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2024-04-20 | Seltener und kürzer duschen | Wassermangel in Kolumbien | Bogotá erlebt die schlimmste Dürre seit 40 Jahren - und das Wasser für die rund zehn Millionen Einwohner der Region wird knapp. Die Verwaltung schränkt den privaten Wasserverbrauch nun ein. Von N. Ris und A. Herrberg. | Bogotá erlebt die schlimmste Dürre seit 40 Jahren - und das Wasser für die rund zehn Millionen Einwohner der Region wird knapp. Die Verwaltung schränkt den privaten Wasserverbrauch nun ein. Von Nicole Ris, Bogota und Anne Herrberg, ARD Rio de Janeiro Drei Minuten 16 Sekunden - so lange dauert das Lied "Agua" ("Wasser") der kolumbianischen Band Bomba Estéreo, und genauso lange beziehungsweise genauso kurz sollten die Einwohner von Bogotá derzeit maximal duschen. So die offizielle Empfehlung der Stadtregierung, die eine Liste mit "Duschliedern" herausgegeben hat, die alle weniger als fünf Minuten lang sind. Wasser ist derzeit extrem knapp, Kolumbiens Hauptstadt erlebt die schlimmste Dürre seit 40 Jahren. Der Verbrauch soll daher von bisher 17 Kubikmeter pro Sekunde auf 15 gesenkt werden, erklärte Bogotás Bürgermeister Fernando Galan, sonst müssten die Beschränkungen noch verschärft werden: "Halten Sie Bäder kurz!", denn die machten mehr als 50 Prozent des Wasserverbrauchs aus. Das Wasser wird tageweise abgedreht Die Stadt wurde dazu in neun Sektoren aufgeteilt, in denen im Wechsel täglich das Wasser ab acht Uhr morgens für 24 Stunden abgedreht wird, so dass die Menschen jeweils alle neun Tage ohne Wasser auskommen müssen. Diana Villada und ihre Familie haben so viele Eimer gefüllt, wie sie vorrätig hatten: "Ich habe die Befürchtung, dass das hier zur neuen Normalität werden könnte", sagt Villada, "dass das Wasser in den Stauseen immer mehr sinkt und es wirklich kein Wasser mehr für uns gibt". Stauseen auf Tiefstand Die Maßnahmen sollen so lange in Kraft bleiben, bis sich die Wasserreserven der Hauptstadt erholt hätten. Der San-Rafael-Stausee, einer des wichtigsten Wasserreservoirs der Metropolregion mit rund zehn Millionen Einwohnern ist auf einem kritischen Tiefstand: Er ist gerade mal zu 16 Prozent gefüllt. Ohne Sparmaßnahmen würde das Wasser nur noch etwa einen Monat reichen, erklärte der Bürgermeister. Die Wasserkrise hat auch regionale Auswirkungen: Aufgrund des Mangels und der kritischen Produktion von Wasserkraftwerken kündigte Andrés Camacho, Kolumbiens Minister für Bergbau und Energie Anfang der Woche an, den Stromexport in das benachbarte Ecuador einzustellen: "Im Moment exportieren wir keinen Strom. Wir ergreifen alle Maßnahmen um unseren nationalen Bedarf zu decken." Dabei leidet Ecuador selbst unter einer Energiekrise. Am Dienstag rief Präsident Daniel Noboa den Notstand aus - wenige Tage vor einem wichtigen Referendum über die angespannte Sicherheitslage im Land. Ökosysteme besser schützen Grund für die Wasserkrise ist einerseits das Klimaphänomen El Niño. Die normalerweise starken regionalen Niederschläge sind seit letztem Jahr nahezu ausgefallen. Dazu litt das Land Anfang des Jahres bis im März unter einer Hitzewelle, in den Bergen rund um die 2.600 Meter hoch gelegene Hauptstadt wüteten Waldbrände. Doch das waren nicht die einzigen Faktoren, die zur aktuellen Krise geführt haben. "Wir müssen unsere Abhängigkeit von der Natur verstehen. Das ist es, was uns diese Krise im Grunde zeigt", sagt Carlos Mauricio Herrera, Naturschutzdirektor von WWF Kolumbien. In den vergangenen Jahren sei der Wasserverbrauch in Bogotá gestiegen, da die Stadt weiter wachse. Die Regierung habe jedoch kaum auf die Entwicklung reagiert. Die Stadt müsse ihre Ressourcen besser planen und regulieren und sich um die lokalen Ökosysteme kümmern: "Ohne Bewirtschaftung, Schutz und Erhaltung der Andenwälder und der Feuchtgebiete, von denen wir abhängig sind, wird sich der Mangel noch verschärfen", so der WWF-Experte. Die Krise hält derweil an. Hoffnung macht den Bewohnern von Bogotá, dass es Mitte der Woche erste Regenfälle gab. | /ausland/amerika/kolumbien-wasserknappheit-100.html |
2024-04-20 | Kiffen an Bahnhöfen soll verboten werden | Bahn will Hausordnung ändern | Cannabis ist seit kurzem legal, Kiffen an Bahnhöfen soll aber verboten werden. Die Deutsche Bahn will ihre Hausordnung entsprechend ändern, kündigte eine Sprecherin an. Ab Juni will der Konzern Verstöße dann auch verfolgen. | Cannabis ist seit kurzem legal, Kiffen an Bahnhöfen soll aber verboten werden. Die Deutsche Bahn will ihre Hausordnung entsprechend ändern, kündigte eine Sprecherin an. Ab Juni will der Konzern Verstöße dann auch verfolgen. Trotz der Freigabe von Cannabis darf an Bahnhöfen und auf Bahnsteigen in Deutschland auch künftig nicht gekifft werden. Die Deutsche Bahn werde ihre Hausordnung entsprechend ändern und ab kommender Woche Verbotsplakate anbringen, berichtete die "Bild am Sonntag" unter Verweis auf eine Bahn-Sprecherin. In den dafür gekennzeichneten Bereichen an den Bahnhöfen darf demnach weiterhin Tabak geraucht werden. Bahn gibt Schutz von Reisenden als Grund an "Abgeleitet vom gesetzlichen Verbot von Cannabis-Konsum tagsüber in Fußgängerzonen oder im Umfeld von Schulen und Spielplätzen möchten wir unsere Reisenden, vor allem Kinder und Jugendliche, an unseren Bahnhöfen schützen", sagte die Sprecherin der "BamS". "Deshalb werden wir den Konsum von Cannabis in unseren Bahnhöfen generell untersagen." Die Anpassung der Hausordnung soll in vier Wochen abgeschlossen sein. Ab dem 1. Juni will die DB Verstöße dann verfolgen. Konsum im öffentlichen Raum ohnehin beschränkt Nicht betroffen von dem Verbot ist demnach das auch vor der Freigabe erlaubte Konsumieren von Cannabis aus medizinischen Gründen. Das Gesetz zur Teil-Legalisierung von Cannabis gilt seit dem 1. April. Besitz und kontrollierter Anbau zum privaten Gebrauch sind damit erlaubt, allerdings mit zahlreichen Einschränkungen. Der Konsum im öffentlichen Raum ist beschränkt erlaubt - in unmittelbarer Gegenwart von Minderjährigen und in der Nähe von Schulen, Kitas und Sportstätten etwa ist er verboten. Änderungen am Gesetz geplant Die Bundesregierung will laut der Protokollerklärung vom 22. März unter anderem "den Kinder- und Jugendschutz verbessern und die Häufung von Anbauvereinigungen an einem Ort verhindern". Behörden sollen größere Spielräume bekommen, Erlaubnisse zu versagen. Auch das Entstehen weiterer Geschäftsmodelle rund um den Anbau von Cannabis will die Bundesregierung demnach verhindern. | /inland/gesellschaft/kiffen-bahnhof-100.html |
2024-04-20 | USA wollen Truppen aus Niger abziehen | Rückzug des Westens | Nach Frankreich wollen sich jetzt auch die USA aus Niger zurückziehen. Russland hatte seinen Einfluss in dem westafrikanischen Land zuletzt ausgeweitet. Die Bundeswehr unterhält noch einen Lufttransportstützpunkt. Von Kai Küstner. | Nach Frankreich wollen sich jetzt auch die USA aus Niger zurückziehen. Russland hatte seinen Einfluss in dem westafrikanischen Land zuletzt ausgeweitet. Die Bundeswehr unterhält noch einen Lufttransportstützpunkt. Von Kai Küstner Der Rückzug des Westens aus den Krisenstaaten im Sahel geht weiter: Die Militärregierung in Niger hatte kürzlich verlangt, dass die noch etwa 1.000 US-Soldaten das Land verlassen. Am vergangenen Wochenende waren zudem Tausende Regierungstreue auf die Straße gegangen und hatten mit Sprechchören den Abzug der Amerikaner gefordert. Nun also holen die USA tatsächlich ihr Militärpersonal nach Hause zurück. In den kommenden Tagen soll eine Delegation in die Hauptstadt Niamey reisen, um einen geordneten Abzug zu organisieren. Das dürfte auch bedeuten, dass die Amerikaner ihre rund 100 Millionen Euro teure Drohnenbasis schließen werden - von dort aus sollte der zunehmende Terrorismus in Niger bekämpft werden. Russland weitet Einfluss aus Bereits im Dezember hatten die letzten französischen Truppen das Land verlassen. Russland hingegen hat seinen Einfluss in Niger - wie überhaupt in Westafrika - zuletzt beständig ausgeweitet. Vor wenigen Tagen kamen 100 russische Soldaten sowie Militärmaterial mit einer Transportmaschine in Niamey an. Bis zum Militärputsch Ende Juli vergangenen Jahres galt Niger als verlässlicher Partner des Westens. Doch seitdem kündigten die neuen Machthaber mehrere EU-Abkommen und näherten sich Moskau an. Bundeswehr-Soldaten in Niger Noch nicht endgültig geklärt ist, wie es mit einem Lufttransportstützpunkt der Bundeswehr in Niger weitergeht. Dort sind noch immer etwa 100 deutsche Soldaten stationiert. Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte bei einem Besuch in Niamey Ende vergangenen Jahres signalisiert, grundsätzlich eine deutsche Präsenz in dem Land erhalten und auch mit der Militärregierung im Gespräch bleiben zu wollen. | /ausland/afrika/usa-truppen-niger-100.html |
2024-04-20 | 60. Biennale in Venedig eröffnet | Internationale Kunstausstellung | In Venedig ist die Biennale offiziell eröffnet worden, weltweit eine der wichtigsten Präsentationen für zeitgenössische Kunst. Traditionell wurden gleich mehrere Auszeichnungen vergeben. Von Moritz Pompl. | In Venedig ist die Biennale offiziell eröffnet worden, weltweit eine der wichtigsten Präsentationen für zeitgenössische Kunst. Traditionell wurden gleich mehrere Auszeichnungen vergeben. Von Moritz Pompl für ARD-Studio Rom Der Goldene Löwe für den besten Pavillon geht an Australien. Der Aborigine-Künstler Archie Moore zeichnet darin die Stammbäume australischer Ureinwohner nach. Als beste Künstler werden acht Maori aus Neuseeland ausgezeichnet. Den Goldenen Löwen für das Lebenswerk teilen sich zwei Künstlerinnen: die 81-jährige Brasilianerin Anna Maria Maiolino, in Italien geboren. Und Nil Yalter, 86, eine türkische Fotografin und Grafikerin. Beide stehen mit ihrer Arbeit ganz im Sinne des diesjährigen Mottos der Biennale: Stranieri Ovunque, Fremde überall. Es geht um Themen wie Migration, sich fremd fühlen. Maiolino ist bekannt geworden mit ihren kritischen Arbeiten während der Militärdiktatur in Brasilien. Nil Yalter zeigt auf der Biennale ihre Posterserie "Exile is a hard job". Sie befasst sich mit den Schicksalen türkischer Menschen im Ausland. Insgesamt sind mehr als 330 Künstler und Kollektive auf der Biennale vertreten, mehr als 80 Länder haben ihre eigenen Pavillons. Die Biennale steht im Zeichen der Kriege: Russland ist nicht dabei, Israel hat seinen Pavillon geschlossen. Die Biennale findet alle zwei Jahre statt, die jetzige, 60. Ausgabe ist bis Ende November geöffnet. | /ausland/biennale-venedig-162.html |
2024-04-20 | "Der Winter gibt ein spätes Gastspiel" | Schnee im April | Flockenwirbel statt Frühlingsgefühle: Ein Tief bringt laut dem Deutschen Wetterdienst in der Nacht in mehreren Regionen Deutschlands Schnee. Ein Wetterumschwung ist noch nicht in Sicht. | Flockenwirbel statt Frühlingsgefühle: Ein Tief bringt laut dem Deutschen Wetterdienst in der Nacht in mehreren Regionen Deutschlands Schnee. Ein Wetterumschwung ist noch nicht in Sicht. Polarluft sorgt in Deutschland in den kommenden Tagen für winterliches Wetter im April. Nach kräftigen Schneefällen in der Nacht auf Samstag im Thüringer Wald und im westlichen Erzgebirge mit teils 20 Zentimetern Neuschnee sagt sich auch in weiteren Regionen Flockenwirbel an. Das teilte der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Offenbach mit. Social-Media-Beitrag auf X von DWD: "#Winter im April: Ein Schneetief bringt in der Nacht zum Sonntag vorwiegend vom Sauerland über Nordhessen bis zum Thüringer Wald kräftige #Schneefälle. Die Karte zeigt die Gesamtschneehöhe Sonntagfrüh, simuliert von unserem ICON-D2-Modell. pic.twitter.com/a4utm0Cun7" Tief "Annina" bringt kalte Luft nach Deutschland Verantwortlich für das Winterwetter ist demnach ein Tief namens "Annina". Das liege derzeit über Polen und bringe kalte Luft nach Deutschland. In der Nacht auf Sonntag erwarten die Meteorologen teils kräftige Schneefälle vor allem vom Sauerland über Nordhessen bis zum Thüringer Wald. Auch in tiefen Lagen könnte sich laut DWD eine dünne Schneedecke bilden. Oberhalb von 400 bis 600 Metern seien mehr als 15 Zentimeter Neuschnee drin. Der Sonntag bringe dann vor allem dem Süden zunächst Schneeregen und Graupelschauer, ab dem Abend dürfte dann an den Alpen und im Alpenvorland kräftiger Schneefall beginnen. "Der Winter gibt nochmal ein spätes Gastspiel", sagte Meteorologe Christian Herold. Für Jahreszeit ungewöhnlich kaltes Wetter An dem laut DWD für die Jahreszeit ungewöhnlich kalten Wetter wird sich voraussichtlich auch in der kommenden Woche nichts ändern. Zwar lassen die Niederschläge nach, doch deutschlandweit könne es zu Nachtfrost kommen. Das wiederum könne die schon weit fortgeschrittene Vegetation schädigen, teilte der DWD mit. Zwar zeige ein grober Trend Richtung Monatsende eine allmähliche Erwärmung, von einem stabilen Hoch mit Sonne und hohen Temperaturen sei derzeit aber noch nichts zu sehen. | /inland/gesellschaft/schnee-im-april-102.html |
2024-04-20 | Währungsreform in Simbabwe mit Sorge erwartet | Aus Dollar wird "Simbabwe Gold" | Inflation, Wirtschaftsflaute, Schwarzmarkt: Simbabwe hat viele Probleme. Jetzt soll eine Währungsreform für Ruhe sorgen. Doch viele Menschen bezweifeln, dass das funktionieren wird. Von Stephan Ueberbach. | Inflation, Wirtschaftsflaute, Schwarzmarkt: Simbabwe hat viele Probleme. Jetzt soll eine Währungsreform für Ruhe sorgen. Doch viele Menschen bezweifeln, dass das funktionieren wird. Von Stephan Ueberbach "Die Fahrpreise sind gestiegen. Wir müssen jetzt für jede Kurzstrecke einen US-Dollar bezahlen und nicht wie bisher 50 Cent! Und die Transportunternehmen weigern sich, die alte Währung anzunehmen." So wie der jungen Frau in der Hauptstadt Harare geht es gerade vielen Menschen in Simbabwe. Seitdem die Regierung vor zwei Wochen aus heiterem Himmel eine Währungsreform verkündet hat, ist die Verunsicherung groß. Banken, Geschäfte, Mobilfunkanbieter, Strom- und Wasserversorger wurden genauso überrascht wie die Bürgerinnen und Bürger. Ende April ist Schluss mit dem Simbabwe-Dollar Die Preise steigen, der Simbabwe-Dollar verliert rapide an Wert. Denn die alte Währung wird schon Ende April aus dem Verkehr gezogen. Wer es bis dahin nicht geschafft hat, sein Bargeld umzutauschen oder auszugeben, kann seine Ersparnisse abschreiben. Was das Chaos verschärft: Die neue Währung "Simbabwe Gold", abgekürzt ZiG, kommt erst am 30. April. "Das aktuelle Durcheinander wäre vermeidbar gewesen, wenn die Regierung den Menschen vorab genau erklärt hätte, wie die neue Währung funktioniert und wie man sie benutzen soll", glaubt der Student Danet Ngulube. Der Schwarzmarkt entwickelt sich prächtig Tagelang waren Bankgeschäfte so gut wie unmöglich. Kreditkarten und Onlinebanking funktionierten plötzlich nicht mehr, heißt es in Berichten aus Harare. Auf den Straßen blüht der Schwarzmarkt. Bündelweise werden alte Simbabwe-Scheine getauscht, gegen US-Dollar oder südafrikanische Rand, zu deutlich schlechteren Kursen, als die Regierung offiziell festgelegt hat. Banken wechseln Bargeld nämlich nur dann, wenn es dafür einen Herkunftsnachweis gibt. Den aber kann kaum jemand vorlegen, weil die meisten Menschen ihre Geschäfte seit Jahren am Staat vorbei abwickeln. "Kopfkissen oder Matratze als Bank" Der Wirtschaftswissenschaftler Gift Mugano ist davon überzeugt, dass viele Bürger der Politik nicht über den Weg trauen, weil sie bei den fünf bisherigen Währungsreformen seit 2008 nicht nur viel Geld verloren haben, sondern auch ihre Pensionen, ihre Gesundheitsversorgung, ihre Lebensversicherungen. "Es gibt einen großen informellen Finanzsektor, das ist so etwas wie eine Wirtschaft für sich, ein eigenes Land. 70, 80 Prozent laufen darüber, und diesem Sektor ist die Finanzpolitik völlig egal", erläutert Mugano. "Die Leute haben ihre Kopfkissen oder ihre Matratzen als Bank, da heben sie ihr Geld auf, für die zählt nur Cash, nur Bargeld. Es interessiert sie nicht, ob die Zentralbank Rücklagen in Gold oder US-Dollar hat." Gold und Diamanten sollen neue Währung stützten Genau diese Rücklagen sind es aber, auf die Simbabwe alle Hoffnungen setzt. Zweieinhalb Tonnen Gold und andere wertvolle Rohstoffe wie Diamanten sollen den Wert der neuen Währung garantieren, das Vertrauen in den ZiG stärken, die galoppierende Inflation bremsen, die Wirtschaft ankurbeln und den Anteil des US-Dollar zurückdrängen. Finanzexpertin Happiness Zengeni glaubt, dass der Regierungsplan aufgehen kann. "Es könnte funktionieren, jedenfalls kurzfristig, wenn sie diszipliniert bleiben und kein frisches Geld drucken. Und sie müssen dafür sorgen, dass man die neue Währung in US-Dollar umtauschen kann." Große Sorgen zum Unabhängigkeitstag Die Zentralbank des Landes verspricht zwar, alles zu tun, damit der ZiG stabil bleibt. Die Menschen haben daran allerdings so ihre Zweifel. "Die Zentralbank hätte kein Verfallsdatum für die alte Währung angeben sollen. Denn die wird jetzt schon auf dem Markt nicht mehr akzeptiert", beklagt sich eine Marktbesucherin. "Das ist ungerecht. Man darf das Alte, das man hat, nicht wegwerfen, bevor das Neue da ist. Das ist aber genau das, was unsere Zentralbank getan hat." Die Sorgen im krisengeschüttelten Simbabwe sind also groß. Dabei hätte das Land eigentlich Grund zum Feiern. In dieser Woche jährt sich der Unabhängigkeitstag zum 44. Mal. | /wirtschaft/weltwirtschaft/waehrungschaos-simbabwe-100.html |
2024-04-20 | Knapp 16.000 Jobverweigerern Regelsatz gekürzt | Bürgergeld | Im Zeitraum von Februar bis Dezember 2023 ist knapp 16.000 Bürgergeldempfängern der Regelsatz gekürzt worden. Im Januar hatte das Bundeskabinett grünes Licht für weitere Verschärfungen gegeben. | Im Zeitraum von Februar bis Dezember 2023 ist knapp 16.000 Bürgergeldempfängern der Regelsatz gekürzt worden. Im Januar hatte das Bundeskabinett grünes Licht für weitere Verschärfungen gegeben. Wegen Ablehnung von Arbeitsangeboten oder der Nicht-Fortführung einer Arbeit haben die Jobcenter einem Bericht zufolge im Zeitraum von Februar bis Dezember 2023 knapp 16.000 Bürgergeldempfängern den Regelsatz gekürzt. Das teilt die Bundesagentur für Arbeit (BA) auf ihrer Webseite mit. Zuvor hatte das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtet. Kürzungen wegen verschiedener Weigerungen Demnach gab es in dem Zeitraum 15.774 Fälle, in denen Leistungen wegen "Weigerung der Aufnahme oder Fortführung einer Arbeit, Ausbildung, Maßnahme oder eines geförderten Arbeitsverhältnisses" gekürzt wurden. Für Januar 2023 liegt laut der Bundesagentur keine Differenzierung nach Gründen vor. Rund 5,5 Millionen Menschen in Deutschland erhalten Bürgergeld, davon gelten 3,9 Millionen als erwerbsfähig. Insgesamt wurden laut BA im vergangenen Jahr 226.008 Leistungsminderungen gegenüber erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ausgesprochen, 77.520 mehr als im Jahr 2022. Hauptgrund waren Meldeversäumnisse - also Menschen, die ohne wichtigen Grund nicht zu Terminen erschienen sind. Von Februar bis Dezember 2023 wurden aus diesem Grund 191.016 Leistungsminderungen ausgesprochen. Über das ganze vergangene Jahr hinweg mussten 2,6 Prozent der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit mindestens einer Leistungsminderung belegt werden. "Damit kommen 97 von 100 Menschen mit Leistungsminderungen nicht in Berührung", schreibt die BA dazu. Kabinett segnete Verschärfungen ab Das Bundeskabinett hatte im Januar grünes Licht für Verschärfungen beim Bürgergeld gegeben. So sollen Jobcenter Arbeitslosen das Bürgergeld für maximal zwei Monate komplett streichen können, wenn die Betroffenen eine Arbeitsaufnahme nachhaltig verweigern. Da die BA-Daten aus dem Dezember stammen, basieren die Leistungsminderungen auf der alten Gesetzeslage. Wahrscheinlich wird auf Basis der neuen Gesetzeslage aber bei weniger Menschen der Regelsatz komplett gekürzt. "Die Grenzen sind wesentlich enger", sagte ein BA-Sprecher dem RND über die Anwendung der Sanktionsverschärfung. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, kritisierte die "Showpolitik" der Bundesregierung. Sie wolle Arbeiter gegen Arbeitende ausspielen, sagte der Sozialverbandschef dem RND. "Die Zahlen zeigen: Es gibt so gut wie gar keine Totalverweigerer." | /inland/buergergeld-regelsatz-kuerzung-100.html |
2024-04-20 | Kansas City kämpft gegen ausufernde Waffengewalt | USA | Heute vor 25 Jahren starben bei einem Schulmassaker in Columbine, Colorado, mehrere Menschen. Columbine ist seither ein Synonym für die tödliche Waffengewalt. In Kansas City kämpft eine Initiative für mehr Sicherheit. Von S. Hesse. | Heute vor 25 Jahren starben bei einem Schulmassaker in Columbine, Colorado, mehrere Menschen. Columbine ist seither ein Synonym für die tödliche Waffengewalt. In Kansas City kämpft eine Initiative für mehr Sicherheit. Von Sebastian Hesse Kansas City, im Bundesstaat Missouri, hatte 2023 das tödlichste Jahr seiner Geschichte zu beklagen. Im Februar erst fielen tödliche Schüsse bei der Superbowl-Parade für das örtliche Football-Team der Kansas City Chiefs. In der 500.000-Einwohner-Stadt im Mittleren Westen werden inzwischen neue Wege beschritten, die Gewalteskalation in den Griff zu kriegen. Drogen, Schießereien, Gefängnis "Wir haben ein Problem mit Waffengewalt in Kansas City", sagt Johnny Waller. Und der muss es wissen: Der breitschultrige Afro-Amerikaner, heute in seinen Vierzigern, blickt auf einen eher rauen Start ins Leben zurück. Johnny war in einer Gang, hat Drogen gedealt, wurde angeschossen, war selber an Schießereien beteiligt, saß im Gefängnis. Doch dann hat er die Kurve gekriegt, hat studiert und zwei Firmen gegründet. Vorbilder wie Johnny gibt es kaum in Kansas City. Nur wenigen gelingt der Ausstieg aus dem Gang-Milieu. Aus einer Welt, in der der Überlebenskampf mit Schusswaffen ausgetragen wird. Johnny versucht nun, anderen aus der Gewaltspirale zu helfen: Mit seiner Geschichte wird er als glaubwürdig empfunden. Waffenkontrollgesetze in Missouri abgeschafft Er sagt, man müsse an die Ursachen gehen: Armut, Arbeitslosigkeit, Bildung. Wer in Kansas City auf die schiefe Bahn gerät, dem machen Jean Peters-Baker und ihre Kollegen den Prozess. Peters-Baker ist die Oberstaatsanwältin für den Landkreis Jackson County. Die Demokratin beklagt, dass der Staat Missouri im Jahre 2017 sämtliche Waffenkontrollgesetze abgeschafft hat: keine Background-Checks mehr beim Waffenkauf, keine Altersbegrenzung. Jeder könne unbehelligt zu jeder Zeit und an jedem Ort eine scharfe Waffe mit sich führen, beklagt die Staatsanwältin. Sie rechnet vor, dass die Zahl der tödlichen Schießereien und der Unfälle mit Schusswaffen seit der Total-Liberalisierung hochgeschnellt ist. Initiative für mehr Sicherheit im Umgang mit Waffen In den Jahren vor 2017 sei die Mordrate in Kansas City nicht annähernd da gewesen, wo sie heute ist. Um die zahlreichen Unfälle mit scharfen Waffen, denen häufig Kinder zum Opfer fallen, zu reduzieren, haben Maribeth Brennaman und ihre Mitstreiter vor sechs Jahren eine Initiative gestartet: "Grandparents for Gun Safety", Großeltern für mehr Sicherheit beim Umgang mit Waffen. "Wir stellen kostenlos qualitativ hochwertige Waffen-Schlösser zur Verfügung", erzählt Maribeth. Diese Gewehrschlösser, mit denen der Abzug von Schusswaffen gesperrt werden kann, werden kostenlos verteilt, über 6.000 bislang. Ohne die Waffenschloss-Initiative, da ist sich Maribeth sicher, wäre die Zahl der Schusswaffentoten in Kansas City noch höher als die 182 Opfer, die im vergangene Jahr zu beklagen waren. | /ausland/amerika/kansas-city-waffengewalt-100.html |
2024-04-20 | Erneut Politiker in Mexiko ermordet | Blutiger Wahlkampf | Mehrere Politiker sind in Mexiko in den vergangenen Wochen getötet worden. Jetzt lässt die Ermordung von zwei Kommunalpolitikern die Zahl vor den landesweiten Wahlen im Juni erneut steigen. | Mehrere Politiker sind in Mexiko in den vergangenen Wochen getötet worden. Jetzt lässt die Ermordung von zwei Kommunalpolitikern die Zahl vor den landesweiten Wahlen im Juni erneut steigen. In Mexiko sind wenige Wochen vor den Wahlen erneut zwei Kommunalpolitiker getötet worden. Wie die Staatsanwaltschaft des nordwestlichen Bundesstaates Tamaulipas mitteilte, wurde der Bürgermeister der Stadt Mante, Noé Ramos, am Freitag bei einer Wahlkampfveranstaltung von einem Mann niedergestochen. Der Angreifer habe sich genähert, als Ramos in der Stadt mit Bürgerinnen und Bürgern sprach, berichteten lokale Medien. Der Politiker der bürgerlichen Partei der Nationalen Aktion (PAN) hatte erst vor wenigen Tagen seine Kampagne zur Wiederwahl als Bürgermeister der Stadt begonnen. Bei dem zweiten getöteten Politiker handelt es sich nach Angaben der Behörden um den Kommunalpolitiker Alberto Antonio García. Er kandidierte für das Amt des Bürgermeisters in der Ortschaft San José Independencia im südlichen Bundesstaat Oaxaca. Garcia und seine Frau, Agar Cancinco, aktuell Bürgermeisterin der Gemeinde, waren der Staatsanwaltschaft zufolge am Mittwoch als vermisst gemeldet worden. Cancino wurde demnach lebend auf einer Insel wiedergefunden. Garcia sei tot aufgefunden worden. Mehr Schutz für Kandidaten gefordert Tötungen und Entführungen sind in Mexiko an der Tagesordnung. Die Gewalt richtet sich oft auch gegen Mandatsträger oder Bewerber um ein politisches Amt. Ramos' Partei verurteilte das jüngste Attentat und forderte mehr Schutz für die Kandidaten im laufenden Wahlkampf. Seit Juni 2023 sind laut dem mexikanischen Think Tank Laboratorio Electoral rund 30 Politiker ermordet worden. Die Motive hinter den Morden bleiben meist unbekannt. Oft stecken die mächtigen Drogenkartelle des Landes hinter den Angriffen. Messerattacken sind für die Banden jedoch ungewöhnlich. Insgesamt fielen der Gewalt in Mexiko laut offiziellen Angaben seit 2006 fast 450.000 Menschen zum Opfer. Wahrscheinlich Frau neues Staatsoberhaupt Die Präsidenten- und Parlamentswahlen in Mexiko finden am 2. Juni statt. Zudem werden rund 21.000 Ämter auf kommunaler und regionaler Ebene neu vergeben. Aus der Präsidentenwahl wird zum ersten Mal mit Sicherheit eine Frau als Staatsoberhaupt hervorgehen, da die beiden großen Parteienbündnisse jeweils mit Spitzenkandidatinnen antreten. In den Umfragen führt die Kandidatin des linken Regierungsbündnisses um die Partei Morena, Claudia Sheinbaum. Für das Drei-Parteien-Bündnis der Opposition tritt die frühere PAN-Senatorin Xóchitl Gálvez an. | /ausland/amerika/politiker-getoetet-mexiko-100.html |
2024-04-20 | Ampel und Union einigen sich auf Veteranentag | Bericht über gemeinsamen Antrag | Der 15. Juni soll deutscher Veteranentag werden. In einem gemeinsamen Antrag von Ampel und Union heißt es, so solle Anerkennung ausgedrückt werden. Zudem solle die Versorgung von Soldaten bei im Einsatz erlittenen Schädigungen verbessert werden. | Der 15. Juni soll deutscher Veteranentag werden. In einem gemeinsamen Antrag von Ampel und Union heißt es, so solle Anerkennung ausgedrückt werden. Zudem solle die Versorgung von Soldaten bei im Einsatz erlittenen Schädigungen verbessert werden. Die Ampel-Fraktionen und die Union im Bundestag haben sich einem Medienbericht zufolge auf einen gemeinsamen Antrag zur Einführung eines jährlichen Veteranentages in Deutschland geeinigt. Der Entwurf aller vier Fraktionen soll einem Bericht der Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland zufolge demnächst in den Bundestag eingebracht werden. Demnach soll der 15. Juni zum deutschen Veteranentag gemacht werden. Außerdem fordern die Fraktionen, die Versorgung von Soldatinnen und Soldaten zu verbessern, die beim Einsatz in der Bundeswehr dauerhafte Schäden erleiden. Seit Gründung der Bundeswehr hätten über zehn Millionen Frauen und Männer in ihr gedient, heißt es in dem Antrag laut dem RND-Bericht. Dankbarkeit und Anerkennung zeigen Manche Soldaten trügen in Folge ihres Einsatzes schwere physische oder psychische Verletzungen davon, die auch noch lange nach der Rückkehr aus dem Einsatz ihr Leben sowie das ihrer Angehörigen beeinträchtigten. Der Bundestag trage für die Bundeswehr daher eine besondere Verantwortung. Ein nationaler Tag für Veteranen böte nicht nur die Möglichkeit, Dankbarkeit und Anerkennung gegenüber den Veteranen auszudrücken, sondern fördere auch das Verständnis in der Gesellschaft für deren Leistungen. SPD, Grüne, FDP und Union fordern die Bundesregierung dem Bericht zufolge deshalb auf, "ein nachhaltiges und zeitgemäßes Konzept für die Durchführung des 15. Juni als nationalen Veteranentag zu erarbeiten". Dieses Konzept beinhalte, eine grundsätzliche Verbesserung der Nachsorge von besonders im Auslandseinsatz erlittenen Schädigungen sicherzustellen. Hierzu zählten Rehabilitationsmaßnahmen, Therapieangebote und Betreuungskonzepte für Geschädigte und deren Angehörige sowie Weiterverwendungs- und Entschädigungsmöglichkeiten. Auch soll die Einrichtung einer stationären Therapieeinrichtung der Bundeswehr geprüft werden, in der Betroffene und ihre Familien behandelt werden könnten. Wehrbeauftragte Högl begrüßt den Vorschlag Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, begrüßte den Vorschlag. Es komme darauf an, Stolz, Dankbarkeit und Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen. Außerdem sei das Gedenken an die Einsätze, an die Gefallenen und die Verwundeten wichtig, so die SPD-Politikerin gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Wir brauchen mehr Veteranenkultur in Deutschland." Der 15. Juni wurde als Datum gewählt, weil am 15. Juni 2019 erstmals das 2013 gestiftete Veteranenabzeichen verliehen wurde. | /inland/innenpolitik/veteranentag-ampel-100.html |
2024-04-20 | Wie KI in Schulen eingesetzt werden könnte | Künstliche Intelligenz | Wie können KI und Chat GPT in Schulen sinnvoll eingesetzt werden? Das ist aktuell ein großes Thema. Die einen betonen die Chancen, die anderen machen auf die Risiken aufmerksam. Von Kilian Pfeffer. | Wie können KI und Chat GPT in Schulen sinnvoll eingesetzt werden? Das ist aktuell ein großes Thema. Die einen betonen die Chancen, die anderen machen auf die Risiken aufmerksam. Von Kilian Pfeffer Kathrin Röschel kann nicht mehr an sich halten. Das Forum "Wie gelingt der Einsatz von KI in der Bildung" geht schon auf die Zielgerade, da bringt die Schulleiterin der Berlin Cosmopolitan School ihr Plädoyer: "Lassen Sie uns bitte, bitte, bitte nicht die Lehrerinnen und Lehrer vergessen. Wir müssen unsere Prüfungsformate ändern, wir müssen unsere Curricula ändern, wir müssen die Lehrer fortbilden." Großer Applaus für Röschel, die auch schon an einer Schule im Silicon Valley unterrichtet hat. Doch das Thema "KI in der Bildung" polarisiert. Kritiker wie Wikimedia warnen zum Beispiel vor zu eilig eingeführten Tools im Klassenzimmer und vor Datenschutzproblemen, die damit einhergehen könnten: Kann man sich wirklich auf kommerzielle Anbieter verlassen? Benötigt man diese Lösungen? Chatbots zur Unterrichtsvorbereitung Ein Tool, das Lehrkräfte seit vergangener Woche nutzen können, sind Chatbots, mit denen der Unterricht vorbereitet werden kann. Entwickelt hat sie das Unternehmen fobizz. Mit ihm arbeiten die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz schon seit Längerem zusammen. Diana Knodel, CEO von fobizz, sieht viele gute Möglichkeiten für den Einsatz von KI im Unterricht: "Eine KI kann uns entlasten. Es gibt ganz, ganz viele Anwendungsbeispiele, die Lehrkräfte nutzen können, um mit KI zu arbeiten. Aber wir müssen Vor- und Nachteile der künstlichen Intelligenz auch mit den Schülerinnen und Schülern besprechen." Zuschneiden auf die eigenen Bedürfnisse So arbeitet der Chatbot von fobizz: Mit Hilfe von so genanntem Prompten, also Anweisungen an den Chatbot, kann eine Unterrichtseinheit oder sogar die kommenden Monate auf der Grundlage eines Bildungsplans vorbereitet werden. Konkrete Themen, Einstiege, Tests, Aspekte, die unbedingt behandelt werden sollten - zu all dem kann der Chatbot Vorschläge erarbeiten. Alexander Tscheulin, Lehrer in Hamburg und Referent für Digitalität, beschäftigt sich schon seit Langem mit dem Thema "Lernen mit digitalen Medien." Er schätzt an dem fobizz-Chatbot, dass ein Zuschnitt der individuellen Bedürfnisse viel leichter möglich ist. Tscheulin warnt aber auch davor, sich allein auf den Bot zu verlassen. Es sei immer nötig, eine KI kritisch zu überprüfen. Wie blickt die Politik auf das Thema? Für Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger ist KI die "Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts“. Künstliche Intelligenz biete ein enormes Potential etwa in der Bildung, sagt die FDP-Politikerin. Hier gebe es Chancen für individuelle Förderung und die Unterstützung von Lehrkräften und Ausbildungspersonal. "Lernende sowie Lehrkräfte benötigen spezifische Kompetenzen für die souveräne Nutzung von KI", so Stark-Watzinger. Das Bildungsministerium investiert in dieser Legislaturperiode insgesamt mehr als 1,6 Milliarden Euro in KI. Damit sind Fördermaßnahmen abgedeckt, in deren Rahmen Startups und Unternehmen gefördert werden können. Kai Gehring, Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, plädiert mit Blick auf den Einsatz von KI in der Schule für Qualitätsstandards, die - trotz des Bildungsföderalismus - in allen sechzehn Bundesländern gelten müssten: "Es gibt eine Fülle an Technologien und Tools, und wir müssen die Chancen und Risiken immer wieder neu abwägen." Die neuen Tools müssten inklusiv und diskriminierungsfrei gestaltet sein, so Gehring. Alle Schülerinnen und Schüler müssten durch sie einen Mehrwert bei ihrem Lernprozess und in der Bildung erfahren. | /inland/innenpolitik/ki-bildung-100.html |
2024-04-20 | Högl fordert attraktive Bedingungen für Soldaten | Bundeswehr-Brigade in Litauen | In Litauen sollen in den kommenden Jahren etwa 5.000 Kräfte der Bundeswehr stationiert werden. Dafür will die Wehrbeauftragte Högl attraktive Rahmenbedingungen schaffen - etwa ordentliche Unterkünfte und Schulen. | In Litauen sollen in den kommenden Jahren etwa 5.000 Kräfte der Bundeswehr stationiert werden. Dafür will die Wehrbeauftragte Högl attraktive Rahmenbedingungen schaffen - etwa ordentliche Unterkünfte und Schulen. Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, fordert attraktive Bedingungen für die Soldaten und Soldatinnen der geplanten Bundeswehr-Brigade in Litauen. Den rund 5.000 Kräften müssten neben finanziellen Anreizen ordentliche Unterkünfte, deutsche Schulen und Kindergärten sowie Arbeitsmöglichkeiten für die Partnerinnen und Partner geboten werden, sagte Högl den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Und wenn die Familie nicht mitkommt, muss das Pendeln erleichtert werden", fügte die SPD-Politikerin hinzu. Sie könne sich zum Beispiel Direktflüge von Vilnius in deutsche Großstädte vorstellen. Darüber werde aktuell unter Hochdruck mit Litauen verhandelt. "Es muss für Soldatinnen und Soldaten und ihre Familien attraktiv sein, mehrere Jahre im Baltikum zu dienen und zu leben", damit sie möglichst freiwillig dorthin gingen, so Högl. Vorkommando bereits eingetroffen Deutschland will bis 2027 einen gefechtsbereiten und eigenständig handlungsfähigen Verband fest in Litauen stationieren. Vorgesehen ist eine dauerhafte Präsenz von etwa 4.800 Soldatinnen und Soldaten sowie rund 200 zivilen Bundeswehrangehörigen, die ihre Familien mitbringen können. Ein Vorkommando mit etwa 20 Soldaten war bereits Anfang vergangener Woche in Vilnius eingetroffen. Es besteht aus Spezialisten aus verschiedenen Bereichen und soll zum vierten Quartal 2024 auf einen Aufstellungsstab von rund 150 Männern und Frauen anwachsen. Die Zeitenwende-Brigade Högl sagte, bisher sei die dauerhafte Stationierung einer Kampfbrigade in Litauen - bis auf eine Anschubfinanzierung - nicht im Verteidigungshaushalt hinterlegt und lasse sich auch nicht ohne weiteres daraus finanzieren. Die Brigade ist das Leuchtturmprojekt der Zeitenwende und muss solide finanziert werden. Sie forderte daher eine Aufstockung der deutschen Verteidigungsausgaben. "In der NATO sind schon Debatten im Gange, die zwei Prozent als Untergrenze zu sehen", sagte sie. "Ob zwei, zweieinhalb oder drei Prozent: Letztlich geht es darum, die Bundeswehr finanziell langfristig so auszustatten, dass sie vollständig einsatzbereit ist." Noch nie so viele Soldaten dauerhaft im Ausland Die dauerhafte Stationierung einer Kampfbrigade in Litauen ist ein Präzedenzfall in der Geschichte der Bundeswehr. Nie zuvor hatte sie so viele Soldatinnen und Soldaten auf Dauer im Ausland stationiert. Als Reaktion auf die veränderte Sicherheitslage in Europa hatte die Bundesregierung zugesagt, einen gefechtsbereiten und eigenständig handlungsfähigen Kampfverband nach Litauen zu verlegen. "Durch die dauerhafte Stationierung einer kriegstüchtig aufgestellten Brigade im Baltikum soll Russland von weiteren Angriffen auf seine Nachbarländer abgehalten werden", erklärte das Bundesverteidigungsministerium. Litauen liegt an der NATO-Ostflanke. Die ehemalige Sowjetrepublik, die 2004 dem westlichen Militärbündnis beigetreten ist, grenzt an Russland und an den Russland-Verbündeten Belarus. | /inland/innenpolitik/bundeswehr-litauen-hoegl-100.html |
2024-04-20 | Das "Nüsschen" wird 60 | Milliardengeschäft Nutella | Vor 60 Jahren wurde in einer kleinen Konditorei in Norditalien ein Brotaufstrich erfunden, der Karriere machte: eine braune, stark zuckerhaltige Creme namens Nutella. Wie wurde sie zum Welterfolg? Von Jörg Seisselberg. | Vor 60 Jahren wurde in einer kleinen Konditorei in Norditalien ein Brotaufstrich erfunden, der Karriere machte: eine braune, stark zuckerhaltige Creme namens Nutella. Wie wurde sie zum Welterfolg? Von Jörg Seisselberg Der Welterfolg wurde aus der Not geboren. Der Konditor Pietro Ferrero in Alba im norditalienischen Piemont steckte in den 1930er-Jahren in Schwierigkeiten, weil ihm plötzlich eine wichtige Zutat fehlte. "Als der Zweite Weltkrieg sich abzeichnete, gab es Sanktionen gegen Italien, und der Import von Kakao wurde teuer", erzählt Giannandrea Carreri. Daraufhin habe Ferrero eine günstige und gute Alternative gesucht und mit Haselnusscreme experimentiert. Denn Haselnusscreme "war in Alba für einen sehr niedrigen Preis zu haben", erklärt der Journalist der Nachrichtenagentur ADNKronos, der sich in einem Podcast mit dem Erfolg der Ferreros beschäftigt hat. Alba, Geburtsort der Nutella-Creme und immer noch Standort der Ferrero-Gruppe, liegt in einer Gegend, die in Italien als "Haselnuss-Dreieck" bekannt ist. Konditor Ferrero fand damals, eine süße Creme mit Haselnussgeschmack könnte seinen Kunden gefallen - und er sollte recht behalten. Alle 2,5 Sekunden wird ein Glas verkauft Heute verkauft der Ferrero-Konzern, der seinen Verwaltungssitz aus steuerlichen Gründen mittlerweile in Luxemburg hat, weltweit alle 2,5 Sekunden ein Glas Nutella. Dem Erfolg des braunen Brotaufstrichs, der zu über 50 Prozent aus Zucker und zu rund 30 Prozent aus Fett besteht, kann auch die Gesundheitswelle nichts anhaben. Im Nach-Corona-Geschäftsjahr 2022/23 legte Ferrero um satte 20 Prozent zu und kam auf insgesamt 17 Milliarden Euro Umsatz. Ihre Weltkarriere begonnen hat Nutella als kleine, süße Stärkung für einfache Leute. Die Erfindung Pietro Ferreros habe damals, sagt Carreri, in der Konsistenz der dicken Quitten-Marmelade geähnelt, die bis Mitte des 20. Jahrhunderts in Italien sehr beliebt war. Das Produkt des findigen Konditors aus Alba aber, erzählt der Journalist und Podcaster, "bestand aus Haselnusscreme und wurde in der Gegend Teil des Mittagessens der Arbeiter am Arbeitsplatz". Öffentlichkeitsscheuer Firmenpatriarch Die Nutella-Produktion ist bis heute in Familienhand. Aus dem kleinen Betrieb im Piemont ist der drittgrößte Süßwarenhersteller weltweit geworden - der 47.000 Mitarbeiter beschäftigt und geschätzt über ein Viertel der weltweiten Haselnussproduktion aufkauft. Giovanni Ferrero, aktueller Konzernchef und Enkel des Haselnusscreme-Erfinders Pietro Ferrero, wird von Forbes mit einem Vermögen von 43,8 Milliarden Dollar als reichster Italiener gelistet. Der 59-Jährige gilt als Feingeist, hat sieben Romane geschrieben, meidet die Öffentlichkeit und gibt so gut wie keine Interviews. "Mister Nutella" zeigt sich, wenn überhaupt, bei großen Ferrero-Events - und das auch nur alle paar Jahre. "Es ist klar, dass jede Generation neue Grenzen des Möglichen entdecken muss", sagte Giovanni Ferrero beispielsweise bei einer Präsentation seines Unternehmens während der Expo 2015 in Mailand. Und gab einen kleinen Einblick in seine Unternehmensstrategie: "Wir schauen sehr pragmatisch, wie wir das Unternehmen stärken können und ob sich Gelegenheiten bieten, die einen ausreichenden Wert im Zuge der Investition generieren." Kurz darauf kaufte Ferrero die US-Süßwarensparte des Nahrungsmittelriesen Nestlé. Umstrittenes Palmöl bleibt Bestandteil Unter dem öffentlichkeitsscheuen Giovanni, der nach dem Tod seines Bruders Pietro Ferrero junior 2011 die Konzernführung alleine übernahm, sind die Themen soziale und ökologische Verantwortung im Unternehmen wichtiger geworden. Zwar zeigen journalistische Recherchen immer noch Probleme bei den Arbeitsbedingungen Ferreros im Ausland. Und das umstrittene Palmöl ist nach wie vor wichtiger Bestandteil der Nutella-Creme. Nach eigenen Angaben aber verwendet Ferrero mittlerweile zu 100 Prozent Palmöl aus nachhaltigem Anbau. In einer sogenannten Scorecard der Umweltschutzorganisation WWF aus dem Jahr 2021 erreicht Ferrero unter den weltweiten Palmölkäufern gute Werte in Sachen ökologischer Verantwortung. Für ein Unternehmen, sagt Ferrero-Kenner Carreri, müsse es immer auch darum gehen, die Zeit, in der seine Konsumenten leben, zu akzeptieren. Und aktuell sei eine Zeit, meint Carreri, "in der die Konsumenten soziale, ökologische und ethische Verantwortung sowie Nachhaltigkeit wünschen". Da tue ein Unternehmen gut daran, "sich den Bedürfnissen derjenigen anpassen, die seine Produkte kaufen". Wie es zum Namen kam Den Namen Nutella erfunden hat Michele Ferrero, der Sohn des Firmengründers Pietro und Vater des jetzigen Konzernchefs Giovanni. Er verfeinerte das familieneigene Rezept der Haselnusscreme, die bis dahin "Supercrema" hieß. Die Verwendung von "super" in Produktbezeichnungen wurde dann von Italiens Regierung verboten. Daraufhin nahm Michele Ferrero 1964 das englische "Nut" für Nuss und die italienische Verkleinerungsform "ella". Geboren war - Nutella, wörtlich: das Nüsschen. Gestritten wird im deutschsprachigen Raum seit langem darüber, ob der, die oder das Nutella richtig ist. Im Geburtsland Italien ist es, wegen der weiblichen Endung, eindeutig - dort heißt es "la Nutella", übersetzt: die Nutella. | /wirtschaft/unternehmen/60-jahre-nutella-100.html |
2024-04-20 | Nordkorea testet "supergroßen Sprengkopf" | Laut Staatsmedien | Nordkorea hat nach Angaben staatlicher Medien einen "supergroßen Sprengkopf" für einen strategischen Marschflugkörper getestet. Zudem sei eine Flugabwehrrakete neuen Typs gestartet worden. | Nordkorea hat nach Angaben staatlicher Medien einen "supergroßen Sprengkopf" für einen strategischen Marschflugkörper getestet. Zudem sei eine Flugabwehrrakete neuen Typs gestartet worden. Nordkorea hat am Freitag einen Sprengkopftest für Marschflugkörper und den Start einer neuen Flugabwehrrakete im Westmeer Koreas durchgeführt. Dies meldete die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA. Die Übungen umfassten den Leistungstest eines überdimensional großen Sprengkopfes für die strategischen Marschflugkörper und den Probestart einer neuen Flugabwehrrakete, berichtete KCNA unter Berufung auf die Raketenverwaltung der Demokratischen Volksrepublick Korea (DVRK). Es wird angenommen, dass der Marschflugkörper Nordkoreas dazu ausgelegt ist, einen nuklearen Sprengkopf zu tragen. Betrieb neuer Waffensysteme vorantreiben Die Tests seien Teil der regulären Aktivitäten der Verwaltung und ihrer zugehörigen Institute für Verteidigungswissenschaften, um die Technologieentwicklung sowie den Betrieb neuer Waffensysteme schnell voranzutreiben, hieß es in dem Bericht von KCNA. Sie stünden nicht in Zusammenhang mit der regionalen Lage. Südkorea beobachtet Aktivitäten Das südkoreanische Militär sprach von mehreren Marschflugkörpern und Flugabwehrraketen, die von Nordkorea am Freitag abgefeuert worden seien. Die militärischen Aktivitäten Pjöngjangs würden "genau beobachtet", um im Falle einer Provokation reagieren zu können. Die Beziehungen zwischen Nord- und Südkorea befinden sich derzeit auf einem Tiefpunkt. Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hatte Südkorea im Januar zum "Hauptfeind" seines Landes erklärt und angekündigt, die Entwicklung von Waffen auszuweiten - auch die von taktischen Atomwaffen. Als Reaktion darauf verstärkten Südkorea und die USA ihre Verteidigungszusammenarbeit. | /ausland/asien/nordkorea-test-sprengkopg-100.html |
2024-04-20 | VW-Arbeiter in USA organisieren sich gewerkschaftlich | Bundesstaat Tennessee | Die Beschäftigten des Autobauers VW im US-Werk in Chattanooga haben sich mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, sich von einer Gewerkschaft vertreten zu lassen. Die verzeichnet damit einen historischen Erfolg. | Die Beschäftigten des Autobauers VW im US-Werk in Chattanooga haben sich mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, sich von einer Gewerkschaft vertreten zu lassen. Die verzeichnet damit einen historischen Erfolg. Die Arbeiter im US-Werk von VW in Chattanooga haben im dritten Anlauf beschlossen, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Damit ist VW der erste ausländische Autobauer, bei dem die US-Gewerkschaft UAW für die Mitbestimmung zuständig ist. Für die UAW, die ihren Einfluss über die drei amerikanischen Autoriesen hinaus ausweiten will, ist die Abstimmung ein historischer Erfolg. 73 Prozent der Arbeiter stimmten zu Nach Angaben von VW und der Gewerkschaft sprachen sich bei der Abstimmung 73 Prozent der Arbeiter dafür aus, von der UAW vertreten zu werden. Das Ergebnis muss noch von der US-Behörde NLRB bestätigt werden. Mit 3.613 abgegebenen Stimmen nahmen den Angaben zufolge 83,5 Prozent der Arbeiter an der Abstimmung teil. Für die Vertretung durch die UAW stimmten 2.628 von ihnen. Gewerkschaft UAW mit Rückenwind Die Gewerkschaft war in den vergangenen Jahren zweimal mit dem Versuch gescheitert, die Arbeiterschaft in dem Werk im Bundesstaat Tennessee zu organisieren. Aktuell hat die UAW aber Rückenwind: Im vergangenen Herbst setzte sie nach einem wochenlangen Streik bei den US-Konzernen General Motors, Ford und Stellantis bessere Arbeitsbedingungen und Einkommenserhöhungen von rund 25 Prozent durch. Die Gewerkschaft hatte bisher in den US-Südstaaten und Werken ausländischer Autobauer einen schweren Stand. Es gelang ihr auch noch nicht, beim Elektroauto-Hersteller Tesla einen Fuß in die Tür zu bekommen. Die IG Metall bei Volkswagen betonte, Chattanooga sei die einzige Fabrik des Konzerns ohne Belegschaftsvertretung gewesen. Die Präsidentin des Europäischen und Weltkonzernbetriebsrates bei Volkswagen, Daniela Cavallo, sagte, die Belegschaft in Chattanooga habe "ein Stück US-amerikanischer Gewerkschaftsgeschichte geschrieben". Auch in einem Beitrag der UAW im Onlinedienst X hieß es: "Volkswagen-Arbeiter haben gerade Geschichte geschrieben." Bei Mercedes in Alabama steht Abstimmung bevor UAW hat sich zum Ziel gesetzt, 13 Unternehmen mit fast 150.000 Beschäftigten zu vertreten. Die meisten Standorte befinden sich in südlichen Bundesstaaten wie Tennessee. Auch bei Mercedes-Benz in Vance im Bundesstaat Alabama soll es eine Abstimmung geben. Sie soll vom 13. bis zum 17. Mai stattfinden. Mit Informationen von Claudia Sarre, ARD-Studio Washington | /wirtschaft/unternehmen/vw-tennessee-gewerkschaft-100.html |
2024-04-20 | Mehr rechtsextreme Fälle an Schulen gemeldet | Schülervertretungen besorgt | Die Schülervertretungen der ostdeutschen Bundesländer beklagen zunehmenden Rechtsextremismus an Schulen. Sie fordern ein entschiedenes Gegensteuern der Politik. Doch die Bildungsministerien verweisen auf bestehende Strategien. Von V. Kleber. | Die Schülervertretungen der ostdeutschen Bundesländer beklagen zunehmenden Rechtsextremismus an Schulen. Sie fordern ein entschiedenes Gegensteuern der Politik. Doch die Bildungsministerien verweisen auf bestehende Strategien. Von Viktoria Kleber Der 18-jährige Schüler Stefan Tarnow macht sich große Sorgen. "Hakenkreuze auf Tischen, Stühlen oder aber auch an Wänden finden sich in vielen Klassenzimmern." Doch nicht nur das: Rechtsextremes Gedankengut werde auch im Unterricht in Debatten - besonders, wenn es um das Thema Migration gehe - oft verbreitet. "Statt Fakten geht es oft um gefühlte Wahrheiten", sagt Tarnow. Das berichteten ihm Schülerinnen und Schüler immer wieder, mit denen er in Kontakt sei. Stefan Tarnow ist Sprecher des Landesrats der Schülerinnen und Schüler in Brandenburg und vertritt ihre Interessen. "Manchmal feuern die Lehrer rechtsextremes Gedankengut sogar noch an", sagt er. Auch andere Landesschülerräte haben festgestellt, dass die Hemmschwelle sinkt und dass Schulen oft nicht ausreichend auf rechtsextreme Vorfälle vorbereitet sind. Die Landesschülerräte aus Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben deshalb in einer gemeinsamen Erklärung Anfang April ein entschiedenes Gegensteuern gefordert. Sie wollen unter anderem eine Stärkung der Fächer Politik oder Sozialkunde, um mehr Wissen über die Bedrohungen für die Demokratie durch Rechtsextremismus zu vermitteln. Außerdem seien Fortbildungen für Lehrkräfte notwendig um vorbereitet zu sein für den Umgang mit rechtsextremem Gedankengut und Schülerinnen und Schüler, die sich radikalisieren. Verunsicherte Lehrkräfte Nina Kolleck ist Bildungsforscherin an der Universität Potsdam und unterstützt die Forderungen der Landesschülerräte. Die Professorin für Erziehungs- und Sozialisationstheorie bildet selbst Lehrerinnen und Lehrer aus. Sie erlebt angehende Lehrkräfte meist verunsichert beim Thema Rechtsextremismus. "Viele trauen sich nicht sich zu äußern, wenn beispielsweise der Hitlergruß gezeigt wird, weil sie Angst haben, dass sie dann angefeindet werden. Und zwar nicht nur in der Schule", sagt Kolleck. Dabei sei es die Pflicht von Lehrkräften, hier einzuschreiten. Kolleck weiß, dass in Brandenburg viele, die Lehramt studieren, oft im ländlichen Raum und vor allem in ihren Heimatorten unterrichten wollen. Das Beispiel der zwei Lehrer aus Burg hätte viele eingeschüchtert. Im April 2023 haben sie in einem Schreiben unter anderem Hakenkreuz-Schmierereien und Hitler-Grüße öffentlich gemacht. Daraufhin wurden die zwei Lehrkräfte angefeindet und sahen sich gezwungen die Schule zu wechseln. Verpflichtende Seminare zu Rechtsextremismus Die Geschichte der zwei Lehrkräfte wirke bis heute nach. "Gegen diese Angst müssen wir vorgehen", sagt Kolleck. Auch sie fordert eine systematische Aus- und Fortbildung von Lehrkräften und einen systematischen Umgang an Schulen mit rechtsextremen Vorfällen. Damit sich die Geschichte von Burg nicht wiederhole. So wie andere Universitäten auch bietet die Universität Potsdam Seminare für Lehrkräfte an, in denen sie lernen, wie sie auf antidemokratische und diskriminierende Sprüche und menschenfeindliche Vorfälle reagieren können. "Es braucht ein ganzes Lehrerkollegium, das entschlossen handelt", sagt Kolleck. Doch die Seminare sind nicht verpflichtend. Das ist in Sachsen anders. Hier ist ein Modul zur politischen Bildung und Demokratiebildung für alle angehenden Lehrkräfte aller Fächer Pflicht, auch der Umgang mit Rechtsextremismus wird hier thematisiert. Das sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft hat das beschlossen, zunächst hat die Universität Leipzig die Lehrveranstaltungen eingeführt, vor einem Jahr dann Dresden, nun soll Chemnitz folgen. Kolleck wünscht sich, dass die Seminare in der Lehrkräfteaus- und -fortbildung in allen Bundesländern verpflichtend werden. Zunahme von rechtsextremen Vorfällen? Wie viele rechtsextreme Vorfälle es an Schulen gibt, dazu gibt es keine verlässlichen Zahlen. In Sachsen gab es 2019 nach Angaben des Bildungsministeriums 73 gemeldete rechtsextremistische oder rassistische Vorfälle. Vier Jahre später waren es mehr als doppelt so viele, nämlich 149. Auch andere Bundesländer wie Hessen, Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg melden mehr Fälle. In Brandenburg kam es im Schuljahr 2022/2023 zu 123 dokumentierten rechtsextremistischen Äußerungen an Schulen. Doch die Dunkelziffer sei hoch, sagt Tim Reukauf vom Thüringer Lehrerverband. "Es gibt immer wieder Schulleitungen, die rechtsextreme Vorfälle nicht melden wollen, weil sie befürchten, dass es ein schlechtes Licht auf ihre Schule wirft", sagt Reukauf. Genauere Dokumentation gefordert Laut einer nicht veröffentlichten Umfrage des Thüringer Lehrerverbands geben 38 Prozent der befragten Mitglieder an, sie hätten seit Beginn des Schuljahres 2023/24 mitbekommen, dass Kolleginnen, Kollegen, Schülerinnen oder Schüler an ihrer Schule Gewalt erlebt haben, die rechtsextremistisch motiviert gewesen sei. Die Gewalt sei in 68 Prozent der Fälle von Schülerinnen und Schülern ausgegangen, in 20 Prozent von Eltern und in 12 Prozent von Kollegen und Kolleginnen. Dabei gaben die befragten Mitglieder an, dass mit 52 Prozent vor allem Schülerinnen und Schüler von der Gewalt betroffen waren. Tim Reukauf vom Thüringer Lehrerverband findet nicht nur die Umfrage, sondern auch die Fallschilderungen seiner Kolleginnen und Kollegen beunruhigend. Er fordert eine bessere Meldekette von den Schulen über Schulämter bis zu den Bildungsministerien der Länder. "Nur durch eine genauere Dokumentation können wir sehen, wie sich das Problem entwickelt und entsprechend handeln", sagt Reukauf. Bildungsministerien verweisen auf bestehende Strategie Doch die Bildungsministerien sehen auf Nachfrage des RBB durch den Aufruf des Landesschülerrats keinen neuen Handlungsbedarf. Sachsen-Anhalt verweist beispielsweise unter anderem darauf, dass Demokratiebildung und Extremismusprävention bereits jetzt in der Fortbildung der Lehrkräfte eine zentrale Rolle spielten. Auch das Bildungsministerium in Brandenburg führt bestehende und kürzlich aufgesetzte Programme an, die Lehrkräfte im Umgang mit Rechtsextremismus stärken sollen. | /inland/gesellschaft/rechtsextremismus-schulen-100.html |
2024-04-20 | USA wollen Soldaten aus Niger abziehen | Truppenabzug | Nach Frankreich wollen nun wohl auch die USA aus Niger abziehen. Eine US-Delegation soll in den nächsten Tagen in die Hauptstadt Niamey reisen und den geordneten Abzug der mehr als 1.000 Soldaten organisieren. | Nach Frankreich wollen nun wohl auch die USA aus Niger abziehen. Eine US-Delegation soll in den nächsten Tagen in die Hauptstadt Niamey reisen und den geordneten Abzug der mehr als 1.000 Soldaten organisieren. Die USA haben sich nach Angaben von Regierungsvertretern dazu bereit erklärt, ihre mehr als 1.000 Soldaten aus Niger abzuziehen. US-Vizeaußenminister Kurt Campbell habe die Aufforderung zum Truppenabzug bei einem Treffen in Washington mit dem nigrischen Ministerpräsidenten Ali Mahaman Lamine Zeine akzeptiert, sagten US-Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur AFP. Auch die Nachrichtenagentur Reuters berichtet über einen geplanten Abzug und beruft sich auf eine mit der Angelegenheit vertraute Person. US-Delegation soll geordneten Abzug organisieren Demnach soll es eine Verständigung darauf geben, dass eine US-Delegation in den nächsten Tagen in die Hauptstadt Niamey reisen wird, um einen geordneten Abzug zu organisieren. Das nigrische Staatsfernsehen hatte zuvor gemeldet, die US-Delegation werde kommende Woche anreisen. Für die USA und für die frühere Kolonialmacht Frankreich war Niger ein wichtiger Ausgangspunkt für Einsätze gegen Dschihadisten. Das US-Militär betreibt in Niger zwei Basen - darunter eine für Drohnen, die für mehr als 100 Millionen Dollar errichtet worden war. Im Dezember hatten die letzten französischen Soldaten auf Wunsch der neuen Machthaber das Land verlassen. Verstärkt Ausrichtung nach Russland Militärs hatten am 26. Juli in Niger den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum gestürzt. Die neuen Machthaber schlossen sich den Junten in den Nachbarländern Mali und Burkina Faso an. Sie beendeten militärische Abkommen mit einstigen westlichen Verbündeten wie Washington und Paris, verließen die Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) und suchten engere Beziehungen zu Russland. Niger galt bis zu dem Staatsstreich als einer der letzten Verbündeten in der Region im Kampf gegen Dschihadisten und Extremismus. Acht Putsche in West- und Zentralafrika innerhalb von vier Jahren, einschließlich in Burkina Faso, Mali und Niger, sorgteb für wachsende Bedenken hinsichtlich eines demokratischen Verfalls in der Region. | /ausland/afrika/usa-truppenabzug-niger-100.html |
2024-04-20 | Fregatte "Hessen" beendet Einsatz im Roten Meer | Schutz von Handelsschiffen | Der Kampfeinsatz der Fregatte "Hessen" im Roten Meer ist zu Ende. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wurden während des Einsatzes insgesamt 27 Handelsschiffe sicher durch das Einsatzgebiet eskortiert. | Der Kampfeinsatz der Fregatte "Hessen" im Roten Meer ist zu Ende. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wurden während des Einsatzes insgesamt 27 Handelsschiffe sicher durch das Einsatzgebiet eskortiert. Die Fregatte "Hessen" hat ihren Kampfeinsatz zum Schutz von Handelsschiffen gegen Angriffe der Huthi-Miliz im Roten Meer planmäßig beendet. Das Schiff habe den Einsatz um 5.50 Uhr (MESZ) abgeschlossen und das Einsatzgebiet verlassen, teilte die Bundeswehr mit. Die "Hessen" soll Anfang Mai nach Wilhelmshaven zurückkehren. Ab Anfang August wird sich Deutschland nach Angaben des Verteidigungsministeriums mit der Fregatte "Hamburg" an der EU-Mission im Roten Meer beteiligen. Erster Einsatz dieser Art für deutsche Marine Die "Hessen" war mit ihren 240 rund Männern und Frauen an Bord ein deutscher Beitrag zur EU-Militärmission "Aspides". Die Besatzung hatte in den vergangenen Wochen mehrfach Drohnen der aus dem Jemen agierenden und mit dem Iran verbündeten Huthi-Miliz abgeschossen. Für die Deutsche Marine war es der erste Kampfeinsatz dieser Art. Die Fregatte war seit dem 23. Februar im Roten Meer im Einsatz gewesen, um die zivile Schifffahrt auf der wichtigsten Seeroute von Asien nach Europa zu schützen. Die Huthi-Miliz will dort mit den Angriffen ein Ende der israelischen Militäroperation im Gazastreifen erzwingen, die eine Reaktion auf den Terrorüberfall der islamistischen Hamas am 7. Oktober ist. Wegen der Angriffe der vom Iran hochgerüsteten Huthi mieden große Reedereien die kürzeste Seeverbindung zwischen Asien und Europa zuletzt. Das hat auch Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. 27 Handelsschiffe sicher eskortiert Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wurden von der "Hessen" insgesamt 27 Handelsschiffe sicher durch das Einsatzgebiet eskortiert. Dabei sei es in vier Fällen zu einer erfolgreichen Bekämpfung von Drohnen und Flugkörpern der Huthi-Miliz gekommen. Insgesamt habe die Fregatte mehr als 11.000 Kilometer - rund 6.000 Seemeilen - im Einsatzgebiet zurückgelegt. Die Besatzung leistete demnach zwei Mal medizinische erste Hilfe - für einen Soldaten einer Partnernation sowie für ein Besatzungsmitglied eines Handelsschiffs. Verteidigungsminister Boris Pistorius erklärte, die Besatzung der Fregatte habe ihren Einsatz "mit Bravour umgesetzt". Mit der EU-Marinemission werde "die Sicherheit und Freiheit einer der wichtigsten See- und Handelswege" angesichts der "völkerrechtswidrigen Angriffe" der Huthi-Miliz geschützt. "Hessen" mit Flugabwehrraketen ausgestattet Die 143 Meter lange "Hessen" ist mit Flugabwehrraketen ausgerüstet und wurde speziell für den Geleitschutz und die Seeraumkontrolle konzipiert. Mit seinem speziellen Radar kann das Schiff nach Angaben der Bundeswehr einen Luftraum von der Größe der gesamten Nordsee überwachen. Die Waffensysteme sind in der Lage, Ziele auf eine Entfernung von bis zu 160 Kilometern zu bekämpfen. Die Operation "Aspides" war Mitte Februar durch einen Beschluss der Außenminister der 27 EU-Mitgliedsstaaten gestartet worden. | /ausland/asien/fregatte-hessen-einsatz-ende-rotes-meer-100.html |
2024-04-20 | Showdown im US-Kongress | Abstimmung über Ukraine-Hilfen | Seit Monaten wartet die Ukraine auf Militärhilfen aus den USA. Heute will der Sprecher des Repräsentantenhauses über das Hilfspaket abstimmen lassen. Rechte Hardliner kündigten bereits Widerstand an. Von Claudia Sarre. | Seit Monaten wartet die Ukraine auf Militärhilfen aus den USA. Heute will der Sprecher des Repräsentantenhauses über das Hilfspaket abstimmen lassen. Rechte Hardliner kündigten bereits Widerstand an. Von Claudia Sarre Mike Johnson - der Sprecher des US-Repräsentantenhauses - steht unter massivem Druck. Ultrarechte Republikaner aus seiner eigenen Partei haben schon vor Wochen damit gedroht, ihn abzusetzen, falls er im Kongress über die Ukraine-Hilfen abstimmen lässt. Johnson tut es nun trotzdem und ist zuversichtlich, dass er heute die nötige Stimmenmehrheit zusammenbekommt. Er werde seinen Job machen, so wie seine Kollegen auch. Und er vertraue darauf, dass sie es am Ende trotz des ganzen Dramas hinbekommen werden, so Mike Johnson vor ein paar Tagen auf CNN. Zugeständnisse an Hardliner Gestern schon hatten Republikaner und Demokraten in seltener Einigkeit dafür votiert, die Abstimmung über das 95-Milliarden-Dollar-Hilfspaket voranzutreiben. Geplant ist, über die Hilfen für die Ukraine, Israel und den Indopazifik einzeln abzustimmen. Als Zugeständnis an skeptische Republikaner soll ein Teil des insgesamt 61 Milliarden Dollar umfassenden Hilfspakets für die Ukraine als Darlehen gewährt werden. Auch ein Gesetzentwurf mit strengeren Maßnahmen zur Sicherung der US-Grenze soll zur Abstimmung kommen. Beobachter sind zuversichtlich Mike Johnson sagte auf CNN, es werde Zeit, dass der Kongress handele. "Wir werden Israel, unserem engen Verbündeten, beistehen. Wir werden für die Freiheit eintreten und dafür sorgen, dass Putin nicht durch Europa marschiert. Ein starkes Amerika ist gut für die ganze Welt." Politische Beobachter sind relativ zuversichtlich, dass die Hilfspakete im Kongress eine Mehrheit finden. Demokraten wie Jared Moskowitz machten sich öffentlich für die Ukraine-Hilfen stark. Die USA schickten eine Botschaft an ihre Verbündeten in der Welt, dass sie sich auf Amerika verlassen können und dass nicht noch mehr Macht an Russland und China übertragen würde, so der Kongressabgeordnete. Wenn dieses Gesetz scheitere, dann seien Russland und China die Gewinner. Abgeordnete vom rechten Rand drohen wieder mit Revolte Einige rechte Hardliner der republikanischen Partei allerdings sind strikt dagegen, Kiew zu unterstützen und haben angekündigt, Sprecher Mike Johnson deswegen absetzen zu wollen. In einer ähnlichen Situation ist im vergangenen Jahr sein Vorgänger Kevin McCarthy gestürzt worden. Einer der Hardliner ist Thomas Massie aus Kentucky. Er sagte, er mache sich Sorgen, dass Sprecher Mike Johnson einen Deal mit den Demokraten gemacht habe, um ausländische Kriege zu finanzieren, anstatt die eigene Grenze zu sichern. Ob die Revolte der rechten Hardliner Erfolg hat, hängt davon ab, ob die Demokraten im Falle eines Falles gegen den Sturz des Trump-Unterstützers Mike Johnson stimmen würden. So oder so: Sollte der Kongress die Hilfspakete heute absegnen, müssen sie noch durch den Senat und von Präsident Biden unterzeichnet werden. Das alles soll zügig passieren, damit die Ukrainer die dringend benötigten Mittel so schnell wie möglich bekommen. Wir haben den US-Abgeordneten Jared Moskowitz in einer früheren Version des Textes fälschlicherweise den Republikanern statt den Demokraten zugeordnet. Das wurde inzwischen korrigiert. | /ausland/amerika/usa-kongress-abstimmung-ukraine-hilfen-100.html |
