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2018-05-01
Wie die OPCW zu ihrem Ergebnis kam
Chlorgas in Sarakeb
Augenzeugen, Proben und Videoanalysen sind die Basis für die Einschätzung, dass in Sarakeb Chlorgas wohl als Waffe eingesetzt wurde. In einem Bericht dokumentiert die OPCW ihr Vorgehen. Von Patrick Gensing.
Augenzeugen, Proben und Videoanalysen sind die Basis für die Einschätzung, dass in Sarakeb Chlorgas wohl als Waffe eingesetzt wurde. In einem Bericht dokumentiert die OPCW ihr Vorgehen. Die Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) hat den Einsatz von Giftgas bei einem Angriff in Syrien im Februar bestätigt. Eine Erkundungsmission sei zu dem Ergebnis gekommen, dass in der Stadt Sarakeb (englisch: Saraqeb) am 4. Februar 2018 Chlorgas aus Zylindern freigesetzt worden sei, teilte die Organisation mit. Es sei "wahrscheinlich als chemische Waffe eingesetzt worden". Sarakeb liegt in der Region Idlib, etwa 50 Kilometer südwestlich von Aleppo an der Autobahn nach Damaskus. Vor Ausbruch des Kriegs in Syrien hatte die Stadt etwa 34.000 Einwohner. Im Februar 2018 stand die Stadt nicht unter der Kontrolle der Regierung. https://twitter.com/OPCW/status/996658802157129728 Die OPCW-Experten legten einen 34-seitigen Bericht vor. Darin erklären sie ihre Arbeitsweise. So führten sie Interviews mit 19 männlichen Personen vom 14. Februar bis zum 4. März. Zeugen beschrieben, dass sie am 4. Februar um 21.15 Uhr einen Helikopter über der Stadt gehört hätten. Außerdem hätten sie das Geräusch von zwei Fässern vernommen, die heruntergefallen seien. Eine Explosion habe es nicht gegeben. Die Zeugen beschrieben, wo die Zylinder - zumeist als Fässer bezeichnet - im Ostteil der Stadt heruntergefallen seien. In welcher Reihenfolge sie aufschlugen, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Auf Fotos ist auch zu sehen, wie rund um die Zylinder das Gras wie verbrannt oder ausgetrocknet wirkt. Wie Haushaltsreiniger - nur intensiver Da es keine Explosionsgeräusche gegeben hatte, verließ ein Augenzeuge einen Keller, in dem er sich in Sicherheit gebracht hatte. Als er zurückkehrte, berichtete er von einem Chlorgeruch und verlor das Bewusstsein. Auch die anderen Personen in dem Keller verspürten Atemnot, Übelkeit und ein Brennen in den Augen. Der Geruch habe sie an Haushaltsreiniger erinnert - allerdings intensiver. Um sich vor Giftgas zu schützen, versuchten mehrere Augenzeugen auf das Dach eines Gebäudes zu gelangen; auf dem Weg dorthin verloren aber mehrere von ihnen das Bewusstsein. Auch Rettungskräfte erklärten, sie hätten unter Atemnot gelitten und einige von ihnen das Bewusstsein verloren. Die ersten Proben wurden einen Tag nach dem Angriff durch Mitglieder der oppositionellen Syria Civil Defence (SCD) genommen - den sogenannten Weißhelmen - und am 19. Februar den OPCW-Experten übergeben. Diese bereiteten das Material für den Transport vor. Es handelte sich dabei um Erde, Gras, metallische Gegenstände und Tücher, mit denen die Zylinder abgewischt worden waren. Die Proben wurden an mehreren Stellen rund um den Einschlagsort genommen und sind in dem OPCW-Bericht einzeln dokumentiert. Die SCD hatte die Entnahme durch Fotos und Videos dokumentiert; die Fact-Finding-Mission überprüfte diese Angaben durch Befragungen und einen Abgleich vor Ort. Zudem wurden die Proben aufgeteilt und an verschiedene OPCW-Laboratorien geschickt. Zudem wurden die Zylinder genau untersucht und vermessen. Laut OPCW beträgt ihr Volumen jeweils etwa 120 Liter. Die vorliegenden Zeugenaussagen sowie Fotos und Videoaufzeichnungen wurden durch Begehungen vor Ort abgeglichen. Laboranalysen bestätigten schließlich, dass in den Zylindern Chlorgas transportiert worden war. Regierung um Hilfe gebeten Am 6. März wurde zudem die syrische Regierung darüber informiert, dass die Fact-Finding-Mission der OPCW in Sarakeb dem Verdacht nachgehe, dort sei Giftgas eingesetzt worden. Zudem bat die OPCW um Unterstützung bei der Untersuchung. In einem Schreiben vom 12. März antwortete die Regierung, Sarakeb stehe schon lange nicht mehr unter ihrer Kontrolle. Zudem hatte die Regierung eine technische Analyse auf Basis von frei zugänglichen Medien und Material beigefügt. Am 14. März schrieb die OPCW erneut an die syrische Regierung und forderte weitere Informationen an. Eine Anfrage, die bis heute ohne Antwort geblieben ist. Unklar blieb laut OPCW, warum auch andere Chemikalien in den Proben gefunden wurden. Zudem seien einige Symptome, über die Augenzeugen berichteten, anders gewesen, als es bei dem Einsatz von reinem Chlorgas zu erwarten wäre. Die OPCW-Experten konnten dies jedoch nicht weiter untersuchen, da sie nicht genügend Informationen für weitere Rückschlüsse hätten. Die Experten betonten in diesem Kontext die Wichtigkeit, sofort und vollständigen Zugang zu betroffenen Gebieten zu erhalten. So gebe es die besten Chancen, Informationen zu sammeln. OPCW untersucht den Fall Duma Derzeit untersucht die OPCW den mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Duma. Dort konnten die Experten erst mit erheblicher Verzögerung arbeiten. Während die USA und andere westliche Staaten davon ausgehen, dass es einen Giftgaseinsatz durch das syrische Militär gab, sprechen Russland und Syrien von einer kompletten Inszenierung durch die Weißhelme. Die Fact-Finding-Mission (FFM) der OPCW wurde 2014 mit dem Mandat beauftragt, den wiederholten Einsatz von Giftgas in Syrien zu untersuchen. Die FFM soll feststellen, ob in Syrien chemische Waffen oder toxische Chemikalien als Waffen eingesetzt wurden. Das Mandat umfasst nicht den Auftrag, die jeweilige Urheberschaft zu bestimmen. Syrien war nach einem Giftgasangriff 2013 unter starken internationalen Druck der OPCW beigetreten und hatte der Vernichtung seiner Chemiewaffen zugestimmt. Bis jetzt ist aber unklar, ob Damaskus tatsächlich alle Bestände gemeldet hatte. Chlorgas fällt zudem nicht unter das Verbot, da es auch für zivile Zwecke eingesetzt werden kann.
/faktenfinder/opcw-syrien-giftgas-101.html
2018-05-01
Darf Bier "bekömmlich" sein?
Bundesgerichtshof
Darf eine kleine Brauerei aus dem Allgäu ihr Bier als "bekömmlich" bewerben? Darum gibt es seit Jahren Streit. Nun verhandelt der BGH. Von Michael-Matthias Nordhardt und Andor Schmitz.
Laut einer EU-Verordnung dürfen alkoholische Getränke nicht mit gesundheitsbezogenen Angaben beworben werden. Ist es verboten, ein Bier als "bekömmlich" zu vermarkten? Darüber verhandelt der Bundesgerichtshof. Worum geht es in dem Fall? "Bekömmlich, süffig - aber nicht schwer" oder "feinwürzig und herzhaft im Geschmack, erfrischend bekömmlich für den großen und kleinen Durst": Mit solchen Slogans warb eine Privatbrauerei aus dem Allgäu für verschiedene Biersorten. Ein Wettbewerbsverband aus Berlin sah darin einen Verstoß gegen EU-Recht und gewann vor Gericht in den ersten beiden Instanzen. Denn: "Bekömmlich" sei eine gesundheitsbezogene Angabe und solche Angaben sind nach der EU-Health-Claims-Verordnung für alkoholische Getränke mit mehr als 1,2 Volumenprozent verboten. Handelt es sich bei dem Wort "bekömmlich" aber tatsächlich um eine gesundheitsbezogene Angabe? Oder hat die Brauerei recht, wenn sie sagt,"bekömmlich"sei nur eine "Aussage zum allgemeinen Wohlbefinden"? Das klärt jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in höchster Instanz.      Gab es nicht schon ähnliche Streitfälle? Doch. Im Jahr 2011 ging es vor dem BGH um einen Kräuterlikör, der laut Werbung "wohltuend" und "bekömmlich" sein sollte. Die Richter in Karlsruhe legten das Rechtsproblem zur allgemeinen Klärung dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg vor. Weder Luxemburg noch Karlsruhe konnten aber am Ende über den Fall entscheiden, denn der Kläger nahm seine Klage während des laufenden Verfahrens zurück. Im September 2012 entschied der Europäische Gerichtshof in einem anderen Fall - diesmal auf Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts - dass Wein nicht als "bekömmlich" beworben werden darf. Auf diese Entscheidung stützt sich der Berliner Wettbewerbsverband jetzt auch in seiner Klage zum Bier-Fall. Allerdings hatte die Winzergenossenschaft im Wein-Fall das Wort "bekömmlich" zusammen mit einem Hinweis auf den vergleichsweise niedrigen Säure-Gehalt ihres Weins verwendet. Diese Kombination, so die Richter, drücke aus, dass der Wein eine nachhaltig positive Wirkung für die Gesundheit habe, auch bei wiederholtem, langfristigem Verzehr in größeren Mengen. Anderen Weinen hingegen würden negative Wirkungen auf die Gesundheit zugeschrieben.           Wo liegt der Unterschied zwischen dem Wein-Fall und dem Bier-Fall? Wenn der BGH jetzt über den Bier-Fall entscheidet, geht es allein um das Wort "bekömmlich". Die Richter werden wohl klären, ob der Begriff - isoliert - eine gesundheitsbezogene Angabe ist, weil er einen Zusammenhang zwischen dem beworbenen Bier und der Gesundheit des Konsumenten herstellt. Entscheidend ist, was sich der durchschnittliche Verbraucher vorstellt, wenn er das Wort "bekömmlich" in einer Werbung für Bier liest: Das Oberlandesgericht hat in der Vorinstanz angenommen, dass man "bekömmlich" gleichsetzt mit "gesund" und "gut verdaulich". Was sagt der Duden zu "bekömmlich"? Laut Duden stammt das Wort "bekömmlich" vom mittelhochdeutschen Begriff "bekomlich" bzw. "bekomenlich", der "passend" oder "bequem" bedeutete. Als Synonyme für "bekömmlich" in seiner heutigen Form nennt der Duden "leicht verdaulich", "verträglich" oder "gesund (für den Magen)". Andere Wörterbücher sprechen daneben von "zuträglich". Was könnte am BGH passieren? Sollten die Richter davon ausgehen, dass noch nicht alle europarechtlichen Fragen des Verfahrens geklärt sind, müssten sie sie dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg vorlegen. Der EuGH hat gewissermaßen das EU-weite "Monopol" für die Auslegung von EU-Recht und könnte abstrakt mit Wirkung für alle Mitgliedstaaten entscheiden, ob Alkohol mit "bekömmlich" beworben werden darf. Weil der EuGH aber den konkreten Fall im Einzelnen nicht "durchentscheiden" kann, wäre zum Schluss wieder der BGH gefragt: Die Richter in Karlsruhe müssten in ihrem Urteil dann die Vorgaben aus Luxemburg umsetzen. Sehen die Richter hingegen keine offenen europarechtlichen Fragen mehr, können sie die Entscheidung bereits jetzt selbst treffen.
/inland/bekoemmliches-bier-bgh-101.html
2018-05-01
Eine "geschlossene Front" gegen Trump
EU-Gipfel in Sofia
So deutlich wie beim EU-Gipfel wurde es selten: Das einst hochgelobte transatlantische Verhältnis ist zerrüttet. Die EU scheut nicht davor, "unkonventionelle" Mittel gegen die USA einzusetzen. Von Andreas Meyer-Feist. mehr
So deutlich wie beim EU-Gipfel wurde es selten: Das einst hochgelobte transatlantische Verhältnis ist zerrüttet. Die EU scheut nicht davor, "unkonventionelle" Mittel gegen die USA einzusetzen. Im Verhältnis zwischen EU und Amerika kündigt sich eine neue Eiszeit an - und ein bisher so nicht dagewesener harter Kurs gegen Donald Trump. Die EU-Regierungschefs wollen sich von dem US-Präsidenten nichts mehr gefallen lassen und auch auf Einschüchterungsversuche energischer reagieren. EU-Ratspräsident Donald Tusk hatte den passenden Ton für den Gipfel in Sofia schon gestern Nachmittag vorgegeben: "Wenn man sich die jüngsten Entscheidungen von Präsident Trump ansieht, könnte man denken: Mit solchen Freunden, wer braucht da noch Feinde?" Eine "geschlossene Front" gegen Trumps Kurs forderte der EU-Ratspräsident von den Regierungschefs. Viel Zustimmung für Tusks Machtworte Zuvor hatte er in einer ungewohnt scharfen Form die US-Regierung als "launenhaft" und damit kaum berechenbar an den Pranger gestellt. Seine Botschaft war unüberhörbar: Die USA fallen als ernst zu nehmende Partner der EU bis auf weiteres aus. Hinter verschlossenen Türen beim gemeinsamen Abendessen gab es für Tusks drastische Machtworte viel Zustimmung. Bundeskanzlerin Angela Merkel wollte dazu aber nichts mehr öffentlich sagen - anders als ihr österreichischer Amtskollege Sebastian Kurz: "Was Tusk gesagt hat, ist zugespitzt, aber nicht unrichtig. Klar ist: wir wollen keinen Handelskrieg mit den Amerikanern. Wir wollen eine ordentliche Lösung!" EU bereit zur Konfrontation Der Konflikt um neue Zölle beschäftigte die Regierungschefs bisher am intensivsten: Trump hatte zusätzliche Zölle gegen die europäischen Partner angekündigt. Noch bis zum 1. Juni gilt für die EU-Staaten eine befristete Ausnahme. Die EU ist bereit zur Konfrontation, "dann wird natürlich über Gegenmaßnahmen nachgedacht", warnte Österreichs Kanzler Kurz.  Die Vorbereitungen laufen: US-Produkte wie Whiskey, Motorräder und Jeans könnten bald teurer werden. Die EU-Regierungschefs wollen Flagge zeigen und sich Trumps "America first"-Politik energischer als bisher widersetzen - notfalls mit europäischen "Vergeltungszöllen" auf US-Produkte. Begründung:  Die USA dürften ihre Maßnahmen nicht mit der nationalen Sicherheit begründen. Es sei absurd auch nur anzunehmen, dass die EU die USA bedrohe. Import-Erleichterungen für US-Produkte? Beim Gipfel-Abendessen wurden aber auch Angebote an Trump besprochen - falls dieser nachgibt. In diesem Fall könnte es Import-Erleichterungen für US-Produkte wie Maschinen und Autos geben, außerdem eine beschleunigte Einfuhr von Flüssiggas aus den USA nach Europa - ein Geschäft, das die Amerikaner gerne intensivieren würden. Auch bei einer Reform der von Trump heftig kritisierten Welthandelsorganisation könnten die USA und die EU zusammenarbeiten. "Die Möglichkeiten sind begrenzt" Doch weiter will man Trump nicht mehr entgegenkommen. Inzwischen hat sich schon zu viel Ärger aufgestaut. Gleich mehrfach hatte sich Trump den Europäern brüsk widersetzt oder sie einfach ignoriert: Austieg aus dem Pariser Klimaschutz-Abkommen, die Verlegung der US-Botschaft in Isreal nach Jerusalem, Rückzug aus dem Atomabkommen mit dem Iran. Die EU-Regierungschefs wollen zumindest das Atomabkommen retten, auch wenn EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker vor zu großen Erwartungen warnte: "Die Möglichkeiten sind begrenzt." Zumindest sollen europäische Investionen geschützt werden, die im Iran weiterhin getätigt werden sollen - auch gegen den Willen der Amerikaner. Ein schwieriges Unterfangen. Das EU-Geschäft mit dem Iran könnte zum Erliegen kommen, wenn US-Sanktionen gegen Iran auch europäische Unternehmen treffen, die im Iran aktiv bleiben. Transatlantisches Verhältnis ist zerüttet Nach dem Willen der EU-Regierungschefs sollen jetzt auch "unkonventionelle" Mittel gesucht werden - zum Beispiel bestimmte Finanzierungsverfahren - um mögliche US-Strafmaßnahmen auszuhebeln. Ein riskantes Unterfangen, das zeigt, wie zerüttet das einst so hoch gelobte transatlantische Verhältnis ist. Eigentliches Thema der Staats- und Regierungschefs ist aber die "europäische Perspektive" für sechs Westbalkanländer. Dabei soll es weniger um mögliche EU-Beitritte gehen, sondern erst einmal um den Ausbau von Straßen, Energieleitungen und Kommunikationsnetzen. Russland und China stehen mit Milliardenkrediten bereit Die Balkanländer sollen enger an die EU angebunden werden - auch aus strategischen Gründen. Russland und China stehen hier mit Milliardenkrediten bereit. Sie wollen im Gegenzug aber auch politischen Einfluss. Die EU befürchtet zudem, dass die Länder in starke finanzielle Abhängigkeiten kommen, aus denen sie sich selbst kaum befreien könnten. Schon allein aus diesen geostrategischen Gründen will die EU hier einen Fuß in der Tür haben - auch wenn von neuen EU-Mitgliedschaften bis auf weiteres keine Rede ist. Auch, wenn Beitrittsverfahren laufen.
/ausland/eu-gipfel-tusk-105.html
2018-05-01
"Guter Weg" oder "schallende Ohrfeige"?
Reaktionen auf EU-Klage
Die EU-Klage gegen Deutschland wegen schlechter Luft sei eine "Ohrfeige für die Kanzlerin", sagt die Umwelthilfe. Merkel sieht die Regierung jedoch auf "sehr gutem Weg" in Sachen Luftqualität. mehr
Die EU-Klage gegen Deutschland wegen schlechter Luft sei eine "Ohrfeige für die Kanzlerin", sagt die Umwelthilfe. Merkel sieht die Regierung jedoch auf "sehr gutem Weg" in Sachen Luftqualität. Die Reaktionen auf die Klage der EU-Kommission gegen Deutschland und weitere Länder wegen Luftverschmutzung fallen gemischt aus: Der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, begrüßte die Entscheidungim SWR. Die Klage sei eine "schallende Ohrfeige für die Bundesklanzlerin" und gebe dem Rechtskampf seiner Organisation für saubere Luft Rückenwind. Seiner Ansicht nach drängt Angela Merkel die Automobilkonzerne zu wenig, Grenzwerte einzuhalten und Fahrzeuge sauberer zu konzipieren. Merkel: "Wir sind auf sehr gutem Weg" Die Kanzlerin reagierte gelassen auf die Klage und verwies die Verantwortung an Kommunen und Länder. "Die Umsetzung muss vor Ort erfolgen", sagte Merkel. Die Bundesregierung habe "in beispielloser Weise" Förderprogramme aufgelegt, um den Kommunen zu helfen, die Anforderungen bei den Grenzwerten der Luftqualität zu erreichen. "Wir sind auf einem sehr, sehr guten Weg", den die EU-Kommission kenne. Es werde "sehr schnell" Fortschritte gegeben. Städte fordern Klarheit über Fahrverbote Die Städte forderten von der Bundesregierung Klarheit über weitere Abgas-Verbesserungen bei Dieselautos. Das Hin und Her zwischen Ministerien beim Thema Hardware-Nachrüstung verunsichere die Autofahrer nur weiter und mache die Luft keinen Deut sauberer, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy. Wenn die von der Autobranche zugesagten Software-Updates nicht reichten, um Grenzwerte einzuhalten, müsse die Autoindustrie zu Hardware-Nachrüstungen verpflichtet werden und diese auch bezahlen.
/inland/reaktionen-luftverschmutzung-101.html
2018-05-01
Werden Ausgaben für die EU verschwiegen?
Weidel-Äußerung im Bundestag
AfD-Politikerin Weidel hat im Bundestag behauptet, Ausgaben für den EU-Haushalt würden verschwiegen. Doch die Zahlen sind einsehbar. Von Patrick Gensing.
AfD-Politikerin Weidel hat im Bundestag behauptet, Ausgaben für den EU-Haushalt würden verschwiegen. Doch die Zahlen sind einsehbar. Zum Auftakt der Generalaussprache im Bundestag hat AfD-Fraktionschefin Alice Weidel für Empörung im Plenum gesorgt, als sie sagte: "Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse werden unseren Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und vor allem den Sozialstaat nicht sichern." Dafür kassierte sie einen Ordnungsruf. Aber auch inhaltlich waren Weidels Ausführungen fragwürdig. So behauptete sie in ihrer Rede: Dennoch binden uns die jeweiligen Finanzminister, wie gestern auch Olaf Scholz, Jahr für Jahr einen Bären auf. Wie das gelingt? Ganz einfach: Im Bundeshaushalt werden schlicht nicht alle Ausgabenposten aufgeführt. Denn wo ist zum Beispiel der EU-Etat zu finden? Richtig - nämlich gar nicht. Die rund 30 Milliarden, die Deutschland nach Brüssel transferiert, werden im Budget verschwiegen. Das ist falsch. Die geplanten Ausgaben werden jährlich im Finanzplan ausgewiesen. Darunter versteht man die von der Bundesregierung beschlossene fünfjährige Finanzplanung für den Bund. Er bildet laut Finanzministerium "ein wesentliches internes Planungsinstrument für die Verabschiedung des jährlichen Bundeshaushalts". Im Finanzplan 2017 waren für die kommenden Jahre folgende Abführungen vorgesehen: Im Finanzplan 2018 wurden diese Abführungen nach unten korrigiert: Statt den veranschlagten 36 Milliarden Euro sollen es 32,2 Milliarden Euro sein. Wofür dieses Geld verwendet wird, erklärt die EU im Netz. Beiträge zum EU-HaushaltJahrAbführungen des Bundes an den EU-Haushalt (in Mrd. Euro)201832,2201936,9202037,2202137,6202238,9 Das Finanzministerium erklärte auf Anfrage des ARD-faktenfinder, die Darstellung dieser Zahlen im Haushaltsgesetz - das den Parlamentariern für 2018 als Entwurf vorliegt - erfolge unter dem Punkt "Gliederung der Einnahmen und Ausgaben nach Einnahmen und Ausgabegruppen". Der Punkt sei standardmäßig in den Haushaltsgesetzen bzw. in den Entwürfen aufgeführt und daher für die Parlamentarier ohne weiteres einsehbar. Bürgschaften werden nicht ausgewiesen Weidel sprach in diesem Kontext auch davon, dass die Haftungen und Garantien für andere Euro-Staaten, Banken und die diversen Eurorettungsfonds gigantisch seien. Auch hier sei "nur ein Teil der tatsächlichen Schulden überhaupt veröffentlicht", so Weidel laut dem stenografischen Bericht zu der Beratung im Bundestag. Das Bundesfinanzministerium erklärte dazu auf Anfrage des ARD-faktenfinder, der Bundestag sei "in die früheren Programme sowie in das laufende Programm des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) für Griechenland vollständig eingebunden". Denn die Programme seien vom Bundestag zu genehmigen gewesen - und die Zustimmung der Bundesregierung zu Programmüberprüfungen und zu Kreditauszahlungen erfolge in enger Abstimmung mit dem Haushaltsausschuss. Das Finanzministerium unterrichte zudem den Bundestag nach eigenen Angaben regelmäßig über den Stand der EFSF-Gewährleistungen und die aktuelle Inanspruchnahme des ESM sowie über die Erkenntnisse des Frühwarnsystems von ESM/EFSF. Demnach gibt es keine Anzeichen, die darauf hindeuten, dass es in absehbarer Zeit zu einem Kapitalabruf des ESM oder einer Garantieinanspruchnahme der EFSF kommen könnte. Ordnungsruf für Weidel bleibt Weidel geriet gestern heftig in die Kritik wegen ihrer Äußerungen über "Kopftuchmädchen" und "Messermänner". Unionsfraktionschef Kauder sagte, sie solle sich schämen, ihre Äußerungen widersprächen dem christlichen Menschenbild. Der Ordnungsruf gegen Weidel wurde nicht zurückgenommen. Der Bundestag wies mit großer Mehrheit ihren Einspruch dagegen zurück. Die AfD-Fraktionschefin argumentierte bei ihrem Einspruch, dass sich der Begriff "Taugenichtse" sprachlich eindeutig auf "alimentierte Messermänner" bezogen habe und damit "denklogisch nicht auf die Burka und auch nicht auf die Kopftuchmädchen". Dem folgten bei der namentlichen Abstimmung 85 Parlamentarier. 549 Abgeordnete stimmten gegen Weidels Einspruch, zwei enthielten sich. Nach der Geschäftsordnung des Bundestags kann der Parlamentspräsident Abgeordnete zur Ordnung rufen, wenn sie die Ordnung oder die Würde des Hauses verletzen. Gleichzeitig wird dem betroffenen Abgeordneten das Recht eingeräumt, bis zur nächsten Plenarsitzung Einspruch einzulegen und damit eine Abstimmung des Parlaments zu erzwingen.
/faktenfinder/weidel-eu-afd-haushalt-101.html
2018-05-01
"Regierung hätte früher handeln müssen"
Töpfer zu EU-Klage
Die Klage der EU-Kommission gegen Deutschland sei richtig, sagt Klaus Töpfer im Interview mit tagesschau.de. Nachrüstungen seien unvermeidbar. Und auch Fahrverbote hätten längst angekündigt werden müssen. mehr
Die Klage der EU-Kommission gegen Deutschland sei richtig, sagt Klaus Töpfer im Interview mit tagesschau.de. Nachrüstungen seien unvermeidbar. Und auch Fahrverbote hätten längst angekündigt werden müssen. tagesschau.de: Die EU-Kommission hat entschieden, Deutschland und fünf weitere Länder zu verklagen. Richtig so? Klaus Töpfer: Ja. Es kann nicht sein, dass über Jahre hinweg, Grenzwerte überschritten werden und es gibt keine Reaktion darauf. Das gefährdet auch die Glaubwürdigkeit dessen, was in der EU entschieden wird. Es ist gut, dass es durch diese Klagen nun mehr Druck auf Regierungen und Städte geben wird. tagesschau.de: Schon seit ziemlich genau zehn Jahren gibt es in der EU Vorschriften, um die Bürger vor Luftschadstoffen zu schützen. Dennoch überschreiten Deutschland und andere Länder die Grenzwerte zum Teil deutlich. Wieso wurde nicht früher gegengesteuert? Töpfer: Sicherlich, die Messwerte waren bekannt. Und es war auch bekannt, dass der Straßenverkehr der Hauptverursacher ist. Vielleicht hat man die Prognosen zu lange am Wunschdenken ausgerichtet statt an der Realität. Erschwerend kommt hinzu, dass wir lange Jahre unzureichende Angaben über die Emissionen der Dieselkraftstoffe hatten. Es sind Luftreinhaltepläne gemacht worden, die sicherlich im Ansatz gut waren, die aber einfach nicht ausreichten. Fahrverbote: "Schlachten einer heiligen Kuh" tagesschau.de: Was genau hätte passieren müssen? Töpfer: Für den Straßenverkehr hätte man klar machen müssen, dass bestimmte ältere Autos in definierten Zonen nicht mehr oder nicht in Belastungszeiten fahren können. Für die Deutschen ist das zwar wie das Schlachten einer heiligen Kuh. Es ist klar, dass das nicht leicht ist. Ich habe selbst über viele Jahre hinweg sehr intensiv mein Auto genutzt. Man muss sich in seinem ganzen Mobilitätsverhalten umstellen. Aber dafür hätte es eben frühzeitig die entsprechenden Signale gebraucht, damit die Bürger sich darauf einstellen und das bei ihren Kaufentscheidungen berücksichtigen können. Und das geht nicht ohne entsprechende Sanktionierungen. "Besonders schmutzige Diesel können nicht mehr fahren" tagesschau.de: Sie plädieren also für Fahrverbote, die es womöglich schon viel früher hätte geben müssen? Töpfer: Zumindest hätte man einen verbindlichen Zeitpunkt festlegen müssen, ab wann bestimmte Fahrzeugtypen in bestimmten Zonen nicht mehr fahren dürfen. Auch wenn so etwas natürlich nicht mit Beifall begleitet wird. Beim Thema Fahrverbote brauchen wir eine differenzierte Vorgehensweise. Man kann nicht generell Diesel verbieten, sondern muss schauen, welcher Fahrzeugtyp hat welche Auswirkungen auf die Schadstoffbelastung. Und besonders schmutzige Fahrzeuge können in sehr belasteten Gebieten eben nicht mehr fahren. Aber Fahrverbote sind nicht der einzige Weg. tagesschau.de: Was noch? Töpfer: Man muss sich auch fragen, wie man gerade in solchen Zonen den privaten Autoverkehr insgesamt reduzieren kann. Man könnte dort beispielsweise mehr Fußgängerzonen machen und den öffentlichen Personennahverkehr gezielt stärken mit Bussen, die eine viel niedrigere Belastung haben. Auch Luftschneisen müssen berücksichtigt werden, denn auch durch Wind werden Partikel verfrachtet. All das muss in der Stadtplanung eine Rolle spielen. Das ist alles recht komplex, aber es hilft nicht, nur an einer Stelle anzusetzen, wenn man mittel- und langfristig Erfolg haben will. "Städte dürfen nicht allein gelassen werden" tagesschau.de: Schon seit 2010 gilt der Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickoxiden pro Kubikmeter Luft in der EU. Deutschland hat ihn 2017 noch immer in 66 Städten überschritten. Warum kommen die Städte hier nicht voran? Töpfer: Das sind erhebliche finanzielle Belastungen für die Städte, die sind nicht aus der Portokasse zu bezahlen. Von der Erstellung wirksamer Luftreinhaltepläne bis zu ihrer Umsetzung sind erhebliche Investitionen erforderlich. Die Stadtbudgets waren darauf nicht vorbereitet. Und die Städte können damit auch nicht allein gelassen werden. Bund und Länder müssen hier ihren Beitrag leisten. Und wir müssen auch Überzeugungsarbeit leisten. Viele Menschen haben den Eindruck, die Luftbelastung sei eine Nebensache. Das ist sie aber nicht. Man muss den Menschen klarmachen, es ist ihre Gesundheit, die da auf dem Spiel steht. So kann man ein verändertes Verhalten bewirken, ohne dass man alles anordnen muss. "Es muss mehr getan werden" tagesschau.de: Einiges wurde bereits in die Wege geleitet. Das "Sofortprogramm für saubere Luft", die Idee von Modellversuchen mit kostenlosem Nahverkehr, Software-Updates der Autoindustrie: Wie wirksam sind diese Maßnahmen? Töpfer: Das sind sicherlich erste Schritte, aber im Endeffekt sind es Tropfen auf den heißen Stein. Die Kommission hat das ja durchgerechnet und gesagt: Es reicht einfach nicht, es muss mehr getan werden. Ich bin auch der Meinung, wir können uns nicht mit Software-Updates begnügen, auch Nachrüstungen sind notwendig. Und ich bin der festen Überzeugung, dass das möglich ist. Klar ist aber auch, dass das Geld kostet. tagesschau.de: Wer soll die Nachrüstungen bezahlen? Töpfer: Die Industrie hat diese Situation verursacht, also muss sie sie auch beseitigen. Sie hat die Fahrzeuge geliefert, wissend, dass die Grenzwerte überschritten werden. Man sollte nicht immer gleich nach dem Staat rufen. tagesschau.de: Mangelt es der Bundesregierung an politischem Willen, das Problem in den Griff zu bekommen? Töpfer: Man hätte in der Tat nach Kenntnis der Manipulationen schon deutlich früher sagen müssen, das stellen wir jetzt ab. Und da muss man nunmal an die Unternehmen selbst rangehen. Es wurden auf Grundlage falscher Messwerte erhebliche Umsätze und Gewinne generiert. Das kann man ja nicht lassen und dann hinterher, wenn's Ärger gibt, sagen, jetzt zahlt‘s der Steuerzahler. Das Interview führte Sandra Stalinski, tagesschau.de
/inland/interview-toepfer-101.html
2018-05-01
Geschlossenheit ist Trumpf
EU versus USA
So geschlossen wie jetzt war die EU schon lange nicht mehr. Und das hat sie ausgerechnet US-Präsident Trump zu verdanken, kommentiert Clemens Verenkotte. mehr
So geschlossen wie jetzt war die EU schon lange nicht mehr. Und das hat sie ausgerechnet US-Präsident Trump zu verdanken. Die Europäische Union lässt sich nicht einschüchtern - auch nicht von den unablässigen Dauerdrohungen des Donald Trump. Das ist die wichtigste Botschaft aus der bulgarischen Hauptstadt. Mit dem eigenmächtigen Aufkündigen des Iran-Abkommens setzte Trump die EU - und vor allem die drei Mitunterzeichner des Abkommens, nämlich Großbritannien, Frankreich und Deutschland - unter massiven Zwang. Gemäß dem Trumpschen Amtsstil "My way or highway" sorgte dessen brachiale Ankündigung, europäischen Unternehmen juristisch und finanziell an den Kragen zu gehen, sollten diese weiterhin im Iran geschäftlich aktiv bleiben, für große Verärgerung unter den EU-Staats- und Regierungschefs. Trumps Vorgehen war einfach zu viel Für die traditionell engen Alliierten Amerikas war Trumps Vorgehen einfach zu viel. Dass dieses Mal die ansonsten sehr diverse Schar der Mitgliedstaaten einstimmig für ein "Das reicht" votierte, ist der eigentliche Erfolg dieses Gipfels. Denn diese Geschlossenheit ist denjenigen EU-Ländern sehr schwer gefallen, die unmittelbar von den amerikanischen Sicherheitskapazitäten abhängig sind, wie die baltischen Staaten und Polen. In Sofia ging es um nichts weniger als die Frage, ob die EU in der Lage ist, sich in Zeiten eines permanent unberechenbaren und außenpolitisch egomanischen US-Präsidenten strategisch neu auszurichten. Trump müsse man geradezu dankbar sein, denn dank ihm habe die EU alle Illusionen über die Verlässlichkeit des derzeitigen amerikanischen Partners verloren, ätzte Ratspräsident Donald Tusk. Einmütigkeit in der EU In der Sache hat Tusk Recht, und er formulierte damit das vorherrschende Gefühl der Europäer. Im Handelsstreit mit Washington agiert die EU mit vergleichbarer Einmütigkeit: Mit "dem Messer am Hals" werde man nicht verhandeln - gemeint ist damit die weitere Drohung Trumps, in 14 Tagen die Schonfrist auslaufen zu lassen, um anschließend auf europäische Stahl- und Aluminium-Einfuhren Strafzölle zu erheben. Keine Gespräche mit den USA, solange diese Nötigung Washingtons nicht vom Tisch ist. Danach könne man über vieles reden - von einer Reform der Welthandelsorganisation bis hin zu Einfuhr-Liberalisierungen. Selbst für die Bundeskanzlerin, die in Sofia erneut als personifiziertes transatlantisches Gewissen auftrat, sind die Eigenmächtigkeiten des erratischen US-Präsidenten inzwischen schlichtweg zu viel. Dass sich alle EU-Staats- und Regierungschefs auf diesen Nenner geeignet haben, sich nämlich nicht von Trump außen- und handelspolitisch an die Wand drücken zu lassen, hat die Europäischen Union tatsächlich ihrem ärgsten Freund zu verdanken: dem US-Präsidenten.
/kommentar/eu-usa-iran-103.html
2018-05-01
Darum darf Bier nicht "bekömmlich" sein
BGH-Urteil
Bier darf nicht mit dem Wort "bekömmlich" beworben werden - das hat der BGH entschieden. Michael-Matthias Nordhardt und Andor Schmitz erklären, warum gesundheitsbezogene Angaben für Alkohol verboten sind. mehr
Bier darf nicht mit dem Wort "bekömmlich" beworben werden - das hat der BGH entschieden. Die ARD-Rechtsredaktion erklärt, warum gesundheitsbezogene Angaben für Alkohol verboten sind. Was haben die Richter entschieden? Nach dem Karlsruher Urteil darf Bier nicht als "bekömmlich" beworben werden. Und zwar weder auf der Flasche noch in Werbeanzeigen, etwa im Internet oder in Zeitschriften. Der Begriff "bekömmlich" sei im Zusammenhang mit Bierwerbung nämlich eine gesundheitsbezogene Angabe, urteilten die Richter. Solche Angaben sind nach der EU-Health-Claims-Verordnung für alkoholische Getränke mit mehr als 1,2 Volumenprozent verboten. Nach der Entscheidung hat eine Angabe Gesundheitsbezug, wenn sie eine Verbesserung des Gesundheitszustands verspricht. Aber auch dann, wenn mit ihr zum Ausdruck gebracht wird, dass das Lebensmittel sich nicht negativ auf die Gesundheit auswirkt. "Bekömmlich" verstünden Verbraucher aber wie "gesund", "zuträglich" oder "leicht verdaulich". Bei bekömmlichen Lebensmitteln gingen Verbraucher davon aus, dass diese vom Verdauungssystem gut aufgenommen und auch bei dauerhaftem Konsum gut vertragen würden. Dabei komme es auf das Verständnis durchschnittlicher Verbraucher an und nicht etwa auf das Verständnis von Bierkennern aus Oberschwaben.     Wie hatte die Brauerei in dem Fall ihr Bier beworben? "Bekömmlich, süffig - aber nicht schwer" oder " … feinwürzig und herzhaft im Geschmack, erfrischend bekömmlich für den großen und kleinen Durst": Mit solchen Slogans hatte eine Privatbrauerei aus dem Allgäu für verschiedene Biersorten geworben. Ein Wettbewerbsverband aus Berlin sah darin einen Verstoß gegen EU-Recht und gewann vor Gericht in den ersten beiden Instanzen. Doch die Brauerei sah in dem Wort "bekömmlich" keinen Gesundheitsbezug und legte Revision zum Bundesgerichtshof ein. Sie argumentierte, der Begriff treffe lediglich eine "Aussage zum allgemeinen Wohlbefinden" und beschreibe nur den Geschmack des Bieres.   Was sagt die Brauerei zu der Entscheidung? "Ich bin natürlich enttäuscht über das Urteil" sagte Gottfried Härle, Chef der Allgäuer Brauerei, nach der Urteilsverkündung. "Weil damit ein ganz wichtiger, beinahe selbstverständlicher und vor allem traditioneller Begriff für die Bezeichnung und Beschreibung deutscher Biere verloren geht." Mit Blick auf die Zukunft sagte Härle: "Wir haben natürlich andere Bezeichnungen wie 'geschmackvoll', wie 'süffig', die unsere Biere ebenfalls beschreiben. Aber es gibt wohl ganz wenige Begriffe, die so genau und so deutlich den Charakter von Bieren beschreiben, wie das bei 'bekömmlich' der Fall ist." Die Brauerei hatte das Wort bekömmlich bereits seit drei Jahren nicht mehr verwendet. Damals war ihr der Gebrauch des Begriffs in der ersten Instanz verboten worden.    Gab es in der Vergangenheit ähnliche Streitfälle? Ja. Im Jahr 2011 ging es vor dem BGH um einen Kräuterlikör, der laut Werbung "wohltuend" und "bekömmlich" sein sollte. Die Richter in Karlsruhe legten das Rechtsproblem zur allgemeinen Klärung dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg vor. Weder Luxemburg noch Karlsruhe konnten aber am Ende über den Fall entscheiden, denn der Kläger nahm seine Klage während des laufenden Verfahrens zurück. Im September 2012 entschied der Europäische Gerichtshof in einem anderen Fall - diesmal auf Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts -dass Wein nicht als "bekömmlich" beworben werden darf. Auf diese Entscheidung stützt sich der Berliner Wettbewerbsverband jetzt auch in seiner Klage zum Bier-Fall. Allerdings hatte die Winzergenossenschaft im Wein-Fall das Wort "bekömmlich" zusammen mit einem Hinweis auf den vergleichsweise niedrigen Säure-Gehalt ihres Weins verwendet. Diese Kombination - so die Richter - drücke aus, dass der Wein eine nachhaltig positive Wirkung für die Gesundheit habe, auch bei wiederholtem, langfristigem Verzehr in größeren Mengen. Anderen Weinen hingegen würden negative Wirkungen auf die Gesundheit zugeschrieben.
/inland/bekoemmliches-bier-bgh-103.html
2018-05-01
Die Kandidaten auf dem Balkan
Möglicher EU-Beitritt
Sechs Balkanstaaten wollen künftig Mitglied in der EU sein. Doch welcher der potenziellen Neulinge hat die größten Chancen? Und welche Hürden müssen die Kandidaten noch überwinden? mehr
Sechs Balkanstaaten wollen künftig Mitglied in der EU sein. Doch welcher der potenziellen Neulinge hat die größten Chancen? Und welche Hürden müssen die Kandidaten noch überwinden? Albanien Hauptstadt: Tirana Fläche: 28.750 Quadratkilometer Einwohner: 2,9 Millionen Albanien wurde 2014 zum möglichen EU-Kandidaten ernannt. Bislang werden aber lediglich Vorgespräche geführt, Verhandlungen wurden noch nicht eröffnet. Die EU-Kommission hatte im April allerdings ihre Empfehlung ausgesprochen, die Verhandlungen offiziell zu beginnen. Der Staat kämpft vor allem noch mit einer hohen Drogenkriminalität und dem organisierten Verbrechen. Auch das zu ineffektive Justizsystem hatte die EU wiederholt kritisiert. Hier könnte eine neue Reform Fortschritte bringen, die auch für die anderen Balkanstaaten Vorbild werden könnte: Korrupte Richter und Anwälte sollen ihre Posten verlieren und ersetzt werden. Bosnien-Herzegowina Hauptstadt: Sarajevo Fläche: 51.197 Quadratkilometer Einwohner: 3,5 Millionen Bislang ist Bosnien-Herzegowina nur ein potenzieller und kein offizieller Beitrittskandidat. Über die Möglichkeit wird zwar seit 2003 debattiert, doch erst vor zwei Jahren stellte das Land tatsächlich den Aufnahmeantrag. Das größte Problem des Staates: Eine politische Führung und damit auch Reformen sind kaum möglich, zu groß sind die Streitigkeiten zwischen den drei Volksgruppen im Land. Vorwiegend leben muslimische Bosnier in dem Balkanland, neben orthodoxen Serben und katholischen Kroaten. Mazedonien Hauptstadt: Skopje Fläche: 25.713 Quadratkilometer Einwohner: 2,1 Millionen Mazedonien hat eigentlich gute Chancen, zügig in die EU aufgenommen zu werden. Doch seit der Ernennung zum Kandidaten 2005 tut sich nichts, trotz Regierungswechsel im vergangenen Jahr - weg von konservativen Nationalisten hin zum neuen Ministerpräsidenten Zoran Zaev. Bis 2016 hatte Regierungschef Nikola Gruevski das Land geführt. Kritiker warfen ihm einen autoritären Regierungsstil vor. Landesweite Massenproteste endeten schließlich im politischen Umschwung. Doch das größte Hindernis auf dem Weg in die EU ist der Dauerstreit mit Griechenland um den Staatsnamen Mazedonien. Da es ebenfalls eine griechische Region mit dem gleichen Namen gibt, fürchtet Athen, dass der Nachbarstaat Mazedonien Gebietsansprüche stellen könnte. Jegliche Vermittlungsversuche durch die EU sind bislang gescheitert. Montenegro Hauptstadt: Podgorica Fläche: 13.812 Quadratkilometer Einwohner: 620.000 Der von der Fläche her kleinste Kandidat ist gleichzeitig der aussichtsreichste. Bereits zwei Jahre, nachdem die Kandidatur 2010 anerkannt wurde, wurden die offiziellen Verhandlungen aufgenommen. Mittlerweile sind 30 der sogenannten Beitrittskapitel eröffnet, die regeln, ob der jeweilige Staat in bestimmten Bereichen dem EU-Standard entspricht. Drei von ihnen - Bildung, Wissenschaft und Außenbeziehungen - konnten vorläufig abgeschlossen werden. Weiterer positiver Faktor ist Montenegros NATO-Beitritt im vergangenen Jahr. Mit Skepsis betrachten einige EU-Staaten allerdings den amtierenden Staatspräsidenten Milo Djukanovic: Er bestimmt die politischen Geschicke des Ministaates seit mehr als zweieinhalb Jahrzehnten. Die Opposition wirft ihm vor, Montenegro wie seinen Familienbesitz zu führen und sein Millionenvermögen auf zweifelhafte Weise mit seiner Nähe zur Mafia aufgebaut zu haben. Kosovo Hauptstadt: Pristina Fläche: 10.900 Quadratkilometer Einwohner: 1,8 Millionen Neben Bosnien-Herzegowina gilt auch der Kosovo bislang nur als "potenzieller" Kandidat. Die ehemalige serbische Provinz sagte sich erst 2008 von Serbien los und wurde ein unabhängiger Staat. Bis heute erkennen Serbien sowie fünf EU-Länder - Griechenland, Zypern, Rumänien, die Slowakei und Spanien - die Unabhängigkeit nicht an. Immer wieder drohen die Spannungen zwischen Kosovo-Albanern, der größten Bevölkerungsgruppe des Staates, und den Serben neu aufzuflammen. Der Konflikt eskalierte 1998 und 1999 im Kosovo-Krieg. Die NATO unterstütze die Kosovo-Befreiungsarmee, an dem Einsatz waren auch deutsche Soldaten beteiligt. Bis heute fehlen dem jungen Staat demokratische Strukturen, Korruption und Kriminalität beherrschen das Land. Trotz Milliardenhilfen vonseiten der EU und der USA hat es der Kosovo bislang nicht geschafft, sich zu stabilisieren. Serbien Hauptstadt: Belgrad Fläche: 88.360 Quadratkilometer Einwohner: 7,1 Millionen Aus Sicht der EU-Kommission ebenfalls ein Favorit in Sachen Beitritt. Allerdings belasten die Spannungen mit dem Kosovo die Verhandlungen. Seit der Staat 2012 Kandidat wurde, sind zwölf der insgesamt 35 Beitrittskapitel eröffnet worden - abgeschlossen sind die Kapital Bildung und Wissenschaft.
/ausland/westbalkan-eu-kandidaten-101.html
2018-05-01
EU-Kommission verklagt Deutschland
Luftverschmutzung
Ermahnungen allein haben offenbar nicht ausgereicht - nun verklagt die EU-Kommission Deutschland wegen zu schlechter Luft vor dem EuGH. Zu oft wurden Grenzwerte überschritten und zu wenig gegen die Hauptverursacher unternommen. mehr
Ermahnungen allein haben offenbar nicht ausgereicht - nun verklagt die EU-Kommission Deutschland wegen zu schlechter Luft vor dem EuGH. Zu oft wurden Grenzwerte überschritten und zu wenig gegen die Hauptverursacher unternommen. Die EU-Kommission macht Ernst und verklagt Deutschland und fünf weitere EU-Staaten wegen schlechter Luft vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die Länder hätten es versäumt, sich für die Einhaltung der Grenzwerte für Feinstaub oder Stickoxide einzusetzen, sagte EU-Umweltkommissar Karmenu Vella in Brüssel. "Unser Ziel ist es, die Bürgerinnen und Bürger zu schützen", so begründete er die Entscheidung. Bei der Klage geht es um die Missachtung von EU-Grenzwerten für Stickoxide, die bereits seit 2010 verbindlich für alle EU-Staaten sind. Auch 2017 wurden sie jedoch in 66 deutschen Städten überschritten, in Großstädten wie München, Stuttgart oder Köln teilweise sogar deutlich. EU-weit, so rechnet die Kommission vor, gingen jedes Jahr rund 400.000 vorzeitige Todesfälle auf das Konto der schädlichen Abgase. Verantwortlich gemacht werden vor allem Dieselautos, deren Zahl jahrelang stark zunahm. Nach dem Dieselskandal wurde deutlich, dass sie im Verkehr auch viel mehr Schadstoffe ausstoßen als in Tests. Ministerin Schulze fordert Nachrüstungen Bundesumweltministerin Svenja Schulze bedauerte in einer ersten Reaktion, dass Brüssel die bisherigen Anstrengungen der Bundesregierung nicht für ausreichend halte. Sie verband dies jedoch mit einem klaren Aufruf an die Adresse der Autoindustrie in einer schriftlichen Stellungnahme: "Ich fordere schon lange technische Nachrüstungen für Diesel-Pkw. Wir brauchen sie jetzt so schnell wie möglich, und zwar auf Kosten der Automobilhersteller. Denn die haben das Problem verursacht. Wer sich weiter diesem Weg versperrt, riskiert nicht nur Fahrverbote und weitere Wertverluste bei den Dieselautos, sondern auch eine Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof." Die sonstigen Reaktionen fielen gemischt aus. Erstes Verfahren bereits 2015 Die Kommission hatte 2015 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und andere Länder wegen Verstößen gegen EU-Recht eröffnet. Die Bundesregierung steuerte 2017 mit dem "Sofortprogramm für saubere Luft" nach. Beim Diesel-Gipfel im August 2017 versprach die Autoindustrie Softwareupdates für Dieselautos, die die Emissionen um 25 bis 30 Prozent drücken sollen. Dennoch gelang es nicht, kurzfristig die Grenzwerte einzuhalten. In einem zweiten, Ende 2016 gestarteten Verfahren, warf die EU-Kommission der Bundesregierung im Abgasskandal massive Versäumnisse vor: Unter anderem, dass sie Volkswagen nicht für die Manipulation von Schadstoffwerten bei Dieselautos bestraft habe. Ein weiterer Vorwurf: Die Regierung habe nicht ausreichend überwacht, dass die Autohersteller die Vorschriften einhalten. Die Bundesregierung hatte sich schon bei Einleitung des Verfahrens gegen die Vorwürfe gewehrt. Im aktuellen Verfahren startet die Kommission nun die nächste Stufe - nicht nur gegen Deutschland, sondern auch gegen Italien, Luxemburg und Großbritannien. Formal bezieht sich das auf die EU-Vorschriften für die Typgenehmigung von Fahrzeugen, die missachtet worden seien. Nach EU-Recht müssten die EU-Staaten "über wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionssysteme verfügen, um Autohersteller davon abzuhalten, gegen geltendes Recht zu verstoßen". Bei den vier Staaten sieht die Kommission das nicht gegeben. Diskussion über Fahrverbote befeuert Unterliegt Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof, könnte die EU-Kommission in einem weiteren Verfahren hohe Zwangsgelder durchsetzen. Allerdings wächst mit den Verfahren schon jetzt der politische Druck, etwas gegen die zu hohen Schadstoffwerte in deutschen Städten und gegen die zu schmutzigen Diesel zu unternehmen. Verkehrsexperten sehen kurzfristig nur zwei Lösungsmöglichkeiten: die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen oder Fahrverbote. Das Bundesverwaltungsgericht hatte Fahrverbote in Städten im Februar grundsätzlich erlaubt, solange sie verhältnismäßig sind.
/inland/eu-kommission-klage-deutschland-luftverschmutzung-101.html
2018-05-01
USA kündigen Iran-Atomabkommen
Entscheidung von Trump
Die USA verlassen das Iran-Atomabkommen - den für Präsident Trump "schlechtesten Deal aller Zeiten". Er setzte zudem Sanktionen gegen Teheran ein und warf dem Regime "Lüge" vor. mehr
Die USA verlassen das Iran-Atomabkommen - den für Präsident Trump "schlechtesten Deal aller Zeiten". Er setzte zudem Sanktionen gegen Teheran ein und warf dem Regime "Lüge" vor. US-Präsident Trump hat angekündigt, dass sich die USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran zurückziehen werden. Die Sanktionen gegen das Land setzte er wieder in Kraft. Eine entsprechende Verfügung unterzeichnete er vor versammelter Presse. Seine Entscheidung werde die USA sicherer machen, sagte Trump. Den Atomdeal von 2015 bezeichnete er als "katastrophal", die Regierung in Teheran nannte er ein "Terror-Regime". Wenn das Atomabkommen bestehen bliebe, könne dies bald zu einem atomaren Wettrüsten im Nahen Osten führen. Es sei klar, dass die USA eine iranische Atombombe unter dem gegenwärtigen Abkommen nicht verhindern könnten. Er sei aber bereit, willens und in der Lage, ein neues Abkommen mit dem Iran auszuhandeln. Trump warf dem Iran vor, über sein Atomprogramm zu lügen. Das Land habe auch nach dem internationalen Abkommen weiter an der Entwicklung ballistischer Raketen gearbeitet, die mit Atomsprengköpfen bestückt werden könnten, sagte Trump. "Wir haben definitive Beweise, dass Irans Versprechen eine Lüge war", sagte er. Es sollte "der höchste Grad wirtschaftlicher Sanktion" gegen Teheran hergestellt werden, sagte Trump in seiner zehnminütigen Rede. Dabei solle auch jede andere Nation, die dem Iran in seinem Streben nach Atomwaffen helfe, streng bestraft werden. Obama spricht von "ernstem Fehler" Der Atomvertrag hatte die meisten internationalen Sanktionen gegen den Iran aufgehoben. Dafür erklärte sich der Iran bereit, dass sein Atomprogramm eingeschränkt wird. Das soll dem Land die Möglichkeit nehmen, eine Atombombe zu produzieren. Zudem musste die Regierung in Teheran strenge Inspektionen dulden. Trump hatte das Abkommen bereits in seinem Wahlkampf den "schlechtesten Deal aller Zeiten" genannt. Daher ist seine harte Haltung gegen den Iran keine Überraschung. Gleichzeitig ist der Schritt auch eine Abrechnung mit seinem Vorgänger, dem demokratischen Präsidenten Barack Obama. Das Iran-Abkommen gilt als eine der größten Leistungen von Obama. Der nannte die Entscheidung seines Nachfolgers einen "ernsten Fehler". "Ohne das Atomabkommen könnten die Vereinigten Staaten vor die negative Entscheidung gestellt werden, ob sie einen atomar aufgerüsteten Iran akzeptieren wollen oder einen weiteren Krieg im Nahen Osten." Obama hat sich in den vergangenen 15 Monaten nur äußerst selten zu tagesaktuellen politischen Entscheidungsprozessen geäußert. Europa will an Abkommen festhalten Der Rückzug Trumps aus dem Abkommen bedeutet einen schweren Schlag für einige der engsten Verbündeten der USA, darunter Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Diese drei Länder hatten vor drei Jahren gemeinsam mit den USA das Atomabkommen unterzeichnet. Sie bedauerten in einer ersten Reaktion den Schritt von Trump, wollen aber an dem Abkommen festhalten. Das sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in Rom. Immer wieder hatten Experten davor gewarnt, dass der Westen durch eine Aufkündigung des Atomdeals nicht nur den Iran wieder zum direkten Gegner mache, sondern auch die ganze Region in eine massive Unsicherheit bringen könnte. Trump scheint das aber kaum zu interessieren. Bestärkt wurde er in dieser Haltung immer wieder von Israel. Angesichts des gemeinsamen Gegners Iran hat sich die Beziehung beider Länder intensiviert.
