaltung sagte Trump, wenn die Europäer nicht ihre Schranken öffnen und ihre Zölle abschaffen, "dann kassieren wir eben Geld von Mercedes Benz und BMW". Die Zölle auf europäische Autos, die in die USA importiert werden, liegen derzeit deutlich niedriger als die Zölle, die in Europa auf US-Autos erhoben werden. Die Europäische Union verlangt etwa zehn Prozent, in den USA sind es lediglich 2,5 Prozent. Im vergangenen Jahr exportierten allein deutsche Autohersteller fast eine halbe Million Fahrzeuge in die Vereinigten Staaten. Die angedrohten Auto-Zölle werden den Streit wohl noch mehr anheizen. | /ausland/eu-strafzoelle-usa-101.html |
2018-03-01 | EU-Kommission fordert Ausnahme | US-Strafzölle | Zuletzt hatte die EU mit Gegenmaßnahmen gedroht. Doch nach dem US-Beschluss für Einfuhrzölle fällt die erste Reaktion eher zurückhaltend aus. Die EU sollte von den Maßnahmen ausgenommen werden, hieß es aus der EU-Kommission.
mehr | Zuletzt hatte die EU mit Gegenmaßnahmen gedroht. Doch nach dem US-Beschluss für Einfuhrzölle fällt die erste Reaktion eher zurückhaltend aus. Die EU sollte von den Maßnahmen ausgenommen werden, hieß es aus der EU-Kommission. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hat nach der Verhängung von US-Strafzöllen auf Stahl und Aluminium gefordert, die EU davon auszunehmen. "Die EU ist ein enger Verbündeter der USA, und wir glauben weiterhin, dass die EU von diesen Maßnahmen ausgenommen werden sollte", erklärte Malmström via Twitter. Malmström will Klarheit schaffen Sie werde in den nächsten Tagen versuchen, Klarheit zu schaffen, erklärte Malmström weiter. Am Samstag will sie den US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer zu Gesprächen in Brüssel treffen. Aus dem Weißen Haus hieß es, dass künftige Ausnahmeregelungen - wie für Kanada und Mexiko - auch noch für andere Länder möglich seien. Die US-Regierung sei bereit, "Land für Land" über Ausnahmen bei den Zöllen zu verhandeln. Die EU hatte zuletzt angedroht, US-Strafzöllen mit Gegenzöllen auf US-Produkte zu begegnen. Dazu existiert bereits eine Liste vor allem mit symbolträchtigen US-Produkten wie Whiskey, Motorrädern und Mode aus US-Produktion. Aber auch Kosmetika und Werkzeuge könnten bei uns teurer werden, wenn die EU die Zollschraube nach oben drehen sollte, um an der amerikanischen Handelspolitik Revanche zu üben. Die neuen US-Zölle dürften aber weitaus größeren Schaden in Europa anrichten als umgekehrt - damit rechnen Wirtschaftsforscher. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) warnte: An der deutschen Stahl- und Aluminiumproduktion hingen Zehntausende Arbeitsplätze. "Und sollten die Strafzölle auch noch auf Autos ausgeweitet werden, wie es Trump angedeutet hat, dürfte der Schaden noch deutlich größer sein", so das DIW. Kritik aus der deutschen Wirtschaft Entsprechend deutlich ist die Reaktion auf die US-Strafzölle durch deutsche Wirtschaftsvertreter: Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, erklärte die USA schadeten nicht nur dem Welthandel, sondern auch sich selbst. Es gelte, für das Welthandelssystem einzustehen, zugleich aber den Gesprächskanal nach Washington offen zu halten. Die EU solle gemeinsam mit internationalen Partnern bei der WTO Klage erheben, erklärte Wansleben weiter. Zugleich sollten in enger europäischer Abstimmung auch kurzfristig WTO-konforme Maßnahmen vorbereitet werden, um den USA "ein europäisches Signal für den Freihandel" zu senden. "In Zeiten des globalisierten und digitalisierten Wettbewerbs" sei "Abschottung ein absoluter Irrweg", sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer der "Rhein-Neckar-Zeitung". Mit Informationen von Andreas Meyer-Feist, ARD-Studio Brüssel | /wirtschaft/eu-reaktionen-trump-zoelle-101.html |
2018-03-01 | Keine Ausnahme für EU - vorerst | US-Schutzzölle | Die EU will von den US-Einfuhrzöllen verschont werden. Nach einem Treffen zwischen der EU-Handelskommissarin und dem US-Handelsbeauftragten wird aber deutlich: So einfach dürfte es nicht werden.
mehr | Die EU will von den US-Einfuhrzöllen verschont werden. Nach einem Treffen zwischen der EU-Handelskommissarin und dem US-Handelsbeauftragten wird aber deutlich: So einfach dürfte es nicht werden. Die USA und die EU haben sich bei einem ersten Treffen nicht auf eine Ausnahmeregelung bei US-Zöllen auf Stahl und Aluminium einigen können. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström sagte nach Gesprächen mit dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer in Brüssel, dass es keine unmittelbare Klarheit über das genaue US-Verfahren gebe. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter bekräftigte sie anschließend ihre Forderung: "Als enger Sicherheits- und Handelspartner der USA muss die EU von den angekündigten Maßnahmen ausgenommen werden." Die Diskussion soll nächste Woche fortgesetzt werden. EU droht mit Gegenmaßnahmen Die Unruhe ist groß in Europa, seit Trump Importzölle verhängt hat: 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium. Sie sollen ab Ende März gelten. Bis dahin wollen die Europäer die Zeit nutzen, um die US-Regierung umzustimmen. Das heutige Treffen war schon vor Unterzeichnung der Zolldekrete vereinbart worden. Es sollte sich ursprünglich mit den globalen Überkapazitäten, besonders in der Stahlproduktion befassen. Bereits im Vorfeld hatte Vize-Kommissionspräsident Jyrki Katainen gewarnt, dürfe man sich nicht zu viel versprechen: "Erwarten Sie nicht, dass morgen alles gelöst wird. Das morgen ist EIN Treffen, nicht DAS Treffen." Er sollte recht behalten. Mögliche Klage vor WTO Was aber, wenn die Gespräche scheitern? Dann will die EU vor der Welthandelsorganisation (WTO) klagen und ihrerseits Zölle auf US-Produkte verhängen. Dazu hat die EU-Kommission eine Liste mit Waren im Wert von 2,8 Milliarden Euro erstellt, die von Whiskey über Motorräder bis zu Erdnussbutter reichen. Viele Abgeordnete des Europaparlaments sind dafür, dass die EU Gegenmaßnahmen ergreift. Zu ihnen gehört der CDU-Politiker Daniel Caspary: "Es ist in Ordnung, wenn sich die Amerikaner gegen Dumping wehren, aber es ist nicht in Ordnung, wenn sich die Amerikaner einfach gegen ganz normalen Wettbewerb aus Europa wehren", sagte er vor dem Treffen. "Ich finde es gut, dass wir hier nicht überreagieren, aber deutlich machen gegenüber den Amerikanern, dass wir das nicht einfach auf uns sitzen lassen." Angst vor Handelskrieg Das ist ein schwieriger Balance-Akt. Denn die Gefahr besteht, dass sich aus dem Streit über Stahlzölle ein weltweiter Handelskrieg entwickelt. Stahlhersteller könnten künftig wegen der Schutzzölle nicht mehr in die Vereinigten Staaten liefern, sondern den europäischen Markt mit Billigstahl überschwemmen. Zudem hat US-Präsident Trump für den Fall, dass die EU Gegenmaßnahmen startet, angekündigt, er werde weitere Zölle erheben - zum Beispiel auf europäische Autos. Das würde vor allem deutsche Hersteller treffen, die im vergangenen Jahr fast eine halbe Million Fahrzeuge in die USA exportierten. Für welche Zugeständnisse? Es geht also darum herauszufinden, ob die US-Regierung doch dazu bereit ist, die EU von Schutzzöllen zu befreien, und welche Zugeständnisse sie dafür erwartet. US-Präsident Trump hat wiederholt NATO-Staaten kritisiert, die weniger für Rüstung ausgeben als vereinbart - darunter auch Deutschland. In einem Telefongespräch mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron stellte Trump die Zollentscheidung erneut als "notwendig und angemessen" dar, "um die nationale Sicherheit zu schützen". Das Weiße Haus teilte mit, Trump und Macron hätten "über alternative Möglichkeiten" gesprochen, "um auf Bedenken der Vereinigten Staaten einzugehen". Hoffnung macht der EU, dass die US-Regierung ihre Schutzzoll-Politik bereits aufweichte. Ausnahmen machte sie für die Nachbarn und Freihandelspartner Kanada und Mexiko. Auch Australien soll keine Schutzzölle zahlen. Das Land habe Zugeständnisse gemacht und lege Wert auf faire Militär- und Handelsbeziehungen, heißt es. Brasilien, Japan, Südkorea und die EU bemühen sich weiter um ein ähnliches Entgegenkommen. Mit Informationen von Karin Bensch und Holger Romann, ARD-Studio Brüssel | /ausland/euzoelle-101.html |
2018-03-01 | Xi ohne Grenzen? | Volkskongress in China | Die Macht von Chinas Staatschef Xi wächst weiter. Der Volkskongress hob mit einer Verfassungsänderung die Begrenzung der Amtszeiten des Präsidenten auf. Selbst Kritik an Xi könnte als verfassungswidrig gelten.
mehr | Die Macht von Chinas Staatschef Xi wächst weiter. Der Volkskongress hob mit einer Verfassungsänderung die Begrenzung der Amtszeiten des Präsidenten auf. Selbst Kritik an Xi könnte als verfassungswidrig gelten. Chinas Volkskongress hat Präsident Xi Jinping den Weg freigemacht, unbegrenzt im Amt zu bleiben. Das nicht frei gewählte Parlament billigte eine entsprechende Verfassungsänderung. Bislang war die Amtszeit des Präsidenten auf zweimal fünf Jahre begrenzt. Xi könnte jetzt theoretisch so lange im Amt bleiben, wie er möchte. Das sei ein Paradigmenwechsel, sagt Kristin Shi-Kupfer. Sie ist Wissenschaftlerin beim China-Institut Merics in Berlin. "Es bedeutet vor allen Dingen ein größeres Risiko, es bedeutet größere Machtfülle, weniger Transparenz. Weniger Möglichkeit auch, persönliche Politikentscheidungen zu korrigieren. Sicherlich ist das als ein Schritt zu bewerten in Richtung eines totalitären Systems." Stabilität und Kontinuität Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei hatte die Abschaffung dieser Begrenzung vorgeschlagen. Offiziell wird die Verfassungsänderung damit begründet, Stabilität und Kontinuität für die politische Führung der Volksrepublik in den kommenden Jahrzehnten zu schaffen. Wie erwartet gab es unter den fast 3000 Delegierten in der Großen Halle des Volkes kaum Widerspruch. Lediglich zwei Delegierte stimmten gegen den Antrag, drei enthielten sich. Für Wang Chenguang, Jurist an der renommierten Tsinghua Universität in Peking, ist das der richtige Weg. Im Staatsfernsehen CGTN sagte er: "Jedes Land und jede Gesellschaft hat seinen eigenen Probleme und Herausforderungen. Für die Reformpolitik in China ist Kontinuität und Stabilität das wichtigste. Wir brauchen dafür eine stabile Führung, die die Politik für die kommenden Jahre umsetzen kann." Neue ideologische Leitlinie Auch das so genannte Xi-Jinping-Denken ist als neue ideologische Leitlinie in der Präambel der Verfassung verankert worden. Kritik an Xi könnte damit künftig als verfassungswidrig gelten. Kritiker werden es deshalb künftig noch schwieriger haben, sagt der Pekinger Dissident Hu Jia. "Die ganze Zeit unter Xi Jinping wurden Leute mit abweichenden Meinungen unterdrückt. Jeder muss das doch klar sehen. Wie kann Präsident Xi nun so unbeschränkt herrschen dürfen? Weil zu wenige Leute sich wehren. Und darum können wir in diesem Moment nicht zurückweichen, sondern müssen nach vorne kommen und Stellung beziehen." Der 64-jährige Xi galt bereits vorher als der mächtigste Politiker in der Volksrepublik seit Jahrzehnten. Seit seinem Amtsantritt 2013 richtete er Staat und Partei konsequent auf sich aus. Er hat die wichtigsten Kommissionsvorsitze selbst übernommen und sich den Titel "Kern der Partei" verleihen lassen. Im Antrag zur Verfassungsänderung hieß es nun, die Abschaffung der Begrenzung auf zwei Amtszeiten diene dazu, mit Xi die "Autorität und die vereinigte Führung" des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei zu sichern und das "nationale Führungssystem zu stärken und zu perfektionieren". Kritiker warnen vor soviel Macht Xi ist Präsident, Parteichef sowie Oberkommandierender der Streitkräfte. Kritiker warnen vor so viel Macht in den Händen des Präsidenten. Umgeben von Ja-Sagern könnte Xi den Bezug zur Realität verlieren. Der Politikwissenschaftler Willy Lam von der Chinese University in Hongkong sagt, der Präsident sei in den vergangenen fünf Jahren extrem erfolgreich darin gewesen, seine Fraktion innerhalb der politischen und militärischen Führung auszubauen. Xi ist ein Erz-Konservativer, der um jeden Preis die Macht der Kommunistischen Partei erhalten wolle. Und seine eigene Macht als "Mao Zedong des 21. Jahrhunderts", so Lam. Kritik an staatlicher Aufsichtskommission Durch einen Verfassungszusatz bekommt China nun außerdem eine neue staatliche Aufsichtskommission, die mit weitreichenden Befugnissen unabhängig von der Justiz die bisherige Kontrolle der Parteimitglieder auf alle Staatsbediensteten ausweitet. Das Organ soll den Kampf gegen die Korruption stärken. Unter Xi hat der Kampf gegen Korruption oberste Priorität. Darin sehen die Kritiker ein neues Werkzeug der Kommunistischen Partei zur politischen Verfolgung. Lam sagt, dass es unter Xi - verglichen mit seinen drei Vorgängern Deng Xiaoping, Jiang Zemin und Hu Jintao - am wenigsten Toleranz für abweichende Meinungen gibt. "Er kontrolliert strikt die Medien, das Internet und die sozialen Medien. Außerdem versucht er, zivilgesellschaftliche Elemente zu unterdrücken", so Lam. Für die Intellektuellen in China, die nicht mit Xis "extrem orthodoxer Form des Sozialismus" übereinstimmen, sei das eine große Herausforderung. | /ausland/asien/china-amtszeit-praesident-101.html |
2018-03-01 | Trump droht mit weiteren Zöllen | Handelsstreit | Nach den Zöllen auf Stahl und Aluminium hat US-Präsident Trump seine Drohung gegenüber der EU verschärft und höhere Abgaben auch auf Autos angedroht. China warnt vor katastrophalen Folgen eines Handelskriegs.
mehr | Nach den Zöllen auf Stahl und Aluminium hat US-Präsident Trump seine Drohung gegenüber der EU verschärft und höhere Abgaben auch auf Autos angedroht. China warnt vor katastrophalen Folgen eines Handelskriegs. US-Präsident Donald Trump hat im Handelsstreit mit den Europäern den Ton verschärft und abermals höhere Zölle auf Autos angedroht. "Die Europäische Union, wunderbare Länder, die die USA beim Handel sehr schlecht behandeln, beschweren sich über die Zölle auf Stahl & Aluminium", schrieb Trump auf Twitter. "Wenn sie die furchtbaren Barrieren & Zölle auf eingeführte US-Produkte fallenlassen, werden wir umgekehrt unsere fallenlassen. Großes Defizit. Wenn nicht, erheben wir Zölle auf Autos etc. FAIR!" The European Union, wonderful countries who treat the U.S. very badly on trade, are complaining about the tariffs on Steel & Aluminum. If they drop their horrific barriers & tariffs on U.S. products going in, we will likewise drop ours. Big Deficit. If not, we Tax Cars etc. FAIR! Zuvor hatte sich die Europäische Union beim Handelsbeauftragten von Trump um eine Befreiung von den angekündigten Stahlzöllen bemüht. Der Einsatz von EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström blieb jedoch erfolglos. Nach dem Treffen in Brüssel sagte sie, sie habe "keine sofortige Klarheit über das genaue US-Prozedere für eine Befreiung" erhalten. Für nächste Woche seien neue Gespräche geplant. Für den Fall, dass die EU mit ihren 28 Mitgliedsstaaten keine Befreiung erwirken kann, hat sie gedroht, Zölle auf US-Produkte wie Erdnussbutter und Orangensaft zu erheben. China will Konflikt vermeiden Auch China warnte vor gefährlichen Folgen für die globale Konjunktur. "In einem Handelskrieg gibt es keine Gewinner", sagte Handelsminister Zhong Shan in Peking. "Er wird China und die USA und die Welt nur in die Katastrophe stürzen." China wolle einen solchen Konflikt nicht und sei bereit, seine Interessen resolut zu verteidigen. Nötig sei aber ein Dialog. Denn niemand wolle einen Handelskrieg austragen, der einem selbst nichts nütze und anderen schade. Trump hat die Einführung von Zöllen auf Stahl in Höhe von 25 Prozent und auf Aluminium in Höhe von zehn Prozent mit der nationalen Sicherheit der USA begründet. Davon ausgenommen sind zunächst Kanada und Mexiko. Die Zölle treten in zwei Wochen in Kraft. Zu Besuch bei 17.000 Stahlarbeitern Bei einem Besuch im Westen Pennsylvanias warb Trump vehement für seine neuen Einfuhrzölle. Diese würden die Stahlindustrie in der Region retten, sagte er bei einer Kundgebung in Moon Township im 18. Wahlbezirk nahe Pittsburgh. Dort gibt es Schätzungen zufolge rund 17.000 Stahlarbeiter. Anlass für Trumps Visite war die anstehende Nachwahl zum Abgeordnetensitz in Washington, in deren Vorfeld sich der Republikaner Rick Saccone und der Demokrat Conor Lamb ein überraschendes Kopf-an-Kopf-Rennen liefern. Noch bei der Präsidentenwahl 2016 hatte Trump den Bezirk mit einem Vorsprung von 20 Prozent gewonnen - und damit letztlich den Staat Pennsylvania, der bis dato seit Jahrzehnten in demokratischer Hand war. Die Nachwahl im 18. Wahlbezirk gilt nun als wichtiger Stimmungstest für die Kongresswahl im November. Ein Erfolg in der den Republikanern zuneigenden Region dürfte die Demokraten beflügeln. Mit einem Sieg Saccones könnte Trump wiederum beweisen, dass sein Rückhalt bei den Arbeitern weiter stark ist. | /ausland/euzoelle-103.html |
2018-03-01 | Wer will was im Handelsstreit? | US-Zölle | Zwischen den USA und der EU droht ein Handelskrieg. Doch wer hat eigentlich welche Möglichkeiten? Welchen Plan verfolgt Trump, und wie könnte die EU reagieren? Ein Überblick.