2024-04-20 | Der unsichtbare Klimawandel auf den Kapverden | Westafrika | Auf den Kapverdischen Inseln versuchen Forscher herauszufinden, wie weit der Klimawandel im Meer vor Westafrika ist. Mithilfe des GEOMAR-Forschungszentrums in Kiel haben sie bereits Beunruhigendes zutage gefördert. Von K. Küstner. | Auf den Kapverdischen Inseln versuchen Forscher herauszufinden, wie weit der Klimawandel im Meer vor Westafrika ist. Mithilfe des GEOMAR-Forschungszentrums in Kiel haben sie bereits Beunruhigendes zutage gefördert. Von Kai Küstner, zzt. ARD-Studio Nordwestafrika Sie sehen aus wie jene Pressluftflaschen, die sich Taucher auf den Rücken schnallen. Nur dass es gleich acht Stück davon sind - zu einer ganzen Batterie zusammengefügt. Nicht ohne Stolz zeigt der Meeresbiologe Pericles Silva eine seiner wichtigsten Apparaturen vor. Diese High-Tech-Flaschen gehen im Ozean durchaus auf Tauchgang - nur eben allein, ohne menschlichen Anhang. Denn sie erforschen Tiefen, die kein Taucher je überleben würde. Hier sammeln sie Wasserproben und zeichnen, mit winzigen Sensoren ausgestattet, wichtige Daten auf: "Sauerstoffgehalt, Chlorophyll, Temperatur", all das werde auf diese Weise ermittelt, erklärt Forscher Silva vom "Ocean Science Center Mindelo" (OSCM) auf den Kapverden. Daten sammeln in dreieinhalb Kilometern Tiefe Diese Inselgruppe liegt ohnehin schon weit draußen im Atlantik vor der Küste Westafrikas. Von hier aus geht es dann noch einmal über 100 Kilometer hinaus auf den Ozean. Dort treten dann nicht nur die High-Tech-Flaschen ihren Tauchgang an: Auch andere Sensoren werden in 3,5 Kilometern Tiefe am Meeresgrund verankert. Um dann, wie an einer Perlenschnur aufgereiht, eineinhalb Jahre lang wertvolle Daten zu sammeln. Bis sie von einem Forschungsschiff geborgen und ausgewertet werden. Das Ziel: Man will dem Klimawandel im Wortsinn "auf den Grund gehen". "Was wir Menschen als Extremwetterereignisse in der Atmosphäre wahrnehmen, findet auch im Ozean statt. Nur eben unsichtbarer", erklärt Björn Fiedler. Er ist Ozeanograph beim GEOMAR-Helmholtz-Zentrum in Kiel und hat das Forschungslabor vor der Küste Westafrikas mit aufgebaut. Temperaturanstieg auch tief im Meer feststellbar Fiedler und seine Wissenschaftskollegen betrachten es als ihre Aufgabe, Dinge sichtbar zu machen. Die Geheimnisse des Meeres an Land und damit ans Licht zu bringen. Und so einiges, was die Forscher an Erkenntnissen in den letzten fünfzehn Jahren an die Oberfläche holten, ist durchaus beunruhigend: Der Temperaturanstieg auf dem Erdball lässt sich auch im Atlantik feststellen. Nicht nur an der Oberfläche, auch in der Tiefe habe sich der Ozean über die Jahre "deutlich erwärmt", erklärt Ozeanologe Fiedler. Gleichzeitig nimmt der Gehalt von Kohlendioxid, also von klimaschädlichem CO2, im Meer zu. "Der Ozean versauert vor Westafrika." So drückt es der Wissenschaftler aus. Parallel dazu haben die Langzeitstudien ergeben, dass der Sauerstoffgehalt abnimmt. Fischarten beginnen zu wandern Dass dies nicht folgenlos bleibt für Menschen und Tiere, liegt auf der Hand. Was es aber genau bedeutet, daran wird weiter geforscht. Schon jetzt ist feststellbar: Bei mit Sendern ausgestatteten Schwertfischen ließ sich beobachten, dass die sich in Meerestiefen oder Gewässer zurückziehen, wo sie mehr Sauerstoff und damit mehr Nahrung vorfinden. Und Meeresbiologe Pericles Silva erklärt, dass aufgrund der steigenden Wassertemperatur eigentlich vor der senegalesischen Küste heimische Fischarten in Richtung Kanarische Inseln gewandert seien. Doch mit zunehmender Erd- und Wassererwärmung dürften noch ganz andere Umwälzungen bevorstehen. Den Klimawandel betreffend sind allerdings noch viele Fragen offen. Nur dass er stattfindet, da sind sich die Forschenden in Kiel mit denen auf den Kapverdischen Inseln einig. Egal, ob er sich vor aller Augen und für uns bereits spürbar vollzieht. Oder im Verborgenen - in den Tiefen des Ozeans. | /wissen/klima/klimawandel-kapverden-100.html |
2024-04-19 | Zinsängste machen der Nasdaq zu schaffen | Trotz leichter Entspannung in Nahost | Die US-Börsen haben erneut keine klare Richtung gefunden. Wie schon zuletzt standen Tech-Aktien verstärkt unter Druck. Auch eine leichte Entspannung in der Nahostkrise half nicht. | Die US-Börsen haben erneut keine klare Richtung gefunden. Wie schon zuletzt standen Tech-Aktien verstärkt unter Druck. Auch eine leichte Entspannung in der Nahostkrise half nicht. Auch an der Wall Street bestimmte die Lage im Nahen Osten das Geschehen. Zudem wird die Technologiebörse Nasdaq mehr und mehr zum Problemfall. Denn Tech-Werte schnitten erneut deutlich schlechter ab als die Standardwerte. Insgesamt schlossen die US-Börsen damit uneinheitlich. Der Leitindex Dow Jones ging bei 37.986 Punkten um 0,56 Prozent höher aus dem Markt. Indexmitglied American Express überzeugte die Anleger dabei mit seinem Zahlenwerk für das erste Quartal und legte deutlich 6,1 Prozent zu. Traditionell gelten die Kreditkartenanbieter als ein wichtiges Barometer für die Konsumneigung der amerikanischen Verbraucher. An der Technologiebörse Nasdaq dominierten hingegen die roten Pfeile. Der Nasdaq-Composite-Index sackte um 2,05 Prozent auf 15.282 Zähler ab. Der Auswahlindex Nasdaq 100 verlor ebenso wie der Auswahlindex Nasdaq 100 je 2,05 Prozent. Die Wochenbilanz des Auswahlindex Nasdaq 100 ist mit minus 5,3 Prozent äußerst trist. Auch der marktbreite S&P-500-Index, in dem ebenfalls viele Tech-Aktien enthalten sind, gab 0,88 Prozent nach und fiel damit wieder unter die Marke von 5.000 Punkten. Der Endstand lag bei 4.967 Zählern. Hintergrund war heute unter anderem eine enttäuschende Prognose des Streamingdienstes Netflix, dessen Aktie trotz guter Quartalszahlen um 9,1 Prozent unter die Räder kam. Primär belasten anhaltende Sorgen um den Zeitpunkt der ersten Zinssenkung der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) die hochbewerteten Technologieaktien. Iran-Reaktion beruhigt die Anleger Im Iran wurde die mutmaßliche israelische Attacke zurückhaltend aufgenommen und signalisiert, dass das Land keine Vergeltung plant - was als Versuch gewertet wurde, einen Flächenbrand im Nahen Osten zu verhindern. "Sobald die Details bekannt gegeben wurden, reagierte der Markt erleichtert", sagte Peter Cardillo, Chefökonom beim Finanzdienstleister Spartan in New York. "Die Spannungen in Nahost werden immer ein Sorgenfaktor für den Markt bleiben. Was eine grundlegendere Rolle spielt, sind die Konzernbilanzen." Unter anderem Tesla, Intel und die Google-Mutter Alphabet legen nächste Woche Quartalszahlen vor. Der Terminkalender ist prall gefüllt. Keine Panik an der Frankfurter Börse Die Nachricht, dass Israel mutmaßlich einen Vergeltungsschlag gegen den Iran durchgeführt hat, wollten die Anleger an den Weltbörsen eigentlich genau nicht hören. So heute auch am Frankfurter Handelsplatz. Denn die Marktteilnehmer befürchten unisono eine Eskalation der Lage, unter anderem mit steigenden Ölpreisen. Zudem sind politische Börsen unberechenbar - besonders, wenn die Lage außer Kontrolle gerät. Die Hoffnung, dass nun beide Konfliktparteien ihr Gesicht gewahrt haben, beruhigte aber die Anleger, die sich damit insgesamt besonnen verhielten. Auch wenn sich einige vor dem Wochenende vom Markt zurückzogen und auf Nummer Sicher gingen - die Verluste am Aktienmarkt blieben im Rahmen. "Trotz des Säbelrasselns im Nahen Osten und eines damit weiter eskalierenden Konflikts in der Region bewegte sich der Deutsche Aktienindex nach anfänglicher Panik recht unbeschadet durch den Handelstag. Mehr als die Fahne hochzuhalten, war allerdings vor diesem Hintergrund nicht drin", sagte Konstantin Oldenburger, Analyst vom Broker CMC Markets. DAX am Scheideweg Der DAX bewegte sich am Nachmittag lange auf Höhe seiner markttechnisch bedeutsamen 50-Tage-Linie (aktuell bei 17.744 Punkte) und schloss am Ende knapp darunter bei 17.737 Punkten, ein Tagesverlust von 0,56 Prozent und genau 100 Punkte tiefer als gestern. Im Verlauf ließ der deutsche Leitindex sein Tagestief bei 17.626 Zählern vom Vormittag hinter sich, zu einem Schwenk ins Plus reichte es aber nicht. Die Spitze lag zur Eröffnung bei 17.834 Punkten. Im Wochenvergleich ergibt sich damit ein moderater Verlust von knapp einem Prozent an. Der MDAX der mittelgroßen Werte verlor 0,76 Prozent auf 25.989 Punkte. Die Marktreaktion spricht zunächst nicht für Panikstimmung unter den Anlegern - wie sie seinerzeit zu Beginn der Golfkriege herrschte oder nach dem Attentat auf das World Trade Center im Jahr 2001. Vielmehr dürfte sich die Konsolidierung am deutschen Aktienmarkt erst einmal fortsetzen. Die Korrektur läuft bereits seit Ostern. Ausgehend vom Rekordhoch bei 18.567 Punkten ging es für den deutschen Leitindex in dieser Zeit Stück für Stück um inzwischen rund fünf Prozent bergab. Der Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets spricht aber von einer "toxischen Kombination aus Zins- und Kriegsangst", die die Anleger derzeit umtreibe. Aus der bislang noch gesunden Korrektur am Aktienmarkt könnte am Ende eine Trendwende werden, so der Börsenexperte. Zinsunsicherheit bleibt, Berichtssaison im Fokus Zumal das alles beherrschende Börsenthema der letzten Wochen und Monate weiter über den Märkten schwebt. Wann leitet die US-Zentralbank ihre Zinswende ein? Die jüngsten US-Wirtschaftsdaten, zuletzt aus dem Einzelhandel oder vom Arbeitsmarkt, deuten jedenfalls nicht darauf hin, dass so bald etwas passiert. Selbst Notenbankchef Chef Jerome Powell ruderte zuletzt zurück. Zinssenkungen der Europäischen Notenbank (EZB) sind in den Kursen aber bereits enthalten, eine erste Senkung im Juni ausgemachte Sache. Für die Börse bedeutet die Zinsunsicherheit in den USA, den weiteren Verlauf der Berichtssaison - das eigentliche Brot- und Butter-Geschäft der Märkte - zu bewerten und daraus Schlüsse für die weitere Gewinnentwicklung der Unternehmen zu ziehen. Mittlerweile kommt die Bilanzsaison auch hierzulande stärker in Fahrt. Aus dem DAX etwa berichten am Montag nach US-Börsenschluss der Softwarehersteller SAP, dessen Chef Christian Klein den Anlegern in Aussicht stellte, dass es dieses Jahr vor allem beim Cloudwachstum und dem bereinigten operativen Ergebnis weiter schwungvoll nach oben geht. Im Wochenverlauf folgen weitere Unternehmen aus dem DAX (unter anderem die Deutsche Bank am Donnerstag) sowie zahlreiche Berichte aus der zweiten Reihe. Ölpreise am Ende nur noch leicht im Plus Ein nervöser Handel prägte auch den Ölmarkt. Nachdem die Preise für das Nordseeöl Brent und das US-Öl WTI in einer ersten Reaktion um mehr als vier Prozent in die Höhe sprangen, sanken die Risikoaufschläge am Ölmarkt im Gefolge stetig. Zuletzt lag der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent nur noch um 0,28 Prozent höher bei 87,17 Dollar und damit klar unter der viel beachteten Marke von 90 Dollar. Gold nur kurz über 2.400 Dollar Gold bleibt als "sicherer Hafen" gut unterstützt, zuletzt kostete die Feinunze Gold 2.393 Dollar und damit knapp 0,6 Prozent mehr. Am Morgen hatte sich das gelbe Edelmetall in der Spitze noch bis zu ein Prozent auf 2.418 Dollar verteuert und damit seinem vor einer Woche erreichten Allzeithoch von knapp 2.432 Dollar je Feinunze angenähert. Stabiler Euro Der Kurs des Euro legt zum Dollar etwas zu und wurde in der Spitze im europäischen Handel bei 1,0676 Dollar gehandelt. zuletzt wurden im US-Handel mit 1,0655 Dollar etwa weniger bezahlt. Nach einem mutmaßlichen israelischen Angriff im Iran war der Euro zunächst bis auf 1,0611 Dollar gefallen. Anleger suchten den Dollar wie meist bei Krisen ebenfalls als "sicheren Hafen". Die Gemeinschaftswährung erholte sich jedoch rasch wieder. Schließlich wurde über keine Schäden berichtet. Der als ebenfalls sicher geltende Schweizer Franken gab zwar auch einen Teil seiner Gewinne zu anderen wichtigen Währungen ab, er notierte zuletzt aber immer noch höher als vor den Berichten über den Angriff. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0653 (Donnerstag: 1,0679) Dollar fest. Erzeugerpreise sinken weiter In Deutschland schwächte sich der Rückgang der Preise auf Herstellerebene weiter ab. Im März sanken die Produzentenpreise im Jahresvergleich um 2,9 Prozent. Im Februar waren sie noch um 4,1 Prozent gefallen. Analysten hatten mit einem stärkeren Rückgang gerechnet. Die Entwicklung wirkt sich auch auf die Verbraucherpreise aus, an denen die EZB ihre Geldpolitik ausrichtet. Weil sich die allgemeine Teuerung zuletzt abgeschwächt hat, steuert die Notenbank auf Zinssenkungen zu. Allgemein wird der erste Schritt im Juni erwartet. Sartorius am DAX-Ende Erneute Verluste von rund 2,6 Prozent mussten Sartorius-Vorzüge einstecken, die damit ihre desaströse Entwicklung seit gestern fortsetzten. Ein schwaches Auftaktquartal hatte die Aktie des Göttinger Laborbetreibers gestern um über 15 Prozent schwer getroffen. Wie oftmals in scheren Zeiten legten Telekom hingegen knapp ein Prozent zu. Zuletzt schüttete der Bonner Konzern 0,77 Euro Dividende aus. Der Abschlag wird mittlerweile aufgeholt. BASF-Chef hofft auf Bodenbildung Ein Ende der Nachfrageschwäche in der Chemieindustrie rückt nach den Worten von BASF-Chef Martin Brudermüller näher. "Wir sehen eine Bodenbildung", sagte Brudermüller der "Neuen Zürcher Zeitung". "Der Preisverfall und der Volumenrückgang bei den Verkäufen sind gestoppt", fügte er hinzu. Von einer durchgreifenden Wende wolle er aber noch nicht sprechen. Knorr-Bremse kauft US-Geschäft von Alstom Der Bremsenhersteller Knorr-Bremse steigt mit einer Übernahme in das Geschäft mit Signaltechnik für den Zugverkehr ein. Dazu kauft das MDAX-Unternehmen dem französischen Schienenfahrzeug-Hersteller Alstom dessen US-Geschäft mit konventioneller Bahn-Signaltechnik ab, wie es am Abend nach Börsenschluss in München mitteilte. Der Kaufpreis liege bei 630 Millionen Euro. Knorr-Bremse verspricht sich von der Übernahme Perspektiven für ein profitables Geschäftswachstum, technisches Wissen und künftige digitale Geschäftsmodelle. Die Alstom-Tochter gehöre in Nordamerika zu den führenden Unternehmen in diesem Bereich, hieß es weiter. Im abgelaufenen Geschäftsjahr bis Ende März erzielte Alstom Signaling Nordamerika nach vorläufigen Zahlen den Angaben zufolge einen Umsatz von rund 300 Millionen Euro. Davon blieben rund 16 Prozent als Gewinn vor Zinsen und Steuern übrig. Vollzogen werden soll die Übernahme den Angaben zufolge im Sommer. Knorr-Bremse will den Kauf mit vorhandenem Geld und Fremdkapital finanzieren. Thyssenkrupp geht juristisch gegen die Niederlande vor Der Industriekonzern Thyssenkrupp geht wegen einer milliardenschweren verlorenen U-Boot-Ausschreibung juristisch gegen die Niederlande vor. Thyssenkrupp Marine Systems habe bei dem District Court in Den Haag am 29. März 2024 formal Einspruch gegen die U-Boot-Entscheidung des niederländischen Verteidigungsministeriums zugunsten des französischen Konkurrenten eingelegt, teilte das MDAX-Unternehmen heute mit. Damit sollten Fristen gewahrt werden. Die Niederlande hatten der französischen Naval Group den Zuschlag gegeben. Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) erklärte, diese Maßnahme sei in derartigen öffentlich ausgeschriebenen Großprojekten ein professioneller Geschäftsvorgang und Teil des Wettbewerbs. So benötige es Zeit, bis die niederländische Beschaffungsbehörde beziehungsweise das Verteidigungsministerium die Fragen beantworten könnten. Die niederländische Regierung hatte im März den Auftrag für den Bau von vier U-Booten an die Franzosen vergeben. Die ersten beiden U-Boote sollen binnen zehn Jahren einsatzbereit sein. Einen Preis nannte Verteidigungsminister Christophe van der Maat nicht, es dürfte sich aber um einen Milliardenbetrag handeln. Hackerangriff auf Synlab Europas größter Laborbetreiber Synlab ist in Italien Ziel eines Hackerangriffs geworden. Als Vorsichtsmaßnahme und in Übereinstimmung mit den IT-Sicherheitsverfahren von Synlab seien alle IT-Systeme in Italien sofort deaktiviert worden, als der Angriff am 18. April 2024 festgestellt worden sei, teilte das im SDAX notierte Unternehmen am Abend mit. Aufgrund des Vorfalls sei der Geschäftsbetrieb in Italien weitgehend ausgesetzt worden. Das Unternehmen habe die Strafverfolgungsbehörden alarmiert und arbeite eng mit den zuständigen Behörden zusammen. Die finanziellen Auswirkungen des Vorfalls auf Synlab könnten zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgeschätzt werden. Der Geschäftsbetrieb von Synlab außerhalb Italiens sei von dem Vorfall nicht betroffen. Easyjet bemängelt hohe Standortkosten in Deutschland Der britische Billigflieger Easyjet sieht wegen der hohen Luftfahrtgebühren derzeit kaum Raum für deutliches Wachstum in Deutschland. Easyjet-Vorstand und Europachef Thomas Haagensen kritisierte, dass die im internationalen Vergleich hohen Standortkosten rund ums Fliegen spürbares Wachstum verhinderten. "In Europa ist Deutschland nicht wettbewerbsfähig." TSMC nimmt Wachstumserwartungen für Chip-Branche zurück Angesichts der Probleme auf dem Smartphone- und Laptop-Markt rechnet der weltgrößte Chiphersteller TSMC mit einer schwächeren Entwicklung der Halbleiter-Branche in diesem Jahr als zuletzt. Der Markt für exklusive Speicherchips dürfte 2024 gegenüber dem Vorjahr um rund 10 Prozent wachsen, sagte TSMC-Chef C.C. Wei in einer Telefonkonferenz mit Analysten anlässlich der am Donnerstag vorgestellten Zahlen des ersten Quartals im taiwanesischen Hsinchu. Bislang war der Branchenführer von einem Wachstum von mehr als 10 Prozent ausgegangen. Procter hebt Gewinnziel an Der US-Konsumgüterriese Procter & Gamble (P&G) ist angesichts der stabilen Nachfrage nach seinen Produkten trotz Preiserhöhungen zuversichtlicher für das Geschäftsjahr. Der Konzern mit Marken wie Pampers, Always und Ariel rechnet nun mit einem Anstieg des Kerngewinns von zehn bis elf Prozent, wie er heute mitteilte. Zuvor hatte er zwischen acht und neun Prozent angepeilt. Im dritten Quartal des Geschäftsjahres stieg der Nettoumsatz auf 20,2 Milliarden Dollar von 20,07 Milliarden Dollar im Vorjahr. Analysten hatten mit 20,41 Milliarden Dollar gerechnet. Der Nettogewinn stieg auf 3,75 Milliarden Dollar von 3,4 Milliarden im Jahr zuvor. Die Preise stiegen insgesamt um drei Prozent. Meta veröffentlicht neues KI-Modell Der Facebook-Konzern Meta veröffentlicht eine neue, leistungsstärkere Version seines KI-Modells. Die Software mit dem Namen Llama-3 soll unter anderem neue Funktionen in Apps wie Instagram und WhatsApp bringen sowie im hauseigenen Assistenten Meta AI laufen. | /wirtschaft/finanzen/marktberichte/marktbericht-dax-kursrutsch-iran-israel-gold-sicherer-hafen-dow-nikkei-oel-akien-boerse-100.html |
2024-04-19 | ++ Selenskyj fordert mehr "Patriot"-Systeme ++ | Krieg gegen die Ukraine | Die Ukraine benötigt nach Einschätzung von Präsident Selenskyj mindestens sieben "Patriot"-Flugabwehrsysteme. Laut CIA-Direktor könnte die Ukraine ohne US-Hilfen bis Ende des Jahres verlieren. Alle Entwicklungen im Liveblog. | Die Ukraine benötigt nach Einschätzung von Präsident Selenskyj mindestens sieben "Patriot"-Flugabwehrsysteme. Laut CIA-Direktor könnte die Ukraine ohne US-Hilfen bis Ende des Jahres verlieren. Alle Entwicklungen im Liveblog. Selenskyj fordert mehr "Patriot"-SystemeCIA-Chef warnt vor ukrainischer NiederlageHabeck verspricht der Ukraine weitere Unterstützung DeutschlandsUkraine meldet Abschuss eines russischen BombersGouverneur: Flugobjekte über Belgorod abgefangen Selenskyj zurückhaltend zufrieden mit NATO-Hilfen Nach der Entscheidung der NATO zur weiteren Stärkung der Flugabwehr der Ukraine hat sich deren Präsident Wolodymyr Selenskyj zurückhaltend zufrieden geäußert. "Wir in der Ukraine schätzen die Bemühungen jedes Führers, jedes Staates, der wirklich aktiv ist, seine Versprechen einhält und versucht, die Fähigkeiten unserer Luftverteidigung zu verbesser"», sagte Selenskyj am Abend in seiner täglichen Videoansprache, die außergewöhnlich kurz gefasst war. Vizekanzler Habeck sieht Rauchsäule nach russischem Angriff Vizekanzler Robert Habeck ist auf seiner Ukraine-Reise in Sichtweite der Folgen eines kurz zuvor erfolgten russischen Raketenschlags gekommen. Mehrere Raketen waren nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Seehafen Piwdennyj bei Odessa am Schwarzen Meer eingeschlagen. Als die Delegation des Grünen-Politikers rund drei Stunden später das Gebiet passierte, war am Himmel eine hohe Rauchsäule zu sehen. Während des Aufenthalts Habecks im Gebiet Mykolajiw im Südosten der Ukraine wurde dreimal für längere Zeit Luftalarm ausgerufen. Die anderen beiden Alarme galten möglichen Raketen aus der Richtung der russisch kontrollierten Halbinsel Krim. Habeck musste im Laufe des Tages drei Mal einen Luftschutzbunker aufsuchen. Vor seiner Rückkehr nach Deutschland reiste der Vizekanzler noch in das Nachbarland Moldau. Selenskyj: Mindestens sieben "Patriot"-Systeme benötigt Die Ukraine benötigt nach Einschätzung von Präsident Wolodymyr Selenskyj mindestens sieben "Patriot"- oder andere hochwertige Flugabwehrsysteme, um russische Luftangriffe abzuwehren. Das derzeitige Niveau der ausländischen Hilfe sei "sehr begrenzt". Abstimmung über Ukraine-Hilfen im US-Repräsentantenhaus Mit einer seltenen parteiübergreifenden Dynamik hat das US-Repräsentantenhaus ein Sicherheitspaket mit Hilfen für Israel, die Ukraine und US-Verbündete in Asien in Höhe von 95 Milliarden Dollar vorangetrieben. Zuvor hatte es mithilfe eines Bündnisses von Abgeordneten beider Parteien eine verfahrenstechnische Hürde genommen. Am Wochenende wird nun die Schlussabstimmung im Repräsentantenhaus erwartet, anschließend geht das Paket an den Senat. Deutsche Rüstungsexporte hauptsächlich für Ukraine Im ersten Quartal 2024 hat die Bundesregierung Genehmigungen für die endgültige Ausfuhr von Rüstungsgütern im Volumen von 5,2 Milliarden Euro erteilt. Das teilte das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin mit. 90 Prozent der Ausfuhren betreffen demnach enge Partnerländer, mehr als 70 Prozent entfielen allein auf die Ukraine. NATO-Länder sagen Ukraine Hilfe bei Luftverteidigung zu Die NATO-Staaten wollen der Ukraine nach Angaben von Generalsekretär Jens Stoltenberg weitere Flugabwehrsysteme zur Verfügung stellen. "Die NATO hat bestehende Ressourcen innerhalb der Allianz erfasst und es gibt Systeme, die der Ukraine zur Verfügung gestellt werden können", sagte Stoltenberg nach einer Videokonferenz mit den Verteidigungsministern der NATO-Mitgliedstaaten und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Die Führung in Kiew appelliert seit Monaten immer wieder an die Verbündeten, mehr Munition und mehr Mittel für die Luftabwehr zur Verfügung zu stellen. Ukrainische Hafenstadt Odessa unter Beschuss Das russische Militär hat die ukrainische Hafenstadt Odessa mit Raketen angegriffen. Dabei sei die Infrastruktur des Hafens getroffen worden, teilte der örtliche Militärverwalter Oleh Kiper auf Telegram mit. "Die Region Odessa wird erneut vom Feind angegriffen", schrieb er. Bei dem Angriff sei ein Mann verletzt worden. Nach regionalen Medienberichten waren in der Stadt mehrere starke Explosionen zu hören. Später entwickelte sich über dem von Raketen getroffenen Gebiet dichter Rauch. Weitere Details über die Auswirkungen des russischen Angriffs wurden nicht genannt. CIA-Chef warnt vor ukrainischer Niederlage ohne US-Hilfen Ohne neue US-Hilfen könnte die Ukraine den Krieg gegen Russland nach Ansicht von CIA-Direktor William Burns bis Ende des Jahres verlieren. Sollte der US-Kongress keine neuen Hilfen bewilligen, bestehe "ein sehr reales Risiko, dass die Ukrainer bis Ende 2024 auf dem Schlachtfeld verlieren oder Putin zumindest in eine Position bringen könnten, in der er im Wesentlichen die politischen Bedingungen diktieren könnte", sagte der Chef des US-Geheimdienstes. "Hier steht enorm viel auf dem Spiel." Nach monatelanger Blockade hat der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, die bevorstehende Abstimmung über neue US-Unterstützung für dieses Wochenende angekündigt. Im Falle einer Zustimmung käme noch die zweite Kammer, der Senat, zum Zug. US-Präsident Joe Biden will das Gesetz nach dem Beschluss durch den Kongress eigenen Angaben nach "sofort" unterschreiben. Nawalnaja erhält "Freiheitspreis der Medien" Kremlgegnerin Julia Nawalnaja, Witwe des verstorbenen russischen Oppositionellen Alexej Nawalny, hat bei einer Preisverleihung in Bayern erneut ihre Entschlossenheit im Kampf gegen die russischen Repressionen betont. "Ich werde weiter für die Medienfreiheit kämpfen, wie es Alexej getan hat", sagte Nawalnaja beim Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee. Sie nahm dort den "Freiheitspreis der Medien" entgegen, der an sie und posthum auch an ihren verstorbenen Mann verliehen wurde. Nawalnaja betonte in ihrer Dankesrede die Errungenschaften ihres vor zwei Monaten in russischer Gefangenschaft gestorbenen Ehemanns: "Mein Mann war erstaunlich gut darin, alle Medien in freie Medien zu verwandeln", betonte die 48-Jährige. Habeck verspricht Ukraine weitere Unterstützung Deutschlands Vizekanzler Robert Habeck hat der Ukraine die anhaltende Unterstützung der Bundesregierung zugesichert. "Ich bin ja auch hier, um den Gesprächspartnern in der Ukraine und auch den Menschen in der Ukraine noch mal deutlich zu machen, dass Deutschlands Unterstützung, wie ich gesagt habe, verlässlich und dauerhaft sein wird", sagte der Grünen-Politiker bei seiner Ukraine-Reise. "Das allerdings erwarten sie auch, denn die militärische Situation an der Front fordert, dass wir die Ukraine jetzt, in der Zeit, wo der Druck sich noch einmal erhöht, weiter und mit mehr Munition und auch mit neuen Waffensystemen unterstützen." EU plant neues Paket mit Russland-Sanktionen In der EU wird wegen des anhaltenden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ein 14. Sanktionspaket vorbereitet. Bestandteil sollen nach Angaben eines ranghohen EU-Beamten Strafmaßnahmen gegen Akteure sein, die bereits bestehende Russland-Sanktionen umgehen. Zudem dürfte es nach Angaben von Diplomaten eine erneute Erweiterung der Liste mit Personen und Einrichtungen geben, deren in der EU vorhandene Vermögenswerte eingefroren werden müssen. Konkrete Vorschläge wollen der Auswärtige Dienst der EU und die EU-Kommission den Mitgliedstaaten in der kommenden Woche vorstellen. Offenbar Millionen von der Europäischen Investitionsbank für die Ukraine Die Ukraine wird nach eigenen Angaben von der Europäischen Investitionsbank 560 Millionen Euro für die Energie- und Verkehrsinfrastruktur erhalten. Zudem würden die Mittel in den Wiederaufbau von Wohngebäuden und andere Wirtschaftsprojekte fließen, sagte Ministerpräsident Denys Schmyhal. Die Vorhaben würden die Ukraine näher an die Europäische Union heranführen. Die Gesamtkosten für den Wiederaufbau des Landes dürften nach früheren Angaben viele hundert Milliarden Euro betragen. Balten appellieren an US-Kongress Die Parlamentspräsidenten der baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen haben gemeinsam an den US-Kongress appelliert, ein zusätzliches Hilfspaket für die Ukraine zu verabschieden. "Europa unternimmt historische Schritte, um seine Verteidigungsfähigkeiten zu stärken, aber das braucht zwangsläufig Zeit - Zeit, die die Ukraine nicht hat. Deshalb ist die US-Hilfe in diesem entscheidenden Moment unverzichtbar, bevor Europas Verteidigungsfähigkeit zum Tragen kommt und wir noch mehr tun, um der Ukraine zu helfen", schrieben sie an den Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson. G7 wollen Luftverteidigung der Ukraine stärken Die G7-Außenminister bekennen sich dazu, die Fähigkeiten der Ukraine zur Luftverteidigung zu stärken. Dies geht aus einer gemeinsamen Erklärung der Minister bei ihrem Treffen auf der italienischen Mittelmeerinsel Capri hervor. Für dieses Ziel werde man auch mit Partnerländern zusammenarbeiten. Selenskyj besucht Front im Osten der Ukraine Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj besuchte die Front im Osten der Ukraine und hat mit Sanitätern einer Fallschirmjäger-Einheit gesprochen. Er sei in der Region Donezk, schrieb er auf seinen Social-Media-Kanälen. "Ich habe unsere Verteidiger besucht, die medizinisch behandelt werden", teilt er mit. Auch habe er sich über die regionale Sicherheitslage und Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung informiert. Social-Media-Beitrag auf X von Volodymyr Zelenskyy / Володимир Зеленський: "In the Donetsk region, I held a meeting on the regional security situation and the protection of people.General Sodol, the head of the regional military administration Filashkin, and the heads of the SSU and National Police departments provided me with detailed briefings.I… pic.twitter.com/YxYuCVx1R5" Kuleba: G7-Staaten identifizieren konkrete Hilfen Die G7-Staaten haben nach ukrainischen Angaben konkrete Schritte identifiziert, wie sie dem Land im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg helfen können. Das sagt der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba am Rande von Beratungen der G7-Ressortchefs auf der italienischen Mittelmeerinsel Capri. Der Westen habe die Möglichkeiten, "der Ukraine schnellstmöglich alle notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen, um Europa vor einem größeren Krieg zu bewahren", sagt Kuleba vor Journalisten. Zur Gruppe der sieben stärksten westlichen Demokratien gehören Deutschland, die USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan. Russland: TU-22M3 wegen eines "technischen Fehlers" abgestürzt Das russische Verteidigungsministerium bestätigte russischen Nachrichtenagenturen zufolge den Absturz eines TU-22M3 Langstreckenbombers über der Region Stawropol im Südwesten des Landes. Demnach sprach das Ministerium von einem technischen Fehler als Grund für den Absturz. Wie zudem die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf den Gouverneur der Region, Wladimir Wladimirow, berichtete, starb bei dem Vorfall ein Besatzungsmitglied. Zwei weitere, die Schleudersitze betätigt hätten, seien in Krankenhäuser gebracht worden. Ein viertes Besatzungsmitglied werde noch vermisst. Ukraine meldet Abschuss eines russischen Kampfflugzeugs Das ukrainische Militär hat eigenen Angaben zufolge einen russischen Langstreckenbomber vom Typ TU-22M3 zerstört. Zum ersten Mal sei ein solches Kampfflugzeug abgeschossen worden, teilte der Kommandeur der ukrainischen Luftwaffe, Mykola Oleschtschuk, über den Kurznachrichtendienst Telegram mit. Mindestens acht Tote bei Angriff auf Gebiet Dnipropetrowsk In der ukrainischen Region Dnipropetrowsk sind Behördenangaben zufolge mindestens acht Menschen getötet worden. Laut Regionalgouverneur Serhij Lyssak starben in der Regionalhauptstadt Dnipro mindestens zwei Menschen, 15 weitere seien verletzt worden. Ein fünfgeschossiges Wohnhaus und zwei Infrastrukturobjekte seien getroffen worden. In der Stadt Synelnykowe wurden nach Angaben von Innenminister Ihor Klymenko sechs Menschen getötet, darunter zwei Kinder. Es seien zudem gezielt Anlagen der ukrainischen Eisenbahn beschossen worden, teilte das Staatsunternehmen mit. Der Hauptbahnhof von Dnipro sei gesperrt, Fernverkehrszüge würden umgeleitet. Habeck beginnt den Tag im Luftschutzkeller Für Vizekanzler Robert Habeck hat der Tag im Luftschutzkeller begonnen. In Kiew wurde am Freitagmorgen um 4.40 Uhr Ortszeit (3.40 Uhr deutsche Zeit) Luftalarm ausgelöst. Der Grünen-Politiker sowie Begleiterinnen und Begleiter verbrachten rund anderthalb Stunden in der Tiefgarage ihres Hotels bis wieder Entwarnung gegeben wurde. Habeck ist seit Donnerstag in der Ukraine und setzte seine Reise am Morgen fort. Geplant war auch noch ein Besuch in der Republik Moldau, wo Habeck unter anderem mit Ministerpräsident Dorin Recean zusammenkommen wollte. Ukraine: Infrastruktur bei Angriff auf Krywyj Rih beschädigt Bei einem russischen Angriff am frühen Morgen ist nach ukrainischen Angaben Infrastruktur in der Stadt Krywyj Rih beschädigt worden. Drei Menschen seien verletzt worden, teilte der Chef der Militärverwaltung der Region, Olexander Wilkul, über Telegram mit. Ein Feuer sei ausgebrochen. Laut Behörden eine Tote bei Angriff in Region Dnipropetrowsk Bei russischen Luftangriffen auf die ukrainische Region Dnipropetrowsk ist nach Behördenangaben eine Frau getötet worden. Mindestens sechs weitere Menschen seien verletzt worden, teilt der Gouverneur der Region, Serhij Lyssak, über den Kurznachrichtendienst Telegram mit. In der Stadt Dnipro sei ein fünfstöckiges Gebäude in Brand geraten und teilweise zerstört worden. Es sei zu befürchten, dass sich unter den Trümmern noch Menschen befinden. Selenskyj dankt Deutschland für die Unterstützung Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich nach dem Besuch von Vizekanzler Robert Habeck bei Deutschland für die anhaltende Unterstützung seines Landes bedankt. "Wir schätzen Deutschlands Führungsrolle, die nicht nur uns in der Ukraine beim Schutz von Leben hilft, sondern ganz Europa selbst - eben jenes Europa zu bewahren, das friedlich zu leben weiß, das Recht kennt und weiß, wie man sich um Menschen kümmert", sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Mit Habeck habe er die Lage an der Front und die Bedürfnisse insbesondere bei der Flugabwehr besprochen, sagte der ukrainische Präsident. In einem gesonderten Eintrag bei Telegram lobte er zudem die Entscheidung der Bundesregierung, ein weiteres Flugabwehrsystem vom Typ "Patriot" zu entsenden. Gouverneur: Russland fängt Dutzende Flugobjekte über Belgorod ab Die russische Luftabwehr hat nach Angaben ihres Gouverneurs 25 Flugobjekte über der südlichen Region Belgorod abgefangen. Das Hauptziel sei die Stadt Belgorod gewesen, aber es habe keine Verletzten gegeben, schrieb Wjatscheslaw Gladkow im Kurzmitteilungsdienst Telegram. Mehrere Privathäuser und andere Gebäude seien beschädigt worden. Ein kleines Feuer in einem Lagerraum konnte schnell gelöscht werden. Trump fordert von Europa mehr Geld für die Ukraine Zwei Tage vor einer geplanten Abstimmung im US-Repräsentantenhaus über ein Ukraine-Hilfspaket hat der frühere Präsident Donald Trump Europa aufgefordert, das von Russland angegriffene Land mit mehr Geld zu unterstützen. "Wir sind uns alle einig, dass das Überleben und die Stärke der Ukraine für Europa viel wichtiger sein sollten als für uns, aber es ist auch für uns wichtig", schrieb Trump auf seiner Onlineplattform Truth Social. "Wie kommt es, dass die Vereinigten Staaten über 100 Milliarden Dollar mehr in den Ukraine-Krieg stecken als Europa, und wir haben einen Ozean als Trennung zwischen uns!", fuhr Trump fort. Obwohl Trump nicht mehr im Amt ist, übt der ehemalige Präsident eine starke Kontrolle auf viele Republikaner in Washington aus, die neue Militärhilfe für die Ukraine verzögert haben. Sie bestehen darauf, den Kampf gegen die illegale Einwanderung an der Grenze zu Mexiko zu priorisieren. Der Stillstand zwischen Demokraten und Republikanern hat dazu geführt, dass der Ukraine Munition und Verteidigungssysteme bei der Verteidigung gegen die russische Invasion fehlen. Der Liveblog vom Donnerstag zum Nachlesen Russland hat die FDP-nahe Naumann-Stiftung zur unerwünschten Organisation erklärt. Laut IWF-Chefin Georgiewa benötigt die Ukraine in diesem Jahr 42 Milliarden Dollar an Hilfen. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen. | /newsticker/liveblog-ukraine-freitag-380.html |
2024-04-19 | ++ Lkw mit Hilfsgütern erreichen Gazastreifen ++ | Nahost-Krieg | Laut israelischen Angaben sind 276 Lastwagen mit Lebensmitteln und Medikamenten in den Gazastreifen gefahren. US-Außenminister Blinken will keine Rafah-Offensive und fordert mehr humanitäre Hilfe. Alle Entwicklungen im Liveblog. | Laut israelischen Angaben sind 276 Lastwagen mit Lebensmitteln und Medikamenten in den Gazastreifen gefahren. US-Außenminister Blinken will keine Rafah-Offensive und fordert mehr humanitäre Hilfe. Alle Entwicklungen im Liveblog. Blinken: Keine Rafah-Offensive, mehr humanitäre HilfeAirlines reagieren auf Berichte über Angriff auf IranIAEA-Chef Grossi: Iran hat genug Material für Bau von AtombombeIAEA: Keine Nuklearanlagen im Iran beschädigtExplosionen im Iran offenbar vom Flugabwehrsystem UN besorgt über Müllberge in Gaza Die Vereinten Nationen sind besorgt über die großen Müllmengen im Gazastreifen. Diese seien eine Umwelt- und Gesundheitsgefahr, teilte das UN-Nothilfebüro OCHA am Freitag mit. Nach Angaben der Lokalbehörden liegen im gesamten Gazastreifen 270.000 Tonnen Müll herum, die nicht entsorgt werden können. Ursache sei, dass Müllfahrzeuge bei den israelischen Angriffen zerstört wurden oder kein Benzin hätten und die israelischen Behörden keinen Zugang zur wichtigsten Müllhalde im östlichen Teil der Stadt Gaza gewährten. Militär ermittelt zu Tod palästinensischer Gefangener Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben nach dem Tod von zwei im Gazastreifen von israelischen Soldaten gefangen genommenen Palästinensern Ermittlungen aufgenommen. Israelischen Medienberichten zufolge starben die Männer im hinteren Teil eines Lastwagens, der eine Gruppe von Palästinensern aus dem Küstengebiet bringen sollte. Das israelische Militär erklärte, die Militärpolizei ermittele. Danach werde eine Entscheidung gefällt, ob die beteiligten Soldaten strafrechtlich belangt werden. Stoltenberg warnt vor weiterem Krieg im Nahen Osten NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat sich nach dem mutmaßlichen israelischen Vergeltungsschlag gegen den Iran beunruhigt über die Lage im Nahen Osten gezeigt. "Es ist entscheidend, dass der Konflikt nicht außer Kontrolle gerät, und daher fordern wir alle Parteien auf, Zurückhaltung zu zeigen", sagte Stoltenberg in Brüssel. Abstimmung über Israel-Hilfen im US-Repräsentantenhaus Mit einer seltenen parteiübergreifenden Dynamik hat das US-Repräsentantenhaus ein Sicherheitspaket mit Hilfen für Israel, die Ukraine und US-Verbündete in Asien in Höhe von 95 Milliarden Dollar vorangetrieben. Zuvor hatte es mithilfe eines Bündnisses von Abgeordneten beider Parteien eine verfahrenstechnische Hürde genommen. Am Wochenende wird nun die Schlussabstimmung im Repräsentantenhaus erwartet, anschließend geht das Paket an den Senat. Lastwagen mit Hilfsgütern erreichen Gazastreifen Israel hat nach eigenen Angaben die Anstrengungen zur Versorgung der Menschen im Gazastreifen mit humanitären Hilfsgütern verstärkt. Am Donnerstag seien 276 Lastwagen mit Lebensmitteln und Medikamenten in den umkämpften Küstenstreifen gefahren, teilte die für Kontakte mit den Palästinensern und humanitäre Hilfe zuständige israelische Cogat-Behörde mit. Am selben Tag seien zudem 144 Paletten mit Nahrungsmitteln aus der Luft abgeworfen worden. Weitere 700 Lastwagen hätten die Sicherheitsüberprüfung durchlaufen und warteten hinter dem Kontrollpunkt Kerem Schalom im Gazastreifen darauf, dass UN-Hilfsorganisationen die Verteilung der Hilfsgüter übernähmen, teilte Cogat weiter mit. Blinken will keine Rafah-Offensive und mehr humanitäre Hilfe US-Außenminister Antony Blinken ist unzufrieden mit Israel. Die zugesagte rasche Umsetzung verstärkter humanitärer Hilfe im Gazastreifen müsse zügig kommen, sagte Blinken beim G7-Treffen in Italien. Es seien wichtige Schritte gegangen worden, aber es seien nachhaltigere Ergebnisse erforderlich. Blinken sagte zudem, die USA könnten keine große Militäroffensive Israels in Rafah im Gazastreifen unterstützen. Israel könne seine Ziele auch anderweitig erreichen. Gespräche zwischen den USA und Israel dazu würden fortgesetzt. Die USA seien zwar Israels Sicherheit verpflichtet, aber auch der Deeskalation. G7 verhängen weitere Sanktionen gegen Iran Die G7-Staaten verhängen weitere Sanktionen gegen den Iran. Das kündigt Bundesaußenministerin Annalena Baerbock zum Abschluss des Treffens der sieben Ressortchefs auf der italienischen Mittelmeerinsel Capri an. Konkrete Maßnahmen nannte Baerbock nicht. Die Ministerin mahnte aber, es müsse jetzt alles dafür getan werden, damit es nicht zu einer weiteren Eskalation komme. "Als G7 tun wir das unermüdlich", so Baerbock. Die Bundesregierung verfolge die aktuelle Entwicklung genauestens. Im Auswärtigen Amt sei dazu auch der Krisenstab zusammengekommen. Dem Iran warf sie vor, mit der massiven Attacke auf Israel am vergangenen Wochenende "auf beispiellose Weise eskaliert" zu haben. Dies dürfe nicht ohne Konsequenzen bleiben. Kreml ruft zu Zurückhaltung auf Angesichts der Berichte über einen mutmaßlich israelischen Angriff auf den Iran hat Russland alle Beteiligten zur Zurückhaltung aufgerufen. Alle Seiten sollten "auf jegliche Aktionen verzichten, die eine weitere Eskalation provozieren könnte", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte, es habe "telefonische Kontakte zwischen der russischen und iranischen Führung" sowie "unseren Vertretern und den Israelis" gegeben. "In diesen Gesprächen haben wir den Israelis sehr deutlich gemacht, dass der Iran keine Eskalation will", betonte er. China will "konstruktive Rolle" bei Deeskalation im Nahen Osten spielen Nach Berichten über Explosionen im Iran hat China angekündigt, "weiter eine konstruktive Rolle in der Deeskalation" der Spannungen im Nahen Osten spielen zu wollen. "China lehnt jegliche Maßnahmen ab, die die Spannungen weiter verschärfen", sagte Außenamtssprecher Lin Jian. Die chinesische Botschaft in Teheran mahnte unterdessen chinesische Staatsbürger und Unternehmen im Iran zur Vorsicht. Blinken bestätigt mutmaßlichen Angriff Israels auf Iran nicht US-Außenminister Antony Blinken hat einen mutmaßlichen Angriff Israels auf den Iran in der vergangenen Nacht nicht offiziell bestätigt. Er werde auf entsprechende Berichte "nicht näher eingehen, außer zu sagen, dass die Vereinigten Staaten an keinen Offensivoperationen beteiligt waren", sagte Blinken zum Abschluss eines Treffens der Außenminister der sieben großen westlichen Industrienationen (G7) auf der italienischen Mittelmeerinsel Capri. Die USA und die G7-Runde konzentrierten sich auf ihre Arbeit zur Deeskalation von Spannungen, um potenzielle Konflikte zu deeskalieren. Dies zeige sich auch in der Abschlusserklärung des Treffens. Israel sei "Opfer eines beispiellosen Angriffs" geworden, sagte Blinken. Der Fokus der USA liege darauf, sicherzustellen, dass Israel sich effektiv verteidigen könne und auch darauf, regionale Spannungen abzubauen und Konflikte zu vermeiden. Arabische Staaten besorgt über Sicherheitslage in der Region Nach dem mutmaßlich israelischen Angriff auf den Iran haben sich arabische Staaten besorgt über die Sicherheitslage in der Region geäußert. Das ägyptische Außenministerium zeigte sich "zutiefst besorgt" über die anhaltenden gegenseitigen Eskalationen zwischen Israel und dem Iran. Ägypten forderte beide Parteien auf, ein Höchstmaß an Zurückhaltung zu üben und das Völkerrecht einzuhalten, wie es in einer Erklärung des Ministeriums hieß. Der Oman verurteilte den "israelischen Angriff auf den Iran" und auch wiederholte israelische Angriffe in der Region, wie ein Sprecher des Außenministeriums erklärte. Das Land fordere die internationale Gemeinschaft dazu auf, den Ursachen des Konflikts mit Diplomatie entgegenzutreten. Der jordanische Außenminister Aiman Safadi verurteilte in einem Post auf X "alle Aktionen, die die Region in einen Krieg zu ziehen drohen." Die israelisch-iranischen Vergeltungsschläge müssten ein Ende nehmen. "Der unmenschliche Krieg gegen Gaza muss jetzt enden", so Safadi. Social-Media-Beitrag auf X von Ayman Safadi: "We warn against the danger of regional escalation. We condemn all actions that threaten dragging the region into war. Israeli-Iranian retaliations must end. The inhumane war on Gaza must end now. The focus of the world must remain on ending the catastrophic aggression on Gaza." USA erwägen laut Bericht neuen Waffendeal mit Israel Die US-Regierung erwägt einem Zeitungsbericht zufolge einen neuen Waffendeal mit Israel über mehr als eine Milliarde Dollar. Dazu zählten Panzermunition, Militärfahrzeuge und Mörsergranaten, schreibt das Wall Street Journal unter Berufung auf Vertreter der US-Regierung. Scholz: "Deeskalation bleibt Gebot der nächsten Zeit" Auch Bundeskanzler Olaf Scholz mahnte erneut zur Zurückhaltung im Konflikt in Nahost. "Die Deeskalation bleibt das Gebot der nächsten Zeit", sagte er am Rande einer SPD-Klausur auf Norderney. Darüber rede die Bundesregierung mit "all unseren Freunden und Verbündeten", fügte Scholz in einer kurzen Einlassung vor Journalisten hinzu. ARD-Korrespondenten zu möglichem israelischen Angriff auf den Iran Die für den Iran zuständige ARD-Korrespondentin in Istanbul, Katharina Willinger, und Christian Limpert vom ARD-Studio Tel Aviv berichten von den Reaktionen auf den mutmaßlichen israelischen Angriff auf den Iran aus den jeweiligen Ländern. Lufthansa stellt Flüge nach Israel vorübergehend ein Die Lufthansa sowie ihre Töchter Swiss und AUA haben am Freitag alle Flüge nach Israel aufgrund der aktuellen Lage eingestellt. Betroffen seien vier Flüge bis einschließlich 7.00 Uhr am Samstag, sagte ein Lufthansa-Sprecher auf Anfrage. EU verhängt erstmals Sanktionen gegen israelische Siedler Die EU verhängt erstmals Sanktionen wegen der Gewalt radikaler israelischer Siedler gegen Palästinenser im Westjordanland. Die Mitgliedstaaten beschlossen die Strafmaßnahmen in einem schriftlichen Verfahren, wie mehrere Diplomaten der Nachrichtenagentur dpa bestätigten. G7 warnen Israel und Iran vor Eskalation Die sieben großen westlichen Industrienationen haben vor einer Ausweitung des Konflikts im Nahen Osten gewarnt. Zum Abschluss eines Treffens der G7-Außenminister auf Capri rief Italiens Außenminister Antonio Tajani im Namen der Gruppe "alle Seiten auf, eine Eskalation zu vermeiden". Zugleich verurteilte er den massiven iranischen Angriff auf Israel am vergangenen Wochenende. "Wir rufen alle Parteien dazu auf, einen positiven Beitrag zu leisten", sagte Tajani und ergänzte: "Wir haben den jüngsten Angriff des Iran verurteilt. Die G7 unterstützt die Sicherheit Israels, aber wir rufen alle Parteien dazu auf, Eskalation zu vermeiden." Hessen lädt iranischen Generalkonsul aus Nach der iranischen Attacke auf Israel am vergangenen Wochenende hat die neue hessische Landesregierung einen iranischen Topdiplomaten per Brief ausgeladen. Mansour Airom, Generalkonsul in Frankfurt, sei bei einem Empfang am kommenden Montag in der Staatskanzlei in Wiesbaden für konsularische Vertretungen nicht mehr willkommen, teilte Manfred Pentz (CDU), Minister für Internationales, mit. Arabische Staaten besorgt über Sicherheitslage Arabische Staaten haben sich besorgt über die Sicherheitslage in der Region geäußert. Das ägyptische Außenministerium forderte Israel und den Iran in einer Erklärung auf, ein Höchstmaß an Zurückhaltung zu üben und das Völkerrecht einzuhalten. Ägypten wolle enger mit den betroffenen und einflussreichen Parteien in Kontakt treten, "um die anhaltende Spannung und Eskalation einzudämmen". Der Oman forderte die internationale Gemeinschaft dazu auf, den Ursachen des Konflikts mit Diplomatie entgegenzutreten. Der Fokus sollte dabei auf den Bemühungen zu einer Waffenruhe im Gaza-Krieg liegen, um eine "gerechte und dauerhafte Lösung" zu erzielen. Armeechef: Vorfall in Isfahan wird untersucht Nach dem mutmaßlich israelischen Angriff im Iran soll der Vorfall untersucht werden. Experten untersuchten die Dimensionen der Attacke und würden einen Bericht vorstellen, sagte der Oberbefehlshaber der regulären Streitkräfte, Abdolrahim Mussawi, laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna. Er bekräftigte die Aussagen des Militärs, dass die Explosionen in der Nacht auf die Luftabwehr zurückzuführen seien. Von der Leyen fordert Israel und Iran zu Zurückhaltung auf EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat den Iran und Israel sowie deren Verbündete aufgerufen, von einer Eskalation im Nahen Osten abzusehen. "Es ist absolut notwendig, dass die Region stabil bleibt und dass alle Seiten von weiteren Aktionen absehen", sagte von der Leyen bei einem Besuch in Finnland. Airlines reagieren auf Lage im Nahen Osten Nach dem Israel zugeschriebenen Angriff auf den Iran haben einige Fluggesellschaften Flugzeuge zurückbeordert oder umgeleitet. Das zeigen Daten von Flugortungsdiensten. Laut der Website FlightRadar24 wurden im Iran die Flughäfen Teheran, Shiraz und Isfahan zeitweise geschlossen. Zudem wurde der Flugverkehr im westlichen Teil des Landes für einige Stunden eingestellt. Am Morgen wurden Flughäfen und Luftraum wieder geöffnet. Social-Media-Beitrag auf X von Flightradar24: "With reports that Israel has struck targets within Iran, airports in Tehran, Shiraz, & Isfahan are NOTAM’d closed until 0700 UTC (subject to extension). Flights have also been cleared from the western half of Iran.Some flights currently returning to origin. pic.twitter.com/FUxFVIeyow" Standard & Poor's senkt Israels Kreditwürdigkeit Angesichts der Spannungen im Nahen Osten hat die Ratingagentur Standard & Poor's Israels langfristige Kreditwürdigkeit abgesenkt. Die Note wurde von AA- auf A+ herabgesetzt und der Ausblick ist nun negativ, wie das Unternehmen am späten Donnerstag mitteilte. Die jüngst verschärfte Konfrontation mit dem Iran erhöhe die "bereits jetzt hohen geopolitischen Risiken für Israel" weiter, hieß es zur Begründung. Die Einstufung wurde vor Berichten über nächtliche israelische Angriffe im Iran vorgenommen. Merz: Selbstverteidigungsrecht Israels endet nicht an eigener Grenze CDU-Chef Friedrich Merz hält israelische Angriffe gegen den Iran auch auf dessen Staatsgebiet für legitim. "Das Selbstverteidigungsrecht Israels endet nicht an seinen Staatsgrenzen. Wenn die Bedrohung von außerhalb kommt, hat Israel das Recht, sich gegen diese Bedrohung zur Wehr zu setzen", sagte Merz im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa am Rande des Ludwig-Erhard-Gipfels in Gmund am Tegernsee. Niemand habe ein Interesse daran, dass der Konflikt im Mittleren Osten eskaliere. "Ich gehe davon aus, dass sich die israelische Regierung klug und auch sehr bedächtig in den nächsten Tagen und Wochen verhalten wird." Festnahmen bei Auflösung von propalästinensischem Protest an US-Uni Die Polizei in New York hat ein propalästinensisches Protestlager an der renommierten Columbia University aufgelöst und Dutzende Aktivisten festgenommen. Am Donnerstag rückten Beamte an und brachten sie zu wartenden Bussen. Dann baute die Polizei die Protestzelte ab. Über die genaue Zahl der Festgenommenen machte sie zunächst keine Angaben. Etliche Studierende, die sich am Protestcamp beteiligten, gaben später an, von Columbia und dem Barnard College suspendiert worden zu sein, darunter Isra Hirsi, die Tochter der US-Abgeordneten Ilhan Omar aus Minnesota. Die Studierenden hatten seit Tagen auf dem Campus protestiert. Sie forderten, dass die Bildungseinrichtung sich von Firmen distanzieren solle, die aus ihrer Sicht "von der israelischen Apartheid" und der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen profitierten. Columbia-Präsidentin Minouche Shafik teilte mit, dass die Universität die Studierenden gewarnt habe, dass ihnen die Suspendierung drohe, falls sie das Lager nicht sofort auflösen würden. Bei den Protesten kam es auch zu Handgreiflichkeiten seitens der Demonstranten. So wurde etwa der arabisch-israelische Journalist und Aktivisit Yoseph Haddad von einem Protestteilnehmer angegriffen, wie auf Videos in sozialen Netzwerken zu sehen war. Frankreich ruft zu Deeskalation auf Frankreich ruft zur Deeskalation in der Nahost-Krise auf. "Alles, was ich dazu sagen kann, ist, dass Frankreichs Position ist, alle Beteiligten zu Deeskalation und Zurückhaltung aufzurufen", sagte der stellvertretende französische Außenminister Jean-Noel Barrot dem Sender Sud Radio. US-Bericht: Israel wollte Iran Fähigkeit zu Angriff im Land beweisen Israel hat mit dem mutmaßlichen Luftschlag im Iran einem US-Medienbericht zufolge Teheran zeigen wollen, dass es innerhalb des Landes angreifen kann. Das israelische Militär habe den Angriff als Vergeltung für Teherans Drohnen- und Raketenbeschuss am vergangenen Wochenende ausgeführt, berichtete die Washington Post unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten israelischen Regierungsbeamten. US-Botschaft in Israel schränkt Bewegungsfreiheit von Botschaftspersonal ein Nach Berichten über israelische Angriffe im Iran hat die US-Botschaft in Israel ihre Beschäftigten und deren Familien aufgefordert, auf Reisen innerhalb des Landes zu verzichten. Als Vorsichtsmaßnahme sei es US-Regierungsmitarbeitern und deren Angehörigen "bis auf Weiteres" untersagt, außerhalb der Großstädte Tel Aviv, Jerusalem und Beerscheba zu reisen, hieß es in einem Sicherheitshinweis auf der Website der US-Botschaft. Die Anordnung bezieht sich auf Reisen "aus persönlichen Gründen" und betrifft insbesondere den Norden Israels an der Grenze zum Libanon. Auswärtiges Amt: Bericht über Streit zwischen Baerbock und Netanyahu irreführend Das Auswärtige Amt hat einen Bericht über einen Streit zwischen Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu vor wenigen Tagen als irreführend bezeichnet. Kernpunkte der Darstellung des Treffens der beiden seien falsch, schrieb das Auswärtige Amt auf der Plattform X . Der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, äußerte sich ebenso. Eine israelische Journalistin hatte zuvor auf X von einem schwierigen Treffen zwischen Baerbock und Netanyahu berichtet. Grund soll demnach gewesen sein, dass Baerbock Aufnahmen aus dem Gazastreifen gezeigt wurden, auf denen mit Lebensmittel gefüllte Märkte zu sehen waren. Baerbock riet Netanyahu dem Bericht zufolge auch dazu, die Bilder nicht zu zeigen, da sie nicht der Realität im Gazastreifen entsprächen. Israels Regierungschef wiederum habe darauf lautstark erwidert, dass die Bilder echt seien und Israel nicht wie die Nazis eine erfundene Realität zeige. Social-Media-Beitrag auf X von GermanForeignOffice: "Key points in this account of the hour long meeting between Foreign Minister Baerbock and Prime Minister Netanyahu are wrong and misleading." Iranischer Experte: Kein Angriff aus dem Ausland Die im Iran abgeschossenen Drohnen sind laut Äußerungen eines iranischen Experten im Staatsfernsehen innerhalb des Landes von "Infiltratoren" gestartet worden. Er sprach von Mini-Drohnen, die von der Luftabwehr bei der Stadt Isfahan abgeschossen worden seien. Der iranische Fernsehsender Press TV berichtet unter Berufung auf informierte Kreise, dass es keinen Angriff aus dem Ausland auf iranische Städte wie Isfahan gegeben habe. IAEA: Keine iranischen Nuklearanlagen beschädigt Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bestätigt, dass die iranischen Nuklearanlagen im Zusammenhang mit einem mutmaßlichen Angriff auf den Iran nicht beschädigt wurden. Die IAEA beobachte die Lage weiterhin sehr genau und rufe alle Beteiligten zu äußerster Zurückhaltung auf und betonte, dass nukleare Anlagen niemals Ziel militärischer Konflikte sein sollten, teilt die UN-Behörde auf der Online-Plattform X mit. Social-Media-Beitrag auf X von IAEA - International Atomic Energy Agency ⚛️: "IAEA can confirm that there is no damage to #Iran’s nuclear sites. DG @rafaelmgrossi continues to call for extreme restraint from everybody and reiterates that nuclear facilities should never be a target in military conflicts. IAEA is monitoring the situation very closely. pic.twitter.com/4F7pAlNjWM" Warnung an Schiffe im Persischen Golf Laut der britischen Sicherheitsfirma Ambrey sollen Schiffe, die den Persischen Golf und das Arabische Meer durchfahren, wachsam bleiben wegen möglicherweise zunehmender Drohnen-Aktivitäten. Insider: USA vor dem Angriff informiert worden Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Insider berichtet, waren die USA nicht in den Angriff auf den Iran involviert gewesen, zuvor aber von Israel darüber informiert worden. Das iranische Staatsfernsehen berichtete, kurz nach Mitternacht seien drei Drohnen über Isfahan gesichtet worden. Die Luftabwehr habe diese Drohnen dann zerstört. Iranische Armee: Keine Schäden bei Angriff Bei einem nächtlichen Angriff auf Iran ist einem ranghohen Kommandeur der iranischen Armee zufolge kein Schaden entstanden. Der Lärm, der in der Nacht in der Stadt Isfahan zu hören gewesen sei, sei auf die Luftabwehr zurückzuführen, sagte der Kommandeur nach Angaben des Staatsfernsehens. Diese sei auf ein "verdächtiges Objekt" gerichtet worden. IAEA-Chef Grossi: Iran hat genug Material für Bau von Atombombe Nach Angaben des Generaldirektors der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Rafael Grossi, ist der Iran seit dem Abbruch der Atomgespräche dem Bau einer Atombombe deutlich näher gekommen. "Kein Land, das noch keine Atombombe hat, reichert Uran auf dem Niveau von 60 Prozent an", sagte er dem ARD-Studio Wien. Zur Stromerzeugung reichten 2,5 bis vier Prozent aus, so Grossi. Für eine Atombombe brauche es 90 Prozent: "Aber 60 Prozent - 90 Prozent - technisch gesprochen ist das fast identisch." Der Iran habe mehr angereichertes Uran als es für den Bau einer Atombombe brauche, so Grossi. Gleichzeitig betonte der IAEA-Chef, dass es Stand heute noch keine Atomwaffe im Iran gebe. Die internationale Gemeinschaft müsse alles tun, um den Iran davon abzuhalten. Raketenalarm im Norden Israels offenbar Fehlalarm Der Sirenenalarm am frühen Freitagmorgen im Norden Israels war nach offiziellen Angaben ein Fehlalarm. Dies teilt das israelische Militär mit. Staatsmedien: Keine Anzeichen für Raketenangriff auf Iran Nach Aktivierung der Luftabwehr in verschiedenen Teilen Irans gibt es Staatsmedien zufolge keine Hinweise auf einen Raketenangriff auf das Land. Es habe sich nicht um eine breit angelegte Attacke gehandelt, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Irna. Die Luftverteidigung wurde laut der Nachrichtenagentur Tasnim nach der Sichtung mehrerer kleiner Flugobjekte aktiviert. Die iranische Regierung wies Berichte zurück, denen zufolge der Sicherheitsrat zu einer Notsitzung zusammengekommen sei. Israel: Sirenenalarm im Norden des Landes Im Norden Israels heulen den Angaben des israelischen Militärs zufolge Warnsirenen auf. Iranische Behörde: Drohnen abgeschossen - zunächst kein Raketenangriff Die iranische Luftabwehr hat nach Angaben der iranischen Weltraumbehörde mehrere kleine Drohnen "erfolgreich abgeschossen". Zunächst habe es keine Informationen über einen möglichen Angriff mit Raketen gegeben, erklärte ein Sprecher der Behörde im Onlinedienst X. Das Staatsfernsehen hatte berichtet, Explosionen seien nahe der Stadt Isfahan im Zentrum des Landes zu hören gewesen. Die Lage ist derzeit weiterhin undurchsichtig und es gibt widersprüchliche Angaben - auch, weil der Informationsfluss aus dem Iran extrem begrenzt ist und sich das israelische Militär wie bei ähnlichen Vorfällen in der Vergangenheit nicht äußert. In Isfahan befinden sich wichtige Einrichtungen der iranischen Rüstungsindustrie. Auch das größte nukleare Forschungszentrum des Landes ist in der Kulturstadt angesiedelt. Laut dem Rundfunk bestand für die dortigen Atomeinrichtungen keine Gefahr. US-Sender: Israel startet Angriff gegen den Iran Mehrere US-Sender berichten unter Berufung auf Regierungsangaben, bei den Explosionen im Iran handele es sich um einen israelischen Angriff. Staatsmedien: Iran feuert Flugabwehrraketen in mehreren Provinzen ab Der Iran hat in mehreren Provinzen Flugabwehrraketen abgefeuert. Dies meldete die staatliche Nachrichtenagentur Irna am frühen Morgen, ohne dies näher auszuführen. Iranisches Staatsfernsehen: Heftige Explosionen nahe Stadt Isfahan Nahe der Stadt Isfahan im Zentrum des Iran sind nun auch nach Angaben des Staatsfernsehens heftige Explosionen zu hören gewesen. Die Ursache war zunächst unklar, meldete das Staatsfernsehen. CNN berichtete, dass Flüge nach Teheran, Isfahan und Schiras sowie zu Flughäfen im Westen, Nordwesten und Südwesten ausgesetzt worden seien. Berichte über Explosion im Iran Iranische Medien haben inmitten gefährlicher Spannungen in Nahost über eine Explosion weit im Landesinneren berichtet. Laut der Nachrichtenagentur Fars war der Grund für die Explosion in der Nacht nahe der Metropole Isfahan noch unbekannt. Sie ereignete sich demnach nahe dem Flughafen der Millionenstadt. Wie Fars auf Telegram berichtete, befindet sich dort auch ein Militärstützpunkt. Der US-Sender ABC News berichtete unter Berufung auf einen US-Regierungsvertreter, israelische Raketen hätten ein - zunächst nicht näher genanntes - Ziel im Iran getroffen. Staatsmedien zufolge aktivierte der Iran die Luftabwehr über mehreren Städten. Pentagon-Chef diskutiert mit Israel über Iran und Gaza-Hilfe US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat vor den Berichten über Explosionen im Iran mit dem israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant über die Aktionen des Iran im Nahen Osten und über Hilfe für den Gazastreifen gesprochen. Austin erörterte "die Bedeutung der Erhöhung und Aufrechterhaltung" humanitärer Hilfe für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen, auch über eine neue Route vom israelischen Hafen Ashdod, so das Pentagon in einer Erklärung. Der Liveblog vom Donnerstag zum Nachlesen Die USA und Großbritannien haben neue Sanktionen gegen das iranische Drohnenprogramm erlassen. Die Lufthansa will mindestens bis Ende April nicht in den Iran und den Libanon fliegen. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen. | /newsticker/liveblog-nahost-freitag-128.html |
2024-04-19 | Geldübergabe an Bystron im Auto? | Russische Einflussoperation | Die Hinweise verdichten sich, dass der AfD-Bundestagsabgeordnete Bystron im Rahmen einer russischen Einflussoperation Geld erhalten hat. Der tschechische Geheimdienst soll Abgeordneten in Prag erstmals Belege vorgelegt haben. | Die Hinweise verdichten sich, dass der AfD-Bundestagsabgeordnete Bystron im Rahmen einer russischen Einflussoperation Geld erhalten hat. Der tschechische Geheimdienst soll Abgeordneten in Prag erstmals Belege vorgelegt haben. Von Andrea Becker, Georg Heil und Markus Pohl, RBB Der tschechische Inlandsnachrichtendienst BIS hat am vergangenen Donnerstag Abgeordneten in Prag insgesamt vier Audioaufnahmen vorgespielt, die den Verdacht der Bezahlung europäischer Politiker durch ein Kreml-nahes Netzwerk erhärten. Die tschechischen Abgeordneten gehören dem für Geheimdienste zuständigen parlamentarischen Kontrollgremium an. Auf zwei der Audioaufnahmen soll auch der deutsche Bundestagsabgeordnete Petr Bystron (AfD) zu hören sein. Dies ergeben gemeinsame Recherchen der tschechischen Tageszeitung "Deník N", des ARD-Politikmagazins Kontraste und der Wochenzeitung "Die Zeit". Aufgezeichnet wurde demnach auch ein Gespräch Bystrons mit dem Moskau-treuen, ukrainischen Geschäftsmann Artem Martschewskyj. Es soll in Prag stattgefunden haben. Der BIS hatte offenbar Martschewskyjs Auto verwanzt und wurde so Zeuge des Treffens der beiden, bei dem es zu einer Geldübergabe von 20.000 Euro an Bystron gekommen sein soll. So schlussfolgern es zumindest der BIS und auch mehrere Abgeordnete, die die Aufnahme gehört haben. "Bystron raschelt auf der Aufnahme mit Geld und zählt es", sagt ein tschechischer Abgeordneter, der die Aufnahme kennt. Auch weitere Quellen bestätigen dies. Die neuen Indizien belasten Bystron, der die Vorwürfe jedoch abstreitet. Bystron und Martschewskyj sollen in dem Gespräch auch darüber diskutieren, wie künftig Mitarbeiter von neu gewählten Abgeordneten im Europäischen Parlament finanziert werden könnten. Unklar ist bislang, ob die Aufnahme aus dem Jahr 2023 oder aus diesem Jahr stammt. Über die Existenz einer Bystron belastenden Tonaufnahme hatten Anfang April zunächst "Deník N" und "Der Spiegel" berichtet, zwischenzeitlich wurden aber auch Zweifel laut, dass es überhaupt Aufnahmen gebe. Tschechen übermittelten Erkenntnisse an den Verfassungsschutz Nach Erkenntnissen von Kontraste, "Die Zeit" und "Deník N" übermittelte der tschechische Inlandsdienst eine Analyse und Transkripte der Aufnahmen an das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Auf Anfrage wollte sich dieser aus grundsätzlichen Erwägungen nicht dazu äußern. "Damit ist keine Aussage getroffen, ob der Sachverhalt zutreffend ist oder nicht", so der Verfassungsschutz. Die Enthüllungen stehen in Zusammenhang mit dem Vorgehen der tschechischen Behörden gegen die Internetseite "Voice of Europe" (VoE). Das in Prag ansässige Unternehmen soll nicht nur Propaganda im Sinne des Kreml verbreitet haben. Dem VoE-Netzwerk sei es auch darum gegangen, russlandfreundlichen Kandidaten ins Europa-Parlament zu verhelfen, sowie Personen aus dem Netzwerk als Mitarbeiter künftiger Abgeordneter zu installieren, warnten Tschechiens Premier Petr Fiala und sein belgischer Amtskollege Alexander De Croo in einem Brief an EU-Institutionen. Artem Martschewskyj soll faktisch die Geschäfte von "Voice of Europe" geführt haben. Als Finanzier und Drahtzieher im Hintergrund gilt den Behörden jedoch der kremltreue Oligarch Wiktor Medwedtschuk, ein enger Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die Regierung in Prag hat "Voice of Europe" sowie Martschewskyj und Medwedtschuk mittlerweile auf die nationale Sanktionsliste gesetzt. Nach Erkenntnissen von Kontraste, der "Zeit" und "Denik N" liegen dem tschechischen Nachrichtendienst auch Aufnahmen aus den Büros von "Voice of Europe" vor. Auf zweien davon soll dokumentiert sein, wie Martschewskyj mit einem Mitarbeiter größere Summen Bargeld aufteilt. Es bleibt den Quellen zufolge in der Aufnahme aber offen, für wen konkret das Geld bestimmt ist. Bystron bestreitet Vorwürfe Bystron, der für die Europawahl im Juni auf Platz zwei der AfD-Liste kandidiert, hatte in einer schriftlichen Stellungnahme Anfang April gegenüber dem AfD-Bundesvorstand die Vorwürfe bestritten: "Zu keinem Zeitpunkt habe ich von einem Mitarbeiter von VoE (oder irgendeinem Russen) Geldzahlungen oder Kryptowährungen bekommen." Später schloss er generell Zahlungen aus dem Umfeld von "Voice of Europe" aus. Auf erneute Nachfragen von "Zeit" und Kontraste zu den mutmaßlichen Details der Tonaufnahme stritt Bystron am Telefon erneut eine Geldübergabe ab. Schriftliche Nachfragen ließ er unbeantwortet, stattdessen forderte Bystron per E-Mail, informiert zu werden, "wer konkret (…) diese angeblichen Mitschnitte gehört haben will". Es habe bereits genug Berichterstattung über ihn gegeben, die auf falschen Behauptungen beruhe. Enge Kontakte zu VoE-Finanzier "Voice of Europe" hatte mehrfach Interviews mit Bystron veröffentlicht, ebenso mit seinem Parteikollegen Maximilian Krah, dem Spitzenkandidaten der AfD bei der Europawahl. Darin bedienten sie russlandfreundliche Narrative und wandten sich etwa gegen Waffenlieferungen an die Ukraine. Krah und Bystron sind seit Längerem mit dem mutmaßlichen "Voice of Europe"-Finanzier Medwedtschuk bekannt. Beide Politiker statteten Medwedtschuk 2021 gemeinsam einen "Solidaritätsbesuch" in Kiew ab, wo dieser damals wegen des Vorwurfs des Hochverrats unter Hausarrest stand. Im September 2022 kam Medwedtschuk als Teil eines Gefangenenaustauschs zwischen Moskau und Kiew frei und wurde nach Russland überstellt. Wladimir Putin ist Pate von Medwedtschuks Tochter. Vorwürfe auch gegen Krah Krah sagte nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen "Voice of Europe", er habe dem Portal zwei Interviews gegeben, eines davon in Prag. "Geld habe ich dafür selbstverständlich keines bekommen, weder für mich noch die Partei." Erst am Dienstag waren weitere Vorwürfe gegen Krah bekannt geworden, die auf Zahlungen aus einem russlandfreundlichen Netzwerk hindeuten. Wie der "Spiegel" und das ZDF-Magazin "Frontal" berichteten, war Krah im Dezember 2023 bei der Einreise in die USA eine Stunde lang verhört worden. Grund war eine ältere Chat-Nachricht des von den USA sanktionierten pro-russischen Politikers Oleg Woloschyn, der ebenfalls als enger Vertrauter Medwedtschuks gilt. Darin versicherte er Krah, das Problem mit den "Kompensationen" für die "technischen Ausgaben" sei gelöst. Von Mai an "wird es so sein, wie es vor Februar war". Den Verdacht, verdeckt von Woloschyn bezahlt worden zu sein, wies Krah zurück: "Ich habe zu keinem Zeitpunkt auch nur einen Cent von Herrn Woloschyn an Geld angenommen, auch keine Reisespesen oder sonstige vorverauslagte Kosten", sagte Krah im Interview mit "Frontal". | /investigativ/kontraste/russland-afd-krah-bystron-voice-of-europe-100.html |