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2018-05-01
"Keine Krise herbeireden"
Italien und seine Finanzen
Mit der Wahl der Populisten haben die Italiener ein Zeichen gegen den EU-Sparkurs gesetzt. Doch die Pläne der Wahlsieger bergen große Risiken, warnt Volkswirt Bofinger in den tagesthemen. Trotzdem müsse man erst einmal Ruhe bewahren. mehr
Mit der Wahl der Populisten haben die Italiener ein Zeichen gegen den EU-Sparkurs gesetzt. Doch die Pläne der Wahlsieger bergen große Risiken, warnt Volkswirt Bofinger in den tagesthemen. Trotzdem müsse man erst einmal Ruhe bewahren. Italien steckt in einer finanziellen Schieflage - gelinde gesagt. Mit 133 Prozent der Wirtschaftsleistung ist das Land verschuldet. Zum Vergleich: In anderen EU-Staaten sind es im Durchschnitt 87 Prozent. Eine Lage, die auch für Europa gefährlich werden kann - immerhin ist Italien die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Pläne der Populisten sind kontraproduktiv Doch trotz der hohen Staatsverschuldung warnt Ökonom und Mitglied des Sachverständigenrates der Bundesregierung, Peter Bofinger, davor "eine Krise herbeizureden". Immerhin profitiere Italien davon, dass die Zinsbelastung des eigenen Staates "auf einen historischen Tiefststand" gesunken sei. Außerdem habe sich die Wirtschaft bereits etwas erholt. Es ist das Ergebnis der Wahl von Anfang März, was Anlass zur Sorge gibt. Die Mehrheit ging an Populisten und Rechtsextreme, die große Geschenke versprechen: weniger Steuern, mehr Rente. "Das sind keine Pläne, die das Land voranbringen", sagt Bofinger. Aus seiner Sicht gibt es andere Schwerpunkte, in die investiert werden müsse: Infrastruktur, Forschung und Bildung. "Alles, was die Parteien vorhaben, ist kontraproduktiv." Abschied vom Euro wäre Katastrophe Eine direkte Gefahr für die restliche EU sieht der Experte noch nicht. Ruhe bewahren und die Entwicklung abwarten, ist sein Motto. In einem Punkt ist Bofinger jedoch ganz klar: Die Pläne einiger italienischer Politiker, den Euro wieder abzuschaffen, dürften keinesfalls Realität werden. Das wäre "eine Katastrophe". Mit der Rückkehr zur Lira hätte Italien eine sehr instabile Währung, es würde eine immense Inflation drohen. Und das wäre auch ein Problem für Deutschland, sagt Bofinger, denn der Ausstieg eines Landes aus dem Euro würde die gesamte Eurozone schwächen. Um dieses Szenario zu vermeiden, sind aus Sicht von Bofinger zwei Dinge nötig: Die EU müsse Wege suchen, mehr Investitionen in Italien zu ermöglichen und im Gegenzug müsse Italien zusichern, weiterhin Reformen anzustreben und einzuhalten.
/ausland/italien-finanzkrise-eu-populisten-101.html
2018-05-01
Interner Bericht belastet BAMF-Zentrale
Asylaffäre in Bremen
Die neue Leiterin der Bremer Außenstelle des BAMF belastet in einem Bericht die Zentrale in Nürnberg schwer: Es habe mehrfach Hinweise auf Unregelmäßigkeiten gegeben. Die Behörde wehrt sich nun. Von Jan Lukas Strozyk.
Die neue Leiterin der Bremer Außenstelle des BAMF belastet in einem Bericht die Zentrale in Nürnberg schwer: Es habe mehrfach Hinweise auf Unregelmäßigkeiten gegeben. Die Behörde wehrt sich nun. Im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist ein Streit über die Deutungshoheit hinsichtlich der Vorgänge in der Bremer Außenstelle der Behörde entbrannt. Hintergrund ist ein interner Untersuchungsbericht, den eine Mitarbeiterin des BAMF offenbar in Eigeninitiative verfasst und an das Bundesinnenministerium verschickt hat. Darin belastet sie die ehemalige Leiterin der Außenstelle, Ulrike B., schwer, wirft aber auch der BAMF-Zentrale in Nürnberg Versagen vor. Die Staatsanwaltschaft Bremen ermittelt gegen die Ex-Leiterin und weitere Beschuldigte wegen des Verdachts auf Korruption und Verstößen gegen das Asylrecht. Sie soll in Tausenden Fällen unrechtmäßig Asylanträge positiv beschieden haben. Mehrfach Hinweise auf Unregelmäßigkeiten? Den internen Bericht hat die neue Leiterin der Bremer Außenstelle, Josefa Schmid, verfasst. Sie wirft den Verantwortlichen in der Nürnberger Zentrale vor, die Missstände in Bremen jahrelang gebilligt zu haben, um dem Ansehen des Amtes nicht zu schaden. Es habe mehrfach Hinweise auf die Unregelmäßigkeiten gegeben. Denen sei aber erst sehr spät nachgegangen worden. Es "besteht der Verdacht, dass auch die Zentrale selbst in die Angelegenheit verstrickt ist" und es werde daher "dringend die Einsetzung einer neutralen Untersuchungskommission seitens des BMI angeraten, damit - weisungsunabhängig von der BAMF-Hausleitung in Nürnberg - durch die Rechts- und Fachaufsichtsbehörde eine objektive Aufklärung möglich wird", heißt es in ihrem Bericht. "Keine Tatsachengrundlage" Der Bericht ist auf den 4. April 2018 datiert und adressiert an Stephan Mayer, CSU-Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Offenbar waren im BAMF mehrere Stellen über die Inhalte vorab nicht informiert worden. Eine Sprecherin des Innenministeriums erklärte auf Anfrage, Schmid habe den Bericht in Eigeninitiative verfasst. "Für die in der schriftlichen Darstellung geäußerten bloße Behauptung einer möglichen Verwicklung der BAMF-Zentrale besteht nach dem derzeitigen Erkenntnisstand keine Tatsachengrundlage", so die Sprecherin. Über den rund 100 Seiten langen Bericht, der NDR und "SZ" vorliegt, hatten zuerst die "Nürnberger Nachrichten" und das ZDF berichtet. Im Rahmen der Untersuchungen hat Schmid ausweislich des Berichts bislang nur eine erste kursorische Übersicht für die Jahre 2015 bis 2017 angefertigt, die 664 Vorgänge betreffe. Wahrscheinlich sei es schon davor zu Unregelmäßigkeiten gekommen, heißt es in dem Schreiben. Schmid erklärt, es handle sich ihrer Ansicht nach um die "Spitze des Eisberges". Schmid wirft ihrer Vorgängerin unter anderem vor, in großem Umfang unrechtmäßig Asylanträge von Antragsstellern aus anderen Bundesländern in Bremen bearbeitet zu haben. Demnach habe man "mindestens 3332" Asylanträge unzulässig in Bremen bearbeitet. Es sei der wohl "bisher größte Flüchtlingsskandal in der Bundesrepublik Deutschland". Bremen sei demnach Dreh- und Angelpunkt für auffällig rechtswidrige Fälle gewesen. Routinevorgang oder Skandal? Das widerspricht der offiziellen Darstellung der Behörden. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte kürzlich: "In den Jahren 2015 und 2016 war es wegen des hohen Flüchtlingsaufkommens üblich, dass Organisationseinheiten, die nicht ausgelastet waren, Akten aus anderen Einheiten - teils auch ohne Einschaltung der Zentrale - übernommen haben." Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Bremen sagte der Deutschen Presseagentur, man könne die Zahl von 3332 "im Moment noch nicht nachvollziehen". Experten hegen indes grundsätzliche Zweifel an der Darstellung des Skandals. In der Berichterstattung über die angeblich unrechtmäßig in Bremen bearbeiteten Asylanträge erkenne er weniger das Fehlverhalten von Mitarbeitern des BAMF", sagte Heiko Habbe, Asylrechtsexperte von der Beratungsstelle "fluchtpunkt" in Hamburg dem NDR. "Für mich sind das vielmehr Symptome einer überlasteten Behörde. Ob Asylanträge tatsächlich unrechtmäßig positiv beschieden wurden, ist längst noch nicht geklärt." Keine Belege für Bestechlichkeit Mitte April, rund zwei Wochen nachdem der Bericht von Schmid verschickt worden war, hatten Ermittler Büros und Privatwohnungen in Bremen und Umgebung durchsucht. Die Staatsanwaltschaft wirft der ehemaligen Leiterin der Außenstelle Bestechlichkeit und Verstöße gegen das Asylgesetz vor. Sie soll mehr als 1000 Asylanträge bewilligt haben, obwohl die rechtlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben waren. In den meisten Fällen ging es laut Staatsanwaltschaft um Antragsteller, die angaben, zur Religionsgemeinschaft der Jesiden zu gehören. Auch gegen mehrere Anwälte und einen Dolmetscher wird ermittelt. Ulrike B. und die weiteren Beschuldigten äußerten sich zu den Vorwürfen nicht. Nach NDR-Informationen stützen sich die Vorwürfe der Bestechlichkeit bislang allein auf eine Hotelübernachtung, die Ulrike B. sich von einem der Anwälte nach Erkenntnisstand der Ermittler hat bezahlen lassen. Außerdem soll sie im Rahmen einer Neujahrsfeier eine Einladung zu einer halböffentlichen Veranstaltung angenommen haben. Hinweise auf Geldzahlungen an Ulrike B. liegen den Ermittlern offenbar bislang nicht vor. Auch in dem Bericht der neuen Leiterin der BAMF-Außenstelle in Bremen finden sich dazu keine Erkenntnisse. Zwischen Bayern und Bremen Josefa Schmid arbeitet seit Beginn des Jahres in der Bremer Außenstelle des BAMF. Ein Sprecher der Behörde bezeichnete sie als "interimsweise amtierende Außenstellenleiterin". Schmid ist gleichzeitig ehrenamtliche Bürgermeisterin für die FDP in der Gemeinde Kollnburg in Niederbayern. Zuletzt hatte der BR berichtet, dass ihr Engagement in Norddeutschland ihr große Kritik in der Heimat eingebracht hatte: Dass sie in Bremen arbeitet, war der Gemeindeverwaltung offenbar nicht bekannt, mehrere Gemeinderäte bemängelten außerdem, dass sie selten im Rathaus anzutreffen sei.
/inland/bremen-bamf-101.html
2018-05-01
Puigdemont bleibt auf freiem Fuß
Entscheidung über Haftantrag
Die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein will, dass Kataloniens Ex-Regierungschef Puigdemont ausgeliefert wird. Diesen Antrag bereitet sie gerade vor. Den Antrag, ihn sofort in Haft zu nehmen, lehnte das OLG hingegen ab. mehr
Die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein will, dass Kataloniens Ex-Regierungschef Puigdemont ausgeliefert wird. Diesen Antrag bereitet sie gerade vor. Den Antrag, ihn sofort in Haft zu nehmen, lehnte das OLG hingegen ab. Im juristischen Verfahren um den katalanischen Ex-Regierungschef Carles Puigdemont hat das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein (OLG) es abgelehnt, den Auslieferungshaftbefehl wieder in Vollzug zu setzen. Das Gericht sehe "nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens keine erhöhte Fluchtgefahr Puigdemonts, so dass dieser auf freiem Fuß bleibt". Die Anordnung vom 5. April, nach der Puigdemont unter Auflagen aus der Haft entlassen wurde, bleibe bestehen. Generalstaatsanwalt will Auslieferung Die schleswig-holsteinische Generalstaatsanwaltschaft hatte den Antrag gestellt, den Auslieferungshaftbefehl wieder in Vollzug zu setzen. Anlass hierfür seien neue von den spanischen Behörden übermittelte Informationen gewesen, insbesondere Videos, die gegenüber spanischen Polizisten verübte Gewalttätigkeiten zeigten, so die Anwaltschaft. "Die Ausschreitungen hatten ein solches Ausmaß, dass die Generalstaatsanwaltschaft davon ausgeht, dass auch wegen des Vorwurfs der Rebellion auszuliefern ist", teilte die Behörde mit. Demnach sei nach deutschem Recht nicht nur eine Strafbarkeit wegen Hochverrats, sondern auch wegen Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall möglich. Deshalb sei von einer erhöhten Fluchtgefahr auszugehen, argumentierte die Staatsanwaltschaft. Die Generalstaatsanwaltschaft bereitet nach eigenen Angaben nun den Antrag vor, die Auslieferung für zulässig zu erklären. Wann mit einer abschließenden Entscheidung darüber zu rechnen ist, ist nach Angaben des Gerichts derzeit noch offen. Der Antrag der Generalstaatsanwaltschaft liege noch nicht vor. Vorwurf: Rebellion und Veruntreuung öffentlicher Gelder Die spanische Justiz wirft Puigdemont wegen seiner Rolle beim katalanischen Streben nach Unabhängigkeit Rebellion sowie die Veruntreuung öffentlicher Gelder vor und fordert seine Auslieferung. Der Politiker wurde am 25. März auf Grundlage eines von Spanien erwirkten europäischen Haftbefehls auf der Durchreise in Schleswig-Holstein festgenommen. Das OLG in Schleswig erließ am 5. April einen Auslieferungsbefehl wegen des Vorwurfs der Untreue, setzte diesen aber gegen Auflagen außer Vollzug. Puigdemont wurde nach der Hinterlegung einer Kaution von 75.000 Euro aus dem Gefängnis von Neumünster entlassen, darf die Bundesrepublik aber nicht verlassen und muss sich wöchentlich bei der Polizei melden. Das Gericht erklärte seinerzeit zur Begründung, "dass sich hinsichtlich des Vorwurfs der 'Rebellion' die Auslieferung als von vornherein unzulässig erweise". Der nach deutschem Recht in Betracht kommende Straftatbestand Hochverrat sei nicht erfüllt, weil Puigdemont zuzurechnende Gewalttaten in Katalonien kein Ausmaß erreicht hätten, das den Willen der spanischen Verfassungsorgane hätte beugen können.
/ausland/puigdemont-auslieferungshaft-101.html
2018-05-01
Zuckerberg steht Rede und Antwort
Facebook-Chef vor EU-Parlament
Mit Spannung wird heute der Auftritt von Facebook-Chef Zuckerberg im EU-Parlament erwartet. Jeder kann live mitverfolgen, wenn er zum Datenskandal um seinen Konzern befragt wird. Von Karin Bensch.
Mit Spannung wird heute der Auftritt von Facebook-Chef Zuckerberg im EU-Parlament erwartet. Auf Druck der Grünen kann nun jeder live mitverfolgen, wenn er zum Datenskandal um seinen Konzern und Cambridge Analytica befragt wird. Von Karin Bensch, ARD-Studio Brüssel Jetzt können doch alle live mit dabei sein, wenn Facebook-Chef Mark Zuckerberg am frühen Abend (gegen 18.15 Uhr) im Europaparlament Rede und Antwort steht. Die Anhörung soll auf der Homepage des Europaparlaments übertragen werden. Parlamentspräsident Antonio Tajani, die Fraktionschefs und ausgewählte Abgeordnete, die Experten im Bereich Datenschutz sind, werden Zuckerberg befragen: zum Skandal um Cambridge Analytica, zum Datenschutz bei Facebook und zum möglichen Einfluss der sozialen Medien auf Wahlen. Bei dem Treffen mit dabei sein wird auch der Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht von den Grünen. Er meint: "Die Mehrzahl der Nutzer bei Facebook sind aus der Europäischen Union. Das heißt, es ist absolut richtig, dass Herr Zuckerberg jetzt hier auch im Europäischen Parlament Rede und Antwort steht." Albrecht hofft, dass nicht nur geredet wird, sondern dass es auch konkrete Ergebnisse geben wird. "Dass wir mehr Erkenntnisse darüber bekommen, was Facebook eigentlich plant mit Blick auf den Datenschutz der Nutzer und wie vor allen Dinge in Zukunft ein Geschäftsmodell betrieben werden kann, das nicht nur auf die Ausbeutung der Daten und der Privatsphäre der Menschen setzt." Drei Millionen Europäer vom Datenskandal betroffen Vom Datenskandal um das britische Analyse-Unternehmen Cambridge Analytica waren knapp drei Millionen Europäer betroffen. Facebook-Chef Zuckerberg muss besonders auf die Frage antworten, ob so etwas in Zukunft wieder geschehen kann, fordert Vera Jourova, die in der EU-Kommission für Recht und Verbraucher zuständig ist. Vor allem die Grünen wollten es öffentlich Bis zuletzt war ein Gespräch hinter verschlossenen Türen geplant. Zuckerberg selbst soll das gefordert haben, weil er die Befürchtung hatte, vor allem von rechten und linken Abgeordneten ins Kreuzverhör genommen zu werden, heißt es. Doch eine Anhörung im Parlament, die das Format eines Geheimgesprächs hat, wäre sehr befremdlich gewesen - ausgerechnet im Europaparlament, das großen Wert auf Transparenz legt. Zumal Zuckerberg den US-Abgeordneten im April ausführlich und öffentlich Rede und Antwort gestanden hatte. Der Druck aus Parlament und Kommission stieg. Vor allem die Grünen hatten sich dafür eingesetzt, das Treffen öffentlich zu machen. Der liberale Fraktionschef Guy Verhofstadt hatte aus Verärgerung über den geplanten Ausschluss der Öffentlichkeit angekündigt, das Gespräch  zu boykottieren. Die Kehrtwende kam dann am Sonntag - nachdem Parlamentspräsident Antonio Tajani mit Zuckerberg telefoniert hatte. Das heutige Treffen kann als ein Deal gesehen werden: Zuckerberg zollt dem Europaparlament mit seinem Besuch Respekt und vermittelt damit, dass er die europäischen Facebook-Kunden ernst nimmt. Anderseits läuft die Veranstaltung weitgehend zu seinen Bedingungen ab. Dennoch finden viele Europaabgeordnete es positiv, dass der Auftritt nun öffentlich ist, und jeder, der interessiert ist, übers Internet live dabei sein kann, und sich selbst ein Bild von der Anhörung machen kann. Und: Ein solches Millionenpublikum schafft sicherlich einen höheren Druck als ein gemütliches Treffen hinter verschlossenen Türen.
/ausland/zuckerberg-eu-105.html
2018-05-01
Zuckerberg akzeptiert öffentliche Anhörung
Facebook-Chef vor EU-Parlament
Ursprünglich wollte er den Termin gar nicht wahrnehmen. Doch mittlerweile sicherte Facebook-Chef Zuckerberg zu, im Datenskandal persönlich vor dem EU-Parlament zu erscheinen. Die Anhörung heute wird öffentlich sein. mehr
Ursprünglich wollte er den Termin gar nicht wahrnehmen. Doch mittlerweile sicherte Facebook-Chef Zuckerberg zu, im Datenskandal persönlich vor dem EU-Parlament zu erscheinen. Die Anhörung heute wird öffentlich sein. Die Anhörung von Facebook-Chef Mark Zuckerberg zum Datenskandal wird nun doch öffentlich sein. EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani teilte über Twitter mit, nach einem persönlichen Gespräch mit Zuckerberg sei er erfreut mitteilen zu können, dass dieser der Bitte aus dem Europaparlament nach einer im Internet übertragenen Anhörung entsprochen habe. Dies seien "großartige Neuigkeiten" für die EU-Bürger. I have personally discussed with Facebook CEO Mr Zuckerberg the possibilty of webstreaming meeting with him. I am glad to announce that he has accepted this new request. Great news for EU citizens. I thank him for the respect shown towards EP. Meeting tomorrow from 18:15 to 19:30 Die Ankündigung Tajanis kommt überraschend. Noch am Freitag hatte die Fraktion der Grünen erklärt, sie sei mit der Forderung nach einer öffentlichen Anhörung gescheitert. "Druck wirkt", twitterte deren Sprecher Sven Giegold nun. 30.000 Menschen hätten den Antrag der europäischen Grünen auf ein Streaming unterstützt. Vorbild US-Kongress Das Europaparlament hatte wochenlang versucht, Zuckerberg persönlich zu einer Aussage zu bewegen. Der Druck auf ihn war nach der öffentlichen Anhörung im US-Kongress im April weiter gewachsen. Dort hatte der 34-Jährige rund zehn Stunden lang Fragen von Senatoren und Abgeordneten beantwortet. In Brüssel wollte Zuckerberg ursprünglich nicht persönlich erscheinen, sondern seinen Vize-Chef für Öffentlichkeitsarbeit, Joel Kaplan, vorschicken. "Unsere Bürger verdienen eine volle und detaillierte Erklärung", sagte Tajani. Auch Justizkommissarin Vera Jourova hatte darauf gedrungen, dass Zuckerberg zur Anhörung kommt. Facebook müsse dringend Vertrauen in Europa erneuern, sagte sie dem ARD-Studio Brüssel. Man habe nicht nur ein starkes Interesse, sondern auch das Recht, persönlich von Zuckerberg zu hören, was Millionen betroffenen Europäern tatsächlich passiert sei, so Jourova. Mit Blick auf die Zuckerberg-Anhörung in den USA sagte sie, Europa habe andere Fragen - beispielsweise, ob der Datenskandal Einfluss auf das Brexit-Referendum hatte. Daten von bis zu 2,7 Millionen Europäern genutzt? Facebook hatte eingeräumt, dass Daten von bis zu 87 Millionen Nutzern des Online-Netzwerks bei der inzwischen bankrotten britischen Firma Cambridge Analytica gelandet waren. Sie sollen unerlaubt für den Wahlkampf des heutigen US-Präsidenten Donald Trump ausgeschlachtet worden sein. In Europa waren laut Facebook bis zu 2,7 Millionen Nutzer betroffen. Seit Bekanntwerden des Skandals hat Facebook seine Datenschutzregulierungen verschärft und Firmen, die ähnliche Praktiken auf Facebook anwendeten, vorübergehend gesperrt. Zuckerbergs Besuch in Europa kommt nur wenige Tage, bevor am 25. Mai die neue europäische Datenschutzverordnung in Kraft tritt. Die Verordnung macht Firmen und Organisationen europaweit gültige Vorgaben für die Speicherung und den Schutz von Daten. Bei Verstößen drohen Firmen Strafen von bis zu vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes.
/ausland/zuckerberg-eu-101.html
2018-05-01
Gündogan und Özil bei Steinmeier
Nach Eklat um Erdogan-Treffen
Die deutschen Fußball-Nationalspieler Özil und Gündogan haben Bundespräsident Steinmeier besucht. Damit hätten sie "Missverständnisse" nach ihrem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Erdogan aus dem Weg räumen wollen. mehr
Die deutschen Fußball-Nationalspieler Özil und Gündogan haben Bundespräsident Steinmeier besucht. Damit hätten sie "Missverständnisse" nach ihrem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Erdogan aus dem Weg räumen wollen. Nach dem scharf kritisierten Treffen der deutschen Fußball-Nationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan haben die beiden Fußballer nun mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gesprochen. Steinmeier teilte mit, beide Spieler hätten den Wunsch geäußert, ihn zu besuchen. Es sei ihnen wichtig gewesen, entstandene Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. "Wir haben lange gesprochen, über Sport, aber auch über Politik", postete Steinmeier via Facebook nach dem Treffen im Garten von Schloss Bellevue. "Heimat gibt es auch im Plural" Der deutsche Fußball habe beide Spieler groß gemacht, so Steinmeier. Ihre Geschichte spiegele die Erkenntnis wider: "Heimat gibt es auch im Plural." Ein Mensch könne mehr als eine Heimat haben und neue Heimat finden. Das habe die Bundesrepublik für Millionen von Menschen bewiesen, "und es hat uns bereichert. Genauso wichtig wie der Respekt vor der Vielfalt unserer Wurzeln ist das Bekenntnis aller Bürgerinnen und Bürger zu unserem Land und seinen Werten." Özil sagte demnach bei dem Treffen: "Ich bin hier aufgewachsen und stehe zu meinem Land." Und Gündogan betonte: "Meine Familie stammt aus Dursunbey. Ich bin in Gelsenkirchen geboren. So wie die Heimat meiner Eltern auch ein Stück Heimat für mich ist, so ist Deutschland heute eindeutig mein Land und mein Team." Steinmeier sagte daraufhin: "Und mit Deutschland werden Sie Weltmeister!" Heftige Kritik nach Treffen mit Erdogan Özil und Gündogan hatten dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bei einem Termin in London Trikots ihrer Vereine überreicht. Von Erdogans Partei AKP veröffentlichte Bilder dieses Treffens lösten den Vorwurf aus, die Spieler hätten Erdogan im Wahlkampf geholfen. Auf die Frage, ob dies auch die Kanzlerin so sehe, antwortete Regierungssprecher Steffen Seibert allerdings nicht. In der Türkei findet am 24. Juni eine Präsidentschaftswahl statt. Auf Gündogans Trikot mit der Nummer acht stand: "Mit Respekt für meinen Präsidenten." Er erklärte später, mit dem Auftritt sei keine politische Botschaft verbunden gewesen. "Es war nicht unsere Absicht, mit diesem Bild ein politisches Statement abzugeben, geschweige denn Wahlkampf zu machen." An dem Treffen nahm auch der in Wetzlar geborene türkische Nationalspieler Cenk Tosun teil. Aussprache mit DFB-Spitze Vor dem Treffen mit Steinmeier kam es auch zu einer Zusammenkunft unter anderem mit DFB-Präsident Reinhard Grindel, Bundestrainer Joachim Löw und Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff. "Es gab ein Gespräch und von daher denke ich, dass wir jetzt so langsam über andere Themen reden können", sagte Löw in der ARD. "Für uns war es ein sehr, sehr gutes Gespräch." Die beiden Spieler hätten ihren Urlaub für die Termine in Berlin unterbrochen, teilte der Deutsche Fußball-Bund weiter mit. "Es verdient Respekt und Anerkennung, dass Mesut Özil und Ilkay Gündogan persönlich die Irritationen ausräumen wollten", sagte Grindel. "Genauso sage ich aber auch, dass dieser offene und ehrliche Austausch mit den Spielern für uns als DFB wichtig war. Beide haben uns gegenüber versichert, dass sie mit dieser Aktion kein politisches Signal senden wollten."
/inland/oezil-guendogan-steinmeier-101.html
2018-05-01
Anderes, divers oder inter?
Drittes Geschlecht
In der Bundesregierung gibt es Streit darüber, welche Geschlechtsbezeichnung bei Inter- und Transsexuellen in Dokumenten stehen soll. Die SPD blockiert einen Gesetzentwurf von Innenminister Seehofer. mehr
In der Bundesregierung gibt es Streit darüber, welche Geschlechtsbezeichnung bei Inter- und Transsexuellen in Dokumenten stehen soll. Die SPD blockiert einen Gesetzentwurf von Innenminister Seehofer. Die SPD lehnt den Gesetzentwurf von Innenminister Horst Seehofer über die Rechte von Menschen ohne eindeutiges biologisches Geschlecht ab. Laut "Spiegel" blockieren Justizministerin Katarina Barley und Familienministerin Franziska Giffey den Entwurf, mit dem ein Bundesverfassungsgerichtsurteil von 2017 umgesetzt werden soll. In einem Schreiben des Justizministeriums heißt es demnach, das Regelwerk sei "noch nicht ausgereift". Der Gesetzentwurf erzeuge "ein Ungleichgewicht zwischen Inter- und Transsexuellen". Einheitliches Gesetz für Inter- und Transsexuelle Barley fordert ein einheitliches Gesetz für diese Gruppen. Nach den Plänen Seehofers sollen sich Menschen, die weder weiblich noch männlich sind, künftig in Ausweispapieren in der Kategorie "anderes" eintragen lassen können. Im Justiz- und Familienministerium hält man diese Bezeichnung, die auf eine Empfehlung des Ethikrats zurückgeht, für herabsetzend. Barley bevorzugt dem Nachrichtenmagazin zufolge den Begriff "weiteres", Giffey ist demnach für "divers" oder "inter". Seehofer will Kindern mit uneindeutigem Geschlecht ab dem Alter von 14 Jahren die Entscheidung gestatten, wie sie im Personenstandsregister geführt werden. Barley fordert dagegen, "zumindest zu erwägen", ob dies nicht schon für noch jüngere Kinder möglich sein solle. Auch will die Justizministerin es den Betroffenen im Konfliktfall ermöglichen, eine Personenstandsänderung ohne Zustimmung ihrer Eltern zu erreichen - mit der Möglichkeit, sich später im Leben doch wieder für ein anderes Geschlecht entscheiden zu können. Etwa 80.000 Intersexuelle in Deutschland Derzeit kennt das deutsche Personenstandrecht nur die Optionen "weiblich" oder "männlich". Seit 2013 besteht zudem die Möglichkeit, den Eintrag offen zu lassen, wenn das Geschlecht eines Neugeborenen nicht eindeutig ist. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Herbst 2017 entschieden, dass die geltende Regelung gegen das Persönlichkeitsrecht und das Diskriminierungsverbot verstößt. Der Gesetzgeber muss das Personenstandsrecht deshalb bis Ende 2018 ändern, indem er einen dritten Geschlechtseintrag schafft oder aber ganz darauf verzichtet. Der Deutsche Ethikrat geht davon aus, dass es etwa 80.000 intersexuelle Menschen in Deutschland gibt. Bei ihnen sind die Geschlechtsmerkmale, also zum Beispiel Chromosomen, Hormone und Genitalien, nicht eindeutig ausgeprägt. Intersexuelle verfügen über männliche und weibliche Merkmale, etwa weibliche Geschlechtsteile und männliche Chromosomen.
/inland/drittes-geschlecht-103.html
2018-05-01
"Kartelle sind von Habgier getrieben"
EU-Kommissarin Vestager
EU-Wettbewerbskommissarin Vestager hat sich mit ihren Google-Ermittlungen einen Namen gemacht - wird gar als Kommissionspräsidentin gehandelt. Im Interview spricht sie über ihre Arbeit - und ihre Sympathien für Macron. mehr
EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hat sich spätestens mit ihren Ermittlungen gegen Google einen Namen gemacht - und wird als Kommissionspräsidentin gehandelt. Im tagesschau.de-Interview spricht sie über die Arbeit gegen Kartelle - und ihre Sympathien für Macron. ARD-Studio Brüssel: Lassen Sie uns zunächst über eine aktuelle Angelegenheit sprechen. Wie weit sind sie mit den Ermittlungen gegen Teile der deutschen Autoindustrie? Vestager: Es ist eine laufende Ermittlung. Also bin ich sehr vorsichtig damit, ins Detail zu gehen. Denn wir gehen diese Ermittlungen unvoreingenommen an: Bevor wir keine Ergebnisse haben, haben wir keine Ergebnisse. Einer der Gründe dafür ist, dass wir sehr vorsichtig sein müssen, keinen Fehler zu begehen und zu denken, dass legitime Kooperation zur Innovation und Entwicklung ein Kartell ist. Auf der anderen Seite: Wenn es ein Kartell gibt, wenn Entscheidungen getroffen werden, die Konsumenten schaden, dann haben wir natürlich einen Fall und dann werden wir uns auch damit beschäftigen. ARD-Studio Brüssel: Zunächst haben Sie sich mit der Lkw-Industrie in Deutschland beschäftigt, jetzt geht es um die großen Firmen und die Zulieferer. Um welche Dimensionen geht es? Vestager: Das ist sehr schwer zu sagen. Aber das ist eine Industrie, in der wir es mit vielen Kartellen zu tun haben. Es gab beim Stromgenerator Kartellabsprachen. Beim Schaum in ihren Sitzen gab es Kartellabsprachen. Bei den Lichtern und bei den Bremsen. Wir sprechen also von einem Sektor, bei dem wir in den letzten Jahren Strafen von inzwischen etwa sieben Milliarden Euro verhängt haben. Das Lkw-Kartell war ein großes Kartell. Es bestand für einen langen Zeitraum und hat eine Strafe von insgesamt 4,2 Milliarden Euro zahlen müssen. Unternehmen die solche Absprachen treffen, wollen eine Abkürzung einschlagen, um mehr Geld zu erwirtschaften. Oder sie haben Angst, sonst vom Markt gedrängt zu werden. Kartelle sind oft von Angst und Habgier getrieben. "Es gibt kein Erfolgsverbot" ARD-Studio Brüssel: Eine andere Methode der Wettbewerbsvermeidung wurde von Google begangen. Das Unternehmen bekam eine Strafe von 2,4 Milliarden Euro auferlegt. Was ist das aus Ihrer Sicht der Unterschied? Sind Sie zufrieden mit der aktuellen Situation? Vestager: Wir haben in Europa kein Erfolgsverbot. Wenn Kunden ein Produkt gefällt, dann wachsen Unternehmen. Das ist auch in Ordnung so. Das Problem im Fall Google war, dass wir herausgefunden haben, dass sie ihre Macht auf dem Markt missbraucht haben. Denn fast alle Suchanfragen im Internet sind Google-Suchen. Und das haben sie missbraucht, um sich selbst zu bewerben und andere zurückzustufen. Und dann haben wir gesagt: 'Das könnt ihr nicht machen, das ist illegal. Ihr müsst eine Strafe bezahlen und damit aufhören.' Jetzt schauen wir uns die Entscheidungen an, die Google getroffen hat, um ihre Wettbewerber so zu behandeln, wie sie sich selbst behandeln. Es bleibt also abzuwarten, ob wir mit den Entscheidungen, die Google getroffen hat, zufrieden sind. "Die nächste Kommission liegt in der Zukunft" ARD-Studio Brüssel: Sie sollen eine Kandidatin von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron für die Kommissionspräsidentin sein?   Vestager: Ich kenne und ich bewundere ihn. Aber jetzt hat jeder in Europa seine Dinge zu tun. Die nächste Kommission liegt in der Zukunft. Es ist noch über ein Jahr hin, bis der Rat über den nächsten Kommissionspräsidenten entscheidet, hoffentlich mit der Zustimmung des Parlaments. Ein Jahr in der Politik ist wie ein Jahrhundert. ARD-Studio Brüssel: Könnten sie sich vorstellen, einer Bewegung wie La République en Marche zu folgen? Vestager: Eine Menge der Ansätze und Werte sind denen sehr ähnlich, die ich selbst verfolge. Es ist eine der Stärken, dass es nicht eine traditionelle Partei ist. Diese sich öffnende Politik nach den besten Lösungen zu suchen, die unsere Probleme lösen - das ist ein sehr praktischer Ansatz. Den brauchen wir. Das Interview führte Michael Grytz, ARD-Studio Brüssel
/ausland/eu-vestager-interview-101.html
2018-05-01
OLG-Entscheidung "ein Zwischenschritt"
Fall Puigdemont
Die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Schleswig-Holstein ist ein weiterer Schritt im Auslieferungsverfahren - aber nicht der letzte. Wie es nun im Fall Puigdemont weitergeht, erklärt ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam. mehr
Die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Schleswig-Holstein ist ein weiterer Schritt im Auslieferungsverfahren - aber nicht der letzte. Wie es nun im Fall Puigdemont weitergeht, erklärt ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam.
/ausland/puigdemont-auslieferungshaft-103.html
2018-05-01
US-Botschafter warnt deutsche Firmen
Erneute Iran-Sanktionen
Die Iran-Geschäfte schnellstmöglich beenden - das hat der neue US-Botschafter Grenell deutschen Unternehmen geraten. Diese zeigten sich angesichts der US-Ausstiegs aus dem Iran-Abkommen enttäuscht. mehr
Die Iran-Geschäfte schnellstmöglich beenden - das hat der neue US-Botschafter Grenell deutschen Unternehmen geraten. Diese zeigten sich angesichts der US-Ausstiegs aus dem Iran-Abkommen enttäuscht. Nach der Ankündigung der USA zum Ausstieg aus dem Atomabkommen mit Teheran sollten deutsche Unternehmen ihre Aktivitäten im Iran "sofort" herunterfahren. Das forderte der neue US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, der erst seit heute im Amt ist. As @realDonaldTrump said, US sanctions will target critical sectors of Iran’s economy. German companies doing business in Iran should wind down operations immediately. Kurz zuvor hatte US-Präsident Donald Trump den Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen verkündet und auf Grundlage des Abkommens ausgesetzte Sanktionen wieder in Kraft gesetzt. Trump erklärte, die USA würden "die höchste Stufe von Wirtschaftssanktionen einführen". Jedes Land, das Iran bei seinen Bemühungen um Atomwaffen helfe, könnte auch mit starken Sanktionen belegt werden. "Firmen haben einige Monate Zeit" Der Nationale Sicherheitsberater Trumps, John Bolton, erklärte, die wieder in Kraft gesetzten Sanktionen würden "ab sofort" für alle Neuverträge gelten. Ausländische Firmen, die bereits im Iran seien, hätten einige Monate Zeit, um das Land zu verlassen. Nach Angaben des US-Finanzministeriums sollen die Sanktionen bei Altverträgen nach einem Übergangszeitraum von 90 bis 180 Tagen in Kraft treten. Bolton sagte, die USA seien bereit, sehr viel weiter zu gehen. Es sei auch "möglich", neue Sanktionen zu verhängen. "Aussichten getrübt" Die deutsche Industrie äußerte sich enttäuscht über den US-Ausstieg aus dem Abkommen. BDI-Präsident Dieter Kempf sagte unmittelbar nach Trumps Ankündigung: Man bedauere den Rückzug der USA "aus dem so mühselig und langwierig verhandelten Atomabkommen zutiefst". Jetzt müsse es der EU gelingen, mit Russland und China ein deutliches Bekenntnis zu den im Atomabkommen getroffenen Vereinbarungen abzugeben. "Dabei geht es um Glaubwürdigkeit in der Außen-, Sicherheits- und Wirtschaftspolitik", sagte Kempf. Ein Bekenntnis zu den Vereinbarungen sei für deutsche und europäische Unternehmen essenziell. "Unsere Unternehmen haben sich große Hoffnungen auf die Marktöffnung durch Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gemacht. Diese Aussichten sind nun eindeutig getrübt", beklagte Kempf. Seitdem das Atomabkommen 2015 geschlossen wurde, ist der Handel zwischen dem Iran und Deutschland nach Angaben der Deutschen Industrie- und Handelskammer um 42 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro angewachsen. Allein im vergangenen Jahr exportierte die Bundesrepublik laut des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau Maschinen im Wert von 901 Millionen Euro in den Iran.
/wirtschaft/deutsche-wirtschaft-iranabkommen-101.html
2018-05-01
AfD klagt gegen Merkels Flüchtlingspolitik
Bundesverfassungsgericht
Im September 2015 hielt Kanzlerin Merkel die Grenze zu Österreich für Flüchtlinge offen - ohne den Bundestag zu fragen. Die AfD-Fraktion nennt die Entscheidung "Herrschaft des Unrechts" - und klagt deswegen in Karlsruhe. mehr
Im September 2015 hielt Kanzlerin Merkel die Grenze zu Österreich für Flüchtlinge offen - ohne den Bundestag zu fragen. Die AfD-Fraktion nennt die damalige Entscheidung "Herrschaft des Unrechts" - und klagt deswegen in Karlsruhe. Die AfD-Bundestagsfraktion zieht wie angekündigt gegen die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel vor das Bundesverfassungsgericht. Die Fraktion habe am 14. April eine Organklage in Karlsruhe eingereicht, sagte ihr Justiziar Stephan Brandner. Der AfD gehe es darum, die "Herrschaft des Unrechts" feststellen zu lassen, so Brandner. Die Bundesregierung habe bei ihrer Einwanderungspolitik die Mitwirkungsrechte des Bundestags verletzt, heißt es in der Klage. Überprüft werden soll nach dem Willen der AfD Merkels Entscheidung von Anfang September 2015, die Grenze von Österreich nach Deutschland für Flüchtlinge offenzuhalten und die Menschen nicht abzuweisen. Brandner sagte: "Diese Klage kann die Welt verändern. Und sie wird die Welt verändern, wenn sie erfolgreich ist." Merkel müsse dann in "Nullkommanichts" weg. Ob es zur Verhandlung kommt, ist noch offen. AfD spricht von "Herrschaft der Willkür und des Unrechts" Der zweite parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Jürgen Braun, sagte, es gebe keine diktatorische Kanzlerin, auch sie habe sich an Recht und Gesetz zu halten. Wesentliche Entscheidungen, die das Gemeinwesen berührten, müssten im Parlament entschieden werden. Braun sprach mit Bezug auf die Politik der Grenzöffnung von einer "Herrschaft der Willkür und des Unrechts", die nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Auch CSU-Chef Horst Seehofer hatte Merkels Entscheidung als "Herrschaft des Unrechts" bezeichnet. "Wir setzen um, was Seehofer angekündigt, aber nicht umgesetzt hat", sagte Brandner. Seit Jahren herrsche ein Ausnahmezustand, es gehe um einen massiven Eingriff in die Rechte des Bundestags.
/inland/afd-klage-fluechtlingspolitik-101.html
2018-05-01
Mehr Papierkram, weniger Zeit für Patienten
Datenschutz beim Hausarzt
Nicht nur große Unternehmen müssen sich um den neuen EU-Datenschutz kümmern, auch Hausärzte bereiten sich auf die Regeln vor. Sie müssen besonders aufpassen, da sie sensible Daten verwalten. Von Karin Bensch.
Nicht nur große Unternehmen müssen sich um den neuen EU-Datenschutz kümmern, auch Hausärzte bereiten sich auf die Regeln vor. Sie müssen besonders aufpassen, da sie sensible Daten verwalten. Zu Besuch im Hausarztzentrum in Werther in Ostwestfalen. Hier werden viele, sensible Patientendaten gesammelt und verarbeitet. Mit den neuen europäischen Datenschutzregeln wird sich hier einiges ändern, erzählt Dr. Matthias Stratmann: "Es gibt diverse Vorlagen, die unsere Patienten jetzt unterschreiben müssen. Wir müssen einen Aushang machen, wo die Patienten darauf hingewiesen werden, was mit ihren Daten passiert." Mit den neuen Datenschutzregeln muss der Arzt Nachweise führen, wer mit den empfindlichen Patientendaten umgeht. Neben ihm selbst sind das vor allem die Arzthelferinnen, aber auch Praktikanten und Famulanten. Genauer dokumentiert werden muss in Zukunft auch, was mit den sensiblen Informationen geschieht, sagt Stratmann: "Datenschutz stand schon immer sehr hoch. Aber das jetzt muss alles schriftlich fixiert werden. Das ist das, was große, große Probleme bereitet." Mit den neuen europäischen Datenschutzregeln kommt auf den Hausarzt in Ostwestfalen und sein Team deutlich mehr Papierkram zu. Mehr Schreibtischarbeit bedeutet weniger Zeit für die Patienten, kritisiert der Arzt. Er fühlt sich von Brüssel bevormundet: "Man hat den Eindruck, es sind keine Menschen, die von der Basis kommen. Es wird von oben aufgepfropft, und wir haben das dann irgendwie umzusetzen." Kontrolle der Privatsphäre Vera Jourova ist mit für die neuen Datenschutzregeln verantwortlich. Die Politikerin ist in der EU-Kommission für Recht und Verbraucher zuständig. Jourova hat Verständnis dafür, dass Unternehmen, die Kundendaten erfassen, den künftigen Mehraufwand kritisieren. Ihrer Ansicht nach ist es die Sache aber wert. Denn durch die strengeren Datenschutzregeln würden sensible Informationen effektiver gegen Missbrauch geschützt und Kunden könnten ihre Rechte besser einklagen. Die neuen Datenschutzregeln geben Menschen eine größere Chance, ihre Privatsphäre unter Kontrolle zu haben, sagt die EU-Kommissarin. Wenn Daten ein Kerngeschäft sind, müssen sich die betroffenen Unternehmen an die strengeren Regeln halten, meint Jourova. Egal, ob es sich um große Konzerne oder kleinere Unternehmen handelt. Es gehe um die schützenswerten Daten. Gerade bei Ärzten sei es vielen Kunden sehr wichtig, dass ihre intimen Daten gut geschützt sind. Sichert Mehraufwand die Daten? Doktor Stratmann und sein Team in der Hausarztpraxis in Ostwestfalen werden also in Zukunft mehr dokumentieren, und die Patienten besser darüber aufklären müssen, was mit ihren Daten geschieht. Ob der Mehraufwand die Daten der Kunden tatsächlich sicherer machen, muss sich für den Arzt erst noch beweisen.
/inland/datenschutz-hausarztpraxis-101.html
2018-05-01
Trump schimpft - Altmaier mahnt
Handelsstreit
US-Präsident Trump hat erneut deutsche Autohersteller ins Visier genommen. Wirtschaftsminister Altmaier wies die Vorwürfe im ARD-Morgenmagazin scharf zurück. Doch Trumps Kritik betrifft nicht nur die Handelsbeziehungen. mehr
US-Präsident Trump hat erneut deutsche Autohersteller ins Visier genommen. Wirtschaftsminister Altmaier wies die Vorwürfe im ARD-Morgenmagazin scharf zurück. Doch Trumps Kritik betrifft nicht nur die Handelsbeziehungen. US-Präsident Donald Trump hat erneut die Handelspolitik der EU kritisiert und besonders deutsche Autohersteller ins Visier genommen. "Für uns ist es sehr schwierig, Autos in der Europäischen Union zu verkaufen", sagte Trump am Rande eines Treffens mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Umgekehrt gebe es einen Strom von Fahrzeugen etwa von Daimler und BMW in die USA. Dabei würden keine Schranken gelten. "Deutschland schüttet unser Land mit ihren Mercedes- und BMW-Fahrzeugen zu", sagte er. "Das wird so nicht weitergehen." Im derzeit angespannten Verhältnis Europas zu den USA hat Wirtschaftsminister Altmaier zur Besonnenheit gemahnt. Im ARD-Morgenmagazin sagte er, es sei ihm wichtig, nicht an mehreren Fronten einen völlig ungeplanten und unstrukturierten Wettlauf um höhere Zölle, höhere Sanktionen und gegenseitiges Misstrauen hineinlaufen. Der freie Welthandel habe vom Abbau von Zöllen profitiert. Dies sei Millionen von Menschen zu Gute gekommen. "Wir Europäer müssen für unsere Interessen kämpfen" Zugleich betonte er seine Entschlossenheit, für europäische Belange zu streiten. "Wenn die USA sagen 'America first', dann müssen sie damit rechnen, dass wir Europäer unsere Interessen auch definieren und für unsere Wirtschaftsinteressen kämpfen." Unterdessen äußerte sich ein ranghoher Wirtschaftsberater des US-Präsidenten zuversichtlich über die Einigungschancen im Handelsstreit mit der EU. "Nach allem, was ich von meinen Kollegen höre, sind wir sehr hoffnungsvoll, die Verhandlungen mit Europa erfolgreich abzuschließen", sagte der Vorsitzende des Rats der Wirtschaftsberater im Präsidialamt, Kevin Hassett, dem "Handelsblatt". "Ich sehe keinen Handelskrieg." EU plant Gegenmaßnahmen Wegen der Handelspolitik ist das Verhältnis zwischen den USA und den 28 EU-Staaten belastet. So forderten der französische Präsident Emmanuel Macron und Kanzlerin Angela Merkel zuletzt bei einem Gipfeltreffen in Sofia, dass US-Zölle auf Stahl und Aluminium für die EU ohne Bedingungen gestrichen werden müsse. Am 1. Juni läuft die von den USA verlängerte Frist für die Ausnahme der EU von den Zöllen aus. Sollten die Verhandlungen bis dahin erfolglos bleiben und die Zölle in Kraft treten, will die EU umgehend ausgewählte US-Unternehmen mit Gegenmaßnahmen belegen. "Zu geringe Militärausgaben" US-Präsident Trump warf Deutschland außerdem zu geringe Militärausgaben vor. Der NATO-Partner Deutschland kaufe von Russland Gas im Wert von Milliarden Dollar, gebe aber nicht genug für seine Streitkräfte aus, sagte er. Deutschland profitiere viel mehr von der NATO, als es zur Allianz beitrage, so Trump. Der US-Präsident bezog sich damit auf das NATO-Ziel, wonach alle Mitgliedsländer des Verteidigungsbündnisses zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für das Militär ausgeben sollten. Deutschland soll nächstes Jahr voraussichtlich 1,3 Prozent erreichen. Stoltenberg stimmte Trumps Analyse zu. "Wir müssen mehr tun", sagte er. Trumps Druck habe immerhin dazu geführt, dass inzwischen alle Mitgliedstaaten ihre Ausgaben erhöhten. Trump erklärte, das Bündnis müsse in dieser Frage zusammenstehen.
/ausland/trump-kritik-103.html
2018-05-01
Was steht drin - und was nicht?
Bayerisches Polizeigesetz
Heute tritt in Bayern das neue Polizeigesetz in Kraft. Kritiker drohen mit einer Verfassungsbeschwerde. Sie meinen: Die Polizei darf viel zu früh aktiv werden. Was im Gesetz steht, erklärt Claudia Kornmeier. mehr
Heute tritt in Bayern das neue Polizeigesetz in Kraft. Kritiker drohen mit einer Verfassungsbeschwerde. Sie meinen: Die Polizei darf viel zu früh aktiv werden. tagesschau.de erklärt, was genau im Gesetz steht. Um welche Arbeit der Polizei geht es? Es geht um die vorbeugende Abwehr von Straftaten. Die Arbeit der Beamten als Ermittler im Rahmen der Strafverfolgung wird woanders geregelt - in der Strafprozessordnung, einem Bundesgesetz. Wann darf die Polizei nach dem neuen Gesetz einschreiten? Früher als bisher - nämlich dann, wenn eine Gefahr droht. Das heißt, die Beamten dürfen eingreifen, wenn sie nachweisen können, dass erhebliche Angriffe auf das Leben oder die Gesundheit von Menschen zu erwarten sind - ohne, dass sie genau wissen, wann und wo das passieren soll. Hinweise können das individuelle Verhalten einer Person oder bestimmte Vorbereitungshandlungen geben. Bisher war im Polizeirecht festgelegt, dass es eine "konkrete Gefahr" geben muss, damit die Polizei einschreiten darf. Das heißt, es musste konkrete Anhaltspunkte für Ort und Zeit einer bevorstehenden Tat geben. Eingeführt hatte Bayern die Kategorie der "drohenden Gefahr" bereits im Sommer 2017. Die aktuelle Reform weitet sie aber auf mehr Polizeibefugnisse aus. Warum soll die Polizei schon so früh einschreiten dürfen? Attentate sollen so möglichst schon in der Vorbereitungsphase vereitelt werden. Ein Beispiel: Ein Islamist kehrt von einem Terrorausbildungslager im Ausland nach Deutschland zurück. Über konkrete Anschlagspläne gibt es noch keine Informationen. Die Polizei darf trotzdem tätig werden, weil das "individuelle Verhalten" der Person "die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet", dass etwas passieren könnte. Oder: Ein Islamist kauft für den Bombenbau ein. Hier könnten die Vorbereitungshandlungen den Schluss zulassen, dass es zu einem Anschlag kommt. Auch das könnte eine drohende Gefahr sein, die die Polizei zum Einschreiten berechtigt. Darf die Polizei also nur zur Terrorabwehr so früh tätig werden? Nein. Die neuen Möglichkeiten der bayerischen Beamten sind nicht auf die Terrorabwehr beschränkt. Das Innenministerium nennt folgendes Beispiel: Ein gekränkter Ehemann taucht unter und kündigt an, seine Frau töten zu wollen. Selbst wenn die Beamten noch nicht genau wissen, was er plant, dürfen sie tätig werden. Was wird daran kritisiert? Die Polizeiarbeit verschiebe sich zu weit nach vorne - in einen Bereich, in dem die Beamten früher nur zu sogenannter Gefahrerforschung und damit zu weniger eingreifenden Maßnahmen berechtigt waren. Kritiker meinen außerdem, zu bestimmen wann eine drohende Gefahr vorliege, werde in der Praxis zu "maximaler Überforderung" führen. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte hat bereits angekündigt, Verfassungsbeschwerden gegen das Gesetz koordinieren zu wollen. Könnte das Bundesverfassungsgericht ein Problem für Bayern werden? Die Kategorie der "drohenden Gefahr" tauchte bereits in einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2016 auf. Die Karlsruher Richter erklärten damals neue Befugnisse für das Bundeskriminalamt (BKA) zur Terrorbekämpfung teilweise für verfassungswidrig, weil sie ihnen zu weit gingen. Sie stellten dabei klar: Damit die Beamten eingreifen dürfen, müsse entweder ein wenigstens seiner Art nach konkretisiertes und absehbares Geschehen erkennbar sein. Oder: Das individuelle Verhalten einer Person müsse die konkrete Wahrscheinlichkeit begründen, dass diese in überschaubarer Zukunft terroristische Straftaten begeht. An dieser Formulierung orientiert sich nun die Definition der "drohenden Gefahr" im bayerischen Polizeigesetz. Hat Bayern also nur die Vorgaben aus Karlsruhe übernommen? Einen Unterschied gibt es auf jeden Fall: Im BKA-Urteil des Bundesverfassungsgerichts ging es nur um Terrorabwehr, das bayerische Polizeigesetz geht darüber hinaus. Kritisiert wird auch eine ausufernde Präventivhaft. Was ist daran neu? Die Polizei kann Menschen unter bestimmten Voraussetzungen in Gewahrsam nehmen. Allerdings muss über die Fortdauer der Freiheitsentziehung unverzüglich ein Richter entscheiden. Spätestens alle drei Monate muss der Richter erneut prüfen, ob von dem Menschen noch eine Gefahr ausgeht, die den Gewahrsam rechtfertigt. Eine Höchstdauer für eine solche Freiheitszentziehung gibt es schon seit der jüngsten Reform im vergangenen Sommer nicht mehr.
/inland/polizeigesetz-113.html
2018-05-01
Mit welchen Folgen müssen Eltern rechnen?
Schulschwänzen vor Ferienbeginn
Mit den Kindern in den Urlaub fliegen, obwohl die Ferien noch nicht begonnen haben - zumindest einige Eltern tun das, um die Reisekosten zu drücken. Welche Folgen hat das unerlaubte Fehlen? Fragen und Antworten von M. Nielsen.