mehr | Zwischen den USA und der EU droht ein Handelskrieg. Doch wer hat eigentlich welche Möglichkeiten? Welchen Plan verfolgt Trump, und wie könnte die EU reagieren? Ein Überblick. Was hat Trump entschieden? Von seinem Plan ließ sich der US-Präsident nicht abbringen: Trump hat für Stahl einen Zoll von 25 Prozent angeordnet, auf importiertes Aluminium werden künftig zehn Prozent aufgeschlagen. Die Steuern sollen in gut zwei Wochen in Kraft treten. "Amerika wurde von vielen Ländern ausgenutzt", sagte Trump zur Begründung. Bis zuletzt hatten die Abgeordneten seiner eigenen Partei, traditionell dem Freihandel verschrieben, noch versucht, Trump von seinem Vorhaben abzubringen. Ausgenommen sind zunächst nur die Nachbarn und Freihandelspartner Mexiko und Kanada. Beide stehen zusammen für ein Viertel der US-Stahlimporte. Trump will zudem Australien von den US-Schutzzöllen ausnehmen. Alle anderen Länder lud Washington zu Einzelfallverhandlungen ein. Durfte der US-Präsident das allein entscheiden? Fast. Trump beruft sich bei seiner Zollpolitik auf die nationale Sicherheit. Damit hat er große Befugnisse - beruhend auf Paragraf 232 des "Trade Expansion Acts" aus dem Jahr 1962. Das Handelsministerium hatte unter diesem Gesichtspunkt nach monatelanger Prüfung eine Vorlage geliefert. Indem Trump die nationale Sicherheit bemüht, konnte er am Kongress vorbei alleine die Entscheidung treffen. Die EU-Kommission hält diese Begründung für absurd. "Wir können nicht sehen, wie die EU eine Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA sein kann", sagte Handelskommissarin Cecilia Malmström. War Trumps Entscheidung wohlüberlegt oder eher spontan? Vieles spricht dafür, dass Minister Wilbur Ross eine besser zurechtgestutzte, zielgenauere Version favorisierte. Die hätte zwölf Länder - darunter China und Russland - treffen sollen, aber mit Ausnahme der Türkei keine NATO-Partner. Die EU-Länder wären dann von Zöllen verschont worden. Ross betonte, dass die Entscheidung für Zölle "wohl durchdacht" getroffen worden sei - einen Handelskrieg strebe man nicht an. US-Kommentatoren sind sich einig, dass bei Trump vor allem hinsichtlich des Zeitpunkts des überraschenden Vorstoßes auch Innenpolitik eine große Rolle spielte. Der Präsident steht wegen Personalquerelen im Weißen Haus sowie der Russland-Affäre unter großem Druck. In der Stahl-Hochburg Pennsylvania steht demnächst eine wichtige Nachwahl an. Welche Gegenmaßnahmen könnte die EU einleiten? Bei Gesprächen mit dem Handelsbeauftragten von Trump konnte Malmström keine Befreiung von den Stahlzöllen erwirken. Die EU könnte kurzfristig ebenfalls Handelsbarrieren für US-Produkte errichten - entweder in Form von höheren Zöllen oder durch Einfuhrquoten. Brüssel geht derzeit von Einbußen von rund 2,8 Milliarden Euro für die heimische Industrie durch die angekündigten Zusatzzölle auf Stahl und Aluminium aus. Gegenmaßnahmen sollen dann ebenfalls in dieser Größenordnung erfolgen. EU-Experten arbeiten seit Monaten an einer Liste mit US-Produkten, die als Reaktion auf Abschottungsmaßnahmen im Fokus stehen könnten. Darauf dürften vor allem Industrie- und Agrarprodukte stehen. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatte zuletzt angekündigt, dass etwa Bourbon-Whiskey und Harley-Davidson-Motorräder dazu zählen könnten. Handelskommissarin Malmström sprach nun zudem von Erdnussbutter, Orangensaft und Cranberrys. Für die EU dürfte es darum gehen, die US-Wirtschaft möglichst empfindlich zu treffen, allzu gravierende Auswirkungen für Verbraucher und Unternehmen hierzulande aber zu vermeiden. Zudem könnten so gezielt Bundesstaaten von politischen Unterstützern Trumps getroffen werden. Die EU will im Fall der Fälle auch Beschwerde bei der WTO einlegen. So ging sie auch 2002 vor, als US-Präsident George W. Bush Zölle auf Stahlprodukte einführte. Die USA kosteten die wirtschaftlichen Folgen des damaligen Handelskonfliktes Studien zufolge rund 200.000 Arbeitsplätze. Nachdem die USA ihre Zölle zurückgenommen hatten, normalisierte sich der Handel wieder und die Regelung der Angelegenheit wurde allgemein als Erfolg der WTO gewertet. Wenn die Richter - wie damals - gegen die USA entscheiden, dürfte die EU offiziell Vergeltungsmaßnahmen einleiten. Bevor sie klagt, will sich die EU laut Handelskommissarin Malmström mit anderen von den US-Maßnahmen betroffenen Staaten absprechen. Das Problem: Ein Verfahren kann Jahre dauern. Trump hat zudem bereits gedroht, die WTO zu verlassen und blockiert die Ernennung neuer Richter für das Streitschlichtungsgremium der Organisation. Dass Trump keine Angst vor einem Handelskrieg hat, machte er mit markigen Worten deutlich. "Wenn ein Land (USA) viele Milliarden Dollar im Handel mit praktisch jedem Land verliert, mit dem es Geschäfte macht, dann sind Handelskriege gut - und einfach zu gewinnen", schrieb er auf Twitter. Wie sehen die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA derzeit aus? Die USA sind für die Europäische Union der mit Abstand wichtigste Handelspartner. Nach Angaben der EU-Kommission beläuft sich der Handel zwischen den beiden Seiten auf rund ein Drittel des gesamten Welthandels. 2016 betrugen EU-Warenexporte in die USA rund 362 Milliarden Euro. Die Güterimporte aus den USA hatten einen Wert von etwa 246,8 Milliarden Euro. Hinzu kommen erhebliche Dienstleistungsexporte sowie direkte Investitionen von Firmen. Die EU-Exporte von Stahl und Aluminium belaufen sich dagegen "nur" auf gut sechs Milliarden Euro pro Jahr. Die geltenden Zölle zwischen beiden Handelspartnern sind bereits vergleichsweise niedrig. Auf EU-Seite liegen sie im Schnitt bei etwa drei Prozent des Warenwerts, auf US-Seite bei knapp zweieinhalb Prozent. In einigen Sektoren gibt es allerdings erhebliche Abweichungen. Die EU verlangt etwa zehn Prozent bei Autoeinfuhren, in den USA sind es lediglich 2,5. Im Gegenzug sind die Zölle für Trucks und Pick-ups in den USA deutlich höher. Europa sichert zudem etwa seine Landwirtschaft überdurchschnittlich, in den USA werden hingegen etwa bei Schuhwaren bis zu 48 Prozent Aufschlag fällig. In Brüssel wird darauf verwiesen, dass Europa insgesamt weniger Zoll-Spitzenwerte als die USA aufzuweisen habe. Zudem gebe es neben Zöllen noch andere Handelshemmnisse - demnach lassen sich die USA bei Zulassungen einzelner Produkte teilweise jahrelang Zeit. Welche deutschen Branchen wären vor allem betroffen? Die Auswirkungen von Zöllen auf Stahl für die deutsche Stahlbranche wären aus Expertensicht nicht massiv. So sieht sich der Branchenprimus ThyssenKrupp von US-Zöllen direkt nur wenig betroffen. Der Konzern habe nur ein geringes Engagement in den USA. Branchenverbände aber warnten, Unternehmen, die bisher Stahl in die USA exportiert haben, würden sich Alternativen suchen - vor allem Europa. Folge könnte eine "Stahlschwemme" von Herstellern aus Nicht-EU-Ländern sein. Viel stärker treffen könnte es die deutsche Autoindustrie - wenn Trump seine Drohung wahr macht, nach möglichen Gegenmaßnahmen der EU Importzölle auf Autos zu verhängen. "Wir beobachten die aktuelle Entwicklung mit großer Sorge", sagte der Präsident des Branchenverbandes VDA, Bernhard Mattes. Zwar produzieren BMW, Daimler und VW zunehmend auch in den USA und beschäftigen dort insgesamt rund 37.000 Menschen. Die deutsche Autoindustrie aber exportiert daneben in großen Stückzahlen in die USA, im vergangenen Jahr waren es fast 500.000 Autos. Nach Berechnungen der Commerzbank haben die USA 2017 aus Deutschland Autos im Wert von 20 Milliarden Dollar importiert. Rückgänge hier könnten Folgen haben auch für die Beschäftigung in Deutschland. | /wirtschaft/handeslstreit-usa-eu-faq-103.html |
2018-03-01 | Trumps Zölle - nur der Anfang? | EU-Reaktionen | Die neuen US-Einfuhrzölle haben Brüssel aufgeschreckt. EU-Handelskommissarin Malmström hofft auf Ausnahmen. Doch es gibt auch die Befürchtung: Es kommt noch schlimmer. Von Ralph Sina. | Die neuen US-Einfuhrzölle haben Brüssel aufgeschreckt. EU-Handelskommissarin Malmström hofft auf Ausnahmen. Doch es gibt auch die Befürchtung: Es kommt noch schlimmer. "Wir suchen nicht die Schlacht. Die EU ist schließlich ein Friedensprojekt", betonte die Handelskommissarin der EU, Cecilia Malmström, auf einer Veranstaltung des German Marshall Fund in Brüssel. Bei einem Handelskrieg gebe es nur Verlierer. Um Details, der von Trump unterzeichneten Dekrete, zu erfahren und zu diskutieren, will Malmström am Samstag den US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer in Brüssel treffen. Hoffen auf Ausnahmen Malmström hofft nach wie vor, dass Trump die EU von den neuen Zöllen ausnimmt. Die EU sei schließlich ein enger Verbündeter der USA, twitterte Malmström in Richtung Weißes Haus. Doch Trump fühlt sich vor allem von dem Exportweltmeister Deutschland provoziert. Das US-Handelsbilanzdefizit mit Deutschland belief sich im vergangenen Jahr auf eine Rekordhöhe von 290 Milliarden US-Dollar. Die Bundesrepublik bleibt gleichzeitig mit ihren NATO-Beiträgen deutlich hinter Trumps Forderungen zurück. Da der US-Präsident Deutschland aber nicht isoliert von der EU bestrafen kann, zielen Trumps Zölle auf die gesamte Europäische Union. "Er stolpert da nicht irgendwie rein", betont der grüne EU-Abgeordnete und US-Kenner Reinhard Bütikofer gegenüber dem ARD-Studio Brüssel. "Sondern es ist der Versuch, die Welthandelsordnung rückabzuwickeln." Kritik vom Ex-Weltbankpräsidenten Genauso sah es auch der frühere Weltbankpräsident und ehemalige US-Handelsbeauftragte Bart Zoellik auf der Podiumsdiskussion des German Marshall Funds: Trump wolle ein Handelsregime bei dem er den Ertrag für die USA definiere. Internationales Handelsrecht und Multilateralismus interessierten den US-Präsidenten nicht, unterstrich Zoellik. Europaparlamentarier Bütikofer ist der Überzeugung: "Das ist nur der erste Schuss. Da kommt noch mehr nach." Trump und den USA passe es nicht, dass es international vereinbarte Regeln geben soll, die nicht garantieren, dass die USA auf jeden Fall am besten abschneiden. "Abschottungszölle nicht Strafzölle" Für Malmström steht deshalb fest: Bleibt Trump bei den Zöllen für die EU, bedarf es einer klaren und angemessenen Reaktion. Dazu zählt eine Beschwerde vor der Welthandelsorganisation WTO. Denn nach Ansicht der Kommission gefährden Europas Stahlexporte in die USA nicht wie von Trump behauptet die innere Sicherheit der Vereinigten Staaten. Stahl aus Europa werde weder zu Dumpingpreisen auf den Markt geworfen noch mit unlauteren Subventionen produziert, betont Bernd Lange, SPD-Handelsexperte im EU-Parlament. "Trump hat ja nicht Strafzölle gesetzt - es gibt ja nichts zu bestrafen. Er hat Abschottungszölle gesetzt." Reaktion der EU Gegen diese Abschottungszölle will die EU ihrerseits mit Zöllen auf 200 Produkte vorgehen, die überwiegend in von Republikanern regierten Bundesstaaten produziert werden. Ob und wie hoch Bourbon Whiskey, Harley-Davidson-Motorräder und Levi's-Jeans tatsächlich in Zukunft mit EU-Strafzöllen belegt werden, müssen die Mitgliedsländer entscheiden. Für diesen Entscheidungsprozess haben sie laut WTO-Regeln neunzig Tage nach Inkrafttreten der Trump-Zölle Zeit. | /ausland/handelskrieg-101.html |
2018-03-01 | "US-Strafzölle sind rechtswidrig" | Reaktion der Bundesregierung | Die Bundesregierung wehrt sich entschieden gegen die US-Strafzölle auf Stahl und Aluminium. Diese verstoßen ihrer Meinung nach gegen WTO-Recht. Auch die Kritik der Wirtschaft lässt nicht nach.
mehr | Die Bundesregierung wehrt sich entschieden gegen die US-Strafzölle auf Stahl und Aluminium. Diese verstoßen ihrer Meinung nach gegen WTO-Recht. Auch die Kritik der Wirtschaft lässt nicht nach. Die von US-Präsident Donald Trump auf den Weg gebrachten Strafzölle für Stahl und Aluminium sind aus Sicht der Bundesregierung nicht mit dem Recht der Welthandelsorganisation (WTO) vereinbar. Die Zölle seien "rechtswidrig", betonte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter. Die WTO selbst wollte sich nicht dazu äußern, ob die Schutzzölle rechtlich zulässig sind. Die Entscheidung über die nächsten Schritte liege bei den Mitgliedsstaaten der Organisation. Bundesregierung will auch Dialog suchen Streiter stritt zudem Trumps Argument ab, er würde mit der Maßnahme die nationale Sicherheit der USA stärken. Schutzzölle dienten rein wirtschaftlichen Interessen, konterte Streiter. Er hob die enge Verbindung der Bundesregierung zur EU-Kommission hervor. Gemeinsam werde man eine "deutliche Antwort finden". Allerdings warnte der Regierungssprecher auch vor einer "Eskalationsspirale", denn "Zölle treffen in erster Linie die Verbraucher". Bundeskanzlerin Merkel sagte, sie sehe die Zölle mit Sorge. Die Bundesregierung unterstütze die EU-Kommission dabei, sich in dem Streit an die Welthandelsorganisation zu wenden, aber auch den Dialog zu suchen, sagte Merkel. "Ich glaube, dass der Gesprächskanal gepflegt werden sollte", fügte sie hinzu. Gefahr für Zehntausende Jobs Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries warf Trump vor, "enge Partner wie die EU und Deutschland vor den Kopf zu stoßen". "Gegen den Rat seiner eigenen Partei, vieler Unternehmer und Ökonomen" schotte Trump die USA ab und mache mit diesem Kurs auch deutschen Unternehmen "das Arbeiten schwerer". Der europäische Stahlverband Eurofer warnte bereits vor konkreten Folgen der Strafzölle: In der EU seien durch das drohende Minus an Exporten in die USA und einem Importanstieg innerhalb der EU Zehntausende Jobs in der Stahl- sowie in verwandten Branchen in Gefahr. Mögliche Auswirkungen auf Deutschland Auf den ersten Blick scheint Deutschland von den US-Zöllen nur in geringem Maße betroffen: Im vergangenen Jahr ging etwa eine Million Tonnen Stahl aus der Bundesrepublik in die Vereinigten Staaten - insgesamt produzierten deutsche Betriebe 2017 rund 45 Millionen Tonnen. Doch Deutschland könnten die weitergreifenden Konsequenzen der Schutzzölle treffen: Die Länder, die große Mengen an Stahl und Aluminium in die Staaten exportieren, müssten versuchen, diesen Verlust durch Lieferungen in andere Staaten zu kompensieren. Dadurch droht ein Preisdumping, der auch der Stahlbranche in Deutschland und der gesamten EU schaden könnte. Gegenmaßnahmen im Ernstfall Die deutsche Industrie sprach sich für Gegenmaßnahmen auch - jedoch nicht voreilig. Dieter Kempf, Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie betonte, Vergeltungszölle dürften nur die "allerletzte Alternative" sein. Auch Ingo Kramer, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände warnte, ein Schlagabtausch zwischen USA und EU dürfe nicht in "Streitereien wie bei Halbstarken" ausarten, "die sich gegenseitig prügeln". | /wirtschaft/reaktionen-trump-zoelle-103.html |
2018-03-01 | Rufe nach Ausnahmen und mehr Freihandel | Reaktionen auf US-Strafzölle | Die US-Strafzölle rufen weltweit Kritik hervor: Während die EU Ausnahmen fordert, droht China mit Gegenmaßnahmen. Unterdessen unterzeichneten elf Pazifik-Anrainer ein Freihandelsabkommen - ohne die USA.