2024-04-19 | Erstmals EU-Sanktionen gegen israelische Siedler | Gewalt im Westjordanland | Wiederholt hatte die EU Siedlerangriffe im Westjordanland verurteilt - nun setzt sie ein deutliches Zeichen: Erstmals belegt sie vier Personen und zwei Jugendgruppen mit Sanktionen. Auch das US-Finanzministerium sprach neue Strafen aus. | Wiederholt hatte die EU Siedlerangriffe im Westjordanland verurteilt - nun setzt sie ein deutliches Zeichen: Erstmals belegt sie vier Personen und zwei Jugendgruppen mit Sanktionen. Auch das US-Finanzministerium sprach neue Strafen aus. Gewalttaten radikaler israelischer Siedler gelten als ein Hindernis für Bemühungen um eine langfristige Friedenslösung im Nahost-Konflikt. Nun hat die EU erstmals Sanktionen gegen Personen und Organisationen beschlossen, die für Angriffe auf Palästinenser in Westjordanland verantwortlich sein sollen. Die Strafen werden mithilfe des EU-Sanktionsinstruments zur Ahndung von schweren Menschenrechtsverstößen verhängt. Personen, die betroffen sind, dürfen nicht mehr in die EU einreisen und keine Geschäfte mehr mit EU-Bürgern machen. Außerdem müssen von den Betroffenen in der EU vorhandene Konten und andere Vermögenswerte eingefroren werden. Vorwürfe der Folter und Erniedrigung Wie aus dem EU-Amtsblatt hervorgeht, handelt es sich um vier Männer, denen zum Beispiel Folter, Erniedrigungen oder Verstöße gegen das Eigentumsrecht vorgeworfen werden. Zudem sind die radikale Jugendgruppe Hilltop Youth und eine rechtsradikale jüdische Gruppe mit dem Namen Lehava betroffen. Hilltop Youth sei eine Gruppe, die sich aus Mitgliedern zusammensetze, die für Gewalttaten gegen Palästinenser und deren Dörfer im Westjordanland bekannt seien, heißt es im EU-Amtsblatt. Die Strafmaßnahmen gegen Lehava begründet die EU unter anderem damit, dass diese Gewalt anwende und zu Gewalt gegen Palästinenser, Christen und Messianische Juden anstifte. Lehava-Mitglieder hätten zum Beispiel "Tod den Arabern" gesungen und bei Kundgebungen dazu aufgerufen, zu den Waffen zu greifen. Lehava organisiere zudem gewaltsame Proteste gegen jüdisch-muslimische Hochzeiten und die LGBTQI-Gemeinschaft. Lehava-Mitglieder schikanierten zudem arabisch-jüdische Paare und griffen diese an. Entscheidung bedeutet Kurswechsel Die EU hat die Gewalttaten und den Siedlungsbau bereits wiederholt verurteilt - für Strafmaßnahmen gab es aber bis heute nie den erforderlichen Konsens. Die Sanktionsentscheidung gilt deswegen als ein Anzeichen für einen Kurswechsel in der Israel-Politik der EU, auch wenn die Strafmaßnahmen an sich für die Betroffenen vergleichsweise geringe Auswirkungen haben. Mit den Sanktionen folgt die EU dem Beispiel der USA. Die Vereinigten Staaten haben bereits Strafmaßnahmen verhängt, die sich gegen extremistische israelische Siedler richten. Heute zog das Finanzministerium in Washington mit weiteren Maßnahmen nach. Die neuen Sanktionen betreffen demnach Ben-Zion Gopstein. Dieser gilt als enger Vertrauter des radikalen israelischen Sicherheitsministers Itamar Ben-Gvir. Gopstein ist Gründer und Anführer der rechtsradikalen Lehava. USA frieren Vermögenswerte ein Zugleich sanktionierten die USA zwei Organisationen, die den Angaben nach zwei bereits sanktionierte extremistische Siedler finanziell unterstützt haben. Die Männer seien "für die Zerstörung von Eigentum, Übergriffe auf Zivilisten und Gewalt gegen Palästinenser verantwortlich", erklärte der stellvertretende Finanzminister Wally Adeyemo. "Solche Handlungen untergraben den Frieden, die Sicherheit und die Stabilität im Westjordanland." Als Folge der Sanktionen werden mögliche Vermögenswerte der Betroffenen in den USA blockiert. US-Bürgern oder Menschen, die sich in den Vereinigten Staaten befinden, sind Geschäfte mit den sanktionierten Organisationen und Personen untersagt. Banken, die mit ihnen Geschäfte machen, können ebenfalls Sanktionen drohen. Zahl der Siedlungen wächst Ein Grund für die angespannte Lage im Westjordanland ist, dass Israel dort seit der Eroberung des Gebiets im Sechstagekrieg 1967 Siedlungen ausbaut. Die Zahl der Siedler in dem Gebiet, das zwischen dem israelischen Kernland und Jordanien liegt, ist inzwischen auf etwa eine halbe Million gestiegen. Einschließlich Ost-Jerusalems sind es sogar 700.000. Die Siedler leben inmitten von rund drei Millionen Palästinensern. | /ausland/europa/eu-sanktionen-siedler-westjordanland-100.html |
2024-04-19 | NATO sichert Kiew weitere Waffenlieferungen zu | Militärbündnis zur Ukraine | Die NATO-Staaten haben der Ukraine weitere Waffenlieferungen versprochen. Auch die dringend benötigten Flugabwehrsysteme soll Kiew erhalten. Wer was genau liefert und wann, ist aber offen. Von S. Fritz. | Die NATO-Staaten haben der Ukraine weitere Waffenlieferungen versprochen. Auch die dringend benötigten Flugabwehrsysteme soll Kiew erhalten. Wer was genau liefert und wann, ist aber offen. Von Sabrina Fritz Auf diesen Satz hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lange gewartet: "Die NATO-Verteidigungsminister haben beschlossen, mehr militärische Unterstützung zu liefern, inklusive Flugabwehrsysteme", so NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach einem virtuellen Austausch mit dem NATO-Ukraine Rat. Gebraucht wird alles Wer nun was genau liefert, dazu sagt er nichts, dies soll in den nächsten Tagen bekannt gegeben werden. Ausdrücklich dankte er Deutschland dafür, ein "Patriot"-Abwehrsystem aus seinen Beständen zur Verfügung zu stellen. Stoltenberg machte deutlich, man habe eine Übersicht was in den Depots der NATO-Mitglieder so lagert - da sei es schon möglich, etwas an die Ukraine abzugeben. Details könne er nicht nennen, das sei vertraulich. Gebraucht werde alles: Munition, Ersatzteile und auch Geld. Die Niederlande haben vier Milliarden Euro zugesagt. Viel Hoffnung ruht auch auf den amerikanischen Kongress-Abgeordneten. Diese wollen am Samstag entscheiden, ob sie rund 60 Milliarden Dollar für die Ukraine freigeben, die seit Wochen blockiert sind. Konferenz-Marathon zu Ukraine- und Nahost-Krieg Der NATO-Ukraine-Rat war der Abschluss eines wahren Konferenz-Marathons in dieser Woche: Sonderschalte der EU-Außenminister, G7-Treffen auf der italienischen Insel Capri, Konferenz der Staats- und Regierungschefs in Brüssel. Neben der Lage im Nahen Osten ging es bei allen Treffen auch darum, die Ukraine besser mit Flugabwehrsystemen zu versorgen - vor allem, nachdem Israel erfolgreich einen Angriff des Iran abgewehrt hat. Für Ian Lesser vom Germans Marshall Fund in Brüssel, einer transatlantischen Denkfabrik, ist die Lage in beiden Staaten nicht vergleichbar. "Das Luftabwehrproblem der Ukraine ist viel komplexer, wenn man es mit Israel vergleicht. Das Land ist viel größer und die Situation ist eine andere", sagt Lesser. Unterschiedliche Raketensysteme Dazu kommt, dass nicht alle EU-Länder "Patriot"-Systeme haben. Frankreich und Italien zum Beispiel setzen auf das SAMP/T System, das mit Aster-Raketen bestückt wird, die auch "gegen-Alles-Raketen" genannt werden. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erklärte, dass dieses System nicht mit den ukrainischen Raketen kompatibel sei. Außerdem brauche man es selbst zum Schutz seiner Atomwaffen: "Wir haben ein anderes System, das von weniger Akteuren genutzt wird. Es gibt wenige Systeme, die auch zum Schutz von Atomkraftwerken geeignet sind und deshalb nutzen wir das Luftabwehrsystem auf französischem Boden." Und so darf man gespannt sein, welche Zusagen die NATO-Mitglieder in den nächsten Tagen machen werden. "Wir brauchen keine Worte, wir brauchen Waffen", heißt es immer wieder aus Kiew. Es scheint, also ob diese Bitte erhört wurde. | /ausland/europa/nato-rat-europa-ukraine-hilfen-100.html |
2024-04-19 | Jetzt gibt es eine rote Linie weniger | Iran und Israel im Konflikt | Auch wenn der große Knall vorerst ausbleibt: Sowohl der Iran als auch Israel werden weiter versuchen, ihren Gegner zu schwächen. In dem Konflikt gibt es nun eine Hemmschwelle weniger, analysiert Tim Aßmann. | Auch wenn der große Knall vorerst ausbleibt: Sowohl der Iran als auch Israel werden weiter versuchen, ihren Gegner zu schwächen. In dem Konflikt gibt es nun eine Hemmschwelle weniger. Von Tim Aßmann, ARD-Studio Tel Aviv Welchen Umfang der mutmaßlich israelische Angriff wirklich hatte und wie viel Schaden tatsächlich entstanden ist - gut möglich, dass die Öffentlichkeit darüber offiziell nie informiert wird. Entscheidend an der Botschaft ist in diesem Fall wohl, dass sie ihren Adressaten erreicht: das Regime in Teheran. Und der Absender der Botschaft ist dem Empfänger wohl auch ohne offizielles Bekenntnis aus Jerusalem klar. Nach allem, was bisher über den nächtlichen Schlag gegen den Iran und vielleicht auch gegen Ziele im Irak und in Syrien bekannt ist, war es eine begrenzte Operation. Eine, die dem Iran ermöglicht, nicht darauf reagieren zu müssen. Für eine abschließende Bewertung ist es noch zu früh, aber zur Stunde scheint es, dass den Konfliktparteien der Ausstieg aus der Eskalationsspirale nun gelingen könnte - vorerst. Die ständige Eskalationsgefahr bleibt An der Ausgangslage wird sich nichts ändern. Der Iran wird weiter daran arbeiten, seinen militärischen Einfluss in Israels Nachbarschaft auszubauen und seine Verbündeten, allen voran die libanesische Hisbollah, hochrüsten. Damit wird der Terror gegen Israel weiter unterstützt. Auch wird der Iran die Arbeit am eigenen Atomprogramm fortsetzen. Israel wird weiter versuchen, Irans Operationen in der Region, vor allem im Libanon und in Syrien, militärisch zu stören. Die israelischen Luftangriffe, die offiziell weder bestätigt noch dementiert werden - sie werden weitergehen. Der klandestine Schattenkrieg, den sich beide Staaten seit Jahren liefern, wird nicht enden. Die damit verbundene ständige Eskalationsgefahr bleibt. Eine gefährliche Fehleinschätzung? Am Anfang dieser jüngsten Runde im Schlagabtausch stand der Israel zugeschriebene Angriff auf ein Konsulatsgebäude in Damaskus. Die Analyse von Militärexperten dazu: Israels Armeeführung verschätzte sich, rechnete nicht damit, dass der Iran so massiv antworten und Israel erstmals direkt beschießen würde. In einer Situation, in der sich zwei Konfliktparteien beständig bekämpfen und dabei gleichzeitig die ganz große Eskalation vermeiden wollen, können Fehleinschätzungen immer wieder vorkommen und fatale Folgen haben. Es gilt, rote Linien nicht zu überschreiten. Flächenbrandgefahr auf Wiedervorlage Im Schlagabtausch zwischen Israel und dem Iran gibt es nun eine solche Linie weniger: den direkten Angriff auf fremdes Staatsgebiet. Der Iran hat diese Linie bereits am vergangenen Wochenende überschritten. Für den Moment scheint die Gefahr eines Regionalkrieges abgewendet, doch die Gesamtlage bleibt hochbrisant. In Gaza wird weitergekämpft und Israel und der Iran-Verbündete Hisbollah stehen weiter am Rande eines offenen Krieges. Die Flächenbrandgefahr - von der in den vergangenen Tagen so oft die Rede war - sie ist auf Wiedervorlage. | /ausland/asien/iran-israel-konflikt-analyse-100.html |
2024-04-19 | Anklage gegen Seenotretter vom Tisch | Kehrtwende in Italien | Sieben Jahre lang lief in Italien ein Verfahren gegen Seenotretter. Den Helfern - unter anderem auf dem deutschen Schiff "Iuventa" unterwegs - wurde vorgeworfen, mit Schleppern zusammenzuarbeiten. Nun können sie aufatmen. Von Moritz Pompl. | Sieben Jahre lang lief in Italien ein Verfahren gegen Seenotretter. Den Helfern - unter anderem auf dem deutschen Schiff "Iuventa" unterwegs - wurde vorgeworfen, mit Schleppern zusammenzuarbeiten. Nun können sie aufatmen. Von Moritz Pompl Das Gericht in der Hafenstadt Trapani auf Sizilien kam zu dem Schluss, es fehle an Beweisen, um die Crews von insgesamt drei Rettungsschiffen schuldig zu sprechen. Darunter auch das Schiff "Iuventa" der deutschen Organisation "Jugend rettet". Vor acht Jahren waren die Besatzungen ins Visier der damaligen Mitte-Links-Regierung geraten. Ihnen wurde vorgeworfen, sie würde mit Schleppern in Libyen zusammenarbeiten. Daraufhin war die "Iuventa" in Italien festgesetzt worden. Insgesamt 21 Seenotretter, unter anderem auch von der Organisation "Ärzte ohne Grenzen", mussten sich in einem langwierigen Gerichtsprozess verantworten. Ihnen drohte bis zu 20 Jahre Haft. Eine "politische Farce" "Jugend rettet" spricht heute auf der Plattform X von einem "längst überfälligen Eingeständnis der italienischen Justiz". Der Fall sei von Anfang an eine politische Farce gewesen. Im Zuge der Ermittlungen wurden humanitäre Helfer, Journalisten und Anwälte abgehört. Social-Media-Beitrag auf X von Jugend RETTET - IUVENTA: "Seven years ago, our rescue ship IUVENTA was seized after a criminal investigation was launched against our crew members @iuventacrew a year earlier. The criminalization of civil sea rescue reached a new level - but that was just the beginning, as the following years showed.1/4 pic.twitter.com/f1xr1MtbFz" "Ärzte ohne Grenzen" erklärte, die Rettungsmaßnahmen sollten bewusst als kriminelle Handlungen dargestellt werden. Die Nichtregierungsorganisationen glauben, dass der Fall den Beginn einer öffentlichen Diffamierungskampagne gegen die zivile Seenotrettung markiert. Bereits im Februar hatte die zuständige Staatsanwaltschaft empfohlen, das Verfahren einzustellen. | /ausland/europa/italien-seenotretter-106.html |
2024-04-19 | Warum nun auch die EU Siedler ins Visier nimmt | Sanktionen gegen Radikale | Die EU macht ihre Ankündigung wahr und verhängt Strafmaßnahmen gegen radikale jüdische Sieder. Zuletzt hatte eine Gruppe im Westjordanland mehrere palästinensische Dörfer überfallen. Jan-Christoph Kitzler zu den Hintergründen. | Die EU macht ihre Ankündigung wahr und verhängt Strafmaßnahmen gegen radikale jüdische Sieder. Zuletzt hatte eine Gruppe im Westjordanland mehrere palästinensische Dörfer überfallen. Jan-Christoph Kitzler zu den Hintergründen. Von Jan-Christoph Kitzler Sanktionen gegen radikale israelische Siedler im besetzten Westjordanland hatten auch schon die USA, Großbritannien und Frankreich verhängt - die EU hatte bisher Sanktionen nur angekündigt. Sie nimmt nun vier Männer und zwei Organisationen ins Visier. Den Männern werden unter anderem Folter und Verstöße gegen das Eigentumsrecht vorgeworfen. Die beiden Organisationen stehen für organisierte Gewalt gegen Palästinenserinnen und Palästinenser und für Anstiftung dazu. Jeden Tag kommt es zu Vorfällen Seit Beginn des Kriegs im Gazastreifen hat sich die Gewalt durch radikale Siedler im Westjordanland nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen nochmal verschärft. Jeden Tag kommt es dort zu entsprechenden Vorfällen. Weit mehr als 1.000 Palästinenser haben seitdem ihre Wohnungen und Häuser aufgegeben. Erst in der vergangenen Woche hatten gewaltbereite Siedler mehrere palästinensische Dörfer überfallen, dort Häuser in Brand gesetzt und Autos zerstört. Mehrere Menschen wurden getötet beziehungsweise verletzt. Zuvor war ein israelischer Junge aus einem illegalen Außenposten einer Siedlung nach israelischen Angaben von palästinensischen Terroristen getötet worden. Israels Regierung rechtfertigt Gewalt Im besetzten Westjordanland inklusive Ost-Jerusalem leben inzwischen rund 750.000 israelische Siedler. Das Völkerrecht verbietet den Transfer von Bevölkerung in besetztes Gebiet, die Siedlungen gelten als ein großes Hindernis für Frieden zwischen Israelis und Palästinensern. Längst nicht alle Siedler sind gewaltbereit - es sind aber deutlich mehr als die vier von der EU nun sanktionierten Fälle. Gewalt durch israelische Siedler wurde von Teilen der rechtsnationalen Regierung Israels zuletzt immer wieder gerechtfertigt. | /ausland/asien/israel-siedler-sanktionen-weltweit-100.html |
2024-04-19 | Deutlich mehr rechtsextreme Straftaten | Vorläufige Zahlen des Innenministeriums | Fast 29.000 rechtsextrem motivierte Straftaten sind laut Medienberichten im Jahr 2023 erfasst worden - noch viel mehr als im Vorjahr. Auch antisemitische Delikte haben stark zugenommen, vor allem seit dem Hamas-Angriff auf Israel. | Fast 29.000 rechtsextrem motivierte Straftaten sind laut Medienberichten im Jahr 2023 erfasst worden - noch viel mehr als bereits im Vorjahr. Auch antisemitische Delikte haben stark zugenommen, vor allem seit dem Hamas-Angriff auf Israel. Rechtsextrem motivierte Straftaten haben in Deutschland im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Im Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - rechts" erfassten die Behörden 28.945 Delikte - im Vergleich zu 23.493 im Jahr davor. Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken-Gruppe im Bundestag hervor. Den Zahlen zufolge, die der Agentur epd und der Zeitung taz vorliegen, gab es auch mehr rechtsextreme Gewalttaten. Für 2023 wurden demnach vorläufig 1.270 Delikte gezählt, im Vorjahr waren es 1.170 Gewalttaten. "Wir müssen nach den vorläufigen Zahlen der Polizei für 2023 davon ausgehen, dass die rechtsextremistischen Straf- und Gewalttaten weiter erheblich zugenommen haben", kommentierte Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Fallzahlen. Starker Anstieg antisemitischer Straftaten Seit dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober hat außerdem die Zahl antisemitischer Straftaten besonders stark zugenommen. Allein im letzten Quartal habe man 2.782 antisemitische Straftaten gezählt, hieß es. Das seien schon mehr Delikte als im gesamten Vorjahr. Für 2022 habe das BKA insgesamt 2.641 judenfeindliche Straftaten erfasst. Bereits am Montag hatte Faeser von Auswirkungen der Lage im Nahen Osten auf die Sicherheitslage in Deutschland berichtet, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte sie: "Seit den Terrorangriffen der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und dem folgenden Gaza-Krieg gibt es einen drastischen Anstieg von antisemitischen Straftaten." Die finale Statistik der politisch motivierten Kriminalität für das Jahr 2023 soll im Mai vorgestellt werden. Durch Nachmeldungen können sich die Zahlen, die nun in der Anfrage genannt wurden, nochmal erhöhen. Pau: "Rechte Rhetorik ist allgegenwärtig" Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau sprach von einem "verheerenden Ausmaß" rechter Straftaten. "In Zeiten, in denen diskriminierende Positionen immer weiter normalisiert werden und rechte Rhetorik allgegenwärtig ist, können sich die Täter in ihrem Handeln legitimiert fühlen", sagte die Linken-Politikerin der taz. Die zugespitzte Situation sei für Betroffene unerträglich und gefährlich. Faeser sieht an dieser Stelle auch eine Mitverantwortung der AfD. Sie sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Diejenigen, die wie die AfD und ihre Unterstützer immer unverhohlener Rassismus und Menschenverachtung schüren, sind in den letzten Jahren lauter geworden." Dadurch entstehe ein Klima der Ressentiments und der Gewalt, das auch zu mehr rechtsextremistischen Straf- und Gewalttaten führe. | /inland/gesellschaft/rechtsextremismus-straftaten-100.html |
2024-04-19 | Tausende Kontrollen bei Blitzermarathon | Polizeiaktion gegen Raser | Zu hohe Geschwindigkeit ist eine der Hauptursachen für Verkehrsunfälle. Deshalb findet heute erneut ein Blitzermarathon statt. Acht Bundesländer beteiligen sich, Tausende Polizisten sind im Einsatz gegen Raser. | Zu hohe Geschwindigkeit ist eine der Hauptursachen für Verkehrsunfälle. Deshalb findet heute erneut ein Blitzermarathon statt. Acht Bundesländer beteiligen sich, Tausende Polizisten sind im Einsatz gegen Raser. In acht Bundesländern blitzt es heute öfter als sonst am Straßenrand: Die Polizei überwacht seit 6.00 Uhr mit verstärkten Geschwindigkeitskontrollen die Einhaltung der Tempolimits. Allein in Bayern sind nach Angaben des Innenministeriums 2.000 Polizistinnen und Polizisten sowie kommunale Mitarbeiter an bis zu 1.500 Messpunkten aktiv. Thüringen meldete bis zu 107 Messstellen mit 300 Beamten. Vermehrte Kontrollen gab es auch in Brandenburg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Insgesamt ist bis zum frühen Samstagmorgen von Tausenden Radarfallen in Deutschland auszugehen. Kontrollen an Unfallschwerpunkten Eine Bilanz soll erst in den kommenden Tagen gezogen werden. So hat etwa Hamburg Ergebnisse für Montag angekündigt, Bayern für Samstag. Der Blitzermarathon zur Bekämpfung von Raserei auf den Straßen hat erstmals 2012 in Nordrhein-Westfalen stattgefunden, seit 2013 gibt es ihn auch in anderen Bundesländern. Seit 2015 haben sich weitere Nationen in Europa angeschlossen - international wird die Aktion als sogenannte Speedweek veranstaltet. "Schwerpunktmäßig finden unsere Kontrollen dort statt, wo die Unfallgefahren durch zu schnelles Fahren am größten sind oder häufig zu schnell gefahren wird", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. "Innerorts sind das insbesondere Straßen vor Schulen und Kindergärten, außerorts vor allem Landstraßen, da dort überproportional viele schwere Verkehrsunfälle aufgrund zu hoher Geschwindigkeit passieren." Ein Viertel aller Verkehrstoten in Bayern sei auf die hohe Geschwindigkeit zurückzuführen, sagte Herrmann. In Sachsen-Anhalt liegt die Quote sogar bei einem Drittel. ADAC: Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit Nach Einschätzung des ADAC leisten die bundesweiten, konzertierten Tempokontrollen einen Beitrag zur Verkehrssicherheit. "Sie schaffen ein Bewusstsein für die Gefahren zu schnellen Fahrens und können so für das Thema sensibilisieren", sagte eine Sprecherin des ADAC Hessen-Thüringen. Durch Medienberichterstattung im Vorfeld würden nicht nur Autofahrer erreicht, die tatsächlich geblitzt werden, sondern auch alle anderen Menschen. "Um einen wirklich nachhaltigen Effekt zu erzielen, reichen vereinzelte Blitzer-Aktionen jedoch nicht aus. Der Effekt droht hier schnell wieder zu verpuffen. Wichtig sind regelmäßige Kontrollen, um das Thema dauerhaft präsent zu halten." Mehr Kontrollen für nachhaltigen Effekt Auch Kirstin Zeidler von der Unfallforschung der deutschen Autoversicherer sagt, viele Autofahrerinnen und -fahrer hätten sich daran gewöhnt, nur relativ selten bei zu schnellem Fahren erwischt und sanktioniert zu werden. Der Blitzermarathon sensibilisiere zwar für das Thema, aber eben nur punktuell. Messungen hätten gezeigt, dass vor und auch nach solchen Aktionen mit höheren Geschwindigkeiten gefahren werde. "Das hat nur einen überschaubaren Effekt." Auch deshalb ist die Auffassung über die Wirkung solcher Aktionen geteilt. Berlin, Bremen, das Saarland und Sachsen verzichten auf eine Teilnahme. In Berlin wurde argumentiert, die Auswirkung früherer Aktionen sei kaum messbar gewesen. In Baden-Württemberg ist man dagegen von der Sinnhaftigkeit der Kontrollaktion mit insgesamt mehreren Tausend Polizisten überzeugt: "Bereits wenige Stundenkilometer zu schnell können über Leben und Tod entscheiden", heißt es aus dem dortigen Innenministerium. | /inland/blitzermarathon-106.html |
2024-04-19 | Wie die arabische Welt auf die Attacke reagiert | Explosionen im Iran | In der arabischen Welt wird der Angriff auf den Iran verurteilt. Beobachter spekulieren über die Rolle Israels und mutmaßen, dass es sich um einen Test für den Iran handeln könnte. Von Udo Schmidt. | In der arabischen Welt wird der Angriff auf den Iran verurteilt. Beobachter spekulieren über die Rolle Israels und mutmaßen, dass es sich um einen Test für den Iran handeln könnte. Von Udo Schmidt Das ägyptische Außenministerium sei zutiefst besorgt, heißt es aus Kairo. Die beteiligten Parteien - Israel und der Iran - werden aufgefordert, ein Höchstmaß an Zurückhaltung zu üben. Man werde mit allen Seiten in Kontakt treten. Ägypten bietet sich mit diesen wenigen Worten weiter als Vermittler an. Auch Jordaniens Außenminister Ayman Safadi ruft dazu auf, die israelischen und iranischen Angriffe und Gegenangriffe zu beenden. Eine weitere Eskalation der seit Tagen angespannten Situation im Nahen Osten würde die gesamte Region gefährden. Der Oman, der in der Vergangenheit ebenfalls eine Vermittlerrolle eingenommen hatte, wird deutlicher: Man verurteile den israelischen Angriff auf den Iran, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Maskat. Offiziell ist noch nicht bestätigt, wer hinter dem Angriff steckt. Haben die USA erfolgreich Druck ausgeübt? Im saudischen TV-Sender Al-Hadath äußert sich Assad Awat, ein syrischer Brigadegeneral: "Die USA werden Druck auf Israel ausgeübt haben, damit der Angriff nur dieses Ausmaß hat und nicht zu einer weiteren Eskalation führt." Er spekuliert, die Israelis hätten als "Preis" dafür das grüne Licht der Amerikaner für die nächste militärische Operation in Rafah im Gazastreifen bekommen. "Auf militärischer Ebene wollen weder Israel noch der Iran eine Eskalation. Es ist eine Art Ergänzung der iranischen Vorstellung, die am vergangenen Wochenende stattgefunden hat", beschreibt er die angespannte Lage. "Israel testet die Bereitschaft des Irans" Im Studio von Al-Arabyia sitzt Masoud Elfack, der Iran-Spezialist des Senders aus den Vereinigten Arabischen Emiraten: "Es scheint, dass beide Seiten eine Konfrontation wollen, ohne die Konfrontation auszuweiten", analysiert er. Auch er spekuliert über die Motivation der Konfliktparteien: "Es könnte auch sein, dass Israel die Bereitschaft des Irans testet, weiter zu eskalieren." Der immer noch unklare Verlauf des Angriffs, die Frage, wer genau verantwortlich ist, lässt den Kommentatoren der arabischen TV-Sender viel Spielraum, um über mögliche Auswirkungen zu sprechen. Aus London ist bei Al-Arabyia der Politologe Aaref Nassr zugeschaltet: "Ich glaube, dass der Iran den Gazastreifen praktisch opfert, um die Existenz des iranischen Regimes zu sichern und einen Krieg zu vermeiden", lautet seine These. Versteckte Botschaft an Irans Verbündete? Doch der Politologe Nassr sieht im Handeln Teherans auch eine versteckte Nachricht an die Verbündeten: "Das ist eine Botschaft an alle iranischen Milizen, dass dem Iran die Erhaltung seines Regimes viel wichtiger ist als die Lage im Irak, im Libanon, Syrien oder in jedem anderen Land." Besorgt, aber zurückhaltend: So lassen sich die arabischen Reaktionen auf den möglicherweise israelischen Angriff auf den Iran zusammenfassen. | /ausland/asien/reaktionen-arabische-staaten-angriff-100.html |
2024-04-19 | Reif für die Insel | SPD-Frühjahrstagung | Zwei Tage diskutieren Sozialdemokraten die künftige Parteilinie auf der Insel Norderney. Ihre Lösungsstrategien sind eine deutliche Botschaft an die FDP. Kann das der Kanzler durchsetzen? Von Nicole Kohnert. | Zwei Tage diskutieren Sozialdemokraten die künftige Parteilinie auf der Insel Norderney. Ihre Lösungsstrategien sind eine deutliche Botschaft an die FDP. Kann das der Kanzler durchsetzen? Von Nicole Kohnert Das sinkende Schiff SPD, ein Titanic-Vergleich, viel Gegenwind - davon wollen die vielen Sozialdemokraten am liebsten nichts hören, als sie auf der Fähre Richtung Norderney stehen und für ihre zweitägige Klausur auf die ostfriesische Insel fahren. Dennoch weht der Partei-Vorsitzenden Saskia Esken und dem Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich am Morgen ein eisiger Wind entgegen, als sie an der Reling der Fähre stehen. Es wirkt fast so, als ob die Bundesregierung ihren Regierungssitz für zwei Tage auf die ostfriesische Insel verlegt, denn mit den Genossinnen und Genossen der großen Landesverbände der SPD aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen reisen auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas in ihrer Funktion als SPD-Abgeordnete sowie der Arbeits-, Gesundheits- und Verteidigungsminister an. Auch Kanzler Olaf Scholz kommt. Darum laufen die Sicherheitsvorkehrungen seit Tagen schon auf Hochtouren und sorgen bei dem einen oder anderen Insel-Bewohner für Kopfschütteln. Die Lösung für den Haushaltsstreit Bei Lachs und Krabbencocktail sind sich die Genossen einig, wie man die finanziellen Probleme der Zukunft löst und aus dem langwierigen Haushaltsstreit mit Finanzminister Lindner kommt. Es ist eine Art Wunschzettel - und der ist lang: Ein neues Sondervermögen für Verteidigung wird in einem SPD-Fraktionspapier gefordert. Aber nicht nur für die Bundeswehr soll es mehr Geld geben, sondern auch für die innere Sicherheit, also auch für Innenministerin Nancy Faeser. Ein Deutschlandfonds - eine Kombination aus privatem und staatlichem Kapital soll für mehr Investitionen sorgen. Und die Reform der Schuldenbremse sowie eine Krisenabgabe für Vermögen wird gefordert. "Dieser Staat muss investieren", erklärt der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil und und verteidigt die Idee, die Schuldenbremse zu reformieren. Mit Sorge schaut er auf die Debatte um eine längere Lebensarbeitszeit. "Wenn in den Haushaltsverhandlungen irgendjemand auf die Idee kommt, nach 45 Jahren kann man nicht abschlagsfrei in Rente gehen, dem muss ich sagen, das machen wir nicht mit", droht Klingbeil. Kein Sparen am Sozialstaat Ganz neu seien diese Forderungen der SPD zwar nicht, räumt die SPD-Parteivorsitzende Esken gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio ein. Vieles sei schon auf dem Parteitag beschlossen und man wolle dem FDP-Finanzminister damit auch nicht ärgern. Aber die SPD wolle nun Lösungen aufzeigen, zahlreiche. Ein Sparen am Sozialstaat sei einfach nicht drin. Man merkt den Sozialdemokraten an, wie sehr sie den Spagat schaffen wollen, dass sie auch alle sozialen Versprechen in ihrer Regierungszeit noch umsetzen wollen und bei den aktuellen Krisen mehr Geld für äußere und innere Sicherheit ausgeben müssen. Müde von der FDP Man merkt ihnen aber auch die Müdigkeit an, im ständigen Streit mit den Liberalen. Und immer wieder fällt der Satz, dass die FDP bremse, sie einfach frustriert seien und dass der Kanzler für eine Lösung nun Sorgen muss. Scholz kommt extra mit dem Hubschrauber nach Norderney für gut eine Stunde, um die Genossen auch schon auf den Wahlkampf einzuschwören. Er meint, die SPD habe einen "Turnaround" beim sozialen Zusammenhalt schon hinbekommen. Der Kanzler zählt den Mindestlohn auf, das Wohngeld, das Kindergeld und den Kinderzuschlag - und macht auch beim Thema Rente eine klare Ansage. Die Genossen sollten sich nicht bei der Debatte um die Rente "beirren lassen". Da werde immer so getan, dass die Rente eine charmante Wohltat sei. "Da haben die Menschen für eingezahlt, jahrelang. Das ist ein Vermögensrecht", sagt Scholz und verweist auf den Erfolg der SPD, das Rentenniveau stabil gehalten zu haben. Applaus und Kritik Viel Applaus erntet der Kanzler für solche Sätze. Allerdings bleibt Kritik nicht aus. So klagen die Genossen auch darüber, dass die soziale Mitte, die 25- bis 55-Jährigen enttäuscht sei von der SPD, weil immer noch Kita-Plätze fehlten, Pflegekräfte für Angehörige und sie sich nicht finanziell entlastet fühlten. Der Kanzler verspricht, die Familien und ihre Lebenskonzepte wieder mehr in den Blick zu nehmen. Auch Ganztagsbetreuung an Schulen sei wichtig. Dann reist er so schnell wie er kam auch wieder ab von der Insel. Zurück bleiben ein paar Sozialdemokraten, die nun hoffen, dass der Kanzler die vielen sozialen Versprechen von der Insel auch in Berlin durchsetzt. | /inland/innenpolitik/spd-klausur-scholz-100.html |
2024-04-19 | Nawalnaja will weiter für Medienfreiheit kämpfen | Witwe von Alexej Nawalny | Julia Nawalnaja bekommt in Bayern den "Freiheitspreis der Medien". Sie gibt sich in ihrer Dankesrede sehr entschlossen und hofft auf eine bessere Zukunft Russlands. | Julia Nawalnaja bekommt in Bayern den "Freiheitspreis der Medien". Sie gibt sich in ihrer Dankesrede sehr entschlossen und hofft auf eine bessere Zukunft Russlands. Kremlgegnerin Julia Nawalnaja hat erneut ihre Entschlossenheit im Kampf gegen die russischen Repressionen betont. Sie ist die Witwe des verstorbenen russischen Oppositionellen Alexej Nawalny. "Ich werde weiter für die Medienfreiheit kämpfen, wie es Alexej getan hat", sagte Nawalnaja am Freitag beim Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee. Sie nahm dort den "Freiheitspreis der Medien" entgegen. Der Preis würde an sie und ihren verstorbenen Mann verliehen. Nawalnaja betonte in ihrer Dankesrede die Errungenschaften ihres vor zwei Monaten in russischer Gefangenschaft gestorbenen Ehemanns: "Mein Mann war erstaunlich gut darin, alle Medien in freie Medien zu verwandeln", betonte die 48-Jährige. Einer normalen europäischen und russischen Zukunft mit Frieden und Wohlstand stehe nur Kremlchef Wladimir Putin im Weg, sagte sie. Doch das bleibe nicht für immer so. Nawalnaja will mehr Menschen in Russland davon überzeugen sich Richtung Europa zu orientieren. Merz: Nawalnaja das Gesicht eines anderen Russland In seiner Laudatio zeigte sich CDU-Chef Friedrich Merz bewegt von Nawalnajas Zuversicht. "Diese Angstfreiheit beeindruckt uns bis zum heutigen Tag", sagte Merz. Zusammen mit ihrem Mann habe sie eine der wichtigsten Menschenrechts- und Oppositionsbewegungen in Russland aufgebaut. "Heute ist Julia Nawalnaja das Gesicht eines anderen Russlands, das Gesicht der Hoffnung auf eine bessere Zukunft," so Merz. Sie erinnere daran, dass Russland nicht nur aus Putin sei. "Wir, die freie Welt, wir stehen an Ihrer Seite." "Sie zeigen unterdrückten Oppositionen weltweit, dass sich der Einsatz lohnt." Merz versprach Nawalnaja, sie in ihrem Kampf zu unterstützen: "Wir, die freie Welt, wir stehen an Ihrer Seite. Wir sind uns gegenseitig Verbündete im immer größer werdenden Systemkonflikt zwischen liberalen Demokratien und antiliberalen Autokratien." Die Freiheit und die Demokratie seien nur zu bewahren, wenn alle bereit seien, sie zu verteidigen. | /inland/regional/bayern/nawalnaja-freiheitspreis-medien-100.html |
2024-04-19 | Mehr Geld für Beschäftigte im Bauhauptgewerbe? | Schlichterspruch in Tarifrunde | Nach den gescheiterten Tarifverhandlungen für die rund 930.000 Beschäftigten im Bauhauptgewerbe hat der Schlichter heute seinen Vorschlag präsentiert. Nun müssen beide Seiten bis Anfang Mai darüber abstimmen. | Nach den gescheiterten Tarifverhandlungen für die rund 930.000 Beschäftigten im Bauhauptgewerbe hat der Schlichter heute seinen Vorschlag präsentiert. Nun müssen beide Seiten bis Anfang Mai darüber abstimmen. Die rund 930.000 Beschäftigten im deutschen Bauhauptgewerbe sollen mehr Geld bekommen. In den jüngst gescheiterten Tarifverhandlungen legte der Schlichter heute seinen Schiedsspruch vor. Nun stimmen die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen bis zum 3. Mai darüber ab. Der Vorschlag des früheren Präsidenten des Bundessozialgerichts, Rainer Schlegel, der bei den Gesprächen in Wiesbaden vermittelte, sieht kräftige Lohnerhöhungen vor. Industriegewerkschaft stimmt Schlichterspruch zu So sollen die Einkommen zum 1. Mai 2024 um 250 Euro pro Monat erhöht werden. Elf Monate später sollen noch einmal 4,15 Prozent im Westen und 4,95 Prozent im Osten dazu kommen. Die Ausbildungsvergütung im ersten Lehrjahr soll in Ost wie West 1.080 Euro betragen, die Laufzeit zwei Jahre betragen. Die Verhandlungskommission der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) stimmte nach eigenen Angaben dem Vorschlag des Schlichters zu. "Zähneknirschend tragen wir den Spruch mit", sagte der Vorsitzende der IG BAU, Robert Feiger. Jetzt seien die Arbeitgeber am Zug. Dessen Schlichtungskommission habe den Spruch jedoch zunächst abgelehnt. Die Gremien der Bauunternehmen könnten dem Vorschlag aber innerhalb der nächsten 14 Tage noch zustimmen. "Sollten Sie dies nicht tun, dann ist natürlich Arbeitskampf angesagt", warnte Feiger. Die Stimmung unter den Baubeschäftigten sei hochexplosiv. Der Bundestarifkommission der Gewerkschaft will er die Zustimmung zu dem Schlichterspruch empfehlen. "Wir übernehmen damit gesamtgesellschaftliche Verantwortung, denn in Deutschland herrscht Stau am Bau." Drei ereignislose Runden in Tarifgesprächen Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) und der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie erklärten, jetzt werde in den Mitgliedsverbänden der Arbeitgeber-Tarifgemeinschaft über den Schlichterspruch abgestimmt. Eine Sprecherin des ZDB erläuterte, die Arbeitgeberseite habe dem Schlichtungsspruch in den Schlichtungsverhandlungen noch nicht zugestimmt - "um in das Abstimmungsverfahren mit den Mitgliedsverbänden zu kommen". Zuvor hatte die IG BAU die Tarifverhandlungen nach drei ergebnislosen Runden für gescheitert erklärt. Die Arbeitgeber hätten kein verhandlungsfähiges Angebot abgegeben, hatte Carsten Burckhardt, Bundesvorstandsmitglied der IG BAU, betont. "Zweimal etwas über drei Prozent mehr Einkommen auf 24 Monate gleichen die immens gestiegenen Lebenshaltungskosten in den vergangenen Jahren und Monaten einfach nicht aus." IG Bau fordert 500 Euro mehr Lohn, Gehalt und Ausbildungsvergütung pro Monat mit einer Laufzeit von einem Jahr. Die Bauwirtschaft, vertreten durch den Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) und den Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB), hatte der Gewerkschaft eine Lohnerhöhung von 3,3 Prozent für 2024 und 3,2 Prozent für 2025 angeboten. Sie hatten auf die Krise insbesondere im Wohnungsbau verwiesen und der Gewerkschaft vorgeworfen, diese komplett zu ignorieren. Wohnungsbau-Genehmigungen fallen erneut Das Bauhauptgewerbe ist einer der größten Arbeitgeber in Deutschland und mit einem Umsatz von rund 162 Milliarden Euro 2023 laut Baugewerbeverband ZDB eine wichtige Säule für die deutsche Wirtschaft. Im Immobilienboom hatte die Branche jahrelang die Konjunktur gestützt, nun ist sie wegen der Krise im Wohnungsbau zum Sorgenkind geworden. Wegen der gestiegenen Zinsen und teurer Materialien steckt der Wohnungsbau in der Krise, das Neubauziel der Bundesregierung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr liegt außer Reichweite. Nach Einschätzung der DZ Bank könnte die Zahl der jährlichen Fertigstellungen bis 2025 auf 200.000 Wohnungen fallen. Denn auch bei den Baugenehmigungen geht es seit vielen Monaten bergab. Sie brachen im Februar um gut 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat ein, wie das Statistische Bundesamt gestern mitteilte. Im Vergleich zum Februar 2022 gab es sogar einen Einbruch von 35,1 Prozent. Die Stimmung im Wohnungsbau bleibe angespannt, teilte auch das Münchener ifo-Institut zuletzt mit. Jedes fünfte Wohnungsbauunternehmen berichte von Stornierungen. | /wirtschaft/arbeitsmarkt/bauhauptgewerbe-tarifverhandlungen-schlichtung-100.html |
2024-04-19 | Im Nahen Osten "weitere Eskalation verhindern" | Treffen der G7-Außenminister | Die G7-Außenminister haben vor einer Ausweitung des Konflikts im Nahen Osten gewarnt. Nach einem Treffen auf Capri riefen sie zur Deeskalation auf. Auch über neue Iran-Sanktionen wurde gesprochen. | Die G7-Außenminister haben vor einer Ausweitung des Konflikts im Nahen Osten gewarnt. Sie riefen zur Deeskalation auf. In Richtung Iran hieß es: Weitere Sanktionen seien möglich. Nach den nächtlichen Explosionen in der iranischen Region Isfahan haben die Außenminister der sieben großen westlichen Industrienationen dazu aufgerufen, eine "weitere Eskalation" im Nahen Osten zu vermeiden. "Im Lichte der Luftangriffe vom 19. April rufen wir alle Parteien auf, sich dafür einzusetzen, eine weitere Eskalation zu verhindern", heißt es in der Abschlusserklärung des dreitägigen G7-Außenministertreffens. US-Außenminister Anthony Blinken sagte, die Runde konzentriere sich darauf zu "deeskalieren". Laut Außenministerin Annalena Baerbock sei jetzt "die Stunde, wo alles dafür getan werden muss, dass keine Eskalationsstufe mit unabsehbaren Folgen für die gesamte Region entsteht". Zur G7-Gruppe gehören die USA, Deutschland, Italien, Frankreich, Großbritannien, Kanada und Japan. Für "bösartige" Aktionen zur Rechenschaft ziehen Den iranischen Angriff auf Israel am Wochenende verurteilten die Außenminister. Baerbock warf Teheran vor, mit der massiven Attacke auf Israel "auf beispiellose Weise eskaliert" zu haben. Dies dürfe nicht ohne Konsequenzen bleiben. In der Abschlusserklärung steht, die G7 seien bereit, weitere Sanktionen zu verhängen oder andere Maßnahmen zu ergreifen - "jetzt und als Reaktion auf weitere destabilisierende Initiativen". Den Iran und die mit ihm verbündeten Gruppen forderten sie auf, ihre Angriffe einzustellen. In der iranischen Provinz Isfahan hatte es in der Nacht laut iranischen Staatsmedien mehrere Explosionen gegeben. US-Medien berichteten, es sei eine Vergeltungsaktion Israels für den massiven Angriff des Iran auf Israel am vergangenen Wochenende gewesen. Sie beriefen sich auf Regierungskreise in Washington. Blinken bestätigt mutmaßlichen Gegenangriff Israels nicht US-Außenminister Blinken hatte einen mutmaßlichen Angriff Israels nicht offiziell bestätigt. Er werde auf entsprechende Berichte nicht "näher eingehen, außer zu sagen, dass die Vereinigten Staaten an keinen Offensivoperationen beteiligt waren", sagte Blinken. Der Iran wies die US-Medienberichte als falsch zurück. Auch von der deutschen Außenministerin gab es keine Bestätigung für den mutmaßlich israelischen Angriff auf Ziele im Iran. Kritik an geplanter Rafah-Offensive Neben dem Konflikt mit dem Iran sprachen die Minister auch den Krieg im Gazastreifen an. Eine von Israel geplante Offensive in Rafah lehnten die G7 ab und prangerten die hohe Opferzahl an. Sie würden "mit großer Besorgnis die inakzeptable Anzahl von Zivilisten" zur Kenntnis nehmen, die im Gazastreifen getötet worden sind, hieß es in der Abschlusserklärung. Laut Blinken fordern die G7, mehr humanitäre Hilfe für die Menschen im Gazastreifen zu ermöglichen. Hier habe man in den vergangene Wochen wichtige Schritte gesehen. Mehr Hilfe in der Luftabwehr für die Ukraine in Aussicht Die Abschlusserklärung geht auch auf die Lage in der Ukraine ein. Demnach wollen die G7 "die Luftverteidigungsfähigkeiten der Ukraine" stärken. Konkrete neue Zusagen gab es aber noch nicht. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und auch Baerbock hatten darauf gedrängt, der Ukraine weitere Luftabwehrsysteme zur Verfügung zu stellen. Die Appelle richteten sich an die USA, aber auch an Frankreich und Italien. Deutschland bereitet aktuell die Lieferung eines dritten "Patriot"-Systems vor. | /ausland/g7-nahost-iran-israel-100.html |
2024-04-19 | Ver.di-Chef gegen neues Streikrecht | Werneke kritisiert FDP-Forderungen | Der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke weist im SWR-Interview Forderungen nach strengeren Regeln für Streiks zurück. Der Gewerkschaftschef kritisiert den Ampel-Streit über die Kindergrundsicherung. Von Jim-Bob Nickschas. | Der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke weist im SWR-Interview Forderungen nach strengeren Regeln für Streiks zurück. Der Gewerkschaftschef kritisiert den Ampel-Streit über die Kindergrundsicherung. Von Jim-Bob Nickschas Ob er ein bisschen neidisch ist auf GDL-Chef Claus Weselsky und dessen Medienpräsenz in den vergangenen Wochen? Mit ihren 40.000 Mitgliedern ist die Lokführergewerkschaft schließlich deutlich kleiner als ver.di mit ihren knapp zwei Millionen. Frank Werneke schmunzelt kurz, dann winkt der ver.di-Vorsitzende ab. "Für mich zählt, was wir für unsere Mitglieder herausholen. Und daran messe ich auch meine Arbeit", sagt er im Interview mit dem SWR. Hat Weselsky übertrieben? Viel herausgeholt hat allerdings auch Claus Weselsky für seine Lokführerinnen und Lokführer - mit harten Bandagen, kritisieren einige. Zu hart? Gewerkschaftskollege Werneke will das lieber nicht kommentieren, nur so viel: "Es ist schon wichtig darauf zu achten, dass die generelle Unterstützung für den Arbeitskampf in der Bevölkerung nicht abbricht." Erst diese Woche hat auch ver.di erneut zu Streiks im ÖPNV der Länder aufgerufen, unter anderem in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Sie zählen zu den wenigen, in denen noch kein Tarifabschluss erzielt wurde. Dass Arbeitgeber, Bundesverkehrsminister Volker Wissing von der FDP oder Vertreter der Union nach Änderungen im Streikrecht rufen, hält der ver.di-Chef für durchsichtig: "Weil sie kein Interesse daran haben, dass sich nachhaltig die Bedingungen der Beschäftigten verbessern. Ausgerechnet da, wo es eine erfolgreiche Tarifpolitik gibt, soll das Streikrecht eingeschränkt werden." Warnstreiks hätten weniger Wirkung Wenn die Gewerkschaften Warnstreiks wie vorgeschlagen immer vier Tage vorher ankündigen müssten, wären sie wirkungslos, glaubt Werneke: "Dann ist es für die Arbeitgeber ein Leichtes, Streikbrecher zu organisieren. Das erleben wir im Flughafenbereich bei der Luftsicherheit oder der Gepäckabfertigung regelmäßig." Also doch lieber eine verpflichtende Schlichtung, bevor gestreikt werden darf? "Das ist ein Vorschlag von Leuten, die noch nie Tarifverhandlungen geführt haben", sagt der ver.di-Vorsitzende. "Was soll das bringen, wenn noch gar nicht verhandelt wurde?" "Total weltfremd" Werneke kritisierte im SWR-Interview Äußerungen von FDP-Parteichef und Bundesfinanzminister Christian Lindner, er wolle "mehr Lust auf die Überstunde" machen. "Dieses Bild von einem Großteil der Beschäftigten, die sich zu fein sind, um zu arbeiten, ist total weltfremd", so der Gewerkschaftschef. "Wenn jemand mal eine Überstunde mehr macht, ist das ja vollkommen in Ordnung. Das Problem ist eher, dass der größere Teil davon nicht bezahlt wird." Den Vorstoß von FDP-Fraktionschef Christian Dürr für eine flexiblere Rente, zum Beispiel mit 72, sieht Werneke als Ablenkungsmanöver: "Die Idee der FDP dahinter ist natürlich, das Regeleintrittsalter nach oben zu schieben. Wer länger arbeiten möchte, kann das auch heute schon tun." Ampel-Streit bringt Werneke "zur Verzweiflung" Auch der Streit in der Regierung um die Kindergrundsicherung werde zu sehr zur "parteipolitischen Profilierung" genutzt, so Werneke. "Das ist schlicht nicht akzeptabel. Jedes vierte Kind in Deutschland lebt in Armut." Es könne ja sein, dass der Gesetzentwurf von Familienministerin Lisa Paus von den Grünen Schwächen habe, so der ver.di-Vorsitzende. "Aber dann erwarte ich, dass in einer Koalition konstruktiv daran gearbeitet wird, damit die Kindergrundsicherung noch in dieser Legislaturperiode beginnt." Das Thema bringe ihn ein bisschen "zur Verzweiflung". "Mit lauter gescheiterten Projekten in einen Bundestagswahlkampf gehen zu wollen im Jahr 2025, kann eigentlich für keine der beteiligten Parteien eine erfolgversprechende Strategie sein. Aber genau das betreiben sie gerade." | /wirtschaft/interview-frank-werneke-verdi-102.html |
2024-04-19 | Tote nach russischen Angriffen auf Millionenstadt | Region Dnipropetrowsk | Nach ukrainischen Angaben sind bei russischen Angriffen in der Region Dnipropetrowsk mindestens acht Personen getötet worden, darunter zwei Kinder. Kiew meldet den Abschuss eines russischen Überschallbombers. | Nach ukrainischen Angaben starben bei russischen Angriffen in der Region Dnipropetrowsk mindestens acht Personen, darunter zwei Kinder. Erstmalig will Kiew einen russischen Tupolew-Überschallbomber abgeschossen haben. Bei russischen Angriffen in der zentralukrainischen Region Dnipropetrowsk sind nach Regierungsangaben mindestens acht Menschen getötet worden, darunter zwei Kinder. Die Rettungsarbeiten dauerten noch an, die Zahl der Opfer werde voraussichtlich noch steigen, erklärte Innenminister Ihor Klymenko im Onlinedienst Telegram. Laut Innenministerium wurden der Bezirk Synelnykowe sowie die Regionalhauptstadt Dnipro angegriffen. In Synelnykowe seien sechs Menschen getötet worden, darunter zwei Kinder im Alter von sechs und acht Jahren, erklärte Innenminister Klymenko. Kiew: Von 22 Lenkflugkörpern und 14 Drohnen angegriffen In der Regionalhauptstadt Dnipro wurden nach Angaben des Innenministeriums zwei Menschen getötet und mehr als ein Dutzend weitere verletzt. Gouverneur Serhij Lysak teilte auf Telegram mit, ein mehrstöckiges Gebäude in der Stadt Dnipro stehe in Brand und sei teilweise zerstört. Bei einem Angriff im westlich von Dnipro gelegenen Bezirk Krywyji Rih habe es ebenfalls Schäden und drei Verletzte gegeben. Die ukrainische Luftwaffe meldete, Russland habe die Ukraine in der Nacht mit 22 Lenkflugkörpern und 14 Drohnen angegriffen. Alle Drohnen vom Typ Schahed und 15 Lenkflugkörper seien zerstört worden, erklärte Luftwaffenkommandant Mykola Oleschtschuk auf Telegram. Der ukrainischen Bahngesellschaft zufolge wurden bei den russischen Angriffen Zuganlagen ins Visier genommen. Unter den Verletzten seien sieben ihrer Mitarbeiter, eine Mitarbeiterin sei getötet worden. Luftwaffenchef meldet Abschuss von russischem Bomber Luftwaffenkommandant Oleschtschuk teilte außerdem mit, die Armee habe erstmals seit Kriegsbeginn einen russischen Überschallbomber vom Typ Tupolew 22M3 abgeschossen. Die Luftabwehr habe in Zusammenarbeit mit dem Militärgeheimdienst den strategischen Bomber zerstört, der zuvor an einem Angriff auf die Ukraine beteiligt gewesen sei. Tu-22M3-Bomber seien mit Marschflugkörpern des Typs "Ch-22" ausgerüstet, die von Russland für Angriffe auf friedliche ukrainische Städte eingesetzt würden. Unbestätigte Aufnahmen auf Online-Plattformen zeigten ein Kampfflugzeug mit brennendem Heck, das spiralförmig kreiselnd auf den Boden zuflog. Russland sprach hingegen von einem Absturz, der offenbar von einer technischen Störung verursacht worden sei. Der Bomber sei auf der Rückkehr von einem Kampfeinsatz gewesen und Hunderte Kilometer von ukrainisch kontrolliertem Gebiet entfernt in der südrussischen Region Stawropol abgestürzt. Mindestens einer der vier Piloten soll umgekommen sein. | /ausland/europa/ukraine-tote-angriffe-langstreckenbomber-100.html |
2024-04-19 | Was über den mutmaßlichen Angriff im Iran bekannt ist | Explosionen in Isfahan | Im Iran hat es mehrere Explosionen gegeben - laut Beobachtern wegen eines israelischen Angriffs. Was wurde getroffen? Wie reagieren Teheran und Jerusalem? Und was sagen Militärexperten zu den Ereignissen? | Im Iran hat es mehrere Explosionen gegeben - laut Beobachtern wegen eines israelischen Angriffs. Was wurde getroffen? Wie reagieren Teheran und Jerusalem? Und was sagen Militärexperten zu den Ereignissen? Was ist passiert? Die iranische Nachrichtenagentur Fars meldete, in der Nähe des Luftwaffenstützpunktes Schekari im Nordwesten der Provinz Isfahan seien gegen 4 Uhr morgens drei Explosionen zu hören gewesen. Berichten zufolge ereigneten sie sich unweit eines Militärstützpunktes. Offenbar gab es aber keine größeren Schäden. Ein Sprecher der iranischen Raumfahrtbehörde sagte, es seien mehrere Drohnen abgefangen worden; einen Angriff mit Raketen habe es nicht gegeben. Auch die "New York Times" berichtet unter Berufung auf Quellen im Iran, bei dem Angriff seien kleine Drohnen zum Einsatz gekommen. Laut dem US-Sender CNN, der sich auf einen Regierungsvertreter in Washington beruft, waren die Atomanlagen in Isfahan aber nicht Ziel des mutmaßlichen Angriffs. Auch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) gab Entwarnung. Es seien keine iranischen Atomanlagen beschädigt worden, meldete die Organisation in Wien. Und die iranische Nachrichtenagentur Tasnim bezeichnete die nuklearen Einrichtungen in Isfahan als "vollkommen sicher". Wie mehrere Medien berichten, handelt es sich um einen israelischen Angriff - als Reaktion auf den Beschuss aus dem Iran am vergangenen Wochenende. Offiziell bestätigt ist das bislang nicht. Jedoch hatte Israel in den vergangenen Tagen mehrfach eine Antwort auf den Angriff angekündigt. Wie reagiert Teheran? Staatlichen Medien zufolge aktivierte der Iran die Luftabwehrsysteme über mehreren Städten. Flüge nach Teheran, Isfahan, Schiras und weiteren Flughäfen im Westen des Landes wurden zeitweise ausgesetzt, wie die Nachrichtenagentur Mehr am Morgen berichtete. Irans Staatsmedien wiesen jedoch Berichte über Raketenangriffe zurück. Es habe sich um keine breit angelegte Attacke gehandelt, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Irna. "Vor ein paar Stunden wurden mehrere kleine Flugobjekte am Himmel von Isfahan gesichtet und getroffen", sagte eine Reporterin in einer Live-Schalte des Staatsfernsehens. Der kurzzeitig unterbrochene Luftverkehr sei mittlerweile wieder aufgenommen worden. Die iranische Regierung wies zugleich Berichte zurück, wonach der Sicherheitsrat des Landes zu einer Notsitzung zusammengekommen sei. Wie kommentieren Israel und die USA die Berichte? Zu den Berichten über Angriffe auf Iran und Syrien "können wir derzeit keinen Kommentar abgeben", erklärte das israelische Militär gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Mehrere US-Medien berichteten, Washington sei im Voraus informiert worden, habe den israelischen Angriffe aber weder gebilligt noch an ihm mitgewirkt. Für Israels Medien ist die Verursacherfrage des nächtlichen Angriffs dennoch geklärt. Dass Israel verantwortlich ist, steht für die Experten und Kommentatoren genauso fest, wie die Bewertung: Ein begrenzter Schlag, der keine Gegenreaktion provozieren soll - ein für Avi Benayahu, ehemaliger Sprecher der israelischen Armee, der Lage entsprechend angemessenes Vorgehen, wie er im Interview mit dem Sender Channel 12 erklärte: "Ich denke, dass die israelische Reaktion proportional und rational ausgefallen ist, mit Blick auf die Herausforderungen, die wir haben." US-Außenminister Antony Blinken bestätigte einen Angriff Israels nicht. Er werde auf entsprechende Berichte "nicht näher eingehen, außer zu sagen, dass die Vereinigten Staaten an keinen Offensivoperationen beteiligt waren", sagte er zum Abschluss eines Treffens der Außenminister der sieben großen westlichen Industrienationen (G7) auf der italienischen Mittelmeerinsel Capri. Die USA und die G7-Runde konzentrierten sich auf ihre Arbeit zur Deeskalation von Spannungen, um potenzielle Konflikte zu deeskalieren. Dies zeige sich auch in der Abschlusserklärung des Treffens. Warum Isfahan? In der Region um die gleichnamige Stadt befinden sich wichtige Einrichtungen der iranischen Rüstungsindustrie, unter anderem Fabriken zur Raketenherstellung. Auch das größte nukleare Forschungszentrum des Landes ist nahe der Kulturstadt mit ihren rund zwei Millionen Einwohnern angesiedelt. Ende Januar 2023 war im Iran eine Munitionsfabrik des Verteidigungsministeriums nahe der Metropole mit mehreren kleinen Fluggeräten angegriffen worden. Der Iran hatte damals seinen Erzfeind Israel als Drahtzieher für die Attacke verantwortlich gemacht. Was sagen Militärexperten? Israel wollte mit dem mutmaßlichen Luftschlag im Iran einem US-Medienbericht zufolge Teheran zeigen, dass es Ziele im Land angreifen kann. Nach Einschätzung des US-Militärexperten Cedric Leighton soll das Vorgehen, das "ganz klar eine direkte Reaktion auf die iranischen Angriffe vom Wochenende gewesen sei", beweisen, dass das iranische Luftabwehrsystem nicht annähernd die Fähigkeiten des israelischen Luftabwehrsystems habe. Der CNN-Militärexperte Mark MacCarley sagte: "Die Israelis mussten Vergeltung üben, aber diese Vergeltung enthielt auch eine Botschaft, nämlich: Ja, wir können es schaffen. Macht das nicht noch einmal. Wenn ihr es noch einmal tut, dann wird Chaos ausbrechen." Die allgemeine Annahme israelischer Experten ist, dass das Ausmaß des Angriffs den Iran nicht zur Reaktion zwingt. Dafür, dass mit Sicherheit sagen zu können, ist es aber noch zu früh, glaubt der Iran-Experte Menahem Merhavi von der Hebräischen Universität Jerusalem. "Ich denke, sie werden sich Zeit nehmen, um zu entscheiden, wie sie darauf reagieren. Das hängt auch von der öffentlichen Darstellung des Angriffs in Israel ab." Also zum Beispiel davon, ob sich die israelische Regierung offiziell zu der Attacke bekennt. Es könnte sein, dass die Eskalationsspirale zwischen dem Iran und Israel nun zu einem Ende gekommen ist und der, von so vielen befürchtete, Flächenbrand ausbleibt. Der Schattenkrieg zwischen beiden Ländern dürfte aber weiter gehen. Was ist der Hintergrund? Seit Beginn des Krieges nach dem Überfall der Terrormiliz Hamas im Gazastreifen greifen vom Iran unterstützte bewaffnete Gruppen in der Region wie die libanesische Hisbollah immer wieder Israel an. Bei einem Israel zugeschriebenen Angriff auf ein iranisches Konsulargebäude in Damaskus am 1. April wurden sieben Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden getötet. Als Vergeltung dafür griff Teheran am vergangenen Wochenende Israel mit mehr als 300 Drohnen und Raketen an, die jedoch fast alle abgefangen werden konnten. Es war der erste direkte Angriff Irans auf den Erzfeind. Israel kündigte daraufhin einen Gegenschlag an. Mit Informationen von Tim Aßmann, ARD-Studio Tel Aviv | /ausland/asien/iran-explosionen-was-bekannt-ist-100.html |
2024-04-19 | Globale Inflation im Rückwärtsgang | ifo-Experten-Umfrage | Nach Ansicht vieler Ökonomen dürfte die Teuerung in den kommenden Jahren weltweit nachlassen. Allerdings bleiben die Erwartungen zunächst über den Inflationszielen der Notenbanken. | Nach Ansicht vieler Ökonomen dürfte die Teuerung in den kommenden Jahren weltweit nachlassen. Allerdings bleiben die Erwartungen zunächst über den Inflationszielen der Notenbanken. Die Inflation wird nach Einschätzung von Ökonomen in den kommenden Jahren weltweit allmählich sinken. In diesem Jahr dürften die Verbraucherpreise global noch um durchschnittlich 4,6 Prozent zulegen. Das geht aus der vierteljährlichen Umfrage des Münchner ifo-Instituts und des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik hervor. An der Umfrage vom 12. bis zum 26. März haben 1508 Expertinnen und Experten aus 125 Ländern teilgenommen. Im kommenden Jahr soll die Teuerungsrate dann auf 4,4 Prozent fallen und 2027 noch 4,0 Prozent betragen. Bei der ermittelten Prozentzahl handelt es sich um den Median der durchschnittlich erwarteten Inflationsraten auf Länderebene. Der Median werde verwendet, weil sich die erwarteten Inflationsraten regional sehr stark unterscheiden würden. In individuellen Ländern und Regionen wie in Afrika seien die Raten drastisch höher als im Rest der Welt. Weltweit weiter hohe Inflation In den langfristigen Inflationserwartungen zeige sich jedoch ein stagnierender oder gar ansteigender Trend, so das Ergebnis der Befragung. Im vergangenen Quartal hatten die Erwartungen für das Jahr 2027 noch bei 3,6 Prozent gestiegen. "Im Vergleich zum vorherigen Quartal sind die Inflationserwartungen für dieses Jahr erneut gesunken", sagte ifo-Forscher Niklas Potrafke. "Doch gehen die Experten in der mittleren Frist von weiterhin recht hohen Inflationsraten weltweit aus, die über den Inflationszielen der Zentralbanken liegen." Langfristige Normalisierung in Westeuropa In Deutschland wird für dieses Jahr eine Inflationsrate in Höhe von 3,1 Prozent erwartet. Im März lag die Inflationsrate hierzulande bei 2,2 Prozent. Für Österreich rechnen die Ökonomen mit 4,2 Prozent, die Schätzung für die Schweiz beträgt 1,8 Prozent. In Westeuropa insgesamt liegen die Inflationserwartungen für 2024 mit 2,8 Prozent und in Nordamerika mit 3,1 Prozent deutlich unter dem weltweiten Durchschnitt. Für 2027 gehen die Ökonomen in Westeuropa mit 2,0 Prozent und Nordamerika (2,3 Prozent) sowie Nordeuropa (2,8 Prozent) und Südeuropa (2.6 Prozent) davon aus, dass die Inflationsraten fast wieder die von Zentralbanken angestrebte Inflationsrate von 2 Prozent erreichen. Zu den Regionen mit besonders hohen Inflationserwartungen zählen Südamerika und weite Teile Afrikas. Dort werden jeweils Inflationsraten von mehr als 20 Prozent vorausgesagt. Die höchsten langfristigen Inflationsraten werden in Ostafrika mit 41 Prozent und in Nordafrika mit 18 Prozent erwartet. Was bedeutet ein steigender Ölpreis? Im Kampf gegen die hohe Inflation haben viele Zentralbanken ihre Zinsen deutlich angehoben. Mit dem inzwischen nachlassenden Preisdruck wächst die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie ihre Zinsen wieder senken. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat für den Juni eine erste Zinssenkung signalisiert. Die US-Notenbank Fed dürfte in der zweiten Jahreshälfte nachziehen, wie viele Ökonomen erwarten. Sicher ist dies aber keineswegs. Sollten die Ölpreise aufgrund der Krise im Nahen Osten dauerhaft steigen, wären die Auswirkungen auf die Inflationsraten signifikant. Der Internationale Währungsfonds (IWF) macht folgende Rechnung auf: Steigen die Ölpreise um 15 Prozent infolge eines verschärften Nahost-Konfliktes, erhöht das die weltweite Inflationsrate um 0,7 Prozentpunkt, rechnet IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas vor. Das könnte auch die Notenbanken dazu zwingen, die Zinswende weiter zu verschieben. Eine Eskalation des Iran-Israel-Konflikts könne die Entscheidung noch beeinflussen, warnte bereits EZB-Ratsmitglied Gediminas Simkus. "Der verschärfte Konflikt im Nahen Osten mischt nun die Karten neu", sagt auch VP-Bank-Ökonom Gitzel. | /wirtschaft/weltwirtschaft/inflation-zinsen-ifo-teuerung-weltweit-100.html |