Mit den Kindern in den Urlaub fliegen, obwohl die Ferien noch nicht begonnen haben - zumindest einige Eltern tun das, um die Reisekosten zu drücken. Welche Folgen hat das unerlaubte Fehlen? Schulpflichtige Kinder steigen mit ihren Eltern während der Unterrichtszeit in den Ferienflieger, und in Bayern startet die Polizei eine Razzia dagegen. Warum eigentlich - sind die Fälle so zahlreich geworden? Das lässt sich schwer nachprüfen, weil es keine Meldepflicht für unerlaubtes Fehlen um die Ferienzeit herum gibt. Die Fehlzeiten werden von den betreffenden Schulen festgehalten, müssen aber an keine Behörde weitergeleitet werden. Nach Einschätzung von Daniel Kölle, Pressesprecher des Bildungsministeriums in Nordrhein-Westfalen gab es dieses Phänomen schon immer. Auch das Kultusministerium in Bayern will nicht von einem Trend sprechen. "Die Zahlen werden nicht zentral erfasst", erklärte Pressesprecherin Julia Graf. Warum hat die Polizei in Bayern dann eine Razzia an Flughäfen durchgeführt, um Schulschwänzer zu schnappen? Haben die nichts Besseres zu tun? Die Polizei ist eingeschritten, weil die Verletzung der Schulpflicht kein Kavaliersdelikt ist. Laut Handbuch der Kultusministerkonferenz für Schulrecht muss Schulschwänzen Folgen haben, "selbst wenn Schüler nur an einem Tag den Unterricht unentschuldigt versäumen , (...) kurz vor oder nach den Schulferien, wegen eines vorteilhaften Pauschalangebots der Reiseveranstalter für die Urlaubsreise der Familie." Wie genau die Folgen für Schüler und Eltern aussehen, ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich. In welchen Fällen können Eltern ihren Nachwuchs unbedenklich vom Unterricht befreien? Erstens im Krankheitsfall. Dann benötigt die Schule aber ein ärztliches Attest - und die Eltern einen wirklich guten Grund, zum Beispiel bei medizinischen Sonderfällen. Zweitens können Kinder dem Unterricht bei familiären Anlässen fernbleiben. Das wären dann etwa Hochzeiten, Todesfälle und religiöse Festivitäten. In dem Fall müssen die Eltern bei der Schule einen formlosen Antrag stellen. Drittens können schulpflichtige Kinder und Jugendliche vom Unterricht befreit werden, um an künstlerischen oder Sportwettbewerben teilzunehmen. Auch hierfür müssen die Eltern einen formlosen Antrag stellen. Wer bewilligt diese Anträge? Die Anträge bewilligen in der Regel die Klassenlehrer. In Zweifelsfällen leiten die Klassenlehrer die Anträge an die Schulleitung weiter. Welche Konsequenzen müssen Eltern fürchten, die mit ihren Kindern ohne ärztliches Attest oder ohne bewilligten Antrag außerhalb der Ferienzeiten verreisen? Auch das ist je nach Bundesland und Fall unterschiedlich. Grundsätzlich begehen Eltern, die ihre Kinder unerlaubt vom Unterricht entfernen, eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann. In Nordrhein-Westfalen etwa beträgt die maximale Höhe einer solchen Geldbuße 5000 Euro. In Baden-Württemberg die Schule zu schwänzen, ist da vergleichsweise günstiger: Dort beträgt die Geldbuße maximal 1000 Euro. In besonders schweren Fällen kann die Schule den Fall auch der Schulaufsichtsbehörde, dem Jugendamt oder der Polizeibehörde melden. Was können Eltern tun, wenn sie den Bußgeldbescheid erhalten haben? Sie können innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung bei der Behörde Einspruch einlegen. Nimmt die Behörde den Bescheid nicht zurück, entscheidet das Amtsgericht. Bei Jugendlichen und Heranwachsenden entscheidet der Jugendrichter. Können Schulpflichtverstöße auch strafrechtlich verfolgt werden? In besonders schweren Fällen ja, und zwar in folgenden Bundesländern: Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und dem Saarland. Dort kommt sogar eine Bestrafung des Schulpflichtigen selbst in Betracht - eine umstrittene Maßnahme; schließlich kann der Schüler dann ja erst recht nicht mehr zum Unterricht erscheinen. Wie sieht die Strafverfolgung in diesen Bundesländern konkret aus? Zunächst einmal setzt sie einen Antrag der Schulbehörde voraus. Das Gericht kann dann - auf Antrag der Staatsanwaltschaft - durch Strafbefehl eine Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen und durch Urteil am Schluss der Hauptverhandlung sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten aussprechen. Können schulpflichtige Kinder auf dem Weg in die unerlaubt frühen Schulferien auch gezwungen werden, in die Schule zurückzukehren? Ja, das ist möglich. Zwang darf aber erst angewendet werden, wenn auf die betreffenden Schüler und ihre Eltern nicht mehr durch Argumente eingewirkt werden kann. Dafür müsste sich die Schule beim zuständigen Jugendamt absichern. Die Maßnahme selbst wird dann von der zuständigen Polizeibehörde durchgeführt. Warum eigentlich hat Bayern die Polizei an die Flughäfen geschickt? Die Bundespolizei kontrolliert doch sowieso die Ausweise der schulpflichtigen Kinder. Ja, aber sofern die schulpflichtigen Kinder im Beisein ihrer Eltern vor Ferienbeginn Deutschland verlassen möchten, besteht für die Bundespolizei keine rechtliche Möglichkeit, die Ausreise nach den Bestimmungen des Passgesetzes zu untersagen. Einzige Ausnahme: Im Falle von alleinreisenden Minderjährigen. Da vergewissern sich die Grenzbehörden, dass diese das Bundesgebiet nicht gegen den Willen und ohne Wissen der Sorgeberechtigten verlassen wollen. Sollten die Eltern von der beabsichtigten Ausreise ihres Nachwuchses nichts gewusst haben, werden die Ausflügler nach den Bestimmungen des Bundespolizeigesetzes vorläufig in Obhut genommen.
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2018-05-01
Russische Zweifel
Bericht zu MH17-Abschuss
Russland hat mit Skepsis auf den Bericht des internationalen Ermittlerteams zu MH17 reagiert. In Staatsmedien wird die Arbeit angezweifelt. Welche Vorwürfe erhoben werden, erklären Patrick Gensing und Demian von Osten.
Russland hat mit Skepsis auf den Bericht des internationalen Ermittlerteams zu MH17 reagiert. In Staatsmedien wird die Arbeit angezweifelt. Vier Jahre nach dem Abschuss des Passagierflugs MH17 über der Ostukraine konzentrieren sich die Ermittlungen auf das russische Militär. Die Rakete, mit der die Boeing abgeschossen worden war, stammte nach Angaben des internationalen Ermittlerteams JIT von der russischen Armee. https://twitter.com/JITMH17/status/999596377310101504 "Das Flugabwehrsystem vom Typ Buk gehörte zu Beständen der 53. Flugabwehr-Brigade der Russischen Föderation, stationiert in Kursk", sagte der niederländische Chefermittler. Fotos, Videos und Zeugenaussagen würden das belegen. Der Kreis der Verdächtigen habe sich von ursprünglich etwa 100 auf ein paar Dutzend reduziert, sagte der leitende Staatsanwalt Fred Westerbeke. Die Recherche-Plattform "Bellingcat" präsentierte zudem Hinweise, wonach ein hoher russischer Geheimdienstler an der Operation beteiligt gewesen sein soll. Augenzeugen nicht berücksichtigt? In russischen Staatsmedien werden die Ergebnisse der Untersuchungen hingegen bezweifelt. RT Deutsch behauptet, das Ermittlerteam hätte Berichte von Augenzeugen nicht berücksichtigt. Diese Zeugen hätten ausgesagt, dass die Rakete aus einem von der Ukraine kontrollierten Gebiet abgefeuert worden sei. Bereits für seinen Zwischenbericht am 28. September 2016 hatte das JIT nach eigenen Angaben verschiedene mögliche Abschussstellen der Buk-Rakete untersucht. Darunter waren zwei Orte in der Nähe des ukrainischen Dorfes Zaroshchenskoye, die von Moskau als mögliche Abschussorte genannt wurden und zu dieser Zeit unter Kontrolle des ukrainischen Militärs gewesen sein sollen. https://www.youtube.com/watch?v=Sf6gJ8NDhYA Allerdings habe sich durch Analysen von Audio-, Video- und Fotomaterial, Bodenproben und Zeugenaussagen für die Ermittler herausgestellt, dass dies nicht der Abschussort gewesen sein könne. Zudem befanden sich demnach diese Orte zu dem betreffenden Zeitpunkt unter Kontrolle von prorussischen Kämpfern. RT beklagt Ungenauigkeit Zudem, so schreibt RT Deutsch, hätten sich die Ermittler unter anderem auf Recherchen von "Bellingcat" bezogen. Dabei hätten "‘Anti-Bellingcat’-Aktivisten, darunter Luftfahrtexperten, russische Blogger, Journalisten und Freiwillige auf erhebliche Mängel und Ungenauigkeiten in der Bellingcat-Version der Tragödie hingewiesen". Eine solche Ungenauigkeit beziehe sich auf die Behauptung, dass das Buk-Raketensystem über die russisch-ukrainische Grenze zu dem Ort transportiert worden sei, an dem die Rakete angeblich abgefeuert worden sei. Der Bellingcat-Bericht verwendet laut RT Deutsch Bilder und Daten von Buk-Systemen auf beiden Seiten der Grenze und behauptet, es handele sich jeweils um dasselbe. Allerdings hätten die Aktivisten bemerkt, dass die in Russland entdeckte Ausführung eine andere Variante darstellte. Dem widerspricht das Joint Investigation Team in einem detaillierten Video: Darin kommen die Ermittler zu dem Schluss, dass zahlreiche Merkmale auf beiden Seiten des Buk-Raketenwerfers eine Art "Fingerabdruck" erzeugten, der diesen Buk-Raketenwerfer eindeutig unterscheidbar mache von anderen, darunter ein Kreuz, ein Kreis, eine Transportmarkierung, ein weißer Fleck und die Reste einer abgeblätterten Fahrzeugnummer. https://www.youtube.com/watch?v=rhyd875Qtlg Die Ermittler argumentieren, dass der Nachweis aller dieser Elemente auf den Fotos und Videos sowohl aus Russland als auch aus der Ostukraine belege, dass es sich um ein und dasselbe Buk-System handeln müsse. Die Ermittler seien sich sicher, dass diese Argumentation vor Gericht bestand habe. Moskau verweist auf Radardaten RT Deutsch weist zudem auf Aussagen des russischen Außenministers Sergej Lawrow hin. Dieser hatte im vergangenen Monat Radar-Standortdaten angeführt, "die nicht gefälscht oder verändert werden können" und die "deutlich" zeigen, dass die Rakete nicht aus der von den Ermittlern behaupteten Richtung kommen konnte. Die angebotenen Daten habe das multinationale Ermittlerteam jedoch nur selektiv akzeptiert, sagte Lawrow. Das Joint Investigation Team bestätigte bereits im September 2016, dass es Radardaten auch von der Russischen Föderation erhalten habe. Das JIT betonte damals, es habe "ausreichende und wichtige Radarbilder" ausgewertet, die sowohl von der Ukraine als auch von Russland zur Verfügung gestellt worden waren. Durch intensive Recherchen habe man eine weitere Videodatei mit relevanten Primärradardaten des Gebietes gefunden, die von einem mobilen Radar in der Ukraine aufgezeichnet worden waren. Das Material sei "mehr als ausreichend", um Schlussfolgerungen im Rahmen der strafrechtlichen Ermittlungen zu ziehen. Zusätzlich bestätigten Fluglotsen, die damals gearbeitet hatten, demnach die Ergebnisse: Das JIT habe eine Audiodatei der Gespräche zwischen den ukrainischen Fluglotsen und den Flugzeugen, die am 17. Juli 2014 den ukrainischen Luftraum passierten, einschließlich des Fluges MH17. Im April 2018 teilte das JIT darüber hinaus mit, dass es zwei unabhängige Experten beauftragt habe, die von Russland zur Verfügung gestellten Radardaten zu untersuchen. Demnach muss die Buk-Rakete auf den Radardaten nicht zu sehen sein. Laut den vom JIT befragten Experten könne dies unter anderem an der hohen Geschwindigkeit liegen, mit der Buk-Raketen fliegen. Zivile Radarsysteme seien so eingestellt, dass "solche schnell fliegenden Objekte auf Radarbildern generell nicht sichtbar seien". Ein "Bellingcat"-Reporter wies auf Twitter zudem darauf hin, dass Russland im Laufe der Zeit sich widersprechende Daten präsentiert habe. So seien auf den Radardaten unterschiedliche Flugbahnen von MH17 ausgewiesen gewesen. https://twitter.com/AricToler/status/999701860385779712 Ermittler konnten US-Daten einsehen Der russische staatliche Fernsehkanal "Rossija 1" verbreitete am Donnerstag in einem Bericht erneut den Vorwurf, dass die USA Satellitenbilder vom Tag des Abschusses nicht veröffentlichen würden. Laut dem "Rossija 1"-Reporter lässt dies nur den Schluss zu, dass die USA eindeutige Beweise dafür hätten, dass die Ukraine hinter der Katastrophe stecke. Tatsächlich haben die USA keine Satellitenbilder veröffentlicht. Zur Begründung sagte der damalige US-Botschafter in Kiew, Geoffrey R. Pyatt, 2015 in einem ARD-Interview: "Es handelt sich um Geheimdienstinformationen und die USA veröffentlichen niemals Geheimdienstinformationen." Der niederländische Chefermittler Fred Westerbeke bestätigte 2017 in einem Interview mit der russischen Zeitung "Nowaya Gaseta", dass das Ermittlerteam über diese Daten verfüge. "Ein Mitarbeiter meiner Abteilung, der die Genehmigung für die Bearbeitung von Geheimdienstpapieren mit den Stempeln 'Streng geheim' und 'Nationale Sicherheit' besitzt, hat Satellitendaten im Besitz der USA gesehen und untersucht." Niederlande machen Moskau verantwortlich Neben den Zweifeln an den Ermittlungen erhob das russische Außenministerium den Vorwurf, Russland solle international diskreditiert werden. Präsident Wladimir Putin kündigte an, man werde die Ergebnisse der Ermittler analysieren. Die Niederlande und Australien machten unterdessen Russland offiziell für den Abschuss verantwortlich. Der niederländische Außenminister Stef Blok sagte, Moskau sei von seinem Land und Australien gebeten worden, Gespräche über eine Lösung der Situation aufzunehmen.
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2018-05-01
Hat die AfD-Klage Aussicht auf Erfolg?
Streit um Flüchtlingspolitik
Die AfD will vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung klagen. Doch zunächstmal muss die Klage überhaupt zugelassen werden. Fragen und Antworten von Sandra Stalinski. mehr
Die AfD will vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung klagen. Doch zunächstmal muss die Klage überhaupt zugelassen werden. tagesschau.de mit Fragen und Antworten. Was ist eine Organklage? Streiten sich oberste Bundesorgane über ihre Rechte und Pflichten aus dem Grundgesetz, können sie das Bundesverfassungsgericht anrufen. Antragssteller können die obersten Bundesorgane sein, wie zum Beispiel der Bundespräsident, aber auch die Bundesversammlung, der Bundeskanzler oder die Bundesminister. Auch die Fraktionen können in Karlsruhe nicht nur eigene, innerparlamentarische Rechte geltend machen, sondern auch die verfassungsmäßigen Rechte des Bundestages. Und zwar auch gegen den Willen der parlamentarischen Mehrheit. Genau das versucht jetzt die AfD: Sie macht als Fraktion eine Verletzung der Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages geltend. Antragsgegner ist die Bundesregierung. Ihrer Ansicht nach hätte diese den Bundestag bei der Entscheidung im Rahmen der Einwanderungspolitik beteiligen müssen. Warum will die AfD die Bundesregierung verklagen? Die AfD ist der Ansicht, dass die Bundesregierung, in Person von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Mitwirkungsrechte des Bundestages verletzt hat, indem sie im Herbst 2015 quasi eine Grenzöffnung zu Österreich entschied. Daraufhin kamen in kurzer Zeit Hunderttausende Flüchtlinge nach Deutschland. Damit habe die Bundesregierung sich über geltendes Recht hinweggesetzt - sagt die AfD. Für eine so weitreichende Entscheidung, die auch heute noch anhalte, so die Argumentation der Partei, hätte der Gesetzgeber, also der Bundestag mit einbezogen werden müssen beziehungsweise müsste auch die gängige Praxis billigen. Es geht bei dem Klageantrag formal aber nicht um die Frage, ob die Bundesregierung damals Recht gebrochen hat, sondern darum, ob sie die Rechte des Bundestages bei ihrer Entscheidung verletzt hat. Hat die Klage Aussicht auf Erfolg? Zunächst gibt es eine formale Hürde für die AfD-Fraktion. Die Entscheidung der Bundesregierung stammt aus dem Jahr 2015, zu diesem Zeitpunkt war die AfD noch gar nicht im Bundestag vertreten. Die Frage ist also zunächst einmal, ob die AfD-Fraktion stellvertretend für den gesamten Bundestag eine Rechtsverletzung geltend machen kann, obwohl sie damals noch gar nicht im Parlament war. "Es wird spannend werden, wie das Bundesverfassungsgericht mit diesem prozessualen Problem umgeht", sagt der Verfassungsrechtler Michael Brenner von der Uni Jena. Die Klage könnte also abgelehnt werden? Ja. Es könnte passieren, dass die Klage aufgrund dieses formalen Arguments gar nicht erst zugelassen wird, so Brenner. Die AfD argumentiert allerdings, dass die Grenzöffnung ja nach wie vor anhalte. Spätestens seit dem 24. Oktober 2017, der konstituierenden Sitzung des Bundestages, sei die AfD also berechtigt zu einer solchen Klage. "Es ist schwer einzuschätzen, wie das Bundesverfassungsgericht sich hier verhält", sagt Brenner. Es sei durchaus möglich, dass es der Auffassung der AfD folgt und die Klage zulässt. Ein gewichtiges Argument dagegen ist aus seiner Sicht aber, dass "das Hauptereignis um das es hier geht, im Jahr 2015 liegt." Bei Zulassung der Klage: Hat die AfD inhaltlich recht? Auch das ist schwer einzuschätzen. Inhaltlich läuft es auf die Frage hinaus, wer ist zuständig für solche weitreichenden Entscheidungen, die Exekutive (Bundesregierung) oder die Legislative (Bundestag)? Hier geht es im Kern um das sogenannte Wesentlichkeitsprinzip. In der Vergangenheit hat das Bundesverfassungsgericht immer gesagt, wesentliche Entscheidungen bedürfen der Billigung des Parlaments. Beispielsweise wenn der Staat wesentlich in Grundrechte eingreift, muss der Gesetzgeber zustimmen. Ein anderes Beispiel wäre, wenn eine Entscheidung wesentliche Konsequenzen für das Gemeinwesen hat. Und genau darauf hebt die AfD in ihrer Klage ab. Kriterien für diese "Wesentlichkeit" können unter anderem Langzeitwirkungen einer Regelung, gravierende finanzielle Auswirkungen und Auswirkungen auf das Gemeinwesen sein. All das führt die AfD in ihrer Argumentation an. Andererseits: Nach der Entscheidung der Bundeskanzlerin im Herbst 2015 gab es eine ganze Reihe von Maßnahmengesetzen, mit denen der Gesetzgeber auf den Zuzug der Flüchtlinge reagiert hat. "Man könnte also auch argumentieren: Der Bundestag hat durch diesen Gesetzgebungsprozess zumindest im Nachhinein die Entscheidung der Bundesregierung akzeptiert und feinjustiert", sagt Brenner von der Uni Jena. Wie geht es jetzt weiter? Der Klageantrag liegt derzeit beim Bundesverfassungsgericht und muss der Bundesregierung (hier Antragsgegerin beziehungsweise Beklagte) zunächst zugestellt werden. Dann muss die Bundesregierung dazu Stellung nehmen und dann wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden, ob es die Klage zulässt und es zur Verhandlung kommt. Wie lange das dauert, ist ungewiss.
/inland/afd-organklage-101.html
2018-05-01
Bremer Ex-Chefin verteidigt ihr Vorgehen
Asyl-Skandal beim BAMF
Jahrelang soll die Bremer BAMF-Außenstelle Asylbescheide unrechtmäßig ausgestellt haben. Nun hat sich die Ex-Leiterin selbst zu der Affäre geäußert - und ihr Verhalten verteidigt. mehr
Jahrelang soll die Bremer BAMF-Außenstelle Asylbescheide unrechtmäßig ausgestellt haben. Nun hat sich die Ex-Leiterin selbst zu der Affäre geäußert - und ihr Verhalten verteidigt. Die ehemalige Leiterin der Bremer BAMF-Außenstelle hat ihr Vorgehen bei der Anerkennung von Asylbewerbern verteidigt. Ihr sei es bei ihrer Arbeit stets darum gegangen, dass Menschen in Not zählten, nicht blanke Zahlen, sagte Ulrike B. der "Bild"-Zeitung. Daher stehe sie zu allem, was sie getan habe. Die Beamtin betonte, niemals Geld angenommen zu haben. Der Vorwurf der Korruption sei daher lächerlich. Die Schuld liege nicht bei ih Im April war bekannt geworden, dass die Bremer BAMF-Außenstelle zwischen 2013 und 2016 in mindestens 1200 Fällen Asylanträge zu Unrecht bewilligt haben soll. Gegen die frühere Leiterin der Behörde und fünf weitere Beschuldigte wird deshalb wegen Bestechlichkeit und bandenmäßiger Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung ermittelt. Ulrike B. übte scharfe Kritik an ihren ehemaligen und amtierenden Vorgesetzten: Sie solle offensichtlich geopfert werden, während in Wahrheit jene schuldig seien, die jetzt mit den Fingern auf sie zeigten. Mit dem Amtsantritt des damaligen BAMF-Chefs Frank-Jürgen Weise sei es in der Asylbehörde nicht mehr um die menschlichen Schicksale gegangen, sondern nur noch um Fallzahlen und Bearbeitungszeiten. Ganzes Ausmaß der Affäre noch nicht aufgedeckt Auf Wunsch der Regierung habe Weise das Amt auf Tempo und Effizienz getrimmt. Dabei hätten alle Beteiligten gewusst, dass die massiv erhöhte Zahl von Anträgen mit dem vorhandenen Personal nicht ordnungsgemäß abgearbeitet werden konnte, sagte B.. Auch Weises Nachfolgerin Jutta Cordt habe diesen Trend nicht verändert, obwohl sie vom Systemversagen gewusst habe. B. sagte weiter, sie gehe davon aus, dass das ganze Ausmaß der Affäre noch gar nicht aufgedeckt sei. Bisher sei allenfalls ein Drittel des Skandals bekannt.
/inland/bamf-chefin-bremen-101.html
2018-05-01
Wie geht es im Fall Puigdemont weiter?
Fragen und Antworten
Zwei Meldungen zum Fall Puigdemont kamen kurz hintereinander: Die Staatsanwaltschaft will die Auslieferung, das Gericht lehnt eine Haft ab. Wie hängt das zusammen? Frank Bräutigam beantwortet diese und weitere Fragen. mehr
Zwei Meldungen zum Fall Puigdemont kamen kurz hintereinander: Die Staatsanwaltschaft will die Auslieferung, das Gericht lehnt eine Haft ab. Wie hängt das zusammen? Frank Bräutigam beantwortet diese und weitere Fragen. Wie ist die Ausgangslage? Das Auslieferungsverfahren besteht - vereinfacht gesagt - aus zwei Teilen. Teil 1 geht um die Frage: Wird ein "Auslieferungshaftbefehl" erlassen? Teil 2 geht dann abschließend um die Frage: Ist die Auslieferung zulässig? Im Verfahren gibt es auf Behördenseite zwei wichtige Akteure. Erstens: Die Generalstaatsanwaltschaft. Sie stellt die Anträge. Zweitens: Das Oberlandesgericht. Es entscheidet über die Anträge. Was ist bislang geschehen? Bislang bewegt sich der Fall komplett in "Teil 1", dem Streit um die Auslieferungshaft. Die Frage: Muss Puigdemont während der Prüfung seiner Auslieferung in Haft sitzen? Voraussetzung dafür sind wiederum zwei Dinge: Die Auslieferung ist nicht "von vornherein unzulässig". Und es besteht Fluchtgefahr. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte Anfang April Auslieferungshaft bei Gericht beantragt. Eine Auslieferung sei wegen des Vorwurfs der Untreue und der Rebellion zulässig. Fluchtgefahr liege vor. Das Oberlandesgericht hatte wenige Tage später zwar einen Auslieferungshaftbefehl erlassen, allerdings mit zwei wichtigen Einschränkungen: Er basiert nur auf dem Vorwurf der Untreue, nicht auf dem der Rebellion. Und: Die Haft wird - unter anderem gegen Meldeauflagen - "außer Vollzug gesetzt". Carles Puigdemont kam daher auf freien Fuß. Entscheidet die deutsche Justiz, ob sich Puigdemont in Spanien strafbar gemacht hat? Nein. Zur Einordnung des Falles ist wichtig: Die deutsche Justiz entscheidet nicht darüber, ob sich Puigdemont in Spanien strafbar gemacht hat. Dafür ist sie nicht zuständig. Das ist allein Sache der spanischen Justiz. Das Auslieferungsverfahren dreht sich um etwas anderes. Worüber wird in Sachen Auslieferung gestritten? In "Teil 1" (Haftbefehl) geht es zwar nur um eine vorläufige Bewertung, aber auch schon um den inhaltlichen Kern der Sache. Voraussetzung für eine Auslieferung nach einem EU-Haftbefehl ist: Was dem Betroffenen im Ausland vorgeworfen wird, das muss auch nach deutschem Recht strafbar sein. Nur dann ist eine Auslieferung zulässig. Es geht also um eine Art "Vergleichbarkeit" der Rechtsordnungen, bezogen auf den konkreten Fall. Die spanische Justiz wirft Puigdemont "Rebellion" vor. Umstritten ist nun im deutschen Verfahren: Wäre das, was Puigdemont in Spanien gemacht hat und was ihm im EU-Haftbefehl vorgeworfen wird, auch nach deutschem Recht strafbar? Wäre das zum Beispiel "Hochverrat" (§ 81 Strafgesetzbuch)? Für diese Beurteilung ist wichtig, welches Maß an "Gewalt" erforderlich ist und angewendet wurde. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte zum Vorwurf "Rebellion" gesagt: Ja, auch nach deutschem Recht wäre Puigdemonts Verhalten strafbar. Das Oberlandesgericht entgegnete: Nein, sein Verhalten wäre beim Vorwurf "Rebellion" nach deutschem Recht nicht strafbar, weil "Hochverrat" ein Ausmaß an Gewalt fordere, das im konkreten Fall nicht vorgelegen habe. Beim schwächeren Vorwurf der "Untreue" seien die Vorwürfe nach beiden Rechtsordnungen strafbar. Insoweit sei die Auslieferung zulässig. Was wurde heute genau entschieden? In der Zwischenzeit haben die spanischen Behörden der Generalstaatsanwaltschaft neues Beweismaterial geliefert, zum Beispiel Videos von den Ausschreitungen in Katalonien. Auf dieser Basis hat die Behörde nun einen erneuten Versuch gestartet, Puigdemont in Untersuchungshaft zu bringen und am 9. Mai 2018 einen entsprechenden Antrag gestellt. Das Argument: Die Videos zeigten ein solches Ausmaß an Ausschreitungen gegenüber den spanischen Polizeikräften, dass dies auch nach deutschem Recht strafbar sei. Und zwar nicht nur wegen "Hochverrats", sondern jedenfalls auch wegen "Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall". Wegen dieser schweren Vorwürfe bestehe auch wieder Fluchtgefahr. Das Oberlandesgericht hat den neuen Antrag aber heute abgelehnt. Es sieht "aufgrund der vorgelegten Informationen keine erhöhte Fluchtgefahr". Der Haftbefehl bleibt "außer Vollzug", Puigdemont gegen Auflagen auf freiem Fuß. Es bleibt vorerst alles beim Alten. Warum hat der Streit Auswirkungen? Der Streit um die Strafbarkeit nach deutschem Recht ist keine bloße "Wortklauberei", sondern hat je nach Ergebnis konkrete Auswirkungen. Denn wenn Deutschland Puigdemont am Ende nur wegen des Vorwurfs der Untreue ausliefern würde, und nicht wegen Rebellion, dann dürfte er in Spanien nur noch wegen Untreue verurteilt werden. Das wäre ein riesiger Unterschied in der Strafe. Aber so weit ist das Auslieferungsverfahren in Deutschland noch nicht. Wie geht es weiter? Alle bisherigen Schritte haben sich in "Teil 1" bewegt, der Entscheidung über Auslieferungshaft ja oder nein. "Teil 2" des Verfahrens steht noch aus. Die Generalstaatsanwaltschaft bereitet gerade den Antrag ans Gericht vor, die Auslieferung für zulässig zu erklären, teilte sie heute mit. Darin wird dann das neue Material aus Spanien sicher erneut vorkommen. Auf diesen Antrag hin wird dann das Oberlandesgericht entscheiden, ob und wegen welcher Vorwürfe die Auslieferung Puigdemonts nach Spanien zulässig ist. Gegen diese Entscheidung könnte Puigdemont dann noch vors Bundesverfassungsgericht ziehen.
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2018-05-01
Die Reifeprüfung beginnt
EU-Datenschutz-Verordnung
Die Übergangsphase ist vorbei, jetzt kommen die neuen EU-Datenschutz-Regeln voll zur Anwendung. Sie geben Verbrauchern neue Rechte. Und doch herrscht eine große Verunsicherung. Von Christian Feld. mehr
Die Übergangsphase ist vorbei, jetzt kommen die neuen EU-Datenschutz-Regeln voll zur Anwendung. Sie geben Verbrauchern neue Rechte. Und doch herrscht eine große Verunsicherung. Die Macher und Befürworter werden nicht müde, die Vorteile der Datenschutzverordnung zu betonen: ein EU-Gesetz, das Verbrauchern bessere Kontrolle über ihre persönlichen Informationen geben soll. Verstöße sollen konsequenter geahndet werden, mögliche hohe Geldbußen sollen abschreckend wirken. Vom Meilenstein mit weltweiter Strahlkraft ist die Rede, sogar von einer Blaupause in Sachen Datenschutz. Doch die Verordnung hat ihre Reifeprüfung noch vor sich. Handwerklich schlecht gemacht? DSGVO - zurzeit sorgen diese fünf Buchstaben für viel Verunsicherung. Reibungslos und unkompliziert ist die Umstellung auf das neue Gesetzeswerk sicher nicht - trotz zweijähriger Übergangsfrist. Kritiker bemängeln schwammige Formulierungen, Unklarheiten und ausladende bürokratische Pflichten. Je näher der Zeitpunkt rückte, an dem die neuen Spielregeln voll zur Anwendung kommen, desto bewusster wurde vielen, dass sie eben noch nicht ausreichend vorbereitet sind. Hinter vorgehaltener Hand heißt es bei vielen Behörden und Betrieben: "Das haben wir lange verdrängt." Umso hektischer sind jetzt die Aktivitäten auf der Zielgeraden und umso begehrter sind die Fachleute, die ihr Geld mit entsprechender Beratung verdienen. Ausreichend vorbereitet? Haben Regierung und Wirtschaftsverbände wirklich genug getan, um vor allem kleinen Unternehmen frühzeitig zu helfen, sich auf dieses komplexe Gesetzeswerk vorzubereiten? Denn gerade sie können sich teure Anwaltskanzleien nicht leisten. Hätte man Vereine und Blog-Betreiber besser informieren und unterstützen können? Die Verunsicherung ist real und hat Konsequenzen. Dass der lokale TV-Sender WRAL in Raleigh, North Carolina, seine Internetseiten für User aus der EU erstmal blockt, werden die meisten verschmerzen. Wenn aber eine kleine Internet-Zeitung im Münsterland offline geht, ist das sicher nicht im Sinne des Erfinders. Auch wenn es nicht unbedingt Hexenwerk ist, eine Webseite an die Verordnung anzupassen, es ist Arbeit. Und die ehrenamtlichen Macher haben Angst, am Ende doch Fehler zu machen. Sie wollen das Risiko einer Strafe oder Abmahnung nicht eingehen. Unsicherheiten nicht ungewöhnlich ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam sagt: "So aufreibend das für viele Menschen gerade ist - bei einem so großen Gesetzesprojekt ist es nichts Ungewöhnliches, dass es zum Start Unklarheiten und Unsicherheiten gibt. Es folgt dann immer eine Art zweite Phase, in der Gerichte und Behörden das Gesetz auslegen und konkretisieren." Er verweist auf das neue Kaufrecht für Verbraucher, das 2002 eingeführt wurde und mittlerweile Normalität sei. "Natürlich ist die DSGVO nicht perfekt", gibt selbst der grüne EU-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht zu. Er ist einer, der maßgeblich dafür gesorgt hat, dass die Datenschutzgrundverordnung so ist, wie sie ist. Albrecht ist aber überzeugt, dass Europa den globalen Standard beim Datenschutz setzt. 25. Mai 2018. Der Stichtag ist gekommen. Die Flut mit Info-Mails wird stoppen. Gut möglich, dass die aktuelle Angst vor Geldbußen oder Abmahnungen im großen Stil unbegründet ist. Es bleiben offene Fragen: Was wird aus den großen Erwartungen einerseits und Horrorszenarien andererseits? Wie werden Gerichte den Gesetzestext auslegen? Werden wir Verbraucher unsere neuen Rechte überhaupt nutzen? Auf Antworten werden wir eine Weile warten müssen. Immerhin: Die Zeit der Reifeprüfung für die Datenschutz-Verordnung beginnt.
/inland/eu-datenschutz-109.html
2018-05-01
Peinlich für die EU
Facebook-Chef vor EU-Parlament
"Grillen" wollten die Abgeordneten Mark Zuckerberg bei der Befragung im EU-Parlament. Doch die Anhörung geriet zur Farce. Obwohl die Politiker gut vorbereitet waren, steht die EU nun blamiert da. Von Dennis Horn.
"Grillen" wollten die Abgeordneten Mark Zuckerberg bei der Befragung im EU-Parlament. Doch die Anhörung geriet zur Farce. Obwohl die Politiker gut vorbereitet waren, steht die EU nun blamiert da. Von Dennis Horn, WDR Der Weg zu einer öffentlichen Anhörung mit Mark Zuckerberg war lang: Erst wollte der Facebook-Chef einen Vertreter nach Brüssel schicken. Dann versuchte Facebook offenbar, Parlamentspräsident Antonio Tajani eine Befragung hinter verschlossenen Türen zu diktieren. Erst, nachdem verschiedene Fraktionen damit drohten, den Termin zu boykottieren, einigten sich Zuckerberg und Tajani auf eine öffentliche Anhörung. 62 Minuten Fragen, 23 Minuten Antworten Wer allerdings die Hoffnung hatte, dabei würde mehr herauskommen als in der zwei Tage langen Anhörung vor dem US-Kongress im April, wurde von dem 90-Minuten-Termin in Brüssel bitter enttäuscht. Das lag auch am Frageformat: Erst benötigten die Fraktionschefs und Abgeordneten des EU-Parlaments ganze 62 Minuten für ihre Fragen. Dann gab Zuckerberg 23 Minuten lang seine Antworten - und beendete seinen Monolog mit dem Verweis, der Termin sei nun schon um eine Viertelstunde überzogen. Laut dem Sprecher der Grünen im EU-Parlament, Sven Giegold, hatte Facebook durchgesetzt, dass Mark Zuckerberg keine Rückfragen beantworten musste. @horn @neuspreeland Alle Fraktionen wollten Frage-Antwort direkt. Wir haben intern die Information bekommen, dass #Facebook genau das nicht wollte und leider diese Zusicherung von @EP_President erhalten hat. Abgeordnete gut vorbereitet und kritisch Dabei gingen die Fragen zum Teil an die Substanz: Die EU-Politiker wirkten angriffslustiger und besser vorbereitet als ihre US-Kollegen. Der belgische liberale Politiker Guy Verhofstadt zum Beispiel fragte explizit nach den sogenannten Schattenprofilen von Menschen, die gar keine Facebook-Mitglieder sind, von denen aber trotzdem Profile gebildet werden. Eine konkrete Antwort darauf gab Zuckerberg allerdings nicht. Der CSU-Politiker Manfred Weber wollte vom Facebook-Chef wissen, ob dieser 2015 persönlich entschieden habe, die vom Datenskandal um Cambridge Analytica betroffenen Nutzer nicht zu informieren - eine Frage, auf die es in den USA noch hieß, Facebook werde die Abläufe recherchieren und die Politiker nach der Befragung darüber informieren. Eine Antwort blieb Zuckerberg auch in Brüssel schuldig. Zuckerberg beendete die Anhörung am Ende einfach selbst Der Grünen-Abgeordnete Jan Albrecht verlangte von Zuckerberg eine Zusicherung, dass die Nutzerdaten von Facebook und WhatsApp nicht zusammengeführt werden. Als Zuckerberg daraufhin die Anhörung mit dem Hinweis, man sei schon 15 Minuten über der Zeit, selbst beendete, hakte Albrecht noch einmal nach. Doch Parlamentspräsident Tajani sprang dem Facebook-Chef bei. Der wiederum versprach, die noch offenen Fragen - wie schon vorher im US-Kongress - schriftlich zu beantworten. Punktsieg für Zuckerberg Für Zuckerberg war die Veranstaltung entspannt: Er konnte in einem langen Statement noch einmal um Entschuldigung für den Datenskandal und den Vertrauensbruch bitten - und im Anschluss erläutern, wie Facebook gedenkt, die Probleme der Plattform mit mehr Angestellten und künstlich intelligenten Systemen in den Griff zu bekommen. Die kritischen Fragen konnte er allerdings fast vollständig umschiffen. Für die Europäische Union dagegen war die Anhörung vor allem peinlich. Seit Wochen weisen EU-Politiker stolz darauf hin, wie man mit der Datenschutz-Grundverordnung nun auch die großen Onlinekonzerne in die Schranken weise. Gleichzeitig lassen sie sich von Facebook angeblich die Bedingungen für eine Anhörung diktieren. Das ist keine gute Antwort auf die Frage, wie mächtig die EU gegenüber dem Silicon Valley tatsächlich ist.
/ausland/zuckerberg-vor-eu-ausschuss-101.html
2018-05-01
EU-Abgeordnete wollen Gipfel mit Trump
Resolution im EU-Parlament
Im EU-Parlament wachsen die Sorgen, dass US-Präsident Trump seine europäischen Partner im Stich lässt. EU-Abgeordnete schlagen nun ein europäisch-amerikanisches Gipfeltreffen vor. Von Kai Küstner.
Im EU-Parlament wachsen die Sorgen, dass US-Präsident Trump seine europäischen Partner im Stich lässt. EU-Abgeordnete schlagen nun ein europäisch-amerikanisches Gipfeltreffen vor. "Der Westen": Das war stets die Kurzformel für "Europa und die USA". Aber gibt es diesen "Westen" seit Donald Trump eigentlich noch? Egal, ob es um das Welt-Klimaabkommen geht, den Iran-Atom-Deal oder auch die Stahlzölle: Die Liste der Streitthemen zwischen den Europäern und dem US-Präsidenten wird immer länger. So bedenklich lang, dass sich auch das EU-Parlament um den Zustand der transatlantischen Beziehungen ernste Sorgen macht. Dort glaubt man, dass "die 'America First'-Politik die Interessen sowohl der EU als auch der USA gefährden wird", wie es in einem Berichtsentwurf heißt, auf den sich im Sommer das Parlament einigen soll und der dem ARD-Studio Brüssel vorliegt. Der Entwurf wurde schon im außenpolitischen Ausschuss beraten und nahm damit eine erste Hürde. "Zersetzung des westlichen Lagers" "Amerika ist immer noch ein wichtiger Partner, aber mit abnehmender Bedeutung. Weil wir in Sachfragen auseinanderlaufen und strategische Konzepte zerstört werden", warnt der EU-Abgeordnete Elmar Brok, der sogar von einer "Zersetzung des westlichen Lagers" spricht. Jedenfalls sieht man im EU-Parlament dringend Handlungsbedarf: Der Resolutionsentwurf fordert unter anderem die Einberufung eines EU-US-Gipfeltreffens "so bald wie möglich". Eine solche Spitzenbegegnung mit Trump würde den Druck erhöhen, meint auch der CDU-Politiker Brok, zu handfesten Ergebnissen zu kommen. Ruf nach einem gut vorbereiteten Gipfel Man brauche jetzt "nicht ein Anhängsel an eine andere Veranstaltung, sondern einen wirklich gut vorbereiteten Gipfel. Bei dem wir deutlich machen, dass sich dies für die USA lohnt: Wir sind die größte Handelsmacht der Erde, wir haben dasselbe Bruttoinlandsprodukt wie die Vereinigten Staaten." Das Parlamentspapier schlägt darüber hinaus die Einrichtung eines "Transatlantischen Politischen Rats" (TPC) vor, also einen regelmäßigen Austausch zwischen der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini und US-Außenminister Mike Pompeo. Jenseits dessen legt der Berichtsentwurf der EU ans Herz, ihre eigenen Hausaufgaben zügig und sorgfältig zu erledigen. Unter anderem rät das Papier zu einer Stärkung der Verteidigungsunion und zu einer Aufrechterhaltung des Iran-Abkommens - sprich: Die EU soll selbstständiger, erwachsener werden. "Eine Periode erhöhter Unsicherheit" "Es fällt den Europäern schwer, sich von alten Mustern zu verabschieden, auf die Gewährung von Sicherheit durch die Amerikaner zu verzichten", sagt der Politikexperte Cornelius Adebahr von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik im Interview mit dem ARD-Studio Brüssel. "Das alles fällt dazu in eine Periode der erhöhten europäischen Unsicherheit mit dem Brexit und populistischen Strömungen in den Mitgliedstaaten." Und Brok meint: "Wir müssen selbst stark werden und stark sein." Dies umso mehr, als sich Mächte wie Russland und China als Partner bei der Aufrechterhaltung des Iran-Abkommens zwar anbieten. Ansonsten aber verfolgten die beiden laut dem EU-Papier "robuste politische und wirtschaftliche Strategien, von denen viele unseren Werten zuwiderlaufen". Keine Alternative zu Amerika Die Suche nach verlässlichen Verbündeten auf diesem Erdball gestaltet sich für Europa also schwierig. Letztlich kommt auch der Parlamentsentwurf zu dem Ergebnis, dass es gelte, die EU-US-Partnerschaft weiter zu pflegen. Kaum jemand leugnet, dass die Europäer alleine schon auf den militärischen Schutzschirm der USA nach wie vor angewiesen sind. Jede Andeutung, dass Trump den eines Tages einklappen könnte, sorgt auf dieser Seite des Atlantiks für große Nervosität. Trotz des immer wieder geforderten, neuen EU-Selbstbewusstseins.
/ausland/eu-usa-101.html
2018-05-01
Nächstes Mal soll es anders laufen
EU nach Facebook-Anhörung
Die EU will beim Datenschutz nicht bei Facebook Halt machen: Nach der Anhörung von Chef Zuckerberg sollen weitere Konzerne befragt werden. Dabei müsste aus Sicht vieler Abgeordneter einiges besser laufen. mehr
Die EU will beim Datenschutz nicht bei Facebook Halt machen: Nach der Anhörung von Chef Zuckerberg sollen weitere Konzerne befragt werden. Dabei müsste aus Sicht vieler Abgeordneter einiges besser laufen. Beim Thema Datenschutz beherrscht vor allem Facebook nach dem Skandal um den Datenmissbrauch durch die Analysefirma Cambridge Analytica die Schlagzeilen. Am Dienstag hatte der Gründer des Netzwerkes, Mark Zuckerberg, dem EU-Parlament Rede und Antwort gestanden. Doch die EU will noch weitere Internet-Plattformen in Sachen Sicherheit der Daten unter die Lupe nehmen. EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani kündigte an, dass der Bürgerrechtsausschuss voraussichtlich am 4. Juni Manager mehrerer Internetkonzerne befragen wolle. Allerdings ließ er offen, welche Unternehmen die geplante Anhörung betreffen. Falls es weitere Anhörungen geben wird, wird vorher sicher noch heftig über die Form der Befragung debattiert werden. Denn die Anhörung von Zuckerberg ruft von mehreren Seiten Kritik hervor. Nach langem Hin und Her, ob der Facebook-Chef überhaupt vor dem EU-Parlament aussagt und ob dies auch öffentlich geschehen soll, wurden für das Treffen schließlich 90 Minuten angesetzt. Nur: Es dauerte bereits mehr als eine Stunde, bis alle EU-Abgeordneten ihre Fragen zusammengetragen hatten, sodass Zuckerberg nur noch eine halbe Stunde blieb, diese auch zu beantworten. Viele Punkte blieben offen. Läuft super für #Zuckerberg im #EU-Parlament: Die Abgeordneten sammeln ihre Fragen (sind sicher schon über 50) - er darf sich aussuchen, welche er wie ausführlich beantwortet... #zuckerberghearing Verweigerte Tajani direktes Frage-Antwort-Format? Die Schuld für die aus ihrer Sicht misslungene Befragung Zuckerbergs geben die Grünen im EU-Parlament dem Gremiumspräsidenten Tajani. Dieser habe "den Wunsch der Mehrheit der Fraktionsvorsitzenden ignoriert", kritisierte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ska Keller im Interview mit dem rbb. Mehrere Abgeordnete hatten einen direkten Wechsel zwischen Frage und Antwort gefordert, wie ihr Parteikollege Sven Giegold auf Twitter anprangerte. Doch Tajani habe Zuckerberg wohl zugesichert, sich einer Anhörung in dieser Form nicht unterziehen zu müssen. So seien alle sechs Fragen der Grünen bei der Anhörung ohne Antwort geblieben. @horn @neuspreeland Alle Fraktionen wollten Frage-Antwort direkt. Wir haben intern die Information bekommen, dass #Facebook genau das nicht wollte und leider diese Zusicherung von @EP_President erhalten hat. Facebook soll Antworten noch schriftlich nachreichen Und auch aus anderen Fraktionen und von anderen Parteien kommen kritische Töne. "Das war zu kurz, das war zu flach, das war nicht substanziell genug", sagte der Fraktionschef der europäischen Sozialdemokraten, Udo Bullmann. "Man hätte Ping-Pong spielen müssen." Das Format der Anhörung sah dagegen vor, dass alle Fragen zum Schluss beantwortet werden. Das gab Zuckerberg die Möglichkeit, häufig vage zu bleiben. Und auch auf Bundesebene zeigen Politiker Unverständnis. Nicola Beer von der FDP bezeichnete das Format der Befragung als "Unverschämtheit" und brachte ebenfalls die Forderung ins Spiel, Zuckerberg möge die offen gebliebenen Fragen noch schriftlich beantwortet. Die Möglichkeit des schriftlichen Statements hatte zuvor schon Guy Verhofstadt, Fraktionschef der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, vorgeschlagen. Zuckerberg müsse sich entscheiden, ob er in die Geschichte in einer Reihe mit Technologie-Innovatoren wie Apple-Gründer Steve Jobs und Microsoft-Gründer Bill Gates eingehen werde - oder als "ein Genie, das ein digitales Monster geschaffen hat, das unsere Demokratien zerstört". Tajani: Anhörung war ein Erfolg Parlamentspräsident Tajani kann die Kritik nicht nachvollziehen. Das angewandte Verfahren sei üblich bei der sogenannten "Conference of Presidents" mit dem Kreis der Fraktionsvorsitzenden und von ihm selbst vorgschlagen worden. Zudem bewertete Tajani die Anhörung als Erfolg: Zuckerberg habe Verantwortung für den Skandal übernommen und sich entschuldigt. Außerdem habe er zugesagt die kürzlich von der EU erlassenen, strengeren Richtlinien für den Datenschutz einzuhalten und sich bei den nächsten Wahlen des Europaparlaments dafür zu engagieren, dass ein solcher Missbrauch des Netzwerks nicht mehr vorkommen könne. I have personally discussed with Facebook CEO Mr Zuckerberg the possibilty of webstreaming meeting with him. I am glad to announce that he has accepted this new request. Great news for EU citizens. I thank him for the respect shown towards EP. Meeting tomorrow from 18:15 to 19:30 Facebook hatte eingeräumt, dass Daten von bis zu 87 Millionen Nutzern des Online-Netzwerks bei der inzwischen bankrotten britischen Firma Cambridge Analytica gelandet waren. Sie sollen unerlaubt für den Wahlkampf des heutigen US-Präsidenten Donald Trump verwertet worden sein. In Europa waren laut Facebook bis zu 2,7 Millionen Nutzer betroffen.
/ausland/zuckerberg-eu-113.html
2018-05-01
Wenn umdrehen zur Nazi-Methode wird
Grünen-Politikerin Roth
Hass-Attacken ist die Bundestagsvize Claudia Roth gewohnt. Derzeit wird die Grüne mit NSDAP-Abgeordneten verglichen, weil sie sich bei einer AfD-Rede demonstrativ weggedreht haben soll. Von Patrick Gensing.
Hass-Attacken ist die Bundestagsvize Claudia Roth gewohnt. Derzeit wird die Grüne mit NSDAP-Abgeordneten verglichen, weil sie sich bei einer AfD-Rede demonstrativ weggedreht haben soll. "Angewidert wendet sich Claudia Roth von der gerade im Bundestag sprechenden Alice Weidel ab. Es ist ein Abwenden vor der Realität, es ist die Ignoranz vor der eigentlichen Aufgabe." Mit diesem Tweet landete Axel Weber einen Treffer: 166 andere Profile teilten den Text mit einem Foto von Claudia Roth, die tatsächlich im Bundestag abgewandt vom Rednerpult sitzt. Das Bild verbreitet sich rasant in den sozialen Netzwerken, der AfD-Kreisverband Rottweil/Tuttlingen kommentiert auf Facebook: "Demokratieverständnis einer Grünen Frau Roth". In den Kommentaren wird dann Hass und Häme über Roth ausgeschüttet. "Sehe das als Akt der Höflichkeit von Claudia Roth. Sie wollte bestimmt bei Frau Weidel keinen Brechreiz auslösen", schrieb eine Kommentatorin. Ein Albrecht A. meint: "Für Leute wie die Roth sind früher Irrenhäuser gebaut worden, heute verwöhnt man dort Ausländische Vergewaltiger und Mörder und die Irren sitzen (verkehrt herum) im Bundestag." Die Seite "Journalistenwatch" schrieb: "Roth drehte ihren Abgeordnetensessel also um und zeigte Alice Weidel während deren Rede demonstrativ den Rücken." Damit habe sie eine antidemokratische Haltung und Demokratieverachtung gezeigt. Die Seite "AfD Freunde Kinzigtal" geht noch einen Schritt weiter und setzt Roth in einer Bildmontage mit NSDAP-Abgeordneten im Jahr 1931 gleich. "Umgedreht, um mit Abgeordneten zu sprechen" Roth selbst sagt dazu, sie habe sich während der Rede kurz umgedreht, um mit einem anderen Abgeordneten zu sprechen. Die vorliegenden Videoaufnahmen aus dem Plenarsaal bestätigen diese Darstellung: Auf den vorhandenen Einstellungen während der Weidel-Rede ist zu sehen, wie Roth mit dem Gesicht in Richtung Rednerpult sitzt. Zudem ist in einer kurzen Einstellung zu sehen, wie Roth halb umgedreht mit einem anderen Abgeordneten spricht und sich danach wegdreht - für einen Moment, wie sie betont. Es ist der Moment, der nun als Screenshot in den sozialen Netzwerken kursiert. In allen anderen Einstellung schaut Roth in Richtung Weidel - doch das wird nicht erwähnt, sondern der Anschein erweckt, Roth habe sich länger oder sogar während der gesamten Rede demonstrativ abgewandt. Ein Transparent, das es nicht gibt In der Rede von Weidel ging es auch um Roth. Die AfD-Fraktionschefin behauptete, dass "eine Bundestagsvizepräsidentin hinter einem Transparent herrennt 'Deutschland, Du mieses Stück Scheiße' - und alle das hier mittragen, indem sie zur Bundestagvizepräsidentin gewählt wird - wie Claudia Roth." Auf eine Anfrage des ARD-faktenfinder, wann und wo das geschehen sein soll, reagiert die AfD-Fraktion nicht. Die Behauptung, Roth sei einem entsprechenden Transparent hinterhergelaufen, basiert wohl auf einem Vorfall aus dem November 2015: In Hannover hatte ein Bündnis zu einer Demonstration gegen den dort geplanten AfD-Bundesparteitag aufgerufen. Doch während die Teilnehmerzahl aus dem bürgerlichen Spektrum hinter den Erwartungen blieb, beteiligten sich zahlreiche Autonome und setzten sich an die Spitze des Zuges. Die Autonomen skandierten laut Medienberichten "Deutschland verrecke!" oder "Nie wieder Deutschland". Zudem tönte demnach aus einem Lautsprecher "Deutschland, Du mieses Stück Scheiße". Roth erklärte, sie habe die Parole nicht gehört. Politiker äußerten sich verärgert über den Ablauf des Protestmarsches, Roth stand massiv in der Kritik: Die CSU warf ihr vor, zur Radikalisierung der Gesellschaft beizutragen. Unter einem CSU-Facebook-Eintrag folgten massive Beleidigungen. Bayerische Grüne stellten Strafanzeige. Die CSU löschte Drohungen, doch bis heute wird dort beispielsweise behauptet, Roth sei hinter "Transparenten wie 'Deutschland - Du mieses Stück Scheiße" gelaufen. Auf rechtspopulistischen Blogs wird seitdem gerne gefragt, ob Deutschland für die Bundestagsvizepräsidentin ein "mieses Stück Scheiße" sei. Immer wieder wird seitdem behauptet, Roth sei hinter einem entsprechenden Transparent gelaufen. Die Grünen-Politikerin sagte dem ARD-faktenfinder, es gebe sogar Anrufer oder Verfasser von E-Mails, die überzeugt seien, sie hätten entsprechende Fotos aus Hannover gesehen. Möglicherweise handelt es sich um eine Verwechslung: Denn im Netz kursiert eine Aufnahme aus dem Jahr 1990, als Roth hinter einem Transparent zu sehen sein soll - mit der Parole: "Nie wieder Deutschland! Gegen die Annexion der DDR! Gegen den deutschen Nationalismus!" Dass Grüne vor knapp 30 Jahren die linksradikalen Proteste gegen Wiedervereinigung und neuen Nationalismus unterstützten, steht außer Frage. Und die ehemalige Grüne Jutta Ditfurth sagte dem ARD-faktenfinder, das Foto sei echt. Roth habe allerdings nichts mit dem Bündnis "Radikale Linke" zu tun gehabt. Steinbach: Roth "solidarisiert" sich mit Parole Mittlerweile ist Roth Vizepräsidentin des Bundestags - und daran stören sich politische Gegner: Die ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach gab jüngst sogar ihren Bayerischen Verdienstorden zurück. Sie führte an, dass die CSU keine Probleme mit einer Auszeichnung von Roth mit dem Orden habe - obwohl diese sich "mit der unglaublichen Parole 'Deutschland, Du mieses Stück Scheiße' solidarisiert" habe - was allerdings gar nicht stimmt. https://twitter.com/SteinbachErika/status/996267725193404416 Steinbach hatte im Juni 2017 eine Abmahnung von Roth wegen der Verbreitung eines falschen Zitats erhalten. "Wir sollten uns stärker an islamischen Werten orientieren. Der Koran bietet die Lösungsansätze die wir brauchen, um sexuelle Übergriffe auf Frauen effektiv zu unterbinden", so lautete das angebliche Zitat von Roth, das sie im Kontext der massenhaften sexuellen Übergriffe in Köln geäußert haben soll - was aber nicht stimmte. Zudem kursieren weitere falsche Zitate von ihr. Im Juni 2017, mitten im Wahlkampf, tauchte ein gefälschtes Twitter-Profil auf. Roth sagte dem ARD-faktenfinder, es habe schon öfter Fälschungen gegeben, aber "die Genauigkeit, mit der von diesem Account getwittert wird, hat eine ganz neue Qualität". Streitbare Politikerin Roth ist seit Jahren eine äußerst streitbare Politikerin, die selbst kräftig austeilt. Den Augsburger Bischof Walter Mixa bezeichnete sie 2007 als "durchgeknallten, spalterischen Oberfundi". Damals konterte ein Kirchenvertreter, die Wortwahl von Roth erinnere an die Propaganda-Hetze der Nationalsozialisten. Heute reicht hingegen schon ein kurzes Umdrehen im Bundestag, um mit Nazi-Methoden in Verbindung gebracht zu werden - dank von bewusst irreführenden Darstellungen in den sozialen Medien. Gegenüber dem ARD-faktenfinder sagt Roth, Hasskommentare und gezielte Kampagnen seien "längst Alltag geworden".