mehr | Die US-Strafzölle rufen weltweit Kritik hervor: Während die EU Ausnahmen fordert, droht China mit Gegenmaßnahmen. Unterdessen unterzeichneten elf Pazifik-Anrainer ein Freihandelsabkommen - ohne die USA. Die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, hohe Schutzzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte anzuordnen, hat international bei Handelspartner teils heftige Reaktionen und Kritik ausgelöst. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström forderte die USA auf, die EU davon auszunehmen. "Die EU ist ein enger Verbündeter der USA, und wir glauben weiterhin, dass die EU von diesen Maßnahmen ausgenommen werden sollte", erklärte Malmström via Twitter. On tonight’s announcement - the EU is a close ally of the US and we continue to be of the view that the EU should be excluded from these measures. I will seek more clarity on this issue in the days to come. Looking forward to meeting USTR Lighthizer in Brussels on Sat to discuss. Malmström will Klarheit schaffen Am Samstag will Malmström den US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer zu Gesprächen in Brüssel treffen. Aus dem Weißen Haus hieß es, dass künftige Ausnahmeregelungen - wie für Kanada und Mexiko - auch noch für andere Länder möglich seien. Die US-Regierung sei bereit, "Land für Land" über Ausnahmen bei den Zöllen zu verhandeln. Deutlich kämpferischer waren die Töne aus dem EU-Parlament: "Wir werden dieses aggressive Verhalten der USA nicht akzeptieren, ohne darauf zu reagieren", schrieb etwa der Fraktionschef der Christdemokraten, Manfred Weber. Europas Antwort müsse klar und bestimmt ausfallen, aber auch verhältnismäßig. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, David McAllister, sprach von einer "Belastungsprobe" für die transatlantischen Beziehungen. We deeply regret @realDonaldTrump’s announcement of tariffs on imported goods. The European Union does not want the trade conflict to escalate. But we will not accept this aggressive behaviour from the US without reacting. #tariffs #aluminium #steel @EPPGroup 1/2 Die EU hatte zuletzt angedroht, US-Strafzöllen mit Gegenzöllen auf US-Produkte zu begegnen. Dazu existiert bereits eine Liste vor allem mit symbolträchtigen US-Produkten wie Whiskey, Motorrädern und Mode aus US-Produktion. Aber auch Kosmetika und Werkzeuge könnten bei uns teurer werden, wenn die EU die Zollschraube nach oben drehen sollte, um an der amerikanischen Handelspolitik Revanche zu üben. Deutsche Wirtschaft fordert Konsequenzen Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft gaben sich alarmiert von Trumps Ankündigung. "Die deutsche Wirtschaft ist äußerst besorgt über die Entscheidung der US-Regierung, weitreichende Strafzölle zu verhängen", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), des Handwerksverbandes ZDH und des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Gewarnt wird vor einer "Spirale des Protektionismus". Die Bundesregierung müsse darauf drängen, den Streit durch die Welthandelsorganisation WTO beilegen zu lassen und andernfalls Gegenmaßnahmen zu ergreifen, sagte der BDI-Präsident Dieter Kempf. Der DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben erklärte, die USA schadeten nicht nur dem Welthandel, sondern auch sich selbst. Es gelte, für das Welthandelssystem einzustehen, zugleich aber den Gesprächskanal nach Washington offen zu halten. IWF warnt vor Vergeltungsspirale China forderte eine Rücknahme der Zölle und drohte seinerseits mit Gegenmaßnahmen. Chinas Handelsministerium erklärte am Freitag auf seiner Website, die US-Strafzölle seien "ein ernsthafter Angriff" auf die internationale Handelsordnung. China lehne dies "entschieden ab". Japans Außenminister Taro Kono nannte die Entscheidung Trumps "bedauerlich" und warnte, die Maßnahme könne "ernsthafte Auswirkungen auf die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Japan und den USA" sowie auf die Weltwirtschaft haben. Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte vor einer Vergeltungsspirale. IWF-Chefin Christine Lagarde befürchtet weltweit eine Retourkutsche nach der anderen zum Schaden der globalen Wirtschaft. Kritik auch aus den Vereinten Nationen: Der Chef der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD), Mukhisa Kituyi, sieht die ärmeren Staaten durch die amerikanischen Zölle getroffen. Sie seien zwar auch Opfer, aber nicht in der Lage, Vergeltung gegen die USA zu üben, sagt er der Nachrichtenagentur Reuters. Mit Informationen von Andreas Meyer-Feist und Holger Romann, ARD-Studio Brüssel | /wirtschaft/reaktionen-trump-zoelle-101.html |
2018-03-01 | Hausarrest statt U-Haft für Alpay | Türkischer Journalist | Ein türkisches Gericht hat den regierungskritischen Journalisten Alpay aus der U-Haft entlassen. Der 74-Jährige wurde unter Hausarrest gestellt. Ein Prozess steht ihm noch bevor.
mehr | Ein türkisches Gericht hat den regierungskritischen Journalisten Alpay aus der U-Haft entlassen. Der 74-Jährige wurde unter Hausarrest gestellt. Ein Prozess steht ihm noch bevor. Nach 20 Monaten in Untersuchungshaft ist der Journalist Sahin Alpay in der Türkei aus dem Gefängnis entlassen und unter Hausarrest gestellt worden. Das berichteten türkische Medien. Das türkische Verfassungsgericht hatte zuvor erneut entschieden, dass die Haft seine Grundrechte unrechtmäßig einschränke. Es sprach ihm eine Entschädigung zu. Ein Strafgericht in Istanbul ordnete daraufhin die Entlassung des 74-jährigen prominenten Regierungskritikers an. Zeitung "Zaman" mittlerweile geschlossen Alpay steht weiter ein Prozess bevor. Ihm wird die Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vorgeworfen. Das Datum für den Prozess steht noch nicht fest. Er war nach dem gescheiterten Militärputsch vor knapp zwei Jahren festgenommen worden, für den die türkische Regierung den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen verantwortlich macht. Alpay schrieb für die inzwischen geschlossene Zeitung "Zaman", das wichtigste Medium der Gülen-Bewegung. Das Verfassungsgericht hatte bereits im Januar geurteilt, dass die Untersuchungshaft von Alpay und einem weiteren klagenden Journalisten, Mehmet Altan, gegen das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit verstoße. Nach harscher Kritik der Erdogan-Regierung an der Entscheidung hatten untergeordnete Gerichte aber die Freilassung der beiden verweigert, wogegen sie erneut vor das Verfassungsgericht gezogen waren. EGMR verhandelt beide Fälle Das Gericht betonte nun, dass seine Urteile bindend seien. Altans Fall werde zu einem späteren Zeitpunkt beraten. Am kommenden Dienstag befasst sich zudem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg mit beiden Fällen. Am 16. Februar hatte ein Strafgericht Altan und weitere Beschuldigte wegen versuchten Umsturzes zu lebenslanger Haft verurteilt. | /ausland/sahin-alpay-101.html |
2018-03-01 | Die EU wird konkret | Handelsstreit mit den USA | Die EU macht im Handelsstreit mit den USA Druck. Sie veröffentlichte eine Liste mit US-Produkten, auf die sie Einfuhrzölle erheben könnte, falls sie nicht von den US-Zöllen auf Stahl und Aluminium ausgenommen wird.
mehr | Die EU macht im Handelsstreit mit den USA Druck. Sie veröffentlichte eine Liste mit US-Produkten, auf die sie Einfuhrzölle erheben könnte, falls sie nicht von den US-Zöllen auf Stahl und Aluminium ausgenommen wird. Im Handelsstreit mit den USA hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit Gegenmaßnahmen gedroht. Die EU veröffentlichte eine Liste von US-Produkten, die im Fall eines anhaltenden Handelskonflikts mit neuen Zöllen belegt werden könnten. Zu den aufgeführten Waren zählen unter anderem Whiskey, Motorräder, Jeans und Tabakprodukte. Es sind aber auch Nahrungsmittel oder Stahlprodukte dabei. Die Liste wurde im Internet veröffentlicht, um europäischen Firmen die Gelegenheit zu geben, sich zu möglicherweise negativen Auswirkungen bei Vergeltungsmaßnahmen äußern. Sie haben dafür nun bis zum 26. März Zeit. Die EU-Zölle sollen erlassen werden, falls die USA europäische Unternehmen nicht von bereits beschlossenen Schutzzöllen auf Stahl und Aluminium ausnehmen. Altmaier reist nach Washington Unterdessen versuchen Regierungsvertreter, die Gefahr einer weiteren Eskalation im Dialog mit den USA zu bannen. Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios fliegt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier schon am Sonntag nach Washington, um mit hochrangigen Gesprächspartnern über die zukünftige Ausrichtung der Handelspolitik zu sprechen. Die Reise soll bis Dienstag dauern. Auch auf EU-Ebene wird weiter verhandelt. In der kommenden Woche soll sich EU-Handelskommissarin mit US-Handelsminister Wilbur Ross treffen. Die US-Zölle von 25 Prozent auf Stahl und 10 Prozent auf Aluminium sollen am kommenden Freitag in Kraft treten. Offiziell begründet Trump die Maßnahme mit sicherheitspolitischen Interessen. Die EU will erreichen, wie Mexiko und Kanada davon ausgenommen zu werden. | /wirtschaft/us-handelskonflikt-101.html |
2018-03-01 | "Es nützt Putin und May gleichermaßen" | Giftanschlag in Großbritannien | Im Fall Skripal mit dem Finger auf Russland zu zeigen, sei falsch, meint der Linken-Politiker und Biowaffenexperte van Aken im Interview mit tagesschau.de. Die Belege seien "hauchdünn", auch andere Länder kämen infrage.
mehr | Im Fall Skripal mit dem Finger auf Russland zu zeigen, sei falsch, meint der Linken-Politiker und Biowaffenexperte van Aken im Interview mit tagesschau.de. Die Belege seien "hauchdünn", auch andere Länder kämen infrage. tagesschau.de: Die britische Premierministerin Theresa May ist sich ziemlich sicher, dass Russland hinter dem Giftanschlag auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal steckt. Ist es so schwierig, Nowitschok herzustellen, dass es wirklich nur Russland gewesen sein kann? Jan van Aken: Nein. Man weiß sehr wenig über die Produktionsverfahren von Nowitschok. Bei anderen Chemiewaffen weiß man da mehr. Aber es ist wohl - wie andere Nervengase - durchaus kompliziert herzustellen. Deswegen bin ich mir sicher, dass eine Geheimdienstoperation dahinter steckt. Aber zu sagen, weil Russland das vor 40 Jahren entwickelt hat, waren sie das heute, das ist albern. Es gibt mit Sicherheit einige andere Länder, die das genauso herstellen können. tagesschau.de: Welche Geheimdienste welcher Länder kämen da infrage? Van Aken: Das ist totale Spekulation. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sind möglicherweise Reste von diesem Nervengas in Teilrepubliken gelandet. Von Usbekistan weiß man das, da gab es wohl Testgelände für Nowitschok. Und möglicherweise gab es das noch in anderen Teilrepubliken, die heute eigene Länder sind. Außerdem gehe ich sicher davon aus, dass die Amerikaner diesen Stoff herstellen können, weil sie damals geholfen hatten, das Programm in Usbekistan abzubauen. Und ich würde sagen, auch die Bundeswehr würde ihren Job nicht richtig machen, wenn sie selbst nicht zumindest einmal geringste Mengen von Nowitschok hergestellt hätten. Sie müssen ja wissen, wogegen sie sich verteidigen müssen. "Frage nach Motiv hilft nicht weiter" tagesschau.de: Es bleibt also die Frage, wer hat ein Interesse an diesem Anschlag? Van Aken: Genau. Die Frage nach dem Motiv ist natürlich entscheidend, sie hilft uns hier aber auch nicht wirklich weiter. Denn man kann einerseits sagen: Für Putin ist das ein wunderbarer Coup, er bekommt nochmal kurz vor der Wahl Sanktionen, das steigert sein Wahlergebnis, weil es sein Land im Inneren zusammenschweißt. Genauso kann man argumentieren, das war der britische Geheimdienst. Denn für May ist das ein absolutes Geschenk, sie ist innenpolitisch sehr geschwächt und plötzlich rückt das Land hinter ihr zusammen in diesem außenpolitischen Konflikt. Und sicher gibt es noch andere Länder, die ein Motiv haben könnten. Der einzige Grund, warum ich überhaupt anfange, über Russland nachzudenken, ist natürlich, dass Skripal mal ein russischer Doppelagent gewesen ist. Andererseits wäre es aus Russlands Sicht sehr unklug, dann Nowitschok zu benutzen. Sie hätte ja auch eine andere Substanz, beispielsweise Sarin nehmen können, dann wäre der Verdacht nicht so direkt auf Russland gefallen. "Beweisführung der Briten ist hauchdünn" tagesschau.de: Wenn Mays Position so angreifbar ist, warum springen die NATO-Staaten, allen voran Frankreich, Deutschland und die USA, ihr dann zur Seite? Auch sie sagen ja, dass Russland "höchstwahrscheinlich" verantwortlich sei. Van Aken: Das verstehe ich überhaupt nicht. Wir haben es hier mit zwei Mordversuchen zu tun an Skripal und seiner Tochter. Und da gilt wie bei allen anderen Straftaten erstmal doch eine Unschuldsvermutung. Und die Beweisführung, die die Briten bislang vorgelegt haben, ist so hauchdünn, dass man da nicht sofort mit dem Finger auf jemanden zeigen kann. Ich traue es den Russen ja zu. Ich traue es Putin zu, genau solche Aktionen zu machen. Ich traue es aber auch anderen Geheimdiensten zu. Ich finde es ja in Ordnung, wenn Angela Merkel den Briten beiseite springt. Aber Russland vorschnell als Schuldigen auszumachen, dafür gibt es einfach keine Belege. Und es ist eigentlich auch nicht Merkels Stil. tagesschau.de: Bislang scheint Großbritannien noch kein offizielles Verfahren bei der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) eingeleitet zu haben. Außenminister Boris Johnson sagt allerdings in der "FAZ", der OVCW solle die Möglichkeit gegeben werden, die Ergebnisse der britischen Ermittler zu überprüfen. Was bedeutet das? Van Aken: Ich kann das auch schwer interpretieren. Ich finde, die wichtigste Forderung, auch von der Bundesregierung muss jetzt sein, dass alles an die OVCW abgegeben wird. Wofür haben wir eine Chemiewaffenkonvention, in der es genau für solche Anschuldigungen festgelegte Verfahren gibt? Und da gibt’s eben nicht so ein 24-Stunden-Ultimatum, wie Theresa May das gestellt hat. Sondern da sind zehn Tage zur Stellungnahme vorgesehen. Und diese zehn Tage muss man den Russen jetzt auch geben, um zu antworten. Es gibt eine technische Gruppe der OVCW, die das Ganze untersuchen kann. Alle Proben, alle Erkenntnisse müssen an sie übergeben werden. Auch die Russen müssen dann Proben von ihrem Nowitschok zur Verfügung stellen, damit man beispielsweise chemische Fingerabdrücke vergleichen kann. Und wenn eines der beiden Länder da nicht kooperieren sollte, dann macht das deutlich, dass dieses Land derzeit nur ein politisches Interesse hat an dem Konflikt und kein Aufklärungsinteresse. "Hinter den Kulissen ist man wohl schon weiter" tagesschau.de: Glauben Sie, man wird den Fall restlos aufklären können? Es ist doch eher unwahrscheinlich, dass Russland Proben von Nowitschok herausrückt? Van Aken: Ich sehe für die Aufklärung ganz gute Möglichkeiten, denn wir sind ja nicht nur auf die Analyse der Substanz angewiesen. Es sind ja ganz normale polizeiliche Ermittlungen. Scotland Yard arbeitet mit Sicherheit auf Hochtouren daran. Und wer weiß, welche Spuren die noch entdecken, von welchen Menschen möglicherweise Zugang zu dem Restaurant, das womöglich der Tatort war, zu dem Essen dort hatten. Da gibt es mit Sicherheit Videoaufnahmen. Hinter den Kulissen ist man da bestimmt schon sehr viel weiter. Und ich könnte mir vorstellen, dass einzelne Täter identifiziert werden können. Ob die dann auch zur Verantwortung gezogen werden können, weil sie in ihrem Herkunftsland, möglicherweise geschützt werden, ist eine ganz andere Frage. Aber die allermeisten Morde und Mordversuche in dieser Welt werden ja aufgeklärt. Warum sollte es hier anders sein. Das Interview führte Sandra Stalinski, tagesschau.de. | /ausland/skripal-interview-101.html |
2018-03-01 | Wie demokratisch ist die Wahl in Russland? | #kurzerklärt | Am Sonntag treten acht Kandidaten zur Präsidentenwahl in Russland an. Der Sieg von Amtsinhaber Putin steht außer Frage. Das liegt auch am Wahlsystem. Von Demian von Osten. | Am Sonntag treten acht Kandidaten zur Präsidentenwahl in Russland an. Der Sieg von Amtsinhaber Putin steht außer Frage. Das liegt auch am Wahlsystem. | /faktenfinder/kurzerklaert-russland-wahl-101.html |
2018-03-01 | "Wechselmodell" für Scheidungskinder | Debatte im Bundestag | Der Bundestag hat über die Forderung der FDP diskutiert, bei der Kindesbetreuung getrennt lebender Eltern das sogenannte Wechselmodell einzuführen. Die tagesthemen über einen umstrittenen Vorstoß.