2024-04-19 | Wer hinter dem Bitcoin-Handel steckt | Kryptowährungen | Immer mehr Anleger spekulieren mit dem Bitcoin. Auch bei Großinvestoren wie Pensionsfonds wächst das Interesse an der bekanntesten Kryptowährung. Doch was passiert eigentlich hinter den Kulissen? Von Till Bücker. | Immer mehr Anleger spekulieren mit dem Bitcoin. Auch bei Großinvestoren wie Pensionsfonds wächst das Interesse an der bekanntesten Kryptowährung. Doch was passiert eigentlich hinter den Kulissen? Von Till Bücker Für die wichtigste Kryptowährung ist 2021 schon jetzt ein äußerst turbulentes Jahr. Anfang Januar erreichte der Bitcoin - erfunden im Jahr 2009 - ein neues Rekordhoch von mehr als 41.000 Dollar. Seitdem verlor die ursprünglich als Zahlungsmittel gedachte Digitalwährung zeitweise wieder stark an Wert - mit Kursverlusten von bis zu 20 Prozent innerhalb weniger Stunden. Zuletzt ging es dann wieder in die andere Richtung. So reichten etwa ein simpler Tweet von Tesla-Chef Elon Musk sowie Diskussionen von Privatanlegern in Internet-Foren aus, um den Kurs Ende der vergangenen Woche um 20 Prozent nach oben zu treiben. Diese Achterbahnfahrt bringt die mit einem Marktanteil von über 60 Prozent größte digitale Währung immer wieder in die Schlagzeilen. Branchenkenner berichten seit Längerem von einem wachsenden Interesse am Bitcoin: Neben Privatleuten steigen mittlerweile auch große institutionelle Investoren wie Banken, Versicherungskonzerne oder Fondsgesellschaften in den Markt ein. Erster "Krypto-Fonds" in Deutschland Das bemerkt auch Patrick Karb, Geschäftsführer bei der Frankfurter Hauck & Aufhäuser Innovative Capital GmbH. "Wir sehen große Nachfrage von Investoren, besonders auf institutioneller Seite", sagt er im Gespräch mit tagesschau.de. Aus diesem Grund gründete die Privatbank Hauck & Aufhäuser im September die Tochtergesellschaft und legte zu Beginn des Jahres den ersten Fonds der deutschen Finanzindustrie auf, der ausschließlich aus digitalen Werten wie dem Bitcoin besteht. Dabei kooperiert das Bankhaus mit dem Berliner Fintech Kapilendo, das die Rolle des Kryptoverwahrers übernimmt - also desjenigen, der die umfangreichen Rechencodes verwaltet und sichert, aus denen die E-Währung besteht. Die Nachfrage der Kunden, von kleinen semiprofessionellen Anlegern über Versorgungswerke, Pensionskassen und andere Investmentfonds bis hin zu MDAX-Konzernen, sei enorm. Das liege auch an der jüngsten Entwicklung des Bitcoins. "Auch medial wurde das Thema stark verbreitet, sodass Kryptowährungen nicht nur im privaten, sondern auch im institutionellen Bereich beliebter wurden", sagt Karb. Gerade in der Corona-Krise würden Alternativen gesucht - der Bitcoin diene sozusagen auch als Fluchtwährung. Überwiegend Männer investieren in Bitcoin Aktuell ist der Anteil institutioneller Anleger weltweit noch sehr gering. "Von den derzeit etwa 700 Milliarden US-Dollar in Bitcoin ist etwa ein Prozent institutionelles Geld", sagte zuletzt Jeff Currie, Rohstoffchef bei der US-Großbank Goldman Sachs, gegenüber dem Sender CNBC. Der Großteil wird von Privatleuten gehandelt. Unter diesen Krypto-Anlegern sind laut einer aktuellen Untersuchung von rund 100.000 Investorenprofilen einer großen deutschen Online-Bank 90 Prozent Männer. Andere typische Merkmale sind ein vergleichsweise hohes Einkommen und eine gewisse Technikaffinität, fanden Wissenschaftler des Frankfurter Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung in der Studie heraus. Doch wie funktioniert dieser Handel eigentlich? Kaum Regulierung "Bevor wir handeln, beobachten wir die Preise etwa auf den Plattformen Coinmarketcap oder Bitstamp", erklärt Fondsmanager Karb. Auch die Öffnung und Schließung der ausländischen traditionellen Börsen sei beim Kaufzeitpunkt relevant. "Wir sehen schon eine Korrelation zwischen dem Kryptomarkt und dem herkömmlichen Markt. Die gesamtwirtschaftliche Großlage wirkt sich in vielen Fällen auch auf den Bitcoin aus", so der Banker. So habe er etwa auch vom Streit um die Spekulationen der Gamestop-Aktie profitiert. Gerade am Wochenende gebe es dagegen häufig weniger schwankende Preise. Die Gesetze der Bitcoin-Entwicklung seien insgesamt kompliziert und nicht immer rational. Die Bank geht beim Handel nicht direkt über spezielle Kryptobörsen, weil diese zum großen Teil keine ausreichende Zulassung in Deutschland hätten, erläutert Karb. "Wir wollten vermeiden, dass wir die Bitcoins von Quellen erhalten, die wir nicht eindeutig identifizieren können." Auf der Blockchain, der Technologie hinter dem Bitcoin und eine Art digitales Logbuch, seien die Herkunftsquellen nun einmal unbekannt. Deshalb habe Hauck & Aufhäuser als Broker das Frankfurter Bankhaus Scheich zwischengeschaltet, das ebenfalls einen zugelassenen Kryptoverwahrer habe. Damit sei das Geldwäscherisiko zumindest reduziert, meint Karb. "Wenn wir eine Transaktion in Auftrag geben, wird dieser von Kapilendo verifiziert, freigegeben und die Order übermittelt. Daraufhin deckt sich das Bankhaus Scheich am Kryptomarkt über verschiedene Börsen wie Coinbase oder Kraken ein und stellt uns die Bitcoins in der Wallet des Fonds zur Verfügung." Banken können als Broker fungieren Die Software für das Bankhaus Scheich oder auch das Münchener Bankhaus von der Heydt, das Ende des ersten Quartals eine Krypto-Handelsplattform für institutionelle Anleger starten will, entwickelt die Frankfurter Firma Blocksize Capital. Sie sorgt dafür, dass die Banken als Broker fungieren können. Die Technologie bündelt die Liquidität von 50 Kryptobörsen, wie Geschäftsführer Christian Labetzsch berichtet. Innerhalb von 100 Millisekunden werde so der bestmögliche Preis erkannt und die Transaktion sofort umgesetzt. Normalerweise gebe es im Kryptohandel - anders als beim Aktienmarkt - keinen Mittelsmann wie eine Bank oder einen Broker, erklärt Leon Berghoff, Absolvent der Frankfurt School of Finance & Management, gegenüber tagesschau.de. Ausnahmen sind in Deutschland etwa die Börse Stuttgart mit der App BISON und der BSDEX (Börse Stuttgart Digital Exchange) oder die Berliner Krypto-Bank Bitwala. Meist richteten sich Anleger aber direkt einen Account bei der Börse ein, was sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringe. "Der Handel ist erstmal viel transparenter: Man kann anhand den Handelsdaten genau sehen, was an der Kryptobörse passiert", meint Berghoff. Ein weiterer Vorteil liege in den relativ geringen Transaktionskosten. Ein Risiko sei dagegen die Verwahrung. Beim regelmäßigen Handel müsse die Kryptowährung auch bei der Börse gelagert werden. "Es kann vorkommen, dass Börsen Hackerangriffen ausgeliefert sind und das Geld verschwindet", warnt Berghoff. Die bekannteren Börsen seien mittlerweile aber professioneller und besser geschützt. Auch die fehlende Regulierung und staatliche Sicherheit können für private Investoren zum Problem werden. Wie gelangt ein Bitcoin zum Käufer? Leon Berghoff ist ein sogenannter quantitativer Trader beim Startup Sixtant - und damit mitverantwortlich, dass Anleger Bitcoins überhaupt kaufen können. Die Firma ist ein global agierender Hochfrequenzhändler im Krypto-Bereich. In der Regel haben solche Händler Verträge mit Kryptobörsen wie FTX, Binance, Bitstamp oder Bitso und sorgen dafür, dass dort immer genügend Bitcoins vorhanden sind. Dafür bekommen sie im Gegenzug eine Gebühr. "Wenn ein Anleger eine Kryptowährung kaufen oder verkaufen will, sind wir zu jeder Zeit bereit, die Gegenpartei für diesen Handel zu sein", erklärt Berghoff. Da diese Transaktionen sehr oft stattfinden, führen die Hochfrequenzhändler mehrere Trades pro Sekunde aus. Dadurch soll die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufspreis gering gehalten werden. Sixtant leiht sich die Coins entweder bei der jeweiligen Börse oder kauft sie am freien Markt. Damit diese Firmen, in der Finanzwelt als "Market Maker" bekannt, anschließend aufgrund der extremen Schwankungen des Bitcoins nicht dem Kursrisiko ausgesetzt sind, sichern sie sich zusätzlich innerhalb von Millisekunden gegen Kursverluste ab. "Wir stehen immer auf der falschen Seite des Handels", so Berghoff. Wenn der Markt hochgehe, müsse er den Bitcoin verkaufen - das Gegenteil von erfolgreichem Investieren. "Wenn wir von jemandem Bitcoins kaufen, versuchen wir so schnell es geht, die Währung wieder zu verkaufen oder kaufen ein Derivat, mit dem wir den Bitcoin shorten." Durch dieses Wetten auf fallende Kurse als Gegengeschäft wird das Risiko minimiert. Prognosen durch Algorithmen Zudem gibt es bei vielen Unternehmen in der Szene auch eine Abteilung, die durch den eigenen Handel am freien Markt Profite macht. Dabei geht es darum, bestimmte Entwicklungen des Bitcoins Minuten oder Sekunden vorher zu prognostizieren, wie Berghoff erklärt. Beim quantitativen Handel funktioniere das automatisch. Als Händler ist er rund um die Uhr beschäftigt. "Im Gegensatz zu einem Aktienhändler geht ein Tag als Krypto-Trader 24 Stunden, da die Kryptobörsen zu jeder Zeit geöffnet haben - 365 Tage im Jahr", sagt der Experte. Auch über Nacht könne sehr viel passieren, weil Kryptowährungen stark schwanken. "Das heißt: Zunächst checke ich das System und schaue, wie die Algorithmen gehandelt haben und ob es technische Probleme gab", so Berghoff. Die Sixtant-Mitarbeiter seien auf der Welt verteilt, um das System und die Märkte zu jeder Zeit zu untersuchen. "Mehr Bildschirme, als ich zugeben würde" Ansonsten habe das algorithmische Trading sehr viel mit Programmieren von Codes zu tun. "Wir besorgen uns historische Daten für einzelne Kryptowährungen auf bestimmten Börsen: Zum Beispiel schaue ich mir die Preisdaten des Bitcoins pro Minute über die vergangenen drei Jahre an und versuche darin, Anomalien zu finden", erklärt Berghoff. Auf dieser Grundlage entwickele er schließlich einen Algorithmus, der diesen Effekt im Handel berücksichtigt: "Wenn es in der Vergangenheit funktioniert hat, hoffen wir, dass es auch in der Echtzeit klappt." Vergleichbar sei etwa der sogenannte "Montags-Effekt" aus dem Aktienhandel. Dieser besagt, dass der Montag der traditionell schwächste Wochentag an der Börse ist. Im Kryptohandel sei das aber deutlich komplexer, so Berghoff. Durch Ausnutzen von Anomalien werde versucht, im Eigenhandel Gewinne zu erzielen. Darüber hinaus müsse ein Hochfrequenzhändler an einem Trader-Tag die Codes und technischen Zusammenhänge überprüfen und mögliche Fehler beheben. Dafür habe er, sagt Berghoff, "mehr Bildschirme an meinem Arbeitsplatz, als ich zugeben würde." | /wirtschaft/finanzen/bitcoin-handel-kryptowaehrungen-trading-101.html |
2024-04-19 | Wie Bitcoins funktionieren | Boom der Kryptowährungen | Der Bitcoin wird inzwischen über 41.000 Dollar gehandelt. Doch was ist eine Kryptowährung überhaupt? Welche Technologie steckt dahinter? Gibt es Kontrollen? Antworten auf die wichtigsten Fragen. Von Till Bücker. | Der Bitcoin wird inzwischen über 41.000 Dollar gehandelt. Doch was ist eine Kryptowährung überhaupt? Welche Technologie steckt dahinter? Gibt es Kontrollen? Antworten auf die wichtigsten Fragen. Von Till Bücker Was sind Kryptowährungen? Kryptowährungen waren ursprünglich als digitales Zahlungsmittel gedacht. Um zu gewährleisten, dass die Daten, die diesen Währungen zugrunde liegen, sicher sind, basieren sie auf den Prinzipien der Kryptographie, also der Wissenschaft der Verschlüsselung von Daten. Mit dieser Art von Währung kann transparent, anonym und innerhalb von wenigen Minuten Geld über das Internet versendet werden. Was ist der Bitcoin? Der Bitcoin - erfunden im Jahr 2009 - bedeutet übersetzt "digitale Münze" und ist mit einem Anteil von rund 70 Prozent die mit Abstand größte, älteste und bekannteste Digitalwährung. Die Marktkapitalisierung beträgt nach Berechnungen der Plattform Coinmarketcap.com derzeit mehr als 770 Milliarden Dollar. Alle Digitalwährungen zusammen kommen demnach auf insgesamt 1,1 Billionen Dollar. Der Wert eines Bitcoin schwankt seit Jahren massiv. Auf gigantische Kurseinbrüche folgten rasante Rallys, auf neue Rekorde der nächste Absturz. Daher scheint die Währung als Zahlungsmittel nicht besonders gut geeignet, sondern wird derzeit eher zur spekulativen Geldanlage genutzt. Welche Technologie steckt dahinter? Die Technologie hinter dem Bitcoin heißt Blockchain und ist "open source", also öffentlich einsehbar. Wie in einem digitalen Logbuch können Daten sicher, aktuell und transparent übermittelt werden. Diese "Block-Kette" besteht aus unendlich vielen (Daten-)Blöcken, in denen alle Transaktionen gespeichert werden. Die Blockchain aktualisiert sich alle zehn Minuten, damit alle Nutzer über dieselbe "Wahrheit" verfügen. Neben dem Bezahlen mit Kryptowährungen bietet die Technologie auch Möglichkeiten für Unternehmen: Sie können auf ineffiziente zwischengeschaltete Instanzen verzichten sowie zum Beispiel Lieferketten schneller steuern und überwachen. Die Blockchain kann dazu verwendet werden, bei Kunden um Vertrauen zu werben. Sie können auf diese Weise etwa Produktionsbedingungen nachverfolgen und die Echtheit von Daten prüfen. Wie wird der Bitcoin kontrolliert? Die Kontrolle ist einer der großen Unterschiede zu herkömmlichen Devisen. Hinter den digitalen Zahlungsmitteln steht kein Staat und auch keine Notenbank. Sie werden dezentral kontrolliert. Alle Informationen werden auf der Blockchain gespeichert und können nicht geändert werden, ohne dass es auffällt. Fälschungen sind deshalb nach bisherigem Forschungsstand nicht möglich. Die Blockchain ist wie eine Datenbank, in der alles nachvollzogen werden kann. Die Verschlüsselung der Transaktionen läuft über alle Computer im Bitcoin-Netzwerk. Weltweit bestätigen die sogenannten "Miner" die Korrektheit von Transaktionen und speichern sie in einem Block der Kette. Wie werden Bitcoins hergestellt? In riesigen "Mining-Farmen" in Ländern mit niedrigen Strompreisen. Dort rechnen zahlreiche Computer rund um die Uhr, um die nächste Rechenaufgabe zu lösen. Immer mehr professionelle Farmbetreiber dominieren den Markt. Steigt der Kurs eines Bitcoins, so erzielt ein "Miner" höhere Einnahmen. Das Problem: Das "Mining" ist ein kostspieliges und energieintensives Unterfangen, das Ressourcen und Umwelt belastet. Aufgrund hoher Strompreise haben private "Miner" mittlerweile kaum noch eine Chance. Denn je mehr "Miner" sich auf die Suche nach neuen Blöcken machen, desto höher ist der Schwierigkeitsgrad der Rechenaufgabe, die sogenannte Hash-Rate. Für die Bereitstellung ihrer Rechenkapazität und die wechselseitigen Kontrollen erhalten die "Miner", deren Hardware zuvor den neuesten Block gefunden hat, Bitcoins. Alle vier Jahre halbiert sich die Belohnung. Zuletzt fand das "Halving" im vergangenen Mai statt - zum dritten Mal in der Geschichte. Bis dahin betrug die Belohnung noch 12,5 Bitcoins, seitdem sind es 6,25. Damit die Währung nicht inflationär wird, sind insgesamt nur 21 Millionen Bitcoins verfügbar. Schätzungsweise erst im Jahr 2140 werden alle Bitcoins geschürft sein. Wie entsteht der Preis? Dem Bitcoin ist kein realer Wert unterlegt. Der Preis basiert ausschließlich auf dem Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage. Auch eine Wechselkurspolitik wie bei traditionellen Währungen gibt es nicht. Aber: Wie bei klassischen Währungen wie dem Euro oder dem Dollar spielt auch bei den Kryptowährungen Vertrauen eine große Rolle. Ist die Nachfrage höher als das Angebot, klettert der Preis für einen Bitcoin - und andersherum. Warum befindet sich der Bitcoin auf Rekordhoch? Da die Nachfrage nach Bitcoins in den vergangenen Monaten meist das Angebot deutlich überstiegen hat, hat sich der Preis rasant nach oben entwickelt. Zum einen liegt das daran, dass durch das "Halving" im Frühjahr das Angebot tendenziell verknappt wurde. Zugleich stieg die Nachfrage. Immer mehr Banken, Firmen, Emittenten und Börsen binden die digitale Währung in ihr Geschäft ein. Auch das Interesse der Öffentlichkeit hat sich 2020 enorm gesteigert. Dies ist nicht zuletzt Folge eines Vorstoßes des großen Bezahldienstes PayPal, der seinen Kunden die Bezahlung in Digitalwährungen wie Bitcoin ermöglichen will. Mittlerweile ist aus dem Bitcoin eine eigene Anlageklasse geworden. Neben Privatanlegern steigen auch professionelle Anleger wie Vermögensverwalter oder Fondsanbieter in den Markt ein und mischen den Bitcoin zur Diversifizierung ihren Portfolios bei. Gerade durch die Corona-Pandemie und die damit weiter ausufernde Staatsverschuldung fürchten einige Investoren eine steigende Inflation. Dagegen wollen sie sich mit alternativen Anlagen absichern. Da der Bitcoin in seiner Anzahl nach oben begrenzt ist, bietet er eine Art Schutz. Zudem zieht die Kryptowährung viele Spekulanten an, die keinen Höhenflug verpassen wollen. Wie funktioniert die Nutzung und der Handel? Um den Bitcoin zu nutzen oder mit ihm zu handeln, ist eine digitale Geldbörse ("Wallet") nötig. Darin können die Bitcoins verwaltet werden. Sie ermöglicht den Zugriff auf die verknüpften Adressen in der Blockchain. Die Bitcoins selbst sind dort gespeichert. Der Unterschied zu einem Bankkonto ist, dass nicht der Name in der Kontoadresse steht, sondern eine kryptische Zahl, die den Inhaber anonym bleiben lässt. Davon können beliebig viele angelegt werden. Die Zugangsdaten dürfen nicht verloren werden, denn ein Zugriff ist dann nicht mehr möglich. Auch wenn mit PayPal ein großer Anbieter bald Bitcoins als Zahlungsmethode akzeptiert, ist die Akzeptanz als Zahlungsmittel noch recht gering. Ohne das technische Know-How und das Vertrauen in das dezentrale Netzwerk dürfte das wohl auch noch etwas dauern. | /wirtschaft/finanzen/bitcoin-faq-103.html |
2024-04-19 | Was die Verknappung des Bitcoin bedeutet | "Halving" der Kryptowährung | Am Wochenende könnte es zum nächsten sogenannten Halving beim Bitcoin kommen - einer künstlichen Verknappung. Ob es die Kurse der Kryptowährung tatsächlich beeinflusst, darüber wird gestritten. Worum geht es konkret? | Am Wochenende könnte es zum nächsten sogenannten Halving beim Bitcoin kommen - einer künstlichen Verknappung. Ob es die Kurse der Kryptowährung tatsächlich beeinflusst, darüber wird gestritten. Worum geht es konkret? Anlegerinnen und Anleger, die auf den Bitcoin setzen, fiebern derzeit einem weiteren sogenannten Halving entgegen. Für Kryptofans verknappt es die begehrte Ware und steigert damit ihren Wert. Kritiker bezeichnen es dagegen als simple technische Änderung, die von Spekulanten aufgebauscht wird, um den Kurs nach oben zu treiben. Was ist das Halving überhaupt? Bei der Programmierung der Kryptowährung haben der oder die Erfinder mit dem Pseudonym Satoshi Nakamoto die Zahl der digitalen Münzen auf maximal 21 Millionen begrenzt. Die Bitcoins sollen nicht auf einen Schlag ausgeschüttet werden - auch um eine Inflation zu verhindern. Aktuell sind etwa 19 Millionen davon im Umlauf. Die maximale Menge wird voraussichtlich im Jahr 2140 erreicht. Die Bitcoin-Bestände werden nach und nach durch das Lösen von komplexen Rechenaufgaben verfügbar gemacht. Die Belohnung für die Herstellung - auch "Schürfen" oder "Mining" genannt - halbiert sich in bestimmten Abständen automatisch. Das ist das Halving. Wie wird Bitcoin hergestellt? Bitcoin wird meist in riesigen "Mining-Farmen" in Ländern mit niedrigen Strompreisen hergestellt. Dort rechnen zahlreiche Computer rund um die Uhr, um die nächste Rechenaufgabe zu lösen. Das "Schürfen" ist ein kostspieliges und energieintensives Unterfangen, das Ressourcen und Umwelt belastet. Aufgrund hoher Strompreise haben private "Miner" mittlerweile kaum noch eine Chance gegen professionelle Farmbetreiber. Denn je mehr von ihnen sich auf die Suche nach neuen Blöcken machen, desto höher ist der Schwierigkeitsgrad der Rechenaufgabe, die sogenannte Hash-Rate. Die Informationen einer Transaktion werden verschlüsselt in einer Datenbank im Bitcoin-Netzwerk aneinandergehängt. Weltweit bestätigen die "Miner" die Korrektheit und speichern sie in einem Block der Kette. Für die Bereitstellung ihrer Rechenkapazität und die wechselseitigen Kontrollen erhalten die "Miner", deren Hardware zuvor den neuesten Block gefunden hat, eine bestimmte Zahl an neu geschaffenen Bitcoins. Die sogenannte Blocksubvention ("Block Subsidy") soll die Miner dazu bringen, das Netzwerk zu sichern. Gleichzeitig werden damit neue Bitcoins herausgegeben. Beim Halving erhalten "Schürfer" nun also für dieselbe Arbeit nur noch die Hälfte an digitalen Münzen. Dies macht das "Schürfen" finanziell unattraktiver und reduziert die Bitcoin-Produktion. Wann kommt es zum Halving? Zirka alle vier Jahre halbiert sich die Belohnung für das "Schürfen". Zu Beginn des Bitcoin-Zeitalters 2009 betrug sie noch 50 Bitcoin pro neuem Block. Daraus wurden mit dem ersten Halving 2012 dann 25 Digitalmünzen. Zuletzt fand es schließlich im Mai 2020 statt - zum dritten Mal in der Geschichte. Bis dahin betrug die Belohnung noch 12,5 Bitcoin, seitdem sind es 6,25. Generell gibt es für das Halving kein festes Datum, sondern eine bestimmte Anzahl geschürfter Bitcoin. Jedes Mal, wenn 210.000 neue Blöcke gefunden wurden, halbiert sich die Entlohnung. Experten tippen nun darauf, dass es an diesem Wochenende wieder so weit sein wird. Denn nach dem technischen Protokoll des Bitcoin wird morgen früh das vierte Halving umgesetzt. Was hat das Ganze mit dem Bitcoin-Kurs zu tun? Einige Marktteilnehmer sehen im Halving eine Verknappung des Angebots, das bei einer unveränderten Nachfrage den Wert in die Höhe treibt. "Durch die Kürzung der Belohnung für 'Miner' auf 3,125 Bitcoin wird die Menge der Token, die in das System eingeführt werden, erneut halbiert", erläutert Eric Demuth, Mitgründer und CEO der Krypto-Handelsplattform Bitpanda. "Nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage könnte dies zu einem Anstieg des Bitcoin-Preises führen, wenn die Nachfrage weiterhin die nun kleiner werdende Angebotsausweitung übersteigt." Andere Fachleute argumentieren dagegen, dass die Halvings absehbar und daher in den Kursen bereits enthalten sind. Außerdem könnte das Schürfen weniger rentabel werden, was auch den Preis beeinflussen könnte. "Anleger sollten es tunlichst vermeiden das Halving als Garantieschein für weiter steigende Kurse zu erachten", meint Timo Emden von Emden Research. Das Gesamt-Angebot an Bitcoin hängt vor allem an den Beständen der "Schürfer". Allerdings gibt es kaum Daten darüber. Die Folgen des Halvings für die "Miner" sind also unklar. "In der Tat könnte das Halving dazu führen, dass weniger effiziente oder kostspielige 'Miner' aus dem Markt ausscheiden, vornehmlich solche, die auf veraltete oder weniger effiziente Prozesse und Hardware setzen - oder schlichtweg zu hohe Energiekosten haben", sagt Demuth. Seiner Einschätzung nach könnte aber auf der anderen Seite auch ein starker Preisanstieg folgen, was wiederum dazu führe, dass das "Mining" für die meisten Marktteilnehmer rentabel bleibe. "Das ist jedoch alles sehr spekulativ. Was sicher ist: Die professionellen 'Miner' konnten und haben sich seit langer Zeit auf das Halving vorbereitet und werden auch danach noch profitabel arbeiten können." Die "Mining"-Landschaft werde sich verändern, glaubt Demuth. "Allerdings denke ich nicht, dass das große Auswirkungen auf das Netzwerk haben wird." Wie war die Kursentwicklung bei früheren Halvings? Kryptounternehmer Peter Grosskopf vom Berliner Fintech Unstoppable Finance verweist darauf, dass es in der Vergangenheit immer einen Anstieg vor und nach dem Halving gegeben habe. "Den Anstieg vor dem Halving konnten wir in den jüngsten Monaten bereits beobachten. Märkte sind Psychologie. Daher kann es sein, dass sich die Geschichte hier noch mal wiederholt. Aber ich bin kein Wahrsager und halte mich normalerweise mit Prognosen und Spekulation zurück." Tatsächlich gibt es eigentlich auch keine Beweise, dass es wirklich die Halvings waren, die den Bitcoin-Kurs in die Höhe getrieben haben. Beim bislang letzten Halving 2020 stieg der Preis in der Woche danach zwar um zwölf Prozent, und einige Monate darauf begann eine größere Rally. Als Gründe hierfür wurden jedoch überwiegend andere Gründe genannt - von der lockeren Geldpolitik der Notenbanken bis hin zu Kleinanlegern, die wegen der Pandemie-bedingten Einschränkungen ihr Geld in Bitcoins statt in Freizeitaktivitäten steckten. Beim Halving von 2016 kam die Cyber-Devise in der Woche danach auf ein Plus von gerade einmal 1,3 Prozent. Einige Zeit später setzte ein Kursrutsch ein. Wie geht es denn nun weiter? Weil der Kryptomarkt kaum reguliert ist, lässt sich im Vergleich zu anderen Anlageklassen nur schwer nachvollziehen, wer kauft und warum. Allein seit Jahresbeginn hat der Bitcoin zeitweise rund 50 Prozent zugelegt und damit die Erinnerungen an den dramatischen Kursverfall nach November 2021 verblassen lassen - auch wenn der Angriff des Iran auf Israel sowie Gewinnmitnahmen das überhitzte Bitcoin-Geschäft in den vergangenen Tagen wieder stark abkühlten. Als häufigster Grund für die Rally der vergangenen Wochen, die den Kurs auf über 60.000 Dollar steigen ließ, nennen Börsianer die US-Zulassung von Bitcoin-ETF sowie die Aussicht auf fallende Zinsen. In der hochspekulativen Welt des Kryptohandels können solche Erklärungen aber schnell ein Eigenleben führen und sich zu selbst erfüllenden Prophezeiungen entwickeln. Bei vielen traditionellen Anlegerinnen und Anlegern herrscht daher trotz der aktuellen Rekordkurse keine Euphorie. Sie erwarten nicht, dass sich der Bitcoin-Kurs in Richtung 100.000 Dollar oder höher entwickeln könnte. Nach einer Umfrage der Deutschen Bank sind zumindest die Verbraucher in den USA über die Wertentwicklung des Bitcoins geteilter Meinung: Danach erwartet etwa ein Drittel, dass die Kryptowährung bis zum Ende des Jahres unter 20.000 Dollar fallen wird. Nur jeder Zehnte der über 3.600 Befragten sieht den Bitcoin bis zum Jahresende über 75.000 Dollar. 40 Prozent denken, dass der Bitcoin in den kommenden Jahren florieren wird, während 38 Prozent sein Verschwinden erwarten. Wegen der großen Unsicherheiten sehen die deutschen Verbraucherzentralen im Bitcoin ohnehin keine geeignete Geldanlage für Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie verweisen auf die Risiken: "Hier sind insbesondere die massiven Kursschwankungen bis hin zum Totalverlust und die fehlenden Sicherungssysteme zu nennen." Mit Informationen von Till Bücker, ARD-Finanzredaktion. | /wirtschaft/finanzen/kryptowaehrungen-bitcoin-halving-100.html |
2024-04-19 | Isfahan - das Zentrum der iranischen Atomforschung | Mutmaßlicher Angriff auf den Iran | Die Universitätsstadt Isfahan gilt als Zentrum der iranischen Kernforschung. Aber auch Drohnen werden dort produziert, die Russland für Angriffe auf die Ukraine nutzt. Von Peter Mücke. | Die Universitätsstadt Isfahan gilt als Zentrum der iranischen Kernforschung. Aber auch Drohnen werden dort produziert, die Russland für Angriffe auf die Ukraine nutzt. Von Peter Mücke, NDR 1984 begann der Iran mit der Inbetriebnahme des Forschungszentrums in der Nähe der Universitätsstadt Isfahan. Bis dahin hatte Staatsoberhaupt Ajatollah Ruhollah Khomeini die Atomenergie für "unislamisch" erklärt und sämtliche Forschungsarbeiten untersagt. Nach dem Ende des Iran-Irak-Krieges 1988 suchte das Land verstärkt nach ausländischen Partnern. Inzwischen betreibt der Iran in der Anlage drei kleine von China gelieferte Forschungsreaktoren, die auch zur Produktion von Brennstäben dienen. In den Anlagen von Isfahan kann Uran in das gasförmige Uranhexafluorid umgewandelt werden - ein notwendiger Ausgangsstoff für angereichertes Uran, das zum Bau von Atombomben benötigt wird. In Isfahan befinden sich außerdem eine große Luftwaffenbasis der Armee und eine Fabrik zum Bau von Drohnen, die nach US-Angaben auch von der russischen Armee zum Angriff auf die zivile Infrastruktur in der Ukraine genutzt wurden. Montiert werden die Drohnen in mehreren Hangars am Flughafen der Stadt. Der Iran bestreitet, seit Beginn des Krieges Drohnen für Russland im Land zu bauen. In den vergangenen Jahren hat der Iran eine große Drohnen-Produktion aufgebaut. So hat die Iran Aircraft Manufacturing Industrial Company (HESA) hat eine ganze Palette von recht einfachen Kamikazedrohnen bis hin zu modernen Tarnkappendrohnen entwickelt und exportiert die Waffen in zahlreiche Länder. Drohnen kommen verstärkt in militärischen Konflikten weltweit zum Einsatz. Atomabkommen gescheitert Die USA, Frankreich, Großbritannien, Deutschland sowie Russland und China hatten 2015 ein Atomabkommen mit dem Iran geschlossen. Es sollte verhindern, dass Teheran Atomwaffen entwickelt. 2018 stiegen die USA unter ihrem damaligen Präsidenten Donald Trump einseitig aus dem Abkommen aus. Daraufhin hielt sich auch der Iran schrittweise nicht mehr an seine Verpflichtungen. Die Verhandlungen über eine Wiederbelebung des Abkommens blieben seither ergebnislos. Zuletzt hatte sich der Chef der Internationalen Atombehörde (IAEA), Rafael Grossi, besorgt angesichts einer deutlich gestiegenen Menge an angereichertem Uran geäußert, über das der Iran verfügt. Grossi rief den Iran dazu auf, bei der Überwachung des iranischen Atomprogramms durch seine Organisation wieder "vollständig zu kooperieren". | /ausland/asien/isfahan-atomanlage-iran-100.html |
2024-04-19 | Und jetzt geht's rückwärts ... | Social-Media-Trend | Rückwärtslaufen soll Schmerzen bei Arthrose lindern und Körperkoordination verbessern. Das verspricht zumindest TikTok. Was dran ist am Trend. Von Richard Kraft. | Rückwärtslaufen soll Schmerzen bei Arthrose lindern und Körperkoordination verbessern. Das verspricht zumindest TikTok. Was dran ist am Trend. Von Richard Kraft, SWR Seit knapp einem Jahr berichten immer mehr Menschen von ihrer neuen Trainingsroutine: Rückwärtslaufen. Auf Social Media sprechen sie von immensen gesundheitlichen Vorteilen, die damit einhergehen. Doch die sozialen Medien gelten - sicherlich zurecht - nicht als das seriöseste Instrument, um sich faktenbasiert über einen Sachverhalt zu informieren. Was sagt die Wissenschaft zu diesem Trend? Das verspricht der Rückwärtslaufen-Trend Grundsätzlich tut körperliche Betätigung dem Körper gut, sei es ein einfacher Spaziergang oder Joggen. Das gilt auch beim Vorwärtslaufen. Jedoch soll Rückwärtslaufen laut verschiedener User auf TikTok darüber hinaus eine ganze Reihe weiterer positiver Effekte haben: Verbesserte Beweglichkeit der Oberschenkel, Linderung von Knieschmerzen, Verbesserung der Haltung, Schärfung des Verstands, Verbesserung der Körperkoordination und -wahrnehmung, verbessertes Erinnerungsvermögen und höhere Problemlösungsfähigkeiten. Rückwärtsgehen schon vor 200 Jahren im Trend Bisher gibt es nur wenige Studien zur Wirksamkeit von Rückwärtslaufen. Dabei ist der Trend gar nicht so neu: Bereits im 19. Jahrhundert gab es die ersten Berichte von Menschen, die Hunderte, teilweise sogar Tausende Meter rückwärtsgelaufen sind. Ein besonderer Höhepunkt ereignete sich 1915. Bei einer Wette schaffte es Patrick Harmon, von San Francisco nach New York zu laufen. Unabhängigen Zeitungsberichten zufolge soll er diese Strecke nur rückwärts gelaufen sein. Inwieweit das Rückwärtslaufen hier gesund für ihn war, ist schwer nachzuvollziehen, jedoch lohnt sich dafür ein Blick auf die aktuelle Forschungslage. Unterschiede zwischen Vorwärts- und Rückwärtslaufen Rückwärtslaufen ist nämlich nicht einfach das genaue Gegenteil von Vorwärtslaufen. Tatsächlich erfordert Rückwärtslaufen eine höhere kognitive Kontrolle. Besonders der präfrontale Kortex wird dabei verstärkt beansprucht. Dieses Hirnareal ist unter anderem dafür zuständig, Handlungen zu planen und auszuführen. Dass dieses Areal bei eher ungewohnten Aktivitäten wie dem Rückwärtslaufen aktiver ist, ergibt Sinn. Denn das Gehirn kann sich beim Rückwärtslaufen weniger auf visuelle Reize verlassen, um eine Bewegung zu kontrollieren und ist daher gezwungen, Handlungen präziser auszuführen. Rückwärtslaufen ist nicht gleich die Spiegelung von Vorwärtslaufen Aber auch der Bewegungsablauf selbst ist anders: Beim Rückwärtslaufen werden die Oberschenkel- und Gesäßmuskulatur noch stärker als beim Vorwärtsgehen beansprucht. Eine höhere Aktivität des Quadrizeps - verortet an der Oberschenkelvorderseite - führt zum Beispiel zu einer Dehnung des Knies, wodurch (ersten Studien zufolge) Knieschmerzen reduziert werden können. Ebenfalls wird durch die andere Motorik beim Rückwärtslaufen die Innenseite des Knies entlastet. Dort entwickeln ältere Menschen bevorzugt Arthritis. Insgesamt führt die höhere Aktivität verschiedener Muskelgruppen und Hirnareale auch dazu, dass beim Rückwärtslaufen mehr Kalorien verbrannt werden. Wissenschaftliche Hinweise auf positive Wirkung In der therapeutischen Praxis konnte in vielen Fällen bereits eine positive Wirkung gezeigt werden. Forschende haben dazu die Ergebnisse verschiedener Studien ausgewertet. Dabei kam heraus, dass Rückwärtslaufen in der Reha durchaus einen positiven Einfluss auf die Balance bei Parkinson-Patienten und bei Schlaganfall-Patienten haben kann. Dennoch wurde betont, dass zwar ein Effekt beobachtet werden kann, jedoch die Studienlage aktuell noch sehr dünn sei. Deshalb müsse in Zukunft weiter daran geforscht werden, um die jetzigen Ergebnisse zu untermauern. Weitere Studien konnten bereits zeigen, dass eine Therapie mit Rückwärtslaufen bei Patienten mit Osteoarthritis sinnvoll ist und sogar zu einer Linderung der Schmerzen führen könnte. Auch im Leistungssport wird Rückwärtslaufen bereits eingesetzt. Einer Studie zufolge hat dieses Training auch bei verletzten Sportlern Erfolg gezeigt. Bei Knieverletzungen konnte so die Beinmuskulatur wiederaufgebaut werden, trotz einer Entlastung des Kniegelenks. Weitere Forschung erforderlich Die enthusiastische Darstellung der Vorteile des Rückwärtsgehens auf Social Media kann wissenschaftlich nicht vollständig belegt werden - zumindest mit der aktuell noch dünnen Studienlage. Expertinnen und Experten empfehlen, beim Rückwärtslaufen entweder auf ein Laufband zu gehen oder von einer zweiten Person begleitet zu werden, um keine Gefahr für den Straßenverkehr darzustellen. Die fehlende Sicht fördert zwar das Umlenken auf andere kognitive Prozesse, kann aber im schlimmsten Fall auch ein akutes Sicherheitsrisiko darstellen. | /wissen/gesundheit/rueckwaertslaufen-tiktok-100.html |
2024-04-19 | Sorgen auf Sulawesi | Vulkanausbruch in Indonesien | In Indonesien ist der Vulkan Ruang nahe der Insel Sulawesi ausgebrochen. Lava, Rauch und Gestein werden immer mehr zum Problem für die Bewohner der Region. Noch immer gibt es eine Tsunami-Warnung. Von A.Henkel. | In Indonesien ist der Vulkan Ruang nahe der Insel Sulawesi ausgebrochen. Lava, Rauch und Gestein werden immer mehr zum Problem für die Bewohner der Region. Noch immer gibt es eine Tsunami-Warnung. Von Angelika Henkel Es sind wackelige, aber spektakuläre Bilder, die Einwohner von Booten aus mit ihren Handys einfangen. Der Himmel ist schwarz, davor der Vulkan. Er speit Feuer in die Luft, Blitze machen das Szenario gespenstisch. Die Menschen sollen das Gebiet verlassen. Nord Sulawesi ist dünn besiedelt. Dörfer werden mit Booten angesteuert. Mal sind es 20 Menschen, die einsteigen, mal 50. Junge Menschen tragen Alte, die nicht mehr laufen können auf die schaukelnden Holzboote. Taka ist ein örtlicher Fischer. Er hilft dabei, so viele Menschen wie möglich wegzubringen, erzählt er der Nachrichtenagentur AFP. Gesteinsbrocken schlagen in Dächer ein Taka hat in der Nacht beobachtet, wie der Vulkan Feuer und Gesteinsbrocken in die Luft geschossen hat. "Sie sind in Dächer eingeschlagen. Lava hat sich den Berg runter ergossen." Normalerweise laufe die Lava aus einer Richtung den Berg hinunter. "Dieses Mal kam Sie aus vier bis fünf Richtungen", berichtet der Fischer. Bilder bei Tageslicht zeigen, wie große Rauchwolken aus dem Vulkan Ruang herausquellen. In Nord Sulawesi gibt es ein kleines Gefängnis. Auch das wurde von Gesteinsbrocken getroffen. "Unser Team evakuiert das Gefängnis. Es sind 28 Leute, 11 Bedienstete. Der Rest sind Gefangene", erklärt Ikram Al Ulah vom Rettungsdienst. Retter: "Die Menschen hatten Panik" Der Ruang befindet sich auf einer kleinen Insel. Auf der Nachbarinsel Tagulandang leben etwa 20.000 Menschen. In der Nacht zum Donnerstag sei Chaos ausgebrochen, als kleinere Gesteinsbrocken vom Himmel fielen, sagt Jandry Paendong von der örtlichen Such- und Rettungsbehörde. "Die Leute sind schon von selbst geflohen. Sie hatten Panik. Wir sorgen dafür, dass niemand zurückbleibt." Der nächste kleine Flughafen ist gesperrt, obwohl er mehr als 100 Kilometer entfernt ist. Die Landebahn ist leer, in der Abflughalle sind Dutzende Reisende gestrandet. Laut Flughafenverwaltung ist zu viel Vulkanasche in der Luft: "Wir haben 33 Flüge gecancelt. Das betrifft Linien,- Charter und Frachtverbindungen. Mehr als 3000 Menschen sind betroffen." Gefahr von einem Tsunami Die Behörden warnen vor einem möglichen Tsunami. Gefahr droht also nicht nur aus der Luft. Wenn die Vulkanmasse ins Meer stürzt, könnte das eine riesige Welle auslösen. 2018 hatte ein Ausbruch eines anderen Vulkans einen Tsunami verursacht. Mehr als 400 Menschen kamen ums Leben. Aktuell gibt es keine Meldungen über Verletzte oder gar Tote, der Schaden wirkt übersichtlich. Doch die Menschen sind in Sorge. Das südostasiatische Indonesien mit seinen mehr als 17.000 Inseln liegt auf dem sogenannten Pazifischen Feuerring. Dort stoßen mehrere Erdplatten zusammen. | /ausland/asien/vulkan-ausbruch-indonesien-100.html |
2024-04-19 | Festnahmen nach Angriff auf Nawalny-Vertrauten | Zugriff in Polen | Nach der Hammer-Attacke auf Leonid Wolkow, einen engen Vertrauten des verstorbenen Kreml-Kritikers Nawalny, gibt es einen Ermittlungserfolg. In Polen wurden zwei Personen festgenommen. | Nach der Hammer-Attacke auf Leonid Wolkow, einen engen Vertrauten des verstorbenen Kreml-Kritikers Nawalny, gibt es einen Ermittlungserfolg. In Polen wurden zwei Personen festgenommen. Nach dem Angriff auf den russischen Oppositionellen Leonid Wolkow in Litauen sind in Polen zwei Verdächtige verhaftet worden. Das teilte der litauische Präsident Gitanas Nauseda mit. Sie sollen den gewaltsamen Angriff auf den Verbündeten des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny verübt haben. Die Verdächtigen sollen bald an Litauen übergeben werden, wie Nauseda dem litauischen Rundfunk zufolge sagte. Neuseda dankte den polnischen Behörden für ihre Arbeit. Von diesen gab es zunächst keine Bekanntmachung zu der Festnahme. Nähere Informationen zu den beiden Verdächtigen und dem möglichen Auslieferungstermin machte das Staatsoberhaupt des baltischen EU- und NATO-Landes zunächst nicht. Auch die litauische Polizei äußerte sich dazu nicht. Wolkow im Exil angegriffen Der im Exil in Litauen lebende Wolkow war im März vor seinem Haus in Vilnius überfallen und mit einem Hammer attackiert und verletzt worden. Der 43-Jährige musste kurzzeitig im Krankenhaus behandelt werden. Die Hintergründe der Tat sind bislang noch unklar. Der litauische Geheimdienst machte russische Spezialkräfte verantwortlich, der Kreml wollte dazu keine Stellung nehmen. Wolkow machte den russischen Präsidenten Wladimir Putin dafür verantwortlich. Wolkow begrüßte den Ermittlungserfolg der Behörden - ohne selbst Näheres zu wissen. "Ich habe gesehen, wie energisch und beharrlich die litauische Polizei im vergangenen Monat an diesem Fall gearbeitet hat, und ich bin sehr froh, dass diese Arbeit erfolgreich war", schrieb er auf Telegram. "Nun, wir werden die Details bald erfahren. Ich kann es kaum abwarten." | /ausland/europa/wolkow-angriff-festnahmen-100.html |
2024-04-19 | Langsamer Rückgang bei den Erzeugerpreisen | Energie wird billiger | Die Erzeugerpreise sinken zwar weiter, aber das Tempo verlangsamt sich. Vor allem die günstigere Energie wirkt sich positiv aus. Im Monatsvergleich ist aber ein Anstieg zu beobachten. | Die Erzeugerpreise sinken zwar weiter, aber das Tempo verlangsamt sich. Vor allem die günstigere Energie wirkt sich positiv aus. Im Monatsvergleich ist aber sogar ein Anstieg zu beobachten. In Deutschland schwächt sich der Rückgang der Preise auf Produzentenebene weiter ab. Im März sanken die Erzeugerpreise im Jahresvergleich um 2,9 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt mit. Im Februar hatte der Rückgang noch 4,1 Prozent betragen, im Januar sogar 4,4 Prozent. Analysten hatten für März im Schnitt einen stärkeren Rückgang der Erzeugerpreise um 3,3 Prozent erwartet. Im Monatsvergleich stiegen die Erzeugerpreise dagegen um 0,2 Prozent. In dieser Betrachtung hatten Ökonomen einen Rückgang um 0,1 Prozent erwartet. Energiepreise sinken auf Jahressicht Wichtigster Grund für den Rückgang der Erzeugerpreise bleiben fallenden Energiepreise. Energie war im März 7,0 Prozent billiger als im März 2023, während sie verglichen mit dem Vormonat unverändert blieben. Am deutlichsten verbilligten sich auf Jahressicht Erdgas, mit einem Preisrückgang um 15,4 Prozent. Strom kostete 12,6 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Ohne Berücksichtigung von Energie waren die Erzeugerpreise 0,8 Prozent niedriger als im März 2023 und stiegen gegenüber Februar 2024 um 0,3 Prozent, heißt es in der Mitteilung. Süßwaren verteuern sich deutlich Nahrungsmittel kosteten im März 2024 0,3 Prozent weniger als im März 2023. Im Vergleich zum Vormonat stiegen die Preise um 0,9 Prozent. Billiger als im Vorjahresmonat waren im März 2024 insbesondere nicht behandelte pflanzliche Öle mit minus 13,3 Prozent. Die Preise für Milch sanken um elf Prozent, Kaffee kostete 7,3 Prozent weniger als im März 2023. Süßwaren hingegen waren 16,5 Prozent teurer als im März 2023. Ein Grund dafür könnten unter anderem die in den vergangenen Monaten drastisch gestiegenen Kakaopreise sein. Butter kostete 13,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Gegenüber Februar 2024 stiegen die Butterpreise um 2,5 Prozent, wie das das Statistische Bundesamt errechnet hat. Erzeugerpreise als Signal für kommende Inflation Die Erzeugerpreise erfassen den Preisdruck auf Herstellerebene, indem sie die Verkaufspreise der Produzenten abbilden. Sie gelten auch als eine Art Indikator für die kommenden Inflation. Die Entwicklung wirkt sich auch auf die Verbraucherpreise aus, an denen die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Geldpolitik ausrichtet. Derzeit ist es keineswegs sicher, dass die Inflationsrate weiter abnimmt: Die Verbraucher in Deutschland müssen sich in den nächsten Monaten auf eine stark schwankende Inflation einstellen, heißt es im aktuellen Monatsbericht der Bundesbank. Im April werde die Inflationsrate zunächst wohl nochmals zurückgehen. Dies liege laut Bundesbank auch an dem im Vergleich zum Vorjahr frühen Oster-Termin. Deshalb bleibe der üblicherweise kräftige Preisanstieg bei Reiseleistungen in diesem Jahr im April voraussichtlich aus. Ölpreis könnte Inflation wieder anheizen "Im Mai könnte die Rate aber wieder auf einen Wert von etwa drei Prozent zurückspringen, denn ein Jahr zuvor hatte die Einführung des Deutschlandtickets das Preisniveau gedämpft", so die Ökonomen. Nach Ansicht der Bundesbank könnten die zuletzt - auch aufgrund der Krise im Nahen Osten - gestiegenen Ölpreise die Inflation erhöhen. Hinzu käme noch das kräftige Lohnwachstum. Im März lag die Inflation in Deutschland bei 2,3 Prozent. Die Teuerungsrate im Euroraum lag im März nur noch bei 2,4 Prozent. Im Herbst 2022 waren es zeitweise noch über zehn Prozent gewesen. Laut Bundesbank-Präsident Joachim Nagel steuert die EZB auf eine erste Zinssenkung im Juni zu: "Im Euroraum könnte aus heutiger Sicht die erste Leitzinssenkung im Juni angemessen sein." | /wirtschaft/konjunktur/inflation-erzeugerpreise-energie-strom-gas-ezb-bundesbank-zinsen-100.html |
2024-04-19 | Nagelsmann bleibt bis 2026 Bundestrainer | Vertrag mit DFB verlängert | Julian Nagelsmann hat seinen Vertrag als Bundestrainer bis 2026 verlängert. Das gab der DFB bekannt. Damit bleibt der 36-Jährige über die EM hinaus bis zur nächsten Weltmeisterschaft in zwei Jahren Bundestrainer. | Julian Nagelsmann hat seinen Vertrag als Bundestrainer bis 2026 verlängert. Das gab der DFB bekannt. Damit bleibt der 36-Jährige über die EM hinaus bis zur nächsten Weltmeisterschaft in zwei Jahren Bundestrainer. Über die Heim-EM im Sommer hinaus bleibt Julian Nagelsmann Bundestrainer. Er will die deutsche Fußball-Nationalmannschaft zur nächsten Weltmeisterschaft in zwei Jahren in den USA, Kanada und Mexiko führen. Der DFB gab die vorzeitige Vertragsverlängerung mit dem 36-Jährigen bis 2026 bekannt, Nagelsmann wird damit zur neuen Saison auch nicht zum FC Bayern München zurückkehren. Weitere Informationen in Kürze. | /sport/nagelsmann-vertragsverlaengerung-100.html |
2024-04-19 | Die Linke will sich mit den Reichsten anlegen | Beschluss des Parteivorstands | Die Linke fordert, dass die Vermögenssteuer wieder eingeführt wird. Das Grundgesetz steht dem nicht entgegen. 1997 wurde die Steuer aber ausgesetzt. Das erklärte Ziel der Linken ist, Milliardäre "abzuschaffen". Von Kerstin Palzer. | Die Linke fordert, dass die Vermögenssteuer wieder eingeführt wird. Das Grundgesetz steht dem nicht entgegen. 1997 wurde die Steuer aber ausgesetzt. Das erklärte Ziel der Linken ist, Milliardäre "abzuschaffen". Von Kerstin Palzer Es ist zurzeit nicht leicht für die Linken, mit politischen Forderungen aufzufallen. Seit sie durch die Abspaltung des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) keinen Fraktionsstatus mehr im Bundestag hat und seitdem ihre Umfragewerte unter die Fünf-Prozent-Hürde gefallen sind, schmilzt auch der politische Einfluss. Jetzt packt die Linke ein Thema wieder aus, das nicht neu ist, aber in Zeiten einer Haushaltskrise zumindest für Diskussionsstoff sorgt: Die Linke will, dass die Vermögenssteuer wieder eingeführt wird. Dazu wird es am Wochenende einen Parteivorstandsbeschluss geben. Der Kampf gegen die Reichsten scheint das Wahlkampfthema der Linken zu werden. Konkret will die Linke die Besteuerung so vornehmen: Ein Prozent ab einer Million Euro Nettovermögen, fünf Prozent ab 50 Millionen Euro und für Vermögen oberhalb von einer Milliarde Euro zwölf Prozent. Aktuelle Diskussion um soziale Gerechtigkeit Die Parteivorsitzende Janine Wissler findet: "Es sollte in einer gerechten und demokratischen Gesellschaft keine Milliardäre geben." Angesichts der derzeit zu bewältigenden Krisen sei es absurd, dass es in Deutschland 237 Milliardärsfamilien gebe, die weder Vermögens- noch angemessen Erbschaftssteuer zahlten. "Leider tut die Ampel nichts gegen diese himmelschreiende Ungerechtigkeit. Sie kürzt lieber bei Sozialem und bei denen, die ohnehin wenig haben." Die Forderung passt gut in die aktuelle Diskussion um soziale Gerechtigkeit und um die Schuldenbremse. Denn selbst, wenn die politische Durchsetzungskraft der Linken derzeit gering ist - das Thema einer Umverteilung von Vermögen beschäftigt viele Menschen. So hat eine Umfrage der Bertelsmann Stiftung 2021 ergeben, dass 77 Prozent der Befragten sich für eine Einführung der Vermögenssteuer in Deutschland aussprechen. Allerdings sagt nur eine Minderheit von 37 Prozent, dass sie auch bereit wären, selbst mehr Steuern zu zahlen, wenn dadurch arme Menschen besser finanziell unterstützt würden. Mit der FDP nicht durchsetzbar Auch die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, kritisiert die Situation in Deutschland ohne eine Vermögenssteuer: "Das bestehende Steuersystem zementiert die soziale Ungleichheit. Kaum ein Land in der Welt besteuert Arbeit stärker und Vermögen geringer als Deutschland." In der aktuellen politischen Konstellation ist die Forderung nach einer Vermögenssteuer jedoch kaum durchsetzbar. Und das, obwohl sich die beiden Ampel-Partner SPD und Grüne eine solche Steuer durchaus vorstellen könnten. Allerdings gibt es ja noch die FDP - und die ist strikt dagegen. Der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Markus Herbrand, macht eine klare Absage zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer: "In Zeiten größter wirtschaftlicher Herausforderungen Unternehmen mit zusätzlichen Steuern belasten zu wollen, ist entweder nicht zu Ende gedacht oder zielt absichtlich darauf ab, Wirtschaftsunternehmen aus unserem Land zu vertreiben." Die höchsten Vermögen in Deutschland lägen nicht auf Bankkonten, sondern steckten "zusammen mit viel Schweiß und Anstrengung in den zahlreichen mittelständischen und inhabergeführten Unternehmen". "Könnte massive Kapitalflucht auslösen" Wäre also eine Vermögenssteuer eine Art steuerlicher Betonfuß, der die deutsche Wirtschaft unmäßig belasten würde? Zustimmung bekommt die FDP vom Präsidenten des ifo-Wirtschaftsinstituts, Clemens Fuest. Er befürchtet: "Eine solche Besteuerung würde eine massive Kapitalflucht aus Deutschland auslösen und zu einem wirtschaftlichen Niedergang führen. Es ist zu bedenken, dass gerade sehr vermögende Steuerzahler in der Regel nicht von ihrem Arbeitseinkommen abhängig sind und deshalb ihren Wohnsitz und ihre wirtschaftlichen Aktivitäten leicht ins Ausland verlagern können." Forderung nicht auf Deutschland begrenzt Demgegenüber rechnet die Linke vor, dass die fünf reichsten Europäer ihr Vermögen seit 2020 um mehr als drei Viertel gesteigert haben. Die Armen würden ärmer, die wenigen sehr Reichen immer noch reicher. "Daher ist es nun auch vernünftig, darüber nachzudenken, wie eine andere Steuerpolitik genutzt werden kann, um die Ungleichheit zu bekämpfen", findet Martin Schirdewan, Co-Vorsitzender der Linken. Die Linke will ihre Forderung übrigens nicht auf Deutschland begrenzen. Sie fordert, dass die Vermögenssteuer EU-weit wieder eingeführt werden sollte. Da dieses Vorhaben durch das Europäische Parlament müsste, ist auch hier die Umsetzung mehr als fraglich. Von den Reichen nehmen, um den Armen zu geben - der Gedanke ist nicht neu. Er könnte aber bei der bevorstehenden Europawahl die Aufmerksamkeit wieder ein wenig auf die Linke richten. | /inland/innenpolitik/linke-vermoegensteuer-100.html |
2024-04-19 | Explosionen im Iran - US-Medien melden Angriff Israels | Krieg im Nahen Osten | Noch ist unklar, was die Explosionen in der iranischen Metropole Isfahan ausgelöst hat. Mehrere US-Medien berichten von einem israelischen Angriff auf den Iran. Teheran jedoch dementiert eine Attacke aus dem Ausland. | Noch ist unklar, was die Explosionen in der iranischen Metropole Isfahan ausgelöst hat. Mehrere US-Medien berichten von einem israelischen Angriff auf den Iran. Teheran jedoch dementiert eine Attacke aus dem Ausland. Im Iran soll es in der Nacht in der zentraliranischen Provinz Isfahan eine oder mehrere Explosionen gegeben haben. In iranischen Medien wurden Berichte über einen mutmaßlich israelischen Angriff zurückgewiesen. Es habe sich nicht um einen Angriff auf den Iran aus dem Ausland gehandelt. "Entgegen den Gerüchten und Behauptungen israelischer Medien" gebe es "keine Berichte über einen Angriff aus dem Ausland auf Isfahan oder einen anderen Teil des Irans", berichtete etwa die Nachrichtenagentur Tasnim unter Verweis auf "informierte Kreise". US-Medien berichteten von israelischem Angriff Mehrere US-Medien berichten hingegen übereinstimmend, Israel habe in der Nacht eine Militäroperation im Iran durchgeführt. Die Sender ABC News, MSNBC und Fox News beriefen sich dabei auf Aussagen von US-Regierungsvertretern. Die Attacke sei eine Reaktion auf die iranischen Luftangriffe auf Israel am vergangenen Wochenende gewesen. Demnach hätten eine oder mehrere israelische Raketen ein Ziel im Iran angegriffen. Das Pentagon bestätigte die Berichte bisher nicht. Auch aus Israel gibt es bislang keine Stellungnahme. Fox News berichtete unter Berufung auf eine Quelle beim Militär, es habe sich um einen "begrenzten Angriff" gehandelt. Die USA seien nicht beteiligt gewesen und die Israelis hätten die US-Regierung vorab informiert. Staatsfernsehen berichtete von Drohnen über Isfahan Iranische Regierungsvertreter hatten in einer ersten Stellungnahme bereits dementiert, dass es einen Angriff mit Raketen auf den Iran gegeben habe. Die in Isfahan gehörten Explosionen seien auf die Aktivierung der iranischen Luftabwehrsysteme zurückzuführen. Das iranische Staatsfernsehen hatte berichtet, dass Drohnen über Isfahan gesichtet worden seien. Die Luftabwehr sei aktiviert worden und habe die Drohnen zerstört. Es gebe keine Schäden. In Isfahan befindet sich ein Militärstützpunkt. Auch das größte nukleare Forschungszentrum des Landes ist in der Stadt angesiedelt. Nuklearanlagen seien laut der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Angriff nicht beschädigt wurden. Iranischen Staatsmedien zufolge wurde in mehreren Provinzen des Landes die Flugabwehr aktiviert, an mehreren Flughäfen wurde der Betrieb vorübergehend eingestellt. | /ausland/asien/iran-israel-angriffe-us-medien-100.html |
2024-04-19 | Wer die Reservierung nicht absagt, zahlt trotzdem | Restaurants erheben Gebühren | Viele Restaurants erheben inzwischen bei Nichterscheinen trotz einer Tischreservierung Gebühren, um ihren Umsatzausfall auszugleichen. Auch mussten zuletzt viele Gastronomen ihre Preise erhöhen. | Viele Restaurants erheben inzwischen bei Nichterscheinen trotz einer Tischreservierung Gebühren, um ihren Umsatzausfall auszugleichen. Auch mussten zuletzt viele Gastronomen ihre Preise erhöhen. Der Tisch ist gedeckt, der Wein geöffnet und das Essen vorbereitet - nur die Gäste fehlen. Dieses Szenario fürchten Gastronomen vor allem im gehobenen Bereich, denn es bedeutet einen nicht zu ersetzenden wirtschaftlichen Verlust für sie. Immer mehr Restaurants in Deutschland erheben deswegen inzwischen eine sogenannte No-Show-Gebühr, wenn Gäste trotz Reservierung nicht kommen oder kurzfristig absagen. Gäste halten sich alle Optionen offen Dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) zufolge haben nämlich sogenannte No-Shows oder das sehr kurzfristige Absagen zugenommen. Der Verbindlichkeit steht laut Christian Heller vom Deutschen Knigge-Rat die "Fear of a better option" gegenüber: Menschen scheuen sich, sich festzulegen und halten sich bis zur letzten Minute alle Optionen offen. Eines der Restaurants, die Gebühren erheben, ist das Sternerestaurant "bi:braud" in Ulm. "Es tritt vermehrt auf, dass Leute in mehreren Restaurants reservieren und kurzfristig entscheiden: Da gehen wir am Abend hin", erzählt Sommelier Holger Baier. Storniert werde in den anderen Restaurants dann auch nicht. "Wenn die Leute ein Menü vorbestellt haben, ist es irgendwann nicht mehr wirtschaftlich", erklärt er. Schließlich seien es einige Teller und hochwertige Lebensmittel, die in der gehobenen Gastronomie auf den Tisch kommen. Wenn ein Café einen reservierten Tisch mit Laufkundschaft gleich wieder belegen könne, sei das eine andere Sache. No-Show-Gebühr muss in den Geschäftsbedingungen stehen "Oft sind sich die Gäste, die ohne Absage einen reservierten Tisch nicht in Anspruch nehmen, nicht bewusst, mit welchem finanziellen und organisatorischen Aufwand die Auslastungsplanung eines Restaurants verbunden ist", führt eine DEHOGA-Sprecherin aus. "Insbesondere für Restaurants mit einer kleineren Anzahl von Tischen, mit einem besonders hochwertigen Speisenangebot, also mit einem hohen Wareneinsatz, mit langen Reservierungszeiten und fehlender Laufkundschaft sind leere Tische besonders ärgerlich." Den frei gewordenen Tisch an andere Gäste zu vergeben, sei oft nicht möglich. Für die Gebühr kann es laut Anwalt Alexander Rilling eine Rolle spielen, ob Gäste ein Menü mitbestellt haben. "Darauf bereitet sich der Gastwirt konkret vor, kauft gezielt ein", sagt Rilling. Da könne man einen Teil dessen, was das Menü gekostet hätte, bei Nichterscheinen erheben, als eine Art pauschalen Schadenersatz. Schwieriger werde es für einen Gastwirt bei einer Reservierung ohne Menü. Denn da könne man zwar schätzen, was die Gäste konsumiert hätten, man wisse es aber nicht so genau wie bei einem Menü. In jedem Fall müsse etwas wie eine No-Show-Gebühr in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen stehen. Außerdem sollten Gäste einen Hinweis auf die Gebühren bekommen und diesen auch bestätigen. Mehr als zehn Jahren laufender Prozess Im "bi:braud" bekommen Gäste den Hinweis auf die Gebühr laut Sommelier Baier zusammen mit den anderen Daten zur gewünschten Reservierung in einer E-Mail. In einem Reservierungsportal müssen sie die Reservierung danach noch einmal bestätigen und dabei auch ihre Kreditkarte hinterlegen. Außerdem erscheine der Hinweis auf die Gebühren bei Nichterscheinen oder zu spätem Absagen als Pop-Up bei der Buchung. Einige Restaurants rufen ihre Gäste auch am Tag des Besuchs von sich aus noch einmal an und fragen nach, ob man kommt. Mit so einem persönlichen Gespräch wird das einfache Nichterscheinen schwieriger. Seit zwei Jahren gibt es die No-Show-Gebühr in dem Ulmer Restaurant, doch tatsächlich erhoben wurde sie laut Baier nur zweimal. "Wir haben zum Glück zuverlässige Gäste", sagt er. Und Kulanz spiele auch immer eine Rolle. "Wenn jemand krank wird, wird er krank", meint der Sommelier. Dass immer mehr Restaurants in Deutschland eine solche Gebühr erheben, ist laut Baier ein schon seit mehr als zehn Jahren laufender Prozess und eigentlich der neue Standard. "In der gehobenen Gastronomie und in anderen Ländern ist das normal." Absagen "gehört zum guten Anstand" Das sagt auch Heller vom Deutschen Knigge-Rat. "In den USA ist es in manchen Städten bereits üblich, dass die Gäste bei der Buchung ein Ticket für das Essen kaufen müssen." Wirtschaftlich sei es ein schwieriger Diskurs, meint Heller. "Im Deutschen Knigge-Rat sprechen wir über die Angst vor Beziehungsabbruch, die bei etlichen Profis dazu führt, auf eine Gebühr zu verzichten." Verbindlichkeit sei aber zweiseitig. "Es gilt grundsätzlich die Empfehlung, eine Reservierung zu einer bestimmten Uhrzeit nicht länger als 15 bis 20 Minuten zu überziehen", sagt Heller. "Es wird auch empfohlen, sich bei Verspätungen telefonisch zu melden." Und wenn dann doch einmal wirklich etwas dazwischenkommt, sollte man absagen, sobald man weiß, dass es nicht klappt, sagt Heller. "Es sollte aber auf jeden Fall abgesagt werden, das gehört zum guten Anstand." Manchmal sei es im Alltag schwer, Verbindlichkeit zu leben, sagt Heller, betont aber: "Wie wir in der letzten Sitzung des Knigge-Rats besprochen haben, führt Grenzen setzen zu Wertschätzung. Das gilt für Gäste und Gastgeber." Holger Baier bestätigt das mit Blick auf die No-Show-Gebühren. "Die Leute nehmen's uns nicht krumm." Deutsches Gastgewerbe mit Umsatzplus im Februar Derweil haben Hotels, Restaurants und Caterer ihren Umsatz im Februar gesteigert. Die Erlöse kletterten kalender- und saisonbereinigt real um 0,5 Prozent und nominal (nicht preisbereinigt) um 1,2 Prozent zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt gestern mitteilte. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stiegen die Umsätze nominal 1,8 Prozent, sanken aber zugleich real um 1,1 Prozent. Dies ist ein klares Signal, dass die Betriebe ihre Preise erhöht haben. Der Branchenverband DEHOGA hatte kürzlich erklärt, dass zum Ende der Steuererleichterungen im Gastgewerbe 84 Prozent der Unternehmen die Preise erhöht hätten. "Nach vier Verlustjahren ließen die massiv gestiegenen Kosten den Betrieben keine andere Wahl, als die Preise anzupassen", sagte der Präsident Guido Zöllick jüngst zu einer Umfrage unter 3.175 Firmen. Die Hälfte der Betriebe meldet danach weniger Gäste, sinkende Umsätze und weniger Gewinn, seit die Mehrwertsteuer im Januar 2024 nach Ende staatlicher Hilfen von sieben wieder auf 19 Prozent kletterte. Knapp zwei Monate vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland spüren Hotels, Pensionen und andere Anbieter aber etwas Aufwind: Viele Fans haben sich schon eine Unterkunft organisiert. "An den Spieltagen ist die Buchungslage bereits jetzt durchweg gut bis sehr gut", sagte jüngst der Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbandes (DTV), Norbert Kunz. Auch wegen der EM hofft die Branche nach den schwierigen Corona-Jahren auf einen Rekord im Deutschland-Tourismus. | /wirtschaft/verbraucher/restaurants-gastronomie-ausfall-gebuehren-100.html |
2024-04-19 | Boni für Beschäftigte trotz Milliardenverlust | Zehntausende Bahnmitarbeiter | Die Deutsche Bahn wird rund 42.000 Mitarbeitern eine "Erfolgsbeteiligung" für das Jahr 2023 auszahlen. Die Summe beläuft sich nach NDR-Informationen insgesamt auf einen Betrag in mittlerer dreistelliger Millionenhöhe. Von S. Dodt. | Die Deutsche Bahn wird rund 42.000 Mitarbeitern eine "Erfolgsbeteiligung" für das Jahr 2023 auszahlen. Die Summe beläuft sich nach NDR-Informationen insgesamt auf einen Betrag in mittlerer dreistelliger Millionenhöhe. Von Stefanie Dodt Das Jahr 2023 ist für die Deutsche Bahn geprägt von einer "unbefriedigenden betrieblichen Situation", heißt es in einer internen Mitteilung des Konzerns, die dem NDR vorliegt. Die Ziele für Pünktlichkeit wurden erneut deutlich verfehlt. Unterm Strich steht am Ende des Geschäftsjahres ein Verlust von 2,4 Milliarden Euro. Dennoch erhalten Zehntausende Bahn-Mitarbeiter am kommenden Donnerstag eine "Erfolgsbeteiligung". Die DB bestätigte die anstehende Auszahlung. Eine Führungskraft, die selbst von der Zahlung profitiert, kritisiert die Vergütungspraxis als nicht leistungsgerecht und bezeichnet das Unternehmen als "Mitnahmeladen". Zwischen 15 und 35 Prozent des Jahresgehalts Zu den Empfängern gehören rund 34.700 Tarifkräfte, 4.100 Leitende Angestellte und 3.400 außertarifliche Arbeitnehmende der DB - also beispielsweise die Gruppenleiter der Lokführer, IT-Experten oder Leiter im Bereich Instandhaltung. Die meisten erhalten zwischen 15 und 35 Prozent des Jahresgehalts, im Schnitt eine niedrige fünfstellige Summe. DB-Sprecher Achim Stauß sagte dem NDR, dass die Auszahlung vertraglich festgelegt und gerechtfertigt sei: "Mitarbeiter, die sich das ganze Jahr für die Bahn einsetzen, die unter schwierigen Bedingungen arbeiten müssen, haben einen Anspruch darauf, finanziell belohnt zu werden." Er könne aber verstehen, wenn es aus Kundensicht aufgrund der schlechten betrieblichen Qualität ein "Störgefühl" gebe. Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Stefan Gelbhaar, sagte: "2023 war ein schwieriges Jahr für die Bahn - da ist es schwer vermittelbar, dass die Mitarbeiterbeteiligung so ausgezahlt wurde, als wenn es ein gutes Jahr gewesen wäre". Der DB-Vorstand musste 2023 auf seine Boni verzichten, da das Unternehmen die Strompreisbremse in Anspruch genommen hat, hatte aber für 2022 die Erfolgsprämien erhalten - und nachträglich nach Auslaufen der Strompreisbremse ausgezahlt. Boni-Verbot ausschließlich für "Mitglieder der ersten Führungsebene" Die Bahn hatte mehr als 50 Millionen Euro der Hilfen vom Bund in Anspruch genommen. Das Gesetz sieht in solchen Fällen ein Boni-Verbot für "Geschäftsleitung" und "Aufsichtsorgane" vor. Das Bundesverkehrsministerium teilte dazu auf Anfrage mit, dass damit ausschließlich "Mitglieder der ersten Führungsebene" gemeint seien. Bei Aktiengesellschaften wie der Deutschen Bahn also "sämtliche Vorstandsmitglieder". Die Auszahlung der Erfolgsbeteiligung für die Zehntausenden Mitarbeiter ist also offenbar nicht betroffen. Der jährliche Bonus ist für die rund 42.000 Bahn-Mitarbeiter, etwa 20 Prozent der Belegschaft in Deutschland, eine erfolgsabhängige Ergänzung des Fixgehalts. Die Personalkosten der Bahn haben sich 2023 auf insgesamt rund 19 Milliarden Euro belaufen. Die Höhe der Zahlung hängt davon ab, ob das Unternehmen sowie teilweise der einzelne Mitarbeiter zuvor festgelegte Ziele erreicht haben. Interne Unterlagen, die dem NDR vorliegen, zeigen: Die Auszahlung erfolgt in diesem Jahr, obwohl die Leistung des Konzerns im Bereich Kundenzufriedenheit und Pünktlichkeit im Regio- und Fernverkehr die des Vorjahres noch unterschreiten. Das ist unter anderem möglich, weil die Ziele für 2023 niedriger gesteckt waren als im Vorjahr. So lag das Ziel für Kundenzufriedenheit im Jahr 2022 noch bei 74,1 Prozent. Im Jahr 2023 waren es nur noch 70 Prozent. Und selbst dieses niedrigere Ziel wurde gerissen. Schlechte Werte bei der Pünktlichkeit Bei der Pünktlichkeit im Fernverkehr liegt das Ziel für das Jahr 2023 sogar noch unterhalb des sogenannten "Knock-Out-Wertes" für 2022. Dieser Wert beschreibt die Grenze unterhalb der für eine Kennzahl kein Bonus gezahlt wird. Dennoch wurden im Regio- und Fernverkehr selbst diese niedrigeren Zielwerte noch unterschritten. Lediglich im Güterverkehr hat die Bahn bei Pünktlichkeit besser abgeschnitten als geplant. Für eine DB-Führungskraft ist die Kalkulation wenig nachvollziehbar. "Ziele müssen erreichbar aber auch ambitioniert sein. Aus Kundensicht sind schon die Zielwerte eine Katastrophe, wir erreichen sie trotzdem nicht, und bekommen trotzdem noch mehr Bonus als letztes Jahr." Der Berechnung zufolge fließen außerdem die Faktoren "Frauen in Führungspositionen" und die wirtschaftlichen Ziele mit ein, beide Ziele wurden demnach übererfüllt. Die Ziele werden vom DB-Aufsichtsrat für den Vorstand festgelegt, dieser überträgt sie anschließend auf die internen Bonus-Empfänger. Auch bei den wirtschaftlichen Kennzahlen hatte dieser aufgrund der Inflation und den hohen Kosten für Investitionen in die Infrastruktur bereits im Vorfeld ein niedrigeres Ziel definiert. Der Verlust ist demnach geringer als erwartet. Das finanzielle Ziel gilt damit als übertroffen. Persönliche Ziele wichtig Maßgeblich für die Höhe des individuellen Bonus sind zusätzlich bei Führungskräften und außertariflich Beschäftigten die persönlichen Ziele. Wurden diese vollständig erreicht, wird ihnen jetzt eine Erfolgsbeteiligung von 95,5 Prozent des Maximalwerts ausgezahlt - das ist mehr als im Vorjahr. Bei den Tarifkräften fließt diese persönliche Bewertung nicht mit ein, sie bekommen pauschal eine sogenannte Jahresabschlussleistung von 15 Prozent ihres Jahresgehaltes. In den Jahren der Pandemie hatten sich die Boni für die Zehntausenden Beschäftigten etwa halbiert - die Ziele waren deutlich unterschritten worden und der Vorstand hatte Gebrauch von einem "Ermessensfaktor" gemacht, der die Auszahlung um 20 Prozent nach unten oder oben korrigieren kann. Bahn-Sprecher Achim Stauß betonte, dass dieses Ermessen für "außergewöhnliche, nicht planbare Ereignisse" gedacht sei - wie es in der Pandemie der Fall war. "In der aktuellen Situation wäre es unangemessen gewesen, diesen Ermessensfaktor zu ziehen - auch wenn wir rote Zahlen hatten. Das lag ja auch vor allem daran, dass wir im Jahr 2023 für den Bund erheblich in Vorleistung gegangen sind. Dafür wollten wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schlichtweg nicht bestrafen". Kritik daran kommt vom grünen Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar, der auch im DB-Aufsichtsrat sitzt. "Wenn es ein besonders schwieriges Jahr ist, die Bilanz nicht hinhaut, die Pünktlichkeitswerte nicht gut sind, die Kundenzufriedenheit heruntergegangen ist - dass sich das im Ermessen überhaupt nicht wiederfindet, das löst schon Fragezeichen aus". Neues Nachhaltigkeitsziel Die EVG, die ebenfalls im Aufsichtsrat vertreten ist, wollte sich auf Anfrage nicht äußern, ebenso wie die Bundestagsabgeordneten Dorothee Martin (SPD) und Bernd Reuther (FPD), die für die Bundesregierung im Aufsichtsrat sitzen. Die Bahn-Unterlagen zeigen: Für das kommende Jahr spielt die Leistung der Bahn bei Pünktlichkeit, Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit noch eine geringere Rolle für die die Bonuszahlungen. In 2024 fließen diese bei der Berechnung der Erfolgsbeteiligung statt mit 20 Prozent nur noch mit 15 Prozent ein. Zusätzlich gibt es ein neues Nachhaltigkeitsziel, das mit 15 Prozent gewichtet wird. Die persönliche Leistung fällt in diesem Jahr für einen Teil der Boni-Empfänger noch stärker ins Gewicht - mit 25 statt bislang 20 Prozent. Einzelne Ziele können allerdings dann nicht mehr wie bisher, mit bis zu 200 Prozent übererfüllt werden, sondern mit maximal 150 Prozent in die Berechnung einfließen. | /investigativ/ndr/deutsche-bahn-boni-102.html |