/faktenfinder/kampagnen-roth-101.html
2018-05-01
MH17 von Objekten "durchlöchert"
Erster Bericht vom Absturz über der Ostukraine
Keine Störung, kein Notfall: Flug MH17 ist Mitte Juli über der Ostukraine nach Experten-Ansicht von "Objekten" getroffen worden und auseinandergebrochen. Das geht aus dem ersten Zwischenbericht des niederländischen Sicherheitsrates hervor, der die Ermittlungen koordiniert. mehr
Das Mitte Juli über der Ostukraine abgestürzte malaysische Passagierflugzeug MH17 ist vor dem Auseinanderbrechen in der Luft von zahlreichen Objekten "durchlöchert" worden und "während des Fluges in mehrere Teile zerborsten". Das gab der niederländische Sicherheitsrat in einem ersten Zwischenbericht in Den Haag bekannt. Dies sei "wahrscheinlich auf strukturelle Schäden zurückzuführen, die von einer großen Zahl an Objekten verursacht wurden, die das Flugzeug mit hoher Geschwindigkeit von außen durchdrangen", heißt es in dem Papier der Experten weiter. In dem Bericht wird jedoch nicht von Raketenbeschuss gesprochen. Die Angaben dürften aber den Verdacht stützen, dass das Flugzeug über Kriegsgebiet in der Ostukraine mit einer Rakete abgeschossen wurde. Ebenfalls keine Aussage gibt es dazu, wer dafür verantwortlich sein dürfte. Kein Defekt, keine Störung Der Voice-Rekorder, der Flugdatenschreiber und Daten von der Luftverkehrskontrolle deuten laut dem Experten-Bericht darauf hin, dass mit Flug MH17 alles normal verlief, bis er abrupt endete. Das Auswerten der Kommunikation im Cockpit ergab keine Hinweise auf einen technischen Defekt oder eine Störung. Es habe auch keine Anzeichen für eine Notfallsituation gegeben. In dem Bericht wird auch menschliches Versagen ausgeschlossen. Weiter hieß es, dass es noch nicht möglich sei, eine detaillierte Studie über die Trümmer durchzuführen. Bei dem Absturz der Boeing 777 über dem zwischen ukrainischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten umkämpften Gebiet waren 298 Menschen ums Leben gekommen, 193 davon waren Niederländer. Separatisten belasten Kiew Schon unmittelbar nach der Tragödie sprachen die Ukraine und westliche Politiker von einem Abschuss durch eine Boden-Luft-Rakete russischer Bauart. Sie machten die pro-russischen Rebellen dafür verantwortlich. Russland sah von Anfang an die Verantwortung bei Kiew. Die Separatisten wiederum sehen sich durch den Zwischenbericht bestätigt. "Es ist offensichtlich, dass es eine Provokation der ukrainischen Armee war, um Russland und die Volkswehr zu diskreditieren. Es gibt eine hohe Zahl von Widersprüchen in der ukrainischen Version, und der Report bestätigt dies nur", sagte Separatistenführer Miroslaw Rudenko der Agentur Interfax zufolge. Separatistenführer Alexander Sachartschenko behauptete: "Wir verfügen nicht über die Technik, um ein solches Flugzeug abzuschießen." Russland: Bericht wenig aussagekräftig Das russische Luftfahrtamt bezeichnete den Bericht als wenig aussagekräftig. "Leider ist viel Zeit verstrichen - es wird kompliziert sein, alle Ursachen zu ermitteln", sagte Experte Oleg Stortschewoj der Agentur Interfax zufolge. Die Leichen der Passagiere hätten lange ohne Untersuchung an der Absturzstelle gelegen, und die Wrackteile seien in der ukrainischen Kampfzone möglicherweise in Mitleidenschaft gezogen worden. "Der Bericht ist erst der Beginn einer langwierigen Arbeit. Die objektive Untersuchung muss fortgesetzt werden", sagte Stortschewoj in Moskau. Malaysias Premier fordert Zugang zur Absturzstelle Malaysias Premierminister Najib Razak forderte erneut einen uneingeschränkten Zugang zur Absturzstelle in der Ostukraine. Es sei ausgesprochen wichtig, "alle sterblichen Überreste zu bergen, die Untersuchung abzuschließen und die Wahrheit zu ermitteln", erklärte Razak. Ein malaysisches Untersuchungsteam sei am Montag in die Ukraine geschickt worden, erklärte Razak weiter. Aufgrund der Kämpfe in der Region waren erste Untersuchungen in dem Trümmerfeld abgebrochen worden.
/ausland/mh17-absturz-ts-100.html
2018-05-01
Populistenregierung macht EU Sorgen
Regierungsbildung in Italien
Das Programm der designierten italienischen Regierung treibt den Nachbarn in der EU die Sorgenfalten auf die Stirn. Wenn sie ihre Pläne wahrmacht, könnte das vor allem für die Eurozone Konsequenzen haben. Von Holger Romann.
Das Programm der designierten italienischen Regierung treibt den Nachbarn in der EU die Sorgenfalten auf die Stirn. Wenn sie ihre Pläne wahrmacht, könnte das vor allem für die Eurozone Konsequenzen haben. Auch wenn er das so natürlich nie sagen würde: EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici hätte sich für Italien sicher eine andere Regierung gewünscht. Ausgerechnet jetzt, wo die letzten Ausläufer der Finanzkrise überwunden schienen, stellt das Bündnis aus linkspopulistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechtsnationalistischer Lega die jahrelangen Bemühungen um Stabilität und Wachstum wieder infrage. Moscovici mahnt zur Vorsicht In seiner jüngsten Frühjahrsprognose für Union und Eurozone, die vor Optimismus nur so strotzte, warnte der Franzose mit Blick auf Italien denn auch vor "politischen Risiken", die den robusten Aufschwung gefährden könnten. Eine gewisse Vorsicht sei angebracht, mahnte Moscovici. Aber er setze auf die Hoffnung, dass Italien das bleibe, was es ist: ein Kernland der Eurozone und unverzichtbar für sie. Ein Land, das die Regeln respektiert, die man gemeinsam entwickelt habe. Zweckoptimismus und diplomatische Zurückhaltung können freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Programm der designierten italienischen Regierungskoalition in Brüssel für erhebliche Kopfschmerzen sorgt. Quasi über Nacht ist die Gefahr wieder näher gerückt, Italien könnte den Pfad der Tugend verlassen und die gesamte Eurozone erneut ins Wanken bringen, wie seinerzeit Griechenland. Mit dem bedeutenden Unterschied, dass ein Zusammenbruch der drittgrößten Volkswirtschaft der Währungsunion mit ziemlicher Sicherheit den Garaus machen würde. Nicht nur für Kommissionsvize Valdis Dombrowskis ist das ein Horrorszenario. Brüssel erwartet Schuldenabbau und Reformen In den länderspezifischen Empfehlungen, die Dombrowskis zusammen mit seinem Kollegen Moscovici just diese Woche präsentierte, sprach der Lette eine deutliche Mahnung aus. Italien sei für die Eurozone von "systemischer Bedeutung". Auch von der neuen Regierung in Rom erwarte man daher eine "verantwortungsbewusste Haushaltsführung". Dies bedeute Abbau der Staatsschulden und Strukturreformen, erklärte Dombrowskis. In der Kommission und den übrigen Mitgliedsstaaten klammert man sich an die Hoffnung, dass auch radikale Populisten an den nüchternen Fakten nicht vorbei kommen. Obwohl sich die konjunkturellen Eckdaten zuletzt gebessert haben, zählt Italien mit einer Schuldenquote von mehr als 130 Prozent, einem anfälligen Bankensektor, anhaltend hoher Arbeitslosigkeit und nur mäßigen Wachstumsaussichten in der Eurozone noch immer zu den Wackelkandidaten. Wegen des hohen Defizits hatte Wirtschaftskommissar Moscovici das Land schon vor Monaten auf die "Watchlist" gesetzt. "Dunkle Wolken" über der EU? Dass die künftige Regierung in Rom die Appelle zum Kurshalten und zum konsequenten Schuldenabbau beherzigt und sich, ähnlich wie Syriza in Griechenland, trotz aller Wahlkampf-Rhetorik den praktischen Notwendigkeiten beugt, ist alles andere als sicher. Nicht wenige Beobachter sehen bereits "dunkle Wolken" über der EU aufziehen. Denn mindestens ebenso groß wie die ökonomischen sind die politischen Risiken des italienischen Experiments. Wirtschaftskommissar Moscovici verweist hier auf den Gipfel der Staats- und Regierungschefs Ende Juni, der von "entscheidender" Bedeutung sei. Auf diesem Rat, schon in knapp fünf Wochen, wollen die EU-Spitzen wichtige Weichen stellen für den Brexit, den mehrjährigen Haushalt, die Reform der Eurozone und ein gemeinsames europäisches Asylsystem. Alles Projekte, die keinen Aufschub dulden - die eine auf Konfrontation statt auf Konsens ausgerichtete Führung in Rom aber leicht torpedieren könnte.
/wirtschaft/eu-italien-105.html
2018-05-01
Das Ende der "Aussitztaktik"?
Diesel-Nachrüstungen
Nach der EU-Klage wegen Luftverschmutzung kritisiert das Umweltbundesamt die Aufarbeitung der Diesel-Affäre. Reine Software-Updates reichten nicht aus. Die SPD fordert ein Ende der "Aussitztaktik" des Verkehrsministers. mehr
Nach der EU-Klage wegen Luftverschmutzung kritisiert das Umweltbundesamt die Aufarbeitung der Diesel-Affäre. Reine Software-Updates reichten nicht aus. Die SPD fordert ein Ende der "Aussitztaktik" des Verkehrsministers. Nach der Entscheidung der EU-Kommission, Deutschland wegen der Überschreitung von Stickoxid-Grenzwerten zu verklagen, hat das Umweltbundesamt verschärfte Maßnahmen zur Nachrüstung älterer Diesel-Fahrzeuge gefordert. "Sauberer wird es in den Innenstädten nur, wenn die Hersteller die Nachrüstung der Euro 4 und vor allem Euro 5-Fahrzeuge ernsthaft angehen", sagte Behördenchefin Maria Krautzberger der "Süddeutschen Zeitung". Die bislang getroffenen Maßnahmen, wie Software-Updates oder die sukzessive Umstellung der Busflotten, reichten nicht aus.  Die SPD drängte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, den Widerstand gegen technische Nachrüstungen älterer Diesel aufzugeben. "Den Menschen vorzumachen, das Problem durch Software-Nachrüstung lösen zu können, ist der falsche Weg", sagte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch. "Die Menschen erwarten von uns zu Recht, dass wir für saubere Luft sorgen und Fahrverbote verhindern." Dies werde durch die "Aussitztaktik" des Ministers aber nahezu unmöglich. Umweltministerin Svenja Schulze untermauerte in den tagesthemen ihre Forderung nach technischen Nachrüstungen, die nun "so schnell wie möglich" auf Kosten der Autobauer gebraucht würden. "Darauf zu hoffen, dass sich das Problem von selbst erledigt - wie manche das offenbar tun -, ist spätestens jetzt keine Option mehr. Blockieren und Aussitzen sollte in dieser Frage niemand mehr", so die SPD-Politikerin. "Erheblicher Handlungsbedarf" Die EU-Kommission hatte am Donnerstag angekündigt, Deutschland und fünf weitere Länder wegen zu hoher Luftverschmutzung in Städten durch Diesel-Abgase vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen. Umweltbundesamt-Chefin Krautzberger sagte, die Klage zeige deutlich, "dass wir in Deutschland erheblichen Handlungsbedarf haben". Auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) forderte die Bundesregierung zu mehr Tempo bei den Anstrengungen für bessere Luft auf. So könne die Modernisierung kommunaler Flotten einen wichtigen Beitrag leisten, sagte VKU-Präsident Michael Ebling. "Nach der Ankündigung der Bundesregierung, dass die Förderung auch für Fahrzeuge der kommunalen Flotten erweitert werden soll, fehlt jetzt konkret noch die entsprechende Förderrichtlinie." Weiterhin müsse gelten, "dass die Hersteller nicht aus der Pflicht genommen werden dürfen." Die Kommunen forderten unterdessen Finanzhilfen der Europäischen Union. "In den Gerichtssälen wird uns die Schadstoffreduzierung nicht gelingen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Die Probleme müssten "konstruktiv" gelöst werden: So könnte die Kommission etwa eine "deutliche Ausweitung der EU-Förderprogramme vorschlagen". Software-Updates oder technische Umrüstung? Die Große Koalition streitet seit Monaten darüber, ob zum Vermeiden von Fahrverboten in Städten auch technische Umbauten an Motoren durchgesetzt werden sollten. Die Autobranche lehnt technische Diesel-Nachrüstungen unter anderem mit Verweis auf die Kosten ab. Sie setzt auf Software-Updates, die aber aus Sicht vieler Experten nicht ausreichen. Merkel sieht "sehr guten Weg" Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich in der Vergangenheit wiederholt skeptisch zu technischen Umbauten an Motoren zur Senkung des Schadstoffausstoßes geäußert. Am Rande des Westbalkan-Gipfels in Sofia sagte sie, Deutschland sei auf einem "sehr guten Weg" zu besserer Luft in Städten. Die Bundesregierung habe in "beispielloser Weise" Förderprogramme aufgelegt. Bereits im Juni 2015 hatte die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, weil in 28 Städten und Regionen Stickoxid-Grenzwerte an vielen Messstellen der Hauptverkehrsstraßen im Jahresschnitt übertroffen wurden. Bei einer Verurteilung könnten auf Deutschland hohe Strafzahlungen zukommen.
/inland/luftverschmutzung-klage-reaktionen-101.html
2018-05-01
Iran hält sich weiter an Abkommen
IAEA-Atomwächter
Laut der Internationalen Atomenergiebehörde hält sich der Iran weiter an die Auflagen des von den USA gekündigten Atomabkommens. Das hätten bisher alle Inspektionen bestätigt. mehr
Laut der Internationalen Atomenergiebehörde hält sich der Iran weiter an die Auflagen des von den USA gekündigten Atomabkommens. Das hätten bisher alle Inspektionen bestätigt. Wenige Wochen nach der Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran hat die Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) erneut erklärt, dass sich das Land weiterhin an die Auflagen des Vertrags hält. Dem Quartalsbericht der IAEA-Inspektoren zufolge liegt der Iran wie vorgesehen bei der Anreicherung von Uran unter dem 300 Kilogramm-Limit. An dem Schwerwasserreaktor Arak, der Plutonium produzieren könnte, sei wie vereinbart nicht weiter gebaut worden. Nach den Vereinbarungen des Abkommens darf der Iran atomare Technologie nur zu zivilen Zwecken einsetzen. Manche Zugänge nur verzögert gewährt IAEA-Generaldirektor Yukiya Amano monierte zwar, dass der Iran den Inspektoren schneller Zugang zu den Einrichtungen einräumen könnte. Er betonte aber, dass alle Visiten reibungslos verlaufen seien. Zu den atombetriebenen Schiffen, die der Iran im Januar angekündigt hatte, habe die Regierung in Teheran präzisiert, dass es sich um zivile, keine militärischen Schiffe handeln werde. Seit 2015 keine Verstöße Das Atom-Abkommen war 2015 geschlossen worden, um den Bau einer iranischen Atombombe zu verhindern. Seitdem haben die Inspektoren keine Verstöße der islamischen Republik gegen die Auflagen festgestellt. US-Präsident Donald Trump hatte es aber als Lüge bezeichnet, dass der Iran seine Verpflichtungen aus dem Abkommen erfülle. Offiziell kündigte die US-Regierung den Vertrag auf, weil es ihr nicht weit genug geht.
/ausland/iaea-iran-abkommen-103.html
2018-05-01
Kraftfahrtbundesamt lässt Vitos zurückrufen
Abgasaffäre bei Daimler
Das Kraftfahrt-Bundesamt hat wegen illegaler Abgastechnik den Rückruf eines Modells des Mercedes-Transporters Vito angeordnet. Daimler kündigte Widerspruch dagegen an: Die betreffende Funktion sei sinnvoll. mehr
Das Kraftfahrt-Bundesamt hat wegen illegaler Abgastechnik den Rückruf eines Modells des Mercedes-Transporters Vito angeordnet. Daimler kündigte Widerspruch dagegen an: Die betreffende Funktion sei sinnvoll. Der Autobauer Daimler hat nach Ansicht des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) beim Transporter-Modell Vito eine illegale Abschalteinrichtung bei der Abgasreinigung verwendet. Das KBA habe einen Rückruf der Diesel-Fahrzeuge verlangt, teilte Daimler selbst mit. Etwa 6300 Fahrzeuge betroffen Daimler will vor Gericht gehen "Daimler wird gegen den Bescheid des KBA Widerspruch einlegen", erklärte der Autobauer. Die Funktionen seien Teil eines komplexen Abgasreinigungssystems, das eine robuste Abgasreinigung bei unterschiedlichen Fahrbedingungen und über die Nutzungsdauer eines Fahrzeugs sicherstellen solle. Der maßgebliche Abgas-Testzyklus NEFZ werde auch ohne die in Frage stehenden spezifischen Programmierungen bestanden, hieß es in einer Stellungnahme. Falls erforderlich, solle die strittige Rechtsauslegung gerichtlich geklärt werden. Erster Vorwurf dieser Art gegen Autobauer Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Daimler wie gegen die anderen deutschen Autobauer, allen voran Volkswagen, wegen Betruges bei der Dieselabgasreinigung. Daimler hatte schon vergangenen Sommer Updates für insgesamt mehr als drei Millionen Fahrzeuge angekündigt. Den Vorwurf einer illegalen Abschalteinrichtung hatten die Behörden, anders als bei anderen Autobauern, bislang allerdings nicht gegen Daimler-Fahrzeuge erhoben.
/wirtschaft/daimler-155.html
2018-05-01
"Sehr geehrter Herr Vorsitzender,..."
Trumps Brief im Wortlaut
Drei Absätze, ein höflicher Ton und sogar freundliche Grüße: der Wortlaut des Briefs, mit dem US-Präsident Trump das Gipfeltreffen mit Nordkoreas Machthaber Kim absagte. mehr
Drei Absätze, ein höflicher Ton und sogar freundliche Grüße: der Wortlaut des Briefs, mit dem US-Präsident Trump das Gipfeltreffen mit Nordkoreas Machthaber Kim absagte. "Sehr geehrter Herr Vorsitzender, mit Blick auf unsere jüngsten Verhandlungen und Diskussionen bezüglich eines Gipfels, den beide Seiten lange angestrebt haben und der am 12. Juni in Singapur stattfinden sollte, danken wir sehr für Ihre Zeit, Ihre Geduld und Ihre Anstrengungen. Wir wurden informiert, dass das Treffen von Nordkorea erbeten worden war, aber das spielt für uns überhaupt keine Rolle. Ich habe mich sehr auf das Treffen mit Ihnen dort gefreut. Ich habe aber wegen Ihres enormen Ärgers und der offenen Feindseligkeit in Ihrem jüngsten Statement leider das Gefühl, dass dieses lange geplante Treffen zum jetzigen Zeitpunkt unangebracht wäre. Dieser Brief soll deswegen zum Ausdruck bringen, dass der Singapur-Gipfel zum Wohle beider Seiten, aber zum Schaden der ganzen Welt, nicht stattfinden wird. Sie reden über Ihre nuklearen Fähigkeiten, aber unsere sind so massiv und so mächtig, dass ich zu Gott bete, dass sie nie angewendet werden müssen. Ich habe gespürt, dass ein wunderbarer Dialog zwischen Ihnen und mir zustande kam, und letztlich ist das der einzige Dialog, der zählt. Ich freue mich sehr darauf, Sie eines Tages zu treffen. In der Zwischenzeit möchte ich Ihnen für die Freilassung der Geiseln danken, die nun zuhause bei ihren Familien sind. Das war eine wunderbare Geste, die wir sehr zu schätzen wussten. Sollten Sie Ihre Ansicht im Zusammenhang mit dem äußerst wichtigen Gipfel ändern, zögern Sie bitte nicht, mich anzurufen oder mir zu schreiben. Die Welt, und Nordkorea im Besonderen, haben eine große Gelegenheit für andauernden Frieden und großen Fortschritt und Wohlstand verpasst. Diese entgangene Chance ist ein wirklich trauriger Moment in der Geschichte. Mit freundlichen Grüßen, Donald J. Trump, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika" Übersetzung: dpa
/ausland/brief-trump-kim-101.html
2018-05-01
Straffreiheit für viele IS-Frauen
Entscheidung des BGH
Frauen, die sich dem "Islamischen Staat" angeschlossen haben, sind nicht automatisch Terroristinnen. Dafür brauche es eine direkte Unterstützung, so der BGH. Das dürfte die Strafverfolgung erheblich erschweren. Von G. Mascolo. mehr
Frauen, die sich dem "Islamischen Staat" angeschlossen haben, sind nicht automatisch Terroristinnen. Dafür brauche es eine direkte Unterstützung, so der BGH. Das dürfte die Strafverfolgung erheblich erschweren. Der dritte Strafsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) hat die generelle Strafverfolgung von Frauen abgelehnt, die sich dem "Islamischen Staat" angeschlossen haben. Nach Informationen von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" argumentieren die Richter, dass es nicht reiche, sich am "Alltagsleben im Herrschaftsgebiet" des IS zu beteiligen, damit werde man nicht automatisch Mitglied der terroristischen Vereinigung. Vielmehr brauche es eine direkte Unterstützung des IS. Mit dieser Begründung lehnte der BGH einen Haftbefehl gegen die aus Offenbach stammende Islamistin Sibel H. ab. Sie war bereits im April aus der irakischen Hauptstadt Bagdad nach Frankfurt ausgeflogen worden und ist seither auf freiem Fuß. Generalbundesanwalt Peter Frank hatte in seinem Antrag dagegen argumentiert, dass Frauen wie Sibel H. die einen Kämpfer heiraten, Kinder bekommen und diese im Sinne des IS erziehen, die Organisation von "innen heraus stärken". Auch Frauen würden "Teil des Staatsvolkes" des IS. Zudem habe ihr Ehemann eine Art Gehalt vom IS bezogen, mit einem Zuschlag für Sibel H. Bundesregierung wollte Präzedenzfall Die nun erfolgte BGH-Entscheidung gilt als Niederlage. Denn sowohl bei der Bundesanwaltschaft als auch innerhalb der Bundesregierung gab es die Hoffnung, mit einem Haftbefehl gegen Sibel H. einen Präzedenzfall zu erwirken. Die 30-jährige Deutsch-Türkin gilt als überzeugte Islamistin, 2013 ging sie mit ihrem Mann zum IS, nach dessen Tod kehrte sie nach Deutschland zurück. Auf ihrem Handy fand die Polizei ein Video, auf dem ihr verstorbener Mann dabei zu sehen ist, wie er eine Kalaschnikow abfeuert. Es ist der Satz "Merkel, du bist die Nächste" zu hören. 2016 kehrte Sibel H. nach Syrien zurück, begleitet von ihrem neuen Mann, der ebenfalls aus der hessischen Salafisten-Szene stammt. Mit dem Zerfall des IS wurde das Paar verhaftet, Sibel H. wurde im Frauengefängnis im irakischen Erbil hochschwanger und mit einem kleinen Kind inhaftiert. Das 14 Monate alte Kind war bereits im Februar nach Deutschland ausgeflogen worden, nach der Entbindung entschied das Auswärtige Amt, nun auch Sibel H. und den Säugling nach Deutschland zu holen. Die Islamistin wurde auf der Reise von Beamten des Bundeskriminalamtes begleitet. Dutzende Frauen dürften straffrei bleiben Mit der jetzigen Entscheidung wird die Strafverfolgung von Frauen, die sich dem IS angeschlossen haben, erheblich erschwert. Ihnen müssen konkrete Unterstützungs- oder Kampfhandlungen nachgewiesen werden können, ansonsten bleiben sie straffrei. In den Sicherheitsbehörden wird die Entscheidung daher mit Sorge gesehen. In Gefangenenlagern und Haftanstalten in Syrien und dem Irak sitzen Dutzende Frauen, die auf ihre Rückkehr nach Deutschland warten. Auch sie dürften nun in den meisten Fällen straffrei ausgehen.
/inland/bgh-zu-is-101.html
2018-05-01
Tierquälerei - amtlich genehmigt
Transporte ins Ausland
Lebendtransporte sind ein lukratives Geschäft. Gut das Doppelte bringen Rinder in der Türkei oder Ägypten. Doch bei den Exporten aus der EU wird der Tierschutz systematisch ausgehebelt - das zeigen Recherchen des rbb. mehr
Lebendtransporte sind ein lukratives Geschäft. Gut das Doppelte bringen Rinder in der Türkei oder Ägypten. Doch bei den Exporten aus der EU wird der Tierschutz systematisch ausgehebelt. Blaue Fliesen bedecken die Wände des Schlachthofes, riesige frische Blutlachen den Boden. Ein gutes Dutzend Männer in Gummistiefeln stehen um ein schwarzes Rind. Plötzlich tritt einer der Männer auf das Tier zu, die Klinge in der Hand. Blut spritzt. Schächten ist ein brutales Handwerk. Die Bilder stammen von der Tierschutzorganisation "Animals International", aufgenommen irgendwo im Mittleren Osten. Was hierzulande als Tierquälerei gilt, ist dort ein islamischer Brauch, auch wenn es inzwischen Möglichkeiten gibt, die Tiere vorher zu betäuben. Grausame Szenen sind kein Einzelfall Bei ihren Recherchen stoßen Tierschützer immer wieder auf Rinder aus der EU. Ihr Fleisch ist im Nahen und Mittleren Osten wegen der Qualität begehrt. Dank der europäischen Agrarpolitik gibt es Rinder im Überfluss, für die dringend Abnehmer gesucht werden. Die Tiere im Schlachthaus sollen aus Rumänien und Deutschland stammen. Auf den ersten Blick ist das nicht zu erkennen, denn die Ohrmarken wurden entfernt, um die Herkunft zu verschleiern. Welcher Händler oder Exporteur will schon gerne mit blutigen Schlachtszenen in Verbindung gebracht werden? Export lebender Tiere lohnt sich Besonders gefragt sind lebende Tiere in der Türkei, fast ein Drittel der Exporte - insgesamt 30.346 Rinder - ging im vergangenen Jahr dorthin. Die Gründe, warum es gerade lebende Tiere sein müssen: Die Schlachtung soll nach islamischem Brauch erfolgen und das gesamte Tier kann verwertet werden. Ein lohnendes Geschäft für alle Beteiligten: Während in Deutschland ein Rind rund 1500 Euro einbringt, kann der Händler in der Türkei, im Libanon oder Ägypten gut das Doppelte verlangen. EU-Tierschutzverordnung endet nicht an den EU-Außengrenzen Seit fast einem Jahrzehnt verfolgt Iris Baumgärtner von der Tierschutzorganisation "Animal Welfare Foundation", ob bei den Lebendtierexporten auch die europäischen Tierschutzstandards eingehalten werden, denn die europäischen Tierschutzvorschriften gelten vom Abfahrtsort bis zum Ziel - egal wo. Für Transporte über Tausende Kilometer gibt es strenge Vorschriften: Die Tiere müssen nach 29 Stunden Fahrt für einen ganzen Tag zum Füttern und Tränken entladen werden. Doch jenseits der EU-Grenzen fehlt es oft an entsprechenden Versorgungseinrichtungen und Ställen. Wenn dies nicht möglich ist, dann dürften die Transporte eigentlich nicht genehmigt werden. Soweit die Theorie. In der Praxis sind dafür die Veterinärämter der Landkreise zuständig. Doch nach Kontraste-Recherchen werden die Transporte oft nach einem oberflächlichen Check durchgewinkt. Transporte schwierig zu prüfen Eine Tierärztin berichtet Kontraste von der gängigen Praxis: Oft erhält sie nur Ortsnamen, keine genauen Adressen. Mit Hilfe von Google-Maps versucht sie dann zu überprüfen, ob dort Ställe oder ähnliches vorhanden sind. "Wenn an dem angegebenen Ort überhaupt kein Stall vorhanden ist, sondern, weil es dort nur Wohnhäuser gibt oder nur einen großen Spielplatz, dann kann ich das natürlich verhindern." Aber auch nur dann. Die Tierärztin kann sich natürlich auch an eine Liste der EU halten mit einer Übersicht zu Ställen in Drittländern, wo die Tiere angeblich versorgt werden können. Das Problem: Die Liste stammt von 2009 und ist weitgehend wertlos, meinen Tierschützer. Kontraste hat einen ganz normalen Rindertransport verfolgt: Ausgangspunkt ist das bayerische Ohrenbach. Hier werden an einem Morgen im Mai 62 trächtige Jungrinder abtransportiert. Kontraste wollte wissen, wohin diese Kühe gebracht werden. Das zuständige Landratsamt nennt auf mehrmalige Nachfrage das Ziel: Gissar in Tadschikistan. Neun Tage soll die Fahrt dorthin dauern, es geht über gut 6500 Kilometer. Können die Tiere ruhen? Das Landratsamt Amberg-Sulzbach teilt mit: "Uns liegen zurzeit nur die Daten der Transportplanung vor. In dieser müssen lediglich die Orte und nicht die genauen Adressen der Kontroll-, Versorgungs- oder Sammelstellen eingetragen sein." Ob es an den angegebenen Orten also auch entsprechende Stallungen gibt, wurde vor der Genehmigung des Transports offenbar gar nicht geprüft. Eine klare Missachtung der europäischen Tierschutzbestimmungen, meinen Rechtsexperten - doch leider Alltag in der EU.
/inland/lebendtierexporte-101.html
2018-05-01
Eine Entschuldigung, wenige Antworten
Zuckerberg vor EU-Parlament
Er begann mit einer Entschuldigung - und wurde dann von den Abgeordneten hart befragt. Doch mit seinen Antworten blieb Facebook-Chef Zuckerberg im EU-Parlament eher unverbindlich. mehr
Er begann mit einer Entschuldigung - und wurde dann von den Abgeordneten hart befragt. Doch mit seinen Antworten blieb Facebook-Chef Zuckerberg im EU-Parlament eher unverbindlich. Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat sich bei seiner Anhörung im EU-Parlament zur Affäre um die Weitergabe der Daten von Millionen Nutzern entschuldigt und eine Verbesserung des Schutzes persönlicher Informationen angekündigt. Facebook habe "nicht genug getan, um zu verhindern, dass die von uns entwickelten Instrumente auch dafür verwendet werden zu schaden", sagte Zuckerberg. "Das war ein Fehler, und es tut mir leid." Härtere Fragen, aber weiche Antworten Anders als vor dem US-Kongress waren die Fragen der Abgeordneten an Zuckerberg härter. Sie gaben ihm jedoch die Möglichkeit, die Antworten en bloc zu geben - und so unangenehmen Fragen auszuweichen. Zuckerberg konnte einfach nur breit gefasste Mini-Stellungnahmen zu einigen der angesprochen Themen statt konkreter Antworten geben. Die Fraktionsspitzen wollten unter anderem wissen, warum Facebook die vom Datenskandal um Cambridge Analytica Betroffenen nicht bereits 2015 informierte und ob Zuckerberg an dieser Entscheidung beteiligt war. Und ob der Fall "nur die Spitze eines Eisbergs" war. Sie sprachen an, dass Facebook zum Beispiel über den "Like"-Button auch einige Daten von Nicht-Mitgliedern sammele - und auch die konkurrenzlose Rolle Facebooks, nachdem Konkurrenten mit ähnlichen Online-Netzwerken aus dem Geschäft gingen. Ganz im Ernst: erst alle Fragen, dann die Antworten!? Wer hat das zugelassen? Wie kann man nach Zuckerbergs My-team-will-follow-up-with-you-Auftritt vor dem US-Kongress ernsthaft glauben, dass dabei am Ende etwas rumkommt? Ich bin völlig entsetzt. #zuckerberg Verhofstadt sieht Monopol bei Facebook Mit besonders scharfen Worten fiel Guy Verhofstadt auf, der Fraktionsvorsitzende der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa. Zuckerberg müsse sich entscheiden, ob er in die Geschichte in einer Reihe mit Technologie-Innovatoren wie Apple-Gründer Steve Jobs und Microsoft-Gründer Bill Gates eingehen werde - oder als "ein Genie, das ein digitales Monster geschaffen hat, das unsere Demokratien zerstört". Verhofstadt versuchte auch, den üblichen Argumenten Zuckerbergs bei Fragen nach einer dominierenden Stellung Facebooks schon vorab den Wind aus den Segeln zu nehmen - das sei, als würde ein monopolistischer Autohersteller sagen, man könne schließlich auch Flugzeug, Zug oder ein Fahrrad nehmen, sagte er. Zuckerberg wiederholte dazu seine vorherigen Worte, dass es in der Branche viel Wettbewerb gebe, weil die Nutzer auf vielen Kanälen miteinander kommunizierten. "Aus meiner Perspektive kommen jeden Tag neue Konkurrenten hinzu." Das ist eine Frechheit! #Zuckerberg hat durchgesetzt, dass alle Fragen der EU-Abgeordneten gesammelt werden, bevor er sie am Ende beantwortet. So kann er unangenehme Frage umgehen. Jetzt verkündet er die Regel sogar selbst. Das Parlament muss die Regeln setzen, nicht Zuckerberg! EU-Parlamentspräsident warnt vor Wahlmanipulation Parlamentspräsident Antonio Tajani warnte ausdrücklich vor der Manipulation künftiger Wahlen. Das Geschäftsmodell vieler Online-Dienste sei es zwar, kostenlose Dienste gegen persönliche Daten anzubieten, sagte der Italiener. "Demokratie darf aber nie eine Marketingoperation werden, bei der jeder, der Daten kauft, einen politischen Vorteil kauft." Viele Fragen blieben unbeantwortet "Mir ist bewusst, dass es viele konkrete Fragen gab, auf die ich nicht konkret eingehen konnte", sagte der Facebook-Chef zum Schluss. Man werde sie nachträglich beantworten. Einige der Fraktionschefs machten ihrer Unzufriedenheit Luft. "Ich habe sechs Fragen eingereicht, die mit "Ja" oder "Nein" beantwortet werden können - und keine davon ist beantwortet worden", empörte sich der Grüne Philippe Lamberts. Eine davon war, ob Facebook seinen Mitgliedern die Möglichkeit geben werde, sich komplett personalisierter Werbung zu entziehen.
/ausland/zuckerberg-eu-107.html
2018-05-01
Wie weit sind die MH17-Ermittlungen?
Internationale Untersuchung
Der Zwischenbericht zum Abschuss des Fluges MH17 liegt vor. Wie gehen die Ermittlungen jetzt weiter? Kann Russland verklagt werden? Demian von Osten gibt die Antworten. mehr
Der Raketenwerfer, der den Flug MH17 über der Ukraine abgeschossen hat, stammte vom russischen Militär. Wie gehen die Ermittlungen jetzt weiter und kann Russland verklagt werden? Wie ist der Stand der MH17-Ermittlungen? Bereits am 28. September 2016 hat die Gemeinsame Ermittlungsgruppe (Joint Investigation Tram, JIT) ihren Zwischenbericht veröffentlicht. Darin formulierte sie folgende zentrale Erkenntnisse: Flug MH17 wurde von einem Buk-Raketenwerfer abgeschossen. Dieser Buk-Raketenwerfer wurde aus Russland in die Ostukraine transportiert und nach dem Abschuss nach Russland zurückgebracht. Der Abschuss erfolgte von einem Feld in der Nähe des Dorfes Pervomaiskyi, das zum damaligen Zeitpunkt unter Kontrolle prorussischer Rebellen war. In einer Pressekonferenz legten sich die Ermittler nun darüber hinaus fest, dass der Raketenwerfer von der Luftabwehrbrigade aus Kursk stammt. Das ist eine Einheit der russischen Streitkräfte. Die Ermittlungsergebnisse beruhen auf der Auswertung von mitgeschnittenen Telefonaten, Zeugenaussagen sowie Fotos und Videos, die auf Social Media-Plattformen verbreitet und auf ihre Echtheit überprüft wurden. Später wurden auch Radardaten aus Russland in die Untersuchung aufgenommen. Obwohl die Buk-Rakete darauf nicht zu sehen ist, stehe dies nicht im Widerspruch zu den Erkenntnissen des Ermittlerteams, so das JIT. Ist damit Russland verantwortlich für den Tod von 298 Menschen? Bislang hat das JIT russische Militärangehörige nicht konkret beschuldigt, sondern nur festgestellt, dass der Raketenwerfer vom russischen Militär stammt. Jedoch ist die Untersuchung noch nicht zu Ende. Die Ermittler wollen ihre Arbeit jetzt darauf konzentrieren, welche konkreten Personen für den Abschuss verantwortlich sind, also zum Beispiel, wer Kommandos gegeben und wer sie ausgeführt hat. Die Untersuchung dauert so lange, weil die Ermittler Beweise sammeln, die vor einem Gericht bestehen können. Dennoch muss sich Russland bereits jetzt mindestens die Frage stellen lassen, wie ein schweres und tödliches Militärgerät der eigenen Streitkräfte unbehelligt die Grenze passieren und wieder nach Russland zurückgelangen konnte. Laut Experten ist ein Buk-Raketenwerfer zudem ein so schweres und kompliziert zu bedienendes militärisches Gerät, dass es ohne Mitwirkung von erfahrenen Soldaten nicht eingesetzt werden kann. Untersuchungen von Journalisten kommen zudem zu weitergehenden Schlussfolgerungen. So identifizierte das Investigativjournalistenteam Bellingcat beispielsweise bereits eine Reihe von russischen Militärangehörigen, die am Transport des Buk-Raketenwerfers in die Ostukraine beteiligt gewesen sein sollen. Wer gehört zum Gemeinsamen Ermittlungsteam? Das Gemeinsame Ermittlungsteam (JIT) setzt sich zusammen aus polizeilichen und strafrechtlichen Ermittlern der drei Staaten, die die meisten Todesopfer zu beklagen haben (Niederlande, Malaysia, Australien), des Staates, über dessen Territorium der Abschuss passierte (Ukraine) sowie Ermittlern aus Belgien. Russland beklagte, nicht im JIT vertreten zu sein. Umgekehrt wird argumentiert, dass Russland weder Opfer zu beklagen habe noch der Abschuss über seinem Territorium passiert sei. Deshalb sei es nicht Teil des JIT. Darüber hinaus werfen Politiker anderer Staaten Russland vor, die Aufklärung des Vorfalls zu behindern. Kann Russland verklagt werden? Die Niederlande haben ein Gesetz auf den Weg gebracht, sodass Prozesse gegen Verantwortliche für den Abschuss von MH17 vor niederländischen Gerichten durchgeführt werden können. Wenn es zur Anklage konkreter Personen käme, würde Russland vermutlich wohl kaum Verdächtige ausliefern. Die australische Außenministerin Bishop geht deshalb schon seit einiger Zeit davon aus, dass es nur zu Verurteilungen "in Abwesenheit" kommen könne. Ein UN-Sondertribunal zur Aufklärung des Abschusses hatte Russland mit seinem Veto im UN-Sicherheitsrat 2015 verhindert. Was sagt Russland zu den Vorwürfen? In Russland ist der Abschuss der Passagiermaschine schon lange kein großes Thema mehr, über das gesprochen oder berichtet wird. Nach der Vorstellung des Zwischenberichts des JIT Ende September 2016 nannte ein russischer Duma-Abgeordneter den Zwischenbericht "politisiert". In russischen Medien kursieren seit dem Absturz eine Reihe von sich zum Teil widersprechenden Thesen. Russlands Außenminister Sergej Lawrow äußerte dieses Jahr erneut Zweifel an der Organisation der internationalen Untersuchung. Nach der neuen Veröffentlichung des Gemeinsamen Ermittlungsteams nannte der Vertreter Russlands bei der EU, Wladimir Tschizhow, die Veröffentlichung "eine alte Geschichte."
/ausland/faq-mh-abschuss-101.html
2018-05-01
Sie sind die Schrägsten
Top Ten der Neuentdeckungen
18.000 Bewerber waren dabei, aber nur zehn können die schrägsten Tiere und Pflanzen werden. Das Institut für Artenforschung der State University of New York hat die Newcomer gekürt. Von Maiken Nielsen.
18.000 Bewerber waren dabei, aber nur zehn können die schrägsten Tiere oder Pflanzen werden. Das Institut für Artenforschung der State University of New York hat die Newcomer gekürt. Platz 10: "Ancoracysta twista" Er tritt nie ohne seine Koralle auf: Einzeller "Ancoracysta twista". Auf der Suche nach den bizarrsten Entdeckungen in Tier- und Pflanzenwelt fanden US-Forscher das Kleinstlebewesen in einem kalifornischen Aquarium. Wo und wie er in der Freiheit lebt, weiß niemand - für diese Rätselhaftigkeit gebührt dem Miniwesen nach Einschätzung der Forscher Platz zehn. Platz 9: "Sciaphila sugimotoi" "Sciaphila sugimotoi" hält sich mit Pilzen fit. Die knapp zehn Zentimeter große Pflanze ist ein Newcomer aus Japan, der im September und Oktober blüht. Platz neun ist nicht nur schön, sondern auch selten - nur rund 50 Exemplare sind bekannt. Platz 8: "Wakaleo schouteni" So manch einem hohen Tier ist der Ruhm nur posthum vergönnt. Das Beuteltier "Wakaleo schouteni" musste 23 Millionen Jahre auf seine Entdeckung warten. Was der australische Kandidat für Hobbys hatte, ist nicht überliefert, wohl aber, dass er kein Anhänger des Vegetarismus war. Auf der Rangliste der schrägsten Tiere belegt das Fossil Platz acht. Platz 7: "Pongo tapanuliensis" "Pongo tapanuliensis" ist eine neue Orang-Utan-Art - und schon vom Aussterben bedroht. Die Forscher entdeckten ihn auf Sumatra in Indonesien. Die Weibchen werden rund 1,20 Meter groß, Männchen sind mit 1,50 Meter etwas größer. Platz sieben belegen die Menschenartigen auch aufgrund ihrer Gestalt. Platz 6: "Dinizia jueirana-facao" Wer groß ist, fällt auf. Das ist auch das Motto von "Dinizia jueirana-facao", der mit seinen vierzig Metern die Konkurrenten deutlich überragte. Der in Brasilien gefundene Baum ist nicht auf Diät: In Einzelfällen bringt er 56.000 Kilo auf die Waage, seine Frucht wird gar einen halben Meter lang. Dafür Platz sechs. Platz 5: "Thiolava veneris" Natürlich zählen auch die inneren Werte. Die rund 2000 Quadratmeter große weiße Matte bei der kanarischen Insel El Hierro hat davon eine ganze Menge. Bei genauerer Betrachtung war bei dieser haarigen und kleinteiligen Struktur das Bakterium "Thiolava veneris" am Werk. Nach dem Ausbruch eines Unterwasservulkans fand es perfekte Bedingungen für seinen Lifestyle und formte sogenanntes "Venushaar". Das Bakterium belegt Platz fünf. Platz 4: "Pseudoliparis swirei" Platz vier hat Tiefe. 8000 Meter, um genau zu sein. Der Tiefseefisch "Pseudoliparis swirei" wird elf Zentimeter lang und wurde im Marianengraben gesichtet. Platz 3: "Xuedytes bellus" Kandidat "Xuedytes bellus" scheute bislang das Licht der Öffentlichkeit, nun fanden die Fotografen ihn doch. Der neun Millimeter lange Käfer, der sich vorzugsweise in der Tiefe chinesischer Höhlen aufhält, kann mit einem deutlich verlängerten Kopf punkten. Der ungewöhnliche Körperbau sicherte ihm Platz drei. Platz 2: "Nymphister kronaueri" "Nymphister kronaueri" hat Selfie-Potential - gäbe es für den 1,5 Millimeter langen Käfer nur die entsprechende alltagstaugliche Kameraoptik. Experten schätzen an ihm sein bauchähnliches Aussehen und seine Freundschaft mit nomadischen Wanderameisen. Da er sich bei seinen Terminen stets am Bauch einer solchen Wanderameise fortbewegt, indem er seine Minizähne in sie haut, war ihm ein Platz auf der Liste der bizarrsten Tiere sicher. Die Forscher fanden: Platz zwei. Platz 1: "Epimeria quasimodo" Wenn Esmeralda das gewusst hätte: Quasimodo, der liebeskranke Glöckner von Notre Dame, führt als Namensgeber für die schrägste Tierart die Bestenliste an! Die US-Forscher setzten Krebs "Epimeria quasimodo" auf Platz eins, weil es einen so markanten Buckel trägt. Das Gewinnertier ist etwa 50 Millimeter lang und weit verbreitet. Forscher dachten lange, dass es längst bekannt sei, doch nun wiesen zwei belgische Wissenschaftler nach, dass es sich tatsächlich um eine neue Krebsart handelt.
/ausland/schraegste-tiere-101.html
2018-05-01
Strengere Regeln für EU-Banken
Treffen EU-Finanzminister
Die Banken in Europa sollen robuster werden, um künftige Finanzkrisen zu verhindern. Dafür haben sich die EU-Finanzminister auf einen Kompromiss geeinigt. Künftig gelten strengere Kreditregeln. mehr
Die Banken in Europa sollen robuster werden, um künftige Finanzkrisen zu verhindern. Dafür haben sich die EU-Finanzminister auf einen Kompromiss geeinigt. Künftig gelten strengere Kreditregeln. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire und sein deutscher Amtskollege Olaf Scholz zeigten sich heute zufrieden und erleichtert während ihrer gemeinsamen Pressekonferenz in Brüssel. Dies sei ein sehr wichtiger Moment für die Diskussion über die weitere Entwicklung Europas, betonte Olaf Scholz. Und sein französischer Amtskollege Bruno Le Maire sagte, auch er sei guten Mutes. Deutschland und Frankreich sind betont glücklich, dass sie tatsächlich eine gemeinsame Position gefunden haben - und zwar beim Thema Bankenunion. Ihr heutiges Vorschlagspaket mache Europas Banken zu den stärksten der Welt, verkündete Frankreichs Finanzminister. Strengere Kreditregeln Auch Scholz hofft auf mehr Stabilität - trotz milliardenschwerer fauler Kredite in den EU-Bankbilanzen. Denn die von den EU-Finanzministern erarbeiteten Regeln zwingen Banken zu mehr Eigenkapital. Je größer und systemrelevanter die Bank desto größer muss ihr Kapitalpuffer sein. Besonders hoch sind in Zukunft die Eigenkapitalanforderungen für weltweit systemrelevante Institute wie zum Beispiel die Deutsche Bank. Ein "too big to fail", ein "zu groß um Scheitern zu dürfen", soll es in Zukunft nicht mehr geben. Dies sei eine gute Botschaft für alle Steuerzahler, die sich nicht in der Rolle von Bankenrettern sähen, sagte Scholz. Höhere Hürden für Tochterfilialen in der EU Außerdem müssen amerikanische Banken wie Goldman Sachs oder die Bank of Amerika und auch Schweizer Großbanken wie Credit Suisse und UBS künftig eine sogenannte EU-Mutterbank haben, um im Notfall leichter abgewickelt werden zu können. Systemrelevante Großbanken aus sogenannten Drittstaaten können also nicht mehr einfach Tochterfilialen in der EU betreiben. Das gilt nach dem Brexit auch für die großen britischen Banken: ohne EU-Mutter keine Tochterbank in der EU.
/wirtschaft/eu-kreditregeln-101.html
2018-05-01
Verbunden durch Nord Stream 2
Merkel-Besuch bei Putin
Beim Treffen in Sotschi finden Kanzlerin Merkel und Russlands Präsident Putin ein gemeinsames Ziel: die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2. Differenzen gibt es bei der Ostukraine und Syrien. mehr
Beim Treffen in Sotschi finden Kanzlerin Merkel und Russlands Präsident Putin ein gemeinsames Ziel: die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2. Differenzen gibt es bei der Ostukraine und Syrien. Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident Wladimir Putin wollen am Projekt Nord Stream 2 festhalten. Das bekräftigten beide beim Treffen im Sotschi am Schwarzen Meer - und versicherten, dass die Ukraine ihren Status als Transitland für russisches Erdgas nicht verlieren solle. "Unsere Überzeugung ist, dass auch nach dem Bau von Nord Stream 2 die Transitrolle der Ukraine weiter bestehen muss", sagte Merkel - die Frage sei, welche Garantien man der Ukraine geben könne. Die Regierung in Kiew befürchtet nach dem Bau der Pipeline, die Gas durch die Ostsee nach Deutschland und von dort in andere EU-Länder transportieren soll, Einnahmen aus der Transitgebühr zu verlieren. Sie befürchtet auch, dass Russland der Ukraine ungehindert den Gashahn zudrehen könnte, um politische Forderungen durchzusetzen. Putin sagte, Russland habe nicht die Absicht, nach dem Start von Nord Stream 2 den Transit durch ukrainisches Territorium zu beenden. Russland werde die Gaslieferungen über die Ukraine fortsetzen, "solange diese wirtschaftlich gerechtfertigt sind". Mögliches UN-Mandat für die Ostukraine Bei ihrem ersten Besuch in Russland seit etwa einem Jahr fand Merkel noch eine weitere Gemeinsamkeit mit Russland, die die Ukraine betrifft: Beide seien sich in der Absicht einig, Pläne für eine mögliche UN-Mission in der Ostukraine voranzutreiben. Klare Differenzen gibt es jedoch in der Frage, wie diese aussehen soll: "Ich glaube, der nächste Schritt sollte sein, sich mit der UN-Mission zu beschäftigen und zu schauen, ob es uns gelingt, ein gemeinsames Mandat hinzubekommen, das man in den UN-Sicherheitsrat einbringen kann", sagte Merkel. Die aktuelle Situation sei absolut nicht zufriedenstellend. Putin selbst hatte vergangenes Jahr einen möglichen Einsatz von Blauhelmsoldaten in der Ostukraine ins Spiel gebracht, wo seit 2014 die ukrainische Armee gegen prorussische Separatisten kämpft. In dem Konflikt gab es bislang 10.000 Tote, zwei unter den Namen "Minsk I" und "Minsk II" bekanntgewordene Friedensabkommen sind bis heute nicht umgesetzt. Russland möchte einen Einsatz jedoch stark begrenzen und keinesfalls bis zur russischen Grenze ausdehnen. Putin sagte in Sotschi, die Außenminister Deutschlands und Russlands seien beauftragt worden, Ansätze für eine mögliche Mission auszuarbeiten. Merkel fordert: Enteignung in Syrien verhindern Uneins waren sich Merkel und Putin bei der Bewertung des Dekrets Nummer Zehn in Syrien: Darin sieht der von Russland unterstützte syrische Präsident Baschar al-Assad vor, dass Menschen, die sich nicht vor Ablauf einer Frist in Syrien melden, enteignet werden können. Merkel bezeichnete dies als "sehr schlechte Nachricht" für rückkehrwillige Flüchtlinge und forderte Russland auf, in der Frage seinen Einfluss auf die Assad-Regierung geltend zu machen. Putin hatte Assad am Tag vor dem Treffen mit Merkel überraschend in Sotschi empfangen. Er fordert eine Entpolitisierung des Wiederaufbaus. Seit längerem kritisiert Russland die Haltung Europas, Syrien nur humanitäre Hilfe bereitzustellen und sich nicht an der Finanzierung des Wiederaufbaus beteiligen zu wollen, solange Assad an der Macht ist. Deutliche Kritik äußerte Merkel beim Thema Pressefreiheit in Russland, das in weniger als einem Monat die Fußball-WM ausrichten wird: Sie sei "durchaus beunruhigt" über die Behinderung der Arbeit von Journalisten - "in speziellen Fällen" habe sie darum gebeten, "die Dinge noch einmal zu betrachten". Kürzlich war das Pressevisum des ARD-Sportreporters Hajo Seppelt für ungültig erklärt worden - erst nach Intervention der Bundesregierung in dem Fall hob Russland das Einreiseverbot für den Investigativjournalisten auf.
/ausland/merkel-putin-sotschi-105.html
2018-05-01
Was geschah wann?