mehr | Der Bundestag hat über die Forderung der FDP diskutiert, bei der Kindesbetreuung getrennt lebender Eltern das sogenannte Wechselmodell einzuführen. Die tagesthemen über einen umstrittenen Vorstoß. | /inland/scheidungskinder-101.html |
2018-03-01 | Die männliche Gewalt | Schwere Straftaten gegen Frauen | In Flensburg ist eine 17-Jährige getötet worden, in Berlin wurde eine 14-Jährige erstochen. Schwere Gewalttaten von Männern gegen Frauen sind trauriger Alltag. Tatort ist zumeist die Wohnung des Opfers. Von Patrick Gensing. | In Flensburg ist eine 17-Jährige getötet worden, in Berlin wurde eine 14-Jährige erstochen. Schwere Gewalttaten von Männern gegen Frauen sind trauriger Alltag. Tatort ist zumeist die Wohnung des Opfers. Nach dem Tod einer 17-Jährigen in Flensburg ist gegen einen 18 Jahre alten Tatverdächtigen Haftbefehl wegen Totschlags erlassen worden. Wie die Leitende Staatsanwältin sagte, handelt es sich bei dem mutmaßlichen Täter um einen abgelehnten Asylbewerber aus Afghanistan. Auch im Fall der erstochenen 14-Jährigen aus Berlin hatte ein Richter Haftbefehl erlassen - gegen einen tatverdächtigen Mitschüler. Der 15-jährige Deutsche sitzt laut Staatsanwaltschaft in Untersuchungshaft. Er soll die Jugendliche getötet haben - in ihrer Wohnung in Berlin. Das Motiv ist noch unklar. Gemeinsam haben diese Fälle und auch der von Kandel, dass die Opfer weiblich waren und die Täter männlich - und sie sich jeweils kannten. Statistiken zeigen, dass diese Konstellation durchaus typisch ist für solche Verbrechen. 435 Frauen getötet Aus der Polizeilichen Kriminalstatistik geht hervor, dass es im Jahr 2016 bei den Delikten Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen insgesamt 1036 Fälle mit weiblichen Opfern gab. In 601 Fällen blieb es beim Versuch, 435 Frauen wurden getötet. Von diesen 435 Opfern lebten 163 gemeinsam mit dem Tatverdächtigen in einem Haushalt, 52 weitere standen in einem Beziehungs- oder Betreuungsverhältnis, bei 159 weiteren vollendeten Fällen gab es eine räumliche und/oder soziale Nähe zwischen Opfer und Tatverdächtigen. In 26 Fällen gab es keine entsprechende Nähe, in 35 Fällen war es ungeklärt, ob es eine Verbindung gegeben hatte. Polizeiliche Kriminalstatistik 2016: weibliche OpferMord, Totschlag und Tötung auf VerlangenInsgesamtversuchtvollendet1036601435 Viele Frauen durch Partner getötet Auffällig ist also, dass die meisten der Opfer den mutmaßlichen Täter gekannt hatten. Entweder lebten sie in einem Haushalt oder der Tatverdächtige kam aus dem räumlichen oder sozialen Umfeld. Auch dies trifft auf die Fälle von Berlin und Flensburg zu. Im Jahr 2016 wurden 149 Frauen sogar von ihrem jeweiligen Partner ermordet oder totgeschlagen. Zudem registrierte das Bundeskriminalamt mehr als 11.000 Fälle von gefährlicher Körperverletzung gegen Frauen durch den Partner, bei der einfachen Körperverletzung waren es fast 70.000 Delikte. Bei diesen Zahlen ist zudem von einer erheblichen Dunkelziffer auszugehen. Partnergewalt mit FallstatusDelikteOpfer insgesamtmännlichweiblicha) Mord u. Totschlagversucht27870208 vollendet16314149 insgesamt44184357b) gefährliche Körperverletzungversucht2.1438561.287 vollendet14.5853.99010.595 insgesamt16.7284.84611.882c) schwere Körperverletzungversucht1248 vollendet571146 insgesamt691554d) KV mit Todesfolgevollendet826 insgesamt826e) vorsätzliche einfache KVversucht2.0855201.565 vollendet83.97915.81468.165 insgesamt86.06416.33469.730f) Vergewaltigung, sex. Nötigungversucht3044300 vollendet2.263322.231 insgesamt2.567362.531g) Bedrohungvollendet18.6781.92516.753 insgesamt18.6781.92516.753h) Stalkingvollendet8.5258827.643 insgesamt8.5258827.643 Häufigster Tatort: die eigene Wohnung Das Familienministerium veröffentlichte 2004 eine umfassende Studie zu Gewalt gegen Frauen, auf die bis heute in vielen Untersuchungen und Berichten Bezug genommen wird. So verwies beispielsweise das Familienministerium auf Anfrage des ARD-faktenfinder selbst auf diese Studie hin. Auch die Organisation Terres des Femmes erklärte auf Anfrage, man benutze diese Untersuchung weiterhin - und die Ergebnisse deckten sich mit den aktuellen Erfahrungen aus Beratungsgesprächen. Die Studie war zu dem Ergebnis gekommen, dass die meisten sexuellen und körperlichen Gewalttaten gegen Frauen in der eigenen Wohnung begangen wurden - genau wie es jetzt auch in Berlin und Flensburg der Fall war. Welche Rolle spielen Flüchtlinge? In Kandel und Flensburg handelt es sich bei den mutmaßlichen Tätern um junge Afghanen. Das Bundeskriminalamt veröffentlichte zu der Frage, welche Entwicklungen und Auswirkungen es durch den Andrang von Flüchtlingen und Asylbewerbern auf die Kriminalitätslage gibt, einige "Kernaussagen". Darin heißt es, "aufgrund der vorhandenen Unschärfen" würden "grundsätzliche Tendenzen aufgezeigt und Trendaussagen abgeleitet". Von Januar bis September 2017 wurden demnach 364 Fälle von Straftaten gegen das Leben registriert, bei denen mindestens ein Flüchtling oder Asylbewerber als Opfer oder Tatverdächtiger beteiligt war. In 192 Fällen waren ausschließlich Zuwanderer beteiligt, also sowohl als Tatverdächtige als auch als Opfer. Bei den 55 vollendeten Fällen wurden insgesamt 70 Personen getötet, davon 45 Zuwanderer, zehn deutsche Staatsangehörige, fünf Staatsangehörige eines EU-Staates sowie zehn Staatsangehörige eines Nicht-EU-Staates. Welches Geschlecht die Opfer hatten, wurde vom BKA nicht ausgewiesen. Auf Nachfrage des ARD-faktenfinder erklärte das BKA, eine weitere Aufschlüsselung der Zahlen sei leider nicht möglich. Hoher Anteil von nichtdeutschen Verdächtigen In der Polizeilichen Kriminalstatistik für 2016 fällt auf, dass bei Delikten wie Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen sowie Vergewaltigung und sexueller Nötigung der Anteil Nichtdeutscher sehr hoch ist: Bei Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen liegt er bei 41 Prozent aller Tatverdächtigen, bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung bei 38,8 Prozent. Tatverdächtige bei ausgewählten StraftatenDelikteNichtdeutsche (in %)Deutsche (in %)Straftaten insgesamt (ohne ausländerrechtliche Verstöße)30,569,5Mord, Totschlag, Tötung auf Verlangen4159Vergewaltigung und sexuelle Nötigung38,861,2Straftaten gegen persönliche Freiheit26,173,9 Das BKA weist aber darauf hin, dass ein Vergleich zwischen Deutschen und Nichtdeutschen nur bedingt möglich sei, wegen der unterschiedlichen Alters-, Geschlechts- und Sozialstruktur. Ganz überwiegend männliche Täter Bei schweren Delikten wie Mord, Totschlag, Tötung auf Verlangen oder gefährliche Körperverletzung oder Vergewaltigungen ist der ganz überwiegende Teil der Tatverdächtigen männlich. Tatverdächtige bei ausgewählten StraftatenDeliktmännlich (in %)weiblich (in %)Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen87,912,1Vergewaltigung und sexuelle Nötigung98,71,3Gefährliche und schwere Körperverletzung, Verstümmelung weibl. Genitalien8515Straftaten insgesamt74,925,1 Eine Sprecherin des Familienministeriums teilte auf Anfrage des ARD-faktenfinder mit, bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung in Partnerschaften sind die Opfer zu fast 100 Prozent weiblich, bei Stalking und Bedrohung in der Partnerschaft sind es fast 90 Prozent. Bei vorsätzlicher, einfacher Körperverletzung sowie bei Mord und Totschlag in Paarbeziehungen sind es 80 Prozent. "Kein Tabuthema mehr" Gesa Birkmann von Terres des Femmes betonte im Gespräch mit dem ARD-faktenfinder, es sei hilfreich, dass sexualisierte Gewalt gegen Frauen in der Öffentlichkeit insgesamt stärker wahrgenommen werde. Es sei kein verstecktes Thema mehr. Jede vierte Frau in Deutschland sei mindestens einmal im Leben von sexualisierter Gewalt betroffen. Insgesamt scheint diese Gewalt weiter anzusteigen, sagte sie, allerdings lägen dazu noch keine validen Zahlen vor. Birkmann wies auf die enorme Dimension der häuslichen Gewalt hin: Alle zwei bis drei Tage werde in Deutschland eine Frau von ihrem Partner getötet, doch dies werde zumeist nur dann wahrgenommen, wenn es sich bei dem Täter um einen Flüchtling handele. Doch die Erfahrung aus der Beratungsarbeit zeige: "Solche Gewalttaten kommen in allen gesellschaftlichen Milieus vor." | /faktenfinder/fakten-gewalt-gegen-frauen-101.html |
2018-03-01 | "Eine Politik, die auf ständigem Betrug aufbaut" | Russische Politikwissenschaftlerin | Staat und Wirtschaft werden in Russland von früheren KGB-Mitgliedern geprägt, so die Publizistin und Politologin Albats im ARD-Interview. Deren Vorstellung von Gut und Böse präge auch die Politik Putins.
mehr | Staat und Wirtschaft werden in Russland von früheren KGB-Mitgliedern geprägt, so die Publizistin und Politologin Albats im ARD-Interview. Deren Vorstellung von Gut und Böse präge auch die Politik Putins. ARD-Studio Moskau: Wer kontrolliert den russischen Staatsapparat? Jewgenija Albats: Das Putin-Regime ist quasi eine Unternehmensvereinigung an der Macht. Ein Regime mit einer Menschengruppe, die aus der sowjetischen politischen Polizei - dem KGB - stammt, die einen gemeinsamen Hintergrund, eine gemeinsame professionelle Sprache, eine gemeinsamen Verhaltenskodex haben, eine gemeinsame Vorstellung von Gut und Böse haben. Sie leiten unter anderem mindestens zehn Staatsfirmen, sie kontrollieren die Öl- und Gasindustrie, die Telekommunikation und die Ein- und Ausfuhr von Kapital. ARD-Studio Moskau: Woher kommt Wladimir Putin? Albats: Putin hat seine Tätigkeit in der Branche Nr.5 des KGB begonnen, in St. Petersburg - bei der ideologischen Spionageabwehr, die sich mit der Manipulation der Menschen befasste. Er kämpfte mit den Dissidenten, mit den Andersdenkenden: Er suchte unendlich nach Wegen, wie man diese Leute betrügen kann. ARD-Studio Moskau: Was bedeutet das heute, im Jahre 2018? Albats: Im Herzen des Putin-Regimes wird eine Politik betrieben, die auf ständigen Betrug aufgebaut ist. Sie alle sagen die ganze Zeit nicht die Wahrheit. Und sie wissen, dass sie nicht die Wahrheit sagen - egal, worum es geht. Es kann darum gehen, dass der ganze Westen nur noch darauf warte, Russland zu zerstören - oder dass die USA sibirische Bodenschätze an sich reißen wollten. Es sind unendliche Lügen. Das ist etwas, woran die Spionageabwehr des KGB ständig gearbeitet hat. ARD-Studio Moskau: Warum denken viele, dass nur Putin das Land leiten kann? Albats: Man muss den Menschen erklären, warum er schon 18 Jahre an der Macht ist. Russlands Propagandisten haben nur eine Antwort darauf gefunden - und zwar, dass Putin Gottes Botschafter auf Erden sei. Wir haben es nur noch nicht kapiert, aber er soll eine historische Mission haben: Russland von den Knien zu erheben. Er ist nahezu heilig. Das Interview führte Golineh Atai, ARD-Studio Moskau. | /ausland/russlandwahl-interview-albats-101.html |
2018-03-01 | Die EU als Polens Besatzer? | Dudas Kritik | Polen und die Europäische Union - das ist derzeit ein schwieriges Verhältnis. Jetzt hat Präsident Duda einen historischen Vergleich gezogen - und damit ein altes Trauma des Landes aufgegriffen. Von Jan Pallokat. | Polen und die Europäische Union - das ist derzeit ein schwieriges Verhältnis. Jetzt hat Präsident Duda einen historischen Vergleich gezogen - und damit ein altes Trauma des Landes aufgegriffen. Bislang wiesen Abgeordnete der polnischen Regierungspartei PiS immer wieder die These zurück, dass die nationalkonservative Führung des Landes mittel- bis langfristig an einem "Polexit" arbeite - einem Ausstieg Polens aus der EU. Auch Szymon Szynkowski vel Sek, Deutschland-Experte der PiS, sagte der ARD unlängst: "Den 'Polexit' haben sich gewisse Publizisten ausgedacht." Der Gedanke sei auch eine Randerscheinung in der Gesellschaft. "In Umfragen ist die polnische Gesellschaft mit am deutlichsten pro-europäisch eingestellt, und ich gehe nicht davon aus, dass sich das so bald ändert." Dudas Kritik Nun aber hat Staatspräsident Andrzej Duda zu einer EU-Kritik ausgeholt, die so grundsätzlich bislang nicht zu hören war. Bei einer Veranstaltung in Niederschlesien stellte er Anfang der Woche einen Zusammenhang zwischen der EU und der Fremdherrschaft des 18. und 19. Jahrhunderts her, als die Nachbarstaaten Polen unter sich aufgeteilt hatten. Sehr oft sagen die Leute, ach, wozu brauchen wir schon Polen, die EU ist das Wichtigste. Sie kennen diese Stimmen. Aber wir sollten uns an die 123 Jahre Besatzungszeit erinnern. Als Polen Ende des 18. Jahrhunderts von der Landkarte verschwand, gab es auch schon jene, die sagten: Es ist vielleicht besser so, Schluss mit Streit und Aufständen, Unruhe und Krieg, jetzt gibt es endlich Ruhe und Frieden. Aber bald wurde klar: Nein, es gibt weiter Streit und Krieg, nur dass wir keinen Einfluss mehr hatten, dass in weit entfernten Hauptstädten über uns entschieden wurde, dass dort das Geld ausgegeben wird, das wir erarbeiten, zu Gunsten anderer. Duda greift für seine EU-Kritik ein altes, nationales Trauma auf: Ende des 18. Jahrhunderts teilten Preußen, Österreich-Ungarn und das Zarenreich Polen unter sich auf; für mehr als 100 Jahren verlor das Land seine staatliche Unabhängigkeit. "Und deshalb lohnt es sich, Unabhängigkeit und Souveränität um jeden Preis zu verteidigen", sagte Duda, "für den eigenen Staat zu arbeiten, ihm Steuern zu zahlen, und die zu unterstützen, die ihn gut regieren." Konflikt droht zu eskalieren Dudas indirekte EU-Schelte kommt in einem Moment, da der Konflikt Polens mit der Union zu eskalieren droht: In wenigen Tagen läuft eine Frist ab, die die EU-Kommission Polen im Streit um den Umbau der polnischen Justiz setzt. Weil Warschau nach Ansicht der Brüsseler Kommission auf schwerwiegende Weise gegen EU-Grundregeln verstößt, hatte sie die Einleitung eines Verfahrens nach Artikel Sieben der EU-Verträge angestoßen, das bis zu einem Entzug der Stimmrechte führen kann. Falsch verstandene Reform? Auch das Europäische Parlament sprach sich dafür aus, zu prüfen, ob Polen auf schwerwiegende Weise gegen EU-Grundwerte verstößt. Die polnische Regierung dagegen hatte Kritik an der sogenannten Justizreform als Angriff auf die Souveränitätsrechte zurückgewiesen; die Reform werde in der EU zudem nicht richtig verstanden. Ein irisches Gericht wiederum hat dieser Tage wegen Zweifeln an der Rechtsstaatlichkeit in Polen die Auslieferung eines Tatverdächtigen vorerst verweigert; der Europäische Gerichtshof soll zunächst prüfen, ob in Polen überhaupt noch faire Verfahren nach den Regeln des Rechts möglich sind. | /ausland/duda-125.html |
2018-03-01 | Warnstreiks vor Ostern | Öffentlicher Dienst | Die Gewerkschaften haben massive Warnstreiks im öffentlichen Dienst vor Ostern angekündigt. Auch Flughäfen sollen von dem Ausstand betroffen sein - allerdings nicht in den Ferien.