2024-04-19 | US-Turnerinnen erhalten 100 Millionen Dollar Entschädigung | Missbrauchsskandal | Rund 100 Opfer sexuellen Missbrauchs durch den früheren Sportarzt Nassar sollen von der US-Regierung entschädigt werden. Das berichten US-Medien. Die Frauen und Mädchen hatten geklagt, das FBI habe zu spät auf Hinweise reagiert. | Rund 100 Opfer sexuellen Missbrauchs durch den früheren Sportarzt Nassar sollen von der US-Regierung entschädigt werden. Das berichten US-Medien. Die Frauen und Mädchen hatten geklagt, das FBI habe zu spät auf Hinweise reagiert. Das US-Justizministerium hat sich offenbar bereit erklärt, etwa 100 Millionen Dollar Entschädigung an rund 100 Missbrauchsopfer des früheren Sportarztes Larry Nassar zu zahlen. Das berichten das Wall Street Journal und die Nachrichtenagentur AP. Eine außergerichtliche Vereinbarung sei vor einigen Monaten getroffen werden. Die Frauen hätten den Vergleich im Grundsatz akzeptiert, berichtete das Wall Street Journal. Die Summe wurde nach AP-Angaben noch nicht überwiesen. Das Justizministerium lehnte eine Stellungnahme ab. Unter den Opfern war auch Star-Turnerin Simone Biles Die betroffenen Frauen hatten dem FBI in einer Klage vorgeworfen, zu spät auf Hinweise auf den Missbrauch reagiert und Nassar so monatelang weitere Taten ermöglicht zu haben. Nassar war Arzt der Turnerinnen an der Michigan State University. Der heute 60-Jährige verbüßt eine lebenslange Haftstrafe. Er soll in seinen mehr als zwei Jahrzehnten als Sportarzt bei USA Gymnastics und an der Michigan State University mehr als 265 Frauen und Mädchen sexuell missbraucht haben. Unter seinen Opfern waren mehrere Olympia-Teilnehmerinnen, unter ihnen die Goldmedaillen-Gewinnerinnen Simone Biles, Aly Raisman und McKayla Maroney. FBI: Versagen der Behörde "unentschuldbar" Nassars Übergriffe dauerten den Behörden zufolge bis zu seiner Verhaftung im Herbst 2016 an. FBI-Chef Christopher Wray hatte im September 2021 in einer Aussage im US-Senat das Versagen seiner Behörde in dem Fall eingeräumt und es "unentschuldbar" genannt. An die Opfer gewandt hatte er gesagt: "Es tut mir leid, dass so viele Menschen Sie im Stich gelassen haben, immer und immer wieder." Besonders tue es ihm leid, "dass es Leute beim FBI gab, die 2015 ihre eigene Chance hatten, dieses Monster zu stoppen, und versagt haben". Mit den 100 Millionen Dollar vom US-Justizministerium würde die Summe aller Entschädigungen für die Nassar-Opfer auf rund eine Milliarde Dollar steigen. Darunter sind 500 Millionen Dollar, die die Michigan State University im Jahr 2018 im Rahmen eines Vergleichs zugesagt hatte. Mit USA Gymnastics erzielten die Betroffenen im Jahr 2021 eine Vereinbarung über 380 Millionen Dollar. | /ausland/amerika/usa-nassar-missbrauchsopfer-justizministerium-100.html |
2024-04-19 | Wie sich das Essen in deutschen Kantinen verändert | Konkurrenz für die Currywurst | Sie ist der Klassiker in deutschen Kantinen: Die Currywurst gehört zu den beliebtesten Mittagessen. Doch andere Gerichte laufen ihr den Rang ab. Was kommt in Kantinen stattdessen auf den Tisch? Von L. Hiltscher. | Sie ist der Klassiker in deutschen Kantinen: Die Currywurst gehört zu den beliebtesten Mittagessen. Doch andere Gerichte laufen ihr den Rang ab. Was kommt in Kantinen stattdessen auf den Tisch? Von Lilli-Marie Hiltscher Heiß vom Grill kommt die Wurst direkt auf den Teller, dazu knusprig gebackene Pommes direkt aus der Fritteuse, darüber Currysoße und noch ein bisschen zusätzliches Currypulver: Die Currywurst ist so simpel wie beliebt, ein Klassiker in deutschen Kantinen. Auch in der Kantine der R+V Versicherung in Wiesbaden steht sie alle zwei Wochen immer freitags auf dem Speiseplan. "Es gibt die Fans, die wegen der Currywurst extra ins Büro kommen", erzählt Thomas Walter, Geschäftsführer R+V-Gastronomie und Services. Kaum ein anderes Mittagessen hat es wohl zu ähnlich großer Beliebtheit im ganzen Land gebracht. Um seine Liebe zur Currywurst auszudrücken, widmete Herbert Grönemeyer ihr ein Lied. Als VW sie zwischenzeitlich aus dem Speiseplan nahm, entbrannte ein regelrechter Streit darüber - sie sei der "Kraftriegel des Facharbeiters und der Facharbeiterin in der Produktion", sagte Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder damals. Womit er recht zu behalten schien: Nach Informationen des VW-Betriebsrats, die der Nachrichtenagentur dpa vorlagen, wurden 2023 insgesamt 8,33 Millionen Currywürste in VW-Kantinen verkauft. Das war ein Rekord. Und auch in der R+V-Kantine von Thomas Walter gehen an den Tagen, an denen die Currywurst auf dem Speiseplan steht, Hunderte von ihnen über die Theke. Vegetarisch und vegan immer beliebter Dabei laufen andere Gerichte in deutschen Kantinen der Currywurst längst ihren Rang ab. Stattdessen werden vegetarische und vegane Speisen deutschlandweit immer beliebter, wie aus den Menü-Charts des Verpflegungsanbieters "apetito" hervorgeht, die einmal jährlich veröffentlicht werden. Danach schaffte es die Currywurst 2023 nur noch auf Platz 3 der beliebtesten Gerichte. Auf Platz 2 lag im vergangenen Jahr die vegetarische Cappelletti-Pesto-Pfanne, und beliebtestes Kantinenessen war Spaghetti Bolognese. Dass sich die Nachfrage beim Kantinenessen ändert, merkt auch Marco Constanzo vom Frankfurter Catering "Mainfood": "Wir merken durchaus, dass der Trend hingeht zu leichterem Essen und zum veganen Essen." In seiner Kantinenküche werden täglich etwa 300 Mittagessen für vier Kantinen in der ganzen Stadt gekocht. Sowohl für Mitarbeiter, die körperlich arbeiten, als auch für jene, die am Schreibtisch sitzen, wird hier gekocht. "Darum versuchen wir, möglichst ausgewogen zu kochen, zum Beispiel mit Vollkornprodukten", so der Koch. Politik fordert gesünderes Mittagessen Gesund, leicht, lecker: Nicht erst seit der Pandemie fordert das auch die Politik immer vom Mittagessen in der Kantine wieder. So warb etwa Bundesernährungsminister Cem Özdemir in einer Debatte zur Ernährungsstrategie der Regierung in der vergangenen Woche dafür, dass Speisen in Kantinen gesünder werden sollten. Und gerade junge Menschen fordern das auch verstärkt ein, beobachtet Mona Freundschuh. Sie ist Ernährungs- und Qualitätsexpertin der R+V Versicherung in Wiesbaden und kümmert sich unter anderem darum, dass die Gerichte, die hier auf den Tisch kommen, den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung entsprechen: "In diesen Vorgaben ist unter anderem festgelegt, wie viele Fleischgerichte es pro Woche geben soll, wie oft Fisch auf dem Speiseplan steht oder dass es täglich vegetarische Gerichte gibt." Kantine als Treffpunkt im Unternehmen Mit einer großen Vielfalt an Speisen will die Versicherung die Kantine aber auch als einen Ort der Begegnung etablieren - ein Treffpunkt innerhalb des Unternehmens, an dem die Mitarbeitenden bewusst zusammenkommen. Denn Homeoffice ist bei der R+V mittlerweile fest verankert - genauso wie in ganz Deutschland: Im Februar dieses Jahres arbeiteten etwa 24,1 Prozent der Beschäftigten zumindest teilweise von zu Hause, wenn sie die Möglichkeit dazu hatten. Im Jahr 2019, also vor der Pandemie, waren es gerade einmal zehn Prozent der Deutschen. Das geht aus aktuellen Daten des ifo-Instituts hervor. Die Entscheidung, die Currywurst bei der R+V Versicherung immer freitags anzubieten, war darum auch eine unternehmenspolitische, berichtet der Geschäftsführer R+V-Gastronomie und Services Walter: "Der Freitag ist bei uns wie bei vielen anderen Unternehmen, die Homeoffice anbieten, der schwache Tag." Heißt: Freitags nutzen viele Mitarbeitende, die die Möglichkeit haben, Homeoffice. Deutschlandweit arbeiten laut aktuellen Daten des ifo-Instituts 55 Prozent der Beschäftigten freitags von zu Hause, wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Dass viele Mitarbeitende nach wie vor im Homeoffice sind, zeigt sich auch in den Kantinen: Bei der R+V werden derzeit täglich noch etwa 1.400 Mittagessen verkauft - vor der Pandemie waren es jeden Tag bis zu 2.200. Man hofft bei der R+V, mit der Currywurst freitags mehr Leute ins Büro und damit in die Kantine zu locken. Homeoffice erschwert Planbarkeit Auch das Frankfurter Catering "Mainfood" spürt den Rückgang deutlich. "Die Nachfrage nach Kantinenessen ist sehr der Pandemie deutlich zurückgegangen, weil die Leute immer noch sehr viel von zu Hause arbeiten", berichtet Geschäftsführer Mathieu Marquant. In einer Kantine, in der "Mainfood" vor der Pandemie täglich etwa 100 Mittagessen verkaufen konnte, seien es heute an schlechten Tagen weniger als die Hälfte. Zumal viele der Firmen, deren Mitarbeiter in einer der "Mainfood"-Kantinen zu Mittag essen, keine festen Homeoffice-Tage festgelegt haben. Die Mitarbeiter können stattdessen selbst entscheiden, wann sie ins Büro kommen möchten. "Das sorgt auch dafür, dass unser Geschäft viel schwerer planbar wird und wir noch genauer kalkulieren müssen", so Marquant. | /wirtschaft/verbraucher/kantine-mittagessen-currywurst-100.html |
2024-04-19 | Kundenansturm bei Netflix | Abonnenten-Boom | Der Streamingdienst Netflix geht erfolgreich gegen Passwort-Trittbrettfahrer vor: Die Zahl der Abonnenten steigt kräftig. Auch die Werbeeinnahmen dürften künftig sprudeln. | Der Streamingdienst Netflix geht erfolgreich gegen Passwort-Trittbrettfahrer vor: Die Zahl der Abonnenten steigt kräftig. Auch die Werbeeinnahmen dürften künftig sprudeln. Der Streaming-Anbieter Netflix hat im ersten Quartal dieses Jahres fast doppelt so viele Neukunden hinzu gewonnen wie erwartet: Der Kundenstamm wuchs um 9,3 Millionen Abonnenten auf insgesamt 269,6 Millionen. Ein Grund für das rasante Wachstum ist die laufende Kampagne gegen die Weitergabe von Passwörtern. Werbeeinnahmen werden wichtiger Um Zuseher, die bislang fremde Zugangsdaten genutzt haben, zu halten, bietet Netflix ein vergünstigtes werbefinanziertes Abonnement an. Inzwischen entscheiden sich dem US-Konzern zufolge in denjenigen Ländern, in denen die Option angeboten wird, 40 Prozent der Neukunden für diese Variante. Das hat auch Auswirkungen auf die Werbeeinnahmen: Analysten erwarten, dass Netflix im laufenden Jahr knapp eine Milliarde Dollar mit Werbung umsetzen wird. Diese Einnahmequelle könne in den kommenden Jahren noch kräftiger sprudeln, prognostizierten die Experten des Vermögensverwalters Wedbush. Denn beim günstigen Werbe-Abo sei die Gefahr einer Abwanderung von Kunden geringer als bei den teureren werbefreien Angeboten. Gewinnsprung bei Netflix Gleichwohl will der Konzern nicht mehr jedes Quartal über die aktuelle Abonnentenzahl informieren. Das war für Marktbeobachter bisher ein wichtiger Gradmesser für den Wettbewerb mit anderen Streaming-Anbietern. Netflix argumentiert, dass die reinen Kundenzahlen angesichts der verschiedenen Abo-Modelle nicht mehr so aussagekräftig seien wie früher. Man wolle stattdessen über die finanzielle Lage mit Umsatz und Gewinn sowie über die Popularität einzelner Serien und Filme informieren. Im vergangenen Vierteljahr stiegen die Netflix-Erlöse um rund 15 Prozent auf 9,37 Milliarden Dollar, das entspricht 8,8 Milliarden Euro. Der Quartalsgewinn sprang von 1,3 Milliarden Dollar vor einem Jahr auf 2,33 Milliarden Dollar hoch. Weitere Preiserhöhungen sind möglich Netflix habe noch viel Freiraum, den Dienst attraktiver zu machen "und dann die Leute zu bitten, etwas mehr Geld zu bezahlen", sagte der zweite Co-Chef Greg Peters. Netflix hatte vergangene Woche nach Preiserhöhungen in anderen Ländern die Tarife auch in Deutschland erhöht. Das teuerste "Premium"-Abo mit 4K-Bildqualität und 3D-Sound kostet nun 19,99 Euro statt zuvor 17,99 Euro. Beim "Standard"-Abonnement mit Full-HD-Bild und weniger gleichzeitig nutzbaren Geräten steigt der Preis von 12,99 auf 13,99 Euro. Dagegen bleibt der Preis des Abonnements mit Werbung unverändert bei 4,99 Euro im Monat. In den USA kostet das "Premium"-Abo 22,99 Dollar. Netflix verweist unter anderem darauf, dass ein attraktives Programmangebot hohe Investitionen erfordere. Netflix will bessere Filme machen Netflix will weiter viele Filme produzieren, und zeigt sich auch offen für Sport-Deals zum angemessenen Preis. "Wir sind nicht gegen Sport, sondern für profitables Wachstum", sagte Co-Chef Ted Sarandos. Man werde Chancen in immer mehr Bereichen ergreifen, aber mit Kostendisziplin. Sarandos wies zugleich einen Medienbericht zurück, wonach Netflix bei den teuren Filmproduktionen auf die Bremse treten wolle. Man wolle nicht weniger Filme machen, aber bessere. In den kommenden Monaten will der Dienst unter anderem mit einer neuen Staffel der Serie "Bridgerton" und einem neuen "Beverly-Hills-Cop"-Film mit der Rückkehr von Eddie Murphy zu seiner Paraderolle punkten. Aktie stürzt ab Zugleich signalisierte der Streaminganbieter, dass das Wachstum zwar weitergehen werde. Für das laufende Quartal stellte der Dienst aber etwas schwächere Kundenzuwächse und ein Umsatzplus von rund 16 Prozent im Jahresvergleich in Aussicht. Der Ausblick kam an der Börse nicht gut an, Marktbeobachter hatten deutlich mehr erwartet. Deshalb gab die Aktie kräftig nach. | /wirtschaft/unternehmen/netflix-kunden-abonnenten-streaming-filme-aktie-hollywood-serien-umsatz-gewinn-100.html |
2024-04-19 | Apple muss WhatsApp aus App Store in China löschen | Auf Druck der Regierung | In China kann man WhatsApp und Threads künftig nicht mehr aus dem App Store laden. Damit schließt China ein Schlupfloch in seiner "Firewall", mit der die Regierung Informationen kontrolliert. | In China kann man WhatsApp und Threads künftig nicht mehr aus dem App Store laden. Damit schließt China ein Schlupfloch in seiner "Firewall", mit der die Regierung Informationen kontrolliert. Apple hat auf Druck der chinesischen Regierung WhatsApp aus dem App Store in China entfernen lassen. Man sei gezwungen, die Gesetze der Länder zu befolgen, in denen man aktiv sei, betonte Apple am Donnerstag. Auch der Kurznachrichtendienst Threads aus dem Facebook-Konzern flog aus dem Store. Die chinesische Internet-Regulierungsbehörde habe die Anordnung mit Bedenken rund um die nationale Sicherheit begründet, teilte Apple unter anderem dem Wall Street Journal mit. Die "große chinesische Firewall" wird undurchlässiger WhatsApp und Threads sind in China ohnehin nur über VPN-Dienste nutzbar, die den Datenverkehr so umleiten, dass er aus einem anderen Land zu kommen scheint. Im Land selbst sind westliche Kommunikations-Apps blockiert. Einige davon wie WhatsApp konnten bisher jedoch zumindest aus dem App Store auf die Geräte geladen werden. Werden sie nun entfernt, schließt sich ein Schlupfloch in der sogenannten "großen chinesischen Firewall", mit der die Regierung in Peking den Zugang zu Informationen im Internet kontrolliert. Streit zwischen USA und China wegen TikTok Das Verhältnis zwischen den USA und China ist aktuell angespannt - auch beim Thema Apps. Im US-Kongress ist ein Gesetz auf dem Weg, das einen Eigentümerwechsel bei der populären Video-App TikTok erzwingen soll. Es passierte das Abgeordnetenhaus und ist nun im Senat als zweiter Kongress-Kammer, wo es demnächst ebenfalls angenommen werden könnte. Der Mutterkonzern Bytedance wird in den USA als chinesisches Unternehmen mit Zentrale in Peking betrachtet. TikTok weist das zurück - die Mehrheit der Anteile gehöre internationalen Investoren. Die chinesische Regierung äußerte sich empört über den politischen Druck für einen Eigentümerwechsel. | /wirtschaft/unternehmen/apple-china-whatsapp-threads-100.html |
2024-04-19 | Fast 100.000 Einträge im Organspende-Register | Vier Wochen nach dem Start | Wer zu Organspenden nach dem Tod bereit ist, kann dies seit einem Monat auch online dokumentieren. Seit dem Start des Portals haben sich rund 100.000 Menschen eingetragen. Künftig sollen Kliniken diese Erklärungen abrufen können. | Wer zu Organspenden nach dem Tod bereit ist, kann dies seit einem Monat auch online dokumentieren. Seit dem Start des Portals haben sich rund 100.000 Menschen eingetragen. Künftig sollen Kliniken diese Erklärungen abrufen können. Seit vier Wochen gibt es das neue zentrale Online-Register für Organspenden. Einen Monat nach dem Start haben sich fast 100.000 Menschen dort eingetragen. Inzwischen seien 97.858 Erklärungen abgegeben worden, teilte das zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte mit. Im Portal www.organspende-register.de können Nutzer ab dem Alter von 16 Jahren dokumentieren, ob sie zu einer Organspende nach dem Tod bereit sind oder nicht. Eintragen kann man sich, indem man einen Ausweis mit Online-Funktion verwendet. Die Angaben sind freiwillig, kostenlos und können jederzeit geändert und gelöscht werden. Erklärungen auf Papier, beispielsweise in Organspendeausweisen, sind weiter möglich. Kliniken, die Organe entnehmen, sollen vom 1. Juli an gespeicherte Erklärungen suchen und abrufen können. Bis zum 30. September soll es möglich werden, digitale Erklärungen auch direkt über Apps der Krankenkassen einzutragen. Das Register ist Kernstück eines 2020 vom Bundestag beschlossenen Gesetzes, das auch auf leichtere Möglichkeiten zur Dokumentation einer Entscheidung zur Spendebereitschaft zielt. Hintergrund sind Bemühungen um mehr lebensrettende Organspenden. Im vergangenen Jahr haben 965 Menschen nach ihrem Tod ein Organ oder mehrere Organe gespendet. Das waren 96 mehr als nach einem starken Einbruch 2022, wie die koordinierende Deutsche Stiftung Organtransplantation bilanzierte. Zugleich standen aber knapp 8.400 Menschen auf den Wartelisten für eine Transplantation. Beim Eintrag in das Online-Register kann man aus fünf Möglichkeiten wählen: Ja, ich gestatte, dass nach der ärztlichen Feststellung meines Todes meinem Körper Organe und Gewebe entnommen werden / Ja, ich gestatte dies, mit Ausnahme folgender Organe/Gewebe / Ja, ich gestatte dies, möchte jedoch nur bestimmte Organe/Gewebe zur Spende freigeben / Über ja oder nein soll dann folgende Person entscheiden / Nein, ich widerspreche der Entnahme von Organen oder Geweben | /inland/gesellschaft/organspende-register-104.html |
2024-04-19 | Modis Erfolge und ungelöste Probleme | Wahlen in Indien | Indien wählt ein neues Parlament, und Premierminister Modi wirbt mit wirtschaftlichen und sozialen Erfolgen. Seine Gegner kritisieren, die Armut sei unter Modi noch gewachsen. Und sie fragen nach dem Zustand der indischen Demokratie. Von A. Kammerer. | Indien wählt ein neues Parlament, und Premierminister Modi wirbt mit wirtschaftlichen und sozialen Erfolgen. Seine Gegner kritisieren, die Armut sei unter Modi noch gewachsen. Und sie fragen nach dem Zustand der indischen Demokratie. Von Annette Kammerer, ARD Neu-Delhi Narendra Modi ist überall: Der seit zehn Jahren amtierende Premierminister Indiens lächelt gutmütig von Plakaten, läuft in den Hunderten Fernsehsendern des Landes und sogar als Werbung in der App, die in der chronisch versmogten Hauptstadt Neu-Delhi die Luftqualität anzeigt. Modi tritt bei der Mega-Wahl, die über sechs Wochen lang in mehreren Etappen stattfinden wird, mit seiner hindunationalistischen Partei BJP an. In den 1980er-Jahren habe die BJP mit gerade einmal zwei von 543 Sitzen im Parlament begonnen, erzählt Shazia Ilmi, Sprecherin der BJP-Partei stolz. Damals habe Indien weder sauberes Trinkwasser noch eine Sanitärversorgung gehabt. Heute stellt die BJP mit über 300 Sitzen die absolute Mehrheit. Es sei sehr viel getan worden, sagt Ilmi und zählt auf: bei der Wasserversorgung, beim Wohnen, mit Gas-Subventionen oder dem weltweit größten Ernährungsprogramm für arme Menschen. Erfolg nur auf den ersten Blick? Tatsächlich zeichnen die Zahlen auf den ersten Blick ein Bild des Aufschwungs im Land mit seinen über 1,4 Milliarden Einwohnern. Laut dem Internationalen Währungsfonds soll die indische Wirtschaft in diesem Jahr um 6,8 Prozent wachsen und gilt damit als die am stärksten wachsende Wirtschaft der Welt. Nicht nur deshalb wird Indien auf der globalen Bühne als Handelspartner hofiert. Sondern auch, weil Länder wie Deutschland sich damit eine Alternative zur Großmacht China erhoffen. Doch es braucht nur einen Blick auf die Straßen Neu-Delhis oder in die Hinterhöfe der Megacity, um zu sehen, dass der wirtschaftliche Aufschwung längst nicht alle erreicht. Denn zur Wahrheit gehört auch: Die Ärmsten der Armen bekommen von dem Aufschwung kaum etwas mit. Die Schere zwischen Arm und Reich ist unter Modi sogar noch größer geworden. Korruption, Inflation und Arbeitslosigkeit Viele Studenten, wie die 20-jährige Manya, blicken deshalb kritisch auf ihre Regierung. Sie gehört zu den gut 200 Millionen Wählerinnen und Wählern unter 30. Korruption, Inflation und Arbeitslosigkeit seien die Themen, die sie bei dieser Wahl beschäftigten, sagt die Studentin. "Und ich glaube nicht, dass die Regierung irgendwas dagegen unternimmt." Es ist ein Problem, das selbst die Regierungspartei BJP in ihrem Interview mit der ARD anspricht. Bei der Arbeitslosigkeit müsse noch viel mehr getan werden, räumt BJP-Sprecherin Ilmi ein. Aber Indien sei eben ein großes Land und niemand habe einen Zauberstab. Aber wenn einer diese Probleme lösen könne, dann ihre Partei. Aggression gegenüber Moslems Neben der Wirtschaft sind die Rechte religiöser Minderheiten ein großes Thema. Modis Partei propagiert Indien als ein hinduistisches Land. Tatsächlich aber leben in Indien mehr als 200 Millionen Muslime. Hinzu kommen Christen, Sikhs und Menschen mit anderen Religionen. Menschenrechtler warnen, dass die Rechte religiöser Minderheiten seit Jahren Schritt für Schritt ausgehöhlt würden. Es wurden Moscheen zerstört, hinduistische Fanatiker zogen durch muslimische Viertel, und bei Ausschreitungen im vergangenen Jahr starben Dutzende, vor allem muslimische Inder. Die Täter bleiben oft auf freiem Fuß und scheinen sich vor Strafen kaum zu fürchten. Eine schwache Opposition Zur Wahl steht neben Modi auch Rahul Gandhi, das Gesicht der größten oppositionellen Kraft, der Kongresspartei. Es ist eine Partei, die mit der Politdynastie der Gandhis fest verbunden ist. Doch sie wirkt im Wahlkampf schlecht organisiert und schwach. Selbst Sprecher der Oppositionspartei bestreiten das nicht. Die BJP habe einen enormen Zugriff auf Geld, meint Praveen Chakroborty. "Und wir müssen auch zugeben, dass sie organisatorisch viel stärker als die Kongresspartei ist." Wirklich Konkurrenz machen Modi vor allem Politiker regionaler Parteien, die Lokalregierungen leiten. Seit gut einem Jahr häufen sich Fälle von oppositionellen Politikern, die wegen angeblicher Korruptionsvorwürfe angeklagt werden. Erst vergangenen Monat wurde der Regierungschef Delhis festgenommen. Er ist ein bekannter Kritiker der Modi-Regierung und Mitglied einer Oppositionspartei. "Eine echte Gewaltenteilung gibt es nicht" Auch Journalisten sehen sich seit Jahren zunehmend unter Druck. Einer der wenigen Journalisten, die noch kritisch berichten und sich trauen, vor der Kamera zu sprechen, ist Harthosh Singh vom Magazin "Caravan". Staatliche Behörden seien zum verlängerten Arm der Regierung geworden, warnt er. Wenn unliebsame Politiker wegen angeblicher Korruption festgenommen würden, kämen sie wieder auf freien Fuß, sobald sie der regierenden BJP beigetreten seien. Und so sehe das, was jetzt in Indien passiert, zwar wie eine Demokratie aus, mit Millionen Menschen, die wählen dürfen. Eine echte Gewaltenteilung, wie in einer Demokratie notwendig, gebe es aber nicht. Staatliche Behörden seien zu Handlangern der Regierung geworden. "Es ist nicht so, dass hier alle sofort hinter Gitter kommen", warnt Singh. Prinzipien wie die Gewaltenteilung und die gegenseitige Kontrolle demokratischer Institutionen seien auf viel ausgeklügeltere Weise ausgehöhlt worden. Auch deshalb sei der tatsächliche Zustand der indischen Demokratie so schwierig für die Welt zu sehen. | /ausland/asien/wahlen-indien-102.html |
2024-04-19 | Ist das Girokonto zu teuer? | Gebühren-Check | Vielen Bankkunden ist nicht bewusst, wie viel sie im Lauf eines Jahres für ihr Girokonto zahlen. Zu den Grundgebühren kommen oft noch andere Kosten hinzu. Von Andreas Braun. | Vielen Bankkunden ist nicht bewusst, wie viel sie im Lauf eines Jahres für ihr Girokonto zahlen. Zu den Grundgebühren kommen oft noch andere Kosten hinzu. Von Andreas Braun Viele Millionen Girokonten werden in Deutschland täglich genutzt. Etwa zum Geldtransfer per Überweisung, Lastschrift oder Dauerauftrag; zur Versorgung mit Barem am Geldautomaten; oder auch zum bargeldlosen Bezahlen per Giro-, Debit-, oder Kreditkarte. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher dürften für diese Leistungen mehr zahlen als nötig. Oft sind ihnen die tatsächlichen Kosten nicht bewusst, die bei der Nutzung des Girokontos anfallen. Kostenlos oder bis zu 300 Euro jährlich Nach einer Erhebung der der Stiftung Warentest bei 175 Banken in Deutschland kostet ein Girokonto in Deutschland jährlich im Schnitt knapp 120 Euro. Als Spitzenwert haben die Tester mehr als 300 Euro jährliche Gesamtgebühren für einen Musterkunden mit einem bestimmten Nutzungsprofil vorgefunden. Günstige Konten, die weniger als 60 Euro im Jahr kosten, werden hierzulande immer seltener. Gleiches gilt für Konten, die kostenlos geführt werden, ohne dass die Kundin und der Kunde besondere Voraussetzungen wie einen monatlichen Zahlungseingang erfüllen müssen. Den Überblick über die Kosten eine Kontos bekommt man als Verbraucher nur schwer, denn bezahlen muss man für viele Dienstleistungen beim Girokonto. "Neben der Monatsgebühr gibt es beim Girokonto einiges andere, wofür man zahlen muss. Das wären zum Beispiel die Gebühren für die Karten, also die Giro-Karte oder die Visa- und Mastercard", erläutert Josefine Lietzau, Expertin vom Verbraucherportal Finanztip. "Dazu fallen oft Gebühren beim Abheben an oder Gebühren für das Bezahlen in einer fremden Währung." Zu diesen Kosten kämen kleinere Gebühren: "So kommen zum Beispiel Überweisungen Geld kosten, vor allem Echtzeitüberweisungen. Wenn man Bargeld einzahlt, muss man oft Gebühren zahlen. Zum Teil auch für einen TAN-Generator, wenn man seine TANs mit einem zweiten Gerät generiert." Auch kostenloses Abheben ist nicht immer gebührenfrei Viele der Gebühren fallen im Jahresverlauf kaum auf. Sie summieren sich aber, und wenn öfter kostenpflichtige Bargeldeinzahlungen vorgenommen werden oder wenn das Girokonto überzogen wird und ein Dispo-Kredit hohe Zinszahlungen zur Folge hat. Gleiches gilt etwa für den Einsatz der Kreditkarte, die im Ausland eingesetzt wird, so die Expertin: "Es gibt Kosten, mit denen die Kunden wahrscheinlich nicht so rechnen werden. So bewerben viele Banken, dass sie das kostenlose Abheben haben, etwa in der Eurozone oder weltweit. Damit meinen sie aber nur die Gebühren, die sie selbst verlangen", sagt Lietzau. "Und wenn man dann einem Automaten steht, dann kann es schon sein, dass der Automatenbetreiber selbst Gebühren verlangt. Das Geld bekommt man auch nicht zurück." Die eigene Kontonutzung bestimmen Wer seine Kosten beim Girokonto reduzieren will, sollte zunächst überprüfen, welche Leistungen er überhaupt in Anspruch nehmen möchte. Ist ein direkter Ansprechpartner in einer Filiale nötig? Komme ich mit Online-Banking bereits zurecht oder möchte es künftig nutzen? Dann wird das Girokonto-Modell in aller Regel bereits günstiger. Im zweiten Schritt können die kleineren Gebühren auf dem Prüfstand gestellt werden: etwa, ob Überweisungen, Bargeldabhebungen oder sogar die Erstellung von TANs beim bestehenden Konto Geld kosten. Hier können Verbraucherinnen und Verbraucher grob abschätzen, wie oft sie solche Leistungen wirklich nutzen. Wer die Kosten und die Leistungen seines aktuellen Girokonto kennt und damit nicht zufrieden ist kann, sich gegebenenfalls neu orientieren. Auch bei der Suche nach einem passenden neuen Konto sollte ins Kleingedruckte der Bedingungen geschaut werden, rät dazu Christian Urban von der Verbraucherzenrale Nordrhein-Westfalen: "Etwa, bekomme ich das kostenlose Girokonto nur dann, wenn ich einen Mindestgeldeingang habe? Oft muss der Mindestgeldeingang womöglich sogar ein Gehaltseingang sein. Das sind Aspekte, die ich berücksichtigen muss." Das Kontomodell oder die Bank wechseln Hat man schießlich ein Gebührenmodell gefunden, das auf die eigenen Bedürfnisse passt und kostengünstig ist, gibt es zwei Möglichkeiten: Mit der eigenen Bank verhandeln oder das Konto wechseln, so Verbraucherschützer Urban. "Wer ein zu teures Kontomodell hat oder auch sonst mit seiner Bank nicht zufrieden ist, der sollte ganz dringend über einen Wechsel nachdenken. Es gibt aber auch einen Konto-Wechsel 'light', man sollte zumindest bei seiner eigenen Bank nachfragen, ob es nicht ein Modell gibt, das besser passt und womöglich auch günstiger ist." Findet sich ein solches Modell bei der bisherigen Bank nicht, können Verbraucherinnen und Verbraucher die Konsequenzen ziehen und zu einem günstigeren oder besseren Kontomodell bei einer anderen Bank wechseln. Ein Schritt, den viele Kontonutzer scheuen, der sich aber im Geldbeutel schnell bemerkbar machen kann. Drei Umzugsvarianten Um den Kontowechsel zu stemmen, gibt es mehrere Möglichkeiten: Wer in Eigenregie das neue Konto einrichten will, sollte etwa Daueraufträge oder Lastschriftverfahren vollständig neu einrichten. Viele Banken bieten einen digitalen Kontoservice an, der dies zumeist reibungslos bewerkstelligt. Sogar eine gesetzlich verankerte Kontowechselhilfe gibt es. Sie kann man per Formular bei beiden Banken beantragen, die mit dem Kontowechsel beauftragt sind. Auch dabei werden Daueraufträge und Lastschriften von einer Bank zur anderen transferiert. Kunden können dabei gleich die Schließung des alten Kontos mit beauftragen. Experten raten allerdings dazu, für zwei bis drei Monate beide Konten parallel laufen zu lassen, bis der Kontoumzug sicher vollständig vollzogen ist. | /wirtschaft/verbraucher/girokonten-gebuehren-kontowechsel-100.html |
2024-04-19 | Was tun für die ukrainische Flugabwehr? | Sitzung des NATO-Ukraine-Rats | Beim heutigen Treffen des NATO-Ukraine-Rats steht vor allem die Luftverteidigung auf der Agenda. Denn die Ukraine kann den ständigen russischen Angriffen mit Raketen und Drohnen immer weniger entgegensetzen. Von P. Mücke. | Beim heutigen Treffen des NATO-Ukraine-Rats steht vor allem die Luftverteidigung auf der Agenda. Denn die Ukraine kann den ständigen russischen Angriffen mit Raketen und Drohnen immer weniger entgegensetzen. Von Peter Mücke, NDR Die Zahl ist beeindruckend: 99 Prozent der iranischen Drohnen, Marschflugkörper und Raketen konnte Israel bei dem Angriff am vergangenen Wochenende abfangen - dank einer breit gestaffelten Luftverteidigung und internationaler Unterstützung. Dagegen hatte die Ukraine nach einer Studie der US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) bei den jüngsten russischen Großangriffen lediglich eine durchschnittliche Abfangrate von etwa 16 Prozent bei ballistischen Raketen und rund 75 Prozent bei Marschflugkörpern und Drohnen. Selenskyj verweist auf Israel-Hilfe Kein Wunder, dass sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zuletzt frustriert äußerte: "Die ganze Welt hat an den Aktionen unserer Verbündeten am Himmel Israels und der Nachbarländer gesehen, wie wirksam Einigkeit bei der Verteidigung gegen den Terror sein kann, wenn die Grundlage der Einigkeit ein ausreichender politischer Wille ist." Er verweist darauf, dass auch Israel - wie die Ukraine - kein NATO-Mitglied ist. Demnach habe es keine Notwendigkeit des gegenseitigen Beistands gegeben: "Es wurde auch niemand in den Krieg hineingezogen, sie haben lediglich geholfen, Leben zu schützen", so Selenskyj. "Kostspieliger Fehler" "Die Verteidigung Israels zeigt: Wenn die westlichen Partner wollen, können sie viel mehr tun, um die Menschen in der Ukraine vor russischen Raketen- und Drohnenangriffe zu schützen", sagt der Militärexperte Nico Lange. Er war bis 2022 im Leitungsstab des Bundesverteidigungsministeriums und ist Senior Fellow der Münchner Sicherheitskonferenz. "Es ist ein kostspieliger Fehler, der auch unsere Sicherheit verschlechtert, dass die westlichen Partner das für die Ukraine bisher nicht tun", so Lange gegenüber tagesschau.de. "Unsere Unterstützung für die Ukraine braucht einen Strategiewechsel." Zu spät für die erwartete russische Großoffensive Einen ersten Schritt hat die Bundesregierung nach der iranischen Attacke auf Israel getan: Kurzfristig wird ein weiteres "Patriot"-Abwehrsystem aus Bundeswehr-Beständen an die Ukraine geliefert. Von Mitte Mai an sollen ukrainische Soldaten daran ausgebildet werden. Einsatzbereit in der Ukraine ist das System dann Ende Juni - zu spät für die erwartete russische Großoffensive. Die Ukraine geht davon aus, dass die Führung in Moskau das Ziel hat, der Bevölkerung einen militärischen Triumph zum Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs am 9. Mai zu liefern. Nach Schätzungen des ukrainischen Verteidigungsministeriums und des Nationalen Sicherheitsrats braucht das Land mindestens zehn "Patriot"-Systeme für einen halbwegs flächendeckenden Schutz. Für einen umfassenden Schutz seien 26 Systeme nötig, heißt es. Wie viele "Patriot"-Abwehrsysteme in der Ukraine im Einsatz sind, ist unklar. Experten gehen davon aus, dass es derzeit drei Systeme sind. Das von der Bundesregierung jetzt zugesagte, wäre damit das vierte. "Partner sollten alle russischen Raketen abschießen" Deshalb fordert Lange kurzfristig unkonventionelle Lösungen: "Die Partner sollten mit den zahlreichen 'Patriot'-Systemen an unseren Ostgrenzen ab jetzt alle russischen Raketen und Drohnen über der Ukraine abschießen, die sie in Reichweite haben." Er denkt dabei vor allem an NATO-Flugabwehrsysteme im Osten Polens, mit denen russische Raketen von dort aus über der Westukraine abgeschossen werden könnten. "Völkerrechtlich wäre das voll gedeckt", so Lange gegenüber tagesschau.de. Nichts anderes sei beim Abfangen iranischer Raketen und Drohnen passiert. "Müssen Produktion massiv hochfahren" Langfristig müsse jedoch die Produktion massiv hochgefahren werden. "Es war ein strategischer Fehler, nicht schon im Jahr 2022 systematisch die Produktion anzukurbeln", sagt Lange. Es gebe aber noch Potenzial, alte Systeme wie "Hawk" und Munition dafür bei ehemaligen Nutzerstaaten zu kaufen und sie in die Ukraine zu bringen. "Es muss sich allerdings jemand konkret darum kümmern, statt immer nur mit dem Finger auf andere zu zeigen", so Lange. Künftig sollen "Patriot"-Abwehrsysteme auch in Deutschland produziert werden - im Rahmen eines Joint-Ventures des US-Konzerns Raytheon mit dem deutschen Rüstungsunternehmen MBDA, dem Hersteller der "Taurus"-Marschflugkörper. Die Fertigung im bayerischen Schrobenhausen ist die erste außerhalb der USA. Im Rahmen der European Sky Shield Initiative sollen dort "Patriot"-Systeme im Wert von 5,1 Milliarden Euro produziert werden, unter anderem für Deutschland, die Niederlande, Rumänien und Spanien. Deutschland rechnet mit ersten Lieferungen allerdings erst 2027. In einer früheren Fassung war von zwei "Patriot"-Systemen die Rede, die von der Ukraine aus betrieben werden. Die genaue Anzahl ist jedoch unbekannt. Experten gehen von drei aus. | /ausland/europa/luftverteidigung-ukraine-100.html |
2024-04-19 | Bruchstelle der Ampelkoalition? | Bundeshaushalt 2025 | Heute sollten die Einzelressorts ihre Budgets für 2025 an Finanzminister Lindner melden. Die Frist wurde um zwei Wochen verschoben. Es gibt einige Baustellen: bei der Rente, der Kindergrundsicherung und der Verteidigung. Von L. Lenz. | Heute sollten die Einzelressorts ihre Budgets für 2025 an Finanzminister Lindner melden. Die Frist wurde um zwei Wochen verschoben. Es gibt einige Baustellen: bei der Rente, der Kindergrundsicherung und der Verteidigung. Von Lothar Lenz Ganz zu Beginn ihrer politischen Zusammenarbeit wollten SPD, Grüne und FDP mal eine Fortschrittskoalition sein. Aber der Fortschritt, so scheint es, wird in der Ampel immer häufiger ausgebremst vom Streit um den richtigen Weg. Christian Lindner, Bundesfinanzminister und FDP-Chef, beschrieb es in der ARD-Sendung Caren Miosga so: "Ich spüre jeden Tag die Grenzen, an die wir stoßen, weil es sehr unterschiedliche Auffassungen davon gibt, wie die Menschen leben wollen, wie die Wirtschaft funktioniert, was die Gesellschaft braucht." Größter Einzeletat im Arbeitsministerium Hubertus Heil zum Beispiel, der Bundesarbeitsminister, ist Herr über den mit Abstand größten Einzeletat: 175 Milliarden Euro und damit mehr als ein Drittel des gesamten Bundesetats umfasst das Ressort des Arbeitsministers. Der SPD-Politiker ist überzeugt, dass die Gesellschaft vor allem Verlässlichkeit in der Sozialpolitik braucht. Einschnitte in das Rentensystem schließt er deswegen kategorisch aus. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Christian Lindner zum geplanten Rentenpaket der Bundesregierung sagte Heil: "Dieses Prinzip der Lebensleistung muss verlässlich sein, ob jemand 1954 geboren ist oder 1995. Die Menschen, die in Deutschland hart arbeiten, die heute Beiträge zahlen, müssen sich auch in Zukunft auf die gesetzliche Rente verlassen können." Sparappell an Heil Dieses Versprechen von Heil ist eine der Großbaustellen für Lindners Haushalt: Denn der Bundeszuschuss an die Rentenkasse ist allein in den vergangenen fünf Jahren um fast 20 Milliarden Euro gestiegen. Er deckt politisch gewollte Leistungen der Rentenversicherung ab, für die das Aufkommen der Beitragszahler nicht reicht: die Mütterrente, Erziehungszeiten, die Grundrente. All das wird stetig teurer, auch wegen der Alterung der Gesellschaft. Um so drängender formuliert Lindner seinen Sparappell an Heil: "Auch ein überzeugter Sozialdemokrat muss erkennen, dass, wenn er für seine Vorhaben neue, zusätzliche Mittel gewinnen will, erst der Wachstumsmotor wieder angeschmissen werden muss." Lindner schlägt Moratorium für Sozialvorhaben vor Aber woher das Geld nehmen für Konjunkturprogramme - oder für die Steuersenkungen, die Lindner eigentlich für wünschenswert hält? Er selbst schlug bereits ein Moratorium für neue Sozialvorhaben vor. So lasse sich Spielraum schaffen für die anderen Aufgaben des Staates. Dazu dürfte Lindner zur Zeit vor allem die Ankurbelung des strukturell schwachen Wachstums der deutschen Volkswirtschaft zählen. Zuletzt war sein "Wachstumschancengesetz", das Investitionsbeihilfen und Steuererleichterungen für Unternehmen vorsah, von den Ländern im Bundesrat auf einen Bruchteil des ursprünglichen Volumens zusammengestrichen worden. Die Finanzminister der Länder befürchteten Einnahmeausfälle. Langer Streit über die Kindergrundsicherung Die zweite Baustelle bei den Haushaltsverhandlungen dürfte die Kindergrundsicherung sein. Die grüne Familienministerin Lisa Paus möchte, dass der Bund Leistungen für Kinder zusammenfasst - und automatisch auszahlt, ohne dass es noch komplizierter Antragsverfahren bedarf. Seit Langem streitet sich Paus mit Lindner darüber, was das Projekt kostet und wie viele zusätzliche Stellen es für die administrative Umsetzung braucht. Trotzdem gibt sie sich optimistisch: "Das Gesetz haben Christian Lindner, der Bundeskanzler und ich gemeinsam verhandelt und dann im Kabinett gemeinsam verabschiedet. Ich bin zuversichtlich, dass wir, weil wir uns jetzt so intensiv damit beschäftigt haben, jetzt auch zügig zu einem Ergebnis kommen." Frist um 14 Tage verlängert Von "zügig" kann derzeit allerdings keine Rede sein. Die Frist, in der alle Einzelressorts ihre Budgets an Lindner melden müssen, ist gerade um 14 Tage verlängert worden. Der Bundesfinanzminister nutzt die Zeit, das Projekt Kindergrundsicherung noch einmal ganz grundsätzlich zu kritisieren. Denn abgehängte Kinder, sagte Lindner der ARD, gebe es vor allem in Migrantenfamilien: "Wenn man das Problem der Kinderarmut lösen will, dann sorgt man dafür, dass die Eltern Sprachförderung bekommen und einen Arbeitsplatz, und man verbessert die Kita-Versorgung und macht die Schulen besser." Schuldenbremse lockern? Besser werden muss auch und vor allem die Bundeswehr - die dritte Baustelle. Der Finanzbedarf für die Verteidigung steigt weiter; erst recht, wenn das Sondervermögen 2028 ausgegeben ist und das Zwei-Prozent-Ziel der NATO aus dem regulären Bundeshaushalt erreicht werden muss. Verteidigungsminister Boris Pistorius sprach in der ZDF-Sendung "Was nun…?" aus, was er erwartet: einen Verteilungskampf. "Uns nützen die schönsten digitalen Bibliotheken und die schönsten Fahrradschnellwege nichts, wenn wir angegriffen werden und nicht in der Lage sind, uns verteidigen zu können. Es geht um Prioritätensetzung. Ja, es wird Einschnitte im Haushalt geben müssen, wenn wir die Verteidigung gewährleisten wollen." Für Pistorius wäre es deshalb auch denkbar, die Schuldenbremse zu lockern für die Finanzierung von Bundeswehr und Zivilschutz - wieder so ein Thema, bei dem Lindner mehr als ein Wörtchen mitreden wird. 15 bis 20 Milliarden Euro könnten fehlen Noch bestätigt niemand offiziell, wie hoch der "Fehlbedarf" bei Lindners Haushaltsplanung für das kommende Jahr ist - die Summe also, die zwischen den Steuereinnahmen plus der erlaubten Kreditaufnahme und den Ausgabewünschen der Ministerien liegt. 15 bis 20 Milliarden Euro werden es wohl sein, vermuten Beobachter. Die Aufstellung eines Bundeshaushalts für das Wahljahr 2025 kann damit zur Bruchstelle werden für eine Koalition, die sich eigentlich dem Fortschritt verschrieben hatte. | /inland/innenpolitik/lindner-haushalt-114.html |
2024-04-19 | Jury für Schweigegeld-Prozess gegen Trump steht | USA | Die Jury-Suche in dem Schweigegeld-Verfahren gegen Ex-US-Präsident Trump war schwierig. Doch jetzt wurden zwölf Geschworene gefunden. Damit könnten nun schon am Montag die Eröffnungsplädoyers gehalten werden. | Die Jury-Suche in dem Schweigegeld-Verfahren gegen Ex-US-Präsident Trump war schwierig. Doch jetzt wurden zwölf Geschworene gefunden. Damit könnten nun schon am Montag die Eröffnungsplädoyers gehalten werden. Im Schweigegeld-Verfahren gegen Ex-US-Präsident Donald Trump steht die Jury: Nach rund dreitägigen Befragungen einigten sich Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Richter Juan Merchan auf zwölf Geschworene. Auch ein Ersatzjuror wurde schon gefunden. Am Freitag sollten noch etwa fünf weitere Ersatzkandidaten gesucht werden, bevor dann am Montag möglicherweise bereits mit den Eröffnungsplädoyers begonnen werden könnte, wie Merchan erläuterte. Es ist der erste Strafprozess gegen einen Ex-Präsidenten in der Geschichte der USA. Schwierige Suche nach unabhängigen Geschworenen Die Auswahl der Jury gestaltete sich schwierig. Zwei Geschworene, die am Dienstag bereits ausgewählt worden waren, wurden am Donnerstag wieder freigestellt. Eine Frau hatte Sorge, dass ihre Identität öffentlich werden könnte. Bei einem Mann gab es Zweifel an der Glaubwürdigkeit einiger seiner Aussagen. Dutzende Kandidaten hatten beim Prozessbeginn sofort angegeben, dass sie sich nicht in der Lage sähen, zu einem fairen Urteil zu kommen, und wurden daraufhin umgehend freigestellt. Anklage wegen Fälschung von Geschäftsunterlagen Bei dem Verfahren gegen Trump geht es um Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin. Die Staatsanwaltschaft legt ihm die Fälschung von Geschäftsunterlagen zur Last. Der Republikaner, der im November erneut ins Weiße Haus einziehen will, hat auf nicht schuldig plädiert. Der Prozess könnte nach Angaben des Gerichts bis zu acht Wochen dauern. Bei einer Verurteilung droht dem 77-Jährigen eine mehrjährige Gefängnisstrafe, die aber auch zur Bewährung ausgesetzt werden könnte. Trump hätte zudem auch noch die Möglichkeit, Berufung einzulegen. Auch nach einer möglichen Verurteilung - und selbst im Falle einer Gefängnisstrafe - dürfte Trump auch weiterhin bei der Präsidentschaftswahl im November antreten. Schweigegeld an Pornodarstellerin unrechtmäßig verbucht Hintergrund des Falls ist, dass Trump 2016 kurz vor seiner Wahl zum Präsidenten 130.000 US-Dollar Schweigegeld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels zahlen ließ. Sie behauptete, Sex mit ihm gehabt zu haben. Trump bestreitet eine Affäre, nicht aber, dass Geld geflossen ist. Schweigevereinbarungen zwischen zwei Parteien sind nicht grundsätzlich illegal. Trump wird aber vorgeworfen, er habe die Zahlungen unrechtmäßig verbucht, auf illegale Weise zu verschleiern versucht und damit andere Gesetzesverstöße vertuschen wollen. | /ausland/amerika/trump-prozess-jury-100.html |
2024-04-19 | USA blockieren UN-Vollmitgliedschaft für Palästina | New York | Die USA haben im Sicherheitsrat ein Veto gegen eine Resolution für eine UN-Vollmitgliedschaft Palästinas eingelegt. Washington sieht eine Zweistaatenlösung als Voraussetzung. Palästina hat damit weiterhin einen Beobachterstatus. | Die USA haben im Sicherheitsrat ein Veto gegen eine Resolution für eine UN-Vollmitgliedschaft Palästinas eingelegt. Washington sieht eine Zweistaatenlösung als Voraussetzung. Palästina hat damit weiterhin einen Beobachterstatus. Die USA haben bei einer Abstimmung im UN-Sicherheitsrat ihr Veto gegen eine Vollmitgliedschaft der Palästinenser in den Vereinten Nationen eingelegt. Der von Algerien eingebrachte Text erhielt zwölf Ja-Stimmen und eine Nein-Stimme, Großbritannien und die Schweiz enthielten sich. Er sah vor, der Vollversammlung zu empfehlen, "den Staat Palästina als Mitglied der Vereinten Nationen" aufzunehmen. Die Palästinenser fordern seit Jahren eine Vollmitgliedschaft. Palästinenser reagieren wütend Die Palästinensische Autonomiebehörde verurteilte den Schritt der USA. "Diese aggressive amerikanische Politik gegenüber Palästina, seinem Volk und seinen legitimen Rechten stellt eine eklatante Aggression gegen das Völkerrecht dar und ist eine Ermutigung zur Fortsetzung des völkermörderischen Krieges gegen unser Volk (...), der die Region noch weiter an den Rand des Abgrunds treibt", erklärte das Büro von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Die Ablehnung werde "unseren Willen nicht brechen und unsere Entschlossenheit nicht stoppen", sagte der palästinensische UN-Gesandte Rijad Mansur. "Wir werden unsere Bemühungen nicht einstellen. Der Staat Palästina ist unvermeidlich, er ist real." Der chinesische Botschafter sprach von einem "traurigen Tag" und äußerte seine "Enttäuschung" über das Veto der USA. Der Traum des palästinensischen Volkes sei zerstört worden. USA fordern Zweistaatenlösung als ersten Schritt Das ständige Sicherheitsratsmitglied USA hatte keinen Hehl aus seiner Ablehnung der Initiative gemacht. Die UNO sei nicht der richtige Ort für eine Anerkennung eines palästinensischen Staates - dieser solle vielmehr aus einem Abkommen zwischen Israel und den Palästinensern hervorgehen. Die USA haben in der Vergangenheit wiederholt von ihrem Vetorecht Gebrauch gemacht, um sich für ihren Verbündeten Israel einzusetzen. "Die Vereinigten Staaten unterstützen weiterhin nachdrücklich die Zweistaatenlösung", sagte der stellvertretende US-Botschafter Robert Wood nach der Abstimmung. Die Zweistaatenlösung sieht einen unabhängigen, mit Israel koexistierenden Palästinenserstaat vor. Die Abstimmung spiegele keine Ablehnung eines Palästinenserstaats wider, sondern sei eine Anerkennung der Tatsache, dass dieser nur durch "direkte Verhandlungen zwischen den Parteien erreicht werden kann". Israel lobt US-Veto Israel hatte zum wiederholten Mal die Tatsache kritisiert, dass der Sicherheitsrat überhaupt über diesen Antrag berate und nannte diesen "unmoralisch". "Mit diesem Rat zu sprechen ist, als würde man mit einer Wand sprechen", sagte der israelische UN-Botschafter Gilad Erdan. Die unterstützenden Stimmen würden die Palästinenser ermutigen, nicht an den Verhandlungstisch zurückzukehren, und "den Frieden fast unmöglich machen". Unmittelbar nach der Abstimmung lobte der israelische Außenminister Israel Katz das US-Veto. Eine Anerkennung eines palästinensischen Staats ein halbes Jahr nach dem Massaker vom 7. Oktober wäre eine Belohnung für den Terrorismus der Hamas, schrieb er auf der Plattform X (vormals Twitter). Beobachterstatus seit 2012 Für eine Aufnahme eines Staates in die UNO muss zunächst eine Empfehlung des Sicherheitsrates erfolgen - mit mindestens neun von 15 Stimmen und ohne Veto eines ständigen Mitglieds. Anschließend muss der Antrag von der UN-Vollversammlung mit einer Zweidrittelmehrheit angenommen werden. Der palästinensische UN-Gesandte Mansur hatte Anfang des Monats in einem Schreiben an UN-Generalsekretär António Guterres darum gebeten, das Verfahren zur Vollmitgliedschaft der Palästinenser wiederaufzunehmen. Die Palästinenser haben seit 2012 einen Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen, fordern aber seit Jahren eine Vollmitgliedschaft. Eine Mehrheit der 193 UN-Mitgliedstaaten erkennt einseitig einen Palästinenserstaat an, nach Angaben der palästinensischen Autonomiebehörde sind es 137. Deutschland erkennt Palästina nicht als Staat an, pflegt aber diplomatische Beziehungen zu den Palästinensergebieten. | /ausland/amerika/usa-palaestina-un-veto-mitgliedschaft-100.html |
2024-04-19 | Nur nicht den Anschluss verlieren | Wettbewerbsfähigkeit der EU | Die EU will im internationalen Wettbewerb nicht abgehängt werden. Besonders Kanzler Scholz macht mit Blick auf die Wirtschaft beim Gipfel in Brüssel Druck. Doch um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, braucht es Geld - und Taten. Von Matthias Reiche. | Die EU will im internationalen Wettbewerb nicht abgehängt werden. Besonders Kanzler Scholz macht mit Blick auf die Wirtschaft beim Gipfel in Brüssel Druck. Doch um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, braucht es Geld - und Taten. Von Matthias Reiche Dieser EU-Gipfel brachte das klare Bekenntnis zur Vollendung der Kapitalmarkt- und Bankenunion. Auf europäischer Ebene gäbe es ein enormes Finanzvolumen, das mit Blick auf Erneuerbare Energien, Digitalisierung oder geopolitische Krisen endlich aktiviert werden müsse. Deshalb brauche es eine Vereinheitlichung der europäischen Kapitalmärkte, auch nach Meinung von Bundeskanzler Olaf Scholz. Wahrscheinlich sei der nicht ausreichend entwickelte Kapitalmarkt in Europa die wesentliche Ursache, warum die Wachstumsdynamik in Europa nicht so groß wie an anderen Plätzen der Welt ist, erklärte der Kanzler. Er verwies dabei auf die USA. "Es geht ja darum, dass wir die sehr umfassenden Spareinlagen, Geldanlagen nutzen, um Wachstum privatwirtschaftlich zu finanzieren", sagt Scholz. "Und wenn wir das nicht machen, dann sind für große Vorhaben eben nicht genug Finanzmittel möglich." Aufgaben für die kommende EU-Kommission Im Juni wollen sich die 27 Staats- und Regierungschefs wieder mit dem Thema befassen. Außerdem beauftragten sie die EU-Kommission, konkrete Vorschläge für die Lösung vieler noch ungeklärter Fragen zu erarbeiten. Dabei geht es um die europaweite Harmonisierung des Insolvenzrechts oder eine Anpassung der Steuersysteme sowie die Überwachung der Finanzmärkte oder die Absicherung von Bankguthaben. Diese Themen werden vor allem Aufgaben für die kommende EU-Kommission nach den Europawahlen im Juni sein. Genauso wie das Thema Handelsabkommen, bei dem endlich mehr passieren müsse. So sei bei dem Gipfel von vielen kritisiert worden, dass es beispielsweise beim Mercosur-Freihandelsabkommen nicht vorangehe, wie Scholz in der abschließenden Pressekonferenz sagte. Er habe auch als deutscher Kanzler sehr klar gemacht: "Wir haben die Handelspolitik als eine Kernkompetenz der europäischen Politik an die Kommission gegeben, nicht damit keine Abkommen geschlossen werden, sondern damit mehr Abkommen abgeschlossen werden." Wenn das Ergebnis daraus sei, dass zu viele Abkommen erst zehn oder gar 20 Jahre verhandelt und nicht fertig würden - dann sei das ein Problem. Auch auf der Agenda: Ukraine und Nahost Beschlossen wurden bei diesem Gipfel auch neue Sanktionen gegen das Raketen- und Drohnenprogramm des Irans. Vor allem will man gegen die Umgehung der bereits bestehenden Strafmaßnahmen vorgehen. Ein anderes Thema war die Ukraine, die zunehmend in die Defensive gerät. Es komme jetzt darauf an, dem Land schnell zu helfen, vor allem bei der Flugabwehr, wie Bundeskanzler Scholz erneut betonte. Zumindest bei einigen seiner Kollegen fand er ein offenes Ohr - wie bei dem Niederländer Mark Rutte, dem sehr wahrscheinlich nächsten NATO-Generalsekretär. "Es ist absolut notwendig mehr zu tun", betonte Rutte. "Ich bin sehr froh, dass Deutschland ein weiteres 'Patriot'-System liefern will, zusätzlich zu allem, was schon alles geliefert wurde." Die USA und Großbritannien würden bereits eine Menge tun, aber in der EU sei Deutschland bei Waffenlieferungen die absolute Nummer eins. Man werde in den kommenden Tagen beraten, wie auch andere Länder noch mehr tun könnten. "'Patriots' sind da natürlich die erste Wahl für die Luftverteidigung der Ukraine. Doch gibt es Alternativen, die nicht so gut, aber wirkungsvoll sind", sagte der niederländische Regierungschef. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte in seiner Videobotschaft an die Gipfelteilnehmer mehrere Systeme aufgezählt, die es alternativ zu "Patriot"-Batterien auch sein könnten. Doch brauche man die Luftverteidigung jetzt. Ob und wie dieser Bedarf gedeckt werden kann, wird auch Thema der für Freitag einberufenen Sondersitzung des NATO-Ukraine-Rats sein, zu dem sich der ukrainische Präsident ebenfalls wieder zuschalten lässt. | /wirtschaft/weltwirtschaft/bruessel-gipfeltreffen-wirtschaft-100.html |
2024-04-18 | ++ USA verhängen neue Sanktionen gegen Iran ++ | Nahost-Krieg | Die USA und Großbritannien haben neue Sanktionen gegen das iranische Drohnenprogramm erlassen. Die Lufthansa will mindestens bis Ende April nicht in den Iran und den Libanon fliegen. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen. | Die USA und Großbritannien haben neue Sanktionen gegen das iranische Drohnenprogramm erlassen. Die Lufthansa will mindestens bis Ende April nicht in den Iran und den Libanon fliegen. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen. Lufthansa setzt Flüge in den Nahen Osten ausLaut Irans Regime wurden USA vor Angriff informiertIsraels Botschafter in Berlin fordert "Kurswechsel" der EU gegenüber IranG7-Finanzminister sichern Kooperation bei Iran-Sanktionen zu Ende des Liveblogs Damit schließen wir diesen Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse. Israel will US-Bedenken bezüglich Rafah berücksichtigen Im Vorfeld einer geplanten israelischen Offensive in Rafah will Israel nach Angaben des Weißen Hauses die Bedenken der USA berücksichtigen. Gespräche über die Vorbehalte bezüglich unterschiedlicher Szenarien in der Stadt im Süden des Gazastreifens sollten bald fortgesetzt werden, hieß es aus Washington. Die Regierungen beider Länder seien sich in dem Ziel einig, die Hamas in Rafah zu besiegen. Hilfsgüter erreichen den Gazastreifen über neuen Weg Lastwagen mit Hilfsgütern für die Bevölkerung im Norden des Gazastreifen haben nach Angaben des Welternährungsprogramms (WFP) erstmals seit Kriegsbeginn den neu von Israel geöffneten Grenzübergang Erez passiert. Drei Konvois mit Lebensmitteln für rund 80 000 Menschen hätten den Übergang am Sonntag und am Montag benutzt, teilte die Organisation mit. Insgesamt seien es 25 Lkw mit 404 Tonnen Nahrungsmitteln gewesen. Die Nutzung des Grenzübergangs zwischen Israel und dem Norden des abgeriegelten Küstengebiets soll eine einfachere Versorgung der besonders von Hunger betroffenen Zivilbevölkerung dort ermöglichen. Israel brachte Armeeangaben zufolge vor einer Woche auch erstmals seit Kriegsbeginn Hilfslieferungen über einen weiteren Grenzübergang in den Norden des Gazastreifens. Am Mittwoch wurden zudem erstmals Hilfslieferungen für das Küstengebiet über den Hafen von Aschdod in Südisrael abgewickelt. Es handelte sich dabei um vom WFP bereitgestelltes Mehl. UN-Sicherheitsrat: Irans Außenminister verteidigt Angriff auf Israel Irans Außenminister hat den massiven Raketen- und Drohnenangriff auf Israel vor dem UN-Sicherheitsrat verteidigt. Die Attacke sei als "legitime Verteidigung nach internationalem Recht" erfolgt, sagte Hussein Amirabdollahian in New York vor dem mächtigsten Gremium der Vereinten Nationen. Als Grund führte er den mutmaßlich israelischen Luftangriff auf Irans Botschaftsgelände in Syrien am 1. April an. Er kritisierte die USA, Großbritannien und Frankreich dafür, diesen Angriff nicht verurteilt zu haben. Die Islamische Republik Iran habe wegen der "anhaltenden Untätigkeit des Sicherheitsrats" und angesichts "eines Angriffs auf die Botschaft und unantastbare Souveränität" des Landes keine Geduld mehr aufbringen können. Der Angriff sei "absolut notwendig" gewesen. Er beteuerte zugleich, dass bei dem Raketenschlag lediglich zwei militärische Ziele angegriffen worden seien, die bei Israels Angriff auf Irans Botschaftsgelände in Syrien eine Rolle gespielt haben sollen. Kanzler Scholz: Israel sollte Erfolg nicht gefährden Nach dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der EU hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Israel erneut zur Zurückhaltung aufgerufen. Zur erfolgreichen Abwehr des iranischen Angriffs mit Drohnen und Raketen sagte Scholz, es sei wichtig, dass Israel "diesen Erfolg jetzt nicht gefährdet". Es drohe eine Flächenbrand in der Region, wenn sich nicht alle Seiten zurückhielten. Bei ihrem Gipfel hatten die EU-Staaten geschlossen zur "Deeskalation" in der Region aufgerufen und den iranischen Angriff verurteilt. Google feuert Mitarbeiter wegen Protest gegen Israel Der US-Technologiekonzern Google hat 28 Angestellte entlassen, die gegen die Zusammenarbeit des Unternehmens mit der israelischen Regierung protestiert hatten. Die Angestellten hatten mit einem Sitzstreik gegen einen 1,2 Milliarden Dollar schweren Auftrag demonstriert, durch den dem israelischen Militär Lösungen im Bereich Cloud Computing bereitgestellt werden. Google teilte mit, dass einige Angestellte die Arbeit an mehreren Standorten gestört hätten. Sie hätten das Unternehmensgelände auch auf mehrfache Aufforderung hin nicht verlassen. Schließlich sei die Polizei eingeschritten und habe neun Personen festgenommen. Die Gruppe hinter den Protesten warf dem Unternehmen vor, auch Personen entlassen zu haben, die gar nicht direkt an den Protesten beteiligt gewesen seien. Israels Wirtschaft wieder zurück auf Wachstumskurs Die israelische Wirtschaft wächst seit Ausbruch des Gaza-Kriegs erstmals wieder. Der Einkaufsmanagerindex stieg im März um 1,9 Punkte auf 51,0 Zähler, wie aus der Unternehmensumfrage der Bank Hapoalim und dem Verband der Einkaufs- und Logistikmanager hervorgeht. Das Barometer liegt damit zum ersten Mal seit Beginn des israelischen Krieges gegen die Hamas im vergangenen Oktober wieder über der Marke von 50, ab der es ein Wachstum anzeigt. "Das Barometer liegt immer noch nahe an der Grenze zwischen Expansion und Kontraktion", warnten die Ökonomen der Bank vor zu großem Konjunkturoptimismus. Die Rückkehr der Evakuierten in die südlichen Gemeinden in der Nähe des Gazastreifens dürfte zur Verbesserung beigetragen haben. Inlandsaufträge und Produktion seien gewachsen, die Bestellungen aus dem Ausland hingegen gesunken. Die israelische Wirtschaft ist wegen des Krieges eingebrochen. Das Bruttoinlandsprodukt sank von Oktober bis Dezember annualisiert um 21 Prozent zum Vorquartal. Die israelischen Exporte brachen um 22,5 Prozent ein, die Ausgaben für Konsum um 26,9 und die Investitionen um 67,9 Prozent. Zugleich stiegen die Staatsausgaben um 83,7 Prozent. Israel setzt Bombardierungen des Gazastreifens fort Während die internationale Gemeinschaft mit Befürchtungen über eine mögliche Vergeltung Israels nach dem iranischen Angriff auf die Region blickt, hat die israelische Armee ihre Luftangriffe im Gazastreifen fortgesetzt. Der Zivilschutz des Palästinensergebiets meldete nächtliche Angriffe vor allem in den Städten Gaza, Chan Yunis und Rafah. Die israelische Armee gab am Donnerstag an, in den vergangenen 24 Stunden dutzende "Ziele" im Gazastreifen getroffen zu haben. Darunter seien "Terroristen, Beobachtungsposten und Militärstrukturen". Auf Capri trafen sich unterdessen die G7-Außenminister zu Gesprächen unter anderem über Sanktionen gegen den Iran. Der EU-Gipfel hatte sich zuvor auf eine Ausweitung der Strafmaßnahmen verständigt. Washington und London verhängen Sanktionen gegen Iran Die USA und Großbritannien verhängen als Reaktion auf den iranischen Luftangriff gegen Israel umfassende neue Sanktionen gegen Teheran. Wie US-Präsident Joe Biden und das Finanzministerium in Washington mitteilten, sind unter anderem das iranische Drohnen- und Raketenprogramm, das Verteidigungsministerium des Landes sowie die iranischen Revolutionsgarden betroffen. Durch die neuen Maßnahmen "ziehen wir den Iran zur Rechenschaft", erklärte Biden. Nach Angaben des US-Finanzministeriums richten sich die Strafmaßnahmen der Vereinigten Staaten unter anderem gegen Beteiligte an der Produktion der Schahed-Drohnen. Diese Drohnen waren bei dem bislang ersten direkten Angriff von iranischem Staatsgebiet aus auf Israel am Wochenende eingesetzt worden. Zudem betreffen die neuen Sanktionen den Angaben zufolge die iranische Metall- und Automobilindustrie. Katar: Überdenken eigene Vermittlerrolle Katar will laut seinem Premierminister Mohammed bin Abdulrahman bin Jassim Al-Thani die eigene Vermittlerrolle im Gaza-Krieg überdenken. Katar hatte in den vergangenen Monaten mehrfach Gespräche zwischen Israel und der Hamas angestoßen. Zusammen mit den USA und Ägypten war Katar maßgeblich an der Aushandlung einer kurzen Unterbrechung der Kämpfe im November beteiligt, die zur Freilassung von Dutzenden von Geiseln führte. Der Premierminister sagte nun aber, Katars Vermittlung sei für "politische Interessen" missbraucht worden. Er sagte nicht, an welche Seite sich dieser Vorwurf richtet. Al Thani sagte, es gebe "Grenzen" für die Rolle des Vermittlers und "für die Fähigkeit, einen konstruktiven Beitrag zu diesen Verhandlungen zu leisten". Der israelische Premierminister Benjamin Netanyahu hatte kürzlich damit gedroht, den zu Katar gehörenden Sender Al Jazeera zu schließen. Außerdem leben einige Hamas-Führer in Katar. Revolutionsgarden: Haben alte Waffen eingesetzt Die iranischen Revolutionsgarden haben nach eigener Darstellung bei ihrem Angriff auf Israel am vergangenen Wochenende nicht ihre modernsten Raketen eingesetzt. "Wir sind mit alten Waffen minimaler Kraft gegen den zionistischen Feind vorgegangen", zitierte am Donnerstag die Nachrichtenagentur Tasnim den Kommandeur der Luft- und Raumfahrtstreitkräfte der Revolutionswächter, Brigadegeneral Amir Ali Hadschisadeh. Eine der nicht eingesetzten Rakete solle Israel in nur sieben Minuten erreichen können. Der Iran stellt immer wieder neue Waffentypen vor, unabhängig überprüfen lassen sich die Entwicklungen nicht. Der Iran und seine Verbündeten hatten am Wochenende mehr als 500 Raketen, Marschflugkörper und Drohnen gegen Israel eingesetzt, die aber weitgehend abgefangen werden konnten. Iran könnte Nukleardoktrin "überprüfen" Der Iran könnte angesichts israelischer Drohungen seine Strategie für sein Nuklearprogramm überdenken, sagte ein ranghoher Kommandeur der Revolutionsgarden. "Eine Überprüfung unserer Nukleardoktrin und -politik sowie der zuvor kommunizierten Überlegungen ist durchaus möglich", sagte Ahmad Haghtalab, der für nukleare Sicherheit zuständige Kommandeur, laut der halbamtlichen Agentur Tasnim. Was genau er damit meint, bleibt offen. Der Iran hatte aber stets dementiert, dass sein Nuklearprogramm den Bau einer Atombombe zum Ziel hat. Vielmehr diene es ausschließlich friedlichen Zwecken. Das letzte Wort bei dem Thema hat Irans Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei. Er hat wiederholt gesagt, der Iran strebe niemals den Bau oder den Einsatz von Atomwaffen an, was seine Religion auch verbiete. USA erwarten Reaktion Israels offenbar nicht vor Monatsende Die US-Regierung rechnet mit einem möglichen israelischen Gegenangriff auf den Iran laut einem Bericht des Senders ABC nicht vor Ende des Monats. Ein namentlich nicht genannter hoher US-Regierungsbeamter sagte ABC, ein Gegenschlag gelte vorher als "unwahrscheinlich", obwohl sich dies immer ändern könnte. Der US-Regierungsbeamte bezog sich auf das Ende der jüdischen Pessach-Feiertage am 30. April. Der Sender berichtete gleichzeitig unter Berufung auf drei israelische Regierungsvertreter, Israel habe sich in dieser Woche in mindestens zwei Nächten auf Vergeltungsschläge gegen den Iran vorbereitet, diese aber dann wieder abgeblasen. Lufthansa setzt Flüge nach Teheran und Beirut weiter aus Angesichts der angespannten Lage in Nahost wird Europas größte Fluggesellschaft, die Lufthansa, vorerst auch weiterhin nicht in den Iran und in den Libanon fliegen. Die Flüge in die iranische Hauptstadt Teheran und die libanesische Hauptstadt Beirut seien bis einschließlich 30. April gestrichen, sagte ein Lufthansa-Sprecher. Bis dahin werde die Airline auch den iranischen Luftraum nicht nutzen. Wie die Airline auf ihrer Webseite schreibt, habe die Sicherheit von Fluggästen und Crews oberste Priorität. Die Sicherheitslage im Nahen Osten werde kontinuierlich beobachtet. Iran: Haben USA vor und nach Angriff informiert Der Iran hat die USA nach eigenen Angaben vor und nach dem Großangriff auf Israel über seine Raketenschläge informiert. "Wir haben den Amerikanern in klaren Botschaften mitgeteilt, dass die Entscheidung (...) das zionistische Regime zu bestrafen, endgültig und entschieden war", sagte Außenminister Hossein Amir-Abdollahian laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna. In der Nacht zu Sonntag habe der Iran eine weitere Nachricht an die Vereinigten Staaten über diplomatische Kanäle geschickt, "und erwähnt, dass wir nicht nach einer Eskalation der Spannungen in der Region streben", sagte der Minister weiter. Die Nachrichten wurden laut Irna über die schweizerische Botschaft in Teheran übermittelt. Die Schweiz vertritt im Iran Interessen der USA, beide Länder haben seit mehr als 44 Jahren keine diplomatischen Beziehungen mehr. Am Montag hatte die US-Regierung allerdings schon Berichte über eine vorab erfolgte Warnung zurückgewiesen. "Die Vereinigten Staaten haben weder vom Iran noch von irgendjemand anderem Nachrichten erhalten, die Aufschluss über einen bestimmten Zeitpunkt, bestimmte Ziele oder Waffentypen, die sie abfeuern würden, gaben", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der US-Regierung, John Kirby. Baerbock verlangt härteren Kurs gegen Iran Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat nach dem iranischen Angriff auf Israel einen härteren Kurs gegen Teheran verlangt, aber auch vor einer Ausweitung des Konflikts gewarnt. "Der Iran muss isoliert sein. Und zugleich darf es zu keiner weiteren Eskalation kommen", sagte die Grünen-Politikerin am Rande des Treffens der Gruppe sieben großer Industrienationen (G7) auf der italienischen Mittelmeerinsel Capri. Baerbock fügte hinzu: "Da tragen wir alle eine Verantwortung." Bei den bis Freitag dauernden Beratungen werde es auch um weitere Maßnahmen gegen den Iran gehen, sagte die Ministerin. "Denn natürlich muss es eine Reaktion auf diesen präzedenzlosen Vorfall geben, aber es darf keine weitere Eskalation in der Region geben", sagte sie. Trotz Sanktionen: Exporte in den Iran gestiegen Trotz verschärfter Sanktionen gegen den Iran sind die deutschen Exporte in das Land zu Jahresbeginn deutlich gestiegen. Von Januar bis Februar wuchsen die Ausfuhren um gut ein Fünftel (22 Prozent) auf 241 Millionen Euro, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Gleichzeitig sanken die Importe um mehr als 13 Prozent auf 41,2 Millionen Euro. Zu Jahresbeginn wurden hauptsächlich Maschinen sowie Chemie- und Pharma-Erzeugnisse aus Deutschland in den Iran exportiert. Aus dem Iran importiert wurden im Januar und Februar vor allem Nahrungsmittel, darunter überwiegend Pistazien sowie Textilien wie geknüpfte Teppiche. Das Land ist allerdings nur ein kleiner Handelspartner der Bundesrepublik: Bei den Exporten belegte der Iran von Januar bis Februar unter den wichtigsten Handelspartnern Rang 64 und lag damit hinter Kolumbien und vor Nordmazedonien. Bei den Importen erreichte der Iran Rang 91. Zwei Hisbollah-Mitglieder bei israelischem Angriff getötet Bei Angriffen im Südlibanon sind nach Angaben der israelischen Armee in der vergangenen Nacht zwei Mitglieder der Hisbollah getötet worden. Das israelische Militär teilte mit, Terrorziele der pro-iranischen Schiitenmiliz in der Gegend um Chijam mit Kampfflugzeugen angegriffen zu haben. Die staatliche Nachrichtenagentur im Libanon berichtete, dass die Orte Chijam und Kafr Kila in der Nacht von heftigen israelischen Beschuss getroffen worden seien. Demnach soll auch Weißer Phosphor eingesetzt worden sein. Die Hisbollah gab am Morgen den Tod zweier ihrer Mitglieder bekannt. Für gewöhnlich führt die Miliz nicht weiter aus, wann, wo und wie ihre Mitglieder zu Tode gekommen sind. Sie erklärte außerdem, in der Nacht mehrere Ziele im Norden Israels angegriffen zu haben. China und Indonesien fordern Waffenstillstand im Gazastreifen Nach einem Treffen in der indonesischen Hauptstadt Jakarta haben die Außenminister Indonesiens und Chinas einen dauerhaften Waffenstillstand im Gazastreifen gefordert. Sie verurteilten die humanitären Kosten des Krieges, dem nach Angaben des von der militant-islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums in dem Küstengebiet Zehntausende Palästinenser zum Opfer gefallen sind. Die indonesische Außenministerin Retno Marsudi sagte zu Journalisten, die beiden Länder hätten dieselbe Sicht auf die Wichtigkeit eines Waffenstillstands und eine Zweistaatenlösung zwischen Israelis und Palästinensern. "Ich bin sicher, dass China seinen Einfluss nutzen würde, um eine Eskalation zu verhindern", sagte Marsudi. Israel begrüßt weitere EU-Sanktionen gegen Iran Der israelische Außenminister Israel Katz hat die Absicht der EU begrüßt, nach dem Großangriff auf Israel weitere Sanktionen gegen den Iran zu verhängen. "Das ist ein wichtiger Schritt, um der Schlange die Zähne zu ziehen", schrieb Katz bei X, vormals Twitter. Social-Media-Beitrag auf X von ישראל כ”ץ Israel Katz: "אני מברך את מדינות האיחוד האירופי על ההחלטה להטיל סנקציות על איראן. זהו צעד חשוב בדרך לעקירת שיני הנחש - ותודה לכל ידידינו על התמיכה והסיוע. חייבים לעצור את איראן עכשיו לפני שיהיה מאוחר." Er dankte "allen unseren Freunden für die Unterstützung und Hilfe". Katz schrieb: "Der Iran muss jetzt gestoppt werden, bevor es zu spät ist." In den Schlussfolgerungen eines EU-Gipfels in Brüssel hieß es gesten zum Nahen Osten: "Die Europäische Union wird weitere restriktive Maßnahmen gegen Iran ergreifen, insbesondere in Bezug auf Drohnen und Flugkörper." Hofreiter: Islamische Revolutionsgarde als Terrororganisation einstufen Nach der Einigung der EU-Regierungschefs auf weitere Sanktionen gegen den Iran hat Anton Hofreiter weitere Schritte gefordert. Im Interview mit rbb 24 Inforadio forderte der Vorsitzende des Europa-Ausschusses des Bundestags, die Islamische Revolutionsgarde als Terrororganisation einzustufen. Damit unterstützt der Grünen-Politiker eine Forderungen von Israel an die EU. Eine solche Maßnahme würde für die Revolutionsgarde erhebliche ökonomische Schwierigkeiten bedeuten, so Hofreiter. Außerdem bereichere sich die politische Elite des Landes über die paramilitärische Organisation. Berichte: Israel hat schnelle Reaktion auf iranischen Angriff erwogen Israel hat Medienberichten zufolge eine schnelle Reaktion auf den iranischen Angriff vom vergangenen Wochenende erwogen. Der israelische Rundfunksender Kan berichtete in der Nacht, Regierungschef Benjamin Netanyahu habe sich, nachdem er mit US-Präsident Joe Biden gesprochen habe, dafür entschieden, vorab genehmigte Pläne für Vergeltungsschläge im Falle eines Angriffs nicht umzusetzen. Diplomatie habe eine Rolle gespielt, sagte ein hochrangiger Beamter, der anonym bleiben wollte, dem Sender. "Es wird eine Antwort geben, aber sie wird anders ausfallen, als ursprünglich geplant." Das US-Nachrichtenportal Axios berichtete unter Berufung auf israelische Kreise, dass das Kriegskabinett bei einer Sitzung am Montag überlegt habe, grünes Licht für Angriffe zu geben, ohne diese jedoch anzuordnen. Es handelte sich um die zweite Sitzung des Kriegskabinetts seit dem iranischen Angriff vom Wochenende. UN: Abstimmung über Mitgliedschaft der Palästinenser verzögert sich wohl Die Abstimmung im UN-Sicherheitsrat über den Antrag der Palästinenser auf Vollmitgliedschaft in den Vereinten Nationen könnte sich verzögern. Sie werde voraussichtlich am Donnerstag oder Freitag stattfinden, hieß es von Diplomaten. Zuvor war aus Diplomatenkreisen der Donnerstag als Abstimmungstag genannt worden. Nun hieß es, es sei noch keine endgültige Entscheidung getroffen worden. Manche Mitgliedstaaten hätten sich für eine Abstimmung am Freitag ausgesprochen. Der slowenische UN-Botschafter, Samuel Zbogar, sagte vor Journalisten, die Entscheidung stehe noch aus. Der palästinensische UN-Gesandte Rijad Mansur sagte hingegen, die Abstimmung finde am Donnerstag statt. "Ich bin mir sicher. Wenn Sie mir nicht glauben, werden Sie es morgen sehen." Von der Seite Maltas, das im April den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat innehat, gab es zunächst keine Bestätigung für den Zeitplan. UNRWA-Chef: Israel will Hilfswerk in Gaza schließen Der Chef des Palästinenserhilfswerks UNRWA, Philippe Lazzarini, wirft Israel vor, die Organisation im Gazastreifen und Westjordanland schließen zu wollen. Daher müsse der Sicherheitsrat die wichtige Rolle von UNRWA als Hilfswerk für die Palästinenser schützen, mahnte Lazzarini in einer Sitzung des höchsten Gremiums der Vereinten Nationen. Er hielt Israel zudem vor, UNRWA die Lieferung von Hilfsgütern in den Gazastreifen verboten zu haben. Vor allem den Norden des Territoriums sehen internationale Experten am Rande einer Hungersnot. Seit Beginn des Gaza-Krieges seien 178 Mitglieder der Belegschaft von UNRWA getötet worden, ergänzte Lazzarini im Sicherheitsrat. Mehr als 160 Einrichtungen des Hilfswerks, die zumeist als Notunterkünfte für Palästinenser gedient hätten, seien durch Angriffe mit mehr als 400 Toten beschädigt oder zerstört worden. G7-Finanzminister sichern Kooperation bei Iran-Sanktionen zu Die Finanzminister und Notenbankchefs der G7 haben den iranischen Angriff auf Israel verurteilt und äußern sich besorgt über die Krise im Gazastreifen. Sie würden eine enge Koordinierung aller zukünftigen Maßnahmen sicherstellen, um die Fähigkeiten des Irans zum Erwerb, zur Fertigung und Weitergabe von Waffen zu verringern, heißt es in der Erklärung der Vertreter der sieben führenden westlichen Industrienationen (G7). Die Finanzminister und Notenbankchefs beraten in Washington am Rande der Tagung des Internationalen Währungsfonds (IWF). Der G7 gehören die USA, Kanada, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien an. Israels Botschafter fordert "Kurswechsel" der EU gegenüber dem Iran Der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, hat die Europäische Union zu einem "Kurswechsel" in ihrer Politik gegenüber dem Iran aufgefordert. Nach dem iranischen Großangriff auf sein Land müsse Europa "klare Kante zeigen", sagte der Botschafter der Rheinischen Post. "Zum Beispiel, indem die iranische Revolutionsgarde als Terrororganisation gelistet wird. Die Revolutionsgarde verbreitet Terror und Gewalt im Nahen Osten und darüber hinaus", sagte Prosor. "Europa ist am Zug. Wir haben gesehen, dass es nicht gelungen ist, die Gefahren des Iran einzudämmen. Wir brauchen einen Kurswechsel." Wie Israel auf den Angriff des Iran reagieren wird, sagte der Botschafter nicht, betonte aber: "Wir werden zurückschlagen, damit niemand jemals wieder auf die Idee kommt, uns anzugreifen." Die USA und Deutschland seien Israels engste Freunde. Die Lehre von leben und leben lassen sei nicht besonders weit verbreitet im Nahen Osten. "Das müssen unsere Freunde auch verstehen. Unsere Nachbarschaft ist nicht Liechtenstein oder Luxemburg. Wir müssen uns behaupten", sagte Prosor. "Jeder, der Israel angreift, wird zur Verantwortung gezogen. Es ist wichtig für unsere Sicherheit und die Region, dass das Abschreckungsszenario aufrechterhalten wird." Der Liveblog vom Mittwoch zum Nachlesen Die Türkei versucht, im Gaza-Krieg in eine Vermittlerrolle zu kommen. Außenminister Fidan traf dazu in Katar Hamas-Auslandschef Hanija. Israel wehrt sich gegen Bevormundung von außen. Alle Entwicklungen im Liveblog. | /newsticker/liveblog-nahost-donnerstag-128.html |