Chronologie im Fall Babtschenko
Der kremlkritische Journalist Babtschenko sei in Kiew erschossen worden, hieß es am Dienstag. Tags darauf tauchte er auf einer Pressekonferenz des Geheimdienstes wieder auf. Eine Dokumentation dessen, was dazwischen geschah. mehr
Der kremlkritische Journalist Babtschenko sei in Kiew erschossen worden, hieß es am Dienstag. Keine 24 Stunden später taucht er auf einer Pressekonferenz des Geheimdienstes wieder auf. Eine Dokumentation der Zeit dazwischen. Dienstag, 29. Mai 2018 - 20:17 Uhr Arkadi Babtschenkos Freund und Kollege Ayder Muschdabaew postet bei Facebook, dass Babtschenko "zu Hause von hinten erschossen" worden sei. Babtschenko sei nun auf dem Weg ins Krankenhaus und er selbst werde nun herausfinden in welches. Diese Informationen erhielt Muschdabaew wahrscheinlich von Babtschenkos Ehefrau. Er ist einer der engsten Freunde der Familie. https://www.facebook.com/ayder.muzhdabaev/posts/1937107976323068 20:27 Uhr In einer Stellungnahme gegenüber der ukrainischen Zeitung "Ukrainska Pravda" bestätigt der Sprecher der Polizei, Jaroslaw Trakalo, dass Babtschenko in den Rücken geschossen worden sei und dieser seinen Verletzungen noch im Krankenwagen auf dem Weg ins Krankenhaus erlag. Er teilt mit, dass der erste Anruf von der Frau Babtschenkos erfolgt sei, die sich zum Zeitpunkt der Tat im Badezimmer aufgehalten haben soll. Sie hatte demnach Schüsse gehört und dann ihren Mann mit Blutflecken aufgefunden, erste Hilfe alarmiert und sich dann um ihn gekümmert. Die Meldung der "Ukrainska Pravda" im Original finden Sie hier. 20:32 Uhr Die Polizei bestätigt einen Vorfall mit Todesfolge. Sie nennt dabei aber noch keinen Namen und verweist auf einen russischen Staatsbürger und Fernsehmoderator mit dem Geburtsjahr 1977. Die Polizei bestätigt den Notruf einer Frau, die ihren Ehemann blutüberströmt in ihrer Wohnung aufgefunden habe. https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=1702952593129852&id=100002453835741 21:11Uhr Ein ranghoher Berater des ukrainischen Innenministeriums, Anton Haraschenko, veröffentlicht bei Facebook einen Beitrag mit weiteren Details. Weil kein Brot mehr im Haus gewesen sei, habe Babtschenko das Gebäude noch einmal verlassen. Die Mörder hätten ihm im Treppenhaus aufgelauert. Als er die Türe öffnete hätten sie ihm unvermittelt mehrere Male in den Rücken geschossen. https://www.facebook.com/photo.php?fbid=1728979553855551&set=a.673865036033680.1073741827.100002305693349&type=3&theater 21:14 Uhr Muschdabaew teilt öffentlich mit, dass er vom Tod Babtschenkos erfahren habe. Bei Facebook schreibt er: "Arkadi Babtschenko wurde auf direkten Befehl der Behörden des terroristischen Staates der Russischen Föderation getötet. Das ist alles was ich sagen kann. Ich liebe Dich Arkadi - du warst der Beste der Besten." https://www.facebook.com/ayder.muzhdabaev/posts/1937150016318864 21:25 Uhr Die Hromadske Mediengruppe veröffentlicht Aussagen des Chefs der Kiewer Polizei, Andrej Kryschenko. Demzufolge werde in zwei Richtungen wegen des Mordes ermittelt: Zum einen zu Babtschenkos beruflicher Betätigung und zum anderen in seinem persönlichen Umfeld. 21:27 Uhr Der Vertreter der OSZE für die Freiheit der Medien, Harlem Désir, veröffentlicht eine Nachricht bei Twitter. Er ruft die ukrainischen Behörden dazu auf, sofort umfängliche Ermittlungen aufzunehmen. https://twitter.com/harlemdesir/status/1001545564029321216 21:30 Uhr Die oberste russische Ermittlungsbehörde teilt schriftlich mit, dass im Fall der "Ermordung des russischen Staatsbürgers Arkadi Babtschenko in Kiew" Ermittlungen aufgenommen worden seien. Dabei wird ergänzt, dass in den vergangenen Jahren bereits mehrere Russen in der Ukraine umgebracht worden seien: Journalist Pawel Scheremet und Ex-Duma-Abgeordneter Denis Woronenkow. Die Erklärung auf Russisch finden Sie hier. 21:36 Uhr Der ukrainische Premierminister Wladimir Groisman veröffentlicht die Nachricht von der Ermordung Babtschenkos auf seiner Facebookseite. Er beschuldigt Russland indirekt und nennt Babtschenko einen echten Freund der Ukraine, der die Welt über die russische Aggression aufgeklärt habe. https://www.facebook.com/volodymyrgroysman/photos/a.149589705209952.1073741830.149481385220784/714366298732287/?type=3&theater 21:55 Uhr Das russische Außenministerium veröffentlicht eine Stellungnahme und attackiert die Ukraine: Das Niveau der körperlichen Gewalt und die Ermordung von Medienbeschäftigten sei dramatisch gestiegen, während die Ermittlungen keine Kriminellen vor Gericht gebracht hätten. Blutige Verbrechen seien zum Teil des Alltags der Regierung in Kiew geworden. Die Erklärung auf Russisch finden Sie hier. 22:44 Uhr Das ukrainische Innenministerium veröffentlicht einen Fahndungsaufruf mit einer Phantomzeichnung. Mittwoch, 30. Mai 2018 Menschen bringen Blumen zum Wohngebäude von Babtschenko. Reporter mit Kameras sowie die Polizei ist ebenfalls vor Ort. 0:33 Uhr Die Hromadske Mediengruppe meldet, dass Polizisten am Abend vor der vermeintlichen Ermordung Babtschenkos nach Überwachungskameras im Wohnhaus des Journalisten gesucht habe. 8:49 Uhr Die Nachrichtenagentur Interfax Ukraine zitiert die Sprecherin des Geheimdienstes SBU, Olena Hitlyanskaya. Der Geheimdienst werde im Laufe des Tages weitere Details zu dem Vorfall bekanntgeben, heißt es. Derzeit sei man damit beschäftigt, die Polizei bei den Ermittlungen zu unterstützen. 9:42 Uhr Die Agentur Interfax Russland zitiert den russischen Außenminister Sergej Lawrow: Es sei traurigerweise Mode geworden, nach solchen Vorfällen sofort Russland zu beschuldigen. Das liege daran, dass sich die Ukraine "einer völligen Straffreiheit seitens ihrer westlichen Aufpasser" erfreue. Lawrow verwahrte sich gegen Schuldzuweisungen an sein Land. "Die Ermittlungen haben noch nicht einmal begonnen." 10:05 Uhr Die Agentur Interfax Ukraine zitiert den Polizeichef von Kiew, Andrej Kryschenko. Es seien nun zwei weitere Ermittlergruppen am Tatort eingetroffen, um Zeugen zu befragen und Beweise zu sammeln. 10:16 Uhr Die Sprecherin des russischen Ermittlungskomitees, Swetlana Petrenko, beschuldigt die Ukraine dafür, die Fälle zweier ermorderter Russen im Land nicht aufgeklärt zu haben - wie die Agentur RIA Novosti meldet. Petrenko bietet der Ukraine Hilfe bei neutralen Ermittlungen an. 10:53 Uhr Der Generalsekretär des Europarats, Thorbjörn Jagland, veröffentlicht eine Erklärung auf Twitter. Er verurteilt die Ermordung Babtschenkos und fordert eine umfassende Untersuchung. Angriffe gegen Journalisten und die Meinungsfreiheit seien in Europa auf dem Vormarsch. https://twitter.com/TJagland/status/1001748311743909888 11:02 Uhr Die ukrainische Website "UNN" meldet bezugnehmend auf eine Polizeiquelle, dass drei 9mm-Hülsen einer Makarow-Pistole am Tatort sichergestellt worden seien. Der Täter habe dem Opfer drei Mal in den Rücken geschossen. Die Meldung im Original finden Sie hier. 11:15 Uhr Der Vertreter der OSZE für die Freiheit der Medien, Harlem Désir, befindet sich eigenen Angaben zufolge auf dem Weg nach Kiew. Er wolle sich nach diesem abscheulichen Verbrechen mit Kollegen Babtschenkos solidarisch zeigen und ihnen Unterstützung anbieten. https://twitter.com/harlemdesir/status/1001754045562974208 12:15 Uhr Der Kreml verurteilt die Ermordung des prominenten russischen Journalisten Arkadi Babschenko in Kiew scharf. Moskau hoffe auf "wahrhaftige Ermittlungen" zu den Drahtziehern der Tat, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Die Ukraine sei ein "sehr gefährlicher Ort" für Journalisten geworden. 13:55 Uhr Amnesty International in der Ukraine beschuldigt die Regierung in Kiew, sich nicht ausreichend für den Schutz prominenter Kritiker des Kreml einzusetzen. Daraus ergebe sich eine gefährliche Situation für die geistige Freiheit in der Ukraine. Die Erklärung von Amnesty International im Original finden Sie hier. 16:13 Uhr Der ukrainische Geheimdienst SBU beginnt die Pressekonferenz, auf der auch Arkadi Babtschenko auftritt. Der angebliche Mord sei eine über Monate vorbereitete Aktion gewesen, um Anschlagspläne des russischen Geheimdienstes zu enttarnen, sagt SBU-Chef Wassili Grizak. Der mutmaßliche Organisator sei festgenommen worden. Zusammengestellt von Gosha Tykhyi, zzt. Kiew, Demian von Osten, ARD-Studio Moskau und Wolfgang Wichmann, tagesschau.de
/faktenfinder/babtschenko-chronik-101.html
2018-05-01
BAMF überprüft 18.000 Asyl-Entscheidungen
Manipulationsvorwürfe in Bremen
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge will Tausende positive Asyl-Entscheidungen der Bremer Außenstelle auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Bisherige Erkenntnisse machen die Behörde skeptisch. mehr
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge will Tausende positive Asyl-Entscheidungen der Bremer Außenstelle auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Bisherige Erkenntnisse machen die Behörde skeptisch. Die Affäre um mutmaßlich fehlerhafte Asylentscheidungen der Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zieht weitreichende Überprüfungen nach sich. Die Präsidentin des Bundesamtes, Jutta Cordt, kündigte an, dass alle positiven Asylbescheide der Außenstelle ab dem Jahr 2000 nochmals geprüft werden sollen. Insgesamt sind das ihren Angaben zufolge rund 18.000 Fälle. Für die Prüfungen sollen rund 70 Mitarbeiter eingesetzt werden. Cordt rechnet mit einem Ergebnis in drei Monaten. Sie versicherte, es werde "mit Hochdruck aufgeklärt". Ermittlungen gegen Bremer BAMF-Leiterin Mitte April war bekannt geworden, dass eine frühere Leiterin der Bremer BAMF-Stelle zwischen 2013 und 2016 mindestens 1200 Menschen Asyl gewährt haben soll, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht gegeben waren. Die Bremer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Frau und fünf weitere Beschuldigte wegen Bestechlichkeit und bandenmäßiger Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung. Nach Cordts Angaben wurden bis zum 11. Mai rund 4400 Entscheidungen des BAMF seit 2013 überprüft, 30 Prozent davon in Bremen. Von den Bremer Entscheidungen müssten 40 Prozent widerrufen beziehungsweise zurückgenommen werden, von den Entscheidungen in anderen Städten aber nur 5,8 Prozent. Keine Hinweise auf Manipulationen in anderen Außenstellen Zahlreiche Fälle würden nach der internen Revision Fragen aufwerfen. Das bedeute aber nicht automatisch, dass die Entscheidungen falsch waren. Es habe keine Hinweise auf bewusste Manipulationen in anderen Außenstellen gegeben.  "Die Aufklärung dauert an", sagte Cordt. Die Beweislast liege in jedem Fall beim BAMF. Für Disziplinarverfahren gegen BAMF-Mitarbeiter soll ein externer Ermittler eingesetzt werden, erklärte sie.
/inland/bamf-asyl-bescheide-101.html
2018-05-01
"Das Problem ist das billige Öl"
EU gegen Plastikmüll
Im Kampf gegen Plastikmüll will die EU-Kommission heute die Verbotspläne vorstellen. Der SWR-Umweltexperte Werner Eckert sagt im tagesschau.de-Interview, die Verbotspläne seien sinnvoll, reichten aber nicht.
Im Kampf gegen Plastikmüll will die EU-Kommission heute die Verbotspläne vorstellen. Der SWR-Umweltexperte Werner Eckert sagt im tagesschau.de-Interview, die Verbotspläne seien sinnvoll, reichten aber nicht. tagesschau.de: Wenn man im Meer schwimmt, trudelt einem viel Plastik entgegen, aber nicht unbedingt Gabeln. Warum will die EU jetzt ausgerechnet Plastikbesteck verbieten? Werner Eckert: Große Müllgebinde, die auch recycelt werden, sind nicht so problematisch wie eben dieser Kleinplastikkram - Trinkhalme und dergleichen. Die werden gerne mal weggeworfen. Da gibt es kein Pfand drauf, die kosten nichts, und die bekommt man, obwohl man sie oft gar nicht haben wollte. Dieser Kleinkram kann auch nicht recycelt werden, weil der häufig verschmutzt ist. Deshalb ist die EU besonders scharf darauf, den zu verbieten. tagesschau.de: Warum macht die EU nicht gleich Nägel mit Köpfen und lässt auch Oxo-Kunststoffe verbieten, die bei Wärme in Kleinstpartikel zerfallen? Eckert: Diese Kleinststoffe sind in der Tat ein riesiges Problem. Mittlerweile sind weltweit überall Plastikreste nachweisbar - sowohl im arktischen Eis, als auch am landfernsten Meerespunkt. Plastik möglichst einschränken - das ist eine extrem sinnvolle Geschichte, aber es funktioniert nicht wirklich. Pfandsystem ist erfolgreich tagesschau.de: Inwiefern? Eckert: Es gibt Staaten, die zum Beispiel Plastiktüten verboten oder mit hohen Abgaben belegt haben. Pfand in Irland hat Erfolg gehabt. Das Verbot in Ruanda hat diesen afrikanischen Staat sehr viel sauberer gemacht - optisch sauberer zumindest. Aber unsere Wirtschaft ist ohne Kunststoff überhaupt nicht denkbar. Und deshalb müsste man sehr viel tiefer ansetzen, wenn man Kunststoffverpackungen vermeiden will. tagesschau.de: Wo genau müsste man ansetzen? Eckert: Bei der Herkunft von Plastik. Plastik ist ja nur der Ausdruck eines Problems, das wir mit fossilen Treibstoffen haben. Plastikkunststoff ist ein Erdölprodukt. Und Erdöl verursacht viele der Klimaprobleme, die wir haben. Das hängt alles damit zusammen, dass diese fossilen Brennstoffe viel zu billig sind. Ihr wahrer Wert ist nicht in Preisen gefasst. Plastik kostet praktisch nichts und wird deshalb in Massen verwandt. Weil Erdöl billig ist, haben wir aber auch sehr billige Transporte. Die Quelle des Problems ist eigentlich der fossile Brennstoff Öl. Billiges Öl hat viele Folgekosten tagesschau.de: Warum ist der zu billig?   Eckert: Weil die gesamten ökologischen Folgekosten, die wir tragen müssen, dort nicht drin sind. Insofern sind Klimawandel und Meeresverschmutzung ökologische Folgekosten des zu billigen Öls. tagesschau.de: Ein Verbot von Plastik soll ja auch nicht die einzige Maßnahme sein. Die EU-Kommission erwägt auch die Einführung einer Steuer auf Plastik. Eckert: Die CO2-Steuer oder eine Steuer auf fossile Energien ist ja ein uralter Ansatz, weil Ökologen und Ökonomen schon seit Jahrzehnten sagen: Im Grunde brauchen wir Preise, die die Wahrheit sagen. Dann regelt sich im Nachgang alles sehr viel einfacher als das jetzt der Fall ist. tagesschau.de: Inwiefern einfacher? Können Sie das an einem Beispiel veranschaulichen? Eckert: Wenn ich etwa an Bier denke, dann ist die Mehrwegglasflasche nur dann vorteilhaft, wenn sie in einem engen Bereich gehandelt wird. Wenn ich die Flasche Bier von Kiel nach München fahre und leer wieder zurück, zum Wiederbefüllen, dann ist das ökologisch eigentlich schon wieder unsinnig. Das hängt auch mit der Frage des Transports zusammen. Wenn Öl mit einem CO2-Preis zusätzlich belastet würde, dann wäre auf der einen Seite der Kunststoff teurer, das spräche also für eine Mehrwegflasche, auf der anderen Seite wäre aber auch der Transport teurer und damit wäre eine regionale Mehrwegflasche die Lösung, und das wäre ökologisch die richtige Kombination. tagesschau.de: Nun haben Sie eben geschildert, wie sich selbst in den landfernsten Meeresteilen noch Plastikpartikel befinden - sind da Maßnahmen aus Europa nicht einfach nur Tropfen auf dem heißen Stein? Eckert: Das ist richtig, wenn man die Gesamtmenge betrachtet, aber wenn nicht jeder bei sich selbst anfangen würde, dann bekäme man ja gar kein Problem gelöst. Außerdem sind andere nicht untätig. Ich habe eben das Beispiel eines so wenig industrialisierten Staates wie Ruanda angeführt. Selbst die haben das Plastikproblem angegriffen. Und die Nachbarstaaten schließen sich nun an. Selbst Biokompost enthält Plastik tagesschau.de: Bei Plastikmüll denken wir vor allem an die Ozeane. Welche anderen Lebensbereiche sind betroffen? Eckert: Alle eigentlich. Eine Studie über Biokompost, der auf unseren Äckern ausgebracht wird, hat beispielsweise nachgewiesen, dass potenziell mehrere Tausend Tonnen Plastik dadurch in der Landschaft verteilt werden. Mindestens eine Kläranlage in Schleswig-Holstein hat über Jahre die Nordsee mit Plastikpartikeln belastet, weil dort Kleinteile  einfach verklappt wurden. Das belastet dann die Fische und am Ende der Kette wieder uns selbst, weil wir diese Fische essen. tagesschau.de: Manche spotten, Müll und Mülltrennung sei des Deutschen Lieblingsthema. Droht nicht von anderer Seite noch größere Gefahr? Sie haben eben CO2, Kohle und Gas angesprochen. Eckert: Was das größte Umweltproblem der Welt ist, darüber kann man natürlich lange rätseln. Aber ich glaube, dass der billige fossile Treibstoff die Basis des Problems darstellt. Daran hängen die Plastikvermüllung und der Klimawandel. Wir haben uns viele Umweltprobleme eingehandelt - aber wir können sie auch überwinden. Wir sehen ja heute, dass eine Energiewende machbar ist. Wir müssen diesen Weg nur weitergehen. Verbraucher können mithelfen, aber der Staat muss lenken tagesschau.de: Bis ein Verbot oder eine Plastiksteuer in Kraft tritt, sind aber wieder Millionen von Plastikgabeln ins Meer geschwommen - was kann man selbst tun, um sich nicht wie ein Klimasünder zu fühlen? Eckert: Wir können zum Beispiel bei einem Kaffeeautomaten eine eigene Tasse unterstellen. Oder bestimmte Supermärkte lassen es zu, dass man sich eigene Mehrwegbehälter mitbringt, um sich Waren abfüllen zu lassen. Ich kann Besteck zu einem Fest mitbringen, um Plastikbesteck zu vermeiden, ich kann auf Plastiktüten verzichten. Das hat ja alles schon hervorragend geklappt. Manchmal genügt ein kleiner Sinneswandel in der Gesellschaft. Ich glaube aber, dass es im Großen die Verbraucher überfordert, man kann nicht alles auf sie abwälzen. Deshalb braucht man politische Lenkungsinstrumente wie Verbote oder Preissignale. Dann funktioniert so etwas auch.
/ausland/plastikmuell-129.html
2018-05-01
Russischer Offizier verantwortlich?
MH17-Abschuss
Die niederländische Regierung macht Russland für den MH17-Abschuss in der Ostukraine verantwortlich. Ein Team von Investigativjournalisten nennt bereits Namen. Von Ludger Kazmierczak.
Die niederländische Regierung macht Russland für den MH17-Abschuss in der Ostukraine verantwortlich. Ein Team von Investigativjournalisten nennt bereits Namen. In den Dokumenten des internationalen Ermittlerteams taucht er als "Orion" auf. Das Recherchenetzwerk Bellingcat will nun herausbekommen haben, wer sich hinter diesem Decknamen verbirgt. Bei dem Gesuchten handele es sich um einen 51-jährigen Russen, der bis 2017 für das russische Außenministerium tätig gewesen sei, sagte Bellingcat-Journalist Moritz Rakuszitzky. Im Auftrag des Militärgeheimdienstes seines Landes sei er 2014 in den Osten der Ukraine geschickt worden, um die prorussischen Separatisten im Kampf gegen die ukrainische Armee zu unterstützen. Raketentransport in die Ukraine "Wir haben diese Person außerdem als höchstrangigen Militäroffizier zu jener Zeit in der sogenannten Volksrepublik Lugansk identifizieren können", so der Journalist. "Aus den öffentlich zugänglichen Quellen und den aufgezeichneten Funkkontakten geht hervor, dass er direkt am Transport des BUK-Raketensystems in die Ukraine und zurück nach Russland beteiligt war." Bereits am Donnerstag hatte das internationale Ermittlerteam einen Bericht vorgelegt, der frühere Vermutungen bestätigte. Demnach hat ein Konvoi der russischen Armee das BUK-Raketensystem in die Ukraine transportiert. Mit dieser Waffe sei die malaysische Passagiermaschine im Juli 2014 abgeschossen worden. Angehörige der Opfer hatten daraufhin politische Konsequenzen seitens der Den Haager Regierung gefordert. Niederlande beschuldigen Russland Das niederländische Kabinett traf sich am Morgen zu einer Sondersitzung und ließ Außenminister Stef Blok danach mitteilen: "Die Niederlande machen Russland verantwortlich für den Abschuss des Flugs MH17. Dies tun wir gemeinsam mit Australien. Unsere Regierungen haben Russland soeben über diplomatische Kanäle darüber informiert. Ich habe gerade noch mit meinem russischen Kollegen Lawrow gesprochen." Mit dieser Entscheidungen wollen die beiden Länder Russland zur Mitarbeit an den Ermittlungen und zur strafrechtlichen Verfolgung von Tatverdächtigen zwingen. Auch juristische Schritte, also eine Klage gegen das Land oder russische Staatsbürger sei denkbar, so Blok: "Das ist die ganze Palette - die reicht von vollständiger Zusammenarbeit mit den Ermittlern über das Zurverfügungstellen von Personen und Informationen bis hin zu einer Geste der Genugtuung gegenüber den Opfern. Auch die USA forderten Russland inzwischen auf, Verantwortung für den Abschuss zu übernehmen. Es sei Zeit, dass Russland seine Rolle bei dem Vorfall anerkenne und aufhöre, gefälschte Nachrichten zu verbreiten, erklärte das US-Außenministerium. Russland weist Vorwürfe zurück Moskau bleibt dabei, in den Fall MH17 nicht verwickelt zu sein. Kremlsprecher Dmitri Peskow kritisierte zum wiederholten Mal, dass Russland an den Untersuchungen nicht beteiligt worden sei. Daher wisse man nicht, so Peskow, wie sehr man den Ergebnissen vertrauen könne. Unterdessen haben 270 Hinterbliebene der Opfer angekündigt, vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof eine Schadensersatzklage gegen Russland einzureichen.
/ausland/mh17-ermittlungen-107.html
2018-05-01
Erleichterung und Sorge in Brüssel
Regierungsbildung in Italien
Dass in Italien die Regierung aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega nicht zustande kommt, bedauert in Brüssel niemand - mit Ausnahme der politischen Rechten. Von Karin Bensch.
Giuseppe Conte, Kandidat der "Fünf-Sterne-Bewegung" und der "Lega", wird nun doch nicht Regierungschef in Italien. In Brüssel bedauert das niemand - mit Ausnahme der politischen Rechten. Von Karin Bensch. Giuseppe Conte, Kandidat der europakritischen Fünf-Sterne-Bewegung und der rechten Partei Lega, wird nun doch nicht Ministerpräsidentent von Italien. Er gab den Regierungsauftrag an den italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella zurück, weil der sich geweigert hatte, den Euro-Kritiker Paolo Savona zum Finanzminister zu ernennen. Nun soll es eine Übergangsregierung geben und möglicherweise Neuwahlen im Herbst. "Mit Ratschlägen zurückhalten" Michael Roth, Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, hofft, "dass es bald zu einer stabilen, pro-europäischen Regierung in Italien kommt. Italien ist ein Gründungsstaat der Europäischen Union. Wir konnten uns auf Italien immer verlassen als ein integrationsfreundliches Land, mit dem wir sehr eng und vertrauensvoll zusammengearbeitet haben." Roth, der Außenminister Heiko Maas bei einem EU-Treffen in Brüssel vertritt, forderte zugleich Geduld. Deutschland solle sich mit Ratschlägen, was die Regierungsbildung anbelangt, zurücknehmen: "Wir haben schließlich auch sechs Monate gebraucht, um eine neue Regierung zu bilden." "Mattarella weiß schon, was er macht" Ähnlich äußerte sich der belgische Außenminister Didier Reynders. Angesichts der mehrfach sehr langen Regierungsbildung in Belgien könne er schlecht die Verzögerungen in Italien kritisieren. Am Ende sei es wichtig, eine stabile Regierung zu haben, mit der die Europäische Union effizient zusammenarbeiten könne. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn betonte, dass er Vertrauen in Italiens Staatspräsident habe: "Ich glaube, wir brauchen dem Präsidenten Mattarella keine Gebrauchsanleitung zu geben. Er ist ein guter Italiener und ein guter Europäer. Und ich glaube, er weiß schon, was er macht." Rechte sehen "Staatsstreich" in Italien Auffallend zurückhaltend äußerten sich Vertreter der Länder, die ebenfalls Rechtspopulisten oder EU-Kritiker in der Regierung haben. Ob das Scheitern der Regierungsbildung in Italien eine gute oder eine schlechte Nachricht ist, wollte die österreichische Außenministerin Karin Kneissl nicht beurteilen. Die parteilose Politikerin sagte nur so viel. "Manchmal dauern Regierungsbildungen sehr lange. Das sehen wir ja auch in anderen europäischen Staaten." Scharf dagegen fiel die Reaktion der Rechtspopulisten aus. Was in Italien passiere, sei ein Staatsstreich, ein Raubüberfall illegitimer Institutionen auf das italienische Volk, twitterte die französische Rechtspopulistin Marine Le-Pen. Angesichts dieser Demokratie-Verweigerung wachse überall in Europa die Wut der Völker. Sorge gibt es in Brüssel darüber, dass bei eventuellen Neuwahlen im Herbst, Rechtspopulisten und EU-Kritiker in Italien noch stärker werden könnten.
/ausland/reaktionen-regierungsbildung-italien-101.html
2018-05-01
Bahn lockt mit neuen Tickets
Gegen Billiganbieter
Wer günstig reisen will, hat eine große Auswahl: Fernbusse, Billigflieger, private Zuganbieter. Auf die Deutsche Bahn ist man nicht mehr überall angewiesen. Mit neuen Angeboten will sie Kunden zurückholen. mehr
Wer günstig reisen will, hat eine große Auswahl: Fernbusse, Billigflieger, private Zuganbieter. Auf die Deutsche Bahn ist man nicht mehr überall angewiesen. Mit neuen Angeboten will die Bahn Kunden zurückholen. Die Deutsche Bahn will mit neuen Angeboten mehr Kunden gewinnen. Billigfliegern und Bussen sagt der Konzern damit den Preiskampf an. Fahrkarten ab 19,90 Euro gibt es ab August dauerhaft und nicht nur als Aktionsangebot, wie die Bahn mitteilte. Diese Tickets werden als "Super Sparpreis" zur dritten Preiskategorie neben Fahrkarten zum normalen "Flexpreis" und zum "Sparpreis" angeboten. City-Ticket auch ohne Bahncard Der "Super Sparpreis"-Fahrschein liegt im Preis darunter, die Zahl der "Super Sparpreis"-Tickets wird aber begrenzt. Es wird sie vor allem für Züge geben, die normalerweise nicht besonders voll sind, weniger für den beliebten Freitagnachmittag. "Es bietet sich an, möglichst früh zu buchen", rät Berthold Huber, Personenverkehrsvorstand der Bahn. Außerdem können die Tickets nicht storniert werden. Außerdem sollen auch Kunden ohne Bahncard, die mindestens 100 Kilometer weit reisen, künftig mit ihrem Fahrschein Busse und Bahnen am Abfahrts- und Zielort nutzen können. Das gilt allerdings nur für "Flexpreis"- und "Sparpreis"-Tickets, nicht für solche aus der "Super Sparpreis"-Kategorie. Derzeit gibt es das City-Ticket in 126 Städten. City-Ticket kostet Bahn Millionen zusätzlich Die Bahn überweist den städtischen Verkehrsbetrieben für das neue City-Ticket jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag zusätzlich. "Unterm Strich kostet es nichts, denn es bringt uns mehr Fahrgäste", sagt Huber. Kunden müssen aber genau hinsehen, wie weit sie mit Bus, Tram, U- und S-Bahn fahren dürfen. In Berlin etwa gilt das City-Ticket nur innerhalb des S-Bahn-Rings. Entwickelt wurde das City-Ticket gemeinsam mit dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen. Deren Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff bezeichnet das erweiterte Angebot als "einen wichtigen Schritt", um Kunden umweltfreundliche Mobilität aus einer Hand anzubieten. Bahn verschärft Wettkampf Die Bahn verschärfe damit den Wettbewerb um "besonders preissensible Kunden", hieß es. Gemeint sind damit etwa Reisende, die sich andernfalls für andere Anbieter wie den Fernbus oder Mitfahrzentralen entscheiden würden. Dass die neuen Angebote eine Antwort auf Flixbus und Billigflieger sind, gibt Huber unumwunden zu. Zwar wächst der Fernbusmarkt nicht mehr so rasant, aber die Kunden haben sich an die günstige Alternative gewöhnt und erwarten niedrigere Preise auch von der Bahn. In den letzten Jahren hat sie den durchschnittlichen Sparpreis nach eigenen Angaben um über zehn Prozent gesenkt.
/wirtschaft/bahn-tickets-preise-101.html
2018-05-01
Knackpunkt Denuklearisierung
Kim-Trump-Gipfel
Ein Treffen zwischen Nordkorea und den USA scheint wieder greifbar. Ein Knackpunkt ist das Thema "Denuklearisierung", denn Kim und Trump verstehen darunter nicht das Gleiche, erklärt ARD-Korrespondent Klaus Scherer. mehr
Ein Treffen zwischen Nordkorea und den USA scheint wieder greifbar. Ein Knackpunkt ist das Thema "Denuklearisierung", denn Kim und Trump verstehen darunter nicht das Gleiche, erklärt ARD-Korrespondent Klaus Scherer. tagesschau.de: Nach der zwischenzeitlichen Absage des US-Präsidenten scheinen alle Seiten wieder bemüht, Zuversicht zu verbreiten, dass das direkte Treffen von Donald Trump und Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un am 12. Juni in Singapur zustande kommt und ein Erfolg wird. Was passiert jetzt hinter den Kulissen? Klaus Scherer: Es ist bestätigt, dass derzeit zwei US-Teams unter Hochdruck das Treffen vorbereiten. Eines, das im innerkoreanischen Grenzort Panmunjom mit den Nordkoreanern Inhalte abklopft. Und das zweite in Singapur, um die Logistik des Treffens voranzutreiben. Ob sie in der kurzen Zeit weit genug kommen, um zu gewährleisten, dass vor allem Trump hinterher von einem historischen Durchbruch sprechen kann, ist offen. Für ein weitreichendes Abkommen müssten eigentlich noch Südkorea und China ins Boot. Das Panmunjom-Team ist aber immerhin schon mit erfahrenen Akteuren besetzt, von US-Seite wie von Seiten Nordkoreas, die schon 2005 über das verhandelten, was man Denuklearisierung nennt - damals noch im Rahmen der sogenannten Sechser-Gespräche, einschließlich Südkorea, China, Japan und Russland. Bekanntlich scheiterten die. Deshalb muss ja jetzt wieder von vorne anfangen. tagesschau.de: Die Formel der vollständigen Denuklearisierung schwebt nun wieder über allem. Ist denn geklärt, dass beide Seiten auch das Gleiche damit meinen? Scherer: Überhaupt nicht, deshalb strapaziert man das Etikett ja nach außen so sehr, um die Differenzen zu überkleben. Das hält aber nicht mehr, wenn es ans Eingemachte geht, sprich: an die konkreten Abrüstungsschritte und die Gegenleistungen dafür. Trumps Position - und auch die seines Sicherheitsberaters John Bolton - wonach es bei maximalem Druck auf Nordkorea bleiben müsse (also keine Lockerung der Sanktionen, bevor Kim sein komplettes Arsenal aufgegeben habe), gilt  nicht als sehr realistisch. Warum sollte Kim das tun? Alle Erfahrung spricht dafür, dass er nur Abrüstungsschritte macht, wenn er dafür etwas erwarten kann - und dass der Zeitplan danach Jahre umfasst. Das ist das sogenannte Phasen-Modell. Das wäre aber für Trumps Geschmack womöglich zu langwierig. tagesschau.de: Was könnten denn solche Einzelschritte sein? Scherer: Ein Szenario sieht vor, dass Kim kurzfristig einer Verschiffung von Atomsprengköpfen und Langstreckenraketen zustimmt, die mutmaßlich US-Festland erreichen können. US-Quellen sprechen von 20 Sprengköpfen. Bolton würde sie am liebsten in eine Atomanlage im US-Bundesstaat nach Tennessee bringen lassen. Auch hier gilt als realistischer, dass Kim allenfalls eine kleine Anzahl von Waffen abgibt - als erneute Geste des Vertrauens. Aber selbst dann ließen sich daraus Bauart und Funktionsweise erkennen. Das wären wichtige Daten für die USA - wenn es denn tatsächlich die neuesten Raketen und Sprengköpfe wären. tagesschau.de: Welche Art Sicherheitsgarantien könnten denn Kim überhaupt dazu bringen, sein Atomarsenal vollständig aufzugeben? Scherer: Das ist die große Frage. Selbst bei einem historischen Deal könnte Kim schon nach dem Verfallsdatum schauen, sobald er sich wieder an Trumps Umgang mit dem Iran-Deal erinnert. Andererseits: Er hat sicherlich Interesse, sein Land mit Wirtschaftshilfe aus den USA, Südkorea und Japan in eine Modernisierung zu führen. Das hat er seiner neuen, gepäppelten Mittelschicht versprochen und konnte es bisher nicht liefern. Dafür muss auch er dem Westen genug anbieten.     tagesschau.de: Eine maßgebliche Rolle spielte bisher auch Südkoreas Präsident Moon, vor allem als Moderator oder gar Schlichter. Wird er nicht sehr fehlen, wenn es in Singapur zur Sache geht? Scherer: Er hat schon streuen lassen, dass er bereit sei, sobald wie möglich nach Singapur zu reisen, um aus dem Zweier- einen Dreiergipfel zu machen. Und er hält ja bis zum 12. Juni weiter auffallend Tuchfühlung zum Norden. Der Frage, was denn genau mit kompletter Denuklearisierung gemeint sei, ist aber auch er nach seinem letzten Gespräch mit Kim ausgewichen. Darauf müssten sich Washington und Pjöngjang selbst einigen, sagte er vor der Presse. Und wenn man noch bedenkt, dass die ganze Formel ja stets lautet "Denuklearisierung-der-Halbinsel" - also nicht allein des Nordens - wird es ja irgendwann auch wieder um die Präsenz der US-Truppen im Süden gehen, um die gemeinsamen Manöver und um den nuklearen Schutzschirm der USA über Südkorea und Japan. Dann wird es richtig knackig.
/ausland/interview-scherer-101.html
2018-05-01
Frontex-Beamte nach Afrika?
Forderung von Kanzler Kurz
Tausende neue Beamte und ein neues Mandat: Österreichs Kanzler Kurz möchte die Befugnisse für die Frontex-Beamten erweitern. Sie sollten bereits in Afrika tätig werden. mehr
Tausende neue Beamte und ein neues Mandat: Österreichs Kanzler Kurz möchte die Befugnisse für die Frontex-Beamten erweitern. Sie sollten bereits in Afrika tätig werden. Die EU sollte zum Kampf gegen Schleuser Frontex-Beamte auch in Afrika einsetzen. Diese Forderung hat der österreichische Kanzler Sebastian Kurz erhoben. Dies solle mit Erlaubnis der dortigen Regierung möglich sein, forderte er in einem Interview mit der "Welt am Sonntag". So könne die EU verhindern, "dass sich Schlepperboote überhaupt erst auf den gefährlichen Weg über das Mittelmeer machen", sagte der konservative Politiker. Konkrete mögliche Einsatzländer nannte Kurz nicht. Ziel sei es, das "schmutzige Geschäftsmodell" der Schlepper zu beenden, fügte er hinzu. Außerdem sollte Frontex nach Kurz' Ansicht "illegale Migranten an den Außengrenzen stoppen, versorgen und dann im Idealfall unverzüglich in das Herkunfts- oder Transitland zurückschicken". 10.000 neue Frontex-Beamte? Derzeit wird in Europa über den künftigen Zuschnitt von Frontex diskutiert. Die EU-Kommission schlug kürzlich vor, die Zahl der Mitarbeiter der Grenz- und Küstenschutzbehörde zwischen 2021 und 2027 von aktuell gut 1000 auf rund 6000 Beamte zu steigern. Nach Angaben aus EU-Kreisen gibt es dafür aufgrund der Erfahrungen mit der Flüchtlingskrise unter den Mitgliedstaaten viel Unterstützung. Auch Kurz signalisierte seine Zustimmung, mahnte allerdings eine schnellere Aufstockung an. Das von der EU-Kommission angepeilte Zieldatum 2027 sei "viel zu spät". Auch gehen ihm die Pläne nicht weit genug: Kurz will 10.000 Mitarbeiter mehr für Frontex. Österreich übernimmt EU-Vorsitz Österreich wird ab Juli für sechs Monate den EU-Vorsitz von Bulgarien übernehmen. In Nordafrika ist aktuell insbesondere Libyen ein Drehkreuz für Flüchtlinge aus Afrika, die über Italien in die EU gelangen wollen. In dem Land herrscht Chaos, in weiten Teilen haben Milizen das Sagen. Etliche dieser bewaffneten Gruppierungen sind auch im lukrativen Geschäft mit dem Schleusen von Flüchtlingen aktiv.
/ausland/kurz-frontex-101.html
2018-05-01
Kein Alkoholverbot im Ramadan gefordert
Satire über die Grünen
Eine Satire-Seite meldet, die Grünen-Politikerin Roth fordere ein Alkoholverbot in Deutschland während des Ramadan. Nutzer in sozialen Netzwerken glauben die Meldung - und beschimpfen die Politikerin. Von Patrick Gensing.
Eine Satire-Seite meldet, die Grünen-Politikerin Roth fordere ein Alkoholverbot in Deutschland während des Ramadan. Nutzer in sozialen Netzwerken glauben die Meldung - und beschimpfen die Politikerin. Die Vizepräsidentin des Bundestags, Claudia Roth, fordere "mehr Entgegenkommen der Gesellschaft hinsichtlich der Muslime im Land" ein. "Ein Verkaufsverbot für Alkohol während des Ramadans sei ein 'wichtiges Zeichen für die Toleranz'." So beginnt ein Artikel der Satire-Seite "Berlin Express". Die Überschrift lautet: "Claudia Roth: Im Ramadan soll ein Verkaufsverbot für Alkohol bestehen". Mit einem Klick auf die Rubrik "Über uns" ist der Hintergrund der Seite zu erkennen. Dort heißt es: "Wir finden auch, dass es zu wenig Online-Satire gibt. Dem wollen wir mit unserem "Berliner Express" entgegentreten." Der Herausgeber von "Berlin Express" verantwortet auch ein anderes Online-Projekt, das sich als Magazin gegen "postfaktische Mainstreammedien" bezeichnet. Steinbach: Roth soll "endlich Burka tragen" Obwohl es sich also um eine Satire handelt, nehmen einige Nutzer die Meldung ernst. Die AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative NRW teilte die Geschichte auf Twitter und kommentierte: "Für uns ist das ein absolutes No-Go. Wer hier her kommt, lebt unsere Werte. Wir unterwerfen uns nicht dem #Islam." Auch die ehemalige CDU-Abgeordnete Erika Steinbach verbreitete die Meldung und forderte, Roth solle "endlich eine Burka tragen und konvertieren". 300 Mal wurde allein dieser Tweet geteilt. https://twitter.com/SteinbachErika/status/1001118800794791938 Nutzer wiesen Steinbach auf den satirischen Hintergrund hin, was Steinbach mit der Antwort kommentierte, Roth werde "von vielen schon längst als Satire wahrgenommen". Auf einigen rechten Blogs wurde zwar mittlerweile darauf hingewiesen, dass es sich bei der Geschichte um eine Satire handele, dennoch wird Roth heftig beleidigt. "Natürlich sollte Fatimah Roth endlich Burka tragen! Alleine schon, um ihr eher 'unschönes' Äußeres nicht mehr ertragen zu müssen!", heißt es beispielsweise in einem Kommentar. Auf "Philosophia Perennis" heißt es: "Das sensible Naturell von Roth leidet ohnehin schon unter dem Dauerbeschuss von Hassmails." Auf Anfrage des ARD-faktenfinder an das Abgeordnetenbüro von Roth hieß es, dort seien bereits mehrere Zuschriften zu der Meldung eingegangen. Einige wollten wissen, ob diese Nachricht tatsächlich wahr sei, andere Zuschriften seien höchst beleidigend. Satire über Essen ernstgenommen Erst in der vergangenen Woche hatte das ungarische Staatsfernsehen gemeldet, die Stadt Essen werde während des Ramadan in Fasten umbenannt. Die neuen Schilder seien schon aufgestellt worden, hieß es mit Kameraschwenk auf den Bericht, der das zeigen soll. Ein Beweis für die Islamisierung Deutschlands - so die Botschaft. Doch auch hier handelte es sich um eine Satire.
/faktenfinder/alkoholverbot-roth-ramadan-101.html
2018-05-01
Konfliktparteien einigen sich auf Wahlen
Pariser Libyen-Konferenz
Im krisengeschüttelten Libyen soll es im Dezember Wahlen geben. Darauf verständigten sich rivalisierende Spitzenpolitiker. Eine Erklärung haben sie allerdings nicht unterschrieben. mehr
Im krisengeschüttelten Libyen soll es im Dezember Parlamentswahlen geben. Darauf verständigten sich rivalisierende Spitzenpolitiker. Allerdings: Die Erklärung des Treffens haben sie nicht unterschrieben. Im bürgerkriegserschütterten Libyen soll es am 10. Dezember Parlaments- und Präsidentenwahlen geben. Darauf verständigen sich rivalisierende Spitzenpolitiker des ölreichen Landes bei einer Konferenz in Paris, wie Gastgeber Emmanuel Macron sagte. Frankreichs Präsident sprach von einem "historischen Treffen" und einer "wichtigen Etappe", schränkte aber gleichzeitig ein, dass längst nicht alle Probleme gelöst seien. Das Parlament des nordafrikanischen Landes wurde zuletzt 2014 gewählt. Probleme bei der Umsetzung Ministerpräsident Fayez al-Sarraj und Militärkommandeur Chalifa Haftar weigerten sich bei der internationalen Konferenz in Paris aber, die Abschlusserklärung zu unterzeichnen, was auf Probleme bei der Umsetzung hindeutete. In der Abschlussdeklaration hieß es: Die libyschen Anführer verpflichten sich, die Ergebnisse von Wahlen zu akzeptieren und sicherzustellen, dass angemessene Mittel und strenge Sicherheitsvorkehrungen vorhanden sind. Diejenigen, die den Wahlprozess verletzen oder stören, werden zur Rechenschaft gezogen. Das Dokument wurde im Élysée-Palast in Anwesenheit von Vertretern von etwa 20 Staaten und dem Sondergesandten der Vereinten Nationen für Libyen, Ghassan Salamé, verlesen. Die nicht bindende Vereinbarung sieht vor, dass bis zum 16. September eine Verfassungsgrundlage für die Wahlen geschaffen wird und Wahlgesetze verabschiedet werden. Zudem soll das zerrüttete Land schrittweise auf ein Ende der parallelen Regierungen und die Vereinigung der Zentralbank und anderer Institutionen hinarbeiten. Stabilität Libyens geht Europäer direkt an Macron sagte, die Stabilität und die Sicherheit Libyens gingen die Europäer direkt an. Insbesondere Italien sei von der Migrationskrise am Mittelmeer betroffen.  Nach dem Bürgerkrieg von 2011 und dem Sturz von Diktator Muammar al-Gaddafi zerfiel das nordafrikanische Land. Angesichts der chaotischen Zustände hat sich Libyen zum bedeutenden Transitland für afrikanische Flüchtlinge und Migranten auf dem Weg nach Europa entwickelt. Libyen ist aufgeteilt zwischen al-Sarrajs von den UN anerkannter Regierung in Tripolis, die den Westen des Landes beherrscht, und dem von General Haftars Nationalarmee dominierten Osten. Beide Machtzentren werden von Milizen unterstützt. Bereits zweiter Anlauf in der Libyen-Krise Die Pariser Konferenz stand unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen. In Libyen selbst stieß das Treffen auf Skepsis, auch Beobachter sahen die Pariser Erklärung skeptisch. Bereits 2015 hatten sich die rivalisierenden Institutionen unter UN-Vermittlung auf ein Abkommen geeinigt, das die politische Krise in Libyen lösen sollte. An der tatsächlichen Lage in dem Land änderte sich bislang jedoch nur wenig. Es war bereits der zweite Anlauf Macrons in der Libyen-Krise. Im Sommer vergangenen Jahres hatte er al-Sarraj und Haftar nach Paris eingeladen. Ein damals vereinbarter Zehn-Punkte-Plan mit einer Waffenruhe und baldigen Wahlen änderte an der militärischen Lage in dem Land aber wenig.
/ausland/libyen-wahlen-101.html
2018-05-01
Welche Zahlen stimmen?
Statistiken über rechte Gewalt
Die Statistiken der Polizei und die von Beratungsstellen über rechte und rassistische Gewalt weichen deutlich voneinander ab. Warum ist das so? Von Patrick Gensing.
Die Statistiken der Polizei und die von Beratungsstellen über rechte und rassistische Gewalt weichen deutlich voneinander ab. Warum ist das so? Es ist der 6. Januar 2017: Am frühen Morgen beleidigen in einer Straßenbahn in Halle mehrere Unbekannte einen Mann. Sie rufen: "Du gehörst hier nicht her, raus aus Deutschland" und bedrängen ihn. Ein anderer Fahrgast fordert die Männer auf, damit aufzuhören. Als er aussteigt, wird der 27-Jährige von den Unbekannten verfolgt. Dann schlagen ihn zwei der Männer mit Fäusten und treten ihn. Die Polizei kann einen 21-jährigen Tatverdächtigen ermitteln, später wird er zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt, wie aus einer Antwort der Landesregierung hervorgeht. In Sachsen-Anhalt gab es im vergangenen Jahr 105 Gewalttaten, die von der Polizei als rechtsmotiviert eingestuft wurden. Die vom 6. Januar fehlt, obwohl die Staatsanwaltschaft von einer politisch motivierten Tat ausging. Auch die Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt dokumentierte den Vorfall. Sie kommt insgesamt auf deutlich höhere Zahlen als die Polizei: Demnach gab es 198 rechte, rassistische und antisemitische Angriffe in dem Bundesland - also fast doppelt so viele wie laut der offiziellen Statistik. Erhebliche Diskrepanz Sachsen-Anhalt ist kein Einzelfall: Opferberatungsstellen registrieren fast immer deutlich mehr Fälle als die Polizei, wenn es um politisch motivierte Gewalt geht. Dies wurde zuletzt beim Thema Antisemitismus diskutiert, weil die offiziellen Statistiken aus Sicht vieler Betroffenen die tatsächliche Bedrohung durch antisemitische Gewalttäter nicht realistisch abbilden. Bei der rechten Gewalt sind die Abweichungen bundesweit erheblich: Laut Bundesinnenministerium gab es 1054 solcher Gewalttaten im Jahr 2017, darunter 29 antisemitische, 158 rassistische und 52 islamfeindliche. Der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt dokumentieren für das Jahr 2017 hingegen fast 1200 Gewalttaten - allerdings nur in den ostdeutschen Ländern, Berlin und Schleswig-Holstein. Ein bundesweites Monitoring existiert nicht, da viele regionale Beratungsstellen dafür keine Kapazitäten haben. Eine Frage der Definition? Warum weichen die Zahlen so stark voneinander ab? Einfache Antworten gibt es in diesem Komplex nicht. Vielmehr spielen mehrere Faktoren eine Rolle. So definieren Opferberatungsstellen Gewalttaten teilweise anders, ihr Fokus liegt auf den Betroffenen. Zu den registrierten Gewalttaten gehören demnach massive Bedrohungen oder vehemente Sachbeschädigungen, beispielsweise wenn ein Fenster eingeworfen wird und in dem Zimmer befand sich eine Person. Oder wenn ein "Reichsbürger" seine Nachbarn immer wieder beleidigt und bedroht. Solche Fälle finden sich nicht unbedingt in den Polizei-Statistiken. Allerdings überwiegen in sämtlichen Statistiken übereinstimmend die Köperverletzungsdelikte, die auch strafrechtlich relevant sind: Der Verband der Beratungsstellen zählte bei den 1200 erfassten Gewalttaten 453 Fälle gefährlicher, 496 einfacher und acht Fälle von schwerer Körperverletzung bzw. versuchter Tötung. Zudem registriert die Polizei Delikte, die wiederum von den Beratungsstellen nicht erfasst werden: Beispielsweise Widerstand gegen die Staatsgewalt oder gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr. So ermittelte die Polizei nach einer Aktion der "Identitären" vor dem Bundesjustizministerium, weil ein Rechtsextremist als Fahrer eines Lkw dabei beinahe einen Polizisten umgefahren haben soll. Betroffene gehen nicht immer zur Polizei Unterschiedliche Definitionen allein können die Diskrepanz also nicht erklären. Ein weiterer Faktor besteht darin, dass die Polizei in vielen Fällen nichts von Gewalttaten erfährt. Es gebe Regionen, sagt Robert Kusche vom Verband der Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt, in denen Betroffene kaum noch Anzeigen erstatten. Sie hätten "zu oft erlebt, dass die Ermittlungsverfahren im Sande verlaufen, weil sie von Polizei und/oder Medien mitverantwortlich gemacht werden für die Gewalt, die sie erleben, weil sie Angst haben, dass sich Anzeigen negativ auf ihre Asylverfahren auswirken." Die Statistik der Polizei über die politisch motivierte Gewalt ist auch für viele Experten nicht geeignet, um die tatsächliche Kriminalität abzubilden. Der Kriminologe Henning Ernst Müller von der Universität Regensburg betonte, die Kriminalstatistik der Polizei sei eigentlich keine solche, "sondern eine Aufzeichnung der polizeilichen Tätigkeit im Bereich der Strafverfolgung". Die meisten Angaben hingen von Strafanzeigen ab, deren Häufigkeit keineswegs mit der tatsächlichen Kriminalität einhergehe. Spezielle Ansprechpartner Ein weiteres Problem ist, dass sich viele Betroffene nach Auskunft von Opferberatungsstellen noch immer nicht ernst genommen fühlen. Daher sei es wichtig, bei der Polizei spezielle Stellen anzubieten, an die sich Betroffene wenden können. In Berlin beispielsweise gibt es bei der Polizei eine Ansprechperson für Lesben, Schwule, Bisexuelle sowie trans- und intergeschlechtliche Menschen. Das Anzeigeverhalten verändere sich, wenn Betroffene von Behörden entsprechend behandelt würden, so die Erfahrung aus der Beratung von Opfern. Dunkelfeld soll beleuchtet werden Die Beratungsstellen können also offenkundig einen Teil des Dunkelfelds abbilden, das durch die Statistiken der Polizei nicht beleuchtet wird. Um das tatsächliche Ausmaß der Kriminalität realistischer abzubilden, fordern Opferberatungsstellen daher einen besseren Austausch mit den Ermittlungsbehörden an. Kusche vom Verband der Beratungsstellen verweist auf die NSU-Untersuchungsausschüsse, die empfohlen hatten, dass sich Polizei und Strafverfolgungsbehörden regelmäßig mit zivilgesellschaftlichen Initiativen und Beratungsstellen austauschen sollen. "Fallabgleiche zwischen Polizei und Opferberatungsstellen gibt es aber in den wenigsten Bundesländern", stellt Kusche fest. "Dabei wäre das durchaus sinnvoll - nicht nur, um das reale Ausmaß rechter Gewalt abbilden zu können, sondern weil mangelnde Strafverfolgung eben auch immer die Täter und ihre Sympathisanten zu weiteren Taten ermutigt." Experten fordern zudem, die Dunkelfeldforschung zu verbessern. 2001 und 2006 hatte die damalige Bundesjustizministerin Brigitte Zypries bei Forschern und Experten den "Periodischen Sicherheitsbericht" in Auftrag gegeben. Noch heute gelten die Berichte unter Fachleuten als Meilensteine bei der Abbildung der tatsächlichen Kriminalität - eine Wiederauflage ist bislang dennoch nicht geplant. "Fieberkurve einer Gesellschaft" Der Kriminologe Christian Pfeiffer betont im Gespräch mit dem ARD-faktenfinder, die Sicherheitsberichte seien eine sehr vernünftige Angelegenheit gewesen. Ein wohlhabendes Land wie Deutschland müsste sich eigentlich jährlich eine repräsentative Befragung leisten, um eine Fieberkurve der Gesellschaft zu erstellen. Pfeiffer verwies als positives Beispiel auf Niedersachsen, wo das Landeskriminalamt alle zwei Jahre eine Dunkelfeldstudie vorlegt, um Informationen über nicht zur Anzeige gebrachte Kriminalität zu erlangen. "Wenn man Dunkelfelder ausleuchten will", so Pfeiffer, "muss man Betroffene fragen". Das gilt für die Kriminalität allgemein - und insbesondere für Gruppen wie Migranten oder Juden.
/faktenfinder/pmk-rechts-gewalttaten-101.html
2018-05-01
Ein Problem in eine Chance verwandeln
EU-Plastikverbot
Keine Strohhalme, keine Teller und kein Besteck mehr aus Kunststoff - die EU-Pläne zum Plastikverbot sind ambitioniert. Doch die Umsetzung könnte sich schwierig gestalten. Von Holger Romann.
Keine Strohhalme, keine Teller und kein Besteck mehr aus Kunststoff - die EU-Pläne zum Plastikverbot sind ambitioniert. Doch die Umsetzung könnte sich schwierig gestalten. Schätzungsweise 37 Kilogramm Plastikmüll verursacht allein jeder Deutsche jedes Jahr. EU-weit ist der Müllberg gut 26 Millionen Tonnen schwer. Und ein nicht geringer Teil davon landet in der Umwelt, vor allem in den Meeren in Form gigantischer Müllstrudel von sogenanntem Mikroplastik. Die Folgen für Fische und Vögel, aber letztlich auch für den Menschen seien verheerend, betont EU-Kommissionsvize Frans Timmermans. Plastik in der Luft, Plastik in den Ozeanen, in der Nahrung und auch in unseren Körpern - der Missstand, den der Niederländer anprangert, wird zu einem ernsten Problem. Deshalb sagte die EU-Kommission auch schon vor längerer Zeit dem Plastikmüll den Kampf an. Eine Richtlinie gegen Einweg-Plastiktüten gibt es bereits; nun legt die Behörde weitere konkrete Vorschläge auf den Tisch. "Unsere Richtlinie deckt 70 Prozent des Plastikmülls ab, der an Europas Stränden zu finden ist", so Timmermans. "Wir zielen auf die zehn meistverbreiteten Einwegprodukte, die in der Umwelt landen und die sich nur sehr schwer recyceln lassen." Schwarze Liste Müll zu vermeiden hält die EU-Kommission immer noch für die beste Strategie. Kern der neuen Richtlinie, die Timmermans und sein finnischer Kollege Jürki Katainen in Brüssel präsentierten, ist daher eine Schwarze Liste mit Wegwerfartikeln, auf die man problemlos verzichten könnte. Auf der Verbots-Agenda ganz oben: zum Beispiel Plastikgeschirr und Plastikbesteck, wie sie bei Kinderpartys oder Grillfesten häufig verwendet werden. "In der Praxis bedeutet das: Sie werden im Supermarktregal keine Wattestäbchen mehr aus Plastik finden", erklärt Timmermans. "Wohl aber solche aus einem umweltfreundlicheren Material. Dasselbe gilt für Strohhalme, Kaffeerührer, Ballonhalter und Teller." Darüber hinaus nehmen die Kontrolleure eine Reihe von Wegwerfartikeln ins Visier, die zwar nicht verboten, wohl aber massiv zurückgedrängt werden sollen. Darunter Verpackungen für Fastfood oder Getränke, Plastikdeckel oder Luftballons. Einsparungen im Milliardenbereich Der Entwurf der Kommission nimmt dabei die Hersteller solcher Produkte verstärkt in die Pflicht. Für sie soll es finanzielle Anreize geben, weniger der praktischen, aber umweltschädlichen Helferlein zu produzieren. Neben der Kunststoffindustrie will man aber auch die Mitgliedsstaaten an den Kosten beteiligen, etwa für die Säuberung der Natur oder für Aufklärungskampagnen. Auf lange Sicht, so der für Wachstum und Beschäftigung zuständige EU-Kommissar Katainen, spare die EU nicht nur geschätzte 6,5 Milliarden Euro, sie tue auch etwas für ihr gutes Gewissen und verschaffe sich international einen Wettbewerbsvorteil. Die Grundidee sei, das Problem in eine Chance zu verwandeln. Einwegplastik, das wertvolle Ressourcen verschlinge, sei nun mal keine clevere Wahl - weder ökonomisch noch ökologisch, so der Finne. Gestaffelte Ziele Als erste wichtige Zielmarke nennen die EU-Kommissare das Jahr 2025. Bis dahin sollten mindestens 90 Prozent aller Getränkeflaschen aus Plastik in der EU recycelt werden. Wenn nötig mit Hilfe eines Pfandsystems, wie man es seit 2003 aus Deutschland kennt. Im Jahr 2030 soll die Quote dann bei 100 Prozent liegen. Komplizierte Umsetzung Die Pläne der Kommission sind ehrgeizig, doch ob und wann sie tatsächlich Gesetz werden, steht momentan in den Sternen. Sowohl das EU-Parlament, also auch die Regierungen der Mitgliedsstaaten müssten zustimmen. Dass man hier noch vor den nächsten Europawahlen, im Mai 2019, zu einem Kompromiss findet, ist mehr als fraglich. Zum anderen gibt es an der Richtlinie schon jetzt viel Kritik: So bemängeln Umweltschützer und Grüne im Parlament, die vorgeschlagenen Maßnahmen griffen zu kurz. Der grüne EU-Abgeordneten Martin Häusling spricht von "Symbolpolitik". Statt Strohhalme oder Ballonhalter aus Kunststoff zu verbieten, rät er, vor allem gegen Plastikverpackungen von Lebensmitteln vorzugehen und das Recycling in allen Bereichen systematischer als bisher zu betreiben.
/ausland/eu-plastikverbote-103.html
2018-05-01
Große Mehrheit stützt Iran-Deal
DeutschlandTrend
Die EU will am Atomabkommen mit dem Iran festhalten - und hat dabei die Mehrheit der Deutschen hinter sich. Laut dem ARD-DeutschlandTrend fordert nur jeder Zehnte, das Abkommen zu kündigen. mehr
Die EU will am Atomabkommen mit dem Iran festhalten - und hat dabei die Mehrheit der Deutschen hinter sich. Laut dem ARD-DeutschlandTrend fordert nur jeder Zehnte, das Abkommen zu kündigen. Nach dem einseitigen Ausstieg der USA aus dem Iran-Atomabkommen fordern acht von zehn Deutschen (81 Prozent), dass die EU am bestehenden Vertrag mit dem Iran festhält. Nur jeder Zehnte (10 Prozent) plädiert dafür, den USA zu folgen und das Abkommen ebenfalls zu kündigen. Das zeigt der neue ARD-Deutschland Trend für das Morgenmagazin. Staatliche Investitionen wichtiger als Schuldenabbau Gefragt wurde auch nach den Steuermehreinnahmen. Bund, Länder und Kommunen können bis zum Jahr 2022 mit 63,3 Milliarden Euro mehr an Steuereinnahmen rechnen als bisher prognostiziert. Was mit diesem Geld passieren soll - darüber sind die Befragten geteilter Meinung. 60 Prozent der Deutschen sprechen sich dafür aus, die Steuer-Mehreinnahmen für staatliche Investitionen zu verwenden. Einem Drittel (34 Prozent) ist es dagegen wichtiger, dass der Staat mit dem Steuergewinn öffentliche Schulden tilgt. Staatliche Investitionen werden am häufigsten von Anhängern der Linken (72 Prozent), der SPD (67 Prozent) und der Grünen (64 Prozent) bevorzugt, weniger häufig von den Wählern der FDP (58 Prozent), AfD (56 Prozent) und der Union (55 Prozent). Sonntagsfrage: Union legt zu, SPD verliert Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, käme die Union auf 33 Prozent der Wählerstimmen, die SPD auf 17 Prozent. Für die AfD entschieden sich 14 Prozent der Befragten. Die Grünen würden 13 Prozent der Bürgerinnen und Bürger wählen, die Linke zehn Prozent und die FDP acht Prozent. Insgesamt würde die Regierungskoalition aus Union und SPD 50 Prozent der Stimmen erreichen. Im Vergleich zum DeutschlandTrend vom 9. Mai 2018 gewinnen Union und Linke jeweils einen Prozentpunkt hinzu, SPD und AfD verlieren jeweils einen Prozentpunkt. Die Stimmenanteile für die Grünen und die FDP bleiben unverändert.