mehr | Die Gewerkschaften haben massive Warnstreiks im öffentlichen Dienst vor Ostern angekündigt. Auch Flughäfen sollen von dem Ausstand betroffen sein - allerdings nicht in den Ferien. Die Menschen in Deutschland müssen sich noch vor Ostern auf massive Warnstreiks im öffentlichen Dienst einstellen. Im Tarifstreit für die 2,3 Millionen Beschäftigten bei Bund und Kommunen war die zweite Verhandlungsrunde in Potsdam ohne Annäherung geblieben. Die Ausstände sollten in der gesamten Breite des betroffenen öffentlichen Dienstes der Kommunen und des Bundes stattfinden. Auch Flughäfen dürften betroffen sein, wenn auch nicht direkt in den Ferien. Bodenverkehrsdienste bei den Flughäfen gehören den Kommunen an. "Ich glaube nicht, dass die Osterferien jetzt der geeignete Zeitpunkt sind, aber dass es zu Aktivitäten auch an den Flughäfen kommen wird, davon ist auszugehen", sagte ver.di-Chef Frank Bsirske. Er hob zudem die Sparkassen hervor. Die hätten sich laut Bsirske bei der Bezahlung ihrer Mitarbeiter besonders hart gezeigt. Abschluss im April? Verhandelt wird ansonsten unter anderem für Erzieher und Sozialarbeiter, Mitarbeiter von Müllabfuhren, Straßenreinigungen, Krankenhäusern und Stadtverwaltungen, außerdem für Feuerwehrleute, Straßenwärter und Bundespolizisten. Die Ausstände würden wohl bis zur abschließenden Verhandlungsrunde am 15. und 16. April andauern, so Bsirske. Die Spitzenvertreter der Arbeitgeber zeigten sich zuversichtlich, in der Aprilrunde zum Abschluss zu kommen. Enttäuscht zeigte sich der Chef des Beamtenbunds dbb, Ulrich Silberbach: "Wir drehen Schleifen ohne Ende." Deswegen kündigte er an, den Druck erhöhen zu wollen. Sechs Prozent mehr Lohn ver.di und dbb fordern unter anderem sechs Prozent mehr Lohn und mindestens 200 Euro mehr im Monat. Auch die unteren und mittleren Lohngruppen sollten an der guten Konjunkturentwicklung teilhaben können, begründete Bsirkse die 200-Euro-Forderung. Aber: "Dieser Mindestbetrag stößt auf kategorische Ablehnung der Arbeitgeber, und an diesem Punkt sind wir fundamental auseinander." Der Präsident der kommunalen Arbeitgebervereinigung VKA, Thomas Böhle, sagte: "Wir haben in wichtigen Punkten Annäherungen erzielt, wir sind in anderen noch weit auseinander." Viele Städte steckten in finanziellen Problemen, Krankenhäuser hätten mit einem Kostendeckel umzugehen. "Das gilt es alles unter einen Hut zu bringen", sagte Böhle. | /wirtschaft/warnstreiks-197.html |
2018-03-01 | Wie die Spinne im Netz | Generalsekretär der EU-Kommission | Die Personalie Selmayr sorgt für Aufregung in Brüssel. Schnell bekam der Deutsche dort einen der mächtigsten Posten. Doch was hat ein Generalsekretär der EU-Kommission eigentlich zu tun? Von Holger Romann. | Die Personalie Selmayr sorgt für Aufregung in Brüssel. Schnell bekam der Deutsche dort einen der mächtigsten Posten. Doch was hat ein Generalsekretär der EU-Kommission eigentlich zu tun? Es gibt Ämter, deren Bedeutung sich dem Laien nicht auf Anhieb erschließt, und deren tatsächlicher Einfluss in krassem Missverhältnis zur allgemeinen Wahrnehmung steht. Privatsekretär des Papstes ist so ein Amt. Büroleiterin im Kanzleramt fällt in dieselbe Kategorie - und eben auch Generalsekretär der EU-Kommission. In den Statuten der Brüsseler Behörde heißt es in sperrigem Beamtendeutsch: Das Generalsekretariat gewährleistet die Kohärenz der Kommissionsarbeit, indem es neue Strategien entwickelt und sie durch den Beschlussfassungsprozess der anderen EU-Institutionen begleitet. Dabei unterstützt es die Kommission insgesamt. Einer der mächtigsten Posten Hinter der spröden Jobbeschreibung verbirgt sich einer der mächtigsten Posten, den die Europäische Union zu vergeben hat. Der Generalsekretär ist der oberste Beamte in Brüssel, zweiter Mann hinter dem Kommissionspräsidenten, dem er den Rücken freizuhalten hat. Kurz gesagt: so etwas wie die "Spinne im Netz". Er sitzt an der Schnittstelle zwischen den europäischen Institutionen und ist für eine möglichst reibungs- und geräuschlose Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Kommission, Rat und EU-Parlament verantwortlich. Außerdem lenkt er die Beziehungen zu den nationalen Parlamenten sowie nicht-staatlichen Organisationen und Einrichtungen. Zuständig für mehr als 30.000 Beamte Auch wenn er oder sie kaum öffentlich in Erscheinung tritt: Im Büro des Generalsekretärs laufen alle Fäden der Verwaltung zusammen. Er ist Chef eines beeindruckenden und ziemlich effektiven Beamtenapparats, mit mehr als 30.000 hochqualifizierten Mitarbeitern. Wer diesen komplexen Apparat kennt und richtig zu führen - im Extremfall zu benutzen weiß -, der kann in Brüssel politisch, wirtschaftlich und auch sonst die Weichen stellen und die Geschicke der EU entscheidend mitbestimmen. Konkret bedeutet das: Es gibt keine Vorlage, kein Gesetzentwurf und keine Pressemeldung, die nicht über seinen Schreibtisch geht. Projekte oder Personen, die der Generalsekretär unterstützt, haben gute Chancen weiterzukommen. Für alle anderen heißt es: Endstation. Entscheidungen zu Gunsten Deutschlands? Dass mit dem 47-Jährigen Juncker-Intimus Martin Selmayr nun ausgerechnet ein Deutscher dieses wichtige Amt übernommen hat, sorgt in der Brüsseler Sphäre für einige Aufregung. Nicht nur, weil sich Selmayr als umtriebiger Kabinettchef des Luxemburgers viele Feinde gemacht hat, und die näheren Umstände seiner überraschenden Beförderung Fragen aufwerfen. Vor allem wird geargwöhnt, der gewiefte Jurist könnte künftig Entscheidungen zugunsten seines Herkunftslandes beeinflussen und den Kurs der Kommission auf Jahre hinaus festlegen. Dass Selmayr für den Top-Job fachlich geeignet ist, bezweifeln in Brüssel nicht einmal seine Feinde. Er spricht mehrere Sprachen, gilt als hoch-intelligent und extrem fleißig und kennt die Brüsseler Polit-Maschinerie aus dem FF. | /ausland/eu-generalsekretaer-103.html |
2018-03-01 | Der letzte Schritt zur GroKo | Wahl der Kanzlerin | Die Minister stehen fest, der Koalitionsvertrag ist unterschrieben: Für das Ende der längsten Regierungsbildung der Bundesrepublik fehlt nur noch ein Schritt: Die Wahl Merkels zur Kanzlerin. So läuft der morgige Tag in Berlin ab.
mehr | Die Minister stehen fest, der Koalitionsvertrag ist unterschrieben: Für das Ende der längsten Regierungsbildung der Bundesrepublik fehlt nur noch ein Schritt: Die Wahl Merkels zur Kanzlerin. So läuft der morgige Tag in Berlin ab. 171 Tage nach der Bundestagswahl im September findet morgen die Kanzlerwahl im Parlament statt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schlug Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits am 5. März zur Wiederwahl vor - dies ist nach Artikel 63 des Grundgesetzes vorgeschrieben, um die Wahl der Regierungschefin in Gang zu setzen. Um gewählt zu werden, braucht sie die sogenannte Kanzlermehrheit: Die CDU-Politikerin muss also die absolute Mehrheit aller Bundestagsmitglieder auf sich vereinigen, nicht nur der anwesenden Parlamentarier. Deshalb legen bei der Kanzlerwahl gerade die Regierungsparteien großen Wert auf die Anwesenheit ihrer Abgeordneten. Geheime Wahl Es müssen 355 aller Abgeordneten für Merkel stimmen, um ihre vierte Kanzlerschaft möglich zu machen; das Regierungsbündnis aus CDU, CSU und SPD kommt auf 399 von 709 Stimmen. Die Kanzlerwahl findet geheim statt. Wird Merkel gewählt, wird sie noch am selben Tag im Schloss Bellevue von Steinmeier zur Kanzlerin ernannt. Vereidigt würde sie vor den Mitgliedern von Bundesrat und Bundestag durch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. Am selben Tag sollen auch die Bundesminister ernannt und vereidigt werden. Bislang wurde noch jeder Kanzler in der ersten Wahlphase gewählt - auch diesmal spricht nichts dafür, dass Merkel durchfällt. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion Michael Grosse-Brömer erklärte sogar, er halte es für möglich, dass Merkel mehr als die 399 Stimmen bekommt, die Union und SPD auf sich vereinen. Und wenn Merkel keine Mehrheit bekommt? Sollte Merkel allerdings nicht die notwendigen Stimmen auf sich vereinigen, müssten Vorschläge für Kanzlerkandidaten aus dem Bundestag kommen. Vorgeschlagen werden können aber nur Kandidaten, die Unterschriften von einem Viertel aller Abgeordneten haben. Für die zweite Wahlphase hat das Parlament zwei Wochen Zeit. Ist auch diese Phase nicht erfolgreich, wird erneut gewählt. Der Bundespräsident kann in dieser dritten Wahlphase denjenigen zum Kanzler ernennen, der eine relative Mehrheit der Stimmen bekommt, also mehr als jeder Mitbewerber. Alternativ kann er bei einer solchen Mehrheit aber auch entscheiden, den Bundestag aufzulösen. Dann muss innerhalb von 60 Tagen erneut gewählt werden. Die Wahl Merkels zu Kanzlerin ist der letzte Schritt einer monatelangen Suche nach einer Regierung. Schuld an der Hängepartie waren vor allem die geplatzten Gespräche über eine Jamaika-Koalition von Union, FDP und Grünen. Anschließend entschied sich die SPD dazu, entgegen ihrer ursprünglichen Ankündigung, Verhandlungen mit der Union aufzunehmen. Nach einer heftigen innerparteilichen Debatte stimmten die SPD-Mitglieder letztlich deutlich mit 66 Prozent für eine Fortsetzung der Großen Koalition mit der Union. | /inland/kanzlerin-merkel-wahl-101.html |
2018-03-01 | Fall Skripal - was bislang bekannt ist | Fragen und Antworten | Im Fall Skripal sind bislang nur wenig Fakten bekannt. Dafür gibt es viele Indizien und Vorwürfe. Antworten auf die wichtigsten Fragen im Überblick.
mehr | Im Fall Skripal sind bislang nur wenig Fakten bekannt. Dafür gibt es viele Indizien und Vorwürfe. Antworten auf die wichtigsten Fragen im Überblick. Womit begründet London seinen Vorwurf an Moskau? Das Attentat ist mit einem extrem gefährlichen Kampfstoff verübt worden, der zur Gruppe der Nowitschok-Nervengifte gehört. Sie wurden in der früheren Sowjetunion produziert. Premierministerin Theresa May sagte im Parlament, dass es für sie nur zwei mögliche Erklärungen gibt: Entweder hat Moskau das Attentat verübt, oder es hat die Kontrolle über die gefährliche Substanz verloren. Welche Rolle kann die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) spielen? Der Einsatz eines Nervengifts als Waffe ist ein Verstoß gegen die Chemiewaffenkonvention. Nach Artikel IX kann Großbritannien schon beim Verdacht darauf die OVCW einschalten. Die muss dann binnen 24 Stunden den betreffenden Staat, in diesem Falle Russland, um Aufklärung bitten. Russland hat dann zehn Tage Zeit, sich zu äußern. Die OVCW setzt sich für ein Verbot von Massenvernichtungswaffen ein und überwacht die Einhaltung der Chemiewaffen-Konvention, die den Besitz und den Einsatz chemischer Waffen verbietet. 192 Staaten sind dem Vertrag beigetreten und somit Mitglied der Organisation, darunter auch Russland. Warum legt London keine Beweise vor? Großbritannien hat die OVCW am 8. März erstmals über die Attacke informiert. Unklar ist aber, ob damit ein offizielles Verfahren nach Artikel IX eingeleitet wurde. Derzeit haben beide Seiten auf stur geschaltet. London sieht Moskau in der Erklärpflicht und stellte dem Kreml ein 24-Stunden-Ultimatum. Russland sprach von einer "Zirkusnummer" und ließ die Frist verstreichen. London begründet sein Verhalten gegenüber Moskau und der OVCW mit der nationalen Sicherheit. Zudem sei man der Konvention zufolge nicht verpflichtet, Proben des Giftes an Russland auszuhändigen. Denkbar ist, dass London nicht sein ganzes Wissen preisgeben will. Was ist eigentlich Nowitschok? Nowitschok ("Neuling") wurde in den 1970er- und 1980er-Jahren in der Sowjetunion als chemischer Kampfstoff entwickelt. Es soll rund 100 Varianten geben. Das als feines Pulver eingesetzte Gift besteht vermutlich aus zwei für sich harmlosen Komponenten, die beim Mischen hoch gefährlich werden. Es soll vielfach stärker wirken als herkömmliche militärische Giftgase. Ein beteiligter Wissenschaftler, Wil Mirsajanow, enthüllte 1992 die Existenz des Nowitschok-Programms. Er emigrierte 1994 in die USA. Ist eine weitere Eskalation des Konflikts denkbar? Der britische Verteidigungsminister Gavin Williamson sagte auf die Frage, ob es zu einem neuen Kalten Krieg kommen könnte: "Seien wir ehrlich, die Beziehungen sind nicht gerade gut, nicht wahr?" Zunächst wird es wohl bei der Ausweisung von Diplomaten bleiben. Sollte London aber russisches Staatseigentum, zum Beispiel zur Botschaft gehörende Gebäude, beschlagnahmen, dürfte auch Moskau entsprechend reagieren. Was geschah damals mit Litwinenko? Der abtrünnige Agent des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB wurde 2006 in London mit dem radioaktiven Stoff Polonium vergiftet. Vor seinem Tod machte er die Geschäftsleute Andrej Lugowoj und Dmitri Kowtun, ebenfalls Ex-Agenten, für die Tat verantwortlich. Britische Ermittlungen bestätigten diese Version. Aber beide leben heute unbehelligt in Russland. Moskau dementiert einen Anschlag. | /ausland/skripal-faq-101.html |
2018-03-01 | Gefundenes Fressen für Europa-Feinde | Der Fall Selmayr | Das Ärgerliche am Fall Selmayr ist, dass sich die EU angreifbar gegenüber Europagegnern und Populisten macht, meint Karin Bensch. In Zeiten, in denen die an Einfluss gewinnen, ist das brandgefährlich.