2024-04-18 | ++ Naumann-Stiftung in Russland unerwünscht ++ | Krieg gegen die Ukraine | Russland hat die FDP-nahe Naumann-Stiftung zur unerwünschten Organisation erklärt. Laut IWF-Chefin Georgiewa benötigt die Ukraine in diesem Jahr 42 Milliarden Dollar an Hilfen. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen. | Russland hat die FDP-nahe Naumann-Stiftung zur unerwünschten Organisation erklärt. Laut IWF-Chefin Georgiewa benötigt die Ukraine in diesem Jahr 42 Milliarden Dollar an Hilfen. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen. IWF: Ukraine benötigt in diesem Jahr 42 Milliarden DollarBaerbock bestellt russischen Botschafter einMoskau: Haben Drohen und Raketen abgewehrtHabeck zu Besuch in Kiew eingetroffenYellen: Blockade von Ukraine-Hilfe im Kongress "unentschuldbar" Ende des Liveblogs Damit schließen wir diesen Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse. Bericht über weitere Drohne bei AKW in Ukraine Im besetzten ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja hat das russische Management der Anlage von einem erneuten Zwischenfall mit einer Kampfdrohne berichtet. Die vor Ort stationierten Beobachter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) seien über einen versuchten Drohnenangriff informiert worden, hieß es in einem Lagebericht der IAEA. Die Beobachter hörten demnach auch selbst eine Explosion, doch sie wurden danach nicht zum Ort des angeblichen Vorfalls vorgelassen. Litauen: US-Hilfspaket und Flugabwehr für Ukraine nötig Litauens Staatspräsident Gitanas Nauseda hat an den US-Kongress appelliert, endlich ein weiteres Hilfspaket für die von Russland angegriffene Ukraine zu verabschieden. "Die Geschichte beurteilt uns nach dem, was wir tun. Es ist jetzt der Moment für die USA, das Richtige zu tun", schrieb Nauseda auf der Plattform X. In den USA wird das Repräsentantenhaus voraussichtlich am Samstag über das lange verzögerte Hilfspaket für Kiew im Wert von rund 60 Milliarden US-Dollar abstimmen. Scholz für mehr "Patriot"-Flugabwehrsysteme für Ukraine Bundeskanzler Olaf Scholz hat beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union erneut Druck auf seine EU-Kollegen für die Lieferung weiterer Flugabwehrsysteme für die Ukraine gemacht. Deutschland leiste derzeit "den substanziellsten Beitrag" für die Luftverteidigung der Ukraine, sagte Scholz nach dem Gipfel in Brüssel. Er wiederholte seinen "Aufruf an andere, gleiche Entscheidungen zu treffen". Die Bundesregierung hatte angekündigt, ein weiteres Flugabwehrsystem vom Typ "Patriot" an die Ukraine zu liefern. Pole soll für Attentat auf Selenskyj spioniert haben Polens Geheimdienst hat einen Mann festnehmen lassen, der dem russischen Militärgeheimdienst bei der Planung eines Attentats auf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj geholfen haben soll. Der polnische Staatsbürger sei am Mittwoch auf dem Gebiet Polens gefasst worden, teilte die Staatsanwaltschaft in Warschau mit. Gegen ihn werde wegen Tätigkeit für einen fremden Geheimdienst zum Schaden des Landes ermittelt. Nach Angaben der Ermittler soll der Mann Informationen über die Sicherheitsvorkehrungen am Flughafen Rzeszow gesammelt und an die Russen weitergegeben haben. Russland erklärt liberale Naumann-Stiftung für unerwünscht Die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung ist in Russland zur unerwünschten Organisation erklärt worden. Das teilte die Stiftung mit, nachdem das Justizministerium in Moskau tags zuvor seine schwarze Liste aktualisiert hatte. Nach einem russischen Gesetz von 2015 müssen die unerwünschten Organisationen ihre Tätigkeit in Russland einstellen, wie das Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) in Berlin erläutert. Konten und eventuelles Eigentum werden blockiert, Vertretungen geschlossen. "Vor allem für Russinnen und Russen, insbesondere die langjährigen Partner der Stiftung, bedeutet die Zusammenarbeit mit einer unerwünschten Organisation ein hohes Risiko", schrieb der Vorstand der Naumann-Stiftung in einer Mitteilung. Der Schritt zeige, "dass der Kreml den weltweiten, entschiedenen Einsatz für Bürger- und Menschenrechte bedroht. Wir lassen uns dadurch nicht beirren und bleiben bei unserer Mission." Auch die Boris Nemtsov Foundation for Freedom zum Andenken an den 2015 ermordeten russischen Oppositionspolitiker Boris Nemzow wurde als unerwünscht eingestuft, ebenso das 2022 mit dem Friedensnobelpreis geehrte ukrainische Center for Civil Liberties. Die russische Regierung hatte die politische Bildungsarbeit der parteinahen deutschen Stiftungen von SPD, CDU, Grünen und FDP in Russland schon kurz nach dem Angriff auf die Ukraine 2022 unterbunden und deren Büros in Moskau die Registrierung entzogen. Seitdem sind die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung sowie die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung zusätzlich zu unerwünschten Organisationen erklärt worden. Stoltenberg: Ukraine braucht mehr Flugabwehrsysteme NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die Bündnispartner zur Lieferung weiterer Luftabwehrsysteme für die Ukraine im Krieg gegen Russland aufgefordert. Angesichts der aktuellen Lage nach mehr als zwei Jahren russischen Angriffskriegs bestehe ein "dringender Bedarf an mehr Luftverteidigung", sagte Stoltenberg bei einem Treffen mit den sieben Außenministern der Gruppe westlicher Industrienationen (G7). "Daran arbeiten wir in der NATO jetzt aktiv." Stoltenberg sprach von "ermutigenden Signalen" innerhalb der NATO zugunsten der Ukraine. Damit bezog er sich auf die von der Bundesregierung angekündigte Lieferung eines dritten "Patriot"-Systems, neue Hilfszusagen aus den Niederlanden und Dänemark sowie die möglicherweise bevorstehende Billigung eines Hilfspakets durch das US-Parlament. Der Norweger nahm erstmals als offizieller Gast an einem Außenministertreffen der G7 auf der italienischen Mittelmeerinsel Capri teil. Geladen war auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba. Teil der G7 sind neben Gastgeber Italien die USA, Kanada, Großbritannien, Japan, Frankreich und Deutschland. Stoltenberg bezeichnete die aktuelle Lage als schwierig. "Die Russen drängen entlang der gesamten Frontlinie vor und führen Wellen von Luftangriffen auf ukrainische Städte, Infrastruktur und die ukrainischen Streitkräfte durch." Habeck: Deutsche Firmen wollen in Ukraine investieren Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat bei einem Besuch in der Ukraine dem Land Investitionen deutscher Unternehmen auch im Verteidigungssektor in Aussicht gestellt. Trotz des Krieges hätten deutsche Unternehmen ein sehr großes Interesse daran, in der Ukraine zu investieren, und auch dort zu produzieren und Partnerschaften aufzubauen, erklärte er. Das gelte für die "verschiedensten Bereiche: Landwirtschaft, den Medizinsektor, aber auch immer stärker werdend die Verteidigungs- und Sicherheitsindustrie". Unternehmen, die bisher nur geliefert hätten, würden nun auch in der Ukraine produzieren wollen, sagte er. Die geschehe im Wissen um die Lage vor Ort, aber auch in der Hoffnung, dass sich das Land auf den europäischen Binnenmarkt zubewege. Habeck wird bei seiner Reise von einer Wirtschaftsdelegation begleitet, zu der auch Vertreter der Rüstungs- und Sicherheitsindustrie gehörten. Sein Besuch erfolgte vor dem Hintergrund der seit Wochen andauernden massiven russischen Angriffe auf die ukrainische Energie-Infrastruktur. Zum Auftakt der Reise hatte er erklärt, dass zur umfänglichen Unterstützung der Ukraine auch die Unterstützung einer widerstandsfähigen Energieversorgung und des Wiederaufbaus gehörten. Damit dieser gelinge, seien "privatwirtschaftliche Investitionen zentral", betonte der Minister. IWF: Ukraine benötigt 42 Milliarden Dollar Die Ukraine benötigt nach Angaben des Internationalen Währungsfonds in diesem Jahr Haushaltsmittel von 42 Milliarden US-Dollar (rund 39 Milliarden Euro). "Wir sind zuversichtlich, dass dieser Bedarf auch gedeckt werden kann", sagte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa in Washington im Rahmen der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank. Sie lobte die "bemerkenswerte Entschlossenheit" der Ukrainerinnen und Ukrainer. "Die Unterstützung für die Ukraine bleibt beständig, sie ist stabil." Georgiewa forderte ein Ende des russischen Angriffskriegs, der eine Tragödie für die betroffenen Menschen sei. Sie bezeichnete ihn in erster Linie als menschliche Tragödie, aber auch als Belastung für die Wachstumsaussichten der Weltwirtschaft. "Dieser Krieg, der Krieg in Gaza - je weniger wir als Menschen davon haben, desto besser", so Georgiewa. Der IWF unterstützt die Ukraine mit einem Kreditprogramm, das vor rund einem Jahr genehmigt wurde. Es hat eine Laufzeit von vier Jahren und soll der Ukraine Zugang zu 15,6 Milliarden US-Dollar (rund 14,5 Milliarden Euro) gewähren. Vor wenigen Wochen genehmigte der IWF eine weitere Finanzspritze für Kiew aus dem Programm und ermöglichte dem Land, weitere 880 Millionen Dollar abzuheben. Ukraine meldet Angriff auf russischen Luftwaffenstützpunkt Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben einen Luftwaffenstützpunkt auf der von Russland besetzten Halbinsel Krim angegriffen. Dabei seien vier Raketenwerfer, drei Radarstationen und andere Einrichtungen schwer beschädigt worden, teilt der ukrainische Militärgeheimdienst auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. Die Zahl der bei dem Angriff getroffenen oder zerstörten Flugzeuge müsse noch geklärt werden. Baerbock bestellt russischen Botschafter ein Wegen der Spionage-Ermittlungen lässt Bundesaußenministerin Annalena Baerbock den russischen Botschafter in Berlin einbestellen. Dies verlautete aus dem Auswärtigen Amt. Weitere Angaben wurden zunächst nicht gemacht. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hatte zuvor mitgeteilt, sie habe zwei Deutsch-Russen wegen Verdachts der Spionage festnehmen lassen. Die beiden Männer sollen in Verbindung mit einem russischen Geheimdienst Sabotageakte geplant haben, um die Unterstützung für die Ukraine im Abwehrkampf des russischen Angriffskriegs zu unterminieren. Im Visier waren demnach auch militärische US-Einrichtungen in Deutschland. Russland wirft Ukraine erneut Angriff nahe AKW vor Russland hat der ukrainischen Armee einen Drohnenangriff auf das Schulungszentrum des besetzten Atomkraftwerks Saporischschja vorgeworfen. Die Drohne sei über dem Dach des Gebäudes zerstört worden, teilen die russischen Besatzer mit. Es sei kein Schaden entstanden, und niemand sei verletzt worden, heißt es in der Erklärung der Kraftwerksbetreiber weiter. Die russischen Streitkräfte hatten kurz nach Beginn ihrer Invasion das Atomkraftwerk unter ihre Kontrolle gebracht. Beide Kriegsparteien beschuldigen sich immer wieder gegenseitig, das Gelände des AKW und die Umgebung zu beschießen. Pistorius hält Sieg der Ukraine weiter für möglich Trotz jüngster Rückschläge hält Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius einen Sieg der Ukraine im Krieg gegen Russland weiterhin für möglich. In einem Interview mit dem Magazin Focus bejahte Pistorius die Frage, ob die Ukraine den Krieg noch gewinnen könne. "Und wir müssen alles dafür tun", betonte der Verteidigungsminister. Deutschland gehe deshalb bei der Abgabe von Waffen aus Beständen der Bundeswehr "an die Schmerzgrenze". Auch mit Blick auf Deutschland warnte Pistorius davor, bei der sicherheitspolitischen Zeitenwende in der Folge des Ukraine-Kriegs nachzulassen. "Was wir bisher geleistet haben, kann und darf nicht alles gewesen sein", sagte er in dem Interview. Denn Russlands Präsident Wladimir Putin "sucht und nutzt jede Schwäche". Faeser: Lassen uns von Putins Agenten nicht einschüchtern Nach der Festnahme von zwei mutmaßlichen Spionen des russischen Geheimdienstes hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser die deutsche Unterstützung für die Ukraine bekräftigt. "Unsere Sicherheitsbehörden haben mögliche Sprengstoffanschläge, die unsere militärische Hilfe für die Ukraine treffen und unterminieren sollten, verhindert", sagte Faeser. Seit dem Beginn des von Präsident Wladimir Putin begonnenen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine seien alle Schutzmaßnahmen "gegen hybride Bedrohungen durch das russische Regime" hochgefahren worden. "Wir werden die Ukraine weiter massiv unterstützen und uns nicht einschüchtern lassen", sagte die Ministerin. Bei den aktuellen Ermittlungen gehe es um einen besonders schweren Fall der mutmaßlichen Agententätigkeit für Russland. Baerbock für mehr Flugabwehr für Ukraine Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat erneut an die Partner in der Welt appelliert, der Ukraine mehr Gerät zur Flugabwehr bereitzustellen. Das sei dringend notwendig, "zum Schutz der Ukraine und zum Schutz unserer eigenen Sicherheit", sagt Baerbock vor Beginn von zweitägigen Beratungen der G7-Außenminister auf der italienischen Mittelmeerinsel Capri. An dem Treffen nimmt auch der ukrainische Chefdiplomat Dmytro Kuleba teil. Baerbock erklärte, Kuleba habe bei einem NATO-Treffen vor zwei Wochen "eindringlich an uns alle appelliert: Wir brauchen die Luftverteidigung jetzt". Zahl der Toten in Tschernihiw steigt auf 18 Einen Tag nach dem russischen Angriff auf die Stadt Tschernihiw im Norden der Ukraine ist die Zahl der Toten auf mindestens 18 gestiegen. 77 Menschen seien bei dem Angriff verletzt worden, darunter vier Kinder, erklärte der ukrainische Notfalldienst. Rettungskräfte waren weiter im Einsatz, um in den Trümmerbergen nach Überlebenden zu suchen. Gestern waren drei russische Raketen in der Stadt eingeschlagen. Wie das Innenministerium mitteilte, war eine 25-jährige Polizistin unter den Toten. Nach Angaben des Bürgermeisters von Tschernihiw, Oleksandr Lomako, wurden 16 Gebäude in der Stadt bei dem Angriff beschädigt. Borrell: Raketenabwehr-Systeme "aus den Kasernen holen" Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat die europäischen Staaten zur schnellen Lieferung von weiteren Flugabwehrsystemen für die Ukraine im Krieg gegen Russland aufgefordert. "In den nächsten Tagen müssen konkrete Entscheidungen getroffen werden, um der Ukraine mehr Flugabwehr zu schicken", sagte der Spanier beim Treffen der Außenminister der G7-Gruppe auf Capri. "Andernfalls wird das Elektrizitätssystem der Ukraine zerstört." Dabei dürfe sich die EU nicht allein auf die USA verlassen, mahnte Borrell. "Wir müssen selbst Verantwortung übernehmen." Deutschland hatte am Wochenende die Lieferung eines dritten "Patriot"-Flugabwehrraketensystems angekündigt. Außenministerin Annalena Baerbock und Verteidigungsminister Boris Pistorius appellierten zudem an Verbündete, dem von Russland angegriffenen Land ebenfalls schnell Systeme zu liefern. Borrell sagte dazu: "Wir haben 'Patriots'. Wir haben Anti-Raketen-Systeme. Wir müssen sie aus unseren Kasernen holen, wo sie sich befinden und sie in die Ukraine schicken, wo der Krieg tobt. Ich bin sicher, dass wir das tun werden. Aber wir müssen schnell handeln." Moskau: Haben Drohnen und Raketen abgewehrt Russland hat eigenen Angaben zufolge 20 Drohnen und zwei ballistische Raketen in Grenzregionen zur Ukraine abgefangen. "In der Nacht wurden mehrere terroristische Angriffe des Kiewer Regimes vereitelt", erklärte das russische Verteidigungsministerium. Demnach seien 16 der 20 Drohnen sowie zwei Raketen vom Typ "Totschka-U" in der Region Belgorod abgeschossen worden. Den Angaben zufolge wurde auch die Region Rostow angegriffen, in der Russlands Hauptquartier für die Koordinierung der Offensive in der Ukraine liegt. Wie das Verteidigungsministerium mitteilte, wurden auch fünf Ballons abgeschossen, die die Flugabwehrsysteme ablenken sollten. Ukraine meldet Drohnenangriff im Westen des Landes Russland hat nach Angaben ukrainischer Behörden die westukrainische Region Iwano-Frankiwsk mit Drohnen angegriffen. Ziel sei kritische Infrastruktur gewesen, teilte Regionalgouverneurin Switlana Onyschtschuk über den Kurznachrichtendienst Telegram mit. Die ukrainische Luftabwehr habe alle Drohnen abgeschossen. Trümmerteile hätten allerdings Brände verursacht. Verletzte habe es nicht gegeben. Über Schäden an Einrichtungen der kritischen Infrastruktur liegen noch keine Informationen vor. Russland hat in den vergangenen Wochen seine Luftangriffe auf das ukrainische Energiesystem und andere Infrastruktur verstärkt. Habeck zu Besuch in Kiew eingetroffen Vizekanzler Robert Habeck ist zu einem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eingetroffen. Er wird begleitet von einer Wirtschaftsdelegation. Im Zentrum der Reise stehen die jüngsten Angriffe Russlands auf die ukrainische Energie-Infrastruktur, Nothilfe, die Stärkung der ukrainischen Wirtschaft und die Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland. Der Wirtschaftsminister will bei seinem Besuch auch die Wiederaufbaukonferenz ("Ukraine Recovery Conference") für die Ukraine im Juni in Berlin vorbereiten. Habeck sagte bei seiner Ankunft, der Besuch falle in eine Zeit, in der die Ukraine in ihrem Kampf um Freiheit jede Unterstützung brauche. "Und ein Kampf um Freiheit ist es." Er fügte hinzu: "Ja, die Ukraine kämpft für ihre eigene Selbstbestimmung, für ihre territoriale Integrität gegen Putins Aggression, aber sie kämpft eben auch für die Werte, die Europa einen und ausmachen." Habeck will in Kiew unter anderem Präsident Wolodymyr Selenskyj, Vizepremier- und Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko sowie Energieminister Herman Haluschtschenko treffen. Im Anschluss reist Habeck weiter nach Moldau, wo er unter anderem mit Ministerpräsident Dorin Recean zusammenkommen will. China: Eurasien-Beauftragter berät mit Botschafter der Ukraine Der Beauftragte der chinesischen Regierung für eurasische Angelegenheiten, Li Hui, hat nach Angaben des Außenministeriums in Peking mit dem dortigen Botschafter der Ukraine, Pawlo Riabikin, beraten. Die beiden hätten bei einem Treffen ihre Ansichten über die Ukraine-Krise ausgetauscht. Weiteres Thema seien die bilateralen Beziehungen zwischen China und der Ukraine gewesen. Details nennt das Ministerium nicht. Li ist der Sonderbeauftragte seiner Regierung für die Ukraine und war früher Botschafter in Moskau. Im März hatte er erklärt, China wünsche sich eine internationale Friedenskonferenz, an der Russland und die Ukraine gleichberechtigt teilnähmen. Die chinesische Regierung hat sich hinter die geplante internationale Friedenskonferenz in der Schweiz gestellt. Die Schweiz richtet diese auf Wunsch der Ukraine Mitte Juni aus. Russland hat erklärt, es werde nicht teilnehmen. US-Finanzministerin Yellen: Blockade von Ukraine-Hilfe im Kongress "unentschuldbar" US-Finanzministerin Janet Yellen hat die Blockade der Ukraine-Hilfe durch die Republikaner im Kongress als "unentschuldbar" kritisiert. Nach einem Treffen mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal sagte Yellen, die US-Hilfe für die Ukraine sei wichtiger denn je. "Das Versäumnis der Republikaner im Repräsentantenhaus ist unentschuldbar - und schadet unserer nationalen Sicherheit", sagte Yellen. Der ukrainische Regierungschef Schmyhal betonte seinerseits die Bedeutung der US-Hilfen für sein Land, insbesondere angesichts Russlands Entschlossenheit, deren Wirtschaft auszuhöhlen. "Wir zählen darauf, dass die Vereinigten Staaten die Ukraine in ihrem Kampf weiterhin unterstützen", sagte er. Er hoffe auf die Freigabe des Hilfspakets die Ukraine, einschließlich der direkten finanziellen Unterstützung. Russische Behörden: 14 Geschosse über Belgorod abgefangen Die russische Flugabwehr hat nach Angaben örtlicher Behörden am Abend 14 ukrainische Geschosse über der Grenzregion Belgorod abgefangen. Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow erklärte, im Visier sei die gleichnamige Stadt Belgorod gewesen. Niemand sei verletzt worden. Allerdings seien bei dem ukrainischen Luftangriff mehrere Häuser beschädigt worden. Eine einzelne Drohne sei auch über der Oblast Woronesch abgefangen und zerstört worden, teilte der dortige Gouverneur Alexander Gussew mit. Eine Frau sei verletzt und mehrere Gebäude seien beschädigt worden. Woronesch und Belgorod liegen im Süden Russlands und grenzen beide an die Ukraine. Sie waren wiederholt Ziel ukrainischer Angriffe. Der Liveblog vom Mittwoch zum Nachlesen Der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses erwartet, dass am Samstag über das Hilfspaket für Kiew abgestimmt wird. Die Bundesregierung startet eine Initiative, um weiteres Gerät zur Flugabwehr bereitzustellen. Die Entwicklungen im Liveblog. | /newsticker/liveblog-ukraine-donnerstag-334.html |
2024-04-18 | Bayer Leverkusen im Halbfinale der Europa League | 1:1 gegen West Ham United | Bayer Leverkusen hat sich mit einem 1:1 bei West Ham United ins Halbfinale der Europa League gespielt. Nie zuvor ist es einem anderen Team gelungen, in 44 Pflichtspielen hintereinander ungeschlagen zu bleiben. | Bayer Leverkusen hat sich mit einem 1:1 bei West Ham United ins Halbfinale der Europa League gespielt. Nie zuvor ist es einem anderen Team gelungen, in 44 Pflichtspielen hintereinander ungeschlagen zu bleiben. Bayer Leverkusen hat erneut spät eine Niederlage abgewendet und ist mit einem Rekord ins Halbfinale der Europa League eingezogen. Vier Tage nach dem erstmaligen Gewinn der deutschen Fußball-Meisterschaft hat der Verein Dank Joker Jeremy Frimpong im Viertelfinal-Rückspiel bei West Ham United ein 1:1 (0:1) erreicht. Neue Rekordserie für Bayer Mit dem 44. ungeschlagenen Spiel in Serie hat das Team von Trainer Xabi Alonso Juventus Turin als Europarekordler abgelöst. Die Italiener waren von Mai 2011 bis Mai 2012 in 43 Spielen hintereinander unbesiegt. Das Hinspiel hatte Leverkusen mit 2:0 gewonnen. Der eingewechselte Frimpong traf in der 89. Minute für Leverkusen, nachdem Michail Antonio (13.) West Ham in Führung gebracht hatte. In sieben Spielen zuvor hatte Leverkusen erst ab der 90. Minute Niederlagen abgewendet. Im Halbfinale spielt das Team von Trainer Xabi Alonso nun am 2. und 9. Mai gegen AS Rom und hat im Rückspiel Heimrecht. Den ausführlichen Spielbericht lesen Sie hier: | /eilmeldung/europa-league-bayer-leverkusen-100.html |
2024-04-18 | Zinssorgen und kein Ende | Was macht die Fed? | Bei nervösem Handel haben die großen Wall-Street-Indizes Anfangsgewinne nicht halten können. Belastet wird der Markt insbesondere durch nachlassende Zinsfantasien. Auch der DAX konsolidierte weiter. | Bei nervösem Handel haben die großen Wall-Street-Indizes Anfangsgewinne nicht halten können. Belastet wird der Markt insbesondere durch nachlassende Zinsfantasien. Auch der DAX konsolidierte weiter. Ein früher Erholungsversuch ist an der Wall Street im Verlauf gescheitert. Die großen Aktienindizes gingen am Ende uneinheitlich aus dem Handel und konnten nicht mehr an ihre Tageshochs im frühen Geschäft anknüpfen und wechselten mehrfach das Vorzeichen. Die Gewinne im frühen Geschäft hatten zuvor den DAX noch nach oben gezogen. Der Leitindex Dow Jones schwankte zwischen 37.681 und 38.083 Punkten. Am Ende ging der Index bei 37.775 Zählern um 0,06 Prozent höher und damit kaum verändert aus dem Handel. An der Technologiebörse Nasdaq überwogen hingegen die Minuszeichen, der Composite Index verlor 0,52, der Auswahlindex Nasdaq 100 um 0,57 Prozent. Am Vortag waren besonders die Papiere aus der Chip-Industrie unter Druck geraten, dies setzte sich heute fort. NXP Semiconductors, Applied Materials und Qualcomm verloren an Boden. Auch der marktbreite S&P-500-Index schloss leicht um 0,22 Prozent im Minus. Immer wieder Zinssorgen Insgesamt setzte sich damit der zuletzt uneinheitliche Trend an der New Yorker Weltleitbörse fort. Vor allem schwindende Zinsfantasien haben den Markt letztlich mal wieder ausgebremst. An den Märkten wird zunehmend darüber spekuliert, dass eine erste Lockerung erst im September kommen könnte. Auch am Rentenmarkt zogen die Renditen im Verlauf wieder an. Währungshüter John Williams sagte, die Fed sei angesichts der starken Wirtschaft und hartnäckiger Inflation nicht in Eile, das Leitzinsniveau zu senken. Starke Signale kamen erneut vom US-Arbeitsmarkt: die Zahl der Amerikaner, die letzte Woche neue Anträge auf Arbeitslosenunterstützung stellten, blieb auf niedrigem Niveau unverändert. In der vergangenen Woche stagnierten sie bei 212.000. Ein Wiederaufleben der Rally zum Jahresstart an den Aktienmärkten sei nicht wahrscheinlich, solange die Marktteilnehmer von länger hochbleibenden Zinsen ausgingen, sagte Pierre Veyret, Analyst bei ActivTrades. "Es besteht sogar das Potenzial für eine noch tiefere Korrektur, wenn die Anleger sich mehr Sorgen über die monetäre, geopolitische und unternehmerische Sphären machen." Die Angst vor einer Eskalation im Nahen Osten nach dem iranischen Angriff auf Israel treibt die Investoren zudem weiterhin um, so auch heute. Deutlich wurde dies vor allem am Goldpreis, der sich wieder dem am Freitag erreichten Allzeithoch von 2.431 Dollar je Feinunze näherte. Das Edelmetall, das gerne als sicherer Hafen angesteuert wird, verteuerte sich in der Spitze um ein Prozent auf 2.383 Dollar je Feinunze. Tesla unter Druck Nach einem negativen Analystenkommentar gerieten Tesla unter die Räder. Die Aktien des E-Auto-Bauers verloren 3,57 Prozent auf 149,90 Dollar, nachdem die Deutsche Bank ihre Bewertung herabgestuft hatte. "Die Verzögerung der Arbeiten am Model 2 birgt das Risiko, dass Tesla in absehbarer Zeit kein neues Fahrzeug für den Endverbraucher anbietet, was das Volumen und die Preise für viele weitere Jahre unter Druck setzen würde", sagte Emmanuel Rosner, Analyst der Deutschen Bank. Auch James Tierney vom Vermögensverwalter AllianceBernstein zeigte sich skeptisch: "Der Absatzmarkt für Elektrofahrzeuge ist umkämpft wie nie - mit drastischen Konsequenzen", schrieb der Chefinvestor. Der einstige Börsenliebling Tesla müsse seine Stellung verteidigen, werde aber von der Konkurrenz "links überholt". Im Tagestief fiel die Aktie erstmals seit Anfang 2023 unter 150 Dollar bei 148,70 Dollar. Allein im bisherigen Börsenjahr 2024 summiert sich der Kursverlust auf rund 40 Prozent. Damit zählen die Papiere zu den größten Verlierern im Auswahlindex Nasdaq 100 Das Unternehmen will sich derweil einem Medienbericht zufolge von 300 Mitarbeitern an seinem deutschen Standort Grünheide trennen. Von dem Jobabbau ab Montag seien zunächst Leiharbeiter betroffen, berichtete das digitale Wirtschaftsmagazin "Business Insider" unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Neukundenplus bei Netflix Mit einem kräftigen Neukundenzuwachs hat Netflix die Markterwartungen das zweite Quartal in Folge deutlich übertroffen. Der Kundenstamm sei um 9,3 Millionen gewachsen, teilte der Streaming-Anbieter am Abend nach Handelsschluss mit. Das ist fast doppelt so stark wie von Anlaysten vorhergesagt. Dadurch stieg der Umsatz um fast 15 Prozent auf 9,4 Milliarden Dollar. Der Gewinn verdoppelte sich nahezu auf 5,28 Dollar je Aktie. Das Management zeigte sich in einem Kommentar zum Ergebnis zuversichtlich. Netflix signalisierte unterdessen, dass das Wachstum weitergehen werde. Für das laufende Quartal stellte der Dienst ein Umsatzplus von rund 16 Prozent in Aussicht. Im vergangenen Vierteljahr stiegen die Erlöse im Jahresvergleich um rund 15 Prozent auf 9,37 Milliarden Dollar (8,8 Mrd. Euro). Der Quartalsgewinn sprang von 1,3 Milliarden Dollar vor einem Jahr auf 2,33 Milliarden Dollar hoch. Netflix hat nun weltweit 269,6 Millionen zahlende Kunden. Zugleich will der Dienst vom kommenden Jahr an nicht mehr jedes Quartal über die aktuelle Nutzerzahl informieren. Das war für Marktbeobachter bisher ein wichtiger Gradmesser für den Wettbewerb mit Disney und anderen Streaming-Anbietern. Die Netflix-Aktie gab im nachbörslichen Handel zeitweise um rund vier Prozent nach. DAX ohne klare Richtung Frühe Kursgewinne an den US-Börsen haben den DAX moderat im Plus schließen lassen. Am Ende ging der deutsche Leitindex bei 17.837 Punkten um 0,38 Prozent höher aus dem Handel. Gestern hatte der DAX zum Handelsschluss kaum verändert bei 17.770 Punkten notiert. Bei meist nervösem Handel lag die Handelsbandbreite zwischen 17.720 und 17.863 Punkten. Mit Kursen unter 18.000 Punkten blieben die Perspektiven allerdings getrübt, lautet die Einschätzung der Marktbeobachter der Helaba. Der MDAX der mittelgroßen Werte stand mit einem Plus von 1,01 Prozent auf 26.189 Punkte klar besser da. Insgesamt sucht der Index derzeit besonders seine Richtung, nachdem er nach Ostern in eine Konsolidierungsphase eingetreten war. Hintergrund ist besonders die weiter unklare Geldpolitik der US-Notenbank Federal Reserve (Fed). Nur schwer verdaulich scheint für viele Anleger, dass die Fed die von den Anlegern herbeigesehnte Zinssenkung auf die lange Bank schiebt. An den Märkten wird nun darüber spekuliert, dass eine erste Lockerung erst im September kommen könnte. Hinzu kommt die Angst vor einer Eskalation im Nahen Osten nach dem iranischen Angriff auf Israel am vergangenen Wochenende. Noch immer ist nicht klar, wie Israel auf den Angriff reagieren wird. Hinter den Kulissen glühen diesbezüglich die diplomatischen Drähte. Zudem wird in der Ukraine weiter erbittert gekämpft, ein Ende ist weiter nicht in Sicht. Sartorius brechen drastisch ein Im DAX fielen unter den Einzelwerten Sartorius-Vorzugsaktien nach schwachen Quartalszahlen besonders negativ auf mit einem Kursverlust von 15,4 Prozent. Ein ungewöhnlich heftiger Einbruch für einen DAX-Wert. Konkret kämpft der Göttinger Labor- und Pharmazulieferer Sartorius mit einer anhaltend schwachen Nachfrage aus China. Im Auftaktquartal sank der Umsatz um gut neun Prozent auf 820 Millionen Euro. Währungsbereinigt stand ein Minus von 7,6 Prozent zu Buche. Das operative Ergebnis (Ebitda) fiel um knapp 14 Prozent auf 234 Millionen Euro. Unter dem Strich ging der Gewinn in den ersten drei Monaten auf 70 Millionen von 116 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum zurück. Der Start ins Jahr sei schwächer ausgefallen als befürchtet, sagte Odysseas Manesiotis, Analyst bei der Berenberg Bank. EZB-Zinstrend ist intakt Die völlig andere Zinssituation in Europa hilft den europäischen Märkten derzeit nicht, zu groß ist der Einfluss der Fed. Dabei wird laut LSEG-Daten erwartet, dass die Gewinne europäischer Firmen im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 12,1 Prozent zurückgehen werden. Gedämpfte Erträge könnten eine schwächelnde Konjunktur widerspiegeln, sagte Ipek Ozkardeskaya, Marktanalystin bei der Swissquote Bank. Dies gäbe der Europäischen Zentralbank einen weiteren Grund, die Zinsen zu senken, was wiederum die Risikobereitschaft für europäische Aktien steigern könnte. Mehrere hochrangige EZB-Notenbanker haben zuletzt Hoffnungen gemacht, dass schon im Juni die Zinsen fallen werden, unter anderem Bankchefin Christine Lagarde. Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte auch aus Sicht von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel tatsächlich schon im Juni erstmals wieder die Zinsen senken. Der EZB-Rat habe sich nicht festgelegt, sagte Nagel der "WirtschaftsWoche". "Wir werden in den nächsten Wochen die eingehenden Daten genau analysieren und dann entscheiden. Aber eine Leitzinssenkung im Juni ist wahrscheinlicher geworden." Die Konjunktur in Deutschland hat sich nach Einschätzung der Bundesbank zudem etwas aufgehellt. "Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte im ersten Quartal leicht zugenommen haben", heißt es im Monatsbericht. Zuletzt waren die Experten noch von einem leichten Rückgang der Wirtschaftsleistung zu Jahresbeginn ausgegangen. Euro etwas schwächer Der Euro tendiert heute wenig bewegt und wurde zuletzt im US-Handel etwas schwächer bei 1,0646 Dollar und damit nahe Tagestief gehandelt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0679 (Mittwoch: 1,0638) Dollar fest. In der vergangenen Woche war die Gemeinschaftswährung zum Dollar merklich unter Druck geraten. Commerzbank-Expertin Antje Praefcke erwartet sobald keine Trendwende zugunsten des Euro. Der Euro habe dem Dollar wenig entgegenzusetzen. Die Annahme, dass die US-Notenbank angesichts robuster Wirtschaftsdaten und einer hartnäckigen Inflation ihre Leitzinsen länger als bisher erwartet hochhalten könnte, stützt aktuell den Dollar. "Eigentlich könnte nur noch eine große Überraschung der EZB, dass sie den Leitzins noch nicht im Juni senkt, dem Euro ordentlich Auftrieb geben, aber auf ihrer letzten Sitzung hat sich Notenbankchefin Christine Lagarde ja schon recht deutlich auf Juni festgelegt", schreibt Praefcke. Ölpreise etwas schwächer Die Ölpreise haben heute ein wenig nachgegeben. Zuletzt kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juni 86,95 Dollar. Das waren 0,6 Prozent weniger als am Vortag. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel zuletzt um 0,4 Prozent auf 81,96 Dollar. Der Markt ist weiterhin durch den Konflikt im Nahen Osten geprägt. Die US-Regierung rechnet laut einem Bericht des Senders ABC mit einem möglichen israelischen Gegenangriff auf den Iran nicht vor Ende des Monats. Die Ölpreise waren am Mittwoch noch deutlich unter Druck geraten. Gestiegene US-Lagerbestände hatten die Preise belastet. Banken im DAX gefragt Unter den Einzelwerten im DAX waren die zinssensitiven Banken gefragt, Commerzbank gewannen knapp 2,1 Prozent, auch Deutsche Bank legten zu. Gestützt wurden die Geldhäuser auch von einer überwiegend positiv aufgenommenen Berichtssaison der Branche in den USA. In einer Gegenbewegung legten auch Continental knapp 2,8 Prozent zu und eroberten die DAX-spitze. Gegenbewegungen gibt es auch bei Rheinmetall, die rund 3,7 Prozent verloren, zuletzt aber von einem Hoch zum anderen gelaufen waren. "Einsam" am DAX-Ende standen Sartorius-Vorzüge. Im MDAX waren Lufthansa auf niedrigem Niveau wieder stärker gefragt, nachdem die Airline zuletzt ein schwaches Quartalsergebnis vorgelegt hatte. Europas Automarkt knickt im März ein Der europäische Automarkt hat im März den ersten Rückgang des Jahres verzeichnet. Die Neuzulassungen sanken in der Europäischen Union nach Daten der Herstellerverbandes ACEA um 5,2 Prozent auf eine Million Fahrzeuge. Zum Teil liege das am frühen Termin des Osterfestes, erklärte der Verband. Einen Einbruch gab es bei Elektroautos mit minus elf Prozent. In Deutschland war der Rückgang sogar 29 Prozent, was die Autobauer auf die gestrichene staatliche Kaufförderung zurückführen. Auf das erste Quartal bezogen stiegen die Verkäufe um 4,4 Prozent auf 2,8 Millionen. ProSiebenSat1 am SDAX-Ende Aussagen des MFE-Finanzchefs haben bei ProSiebenSat.1-Anlegern Spekulationen über eine Übernahme des Medienkonzerns zurückgedrängt. Die im SDAX notierten Papiere verloren als schwächster Wert in dem Nebenwerteindex 6,7 Prozent auf 7,33 Euro ab. Marco Giordani, Finanzchef des italienischen Großaktionärs, hatte in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters, gesagt, dass MFE aktuell keine Übernahme von ProSiebenSat. plane. Vielmehr sei der Medienkonzern ein langfristiges Investment, betonte der Manager. Spekulationen um einen Kauf von ProSiebenSat.1 hatten jüngst zusammen mit ansprechenden Zahlen für das erste Quartal die Papiere angetrieben. Dass derzeit keine Übernahmepläne mehr bestehen, habe nun Dampf aus den jüngst gut gelaufenen Papieren gelassen, kommentierte ein Händler. Ungeachtet des aktuellen Rücksetzers sind sie mit einem Zuwachs von fast einem Drittel seit Jahresanfang noch immer unter den besten Werten im SDAX. Nordea mit gutem Jahresstart Die skandinavische Bank Nordea ist dank eines weiter steigenden Zinsüberschusses stark ins laufende Jahr gestartet. Der Gewinn des Deutsche Bank-Konkurrenten sei im ersten Quartal um fast ein Fünftel auf 1,36 Milliarden Euro gestiegen, teilte die im EuroStoxx 50 notierte Bank heute in Helsinki mit. Der Zinsüberschuss legte trotz des schon hohen Niveaus von Anfang 2023 noch einmal um elf Prozent auf 1,95 Milliarden Euro zu. Insgesamt zogen die Erträge um sechs Prozent auf etwas mehr als drei Milliarden Euro an. L'Oréal setzt mehr um Der französische Kosmetikkonzern L'Oreal hat im ersten Quartal seinen Umsatz überraschend kräftig gesteigert. Auf vergleichbarer Basis kletterte der Umsatz von Januar bis März um 9,4 Prozent auf 11,24 Milliarden Euro, wie der Konzern mit Marken wie Maybelline und Lancome am Abend nach Börsenschluss mitteilte. Analysten von Jefferies hatten dagegen lediglich ein Umsatzplus von 6,1 Prozent prognostiziert. L'Oreal zufolge kletterten die Umsätze sowohl in Nordamerika als auch in Europa um mehr als zwölf Prozent, dabei konnten Artikel für den Massenmarkt und dermatologische Produkte die Schwäche im Luxussegment ausgleichen. Die Aktie aus dem Eurostoxx 50-Index legte nachbörslich zu. Halbleiterkonzern TSMC profitiert von Nachfrage nach KI-Chips Die Nachfrage nach Halbleitern für Künstliche Intelligenz hat das Geschäft des taiwanischen Chipherstellers TSMC angekurbelt. Im ersten Quartal stieg der Nettogewinn auf 225,5 Milliarden Taiwan-Dollar (6,53 Milliarden Euro) von 207 Milliarden Dollar im Vorjahr. Der Umsatz stieg im ersten Quartal um 13 Prozent auf 18,87 Milliarden US-Dollar, etwas mehr als der Konzern selbst erwartet hatte. TSMC beliefert mit seinen Produkten unter anderem Apple und Nvidia. Nestlé wegen Zucker in Baby-Nahrung in der Kritik Der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé steht wegen Babynahrung in der Kritik. Nach einer Analyse der Schweizer Organisation Public Eye, die für die Einhaltung der Menschenrechte durch Unternehmen mit Sitz in der Schweiz einsteht, setzt das Unternehmen Babynahrung in manchen Ländern Zucker zu. Betroffen seien Entwicklungs- und Schwellenländer, westliche Länder wie Deutschland dagegen nicht. Nestlé stritt die Ergebnisse der Laboranalysen auf Nachfrage nicht ab. | /wirtschaft/finanzen/marktberichte/marktbericht-dax-geldanlage-fed-ezb-anleihen-dow-100.html |
2024-04-18 | Michelangelo-Notiz bringt 200.000 Dollar | Versteigerung in New York | Michelangelo gilt als einer der berühmtesten Künstler der Welt. Entsprechend viel wert sind auch kleinste Hinterlassenschaften: Ein kleiner Zettel mit einer Notiz darauf brachte bei einer Versteigerung nun gut 200.000 Dollar ein. | Michelangelo gilt als einer der berühmtesten Künstler der Welt. Entsprechend viel wert sind auch kleinste Hinterlassenschaften: Ein kleiner Zettel mit einer Notiz darauf brachte bei einer Versteigerung nun gut 200.000 Dollar ein. Eine kleine Notiz des italienischen Renaissance-Künstlers Michelangelo (1475-1564) ist in New York für mehr als 200.000 Dollar (etwa 190.000 Euro) versteigert worden. Das etwa vier mal sechs Zentimeter große Stückchen Papier sei ursprünglich nur auf 6.000 bis 8.000 Dollar geschätzt worden und habe nun etwa 25-mal so viel eingebracht, teilte das Auktionshaus Christie's mit. Wer den Endpreis von 201.600 Dollar zahlte, wurde nicht bekannt gegeben. Der Maler und Bildhauer hatte auf den Zettel ein Quadrat gekritzelt, das nach Ansicht von Experten einen Marmorblock darstellen soll. In dem Quadrat steht das italienische Wort "simile", was so viel wie "ähnlich" oder "derartig" bedeutet. Damit habe er offenbar die für seine Arbeit benötigten Proportionen eines Marmorblocks kommunizieren wollen. Während Arbeit an Sixtinischer Kapelle geschrieben Die Skizze entstand laut einem Christie's-Experten wahrscheinlich, als Michelangelo gerade an seinem berühmten Deckengemälde in der Sixtinischen Kapelle in Rom arbeitete. Das Papier wurde gemeinsam mit einem Brief seines Nachfahren Cosimo Buonarroti aus dem Jahr 1836 auf der Rückseite eines Rahmens gefunden. Den Brief hatte Buonarroti geschrieben, um die Skizze seines "berühmten Vorfahren Michelangelo" Sir John Bowring, dem späteren Gouverneur von Hongkong, anzubieten. Die Skizze trägt keine Unterschrift von Michelangelo, Forschungen ergaben laut Christie's aber, dass sie tatsächlich von Michelangelo angefertigt wurde. Nach Angaben des Auktionshauses befinden sich weniger als zehn Michelangelo-Werke in Privatbesitz. Die meisten Werke des Renaissance-Künstlers befinden sich in der Casa Buonarroti, einem Museum in Florenz. | /ausland/amerika/michelangelo-notiz-100.html |
2024-04-18 | Frankreichs Aktionsplan gegen Jugendgewalt | Nach brutalen Taten | Nach einer Reihe äußerst brutaler Verbrechen diskutiert Frankreich erneut über Jugendgewalt. Premierminister Attal will einen Aktionsplan vorlegen und sowohl Schüler als auch deren Eltern in die Verantwortung nehmen. Von Julia Borutta. | Nach einer Reihe äußerst brutaler Verbrechen diskutiert Frankreich erneut über Jugendgewalt. Premierminister Attal will einen Aktionsplan vorlegen und sowohl Schüler als auch deren Eltern in die Verantwortung nehmen. Von Julia Borutta Schon wieder diskutiert Frankreich über jugendliche Gewalttäter, und wieder wird ein Aktionsplan aufgelegt. Diesmal von Premierminister Gabriel Attal, der nun 100 Tage im Amt ist. Er wolle eine schonungslose Bestandsaufnahme machen, versprach er: "Alle Bürgermeister bestätigen uns, dass es einige wenige sind, die diese Gewalt ausüben und das Leben aller im Viertel zur Hölle machen. Die Lokalpolitiker kennen diese Jugendlichen, aber ihnen sind die Hände gebunden." Mehrere schockierende Gewalttaten Da müsse man hinschauen und ohne zu zögern bestrafen. "Wir brauchen einen wahren Autoritätsruck, einen Aufbruch", forderte Attal dort, wo vor wenigen Wochen der 15-jährige Shemseddine vor dem Schultor zu Tode geprügelt wurde: in Viry-Châtillon, im Süden von Paris. Die fünf Täter waren bis auf einen allesamt minderjährig. Die Begründung für ihre Tat: Shemseddine soll mit der Schwester eines der Täter unziemlich gesprochen haben. In Montpellier wurde ein Mädchen von einer Gruppe Jugendlicher ins Koma geprügelt; sie war wegen ihrer freizügigen, europäischen Kleidung zuvor gemobbt worden. In Marseille haben eine Mutter und ihre Tochter eine Schuldirektorin attackiert. Die Liste ließe sich fortsetzen. Eltern, Schüler und soziale Medien im Fokus Für diese Gewaltexzesse gebe es verschiedene Gründe, erklärte Attal. Etwa überforderte oder gleichgültige Eltern, rücksichtsloser Individualismus und grassierender Islamismus. Das Problem an der Wurzel zu packen, bedeute auch, ohne Gnade gegen den Islamismus zu kämpfen. Immer öfter reagierten sich diese Jugendlichen ab, indem sie republikanische Werte mit Füßen träten und die Laizität - also die Trennung zwischen Staat und Religion - missachteten. "Es ist nicht akzeptabel, dass eine religiöse Ideologie unsere Gesetze infrage stellt. Dass eine junge Frau nicht mehr die Freiheit hat, in diesen Vierteln ohne Schleier unterwegs zu sein, wenn sie das möchte. Das einzige Gesetz in Frankreich ist das der Republik", so Attal. Der Premierminister kündigte verschiedene Maßnahmen an. Unter anderem sollen aggressive Schüler frühzeitig aus ihrem Umfeld entfernt und in einem Internat beschult werden, die Justiz müsse Vergehen schneller ahnden, Eltern müssten besser begleitet, aber auch stärker zur Rechenschaft gezogen werden. Zudem sollten die Schulen länger geöffnet bleiben, um die Jugendlichen so wenig wie möglich unbeaufsichtigt zu lassen. Auch der Medienkonsum müsse begrenzt werden, das hätten die Ausschreitungen im vergangenen Sommer gezeigt. Damals hätten sich die Jugendlichen über die sozialen Netzwerke zu einem wahren Wettbewerb der Zerstörung aufgestachelt. "Wir werden das regulieren", so Attal. "Und wir haben bereits die nötigen Maßnahmen angestoßen, um die Krawallmacher aus den sozialen Netzwerken zu verbannen." Keine neuen Ideen All das haben Lehrer und Lehrerinnen schon häufig gehört, vermissen aber eine langfristige Investitionsstrategie um Schulen und Sozialarbeit nachhaltig gut auszustatten. Deshalb kritisierten auch Lehrergewerkschaften und Bildungsforscher, dass Attal das Entscheidende nicht erwähnt habe. Lehrerin Guislaine David von der Gewerkschaft SNUIP-FSU bedauerte im Sender BFMTV: "Ich habe Attal in der Rede kein einziges Mal von Schulpersonal sprechen hören. Wir brauchen mehr geschultes Personal: Sozialarbeiter, Psychologen, Erzieher." In Saint-Denis im armen Norden von Paris gebe es Lehrer, die seit sechs Wochen streiken. Ein Hilfeschrei, um darauf aufmerksam zu machen, dass sie dringend mehr Personal brauchen. Aber eine Antwort vom Ministerium hätten sie immer noch nicht. Ein neuer Aktionsplan Zwar sollen nun Vertreter und Vertreterinnen aus allen relevanten Bereichen - Schule, Sozialarbeit, Justiz, Polizei - an einen Tisch geholt werden und innerhalb von nur acht Wochen ein Anti-Gewaltprogramm erarbeiten. Aber die Frage drängt sich auf, ob dieser erneute Aktionsplan geeignet sein wird, die Probleme nachhaltig zu lösen. Die Regierung sieht sich vor einem gewaltigen und lange gewachsenen Problem: Sie gibt an, dass Jugendliche zwischen 13 und 17 Jahren gemessen an der Gesamtbevölkerung deutlich gewalttätiger und krimineller sind. In den Statistiken tauchen sie in der Kategorie "Schläge und Verletzungen" doppelt so häufig auf, im Drogenhandel vier Mal so oft und bei bewaffnetem Raub sogar siebenmal so häufig. Es fehlt nicht an Analysen Und an Analysen fehlt es eigentlich nicht. Bereits zum Amtsantritt Macrons sollte das Problem in den Vorstädten bei der Wurzel gepackt werden. Der frisch gewählte Präsident ließ einen Masterplan erarbeiten. Als der teuer zu werden drohte und nur langfristig Erfolg zu versprechen schien, ließ Macron den sogenannten "Plan Borloo" in der Schublade verschwinden. Nach den Ausschreitungen im vergangenen Sommer kündigte die damalige Premierministerin Elisabeth Borne Ergebnisse aus wochenlangen Beratungen mit Lokalpolitikerinnen und Lokalpolitikern an. Und zuletzt hat der Senat seine eigene Bilanz dieser Krawallnächte vorgelegt: Die Schäden belaufen sich auf eine Milliarde Euro, 1.000 Menschen wurden verletzt. Insgesamt sollen sich 50.000 Randalierer beteiligt haben. Ein Drittel davon waren Minderjährige. | /ausland/europa/frankreich-gewalt-jugendliche-100.html |
2024-04-18 | Flughafen für Selenskyj-Attentat ausgespäht? | Festnahme in Polen | Er soll für Russland einen Flughafen ausgespäht haben, um einen Anschlag auf den ukrainischen Präsidenten Selenskyj vorzubereiten. Nach einem Hinweis haben polnische Sicherheitsbehörden nun zugegriffen und einen Mann festgenommen. | Er soll für Russland einen Flughafen ausgespäht haben, um einen Anschlag auf den ukrainischen Präsidenten Selenskyj vorzubereiten. Nach einem Hinweis haben polnische Sicherheitsbehörden nun zugegriffen und einen Mann festgenommen. Polnische Sicherheitsbehörden haben einen Mann festgenommen, der dem russischen Militärgeheimdienst bei der Planung eines Attentats auf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj geholfen haben soll. Er soll Informationen über die Sicherheitsvorkehrungen am Flughafen Rzeszow im Südosten Polens gesammelt haben und an Russland weitergegeben haben. Die Ermittler werfen ihm vor, er habe die "Bereitschaft zum Agieren für ausländische Geheimdienste gegen Polen" erklärt. Dafür drohen dem polnischen Staatsbürger im Falle einer Verurteilung bis zu acht Jahre Haft. Die Festnahme erfolgte in Polen, teilte die Staatsanwaltschaft in Warschau mit. Festgenommener soll ausgesagt haben Den Behörden zufolge hat der Mann ausgesagt, er sei "bereit gewesen, im Auftrag der militärischen Nachrichtendienste der Russischen Föderation zu handeln". Und er habe "Kontakt zu russischen Staatsbürgern aufgenommen, die unmittelbar am Krieg in der Ukraine beteiligt sind". Der Beschuldigte befindet sich laut den Angaben in Untersuchungshaft. Der Hinweis auf dem Verdächtigen sei von der ukrainischen Staatsanwaltschaft gekommen, die den polnischen Kollegen umfassendes Beweismaterial vorgelegt habe. Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski beglückwünschte Staatsanwaltschaft und Geheimdienste für die "gute Zusammenarbeit mit der verbrüderten Ukraine". Auch der ukrainische Generalstaatsanwalt äußerte sich zu dem Fall. "Das ist das Ergebnis der Professionalität und Zusammenarbeit ukrainischer und polnischer Staatsanwälte und Strafverfolgungsbeamter", schrieb Andriy Kostin auf der Plattform X. "Das verbrecherische Regime des Kremls versucht ständig, die europäische und globale Sicherheit zu untergraben." Social-Media-Beitrag auf X von Andriy Kostin: "A Russian agent was detained in Poland. This is the result of the professionalism and cooperation of Ukrainian and Polish prosecutors and law enforcement officers.According to the investigation, the suspect, a Polish citizen, proactively established contact with the Russian… pic.twitter.com/fAzVrwHQl0" Flughafen ist Drehkreuz für Spitzenpolitiker Das EU- und NATO-Mitglied Polen ist ein enger militärischer Verbündeter der Ukraine und eine wichtige Drehscheibe für die westliche Militärhilfe für Kiew. Der Flughafen Rzeszow liegt nur etwa 90 Kilometer von Polens Grenze zur Ukraine entfernt und spielt eine besondere Rolle: Neben Waffenlieferungen kommen dort auch alle westlichen Politiker an, die nach Kiew reisen wollen. Er wird deshalb stark bewacht. Auch Selenskyj und andere ukrainische Spitzenpolitiker nutzen den Flughafen auf ihren Reisen in westliche Länder. Da der Luftraum über der Ukraine wegen der Luftangriffe gesperrt ist, reisen Politiker von und nach Kiew mit dem Nachtzug. Ankunftsort für die Züge ist die polnische Grenzstadt Przemysl. Von dort sind es etwa 70 Kilometer bis zum Flughafen Rzeszow. Der Flughafen steht unter Kontrolle von US-Truppen. | /ausland/selenskyj-attentant-polen-geheimdienst-100.html |
2024-04-18 | "Agententätigkeit für Putins Verbrecher-Regime" | Deutschrussen in Untersuchungshaft | Dass der russische Botschafter einbestellt wurde, zeigt, wie ernst der Fall ist: Zwei Deutschrussen sollen für den Kreml spioniert und sogar Anschläge geplant haben - mit dem Ziel, die deutsche Unterstützung für die Ukraine zu schwächen. | Dass der russische Botschafter einbestellt wurde, zeigt, wie ernst der Fall ist: Zwei Deutschrussen sollen für den Kreml spioniert und sogar Anschläge geplant haben - mit dem Ziel, die deutsche Unterstützung für die Ukraine zu schwächen. Die Bundesanwaltschaft hat zwei Deutschrussen in Bayern wegen des Verdachts der Spionage im Auftrag Russlands festnehmen lassen. Einem von ihnen wird zudem vorgeworfen, einen Anschlag geplant zu haben. Beide sitzen inzwischen in Untersuchungshaft. Den beiden Männern ging es nach Angaben des Generalbundesanwalts um Sabotageaktionen, die insbesondere dazu dienen sollten, "die aus Deutschland der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg geleistete militärische Unterstützung zu unterminieren". Offenbar auch US-Stützpunkt ausgekundschaftet Die Männer seien "dringend verdächtig, in einem besonders schweren Fall für einen ausländischen Geheimdienst tätig gewesen zu sein", teilte der Generalbundesanwalt am Bundesgerichtshof mit. Dem Hauptbeschuldigten werden zudem Planungen zu einer Sprengstoffexplosion sowie zur Brandstiftung, Agententätigkeit zu Sabotagezwecken und Ausspähen militärischer Anlagen vorgeworfen. Beide wurden gestern in Bayreuth festgenommen. Ermittler durchsuchten Wohn- und Arbeitsort der Männer in der Region um die oberfränkische Stadt. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa und des Spiegel sollen sie unter anderem den US-Stützpunkt Grafenwöhr ausgekundschaftet haben, der etwa 35 Kilometer südöstlich von Bayreuth liegt. Der Hauptbeschuldigte ist der 39-jährige Dieter S. Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios und SWR wurden die deutschen Sicherheitsbehörden auf ihn aufmerksam, nachdem sie einen Hinweis eines ausländischen Nachrichtendienstes erhalten hatten. Im Zuge der Ermittlungen zu den mutmaßlichen Sabotageplänen stellte sich heraus, dass Dieter S. von Dezember 2014 bis September 2016 für eine Brigade der Separatisten der "Volksrepublik Donezk" gegen die Ukraine gekämpft haben soll. Das Gebiet im Osten der Ukraine wurde von Russland später völkerrechtswidrig annektiert. Scholz: Spionage "niemals hinnehmen" Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte in einer ersten Reaktion, dass die Abwehr solcher Aktivitäten hohe Priorität haben müsse. "Wir können niemals hinnehmen, dass solche Spionageaktivitäten in Deutschland stattfinden", sagte er nach dem EU-Gipfel in Brüssel. Man müsse deshalb hohe Anforderungen an die Sicherheitsbehörden stellen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sprach von einem "besonders schweren Fall der mutmaßlichen Agententätigkeit für Putins Verbrecher-Regime". Deutschland werde die Ukraine weiter unterstützen und sich nicht einschüchtern lassen. Bundesjustizminister Marco Buschmann sagte, "wir wissen, dass der russische Machtapparat auch unser Land in den Fokus nimmt". Auf diese Bedrohung müsse Deutschland wehrhaft und entschlossen reagieren. Kiesewetter: "AfD-Sympathisanten" in den Blick nehmen Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Bundestag, Konstantin von Notz, sprach von einem "hochalarmierenden Vorgang". Die Mitglieder des Kontrollgremiums hätten die Bundesregierung "sehr deutlich aufgefordert, den vielfachen Hinweisen auf derartige, sehr weitgehende Spionage- und Einflussoperationen nachzugehen, die Tragweite der Bedrohung zu erkennen und entsprechend zu reagieren", so der Grünen-Politiker. Deutschland müsse sich "zukünftig deutlich robuster, resilienter und wehrhafter aufstellen". Das Parlamentarische Kontrollgremium - ein Gremium des Bundestages - ist für die Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes zuständig und überwacht den Bundesnachrichtendienst (BND), den Militärischen Abschirmdienst (MAD) und das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Die Bundesregierung ist nach dem Kontrollgremiumgesetz dazu verpflichtet, das Gremium umfassend über die allgemeinen Tätigkeiten der Nachrichtendienste und über Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten. Auch der Vize-Vorsitzende des Kontrollgremiums, Roderich Kiesewetter, forderte Konsequenzen. "Es zeigt sich, dass wir vergleichsweise schlecht bei der Spionageabwehr aufgestellt sind und es in vielen Bereichen noch wenig Sensibilität für die Gefährdung durch Russland nahestehende Bürger gibt", sagte der CDU-Politiker dem Handelsblatt. Kiesewetter sprach sich auch dafür aus, "extremistische Bereiche" in den Blick zu nehmen. Konkret nannte er "AfD-Sympathisanten, die sich Russland freiwillig andienen" sowie deutsche Kämpfer bei russischen Söldner-Truppen oder anderen russischen Kampftruppen, die nach Deutschland zurückkehrten. Baerbock bestellt Botschafter ein Wegen der Spionage-Ermittlungen bestellte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock den russischen Botschafter in Berlin ein. "Wir werden nicht zulassen, dass Putin seinen Terror nach Deutschland trägt. Das wurde dem russischen Botschafter heute bei einer Einbestellung mitgeteilt", so Baerbock. Der Sprecher des russischen Präsidialamts in Moskau, Dmitri Peskow, sagte, ihm lägen über den Fall keine Informationen vor. Die russische Botschaft in Berlin wies alle Vorwürfe zurück. "Es wurden keine Beweise vorgelegt, die von den Plänen der Festgenommenen und ihren möglichen Beziehungen zu russischen Strukturen zeugen", hieß es in einer Stellungnahme. Die Einbestellung des Botschafters sei eine "offene Provokation". | /inland/innenpolitik/russland-spionage-sabotage-festnahmen-100.html |