/inland/deutschlandtrend/deutschlandtrend-1247.html
2018-05-01
EU gibt sich selbstbewusst
Handelsstreit mit den USA
Die Handelsminister der EU stellen im Zollstreit mit den USA Bedingungen, Russland und Japan warnen vor den Folgen eines Handelskriegs. Schon am 1. Juni könnten die US-Strafzölle in Kraft treten. mehr
Die Handelsminister der EU stellen im Zollstreit mit den USA Bedingungen, Russland und Japan warnen vor den Folgen eines Handelskriegs. Schon am 1. Juni könnten die US-Strafzölle in Kraft treten. Die Europäische Union wird nur dann über Handelserleichterungen für US-Unternehmen verhandeln, wenn sie vollständig von den neuen Sonderzöllen auf Stahl- und Aluminiumprodukte ausgenommen wird. Dies bekräftigte die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström am Rande eines EU-Handelsministertreffens in Brüssel. Gleichzeitig warnte sie vor zu großen Erwartungen an das europäische Kompromissangebot: "Ich glaube nicht, dass die Ausnahmen verlängert werden. Es wird also eine Art von Entscheidung geben, und wir müssen uns auf verschiedene Szenarien vorbereiten." In der vergangenen Woche hatten die EU-Staats- und Regierungschefs den USA ein Kompromissangebot unterbreitet. Es sieht Handelserleichterungen für amerikanische Firmen vor, wenn die USA im Gegenzug eine dauerhafte Ausnahmeregelung für die EU bei den US-Sonderzöllen auf Stahl- und Aluminium erlässt. Altmaier verhalten optimistisch Anders als Malmström bezeichnete Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) die Frage, ob die US-Sonderzölle noch zu verhindern seien, als "völlig offen". Es seien "konkrete Gespräche" mit Washington nötig, um einen Handelskrieg zu vermeiden, sagte Altmaier, der für die Bundesregierung beim Handelsministertreffen vertreten hatte. Europa sei zwar ein selbstbewusster Verhandlungspartner, dennoch sei es wichtig, Zölle zu vermeiden. Mit konkreten Gesprächen etwa über Industriestandards sei dies "noch erreichbar". EU will Freihandel ausweiten Die Mitgliedstaaten der EU haben die EU-Kommission derweil beauftragt, mit Australien und Neuseeland über Freihandelsabkommen zu verhandeln. Die Entscheidung sei eine "Botschaft an die Welt, dass die EU sich zu Offenheit, freiem Handel und internationaler Zusammenarbeit bekennt", erklärte Wirtschaftsminister Emil Karanikolow aus Bulgarien, dessen Land derzeit den Vorsitz im Rat der EU innehat. Ziel sei der weitere Abbau von Handelsschranken und Zöllen sowie ein besserer Zugang zu öffentlichen Aufträgen in Australien und Neuseeland. Die EU treibt derzeit ihre Verhandlungen über Handelsabkommen mit anderen Ländern und Regionen voran. Mit Mexiko wurde eine Einigung über die Modernisierung eines bestehenden Abkommens getroffen. Abkommen mit Japan und Singapur sollen bald ratifiziert werden. Auch die Verhandlungen mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay befinden sich in der Endphase. Russland und Japan warnen die USA Im Handelsstreit mit den USA drohen nun auch Russland und Japan mit Gegenmaßnahmen. Beide Länder warnen vor Sanktionen im Wert von zusammen fast einer Milliarde Dollar. Das geht aus Mitteilungen an die Welthandelsorganisation (WTO) hervor. Ähnliche Dokumente der EU und Chinas waren bereits vergangene Woche bei der WTO eingegangen. Russland erwartet durch die US-Strafzölle jährliche Zusatzbelastungen in Höhe von 538 Millionen Dollar. Japan bezifferte die Kosten für sich auf 440 Millionen Dollar. Beide Staaten betonten, sie hätten nun das Recht, US-Importe in derselben Höhe zu belasten. Welche Produkte dies sein könnten, wurde nicht ausgeführt.
/ausland/usa-im-zollstreit-unter-druck-101.html
2018-05-01
Peking stationiert offenbar Raketen
Südchinesisches Meer
Das chinesische Militär verstärkt seine Präsenz im Südchinesischen Meer. Einem Medienbericht zufolge stationierte Peking erstmals Raketen auf den Spratly-Inseln. Die Atolle werden von mehreren Staaten beansprucht. mehr
Das chinesische Militär verstärkt seine Präsenz im Südchinesischen Meer. Einem Medienbericht zu Folge stationierte Peking erstmals Raketen auf den Spratly-Inseln. Die Atolle werden von mehreren Staaten beansprucht. China hat einem Fernsehbericht zufolge auf mehreren umstrittenen Inseln im Südchinesischen Meer Raketensysteme errichtet, mit denen Flugzeuge und Schiffe getroffen werden können. Die Marschflugkörper seien auf Atolle in der Spratly-Inselgruppe gebracht worden, berichtete der Sender "CNBC" unter Berufung auf Geheimdienstkreise. Inseln werden von mehreren Staaten beansprucht Dem Bericht zufolge können mit den Waffen Schiffe in einem Umkreis von 550 Kilometern sowie Flugzeuge, Drohnen und Marschflugkörper in einer Entfernung von 300 Kilometern getroffen werden. Sollte der Bericht stimmen, wäre es die erste Raketenstationierung auf den Spratlys, die von mehreren Staaten wie Vietnam oder Taiwan beansprucht werden. Chinesische Vertreter gaben zunächst keine Stellungnahme ab. Das US-Verteidigungsministerium erklärte, man kommentiere Geheimdienstangelegenheiten nicht. Die USA verfolgen die chinesischen Aktivitäten in dem Gebiet mit Argwohn. Durch das Südchinesische Meer verlaufen wichtige Schifffahrtsrouten.
/ausland/china-spratlys-raketen-101.html
2018-05-01
Von Trump kaltgestellt
EU nach Zoll-Entscheidung
Mehr zahlen für Jeans und Whiskey? Für die Verbraucher ist das noch das geringste Übel des Handelsstreits, meint Ralph Sina. Trump treibe die EU vor sich her - und das bedrohe Arbeitsplätze in Deutschland. mehr
Mehr zahlen für Jeans und Whiskey? Für die Verbraucher ist das noch das geringste Übel des Handelsstreits. Trump treibt die EU vor sich her - und das bedroht Arbeitsplätze in Deutschland. Hammerhart trifft es jetzt die Europäische Union. Und vor allem ihren Exportmeister Deutschland: Erst lässt Trump den Iran-Deal mit der EU platzen. Dann verhängt er Strafzölle auf EU-Stahl- und Aluminium. Und das alles ist nur das Vorspiel für Trumps eigentlichen Angriff auf Europas Automobilindustrie - allen voran auf BMW, VW, Audi, Daimler und Porsche, die er in Zukunft deutlich weniger oft vor seinem Trump-Tower in Manhattan sehen möchte. Die uneinsichtigen Europäer würden die Eskalation des Handelskriegs ja geradezu provozieren, tönt US-Handelsminister Wilbur Ross: Erst überschwemmten sie den US-Markt mit europäischen Produkten und erhöben gleichzeitig unfair hohe Einfuhrzölle auf amerikanische Importwaren. Und jetzt, wo Donald Trump einen Ansatz von Fair Play herzustellen versuche, erdreiste sich die EU, Rachezölle auf Harleys, Bourbon-Whiskey und Levi's-Jeans zu erheben. Und stranguliere die amerikanischen Datengiganten Facebook, Google, Amazon und Co. zudem noch mit einer Datenschutzgrundverordnung, die nur ein Ziel habe: den Internet-Größen des Silicon Valley das transatlantische Leben schwer zu machen. Handelskrieg trifft Verbraucher auf beiden Seiten des Atlantiks Damit ist klar: Der Handelskrieg beginnt gerade erst. Und er trifft Verbraucher und Arbeitnehmer auf beiden Seiten des Atlantiks mit voller Wucht. Dabei sind höhere Preise für US-Jeans, Whiskey und Tomaten noch das geringste Übel. Trumps Handelskrieg bedroht Arbeitsplätze des EU-Exportmeisters Deutschland, wenn der US-Präsident seine Drohung wahr macht und 25 Prozent Importsteuern auf in der EU produzierte Pkw erhebt. Denn knapp ein Drittel aller deutschen Arbeitsplätze hängen vom Export ab. Und die deutschen Autoexporteure verdienen bisher in den USA richtig gutes Geld, weil sie dort vor allem Luxuslimousinen und Sportwagen mit hohen Gewinnmargen verkaufen. Man werde nicht unter Druck mit Trump verhandeln, haben sich die Europäer noch vor kurzem geschworen. Doch schon jetzt knickt EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ein und kündigt Gespräche über den Autosektor an. Die EU steht auf dem Trump-Prüfstand. Im Ernstfall zählen für sie Arbeitsplätze deutlich mehr als Prinzipientreue. Trump hat die Europäische Union hammerhart dort, wo er sie haben wollte: in der Defensive.
/kommentar/kommentar-zoelle-usa-eu-101.html
2018-05-01
Seehofers verbales Schulterzucken
"Ankerzentren" in der Kritik
Bis Herbst sollen die ersten "Ankerzentren" für Asylsuchende eröffnen. Zunehmend positioniert sich der Koalitionspartner SPD gegen Seehofers Lieblingsprojekt. Der bleibt jedoch zuversichtlich. mehr
Bis Herbst sollen die ersten "Ankerzentren" eröffnen - trotz massiver Kritik. Zunehmend profiliert sich der Koalitionspartner SPD mit Kritik. Doch Innenminister Seehofer bleibt bei seinem Lieblingsprojekt. Die geplanten "Ankerzentren" entwickeln sich immer mehr zum Problemfall: Viele Bundesländer, die Polizei und Verbände sind strikt dagegen. Doch Innenminister Horst Seehofer hält an seinem Prestige-Projekt fest. "Die Gespräche mit den Bundesländern zeigen, dass es durchaus die Bereitschaft gibt, sich an den Piloten zu beteiligen und die "Ankerzentren" so auch mitzugestalten", sagte der CSU-Vorsitzende der "Bild am Sonntag". Sechs Pilotprojekte will Seehofer bis September eröffnen. Dort sollen Ausländer bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens und einer möglichen Abschiebung untergebracht werden - bis zu 1500 pro Standort. Seehofer glaubt, dass die Kritiker nach der Pilotphase verstummen. Nach einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur sperren sich bisher die meisten Länder gegen die Einrichtung der "Ankerzentren". Sie mahnen konkretere Pläne an. Bislang unterstützen nur Bayern und Sachsen die "Ankerzentren". Kritik an Seehofers Plänen Kritik kommt auch von der SPD, die Asyl-und Sicherheitsthemen inzwischen offenbar als besonders relevant für viele Wähler erkannt hat: Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil ging auf Konfrontationskurs zum Innenminister und mahnte konkrete Pläne an. Offenbar sei "Seehofer der einzige, der dieses Rätsel lösen kann". "Wir haben Erstaufnahmezentren in Bad Fallingbostel und Bramsche", fügte Weil hinzu: "Die laufen gut." Wenn es nur darum ginge, "das Türschild auszuwechseln, dann wäre das für uns kein Problem", ergänzte er. "Wenn Seehofer mit dem Begriff Anker-Zentren jedoch etwas anderes meint, dann möge er uns bitte erst mal sagen, was er denn will", verlangte Weil. Was wir definitiv nicht zulassen werden ist, dass beispielsweise in einer Stadt wie Bad Fallingbostel mit 10.000 Einwohnern 1000 bis 1500 Flüchtlinge anderthalb Jahre ohne Perspektive in einer Einrichtung leben müssen», sagte Weil der "Nordwest-Zeitung": "So etwas wird es mit mir in Niedersachsen nicht geben. Pistorius: Grundgesetzänderung nötig? Gleichzeitig wies Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" Vorwürfe der Union zurück, er halte sich nicht an die ausgehandelte Einigung im Koalitionsvertrag. "Im Koalitionsvertrag steht nur das Ziel, welches wir mit "Ankerzentren" verfolgen, also vor allem schnellere Verfahren", sagte der SPD-Politiker. "Wie dies zu erreichen ist, muss der Bundesinnenminister jetzt sagen. Solange ich das nicht weiß, kann ich kaum zustimmen." Er hält Gesetzesänderungen für nötig - vielleicht "sogar auf Ebene des Grundgesetzes". Seehofer hatte demgegenüber gesagt, Gesetzesänderungen seien für die geplanten Pilotprojekte nicht erforderlich. Auch die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles ist skeptisch. Die entscheidenden Fragen seien noch ungeklärt, sagt sie der "Passauer Neuen Presse". "Stattdessen kritisiert die CSU die Länder, weil diese angeblich blockieren, dabei machen die Länder nur darauf aufmerksam, dass sie nicht wissen, was auf sie zukäme - außer dass sich die Bundespolizei nicht beteiligen will." Solange Seehofer nicht für Klarheit sorge, werde er sich kritische Fragen gefallen lassen müssen. Pro Asyl: "Entrechtung von Asylsuchenden" "Anker" ist die Kurzform für Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtung. Nach Plänen des Bundesinnenministeriums sollen dort Erwachsene alleinstehende Asylbewerber bis zu 18, Familien bis zu sechs Monate bleiben, um sicherzustellen, dass beim Verlassen ihr Asylverfahren beendet ist. Seehofer erhofft sich von den "Ankerzentren" eine Erhöhung der Abschiebezahlen durch die direkte Ausreise aus den Zentren. Die Flüchtlingsrechtsorganisation Pro Asyl kritisiert, die "Entrechtung der Asylsuchenden". Die Schutzsuchenden sollten "entmutigt" und dazu gebracht werden, entweder in ihre Heimatländer oder in ein anderes EU-Land zurückzukehren.
/inland/ankerzentren-seehofer-101.html
2018-05-01
Kohls Entschädigung ist nicht vererbbar
Gerichtsentscheidung
Kurz vor seinem Tod wurde Helmut Kohl eine Millionenentschädigung zugesprochen. Ein Gericht hat jetzt entschieden: Seine Witwe hat keinen Anspruch darauf. Sie will den Fall vor den Bundesgerichtshof bringen. mehr
Kurz vor seinem Tod wurde Helmut Kohl eine Millionenentschädigung zugesprochen. Ein Gericht hat jetzt entschieden: Seine Witwe hat keinen Anspruch darauf. Sie will den Fall vor den Bundesgerichtshof bringen. Maike Kohl-Richter hat keinen Anspruch auf eine Entschädigung, die ihrem verstorbenen Mann Helmut Kohl zugesprochen wurde. Das entschied das Oberlandesgericht Köln in Abwesenheit der Witwe und Alleinerbin Kohls. Kohl-Richter hatte durchsetzen wollen, dass ihr die Summe in Höhe von einer Million Euro zustehe, die Kohl wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts kurz vor seinem Tod erstritten hatte. Genugtuung lässt sich nicht vererben Diesen Anspruch wies die Vorsitzende Richterin Margarete Reske zurück. Sie begründete die Entscheidung damit, dass es bei einer Entschädigung darum gehe, dem Betroffenen Genugtuung zu verschaffen. Das sei nur möglich, solange dieser noch lebe. Vererben könne man eine Entschädigung nicht. Ihre Anwälte hatten argumentiert, dass für Altkanzler Kohl als Person der Zeitgeschichte von herausragender Bedeutung andere Maßstäbe gälten. Gegen das Urteil will Kohl-Richter in Revision gehen Damit bringt sie den Fall an den Bundesgerichtshof. Ihr Anwalt Thomas Hermes teilte mit: "Wir sind der Auffassung, dass Täter vom Tod des Opfers nicht profitieren dürfen, und werden daher den Bundesgerichtshof anrufen." Die Entschädigung wurde Kohl zugesprochen wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts in dem Buch "Vermächtnis: Die Kohl-Protokolle" des Journalisten Heribert Schwan. Auch bei der Verhandlung am Oberlandesgericht Köln wurde festgestellt, dass das Buch zahlreiche "Fehlzitate", "Kontext-Verfälschungen" und "grobe Verletzungen der journalistischen Sorgfaltspflicht" enthalte. Einen Entschädigungsanspruch an Kohls Witwe sah das Gericht deshalb aber nicht gegeben.
/inland/kohl-entschaedigung-nicht-vererbbar-101.html
2018-05-01
Für Europa elektrisieren
Ein Jahr vor Europawahl
In genau einem Jahr findet die Europawahl statt. Populisten sehen sich im Aufwind, Pro-Europäer aber auch. Kai Küstner hat einen jungen Italiener getroffen, der mit seiner neuen "Volt"-Partei für die EU begeistern will. mehr
In genau einem Jahr findet die Europawahl statt. Populisten sehen sich im Aufwind, Pro-Europäer aber auch. Kai Küstner hat einen jungen Italiener getroffen, der mit seiner neuen "Volt"-Partei für die EU begeistern will. Es dauerte nur ein paar Minuten, dann war der Italiener Andrea Venzon bekehrt. Am Morgen, nachdem die Briten in ihrem Brexit-Referendum den Austritt aus der EU beschlossen, entschied sich der 26-Jährige für den Eintritt in die Politik. Viele in Europa stürzte die Abstimmung auf der Insel in eine lähmende Depression. Venzon hingegen fand, dass es Zeit war zu handeln: "Als das mit dem Brexit passierte, arbeitete ich in der Privatwirtschaft. Ich schaute mich um und fand keinen Politiker und keine Partei, die bereit war, für meine Werte einzustehen und Europa und dessen Werte zu verteidigen." Menschen für Europa elektrisieren Um für die EU zu kämpfen, gründete Venzon mit einer französischen Bekannten und einem deutschen Kollegen "Volt" - das, was er "die erste wirklich gesamteuropäische und fortschrittliche Bewegung" nennt. "Volt" - das klingt danach, als wolle er die Menschen für Europa elektrisieren. Und genau das ist auch das Ziel: "Unsere erste Herausforderung wird die Europawahl 2019. Wir wollen in mindestens sieben EU-Staaten antreten und 25 Sitze gewinnen. Das ist ehrgeizig, aber unser Ziel." Zum Interview mit dem ARD-Studio Brüssel erschien der junge Italiener lässig im T-Shirt, mit einem Laptop unter dem Arm und erklärt bei der Gelegenheit auch, was seine - zugegeben - noch etwas kleinere Bewegung von der des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron unterscheidet: "Wir haben die positive und pro-europäische Botschaft gemeinsam. Aber unser Ansatz ist nicht, dass sich ein nationaler Politiker auf benachbarte Länder ausbreitet. Wir wollen echt europäisch sein und finden, dass man von unten nach oben arbeiten muss, also nicht von berühmten Politikern ausgehend." EU - beliebt und verhasst Einerseits liegt Venzon ein Jahr vor der Europawahl mit seiner Pro-EU-Botschaft zwar im Trend: Der aktuellen Eurobarometer-Umfrage zufolge genießt die Europäische Union Beliebtheitswerte wie seit 1983 nicht mehr. Zwei Drittel der Befragten glauben, ihr Land habe Vorteile durch die EU-Mitgliedschaft. Doch gleichzeitig scheint die Bedrohung für die Union durch den Populismus noch nie so groß gewesen zu sein - weil Populisten mittlerweile an den Schalthebeln der Macht sitzen, mitten in der EU. "Die Kräfte, die die Wahlen in Italien gewonnen haben, müssen jeden Europäer mit großer Sorge erfüllen. Die Entwicklung in Polen, Ungarn, Malta oder der Slowakei sind Alarmsignale", warnt der konservative EU-Abgeordnete Othmar Karas, in dessen Heimatland Österreich die rechte FPÖ mitregiert. Weiterentwickeln oder zerstören? Dass zeitgleich Europa und auch dessen Gegner beliebter denn je scheinen, ist nur oberflächlich ein Widerspruch. Es ist schlicht Ausdruck der starken Polarisierung, die sich bei so ziemlich allen zurückliegenden Wahlen, angefangen bei der Brexit-Abstimmung, beobachten ließ. Kaum zu erwarten, dass die Europawahl 2019 davon verschont bleibt: "Sie wird eine Auseinandersetzung zwischen jenen, die Europa weiterentwickeln, und jenen, die es zerstören wollen", so Karas. Wie stark die EU-Gegner werden, dürfte entscheidend auch davon abhängen, ob die Mitgliedstaaten bei den versprochenen Reformen wirklich liefern: etwa beim Asylsystem und der Eurozone. Noch ist nicht absehbar, dass dies geschieht.
/ausland/europawahl-105.html
2018-05-01
EU will Strohhalme und Co. verbieten
Kampf gegen Plastikmüll
Die EU-Kommission will Einmalprodukte aus Plastik verbieten. Dazu zählen etwa Strohhalme, Luftballonhalter oder Rührstäbchen. Heute präsentiert die Kommission ihre Pläne. Kai Küstner über die genauen Inhalte. mehr
Die EU-Kommission will Einmalprodukte aus Plastik verbieten. Dazu zählen etwa Strohhalme, Luftballonhalter oder Rührstäbchen. Am Montag präsentiert die Kommission ihre Pläne. Kai Küstner über die genauen Inhalte. Ungefähr im Jahr 2050 dürfte es so weit sein: Dann schwimmen in den Weltmeeren mehr Plastikteile als Fische. Das hat die EU-Kommission errechnet - und sie will unbedingt verhindern, dass es tatsächlich so weit kommt: "Jede Sekunde landen etwa 700 Kilogramm Plastikmüll in unseren Ozeanen", warnt EU-Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans. Er hat von Experten prüfen lassen, welche zehn Einwegartikel aus Plastik ganz besonders oft an den Stränden angespült werden. Dazu gehören Plastikteller und Plastikbesteck genauso wie Strohhalme. Genau diese Wegwerfgegenstände will die Kommission nun verbieten lassen - soweit sie sich problemlos und preisgünstig ersetzen lassen. "Es ist wichtig, dass wir den Gebrauch dieser Produkte massiv einschränken." Bereits Anfang Mai hatte ein erster durchgesickerter Gesetzentwurf der Brüsseler Behörde für Diskussionen gesorgt: Fanden sich auf der Verbotsliste neben dem Einweggeschirr auch Luftballonhalter und Plastik-Ohrstäbchen sowie Kaffee-Rührstäbchen aus Kunststoff. Dabei wird es nun auch in der Endfassung bleiben, wie das ARD-Studio Brüssel erfuhr. Richtig so, meint der Grüne EU-Parlamentarier Bas Eickhout: "Es gibt gute Gründe dafür, diese Dinge zu beschränken, weil die wirklich am Ende sehr sichtbar in der Natur landen." Umweltministerin: "Schrittweise aus dem Verkehr nehmen" Einen möglichen Aufschrei der Verbraucher, Brüssel wolle ihnen den Spaß an Grillabenden oder Kindergeburtstagen verderben, versucht die Kommission durch das Argument zu entkräften, für Plastikteller und Luftballonhalter gebe es ja längst umweltfreundlichen Ersatz. Und den Kaffee müsse man auch nicht unbedingt mit einem Plastikstäbchen umrühren. Die Bundesregierung jedenfalls signalisiert Zustimmung: "Da, wo man Plastik heute schon gut ersetzen kann, also bei den Einwegartikeln, da sollte man das auf europäischer Ebene regeln und schrittweise aus dem Verkehr nehmen", sagt Bundesumweltministerin Svenja Schulze im ARD-Interview. Sie mahnt zudem ein stärkeres Recycling von Plastik an. In dem Kommissionspapier findet sich auch der Vorschlag, dass bis zum Jahr 2025 die Mitgliedstaaten 90 Prozent aller Plastikflaschen einsammeln sollen - zum Beispiel durch ein Pfandsystem. Auch Trinkbecher und Verpackungen für Fastfood aus Plastik sollen die EU-Staaten eindämmen. Wie sie das erreichen, bleibt ihnen aber weitgehend selbst überlassen. In Brüssel kann man sich auch gut vorstellen, dass jedes EU-Land für jedes nichtrecycelte Kilogramm Plastikmüll einen bestimmten Betrag in den Gesamthaushalt einzahlt. Doch von der Umsetzung dieser Idee ist man noch weit entfernt. "Halten wir uns nicht mit Ballonstangen auf" Aus Sicht von Parlamentarier Eickhout gehen die Kommissionsvorschläge in die richtige Richtung. Doch das eigentliche Problem, nämlich der Verpackungsmüll, kommt ihm bei der Diskussion über Q-Tipps und Co. etwas zu kurz: "Halten wir uns nicht mit Ballonstangen auf." Der Gesetzesvorstoß der Kommission muss übrigens erst noch mit den Einzelstaaten und dem EU-Parlament verhandelt werden. Doch am liebsten hätte man in Brüssel spätestens im Frühjahr etwas vorzuweisen. Dann hätte man nämlich rechtzeitig vor der Europawahl bewiesen, dass man der Verschmutzung der Weltmeere nicht tatenlos zusehen will.
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2018-05-01
EU kündigt Gegenmaßnahmen an
Zollentscheidung der USA
EU-Kommissionspräsident Juncker hat die US-Zölle auf Stahl und Aluminium als inakzeptabel bezeichnet. Die EU, Großbritannien und Mexiko kündigten Gegenmaßnahmen an. Die Bundesregierung warnt vor einer Eskalation. mehr
EU-Kommissionspräsident Juncker hat die US-Zölle auf Stahl und Aluminium als inakzeptabel bezeichnet. Die EU, Großbritannien und Mexiko kündigten Gegenmaßnahmen an. Die Bundesregierung warnt vor einer Eskalation. Die EU wird mit Gegenmaßnahmen auf die von den USA angekündigten Sonderzölle auf europäische Stahl- und Aluminiumprodukte reagieren. Das kündigte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker an. Die Zölle seien völlig inakzeptabel, sagte er. "Das ist ein schlechter Tag für den Welthandel." Die EU werde "in den nächsten Stunden" Gegenmaßnahmen ankündigen. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström erklärte, die EU-Antwort werde verhältnismäßig und in Übereinstimmung mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO sein. Die EU werde nun bei der WTO den entsprechenden Mechanismus zur Konfliktlösung aktivieren. US-Handelsminister Wilbur Ross sagt dem Sender CNBC, Gegenmaßnahmen der EU oder von anderen hätten wahrscheinlich keine großen Auswirkungen auf die US-Wirtschaft. Bütikofer: EU muss sich standhaft zeigen Die EU müsse US-Präsident Trump jetzt zeigen, dass sie nicht mit sich Schlitten fahren lässt sagt der Grünen-Europaparlamentarier und Experte für transatlantische Beziehungen, Reinhard Bütikofer, gegenüber dem ARD-Studio Brüssel. Entsprechende Gegenmaßnahmen seien vorbereitet: Es werde Gegenzölle auf US-Produkte geben - deren Umfang liege aber unterhalb des Niveaus der US-Schutzzölle auf EU-Stahl und Aluminium. Bundesregierung warnt vor Eskalation Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte die von den USA verhängten Zölle und warnte vor einer Eskalationsspirale. "Wir halten diese einseitige Maßnahme für rechtswidrig, die angeführten Gründe der nationalen Sicherheit tragen nicht", teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. "Die Maßnahme birgt vielmehr die Gefahr von Eskalationsspiralen, die im Ergebnis allen schaden." Außenminister Heiko Maas bezeichnete die US-Entscheidung als nicht nachvollziehbar. "Unsere Antwort auf 'America First' kann nur heißen: 'Europe united'", sagt er. Deutschland habe kein Interesse an einer Eskalation. Wirtschaftsminister Peter Altmaier kündigte an, dass die EU "gemeinsam und entschlossen" handeln werde. Dies schließe mögliche Gegenmaßnahmen ein. Verband sieht Stahlschwemme in Europa Der europäische Stahlverband Eurofer kritisiert die US-Stahlzölle als "blanken Protektionismus". Nun müsse die EU-Kommission schnell handeln, um die hiesige Stahlbranche zu schützen. Hintergrund ist die Furcht, dass eigentlich für Amerika bestimmter Stahl in Europa verkauft wird. In den ersten vier Monaten des Jahres seien die Stahlimporte in die EU bereits um acht Prozent nach oben geschnellt. Mexiko und Großbritannien reagieren ebenfalls Großbritannien äußert sich in einer ersten Reaktion "sehr enttäuscht" über die Entscheidung der USA. Ein Regierungssprecher sagt, das Vereinigte Königreich und die EU seien enge Verbündete der USA und sollten von den Schutzzöllen dauerhaft ausgenommen werden. Großbritannien werde weiter eng mit der EU und den USA daran arbeiten, dies zu erreichen. Mexiko wird nach Angaben des Wirtschaftsministeriums ebenfalls Gegenmaßnahmen beschließen. Es würden Zölle auf US-Produkte in Höhe der Mexiko betreffenden US-Zölle erhoben, teilt das Ministerium mit. Die neuen mexikanischen Zölle würden so lange inkraft bleiben, wie die USA ihre Strafzölle auf Stahl und Aluminium-Einfuhren erhebe. Ross: EU-Datenschutzverordnung gefährlich US-Handelsminister Wilbur Ross warf unterdessen in der "Financial Times" der EU vor, mit ihrer neuen Datenschutzgrundverordnung selbst transatlantische Handelsbarrieren zu schaffen. Datenschutz sei zwar grundsätzlich wichtig, aber die EU-Verordnung aus Sicht der Trump-Regierung in fast jeder Hinsicht kontraproduktiv. Als Beispiel nannte Ross die Bekämpfung gefährlicher Seuchen wie Ebola, weil amerikanische Gesundheitsbehörden Daten möglicherweise nicht mehr in bisherigem Umfang mit den entsprechenden Institutionen in der EU austauschen dürften. Auch die Erforschung neuer Medikamente werde durch die höheren europäischen Hürden beim Datenschutz erschwert Mit Informationen von Ralph Sina, ARD-Studio Brüssel
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2018-05-01
Zusätzliche Zölle heizen Handelsstreit an
USA kontra Europa
Die Europäer hatten verhandelt, argumentiert, gehofft: Doch die US-Regierung macht ernst und erhebt zusätzliche Zölle auf Stahl- und Aluminium aus der EU. In wenigen Stunden treten sie in Kraft. Von Torsten Teichmann.
Die Europäer hatten verhandelt, argumentiert, gehofft: Doch die US-Regierung macht ernst und erhebt zusätzliche Zölle auf Stahl- und Aluminium aus der EU. In wenigen Stunden treten sie in Kraft. Es habe in den Gesprächen mit der Europäischen Union Fortschritte gegeben, sagt US-Handelsminister Wilbur Ross. Aber er konnte den Europäern im Streit um Einfuhrzölle offenbar nicht genügend Zugeständnisse abringen: "Die Gespräche kamen nie an den Punkt, an dem es gerechtfertigt gewesen wäre, eine weitere zeitweise oder eine dauerhafte Ausnahme zu gewähren. Deshalb treten die Strafzölle in Kraft." Das heißt: Die USA erheben 25 Prozent auf Stahl- und zehn Prozent auf Aluminiumimporte aus Europa. Die EU könnte in einem nächsten Schritt die Welthandelsorganisation WTO anrufen. Allerdings hatte Brüssel auch mit Vergeltung gedroht, zum Beispiel höhere Abgaben auf Bourbon, Harley-Davidson-Motorräder oder Orangen aus den USA. "Der Präsident kann einseitig Strafzölle anheben" Sorgen, dass daraus ein Handelskrieg mit immer neuen Zöllen entsteht, konnte Ross während der Telefonkonferenz mit Journalisten nicht zerstreuen: "Der Präsident kann einseitig Strafzölle anheben, senken, Importquoten festlegen, eine Kombination aus Strafzöllen und Importquoten. Mehr oder weniger kann er alles machen, was er will, zu jeder Zeit im Anschluss an die heutige Entscheidung. Das heißt, Anpassungen sind weiter möglich." Die US-Regierung hofft auf neue Gespräche. Allerdings wurde im Gespräch mit Ross deutlich, dass Washington jetzt die Reaktionen aus Brüssel abwartet. Es gebe eine ganze Reihe von Handelsfragen, über die man sprechen könne, so Ross. Auch Mexiko und Kanada müssen Zölle zahlen Neben der EU sind auch Mexiko und Kanada nicht länger von weiteren Zöllen ausgenommen, obwohl die laufenden Verhandlungen zum Freihandelsabkommen NAFTA noch nicht abgeschlossen sind. "Wie bekannt ist, dauern die Gespräche länger als gehofft. Für einen möglichen Abschluss gibt es kein konkretes Datum. Und deshalb gelten auch für Importe aus diesen Ländern Strafzölle", so der US-Handelsminister. Die Entscheidung würde aber auf der Basis der nationalen Sicherheit getroffen, schob er nach. USA wollen heimische Industrie schützen Die US-Regierung erklärte, sie müsse ihre eigene Stahlproduktion vor Billigimporten schützen. Die kommen vor allem aus China. Allerdings fürchtet die stahlverarbeitende Industrie in den USA mittlerweile, dass Arbeitsplätze in ihrem Bereich verloren gehen, wenn die Preise für Produktionsmaterial steigen. Vergangene Woche hatte US-Präsident Donald Trump außerdem eine Untersuchung angeordnet, ob Auto-Importe eine Gefahr für die nationale Sicherheit der USA darstellen. Am Ende könnten die Einfuhrzölle für Importwagen von 2,5 Prozent auf 25 Prozent steigen. Davon wären dann die von Trump oft zitierten Luxusautos deutscher Hersteller betroffen, aber auch Importe aus Japan. Der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe erklärte, zusätzliche Abgaben auf Autos seien inakzeptabel. Die Gefahr eines Handelskriegs wächst. Ein entscheidendes Thema, wenn sich kommende Woche die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten sieben Industrienationen zum G7-Gipfel in Kanada treffen.
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2018-05-01
Zusätzliche Zölle für Stahl aus der EU
Entscheidung der USA
Bis zuletzt hatten die Europäer mit den USA verhandelt - vergebens. Die Trump-Regierung führt ab morgen zusätzliche Zölle auf Stahl und Aluminium aus Europa ein. Auch Kanada und Mexiko sind betroffen. Von Torsten Teichmann.
Bis zuletzt hatten die Europäer mit den USA verhandelt - vergebens. Die Trump-Regierung führt ab morgen zusätzliche Zölle auf Stahl und Aluminium aus Europa ein. Auch für Kanada und Mexiko gelten die Zölle. Es habe Fortschritte gegeben in den Gesprächen mit der Europäischen Union, sagt US-Handelsminister Wilbur Ross. Aber Ross konnte den Europäern im Streit um Einfuhrzölle offenbar nicht genügend Zugeständnisse abringen. Man sei nie an den Punkt gekommen, an dem die Strafzölle vorübergehend oder dauerhaft für die EU ausgesetzt bleiben. Das heißt: Um Mitternacht erheben die USA 25 Prozent auf Stahl- und zehn Prozent auf Aluminiumimporte aus Europa. Die EU könnte in einem nächsten Schritt die Welthandelsorganisation WTO anrufen. Allerdings hatte Brüssel auch mit Vergeltung gedroht, zum Beispiel höhere Abgaben auf Bourbon, Harley-Davidson-Motorräder oder Orangen aus den USA. Sorge vor neuen Zöllen Die Sorge ist, dass daraus ein Handelskrieg wird, mit immer neuen Zöllen. Ross erklärte, trotz der drohenden Vergeltung seien Verhandlungen mit Europa möglich. Mit der EU gebe es eine Reihe von Handelsfragen, allerdings sei nicht klar, ob Brüssel zu Gesprächen weiter bereit sei. Deshalb lehnte Ross es ab, auf Details der Themen einzugehen. Auch Mexiko und Kanada sind nicht länger von den Zöllen ausgeschlossen, obwohl die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen NAFTA noch nicht abgeschlossen sind. Aber die Gespräche dauerten länger als gedacht, erklärte Ross die Entscheidung. Wenig später ergänzte er, die Zölle stünden vor allem im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit.
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2018-05-01
Wie könnte ein Deal aussehen?
Zollstreit zwischen USA und EU
Morgen läuft die US-Sonderregelung aus, die die EU von den Strafzöllen auf Stahl und Aluminium ausnimmt - wenn sich beide Seiten nicht noch einigen. Möglicherweise wird die Frist noch einmal verlängert. Von Karin Bensch.
Morgen läuft die US-Sonderregelung aus, die die EU von den Strafzöllen auf Stahl und Aluminium ausnimmt - wenn sich beide Seiten nicht noch einigen. Möglicherweise wird die Frist noch einmal verlängert. Der Countdown im Zollstreit zwischen den USA und der EU läuft. Gibt es keine Einigung geben, dann wird die US-Regierung von morgen an höhere Zölle auf Stahl und Aluminium aus Europa erheben. Eine Einigung ist noch nicht in Sicht. Völlig ausgeschlossen ist sie aber nicht. Wie könnte ein Kompromiss aussehen, von dem beide Seiten profitieren? Kompromiss in zwei Bereichen möglich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier nannte bei seinem Besuch in Brüssel diese Woche zwei Bereiche, in denen Kompromisse möglich wären: "Bei der Anerkennung von Standards und im Handel mit Industriegütern."Der Direktor des Bruegel-Instituts in Brüssel, Guntram Wolff, ist der Ansicht, dass die Europäer zum Beispiel einige Zollsätze für importierte Produkte aus den USA senken könnten. "Bei der Autoindustrie haben wir im Vergleich zu den USA relativ hohe Zölle. An einigen Stellen kann man schon ein bisschen auf die USA zugehen." Das Problem ist allerdings, dass sich US-Präsident Donald Trump damit allein wohl nicht zufrieden geben wird. Er wolle auch in anderen Bereichen weniger Zölle zahlen, zum Beispiel auf Produkte aus der Landwirtschaft, meint der Wirtschaftsexperte. Deutliche billigere Tomaten, Orangen und andere Lebensmittel aus den USA? Dagegen laufen vor allem die großen Agrarproduzenten in Europa Sturm, zum Beispiel in Frankreich. Entgegenkommen bei einigen Zöllen? Der Spielraum der Europäer ist klein und Trump weiß das, meint der Direktor des Bruegel-Instituts. Nach Ansicht von Wolff wäre es klug, Trump bei einigen Zöllen entgegenzukommen. Wesentlich wichtiger findet er aber, dass vor allem Deutschland anfängt, seine Wirtschaftspolitik zu verändern. "Mehr zu investieren, mehr Nachfrage in Deutschland insbesondere wäre hilfreich - auch für die deutschen Konsumenten und für die deutschen Arbeitnehmer. Das wäre auch gut für viele deutsche Industrieunternehmen. Ich denke, dass sollten wir machen."Trump fährt einen Konfrontationskurs, weil er davon überzeugt ist, dass die Überschüsse bei Gütern aus Europa und speziell aus Deutschland - wie zum Beispiel Autos - ein Problem für die USA sind, das er bekämpfen muss. In Trumps Gedankenwelt könne dieser Kampf nur mithilfe von Zöllen gewonnen werden, meint Wolff. "Insofern glaube ich nicht, dass wir bis Freitag dieses Problem gelöst haben. Sondern wir haben hier tatsächlich eine Konfrontation, die Kernindustrien Deutschlands und der Europäischen Union betreffen werden." EU muss an Plan B arbeiten Der Wirtschaftsexperte hält es durchaus für möglich, dass die Frist erneut verlängert wird, um mehr Zeit zum Verhandeln zu gewinnen. Wichtig sei jedoch, dass die EU an einem Plan B arbeite. Und der könne nicht nur bedeuten, dass die Europäer Gegenzölle auf US-Produkte erheben. Vor allem Deutschland muss sich weniger abhängig vom Export machen, durch mehr Nachfrage im eigenen Land, meint Wolff. "Das heißt auch mehr öffentliche Investitionen und Steuervergünstigungen für private Investitionen." Doch all das braucht Zeit. Die Frist im Zollstreit zwischen den USA und der EU, sie läuft ab.
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2018-05-01
Ein "Car-Pass" gegen Tachobetrug?
Europaparlament
Jedes achte Auto wird inzwischen mit manipuliertem Kilometerstand angeboten, schätzt die EU-Kommission. Kampf dem Tachobetrug - sagt sich daher auch das EU-Parlament und schaut nach Belgien. Malte Pieper über den "Car-Pass". mehr
Jedes achte Auto wird inzwischen mit manipuliertem Kilometerstand angeboten, schätzt die EU-Kommission. Kampf dem Tachobetrug - sagt sich daher auch das EU-Parlament und schaut nach Belgien. Das Ganze hat inzwischen Ausmaße angenommen, die kaum noch vorstellbar sind. Die EU-Kommission geht davon aus, dass inzwischen jedes achte Auto mit einem manipulierten Tacho angeboten wird. Noch deutlich gravierender sieht es im grenzüberschreitenden Handel aus, sprich mit Gebrauchtwagen, die in ein anderes Land verkauft werden. Da steigt die Zahl der fingierten Kilometerzähler auf bis zu 50 Prozent, zitiert der Verkehrsexperte der europäischen Sozialdemokraten, der Bayer Ismail Ertug (SPD), entsprechende Studien: "Momentan haben wir die Situation, dass wir europaweit einen wirtschaftlichen Schaden von sechs bis neun Milliarden Euro durch Tachomanipulationen haben. Ganz zu schweigen von den Schäden, die wir im Bezug auf die Emissionen und die Verkehrssicherheit haben." Belgien setzt auf den "Car-Pass" In Belgien hat man sich des Problems schon vor mehr als zehn Jahren angenommen. Die Belgier haben ihren "Car-Pass" erfunden. Wann immer hier ein Auto in die Werkstatt oder zum TÜV muss, wird der Kilometerstand quasi amtlich erfasst und in einer nationalen Datenbank gespeichert. Der belgische Christdemokrat Pascal Arimont hat das schon ein paar Mal hinter sich. Er zeigt seinen eigenen "Car-Pass" und erklärt: "Das Blatt selbst enthält keine persönlichen Daten. Es enthält nur die Identifikationsmerkmale des Wagens und die genauen Tage, an denen man zur Reparatur oder zum TÜV war. Und dann natürlich den jeweiligen Kilometerstand." Der Kilometerstand ist durch das Verfahren nahezu lückenlos dokumentiert. Für Trickser, die manipulieren wollen, eine nur schwer zu überwindende Hürde, sagt Arimont. "Es gab natürlich auch bei uns, genauso wie in Deutschland und allen anderen europäischen Ländern, diese Fälle, dass Tachos manipuliert wurden. Seit Einführung des Car-Passes ist die Zahl der Fälle aber innerhalb von zwei Jahren auf nahe Null gesunken." Für Autobesitzer ändert sich nichts Genau dieses Modell schwebt nun EU-Politiker Ertug und seinen Kollegen aus dem Verkehrsausschuss des Europaparlaments für die gesamte EU vor. Für die Autobesitzer würde sich zunächst wenig ändern, verspricht er, eigentlich gar nichts: "Wenn wir dann in Zukunft zum TÜV oder einfach nur in die Werkstatt fahren, würde nur die Kilometerzahl notiert und in eine neue bundesweite Datenbank eingespeist." Am Ende könnten sich dann die Behörden aller EU-Staaten untereinander austauschen. Will also ein Deutscher seinen Wagen in Österreich, Italien oder Polen verkaufen, wäre das kein Problem. Er würde einfach zum dortigen TÜV gehen und schon ein für das jeweilige Land beglaubigtes Dokument mit dem offiziellen Kilometerstand in der Hand halten. Soweit der Plan, den das Europaparlament heute mit überwältigender Mehrheit gebilligt hat. Nun ist die EU-Kommission am Zug, einen entsprechenden Gesetzesvorschlag zu erarbeiten. Will heißen: Möglicherweise gibt es auch in Deutschland schon bald einen Car-Pass für jedes Auto.
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2018-05-01
Niedrigster Wert seit 2008
Arbeitslosigkeit im Euroraum
Die gute Konjunktur in der Eurozone macht sich auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Zuletzt waren 2008 so wenige Menschen im Euroraum ohne Job. Malta überholt Deutschland als Spitzenreiter. mehr
Die gute Konjunktur in der Eurozone macht sich auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Zuletzt waren 2008 so wenige Menschen im Euroraum ohne Job. Malta überholt Deutschland als Spitzenreiter. Die Arbeitslosenquote im Euroraum ist auf den tiefsten Wert seit rund neuneinhalb Jahren gefallen. Im vergangenen Monat waren rund 13, 9 Millionen Menschen in der Eurozone ohne Job, eine Quote von 8,5 Prozent, teilte das Statistikamt Eurostat mit. Zuletzt war ein solch niedriger Wert 2008 erreicht worden. Im Vergleich zum März fiel die Quote um 0,1 Prozent, was 56.000 weniger Menschen ohne Beschäftigungsverhältnis bedeutet. Im Jahresvergleich sank die Zahl der Arbeitslosen sogar um fast 1,1 Millionen. Vor allem der konstante Wirtschaftsaufschwung wirkt sich positiv auf den Arbeitsmarkt der Eurozone aus. Noch vor ein paar Jahren, zur Hochzeit der Euro-Schuldenkrise 2013, sah das ganz anders aus. Die Quote schoss teilweise um zwölf Prozent in die Höhe. Deutschland auf Platz zwei bei niedrigster Arbeitslosenquote Deutschland landet im Vergleich zu anderen EU-Staaten auf Platz zwei. Eurostat ermittelte für die Bundesrepublik einen Anteil von 3,4 Prozent. Die Zahlen unterscheiden sich von der monatlichen Bilanz der Bundesagentur für Arbeit, die für den April einen Wert von 5,3 Prozent an Arbeitslosen angab. Der Grund sind unterschiedliche Berechnungsgrundlagen der Behörden. Spitzenreiter in Sachen geringe Arbeitslosigkeit im Euroraum ist Malta mit 3,0 Prozent. Mit einer Quote von 20,3 Prozent sind in Griechenland die meisten Einwohner ohne Job, gefolgt von Spanien mit 15,9 Prozent.
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2018-05-01
Mit Paragrafen gegen Vollverschleierung?
Fragen und Antworten
Ob der Gesetzgeber die religiöse Vollverschleierung in Deutschland verbieten soll, ist eine politische Frage. Ob er es überhaupt darf, ist dagegen eine rechtliche. C. Kehlbach und A. Baumgartner beantworten die wichtigsten Fragen. mehr
Ob der Gesetzgeber die religiöse Vollverschleierung in Deutschland verbieten soll, ist eine politische Frage. Ob er es überhaupt darf, ist dagegen eine rechtliche. Antworten auf die wichtigsten Fragen. Worum genau geht es? Unter dem Stichwort "Burka-Verbot" fordern derzeit einige Politiker ein Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Raum. Eines ihrer Argumente: Der Ganzkörper-Schleier sei ein Symbol für die Unterdrückung und Ungleichbehandlung von Frauen. Dafür sei in unserer offenen Gesellschaft kein Platz. Zudem müsse man sich im wahrsten Sinne des Wortes "ins Gesicht schauen" können. Nur so sei vernünftige Kommunikation in einer modernen Gesellschaft möglich. Betroffen von einem Verbot der Vollverschleierung wären in der Praxis wohl ganz überwiegend muslimische Frauen: Ein solcher Ganzkörperschleier, der das Gesicht seiner Trägerin nicht erkennen lässt, ist etwa die meist blaue Burka. Nur ein engmaschiges Stoffnetz gestattet es hier der Trägerin, zu sehen. Diese Vollverschleierung trifft man überwiegend in Afghanistan an, in Deutschland hingegen äußerst selten. Etwas häufiger in Deutschland ist der sogenannte Niqab, der - je nach Ausgestaltung - nur einen sehr engen Sehschlitz frei lässt, das Gesicht aber weitestgehend verdeckt. Dieses Kleidungsstück ist vor allem auf der arabischen Halbinsel verbreitet. Insbesondere diese beiden Ganzkörperschleier sind wohl gemeint, wenn man von einem Burka-Verbot spricht. Davon zu unterscheiden sind Varianten des Kopftuchs wie etwa der Hidschab, das das Gesicht frei lässt und nur die Haare bedeckt. Der Hidschab ist unter muslimischen Frauen in Deutschland weit verbreitet und nicht Gegenstand der aktuellen politischen Debatte.  Wo liegt das juristische Problem bei einem gesetzlichen Burka-Verbot? Der Ganzkörperschleier ist Ausdruck eines religiösen Bekenntnisses. Selbst wenn unterschiedliche islamische Glaubensströmungen die Pflicht zur Verschleierung unterschiedlich bewerten. Unser Grundgesetz schützt ausdrücklich die Glaubensfreiheit. In Artikel 4 heißt es unter anderem: "Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet". Das bedeutet: Nicht nur der private Glaube, sondern auch das öffentliche Bekenntnis zu einem Glauben, also die Ausübung, ist geschützt. Darunter fällt auch das Tragen religiöser Symbole und Kleidungsstücke in der Öffentlichkeit - egal, ob sie nun der christlichen, der jüdischen, der muslimischen oder einer sonstigen Religion zuzuordnen sind. Es spielt auch keine Rolle, wie verbreitet die Glaubensrichtung in der Bevölkerung ist: Auch Minderheiten können sich selbstverständlich auf Grundrechte berufen. Und: Der Staat ist zur Neutralität gegenüber den unterschiedlichen Religionen verpflichtet. Lässt sich die Religionsfreiheit also gar nicht einschränken? Doch, aber nur unter sehr engen Voraussetzungen. Wenn der Gesetzgeber das Tragen religiös-besetzter Kleidung verbieten würde, dann griffe er damit erheblich in die Glaubensfreiheit der Bürger ein: Ein Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Raum wird nicht mit oberflächlichen Argumenten wie "das entspricht nicht unserer Kultur" gerechtfertigt werden können. Eine Einschränkung der freien Religionsausübung, ist vielmehr nur dann denkbar, wenn es zum Konflikt mit anderen "überragenden Verfassungswerten" oder den Grundrechten Dritter kommt. In Betracht kommen da nur ganz gewichtige Rechtsgüter wie das Gebot der Menschenwürde (Artikel 1 Grundgesetz) oder das Gebot der Gleichberechtigung von Mann und Frau (Artikel 3 Grundgesetz). Denn die Burka wird oft als Symbol der Unterdrückung von Frauen bezeichnet. Dieses Argument zieht aber dann nicht, wenn sich Frauen freiwillig in Ausübung ihrer Religionsfreiheit vollverschleiern. Theoretisch gesprochen: Würden tatsächlich alle Trägerinnen einer Burka gegen ihren Willen unter den Ganzkörperschleier "gezwängt", ohne dass für die Frauen die Religion dabei eine Rolle spielte, dann könnte man wohl dagegen gesetzlich vorgehen. Allerdings wäre ein solcher Zwang schon nach jetziger Rechtslage als Nötigung strafbar. Ein neues Gesetz zum Burka-Verbot wäre also in diesen Fällen gar nicht nötig. Was sagt das Bundesverfassungsgericht? Weil es in Deutschland kein gesetzliches Verbot von Vollverschleierung gibt, ist auch noch kein Fall zu diesem Thema in Karlsruhe gelandet.  Allerdings gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Gerichtsverfahren um das Tragen eines "normalen" muslimischen Kopftuchs. Dabei räumte das Bundesverfassungsgericht der Glaubensfreiheit stets einen hohen Stellenwert ein. Etwa in einem Beschluss aus dem Jahr 2015. Damals hat das Bundesverfassungsgericht zwei muslimischen Lehrerinnen Recht gegeben. Sie hatten sich gegen eine Vorschrift im nordrhein-westfälischen Schulgesetz zur Wehr gesetzt. Darin hatte der (Landes-)Gesetzgeber Lehrerinnen das Tragen eines Kopftuchs in der Schule untersagt. Das Bundesverfassungsgericht entschied damals, dass ein Schulgesetz nicht einfach ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrerinnen aufstellen dürfe. Wenn Lehrerinnen Kopftuch tragen, sei das zunächst als Ausdruck ihrer Religionsfreiheit in einer pluralistischen Gesellschaft ganz legitim. Ein Verbot des Kopftuchs an der Schule sei erst dann gerechtfertigt, wenn sonst der Schulfrieden gefährdet sei. Dafür müsse es aber konkrete Hinweise geben, etwa eine Lehrerin, die Kinder zu "missionieren" versuche. Weil das Schulgesetz aus Nordrhein-Westfalen insoweit verfassungswidrig war, musste es geändert werden. Das Gleiche galt für die Schulgesetze anderer Bundesländer, die fast wortgleich formuliert waren. Zur Klarstellung: Hierbei ging es nicht um ein generelles Kopftuch-Verbot im öffentlichen Raum, sondern um eines, das sich nur auf die Schule bezog. Die Hürden für ein Verbot im öffentlichen Raum dürfte Karlsruhe noch höher ziehen. Denkbar ist, dass die Verfassungsrichter den Vollschleier anders bewerten als das Kopftuch. Eine Rolle spielt sicherlich auch, ob die Vollverschleierung im öffentlichen Raum verboten würde oder nur bei bestimmten Gelegenheiten wie etwa Behördengängen. Wie gehen andere europäische Staaten mit einem Burka-Verbot um? Der Umgang mit Vollverschleierungen wie der Burka oder dem Niqab ist in Europa nicht einheitlich. In einigen europäischen Ländern ist das derzeit in Deutschland diskutierte Burka-Verbot bereits seit mehreren Jahren umgesetzt. Der europäische Vorreiter hierbei ist Frankreich, das bereits im Oktober 2010 ein Gesetz erließ, das die Vollverschleierung in der Öffentlichkeit verbietet. Belgien führte das Burka-Verbot als zweiter europäischer Staat ein. Hier trat im Juli 2011 ein Gesetz in Kraft, das "Kleidung, die das Gesicht ganz oder teilweise bedeckt" in der Öffentlichkeit verbietet. Zuletzt trat im Schweizer Kanton Tessin ein Burka-Verbot in Kraft, das dort seit dem 1. Juli 2016 gilt. In einzelnen weiteren europäischen Städten wie beispielsweise Barcelona existieren vergleichbare Verbote. Weitere Länder wie beispielsweise die Niederlande streben ähnliche Gesetze an. Die Erfahrungen nach gut fünf Jahren Burka-Verbot in Frankreich zeigen jedoch: Die Burka ist dort nicht aus dem gesellschaftlichen Leben verschwunden. Das Gesetz ging dort weitestgehend ins Leere, unter anderem weil viele der Trägerinnen das Bußgeld in Kauf nehmen. Gegen das Burka-Verbot in Frankreich hatte sich bereits kurz nach Einführung eine junge pakistanischstämmige Muslima aus Paris gewandt - ohne Erfolg. 2014 entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg, das umstrittene Gesetz verstoße nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Es sei legitim, wenn der Staat durch ein solches Verbot sicherstellen wolle, dass ein vernünftiges soziales Miteinander möglich ist, erklärten die Straßburger Richter. Welche Rolle spielt die Entscheidung des EGMR für Deutschland? Oberster Maßstab in Deutschland ist das Grundgesetz. Die Europäische Menschenrechtskonvention hat nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Rang eines "einfachen" Gesetzes, steht damit also unter dem Grundgesetz. Das bedeutet, dass das Straßburger Urteil nicht zur Folge hat, dass verfassungsrechtliche Bedenken in Deutschland "über Bord geworfen" werden können. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages kam im Dezember 2014 in einem Gutachten (Ausarbeitung WD3-3000 – 302/14) zu dem Ergebnis, dass trotz der Entscheidung des EGMR ein Burka-Verbot in Deutschland nicht mit unserer Verfassung vereinbar wäre. Salopp gesagt: Bloß weil die Europäische Menschenrechtskonvention nach Ansicht des EGMR  einem Verbot der Vollverschleierung in Frankreich nicht entgegensteht, muss so ein Verbot in Deutschland deswegen noch lange nicht mit unserem Grundgesetz  vereinbar sein.