mehr | Das Ärgerliche am Fall Selmayr ist, dass sich die EU angreifbar gegenüber Europagegnern und Populisten macht. In Zeiten, in denen die an Einfluss gewinnen, ist das brandgefährlich. Der Fall Selmayr beschädigt die Glaubwürdigkeit von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Und auch die der Kommissare, die offenbar von dem Deal überrascht wurden, letztendlich aber zustimmten. Um es ganz klar zu machen: Es geht hier nicht um die Person Martin Selmayr. Der Skandal ist die Art und Weise wie die Beförderung eingefädelt wurde. Plötzlich Chef Selmayr, der jahrelang Junckers Kabinettschef und sein zweites Gehirn war, hatte sich ursprünglich um den Posten des Vize-Generalsekretärs in der EU-Kommission beworben, der öffentlich ausgeschrieben war. Was danach kam, ist die große Unverschämtheit. Innerhalb weniger Minuten wurde Selmayr gleich noch einmal befördert: vom Vize-Generalsekretär zum Generalsekretär, dem höchsten Beamten der EU-Kommission, mit rund 32.000 Mitarbeitern. Und zwar deshalb, weil Juncker urplötzlich verkündete, dass der bisherigen Generalsekretär in den Ruhestand geht. Juncker gab sogar zu, dass er das schon seit Jahren wusste, aber darüber geschwiegen hatte. Für diesen Spitzenposten gab es weder eine öffentliche Ausschreibung, noch echte Mitbewerber. Selmayr konnte seinen Karrieresprung also offenbar in aller Ruhe vorbereiten - und das ohne lästige Konkurrenz. Selbst, wenn ein solches Verfahren innerhalb der EU-Kommission legal ist, legitim ist es deshalb noch lange nicht.Abgeordnete des Europaparlaments kritisieren zu Recht, dass ein solch inszeniertes Beförderungsverfahren nach Vetternwirtschaft riecht. Und danach, dass Juncker ein Jahr vor seinem Abgang als Kommissionspräsident seinem Günstling Selmayr einen mächtigen und einflussreichen Job in der Brüsseler Behörde gesichert hat. Postenschiebereien machen die EU unbeliebter Das Ärgerliche ist: Die EU macht sich damit angreifbar gegenüber Europagegnern und Populisten. Und das ist brandgefährlich - gerade in einer Zeit, in der europafeindliche und rechtsgerichtete Parteien an immer mehr Regierungen beteiligt sind, wie etwa in Österreich. Und Populisten starken Zulauf bekommen, wie zuletzt die Wahl in Italien gezeigt hat. Und: Die EU macht sich durch solche Postenschiebereien noch unbeliebter bei vielen Bürgern. Wen wundert es, wenn die Leute politikverdrossen werden. Die EU-Kommission muss ihre Beförderungsverfahren ändern. Alle Stellen, vor allem die Spitzenposten, müssen ausgeschrieben werden und es muss mehrere, echte Bewerber geben. Nur so gibt es die Chance, dass Junckers Kommission Glaubwürdigkeit zurückgewinnt, die sie durch den Fall Selmayr verloren hat. | /ausland/eu-selmayr-101.html |
2018-03-01 | Brüssel verklagt Berlin - später | Stickoxid in Innenstädten | Eigentlich sollte die EU-Kommission Deutschland schon Mitte März wegen der Luftverschmutzung in den Ballungsgebieten verklagen. Doch nun will Brüssel wohl erst "in den nächsten Wochen" entscheiden. Von Holger Romann. | Eigentlich sollte die EU-Kommission Deutschland schon Mitte März wegen der Luftverschmutzung in den Ballungsgebieten verklagen. Doch nun will Brüssel wohl erst "in den nächsten Wochen" entscheiden. Vor Ende April muss die neue Bundesregierung nicht mit einer Abgas-Klage der EU-Kommission rechnen. Das hat die Brüsseler Behörde auf Anfrage bestätigt. Wie ein Sprecher ausführte, würden die jüngst von Berlin vorgelegten zusätzlichen Maßnahmen zur Luftreinhaltung in Innenstädten zunächst weiter geprüft. Entschieden werde dann "in den nächsten Wochen". Praktisch heißt das: Vor Ende kommenden Monats droht der schwarz-roten Koalition kein Ungemach, denn erst dann ist der nächste Termin, an dem die EU-Kommission neue Vertragsverletzungserfahren gegen Mitgliedsstaaten veröffentlicht. Frist lief Ende Januar ab Ursprünglich wollten sich die Brüsseler Kontrolleure Mitte März, also in dieser Woche, mit dem Streit befassen. Diese Frist hatte Umweltkommissar Karmenu Vella Ende Januar gesetzt. Der Malteser hatte damals die zuständigen Minister aus Deutschland und acht weiteren EU-Ländern eigens zu sich in die Kommission einbestellt, quasi um sie ein letztes Mal zu ermahnen. Als Ergebnis des "Abgas-Gipfels" mussten die deutsche Ressortchefin Hendricks und ihre Kollegen dem Umweltkommissar neue Vorschläge machen, wie man das Stickoxid-Problem in den Ballungsräumen rasch unter Kontrolle bringen könnte. Fast alle Mitgliedstaaten überschreiten die Grenzwerte Warum die Kommission nun einen weiteren Aufschub gewährt, sagte der EU-Beamte nicht. Möglicherweise nimmt man schlicht Rücksicht auf die morgige Kanzlerinnenwahl im Bundestag und möchte die Party nicht verderben. Abgewendet ist die drohende Klage gegen Deutschland damit jedenfalls noch nicht. Schon seit Jahren verstoßen insgesamt 23 der 28 EU-Mitgliedstaaten gegen die geltenden Grenzwerte für saubere Luft, vor allem bei gesundheitsschädlichen Stickoxiden aus Diesel-Abgasen. Gegen zwei von ihnen - Polen und Bulgarien - laufen bereits Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof. | /ausland/bruessel-luftverschmutzung-105.html |
2018-03-01 | Strache entschuldigt sich bei ORF-Moderator | Klage wegen übler Nachrede | "Wo Lügen und Fake News zu Nachrichten werden" - das postete FPÖ-Chef und Vizekanzler Strache mit einem Bild des ORF-Topjournalisten Wolf. Der klagte - und erreichte eine außergerichtliche Einigung.
mehr | "Wo Lügen und Fake News zu Nachrichten werden" - das postete FPÖ-Chef und Vizekanzler Strache mit einem Bild des ORF-Topjournalisten Wolf. Der klagte - und erreichte eine außergerichtliche Einigung. Österreichs Vizekanzler Heinz-Christian Strache und ORF-Moderator Armin Wolf haben sich in ihrem Streit um einen Facebook-Post außergerichtlich geeinigt. Der FPÖ-Chef entschuldigte sich per Inserat in der "Kronen Zeitung" für den Vorwurf der Lüge. Ein entsprechendes Posting soll auch zehn Tage lang bei Facebook stehen. Strache hatte Mitte Februar bei Facebook gepostet: "Es gibt einen Ort, wo Lügen und Fake News zu Nachrichten werden" und ein Foto von Wolf im ZiB-Studio dazugestellt. "Das sind der ORF und das Facebook Profil von Armin Wolf." Er bezeichnete dies als "Satire". Wolf klagte daraufhin unter anderem wegen übler Nachrede. Im nun geschlossenen außergerichtlichen Vergleich verpflichte sich Strache, "diese - oder sinngleiche Behauptungen zu unterlassen", teilte Wolf mit. Die Entschuldigung gelte für ihn und die ORF-Mitarbeiter. Weiter heißt es: "Ausdrücklich halte ich fest, dass ich Dr. Armin Wolf stets als höchst korrekten und professionellen Journalisten erlebt habe." Die Aussage ziehe er daher als unwahr zurück. In Straches Facebook-Chronik war das umstrittene Posting schon am Dienstagnachmittag nicht mehr zu finden. Für alle, die keine Kronenzeitung lesen - heutige Ausgabe, Seite 3: https://t.co/dN7M79ABKs "Lösung scheint mir fair" "Mir scheint diese Lösung fair und sinnvoller als ein möglicherweise jahrelanger Rechtsstreit durch mehrere Instanzen, da ich nicht annehme, dass der Vizekanzler eine (wahrscheinliche) Verurteilung ohne Berufungsverfahren akzeptiert hätte", erklärte Wolf in seinem Blog. Strache zahle außerdem neben den Verfahrenskosten eine 10.000-Euro-Entschädigung. Diese will Wolf dem Dokumentationsarchiv für den Österreichischen Widerstand spenden. Klagen des ORF gegen Strache wegen des Postings sind aber noch nicht erledigt. Es liefen Vergleichsgespräche, sagte ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz. | /ausland/strache-entschuldigung-101.html |
2018-03-01 | Was Italiens Wahl für die EU bedeutet | Europapolitik | Rechtsextreme und Europagegner triumphierten bei der Wahl in Italien. Wer die Macht übernimmt, ist unklar. Doch Europapolitiker fürchten bereits, dass die neue Regierung der EU Schwierigkeiten macht. Von Karin Bensch. | Rechtsextreme und Europagegner triumphierten bei der Wahl in Italien. Wer die Macht übernimmt, ist unklar. Doch Europapolitiker fürchten bereits, dass die neue Regierung der EU Schwierigkeiten macht. Man könnte es einen politischen Tsunami nennen, was da in Italien passiert ist. Mehr als die Hälfte der italienischen Wähler hat populistischen Parteien ihre Stimme gegeben. Europagegnern, Rechtsextremen und Rechtspopulisten. Der Wahlausgang in Italien muss uns sehr nachdenklich stimmen, sagt der CDU-Europaabgeordnete Andreas Schwab: "Denn Italien ist nach dem Austritt der Briten das drittgrößte Land der europäischen Union und war eigentlich immer ein proeuropäisches Land." Das Land sei wirtschaftlich gesehen sehr wichtig in der EU. "Das Problem ist kein osteuropäisches" Nach der Wahl beanspruchen sowohl die Rechtspopulisten von der Partei Lega Nord als auch die Europagegner von der Fünf-Sterne-Bewegung die Macht. Eine neue Regierung, wann auch immer sie stehen wird, könnte Schwierigkeiten machen, indem sie Entscheidungen der Europäischen Union blockiert, fürchtet der SPD-Europaabgeordnete Jo Leinen. "Man kann sich vorstellen, dass in der gesamten Asyl- und Flüchtlingspolitik aus Rom immer nur ein Veto kommen könnte. Das Gleiche ist auch zu befürchten bei der Wirtschaftspolitik", sagt Leinen. Er macht sich Sorgen, dass die Haushaltsdisziplin in Italien unter die Räder gerät, weil im Wahlkampf viele Versprechungen gemacht wurden, die "bei leeren Kassen gar nicht zu bedienen" seien. Die Zahl der EU-Länder, die rechtsgerichtete und europakritische Regierungen haben, wächst. Es geht nicht mehr nur um Polen und Ungarn, sagt Ska Keller, die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europaparlament. Der Wahlausgang in Italien zeigt, dass Europa noch lange nicht über den Berg ist. Das Problem ist also kein osteuropäisches, wie manche annehmen, das ist auch in Österreich und jetzt auch in Italien zu finden. Sorge mit Blick auf die Europawahl Große Sorge gibt es in Brüssel auch mit Blick auf die nächste Europawahl. Bereits bei der letzten Wahl 2014 gab es einen deutlichen Anstieg von rechtspopulistischen und europafeindlichen Parteien. Das könnte sich bei der nächsten Wahl im Mai kommenden Jahres noch einmal verstärken. Die EU muss deutlicher zeigen, welchen Mehrwert sie den Menschen biete, meint der SPD-Politiker Jo Leinen: "Es gibt ja einige Themen, die die Bürger begreifen, wie der Wegfall der Roaminggebühren. Jetzt auch gleicher Lohn für gleiche Arbeit, dass es kein Dumping auf dem Arbeitsmarkt geben soll." Die EU müsse den Menschen klarer machen, dass einzelne Länder gegen Supermächte wie China, Russland und die Vereinigten Staaten nichts ausrichten können und Europa nur gemeinsam stark sei, meint der CDU-Politiker Andreas Schwab. Was dabei herauskommen kann, wenn die Mitgliedsstaaten an einem Strang ziehen, verdeutlicht er mit der Reaktion auf die Androhung von Strafzöllen aus den USA und der Sicherung der EU-Außengrenzen. Den Mehrwert, den die EU bringt: Mehr als die Hälfte aller Wähler in Italien sehen ihn offenbar derzeit nicht - sei es aus Überzeugung oder aus Protest. Sie setzen auf Populisten und Europagegner. | /ausland/italien-wahl-eu-stimmen-101.html |
2018-03-01 | Fall Skripal - Internationale Experten ermitteln | Untersuchung nach Giftanschlag | Unabhängige Chemiewaffenexperten untersuchen die beim Giftanschlag auf Ex-Spion Skripal verwendete Substanz. Russlands Präsident Putin erklärte nun, die Vorwürfe gegen seine Führung seien "Blödsinn".
mehr | Unabhängige Chemiewaffenexperten untersuchen die beim Giftanschlag auf Ex-Spion Skripal verwendete Substanz. Russlands Präsident Putin erklärte nun, die Vorwürfe gegen seine Führung seien "Blödsinn". Experten der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) werden am Montag in London erwartet. Sie sollen Proben des Nervengifts untersuchen, das bei dem Anschlag auf den russischen Ex-Agenten Sergej Skripal und dessen Tochter Yulia verwendet worden war. Großbritanniens Außenminister Boris Johnson kündigte im Sender BBC an, die Proben würden "in den internationalen Laboren mit dem besten Ruf" getestet. Dies werde mindestens zwei Wochen dauern. Putin: Alles "Unsinn" Russlands Präsident Putin wies nach seiner Wiederwahl alle Vorwürfe gegen seine Führung als "Unsinn" und "Blödsinn" zurück. Es sei "Quatsch" zu denken, dass sich irgendjemand in Russland vor der Wahl und vor der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland eine solche Tat erlaubt hätte. Es war das erste Mal, dass Putin zu dem Fall Stellung bezog. Putin sagte nun, Russland sei bereit, mit London bei der Aufklärung des Falls zu kooperieren. Er hob zugleich hervor, dass Russland all seine chemischen Waffen vernichtet habe. Tschischow verweist auf Chemielabor Der russische EU-Botschafter Wladimir Tschischow wies in der BBC darauf hin, dass das größte Untersuchungsgslabor des britischen Verteidigungsministeriums für Chemiewaffen in Porton Down nur "zwölf Kilometer von Salisbury entfernt" liege, dem Anschlagsort vom 4. März. Offenbar hätten die Briten dort das Nervengift Nowitschok vorrätig gehabt und Proben des Stoffes, mit dem die Skripals vergiftet worden seien, damit verglichen. Tschischow wollte damit offenbar andeuten, dass das Gift aus dem Anschlag aus dem britischen Militärlabor stamme. Er beteuerte erneut, Russland besitze keine Chemiewaffen und habe alle Bestände aus sowjetischen Zeiten vernichtet. Johnson spricht von "Beweisen" Die britische Regierung wies die Behauptung des russischen Botschafters umgehend als Unsinn zurück und bekräftigte zudem die Vorwürfe gegen Russland. Seine Regierung verfüge über "Beweise", wonach Russland "nicht nur in den vergangenen zehn Jahren Nervengifte herstellte mit dem Ziel, Menschen zu töten, sondern auch Vorräte des Nervengifts Nowitschok anlegte". Großbritannien macht Russland für das Attentat verantwortlich. Die NATO, Deutschland, Frankreich und die USA stellten sich auf die Seite Großbritanniens. Johnson droht Russen in Großbritannien Johnson sagte zudem, seine Regierung erwäge weitere Sanktionen gegen Russland. Auch kündigte er Maßnahmen gegen Geldwäsche und Korruption an. Menschen, die durch Korruption und Verbindungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin zu Reichtum gekommen seien, müssten unter Androhung der Beschlagnahmung von Eigentum "den Ursprung ihres Eigentums in Großbritanniens erklären", sagte Johnson. Johnson wird Montag in Brüssel mit seinen EU-Außenminister-Kollegen und mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg über weitere Maßnahmen gegen Russland beraten. Mit Informationen von Jens-Peter Marquardt, ARD-Studio London | /ausland/skripal-opcw-101.html |
2018-03-01 | Russischer Ex-Spion vergiftet? | Vorfall in Großbritannien | Die britische Polizei ermittelt: Ein russischer Ex-Spion und eine Frau sind in Lebensgefahr - wohl nach Kontakt mit einer unbekannten Substanz. Der Fall weckt Erinnerungen. Von Thomas Spickhofen. | Die britische Polizei ermittelt: Ein russischer Ex-Spion und eine Frau sind in Lebensgefahr - wohl nach Kontakt mit einer unbekannten Substanz. Der Fall weckt Erinnerungen. Sonntagnachmittag, ein Einkaufszentrum in Salisbury im Süden von England. Sie habe dieses Paar da auf der Bank gesehen, sagt eine Augenzeugin, ein älterer Mann und eine jüngere Frau. Sie lehnte sich an ihn an und sah so aus, als sei sie vielleicht schon tot. Der Mann, so die Augenzeugin weiter, habe seltsame Handbewegungen gemacht und in den Himmel geschaut. Sergej Skripal heiße der Mann, berichten britische Medien: 66 Jahre alt, ein Ex-Spion. Er soll mit einer noch unbekannten Substanz in Berührung gekommen sein - einem Bericht des "Guardian" zufolge mit Fentanyl, einem Betäubungsmittel. Bei der Frau soll es sich um eine 33-Jährige handeln. Zu ihrem Namen gibt es bislang keine Angaben. Die beiden befinden sie sich nach Angaben der Polizei inzwischen auf der Intensivstation einer Klinik. Ihr Zustand wird als kritisch beschrieben. Seit 2010 in Großbritannien Skripal war 2006 in Russland zu 13 Jahren Haft verurteilt worden, wegen Spionage für die Briten. 2010 kam er im Rahmen eines Gefangenenaustauschs frei. Danach fand er Zuflucht in Großbritannien. Ob es sich um eine Straftat handele, könne man noch nicht sagen, sagt Craig Holden von der örtlichen Polizei. Man sei noch in einer sehr frühen Phase der Ermittlungen. Man stufe den Vorfall als schwerwiegend ein und habe mehrere Behörden eingeschaltet, erklärt Holden. Erinnerungen an den Fall Litwinenko Der Vorgang in Salisbury lässt Erinnerungen an den Fall Litwinenko wach werden. Alexander Litwinenko, ein früherer russischer Geheimagent und britischer Informant, war 2006 in einem Londoner Hotel mit radioaktivem Polonium vergiftet worden. Ein britischer Richter, der den Fall später untersuchte, beschuldigte am Ende die russische Regierung, dafür verantwortlich zu sein. | /ausland/grossbritannien-spion-101.html |
2018-03-01 | Warum gibt es die Zeitumstellung noch? | #kurzerklärt | In der Nacht von Samstag auf Sonntag ist es wieder so weit - die Uhr wird eine Stunde vorgestellt. Viele Freunde hat die Zeitumstellung nicht mehr - 73 Prozent sind dagegen. Warum, erklärt Alina Stiegler. | In der Nacht von Samstag auf Sonntag ist es wieder so weit - die Uhr wird eine Stunde vorgestellt, und zwar um 2.00 Uhr morgens auf 3.00 Uhr. Damit ist es nun abends eine Stunde länger hell. Viele Freunde hat die Zeitumstellung allerdings nicht mehr - 73 Prozent sind dagegen. | /faktenfinder/kurzerklaert-zeitumstellung-101.html |
2018-03-01 | EU will selbstbewusst verhandeln | Nach US-Zollentscheidung | Die EU hat im Handelsstreit mit den USA eine Verschnaufpause bekommen. Doch den Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel reicht ein vorübergehender Verzicht auf Strafzölle nicht aus.