2024-04-18 | 970 Millionen stimmen ab - digital | Parlamentswahl in Indien | Mehr als 970 Millionen Inder sollen in den kommenden Wochen ein neues Parlament wählen. Das bedeutet für die Organisatoren eine gewaltige logistische Herausforderung - auch um Wahlmanipulationen zu verhindern. Von C. Horn. | Mehr als 970 Millionen Inder sollen in den kommenden Wochen ein neues Parlament wählen. Das bedeutet für die Organisatoren eine gewaltige logistische Herausforderung - auch um Wahlmanipulationen zu verhindern. Von Charlotte Horn Stolz spricht aus Rajiv Kumar, als der Leiter der indischen Wahlkommission Mitte März Details zur Wahl in Indien vorstellt - er nennt sie "das größte Demokratie-Festival der Welt". Indien wählt ein neues Parlament, genauer gesagt das Unterhaus, die Lok Sabha mit 543 Sitzen. Diese Wahl zu organisieren, ist eine Mammut-Aufgabe. Mehr als 970 Millionen Menschen sind wahlberechtigt. Bis sie alle ihre Stimme abgegeben haben, wird es dauern: mehr als sechs Wochen. Dabei wählen die indischen Bundesstaaten und Unionsterritorien in verschiedenen Phasen. 15 Millionen Wahlhelfer werden im Einsatz sein. Abgestimmt wird nicht mit Wahlzetteln aus Papier, sondern an Automaten. Wahlleiter Rajiv Kumar versichert, diese seien zu "100 Prozent sicher", und er verweist auf "eine große Anzahl von Verbesserungen", die in den vergangenen zwei Jahren vorgenommen worden seien. Kurze Wege zu den Wahlautomaten In Indien gelten etwa 20 Prozent der Menschen als Analphabeten. Deswegen zeigt der elektronische Wahlautomat neben jeder Partei ein dazugehöriges Symbol, wie eine Lotusblüte für die Regierungspartei, die BJP oder eine Hand für die Kongresspartei. Alle Wahlberechtigten sollen im Umkreis von zwei Kilometern ihre Stimme abgeben können, und das ist in dem riesigen Land eine Herausforderung. So werden insgesamt 5,5 Millionen Wahlautomaten aufgestellt, auch an entlegenen Orten im Dschungel und im Himalaya. An der Wahl teilnehmen darf nur, wer sich vorher registriert hat: 18 Millionen Erstwähler sind es diesmal. Wahlberechtigt sind auch mehr als 200.000 Hundertjährige. Demokratie kostet Indiens Wahl gilt als die teuerste der Welt. Nach Angaben einer Nichtregierungsorganisation soll sie mehr als 14 Milliarden Euro kosten. Experten rechnen mit einer noch höheren Summe. Eine Firma in der Stadt Mysore in Südindien profitiert von dem Großereignis. Sie arbeitet schon seit Anfang des Jahres auf die Wahl hin. Das auf Farben spezialisierte Unternehmen liefert spezielle Tinte. Denn wer gewählt hat, bekommt danach einen wasserfesten violetten Strich auf den Nagel des Zeigefingers. So soll verhindert werden, dass man zwei Mal seine Stimme abgibt. Rund 2,7 Millionen Flaschen mit einem Volumen von je zehn Millilitern stelle man zu diesem Zweck her, hieß es aus dem Unternehmen - das seien pro Tag 80.000 Flaschen. Bei der letzten Wahl vor fünf Jahren gingen etwa zwei Drittel der Wahlberechtigten zur Stimmabgabe. Wahlleiter Kumar hofft, dass die Wahlbeteiligung dieses Jahr noch höher ausfällt. Das Ergebnis der indischen Parlamentswahl dieses Jahr soll am 4. Juni verkündet werden. | /ausland/asien/indien-wahl-organisation-100.html |
2024-04-18 | Länder sehen Preis von 49 Euro in Gefahr | Zukunft des Deutschlandtickets | Das Deutschlandticket ist ein voller Erfolg. Derzeit kostet es 49 Euro. Doch dieser Preis sei bis Jahresende nur zu halten, wenn der Bund seine Hausaufgaben mache, warnen die Länder. Und 2025? Das ist offen. | Das Deutschlandticket ist ein voller Erfolg. Derzeit kostet es 49 Euro. Doch dieser Preis sei bis Jahresende nur zu halten, wenn der Bund seine Hausaufgaben mache, warnen die Länder. Und 2025? Das ist offen. Das Deutschlandticket soll dauerhaft bleiben - die genaue Finanzierung und damit auch die Frage, was es künftig kosten wird, sind aber weiter ungeklärt. Das wurde nach dem Ende der zweitägigen Verkehrsministerkonferenz in Münster deutlich. Hintergrund sind ungeklärte Fragen zur Finanzierung zwischen Bund und Ländern - und der große Erfolg des Tickets. Das Deutschlandticket gibt es seit Mai 2023 zum Preis von 49 Euro im Monat. Gültig ist es in ganz Deutschland in Regionalzügen und praktischen allen Bussen und Bahnen im Nahverkehr. Das Ticket ist so erfolgreich und so günstig, dass den Verkehrsunternehmen Einnahmen fehlen, weil der Verkauf anderer Tickets deutlich zurückgegangen ist. Länder: Bund hat bei "Überjahrigkeit" nicht geliefert Um diese Ausfälle auszugleichen, zahlen Bund und Länder den Verkehrsunternehmen in diesem und im kommenden Jahr jeweils 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Von den Mitteln des vergangenen Jahres ist noch Geld übrig - die Rede ist von 700 Millionen Euro - weil das Ticket nicht im Januar, sondern erst im Mai 2023 startete. Um den Preis - wie zu Anfang dieses Jahres verabredet - bei 49 Euro halten zu können, ist laut Verkehrsministerkonferenz die Übertragung der im Jahr 2023 ungenutzten Mittel wichtig. Nur: Der Bund habe für eine sogenannte Überjährigkeit der Mittel - also ihre Verwendung über mehrere Jahre hinweg - bisher nicht geliefert, kritisieren die Länder. Erst nach dem Sommer soll es um den Preis für 2025 gehen Erst wenn der Bund "seine Hausaufgaben" gemacht und die im vergangenen Jahr nicht verbrauchten Gelder übertragen habe, sei der Preis von 49 Euro für 2024 gesichert und erst dann "kann man sich über den Preis für 2025 unterhalten", sagte Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU). Ähnlich äußerte sich der grüne Verkehrsminister aus NRW, Oliver Krischer, der derzeit Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz ist. Eine Sprecherin von Bundesminister Volker Wissing (FDP) sagte, das Ministerium werde bald einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen. Wissing war bei der Konferenz nicht anwesend. Er schickte zwei Staatssekretäre. Den Preis für das Deutschlandticket im Jahr 2025 wollen die Länder nach dem Sommer festlegen. Auf Basis von Prognosen zu Verkaufszahlen und der Kostenentwicklung werde man rechtzeitig in der zweiten Jahreshälfte einen Ticketpreis bestimmen, beschlossen die Verkehrsminister in Münster. Auch weil der Bund sich nicht festgelegt habe, wie er über 2025 hinaus das bundesweite Nahverkehrsticket unterstützt, könne man Regeln zur weiteren Preisentwicklung nicht klären. Länder fürchten dauerhaft Verluste Die Länder wollen, dass es bei der Regelung bleibt, wonach der Bund und die Länder die Kosten für den Zuschuss zum Deutschlandticket je zur Hälfte übernehmen. Der Bund ist dazu aber bislang nicht bereit und verweist darauf, dass es bisher wenig Erfahrungen gebe, wie hoch die Einnahmeverluste der Nahverkehrsbetriebe durch das günstige Ticket wirklich sind. Die Länder und die Verkehrsunternehmen, die ihnen zum großen Teil gehören, fürchten, mit dem Ticket auf Dauer große Verluste einzufahren. Wie es in Münster weiter hieß, waren sich aber alle Länder einig, das Ticket auch über 2025 hinaus fortzuführen. Es sei ein "Erfolgsmodell", leiste einen Beitrag zum Klimaschutz und wirke sich dämpfend auf die Inflation aus, sagte Krischer. Seit der Einführung vor knapp einem Jahr seien rund 130 Millionen Tickets abgesetzt worden und er sei "mit dem ersten Jahr sehr zufrieden". Verbraucherschützer: Preis bis 2030 festschreiben Verbraucherschützer und Verbände hätten sich schon jetzt mehr Klarheit gewünscht. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) erklärte, es sei "essenziell", dass der Preis von 49 Euro für die nächsten Jahre garantiert werde. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) bemängelte, dass die Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister weiterhin offen gelassen hätten, wie sich der Ticketpreis entwickelt. "Damit sieht das Deutschlandticket einer unklaren Zukunft entgegen", erklärte vzbv-Chefin Ramona Pop. Bund und Länder müssten eine Finanzierung zusichern, die den Preis von 49 Euro "mindestens bis 2030 festschreibt". | /inland/innenpolitik/verkehrsminister-deutschlandticket-100.html |
2024-04-18 | Fassade der alten Börse nach Brand eingestürzt | Kopenhagen | Das Mauerwerk der ausgebrannten Hälfte der historischen Börse in Kopenhagen ist eingestürzt. Die Wände des halben Gebäudes brachen trotz Stabilisierung zusammen, wie ein Feuerwehrsprecher in der dänischen Hauptstadt sagte. | Das Mauerwerk der ausgebrannten Hälfte der historischen Börse in Kopenhagen ist eingestürzt. Die Wände des halben Gebäudes brachen trotz Stabilisierung zusammen, wie ein Feuerwehrsprecher in der dänischen Hauptstadt sagte. Nach dem verheerenden Großbrand in der alten Börse in Kopenhagen ist die Fassade des historischen Gebäudes eingestürzt. "Leider ist die Fassade entlang des Frederiksholms-Kanal eingestürzt", erklärten die Einsatzkräfte im Onlinedienst X. Verletzt wurde demnach niemand, sämtliche Arbeiter seien in Sicherheit gebracht worden. Aufgrund des Einsturzes der Fassade und der neuen Situation soll eine Pressekonferenz auf dem Schlossplatz Christiansborg stattfinden. Die Einsatzkräfte hatten noch Stunden zuvor versucht, die historischen Mauern nach dem zerstörerischen Brand zu retten, indem sie Container mit Betonblöcken aufstellten, die mit Gerüsten um das Gebäude herum verbunden waren. Für eine bessere Stabilisierung hätten die Wände auch noch von innen befestigt werden sollen - dafür hätten aber zunächst Schutt und andere Trümmer am Boden der Börse entfernt werden müssen. Social-Media-Beitrag auf X von Hovedstadens Beredskab: "#børsen der er desværre sket en kollaps af facaden på Frederiksholms Kanal. Der er blå blink og udrykning, der er holdt mandtal og ingen personskade. Hele Børsen er evakueret. Opdateres…" Kunstwerke vor Flammen gerettet Das Feuer in einem der Wahrzeichen der dänischen Hauptstadt war am Dienstag unter dem Kupferdach ausgebrochen und hatte sich vom Dach nach unten ausgebreitet. Stundenlang schlugen riesige Flammen in den Himmel und dichter schwarzer Rauch stieg auf. Auch der markante 54 Meter hohe Turm des Bauwerks aus dem 17. Jahrhundert stürzte ein. Etwa die Hälfte des roten Backsteingebäudes brannte ab. Die Alte Börse galt als eines der Wahrzeichen der Stadt und war ein beliebtes Touristenziel. Sie wurde zum Zeitpunkt des Ausbruchs des Feuers gerade restauriert und beherbergte eine große Kunstsammlung. Mehrere hundert der zahlreichen Kunstwerke konnten auch mithilfe von Passanten noch vor den Flammen in Sicherheit gebracht werden. | /ausland/europa/kopenhagen-historische-boerse-fassade-eingestuerzt-102.html |
2024-04-18 | Gelsenkirchen verbannt Leih-E-Scooter | Bereits ab dem Wochenende | Bis Samstag müssen in Gelsenkirchen alle E-Scooter zum Ausleihen aus der Stadt verschwinden. Das entschied das Verwaltungsgericht. Hintergrund ist ein Streit über die Identifizierung der Nutzer. Mit den Rollern gibt es oft Unfälle. | Bis Samstag müssen in Gelsenkirchen alle E-Scooter zum Ausleihen aus der Stadt verschwinden. Das entschied das Verwaltungsgericht. Hintergrund ist ein Streit über die Identifizierung der Nutzer. Mit den Rollern gibt es oft Unfälle. E-Scooter zum Ausleihen sind umstritten - in Gelsenkirchen müssen sie nun schon bis zu diesem Wochenende aus der Stadt verschwinden. In einem Streit zwischen der Ruhrgebietsstadt und den beiden Verleihern Bolt und Tier entschied das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen in einem Eilverfahren, die zwei Unternehmen müssten die städtische Verfügung befolgen, "die E-Scooter bis zum 20. April 2024 aus dem öffentlichen Verkehrsraum zu entfernen". Roller in Privatbesitz sind von dem Urteil nicht betroffen. Bereits Ende März war die Sondernutzungserlaubnis der beiden Anbieter Bolt und Tier ausgelaufen. Die erneute Erteilung knüpfte die Stadt an Bedingungen: Sie will, dass E-Roller-Nutzende vor der Fahrt ihre Identität bestätigen - beispielsweise indem sie einen Führerschein oder einen Ausweis in die App laden. Damit wollte die Stadt auch Unfällen und Missbrauch der Roller vorbeugen. Die Anbieter wollten sich auf die neuen Regeln nicht einlassen und stellten einen entsprechenden Antrag vor Gericht, mit dem sie nun scheiterten. Es sei rechtens, dass die Verwaltung die Straßensondernutzung an bestimmte Voraussetzungen knüpft. "Darüber hinaus drohen den Unternehmen auch keine unzumutbaren, nicht mehr rückgängig zu machenden Nachteile", erklärte das Verwaltungsgericht. Es wurden auch Fantasienamen hinterlegt "Die E-Roller werden leider hauptsächlich missbräuchlich genutzt, auch in Fußgängerzonen, auf Gehwegen und es hat viele schwere Unfälle gegeben", sagte Stadt-Sprecher Martin Schulmann. Die Nutzer seien aber bislang nicht zu ermitteln. Bisher reicht die Angabe des Namens, um sich bei den beiden Verleihern einen E-Scooter auszuleihen, schilderte Schulmann. Damit könnten aber auch Fantasienamen in der Verleih-App hinterlegt werden, die tatsächlichen Kundinnen und Kunden seien nicht zu identifizieren. Ein Sprecher der Firma Bolt betonte, es handele sich nicht um eine endgültige Entscheidung. Lediglich die Eilanträge der beiden Unternehmen seien abgelehnt worden. Die Plattform Shared Mobility (PSM) warf der Stadtverwaltung in einer - mit dem Anbieter Tier gemeinsam erarbeiteten - Stellungnahme ein "unverhältnismäßiges und diskriminierendes Vorgehen" gegen E-Scooter vor. E-Scooter seien mit 20 Kilometern pro Stunde langsamer als ein Pedelec und das kleinste Fahrzeug auf der Straße. Unfälle - auch mit Todesfolge E-Scooter sind gerade bei jungen Menschen beliebt, gelten in vielen Städten aber als Ärgernis und Sicherheitsrisiko, weil sie - achtlos abgestellt oder auf den Boden geworfen - zum Hindernis werden und durch mitunter rücksichtslose Nutzung Unfälle verursacht werden. In Gelsenkirchen kam es Schulmann zufolge schon zu gravierenden Unfällen. So sei ein zweijähriges Mädchen umgefahren worden und habe schwere Kopfverletzungen erlitten, die E-Scooter-Fahrerin habe sich aus dem Staub gemacht. Ein E-Biker habe sich tödlich verletzt, als er in der Dunkelheit gegen einen E-Scooter gefahren sei, der mitten auf dem Weg gelegen habe. | /inland/gelsenkirchen-verbot-e-roller-100.html |
2024-04-18 | "Ein Schlag ins Gesicht für die Opfer" | Flutkatastrophe im Ahrtal | Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat entschieden, dass es kein Verfahren wegen zu später und unzureichender Warnungen vor der Flutkatastrophe im Ahrtal geben wird. Was sagen die Betroffenen dazu? Von U. Spangenberger und C. Jordan. | Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat entschieden, dass es kein Verfahren wegen zu später und unzureichender Warnungen vor der Flutkatastrophe im Ahrtal geben wird. Was sagen die Betroffenen dazu? Von Ute Spangenberger, Christin Jordan Wenn Michael Lentz auf den Balkon im vierten Stock seines Hotels tritt, blickt er direkt auf die Ahr. Friedlich plätschert das Flüsschen durchs Kurviertel von Bad Neuenahr. Kaum zu glauben, dass hier vor fast drei Jahren eine Wasserwalze durchs Tal toste, die Tod und Verwüstung brachte. Die Spuren sind allerdings noch deutlich sichtbar. Das Hotel Central ist noch immer eine Baustelle. Direkt davor ein Baustofflager, riesige Rohre für die Kanalisation, drinnen sind Zementsäcke gestapelt, Stromleitungen hängen aus den Wänden. "Warum das hier noch so aussieht?" Lentz rollt mit den Augen. "Wir haben das erste Dreivierteljahr über gar keine Infrastruktur verfügt. Es gab keine Straße mehr - nur zwei Meter Abgrund. Wir haben vor allem in Eigenregie wieder aufgebaut." Sieben Zimmer sind inzwischen so weit renoviert, dass Lentz sie wieder vermieten kann. Er wird noch lange mit den Folgen der Flut leben müssen. Dass die Katastrophe für den seinerzeit verantwortlichen Landrat Jürgen Pföhler kein Nachspiel hat, macht ihn sprachlos. "Das ist ein Schlag ins Gesicht für die Opfer, die Angehörigen und alle, die betroffen sind. Man wartet, dass irgendwas entschieden wird, und die Sache verläuft im Sande." Fassungslosigkeit bei vielen Betroffenen Auch der Bürgermeister von Bad Neuenahr-Ahrweiler, Guido Orthen, kann die Entscheidung nicht nachvollziehen. "Ich bin mehr als enttäuscht", sagt Orthen. "Viele Menschen müssen nach wie vor die Folgen der Flut, den Verlust von lieben Menschen und Verletzungen an Leib und Seele tragen und ertragen." Sie hätten sich durch ein gerichtliches Verfahren eine Aufklärung der Geschehnisse des folgenschweren 14. Juli erhofft. "Die Staatsanwaltschaft hat ihre rechtliche Bewertung vorgenommen. Eine andere Entscheidung der Staatsanwaltschaft wäre aus meiner Sicht ein wichtiges Signal für die Menschen der Region gewesen", so Orthen. Schlussstrich oder nicht? Ein paar Dörfer weiter flussaufwärts in Dernau sieht Sebastian Tetzlaff das ganz anders. Der Schreiner erlebte in der Flutnacht, wie seine Schwiegermutter im Nachbarhaus ertrank. Er selbst konnte sich retten, sein damals frisch renoviertes Haus musste abgerissen werden. Der Wiederaufbau des Dorfes liegt ihm am Herzen. Dass der Ex-Landrat nicht vor Gericht muss - ihm ist das egal. "Wem hätte das was gebracht, wenn der vielleicht ein paar Jahre ins Gefängnis geht. Der Mann hat seine Strafe schon bekommen, sein Leben, wie es mal war, ist zerstört." Auch Stimmen wie diese hört man im Ahrtal immer wieder. Es sei Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen. Eine Einstellung, die Inka und Ralf Orth nicht nachvollziehen können. Ihre Tochter Johanna ertrank in der Flutnacht in ihrer Wohnung in Bad Neuenahr. Auf einer Pressekonferenz am Vortag sagte Ralf Orth: "135 Menschen haben ihr Leben gelassen. Ein Landrat, der glaubt, alles delegieren zu können beziehungsweise zu dürfen, obwohl er dafür bezahlt wird, macht sich eindeutig des Organisationsverschuldens schuldig." Sein Vorwurf: Die ermittelnden Staatsanwälte seien befangen. "Es scheint eindeutig der politische Wille zu sein, dass die Verantwortlichen für den Tod unserer Tochter nicht zur Rechenschaft gezogen werden sollen und eine Aufklärung nicht nach rechtsstaatlichen Grundsätzen erfolgt." Sein Kommentar nach der heutigen Entscheidung: "Ein Justizskandal." Eine Frage der Moral Schon am Nachmittag des 14. Juli hatte die damalige Bürgermeisterin von Altenahr, Cornelia Weigand, das Landratsamt gebeten, den Katastrophenalarm auszulösen. Erst sieben Stunden später kam es dazu. In ihrer Gemeinde starben zehn Menschen, 80 Prozent der Häuser wurden beschädigt, fast alle Brücken zerstört. Als parteilose Kandidatin wurde Weigand im Januar 2022 zur Nachfolgerin von Pföhler gewählt. Ihr Programm: Wiederaufbau des Ahrtals und Weiterentwicklung der Region. In einer Stellungnahme betonte sie, es sei wichtig, dass die Staatsanwaltschaft sich mit der Flutkatastrophe auseinandergesetzt habe - auch wenn die Entscheidung nicht für jeden befriedigend sein könne. Es sei daher sehr verständlich, dass Angehörige und Hinterbliebene der Opfer ihre weiteren rechtlichen Möglichkeiten prüfen werden. Unabhängig von der strafrechtlichen Fragestellung gebe es aber auch eine große moralische Verantwortung. "Bei einer Katastrophe dieser Dimension hätte sicher niemand fehlerfrei agiert", sagt Weigand. "Aber gar nicht zu handeln ist aus meiner Sicht keine Option. Von einem Landrat, einer Landrätin erwarte ich, selber vor Ort zu sein und zu tun, was in der eigenen Macht steht, um Menschen zu helfen." Dämpfer für den Optimismus Die Frage der Moral treibt auch Elke Wolber um. Sie wohnt selbst nicht im Ahrtal, ist aber mit den Menschen vor Ort gut vernetzt und hat vom ersten Tag an als Freiwillige bei der Versorgung der Flutopfer geholfen. "Für mich ist das die Katastrophe nach der Katastrophe", sagt Wolber. "Als klar denkender Mensch kann man das nicht begreifen, dass bei so einem großen Unglück und so einem Nichtstun von dem Landrat so was rauskommen kann. Ich hatte gehofft, dass der Herr Pföhler für seine Untätigkeit verurteilt wird." Noch strömen die Touristen nicht wieder in so großer Zahl ins Ahrtal wie vor der Flut. Für den Hotelier Michael Lentz bedeutet das große Unsicherheit, was die Buchungslage angeht. Daher hat er auch noch kein Personal eingestellt. Das Putzen der Gästezimmer übernehmen er und seine Frau. "Wir machen bewusst nur am Wochenende auf", so Lentz. "Ich weiß nicht, wie das Geschäft die Woche über laufen würde. Wenn keine Veranstaltungen sind, ist der allgemeine Tourismus an der Ahr noch verhalten." Er blickt mit Hoffnung in die Zukunft, setzt auf den Wiederaufbau, auch wenn der heutige Tag einen deutlichen Dämpfer bringt. "Das Ahrtal ist in der großen Gemeinschaft geeint, aber diese Entscheidung wird eine gewisse Trostlosigkeit nach sich ziehen", sagt Lentz. Der Mensch braucht nun mal einen Abschluss. So hängt man wieder in den Seilen und hat gar nichts mehr, woran man glauben kann." Mehr zu diesem Thema sehen Sie in der ARD-Dokumentation "Die Flut - Chronik eines Versagens" in der ARD-Mediathek. | /inland/gesellschaft/flutkatastrophe-ahrtal-110.html |
2024-04-18 | Wer länger im Land ist, hat eher einen Job | Geflüchtete auf dem Arbeitsmarkt | Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat die Beschäftigungsquote von Geflüchteten untersucht. Das Ergebnis: mit der Zeit in Deutschland steigt auch die Erwerbstätigenquote. Unterschiede gibt es zwischen Männern und Frauen. | Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat die Beschäftigungsquote von Geflüchteten untersucht. Das Ergebnis: mit der Zeit in Deutschland steigt auch die Erwerbstätigenquote. Unterschiede gibt es zwischen Männern und Frauen. Je länger geflüchtete Menschen in Deutschland leben, desto wahrscheinlicher haben sie auch einen Job. Das zeigt eine neue Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg. Demnach steigt die Erwerbstätigenquote von Migranten mit Fluchtgeschichte mit der Dauer ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik. Sieben Jahre nach ihrem Zuzug waren 63 Prozent der in der Studie befragten Geflüchteten erwerbstätig. Acht Jahre nach dem Zuzug sind es bereits 68 Prozent. Die Untersuchung bezieht sich dabei auf geflüchtete Menschen, die zwischen 2013 und 2019 nach Deutschland gekommen sind. Mehr Männer als Frauen in Arbeit Einen signifikanten Unterschied gibt es laut der Studie hinsichtlich der Erwerbstätigkeit zwischen Frauen und Männern: Unter den 2015 zugezogenen geflüchteten Frauen waren sieben Jahre später 31 Prozent erwerbstätig, unter den Männern 75 Prozent. Die niedrige Erwerbsquote bei geflüchteten Frauen ist laut Studie aber nicht auf konservative Wertvorstellungen zurückzuführen. Wichtigere Ursachen seien die Verteilung von Sorgearbeit, etwa Kinder, die betreut werden müssten, sowie zusätzliche Qualifikationen, die geflüchtete Frauen erst noch erwerben müssten. IAB-Forschungsbereichsleiter Herbert Brücker erklärte: "Die Frauen wollen arbeiten." Aufenthaltsdauer beeinflusst Beschäftigungsqualität Nach Erkenntnissen der Arbeitsmarktforscher stieg mit zunehmender Aufenthaltsdauer nicht nur die Erwerbstätigenquote, auch die Beschäftigungsqualität verbesserte sich. 76 Prozent der beschäftigten Geflüchteten, die 2015 nach Deutschland kamen, hatten einen Job in Vollzeit. Die mittleren Bruttomonatsverdienste lagen für diese Vergleichsgruppe - der 2015 Zugezogenen - bei 2.570 Euro, für alle erwerbstätigen Geflüchteten bei 2.250 Euro. Mit längerem Aufenthalt verdienten die Geflüchteten also auch mehr Geld. Politik entscheidend für Arbeitsmarktintegration "Die institutionellen und politischen Rahmenbedingungen sind entscheidend für die Arbeitsmarktintegration", erklärte Brücker. So gehe die Beschleunigung der Asylverfahren und schrittweise Reduzierung der Fristen für Beschäftigungsverbote mit einem Anstieg der Erwerbstätigenquoten der Geflüchteten einher. Die Ergebnisse zeigten auch, dass Wohnsitzauflagen die Erwerbsaufnahme beeinträchtigen und eine Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen in einem besonders starken negativen Zusammenhang mit der Arbeitsmarktintegration steht. Für Männer, die in solchen Gemeinschaftsunterkünften leben, sei die Wahrscheinlichkeit einer Erwerbstätigkeit um fünf Prozentpunkte geringer, für Frauen um drei Prozentpunkte. IAB-Forschungsbereichsleiterin Yuliya Kosyakova ergänzte, vor allem Frauen profitierten von Integrations- und Sprachkursen. "Ebenso steht die Arbeitsmarkt- und Berufsberatung der Jobcenter und Arbeitsagenturen in einem positiven Zusammenhang mit den Erwerbstätigenquoten. Ein früherer Beginn dieser Maßnahmen könnte die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten beschleunigen." | /wirtschaft/arbeitsmarkt/erwerbstaetigenquote-aufenthaltsdauer-studie-100.html |
2024-04-18 | Zur Armee eingezogen wegen kritischer Recherche? | Pressefreiheit in der Ukraine | Ein ukrainischer Journalist recherchiert zu einem Korruptionsfall beim Inlandsgeheimdienst SBU. Kurz darauf soll er in die Armee einberufen werden. Ein Zufall? Es ist nicht der erste Fall dieser Art. Von L. Crohmal und V. Golod. | Ein ukrainischer Journalist recherchiert zu einem Korruptionsfall beim Inlandsgeheimdienst SBU. Kurz darauf soll er in die Armee einberufen werden. Ein Zufall? Es ist nicht der erste Fall dieser Art. Von Lena Crohmal und Vassili Golod, ARD Studio Kiew Es ist ein massiver Verdacht, den Jewhenij Schulhat äußert. Er habe in die ukrainische Armee eingezogen werden sollen, weil er einen Fall von Korruption aufgedeckt hat - davon ist der Journalist überzeugt. Schulhat arbeitet seit Jahren für die Investigativ-Platform "Slidstvo.Info". Im Fokus seiner jüngsten Recherche steht der Leiter der SBU-Abteilung für Cyber-Sicherheit, Ilja Witjuk. Witjuk besitzt Immobilien im Wert von mehreren hunderttausend Euro. Summen, die weit über den Gehältern eines ukrainischen Beamten liegen. Registriert sind die Luxuswohnungen auf die Namen seiner Mutter und seiner Frau - mutmaßlich, um den wahren Besitz zu verschleiern. Plötzliche Einberufung Schulhat erinnert sich an den Beginn seiner Recherche: Witjuk habe seine Steuererklärung für 2023 abgegeben und diese sei ihm zugespielt worden. Und die Folgen dieser brisanten Recherche hatten es in sich. Kurz nach der offiziellen Anfrage beim Inlandsgeheimdienst SBU wird plötzlich versucht, den Journalisten zum Militär einzuziehen. "Nachdem wir die Rechercheanfrage an den SBU geschickt haben, kamen Menschen in Militäruniform auf mich zu und wollten mir einen Einberufungsbescheid aushändigen", berichtet Schulhat. All das passiert, während der Journalist gerade zum Einkaufen in einem Kiewer Supermarkt ist. Aufnahmen von Überwachungskameras zeigen, wie drei Männer auf Schulhat zugehen. Zwei von ihnen tragen Militäruniform, der Dritte ist in zivil und telefoniert. Dieser Mann hält Abstand zu den Uniformierten, so als gehöre er nicht dazu. Schulhat filmt die Situation mit seinem Handy. Die Männer kennen seinen Namen, wissen genau wer er ist. "Woher kennen Sie meinen Namen?", fragt er die Männer. "Ihre Unterlagen sind doch beim Militärkommissariat", antworten sie. Der Geheimdienst filmt mit Die Männer in Uniform sind vom Militärkommissariat, der ukrainischen Behörde, die für die Einberufung von Männern zuständig ist. Später stellt sich heraus: Der Mann in Zivil ist Mitarbeiter beim SBU, also dem Geheimdienst, über den der Journalist berichten wollte. Zu diesem Zeitpunkt steht er kurz vor der Veröffentlichung über den mutmaßlichen Korruptionsfall. "Mitten im Krieg setzt der Geheimdienst seine Ressourcen nicht für die Bekämpfung des Aggressors ein, sondern verfolgt Journalisten, die zum Vermögen hochrangiger Beamter recherchieren", sagt Schulhat. Werden Einberufungsbescheide also als Rache für unliebsame Recherchen eingesetzt? Kateryna Djatschuk vom Institut für Massenmedien in Kiew sieht darin ein System. Die Medienforscherin beobachtet einen Trend, dass investigative Journalisten, die über Korruption schreiben, unter Druck gesetzt werden. Sie ist überzeugt, dass die Regierung das in einigen Fällen als repressives Instrument einsetzt. Djatschuk erinnert an einen Skandal, der erst vor wenigen Monaten eine Welle der Empörung auslöste. Journalisten der Investigativ-Plattform "Bihus.info" wurden mit versteckten Kameras bespitzelt, ihre Handys abgehört. So wie Schulhat ist auch das Online-Medium "Bihus.Info" auf Korruption und Vetternwirtschaft spezialisiert und recherchiert unter anderem zu Fällen innerhalb der Behörden. Auch das "Bihus.Info"-Team gerät ins Visier des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes SBU, wie es in einer aufwändigen Recherche selbst nachweisen konnte. Ein Überbleibsel der Sowjet-Mentalität? Journalisten für unliebsame Recherchen verfolgen lassen - das erinnert Anton Hruschetskij vom Kiewer Internationalen Institut für Soziologie an längst vergangene Zeiten. Er wertet die Einschüchterungsversuche als Überbleibsel der sowjetischen Mentalität. "Leider gibt es in einigen Positionen Menschen, die sich so etwas immer noch erlauben. Aber die Reaktion des SBU zeigt, dass es eine Zivilgesellschaft gibt und dass ihr Wille von der Regierung nicht ignoriert wird", erklärt der Soziologe. Der SBU hat auf den öffentlichen Druck durch die Recherchen von Schulhat reagiert. Der mutmaßlich korrupte Spitzenbeamte mit den Luxuswohnungen sei suspendiert und an die Front geschickt worden, heißt es in einer Mitteilung. Zu einem Interview ist der SBU auf Anfrage der ARD nicht bereit. Ein Thema, das bleibt Schulhat wird weiter über die Korruption in seinem Land berichten. Zum Einschüchterungsversuch sagt er: "Das beweist, dass wir alles richtig gemacht haben, als wir diese Recherche veröffentlicht haben." Dass nun der mutmaßlich korrupte Beamte einfach suspendiert und an die Front geschickt wurde, sei falsch, kritisiert Schulhat. Krieg dürfe nicht als Vorwand genutzt werden - nicht, um Journalisten einzuschüchtern und auch nicht, um Beamte vor Verfahren zu schützen. | /ausland/europa/ukraine-journalismus-100.html |
2024-04-18 | Vertrauen in einen "Hochstapler" | Aussage von BND-Agent | Er soll BND-Geheimnisse an Russland verraten haben, ein Mitangeklagter belastete ihn schwer. Nun äußerte sich Carsten L. erstmals selbst: Er bestritt den Verrat und gab Einblick in seine Arbeit und seine Ansichten. Von S. Stöber. | Er soll BND-Geheimnisse an Russland verraten haben, ein Mitangeklagter belastete ihn schwer. Nun äußerte sich Carsten L. erstmals selbst: Er bestritt den Verrat und gab Einblick in seine Arbeit und seine Ansichten. Von Silvia Stöber "Einer, der einen Arsch in der Hose hat", der sich "ungezwungen" und "sicher" in den Ländern Afrikas oder der Ukraine und Russland bewegen kann - mit diesen Anforderungen beschreibt der langjährige BND-Mitarbeiter Carsten L., warum er den Mitangeklagten Arthur E. als Quelle für seinen Nachrichtendienst anheuern wollte, und sogar veranlasste, dass dieser den Status als "nachrichtendienstliche Verwendung" (NDV) erhielt. Carsten L. und Arthur E. sind vor dem Kammergericht Berlin des schweren Landesverrats in zwei Fällen angeklagt. Ersterer soll geheime BND-Unterlagen an seinen mutmaßlichen Komplizen gegeben haben, die dieser in Moskau Mitarbeitern des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB übergeben haben soll. Dafür soll Carsten L. mindestens 450.000 Euro bekommen haben. Arthur E. hatte in mehreren Vernehmungen und vor Gericht detailreich beschrieben, wie sich all dies zugetragen haben soll. Carsten L. schwieg bislang - bis zum 19. Verhandlungstag: Er stellte sich den Fragen der Richter und der Bundesanwaltschaft. Ein "windiger" Freund und Geschäftspartner? Mit seinem Anwalt Johannes Eisenberg stellte er Arthur E. nun als "Hochstapler", "Schwindler" und "Schwätzer" dar, dessen Angaben nicht zu trauen sei. Schon bei ihrem Kennenlernen, das Carsten L. auf den 1. August 2022 in einem Biergarten datierte, habe er Zweifel an dessen Geschäftsprojekten beim Abbau und Handel mit Gold, Diamanten und seltenen Erden in Afrika gehabt. Das Angebot zum Einstieg sei ihm zu "windig" erschienen, ein Geschäftsplan nicht mehr als eine Kostenaufstellung gewesen. Dennoch ließ sich Carsten L. bei einem Treffen wenige Tage später auf ein Kryptowährungsgeschäft ein, das Arthur E. ihm während eines Grillabends feilbot. Er habe für 10.000 Euro Kryptowährung erworben, so der ehemalige Bundeswehroffizier und BND-Agent. Noch bis kurz vor seiner Festnahme am 22. Dezember 2022 bat Carsten L. den Ermittlungen zufolge den 33-Jährigen um Auskunft bei Dingen, die seine Frau und seine Tochter betrafen. Dabei hätten sie Arthur E. schon lange keinen Glauben mehr geschenkt, er habe sich mit "Investitionsangeboten" an die Familien "heranwanzen" wollen. Als Beleg für Arthur E.s "kriminelles Verhalten" stellte Anwalt Eisenberg einen Beweisantrag zum "Sachverhalt OSZE". Demnach benutzte Arthur E. einen gefälschten Diplomatenausweis der Sicherheitsorganisation. Mit einem Aufkleber "CD" habe dieser seinen Porsche Cayenne wiederholt in Parkverbotszonen abgestellt und sich als Diplomat auszuweisen versucht. Außerdem habe er Geld mit Coronatests und Impfzertifikaten gemacht. Treffen, die es nicht gegeben haben soll Drei Treffen, die Arthur E. als wesentlich für den Verrat beschrieben hatte, sollen Carsten L. zufolge gar nicht oder später stattgefunden haben. Zu einem Treffen der beiden zusammen mit dem Geschäftsmann Visa M. aus Russland soll es demnach nicht am 12. September 2022, sondern erst "Mitte/Ende Oktober 2022" gekommen sein. Der Zeitpunkt ist wichtig, denn der Geschäftsmann und Carsten L. seien bei diesem Treffen übereingekommen, dass man sich "gegenseitig etwas Gutes" tun könne - wobei nach Darstellung Arthur E.s darunter sowohl die persönliche Beziehung als auch Deutschland und Russland gemeint sein könnten. Kurz darauf habe Carsten L. mitgeteilt, dass er Material für Russland habe. Der BND-Agent bestritt all dies. Mit Visa M. habe er sich nur über dessen Herkunft aus Tschetschenien und seinen Aufenthaltsstatus in Deutschland unterhalten. Demnach wollte der Geschäftsmann einen permanenten Aufenthaltstitel für Deutschland erwerben. Er habe da nichts tun können, so Carsten L. - es sei denn, auch Visa M. werde NDV, also Informant, für den BND. Offenbar ging Visa M. darauf nicht ein. Dennoch gab Carsten L. noch im Dezember 2022 einem Kollegen den Auftrag, den Status von Visa M. zu prüfen mit der Begründung, eine Quelle anbahnen zu wollen. Der BND sei eben keine normale Behörde, beim Nachrichtendienst arbeite man so, begründete Carsten L. das eher hemdsärmlige Vorgehen. Woher kam das Verratsmaterial? Ausführlich stellten Eisenberg und Carsten L.s zweiter Anwalt Phillipp Bruckmann in einem weiteren Beweisantrag dar, warum ihr Mandant am 23. September und 4. Oktober 2022 aus technischen und zeitlichen Gründen kein "Verratsmaterial" an Arthur E. übergeben haben könne, wie dieser es dargestellt hatte. Die Anwälte beantragten die Anhörung mehrerer BND-Mitarbeiter und BKA-Ermittler, um dies zu beweisen. Sollte dies zutreffen, müsste geklärt werden, auf welchem Wege dann Kopien von Dateien auf das Mobiltelefon von Arthur E. und schließlich zum Geheimdienst FSB nach Russland gelangen konnten. Arthur E. war jeweils kurz nach den beiden angeblichen Treffen nach Moskau gereist, finanziert angeblich vom Geschäftsmann Visa M., der auch die Treffen mit zwei FSB-Mitarbeitern namens Pawel und Gassan organisiert haben soll. "Agenten-Attitüde" Was Carsten L. zugab: Er veranlasste die "Schleusung" von Arthur E. durch die Flughafenkontrolle bei dessen Rückkehr aus Russland, dies am 9. Oktober und am 11. November 2022 durch BND-Kollegen. Wobei "Schleusung" im Falle von Arthur E. Begleitung und Unterstützung bei möglichen Problemen mit dem Zoll haben soll. Das habe den BND nichts gekostet, beteuerte Carsten L. Es sei darum gegangen, eine "Agenten-Attitüde" zu vermitteln. So etwas könne einen größeren Anreiz als finanzielle Angebote bieten. Arthur E. habe sich wichtig fühlen sollen. Allerdings brachte Arthur E. beide Male nicht mit, was sich Carsten L. erhofft haben will: Informationen zur Überwachung westlicher Botschaften in Moskau durch die russischen Sicherheitsbehörden und womöglich gar eine Liste von Botschaftsmitarbeitern, die auf der "Payroll" russischer Dienste stehen sollten. Arthur E. hatte Carsten L. während eines Gesprächs im Berliner Bordell "Artemis" erzählt, er habe einen Kontakt bei den Sicherheitsbehörden, der ihm noch was schulde. Mit der Aufklärung von "Unregelmäßigkeiten" an der deutschen Botschaft in Moskau - einem möglichen Abfluss von Informationen über einen kompromittierten Mitarbeiter - hatte Carsten L. das Engagement von Arthur E. begründet, dies abseits seiner offiziellen Informantentätigkeit zu Staaten in Afrika. 500-Euro-Scheine Carsten L. gab auch zu, sich in München mit Arthur E. nach dessen Rückkehr aus Moskau am 11. November 2022 getroffen zu haben. Über die Enttäuschung des erneut nicht gelieferten Materials habe ihm hinweggeholfen, dass Arthur E. den Kontakt zur örtlichen Degussa-Filiale hergestellt habe. Dort habe man Arthur E. wie einen guten Bekannten begrüßt. Carsten L. richtete dort auf dessen Empfehlung ein Schließfach ein. Bei der Durchsuchung fanden die Ermittler darin 400.000 Euro Bargeld in 500-Euro-Scheinen. Wie Arthur E. erklärte auch Carsten L. eine Vorliebe für die höchste Euro-Note, die schon seit Jahren nicht mehr ausgegeben wird. Er habe private Beziehungen zu einer Zahlstelle, bei der er 500-Euro-Scheine eingewechselt habe, so Carsten L. Dass er überhaupt über so viel Bargeld verfügt habe, erklärte der einstige BND-Referatsleiter mit einem Erblass, Gewinnen aus Krypto- und Goldgeschäften sowie seinem Einkommen beim BND. Außerdem habe seine Frau durchaus "überraschend" viel "Schuhgeld" in Höhe von 210.000 Euro in einem Textilkoffer auf dem Dachboden aufbewahrt. In die Falle gelockt? Beide Angeklagte vermitteln den Eindruck, in eine Falle gelockt worden zu sein. Carsten L. ließ sich von den hochrangigen Kontakten Arthur E.s in Afrika beeindrucken, die dieser "sattelfest" habe belegen können. Arthur E. war schnell klar, dass Carsten L. beim BND arbeitete. Die übliche Legende einer Mitarbeit beim "Amt für Militärkunde" (AMK) habe Arthur E. gleich durchschaut. Während Arthur E. auf Strafminderung durch weitgehende Aussagen setzt, streitet Carsten L. jeglichen Verrat ab, auch die ihm unterstellte Motivation. Er sei weder reaktionär noch AfD-Sympathisant. Auf seine neue Aufgabe am Standort Berlin fern der bayerischen Heimat habe er sich gefreut. Die Strukturreform beim BND habe er kritisch gesehen, sie aber konstruktiv begleitet. Mit seinen Nachforschungen habe er dem BND helfen wollen. Nun wird es an Bundesanwaltschaft und Verteidigern sein, die jeweiligen Vorwürfe bis in die Details zu be- und widerlegen. Dies dürfte sich weit über den Sommer hinausziehen. | /inland/bnd-landesverrat-kammergericht-carsten-l-100.html |
2024-04-18 | Deutsche Auswanderer im Fokus von Rechtsextremen | Ungarn | Ungarn ist bei deutschen Auswanderern beliebt. Rechtsextreme versuchen die Szene für sich zu gewinnen. Ihre Hass-Propaganda können sie dort laut MDR-Recherchen ungehindert verbreiten. Das Netzwerk reicht bis nach Deutschland. | Ungarn ist bei deutschen Auswanderern beliebt. Rechtsextreme versuchen die Szene für sich zu gewinnen. Ihre Hass-Propaganda können sie dort laut MDR-Recherchen ungehindert verbreiten. Das Netzwerk reicht bis nach Deutschland. Von Arndt Ginzel, Henrik Merker und Matthias Pöls, MDR Auf den ersten Blick wirkt der Mann ganz harmlos. Grauer Hoodie, schwarze Jacke, entspannter Blick. Ignaz Bearth steht an diesem Tag in Budapest vor dem Nationalmuseum. Es ist der ungarische Nationalfeiertag zum Gedenken an die Revolution und den Unabhängigkeitskrieg. Um Bearth sammelt sich eine Gruppe deutscher Auswanderer. Bearth ist ein bekannter Rechtsextremist. Er war jahrelang Präsident der rechtsextremen "Direktdemokratische Partei Schweiz" (DPS), bis diese 2017 mit einer anderen rechten Partei fusionierte. Ebenfalls in der Schweiz war er einer der führenden Köpfe der Pegida-Bewegung. Bearth ist auch immer wieder in Deutschland aufgetreten. So sagte er auf der Bühne von Pegida in Dresden im Jahr 2015: "Ich bin Eidgenosse und wie ihr alle hier ein stolzer Patriot. Ein Patriot meiner Nation!" Nach Problemen mit der Schweizer Justiz flüchtete Bearth Ende 2021 - laut eigener Darstellung - nach Ungarn. Seither betreibt er Ratgeber-Kanäle für Auswanderer. Seinem Hauptkanal auf Telegram folgen mehr als 39.000 User. In der Gruppe "Auswandern Ungarn" organisiert Bearth vor allem für Menschen aus Deutschland Veranstaltungen und Stammtische. An Wohnadressen von Mitgliedern firmieren sogenannte Stützpunkte, vor allem im Westen von Ungarn. Im ganzen Land soll es 27 Anlaufstellen geben. Sellner und Kalbitz bei Veranstaltungen von Bearth Zu den Veranstaltungen lädt Bearth immer wieder Rechtsextreme ein. Darunter sind etwa Vertreter der "Identitären Bewegung", wie Martin Sellner oder der Politiker Andreas Kalbitz. Bearth bietet auch AfD-Politikern eine Bühne - wie etwa dem Thüringer Björn Höcke, in dem er dessen Beiträge teilt. Bilder davon sind auf den Kanälen von Bearth zu finden. Offensichtlich nutzt der Schweizer seine Netzwerke, um Auswanderer in die rechtsextreme Szene zu holen. Am 15. März will er in Budapest mit Anhängern feiern. Am Vormittag soll der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban die Bühne betreten, darauf wartet die Gruppe. MDR Investigativ spricht Bearth zuvor an: "Was sagen Sie zu dem Vorwurf, dass Sie rechtsextreme Strukturen aufbauen?" Er antwortet: "Ich glaube, euer Regime ist rechtsextrem. In Deutschland sind Nazis, in Brüssel sind Nazis, die guten Leute sind Orban, sind Trump, sind die Putin. Ihr seid Kriegstreiber." Auf die konkrete Frage gab Bearth keine Antwort. Stattdessen beginnt er einen Livestream, richtet die Handykamera auf das Reporter-Team und sagt: "Wir haben die Lügenpresse aus Deutschland in Budapest. Grüße nach Deutschland." Das MDR-Team befragt seine Anhänger: "Wir haben gehört, er radikalisiert die deutschen Auswanderer?" Eine Frau antwortet: "Was heißt radikalisiert?" Den Verweis auf die Einladung von bekannten Rechtsextremen wie der "Identitären Bewegung" wischt sie mit diesen Worten weg: "Warum ist das rechtsextrem? Also dann sind die hier alle wahrscheinlich rechtsextrem?" Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet die "Identitäre Bewegung". Die Ideologie der Rechtsextremen verstößt laut BfV gegen das Grundgesetz. Vernetzung von Rechtsextremen "Rechtsextreme aller Länder wissen, dass Vernetzung das A und O ist", sagt Nikolas Lelle, Leiter des Bereichs Antisemitismus bei der Amadeu Antonio Stiftung Berlin. "Die vernetzen sich ja teilweise über Ländergrenzen hinweg. Insofern wundert mich überhaupt gar nicht, dass Leute auch in Ungarn versuchen, Netzwerke aufzubauen, Strukturen aufzubauen, Adressen zu haben, ansprechbar zu sein." In seinem Livestream steigert sich Bearth nun richtig rein und sagt in Richtung des MDR-Teams: "Ja, ich bin hier. Ich liebe Ungarn." Die Frage, was besser an Ungarn sei, beantwortet er mit ausufernder Gestik: "Die Demokratie, die Meinungsfreiheit", sagt Bearth. "Es ist seine Freiheit hier, nicht die Freiheit der Massen. Es ist die Freiheit der Hetze", sagt der Chefredakteur der unabhängigen, ungarischen Wochenzeitung "HVG". Marton Gergely weiß, dass regierungskritische Medien in Ungarn um ihr Überleben fürchten müssen, während Rechtsextreme alle Freiheiten genießen: "Hier in Ungarn ist die Hemmschwelle gegenüber antisemitischer, rechtsradikaler Hetze viel niedriger. Für einen Mann wie Ignaz Bearth ist es natürlich super." Wie Orban antisemitische Codes nutzt Um 10.15 Uhr betritt am ungarischen Nationalfeiertag Ministerpräsident Orban die Bühne. In seiner Rede: Viel Nationalismus, er teilt gegen Migranten sowie die EU aus und hetzt gegen die LGBT-Community. Schließlich verwendet auch er antisemitische Codes: "Du musst entscheiden: Nimmst du den Pfad der ungarischen Wahrheit, oder biegst Du in Richtung Soros-Reich ab?" Die Verschwörungserzählung um George Soros hatte auch Bearth zuvor in seinem Livestream benutzt. Der gebürtige ungarische Jude, US-Amerikaner und Milliardär investiert einen Teil seines Vermögens in Demokratie-Projekte. Das macht ihn zum Lieblingsfeind von Rechtsextremen. Wenig später wird unter dem Video von Bearth mit dem MDR-Team fleißig kommentiert. Der Hass seiner Anhänger richtet sich nun gegen die Journalisten. Einer fordert: "Ignaz hau den Wichsern ein paar in die Lügenfresse." Ein anderer: "Das war eine Krummnase." Auf diesen Judenhass antwortete Bearth mit einem Herz. Es folgen auch noch Mordphantasien. | /investigativ/mdr/auswanderer-ungarn-rechtsextreme-100.html |
2024-04-18 | "Cloud Seeding" spielte in Dubai keine Rolle | Wettermanipulation | Menschliche Wettermanipulation soll die Unwetter in Dubai ausgelöst haben, heißt es im Netz. Ausgerechnet die Aussagen eines Meteorologen haben den Gerüchten Nahrung gegeben. Inzwischen dementiert er - so wie viele andere Experten. Von W. Rohwedder. | Menschliche Wettermanipulation soll die Unwetter in Dubai ausgelöst haben, heißt es im Netz. Ausgerechnet die Aussagen eines Meteorologen haben den Gerüchten Nahrung gegeben. Inzwischen dementiert er - so wie viele andere Experten. Von Wulf Rohwedder "Sturmflut in Dubai nach künstlicher Wetterbeeinflussung": In den sozialen Netzwerken und auf verschwörungsideologischen Seiten war die Ursache für das verheerende Unwetter in Dubai und Umgebung schnell ausgemacht - sogenanntes Cloud Seeding (auf deutsch: Wolken säen). Dieses Programm der Regierung Dubais sei "völlig außer Kontrolle geraten", heißt es auf der Plattform X. Denn die "Wettermanipulation" habe die starken Regenfälle verursacht, die Teile Dubais regelrecht überfluteten. Einige User gingen sogar noch weiter und schrieben von einem "Wetterangriff" auf Dubai, "vermutlich im Zusammenhang mit ihren Beziehungen zum Iran". Andere nutzten das Ereignis, um die Folgen des Klimawandels zu verharmlosen, indem sie behaupteten, dass das sogenannte Geoengineering der wahre Grund für Unwetterereignisse auf der Welt sei. Doch wie kommt es überhaupt, dass ausgerechnet dieser Starkregen für so viel Spekulationen sorgte? Meteorologe streut Gerücht Bei dem Starkregen an der Küste des Persischen Golfes der arabischen Halbinsel handelte es sich um die heftigsten Niederschläge seit Beginn der Wetteraufzeichnungen: In den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) - zu denen auch das Emirat Dubai gehört - fielen innerhalb von 24 Stunden so viel Niederschlag wie sonst durchschnittlich in einem ganzen Jahr. Kurz nach dem Unwetter machte die Aussage eines Meteorologen die Runde, dass der Starkregen zumindest teilweise durch bewusste Wettermanipulationen ausgelöst worden sei. Demnach soll Cloud Seeding für den heftigen Regen verantwortlich gewesen sein. Ahmed Habib vom Nationalen Zentrum für Meteorologie in Abu Dhabi hatte gegenüber der Nachrichtenseite Bloomberg behauptet, dass vor den schweren Unwettern innerhalb zweier Tage mehrere Flugzeuge zu sieben der Cloud-Seeding-Missionen ausgeflogen seien. Viele weitere Medien und Nutzer in den sozialen Netzwerken griffen diese Aussage auf und verbreiteten sie weiter. Eigene Aussage dementiert Wenig später nahm Habib seine Aussagen in einem Interview mit den "Gulf News" jedoch zurück: In der Zeit, in der die instabile Wetterlage im Land anhielt, sei kein einziger Cloud-Seeding-Flug durchgeführt worden. Alles andere sei von einigen Medien und Social-Media-Konten verbreitete Fehlinformationen. Für die Unwetter seien vielmehr sehr starke tiefe Tiefdruckgebiete aus dem Südwesten und dem Oman sowie in der oberen Atmosphärenschicht über den Vereinigten Arabischen Emiraten verantwortlich, so der Meteorologe. Zudem habe sich auch feuchte Luft vom Arabischen Meer in Richtung der Vereinigten Arabischen Emirate und des Oman bewegt. Cloud Seeding funktioniert - ein bisschen Das tat den Gerüchten jedoch keinen Abbruch, was wenig verwunderlich ist. Die Behauptung, dass gezielte Wettermanipulationen Katastrophen auslösen, gehört zu den ältesten und am weitesten verbreiteten Verschwörungsmythen. Tatsächlich wird Cloud Seeding, wie in anderen Ländern auch, in den Vereinigten Arabischen Emiraten angewandt, um Niederschläge zu erzeugen. Hierfür werden mit Flugzeugen oder Bodenkanonen Partikel in die Wolken geschossen. Sie ziehen Feuchtigkeit an, die dann als Schnee oder Regen zu Boden fällt. Diese "Impfung" der Wolken kann jedoch nur funktionieren, wenn es Wolken gibt. Dann geben diese mehr Niederschlag ab als auf natürlichem Weg . Wetterphänomen, keine Manipulation "Eine Wolkenimpfung kann in diesem Fall keine Rolle spielen", sagt Andreas H. Fink, Professor für Meteorologie am Institut für Meteorologie und Klimaforschung des Karlsruher Instituts für Technologie. Vielmehr wäre eine außergewöhnliche Wetterlage für die starken Niederschläge verantwortlich, erklärt der Meteorologe dem ARD-faktenfinder. Hauptgrund sei eine ungewöhnliche Wetterlage, durch die in der Region bereits in den vergangenen Wochen und Monaten vermehrt hohe Niederschläge gehäuft auftraten. Dabei schichtet sich von Norden nach Süden blickend ein Hochdruck- über ein Tiefdruckgebiet, die beide weitgehend stationär blieben. Das Tiefdruckgebiet lag dabei in der Region des Mittleren Ostens und führte feuchte Luft heran. Gleichzeitig sind die Quellregionen der Feuchte, die Arabische See und der Arabische Golf, ein bis zwei Grad wärmer als üblich zu dieser Jahreszeit, sodass es mehr Feuchtigkeit in der Luft gab. Mehrere Faktoren zusammengetroffen Dieses Zusammentreffen der beobachteten Wetterphänomene sei ungewöhnlich, aber nicht unbekannt, erklärt Fink. Er kennt sie von seinen Forschungen in Afrika, wo zum Beispiel im Atlas-Gebirge solche Kombinationen Extremniederschläge auslösten. "Die Erwärmung der Meere ist ein möglicher Effekt des Klimawandels, der zu den Unwettern beigetragen hat - letztlich bleibt es aber eines: Wetter." Jeder Versuch des Cloud Seedings würde in diesem Fall durch die massiven Kräfte der Atmosphäre gleichsam überrollt und nicht mehr spürbar, so Fink zum ARD-faktenfinder. Eine solche Maßnahme würde zudem zwar den Ort, nicht jedoch die Menge des Niederschlags manipulieren und wären nur lokal wirksam. Die Unwetter im arabischen Raum hätten sich aber über eine sehr große Region vom Oman über die Vereinigten Arabischen Emirate bis nach Iran, Pakistan und Afghanistan erstreckt. Emirate setzen weniger effiziente Methode ein Tatsächlich führen die Vereinigten Arabischen Emirate Experimente mit Wettermanipulation durch. "Ich halte es nicht für möglich, dass ein Unwetter dieses Ausmaßes allein durch Cloud Seeding verursacht wurde", erklärt aber auch Jan Henneberger von der Gruppe Experimentelle Wolkenphysik am Institut für Atmosphären- und Klimawissenschaft der ETH Zürich gegenüber dem ARD-faktenfinder. "Meines Wissens werden dafür Salze in warmen flüssigen Wolken mittels Flugzeugen ausgebracht", so Henneberger. Diese Methode sei jedoch weniger effizient als das Anwenden eisbildender Aerosole in unterkühlten flüssigen Wolken, wie es beispielsweise in den Rocky Mountains in den Vereinigten Staaten eingesetzt werde. Der Meteorologe Ryan Maue, ehemaliger leitender Wissenschaftler bei der US-amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration, ist sich ebenfalls sicher, dass Cloud Seeding nicht für die Unwetter verantwortlich ist. Die Technik sei nicht in der Lage, so viel Regen wie in Dubai zu erzeugen, sagte er der Agentur AP. Immer wieder werden Unwetterereignisse fälschlicherweise mit Wettermanipulationen in Verbindung gebracht, wie zum Beispiel auch nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und Syrien im Februar 2023. | /faktenfinder/cloud-seeding-wettermanipulation-100.html |
2024-04-18 | Es gab Fehler, aber es fehlen die Beweise | Ermittlungen zur Ahrtal-Flut | Über zwei Jahre lang hatte die Staatsanwaltschaft ermittelt, jetzt ist klar: Eine Anklage soll nicht erhoben werden. So begründen die Ermittler ihre Entscheidung. Von K. Schwartz und K. Hempel. | Über zwei Jahre lang hatte die Staatsanwaltschaft ermittelt, jetzt ist klar: Eine Anklage soll nicht erhoben werden. So begründen die Ermittler ihre Entscheidung. Von Kolja Schwartz, Klaus Hempel Worum ging es? Im Juli 2021 starben bei der Flutkatastrophe im Ahrtal 135 Menschen, Hunderte wurden verletzt, 9.000 Häuser wurden zerstört oder beschädigt. Drei Wochen nach der Flutkatastrophe leitete die Staatsanwaltschaft Koblenz ein Ermittlungsverfahren ein. Die Vorwürfe: fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung im Amt. Jeweils begangen durch "Unterlassen". Die Ermittlungen richteten sich gegen den damaligen Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler, und den Leiter der Technischen Einsatzleitung. Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass die Bevölkerung zu spät und unzureichend vor den Wassermassen gewarnt wurde und dass durch Fehlverhalten Menschen verletzt worden und zu Tode gekommen sind, begründete die Staatsanwaltschaft damals die Einleitung des Ermittlungsverfahrens. Nun hat sie das Verfahren eingestellt. Wie begründet die Staatsanwaltschaft ihre Entscheidung? Nach Angaben der Staatsanwaltschaft reichen die Ermittlungsergebnisse nicht aus für eine Anklage. Grundlage der Entscheidung waren mehrere Sachverständigengutachten. Ein Gutachter kam zum Ergebnis, dass es sich bei der Flut um eine extrem ungewöhnliche Naturkatastrophe gehandelt habe, deren Ausmaß niemand hätte vorhersehen können, auch der damalige Landrat und der Einsatzleiter nicht. Das wurde den beiden zugutegehalten. Ansonsten ist die Staatsanwaltschaft durchaus der Meinung, dass der frühere Landrat Fehler gemacht hat und seiner Verantwortung nicht gerecht wurde. Er hatte sich nämlich damals aus dem Katastrophenmanagement völlig herausgezogen und die ganze Verantwortung der Technischen Einsatzleitung überlassen. Außerdem hätten der Landrat und auch der Einsatzleiter die Bevölkerung besser vor denkbaren Folgen der Flut warnen müssen. Aber das reiche nicht aus für eine strafrechtliche Verurteilung. Ein ganz wesentlicher Punkt: Die Staatsanwaltschaft hätte nachweisen müssen, dass durch pflichtgemäßes, also korrektes Handeln auch wirklich Menschen hätten gerettet werden können. Diesen Nachweis könne man aber nicht führen. Warum lässt sich das nicht hinreichend belegen? Vorab: Die Staatsanwaltschaft klagt grundsätzlich nur dann jemanden an, wenn sie zum Schluss kommt, dass die Verurteilung eines Beschuldigten wahrscheinlicher ist als ein Freispruch. Dafür müsste sie hier im konkreten Fall den Nachweis erbringen, dass das Unterlassen von bestimmten Handlungen strafbar war. Und dass mit bestimmten Handlungen Menschenleben gerettet worden wären. Für eine Verurteilung reicht es allerdings nicht aus zu sagen, dass die Opfer "möglicherweise" hätten gerettet werden können. Sondern man muss in jedem Einzelfall, bei jedem einzelnen Opfer prüfen, ob diese Person "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" noch leben würde, wenn korrekt gehandelt worden wäre. Und die Staatsanwaltschaft Koblenz meint, dass dieser Nachweis hier nicht möglich war. Warum entscheidet die Staatsanwaltschaft und kein Gericht? Für ein Ermittlungsverfahren ist immer die Staatsanwaltschaft zuständig. Sie ist verpflichtet, ein solches zu führen, wenn es Anhaltspunkte für eine Straftat gibt. Und sie ist verpflichtet, Anklage zu erheben, wenn sich diese Anhaltspunkte so verdichten, dass eine Verurteilung wahrscheinlicher ist als ein Freispruch. Ohne Anklage landet der Fall nicht vor Gericht. Wenn es aus Sicht der Staatsanwaltschaft aber nicht reicht für eine spätere Verurteilung, dann stellt sie das Verfahren ein. Die Staatsanwaltschaft ist zur Objektivität, Neutralität und Unparteilichkeit verpflichtet. Darauf hat auch die Staatsanwaltschaft Koblenz heute noch einmal ausdrücklich hingewiesen. Sie muss immer alle Tatsachen ermitteln, egal ob sie für oder gegen die Schuld der Beschuldigten sprechen. Können sich die Opfer gegen die Einstellung wehren? Ja, das können sie. In einem ersten Schritt können sie eine Beschwerde einlegen. Über die müsste dann die Generalstaatsanwaltschaft entscheiden. Sollte die Generalstaatsanwaltschaft die Beschwerde zurückweisen, könnten sie in einem zweiten Schritt einen Antrag ans zuständige Oberlandesgericht schicken. Dann würde das Gericht prüfen, ob die Staatsanwaltschaft korrekt entschieden hat oder nicht. Wenn nicht, würde das Gericht die Staatsanwaltschaft anweisen, doch noch eine Anklage zu erheben. Das nennt man Klageerzwingungsverfahren. Mehr zu diesem Thema sehen Sie in der ARD-Dokumentation "Die Flut - Chronik eines Versagens" in der ARD-Mediathek. | /inland/ahrtal-flutkatastrophe-ermittlungen-faq-100.html |
2024-04-18 | Hohe Strafen für zu viel Cannabis am Steuer | Nach Teillegalisierung | Die Bundesregierung plant, zu hohen Cannabiskonsum am Steuer mit einer Geldbuße von bis zu 3.500 Euro zu belegen. Der Grenzwert soll in Hinsicht auf das Fahrrisiko etwa dem von 0,2 Promille Alkohol im Blut gleichen. | Die Bundesregierung plant, zu hohen Cannabiskonsum am Steuer mit einer Geldbuße von bis zu 3.500 Euro zu belegen. Der Grenzwert soll in Hinsicht auf das Fahrrisiko etwa dem von 0,2 Promille Alkohol im Blut gleichen. Autofahrer, die zu viel Cannabis konsumiert haben, könnten künftig mit einer hohen Geldbuße bestraft werden. Wie der Politik-Newsletter Table.Media berichtet, plant die Bundesregierung, dass Autofahren mit einem THC-Wert von mehr als als 3,5 Nanogramm je Milliliter im Blut als Ordnungswidrigkeit geahndet werden soll. Wer erwischt wird, soll mit einer Geldbuße von bis zu 3.500 Euro belegt werden. THC ist der Wirkstoff der Cannabis-Pflanze, der hauptsächlich für die Rauschwirkung verantwortlich ist. Grundlage für den Bericht ist demnach eine Formulierungshilfe der Bundesregierung. Damit folgt die Ampel der Expertenkommission, die den Grenzwert und das Verbot von Mischkonsum im Straßenverkehr empfohlen hatte. Um das Verfahren zu beschleunigen, wollen die Ampel-Fraktionen den Gesetzentwurf direkt ins Parlament einbringen. Vergleichbar mit 0,2 Promille Alkohol im Blut Das Gesetz zur Teillegalisierung von Cannabis war am 1. April in Kraft getreten. Zur Klärung der Frage, wie viel Cannabiskonsum im Straßenverkehr erlaubt sein soll, hatte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) eine Expertenkommission beauftragt. Laut den Experten handelt es sich bei dem jetzt vorgeschlagenen Grenzwert von 3,5 Nanogramm THC im Blutserum um einen konservativen Ansatz, der vom Risiko vergleichbar sei mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille. Bisherige Rechtslage gilt vorerst weiter Doch dieser Grenzwert muss jetzt vom Gesetzgeber beschlossen werden. Bis dahin gilt die aktuelle Rechtslage weiter. Nach der handelt jeder ordnungswidrig, der "unter Wirkung" bestimmter berauschender Mittel ein Kraftfahrzeug führt. Zu diesen Mitteln gehört Cannabis. Und eine Wirkung liegt vor, wenn die Droge im Blut nachgewiesen werden kann. Das bisherige absolute Verbot, unter Einfluss von Cannabis Auto zu fahren, gilt also vorerst fort. Ein konkreter Grenzwert, wie jetzt geplant, oder wie etwa 0,5 Promille bei Alkohol steht bisher nicht im Gesetz. Allerdings hat sich in der Rechtsprechung ein Wert durchgesetzt, nämlich 1,0 Nanogramm THC im Blut. Sanktionen: Geldbuße, Fahrverbot, Punkte Ab diesem Wert im Blut der getesteten Person drohen bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes weiterhin folgende Sanktionen: bis zu 3.000 Euro Geldbuße, bis zu drei Monate Fahrverbot, zwei Punkte in Flensburg. Ausgenommen ist Cannabis als Arzneimittel, das vom Arzt verschrieben wurde. Mit Blick auf Kiffen in Verbindung mit Alkohol zeigt sich die vom Verkehrsministerium eingesetzte Expertenkommission deutlich strikter als beim Grenzwert. Sie empfiehlt, für Cannabis-Konsumenten Alkohol am Steuer ganz zu verbieten. Der Mischkonsum stelle im Straßenverkehr ein besonderes Risiko dar. Mehr Verkehrsunfälle wegen Cannabis? Kritiker der Teillegalisierung rechnen in Zukunft mit mehr Verkehrsunfällen wegen Cannabis am Steuer. Für den ADAC hängt das eher davon ab, wie gut und intensiv die Bevölkerung über die erhöhten Unfallrisiken aufgeklärt werde. Dabei müsse auch darüber informiert werden, dass das Fahren unter Drogen strafbar bleibt. In einer früheren Version dieses Artikels haben wir den Begriff Geldstrafe verwendet. Darum geht es bei der Sanktionierung von THC am Steuer allerdings nicht. Korrekt ist, dass eine Geldbuße bei Überschreitung des Grenzwertes drohen würde, da es sich um eine Ordnungswidrigkeit handelt. | /inland/gesellschaft/cannabis-autofahren-strafe-100.html |
2024-04-18 | "Was Deutschland tun kann, wird es tun" | Habeck in der Ukraine | Kurz nach Ankunft schon ein Luftalarm: Die vermehrten russischen Angriffe beeinflussten auch den Besuch von Wirtschaftsminister Habeck in Kiew. Der Minister selbst bekräftigte die Dringlichkeit von weiterer Unterstützung. | Kurz nach Ankunft schon ein Luftalarm: Die vermehrten russischen Angriffe beeinflussten auch den Besuch von Wirtschaftsminister Habeck in Kiew. Der Minister selbst bekräftigte die Dringlichkeit von weiterer Unterstützung. Vizekanzler Robert Habeck ist in die ukrainische Hauptstadt Kiew gereist. Bei seiner Ankunft sagte der Grünen-Politiker, der Besuch falle in eine Zeit, in der die Ukraine in ihrem Kampf um Freiheit jede Unterstützung brauche. "Und ein Kampf um Freiheit ist es." Er fügte hinzu: "Ja, die Ukraine kämpft für ihre eigene Selbstbestimmung, für ihre territoriale Integrität gegen Putins Aggression, aber sie kämpft eben auch für die Werte, die Europa eint und ausmacht." Noch am Morgen legte Habeck an einer Gedenkmauer für gefallene ukrainische Soldaten Blumen nieder. Der Wirtschaftsminister wird begleitet von einer Wirtschaftsdelegation. Im Mittelpunkt der Reise stehen die jüngsten Angriffe Russlands auf die ukrainische Energie-Infrastruktur, Nothilfe, die Stärkung der ukrainischen Wirtschaft und die Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland. Luftalarm kurz nach Habecks Ankunft Nur wenige Stunden nach Habecks Ankunft wurde in Kiew Luftalarm ausgelöst. Angaben der ukrainischen Luftwaffe zufolge drohte ein Raketenangriff. In der Nacht zuvor gab es laut den Luftstreitkräften erneut russische Drohnenangriffe in sieben Regionen. Die Drohnen seien erfolgreich abgewehrt worden. Russland hat seine Raketen- und Bombenangriffe auf die Ukraine zuletzt verstärkt - auch ukrainische Kraftwerke wurden zum Ziel. Viele mussten zeitweise abgeschaltet werden. Am Wochenende hatte die Bundesregierung angekündigt, dem Land ein weiteres "Patriot"-Flugabwehrsystem zu liefern. Weiteres Flugabwehrsystem vor Lieferung Habeck sagte, Russlands Präsident Wladimir Putin ziele neben der militärischen Zerstörung an der Front auch auf die Zivilbevölkerung. Die Ukrainer hätten ihn bei seinem letzten Besuch vor einem Jahr mit ihrer Fähigkeit zur Improvisation beeindruckt. "Die Lage ist sicherlich herausfordernd, aber die Ukrainer haben es in den letzten zwei Jahren vermocht, immer wieder Stand zu halten. Und was Deutschland tun kann zur Unterstützung, das wird es tun." Helmut Rauch, der Chef des Rüstungsunternehmens Diehl Defence, das die Flugabwehrsysteme Iris-T-SLM herstellt, begleitete Habeck. "Unser langfristiges Ziel ist natürlich, dass vor Ort in der Ukraine die Systeme selber gewartet werden können, repariert werden können und Ähnliches", sagte Rauch. Bisher habe Diehl drei Systeme an die Ukraine geliefert. Mithilfe des Systems wird Kiew geschützt. Ein viertes System werde sein Unternehmen in den kommenden Wochen liefern, sagte Rauch bei einem Treffen Habecks mit Vizepremier und Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko und Wirtschaftsvertretern. Weitere sollten noch in diesem Jahr folgen. Hoffnung auf neues US-Hilfspaket Im Anschluss sagte Habeck, er hoffe auf die Verabschiedung des nächsten US-Hilfspakets, "damit die Ukraine ihren Kampf für Freiheit erfolgreich bestehen kann". Swyrydenko bezeichnete das Paket als extrem wichtig. Die Ukraine habe im laufenden Jahr ein Haushaltsloch von etwa 37 Milliarden Euro. Die Hilfe der EU-Kommission sei zwar wichtig, "aber natürlich setzen wir auf diese US-Hilfe, nicht nur bei makrofinanzieller Unterstützung, sondern vor allem im Sinne militärischer Hilfe." Mit makrofinanzieller Hilfe ist Finanzhilfe gemeint. In den USA wird das Repräsentantenhaus voraussichtlich am Samstag über ein lange verzögertes Hilfspaket abstimmen. Für die Ukraine sind 61 Milliarden US-Dollar vorgesehen. Zudem hieß es in Washington, Präsident Joe Biden solle der Ukraine "so bald wie machbar" weittragende Raketensysteme vom Typ ATACMS zur Verfügung stellen. | /ausland/europa/habeck-ukraine-besuch-100.html |