/inland/vollverschleierung-faq-101.html
2018-05-01
Zeitgeschichte in der Tagesschau
Mai 1998
Sehen Sie noch einmal die historischen Ereignisse in der Tagesschau vor 20 Jahren. mehr
tagesschau.de dokumentiert das Jahr 1998 Tag für Tag mit den 20-Uhr-Ausgaben der Tagesschau. Hier die Ausgaben vom Mai.
/multimedia/tsvorzwanzigjahren-227.html
2018-05-01
Erfolg für Demonstranten - Polizeichef geht
Journalistenmord in der Slowakei
Drei Monate nach dem Mord an dem slowakischen Journalisten Kuciak und seiner Verlobten tritt der langjährige Polizeipräsident des Landes zurück. Ein Erfolg der regierungskritischen Protestbewegung. Von Marianne Allweiss.
Drei Monate nach dem Mord an dem slowakischen Journalisten Kuciak und seiner Verlobten tritt der langjährige Polizeipräsident des Landes zurück. Ein Erfolg der regierungskritischen Protestbewegung. Es war einer der Schlachtrufe der Demonstranten in Bratislava: "Do basi! Ins Gefängnis!" Die Protestbewegung nach dem Mord an Jan Kuciak und seiner Verlobten wollte drei Männer hinter Gitter bringen oder wenigstens zum Rücktritt zwingen: Den Regierungschef, den Innenminister und den Polizeipräsidenten. Am längsten hat der Letzte durchgehalten. Verbindungen zu Oligarchen Noch Mitte April stellte sich der damalige Innenminister Tomas Drucker hinter Tibor Gaspar - den Chef der Polizei. Einen Tag danach verkündete der neue Premierminister, Peter Pellegrini, dann aber doch das Aus für Gaspar: "Mit Blick auf die aktuelle Situation und um die Polizei vom Druck der Medien zu befreien, haben wir mit mit ihm vereinbart, dass er auf seinen Posten verzichtet." Und zwar bis Ende Mai. Nun endet seine Zeit an der Spitze der Polizei - nach sechs Jahren. Davor leitete Gaspar die Anti-Korruptionsbehörde. In beiden Positionen wurden unter seiner Führung große Betrugsaffären nicht aufgeklärt. Vergangenes Jahr noch hatte Kuciak über Verbindungen von Gaspar zu einem slowakischen Oligarchen geschrieben, der lukrative staatliche Aufträge an Land gezogen hat. Dieser Unternehmer ist Gaspars Schwager. Die Firma von Gaspars Sohn soll von diesen Großaufträgen profitiert haben. Die Protestbewegung kritisierte aber auch das Auftreten von Gaspar nach dem hinrichtungsgleichen Tod von Kuciak. "Ich denke, es ist notwendig, wieder Vertrauen in die Polizei herzustellen", erzählt eine Demonstrantin. "Denn keiner glaubt, dass es objektive Ermittlungen gibt." Ex-Polizeipräsident wenig reumütig Die Aufklärung des Mordes leitet zwar ein Staatsanwalt mit Unterstützung von Italien und Europol. Aber Gaspar soll Hinweise auf Subventionsbetrug in der Ostslowakei jahrelang ignoriert und Kuciak nicht unter Schutz gestellt haben, als dieser im Herbst darum gebeten hatte. Gegen solche Vorwürfe zeigte sich Gaspar bis zuletzt immun, auch noch bei seiner Rücktrittsankündigung: "Da meine Person aber polarisiert hat und über meine Person auch die Polizei kritisiert wurde, hoffe ich, dass dies jetzt aufhört." Seit der Regierungsumbildung finden in der Slowakei zwar keine Massenproteste mehr statt. Aber allein die Suche nach einem Nachfolger für den Polizeipräsidenten zeigt, wie trügerisch diese Hoffnung ist. Erst vor wenigen Tagen wurde eine Zwischenlösung präsentiert, die nicht schon im Stadium der Spekulation durchgefallen ist. Jetzt soll es der Chef der Polizeiinspektion, Milan Lucansky, richten.   Nachfolger ist nur Zwischenlösung "In Zeiten, in denen sich andere gefürchtet haben, hat er organisierte Kriminalität in der Slowakei aufgeklärt", lobt das Innenministerium seine Arbeit. "Dank ihm wurden Mafiabosse zu lebenslanger Haft verurteilt." Lucanksky gilt als rechte Hand des früheren Innenministers Robert Kalinjak. Medien berichten von einem Haus in Florida, das er schwarz gekauft haben soll. Lucansky gibt sich selbstbewusst: "Ich habe nichts zu verbergen. Die Fälle, die ich gelöst habe, sprechen für mich. Das haben auch unabhängige Gerichte anerkannt." Bis Herbst soll er im Amt bleiben. Dann muss ein neuer Polizeipräsident bestimmt werden. Nach einem transparenten Verfahren, das den Einfluss der Politik verringert. Aber dafür gibt es noch nicht einmal Vorschläge.
/ausland/slowakei-kuciak-103.html
2018-05-01
EU stellt sich auf Zölle ein
Handelsstreit mit den USA
Die EU rechnet damit, dass Trump bereits am Donnerstag über Zölle auf Stahl aus der EU entscheidet - wohl nicht im Sinne der Europäer. Ein Treffen in Paris machte wenige Hoffnung - trotz eines Appells von Macron. mehr
Die EU rechnet damit, dass Trump bereits am Donnerstag über Zölle auf Stahl aus der EU entscheidet - wohl nicht im Sinne der Europäer. Ein Treffen in Paris machte wenige Hoffnung - trotz eines Appells von Macron. Im Handelsstreit zwischen der EU und den USA schwindet kurz vor Ablauf der Frist am Freitag die Hoffnung, noch eine Lösung zu finden. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sagte nach einem erneuten Gespräch mit seinem US-Kollegen Wilbur Ross auf der Konferenz der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris, seine Sorgen seien "nicht entkräftet" worden. Die Entscheidung über Zölle auf Stahl und Aluminium aus Europa liege nun in den Händen von US-Präsident Donald Trump. Die EU rechnet nach Altmaiers Worten damit, dass dieser seine Entscheidung womöglich schon am Donnerstag verkündet. Auch ein Krisengespräch zwischen EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und Ross brachte keinen Durchbruch. "Handelskrieg vermeiden" Deutschland und Frankreich kündigten eine geschlossene Antwort Europas auf die Entscheidung Trumps an. "Wir wissen, dass es im Endeffekt darum geht, einen Handelskrieg zu vermeiden", sagte Altmaier. "Doch um das zu erreichen, ist es extrem wichtig, dass die Botschaft aus Europa deutlich und vereint ist." Bei dem Handelsstreit geht es um US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte. Europa wurde bislang jedoch davon verschont. Sollte sich dies nun ändern, will die EU-Kommission unter anderem US-Produkte wie Jeans und Harley-Motorräder mit Zöllen belegen. Appell von Macron Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte in einer Rede vor der OECD, einseitige Drohungen mit einem Handelskrieg behöben keine Ungleichgewichte im Welthandel. In einer Anspielung auf Trump sagte er: "Diese Lösungen mögen kurzfristig symbolische Befriedigung bringen." Man könne darüber nachdenken, Wähler glücklich zu machen, indem man sage: "Ich habe einen Sieg, ich werde die Regeln ändern, ihr werdet sehen." Diejenigen, die bilaterale Handelskriege führten, hätten aber Preissteigerungen und einen Anstieg der Arbeitslosigkeit erlebt, sagte Macron. Zugleich sprach er sich für eine Reform der Welthandelsorganisation WTO aus. Für Verhandlungen sollten zunächst die USA, die EU, China und Japan gewonnen werden, so Macron weiter. Dann sollten die Gespräche rasch auf den Kreis großer Industrie- und Schwellenländer (G20) und die Länder der OECD ausgeweitet werden. "Es ist der Augenblick, um uns dieser Frage anzunehmen", sagte Macron.
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2018-05-01
Eine juristische Luftnummer?
Geplante Musterfeststellungsklagen
Vor allem den Geschädigten des Dieselskandals soll die Musterfeststellungsklage helfen, ihr Recht vor Gericht durchzusetzen. Richter warnen: Die Klagen brächten so gut wie nichts. Von Claudia Kornmeier.
Vor allem den Geschädigten des Dieselskandals soll die Musterfeststellungsklage helfen, ihr Recht vor Gericht durchzusetzen. Richter warnen: Die Klagen brächten so gut wie nichts. Verbraucher sollen künftig in Fällen wie dem VW-Abgasskandal ihre Rechte einfacher durchsetzen können - mit einer Musterfeststellungsklage und unterstützt von Verbänden. Gerichtspräsidenten warnen jedoch: Das wird nicht viel bringen. Auf ihren Tischen könnten in Zukunft auch die Musterfeststellungklagen landen. Mit dem Vorschlag der Bundesregierung sind die Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte (OLG), des Berliner Kammergerichts und des Bundesgerichtshofs allerdings nicht besonders zufrieden. Das geplante Instrument werde Verbrauchern im VW-Abgasskandal nicht besonders weiterhelfen, stellten die Juristen nach einer gemeinsamen Tagung in Stuttgart einstimmig fest. "Das bringt den Verbraucher nicht weiter" Zwar unterstützten sie "einhellig und nachdrücklich" das Anliegen der Bundesregierung, die Rechte von Verbrauchern zu stärken. Sowohl Rechtsstreitigkeiten mit hohen Schadensersatzsummen, wie die Diesel-Fälle, als auch Bagatellfälle müssten aber anders angegangen werden. "Wir meinen, das bringt die Verbraucher nicht viel weiter und es gibt viel bessere, einfachere Maßnahmen im System", sagte die Stuttgarter OLG-Präsidentin Cornelia Horz. Die Richter kritisierten, dass der Gesetzentwurf "auf halbem Wege" stehen bleibe. Verbraucherverbände können nämlich nur grundsätzliche Fragen vor Gericht klären lassen - etwa die Frage, ob die Dieselautos mangelhaft waren oder der Hersteller arglistig getäuscht hat. Ihren konkreten Schaden müssen Verbraucher in einem weiten Schritt selbst einklagen. Von dieser Einschränkung halten die Richter nichts. Vielen Verbänden fehlt das finanzielle Polster Gleichzeitig bezweifeln sie, dass es derzeit einen Verbraucherverband gibt, der die Mittel hätte, stellvertretend für viele Verbraucher die Prozesse bis zum Ende zu führen, wenn es nicht nur um Bagatellschäden geht. Vielen Verbänden fehle einfach das nötige Geld, um Klagen über Ansprüche von bis zu 30.000 Euro bis zum Ende durchzuboxen und die Kosten für Anwälte oder die Gerichtskosten zu decken. "Ich glaube, das würde die Verbraucherverbände überfordern", sagte OLG-Präsidentin Horz. Musterprozesse sollen Grundlage schaffen Die Gerichtspräsidenten schlagen deshalb vor: Für Fälle mit hohen Schadensersatzsummen sollten bundesweit einige wenige geeignete Verfahren als Musterprozesse geführt werden - beschleunigt, konzentriert und gut strukturiert. Alle anderen Klagen sollten währenddessen ausgesetzt werden. Sobald der Bundesgerichtshof über die Musterprozesse entschieden habe, könnten auf Basis dieses Urteils die anderen Verfahren zu einem Abschluss gebracht werden. Dafür brauche es lediglich "moderate Ergänzungen" der Zivilprozessordnung. Für Bagatellfälle, in denen der Schaden von Verbrauchern so gering sei, dass eine Klage viel zu aufwändig wäre, könne dagegen an dem Vorschlag der Bundesregierung festgehalten werden. Allerdings ohne "auf halbem Weg" stehen zu bleiben. Das heißt, Verbände sollten dann ein Urteil erreichen können, mit dem ein Unternehmen auch zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt werden könnte. Statt geringe Summen an einzelne Verbraucher auszuzahlen, sollte der Betrag dann etwa einer gemeinnützigen Organisation zugute kommen. Beim Gesetzentwurf drängte die Zeit Der Kabinettsentwurf zur Musterfeststellungsklage, den die Bundesregierung Anfang Mai vorgelegt hatte, ist unter Zeitdruck entstanden. In den Diesel-Fällen droht Ende des Jahres die Verjährung. Spätestens zum 1. November soll das neue Gesetz deshalb in Kraft treten. Einen Grund, jetzt überhastet ein wenig überzeugendes neues Instrument zu schaffen, sehen die Gerichtspräsidenten darin allerdings nicht. Die Verjährung für diese Fälle könnte der Gesetzgeber auch so aufschieben.
/inland/justiz-musterfeststellungsklagen-101.html
2018-05-01
Wie die EU Verbraucher stärken will
Möglichkeit der Sammelklage
Der VW-Dieselskandal war der Auslöser: Anders als in den USA ist es in der EU für Verbraucher schwer, Sammelklagen gegen Konzerne einzureichen. Das will die EU ändern. Ein Überblick über die Pläne Brüssels. mehr
Der VW-Dieselskandal war der Auslöser: Anders als in den USA ist es in der EU für Verbraucher schwer, Sammelklagen gegen Konzerne einzureichen. Das will die EU ändern. Ein Überblick über die Pläne Brüssels. Was hat der Verbraucher von Sammelklagen? Seit im Herbst 2015 die millionenfache Manipulation von VW an Millionen von Dieselmotoren bekannt wurde, versuchen Verbraucher, Entschädigungen zu erhalten. Mit ihren Klagen haben sie jedoch meist keinen Erfolg. Schon seit Jahrzehnten setzen sich Verbraucherschützer deshalb für die Möglichkeit einer Kollektivklage ein. Die EU-Kommission forderte die Mitgliedstaaten bereits 2013 auf, gemeinsame Klagen auf Unterlassung und Schadenersatz zu erlauben. Passiert ist seitdem allerdings wenig. Nur in wenigen EU-Ländern gibt es die Möglichkeit einer Sammelklage. Beispiele sind Frankreich, Portugal und Italien. Auch Deutschland bereitet sogenannte Musterfeststellungsklagen vor. Ein entsprechender Entwurf für ein Gesetz wird zurzeit vorbereitet. Das Kabinett soll ihn möglichst noch im April beschließen, denn die Zeit drängt. Union und SPD haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass ein Gesetz zum 1. November in Kraft treten soll. Damit soll einer drohenden Verjährungen umgangen werden, damit auch Betroffene des VW-Abgasskandals von der Regelung Gebrauch machen können. Welche Pläne hat die EU-Kommission? EU-Justizkommissarin Vera Jourova stellte nun einen Gesetzesvorschlag vor. Bei der Präsentation sagte sie: "In einer globalisierten Welt, in der Großunternehmen einen riesigen Vorteil gegenüber den einzelnen Verbrauchern haben, müssen wir wieder Chancengleichheit herstellen." Kernpunkt sind Klagen durch "qualifizierte Institutionen" wie Verbraucherverbände. Sie sollen künftig stellvertretend für Geschädigte klagen können. Im einfachsten Fall ist die Zahl der Betroffenen bekannt, und die Kläger haben vergleichbare Schäden erlitten. Hier könnten Verbraucherverbände auf Schadenersatz für die Geschädigten klagen. Ein Mandat brauchen die Verbände zunächst nicht. Eine Einschränkung, wäre jedoch, dass sie nicht profitorientiert arbeiten dürfen und ihre Finanzierung offenlegen müssen. In einem zweiten Szenario ist der Streitwert so gering, dass die Zahlung von Schadenersatz an die Verbraucher unverhältnismäßig wäre. Wird ein Unternehmen dazu verurteilt, entstandenen Schaden auszugleichen, soll das Geld an gemeinnützige Stellen fließen. Ein drittes Szenario geht davon aus, dass eine Sammelklage nur bedingt möglich ist. Solche Fälle würden bedeuten, dass die Zahl der Geschädigten unklar und der individuelle Schaden sehr verschieden ist. Der Dieselskandal von Volkswagen würde einen solchen Fall darstellen. Nationale Gerichte sollen dann zwar entscheiden können, dass EU-Recht verletzt wurde. Geschädigte müssten ihren Schadenersatz aber selbst einklagen und könnten sich auf das Gerichtsurteil berufen. Wird es in der EU eine "Klageindustrie" wie in den USA geben? Die EU-Kommission verneint das. In den USA sind Sammelklagen attraktiv für Rechtsbeistände, weil sie ein lukratives Geschäft versprechen. Viele Kanzleien haben sich deshalb auf diese Massenverfahren gegen Konzerne und Institutionen spezialisiert. Der Vorschlag der Brüsseler Behörde soll jedoch laut Entwurf einen Mittelweg darstellen. Einerseits soll es einen vereinfachten Rechtszugang geben, andererseits soll Missbrauch unterbunden werden. Deshalb dürfen nur Non-Profit-Organisationen klagen. Wie reagieren Verbraucherschützer auf das Brüsseler Vorhaben? Bei Verbraucherschützern kommt das Vorhaben gut an - wenn jedoch mit Einschränkungen. Die beiden ersten Szenarien treffen weitgehend auf Zustimmung. Doch wenn es darum geht, dass die Zahl der Geschädigten unklar und der individuelle Schaden sehr verschieden ist, äußern die Verbraucherschützer Kritik. An dieser Stelle sei der Vorschlag der Kommission eine Minimallösung, sagt Ursula Pachl vom europäischen Verbraucherschutz-Verband BEUC. Industrieverbände warnen vor Verhältnissen wie in den USA. Es gebe keinen Grund, "das amerikanische Sammelklagen-System zu kopieren, in dem Ansprüche ohne Verbrauchermandat vorgebracht werden können", sagt Markus Beyrer vom Europäischen Unternehmerverband Business Europe. Die Erfahrungen aus den USA hätten gezeigt, dass Verbraucher in den meisten Fällen leer ausgingen und Anwaltskanzleien profitierten.
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2018-05-01
Strache stellt Personenfreizügigkeit infrage
Österreichischer Vizekanzler
EU-Bürger dürfen in jedem Mitgliedsland ihrer Wahl wohnen und arbeiten - die Personenfreizügigkeit ist einer der Grundpfeiler der EU. Österreichs Vizekanzler Strache stellt diese allerdings nun offen infrage. mehr
EU-Bürger dürfen in jedem Mitgliedsland ihrer Wahl wohnen und arbeiten - die Personenfreizügigkeit ist einer der Grundpfeiler der EU. Österreichs Vizekanzler Strache stellt diese allerdings nun offen infrage. Österreichs Vizekanzler Heinz-Christian Strache plädiert für eine Reform der Personenfreizügigkeit. Nach der derzeitigen Regel dürfen EU-Bürger in jedem Mitgliedsland ihrer Wahl wohnen und arbeiten. Dies habe aber auch negative Folgen und führe auf dem Arbeitsmarkt zu einem "Verdrängungsprozess", sagte der Vorsitzende der rechten Regierungspartei FPÖ bei einer Gesprächsrunde in Wien. So gebe es Menschen, "die gut qualifiziert sind und zu viel verdienen, in die Arbeitslosigkeit gedrängt werden, weil sie von günstigeren Arbeitskräften ersetzt werden". Personenfreizügigkeit nicht mehr zeitgemäß Die Personenfreizügigkeit ist einer der Grundpfeiler der EU und des Europäischen Binnenmarkts - zusammen mit dem freien Waren- und Kapitalverkehr sowie der Dienstleistungsfreiheit. Sie gibt jedem EU-Bürger das Recht, sich seinen Wohnort und Arbeitsplatz auch außerhalb des Heimatlands innerhalb der EU auszusuchen. Strache hält dieses Recht in seiner jetzigen Form für unzeitgemäß. "Wir müssen offen diskutieren, dass es auch nicht gut ist für die europäische Entwicklung, das gesamte intellektuelle, gut ausgebildete Potenzial Osteuropas für Westeuropa abzuziehen", sagte er in Wien. Deshalb müsse das Ziel sein, "hier zumindest zum Teil regulierende Lösungen zu finden, wie man das im Interesse aller besser macht". Zwar hat sich die Koalition aus der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) von Bundeskanzler Sebastian Kurz und Straches Freiheitlicher Volkspartei (FPÖ) im Regierungsprogramm trotz einer kritischen Haltung prinzipiell zur EU bekannt. Allerdings haben beide Parteien klargestellt, dass sie die Zuwanderung massiv eindämmen und Österreich als Ziel für Migranten unattraktiver machen wollen. In der zweiten Jahreshälfte übernimmt Österreich den EU-Ratsvorsitz.
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2018-05-01
Jeder vierte Flüchtling hat einen Job
Migranten auf dem Arbeitsmarkt
25 Prozent der seit 2015 nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge haben inzwischen eine Arbeit. Das geht aus einem Medienbericht hervor. Viele von ihnen arbeiten in Jobs, bei denen keine guten Deutschkenntnisse erforderlich sind. mehr
25 Prozent der seit 2015 nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge haben inzwischen eine Arbeit. Das geht aus einem Medienbericht hervor. Viele von ihnen arbeiten in Jobs, bei denen keine guten Deutschkenntnisse erforderlich sind. Seit 2015 kamen Hunderttausende Flüchtlinge nach Deutschland. Viele sind geblieben und arbeiten mittlerweile: Laut einem Bericht der "Rheinischen Post" hat jeder Vierte von ihnen eine Beschäftigung gefunden. Etwa jeder Fünfte sei sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die Zeitung beruft sich in ihrem Bericht auf das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und dessen Erhebungen vom März. "Wenn sich der Beschäftigungszuwachs so fortsetzt, hat nach fünf Jahren die Hälfte der Zuwanderer eine Arbeit", sagte Herbert Brücker, Leiter des IAB-Forschungsbereichs Migration. Nach seinen Schätzungen dürften bis Jahresende monatlich 8500 bis 10.000 weitere Flüchtlinge einen Job finden. Erfolg unterscheidet sich nach Herkunft Wer sich am Arbeitsmarkt durchsetzen kann - das unterscheidet sich stark nach den Herkunftsländern: Besonders häufig gelang es dem Bericht zufolge Pakistanern, eine Anstellung in Deutschland zu finden. Im Februar 2018 hätten etwa 40 Prozent der pakistanischen Zuwanderer eine Arbeit gehabt. Auch bei Migranten aus Nigeria und dem Iran sei die Quote hoch. Von den Flüchtlingen aus Syrien, die die meisten Asylanträge stellten, habe es jeder Fünfte in einen Job geschafft. Reinigung, Logistik, Security Die Zuwanderer arbeiten laut IAB häufig in Jobs, bei denen keinen guten Deutschkenntnisse erforderlich sind. Jeweils elf Prozent arbeiteten im Gastgewerbe und in Dienstleistungsunternehmen - oftmals in der Reinigung, Logistik oder Security. "Das liegt an den Qualifikationen, die sie mitbringen: Viele Flüchtlinge haben schon vorher in Dienstleistungsfirmen gearbeitet", sagte der Leiter des IAB-Forschungsbereichs Migration, Herbert Brücker, der Zeitung. Jeder Zweite hat laut IAB eine Anstellung als Fachkraft. Nur die wenigsten Flüchtlinge arbeiten in der Industrie. Mit 25 Prozent sei die Beschäftigungsquote von Flüchtlingen relativ gering, so Brücker. Viele Flüchtlinge werden erst im Jahresverlauf auf Jobsuche gehen, da die Mehrheit von ihnen ihre Sprach- und Integrationskurse erst noch beenden müsse. Hinzu komme, dass nicht alle Flüchtlinge von ihrer Arbeit leben könnten. 15 Prozent aller Geflüchteten, die Hartz IV beziehen, hätten eine Arbeit, müssten aber aufstocken. So steige nicht nur die Zahl der Erwerbstätigen, sondern gleichzeitig die der Hilfebedürftigen. Rückläufige Asylzahlen Allein 2015, dem ersten Jahr der Flüchtlingskrise, waren rund 890.000 Migranten weitgehend unkontrolliert nach Deutschland gekommen. 2016 sank die Zahl der Asylbewerber auf etwa 280.000, im vergangenen Jahr waren es nur noch knapp 187.000.
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2018-04-01
Warum Facebook unter Druck steht
FAQ zum Datenskandal
Der Datenmissbrauch bei Facebook sorgt für Schlagzeilen - und auch für Fehler in der Berichterstattung. Dennis Horn erklärt, was der Skandal für das soziale Netzwerk bedeutet. mehr
Der Datenmissbrauch bei Facebook sorgt für Schlagzeilen - und auch für Fehler in der Berichterstattung. Was bedeutet der Skandal für das soziale Netzwerk? Bisher lauten die Meldungen oft so: "Bei Facebook gab es eins der größten Datenlecks in der Geschichte des sozialen Netzwerks. Die Firma Cambridge Analytica konnte 87 Millionen Datensätze abgreifen, um damit die Wahl in den USA zugunsten von Donald Trump zu beeinflussen. Als Reaktion haben Unternehmen ihre Auftritte bei Facebook gelöscht. Das soziale Netzwerk selbst reagiert auf den massiven Druck und will seinen Nutzern eine bessere Kontrolle über ihre Daten ermöglichen." Handelte es sich wirklich um ein Datenleck? Nein. Vor fünf Jahren hat sich der Neurowissenschaftler Aleksandr Kogan bei Facebook gemeldet: Er wollte für wissenschaftliche Zwecke Daten sammeln, und zwar mit Hilfe einer App innerhalb von Facebook. Er hat dafür einen Psychotest mit dem Namen "thisisyourdigitallife" erfunden. Wer diesen Psychotest nutzen wollte, musste Facebook dafür erlauben, Daten wie den Wohnort und die eigenen Gefällt-mir-Angaben an die App zu übermitteln. Dieser Datenübermittlung mussten die Nutzer in einem Bestätigungsfenster zustimmen. Das Problem dabei: Übermittelt wurden nicht nur Daten der Nutzer selbst, sondern auch von deren Freunden. Diese Daten hat Aleksandr Kogan an Cambridge Analytica gegeben - und damit seinen Vertrag mit Facebook gebrochen. Um ein Datenleck handelte es sich also nicht: Erstens mussten die Nutzer ihr Einverständnis geben. Zweitens hätten deren Freunde die Datenweitergabe verhindern können, wenn sie das in ihrem Facebook-Profil eingestellt hätten. Dem Feature, dass Drittanbieter auch Daten von Menschen abgreifen durften, die eine App gar nicht nutzten, hat Facebook im Frühjahr 2015 den Saft abgedreht - nachdem dieses Tor fünf Jahre lang offen stand. Es ist also nicht auszuschließen, dass neben dem Fall Cambridge Analytica noch weitere dieser Art auf uns warten. Wie viele Menschen sind tatsächlich betroffen? Vermutlich nicht alle 87 Millionen. Facebook selbst spricht von einer "eher konservativen Schätzung". Weltweit haben 270.000 Menschen die App genutzt. Rechnet man deren Freundeskreise hoch, kommt man auf bis zu 87 Millionen Nutzerinnen und Nutzer, die betroffen sein könnten. In Deutschland haben laut Facebook 65 Menschen "thisisyourdigitallife" genutzt. Hier könne es bis zu 310.000 Betroffene geben. Ist die Herausgabe von Daten nicht Facebooks Geschäftsmodell? Diesen Vorwurf hört man immer wieder: "Facebook verkauft unsere Daten. Das ist schließlich deren Geschäftsmodell." Tatsächlich ist genau das nicht das Geschäftsmodell von Facebook - ganz im Gegenteil: Daten zu verkaufen, wäre schädlich für das Geschäftsmodell. Auch die Datenweitergabe an App-Entwickler stellt eine potenzielle Gefahr dar. Facebook verdient Milliarden US-Dollar im Jahr mit personalisierter Werbung. Werbekunden können bei Facebook zum Beispiele eine Anzeige für Norah-Jones-Fans schalten, die zwischen 30 und 40 Jahre alt sind, männlich und in Dormagen wohnen. Auf wen das zutrifft, der bekommt die Anzeige zu sehen - aber die Werbekunden erfahren nicht, wer es ist, der die Anzeige sehen kann. Wären die Daten einmal in Umlauf, wären sie nicht mehr so wertvoll - also verkauft Facebook sie nicht. Wurden mit diesen Daten tatsächlich Wahlen beeinflusst? Schon Ende 2016 hatte es Cambridge Analytica in die Schlagzeilen geschafft. Damals berichtete "DAS MAGAZIN" aus der Schweiz von einem Psychologen, der eine Methode entwickelt habe, Menschen anhand ihres Verhaltens auf Facebook minutiös zu analysieren. Mit dieser Methode habe Cambridge Analytica bei der Präsidentschaftswahl in den USA Donald Trump mit zum Sieg verholfen. Es gab allerdings auch damals schon Zweifel an dieser Darstellung. Der Artikel zog als Belege die Aussagen von nur zwei Personen heran, nämlich Erfinder und Verkäufer der entsprechenden Methoden. Er verwechselte Korrelation und Kausalität - ein beliebter Fehler im wissenschaftlichen Kontext. Und der Artikel verschwieg, dass Ted Cruz in den Vorwahlen der Republikaner in den USA Cambridge Analytica mitten in seiner Kampagne fallen ließ - offenbar, weil er mit den Ergebnissen nicht zufrieden war. Bis heute ist nicht klar, ob Cambridge Analytica tatsächlich Wahlen und Volksabstimmungen beeinflussen konnte. Große Datenmengen zu analysieren, um Menschen gezielt ansprechen und beeinflussen zu können, ist nicht unmöglich; darauf weisen Wissenschaftler immer wieder hin. Auch Facebook hat psychologische Experimente mit Nutzern durchgeführt. Cambridge Analytica aber bleibt immer dann sehr vage, wenn es um die Frage geht, wie es seine Versprechen denn umgesetzt; einen Beweis bleibt das Unternehmen bis heute schuldig. Welche Konsequenzen hat der Datenskandal für Facebook? Unternehmen haben zum Teil ihre Facebook-Auftritte offline genommen oder Werbekampagnen im sozialen Netzwerk zeitweise gestoppt. Dazu gehören die Commerzbank, der Boxenhersteller Sonos oder die Mozilla Foundation, die den Firefox-Browser entwickelt. Viele Unternehmen sagen aber gleichzeitig, dass Facebook eine zu wichtige Plattform sei, um ihr dauerhaft fernzubleiben. So sehen es offenbar auch viele Nutzerinnen und Nutzer. Laut dem aktuellen ARD-DeutschlandTrend wollen die meisten von ihnen Facebook unverändert weiternutzen. Vom Elektroautohersteller Tesla und dem Raumfahrtunternehmen SpaceX hieß es sogar, sie hätten ihre Facebook-Auftritte "gelöscht". Man kann diese aber nicht nur löschen, sondern auch zeitweise deaktivieren. Nur wenige Berichte gingen auf die Möglichkeit ein, dass man Facebook-Seiten in diesem Fall jederzeit wieder online schalten kann. Sowohl Tesla als auch SpaceX hatten rund 2,6 Millionen Fans - und ihr Chef Elon Musk, der die "Löschung" bei Twitter angekündigt hatte, ist erstens berüchtigt für seine PR-Stunts und liegt zweitens im Clinch mit Mark Zuckerberg. Wie hat Facebook auf den Datenskandal reagiert? Facebook hatte zuletzt erklärt, dass die Privatsphäre-Einstellungen überarbeitet werden. Es handelt sich dabei aber nicht um eine Reaktion auf den Datenskandal: Facebook hatte diese Änderungen schon im Januar angekündigt. Auch, dass man die eigenen Daten nun einfacher runterladen könne, ist keine direkte Reaktion: Diese Funktion wird ab Ende Mai schlicht gesetzliche Vorgabe sein. Ab dann gilt in der Europäischen Union die neue Datenschutz-Grundverordnung. Trotzdem nimmt Facebook eine Reihe von Punkten in Angriff: Apps von Drittanbietern sollen überprüft werden. Sie erhalten weniger Daten - und gar keine mehr, wenn sie drei Monate lang nicht mehr genutzt wurden. Ab dem 9. April sollen vom Datenskandal betroffene Nutzer im Newsfeed informiert werden. Sie werden außerdem dazu aufgefordert, auch alle anderen Apps zu überprüfen, denen sie den Zugriff auf ihren Account erlaubt haben. Facebook stellt außerdem weitere Schritte in Aussicht. Welche Fehler hat Facebook im Datenskandal tatsächlich gemacht? Facebook hat es offenbar jahrelang versäumt, die Entwickler von Apps streng genug zu kontrollieren - und auch den Fall Cambridge Analytica recht formell behandelt. Dass der Wissenschaftler Aleksandr Kogan Daten an die Firma übermittelt hat, weiß Facebook seit 2015 und hat sich von beiden lediglich schriftlich versichern lassen, dass diese Daten gelöscht wurden. Kritiker werfen Facebook vor, dass das Unternehmen nicht juristisch gegen Kogan und Cambridge Analytica vorgegangen ist. Viele Beobachter halten die Reaktion auf den Datenskandal außerdem für zu zögerlich: Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat sich erst mehrere Tage nach den ersten Berichten zu Wort gemeldet; die betroffenen Nutzerinnen und Nutzer werden erst ab dem 9. April informiert; die Tatsache, dass bis zu 87 Millionen Menschen betroffen sein könnten, hat Facebook in seiner Pressemitteilung im vorletzten Absatz versteckt.
/faktenfinder/facebook-daten-skandal-101.html
2018-04-01
Puigdemont darf Gefängnis verlassen
Kaution hinterlegt
Der ehemalige katalanische Regierungschef Puigdemont kann ab sofort das Gefängnis in Neumünster verlassen. Er hat die vom Oberlandesgericht in Schleswig auferlegten Bedingungen für seine Freilassung erfüllt. mehr
Der ehemalige katalanische Regierungschef Puigdemont kann ab sofort das Gefängnis in Neumünster verlassen. Er hat die vom Oberlandesgericht in Schleswig auferlegten Bedingungen für seine Freilassung erfüllt. Der katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont kann aus dem sogenannten Festhaltegewahrsam entlassen werden. Der 55-Jährige hinterlegte eine Kaution in Höhe von 75.000 Euro und darf somit das Gefängnis in Neumünster verlassen. Er muss sich regelmäßig bei der Polizei melden und darf aus Deutschland zunächst nicht ausreisen. Der Katalane werde um 18.00 Uhr in der Stadthalle Neumünster eine Pressekonferenz abhalten, erklärten Mitarbeiter. Das Oberlandesgericht Schleswig hatte gestern zwar einen Auslieferungshaftbefehl erlassen. Die Richter erließen den Auslieferungshaftbefehl zudem nur wegen des Vorwurfs der Untreue. Den von der spanischen Justiz vorgebrachten Hauptvorwurf der Rebellion verwarfen sie. Auch hält das Gericht zum Untreuevorwurf weitere Klärungen für nötig. Kein Hochverrat Das OLG erklärte, "dass sich hinsichtlich des Vorwurfs der 'Rebellion' die Auslieferung als von vornherein unzulässig erweise". Der nach deutschem Recht in Betracht kommende Straftatbestand Hochverrat sei nicht erfüllt, weil Puigdemont zuzurechnende Gewalttaten in Katalonien kein Ausmaß erreicht hätten, das den Willen der spanischen Verfassungsorgane hätte beugen können. Etwas anderes gelte für den Vorwurf der Korruption in Form der Untreue. Insoweit erweise sich die Auslieferung "nicht als von vornherein unzulässig". Bedauern in Madrid Die spanische Regierung reagierte mit Bedauern. "Einige Justizentscheidungen gefallen uns besser, andere weniger", sagte Justizminister Rafael Catalá. Die spanischen Behörden werfen Puigdemont vor, das verbotene Unabhängigkeitsreferendum habe 1,6 Millionen Euro öffentliche Gelder gekostet. Anhaltspunkte dafür, dass er in Spanien politischer Verfolgung ausgesetzt sein könnte, waren für den Senat nicht ersichtlich. Nach Ansicht des ARD-Korrespondenten Stefan Schaaf ist die OLG-Entscheidung eine "herbe Niederlage" für den Richter am Obersten Gerichtshof Spaniens, der den europäischen Haftbefehl ausstellen ließ. Das mögliche Strafmaß reduziere sich massiv, weil Puigdemont nicht mehr wegen Rebellion belangt werden könne. "Ohrfeige für Madrid und Berlin" Auch der europapolitische Sprecher der Linksfraktion, Andrej Hunko, wertet die Aussetzung laut eigenen Worten als schwere Niederlage für die spanische Regierung und für die Bundesregierung. Die Entscheidung sei "ein Erfolg der Rechtsstaatlichkeit und eine Ohrfeige für Berlin und Madrid". Die Bundesregierung habe sich in allen Phasen des Konflikts hinter die Regierung in Madrid gestellt. Der ehemalige Regionalpräsident Kataloniens war am 25. März im Gefängnis von Neumünster in Gewahrsam gekommen, nachdem er auf der Rückfahrt von einer Skandinavienreise in Schleswig-Holstein festgenommen worden war. Grundlage war ein Europäischer Haftbefehl.
/inland/puigdemont-auslieferung-107.html
2018-04-01
Kaum eine Chance auf Veränderung
Wahl in Ungarn
Am Sonntag wählen die Ungarn ihr Parlament. Alles sieht nach einem Sieg für Staatschef Orban aus. Doch eine Chance bleibt der Opposition, ihm gefährlich zu werden. Einen Überblick rund um die Wahl gibt Srdjan Govedarica. mehr
Am Sonntag wählen die Ungarn ihr Parlament. Alles sieht nach einem Sieg für Staatschef Orban aus. Doch eine Chance bleibt der Opposition, ihm gefährlich zu werden. Hier gibt es einen Überblick über die Ausgangssituation vor der Wahl. Warum ist Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban so umstritten? Bei seinen Wählern punktet Orban vor allem mit einem selbstbewussten nationalistischen Kurs. Er tritt als Beschützer der christlichen Werte Ungarns und Europas gegen "Feinde von außen und innen" auf. Das sind für ihn in erster Linie Migranten, die von seiner Regierung als gefährliche "Invasoren" dargestellt werden. Auch die "Brüsseler Bürokraten" der EU gehören für Orban dazu, die sich zu sehr in innere Angelegenheiten Ungarns einmischen würden, ebenso wie Nichtregierungsorganisationen. Einen besonderen Stellenwert nimmt für den Ministerpräsidenten dabei der ungarnstämmige US-Milliardär George Soros ein, der laut Orban Europa mit illegalen Migranten überfluten und so den Kontinent zerstören will. Wegen dieser Schwerpunkte seiner Politik werfen Kritiker Orban Angstmacherei vor. Die Sorge: Orban verändere auf diese Art die Debattenkultur in Europa und gebe Rechtspopulisten Auftrieb. Wie hat sich Ungarn unter Orban verändert? Orban ist seit 2010 erneut ungarischer Ministerpräsident, nach einer Amtszeit von 1998 bis 2002. Das Land führt er nach dem selbsternannten Prinzip der "illiberalen Demokratie". In der Praxis heißt das: Aushebelung der Gewaltenteilung, weniger Medien- und Pressefreiheit, Schwächung der unabhängigen Justiz, gesetzliche Knebelung von Nichtregierungsorganisationen. Die EU hat deswegen zahlreiche Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet. Ungarn ist unter Orban außerdem zur Speerspitze der europaskeptischen Bewegung geworden. Zusammen mit den sogenannten Visegrad-Staaten pocht die amtierende ungarische Regierung auf mehr Einfluss der Nationalstaaten und weniger Zentralismus aus Brüssel. Besonders deutlich zeigte sich das im Streit um die EU-weite Verteilung von Flüchtlingen. Ungarn weigert sich beharrlich, einen EU-Beschluss umzusetzen und rund 1300 Flüchtlinge aufzunehmen. Weil das Land viel Geld aus Brüssel bekommt - bis 2020 stehen Ungarn beispielsweise 21,5 Milliarden Euro aus verschiedenen EU-Fonds zur Verfügung - wird Ungarn vorgeworfen, mit der EU nach dem Motto "Geld ja, Kritik nein" umzugehen. Wie fest sitzt Orban im Sattel? Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass Orbans Fidesz-Partei die Wahl gewinnen wird. Bis zu 50 Prozent der Stimmen werden ihr vorausgesagt. Ob es für eine Zweidrittelmehrheit reichen wird, hängt davon ab, wie koordiniert die Opposition bei der Wahl auftreten wird. Orban hat seinen Wahlkampf vor allem auf das Thema Migration zugeschnitten. Viele Ungarn unterstützen seinen strengen Kurs in dieser Frage. Gleichzeitig hat die Bevölkerung aber mit realen sozialen Problemen zu kämpfen: Trotz der wachsenden Wirtschaft liegt der Durchschnittslohn in Ungarn bei etwa 700 Euro im Monat. Hunderttausende Menschen haben deshalb das Land verlassen. Außerdem sind viele versprochene Reformen bisher ausgeblieben. So sind etwa das Bildungs- und Gesundheitssystem in Ungarn in einem desolaten Zustand. Gegenwind bekommt Orban auch wegen der weit verbreiteten Korruption im Land. Innerhalb der EU wird nur Bulgarien als korrupter eingeschätzt. Viele Ungarn sind sauer, weil eine kleine Orban-treue Elite immer größere Reichtümer anhäuft und das häufig mit unsauberen Mitteln. Aktuell fordert die EU-Antibetrugsbehörde 43 Millionen Euro an Fördergeldern von Ungarn zurück - Orbans Schwiegersohn soll bei einem Großprojekt regelwidrig gehandelt haben. Wer tritt gegen Orban an? Insgesamt sind 23 Parteien zur Wahl zugelassen: Das Spektrum reicht von der rechtsextremen Jobik-Partei, die sich inzwischen einen bürgerlichen mitte-rechts-Anstrich verpasst hat, über eine ganze Reihe von kleinen linken, liberalen und grünen Kräften bis zur Satire-Partei "des zweischwänzigen Hundes". Keine dieser Parteien wäre stark genug, um alleine eine Regierung stellen zu können. Die Oppositionsparteien können Orban nur gefährlich werden, wenn sie ihre Kräfte bündeln, was ihnen bislang nicht gelungen ist. Allerdings gab es Ende Februar doch eine Überraschung: Bei der Bürgermeisterwahl in der Fidesz-Hochburg Hódmezővásárhely gewann ein unabhängiger Kandidat , weil er von allen Oppositionsparteien unterstützt wurde. Das hat der Opposition Auftrieb gegeben: Sollte sie bei der Wahl am 8. April in vielen Wahlkreisen ebenfalls koordiniert auftreten, könnte sie die Fidesz empfindlich treffen. Holt die Opposition mehr als 40 der insgesamt 106 Direktmandate, wäre Orbans Regierungsmehrheit dahin. Das gilt aber als unwahrscheinlich. Zum Vergleich: Bei der Wahl 2014 gewann die Opposition zehn Direktmandate. Wie wird in Ungarn gewählt? Die 199 Abgeordneten der Ungarischen Nationalversammlung werden für vier Jahre gewählt. Die Wahllokale öffnen am Sonntag um 6 Uhr und schließen um 19 Uhr. Erste Hochrechnungen wird es gegen 20 Uhr geben, bis 22 Uhr dürfte klar sein, wer Ungarn künftig regieren wird. Wahlberechtigt sind knapp 8,3 Millionen Ungarn. Wie in Deutschland können sie zwei Kreuze machen: Mit einer Stimme wählen sie insgesamt 106 Direktkandidaten (Mehrheitswahl), mit der anderen entscheiden sie darüber, welche der Parteien einen der 93 Listenplätze im Parlament bekommt (Verhältniswahl). Es gilt die Fünf-Prozent-Hürde, Überhang oder Ausgleichsmandate gibt es nicht - dafür andere Besonderheiten: So werden Stimmen der Wahlkreisverlierer der jeweiligen Landesliste zugeschlagen, ebenso die Stimmen, die der Wahlkreisgewinner nicht benötigt hätte, um das Mandat zu erreichen. Das ungarische Wahlsystem ist umstritten. Seit einer Änderung im Jahr 2012 wird es kritisiert, weil es große Parteien bevorzugt. So kam die Fidesz-Partei bei der Wahl 2014 auf zwei Drittel der Parlamentssitze - bei einem Stimmenanteil von knapp 45 Prozent nach Parteilisten.
/ausland/ungarn-wahl-101.html
2018-04-01
Drei Versuche, drei Vetos
Sicherheitsrat zu Syrien
Dem UN-Sicherheitsrat ist es nicht gelungen, eine Resolution zum Giftgaseinsatz in Syrien zu verabschieden. Abgelehnt wurden eine Vorlage der USA und zwei Russlands. Unabhängig davon prüfen OPCW-Experten den Vorfall in Syrien. mehr
Dem UN-Sicherheitsrat ist es nicht gelungen, eine Resolution zum Giftgaseinsatz in Syrien zu verabschieden. Abgelehnt wurden eine Vorlage der USA und zwei Russlands. Unabhängig davon prüfen OPCW-Experten den Vorfall in Syrien. Zum mutmaßlichen Giftgasangriff in Duma hat der UN-Sicherheitsrat in New York keine gemeinsame Position gefunden. Drei Resolutionsvorlagen scheiterten. Zuletzt wurde ein zweiter Vorschlag Russlands abgelehnt, der eine Untersuchung durch die Organisation für ein Verbot von Chemiewaffen (OPCW) begrüßt hätte. Er wurde mit fünf "Ja"-Stimmen, vier "Nein" und sechs Enthaltungen zurückgewiesen. Neun Mal "Ja" und kein Veto hätte er benötigt. OPCW-Ermittler auf dem Weg nach Syrien Die britische UN-Botschafterin Karen Pierce sagte, ihr Land habe gegen die Resolution gestimmt, weil ein OPCW-Ermittlerteam bereits auf dem Weg nach Syrien sei. Diese untersuche zudem nur, ob Giftgas eingesetzt wurde, aber nicht, wer für den Einsatz verantwortlich ist. Zuvor hatte Russland ein Veto gegen einen US-Entwurf eingelegt, mit dem unter anderem ein neues Gremium zur Untersuchung entsprechender Angriffe ins Leben gerufen werden sollte. Der Gegenvorschlag Russlands für ein Untersuchungsgremium fand ebenfalls nicht genügend Stimmen. US-Botschafterin Nikki Haley kritistierte, dass der russische Vorschlag der Regierung in Moskau die Möglichkeit gegeben hätte, die Ermittler auszusuchen und deren Ergebnisse zu bewerten. Appell des russischen UN-Botschafters Erst im November hatte Russland per Veto verhindert, dass eine bereits vom Sicherheitsrat geschaffene Gruppe weiterarbeiten konnte. Diese hatte vier Mal die mit Russland verbündete syrische Regierung als Täter der Giftgasattacken ausgemacht. Russland hatte deshalb behauptet, die Gruppe sei nicht anderes als eine Marionette gegen Damaskus gerichteter Kräfte gewesen. Nun äußerte der russische Botschafter Wassili Nebensja angesichts der gescheiterten Resolutionen Bedauern. Er rief die USA und Großbritannien auf, von einem Militärschlag gegen Syrien abzusehen. Einladung von Präsident Assad Die OPCW bat bereits die syrische Regierung, die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen für eine Untersuchung durch ihre Experten. Wann das OPCW-Team aufbrechen soll, stehe aber noch nicht fest, teilte die Organisation mit. Die syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete, Präsident Bashar al-Assad habe sich selbst für Untersuchungen der OPCW ausgesprochen und Mitarbeiter der Organisation eingeladen, nach Duma zu reisen. Bericht über Gas-Angriff mit Fassbombe Die Organisation solle "endlich damit anfangen, die Funktionen auszuüben, für die sie geschaffen wurde", sagte Jewgeni Serberennikow vom Verteidigungsausschuss des russischen Föderationsrats der Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Syrien und seine Verbündeten Russland und Iran dementierten, dass in Duma Giftgas eingesetzt wurde. Hilfsorganisationen, die in der von Aufständischen gehaltenen Stadt aktiv sind, hatten am Samstag berichtet, eine Fassbombe mit Gas sei abgeworfen worden. Es war von "falschen Anschuldigungen" und gewollten Provokationen die Rede, mit denen die Rebellengruppen in Duma über die schweren Rückschläge im Kampf um die Region Ost-Ghouta hinwegtäuschen wollten. Die sogenannten Weißhelme hatten von bis zu 150 Toten gesprochen, nun korrigierten sie die Zahlen jedoch stark nach unten auf mindestens 42 Todesopfer und rund 500 Verletzte. Die Vereinten Nationen sprechen derzeit von 49 Toten. Mit Informationen von Kai Clement, ARD-Studio New York
/ausland/syrien-angriff-armee-105.html
2018-04-01
Schwer irritiert
EU-Türkei-Verhältnis
Die EU und die Türkei scheinen sich immer weiter zu entfremden. Das Protokoll eines Diplomatengesprächs mit einem hochrangigen türkischen AKP-Politiker offenbart tiefes Misstrauen. Von Oliver Mayer-Rüth.
Die EU und die Türkei scheinen sich immer weiter zu entfremden. Das Protokoll eines Diplomatengesprächs mit einem hochrangigen türkischen AKP-Politiker offenbart tiefes Misstrauen. Beim EU-Türkei-Gipfel in Varna deutete sich bereits an, wie weit Brüssel und Ankara derzeit politisch auseinanderliegen. Das Protokoll eines EU-Diplomaten zu einem Gespräch mit Volkan Bozkir, Abgeordneter der Erdogan-Partei AKP und Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des türkischen Parlaments, macht noch einmal klar, dass es in außenpolitischen Fragen derzeit kaum Schnittmengen zwischen Ankara und den Regierungen der EU-Länder gibt. Aufgrund seiner Expertise sollte Bozkir wissen, wovon er spricht. Er dürfte mit seinen Ansichten auch nicht allzu weit vom türkischen Staatspräsidenten entfernt liegen. Der AKP-Abgeordnete traf Ende März Botschafter und Diplomaten verschiedener EU-Länder in Ankara zum Mittagessen. In dem der ARD vorliegenden Protokoll wird Bozkir als "betont freundlich und verbindlich" beschrieben. Jedoch habe er "im Wesentlichen altbekannte AKP-Positionen" wiedergegeben und sich "teilweise in bizarren Verschwörungstheorien" verloren. EU-Gipfel als positiv bewertet So habe Bozkir, der in der Vergangenheit auch schon Minister für EU-Angelegenheiten im türkischen Kabinett war, das EU-Türkei-Treffen in Varna als positiv bewertet, weil es gelungen sei, den Dialog zu stärken und "die gegenseitigen Erwartungen an den Gipfel zu erfüllen". Zur Erinnerung: EU-Ratspräsident Donald Tusk fasste Varna mit den Worten zusammen, "wenn Sie mich fragen, ob wir Lösungen oder Kompromisse erzielt haben, lautet meine Antwort nein". "Infame Propagandalüge" Dass die Türkei zwischen 2012 und 2015 "nicht entschieden genug gegen den 'Islamischen Staat' (IS) vorgegangen sei, sei eine infame Propagandalüge", so Bozkir zu den Diplomaten. Hintergrund von Bozkirs Kritik sind die wiederholten Vorwürfe westlicher Politiker, die Türkei nehme Gefahren durch den sogenannten IS nicht ernst, beziehungsweise unterstütze diesen, indem IS-Kämpfer ungehindert von der Türkei aus nach Syrien reisen konnten. Weiter behauptete Bozkir laut Protokoll, die Türkei sei das erste Land gewesen, das mit der im August 2016 begonnenen Militäroperation in Jarablus dem IS eine "empfindliche Niederlage" beigebracht habe. Allerdings: Die Anti-IS-Koalition startete bereits im September 2014 Luftangriffe gegen den IS in Syrien. In den Folgejahren konnte die Kurdenmiliz YPG auch aufgrund der Unterstützung durch Luftangriffe der Koalition den IS in Nordsyrien zurückdrängen. "Ethnische Vielfalt" Nachdem der "Islamische Staat" besiegt worden sei, so Bozkir, und nach einer "erfolgreichen Militäroperation in Afrin würden die Karten nun neu gemischt." Das Ziel der türkischen Militärintervention in Syrien sei auch "die Wiederherstellung der ethnischen Vielfalt". Nach Afrin, so Bozkir, würden nun 500.000 Syrer zurückkehren. Zu Bozkirs Aussage kommentiert der Diplomat im Protokoll: "Diese Aufnahme ist aufgrund der Herkunft der Flüchtlinge und der Kapazitäten in Afrin völlig unrealistisch". Afrin ist kurdisch geprägt. Abgeordnete der prokurdischen Oppositionspartei HDP äußerten in den vergangenen Wochen vermehrt die Sorge, Erdogan wolle die demografischen Gegebenheiten in Afrin ändern, indem er in der Region sunnitische Araber ansiedelt, die aufgrund des syrischen Bürgerkriegs in die Türkei geflohen sind. Bozkir sprach bei dem Treffen auch über den saudischen Kronprinz Mohammed Bin Salman. Dieser könnte erpresstes Geld für diverse politische Projekte einsetzen. Der protokollierende Diplomat ergänzt Bozkirs Äußerung mit den Worten, "hier wurde es nun bizarr". Bin Salman, so Bozkirs Theorie, wolle "Palästinenser aus Palästina auf die Sinai-Halbinsel" umsiedeln. "Libyen solle in verschiedene Einzelstaaten aufgeteilt werden. In Mekka und Medina solle eine Art Vatikanstaat errichtet werden." Woher Bozkir diese Erkenntnisse hat, wollte er den Diplomaten offenbar nicht preisgeben. Irritierte Diplomaten Prinz Bin Salman erklärte zuletzt überraschend, die Israelis hätten ein Recht auf ein eigenes Land. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hingegen bezeichnete den israelischen Regierungschef Benjamin Netanyahu unlängst als Terroristen. Bozkirs Aussagen haben die Botschafter und Diplomaten offenbar schwer irritiert. Hätte es sich um eine der zugespitzten Reden des türkischen Staatspräsidenten gehandelt, wären die Sätze als auf die türkische Innenpolitik ausgerichteter Populismus abgetan worden. Weil es sich jedoch bei dem Mittagessen um ein eigentlich ernsthaftes Format handelt, bei dem einem Kreis ausgewählter Experten türkische Außenpolitik näher gebracht werden soll, soll das Stirnrunzeln bei den Zuhörern umso größer gewesen sein.
/ausland/gipfel-149.html
2018-04-01
Was bringt der neue EU-Datenschutz?
Facebook-Datenskandal
"Nicht hinnehmbar" nennt die EU den Facebook-Datenskandal. Der Konzern kommt den Europäern entgegen und will kooperieren. Zumal eine neue EU-Verordnung Nutzerdaten besser schützen soll. Von Karin Bensch.