mehr | Die EU hat im Handelsstreit mit den USA eine Verschnaufpause bekommen. Doch den Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel reicht ein vorübergehender Verzicht auf Strafzölle nicht aus. Beim EU-Gipfel in Brüssel haben die 28 Staats- und Regierungschefs von US-Präsident Donald Trump eine "dauerhafte" Ausnahme bei den Strafzöllen gefordert. Diese seien nicht mit nationalen Sicherheitsinteressen zu erklären, erklärten sie. Der Schutz ganzer Branchen in den USA sei "ein unangemessenes Heilmittel für wirkliche Probleme der Überkapazität". Zu solchen Fragen bot der Gipfel einen "Dialog" an. "Revolver an der Schläfe" Die USA hatten entschieden, die Staaten der Europäischen Union von Zöllen auf Aluminium und Stahl vorerst auszunehmen. Sollte die Ausnahme nicht von Dauer sein, drohte die Staats- und Regierungschefs weiter mit Gegenzöllen von EU-Seite. Er hoffe, dass es "keinen Handelskrieg zwischen den USA und der Europäischen Union" geben werde, sagte etwa Österreichs Kanzler Sebastian Kurz. "Aber wenn sich hier der Präsident falsch entscheiden sollte, dann wird die Europäische Union stark darauf reagieren." Belgiens Ministerpräsident Charles Michel kritisierte den kurzen Zeitraum der Ausnahmeregelung. Es gehe nur um einige Wochen, sagte er. Offenbar wolle Trump mit der EU verhandeln, "indem er einen Revolver an unsere Schläfe setzt". Die EU dürfe sich darum nicht verleiten lassen, mit Trump in Gespräche vom Umfang des auf Eis liegenden Freihandelsabkommens TTIP einzutreten, hieß es aus dem Umfeld des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. "Das wäre die falsche Antwort" in Verhandlungen, "in denen Trump versucht, Europa zu Zugeständnissen zu bringen". Merkel will schnelle Gespräche Weil die Ausnahmen auf die von heute an geltenden Zölle zunächst nur bis zum 1. Mai gelten, ist es weiterhin möglich, dass Trump am Ende doch noch zusätzliche Zölle verhängt. Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnte schnelle Gespräche mit der US-Regierung über eine dauerhafte Ausnahme von den Schutzzöllen an. Dies sei ein "Anliegen großer Dringlichkeit", sagte Merkel. Die EU werde sich dabei gegenüber Washington weiter "gegen Protektionismus" aussprechen. Sie wolle keine "Spirale" von Handelsmaßnahmen, bei der "alle verlieren". Merkel verteidigte den von Trump immer wieder kritisierten hohen Exportüberschuss, der für mehr als die Hälfte des gesamten Ausfuhrüberschusses der EU gegenüber den Vereinigten Staaten steht. Hier gebe es "Faktoren, die können wir gar nicht beeinflussen" wie Wechselkurse oder Preise für Energie, sagte die Kanzlerin. Russland und China drohen mit Gegenmaßnahmen Die Ausnahme von den Strafzöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte gilt auch für Argentinien, Brasilien, Australien, Südkorea sowie für die US-Nachbarn Mexiko und Kanada. Nicht von den Zöllen verschont werden unter anderem Russland und China, deren Unternehmen nun Zusatzkosten in Milliardenhöhe drohen. Beide wollen die Sache aber nicht auf sich beruhen lassen. Russland kündigte bereits Gegenmaßnahmen an. Es würden Beschränkungen für US-Einfuhren vorbereitet, teilte das Handelsministerium in Moskau mit. Auch China rüstet sich für eine mögliche Konfrontation mit den USA. Das Handelsministerium veröffentlichte eine Liste von 128 US-Produkten, auf die Zölle erhoben werden könnten. Es erklärte, China wolle keinen Handelskrieg, "aber es hat absolut keine Angst vor einem Handelskrieg". USA klagen vor WTO gegen China Der Konfrontationskurs des US-Präsidenten gegenüber China endet jedoch nicht bei den Zöllen. Trump wies zudem seinen Handelsbeauftragten Robert Lighthizer an, bei der WTO ein Streitschlichtungsverfahren gegen China anzustrengen. Das Land verstoße gegen WTO-Regeln, indem es ausländischen Patentinhabern, darunter auch US-Unternehmen, "grundlegende Patentrechte verweigert", erklärte Lighthizers Büro. Chinesische Unternehmen nutzen demnach patentgeschützte Technologien nach dem Ende von Lizenzverträgen weiter. Die US-Regierung wirft China zudem vor, ausländische Investoren mit unfairen Vertragsbedingungen zu benachteiligen. | /wirtschaft/usa-zoelle-eu-china-107.html |
2018-03-01 | Was ist Nowitschok? | Fall Skripal | Nowitschok wurde in der Sowjetunion entwickelt. Es sei aber wohl nie in die militärische Produktion gegangen, erklärt der Chemiewaffenexperte Trapp. Daher sei Nowitschok auch nicht der OPCW gemeldet und vernichtet worden.
mehr | Nowitschok war eine Gruppe vom Kampfstoffen, die in den 1980er-Jahren in der Sowjetunion entwickelt wurden. Diese Stoffe seien aber wohl nie in die militärische Produktion gegangen, erklärt der Chemiewaffenexperte Ralf Trapp. Daher seien sie auch nicht als Teil der Chemiewaffenvorräte der OPCW gemeldet und später vernichtet worden. | /faktenfinder/trapp-chemiewaffen-101.html |
2018-03-01 | EU legt sich mit Apple, Google & Co. an | Pläne für Digitalsteuer | Nach langer Diskussion präsentiert die EU-Kommission Pläne zur Besteuerung von Internetkonzernen. Künftig sollen sie dort zahlen, wo sie präsent sind - und nicht, wo es am günstigsten ist. Ist das praktikabel? Von Michael Grytz. | Nach langer Diskussion präsentiert die EU-Kommission Pläne zur Besteuerung von Internetkonzernen. Künftig sollen sie dort zahlen, wo sie präsent sind - und nicht, wo es am günstigsten ist. Ist das praktikabel? Es ist ein Rennen um Glaubwürdigkeit und viel Geld, Unternehmen wie Apple oder Facebook, Google oder Amazon suchen sich aus, wo sie am wenigsten Steuern zahlen. Nach dem Willen der EU-Kommission sollen sie nun auch dort Steuern zahlen, wo ihre Produkte gekauft werden und die Milliardengewinne erwirtschaftet werden. Man stelle sich vor, ein eher kleiner Staat kann 13 Milliarden Euro Steuern von einem bekannten multinationalen Unternehmen einnehmen. Die Regierung könnte vieles davon finanzieren, was den Bürgern des Staates nutzt, zum Beispiel das Kindergeld erhöhen, benachteiligte Menschen besser unterstützen oder einfach den Steuersatz der Bürger senken. Statt aber dieses Geld tatsächlich einzunehmen, will die Regierung die Milliarden aber gar nicht. Gibt es nicht? Doch. Erfolgreiche Unternehmen, die kaum noch Steuern zahlen - vielen "normalen" Steuerzahlern treibt das den Zorn ins Gesicht. Spätestens seit durch die Luxemburg-Leaks oder den Panama Papers klar wurde, wie viel Konzerne betreiben, um möglichst wenig Steuern zu zahlen. Seit vier Jahren nun arbeiten internationale Organisationen und Regierungen daran, solche Fälle zu verhindern. Wer aber die wirklichen Schufte in diesem Spiel sind, ist nicht immer ganz klar. Apple und Co.? Die Geschichte oben ist nicht erfunden. 13 Milliarden Euro sollte Apple an Irland zurückzahlen. Die EU-Kommission hatte errechnet, dass Apple im Jahr 2014 lediglich 0,005 Prozent Steuern gezahlt hat. Irland ist eine Steueroase in Europa und bei weitem nicht die einzige, aber Irland steht dazu und geht zusammen mit dem Unternehmen gegen die Forderungen der EU-Kommission vor. Man sei nicht der globale Steuereintreiber für andere, so die Meinung der irischen Regierung. 5500 Mitarbeiter beschäftigt Apple in Irland und bündelt dort seine in Europa erzielten Gewinne. Viele andere große Konzerne machen es ähnlich. Für die Steuergesetzgebung sind die Mitgliedsstaaten der EU selbst verantwortlich. Wettbewerbsfragen sind EU-Kompetenz. Was aber wenn der Wettbewerb in Europa durch Steuersätze beeinträchtigt ist? Irland, Luxemburg, Niederlande? Mit die größten Steuerparadiese liegen ausgerechnet in der EU. Kommissionschef Jean-Claude Juncker dürfte, als er noch Ministerpräsident und Finanzminister Luxemburgs war, viel über Steuerschlupflöcher gewusst haben. Der kürzlich verstorbene Ikea-Gründer Ingvar Kamprad meinte, Steuern seien für ihn ein Kostenfaktor im Unternehmen und Kosten müssten so niedrig wie möglich gehalten werden. Folglich verlegte er den Unternehmenssitz und nutzte die Gesetzgebung in den Niederlanden und Luxemburg, und wohnte in der Schweiz. Ist es ihm zu verübeln, wenn er steuerlich die für sein Unternehmen beste Variante wählt? Vor allem kleine Länder, die im Wettbewerb mit wirtschaftlichen Riesen stehen, wollen gute Standortbedingungen. Denn das Modell kann funktionieren. Irland ist deutlich besser aus der Finanzkrise heraus gekommen, steht nicht mehr unter dem "Rettungsschirm" der EU und ist dafür von den anderen EU-Mitgliedsstaaten gelobt worden. Für ihr Steuermodell aber ernten sie Kritik. Warum "Internetkonzerne"? Ein Papier der EU-Kommission sieht vor, dass große Internetkonzerne in Europa mit einem weltweiten Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro sowie einem Online-Umsatz von 50 Millionen Euro innerhalb der EU drei Prozent Steuern zahlen. Eine Besteuerung soll auch dort stattfinden, wo die Werte geschaffen werden. Umsätze aus dem Verkauf von Nutzerdaten an Werbetreibende und aus Geschäften, die über Plattformen abgewickelt werden, sollen mit drei Prozent belastet werden. Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion, begrüßt den Plan: "Das europäische Steuerrecht muss endlich im 21. Jahrhundert ankommen. Solange sich die Staaten der G20 nicht auf eine weltweite Besteuerung für Digitalkonzerne einigen können, muss die Europäische Union vorangehen und Google und Co. zur Kasse bitten. Internetfirmen dürfen nicht länger von steuerlichen Freifahrtscheinen profitieren. Auch Digitalunternehmen wie Facebook müssen ihre soziale Verantwortung in der realen Welt übernehmen." Der steuerpolitische Sprecher der FDP im Europaparlament dagegen meint, der Vorschlag bediene lediglich populistische Instinkte. Die "Big 4", also Apple, Facebook, Google und Amazon, werden immer genannt, wenn es um die große Steuervermeidung geht. Allein Apple soll durch aggressive Steuermodelle 252 Milliarden Gewinne in aller Welt verteilt haben, so ganz genau weiß das niemand. Den Steuerbehörden gehen weltweit laut Schätzungen bei der Besteuerung von Unternehmen 100 bis 240 Milliarden US-Dollar verloren, pro Jahr. Apple und Co. nutzen die fehlende Transparenz und Koordination der nationalen Steuersysteme und verlagern Gewinne dorthin, wo sie nur wenig Steuern zahlen müssen. Diese "Verkürzung und Verlagerung von Gewinnen" ist auch als "Base Erosion and Profit Shifting" BEPS, bekannt. Die Taktik ist nicht strafbar, untergräbt jedoch das Vertrauen in Steuergerechtigkeit und verzerrt den Wettbewerb zwischen Unternehmen sowie zwischen verschiedenen Volkswirtschaften. Praktikabel? Beim Verkauf von konkreten Produkten wie denen von Apple ist eine Umsatzbesteuerung noch vorstellbar, aber wie soll das bei Google funktionieren, wo die Nutzer meist etwas suchen? Oder bei Facebook - sollen da Nutzerdaten ausgewertet werden? Und was sagen später Datenschützer? Die Antworten darauf sind noch relativ vage. Zudem überlegen die Unternehmen bereits, wie sie einer solchen Gesetzgebung entgehen. Die EU-Mitglieder müssen dem Vorschlag noch zustimmen. Der Plan würde am besten funktionieren, wenn er weltweit angewandt würde, was aber kaum zu erwarten ist. Die Wirtschaft warnt schon jetzt vor dem enormen Aufwand. Und dann ist da noch US-Präsident Donald Trump. Es wäre kaum überraschend, wenn eine solche Steuer in Europa wieder einmal als Angriff auf amerikanische Unternehmen betrachtet würde. | /wirtschaft/eu-steuern-internetkonzerne-101.html |
2018-03-01 | Von wegen Panne - das ist das Geschäftsmodell | Facebook-Datenmissbrauch | Die Vorwürfe gegen Facebook wiegen schwer, die Entrüstung ist groß. Doch sie ist auch scheinheilig, meint Samuel Jackisch. Denn das Erstellen - und Verkaufen - von Datensätzen ist das Geschäftsmodell.
mehr | Die Vorwürfe gegen Facebook wiegen schwer, die Entrüstung weltweit ist groß. Doch sie ist auch scheinheilig. Denn das massenhafte Erstellen - und Verkaufen - von Datensätzen ist das Geschäftsmodell. "Datenklau", "Diebstahl", "Panne", oder "Missbrauch" - das sind derzeit besonders häufige Worte um zu beschreiben, was gerade bei Facebook passiert ist. Und sie sind alle falsch. Es wurde nichts gestohlen. Keine Passwörter geknackt, keine Firewall durchbrochen, nichts auf dem Schwarzmarkt verhökert, kein Hacker trieb sich herum, wo er nichts zu suchen hat. Im Gegenteil: Was passiert, ist "business as usual". Facebook sammelt Daten. Es erstellt Profile seiner Nutzer und verkauft sie an werbetreibende Unternehmen, Dienstleister, politische Parteien, Unterschriftensammler. Dieses Werbeprofil kann ich sogar einsehen und bearbeiten, zwar versteckt in den Tiefen meines Facebook-Kontos, aber das alles geschieht nicht geheim. Musikgeschmack, Geburtsdatum, Konsumverhalten - alles bekannt Samuel J. ist männlich, lebt im Ausland, hat im Frühling Geburtstag, ist beruflich häufig unterwegs, interessiert sich für Fußball, hört Metal-Musik, liest viele Zeitungen, ist kürzlich umgezogen, isst gerne italienisch. Das alles weiß Facebook nicht, weil ich es dort rein geschrieben habe, sondern weil es mitliest, wenn ich im Netz einen Zeitungsartikel anklicke, ein Flugticket buche, Konzertkarten kaufe oder Pizza bestelle. Das habe ich Facebook erlaubt, als ich seine Geschäftsbedingungen akzeptiert habe. Das haben Gerichte und Behörden erlaubt, als sie Facebook haben gewähren lassen. Überrascht zu sein, ist naiv Man kann das beklagen. Und man kann Facebook vielleicht vorwerfen, dass es den Kern seines Geschäftsmodells seinen Nutzern verheimlicht. Und man muss Facebook bestrafen, wenn es gegen Datenschutzgesetze in den USA und in Europa verstoßen hat. Aber überrascht zu sein, wenn es tut was es immer tut, das ist naiv. Wer Facebook nutzt, oder Google oder Instagram oder Twitter - die alle dasselbe im Sinn haben -, der nutzt es freiwillig. Wer Donald Trump wählt, tut es ebenfalls freiwillig und nicht, weil ihr oder ihm jemand das Gehirn gewaschen oder dunkle Mächte persönliche Daten geklaut haben. Der Kunde als Produkt Es gilt eine kapitalistische Faustregel: Wenn ein Dienst für seine Kunden kostenfrei ist, dann ist der Kunde selbst das Produkt. Die massenhafte Auswertung unserer Daten haben Facebook zu dem gemacht, was es ist: Ein Technologie-Konzern mit 40 Milliarden Jahresumsatz. Das waren wir. Beim Pizza bestellen oder Zeit totschlagen mit dümmlichen Quiz-Spielchen. Niemand hat betrogen, missbraucht oder gestohlen. Jahrelang haben sich Facebook-Nutzer Gedanken gemacht, was sie anderen bei Facebook über sich preisgeben. Das war die falsche Frage: Entscheidend ist, was wir Facebook selbst über uns verraten. | /kommentar/facebook-cambridge-analytica-105.html |
2018-03-01 | Keine Rache an Trump | EU präsentiert Digitalsteuer | Internetkonzerne sollen in der EU künftig mehr Steuern zahlen. Im Fokus stehen die großen US-Konzerne. In Brüssel betont man aber: Mit dem Handelsstreit mit Washington habe das nichts zu tun. Von Ralph Sina. | Internetkonzerne sollen in der EU künftig mehr Steuern zahlen. Im Fokus stehen die großen US-Konzerne. In Brüssel betont man aber: Mit dem Handelsstreit mit Washington habe das nichts zu tun. Dieses Signal an Washington war EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici besonders wichtig: Bei der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Digitalsteuer handele es sich nicht um eine Antwort auf Trumps Ankündigung neuer Zölle. Es gebe keinerlei Beziehung zwischen diesem Steuervorschlag und der Entwicklung der amerikanisch-europäischen Handelsbeziehungen, so der Kommissar. Es handele sich also nicht um eine Antwort oder Rache der EU - sondern vielmehr um eine bereits im letzten Jahr gestartete Initiative der EU-Kommission. Dieser Vorschlag habe sowohl für die Kommission als auch für ihn ganz persönlich Priorität, betonte Moscovici. Denn die bisher existierenden Regeln verhindern, dass in Europa tätige Digitalkonzerne angemessen besteuert werden. Laut einer Untersuchung der Juncker -Kommission zahlen grenzüberschreitend tätige Konzerne nicht einmal halb so viele Steuern wie herkömmliche Unternehmen. EU rechnet mit fünf Milliarden Euro mehr Das sei ein steuerrechtliches Vakuum und habe beachtliche Mindereinnahmen zur Folge, so Moscovici: Fünf Milliarden Euro pro Jahr sollen in der EU ab jetzt zusätzlich durch die von der Kommission vorlegten Richtlinienentwürfe eingenommen werden, die für Internetfirmen eine Abgabe in Höhe von drei Prozent des Umsatzes in den EU-Staaten vorsehen. Über die Höhe dieser Digitalsteuer entscheidet nicht - wie bei Unternehmenssteuern sonst üblich - der Firmen-Gewinn, den Konzerne wie Apple & Co dank der EU-Unternehmenssteuerparadiese Irland, Luxemburg oder die Niederlande kleinrechnen können. Entscheidend soll in Zukunft vielmehr der Umsatz sein. Irrelevant ist auch der Firmensitz, die sogenannte "Betriebsstätte". Steuerrelevant ist nach den Plänen der EU-Kommission ausschließlich die Zahl der digitalen Nutzer und die sogenannte "digitale Präsenz": Unternehmen, die mindestens 100.000 digitale Nutzer in der EU haben, oder mit ihren digitalen Dienstleistungen mindestens zehn Millionen Euro Jahresumsatz machen, sollen in Zukunft eine digitale Sonderumsatzsteuer in der EU bezahlen. Ärger mit Washington programmiert 120 bis 150 Digitalfirmen sind nach Moscovicis Angaben von den Steuerplänen der EU-Kommission betroffen. Europäische und asiatische Konzerne seien darunter, betont Moscovici. Im Fokus stehen aber vor allem die "großen Vier, also Google, Apple, Facebook und Amazon - alle aus den USA. Die Kommissionsvorschläge sind also nicht dazu angetan, die europäisch-amerikanischen Handelsbeziehungen zu verbessern. US-Finanzminister Steve Mnuchin ist strikt gegen eine Digitalsteuer für Internetkonzerne. Daran ändert auch die Zusicherung Moscovicis nichts, die EU-Digitalsteuer sei nur eine Zwischenlösung, um Mitgliedsstaaten von nationalen Alleingängen abzuhalten, die den Binnenmarkt gefährdeten. Doch nicht nur aus Washington kommt Widerstand. Auch die EU-Steuerparadiese Irland, die Niederlande und Luxemburg haben kein Interesse daran, die großen Vier aus den USA zu vergraulen. Ob, wann und wie genau die Digitalsteuer kommt, ist also noch völlig offen. Vielleicht bleibt sie ähnlich virtuell wie die oft beschworene Finanztransaktionssteuer. | /wirtschaft/eu-steuern-internetkonzerne-103.html |
2018-03-01 | Israel bestätigt Angriff auf Reaktor | Einsatz in Syrien 2007 | Ein Eingeständnis, das warnen soll: Das israelische Militär hat sich zu einem Luftangriff auf einen mutmaßlichen Atomreaktor in Syrien im Jahr 2007 bekannt. Man werde niemandem erlauben, die Existenz Israels zu bedrohen.