2024-04-18 | Ermittlungen gegen Ex-Landrat im Ahrtal eingestellt | Staatsanwaltschaft Koblenz | Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat die Ermittlungen zur Flutkatastrophe abgeschlossen. Der ehemalige Landrat des Kreises Ahrweiler, Pföhler, wird nicht angeklagt. | Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat die Ermittlungen zur Flutkatastrophe abgeschlossen. Der ehemalige Landrat des Kreises Ahrweiler, Pföhler, wird nicht angeklagt. Fast drei Jahre nach der verheerenden Flutkatastrophe im Ahrtal in Rheinland-Pfalz mit 135 Toten hat die Staatsanwaltschaft Koblenz ihre Ermittlungen eingestellt. Ein hinreichender Tatverdacht gegen den früheren Landrat des Landkreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), und einen weiteren Mitarbeiter aus dem Krisenstab habe sich nicht ergeben, sagte der leitende Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Koblenz, Mario Mannweiler. Beide werden nicht angeklagt. Die Staatsanwaltschaft ermittelte mehr als zweieinhalb Jahre wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung in 135 Fällen und der fahrlässigen Körperverletzung im Amt durch Unterlassen. Bei den Ermittlungen ging es um die Frage, ob durch anderes Handeln die Folgen zumindest teilweise hätten vermieden werden können. Landrat wies Vorwürfe zurück Schon kurz nach der Katastrophe wurden Vorwürfe laut, der damalige Landrat habe womöglich frühzeitige Warnungen vor Rekord-Pegelständen viel zu spät weitergegeben und den Katastrophenfall erst um 23 Uhr ausgerufen, als bereits mehrere Häuser von der Flut weggerissen waren. Pföhler hatte die Vorwürfe zurückgewiesen, wie sein Anwalt am Mittwoch noch einmal bestätigt hatte. Auch der Mitarbeiter hatte zuvor über seinen Anwalt bestritten, sich strafbar gemacht zu haben. Staatsanwaltschaft: Extremes Ausmaß nicht konkret vorhersehbar Die Staatsanwaltschaft kam zu dem Schluss, dass es sich um eine außergewöhnliche Naturkatastrophe gehandelt habe, deren extremes Ausmaß für die Verantwortlichen des Landkreises Ahrweiler nicht konkret vorhersehbar gewesen sei. "Die Flut 2021 hat alles, was die Menschen zuvor erlebt haben, weit übertroffen und war für Anwohner, Betroffene, Einsatzkräfte und Einsatzverantwortliche gleichermaßen subjektiv unvorstellbar", teilte die Behörde mit. Gutachter: Beachtliche Mängel im Katastrophenschutz Zwar sei der Katastrophenschutz im Landkreis Ahrweiler unzureichend organisiert gewesen, und das Führungssystem habe eine ganze Reihe von Mängeln aufgewiesen. "Die Verantwortung dafür trägt in erster Linie der politisch und administrativ gesamtverantwortliche ehemalige Landrat." Diese "durchaus beachtlichen Mängel", die ein Gutachter festgestellt hat, begründeten aus Sicht der Staatsanwaltschaft aber keine Strafbarkeit. "Uns ist bewusst, dass die Ahrflut unsägliches Leid über die Menschen im Ahrtal gebracht hat. Wir wissen, wie viel die Menschen dort mitgemacht haben und immer noch mitmachen. Wir wissen, wie viel Trauer und Erschütterung die Katastrophe ausgelöst hat und wie viele traumatisiert zurückgeblieben sind", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Mannweiler. Er sprach den Hinterbliebenen und Opfern der Flutkatastrophe sein tiefes Mitgefühl aus. Dennoch sei es bei den Ermittlungen um eine rein strafrechtliche Aufarbeitung gegangen. "Es geht um die individuelle Schuld des Einzelnen. Wir haben nicht die Aufgabe, eine Naturkatastrophe als solche aufzuarbeiten, auch nicht das Katastrophenschutzsystem in seiner Gesamtheit", erläuterte Mannweiler. Die Ermittler hätten sich freimachen müssen von Emotionen, was angesichts des Ausmaßes der Katastrophe und des dadurch ausgelösten menschlichen Leids schwierig gewesen sei. Umfangreichstes Verfahren der Behörde bisher Es war wohl das umfangreichste Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft bisher. Der Abschluss der Ermittlungen verschob sich immer wieder. Ein Grund war, dass die Staatsanwaltschaft das Ergebnis des Untersuchungsausschusses im Landtag hatte abwarten wollen. Die Ermittlungen hatten sich lange hingezogen, auch weil sie eine bisher nicht gekannte Dimension hatten. Sie seien von erheblichen Herausforderungen geprägt gewesen, sagte der Leiter des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz, Mario Germano. "Nämlich Ermittlungen in einem von der Naturkatastrophe gezeichneten und teilweise zerstörten Gebiet zu führen. Die Menschen, die wir vernehmen mussten, waren zum Teil stark traumatisiert." 11.000 ausgewertete Notrufe Mehr als 300 Zeugen wurden demnach vernommen. Dabei habe es sich vor allem um Mitarbeiter von Feuerwehren und Kommunen oder um Betroffene der Flut gehandelt, sagte Germano. Das Gros der Vernehmungen sei bis zum Frühjahr 2022 abgeschlossen gewesen. Mehr als 20 Terabyte an digitalen Daten seien gesichert und ausgewertet worden, mehr als 300 Gigabyte seien potenziell verfahrensrelevant gewesen. Für den Zeitraum der Flut vom 14. bis 15. Juli seien bei Leitstellen der Feuerwehr und Polizei 15.500 Notrufe gesichert worden, im Katastrophengebiet hätten Ermittler im relevanten Zeitraum 11.000 Notrufe herausgefiltert und ausgewertet. Davon waren 6.200 für das Ermittlungsverfahren von Interesse. Starke Regenfälle hatten Mitte Juli 2021 katastrophale Überschwemmungen an Flüssen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ausgelöst. Viele Gemeinden, insbesondere im Ahrtal, wurden verwüstet. Neben den 136 Todesfällen in Rheinland-Pfalz starben auch 49 Menschen in Nordrhein-Westfalen. Ein Mensch gilt weiterhin als vermisst. Außerdem wurden Hunderte Menschen verletzt, Tausende Häuser zerstört, Straßen und Brücken weggespült. | /inland/gesellschaft/ahrtal-ermittlungen-eingestellt-100.html |
2024-04-18 | USA waren laut Iran über Angriff informiert | Attacke auf Israel | Haben die USA von einem bevorstehenden Angriff auf Israel gewusst? Der Iran behauptet, Washington informiert zu haben - die USA verneinen das. Israel war laut einem Bericht der New York Times vom Ausmaß des Großangriffs überrascht. | Haben die USA von einem bevorstehenden Angriff auf Israel gewusst? Der Iran behauptet, Washington informiert zu haben - die USA verneinen das. Israel war laut einem Bericht der New York Times vom Ausmaß des Großangriffs überrascht. Der Iran hat die USA nach eigenen Angaben vor und nach dem Großangriff auf Israel über seine Raketenschläge informiert. "Wir haben den Amerikanern in klaren Botschaften mitgeteilt, dass die Entscheidung (...) das zionistische Regime zu bestrafen, endgültig und entschieden war", sagte Außenminister Hussein Amirabdollahian laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna in New York. In der Nacht zu Sonntag habe der Iran eine weitere Nachricht an die USA über diplomatische Kanäle geschickt, "und erwähnt, dass wir nicht nach einer Eskalation der Spannungen in der Region streben", sagte der Minister weiter. Die Nachrichten seien laut Irna über die schweizerische Botschaft in Teheran übermittelt worden. Da die USA und der Iran seit mehr als 44 Jahren keine diplomatischen Beziehungen mehr haben, werden die amerikanischen Interessen im Iran von der Schweiz vertreten. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der US-Regierung, John Kirby, hatte Berichte über Warnungen des Irans am Montag zurückgewiesen. "Die Vereinigten Staaten haben weder vom Iran noch von irgendjemand anderem Nachrichten erhalten, die Aufschluss über einen bestimmten Zeitpunkt, bestimmte Ziele oder Waffentypen, die sie abfeuern würden, gaben", sagte er. Ausmaß des Angriffs war offenbar überraschend Sollten sich die iranischen Angaben als richtig erweisen, stellt sich die Frage, ob und wann die USA Israel darüber informiert haben. Denn einem Medienbericht zufolge hat Israel nicht mit dem direkten Großangriff des Iran gerechnet. Unter Berufung auf Informationen aus Regierungskreisen der USA, Israels, des Irans und weiterer Nahost-Staaten meldet die New York Times, dass Israel vom Ausmaß des iranischen Angriffs überrascht war. Die Israelis hätten sich bei ihrem Schlag gegen die iranische Botschaft in Syrien Anfang des Monats, bei dem unter anderem zwei Generäle der iranischen Revolutionsgarden getötet worden waren, "schwer verkalkuliert", schreibt das Blatt. Kriegskabinett wollte zunächst sofort zurückschlagen Die israelische Regierung habe danach mit kleineren Vergeltungsschlägen von Stellvertretern oder einer "begrenzten" Attacke des Irans gerechnet. Später habe Israel nach ersten Vermutungen über eine größere Vergeltungsaktion des Irans seine Schätzungen von etwa zehn auf bis zu 70 iranische Boden-Boden-Raketen erhöht. Letztendlich wurden nach israelischen Angaben mehr als 500 Raketen, Marschflugkörper und Drohnen aus dem Iran und von dessen Verbündeten in der Region abgefangen. Nach Bekanntwerden der iranischen Raketenstarts hätten sich führende israelische Politiker für einen sofortigen Vergeltungsschlag ausgesprochen, berichtete die Zeitung weiter. Ein Abwarten könne den internationalen Druck erhöhen und "den Iran glauben lassen, er habe neue Spielregeln für den Konflikt festgelegt", habe es hinter verschlossenen Türen geheißen. Angesichts des begrenzten Schadens in Israel habe das Kriegskabinett die Entscheidung jedoch verschoben. | /ausland/asien/israel-iran-angriff-usa-100.html |
2024-04-18 | Studieren nahe der Heimat ist beliebt | Wahl der Hochschule | Knapp die Hälfte der Schülerinnen und Schüler, die studieren wollen, gehen an eine Hochschule, die weniger als 50 Kilometern entfernt ist. Für manche Studiengänge ziehen Abiturienten aber auch weiter weg. | Gut die Hälfte der Schüler, die studieren wollen, entscheiden sich für eine Uni, die weniger als 50 Kilometern entfernt ist. Für manche Studiengänge ziehen Abiturienten aber auch weiter weg. Viele Schüler, die sich für ein Studium entscheiden, gehen an Hochschulen in der Nähe ihrer Heimat. Etwas mehr als die Hälfte studiert im Umkreis von weniger als 50 Kilometern von ihrem Zuhause. Das geht aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervor, die das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) analysiert hat. Demnach ziehen zwei Drittel der Studierenden weniger als 100 Kilometer weg. Nur jeder Fünfte studiere mehr als 200 Kilometern vom Heimatort entfernt. Ein Grund dafür seien die gestiegenen Energie- und Wohnkosten, sagt Marc Hüsch vom CHE. Der Befund decke sich mit einer weiteren Analyse des CHE. Darin wurde untersucht, wie viele Studierende noch zu Hause wohnen. "Hier verzeichnen wir einen wachsenden Anteil an Studierenden von aktuell 28 Prozent", so Hüsch. Weite Wege für begehrte Studienfächer Für Studiengänge, in denen es schwer ist, einen Platz zu bekommen, ziehen Schülerinnen und Schüler weiter weg - etwa für Medizin und Psychologie. Hier nehmen sie der Analyse zufolge Entfernungen von 100 Kilometer und mehr in Kauf. Verglichen damit bleiben Studierende der Betriebswirtschaftslehre, Informatik und des Maschinenbau eher in der Heimat. Rund 50 Prozent ziehen höchstens 40 Kilometer weit weg. Es gibt auch Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Frauen entscheiden sich öfter als Männer für eine weiter entfernte Hochschule. Die Hälfte der weiblichen Studierenden wählte einen Studienort mit mehr als 54 Kilometern Entfernung, bei den Männern sind es 44 Kilometer. Die Untersuchung analysiert auch, wie viele Studierende aus dem Ausland kommen. Beim sogenannten Wanderungsverhalten aus dem Ausland ist demnach die TU München am erfolgreichsten: Fünf Prozent der Studierenden, die ihre Zulassung nicht in Deutschland erworben haben, studieren dort. Keine andere Hochschule kann bei diesem Wert mithalten. | /inland/gesellschaft/hochschulen-studieren-entfernung-100.html |
2024-04-18 | Was hinter dem Streit um TV-Bundesligarechte steckt | DFL stoppt Auktion | Die DFL hat die Auktion der Medienrechte am Profifußball ausgesetzt - das gab es noch nie zuvor. Grund dafür ist eine Beschwerde des Streaminganbieters DAZN. Was bedeutet das für die Bundesliga? | Die DFL hat die Auktion der Medienrechte am Profifußball ausgesetzt - das gab es noch nie zuvor. Grund dafür ist eine Beschwerde des Streaminganbieters DAZN. Was bedeutet das für die Bundesliga? Was passiert mit den Medienrechten für die Fußball-Bundesliga? Nur kurz nach dem Start der Auktion für die Fußballübertragungsrechte von Spielen in den Spielzeiten 2025/26 bis 2028/29 hat die Deutsche Fußball Liga (DFL) das Bieterverfahren vorerst gestoppt - zum ersten Mal in ihrer Geschichte. Wegen eines Streit mit dem Internet-Sender DAZN wurde das Verfahren gestern jäh beendet. Nun drohen langwierige juristische Auseinandersetzungen. Wann und wie es weitergeht, ist derzeit völlig offen. Streit um Finanzgarantien Hintergrund ist der Verkauf der Medienrechte der DFL, der alle vier Jahre stattfindet. Derzeit nimmt die Liga durchschnittlich rund 1,1 Milliarden Euro pro Saison ein. In dieser Woche startete die Auktion für die Spielzeiten 2025/26 bis 2028/29. Das betroffene Paket B ist das größte der Bundesliga und umfasst insgesamt 196 Live-Spiele - unter anderem die Spiele am Samstag um 15.30 Uhr und am Freitagabend sowie die Relegationspartien. Zur Auseinandersetzung zwischen DFL und DAZN, dem derzeit zweitgrößten Partner der Liga, war es bereits nach der ersten Runde der Auktion am Montag gekommen. DAZN fühlt sich diskriminiert, weil sein Angebot für das Rechtepaket B abgelehnt wurde, obwohl es "das finanziell attraktivste und überzeugendste" gewesen sei. Die Höhe des Gebots ist nicht bekannt. Wenn bei der Versteigerung ein Interessent die DFL-Mindestforderung erfüllt und gleichzeitig 20 Prozent über dem zweitbesten Angebot liegt, erhält er den sofortigen Zuschlag. Offenbar habe die DFL aber die von DAZN abgegebenen Finanzgarantien nicht akzeptiert, wie es in einem Brief über das Frankfurter Anwaltsbüro Gleiss Lutz an die DFL-Geschäftsleitung und die 36 Clubs hieß. Das Unternehmen hatte danach wie bei der letzten Ausschreibung "eine harte Patronatserklärung" abgegeben. Eine Patronatserklärung kann eine Muttergesellschaft für eine Tochtergesellschaft abgeben, um deren Bonität - sprich die Kreditwürdigkeit - zu verbessern. Der Konzern sollte jedoch nach eigenen Angaben kurzfristig eine Bankgarantie liefern. Kartellamt bestätigt die Auseinandersetzung Dass DAZN im Wettbieten mit dem Fernsehsender Sky am Montag trotz des nach Ansicht des Unternehmens "finanziell überlegenen Angebots" den Zuschlag nicht bekam, verstoße gegen deutsches und europäisches Kartellrecht, schrieb der Anbieter in dem Brief, aus dem zuerst die "Bild" und die "Frankfurter Rundschau" zitierten, weiter. Das Streaming-Unternehmen schaltete deshalb nach eigenen Angaben das Bundeskartellamt ein, das die Ausschreibung genehmigt hat und auch überwacht. Die DFL um die beiden Geschäftsführer Marc Lenz und Steffen Merkel hatte die Auktion daraufhin gestern gestoppt und die Vereine über die Unterbrechung informiert, um "das Verfahren zu schützen". "Die erhobenen Unterstellungen und Vorwürfe sind unzutreffend, haltlos und wir weisen sie in aller Deutlichkeit zurück", hieß es am Abend. "Das Schreiben der DAZN Group Limited enthält zudem eine Vielzahl von unrichtigen Darstellungen und Verkürzungen von Sachverhalten." "Die DFL GmbH führt das Verfahren selbstverständlich in Einklang mit den gegenüber dem Bundeskartellamt dargestellten Ausschreibungsverfahren und den Regelungen der Ausschreibungsunterlagen in transparenter und diskriminierungsfreier Weise durch", schrieben die DFL-Geschäftsführer. Das Bundeskartellamt nimmt "derzeit nicht Stellung", bestätigte aber gegenüber tagesschau.de den Streit. "Die Beteiligten haben in der Angelegenheit Kontakt zu uns aufgenommen." Beide Seiten nennen keine Details Heute äußerte sich DAZN zurückhaltend zu dem selbst ausgelösten Auktionsstopp. "DAZN hat Bedenken hinsichtlich bestimmter Elemente des Vergabeprozesses und hat diese Probleme direkt bei der DFL vorgebracht. DAZN ist weiterhin bestrebt, einen Mehrwert für die Bundesliga, ihre Clubs und ihre Fans zu schaffen", teilte der Konzern gegenüber tagesschau.de mit. Darüber hinaus werde das Unternehmen das Thema "zum jetzigen Zeitpunkt nicht weiter kommentieren". Auch die DFL teilte heute lediglich noch einmal mit: "Die Vorwürfe von DAZN sind unzutreffend und werden von der DFL zurückgewiesen." Formfehler bei der Rechtevergabe habe es nicht gegeben. "Zu weiteren Details des Verfahrens wird die DFL mit Rücksicht auf die von allen Seiten - auch DAZN - vereinbarten und bindenden Verschwiegenheitsregeln derzeit keine Stellung nehmen." TV-Verträge laufen am Saisonende aus Die Bundesliga steht jetzt unter enormen Zeitdruck, denn die derzeit gültigen Verträge laufen am Ende der kommenden Saison aus. Der Milliardenpoker sollte eigentlich Ende April abgeschlossen sein. "Langwierige juristische Auseinandersetzungen wären fatal und kontraproduktiv für den gesamten Ausschreibungsprozess, denn sowohl die Sender als auch die DFL brauchen zügig Planungssicherheit", sagte Medienwissenschaftler Michael Schaffrath der Nachrichtenagentur dpa. Er sieht zudem weitere Probleme. "Nach dem geplatzten Investorendeal produziert die DFL erneut eigenartig irritierende Schlagzeilen." "Jenseits der Frage, ob die DFL oder DAZN mit der jeweiligen Darstellung recht hat, kann ich mir nicht vorstellen, dass dies den 36 Proficlubs, für die ja die DFL die Rechte verhandelt, wirklich gefällt", so der Professor der Technische Universität München. Und dass dies nun in aller Öffentlichkeit diskutiert wird, ist sicher kein Beleg für ein professionelles Kommunikationsmanagement und schadet zweifellos dem Image." Mit Informationen von Till Bücker, ARD-Finanzredaktion. | /wirtschaft/dfl-fussball-tv-rechte-dazn-100.html |
2024-04-18 | Wie zyklusbasiertes Training funktioniert | Sportmedizin | Trainingspläne im Sport basieren häufig auf Studien mit Männern. Die sind aber nur zum Teil auf Frauen anwendbar. Viele Athletinnen trainieren inzwischen nach ihrem Menstruationszyklus. Von E. Burkhart und E. Theodoropoulos. | Trainingspläne im Sport basieren häufig auf Studien mit Männern. Die sind aber nur zum Teil auf Frauen anwendbar. Viele Athletinnen trainieren inzwischen nach ihrem Menstruationszyklus. Von Emily Burkhart und Elisabeth Theodoropoulos, SWR Im Juli treffen sich in Paris wieder mehr als 10.000 Sportlerinnen und Sportler zu den Olympischen Sommerspielen. Zum ersten Mal in der Olympia-Geschichte werden an den Wettkämpfen gleich viele Frauen wie Männer teilnehmen. Bei den ersten Olympischen Spielen in Paris, im Jahr 1900, waren nur 22 der 997 Teilnehmenden weiblich. Klar ist: Die Rolle von Frauen im Leistungssport nimmt stetig zu. Doch die trainingswissenschaftliche Forschung habe nicht Schritt gehalten, sagt Johannes Kirsten, kommissarischer Leiter der Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin am Universitätsklinikum Ulm. Die aktuelle Trainingslehre beruhe hauptsächlich auf Studien mit Männern. Das Versprechen des zyklusbasierten Trainings Doch immer mehr Profisportlerinnen trainieren mittlerweile zyklusbasiert. Das heißt, sie folgen einem maßgeschneiderten Trainingsplan, der sich an den Phasen ihres Menstruationszyklus orientiert. Das Versprechen: optimale Leistungsfähigkeit und Effizienz im Training, weniger Verletzungen und auch weniger psychische Belastung. Denn die hormonelle Situation bleibt bei Frauen nicht 28 Tage lang gleich. Stattdessen schwanken weibliche Hormone in den Phasen des Menstruationszyklus relativ vorhersehbar. Vor nicht allzu langer Zeit war es allerdings noch kaum vorstellbar, dass eine Sportlerin mit ihrem Trainer oder ihrer Trainerin komplett offen über ihren Zyklus spricht. Die Periode war auch im Sport lange ein Tabuthema. Der Menstruationszyklus dauert im Schnitt etwa 28 Tage und basiert auf dem fein regulierten Zusammenspiel der Hormone Östrogen und Progesteron. Die genaue Länge des Zyklus ist jedoch von Frau zu Frau unterschiedlich: Nur bei etwa zehn bis 15 Prozent aller Frauen dauert ein Zyklus genau 28 Tage. Der Zyklus beginnt immer am ersten Tag der Periode. Dann folgen - je nachdem, welches Modell man verwendet - drei unterscheidbare Phasen: die Follikelphase, die Ovulation und die Lutealphase. Mit der Menstruation beginnt die Follikelphase. Sie umfasst den Zeitraum zwischen dem Eintritt der Menstruation und dem nächsten Eisprung. Der Eisprung - auch Ovulation genannt - findet um den 14. Tag eines 28-tägigen Zyklus statt. Hier ist man in der Regel am fruchtbarsten. Die Lutealphase - auch Gelbkörperphase genannt - beginnt, wenn die Eizelle während des Eisprungs freigesetzt wurde, also etwa 14 Tage, bevor die Periode einsetzt. Die Logik hinter dem zyklusbasierten Training Die Phasen des Menstruationszyklus - Menstruation, Follikelphase, Ovulation und Lutealphase - haben jeweils unterschiedliche Auswirkungen auf den Körper. Basierend auf diesen Phasen kann das Training angepasst werden. Veränderungen bei Kraft, Leistung und Erholung, die während des Menstruationszyklus auftreten, könnten auf die Schwankungen der Hormone Östrogen und Progesteron zurückzuführen sein - so zumindest die Vermutung. Östrogen gilt als anabol - das heißt, es kann den Muskelaufbau fördern -, während Progesteron mit dem Eiweißabbau - auch Muskelabbau genannt - in Verbindung gebracht wird. So sollte das Training gestaltet sein Am Anfang des Zyklus - also in der frühen Follikelphase - sind der Östrogen- und Progesteronspiegel niedrig. Hier findet bei den meisten Frauen die Periode statt, und es können niedrigere Energieniveaus sowie eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit auftreten. Daher kann es angenehm sein, das Training eher langsam anzugehen und sich auf Regeneration zu konzentrieren. In der späten Follikelphase steigt der Östrogenspiegel an, und die Östrogenkonzentration wird im Verhältnis zum Progesteron deutlich höher. Damit steigt auch das Energieniveau, sodass sich Sportlerinnen hier meist leistungsfähiger fühlen und intensiver trainieren können. Während des Eisprungs bleibt der Östrogenspiegel hoch, sodass sich viele Frauen auch hier besonders leistungsfähig fühlen. In der Lutealphase beginnt dann aber der Östrogenspiegel zu sinken, während der Progesteronspiegel steigt. Progesteron habe, so Johannes Kirsten von der Sportmedizin Ulm, anti-östrogene Effekte. Das heißt, es hebt die Wirkung des Östrogens wahrscheinlich teilweise auf. Insofern ist die Lutealphase für intensives Training nicht mehr so günstig. Eher empfiehlt sich in der frühen Lutealphase Ausdauer-Training. In der späten Lutealphase - also kurz vor der Menstruation - sinken Östrogen und Progesteron, sodass dann eher das regenerative Training angestrebt werden kann. Die wissenschaftliche Evidenz dahinter Die Wirkung der hormonellen Schwankungen innerhalb des Zyklus auf die Kraft der Frauen wird sehr kontrovers in der Literatur diskutiert. Unterschiedliche Ergebnisse lassen sich dabei jedoch oft auf unterschiedliche Methodik und auf individuelle Abweichungen des Östrogen- und Progesteronspiegels bei Frauen zurückführen. Um Klarheit zu schaffen, sind noch weitere Studien erforderlich. Bisher gibt es viele Argumente für zyklusbasiertes Training und kaum ein Argument dagegen. Es bietet sich nicht nur für Leistungssportlerinnen an, ihren Zyklus zu tracken. Der weibliche Menstruationszyklus ist nämlich ein guter gesundheitlicher Indikator dafür, falls irgendetwas nicht stimmt - etwa, wenn er unregelmäßig ist oder ausbleibt. Was dabei aber wichtig ist: Das Training am Menstruationszyklus auszurichten, funktioniert nicht, wenn man hormonelle Verhütungsmittel wie die Pille nutzt. Wer hormonell verhütet, kann seinen Zyklus allerdings so steuern, dass die Periode zum Beispiel nicht ins Wettkampfwochenende fällt. Ob aber die Pille die sportliche Leistung steigert oder eher verringert, ist ebenfalls noch zu wenig erforscht. Bei Fragen zu Zyklus und Sport ist in der Wissenschaft also noch viel Nachholbedarf. | /wissen/forschung/menstruationszyklus-leistungssport-100.html |
2024-04-18 | Worum es beim Prozess gegen Höcke geht | Verfahren gegen Thüringens AfD-Chef | Im Prozess gegen Thüringens AfD-Chef Höcke geht es um den Vorwurf, eine verbotene SA-Losung verwendet zu haben. Er selbst beteuert, nicht gewusst zu haben, dass dies verboten ist. Worum es geht und was von dem Verfahren zu erwarten ist. | Im Prozess gegen Thüringens AfD-Chef Höcke geht es um den Vorwurf, eine verbotene SA-Losung verwendet zu haben. Er selbst beteuert, nicht gewusst zu haben, dass dies verboten ist. Worum es geht und was von dem Verfahren zu erwarten ist. Vor dem Landgericht in Halle hat der erste Verhandlungstag im Prozess gegen den AfD-Politiker Björn Höcke begonnen. Dem Thüringer Parteichef wird vorgeworfen, Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen verwendet zu haben. Bei den Landtagswahlen in Thüringen am 1. September will der frühere Geschichtslehrer als AfD-Spitzenkandidat ins Rennen gehen. Seine Partei wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft. Was wird Höcke konkret vorgeworfen? In einer Rede in Merseburg in Sachsen-Anhalt soll Björn Höcke im Mai 2021 die verbotene Parole "Alles für Deutschland!" der Sturmabteilung (SA) verwendet haben, der paramilitärischen Kampforganisation der NSDAP. Dabei soll er gewusst haben, dass es sich beim letzten Teil der Slogans "Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland" um einen verbotenen Ausspruch handelt. Konkret muss er sich nun nach Paragraf 86a des Strafgesetzbuchs wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen verantworten. Höcke wird auch vorgeworfen, die Losung im Dezember 2023 bei einer AfD-Veranstaltung im thüringischen Gera verwendet zu haben. Dabei soll er den ersten Teil "Alles für" selbst gesprochen und das Publikum durch Gesten animiert haben, "Deutschland" zu rufen. Die Anklagepunkte in diesem Fall hat das Gericht aber kurz vor Beginn des heutigen Prozesses wieder von dem Fall in Merseburg abgetrennt. Das sagte Gerichtssprecherin Adina Kessler-Jensch. Grund dafür sei, dass die Verteidiger von Höcke kurzfristig gewechselt haben. Was sagt Höcke zu den Vorwürfen? Höcke erklärt, er habe nicht gewusst, dass "Alles für Deutschland" eine SA-Parole sei. Vielmehr sprach der AfD-Politiker zuletzt von einem "Allerweltsspruch". In einem Fernsehduell gegen den Thüringer CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt verteidigte er seine Wortwahl und erklärte, letztlich habe er den Slogan "America First" von Ex-US-Präsident Donald Trump frei interpretierend ins Deutsche übertragen. Ist Höckes Argumentation glaubhaft? Nach Einschätzung von Bastian Wierzioch vom MDR-Investigativ-Team gibt es Indizien dafür, dass Höcke vorsätzlich gehandelt haben könnte. Zum einen handelt es sich um eine Doppelanklage - Höcke werden also gleich zwei Sachverhalte der gleichen Art vorgeworfen. Außerdem ist Höcke ehemaliger Geschichtslehrer eines Gymnasiums in Hessen, was nahelegt, dass er sich mit deutscher Geschichte etwas genauer auskennen könnte. Auf der Plattform X hat sich Höcke zudem jüngst zu den Regelungen im Strafgesetzbuch geäußert, die das Verwenden von NS-Parolen verbieten. Sie zielten darauf ab, "Deutschland daran zu hindern, sich wieder zu finden", so Höcke. Diese Kritik könnte ein weiteres Indiz sein. Denn wer sich so verteidigt, müsste eigentlich gewusst haben, dass es sich um eine SA-Losung gehandelt hat. Diese Äußerungen Höckes bei X könnten deshalb auch vor Gericht relevant werden. Wie geht Höcke mit dem Prozess um? Höcke versucht den Eindruck zu erwecken, dass er zu Unrecht verfolgt werde. Im Internet beklagt er eine angebliche politische Verfolgung und angebliche Unterdrückung der Meinungsfreiheit. Bei X hat der AfD-Politiker jeden eingeladen, nach Halle zu kommen, um sich ein Bild von der Rechtsstaatlichkeit in Deutschland zu machen. Höcke will den Prozess also offenbar als Bühne nutzen. Was passiert zu Beginn des Prozesses? Es ist davon auszugehen, dass am ersten Verhandlungstag die Anklageschrift verlesen wird. Dann hat Höcke die Möglichkeit, sich selbst oder über seinen Verteidiger zu den Vorwürfen zu äußern. Höckes Anwalt aus Erfurt sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass spontan entschieden werde, ob er oder sein Mandant sich zu den Vorwürfen äußern wollten. Welche Folgen hätte eine Verurteilung? Bestraft werden solche Taten mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe. Der Prominentenstatus ändert nichts an dem normalen Strafprozess. Im Prozess gegen Höcke sind zunächst vier Verhandlungstage angesetzt. Allerdings könnte eine Verurteilung möglicherweise tatsächlich Einfluss auf den laufenden Landtagswahlkampf in Thüringen haben - dort tritt Höcke als Spitzenkandidat der AfD an. Sollte er in Halle zu mindestens sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt werden, könnte ihm das Gericht auch zusätzlich eine Zeit lang das aktive und passive Wahlrecht absprechen. Grundlage hierfür sei Paragraf 92a in Verbindung mit Paragraf 45 im Strafgesetzbuch, teilte eine Sprecherin des Landgerichts Halle mit. Das würde bedeuten: Höcke könnte nicht zur Wahl im September antreten. Ob Höcke aber tatsächlich verurteilt wird und wie hoch das Strafmaß wäre, ist völlig offen. Mitarbeit von Bastian Wierzioch, Lars Wohlfarth und Felix Fahnert, MDR | /inland/hoecke-prozess-100.html |
2024-04-18 | "Zerstört, weil vier Raketen gefehlt haben" | Abwehr von russischen Angriffen | Die Abwehr des iranischen Angriffs auf Israel zeigt vielen Menschen in der Ukraine, wie effektiv Abwehrsysteme sein können. Doch die Ukraine hat zu wenig davon. Präsident Selenskyj fühlt sich von den Verbündeten im Stich gelassen. Von R. Barth. | Die Abwehr des iranischen Angriffs auf Israel zeigt vielen Menschen in der Ukraine, wie effektiv Abwehrsysteme sein können. Doch die Ukraine hat zu wenig davon. Präsident Selenskyj fühlt sich von den Verbündeten im Stich gelassen. Von Rebecca Barth An einer Bushaltestelle im nordukrainischen Tschernihiw fangen Passanten den Moment mit ihren Handys ein, als russische Raketen im Zentrum der Stadt einschlagen. Ein Geschoss rauscht über die Köpfe der Menschen hinweg. Sie schmeißen sich auf den Boden. Mit drei Raketen hat Russland angegriffen. 17 Menschen sind dabei getötet und 60 verletzt worden. Die ukrainische Flugabwehr konnte die Raketen nicht abfangen - wie so oft. Forderung nach weiteren "Patriot"-Systemen Zuletzt erinnerte der Abgeordnete Oleksij Hontscharenko in Straßburg bei der Parlamentarischen Versammlung des Europarates daran: "Vor einigen Tagen wurde eines der größten ukrainischen Wärmekraftwerke durch russische Raketen zerstört, weil der ukrainischen Luftabwehr vier Raketen fehlten, um den russischen Angriff zu stoppen", erklärte er. Es seien elf russische Raketen gewesen, von denen sieben abgefangen worden seien, da die Ukraine über entsprechende Geschosse verfügt habe. "Dieses Kraftwerk hat Millionen gekostet und wurde zerstört, weil vier Raketen gefehlt haben." Die Ukraine würde nicht viel verlangen, rief der Abgeordnete aus der ukrainischen Opposition. Nur um sieben "Patriot"-Flugabwehrsysteme würde die Ukraine bitten, sagte Hontscharenko. "Bitte machen Sie das jetzt", verlieh er seiner Forderung Nachdruck. Militärexperte: Potenzial für mehr Waffen Die Abwehr des iranischen Angriffs auf Israel zeigt vielen Menschen in der Ukraine, dass ein effektiver Schutz gegen Raketen und Drohnenangriffe möglich ist. Die Verzweiflung im Land wächst auch angesichts der schwierigen Lage an der Front. Militärexperte Taras Tschmut sieht auch die Verbündeten der Ukraine in der Pflicht. "Sowohl die NATO als Bündnis als auch die einzelnen Mitglieder könnten mehr tun." Sie alle hätten das Potenzial dazu, mehr Waffen und mehr Geld zur Verfügung zu stellen. "Die Wirtschaft Europas ist um ein Vielfaches stärker als die Russlands. Mit solchen Verbündeten sollten wir diesen Krieg gewinnen. Aber wir gewinnen ihn nicht." Selenskyj verweist auf prekäre Lage Frustriert zeigte sich auch der ukrainische Präsident. Mehrmals hatte Wolodymyr Selenskyj in den vergangenen Tagen auf die prekäre Lage der ukrainischen Luftverteidigung hingewiesen. Die Unterstützung Israels bei der Abwehr von Drohnen und Raketen zeige, wozu die Verbündeten fähig seien, sagte der ukrainische Präsident. Er forderte ebenso Unterstützung für den Schutz der ukrainischen Zivilbevölkerung. "Wir haben in den letzten Tagen alles Mögliche gehört. Es seien unterschiedliche Konflikte hier in Europa und im Nahen Osten, unterschiedliche Bedrohungslagen, ein unterschiedlicher Luftraum." Aber die Drohnen und Raketen seien die gleichen. "Sind die Menschenleben etwa unterschiedlich? Haben Menschen eine andere Würde? Nein, wir schätzen jedes Leben gleich." "Westliche Raketen sind Mangelware" Am Freitag soll der NATO-Ukraine-Rat zusammenkommen und über weitere Unterstützung zur Luftverteidigung beraten - wie von Selenskyj gefordert. Die ukrainische Flugabwehr benötige unterschiedliche Systeme, um das Land vor den kombinierten russischen Angriffen zu schützen, sagt Ilja Jewlasch, Sprecher der ukrainischen Luftwaffe. "Westliche Raketen sind Mangelware, weil die Ukraine diese Raketen nicht selbst produziert. Leider sind wir in dieser Hinsicht auf unsere Verbündeten angewiesen", erklärt er. Die Partner wüssten, was die Ukraine brauche und welche Ressourcen dem Land zur Verfügung stünden. "Um unsere Aufgaben zum Schutz des Luftraums und der Energieanlagen effektiver erfüllen zu können, brauchen wir natürlich verschiedene Luftverteidigungssysteme." Stromausfälle und tote Zivilisten Eine Kombination aus verschiedenen Systemen und auch Kampfflugzeugen sei notwendig, fährt der Sprecher fort. So könnten russische Raketen und Drohnen erfolgreich abgefangen und Zivilisten und kritische Infrastruktur geschützt werden, ist Jewlasch überzeugt. In den vergangenen Wochen aber gelang es Russland, gleich zwei große Wärmekraftwerke vollständig zu zerstören. Im ostukrainischen Charkiw haben die Menschen mit Stromausfällen zu kämpfen. Unzählige Zivilisten wurden in den vergangenen Wochen von russischen Raketen getötet oder verletzt. | /ausland/europa/ukraine-drohnenangriff-tote-100.html |
2024-04-18 | "Einblick in unermessliches Leid" | Pressefoto des Jahres | Das Weltpressefoto 2024 zeigt das Leid im Nahost-Krieg: Eine Frau hält ihre tote Nichte in den Armen, die in ein weißes Laken gehüllt wurde. Der Fotograf sieht darin einen Moment, der zusammenfasse, was im Gazastreifen geschehe. | Das Weltpressefoto 2024 zeigt das Leid im Nahost-Krieg: Eine Frau hält ihre tote Nichte in den Armen, die in ein weißes Laken gehüllt wurde. Der Fotograf sieht darin einen Moment, der zusammenfasse, was im Gazastreifen geschehe. Das Foto einer palästinensischen Frau mit einem toten Kind im Arm im Gazastreifen ist das Weltpressefoto 2024. Die Jury des renommierten Wettbewerbes World Press Photo zeichnete dafür den Fotografen Mohammed Salem mit dem ersten Preis aus. Der Palästinenser Salem hatte das Foto für die Nachrichtenagentur Reuters am 17. Oktober 2023 gemacht. "Es war ein starker und trauriger Moment, der zusammenfasst, was im Gazastreifen geschieht", schilderte er. Die Jury sprach von einem ergreifenden "Einblick in unermessliches Leid". "Es ist unbeschreiblich bewegend" Die 36 Jahre alte Ina Abu Maamar, die ein blaues Kleid und ein ockerfarbenes Kopftuch trägt, beugt sich über den in ein weißes Laken gehüllten Leichnam ihrer Nichte Saly (5). Sie wurde gemeinsam mit ihrer Mutter und Schwester getötet, als eine israelische Rakete ihr Haus in Chan Yunis traf. Die Jury-Vorsitzende Fiona Shields lobte die große Aussagekraft des Fotos. "Es ist unbeschreiblich bewegend zu sehen und zugleich ein Argument für Frieden, das extrem stark ist, gerade wenn Frieden manchmal wie eine unmögliche Fantasie erscheint." Weitere Fotografen ausgezeichnet Photo-Story des Jahres ist eine Reportage der Südafrikanerin Lee-Ann Olwage für das Magazin Geo über den Umgang mit Demenz-Kranken in Madagaskar. Die Jury würdigte die Wärme und Zärtlichkeit in den Bildern. Der aus Venezuela stammende Fotograf Alejandro Cegara wurde in der Kategorie langfristige Projekte für eine Serie über Immigration in Mexiko ausgezeichnet. Die ukrainische Fotografin Julia Kochetova gewann den ersten Preis für ihr Projekt "Krieg ist persönlich". Sie zeigt darin nach Darstellung der Jury, wie der Krieg die Menschen täglich persönlich treffe. Hohes Risiko für Journalisten Die Direktorin von World Press Photo, Joumana El Zein Khoury, verwies auf die persönliche Bindung der Fotografen mit ihren Themen. "Dies hilft ihnen, uns ein tieferes Verständnis zu vermitteln, das hoffentlich zu Empathie und Mitgefühl führt." Sie erinnerte auch daran, dass viele Fotojournalisten mit großem persönlichem Risiko arbeiten müssten und viele Journalisten im vergangenen Jahr im Krieg in Nahost getötet wurden. Insgesamt wurden 33 Fotografen ausgezeichnet. Mehr als 3.800 hatten sich mit mehr als 61.000 Fotos am Wettbewerb beteiligt. Alle ausgezeichneten Fotos werden in einer Ausstellung gezeigt, die in mehr als 60 Ländern weltweit zu sehen ist. | /ausland/world-press-photo-gaza-100.html |
2024-04-18 | Bosch und seine vielen Baustellen | Umbau des Technologiekonzerns | Der Stuttgarter Bosch-Konzern will weiter Kosten senken - und blickt wegen der Konjunkturflaute verhalten auf die kommenden Monate. Das Unternehmen steckt in einem tiefgreifenden Umbauprozess. Von Lutz Heyser. | Der Stuttgarter Bosch-Konzern will weiter Kosten senken - und blickt wegen der Konjunkturflaute verhalten auf die kommenden Monate. Das Unternehmen steckt in einem tiefgreifenden Umbauprozess. Von Lutz Heyser, SWR Ende März wurde es laut auf der Schillerhöhe, der sonst so idyllisch im Wald gelegenen Zentrale des Stuttgarter Technologiekonzerns Bosch. Gut 10.000 Demonstranten standen vor der Zentrale - symbolisch um fünf vor zwölf. Mit Trillerpfeifen, roten Mützen und IG-Metall-Fahnen. Sie protestierten lautstark gegen den angekündigten Stellenabbau bei Bosch, dem wohl mehrere tausend Jobs zum Opfer fallen werden Nicht nur in der wichtigen Automobilsparte des Konzerns. Automobilgeschäft bringt den meisten Umsatz Bosch will zwar mehr sein als ein "bloßer Automobilzulieferer". Das betonen sie gerade jetzt auf der Schillerhöhe. Und es stimmt ja: Auch die drei anderen Sparten des Konzerns, das Industriekundengeschäft, die Gebäudewirtschaft und die Haushaltsgeräte, erwirtschaften Milliardenumsätze und zählen in ihren Bereichen mit zu den Innovationstreibern und Marktführern. Sie erfüllen also die hohen, selbst gesteckten Ziele des Konzerns. Bosch ist trotzdem vor allem der größte Automobilzulieferer der Welt. Die "Cash-Cow" im Konzern, der Umsatz- und Gewinnbringer, bleibt das Autoteilegeschäft: 56,3 Milliarden Euro hat man allein hier im Jahr 2023 erwirtschaftet. Das ist deutlich mehr als die Hälfte des Umsatzes des Gesamtkonzerns im abgelaufenen Geschäftsjahr von 91,6 Milliarden Euro. Der Konzerngewinn stieg auf 4,8 Milliarden Euro, eine Milliarde mehr als im vorherigen Geschäftsjahr. Das gab Bosch-Chef Stefan Hartung heute bei der Vorstellung der Jahresbilanz in Renningen bei Stuttgart bekannt. Wandel in der Industrie bedroht Jobs auch bei Bosch Doch ausgerechnet in der Herzkammer des Konzerns - wo auch die meisten der rund 133.800 Bosch-Beschäftigten in Deutschland arbeiten -, droht Ungemach. Die Gewerkschaft hat den angekündigten Sparkurs und den beabsichtigten Personalabbau als "kurzsichtig" kritisiert. Bosch-Betriebsratschef Frank Sell warf der Geschäftsführung "brachiale Gewalt mit hohem Tempo" vor. Zuletzt war geplant, dass bis zum Jahr 2026 weltweit 3800 der insgesamt nahezu 430.000 Jobs gestrichen werden sollen. Nun wurde bekannt, dass dieser Stellenabbau doch geringer ausfallen könnte als zunächst geplant. Die Gespräche hierzu zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat seien auf der Zielgeraden, so Bosch-Chef Hartung. Für das laufende Jahr 2024 bleiben die Aussichten von Bosch wegen der aktuellen Konjunkturflaute weiter verhalten. Man erwarte jedenfalls "keinen konjunkturellen Rückenwind", hieß es. Gespräche mit dem Betriebsrat Geschäftsleitung und Betriebsrat führen Gespräche darüber, wie der Umbau bei Bosch gestaltet werden soll. Nach dem Showdown Ende März sei man auf der Schillerhöhe nun auf einem guten Weg, teilt das Unternehmen mit. Man habe sich mit dem Gesamtbetriebsrat auf einen gemeinsamen Fahrplan für die laufenden Verhandlungen geeinigt. Bosch habe zugesagt, bis 2027 insgesamt rund 700 Millionen Euro in die Ausbildung und Qualifizierung seiner Mitarbeitenden in der Mobilitätssparte in Deutschland zu investieren. Weitere vier Milliarden Euro sollen 2024 und 2025 in Maschinen und Anlagen sowie Forschung und Entwicklung an den deutschen Standorten der betroffenen Geschäftsbereiche fließen. Es ist ein erstes Zugehen auf die Arbeitnehmerseite. Klar ist: Mit der Herausforderung, die Transformation gut zu meistern, steht Bosch im Automobilgeschäft nicht allein. Elektromobilität gerät ins Stocken Viel Unsicherheit gibt es in der gesamten deutschen Automobilindustrie, bei Herstellern und Zulieferern wie Bosch, ZF Friedrichshafen oder dem Stuttgarter Kolbenhersteller Mahle. Der Hochlauf der Elektromobilität stockt. Zwar ist das Ende des Verbrenners in der EU absehbar. Tatsächlich aber erleben Benziner und Diesel gerade ein erstaunliches Comeback bei den Kunden. Das zeigen unter anderem aktuelle Zulassungszahlen des Verbands der Deutschen Automobilindustrie. Kunden zweifeln an E-Autos Dafür gibt es viele Gründe: etwa die hohen Kosten von E-Autos gerade aus deutscher Produktion. Kunden zögern also. Sie wissen nicht, ob sie sich gerade ein neues Auto kaufen sollen - und falls ja, was für eins. Dieses Zögern bekommt die ganze Branche zu spüren, auch Bosch. Auch wenn der Konzern aufstrebende chinesisches Autobauer wie etwa BYD beliefert. Bosch will sich unabhängiger von der Autosparte machen, die anderen Geschäftsfelder weiter ausbauen und stärken. An der Dominanz des Automobilgeschäft wird der Konzern nichts ändern. Doch auch in Zukunft die Position als größter Automobilzulieferer der Welt zu verteidigen, bleibt eine große Herausforderung. | /wirtschaft/unternehmen/bosch-umstrukturierung-100.html |
2024-04-18 | Geldvermögen von Privathaushalten gestiegen | Rekordwert von 7.716 Milliarden | Die Menschen in Deutschland besitzen in Summe mehr Geld als je zuvor. 7.716 Milliarden Euro privates Geldvermögen waren es Ende 2023 - ein Rekord. Das liegt an Kursgewinnen an den Märkten und höheren Sparzinsen. | Die Menschen in Deutschland besitzen in Summe mehr Geld als je zuvor. 7.716 Milliarden Euro privates Geldvermögen waren es Ende 2023 - ein Rekord. Das liegt an Kursgewinnen an den Märkten und höheren Sparzinsen. Das Geldvermögen der privaten Haushalte in Deutschland hat im vergangenen Jahr den Rekordwert von rund 7.716 Milliarden Euro erreicht. Zum Jahresende 2023 stieg es um 250 Milliarden Euro im Vergleich zum dritten Quartal. Gründe seien unter anderem Kursgewinne bei Aktien und Anteilen an Investmentfonds, wie die Deutsche Bundesbank mitteilte. Zudem steckten die Menschen mehr Geld in höher verzinste Einlagen mit längeren Laufzeiten bei Banken und Sparkassen. Die Gewinne aus börsennotierten Aktien, Anteilen an Investmentfonds sowie Versicherungs- und Pensionsansprüchen lagen laut Bundesbank im vierten Quartal bei insgesamt 184 Milliarden Euro. Größter Teil ist Bargeld, Tages- und Festgeld Der mit Abstand größte Teil des Geldvermögens steckt den Zahlen zufolge nach wie vor in Bargeld und Einlagen bei Banken und Sparkassen wie Tages- und Festgeld. 3.214 Milliarden hatten die Deutschen Ende 2023 in bar oder bei der Bank auf genannten Konten angelegt - und damit mehr als im vorherigen Zeitraum. Um das Nettogeldvermögen zu berechnen, muss man allerdings noch die Schulden abziehen. Tut man das, zeigt sich: Auch das Nettogeldvermögen der privaten Haushalte stieg Ende 2023 im Vergleich zum Vorquartal um 244 Milliarden auf 5.560 Milliarden Euro. Die Bundesbank berücksichtigt in ihrer Auswertung Bargeld und Bankeinlagen, Wertpapiere wie Aktien und Fonds sowie Ansprüche gegenüber Versicherungen. Wie die gigantische Summe im Detail verteilt ist, geht aus den Daten nicht hervor. Immobilien sind nicht berücksichtigt. | /wirtschaft/finanzen/vermoegen-geld-privathaushalte-100.html |
2024-04-18 | MAN testet fahrerlosen Lkw auf der Autobahn | Serienproduktion ab 2030 | Ab 2030 will der Lkw-Bauer MAN autonome Lastwagen in Serie produzieren. Heute findet der erste Praxistest auf der A9 bei München statt. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen zum fahrerlosen Lkw. | Ab 2030 will der Lkw-Bauer MAN autonome Lastwagen in Serie produzieren. Heute findet der erste Praxistest auf der A9 bei München statt. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen zum fahrerlosen Lkw. MAN testet heute Nachmittag seine fahrerlosen Lastwagen auf der Autobahn. Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wagt sich an Bord. Auf der A9 nördlich von München will er in einem computergesteuerten Sattelschlepper von Allershausen knapp zehn Kilometer bis zur Raststätte Fürholzen-West mitfahren und für die neue Technik werben. Wie sieht der Test aus? Der Lastwagenbauer MAN hat das Testfahrzeug zusammen mit elf verschiedenen Partnern entwickelt und auf dem werkseigenen Testgelände erprobt. Das Projekt läuft bereits seit Januar 2022. Beteiligt sind die Zulieferer Knorr-Bremse, Leoni, Bosch, Fernride, BTC Embedded Systems, Institute der Fraunhofer-Gesellschaft und der Technischen Universitäten München und Braunschweig, der TÜV Süd, die Autobahn GmbH und das Würzburger Institut für Verkehrswissenschaften. Mit einer Sondergenehmigung geht es nun zur weiteren Erprobung auf die Autobahn. Dabei wird der Lkw stets von Mitarbeitern in einem Kontrollzentrum aus der Ferne überwacht und notfalls gesteuert, wie MAN-Sprecher Gregor Jentzsch betont. Außerdem sitzt auch noch ein Sicherheitsfahrer am Lenkrad, der jederzeit eingreifen kann. Gefördert wird das Projekt unter anderem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Was ist das Ziel? MAN hat autonome Lastwagen schon beim Umschlag im Hamburger Hafen und beim Verladen auf die Bahn getestet und von bis zu 40 Prozent Effizienzgewinn berichtet. Der Pendelverkehr zwischen zwei Logistikpunkten an der Autobahn soll bis Jahresende laufen, dann sind praxisnahe Projekte mit Kunden geplant, und etwa 2030 könnten die Fahrzeuge dann in Serie gehen. Was macht die Konkurrenz? Der Autokonzern Daimler will schon 2027 so weit sein und setzt dafür auf den viel größeren US-Markt. Die Frachtmenge dort dürfte sich bis 2050 verdoppeln. "Die USA bieten mit ihren langen Highways, dem steigenden Bedarf an Gütertransport, großen Lkw-Flotten und den zukunftsorientierten Regulierungsbehörden ein ideales erstes Anwendungsfeld für den Einsatz dieser neuen Technologie", sagt Konzernsprecher Paul Mandaiker. Die USA stünden dem Einsatz autonomer Fahrzeuge insgesamt sehr positiv gegenüber. Im nächsten Schritt könnte Daimler mit autonomen Lkw dann auch in Europa in Serie gehen. Für die Kommerzialisierung entscheidend sei aber, dass der Einsatz grenzüberschreitend möglich sei. Auch Continental setzt auf die USA. Mit der US-Softwarefirma Aurora will der deutsche Zulieferkonzern 2027 ein autonomes Fahrsystem in Serie produzieren. Aurora arbeitet mit großen Lkw-Herstellern wie Paccar zusammen. Die Nachfrage sei groß, "wegen der langen Strecken, wegen des Fahrermangels - das wird der erste Markt für uns", sagte Conti-Sprecherin Jennifer Weyrich. Was erhoffen sich die Hersteller und Zulieferer? In erster Linie ein großes Geschäft. Daimler Trucks ist auf Highways in den USA schon seit einem Jahr mit selbstfahrenden Lastwagen in Pilotprojekten mit Kunden unterwegs, will sie 2027 regulär auf den Markt bringen und 2030 bereits drei Milliarden Dollar Umsatz und eine Milliarde Dollar Gewinn vor Zinsen und Steuern damit erwirtschaften, wie Konzernsprecher Paul Mandaiker sagt. So konkrete Pläne sind von MAN noch nicht bekannt. "Am Ende muss es sich für einen Spediteur lohnen, sich die Technik anzuschaffen", sagte MAN-Sprecher Gregor Jentzsch. Er listet eine ganze Reihe von Vorteilen auf: In Europa und in den USA herrsche ein riesiger Fahrermangel. Autonome Lastwagen müssten keine Lenkzeiten und Ruhepausen beachten, sie können theoretisch rund um die Uhr fahren. Zudem werden sie demnach weder müde noch unaufmerksam, die Zahl der Unfälle dürfte sinken. Statt Sattelschlepper mit Containern im Linienbetrieb auf der Autobahn zwischen Hamburg und München hin und her zu fahren und regelmäßig weit weg von daheim in der Fahrerkabine zu übernachten, könnten mehr Fahrer künftig im Regionalverkehr arbeiten, Fahrzeuge beladen und Ware ausliefern. Dazu kommen weitere Vorteile wie eine höhere Sicherheit und weniger Staus. Wie reagiert die Speditionsbranche? Die Kunden sind noch etwas skeptisch. Selbstfahrende Lastwagen, "das hört sich in der Theorie gut an", sagt Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL). Grundsätzlich sehe er das auch positiv - aber mit vielen Fragezeichen: "Wie oft gibt es Ausfälle im Funknetz? Wie funktioniert das bei starkem Regen, Nebel, Schnee? An Baustellen? Wenn die Fahrbahnmarkierung verblasst ist?" Dazu kommen die hohen Investitionskosten. Sowohl die Lkw-Hersteller als auch die Spediteure müssen auch in den nächsten Jahren sehr viel Geld in die Umstellung auf E-Mobilität investieren - das schreibt der Gesetzgeber vor. Allein in Deutschland fehlen laut BGL allerdings schon heute 120.000 Lkw-Fahrer. Jedes Jahr gingen 30.000 in Rente, nur 15.000 kämen neu dazu, sagt Engelhardt. Der Verbandschef bezweifelt jedoch, dass autonome Lastwagen in absehbarer Zeit dabei helfen können, den Fahrermangel zu beheben. Frühestens in zehn Jahren dürften sie auf öffentlichen Straßen richtig unterwegs sein. Aber ohne Fahrer? Der Autopilot habe den Piloten im Flugzeug nicht überflüssig gemacht, Züge würden weiterhin von Lokführern gefahren. "Warum das autonome Fahren gerade im Straßenverkehr, der viel komplexer ist, Einzug halten soll, das erschließt sich mir nicht", sagt Engelhardt. Was ist die gesetzliche Grundlage? Den Rahmen für das ATLAS-L4 genannte Projekt bildet das Gesetz zum autonomen Fahren, das autonomes Fahren auf fest definierten Strecken unter einer technischen Aufsicht grundsätzlich ermöglicht. Es wurde schon 2021 erlassen - noch unter Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Der neue Test soll dahingehend auch Erkenntnisse für Detailregelungen liefern. Zumindest beim Lkw wäre dann anders als bei Elektroautos mit dem US-Pionier Tesla oder BYD aus China die deutsche Industrie der Trendsetter. | /wirtschaft/technologie/fahrerlose-lkw-man-test-autobahn-100.html |
2024-04-18 | Der Klimawandel bedroht die Weltwirtschaft | Studie des Potsdam-Instituts | Wegen des Klimawandels drohen weltweit empfindliche wirtschaftliche Einbußen. Davor warnen Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung in einer neuen Studie. Auch für Beschäftigte hätte das Folgen. | Wegen des Klimawandels drohen weltweit empfindliche wirtschaftliche Einbußen. Davor warnen Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung in einer neuen Studie. Auch für Beschäftigte hätte das Folgen. Der Weltwirtschaft drohen einer neuen Berechnung zufolge durch Folgen der Erderwärmung bis Mitte des Jahrhunderts Einkommensverluste von rund einem Fünftel - und das sogar, wenn der Ausstoß klimaschädlicher Gase künftig drastisch gesenkt würde. Andernfalls seien noch deutlich größere wirtschaftliche Schäden als jene 38 Billionen Dollar pro Jahr zu erwarten, wie Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) in einer heute im Wissenschaftsmagazin Nature veröffentlichten Studie berechnet haben. Diese Schäden würden damit sechsmal höher ausfallen als die veranschlagten Kosten für Klimaschutzmaßnahmen zur Begrenzung der Erderwärmung auf maximal zwei Grad, schreiben die Autorinnen und Autoren des PIK. Regionen unterschiedlich betroffen Je nach Region fallen die erwarteten Schäden sehr unterschiedlich aus. Die ärmsten und am wenigsten für den Klimawandel verantwortlichen Länder werde es am schwersten treffen, heißt es in der Studie. Aber auch für Nordamerika und Europa sagen die Forscher Einkommensverluste in Höhe von elf Prozent voraus - wenngleich weiterhin steigende Pro-Kopf-Einkommen zu erwarten seien. Die Angaben beziehen sich auf ein Szenario, bei dem es gelingt, auf einen Pfad zu kommen, mit dem die Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf unter zwei Grad begrenzt werden kann. Die bisherigen Klimaschutzpläne reichen dafür nach Angaben der Vereinten Nationen aber bislang nicht aus. "Südasien und Afrika am stärksten betroffen" Die Folgen könnten sich danach auch auf Beschäftigte durchschlagen: "Für die meisten Regionen, darunter Nordamerika und Europa, werden hohe Einkommensverluste prognostiziert, wobei Südasien und Afrika am stärksten betroffen sind", schreibt Maximilian Kotz, einer der Studienautoren. "Diese Verluste werden durch unterschiedlichste wirtschaftsrelevante Wirkungen des Klimawandels verursacht, wie zum Beispiel Folgen für landwirtschaftliche Erträge, Arbeitsproduktivität oder Infrastruktur." Schäden durch Stürme oder Waldbrände sind nicht eingerechnet, sondern könnte die Gesamthöhe weiter steigern. Schaden durch bereits ausgestoßene Treibhausgase Für die Berechnung haben die Forscherinnen und Forscher Daten der vergangenen 40 Jahre aus mehr als 1.600 Regionen dazu ausgewertet, wie Wetterextreme das Wirtschaftswachstum beeinflusst haben. Auf Basis von Klimamodellen errechneten sie, wie sich diese voraussichtlich in den kommenden 26 Jahren wirtschaftlich auswirken werden. Forscherin Leonie Wenz wies darauf hin, dass die erwarteten Schäden Folgen der bereits ausgestoßenen Treibhausgase seien. Um diese abzufedern, brauche es Anpassungsmaßnahmen. "Zusätzlich müssen wir unsere CO2-Emissionen drastisch und sofort reduzieren - andernfalls werden die wirtschaftlichen Verluste in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts noch höher sein und bis Ende des Jahrhunderts im globalen Durchschnitt bis zu 60 Prozent betragen", sagte Wenz. Vergleichbare Prognosen gab es bereits 2006 Die aktuellen Berechnungen des Potsdamer Teams liegen nahe an den knapp 20 Jahre alten Prognosen des Wirtschaftswissenschaftlers Nicholas Stern im Auftrag der britischen Regierung. Er hatte im sogenannten Stern-Report von 2006 prognostiziert: Durch den Klimawandel drohe der internationalen Wirtschaft ein Rückgang um rund 20 Prozent. In einer ersten Fassung dieses Artikels hieß es wegen eines Übersetzungsfehlers einer Nachrichtenagentur, die Studie habe ein Schrumpfen der Weltwirtschaft um rund ein Fünftel vorhergesagt. Tatsächlich geht es um prognostizierte Einkommensverluste. Dies haben wir korrigiert. | /wirtschaft/klimafolgen-potsdam-institut-weltwirtschaft-schrumpft-drastisch-100.html |
2024-04-18 | Mit Hightech gegen Lähmungen | Chip im Kopf | Ob durch Unfall oder Schlaganfall - Lähmungen erschweren das Leben sehr. Die Medizin ist dagegen bisher weitgehend machtlos. Hilfe verspricht Technik, die Gehirnströme direkt mit gelähmten Gliedmaßen verbindet. Von T. Hassenstein. | Ob durch Unfall oder Schlaganfall - Lähmungen erschweren das Leben sehr. Die Medizin ist dagegen bisher weitgehend machtlos. Hilfe verspricht Technik, die Gehirnströme direkt mit gelähmten Gliedmaßen verbindet. Von Tilman Hassenstein, NDR Gelähmten wieder Bewegungen zu ermöglichen, ist ein alter Traum der Medizin. Jetzt bringt der technische Fortschritt neue Therapieformen hervor, die wie Science-Fiction anmuten: Exoskelette, die gelähmte Gliedmaßen von außen bewegen, werden immer raffinierter. Und es gibt Ansätze, sie direkt über Gehirnströme zu steuern. Kürzlich wurde einem gelähmten Mann ein Chip ins Gehirn implantiert, über den er Smartphones und Computer bedienen kann. Die Technologie soll künftig auch motorische Funktionen wieder ermöglichen. Hochgesteckte Ziele Mit diesem Gehirnchip ist Anfang des Jahres die US-amerikanische Firma Neuralink des Unternehmers Elon Musk an die Öffentlichkeit gegangen. In Pressemeldungen hieß es, erstmals sei einem Menschen ein Chip ins Gehirn implantiert worden. Allerdings wird mit Gehirnimplantaten schon seit 2002 experimentiert. Neu ist der industrielle Ansatz, den Neuralink verfolgt. Bis 2030 sollen 20.000 Menschen mit Gehirnimplantaten versorgt werden. Das hat für Surjo Soekadar, Psychiater und Neurotechnologe an der Berliner Charité, vor allem eine wirtschaftliche Dimension: "In der akademischen Forschung geht es darum, bei einzelnen Patienten zu zeigen, was möglich ist. Das wird praktisch jetzt skaliert durch ein Unternehmen, das rein kommerzielle Interessen hat." Erster Gehirnchip in Europa An der Universitätsklinik von Lausanne in der Schweiz wurde schon im letzten Jahr erstmals ein Gehirnchip implantiert, der einem Querschnitt-Gelähmten zumindest ansatzweise wieder Gehen ermöglicht. Dieser Chip überträgt Hirnsignale an einen weiteren Chip, der unterhalb der Verletzung am Rückenmark sitzt. Darüber gelangen Gehirnimpulse wieder an die Beinmuskeln. So kann der Niederländer Gert-Jan Oskam wieder Schritte machen. Von einem normalen Gehen ist das aber weit entfernt. Die aufwendige Technik kommt nur zu Trainingszwecken in der Rehabilitation zum Einsatz. Für den Neurologen Volker Hömberg ist dieser Einzelfall dennoch ein Meilenstein: "Das ist ein gigantischer Fortschritt, weil man die Rückenmarkssteuerung mit einem komplett implantierten System hat, keine Kabel mehr außen." Aber es gebe natürlich Risiken wie Infektionen oder Blutungen durch die Implantation. Hömberg ist Präsident des Weltverbandes für Neurorehabilitation und überblickt die Entwicklung technischer Hilfen für gelähmte Menschen seit Jahrzehnten. In der klinischen Routine sieht er diese Technologie erst in 15 Jahren. Exoskelette ermöglichen schon jetzt Bewegung Ohne Chip im Gehirn funktionieren Exoskelette, die außen an gelähmten Gliedmaßen anliegen und sie über Motoren in Bewegung versetzen. Solche Geräte sind in manchen Fällen schon alltagstauglich, und sie haben zunehmende Bedeutung in der neurologischen Rehabilitation. Denn es ist ein physiotherapeutisches Grundprinzip, bei Lähmungen die natürlichen Bewegungen nachzuahmen. Dadurch entstehen im Gehirn neue Verschaltungen, Nervenzellen organisieren sich um. So können Menschen zum Beispiel nach einem Schlaganfall verloren gegangene Fähigkeiten wieder zurückerlangen. Exoskelette ermöglichen dabei sehr viel höhere Wiederholungsfrequenzen als menschliche Physio- und Ergotherapeuten. Gehirn-Computer-Schnittstellen Einfache Exoskelette sind von außen gesteuert, zum Beispiel löst ein Knopfdruck einen Schritt aus. "Der nächste Schritt, der viel wichtigere Schritt, ist, die Prothese über Hirnaktivität, sprich Gedanken, zu steuern", sagt Volker Hömberg. Das Gehirnimplantat von Gert-Jan Oskam zeige, dass es im Prinzip funktioniere. An der Berliner Charité erforscht Surjo Soekadar die Steuerung von Exoskeletten über Gehirnimpulse, die von außen durch die Schädeldecke abgeleitet werden. Sein Proband, Guido Schulze, hat ein Exoskelett an seiner linken Hand, und auf dem Kopf eine EEG-Haube, über die seine Gehirnströme gemessen werden. Seit es in seinem Gehirn bei einer Tumoroperation zu einer Blutung kam, ist seine Hand gelähmt. Jetzt kann er über seine Gedanken wieder Greifbewegungen auslösen. Diese Erfahrung war für den heute 41-Jährigen beim ersten Mal überwältigend: "Zu der Zeit hatte ich null Kontrolle über meine Hand. Und dann habe ich versucht, die Hand zu schließen und auf einmal ging es los, dass die sich bewegt hat. Das waren so viele Glückshormone, das war Wahnsinn." Training für das Zentralnervensystem Dieses System ist komplex und alleine schon durch die notwendige EEG-Ableitung nicht für Alltagsanwendungen geeignet. Aber als Trainingswerkzeug ist es erprobt. "Unsere Studien haben ergeben, dass sich mit dem Einsatz dieser Schnittstellen bei Patienten, die gar keine Fingerbewegung mehr haben und bei denen keine anderen Therapieverfahren zur Verfügung stehen, mit hoher Wahrscheinlichkeit Hirnfunktionen und Handfunktionen wiederherstellen lassen", sagt Surjo Soekadar. Diese Erfahrung hat Guido Schulze schon nach der ersten Sitzung mit dem System gemacht: "Das war faszinierend. Schon nach einer halben Stunde hat das Gehirn was gemerkt, da konnte ich die Hand selbst ein bisschen bewegen. Die ersten Ansätze waren da." Fehlende Zertifizierung Der Beweis, dass Gehirn-Computer-Schnittstellen in der Rehabilitation wirksam sind, ist erbracht. Aber dennoch kommen sie in der Klinik noch nicht zum Einsatz. Surjo Soekadar will das ändern: "So ein Training ist für Patienten, die nach einem Schlaganfall keine Fingerbewegung mehr haben, die einzige und beste Therapie, die es im Moment gibt. Aber sie wird nicht eingesetzt, weil sie nicht zertifiziert ist, weil das Personal nicht geschult ist." Seine Arbeitsgruppe arbeite daran, die Technologie für Menschen, die sie benötigen, verfügbar zu machen. Hömberg ist optimistisch, dass sich solche Systeme weiterentwickeln lassen: "Der Stand ist gut und er geht stetig vorwärts. Wir wissen seit Jahrzehnten, dass das Gehirn sehr plastisch ist, sich selbst reorganisieren kann. Wir müssen nur die richtigen Schlüssel finden, um es ausreichend anzuregen, das zu tun." Nur wenige profitieren Aber er mahnt an, andere Strategien ebenfalls zu verfolgen. "Diese High-Tech-Sachen sind natürlich spektakulär und sicherlich auch hilfreich. Aber im Moment noch for the happy few. Das sind nur wenige, die davon profitieren." Wichtige Chancen sieht er in der Telekommunikation und der künstlichen Intelligenz. "Wir arbeiten im Moment daran, eine komplette Rehaklinik sozusagen im Metaverse zu emulieren. Patienten und Angehörige können damit Ärzte, Therapeuten oder Psychologen jederzeit fragen und bekommen vernünftige Antworten. Und Videos erklären, wie man was macht." So könnten alle vom technischen Fortschritt profitieren. | /wissen/forschung/gehirnimplantat-querschnittslaehmung-100.html |
2024-04-18 | Ermittlungen zu Sabotageplänen in Deutschland | Zwei Deutschrussen festgenommen | Zwei Deutschrussen wurden nach ARD-Informationen wegen der Vorbereitung von Sabotageaktionen im Auftrag Russlands festgenommen. Ziel sei es gewesen, Deutschlands Unterstützung für die Ukraine zu sabotieren. Von M. Götschenberg und H. Schmidt. | Zwei Deutschrussen wurden nach ARD-Informationen wegen der Vorbereitung von Sabotageaktionen im Auftrag Russlands festgenommen. Ziel sei es gewesen, Deutschlands Unterstützung für die Ukraine zu sabotieren. Von Michael Götschenberg und Holger Schmidt, ARD-Terrorismusexperten Paragraf 109g des Strafgesetzbuches steht in einer selten besuchten Gegend des Gesetzes. Weder Jura-Studenten noch Staatsanwälte schauen normalerweise in die Vorschrift. Nur Menschen, die bei der Bundeswehr waren, kennen den § 109g StGB. Er steht unter den Schildern "Militärischer Sicherheitsbereich - Fotografieren verboten!". Die beiden Deutschrussen Dieter S. und Alexander J. aus Bayreuth sollen gegen diese Vorschrift verstoßen haben. Doch das dürfte ihr kleinstes Problem sein. Generalbundesanwalt Jens Rommel wirft ihnen nach Informationen des SWR und des ARD-Hauptstadtstudios noch eine ganze Reihe von weiteren Straftaten vor. Die Überschriften über allem lauten: Illegale Operationen für den russischen Staat und gegen die Ukraine. Terrorismus und Spionage. Entsprechend sind in den vergangenen Monaten nicht nur zwei Abteilungen des Generalbundesanwalts, sondern auch das Bundeskriminalamt, das Bundesamt für Verfassungsschutz, das LKA Bayern sowie US-Behörden hinter den beiden Männern her gewesen. Sie glauben, ein Szenario entdeckt zu haben, das sie schon seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine befürchten: Sabotage in Deutschland, um Russland zu helfen und der Ukraine zu schaden. Kampfeinsatz gegen die Ukraine Schlüsselfigur soll der 39-jährige Dieter S. sein. Er hat die deutsche und die russische Staatsbürgerschaft und fiel den Sicherheitsbehörden auf, weil er bereits im Zeitraum 2014 bis 2016 bewaffnet für eine Brigade der "Volksrepublik Donezk" gegen die Ukraine gekämpft haben soll. Die "Volksrepublik Donezk" besteht aus ukrainischem Gebiet, das sich mit einem Scheinreferendum für unabhängig erklärt hatte und 2022 von Russland annektiert wurde. Neben Russland haben deswegen bislang nur Syrien und Nordkorea die Volksrepublik diplomatisch anerkannt. Den mutmaßlichen Kampfeinsatz von Dieter S. stuft der Generalbundesanwalt als Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung ein. Ein Novum, denn damit wird die "Volksrepublik Donezk" zu einer terroristischen Vereinigung, Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat eine entsprechende Verfolgungsermächtigung erteilt. Ein Schritt mit hoher Symbolkraft, der diplomatische Folgen haben dürfte. Infrastruktur ausgespäht Doch neben diesem Terrorverfahren ermittelt auch die Spionageabteilung der Bundesanwaltschaft gegen Dieter S. Er soll seit mindestens Oktober 2023 planmäßig militärisches Gelände, Eisenbahnstrecken und andere Infrastruktur ausgespäht sowie Fotos und Videos gemacht haben, um Sprengstoffanschläge auf Versorgungslinien für das ukrainische Militär vorzubereiten. Nach dem Motto: verhindern, dass Waffen und anderes Material aus Deutschland in die Ukraine gebracht wird. Betroffen sind nicht nur deutsche Einrichtungen, sondern auch solche des US-Militärs in Deutschland. Die gesammelten Informationen hat S. demnach an einen Verbindungsmann bei einem russischen Geheimdienst weitergegeben. Seit März 2024 soll ihm der 37-jährige Alexander J. dabei geholfen haben, beide kennen sich offenbar schon aus der Zeit bei der "Volksrepublik Donezk". Ein besonders schwerer Fall der "Geheimdienstlichen Agententätigkeit" sei das, sagt die Bundesanwaltschaft. Den beiden Männern drohen lange Haftstrafen bis zu zehn Jahren. Weitere Spione wahrscheinlich Durch die Kombination der unterschiedlichen Delikte dürfte es zu interessanten Verfahren kommen, in denen Vorgehensweisen des russischen Geheimdienstes zur Sprache kommen dürften, vor denen der Verfassungsschutz schon lange warnt: Ausspähen kritischer Infrastruktur, Sabotage von Versorgungswegen, Anschläge auf Militärlieferungen in die Ukraine. Und "ganz sicher" seien die beiden Deutschrussen nicht die einzigen möglichen Spione, heißt es in Ermittlungskreisen. Am Mittwochmorgen wurden Dieter S. und Alexander J. festgenommen, ihre Wohnungen durchsucht. Nach Informationen von SWR und ARD-Hauptstadtstudio hat der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof noch am Mittwochabend die Untersuchungshaft für Dieter S. angeordnet. Alexander J. wird am Donnerstagvormittag dem Haftrichter vorgeführt. Am Vormittag wollen die Sicherheitsbehörden Einzelheiten zu dem Fall bekanntgeben. In einer früheren Version des Textes stand, dass das Gebiet der "Volksrepublik Donezk" bereits im Jahr 2014 von Russland annektiert worden sei. Dies haben wir korrigiert. | /investigativ/russland-sabotage-100.html |