"Nicht hinnehmbar" nennt die EU den Facebook-Datenskandal. Der Konzern kommt den Europäern entgegen und will kooperieren. Zumal eine neue EU-Verordnung Nutzerdaten besser schützen soll. Nun will Facebook also kooperieren: Das Unternehmen habe mittlerweile auf die Klärungsforderung der EU-Kommission zum Datenskandal reagiert und sich nach Aussage eines Kommissionssprechers bereit erklärt, mit der Brüsseler Behörde zusammenzuarbeiten. In den kommenden Tagen soll es ein Treffen auf höherer Ebene geben. "Wir brauchen mehr Transparenz von den Unternehmen", fordert Jan Philipp Albrecht, der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Europaparlament. Facebook müsse endlich die Karten auf den Tisch legen und den Datenschutzbehörden vollen Zugang zu seinen Systemen bieten. Strengere Regeln für Unternehmen Mehr Transparenz - darauf setzt die neue europäische Datenschutzgrundverordnung, die ab Ende Mai gelten wird. Jahrelang war daran gearbeitet worden. Unternehmen werden künftig strengere Regeln einhalten müssen, damit die Daten des einzelnen Nutzers deutlich besser geschützt werden, erklärt der CDU-Europaabgeordnete Axel Voss. "Man muss genau erklären, wozu man die Daten nutzen will. Man braucht in der Regel eine Einwilligung und die Weitergabe der Daten ist nicht mehr ohne weiteres möglich." Auch die Haftung sei verbessert worden. Mehr Informationen für die Nutzer Von den neuen europäischen Datenschutzregeln werden Unternehmen betroffen sein, die personenbezogene Daten verarbeiten. Dazu gehören etwa Namen, Geburtsdaten und E-Mail-Adressen, aber auch Kontoverbindungen, Steuernummern und IP-Adressen. Betroffen sind sowohl Konzerne wie Facebook und Google, aber auch kleinere Unternehmen wie Handwerksbetriebe, Arztpraxen und Vereine. Für die Nutzer bedeutet das, dass sie künftig umfassender darüber informiert werden, welche persönlichen Daten in welcher Form gespeichert und verarbeitet werden. Neu ist auch, dass für die User künftig ein Ansprechpartner in ihrem Heimatland bereitsteht. Strafen bis zu 20 Millionen Euro Datenschutzbehörden können bei einem Verstoß gegen die neuen Regeln hohe Geldbußen verhängen. Vorgesehen sind Strafen von bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes eines Konzerns. "Wir müssen uns mit der neuen Datenschutzgrundverordnung zunächst einmal auf Unternehmen konzentrieren, die mit Daten Geschäfte betreiben", fordert der Europaabgeordnete Voss. "Das heißt, dass man überprüfen muss, ob der Datenumfang und die Datennutzung auch dem entspricht, wozu der Nutzer jeweils zugestimmt hat." "Nur eine Anleitung" Die neue europäische Datenschutzverordnung gilt ab dem 25. Mai. Kann sie in Zukunft Datenskandale wie bei Facebook verhindern? Nein, meint Axel Voss. "Die Datenschutzgrundverordnung ist ja nur eine Anleitung, wie man rechtmäßig mit diesen Daten umgeht. Jeder der damit unrechtmäßig umgehen will, wird durch die Verordnung nicht gehindert." Aber: Es wird künftig generell schwieriger, an private Daten heranzukommen. Denn die Nutzer werden häufiger gefragt, müssen öfter zustimmen und haben dadurch mehr Kontrolle über ihre eigenen Daten.
/wirtschaft/eu-datenschutzverordnung-101.html
2018-04-01
Ver.di setzt massive Warnstreiks fort
Öffentlicher Dienst
Im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes erhöht ver.di den Druck auf die Arbeitgeber. Die Gewerkschaft hat erneut zu Warnstreiks aufgerufen. Tausende Beschäftigte legten am Morgen die Arbeit nieder. mehr
Im Tarifstreit des öffentlichen Diensts erhöht ver.di den Druck auf die Arbeitgeber. Auch heute hat die Gewerkschaft wieder zu Warnstreiks aufgerufen. Tausende Beschäftigte legten am Morgen die Arbeit nieder. Auch heute streiken Tausende Beschäftigte in mehreren Bundesländern weiter - unter anderem im Nahverkehr, in Kitas, Jobcentern und Bürgerämtern sowie bei der Müllabfuhr und in Kliniken. In Nordrhein-Westfalen standen wegen des Warnstreiks unter anderem in Düsseldorf alle U-Bahnen und Straßenbahnen sowie die allermeisten Busse still. "Hier ist alles dicht", sagte eine ver.di-Sprecherin. Der Streik von knapp 2000 beteiligten Arbeitnehmern hatte um 3 Uhr begonnen. In Rheinland-Pfalz standen im Verkehrsverbund Rhein-Neckar Busse und Bahnen seit dem Beginn der Frühschicht still. In Hessen wurde in Wiesbaden und in Bayern in Würzburg der Nahverkehr bestreikt. Flughafenfeuerwehr legte Arbeit nieder Am Dienstag waren wegen des Streiks Hunderte Flüge annulliert worden. Der Flughafen Köln-Bonn stellte den Luftverkehr am Morgen stundenlang komplett ein, weil die Flughafenfeuerwehr die Arbeit niederlegte. An den ebenfalls bestreikten Airports in München und Bremen wurden Hunderte Flüge gestrichen, so dass es in der Folge in Berlin und Leipzig/Halle ebenfalls zu Ausfällen kam. Am größten deutschen Flughafen in Frankfurt wurden rund 660 von 1441 geplanten Starts und Landungen gestrichen. Allein die Lufthansa hatte angekündigt, mehr als 800 Flüge zu annullieren und damit über die Hälfte der geplanten Verbindungen. Betroffen sind rund 90.000 Passagiere. Auch der städtische Nahverkehr, Kitas, Kliniken, Verwaltungen und Hallenbäder waren vielerorts betroffen: Insgesamt hätten sich mehr als 60.000 Beschäftigte in acht Bundesländern im Warnstreik befunden, teilte die Gewerkschaft ver.di mit. Gespräche werden am Sonntag fortgesetzt Ver.di und der ebenfalls beteiligte Deutsche Beamtenbund wollen mit den Warnstreiks Druck aufbauen für die möglicherweise entscheidende Tarifrunde am 15. und 16. April in Potsdam. Ver.di fordert für die rund 2,3 Millionen Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes bei Bund und Kommunen sechs Prozent mehr Lohn und Gehalt, mindestens aber 200 Euro pro Monat. Der Bund und der kommunale Arbeitgeberverband VKA haben bislang kein Angebot vorgelegt.
/wirtschaft/streik-verdi-103.html
2018-04-01
Was macht Puigdemont jetzt?
Nach Freilassung
Kataloniens Ex-Regierungschef Puigdemont ist wieder auf freiem Fuß. Doch ihm droht weiter die Auslieferung. In Berlin will er heute sein weiteres Vorgehen bekannt geben. mehr
Kataloniens Ex-Regierungschef Puigdemont ist wieder auf freiem Fuß. Doch ihm droht weiter die Auslieferung. In Berlin will er heute sein weiteres Vorgehen bekannt geben. Nach seiner Freilassung aus der Justizvollzugsanstalt Neumünster hat sich der frühere katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont nach eigenen Angaben am Abend auf den Weg nach Berlin gemacht. Um 12.00 Uhr will er sich auf einer Pressekonferenz zu seinem weiteren Vorgehen äußern. Puigdemont, der Deutschland auf Anordnung des Oberlandesgerichts Schleswig vorläufig nicht verlassen darf und sich regelmäßig bei der Polizei melden muss, zeigte sich nach seiner Freilassung kämpferisch. "Der Weg ist lang, aber an seinem Ende kann nur eins stehen, unser Sieg", sagte er in einer Audiobotschaft, aus der spanische Medien zitierten. "Wir machen weiter, stärker und entschiedener als je zuvor, auf unserem katalanischen Weg der Gewaltlosigkeit, der Forderung nach Ausübung unserer demokratischen Rechte", fügte der 55-Jährige hinzu. Er forderte zudem die sofortige Freilassung der in Spanien inhaftierten Mitstreiter. Continuem més forts que mai. Continuem més decidits que mai. Exigim la llibertat de tots els #PresosPolítics 🎗 No és un cas de rebel·lió. No és un cas de malversació. És un cas polític que demana que l'Estat espanyol aparqui el codi penal i s'assegui a una taula de negociació. https://t.co/i2u0BFf5gX Auslieferung wegen Untreuevorwurfs weiter möglich Vor knapp zwei Wochen war Puigdemont auf der Durchreise aufgrund eines europäischen Haftbefehls festgenommen worden. Spanien wirft ihm Rebellion und Untreue vor. Letzteren Vorwurf begründet die Regierung in Madrid damit, dass er das verbotene Unabhängigkeitsreferendum habe durchführen lassen, das 1,6 Millionen Euro öffentliche Gelder gekostet habe. Ob Deutschland Puigdemont aufgrund des europäischen Haftbefehls an Spanien ausliefert, ist noch nicht entschieden. Der Erste Senat des Oberlandesgerichts Schleswig vertrat die Ansicht, "dass sich hinsichtlich des Vorwurfs der 'Rebellion' die Auslieferung als von vornherein unzulässig erweist". Der nach deutschem Recht in Betracht kommende Straftatbestand des Hochverrats sei nicht erfüllt, weil Puigdemont zuzurechnende Gewalttaten in Katalonien kein Ausmaß erreicht hätten, das den Willen der spanischen Verfassungsorgane hätte beugen können. Dagegen erweise sich der Vorwurf der "Korruption" in Form der Untreue für die Auslieferung "nicht als von vornherein unzulässig". Hier seien aber weitere Informationen nötig. Damit könnte Puigdemont in Spanien allenfalls noch wegen Untreue angeklagt werden, sollte er von Deutschland auf der Grundlage des europäischen Haftbefehls tatsächlich ausgeliefert werden. Dies sehen die Vereinbarungen zwischen den EU-Mitgliedsländern über das vereinfachte europäische Auslieferungsverfahren vor. Spanien prüft Einschaltung des EuGH Vor diesem Hintergrund erließ das Gericht zwar einen Auslieferungshaftbefehl, setzte ihn aber unter Auflagen außer Vollzug. Dazu gehörte auch die Hinterlegung einer Kaution in Höhe von 75.000 Euro. Die separatistische Organisation ANC (Katalanische Nationalversammlung) teilte auf Twitter mit, dass die Kaution aus der "Solidaritätskasse" der ANC und des Kulturvereins Omnium Cultural bezahlt wurde. Das Oberste Gericht Spaniens erwägt im Fall Puigdemont eine Anrufung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg. Nach der Zurückweisung des spanischen Hauptvorwurfs der Rebellion durch das OLG in Schleswig wolle man möglicherweise ein sogenanntes Vorabentscheidungsersuchen einreichen, sagte ein Sprecher des Obersten Gerichts in Madrid. Der zuständige Ermittlungsrichter Pablo Llarena werde darüber in den nächsten Tagen entscheiden.
/inland/puigdemont-287.html
2018-04-01
Puigdemont will in Berlin bleiben
Nach Freilassung
Kataloniens Ex-Regierungschef Puigdemont hat die spanische Regierung zum Dialog aufgerufen. Bei einer Pressekonferenz sagte er, er werde in Berlin bleiben, bis der juristische Prozess gegen ihn abgeschlossen sei, dann wolle er nach Belgien. mehr
Kataloniens Ex-Regierungschef Puigdemont hat die spanische Regierung zum Dialog aufgerufen. Bei einer Pressekonferenz sagte er, er werde in Berlin bleiben, bis der juristische Prozess gegen ihn abgeschlossen sei, dann wolle er nach Belgien. Nach seiner Freilassung aus der Justizvollzugsanstalt Neumünster hat sich der frühere katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont zu seinen Zukunftsplänen geäußert: Er wolle in Berlin bleiben, bis der juristische Prozess gegen ihn abgeschlossen sei. Er betrachte es als seine Pflicht, den Behörden zur Verfügung zu stehen, sagte Puigdemont bei einer Pressekonferenz in der Hauptstadt. Dann wolle er nach Belgien zurückkehren und sich dort weiter für die katalanische Exilregierung engagieren. Die spanische Regierung rief er erneut zum politischen Dialog auf. Von der Zentralregierung in Madrid forderte er Respekt für die Demokratie. Es entspreche dem Gesetz, eine Regionalregierung für Katalonien zu bilden. Gegen Kaution frei Der 55-Jährige hatte gestern das Gefängnis in Neumünster nach Hinterlegung einer Kaution in Höhe von 75.000 Euro verlassen. Er muss sich bis zum Abschluss seines Verfahrens regelmäßig bei der Polizei melden und darf Deutschland zunächst nicht verlassen. Zuvor hatte das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht (OLG) den Vorwurf der Rebellion als Grund für eine Auslieferung an Spanien verworfen. Continuem més forts que mai. Continuem més decidits que mai. Exigim la llibertat de tots els #PresosPolítics 🎗No és un cas de rebel·lió.No és un cas de malversació.És un cas polític que demana que l'Estat espanyol aparqui el codi penal i s'assegui a una taula de negociació. https://t.co/i2u0BFf5gX Auslieferung wegen Untreuevorwurfs weiter möglich Vor knapp zwei Wochen war Puigdemont auf der Durchreise aufgrund eines europäischen Haftbefehls festgenommen worden. Spanien wirft ihm Rebellion und Untreue vor. Letzteren Vorwurf begründet die Regierung in Madrid damit, dass er das verbotene Unabhängigkeitsreferendum habe durchführen lassen, das 1,6 Millionen Euro öffentliche Gelder gekostet habe. Ob Deutschland Puigdemont aufgrund des europäischen Haftbefehls an Spanien ausliefert, ist noch nicht entschieden. Der Erste Senat des Oberlandesgerichts Schleswig vertrat die Ansicht, "dass sich hinsichtlich des Vorwurfs der 'Rebellion' die Auslieferung als von vornherein unzulässig erweist". Der nach deutschem Recht in Betracht kommende Straftatbestand des Hochverrats sei nicht erfüllt, weil Puigdemont zuzurechnende Gewalttaten in Katalonien kein Ausmaß erreicht hätten, das den Willen der spanischen Verfassungsorgane hätte beugen können. Dagegen erweise sich der Vorwurf der "Korruption" in Form der Untreue für die Auslieferung "nicht als von vornherein unzulässig". Hier seien aber weitere Informationen nötig. Damit könnte Puigdemont in Spanien allenfalls noch wegen Untreue angeklagt werden, sollte er von Deutschland auf der Grundlage des europäischen Haftbefehls tatsächlich ausgeliefert werden. Dies sehen die Vereinbarungen zwischen den EU-Mitgliedsländern über das vereinfachte europäische Auslieferungsverfahren vor. Kritik an Justizministerin Barley Justizministerin Katarina Barley hatte das Vorgehen des Oberlandesgerichts Schleswig begrüßt. Dafür kritisierte sie nun der spanische Außenminister Alfonso Dastis. Es sei eine "unglückliche Aussage".  "Wir glauben, dass Kommentare zu Entscheidungen von Richtern zu diesem Zeitpunkt nicht passend sind", sagte Dastis vor Journalisten im südspanischen Sevilla am Rande des Parteitags der konservativen Volkspartei (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy. Spanien prüft Einschaltung des EuGH Das Oberste Gericht Spaniens erwägt im Fall Puigdemont eine Anrufung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg. Nach der Zurückweisung des spanischen Hauptvorwurfs der Rebellion durch das OLG in Schleswig wolle man möglicherweise ein sogenanntes Vorabentscheidungsersuchen einreichen, sagte ein Sprecher des Obersten Gerichts in Madrid. Der zuständige Ermittlungsrichter Pablo Llarena werde darüber in den nächsten Tagen entscheiden.
/inland/puigdemont-293.html
2018-04-01
Was tun mit Viktor Orban?
Ungarn und die EU
Die Parteifamilie von CDU/CSU im EU-Parlament wird oft dafür kritisiert, mit den Abgeordneten von Orbans EU-kritischer Partei gemeinsame Sache zu machen. Ein CSU-Abgeordneter erklärt, warum. Von Kai Küstner.
Die Parteifamilie von CDU/CSU im EU-Parlament wird oft dafür kritisiert, mit den Abgeordneten von Orbans EU-kritischer Partei gemeinsame Sache zu machen. Ein CSU-Abgeordneter erklärt, warum. Die Liste der Demütigungen, die der ungarische Regierungschef Viktor Orban der Europäischen Union zugefügt hat, ist lang: Er organisierte eine Posterkampagne mit dem Titel "Lasst uns Brüssel stoppen!" Er errichtete einen von der EU-Kommission heftig kritisierten Grenzzaun - nur um dann von ebendieser EU-Kommission Geld für den "Schutz der EU-Außengrenze" zu verlangen. "Wünsche mir, dass Orban wieder gewählt wird" Überhaupt liegt Orban sowohl mit Brüssel als auch mit Berlin in der Flüchtlingsfrage völlig über Kreuz: "Wir glauben, dass Migration gefährlich für die öffentliche Sicherheit ist, für unseren Sozialstaat und die christliche Kultur", schimpfte Orban erst kürzlich wieder. In Brüssel quittiert man dessen Politik mit mehr als nur einem Kopfschütteln: Nicht nur, aber auch wegen der Weigerung, sich an der Flüchtlingsverteilung zu beteiligen, hat die EU-Kommission Budapest verklagt. Gleichzeitig ist auch klar: Die ungarische Regierungspartei Fidesz sitzt im EU-Parlament Seite an Seite mit den Abgeordneten etwa von CDU und CSU, weil die gemeinsam eine Fraktion bilden: "Ich wünsche mir, dass Orban wieder gewählt wird," sagt Manfred Weber, der Chef der EVP-Fraktion, im Interview mit dem ARD-Studio Brüssel: "Orban ist Teil der Europäischen Volkspartei. Er ist kein einfacher Partner, aber er gehört zu unserer Parteienfamilie und deswegen wünsche ich mir seinen Erfolg." "Eine rein wahltaktische Entscheidung" In dieser EVP-Fraktion sitzen sowohl CDU/CSU-Parlamentarier als auch die Fidesz-Leute. Dass dies so ist und wohl vorerst auch bleiben wird, hat trotz aller Querelen seinen Grund, erklärt der EU-Kenner Andreas Maurer von der Uni Innsbruck. Man wolle die durchaus beträchtliche Zahl an Abgeordneten nicht verlieren: "Das ist eine rein wahltaktische Entscheidung nach dem Motto: 'Wir wollen stärkste Fraktion sein und kaufen uns ein, was da kommt - auch wenn die Leute da nicht reinpassen", sagt Politikwissenschaftler Maurer im ARD-Interview. "Wenn das weiter verfolgt wird, fliegst du aus der EVP" CSU-Politiker Weber kennt die Forderungen zur Genüge, man hätte die Fidesz-Leute längst aus der Parteienfamilie werfen müssen, auch aus den eigenen Reihen übrigens. Sein Gegenargument: Orban und seine Parteifreunde würden zwar provozieren, Grenzen testen und diese auch mal überschreiten, sich aber letztlich dann doch stets an alle Regelungen halten, zu denen man sie verdonnert: "Beispielsweise als er vor einigen Jahren formulierte hat, dass er die Todesstrafe wieder einführen will. Da haben wir gesagt, wenn das weiter verfolgt wird, fliegst du aus der EVP. Er hat es dann nicht weiter verfolgt," sagt Weber. Es scheint also, als hätten sich die Konservativen im EU-Parlament eher für die Umarmungs- als für die Kaltstell-Taktik entschieden. Was Brüssel betrifft, so sucht man mit Budapest verzweifelt Anknüpfungspunkte, wo es nur geht. Man findet sie unter anderem bei einer Stärkung der EU-Verteidigungs-Union, was beide wollen. EU-Austrittsgedanken unwahrscheinlich Klar ist auch: Auf die Idee, die EU zu verlassen, dürfte Orban so schnell nicht kommen. Dafür ist er wirtschaftlich und finanziell zu sehr von ihr abhängig. Noch völlig unklar ist allerdings, wie mit Ungarn ein Kompromiss in der Frage der Migration und der Flüchtlingsverteilung aussehen soll, der bis Juni gefunden sein soll, richtete Orbán seinen gesamten Wahlkampf doch darauf aus, die Grenzen für die angeblich so gefährlichen 'Fremden' zu verschließen. Dass er von dieser Haltung abrückt, dafür gibt es nicht das geringste Anzeichen. Mehr zu diesem Thema sehen Sie im Europamagazin um 12.45 Uhr im Ersten.
/ausland/orban-eu-103.html
2018-04-01
Berichte über Giftgasangriff in Syrien
Kämpfe in Ost-Ghouta
Syrische Kampfjets fliegen seit Tagen Angriffe auf die von Aufständischen gehaltene Stadt Duma. Dabei sei auch Giftgas eingesetzt worden, berichten Hilfsorganisationen. Die Regierung bestreitet das. mehr
Syrische Kampfjets fliegen seit Tagen Angriffe auf die von Aufständischen gehaltene Stadt Duma. Dabei sei auch Giftgas eingesetzt worden, berichten Hilfsorganisationen. Die Regierung bestreitet das. Bei schweren Luftangriffen auf die von Aufständischen gehaltene Stadt Duma in der syrischen Region Ost-Ghouta ist möglicherweise Giftgas eingesetzt worden. Mehrere Bewohner litten unter Atemnot, nachdem ein Wohngebiet mit Gas angegriffen worden sei, berichtete die syrische Hilfsorganisation Weißhelme. Zudem hätten die Bewohner Symptome wie Schaum vor dem Mund und erweiterte Pupillen aufgewiesen. Dies spreche für das Giftgas Sarin. Allerdings berichteten die Weißhelme auch von einem Geruch nach Chlor, was auf Chlorgas hindeuten würde. Auch die Hilfsorganisation Syrian American Medical Society erklärte, Ärzte hätten Verletzte mit Symptomen einer Chlorgasvergiftung behandelt. Die Hilfsorganisation UOSSM geht ebenfalls von einem Chemiewaffenangriff aus. Hubschrauber soll Fassbombe abgeworfen haben Ein Hubschrauber habe eine Fassbombe mit Chemikalien über Duma abgeworfen, erklärten die Weißhelme. Die Zahl der Opfer steige beständig. Ganze Familien sollen in ihren Schutzunterkünften erstickt sein. Allerdings schwankten die Opferzahlen sehr stark: Verschiedene Organisationen berichteten von 80 bis hin zu 150 Toten und bis zu 1000 Verletzten. Syrische Staatsmedien wiesen die Angaben umgehend zurück. Die Rebellen in Duma stünden vor der Niederlage und verbreiteten Unwahrheiten. Derartige Berichte dienten nur dazu, das Vorrücken der syrischen Armee zu hindern, schrieb die syrische Nachrichtenagentur Sana. Ähnlich äußerte sich auch das russische Militär, das die syrischen Streitkräfte unterstützt. Die Berichte über den Giftgas-Einsatz seien "fabrizierte Anschuldigungen", zitierte die Agentur Interfax den Generalmajor Juri Jewtuschenko. USA wollen Berichte prüfen Die Berichte über den möglichen Einsatz von Giftgas konnten zunächst nicht durch unabhängige Beobachter verifiziert werden. Das US-Außenministerium teilte mit, die Berichte zu überprüfen. Sollten sich die Berichte bestätigen, sei eine sofortige Antwort der internationalen Gemeinschaft gefordert. Die syrische Regierung habe bereits Giftgas gegen das eigene Volk eingesetzt. Die Regierung von Präsident Bashar al-Assad hatte dagegen wiederholt bestritten, in dem Bürgerkrieg Chemiewaffen einzusetzen. Syrien hatte 2013 einer von Russland und den USA mit ausgehandelten Vereinbarung zugestimmt, wonach es seine Chemiewaffen zerstört. Regierungstruppen haben seit Februar fast das komplette zwischenzeitlich von Aufständischen kontrollierte Gebiet in Ost-Ghuta bei Damaskus zurückerobert. Nur in Duma haben sich noch Aufständische der Gruppe Dschaisch al-Islam verschanzt.
/ausland/moeglicher-giftgasangriff-in-syrien-101.html
2018-04-01
Luftangriffe und Bodenoffensive in Duma
Krieg in Syrien
Bei Luftangriffen auf die letzte von Aufständischen gehaltene Stadt in der syrischen Region Ost-Ghouta sind mindestens 40 Menschen getötet worden. Regierungstruppen starteten eine Bodenoffensive. mehr
Bei Luftangriffen auf die letzte von Aufständischen gehaltene Stadt in der syrischen Region Ost-Ghouta sind mindestens 40 Menschen getötet worden. Regierungstruppen starteten eine Bodenoffensive. Bei erneuten Luftangriffen auf Duma in Ost-Ghouta sind mindestens 40 Menschen getötet worden. Unter den Todesopfern seien acht Kinder, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Dutzende Menschen seien verletzt worden. Am Abend lag die letzte von Aufständischen kontrollierte Stadt der Region in Syrien unter schwerem Feuer. Russische und syrische Kampfjets sollen Hunderte Angriffe geflogen haben. Syrischen Staatsmedien zufolge starteten die Regierungstruppen außerdem eine Bodenoffensive auf die Stadt. Nach Angaben der Beobachtungsstelle kam es zu Gefechten zwischen Regierungstruppen und Rebellen südwestlich und östlich des Stadtzentrums. In den vergangenen zehn Tagen waren die Kämpfe größtenteils ausgesetzt worden, nachdem sich Rebellen und syrische Regierung auf einen Abzug aus Ost-Ghouta verständigt hatten. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana warf Rebellen der islamistischen Gruppe Dschaisch al-Islam (Armee des Islam) vor, Granaten auf Vororte der Hauptstadt Damaskus abgefeuert zu haben. Ein Arzt in Duma berichtete der Nachrichtenagentur AFP von chaotischen Zuständen in einem örtlichen Krankenhaus. Dort herrsche "Panik", sagte er. "Zahnärzte nehmen Notoperationen vor." Die Toten könnten nicht einmal identifizieren werden. Mehrere Patienten schwebten in Lebensgefahr. Rebellen-Abzug ausgesetzt Zuletzt hatten mehrere hundert Rebellen zusammen mit ihren Familien die Stadt verlassen. Am Donnerstag war der Abzug aber ausgesetzt worden. In der Stadt halten sich noch Zehntausende Menschen auf. Die Dschaisch al-Islam hatte es im Gegensatz zu anderen Rebellen abgelehnt, in Gebiete im Norden Syriens gebracht zu werden. Die Rebellengruppe will als lokale Sicherheitstruppe in der Stadt bleiben. Dies lehnt die Regierung in Damaskus jedoch ab. Mehr als 1600 Tote Die syrische Armee hatte in den vergangenen Monaten zusammen mit Verbündeten die Region Ost-Ghouta nahe Damaskus heftig unter Beschuss genommen. Mehr als 1600 Menschen starben nach Angaben von Beobachtern. Die Eroberung von Duma würde in dem seit sieben Jahren währenden Bürgerkrieg den größten Erfolg für Machthaber Baschar al-Assad seit 2016 darstellen.
/ausland/luftangriffe-duma-101.html
2018-04-01
Fragen, Zweifel und Beschuldigungen
UN-Sicherheitsrat
Auf Antrag Russlands hat sich der UN-Sicherheitsrat mit dem Fall des vergifteten Ex-Spions Skripal befasst. Der russische UN-Botschafter Nebensja teilte dabei kräftig gegen den Westen aus. Von Kai Clement.
Auf Antrag Russlands hat sich der UN-Sicherheitsrat mit dem Fall des vergifteten Ex-Spions Skripal befasst. Der russische UN-Botschafter Nebensja teilte dabei kräftig gegen den Westen aus. Eigentlich sollten Redner im Sicherheitsrat sich auf fünf Minuten oder weniger beschränken. Doch der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja redet weit über eine halbe Stunde. Es ist ein Trommelfeuer von Fragen, Zweifeln und Beschuldigungen. Großbritannien betreibe mitsamt seiner Verbündeten eine Vorverurteilung ohne Beweise ganz so wie in dem Buch "Alice im Wunderland", aus dem Nebensja sogar vorliest: "'Nein, nein', sagte die Königin, 'Erst die Strafe. Dann die Verurteilung.'" "Theater des Absurden" Warum, so fragt Nebensja, sollte Russland acht Jahre mit einem Mordanschlag gewartet haben? Schließlich sei Skripal nach seiner Verurteilung als Doppelagent schon 2010 nach Großbritannien entlassen worden. "Warum durfte er das Land überhaupt verlassen?", argumentiert er. "Warum ein so seltsamer und gefährlicher Mordanschlag für alle in Skripals Nähe - und so öffentlich?" Und dann hätten die Mörder ihre Arbeit noch nicht einmal richtig zu Ende gebracht. Konnte Großbritannien sich nicht eine bessere Fake-Story ausdenken, höhnt Nebensja. Selbst das Forschungszentrum des britischen Verteidigungsministeriums habe zwar das Mittel Nowitschok bestätigt, nicht aber dessen Herkunft. Man erlebe ein Theater des Absurden und habe den britischen Kollegen gesagt: Sie spielten mit dem Feuer und das werde ihnen noch leid tun. "Methoden von Doktor Goebbels" Nur ein Platz trennt derzeit Russland und Großbritannien am Tisch des Sicherheitsrats.  Dort sitzt inmitten des hitzigen Schlagabtausches Schwedens Vertreter Carl Skau. Er hat noch vor der Sitzung Großbritannien - wie andere auch - der Solidarität seines Landes versichert. "Wir teilen die Bewertung Großbritanniens, dass Russland sehr wahrscheinlich verantwortlich ist", sagte er. "Wir sehen keine andere plausible Erklärung." Nun lehnt Skau sich mit verschränkten Armen zurück, blickt starr auf den Tisch vor sich. Doch Russlands UN-Botschafter ist noch lange nicht fertig. Es handele sich um eine gut vorbereitete Kampagne gegen Russland, sagt er. Und zieht dann gar noch einen Vergleich mit dem Propagandaminister der Nazis. Dies seien die Methoden von Doktor Goebbels, schimpft Nebensja. "Lügen, die man tausendmal wiederholt, werden zur Wahrheit." Ende der Freundlichkeiten Vor dem Treffen gab es noch einen freundlichen Händedruck mit der britischen UN-Vertreterin Karen Pierce. Doch das ist nun vorbei. "Ich höre mir keine Moralpredigten von einem Land an, das alles getan hat, um Ermittlungen gegen Syriens Chemiewaffen zu verhindern", erwidert Pierce. Dass Russland in dem Fall zusammen mit der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) ermitteln wolle, sei doch wohl so, als wolle der Brandstifter sein eigenes Feuer untersuchen. Viel besser sei es doch, so die Britin, jetzt erst einmal die OPCW-Ergebnisse kommende Woche abzuwarten. Die US-Vertreterin Kelley Currie weist vor allem den Nazi-Vergleich als vollkommen unangemessen zurück. Russland solle den Sicherheitsrat nicht für politische Spiele nutzen. Auch für die USA stehe außer Frage, dass Russland hinter dem Anschlag stecke. "Man weiß, dass Russland militärische Nervengifte des Typs entwickelt hat, der in Salisbury genutzt wurde", so Currie. "Und Russland hat eine gut belegte Vergangenheit, staatlich unterstützte Morde durchzuführen."
/ausland/skripal-sicherheitsrat-103.html
2018-04-01
Im Auftrag der Weltgesundheit
70 Jahre WHO
Sie kämpft gegen Krankheiten, Tabakwerbung und die Ausbreitung von Epidemien: Zu ihrem 70. Gründungsjubiläum steht die Weltgesundheitsorganisation WHO aber auch in der Kritik. Von Vera Wolfskämpf.
Sie kämpft gegen Krankheiten, Tabakwerbung und die Ausbreitung von Epidemien: Zu ihrem 70. Gründungsjubiläum steht die Weltgesundheitsorganisation WHO aber auch in der Kritik. Die "Weltgesundheit" steht schon im Namen. Als Generaldirektor der WHO hat sich auch Tedros Adhanom Ghebreyesus dazu verpflichtet. Er habe die Vision einer Welt, in der alle ein gesundes, produktives Leben führen können - unabhängig davon, wer sie sind und wo sie leben, sagt der Äthiopier, der seit einem Jahr die WHO leitet. Die UN-Organisation veröffentlicht nicht nur jährliche Gesundheitsberichte mit statistischen Daten. Sie erlässt verbindliche Regeln, zum Beispiel zur Diagnose von Krankheiten. Sie kümmert sich um Maßnahmen gegen übertragbare Krankheiten wie Aids sowie um Impfprogramme. Viele Aufgaben, oft erfolgreich Die Organisation sei bei der der Umsetzung ihrer Aufgaben erfolgreich, erklärt WHO-Sprecherin Monica Gehner. "Die Pocken oder auch Polio, die Kinderlähmung, stehen kurz vor der Ausrottung", sagt sie. "Wir haben mit Partnern Impfstoffe gegen Meningitis und Ebola entwickeln können. Wir sind stark in der Tabak-Bekämpfung. Und wir arbeiten auch verstärkt, weil das eine zunehmende Bedrohung ist, im Gebiet der chronischen und nicht-übertragbaren Krankheiten.“ Doch es lief nicht alles gut in der 70-jährigen Geschichte der WHO. Als 2014 eine Ebola-Epidemie in Westafrika ausbrach, kam die Reaktion zu spät. Mehr als 11.000 Menschen starben. Als die WHO 2015 Bilanz zog, gestand die damalige Generaldirektorin Margaret Chan ein, dass die WHO nicht vorbereitet gewesen sei auf einen Ausbruch dieser Größenordnung, der so weit verbreitet, so schwerwiegend und so komplex war. Mittlerweile hat die WHO sich neu organisiert, um schneller reagieren zu können. Für jede Epidemie gibt es spezielle Manager. Beim Zika-Virus habe sich das bereits bewährt, sagt WHO-Sprecherin Gehner. Neutralität gefährdet Institutionen wie Transparency International kritisieren noch ein anderes Problem: Die Finanzierung reiche nicht aus und das bedrohe die Neutralität der WHO. Unabhängigkeit sei das oberste Gebot, betont allerdings die WHO-Sprecherin. "Die Gelder, die wir annehmen, werden immer gecheckt auf Interessenkonflikte. Das Geld, das aus der Privatwirtschaft kommt, ist ein minimaler Anteil. Ein Großteil des Budgets sind immer noch die freiwilligen Beiträge der Mitgliedsstaaten", so Gehner. Das stimmt zwar. Doch nur ein Drittel des rund fünf Milliarden Euro großen Budgets der vergangenen Jahre ist frei einsetzbar. Die übrigen Gelder sind projektgebunden. Das ist nur eine Kritik aus einem Film, der kurz vor dem 70. Jubiläum der Organisation in die Kinos kam. Er heißt "TrustWHO". Die Filmemacherin Lilian Franck hat an der Vertrauenswürdigkeit der WHO zu zweifeln begonnen. Das liegt für sie auch am großen Einfluss von Experten. Die WHO müsse genauer prüfen, mit wem sie zusammenarbeite, so Franck. "Dass geguckt wird, dass die nicht gleichzeitig zum Beispiel die Pharmaindustrie auch beraten, wenn sie in einem Gremium der WHO über ein neues Medikament oder einen Impfstoff entscheiden. Denn sonst bestehen Interessenkonflikte und es können keine unabhängigen Entscheidungen gefällt werden", sagt Franck. Dafür fand Franck in ihrer Recherche mehrere Beispiele. Sie ist der Meinung, die WHO solle offener über solche Probleme sprechen. Denn ihre Arbeit reicht in unseren Alltag hinein: von Medikamenten über Impfungen bis zur Gesundheitsförderung. Und da hat die WHO noch viel vor: Der diesjährige World Health Day zum Jubiläum fordert universelle Gesundheitsversorgung für alle. Bis jetzt bekommt die Hälfte der Weltbevölkerung nicht, was sie braucht. Rund 100 Millionen Menschen sind von Armut bedroht, weil sie die Kosten nicht bezahlen können. Viel Arbeit also für die WHO, denn das UN-Ziel lautet: "Gesundheit und Wohlbefinden für alle bis 2030."
/ausland/who-117.html
2018-04-01
Internetnutzer befürchten Datenmissbrauch
ARD-DeutschlandTrend
Nach dem Facebook-Skandal sorgt sich ein Großteil der Nutzer, dass ihre Daten missbraucht werden könnten. Konsequenzen ziehen aber nur wenige. Außerdem im ARD-DeutschlandTrend: Ist Merkel eine gute Kanzlerin? Von Ellen Ehni.
Nach dem Facebook-Skandal sorgt sich ein Großteil der Nutzer, dass ihre Daten missbraucht werden könnten. Konsequenzen ziehen aber nur wenige. Außerdem im ARD-DeutschlandTrend: Ist Merkel eine gute Kanzlerin? Hat der Datenskandal bei Facebook den Umgang der Deutschen mit dem sozialen Netzwerk verändert? Das war eine der Fragen, die Infratest dimap für den ARD-DeutschlandTrend gestellt hat. 85 Prozent der Deutschen nutzen das Internet, und von ihnen machen sich 61 Prozent Sorgen, dass ihre persönlichen Daten dabei missbraucht werden könnten - so wie zum Beispiel bei Facebook: Dort wurden durch die Firma Cambridge Analytica bis zu 87 Millionen Facebook-Anwender ausgespäht. 59 Prozent der Internetnutzer in Deutschland geben an, dass sie überhaupt kein Facebook-Konto besitzen. 27 Prozent sagen, dass sie Facebook genauso nutzen wie vor der Berichterstattung rund um Cambridge Analytica. Nur zwölf Prozent erklären, dass sie Facebook aufgrund des Datenskandals weniger nutzen als vor dem Bekanntwerden des Datenlecks. Zwei Prozent nutzen Facebook deshalb gar nicht mehr. Angst vor Eskalation zwischen Russland und dem Westen Auch der Fall Skripal beschäftigt die Menschen: Nach dem Giftgasanschlag im englischen Salisbury wurden gegenseitig westliche und russische Diplomaten entlassen, die Fronten scheinen verhärtet wie lange nicht mehr. 61 Prozent der Deutschen macht diese Entwicklung zwischen Russland und dem Westen sehr große oder große Sorgen; 38 Prozent bereitet dies wenige oder gar keine Sorgen. Doch wie kann die verfahrene Situation gelöst werden? Die Deutschen wünschen sich mehrheitlich, dass beide Seiten aufeinander zugehen: 91 Prozent der Befragten sind der Auffassung, dass sich Russland stärker um einen Dialog mit dem Westen bemühen sollte (kein Vergleichswert). 86 Prozent sind der Meinung, dass der Westen sich stärker um einen Dialog mit Russland bemühen sollte (-2 Punkte im Vergleich zum DeutschlandTrend im Juli 2016). 72 Prozent stimmen der Aussage zu, dass Russlands Präsident Vladimir Putin jedes Mittel recht ist, um russische Interessen durchzusetzen (-9 im Vergleich zum DeutschlandTrend im März 2015). 24 Prozent stimmen dieser Aussage nicht zu. Bei der Frage, inwiefern man Russland Verständnis entgegenbringen sollte, sind die Deutschen gespalten: 48 Prozent geben an, nachvollziehen zu können, dass sich Russland vom Westen bedroht sieht. 47 Prozent der Befragten können dies nicht. Kanzlerin Merkel im Sinkflug Das neue Kabinett von Angela Merkel wird von den Deutschen unterschiedlich bewertet: Eine Mehrheit von 57 Prozent hält die CDU-Politikern für eine gute Kanzlerin - doch verliert sie im Vergleich zum Beginn der vergangenen Legislaturperiode 18 Punkte: Damals, im Januar 2014, hatte sie mit 75 Prozent deutlich mehr Rückhalt. 40 Prozent halten sie aktuell für keine gute Besetzung. Peter Altmaier (CDU) als Wirtschaftsminister halten 55 Prozent für eine gute Besetzung (22 Prozent "keine gute Besetzung"), 49 Prozent sagen das von Olaf Scholz (SPD) als Finanzminister und 43 Prozent von Heiko Maas (SPD) als Außenminister - 27 bzw. 29 Prozent halten Scholz und Maas für ihre Positionen nicht geeignet. Zwei Posten werden mehrheitlich kritisch gesehen: 54 Prozent halten Ursula von der Leyen (CDU) im Verteidigungsministerin nicht gut platziert (40 Prozent "gute Besetzung"). 51 Prozent wollen Horst Seehofer (CSU) nicht als Innenminister (39 Prozent "gute Besetzung"). Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, dann käme die Union auf 33 Prozent, ein Punkt weniger als Anfang März. Die SPD bleibt stabil bei 18 Prozent. Die AfD verschlechtert sich um einen Punkt auf 14 Prozent, die FDP landet unverändert bei neun Prozent. Die Linke und die Grünen gewinnen jeweils einen Punkt hinzu und kommen auf zehn beziehungsweise zwölf Prozent.
/inland/deutschlandtrend/deutschlandtrend-1187.html
2018-04-01
Berlin statt Neumünster
Nach Puigdemont-Freilassung
Zumindest teilweise hat Puigdemont erreicht, was er wollte. Der katalanische Separatistenführer kann bis zum Ende des juristischen Verfahrens in Berlin bleiben. mehr
Zumindest teilweise hat Puigdemont erreicht, was er wollte. Der katalanische Separatistenführer kann bis zum Ende des juristischen Verfahrens in Berlin bleiben. Der katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont hat erreicht, dass die Auflagen für seine Haftverschonung in seinem Sinn geändert werden. Sein Antrag, sich statt bei der Polizei in Neumünster jetzt ein Mal wöchentlich in Berlin melden zu dürfen, wurde vom Oberlandesgericht Schleswig-Holstein genehmigt, wie eine Gerichtssprecherin in Schleswig der Nachrichtenagentur dpa sagte. Puigdemont hatte am Samstag angekündigt, bis zum Ende des juristischen Verfahrens in Berlin wohnen zu wollen. Juristisch keine weitere Entwicklung Juristisch gibt es seit seiner Freilassung am Freitag aus der Justizvollzugsanstalt Neumünster noch keine neue Entwicklung. Bisher stellte die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein keinen neuen Antrag. Diese wäre jetzt juristisch am Zug, indem sie beim Oberlandesgericht in Schleswig einen Antrag auf rechtliche Zulasssung einer Auslieferung stellt. Das OLG hatte den Hauptvorwurf der spanischen Justiz für einen Auslieferungshaftbefehl als von vorneherein unzulässig verworfen. Spanien wirft Puigdemont vor allem Rebellion vor. Das OLG erließ einen Auslieferungshaftbefehl gegen Puigdemont, verfügte aber unter Auflagen Haftverschonung. So darf der frühere katalanische Regionalpräsident Deutschland nicht verlassen. Ministerium dementiert Barley-Äußerungen Derweil dementierte das Justizministerium die angeblichen Äußerungen von Ressortchefin Katarina Barley in der "Süddeutschen Zeitung" über den Fall Puigdemont. "Es gab kein Interview oder sonst wie autorisierte Statements meiner Ministerin", sagte ein Ministeriumssprecher. Barley habe stets erklärt, zu dem Verfahren vor dem OLG nicht Stellung zu nehmen. Die Justizministerin habe inzwischen mit ihrem spanischen Amtskollegen telefoniert und das Missverständnis ausgeräumt, so ihr Sprecher. Die "SZ" hatte Barley in ihrer Samstagausgabe unter anderem mit der Aussage zitiert, es werde für die spanische Justiz sehr schwer werden, den Untreue-Vorwurf gegen Puigdemont zu belegen.
/inland/puigdemont-301.html
2018-04-01
Rebellen ziehen offenbar aus Duma ab
Syrische Medienberichte
Die Rebellen in Duma geben laut syrischen Medienberichten offenbar ihre letzte Hochburg in der Region Ost-Ghouta auf. Die Stadt wurde massiv bombardiert, möglicherweise wurden Chemiewaffen eingesetzt. mehr
Die Rebellen in Duma geben laut syrischen Medienberichten offenbar ihre letzte Hochburg in der Region Ost-Ghouta auf. Die Stadt wurde massiv bombardiert, möglicherweise wurden Chemiewaffen eingesetzt. Die syrische Stadt Duma in der umkämpften Region Ost-Ghouta ist die letzte Hochburg, die noch in der Hand von Rebellen liegt. Doch nach heftigen Bombardements, bei denen möglicherweise auch Chemiewaffen eingesetzt wurden, wollen die Kämpfer der radikal-islamischen Gruppe Dschaisch al-Islam die Stadt offenbar verlassen, wie staatliche Medien berichteten. Verhandlungen waren Ende der Woche gescheitert Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete unter Berufung auf nicht genannte "offizielle Quellen", es seien bereits Busse auf dem Weg in die Stadt. Die Rebellen sollen demnach in die nordsyrische Stadt Dscharablus gebracht werden, zudem sollen freigelassene Gefangene der Islamisten in Sicherheit gebracht werden. Vonseiten der Dschaisch al-Islam kam bislang keine Bestätigung. Am Freitag hatte Syrien, unterstützt von russischem Militär, die Angriffe auf Duma wieder aufgenommen, nachdem Verhandlungen mit den Rebellen gescheitert waren. In einer Militäroffensive hatten die syrischen Streitkräfte seit Februar nahezu die gesamte Region Ost-Ghouta eingenommen - nur Duma konnten die Rebellen noch halten. Helfer berichten über Einsatz von Chemiewaffen Am Samstag berichteten mehrere Hilfsorganisationen, die in der Stadt im Einsatz sind, es seien auch Chemiewaffen eingesetzt worden. Nach Angaben der sogenannten Weißhelme und der Hilfsorganisation Syrian American Medical Society (SAMS) wurde Giftgas eingesetzt. Die Helfer vor Ort sprachen von etwa 50 Toten und rund 500 Verletzten. Ganze Familien seien in Schutzräumen erstickt. Das syrische Ärzte-Netzwerk UOSSM bezifferte die Zahl der Todesopfer sogar auf bis zu 150. Von unabhänger Stelle konnten sämtliche Angaben bislang nicht geprüft werden. Die Weißhelme berichteten über typische Symptome einer Vergiftung durch Gas: brennende Augen, Atempronbleme, Schaum vor dem Mund, erweiterte Pupillen, Krämpfe. Diese Anzeichen könnten der Organisation zufolge auf den Einsatz des Giftgases Sarin hindeuten. Allerdings berichteten die Helfer auch von einem Chlorgeruch, was ein Anzeichen für Chlorgas sein könnte. Der arabische Nachrichtensender Al Arabya zeigte Aufnahmen aus einem behelfsmäßigen Krankenhaus in Duma: Kinder ringen nach Luft, werden mit einem Wasserschlauch abgespritzt, müssen inhalieren. Alle schreien durcheinander. Klares Dementi von Syrien und Russland Die syrische Regierung wies die Berichte umgehend zurück. Die Rebellen in Duma stünden vor der Niederlage und verbreiteten Unwahrheiten. Derartige Berichte dienten nur dazu, das Vorrücken der syrischen Armee zu hindern. "Jeder einfache Soldat kann dir sagen, dass es verboten ist, Chemiewaffen im direkten Kampf einzusetzen, denn das würde ja auch unsere Soldaten gefährden - deshalb kann von Chemiewaffen keine Rede sein", äußerte sich der Parlamentsabgeordnete Mohanad Al Hadschali im Staatsfernsehen. Ähnlich äußerte sich auch das russische Militär: Die Berichte über den Giftgas-Einsatz seien "fabrizierte Anschuldigungen", zitierte die Agentur Interfax den Generalmajor Juri Jewtuschenko. Sobald die Rebellen Duma verlassen hätten, sei Russland bereit, Experten in die Stadt zu schicken, um zu beweisen, dass keine Chemiewaffen eingesetzt worden seien. Auch das russische Außenministerium sprach von "Täuschungsversuchen", die nur dazu dienen sollten, Terroristen zu schützen. Scharfe Kritik am "Tier Assad" Mehrere westliche Staaten reagierten besorgt auf die Berichte aus Duma. Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Heather Nauert, betonte: "Diese Berichte - sollten sie bestätigt werden - sind fürchterlich und erfordern eine sofortige Reaktion der internationalen Gemeinschaft." Das Regime des syrischen Machthabers Bashar al-Assad müsse in diesem Fall zur Verantwortung gezogen werden. Russland forderte sie auf, seine Unterstützung für Syriens Regierung einzustellen und stattdessen "mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten, um weitere barbarische Chemiewaffenangriffe zu verhindern". US-Präsident Donald Trump verurteilte den möglichen Einsatz von Chemiewaffen über Twitter: "Viele tot, darunter Frauen und Kinder, durch einen sinnlosen chemischen Angriff in Syrien." Weiter schrieb er: "Präsident Putin, Russland und der Iran tragen die Verantwortung für die Unterstützung des Tieres Assad." Sie würden einen hohen Preis dafür zu zahlen haben. Many dead, including women and children, in mindless CHEMICAL attack in Syria. Area of atrocity is in lockdown and encircled by Syrian Army, making it completely inaccessible to outside world. President Putin, Russia and Iran are responsible for backing Animal Assad. Big price... ....to pay. Open area immediately for medical help and verification. Another humanitarian disaster for no reason whatsoever. SICK! Beobachter sind sich einig: Trump dürfte den mutmaßliche Giftgasangriff als direkte Provokation empfinden. Denn es ist wohl kaum ein Zufall, dass sich der mutmaßliche Chemiewaffenangriff auf den Tag genau ein Jahr nach Trumps letzter militärischer Syrien-Offensive ereignete: Vor genau einem Jahr griffen US-Streitkräfte eine syrische Militärbasis an - als Reaktion auf den verheerenden Giftgasangriff Anfang April 2017 im syrischen Chan Scheiun. Damals waren mehr als 80 Menschen erstickt. Eine Untersuchungskommission der Vereinten Nationen machte später die syrische Regierung für den Chemiewaffenangriff verantwortlich. Auch das britische Außenministeriums forderte eine schnelle Untersuchung der Vorwürfe. Assad, Russland und der Iran sollten "die Gewalt gegen unschuldige Zivilisten stoppen".
/ausland/moeglicher-giftgasangriff-in-syrien-103.html
2018-04-01
"Extreme Sorge" über Giftgas in Ghouta
EU fordert Reaktion
Die EU hält Berichte über einen Giftgas-Einsatz in Ost-Ghouta für glaubwürdig. Frankreichs Regierung zeigte sich in "extremer Sorge" und forderte eine baldige Sitzung des UN-Sicherheitsrats. mehr
Die EU hält Berichte über einen Giftgas-Einsatz in Ost-Ghouta für glaubwürdig. Frankreichs Regierung zeigte sich in "extremer Sorge" und forderte eine baldige Sitzung des UN-Sicherheitsrats. Aus Sicht der Europäischen Union deutet alles daraufhin, dass die syrische Regierung um Präsident Bashar al-Assad für den Einsatz von Giftgas in der Region Ost-Ghouta verantwortlich ist: "Die Beweislage deutet auf einen weiteren Chemieangriff durch das Regime hin", heißt es in einer Stellungnahme des Auswärtigen Dienstes der EU. Gefordert wird eine sofortige Reaktion der internationalen Gemeinschaft. Frankreich beantragte für Montag eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats zum Thema. Acht weitere Staaten schlossen sich der Forderung an, wie es aus Diplomatenkreisen in New York hieß. Außenminister Jean-Yves Le Drian sagte, Frankreich werde im Kampf gegen die Ausbreitung von Chemiewaffen "jede Verantwortung" wahrnehmen. Er sei in "extremer Sorge" angesichts von Berichten über einen neuerlichen Einsatz chemischer Waffen. Staatschef Emmanuel Macron hatte die Verwendung von Giftgas in Syrien als rote Linie bezeichnet. Im März hatte Macron mit "gezielten Schlägen" gedroht, falls im Syrien-Krieg ein tödlicher Einsatz von Chemiewaffen unwiderlegbar bewiesen sei. Trump macht Assad verantwortlich US-Präsident Donald Trump machte Assad persönlich für den Giftgas-Einsatz verantwortlich. Eine "sinnlose chemische Attacke" habe Frauen und Kinder getötet. Dafür sei ein "großer Preis zu zahlen". Trump verwies darauf, "dass das Gebiet der Gräueltat abgeriegelt und umzingelt von der syrischen Armee ist, völlig unzugänglich von der Außenwelt". Der russische Präsident Wladimir Putin und der Iran, wichtigste Verbündete der syrischen Regierung, seien "verantwortlich für die Unterstützung des Tiers Assad". Zur Möglichkeit eines US-Angriffs als Reaktion auf die Attacke erklärte der Berater für Heimatschutz im Weißen Haus, Thomas Bossert, er würde nichts ausschließen. Vor gut einem Jahr wurden auf Anweisung Trumps Marschflugkörper auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt abgefeuert. Beim Einsatz des Giftgases Sarin auf Khan Sheikhoun im April 2017 waren zuvor mehr als 80 Menschen getötet worden. "Unschuldige grausam getötet" Das Auswärtige Amt in Berlin zeigte sich in großer Sorge. "Sollte sich das bewahrheiten, worauf im Moment vieles hindeutet, dann hat das Regime - fast auf den Tag genau ein Jahr nach Khan Sheikhoun - erneut international geächtete Waffen eingesetzt und Unschuldige auf grausame Art und Weise getötet. Dies verurteilen wir auf das Schärfste", teilte ein Sprecher mit. Die Angriffe richteten sich offensichtlich gezielt gegen diejenigen, die in Kellern und Bunkern Schutz und Zuflucht suchten. "Wir fordern die Unterstützer des Regimes, insbesondere Russland und Iran auf, endlich ihrer Verantwortung gerecht zu werden und in Übereinstimmung mit internationalem Recht für den Schutz und die humanitäre Versorgung der Zivilisten zu sorgen", erklärte der Sprecher. "Der Kampf gegen den Terrorismus darf nicht als Vorwand dienen, unterschiedslos und mit äußerster Gewalt gegen Männer, Frauen und Kinder vorzugehen. Die Verantwortlichen für diese Verbrechen müssen zur Rechenschaft gezogen werden." Die EU forderte Russland und den Iran als Unterstützer von Assad dazu auf, ihren Einfluss zu nutzen, weitere derartige Angriffe zu verhindern. Warnung vor Militärintervention Die russische Regierung warnte die USA vor einer Militärintervention "unter erfundenen Vorwänden" in einem Land, in dem sich "auf Bitten der legitimen syrischen Regierung russische Soldaten aufhalten". Dies wäre "inakzeptabel und könnte schwerste Konsequenzen haben", erklärte das russische Außenministerium. Die russische Militärführung in Syrien wies die Berichte als "fabrizierte Anschuldigungen" zurück. Auch die syrische Regierung und ihr zweiter wichtiger Verbündeter, der Iran, wiesen die Giftgas-Vorwürfe zurück. Die Regierung in Damaskus erklärte, die Rebellen in Ost-Ghouta stünden vor der Niederlage und verbreiteten Unwahrheiten. Derartige Berichte dienten dazu, das Vorrücken der syrischen Armee zu verhindern. Hilfsorganisationen berichteten von Chemiewaffeneinsatz Am Samstag hatten mehrere in der Stadt tätige Hilfsorganisationen berichtet, es seien Chemiewaffen eingesetzt worden. Nach Angaben der "Weißhelme" und der Hilfsorganisation "Syrian American Medical Society" (SAMS) wurde Giftgas verwendet. Die Helfer vor Ort sprachen von etwa 50 Toten und rund 500 Verletzten. Ganze Familien seien in Schutzräumen erstickt. Das syrische Ärzte-Netzwerk UOSSM bezifferte die Zahl der Todesopfer sogar auf bis zu 150. Von unabhänger Stelle konnten die Angaben bislang nicht geprüft werden. Die "Weißhelme" berichteten über typische Symptome einer Vergiftung durch Gas: brennende Augen, Atemprobleme, Schaum vor dem Mund, erweiterte Pupillen, Krämpfe. Diese Anzeichen könnten der Organisation zufolge auf den Einsatz des Giftgases Sarin hindeuten. Allerdings berichteten die Helfer auch von einem Chlorgeruch, was ein Anzeichen für Chlorgas sein könnte.
/ausland/syrien-giftgas-145.html