mehr | Ein Eingeständnis, das warnen soll: Das israelische Militär hat sich zu einem Luftangriff auf einen mutmaßlichen Atomreaktor in Syrien im Jahr 2007 bekannt. Man werde niemandem erlauben, die Existenz Israels zu bedrohen. Israel hat erstmals offiziell einen Angriff seiner Luftwaffe auf einen mutmaßlichen syrischen Atomreaktor im Jahre 2007 bestätigt. Die Armee teilte mit, Kampfjets hätten damals "einen Kernreaktor zerstört, der in Syrien gebaut wurde". Der Reaktor habe kurz vor der Fertigstellung gestanden und soll damals heimlich mit Hilfe Nordkoreas gebaut worden sein. "Eine existenzielle Bedrohung für Israel" Durch die Militäraktion sei "eine existenzielle Bedrohung für Israel und die gesamte Region" beseitigt worden. Generalstabschef Gadi Eisenkot sagte, die Botschaft des Angriffs von 2007 sei, dass Israel es niemandem erlauben werde, die Fähigkeit zu erlangen, seine Existenz zu bedrohen. "Dies war unsere Botschaft im Jahre 2007, dies bleibt unsere Botschaft heute und in der nahen und fernen Zukunft." Zudem veröffentlichte Israel Fotos und Videoaufnahmen, die die Zerstörung der Al-Kubar-Anlage nahe Deir al-Sor zeigen sollen. Warnung an den Iran? Dass Israel den Angriff nun einräumt, könnte als Warnung an den Iran verstanden werden. Die israelische Regierung beschuldigt Teheran, Raketenfabriken in Syrien und im Libanon bauen zu wollen und fürchtet, dass die Geschosse dann gegen Israel eingesetzt werden könnten. Premierminister Benjamin Netanyahu hat überdies wiederholt erklärt, sein Land werde den Iran "niemals Atomwaffen entwickeln lassen". Hintergrund könnte aber auch nicht nur eine Warnung an den Iran sein, sondern auch die Tatsache, dass der damalige israelische Premierminister Ehud Olmert demnächst seine Memoiren veröffentlichen will. Syrien bestritt Bau eines Reaktors Syrien hatte stets bestritten, dass es sich bei dem Gebäude in der ostsyrischen Wüste um einen im Bau befindlichen Reaktor zur Herstellung von Plutonium gehandelt habe. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) erklärte hingegen, dass es sich bei der Anlage "sehr wahrscheinlich" um einen Reaktor gehandelt habe. | /ausland/israel-atomreaktor-101.html |
2018-03-01 | Vereint gegen Russland | EU zum Fall Skripal | Schuldzuweisungen, Drohungen, Sanktionen - der Streit um den Giftanschlag auf den russischen Ex-Spion Skripal gewinnt noch einmal an Schärfe. Die EU-Staaten verurteilten geschlossen Russland, einige kündigten Sanktionen an.
mehr | Schuldzuweisungen, Drohungen, Sanktionen - der Streit um den Giftanschlag auf den russischen Ex-Spion Skripal gewinnt noch einmal an Schärfe. Die EU-Staaten verurteilten geschlossen Russland, einige kündigten Sanktionen an. Viele EU-Staaten hatten bereits Partei ergriffen im Konflikt zwischen Großbritannien nach dem Giftanschlag auf den russischen Ex-Spion Sergej Skripal im englischen Salisbury. Nun haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU geschlossen hinter London gestellt. Auf dem Gipfel in Brüssel verabschiedeten sie eine Erklärung, die feststellt: Russland sei "höchst wahrscheinlich" für den Anschlag auf Skripal und seine Tochter Julia verantwortlich. Großbritannien sicherten die Gipfelteilnehmer ihre "uneingeschränkte Solidarität" zu. Zudem rief die EU ihren Botschafter in Moskau zu Konsultationen zurück nach Brüssel. Einige Staaten kündigten darüber hinaus unilaterale Sanktionen gegen Russland an: Lettland kündigte bereits am Freitag an, "einen oder mehrere" russische Diplomaten auszuweisen. Auch andere EU-Staaten wie Litauen, Irland und Tschechien zeigten sich in Brüssel offen für einen solchen Schritt. Merkel verteidigt harten EU-Kurs Deutschland und Frankreich wollen in den kommenden Tagen gemeinsam entscheiden, ob und welche Strafmaßnahmen sie gegen Russland ergreifen. Man sei sich darin einig, dass die Abberufung von Botschaftspersonal als Antwort nicht ausreiche. Kanzlerin Angela Merkel verteidigte bei einer Pressekonferenz mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron das harte diplomatische Vorgehen, noch bevor die Chemiewaffenexperten der internationalen Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) ihre Ergebnisse vorgelegt habt: Die britische Premierministerin May habe auf dem Gipfel "fundierte Analysen" vorgelegt, die sich "wahrscheinlich" nicht stark von den OPCW-Ergebnissen unterscheiden würden. Moskau: London will die Konfrontation Während für die britische Premierminister Theresa May die Gipfelerklärung demonstriert, "dass wir unsere Werte gegen die russische Bedrohung hochhalten", hieß es aus Moskau, London setze alles daran, die EU zu "konfrontativen Schritten" zu bewegen und so die Krise mit Russland weiter zu verschärfen - und das, bevor die Ermittlungen im Fall Skripal überhaupt abgeschlossen seien. Und Kreml-Sprecher Dmitri Peskow betonte erneut, Russland habe "absolut nichts mit dem Fall Skripal zu tun". Die EU handele nur aufgrund von Vermutungen. Der frühere russische Doppelagent Skripal und seine Tochter waren Anfang März in Salisbury vergiftet worden. Die beiden liegen seitdem im Koma. London zufolge wurden beide mit dem hochgiftigen militärischen Nerven-Kampfstoff Nowitschok vergiftet, der zu Zeiten der Sowjetunion entwickelt wurde. Die britische Regierung ordnete nach dem Anschlag die Ausweisung von 23 russischen Diplomaten an. Russland verhängte eine entsprechende Gegenmaßnahme. Die betroffenen britischen Botschaftsmitarbeiter verließen heute Moskau. | /ausland/skripal-121.html |
2018-03-01 | Malmström fordert komplette Ausnahmen | Handelsstreit mit den USA | Erst Wirtschaftsminister Altmaier, nun EU-Kommissarin Malmström. Die Europäer ringen um Ausnahmen von den US-Strafzöllen. Malmström trifft in Washington Trumps Handelsbeauftragten Lighthizer - einen Hardliner.
mehr | Erst Wirtschaftsminister Altmaier, nun EU-Kommissarin Malmström. Die Europäer ringen um Ausnahmen von den US-Strafzöllen. Malmström trifft in Washington Trumps Handelsbeauftragten Lighthizer - einen Hardliner. Es ist ein zähes, transatlantisches Tauziehen. Im Stahlstreit zwischen Europäern und den USA versucht die EU, eine Einigung herbeizuführen. Nach einem Gespräch mit US-Handelsminister Wilbur Ross kommt Handelskommissarin Cecilia Malmström nun mit dem Handelsbeauftragten von Präsident Donald Trump, Robert Lighthizer, zusammen. Lighthizer gilt als Hardliner in der internationalen Handelspolitik. Malmström hat entsprechend des Lissabon-Vertrages die Verhandlungshoheit beim Thema Zölle für alle EU-Länder. Sie fordert eine komplette Ausnahmeregelung für die 28 EU-Länder. Bisher sind nur die US-Nachbarn Kanada und Mexiko vorübergehend befreit. Trump hatte zwischenzeitlich auch Australien ins Gespräch gebracht. Auf dem Rückweg von Washington. Gute Gespräche mit Kollegen Ross, Lighthizer, Senatoren, der Firmen.Einigung ist möglich, wenn wir wollen! Altmaier zunächst zuversichtlich - Scholz und Roth zurückhaltend Nach Auffassung von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier ist eine Einigung eine Frage des Willens auf beiden Seiten. "Eine Einigung ist möglich", schrieb Altmaier nach Abschluss seiner Gespräche in Washington auf Twitter und fügte hinzu: "Wenn wir wollen!". Mit "wir" seien die USA und Europa gleichermaßen gemeint, erläuterte eine Sprecherin Altmaiers. Nach seinem Treffen mit Ross zeigte sich Altmaier zunächst zuversichtlich, dass eine Lösung des Zollstreits möglich sei und ein Abgleiten in einen europäisch-amerikanischen Handelskonflikt abgewendet werden könne. Später war er wieder leicht von der Aussage abgewichen. Auch Außen-Staatssekretär Michael Roth und Finanzminister Olaf Scholz gaben sich zurückhaltend. "Wir sind derzeit - und die Uhr läuft - doch weit von einer vernünftigen Lösung entfernt", sagte Roth in Brüssel. Zölle sollen Freitag in Kraft treten Trump hatte vor knapp zwei Wochen angekündigt, Zölle auf Importe von Stahl in Höhe von 25 Prozent und auf Aluminium in Höhe von zehn Prozent zu verhängen. Die Zölle sollen an diesem Freitag in Kraft treten. Trump begründete die Zölle mit der Wahrung der nationalen Sicherheit. Daraufhin war ein erbitterter Streit ausgebrochen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte umgehend mit Vergeltung gedroht. Die EU erwägt im Falle des Inkrafttretens ihrerseits Zölle auf US-Importe, darunter Whiskey und Jeans. Daraufhin hatte wiederum Trump erklärt, er könnte Importe deutscher Autos mit einem Zoll von 25 Prozent belegen. Altmaier sprach in dem Zusammenhang in Washington von dem Risiko "eines gefährlichen Wettlaufs". Diesen könne keine der beiden Seiten gewinnen. EU-Ratspräsident Donald Tusk rief dazu auf, den Handelsstreit mit den USA nicht zu überbewerten. "Als die Vereinigten Staaten 1930 ihre Zölle angehoben haben, hat das zu einem globalen Handelskrieg geführt", schrieb er kurz vor dem EU-Gipfel morgen und Freitag an die Staats- und Regierungschefs. Damals sei aber auch ein Drittel des europäischen Handels betroffen gewesen. Die US-Zölle, die jetzt geplant seien, würden hingegen nur 1,5 Prozent des transatlantischen Handels treffen. | /ausland/malmstoem-handelsstreit-101.html |
2018-03-01 | Besonnen reagieren und verhandeln | Handelsstreit mit den USA | US-Präsident Trump hat mehrere Länder von seiner Zollpolitik ausgenommen. Martin Ganslmeier meint, es sei unwahrscheinlich, dass er auch die EU verschont. Umso wichtiger sei es nun, zu verhandeln.
mehr | US-Präsident Trump hat mehrere Länder von seiner Zollpolitik ausgenommen. Martin Ganslmeier meint, es sei unwahrscheinlich, dass er auch die EU verschont. Umso wichtiger sei es nun, zu verhandeln. Gelingt es der EU doch noch in letzter Minute, von Trumps Zöllen auf Stahl und Aluminium verschont zu werden? Ehrlich gesagt: Ich bin skeptisch. Zu weit hat sich der US-Präsident gegenüber den amerikanischen Stahlarbeitern aus dem Fenster gelehnt. Für Kanada und Mexiko hat er bereits Ausnahmen zugelassen. Wohl auch für Australien. Wenn jetzt noch Verbündete wie die EU, Japan und Südkorea dazukommen, hätte Trump gleich auf Schutzzölle verzichten können. Keil zwischen zwei natürliche Verbündete Ein transatlantischer Handelskrieg zwischen den USA und der EU würde ausgerechnet einen Keil zwischen die beiden natürlichen Verbündeten beim fairen Welthandel treiben. Über Chinas fragwürdige Praktiken würde niemand mehr reden. Sind also die Last-Minute-Bemühungen von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und EU-Wettbewerbskommissarin Cecilia Malmström vergebliche Liebesmüh? Eindeutig nein! Denn beide haben der US-Regierung klar gemacht: Die EU ist gesprächsbereit, wenn es um den Abbau von Zöllen und Handelsbarrieren geht. Das eigentliche Problem beim Stahl und bei vielen anderen Handelshemmnissen ist China. Drei Szenarien Was also wird am Freitag passieren? Am unwahrscheinlichsten ist das Best-Case-Szenario: ein Rückzieher Trumps und eine öffentliche Erklärung, dass die EU als enge Verbündete von den Zöllen verschont bleibt. Das widerspräche allen bisherigen Aussagen Trumps. Schon eher möglich ist, dass "die Uhr angehalten" wird, damit die EU mehr Zeit bekommt, um den USA entgegen zu kommen. Ebenfalls möglich ist das Worst-Case-Szenario: Trumps Zölle kommen - ohne Aussicht auf eine baldige Lösung des Konflikts. Und wie soll die EU dann reagieren? Einen härteren Kurs einschlagen, um das "Schulhofrüpel"-Gebaren des US-Präsidenten nicht durch Nachgeben zu belohnen? Dafür bekämen Juncker, Merkel und Macron sicher viel Zustimmung. Doch leider sitzt Europa am kürzeren Hebel. 90 Tage für weitere Verhandlungen Sollte die EU mit Strafzöllen auf Whiskey, Jeans oder US-Motorräder antworten, würde Trump noch härter zurückschlagen und die Zölle für europäische Autos erhöhen. Das würde Deutschland besonders hart treffen. Auch deshalb war es richtig, dass sich Altmaier in Washington um Kompromisse und Deeskalation bemüht hat. Europa tut gut daran, besonnen zu reagieren. Sollten die Zölle am Freitag kommen, hat sich die EU klugerweise 90 Tage für weitere Verhandlungen gegeben. Sofortige Gegenmaßnahmen eskalieren schnell zu einem Handelskrieg. Bei dem verlieren alle Beteiligten, am meisten aber die Exportnation Deutschland. Und noch eine Bemerkung: Nicht wenige in Deutschland, die jetzt Trumps Protektionismus kritisieren, haben noch vor kurzem gegen das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP und amerikanische Hühnchen protestiert. Auch bei uns gibt es Protektionismus. Der Abbau von Zöllen und Handelsbarrieren zwischen EU und USA scheiterte nicht zuletzt am Widerstand in Deutschland. Wie kurzsichtig dies war, das zeigt uns jetzt Trumps protektionistische Politik. | /kommentar/usa-handelsstreit-101.html |